Deutlich zu spät

Natürlich wird auch hier fleißig mit Waren gehandelt, welche "vom Boden" beschafft wurden. Aber auch einheimische Waren sind hier zu finden. Es wird getauscht, versteigert und einfach nur verkauft.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Samstag 23. November 2024, 21:21

Layan hatte stumm gewartet, ob Synnover einschlagen würde. Er war nicht die Art von Bruder, die sich in die Angelegenheiten von seiner Schwester einmischte, aber er hatte sehen können, dass es Lari nicht sonderlich gut ging. Sie war jemand, der tapfer sein wollte, aber sie hatte Syn’s Abfuhr hart getroffen. Es war seine Art, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und womöglich bewirkte es etwas. Doch bevor es soweit war, musste Syn erstmal, wie alle anderen, die Prüfung bestehen. Ihm wurde klar, dass das keineswegs einfach werden würde und bereits die erste Disziplin stellte ihn vor Hürden. Zum einen war er es gewohnt, seinen Feind mürbe zu machen. Indem er auswich und der Gegner nicht traf, machte er ihn nicht nur müde er demoralisierte ihn auch Stück um Stück. Denn mit jedem Streich daneben, buhte das Publikum in Morgeria. Und der Druck wuchs. Das war seine Masche geworden in all den Jahren und jetzt musste er sich aus dem Stehgreif etwas Neues einfallen lassen. Die Kreise am Boden waren keineswegs darauf ausgelegt, ein langes Spektakel zu veranstalten. Er würde nicht viele Möglichkeiten haben, um auszuweichen und davon zu wetzen. Zudem musste er aufpassen, nicht selbst über die Linie zu treten.
S’idan war bereits im Kreis und wartete auf den Kontrahenten. Syn aber brauchte das. Denn es vertrieb die Gedanken an Zarrah, an Lariana, die er glücklicherweise nicht im Publikum gesehen hatte. Er brauchte seine Konzentration jetzt und zumindest für den Anfang, behielt er sie auch. Sich für die Fächer entscheidend, trat er seinem Widersacher entgegen und sammelte still Informationen. S’idan half ihm unbewusst, indem er seinen Namen falsch aussprach. Es war eine Belanglosigkeit für den Halb-Hymlianer, aber für Syn war es genau das Richtige. Hohn und Spott waren Antriebe für ihn, wo andere die Schultern hängen ließen. Er hatte nichts anderes in Morgeria erfahren und so beflügelten ihn diese Aspekte. Als das Signal ertönte, geschah einen Moment nichts. Das Publikum war ruhig geworden und hielt gespannt den Atem an. Überall umkreisten sich die jeweiligen Paarungen und versuchte herauszufinden, wie sie es am besten anstellten. Syn achtete nur auf S’idan. Bis er plötzlich vorschnellte. Synnover durfte Zeuge seiner Präzision und Schnelligkeit werden. Aber im Umkehrschluss musste der Elf lernen, dass Syn deutlich wendiger war. Fluchend sah S’idan dem Menschen hinterher, drehte sich um und machte sich wieder bereit.

Er feixte kurz. „Also willst du spielen, in Ordnung!“, rief er ihm entgegen. Das Publikum hatte Syn applaudiert für seine Schnelligkeit. Es musste beeindruckend ausgesehen haben, wie er scheinbar mühelos die Position wechselte. In den anderen Kreisen übertraten gerade andere die Linien und Angehörige buhten oder klatschten, je nach dem, wem sie beistanden. 10 Punkte waren aber viel, bedachte man, dass es immer nur einen gab fürs Übertreten. Syn aber wich immer wieder aus. Er brauchte einen Plan, denn er merkte, dass S’idan nicht mal ins Schwitzen geriet. Jener aber wirkte langsam genervt. Wenn er ihn also nicht erschöpfte, machte seine Art den Halbmenschen wütend. „Wird’s mal bald?! Du hast das schon kapiert, hier, oder?“, fragte er sauer und ging erneut auf ihn los. Seine Schläge wurden brachialer. Er wollte ihn endlich erwischen. Syn bremste abrupt ab und S’idan taumelte tatsächlich zu weit. Überrascht übertrat er die Linie und schon gellte Layan’s Stimme: „Ein Punkt, Syn!“, rief er aus, ehe er wieder die Reihe abschritt. Applaus brandete auf, während Kira am lautesten jubelte. Der Halbelf trat wieder in den Kreis, zornig und angriffslustig. „Komm her!“, rief er und stutzte daraufhin. Synnover steckte die Fächer weg. Sie waren jetzt nicht nötig, wie er entschied. Stirnrunzelnd wurde er von Blicken des anderen begleitet. „Was soll das?!“, fragte jener argwöhnisch. Dann schrie Syn, dass S’idan zusammenzuckte und sich die Augen des Publikums auf diese Kämpfer richteten. Syn aber sprang, prallte gegen den Schild, sodass der Elf überrascht einen Schritt nach hinten ging, bevor er ihn hielt. Er versuchte ihn daraufhin mit dem Schwert zu treffen, musste sich aber seltsam verrenken. Syn duckte sich weiterhin weg, bis er nur einmal einen Klaps auf die Finger einstecken musste. Aber er ließ nicht los. Er spürte, wie S’idan Mühe hatte, ihn zu halten mit nur einem Arm. Er sackte etwas ab, bevor der andere sich entschied, das Schild fallenzulassen, anstatt das Schwert. Wütend fluchend, trat S’idan zurück, warf das Schwert angeberisch von einer in die andere Hand und fuchtelte damit herum. Dann griff er von oben an, was Syn die Möglichkeit gab eine Rückwärtsrolle zu machen.
„S’idan ein Punkt!“, rief da Layan der Adleraugen besitzen musste. Syn’s Schwung war etwas zu doll gewesen, sodass sein Fuß aus dem Kreis gelandet war. Der Schild aber war noch drin, sodass sich Syn einfach wieder hineinbegeben musste. S’idan aber überließ ihm keine Minute zum Atmen. Er ging sofort auf Syn los, sodass der Hymlianer schnell sein musste. Er musste das Schild hochreißen, damit er nicht getroffen wurde. Der Halbelf schonte ihn nun nicht. Er hatte Blut geleckt, ob seines Punktes und trieb ihn immer wieder dazu, auszuweichen. Er hörte nicht auf zu schlagen. Syn brauchte einen Moment, in dem er den Schild so positioniert hatte, wie er es wollte. Immer wieder musste er abbrechen und büßte noch drei weitere Punkte ein. Bis er endlich Oberwasser hatte: Er riss den Schild hoch, als S’idan sich einmal um sich selbst drehen musste, weil Syn ihn austänzelte. Der Schlag des Schwertes ging auf ihn nieder, hielt ihn noch in den Knien. Aber er wehrte ihn ab und S’idan unterschätzte die Wucht. Er prallte zwei Schritte zurück. „Punkt Syn!“, erschallte es und wieder brandete Applaus auf. S’idan grinste. Syn aber konnte endlich auf die Beine. Nun konnte er den Schild als Rammbock verwenden. Der deutlich Kleinere stemmte sich in das Koppelgras, als S’idan wieder angriff. Doch tatsächlich flüsterte der Wind ihm zu, er solle beiseitetreten. Hörte er auf ihn? Er hatte die Idee ebenfalls bereits gehabt und vielleicht war das der richtige Moment. S’idan würde überrascht werden und an ihm vorbei straucheln, so wütend, wie er war. Er würde fallen und schließlich auf seinem Gesicht landen. „Sieben bei Syn!“, rief Layan, denn egal wie, Syn landete wieder einen Treffer. Nun war S’idan allerdings gewarnt. Wie wollte er nun weitermachen? Kannte er womöglich einen Zauber, der ihm die Beine wegzog? Oder ließ er es darauf ankommen und würde jetzt den Rammbock wagen? Allerdings war der Halbelf in Rage. Er hatte also enorme Kraft, die er womöglich aufbrachte. Gab es noch einen Trick, den Syn anwenden konnte? Er hörte Kira pfeifen und klatschen. Sie feuerte ihn an. Nur noch 3 Punkte, während S’idan noch 6 brauchte. Das könnte sich aber mit einem Straucheln und Hinfallen schnell ändern, denn gerade lief S’idan auf ihn zu und sprang ab. Er würde ihn zermalmen, sollte Syn nicht ausweichen. Wich er aber aus, würde er gewiss einen Hechtsprung über die Linie machen und 5 Punkte einbüßen müssen. Was nun?
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Montag 25. November 2024, 16:09

Hatte Layan sich auf den Handel eingelassen, weil er für seine Schwester eine neue Chance erhoffte, Syn wieder nahe zu kommen oder zweifelte der Himmelsreiter an den Fähigkeiten des anderen und fürchtete deshalb nicht, mit Kira ausgehen zu müssen? Syn würde es wohl nicht erfahren, aber er machte sich auch keine Gedanken dazu. So sehr er in den letzten Tagen keinerlei Ablenkung hatte finden können, seine Gedanken von Zarrah, aber auch Lariana zu lösen - ihr Fehlen gerade abends bedeutete ein neues Maximum an Einsamkeit, das er bis dahin nicht kannte - so sehr konnte Syn sich nun fokussieren. Der Kampf verlangte ihm aber auch mehr ab als geahnt. S'idan war kein leichter Gegner. Was ihm jedoch wirklich zu schaffen machte, waren die Bedingungen. Das Kampfrund war zu klein, er mit den Kampffächern nicht geübt genug und seine vertrauten Vorgehensweisen scheiterten an der Voraussetzung zu kämpfen, ohne zu verletzen. Es zeigte sich allerdings, dass Syn nicht auf den Kopf gefallen war, obgleich man das durchaus suggerieren könnte, kannte man seine gesamte Geschichte. Da sie aber nicht einmal ihm geläufig war, stellte niemand die These in den Raum. Hier stand nur die Feststellung, dass er durchaus in der Lage war, seine Umgebung einzubeziehen und auch auf Werkzeuge zu verzichten, die er zur Bewältigung eines Problems selbst gewählt hatte. Die Fächer brachten ihn nicht weiter, also hatte Syn lieber die Hände frei. Ständiges Ausweichen und Weglaufen würde S'idan nicht schnell genug mürbe machen. Er musste den anderen folglich irgendwie schwächen und das ging am besten, indem man ihm zum einen seiner Waffen beraubte, zum anderen aber auch provierte. Würde S'idan vor lauter Zorn schäumen, machte er Fehler und diese könnte Syn dann ausnutzen. So war seine Strategie. Er band den Schild des Halbelfen in seinen Plan ein. Es stellte sich nicht als vollends idiotisch heraus, Syn brauchte lediglich einige Anläufe, damit er halbwegs mit der Umsetzung arbeiten konnte. Das kostete ihn Punkte, so dass er bereits drei zu eins im Rückstand lag. S'idans Strategie fußte auf steten Attacken. Er ließ seinem Kontrahenten keine Zeit zum Verschnaufen. Das merkte Syn deutlich, der neben ständigem Ausweichen noch damit zu kämpfen hatte, den Schild in Position zu bringen. Natürlich hätte er auch gänzlich umdenken und etwas Neues versuchen können. Angesichts der Tirade aus Schwerthieben, die auf ihn hinter seinem Schutz einher ging, war es jedoch klüger, den Schild vorerst nicht aufzugeben. Schließlich landete er erneut einen Punkt, als der rebellische Rohling für einen einzigen Angriff unaufmerksam war. Syn hatte ihn ausgetänzelt und S'idan musste sich erst drehen. Er nahm den Schwung mit, um das Schwert auf den Schild fahren zu lassen, aber jetzt gelang es Syn, jenen kraftvoll hochzureißen. Sein Gegner verlor das Gleichgewicht, strauchelte und trat erneut über.
"Punkt Syn!", hörte er Layan am Rand seiner Wahrnehmung nahm es ohne jegliche Veränderung seiner Mimik zur Kenntnis. Das musste man Syn zugute halten. In den Jahren in der Schwarzen Arena hatte er bemerkt, dass es nie von Vorteil war, den Gegner ob eines geglückten Angriffs mit überheblichem Hohn zu überschütten, wenn man ihn nicht bewusst provozieren wollte. Die meisten, welche sich nach einem kleinen Erfolg auch sofort im Jubel der Menge badeten, hatten ebenso oft das Nachsehen. Syn mochte in vielen Dingen vollkommen unstet sein. Es fiel ihm schwer, Stunden lang im Unterricht Filius' magischen Weisungen zu folgen. Galina ließ ihn mit Shcimpftiraden und gelegentlich einem Klaps mit einer Lehrmappe spüren, dass seine Gedanken wieder abschweiften, anstatt bei den Hymlikor-Lektionen zu sein. Weil er ständig vor sich hin träumte, hatte die gesamte Familie Wolkenlos ihn bereits als schlechten Koch betitelt und er durfte Lariana nur noch assistieren. Im Kampfrund aber und sei es noch so klein, fand er seinen Fokus. Das musste er, hatte er immer tun müssen, denn die Konsequenz jeder noch so kleinen Nachlässigkeit konnte den Tod bedeuten. Vielleicht galt das nun nicht für Hymlia, aber sechs Jahre Eintrichterungen, dass er sich keine Fehler erlauben durfte, wirkten nachhaltig.
Auch jetzt ließ er sich nicht einmal zu einem Lächeln herab, ob des neu verdienten Punktes. Er machte sich aber auch nicht selbst fertig, indem er ihn gedanklich klein redete. Denn Syn war noch weit von den zehn Punkten entfernt. Er dachte überhaupt nicht darüber nach, jedenfalls nicht weiter als über den Fakt, wie viele Male er S'idan würde noch übertreten lassen müssen, um zu siegen. Andererseits könnte auch ein Sturz auf den Allerwertesten des Rebellen ihn schlagartig nach vorn katapultieren. Ja, das brauchte er jetzt: fünf Punkte mit einem gewagten Angriff, einer raffinierten Finte oder indem er S'idans Schwächen ausnutzte. Er hatte bereits erkannt, wie schnell der andere von seinem Kampfstil genervt war. Spielereien lagen S'idan nicht, auch wenn er sie mit seinem Geplapper kaschierte. Es störte ihn. Er war direkt und wollte einen Zweikampf, der auf Kraft beruhte, denn dann würde er siegen.
Syn aber bevorzugte die Hinterlist eines Kaninchens. Man sprach es den Tierchen oftmals nicht zu, aber sie arbeiteten mit mehr Tricks als ihre natürlichen Jäger. Füchse nannte man verschlagen, Wölfe planungssicher und organisiert. Raubkatzen agierten hinterlistig und fast spielerisch in ihren Jagdtricks. Niemand redete von Kaninchen. Sie waren Beute, schon immer. Aber niemand dieser Jäger hatte es regelmäßig mit einem weißen Kaninchen zu tun bekommen.

Syn hob den Schild erneut an. Er entschied sich bewusst für eine Position, in der er gegen S'idan vorhin hatte punkten können, die jenem nun aber vertraut sein musste. Er ließ es so aussehen, als hätte er keine andere Strategie mehr, um gegen ihn anzukommen. Gut sichtbar schob er einen Fuß zurück, als wollte er seinen Körper so stützen, dass er einen massiven Angriff mit dem Gewicht des anderen hinter dem Schild würde halten können.
Der Wind flüsterte ihm bereits zu, er sollte dieses Mal beiseite treten. Syn reagierte nicht darauf. Er nickte nicht einmal, aber er hatte einen ähnlichen Gedanken. Ausweichen wollte er, nur noch nicht jetzt. Das Publikum der Arena liebte waghalsige Aktionen in letzter Sekunde. Der Gegner unterschätzte ihn, wenn er sich gab, als wäre er im Nachteil. So blieb Syn hinter dem Schild hocken, fast erstarrt wie das Kaninchen vor der Schlange, die sich in Gestalt von S'idan nun aufbäumte. Mit dem Schwert voran stürmte er auf den Kleineren los. Noch nicht, gemahnte Syn sich zur Ruhe. Er hatte die Schnelligkeit des Halbelfen genau abgeschätzt. Noch sechs Schritte. Fünf ... vier ...
Jetzt!
Syn warf den Schld unter sich, zwischen den eigenen Beinen hindurch, so dass er mit jener Seite auf dem Gras läge, mit der man Waffenhiebe abwehrte. Eien glatte Seite, damit auch Stahl davon abrutschte, so hoffte er. Gleichzeitig wich er mit einer Rolle zur Seite aus, die er allerdings abbremste, um nicht erneut den Fehler des Übertretens zu machen. Ob das Publikum wegen dieser Reaktion in letzter Sekunde überhaupt jubelte, bemerkte er nicht. Es rauschte, aber das konnte auch das vom Adrenalin in seine Ohren katapultierte Blut sein. Syns Blick heftete sich an S'idan, der ihn verfehlte und mit einem Fuß schon auf den Schild trat. Jenes rutschte unter seinem Fuß weg, ließ ihn gänzlich das Gleichgewicht verlieren und ... eine neue Liebe kennenlernen. S'idan "küsste" den Boden, während Syn sich halbwegs aufrappelte. Noch einmal würde ein solches Ausweichmanöver nicht gelingen. Er wäre auch zu schwach, ihn nun einfach von hinten zu attackieren und ganz aus dem Kreis zu schubsen, nach Möglichkeit einfach auf den Hintern. Schubsen ist allerdings keine schlechte Idee...
Während S'idan noch darum kämpfte, zurück in den Stand zu gelangen, zog Syn beide Kampffächer hervor und klappte sie auf. Er achtete nicht darauf, ob sie ein schönes Motiv besaßen. Er schwang sie nur ein wenig, als wollte er jetzt lieber tanzen. Auch seine Beine nahmen eher die Pose eines Künstlers ein, der sein Publikum mit einer Ballett-Choreographie beeindrucken wollte. Einen Fächer hielt er über sich, ehe er ihn niederfahren ließ. Wind strömte an Syn vorbei und er fing ihn mit dem anderen Fächer auf, um ihn in schwungvollem Bogen einmal um sich selbst zu ziehen. Diese fließenden Bewegungen wiederholte er, bis man die Luft als wilde Wirbel sehen konnte, die sich kokonartig um ihn aufbauten. Er schuf seinen eigenen - magischen! - Schild. Syn hatte aber nicht vor, sich damit zu verteidigen.
"Bringen wir es zu Ende", knurrte er und es waren die ersten Worte, die er seit Kampfbeginn von sich gab. Seine Arme wirbelten herum. Er zog mehr und mehr Kreise mit den Fächern, baute seinen Luftschilf auf, dass er größer und größer wurde. Ja, darum ging es. Die wilden Wirbel würden entweder heftig auf S'idan einhämmern und ihn zur Handlungsunfähigkeit zwingen oder aber immer weiter aus dem Kreis des Kampfrundes drängen. Das war Syns Plan. Bislang hatte es ihn beeinträchtigt, dass der Kampfkreis so klein war. Es hinderte ihn daran, sein volles Potenzial im Ausweichen auszuschöpfen. Nun aber würde er diese Schwäche in eine Stärke umwandeln. Warum sollte der Kreis nur für ihn zu klein sein?
Wenn alles nach Plan funktionierte, so sollte sich Syns wirbelnder Luftschild ausbreiten, bis zum Rand des markierten Kampffeldes. Er würde S'idan einfach aus dem Kreis herausdrängen, mit Glück sogar mit genug Wucht, dass dieser unsanft landete. Ansonsten müsste es ihm nur gelingen, dass der Halbelf beim Versuch, den Kreis erneut zu betreten, keine Chance erhielt und wieder abgedrängt wurde. Und noch einmal. Noch drei Punkte. Nur noch drei Punkte.
Hilf mir!, forderte er seine magischen Kräfte auf. Er bat sie zwar nicht, aber er unerwarf sie sich auch nicht. Er rief ihnen nur zu, dass er sie brauchte - auf seine Art. Ohne die magische Unterstützung gäbe es nun wohl keinen Sieg einzufahren. Die Frage blieb, ob er im Nahkampf damit nicht die Regeln brach, denn die Disziplin in Sachen Magie kam erst noch dran.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Montag 25. November 2024, 21:26

Syn war in den Jahren der Sklaverei ein äußerst findiger und versierter Kämpfer geworden. Er mochte nicht mit Kraft und Brutalität glänzen, aber mit Eleganz und Köpfchen. Es war ihm spielend möglich, sich auf die neue Situation einzustellen und nach einigen, hartnäckigen Manövern auch Erfolge zu erzielen. Das Kämpfen war ihm so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass er selbst unter diesen Bedingungen triumphieren konnte. S’idan war ein ernster Gegner und in einem einfachen Zweikampf wohl überlegen, aber es gab keine Regeln bezüglich der Prüfung. Sie sollten 10 Punkte machen und Syn hatte mit seiner letzten Aktion nicht nur auf sieben Punkte erhöht, sondern auch das Publikum zum Lachen gebracht. Es applaudierte ihm, weil er so findig gewesen war. Zuvor noch hatte es den Atem angehalten, als der Halbelf auf ihn zurannte und er hinter dem Schild kauerte. Doch dann war der Größere tatsächlich auf die Platte getreten und weggerutscht, sodass er aus dem Kreis segelte und tatsächlich auf seinem Hintern landete! Syn hatte diesen Zweikampf gewonnen und stand bereit, um sich auch die letzten Punkte und somit den Sieg zu holen. Allerdings rief er mit Hilfe der Fächer den Wind an. Er lud ihn ein, sich ihm zu fügen, versuchte ihn zu nutzen, um seine nächste Idee entstehen zu lassen. Mit kunstvollem Schwingen seiner Arme, wirbelte er den Wind auf, fing ihn zwischen den Fächern ein und lenkte ihn in eben jene Bahnen, die er dafür brauchte. Er formte eine wirbelnde Luftwand, die sich vor ihm aufbaute. Erst waren es zwei kleine Wirbel, die sich schließlich mit jeder Bewegung mehr annäherten und schlussendlich verbanden. S’idan riss die Augen auf, als er wieder in den Kreis trat, um Syn den Hintern zu versohlen.
„Du schummelst!“, rief er, doch Syn stand hinter dem Sturmschild und hörte ihn nicht richtig, es sah ihn nur gestikulieren. Und während S’idan noch fuderte, baute sich der Sturm weiter auf, weitete sich aus und begann schließlich damit, den anderen mehr und mehr zu bedrängen. Das Publikum hielt gebannt den Atem an. Während die anderen Rekruten entweder bereits den Kampf ausgefochten hatten oder aber nur noch um einen Punkt buhlten, starrten sie alle auf Syn und sein Tun. Layan, Professor Filius, Kira – sie alle starrten auf den Hymlianer, der sich seiner Luftmagie bemächtigte. Syn bat in Gedanken darum, der Wind möge ihm helfen und wie zur Antwort spürte er, wie er ihn umschmeichelte. Ich bin hier… ich bin da…, säuselte die ihm bekannte Stimme. Es war immer die Gleiche, die ihn seit Monaten besuchte. Die ihm die Zauber nannte, die ihm einreden wollte, Zarrah würde noch immer auf ihn achten. Synnover spürte, dass die Hilfe der unbekannten Stimme ihm einen leichteren Zugang zu seiner Magie verschaffte. Er konnte spielend den Wind aufbauen, sodass S’idan schließlich weiter und weiter hinausgedrängt wurde. Um aber zu gewinnen, musste Syn 3 Punkte erzielen. Das würde mit einem einfach Übertreten der Linie kaum schaffbar sein. Also spürte er sie süße Umarmung der Stimme, wie sie seine Magie lenkte. “Widerstand“, säuselte die Stimme in sein Ohr und liebkoste es regelrecht. “Dein Schild muss fest werden, füge Widerstand hinzu, lasse die Luft kalt werden und dann schiebst du sie nach vorn, damit er von seinen Füßen gerissen wird!“, flüsterte die Stimme zärtlich und spielte mit seinen Haaren. Egal, ob Syn auf die Stimme hörte und tat, was sie sagte oder nicht.

S’idan lag am Ende auf seinem Rücken und starrte voller Zorn auf die Luftwand, die ihm den Sieg gekostet hatte. Für einen Moment herrschte Ruhe. Der Wind schwächte ab, Syn spürte eine leichte Erschöpfung. Er hatte wenig geschlafen die Tage, die Konzentration kaum für einfachste Übungen aufwenden können und jetzt fühlte er, dass dieses Unterfangen ihn ausgelaugt hatte mental. Aber das war ein geringer Preis, denn schon brandete Applaus auf, während Layan’s Stimme im Tumult verkündete: „Syn siegt in der ersten Prüfung!“, rief er und Professur Filius trat hinzu: „Und wohl auch in der magischen Prüfung!“, rief er aus. Layan sah den Professor an, denn tatsächlich hatte Synnover die Magie-Prüfung ebenfalls abgeschlossen. „Zwei Siege für Synnover!“, rief Layan ans Publikum gerichtet aus. „Eine Pause, ihr könnt euch stärken, etwas trinken. Wir bereiten die Gruppenarbeit vor!“, sagte Layan und schon gingen alle Rekruten schnatternd und plappernd die Ergebnisse besprechend zum Stall, wo Syn zuvor bereits etwas Essen und Trinken vorgefunden hatte. S’idan aber versperrte ihm den Weg. Er stand vor ihm, wie eine Mauer aus Elf. Sein Blick war starr. Doch dann brach das Blassgrau seiner Augen auf und er streckte Syn eine Hand entgegen. Der große Rebell mit der schwarzen Schminke um die Augen, der andersartigen Frisur und den Nieten um den Hals, hielt Synnover tatsächlich die Hand hin. „Nicht schlecht“, meinte er anerkennend und nickte daraufhin noch mal. „Hätte nicht gedacht, dass du das packst!“, räumte S’idan ein, ehe er sich umwandte und ebenfalls zu den Ställen ging. Syn aber erhaschte am Rand der Koppel eine Bewegung. Kira winkte ihm zu und hob beide Daumen grinsend an. Sie war auf jeden Fall sehr beeindruckt von ihrem Bruder. In den Stallungen drängten sich die Rekruten und schnatterten über die erste Prüfung. Als Syn den Stall betrat, applaudierten die anderen und pfiffen, einige klopften ihm auf die Schulter. Hier und dort redeten einige durcheinander, wie beeindruckend seine Magie gewesen war und dass sie das selbst kaum hinbekommen hätten. Dann verliefen sich die Rekruten langsam wieder, bevor draußen das nächste Signal ertönte. Zeit für die Gruppenaufgabe.
Während Syn ausreichend Zeit gehabt hatte, sich ein wenig in seiner Leistung zu sonnen und sich zu stärken, hatten Layan und einige Helfer eine neue Disziplin aufgebaut. Tatsächlich wurden die Rekruten in zwei Teams aufgeteilt. Syn hatte nun das ‚Vergnügen‘ mit S’idan in einer Gruppe zu sein. Hinzukamen noch zwei Frauen, die sich recht ähnlich sahen und ansonsten schweigsam, fast schon arrogant wirkten und ein weiterer Mann. Er war kleiner als Syn, hatte aufgerissene Augen und wirkte verschreckt. Er hatte Schweißringe an den Achseln und auf der Stirn und wischte sich ständig nervös über die Nase. Offenbar war er dem Druck nicht so gut gewachsen. „Also. Ziel ist es, dass ihr aus diesem Stapel Holz eine Hütte baut!“, verkündete Layan und erntete erstmal ungläubige Blicke. Tatsächlich lagen zwei Stapel Holz bereit, exakt dieselbe Anzahl an Latten in unterschiedlichen Formen und Dicke. Daneben stand jeweils ein Tisch mit Werkzeugen und Nägel. S’idan lachte sarkastisch. „Euer ernst?! Wozu soll das gut sein, hm? Wir sind Krieger, Magier! Wir wollen Fliegen und Hymlia beschützen. Wozu also eine Hütte bauen?!“, rief er, sodass alle ihn hörten. Layan lächelte nur schmal. Er kam auf Synnover’s Gruppe zu und blieb vor S’idan stehen. „Beweist mir, dass ihr zusammen etwas erreichen könnt, das Bestand hat!“, schnarrte der Himmelsreiter und S’idan schnaubte, ehe Layan auf die Sonne zeigte. „Ihr habt eine Stunde!“, dann ertönte das Signal, dass sie beginnen konnten.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Donnerstag 28. November 2024, 19:29

Wahrscheinlich war Syn in Morgerias Arena nicht nur ob seines außergewöhnlichen Äußeren und seiner Schönheit beliebt. Er hob sich auch kämpferisch von den anderen Gladiatoren ab. Wo andere mit ihrer Kraft prahlten oder besonders brutalen Schlägen, da war es die Finesse des weißen Kaninchens, die ihn ganz von allein auf der Beliebtheitsskala des Publikums nach oben wandern ließ. Auch in Hymlia sollte es gelingen. Das Jubeln rauschte über ihn und S'idan hinweg, als jener nach einem interessanten Kampf durch Syns Einsatz von Magie tatsächlich aus dem Kampfring geschubst wurde. Die Grenze von zehn Punkten war überschritten. Syn hatte gewonnen und zwar nicht nur diese Prüfung, sondern auch gleich noch die zweite hinsichtlich der Magie. Er stutzte, als er Professor Filius neben Layan erkannte. Dann senkte er geradezu beschämt den Blick. Schließlich war er Tage lang nicht zum Unterricht erschienen. Um es zu kaschieren und auch, weil er durch seinen arkanen Einsatz doch recht außer Puste war, beugte er sich nach vorn und stützte sich mit beiden Händen auf den Schenkeln ab. Syn atmete durch.
"Zwei Siege für Synnover!"
Er zuckte zusammen. "Syn ... nur Syn", korrigierte er. Es war jedoch fraglich, ob Layan ihn überhaupt hörte. Dafür spürte Syn den Stich in seinem Herzen umso mehr. Reiß dich zusammen! Du stehst hier vor Publikum, da wird nicht geweint. Zeig ihnen, dass du gewonnen hast! So richtete er sich mit verbliebenen Kraftreserven auf. Das Lächeln war eine seiner besten Masken und nahezu perfekt. Nur jemand, der genauer hinschaute, würde sehen, dass es seine Augen nicht erreichte. Aber Syn blickte so siegessicher und triumphierend in die Menge, dass keiner einen Verdacht schöpfen würde. Er winkte, verneigte sich und zeigte noch einmal seine Pose, in der er mit den Kampffächern seine Luftmagie angerufen und gelenkt hatte. Er winkte Kira, präsentierte sich überglücklich. Doch hinter der Maske gab er sich nachdenklich. "Du bist der Wind?", fragte er leise. Die Umstehenden sollten nichts mitbekommen, schon gar nicht Professor Filius, da jener ihm abgeraten hatte, sich mit der Stimme zu unterhalten. Aber wenn es der Wind war, warum nicht? Er nutzte ihn, er befähigte sich seines Elements, um seine Magie auszuüben. Ehe er sich jedoch längerfristig mit ihm unterhalten konnte, streckte sich Syn eine Pranke entgegen. Er hob den Blick in S'idans blassgraue Augen.
"Nicht schlecht. Hätte nicht gedacht, dass du das packst!"
Syn griff nicht zu. "Ich habe nicht geschummelt, es gab keine Regel, die Magie verboten hätte", erwiderte er. "Du hast mich nur unterschätzt." Damit wollte er eigentlich an dem Halbelfen vorbeiziehen, aber der war schneller. S'idan wandte sich bereits ab, um den anderen Anwerbern zu den Ställen zu folgen. Dort würden sie alle eine Pause machen und sich stärken können. Syn stellte fest, dass eine Hand voll Trauben keine Grundlage für einen derartigen Wettkampf war. Ihm war leicht schummerig, so dass er sich selbst ständig im Geiste anspornen musste, jetzt nicht zusammenzubrechen. Du musst der Letzte sein, der steht! Dann stutzte er, biss sich auf die Unterlippe. Würde man ihn in Hymlia dennoch einfach wergwerfen? Layan machte nicht den Eindruck, aber er war auch nicht sein Herr. Syn war frei.
Er seufzte: "Bin ich nicht... noch nicht." Dann wischte er sich mit der Hand über das Gesicht und trottete Richtung Ställe. Er kam als reichlich verspätetes Schlusslicht dort an. So hatte er kaum Zeit, sich ausgiebig zu erholen und zu stärken. Hinzu kam, dass viele ihm zu seinem Doppelsieg gratulieren wollten. Hände klopften seine Schultern, Applaus kam auf und Worte überschwemmten ihn mit Begeisterung, die er aktuell nicht teilen konnte. Er war müde, hungrig. So erwiderte er keine Geste der staunenden Anwerber, außer mit einem Nicken. Stattdessen bahnte er sich seinen Weg zu den Mahlzeiten, schnappte sich dieses Mal einen größeren Imbiss, Wasser und suchte sich einen Sitzplatz weit abseits vom Rest. Schon bevor man sie zur nächsten Disziplin zusammenrief, zeigte sich im Grunde, dass es für Syn die schwierigste Prüfung werden sollte. Er hatte sein Leben lang den Kampf allein aufgenommen. Gruppenkämpfe wie mit Razag kamen vor, aber selbst da brachte er sich nicht auf einer Ebene ein, sondern suchte allein seinen Weg. Was aus Mitstreitern wurde, hatte ihn nie interessiert. Es war anzuzweifeln, dass sich das jetzt änderte. Denn keiner in seiner ihm zugeteilten Gruppe war Zarrah, Razag, Crystin, Erin, Amos, Lariana ... oder Kira.
Syn musterte die anderen Hymlianer seiner Gruppierung. S'idan kannte er schon und jener schien ihm nicht krumm zu nehmen, dass er im Zweikampf gegen ihn verloren hatte. Damit zeigte der Rebell deutlich mehr Bereitschaft, nun im Team zu agieren als Syn. Die beiden, nahezu gleich aussehenden Hymlianerinnen machten auf ihn hingegen den erschreckenden Eindruck klassischer, morgerianischer Dunkelelfen. Sie blickten auf den Rest herab, statt auf Augenhöre in ihre Reihen. Sie wirkten distanziert wie Syn, aber weniger aus der Tatsache heraus, ihr eigenes Ding durchzuziehen. Bei ihnen machte es den Eindruck, als seien sie über die anderen erhaben. Das allein genügte, dass Syn ihnen sofort antipathischer gegenüber stand als beispielsweise dem letzten Mitglied ihrer Gruppe. Der könnte Schwierigkeiten machen. Er war nervös, das sah man ihm an. Er erinnerte Syn an die Sklaven, die man in der Schwarzen Arena den Gladiatoren oder Tieren zum Fraß vorwarf. Man bot ihnen Freiheit oder ein besseres Leben an, wenn sie den Kampf überstanden, aber man gab ihnen weder Rüstung noch Waffe, um sich zu verteidigen. Sie hatten folglich von Anfang an keine Chance. Wie das Ganze funktionierte sollte, war Syn ein Rätsel. Er dachte aber auch nicht in gemeinschafltichen Bahnen. Er wusste, dass er seinen Teil würde beitragen müssen und genau das würde er tun. Nicht mehr, nicht weniger. So hatte man es ihm eingetrichtert. Mach, was erwartet wird, dann erhältst du Schmuck, schöne Kleider und darfst mit den Dunkelelfinnen schlafen, um nicht allein zu sein. Er hoffte, Kira hätte am Abend wieder Zeit für ihn. Er fühlte sich allein.
Andererseits würde sie möglicherweise mit Layan ausgehen, wenn er die Prüfungen gewann. Dann wäre ihre Zeit natürlich begrenzt. Aber ich müsstem ich Lari ausgehen... Er presste die Lippen aufeinander. Auf der einen Seite hoffte er, dass es soweit käme. Er vermisste sie, ihre liebevolle Art und ihre Nähe. Er vermisste ihr Lachen und wie sie sich ihm entgegenstreckte, wenn er sie küssen wollte. Er vermisste das Anschmiegen ihres Körpers an seinen, ihr rhythmisch ruhiges Atmen, wenn sie schlief. Aber er hatte auch Angst vor dem Schmerz im Herzen, würde er all das noch einmal zulassen und sie dann verlieren. Zarrahs Tod riss bereits ein zu großes Loch hinein. Zarrah... Sie vermisste er noch mehr und so kam es, dass er Layans Anweisungen zunächst fast überhörte, weil er gedanklich nicht bei der Sache war.
S'idans Einwand war es, der ihn in die Realität zurückholte. "Euer Ernst?! Wozu soll das gut sein, hm? Wir sind Krieger, Magier! Wir wollen fliegen und Hymlia beschützen. Wozu also eine Hütte bauen?!"
Syn schaute auf. Eine Hütte bauen? Dann entdeckte er den Holzstapel, das Werkzeug. Hier stand er im Grunde gleich vor zwei Prüfungen, denn handwerklich hatte er sich Zeit seines Lebens noch nicht beweisen müssen. Natürlich würde er einen Hammer schwingen und Nägel in Holz jagen können. Eine windschiefe Hütte reichte hoffentlich, um zu bestehen. Er analysierte die Materialien, rief sich ins Gedächtnis, wie Kiras Schuppen aussah. Es sollte machbar sein, wenn man die Bretter einfach aneinanderlegte und vernagelte. Dann müssten sie zu einem Kasten geformt werden und ein Dach erhalten. Es sollte möglich sein...
"Beweist mir, dass ihr zusammen etwas erreichen könnt, das Bestand hat! Ihr habt eine Stunde!" Während Layan und S'idan sich noch ein kleines Duell lieferten, folgte Syn der Weisung, dass die Lösung ihrer Prüfung zeitlich begrenzt war. Er hielt sich nicht mit Zusammenarbeit auf, sondern ging davon aus, dass der Rest so wie er schon seinen Teil versuchen würde. So stapfte er wortlos am Rebellen und dem Himmelsreiter vorbei, schnappte sich einige Bretter, Nägel und einen Hammer. Bei den Brettern achtete er nicht auf die Dicke, wohl aber darauf, dass sie alle in etwa gleich groß waren. Er legte sie am Boden so aneinander, dass sie eine liegende Wand bildeten. Dann suchte er sich ein Brett, das lang genug war, um quer aufgelegt, einmal über allen anderen zu liegen. So wollte er es einfach zusammennageln. Das eine lange Brett sollte die anderen halten. Wenn es klappte, würde er auch am anderen Ende seiner Bretterwand so verfahren. Er achtete dabei weder auf Layan noch auf seine Gruppenmitglieder, sofern sie ihn nicht unterbrachen. Er hatte eine Stunde. Er musste eine Hütte bauen. Das wollte er tun.
Sollte es allerdings dazu kommen, dass jemand mit mehr Führungskraft als ein ehemaliger Sklave wie Syn das Ruder in die Hand nahm und Anweisungen verteilte, würde er tatsächlich darauf hören und sich daran halten. Denn das konnte er: tun, was man erwartete. Im Grunde war es doch einfach, oder nicht?
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Freitag 29. November 2024, 11:58

Syn konnte sich einfach nicht recht über den Sieg freuen. Viel zu viel schwirrte ihm verwirrend im Kopf herum. Zu viel erinnerte ihn an sein Leben in Morgeria. Es war schwer, beide Orte nicht miteinander zu vergleichen, wenn man derzeit auch noch in dieser schlechten Verfassung war. Er sehnte sich nach Familie, Freunde und Liebe aber er verwehrte es sich, weil er glaubte, dass er so besser dran wäre. Aber hatten nicht bereits Razag, Crystin und auch Zarrah gezeigt, dass eine Gemeinschaft doch besser war? Schon damals hatte er erkennen müssen, dass es angenehmer war, wenn man andere um sich herum hatte, die zu einem standen. Auf die man sich verlassen konnte und auch durfte. Dass seine Freunde offenbar die Überfahrt nach Kata Mayan angetreten hatten, änderte an dieser Wahrheit nichts. Damals hatte er auch Kummer empfunden, weil er erkennen musste, dass er eben nicht so besonders für Karrish gewesen war, wie er geglaubt hatte. Nun aber wollte und musste er sich auf die Aufgaben konzentrieren. Der Weg des Himmelsreiters war etwas, das er unbedingt wollte. Dementsprechend strengte er sich auch an. Und wenn er es schaffte… musste er mit Lariana ausgehen! Wenn er denn sein Wort hielt. Das würde sich am Ende zeigen. Nun aber galt es noch einiges zu bewerkstelligen, weshalb Syn sich auch nicht dem aufgeregten Schwatzen der anderen anschloss. Nicht mal S’idan, der sich als guter Verlierer gegeben hatte, hatte seine Aufmerksamkeit verdient. Syn konzentrierte sich auf das, was er brauchte. Essen, Wasser und dann die nächste Prüfung. Tatsächlich aber musste er einsehen, dass die nächste Prüfung die wohl schwerste war. Er sollte mit anderen gemeinsam arbeiten, sollte eine Gemeinschaft bilden. Das war nichts, das Syn beherrschte. Wie auch? Der Junge wuchs in katastrophalen Zuständen auf und musste sich stets alleine beweisen. Dass manche Dinge in einer Gemeinschaft leichter gingen, war etwas, das er erst noch lernen musste. Nun aber verstand er die Aufgabe: Ein Haus bauen, binnen einer Stunde.

Syn fackelte nicht lange, sondern griff nach dem Material und begann daraufhin sich ans Werk zu machen. Die beiden Zwillinge schnalzten synchron mit der Zunge als sie ihn dabei beobachteten. „Syn, richtig?“, sagte die eine und die andere sprach für sie weiter: „Wir sollen das gemeinsam machen!“, murrte sie und S’idan schlurfte gelangweilt heran. Er blickte auf das Holz und seufzte. „Jemand ‚ne Idee, wie man das anstellt?“, fragte er und zeigte sehr viel deutlicher als Syn, dass er durchaus Hilfe von anderen annehmen konnte. Die Zwillinge verzogen die Gesichter. „Ja, er weiß es offenbar!“, deuteten sie fast schon anklagend auf Synnover. Dann meldete sich der Ängstliche zu Wort: „D…das wird… so nichts“. S’idan wandte sich an den Schüchternen. "Hä?", machte er, legte seine Hand an sein Ohr, damit der andere lauter sprach. "D...d...as wwwird sssso niiichts…“, murmelte er nochmal und war viel kleinlauter. S’idan klopfte Syn auf den Rücken. „Jetzt warte doch mal, Kumpel – der Kleine sagt, das wird so nichts. Außerdem ist es die Aufgabe von uns allen, klar? Also atme durch und lass uns nachdenken!“, brummte er ihn an. Die andere Gruppe hatte sehr viel schneller ein Team gebildet. Bei ihnen stand Layan und beobachtete sie, machte sich Notizen, während ihre Gruppe von Filius begutachtet wurde. Er sagte nichts, zeigte auch keine Mimik, sondern beobachtete schweigend. Die Zwillinge stemmten die Hände in die Hüften. „So. Dann sag mal, Schlauberger, wie wirs anstellen!“, sprachen sie den Nervösen an. Jener aber machte große Augen, als er sich 8 Augenpaaren gegenüber sah. „I-i-i-ch?“, stotterte er und S’idan verlor die Geduld. „Ja, du. Wer sollte sonst wissen, wie das geht. Wir alle sind eher die Fraktion ‚Macher‘, verstehst du?“, zwinkerte er lässig und schloss die Zwillinge, Syn und sich selbst ein. „Du sagst uns, was wir tun sollen.“, deutete er auf den Ängstlichen. Jener blickte skeptisch, aber schließlich nickte er. Nachfolgend war es vermutlich Syn’s Glück, dass er nur noch Anweisungen hatte, die er ausfüllen musste. Dabei war alles sehr präzise und es zeigte sich im Verlauf, dass sein Ansatz nicht ganz falsch gewesen war, er nur noch einige Kleinigkeiten zu beachten gehabt hatte. Nämlich, nicht zu viel Holz zu verschwenden und für Wände dickeres Holz zu nehmen, als für das Dach.
Der Ängstliche verlor mehr und mehr die Scheu und blühte in seiner Rolle auf, während sie anderen sich die Hände schmutzig machten. Die Zwillinge zierten sich des Öfteren, aber letztendlich stand eine Hütte, fertig und ganz passabel da, als das Endsignal ertönte. Die andere Gruppe war bedeutend homogener gewesen und jeder hatte etwas einbringen können. In ihrem Fall aber rauschte jeder durch diesen Teil der Prüfung. Filius bemängelte die Zusammenarbeit des ‚Teams Bauen‘. Sie hatten häufig gestritten und Syn hatte stumpf getan, was gesagt wurde, ohne wirklich darüber nachzudenken. Allerdings war dies kein Weltuntergang, wie Synnover feststellen durfte. Layan hatte sich vor den Rekruten aufgebaut und verlas nun Namen, die noch die Magie- und die Fliegen-Prüfung absolvieren sollten. „Kalga und Elga, S’idan, Falgus und Syn“, rief er auf. „Den anderen fünf: Danke für euren Einsatz aber es hat bis hierher nicht gereicht. Versucht es gern im nächsten Jahr!“, verabschiedete sich Layan und blickte daraufhin zu Synnover. „Magie brauchst du nicht mehr zu machen, Filius hat dir bereits einen Punkt gegeben. Du hast nun einen Moment Zeit, bis die anderen fertig sind. Iss, trink, ruh dich aus. Anschließend findet die Flugprüfung statt!“, sagte er zu ihm und nickte. Dann widmete er sich den anderen, während Synnover wieder in die Ställe gehen durfte. Auf dem Weg dorthin hörte er die enttäuschten Worte derjenigen, die es nicht geschafft hatten. Sie alle zogen sich noch um, packten niedergeschlagen ihre Sachen, wünschten Syn noch viel Glück, dann war er allein. Zumindest – fast. Denn als er in den Stall kam sah er sich tatsächlich Kira gegenüber. Und Lariana, die das Buffet herrichtete, wie es schien. Die beiden Frauen redeten gerade leise, doch er verstand die Worte nicht, bevor sie verstummten und Kira ihn anstrahlte, während Lariana sich vorsichtig umdrehte und ihr Blick auf ihn fiel.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Samstag 30. November 2024, 04:56

Im Grunde war es ganz einfach und kaum anders als jene Prüfungen in Morgeria, denen er sich regelmäßig hatte stellen müssen. Sowohl in der Schwarzen Arena als auch den Betten zahlreicher dunkelelfischer Adelshäuser, es ging letztendlich doch immer nur darum, Erwartungen zu erfüllen. Alle Bedürfnisse darüber hinaus - die eigenen Bedürfnisse! - hatten auf ein Minimum beschränkt zu werden. Man gestattete, sich zwischen den Kämpfen zu stärken, damit man die nächste Runde hoffenltich lebend überstand. Das war hier in Hymlia nicht anders. Und so nutzte Syn seine Gelegenheit nicht, um sich feiern zu lassen, sondern um zu essen, zu trinken und seine Muskeln auszuruhen. In den Vorbereitungsräumen der Gladiatoren war er ähnlich aufgetreten. Dort musste er mit keiner Maske glänzen, denn dort sah man ihn nicht. Dass die hymlianischen Anwerber ihm gratulierten und bejubelten war befremdlich, allerdings nichts, auf das er sich nun konzentrieren konnte. Er durfte sich nicht von den Prüfungen ablenken lassen. Er musste es doch durch die Eignung schaffen!
Mit dieser verbissenen Haltung ging er auch die nächste Disziplin an und übersah dabei den Kern, auf den es ankam. Layan erwartete nicht, dass nach Ablauf der Stunde ein formvollendetes Holzhaus stand. Er wollte sehen, wie die einzelnen Mitglieder der Gruppe zusammenarbeiteten und das ging bei Syns Runde gehörig in die Hose. Die meiste Mühe gaben sich noch der schüchterne Kleine, sowie S'idan, welcher durchaus genug Offenheit zeigte, sich in ein Team einzufügen. Syn hingegen hätte sich mit dem Kopf durch die Wand gehämmert. Wenigstens sträubte er sich nicht gegen Anweisungen, nicht einmal wenn sie von einem vor Nervosität ganze Sturzbäche schwitzenden Persönchen kamen. Crystin hatte ihm schließlich auch häufiger eine Lektion erteilt. Es kam nicht auf die Größe an und in ihrer Runde auch nicht auf den Auftritt, nicht jetzt. Er hätte sich einfach mehr aktiv einbringen müssen. Aber er dachte nicht nach, sondern tat einfach wie geheißen, sobald die Aufgaben einigermaßen verteilt waren. Mehr noch, anstelle die beiden Frauen aufuzufordern, sich ebenfalls zu beteiligen, nahm er ihnen die Arbeit ab, weil sie sich so zierten. Er sah nur die Erledigung des Hüttenbaus und nicht das Wesentliche. Als Layan wenig später dann verkündete, dass ihre gesamte Gruppe durch diese Disziplin gerasselt war, stockte Syn der Atem. Er starrte, allerdings zu Boden. Er wagte nicht, Layan das Entsetzen zu zeigen, dass es nun wohl vorbei wäre. Aber er verstand auch nicht. Er hatte sich doch angestrengt, sogar versucht, die Hütte allein aufzubauen! Wo lag der Fehler? Was hatte er falsch gemacht? Warum war er durchgefallen? Und wann bekäme er seine neue Chance, eine Eignungsprüfung abzulegen? Wieviel Zeit würde er noch verlieren?
"Kalga und Elga, S'idan, Falgus und Syn." Er horchte auf. "Den anderen fünf: Danke für euren Einsatz, aber es hat bis hierher nicht gereicht. Versucht es gern im nächsten Jahr!" Ein Jahr. Ein ganzes Jahr würde er verlieren, weil Layan das Holzhaus nicht stabil genug gewesen war oder ... Syn fand den Fehler nicht. Er spürte nur, dass er sich anspannte und die Hände zu Fäusten ballte. Er konnte kein Jahr warten. Er würde ... kein Jahr überstehen. Nicht einmal, wenn Kira jede Nacht bei ihm läge. Wie sollte er durchhalten, nur um sich erneut zu beweisen? Dann muss ich es ohne flie-
"Magie brauchst du nicht mehr zu machen, Filius hat dir bereits einen Punkt gegeben." Syn schaute auf und sein lindgrüner Blick traf auf Layans. "Du hast nun einen Moment Zeit, bis die anderen fertig sind. Iss, trink, ruh dich aus. Anschließend findet die FLugprüfung statt!" Er blinzelte. "Ich ... nehm noch teil?" Layans Nicken, das neben Bestätigung auch stumme Aufforderung war, sich zurückzuziehen, lockerte Syns Anspannung. Sie fiel zentnerschwer von ihm ab, so dass er den Weg zu den Ställen eigentlich bereits hätte fliegen müssen. Doch er war müde. Gut, dass die Magieprüfung schon hinter ihm lag und er sich nun ein wenig ausruhen könnte. Die letzte Woche hatte härter an ihm gezehrt als er sich eingestehen wollte und es wurde immer schwieriger Haltung zu bewahren. Aber er musste nur noch den Pegasus reiten, zeigen, was er konnte und dann würde die richtige Ausbildung beginnen. Es war noch nicht vorbei. Er musste sich nur noch ein wenig länger konzentrieren.
In den Ställen angekommen, erhielt er einen erneuten Motivationsschub. Kira stand bei den Buffettischen, um die Mahlzeiten für die Teilnehmer aufzufrischen. Sie wandte sich ihm mit einem Strahlen zu, dem Syn nicht entkommen konnte. Jetzt war wirklich die letzte Spur Anspannung wie weggeblasen. Allein seine kleine Schwester zu sehen mit diese aufrichtigen Freude für seine Leistung beflügelte ihn.
"Ich werde fliegen", verkündete er ihr und die Freude ergriff erstmals seit Beginn der Prüfungen auch von ihm Besitz. Es erreichte seine Augen, dass sie hell aufleuchteten, bis ...
Syn erstarrte. Neben Kira drehte sich ein seidig weicher Haarschopf herum, um ihm den Nachthimmel zu präsentieren. Tiefes Blau mit vielen kleinen Sternen darin, die ihn schon mehr als einmal verzaubert hatten. "L...Lari!" Nein, das ist jetzt nicht gut. Du hast die letzte Dizsiplin zu schlagen. Es ist keine Zeit, sich auf sie einzulassen. Überhaupt solltest du das nicht tun. Nicht. Halte Abstand. Wenn du sie jetzt ansprichst, wird dein Herz zerbrechen. Die Gedanken schwirrten durch seinen Kopf, aber den brauchten seine Füße nicht, um sich in Bewegung zu setzen. Mit einem Mal stand er direkt vor ihr, blickte auf sie herab und hielt gleichzeitig den Atem an. Tu das nicht. Du sehnst dich, ja, aber denk an den Schmerz. Denk an Zarrah. Es tut so weh. Willst du dir das nochmal aufbürden? Willst du dich selbst vor dieser wichtigen Prüfung dermaßen schwächen? Willst du das?!
"Ich ... will ..." Er stutzte. Seine Stimme klang ausgelaugt und er fühlte sich auch so. Lariana zu sehen erinnerte ihn an die gesamte letzte Woche. An die Einsamkeit und die Verzweiflung, die ihn schlussendlich sogar bis zu Galinas Haus getrieben hatten, weil er eher bereit gewesen war, sich ihr zu verkaufen als dieses wunderschöne Wesen vor ihm noch einmal aufzusuchen. Und er wusste auch, warum. Du wirst sie verlieren. Das weißt du. Wie willst du dich dann in Morgeria behaupten? Kannst du überhaupt töten, wenn dein Herz endgültig zerbricht? Lass dich nicht auf sie ein. Du schadest dir selbst! Hat es dir bei Razag und Crystin denn etwas gebracht? Hat es dir geholfen, Freunde zu finden? Du leidest! Und Zarrah? Sie sind alle fort. Übrig ist nur Leid, Schmerz ...
Syn strich sich durch die Haare. Sie waren ein wenig länger geworden, vor allem an den Seiten. Er musste sie erneut stutzen, wenn er in ein paar Tagen nicht so verwahrlost aussehen wollte wie er sich fühlte. "Lariana", fing er erneut an. Sein Äußeres kümmerte ihn nur am Rande. Dort, wo er auch Kira gerade hin verbannte. Sein ganzer Fokus lag auf der Sehnsucht, die vor ihm stand. "Ich hab eine Vereinbarung getroffen", teilte er ihr mit. "Mit deinem Bruder. Wenn ... wenn ich die Eignungsprüfungen schaffe, dann ... muss ich mit dir ausgehen." Er hörte selbst wie es klang. Müssen. Lag ihm denn gar nichts an ihr? Viel zu viel, deshalb musst du jetzt aufhören, ehe es noch mehr wird und du nicht mehr zurück willst. Es bringt nur Schmerz. Du weißt, du kannst sie nicht halten ... du wirst sie verlassen. Willst du das?!
"Aber ich will das nicht. Ich werde das nicht so machen." Er schaute sie an, befeuchtete seine Lippen. Was hatte er gesagt? Hatte er es ihr erklärt oder auf seine Gedanken geantwortet? Sie war so nahe, so warm, so wunderschön. Sein Herz hämmerte wild und zugleich wagte er kaum zu atmen. "Ich will es an keine Bedingung knüpfen. Wenn ich mit dir ausgehe, dann weill ich das möchte. Und ich .... ich will es." Nicht! Hör auf! Merkst du nicht, dass du dir damit nur selbst schadest? Du wirst zerbrechen. Er schaute Lariana tief in die Augen, kam noch ein Stück näher auf sie zu. Syn bemerkte es nicht. In seinem Herzen und seinem Kopf herrschten Chaosstürme. Es war seine Sehnsucht, die ihn vorantrieb. "Ich will mit dir ausgehen. Ich will ... dich anschauen. Ich will mit dir reden, dich berühren." Er hob seine Hand, aber die Finger hielten sich in der Schwebe. Er wusste nicht, ob sie es noch wollte und gerade fürchtete er, sie würde ihn von sich stoßen. Dann zerbrichst du ebenfalls. Warum lässt du dich darauf ein? Dreh um, zieh dich zurück! Du hast zu fliegen. Du hast Pläne! Sie beinhalten nicht diese Frau! Du musst kämpfen, zaubern, fliegen ... du musst nach Morgeria. Du musst ... töten ... dich befreien ... dich und ... und sie ... auch wenn sie tot ist. Syn blinzelte zwei Tränen aus seinen Augen. Er spürte nicht, wie sie seine Wangen benetzten. Er hielt die Hand auf Larianas Wangenhöhe, aber immer noch mit Abstand. "Ich will dich küssen, Lari ... dir beim Kochen helfen, dein Essen genießen, die gemeinsamen Abende. Ich will ... neben dir einschlafen und aufwachen, ohne eine Spur von Reue. Ich vermisse dich so sehr." Es tut weh. Aber es wird noch mehr wehtun, wenn du das jetzt zulässt und sie dann ebenfalls fort ist. Reiß dich zusammen! Syn wischte die Gedanken fort. Er schüttelte den Kopf. "Ich will so sehr bei dir sein, aber ... ich hab Angst ... dich zu verlieren." Ich werde dich verlieren. Denn ich werde dich verlassen. Zehn Monate, wenn es heute funktioniert. Zehn Monate, bis der Schmerz meinen Herzschlag tötet. "Ich ... hab doch ... sie schon verloren." Sie wird nie wieder deinen Namen sagen. Du wirst ihn nie wieder so hören. Syn weinte nun ungehemmt, aber wie so oft ... stumm. Tränen rannen ihm aus den Augen, jede einzelne ein Symbol für das Loch, das sein Verlust hinterlassen hatte. Jede einzelne ein Signal für die Einsamkeit, mit der er zu kämpfen hatte und die sich so viel schreckllicher anfühlte, seit er wusste, was er vermisste. "Ich werde dich verlieren." Das wirst du. Ganz gleich, was du tust. Du verlierst sie jetzt oder ... in zehn Monaten, aber dann ist der Schmerz größer... Seine Finger glitten an ihrer Wange vorbei. Er berührte nur flüchtig die äußeren Strähnen ihres Haares. Es reichte aus, um ihn aufschluchzen zu lassen. Der Schmerz jetzt ist genauso groß!
"Verzeih mir. Ich ... finde keinen Ausweg ... Ich will nicht ... zerbrechen. Bitte, sag mir ... was du willst."
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Dienstag 3. Dezember 2024, 12:08

Es war schon eine Erleichterung, dass der Eignungstag noch nicht vorbei war, nur weil er die letzte Prüfung nicht bestand. Es ging weiter und er durfte mit vier anderen noch die letzte Disziplin antreten. Bis es soweit war, durfte Syn sich allerdings ausruhen und sich stärken. Das würde wichtig sein, denn auch ihm war klar, dass dies die alles entscheidende Prüfung war! Wer nicht vernünftig auf einem Pegasus reiten konnte, war sicher nicht der Ausbildung würdig. Immerhin flogen die Himmelsreiter auf ihnen. Als Syn sich also zurückzog, betrat er die Stallungen, die als Aufenthaltsort hergegerichtet waren. Die Pegasi waren offenbar woanders, hier gab es nur ein paar Möglichkeiten sich zu setzen und etwas zu essen oder zu trinken. Als er eintrat, fiel sein Blick als erstes auf Kira. Freude durchströmte ihn, weil er seine eigene Freude nicht länger verstecken musste. Kira strahlte ihn so stolz und glücklich an, dass es ansteckend sein musste! "Ich werde fliegen" Sie nickte euphorisch, bis sein Blick aber auf die zweite Person fiel. Kira war nicht allein. Nein. Lariana schaute aus dunkelblauen Augen zurück und für einen Moment erstarrten sie alle beide.
“L…Lari!“, japste er voller Erstaunen. Er hatte überhaupt nicht mit ihr gerechnet und auch Lariana sah aus, als hätte sie die falsche Zeit abgepasst. Aber sie konnte auch nicht wissen, dass er frühzeitig herkommen würde. Ihre Finger sahen aus, als hätte sie eine ganze Zeit in der Küche gestanden. Das Buffet war also aus ihren Fingern entstanden. Natürlich half sie ihrem Bruder. Lari war gut. In Syn aber braute sich kein ein fulminanter Gedankensturm zusammen. Kira blickte fragend von einem zum anderen und analysierte noch die Situation. Das nutzte Syn und trat einige Schritte vor, um direkt vor Lariana stehenzubleiben. „Synno- Syn.“, berichtigte sich Lari noch und ihre Stimme wirkte ein wenig verhalten. Sie räusperte sich und musterte das ebenmäßige Gesicht des Hymlianers. Kira stand naserümpfend daneben. Sie schien zu stören, aber… es war auch ziemlich spannend, was sich da tat! Also trat sie etwas in den Hintergrund und beobachtete. "Ich ... will ..." Lari’s Blick hob sich leicht. Stumm hallte die Frage darin, was er wollte. Es dauerte, bis Syn überhaupt Worte fand, die er sprechen konnte.

In der Zeit musterte Lari ihn eingehender und entdeckte die feinen Anzeichen für seinen Gemütszustand. Ihr Blick wurde eine Spur wärmer, wenngleich er verhalten blieb. "Lariana" Sie nickte. Sie hatte ebenfalls Mühe etwas zu sagen, wollte ihn gleichzeitig nicht unterbrechen, weil es ihn offenbar so viel Mühe kostete, etwas zu sagen. "Ich hab eine Vereinbarung getroffen. Mit deinem Bruder. Wenn ... wenn ich die Eignungsprüfungen schaffe, dann ... muss ich mit dir ausgehen." Ihr Blick weitete sich kurz ungläubig, dann wurde er wieder kleiner. „Oh.“, entkam es ihr nur enttäuscht. Sie räusperte sich erneut und im Hintergrund zog Kira eine ungläubige Grimasse. „Du musst gar nichts.“, meinte Lariana bemüht höflich. "Aber ich will das nicht. Ich werde das nicht so machen.“ Lariana schluckte schwer. Sie bemühte sich so sehr um Haltung, aber er tat ihr weh, das war nicht zu übersehen. Ihr Blick rutschte etwas hinab, sie nickte tapfer. "Ich will es an keine Bedingung knüpfen. Wenn ich mit dir ausgehe, dann weill ich das möchte. Und ich .... ich will es." Ihr Blick hob sich überrascht. Kira grinste im Hintergrund und biss sich angespannt auf die Unterlippe. Es war wie ein guter Romantik-Roman! "Ich will mit dir ausgehen. Ich will ... dich anschauen. Ich will mit dir reden, dich berühren." Lariana erweichte. „Syn…“, flüsterte sie und ein feines Lächeln der Freude huschte über ihre Züge. Sie blinzelte, weil ihr die Augen feucht wurden. "Ich will dich küssen, Lari ... dir beim Kochen helfen, dein Essen genießen, die gemeinsamen Abende. Ich will ... neben dir einschlafen und aufwachen, ohne eine Spur von Reue. Ich vermisse dich so sehr." Lariana hatte sich an ihrem feinen Kleid festgerallt vor Anspannung, doch jetzt griff sie nach seiner Hand, die den Weg nicht weitergehen konnte und hielt sie zwischen ihren leicht bemehlten Fingern. Sanft war ihr Druck, liebevoll. Sie war noch immer voller Gefühle für ihn. Es hatte sich nichts geändert. Ganz im Gegenteil. Auch an ihr fanden sich vereinzelte Spuren, dass sie keine gute Zeit gehabt hatte, seit er sich getrennt hatte. Sie hatte leichte Schatten unter den Augen, ihre Wangen wirkten etwas schmaler, als hätte sie zu wenig gegessen. Sie sah müde aus. "Ich will so sehr bei dir sein, aber ... ich hab Angst ... dich zu verlieren."
Kira hatte die Luft angehalten. Lariana zog die Augenbrauen zusammen und musterte sein Gesicht. Noch immer hielt sie seine Hand. „Aber ich bin hier“, flüsterte sie. "Ich ... hab doch ... sie schon verloren." Kira horchte auf und musterte ihren Bruder. Sie beobachtete sein Tränengesicht und runzelte die Stirn. Etwas in ihr begann zu rattern. Lariana aber drückte Syn’s Hand. Sie streichelte in beruhigender Absicht über seine Haut und schüttelte leicht den Kopf. „Oh Syn… Ich bin für dich da… noch immer.“, flüsterte sie und ließ ihn weinen. Es trieb ihr selbst die Tränen in die Augen und voller Mitgefühl für seine Situation, trat sie auf ihn zu. Sie trat vor, schlang ihre Arme um ihn und schloss ihn ein in wohlige Wärme. Sie hielt ihn, ließ ihn weinen. Sie streichelte beruhigend über seinen Rücken, hielt ihn einfach fest. "Ich werde dich verlieren. Verzeih mir. Ich ... finde keinen Ausweg ... Ich will nicht ... zerbrechen. Bitte, sag mir ... was du willst." Kira wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. Sie hatte keine Ahnung gehabt. Ihren Bruder so zu sehen, das berührte sie auf ganz besondere Weise. Und sie zog sich leise zurück, überließ es nun Lariana, sich seiner anzunehmen. Kira verließ den Stall und schloss leise die Türen, um Syn und Lari etwas Privatsphäre zu gewähren. Dann positionierte sie sich vor dem Stall und ließ niemanden hinein, während sie nachdenklich zum Horizont schaute. Sie musste etwas tun!
Lariana aber streichelte Syn noch immer. Sie ließ ihn einen Moment und wartete, bis er den heftigen Schub überwunden hatte. Sobald er sich etwas beruhigte, ergriff sie mit ergriffener Stimme das Wort: „Unsere Herzen sind nicht dafür geschaffen auf ewig makellos und wunderschön zu sein. Mit glatter Oberfläche, ohne Kerbe und ohne Fehler. Unsere Herzen wollen Lieben, leben, leiden… Sie wollen Freunde finden, Freude verlieren. Sie wollen verschenkt und zurückgefordert werden. Sie wollen umsorgt und gut behandelt werden, aber sie können das nur schätzen lernen, wenn sie auch mal leiden.“, begann sie und drückte Syn etwas von sich. Sie lächelte. Dann nahm sie sein Gesicht in ihres und streichelte mit ihren Daumen die Tränen beiseite. „Jeder Verlust, der dich weinen lässt, bedeutet, dass du lebst, Syn… Deine Freunde zu verlieren war schrecklich. Aber dass du so sehr um sie trauerst zeigt nur, wie wichtig sie dir sind. Welche Spuren sie auf deinem Herzen hinterlassen haben. Nur weil dein Herz eine Narbe davonträgt, bedeutet es nicht, dass es zerbrechlich wird. Im Gegenteil. Es wird stärker. Es wird besser. Die Erfahrung, die du gerade machst… sie wird dir auf deinem Weg helfen. Die Liebe, die du empfindest und die du bekommen hast durch sie… sie wird auf ewig in deinem Herzen bleiben und auch wenn es jetzt noch wehtut, wird diese Wunde verheilen und dich nur noch an das Gute erinnern, das deine Freunde in dir hinterlassen haben. Du musst niemanden aufgeben, weil du Angst hast, du könntest ihn verlieren. Denn die Einsamkeit ist nicht dein Freund. Sie macht alles schwerer, sie gaukelt dir vor, es wäre besser. Aber das ist es nicht. Denn wenn du trotz des Verlusts lernst, wieder zu lachen und zu lieben, dann wirst du heilen. Ich verspreche es dir. Glaube nicht, dass du Verrat begehst, wenn du dein Leben weiterlebst. Denn auch ohne deine Freunde gekannt zu haben – ich bin mir sehr sicher, dass sie alles dafür getan hätten, dass du lebst. Dass du frei bist dein Leben in Liebe zu leben. Nicht in Einsamkeit.“, dann neigte sich Lariana vor und küsste Syn. Sie küsste die salzigen Tränen von seinen Lippen, schenkte ihm ein Zeichen der Liebe und dass sie immer noch vorhanden war. Sie zeigte ihm, dass er nach, wie vor nicht allein war. Und sie zeigte ihm, dass sie da war.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Dienstag 3. Dezember 2024, 22:06

Zitterte er? Syn wusste es nicht. Sein gesamtes Inneres war leer, aber es fühlte sich ganz anders an als die vergangene Woche. Gleichzeitig wirbelte so viel Chaos durch seinen Geist, dass er sich auch mit der schönsten Maske nicht auf eine einzige Emotion hätte einigen können. Seine Gefühle quollen über, rannen über die Ränder seiner Augen hinweg und strömten über das gesamte Gesicht. Welchen Eindruck er gerade nach außen machte, kümmerte ihn nicht. Er dachte nicht darüber nach, dass man ihn beobachten könnte. Ohnehin sah es neben Lariana doch nur noch Kira und für sie konnte er sich gerade nicht genug Aufmerksamkeit abschöpfen. Die Schwester hingegen erkannte, dass hier etwas nicht stimmte. Sie mochte ihren Bruder in Fleisch und Blut noch nicht so lange erlebt haben, dennoch spürte sie, dass es jetzt besser wäre, ihm und Lariana etwas Freiraum zu lassen. Was eben noch ein wenig romantisch begonnen hatte, war irgendwie umgeschlagen. Sie wusste, dass ihr großer Bruder und Layans Schwester nun Ruhe benötigten. Also tat Kira, was eine kleine Schwester da am besten tun konnte: sie spielte die Türsteherin. Niemand sollte diese Szene unterbrechen. Sie verließ nahezu lautlos und von den beiden anderen unbemerkt den Stall, um sich davor zu postieren. Im Inneren hatten Lariana und Syn nur Augen füreinander. Unter denen der Hymlianerin lagen Schatten. Syn bemerkte nicht nur das, sondern auch die feinen Spuren tränenreicher Nächte, die matte Farbe der Haut, die eingefallenen Wangen. Und trotzdem musste er sich eingestehen, dass er sie unsagbar schön fand, so nah bei ihm und gar mit einem Hauch Wärme in ihren Zügen.
Er hingegen musste ein schreckliches Bild abgeben. Du siehst übel aus... Syn wurde von einem Schluchzen geschüttelt. Er zitterte wirklich. Seine Gedanken gaben ihm den Rest, aber da war auch diese Hand - kleiner als seine, weich und sanft. Sie hielt sich an ihm fest. Nein, das stimmte nicht! Sie bot sich seiner Hand an, damit er sich festhalten konnte. Syn versuchte, nicht zu heftig zu klammern, aber er würde sie jetzt nicht loslassen. Sie fühlte sich so angenehm an. Warm ... und weich...
"Oh Syn ... ich bin für dich da ... noch immer." Er hörte es, aber er konnte es nicht glauben. Denn er wusste es besser. Wenn er sich jetzt auf sie einließ, würde es wehtun. Er würde sie nochmal verlassen müssen. Es würde schmerzen, wenn er sie nochmal verlor. Und sie? Sie ist doch auch fast zerbrochen! Seine Augen zuckten empor, um erneut ihr Gesicht zu mustern. Da kam es ihm schon nahe, immer näher. Die Distanz schrumpfte, als sich die Wärme und Weichheit ihrer Hand samt der Arme um seinen Leib legte. Syns Körper beendete schlagartig das Zittern. Er war wie erstarrt. Nur die Tränen verließen weiterhin seine Augen. Es fühlte sich gut an und doch sah er hier keinen Ausweg. Er hatte es doch versucht, ihr fern zu bleiben. Und jetzt stand er hier ... zu schwach, um gegen seine eigenen Sehnsüchte anzugehen. Zu schwach, sie zu ignorieren. Das hatte man ihm nicht eingebläut! Er hatte das Leben anderer nicht mit seiner belanglosen Existenz - seinen Gefühlen - zu stören! Aber Lariana störte sich gar nicht daran. Sie war hier und sie umarmte ihn.
"Unsere Herzen sind nicht dafür geschaffen, auf ewig makellos und wunderschön zu sein", teilte sie ihm mit. Syn hob die Lider. Hinter einem wässrigen Schleier glänzte matt sein sanftes Frühlingswiesengrün. Wenn das stimmt, ist es kein Wunder, dass ich es samt all seiner Makel verbergen soll. Ich muss wunderschön sein ... anziehend. Perfekt. Er presste die Lippen fest aufeinander. Lariana aber gab nicht auf. "Unsere Herzen wollen lieben, leben, leiden ... Sie wollen Freunde finden, Freunde verlieren. Sie wollen verschenkt und zurückgefordert werden. Sie wollen umsorgt und gut behandelt werden, aber sie können das nur schätzen lernen, wenn sie auch mal leiden." Sanft strich sie ihm die Tränen mit den Daumen aus dem Gesicht, als sie selbiges umfasste und hielt. Sie lächelte. Syn nicht. "Jeder Verlust, der dich weinen lässt, bedeutet, dass du lebst, Syn..." Leid, um es zu schätzen zu wissen? Tränen als Beweis, dass ich lebe? Unter diesen Umständen musste er bereits sehr intensiv gelebt haben. Im Grunde stimmte das. Für einen Sklaven hatte er sich einige Privilegien erarbeiten können. Er hatte seinen Status gelebt, sich darin bewegt wie ein Fisch im Wasser und einiges gewagt, an das andere Besitztümer Morgerias nicht einmal im Traum dachten. Aber es war ein Leben ohne Herz gewesen. Ein Leben hinter perfekten, makellosen, wunderschönen Masken, die seine Tränen verbargen und sein Leid versteckten. Lariana blickte unter diese Maske. Sie wischte die Tränen fort, betrachtete sich das Leid und sprach ihm eine Absolution aus. Sie gestattete ihm all das ... so wie Zarrah es getan hatte.
Plötzlich neigte die Hymlianerin sich vor. Ihre Lippen kamen Syn ganz nahe, bis sie die seinen berührten. Er ... ließ es unerwidert geschehen, während sich in seinem Geist ein erneuter Sturm aus Gedanken und Gefühlen aufbaute. Lass es nicht zu, du wirst verletzt werden! All die Worte mögen jetzt gut klingen, aber am Ende verlierst du sie dennoch! Du hast dich auch von Zarrah einlullen lassen. Von ihren nicht vorhandenen Erwartungen und ihrer Toleranz, die dich Dinge hat ausprobieren lassen, für die Yolintha dein Herz zerschlagen hätte. Du hast ihr vertraut, sie in dein Herz gelassen. So sehr, dass du jetzt ... leidest.
Dass ich zu schätzen weiß, was sie für mich bedeutet.
Willst du mit Lari auch leiden? Willst du Makel und Narben auf deinem Herzen tragen? Tu es nicht. Geißel dich nicht selbst. Die Einsamkeit ist unangenehm, aber händelbar. Sie lässt dich schön bleiben, für immer!
Er zuckte unter Larianas Lippen zusammen.
Tu es nicht.
Tu es nicht!
TU ES NICHT!
Tu es ni...
Tu es...
Tu es!
TU ES!

Syn zuckte wieder zusammen. Seine Arme rührten sich. Er legte sie zaghaft an Larianas Oberarme. Dann schob er sie an ihnen vorbei, umarmte ihren Körper. Dabei erwiderte er endlich ihren Kuss. Zunächst sanft und fast scheu, aber die Sehnsucht war stärker. Er hatte sie so sehr vermisst, diese Nähe, diese echte Nähe. Ihre Liebe.
Syn umschlang Lariana, hielt und herzte sie. Er küsste sie, aber es war weit weg von seinen Verführungskünsten in Morgeria. Er küsste sie aufrichtig, legte ihr seine Seele dar, wie er es zuvor nur zwei Mal in seinem Leben getan hatte. Einmal bei Yolintha, durch einen abgeschmetterten Liebesschwur und ein zweites Mal bei Zarrah ... durch zahlreiche Küsse, Blicke, Nähe, die er in jeder Nacht still und dankbar bei ihr unter der Decke verbracht hatte. Lariana hob all das noch einmal an, denn sie war gerade da und sie liebte Syn ebenso aufrichtig. Er wollte den Kuss gar nicht beenden, schöpfte Kraft daraus, die er zu vergessen geglaubt hatte. Fand die Prüfung zum Fliegen bereits statt? Denn er hatte das Gefühl, dass er schwebte. Es war plötzlich alles so leicht, warm und weich.
Endlich, als ihm die Luft zum Atmen durch die Nase nicht mehr reichte und bevor sie ihm ganz wegblieb, löste er sich weit genug von Lariana, um sie nach wie vor anschauen zu können. Etwas war in seinen Blick zurückgekehrt, das er eine Woche lang nicht gezeigt hatte. Daneben gesellte sich die tiefe Zuneigung, die er für sein Gegenüber empfand. "Ich l..." Nein. "Du bedeutest mir unglaublich viel, Lari." Ich kann es nicht. Diese Worte gehören ihr. Syn lehnte seine Stirn an Larianas. Er schaute ihr tief in die Augen. "Wenn die Prüfungen vorbei sind, gehst du dann mit mir aus?" Seine Wangen glühten, was noch niemals zuvor passiert war. Sein Herz hämmerte. Sie hätte es so leicht. Sie bräuchte nur durch eigenes Gelächter verstärken, was einer gezupften Saite in seinem Inneren gleich leise im Hintergrund und mit Yolinthas Stimme kicherte. Syn übergab ihr diese Macht über sich selbst. Wenn Lariana es wünschte, könnte sie ihn jetzt und hier zerstören. Es brauchte nicht viel.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Freitag 6. Dezember 2024, 22:35

Niemals hätte Synnover geglaubt, dass er in der Lage wäre, wahrhaftig und aufrichtig etwas zu empfinden. Die Emotionen, die er derzeit in sich trug, ballten sich zu einem Chaos zusammen. Er hatte wenig in letzter Zeit geschlafen, war aufgewühlt und gleichzeitig wie tot. Der Verlust seiner Freunde war etwas, das er nicht gut verstehen konnte. Viel zu zart waren die Bande ihrer Verbindungen und er hatte erst vor kurzem erkannt, was er empfand. Nun aber würde diese Erkenntnis nicht mehr gehört werden können und Syn wusste nicht, wohin damit. Er fand auf seiner Suche im endlosen Strudel zwei wundervolle, dunkelblaue Augen. Sie fingen ihn und seinen wirbelnden Geist ein, beruhigten den Sturm in seinem Innern. Syn verfiel diesem Blick und den lieblichen Worten. Sie waren so schön, so wohlmeinend und aus voller Überzeugung gesprochen. Lariana meinte jede Silbe, die sie sagte, ernst. Sie war nicht darauf aus, ihn leiden zu sehen. Sie war nicht in der Lage ihm wirklich wehzutun. Und er wollte ihr das gleiche geben. Er wollte sie für sich behalten, weil er wusste, dass es ihm guttat. Dass sie die richtige Person war, mit der er zusammen sein sollte. Jetzt, da niemand anderes übrigblieb. Zarrah war fort und hatte er nicht Glück verdient? War es nicht das, was ein jeder von ihnen ihm gesagt hatte? Jeder auf seine Weise… Doch Syn wusste, wie wertvoll es war, wenn man wahrlich Glück empfand. Wenn man… liebte. Er hatte nicht gewusst, was Liebe ist – so glaubte er! Aber er hatte sie bereits empfunden. Damals, bei Yolintha. Sie war echt, aus seiner Sicht! Dass sie nicht erwidert wurde, hatte er nicht ahnen können und mehr noch, dass si niedergeschmettert und zertreten wurde, nicht wissen können.
Yolintha war daran nicht interessiert gewesen. Aber Lariana war es. Zarrah war es. Letztere aber hatte schon immer ein äußerst schlechtes Timing besessen. Und nun…war es zu spät. Lari küsste Syn so zärtlich und voller Empfindung, dass es ihm den Atem raubte. Er stand für einen Moment nur da, bis er endlich in sich die nötigen Knöpfe fand, die ihn dazu brachten, sie ebenfalls zu küssen. Es war zärtlich, liebevoll, voller Emotionen. Er liebte sie auf seine Weise und würde das, solange sie ihn ließ. Solange er hierblieb. Syn wusste, dass er eines Tages gehen wollte. Es stand fest auf seinem Plan des Lebens, dass er Hymlia und auch Lariana verließ. Aber würde er es können? Wenn der Tag kam und sie einander gegenüberstünden, so wie jetzt… ? Würde sie es akzeptieren oder würde sie miteinander brechen müssen, damit er gehen konnte? Fragen über Fragen aber… jetzt nicht. Noch nicht. "Du bedeutest mir unglaublich viel, Lari." Sie lächelte aufrichtig und mit tränennassen Augen vor Freude. „Du mir auch, Syn!“, hauchte sie und verringerte noch einmal den Abstand zu ihm, um ihn zu küssen. Lariana’s Herz hüpfte vor Freude. Sie liebte ihn. Syn lehnte seine Stirn gegen ihre und verwahrte drei kleine Worte tief in seinem Seelenkästchen. Direkt neben dem Klang einer bestimmten Stimmfarbe, die seinen echten Namen aussprach. "Wenn die Prüfungen vorbei sind, gehst du dann mit mir aus?", versuchte er dennoch dieses Glück nicht ziehen zu lassen. Lariana’s Blick leuchtete auf. Sie lachte gelöst. „Ja! Ja natürlich, Syn. Liebend gerne…“, flüsterte sie und legte ihre Hand in seinen Nacken. Und Synnover? Der musste sich vermutlich eingestehen, dass Lariana es nun doch geschafft hatte, dass sein Herz wummerte. Sie hatte anfangs davon gesprochen, dass es dazugehörte, wenn man liebte. Dass das Herz wild schlug und flatterte. Er fühlte etwas für Lariana und er wusste, es würden die allerschönsten 10 Monate seines Lebens werden, wenn er es zuließ. Und dann… dann war die Zukunft.




Es war die beste Entscheidung in diesem Moment gewesen. Synnover hatte sich Lariana’s Liebe geöffnet und nur Gutes dabei empfangen. Nachdem sie eingewilligt hatte, dass sie miteinander ausgingen, hatte Layan ihn aufgesucht und ihn zur Prüfung mit dem Pegasus abgeholt. Der graue Blick des Himmelsreiters hatte Syn und Lari gemustert, aber nichts dazu gesagt. Er hatte lediglich einen prüfenden Blick auf die Tränen seiner Schwester geworfen, um sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging. Aber das Leuchten ihrer Wangen war Bestätigung genug. Danach hatte Syn sich erneut beweisen müssen. Mit weichen Knien und einem etwas leichteren Herzen, war er wieder auf die Koppel getreten und hatte dort noch drei Pegasi stehen sehen. Neben jenen standen eine der herrischen Zwillingsschwestern und S’idan. Sie sollten aufsteigen und den Pegasus zum Abheben bekommen, um anschließend einen Rundkurs am Himmel durch luftmagische Ringe zu fliegen. Tatsächlich mussten alle drei Anwärter feststellen, dass das Antreiben eines Pegasusses nicht sonderlich einfach war. Die Tiere waren störrisch, sie besaßen sehr viel Charakter und der Klou war, sich auf eben jenen Charakter einzulassen. Die Hymlianerin, die noch übriggeblieben war, schaffte es tatsächlich als erste, abzuheben. Sie hatte bereits drei Ringe durchflogen, als S’idan abhob. Syn aber brauchte Zeit. Er war nicht geübt darin, sich in andere einzufühlen, schon gar nicht unter Druck. Aber schließlich schaffte er es ebenfalls. Er hatte gespürt, dass das Tier unter seinen Schenkel ängstlich gewesen war. Es war nervös, unruhig und tänzelte. Schlussendlich war es Syn’s antrainierte Art, sich schnell anzupassen, die das Tier ruhiger werden ließ. Syn wusste, er musste nun Stärke ausstrahlen, damit die Unsicherheit verschwand. Und schließlich schaffte Syn es, dass das Tier losflog.

Während die anderen beiden bereits die Hälfte des Kurses geschafft hatten, lernte Syn, dass das Lenken des Tieres durch Schenkeldruck und leichtem Zug an der Mähne funktionierte. Er manövrierte seinen Pegasus durch den ersten Luftring, um dann zum Zweiten zu fliegen. Tatsächlich schaffte er es mit ruhiger Hand. Er wusste, er konnte sich gut auf das Tier einstellen, weil er gelernt hatte, sich stets an Situationen anzupassen. Das Rennen aber wäre gelaufen, wenn er sich nicht beeilte. Doch dann half ihm der Zufall: S’idan und der Zwilling kamen sich in die Quere. Ihre Pegasi gerieten zu dicht aneinander und das mochten die Tiere nicht. Sie begannen zu scheuen, sie keilten aus, schnappten nacheinander und keiner der beiden Reiter schaffte es, sich überhaupt vom jeweils anderen abzusetzen. Sie verloren den Rundkurs aus den Augen und Syn hatte die Chance, sich an die Spitze zu setzen. Das Jubeln der Menge auf Hymlia’s Boden war gewaltig. Es war berauschend. Sie feuerten ihn an und bald schon, als er bereits auf dem Rückweg war, riefen sie seinen Namen. „Syn! Syn! Syn!“ Und er konnte sein Tier weiterhin gut lenken, es führen und ihm mit geradliniger Hand zeigen, was er von ihm wollte. Kurz bevor er schließlich aber das Ziel erreichte, holte S’idan noch mal auf. Er hatte die andere abgeschüttelt und war nun Syn direkt auf den Fersen. Es wurde noch mal spannend, doch schließlich schaffte es Syn, eine Nasenlänge voraus zu sein und beide kamen wieder auf dem Boden an. Kira und Lariana waren es, die Syn bereits erwarteten und zumindest Kira scherte sich nicht um etwaige Hemmnisse, sondern fiel Syn um die Hals und bejubelte ihren Bruder stolz! Syn hatte es geschafft. Er würde ein Himmelsreiter von Hymlia werden.
Das war vor 2 Monaten. Inzwischen hatte er das Training aufgenommen, war fest in der Ausbildung integriert. Er lernte vormittags Luftmagie und nachmittags Fliegen. Seit zwei Monaten musste er härter Trainieren als jedes Lebensjahr zuvor. Dabei musste er erst lernen, dass es hier nicht ums Verletzen ging. Er musste zwar besiegen, nicht aber töten. Zurückhaltung war etwas, das er neu erlernen musste. Aber das Training half auch seinen Gedanken. Die Eintönigkeit des Tages, führte zu Klarheit. Bisher hatte er nicht mit Lariana ausgehen können, denn das Training für den Posten des Himmelsreiters forderte enorm viel Kapazität. Tagein, tagaus musste er vor dem Sonnenaufgang in der Trainingsakademie sein. Hier durfte er auch wohnen und teilte sich leider ein Zimmer mit keinem Geringeren als S’idan. Auch der Rüpel hatte es in die Ausbildung geschafft und gemeinsam waren sie die neuen. Es gab noch Kadetten, die bereits weiter waren und über die Hälfte der Ausbildungszeit beendet hatten. Sie alle waren zu richtigen Männern geworden, haben das Jünglinghafte verloren und besaßen wohldefinierte Muskeln. Extravaganz aber wurde vergeblich gesucht. Syn hatte mit Tag eins ein Set aus Hose, Hemd und Schuhen bekommen. Alle trugen dieselben Farben: dunkelblaue Pastelltöne. Dazu gehörten noch ein Gürtel und eine Gürtelschnalle, die sie als Anwärter auswiesen. Die Farbe änderte sich später als Kadett in Rot und erhob sie zu einem weiteren Rang. S’idan hatte sich als recht fairer Genosse entpuppt. Er spielte Syn manchmal harmlose Streiche aber alles in allem war es mit ihm im Zimmer erträglich. Einzig, dass er unordentlich war, könnte zu einem Problem werden. Ansonsten misteten sie bis zum frühen Morgen die Ställe, bevor sie anschließend zum Unterricht antraten. Es gab Geschichte der Himmelsreiter, Geschichte Hymlias und schließlich die theoretische Kunst des Krieges. Nichts davon war sonderlich spannend, aber sie wussten, wenn sie das schafften, dann ging es hinaus zu den Pegasi.

Sie erhielten wochenweise immer ein anderes Tier. Damit sie die Eigenheiten der verschiedenen Charaktere kennenlernten. Tatsächlich war Synnover nun dran, Turok zu nehmen. Der Pegasus von vor zwei Monaten war von Layan weiter angelernt worden und sollte nun auch in der Ausbildung eingesetzt werden. Heute war der erste Tag, an dem er mit ihm arbeiten sollte. Aber heute war auch noch etwas anderes: Heute war auch der erste Abend, an dem die Auszubildenen ausgehen durften! Und heute war der Tag, an dem er endlich mit Lariana ausgehen konnte. Die beiden hatten sich immer mal zwischendurch gesehen und Lari’s Gefühle waren für Syn nie anders geworden. Sie brachte ihm mal heimlich kleine Naschereien mit, die er teilen oder heimlich verspeisen konnte. Auch steckte sie ihm hier und da mal einen Brief zu und schrieb ihm, wie sehr sie sich auf den heutigen Tag freute. Layan hatte beim Morgenappell betont, dass sie eine wichtige Hürde geschafft hätten: Die Eingliederungszeit war um, jetzt hatten sie einmal in der Woche einen Abend frei. So durften sie an diesem Abend tun und lassen, was sie wollten. Und Syn hatte seine Verabredung mit Lariana. Und Kira? Die war nach seiner Aufnahme mächtig stolz und hatte ihm auch gezeigt, wie sehr. Sie kam immer mal an den Koppelzaun, wenn sie mit den Pegasi übten. Es war zwar nicht erlaubt, aber Layan drückte nicht nur einmal ein Auge zu. Das Treffen zwischen ihm und Kira hatte bisher nicht stattgefunden. Kira war stets beschäftigt mit etwas und Layan glaubte inzwischen, dass sie ihn vertröstete, weil sie kein Interesse hatte. Kira aber verkannte diese Situation. Als Syn schließlich aus dem Stall trat, um sich Turok vorzustellen, wie sie es anfangs immer machten, bevor sie am Ende der Woche reiten würden, hing sie überm Koppelzaun und pfiff bereits nach ihm, um ihm freudestrahlend zu winken. „Großer Tag heute, oder?“, rief sie grinsend und freute sich für ihn.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Sonntag 8. Dezember 2024, 11:45

Was unterschied jemanden wie Lariana Wolkenlos von einer Yolintha Nachtklinge? Sie zerstörte Syn nicht, wenn sie es könnte. Sie heilte ihn und zwar mit jeder Faser ihres Körpers. Im Moment, in dem er ihr vollkommene Macht über sich schenkte, da belohnte sie ihn mit Balsam, geschaffen aus Liebe, Wärme und einem Lächeln, das bis tief in seine Seele drang. Sein Herz flatterte mit jedem Hammerschlag, den es tat. Das Leben aber nahm ihn auf und gab ihm kaum Gelegenheit, diesen neuen Zustand von aktiv gefühlter Liebe zu erfahren. Mit dem Versprechen, dass Lariana und er nach den Prüfungen ausgehen würden, musste er sie schon wieder verlassen. Layan ließ ihn holen. Die Prüfung, auf die er am meisten gewartet hatte, stand an. Er würde fliegen.
Tatsächlich stellte es sich als schwieriger vor als geahnt. Für Syn bedeutete dies vor allem, sich auf den ihm gestellten Pegasus einzulassen. Er hatte darauf gehofft, Turok für diese Disziplin zu erhalten. Zu jenem Tier besaß er nämlich schon beinahe etwas wie eine erste, hauchdünne Bindung. Immerhin mistete er regelmäßig dessen Stall aus, tauschte mit dem Pegasus einen stillen Gruß und hatte sogar schon sein Fell im Vorbeigehen getätschelt, ohne dass es ihm bewusst aufgefallen wäre. Das Prüfungstier jedoch war ihm fremd und es stellte sich schnell heraus, dass für Syn hier die größte Herausforderung lag. Der Pegasus zeigte, dass er einen eigenen Willen besaß und sich keinesfalls unterwerfen lassen wollte. Dies gefiel dem Hymlianer auf seinem Rücken zwar, aber es half ihm nicht. Als Syn mit dem Tier endlich abhob, waren S'idan und die verbliebene Zwillingsschwester schon ein ganzes Stück voraus. Sie hatte sogar bereits die in der Luft befindlichen Ringe durchflogen. Syn kümmerte es aber nur gerinfügig. Er flog. Er saß auf einem Pegasus und jener breitete soeben die Schwingen aus, um mit ihm durch den Himmel zu gleiten. Syn schaute abgelenkt in die Ferne, betrachtete das weite Blau, die kleinen Wolken und Hymlia unter sich. Er holte tief Luft. Tatäschlich war es sein Pegasus, der aus einer erlernten Routine heraus schon den richtigen Weg einschlug, als Syn noch immer tagträumerisch auf ihm hockte. Schon schoss das Tier nach vorn. Der ehemalige Sklave riss die Arme hoch und schrie. Am liebsten wäre er einfach so weitergeflogen, hätte sich durch den Wind ziehen und von dessen peitschenden Böen streicheln lassen. Syn streckte den Hals, schloss die Augen, genoss die Kühle und riss den Blick dann wieder weit auf, denn er wollte es sehen. Er wollte die Freiheit sehen, fühlen, fliegen. Noch viel weiter fliegen!
Wie er die Prüfung letztendlich erfolgreich ablegte, daran erinnerte er sich kaum. Alles geschah wie im Fieber. Es glitt an ihm vorbei. Er erinnerte sich nur noch an den Rausch, durch den er geglitten war. Und dann kam der Schmerz...

Nachdem sich die Prüfungen und der mit dem erfolgreichen Bestehen begleitende Jubel gelegt hatte, sollte Syn erst richtig zu spüren bekommen, was es bedeutete, nun zum Himmelsreiter ausgebildet zu werden. Er war sein Leben lang nicht geritten, das musste ein Gladiator Morgerias nicht beherrschen. Entsprechend schmerzten seine Glieder - vor allem Schenkel und Gesäß - noch am selben Abend, doch auch die ersten Tage in seinem neuen Leben kümmerten sich um ihn. Der strenge Plan zwischen Lernen, Arbeiten und Training sorgte dafür, dass jeder einzelne seiner Muskeln bis an die Grenzen gebracht wurden. In den ersten Tagen bekam er kaum mit, dass er sein Zimmer mit S'idan teilte, selbst aber allein in einem Bett schlafen musste. Körperlicher Schmerz und Erschöpfung ließen ihn nach einem weiteren harten Tag einfach nur auf die Laken fallen, meistens sogar, ohne dass er sich hatte umziehen können. Erst nach zwei bis drei Wochen gewöhnte er sich überhaupt genug daran, dass er Zeit zum Durchatmen und auch Nachdenken erhielt.
Sein Tag hatte inzwischen Routine angenommen und ihr zu folgen, fiel Syn generell nicht schwer. Er mochte alles andere als ein guter Schüler sein, aber die körperlich anstrengenden Aufgaben ließen ihn nicht nur vor Schweiß glänzen. Es war der trockene Unterricht über Hymlias Historie, die der Himmelsreiter und weiterer ihm so fremder Themen, die seinen unsteten Geist auf Wanderschaft schickten. Er konnte kaum länger als etwa eine Stunde folgen, was Lehrer versuchten, ihm zu vermitteln. Selbst S'idan war trotz seiner rebellischen Art auf der Schulbank besser als er selbst. Den Luftmagie-Unterricht bei Professor Filius konnte Syn noch halbwegs aktiv erleben, weil gelegentliche Praxisübungen sein Hirn genug ablenkten, bevor es selbst abschweifte. Die Theorie anderer Themen aber ließen ihn kaum zuhören. Er saß dann da, träumte vom Fliegen und ging gedanklich die Muskeln seinen Körpers durch, die besonders wehtaten. Was hätte er für heiße Bäder in morgerianischen Zubern mit Kräuteressenzen und Massage-Ölen doch nun alles gegeben? Dieser Luxus war vorüber! Er besaß nicht einmal mehr ein eigenes Zimmer, sondern musste es mit dem wohl schlampigsten Hymlianer über den Wolken teilen. Letztendlich stellte sich das aber noch als letzter Strohhalm heraus. Denn mit der Routine kam die Möglichkeit, auch wieder auf sich selbst zu achten. Syn fiel nach einer Weile nicht mehr halbtot ins Bett und schlief einfach durch. Sein Körper arrangierte sich. Er passte sich den Gegebenheiten an und so konnte der Geist wieder denken.
Seit Beginn seiner Ausbildung hatte er mit Lariana nur Kontakt aufnehmen können, weil sie ihm kleine Liebesbriefe schickte, ihm von ihrem Tag erzählte und mitteilte, dass sie ihn vermisste. Da kam ihm erstmals die Erkenntnis, dass das Gefühl seinerseits erwidert wurde. Er vermisste Lariana und konnte nun doch nicht zu ihr. Er vermisste sogar Kira, deren gelegentlicher Anblick am Koppelzaun Lichtblicke seines harten Tages waren. Ihr zu Winken oder kurz einen Gruß zuzurufen, bedeutete viel. Denn im Grunde und auch wenn er sich mit S'idan ein Zimmer teilte, blieb Syn ein recht einsamer Kadett. Gewissenhaft erledigte er seine Aufgaben, weniger gewissenhaft lernte er die trockene Theorie, die man ihm vortischte, aber er blieb bei allem unter sich. Bei Gruppenarbeiten tat er sich nach wie vor nicht hervor, sondern wartete, bis man ihm seine Aufgabe zuteilte. Dann leistete er seinen Beitrag und das war es auch schon. Er blieb unnahbar. Selbst der rebellische Zimmergenosse hatte es nicht leicht, an ihn heranzukommen. Doch das sollte sich ändern. Denn Syn ertrug mit jeder weiteren Nacht kaum mehr diesen Zustand. Er wusste zwar, dass Menschen wie Kira und Lariana für ihn da waren, aber wenn er nachts Schweiß gebadet und mit Albträumen vom Untergang Razags, Crystins oder Erinnerungen an eine ertrunkene Zarrah erwachte, da war niemand da. Dann kauerte Syn sich auf seinem Bett zusammen, umklammerte den eigenen Körper und fühlte sich erneut vollkommen allein. Es nagte an ihm und wirkte sich auch auf die weitere Zeit aus. Plötzlich fiel seine Leistung ab. Layan und seine Ausbilder fürchteten bereits, dass die Ausbildung für ihn zu viel sein könnte. Als einer von ihnen Syn darauf ansprach, beteuerte er, den Erwartungen schnell wieder zu entsprechen. Er strengte sich an. Was die Ausbilder sahen, konnte man weder als ÜBerforderung noch Faulheit deklarieren. Syn gab sich Mühe und rang sich alles ab ... doch nachts sah ihn niemand. Ob S'idan von den schlaflosen Nächten seines Zimmergenossen mitbekam, in denen er auf dem Bett hockte und stille Tränen vergoss, wusste Syn nicht. Er wusste nur, dass es so auf Dauer nicht weitergehen konnte. Er würde keine zehn Monate auf diese Weise durchhalten und nur das Versprechen, mit Lariana auszugehen, ohne sie regelmäßig zu sehen oder in die Arme zu schließen, war längst keine Rettung mehr. Immer weniger glaubte er daran, überhaupt je Zeit für sie zu haben.

So kam es, dass Syn in wachsender Verzweiflung eines nachts das eigene Bett verließ und im Halbdunkel vor dem des anderen Kadetten stand. Er wählte ihn, weil er da war - in erreichbarer Nähe. Lariana befand sich nicht einmal auf dem Gebiet der Himmelsreiter und Syn konnte auch nicht einfach in die Stadt schleichen, um sich erneut der Gefahr auszusetzen, Galina als Rettungsleine zu ziehen. Aber der rebellische Mischling war da. Er lag vor ihm, in seinem Bett.
"S'idan...?" Syn raunte seinen Namen nur. Dann tippte er ihn vorsichtig an, zögerte. Nie zuvor hatte er bei einem Mann gelegen, von Razag abgesehen, der ihn einfach gepackt und als kuschelweiches Kissen genutzt hatte. Aber selbst das war besser als eine weitere Nacht in Einsamkeit. Er vermisste die Nähe, ganz gleich welcher Art. Doch hier lag nicht Zarrah, die es einfach zuließ, vielleicht sogar genossen hatte. Zarrah... Syn rieb sich über die Arme. Seine Trauer war durch die harte körperliche Arbeit verdrängt worden, aber nicht verschwunden. Sie wartete auf Nächte wie diese, um mit geballter Macht über ihn hereinzubrechen. Heute vermisste er sie so sehr, dass er darüber sogar Lariana und seine Gefühle ihr gegenüber vergaß. Ansonsten hätte er es sich vielleicht auch zweimal überlegt, ob er den nächsten Schritt überhaupt gehen sollte. Doch plötzlich schlug Syn die Decke des Rebellen zurück. Sein Körper breitete sich vor ihm aus. Er sah nicht so weich wie der einer Frau aus, aber er wäre gewiss warm genug, um ihm ein Gefühl von Geborgenheit zu schenken. Syn kroch vorsichtig ins Bett, zog die Decke über sich und den anderen und schmiegte sich an S'idans Rücken. Ob jener in dieser Nacht erwachte oder erst in einer der weiteren, irgendwann musste er das Kaninchen bemerken. Selbst wenn Syn die meiste Zeit vollkommen ruhig lag und sich oft genug erfolgreich am Morgen zurück in sein Bett stehlen konnte, irgendwann ging es eben immer einmal schief. Irgendwann wurde S'idan mit einem Mann in seinem Bett konfrontiert und die Reaktion hatte Syn einzustecken. Sie würde die weitere Zeit nachhaltig beeinflussen - gut, wenn er sich mit S'idan soweit aussprechen konnte, dass er ihm anvertraute, nicht allein schlafen zu können. Schlecht, wenn jener ihn windelweich prügelte und aus seinem Bett vertrieb. Ganz gleich wie es endete, Syn nahm es hin und würde sich notfalls eine neue Lösung überlegen müssen.

Die ersten zwei Monate aber ging es insgesamt gut genug, dass er sich durchbeißen konnte. Und dann stand eines Tages Kira plötzlich wieder am Koppelzaun, die Arme über das Holz gelegt. Sie beobachtete ihren Bruder, der in den klassischen Blautönen der Schule durchaus ansehnlich aussah. Syn konnte einfach alles tragen. Selbst ein halb offenes Hemd untermalte seine Schönheit. Darunter zeichneten sich bereits kräftigere Muskeln als noch vor zwei Monaten ab. Er würde niemals ein Berg wie S'idan werden, das ließ seine physische Natur nicht zu. Syn behielt sich wohl stets die drahtische Statur bei, aber die Muskeln waren dennoch schön anzusehen. Sie umschmeichelten ihn wie das leicht verschwitzte Haar, das ihm weiß in die Stirn hing. Gerade kehrte er aus den Ställen zurück, um nach all der Ausmisterei sich endlich seinem Pegasus vorzustellen, mit dem er eine Bindung eingehen sollte - und es war wirklich Turok, worüber Syn sich still, aber aufrichtig freute - da pfiff Kira vom Zaun aus zu ihm herüber. Auf diese Weise seine Aufmerksamkeit erlangt, ließ Syn schon von Turok ab, ehe er sich ihm wirklich hatte zuwenden können. Er trat bis zum Rand der Koppel und grüßte seine Schwester mit einem Schmunzeln.
"Schmuggelst du wieder Laris Naschereien herein? Ich sollte nichts mit Zucker in den Taschen tragen, wenn Turok mir heute so nahe kommt", feixte er. Aber Kira ging gar nicht darauf ein. Sie strahlte ihm entgegen, denn auch sie wusste, dass die Eingliederungszeit vorbei war und man den jungen Kadetten endlich etwas Freizeit gönnte, wenn auch nur einmal wöchentlich. Das bedeutete, dass Syns Verabredung endlich bevorstand.
"Großer Tag heute, oder?" Sie grinste ihm entgegen. Syn erwiderte es. "Glaubst du, sie erwartet etwas? Sollte ich ein Geschenk mitbringen, um ihr Herz zum Flattern zu bringen?" Syn sprach über Lariana und die Verabredung. Die Pegasi ließ er ungeachtet. Nicht, weil er nicht immer noch fliegen wollte, sondern weil sich die Übungen mit den Tieren bisweilen in Grenzen hielten. Ausmisten stand im Vordergrund und Syns Glaube, als Schüler der Himmelsreiter ausschließlich auf dem Rücken eines Pegasus' durch die Lüfte zu gleiten, hatte sich schnell gelegt. Tatsächlich fand es viel zu wenig, denn nahezu gar nicht statt. Wenn sie flogen, dann unter Anleitung und nach gegebenen Routen. Es diente hauptsächlich dazu, ein Gefühl für das Tier zu erhalten. Wilde Freiflüge ins Nirgendwo existierten nicht. Das hatte Syns Euphorie stark gedämpft. Beklagt hatte er sich darüber bisweilen nicht, aber so stand der Fokus eines wichtigen Tages nun eben auch nicht auf seiner Zeit mit Turok, sondern der bevorstehenden mit Lariana.
"Warst du schon mit Layan aus? Er hat nicht von dir gesprochen ... verlief es so schlecht?", neckte er sein Schwesterchen, die einzige der Familie, die bisher von seiner Existenz wusste. Natürlich vorausgesetzt, Kira hatte vor den Eltern nicht schon geplappert. Syn streckte die Hand nach ihr aus und streichelte ihr über den Kopf. "Ich vermisse die Zeit im Schuppen", meinte er ehrlich. "Wir sollten auch einmal ausgehen, ich hab nur nicht viel Zeit." Sein Alltag wurde von trockenem, theoretischem Unterricht, Lehre in Luftmagie, eigenen Fächerkampfübungen, allgemeinem Kampftraining, Ausmisten, Stall aufräumen, Pegasusbetreuung und dem Wunsch nach einem wilden Flug bestimmt, ehe die Nacht wieder über ihn hereinbrach. War das Freihei oder am Ende doch nur eine humanere Form dessen, was er in Morgeria erlebt hatte? Nein. Hymlia war anders. Er hatte sich hierfür bewusst entschieden und verfolgte die Ausbildung auch weiterhin. Es ging nicht darum, die Wolkenstadt eines Tages zu beschützen. Es ging nicht einmal darum, einen eigenen Pegasus zu haben, um einfach frei und ungebunden durch den Himmel zu fliegen - nicht mehr. Diese Hoffnung gab Syn mit jedem weiteren Tag ein Stück mehr auf. Er verfolgte andere Ziele und wohin sie ihn führten, das wussten nur er und Kira. Er würde Hymlia eines Tages verlassen, Ausbildung hin oder her. Lariana hin oder her. Er würde gehen ... und er würde töten. Sie alle. Dann bin ich frei. Dann ... sind wir frei ... Zarrah...
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Sonntag 8. Dezember 2024, 23:01

Routinen waren immer gut, damit man sich an neue Lebensumstände gewöhnte. Es war anfangs sicher nicht leicht gewesen, aber es war gut, keine große Wahl zu haben. Syn fühlte sich zeitweise eingepfercht und wieder in der selben Tretmühle, wie in Morgeria aber es gab einen grundlegenden Unterschied. Er tat das hier freiwillig. Niemand zwang ihn, sich der körperlichen Ertüchtigung auszusetzen. Es war sein eigener Antrieb und das aus einem Wunsch heraus, den er bereits seit Wochen hegte. Er würde zurückkehren auf den Boden und dort endlich Rache nehmen. Der Gedanke daran, hielt den Hymlianer bei Laune. Einzig in der Nacht kamen die Schatten seiner Seele emporgekrochen und malträtierten ihn. Er hatte hier nicht die Chance sich mit Lariana abzulenken. Sich in ihrer Liebe zu suhlen und wohlzufühlen. Sich an dem eigenen Gefühl in seiner Brust für sie zu laben und gleichwohl zu stärken. Er brauchte andere Methoden, wenn die alten nicht greifbar waren oder funktionierten. Das stumme Weinen war nicht unbemerkt geblieben. Sein Zimmergenosse war zwar nicht unbedingt der Aufgeräumteste, aber er war ein Rebell und als solcher stets auf der Hut, wenn etwas um ihn herum passierte. Dass Syn in der Nacht gerne mal heulte, kommentierte S’idan allerdings nicht. Er stellte sich als diskreter Mitwisser heraus und das schaffte bei Syn das zweifelhafte Vertrauen, dass er sich ihn aussuchte, um seinen Schmerz zu heilen. Wenigstens für ein paar Stunden. In einer dieser dunklen Nächte hatte Syn es nicht mehr ausgehalten. Er stand neben dem Bett des anderen und haderte noch, setzte schließlich alles auf eine Karte und schob sich unter die Decke. Die Reaktion folgte prompt. S’idan schoss in die Höhe, zog dabei seine Decke mit sich und starrte Synnover entgeistert an. „Ich steh nicht auf sowas!“, hatte er gerufen und ihn anklagend angeschaut. Syn aber hatte sich erklärt. Er hatte ihm gesagt, dass er nicht auf ‚sowas‘ aus war, sondern nicht schlafen konnte. S’idan war skeptisch geblieben und hatte ihn argwöhnisch angeschaut. Er hielt es anfangs für eine Ausrede, doch nach einigen Momenten, in denen er sich hatte abreagieren können, entspannte er sich wieder. Wohl war dem Halbelfen weiterhin nicht dabei, aber S’idan bewies eine harte Schale und einen nicht ganz so harten Kern. Er brummte in der dieser Nacht etwas von ‚Wenn du es schaffst, mich dabei nicht zu wecken, in Ordnung. Wenn doch, fliegst du raus!‘ und drehte Syn wieder den Rücken zu. Seit jener Nacht schlich sich Syn immer wieder mal zu S’idan ins Bett, nutzte dessen Wärme und war vor dem Aufwachen wieder verschwunden. Wenn er allerdings zu forsch vorging und der Mischling aufwachte, landete Syn ohne Umschweife auf dem Hosenboden und musste doch im eigenen Bett schlafen. Es war ein Arrangement und Syn musste entscheiden, ob er damit zurechtkäme. S’idan aber bot ihm zumindest eine Lösung für beide Seiten an.

Die Wochen vergingen und tatsächlich ging es Syn nach dem Leistungsabfall wieder besser. Er schlief besser, vorausgesetzt S’idan schlief fest genug und die Tage fielen ihm immer mal leichter. Bis er die Eingliederung überstanden und endlich ein wenig Freizeit hatte. An jenem Morgen, nach getanen Pflichten, war Kira ein wahrer Lichtblick am Koppelzaun. Er freute sich aufrichtig und sie lächelte ebenso. Seine Schwester hatte bewiesen, dass sie sich an ihre Abmachungen hielt. Sie hatte ihren Eltern nie etwas von Syn erzählt, auch wenn sie hin und wieder berichtete, dass es ihr nicht so leichtfiel. Sie drängte ihn aber nicht und kaute das Thema nicht sonderlich oft durch. Ab und zu konnte Syn aufgefallen sein, dass sie etwas nervös oder fahrig wirkte, aber sie schob es jedes Mal auf das Thema mit ihren Eltern. "Warst du schon mit Layan aus? Er hat nicht von dir gesprochen ... verlief es so schlecht?" Prompt durfte er Kira’s Zunge bewundern. „Blödmann“, neckte sie zurück und biss sich verlegen auf die Unterlippe. Sie schüttelte das weiße Haar. „Nein, waren wir nicht.“ Sie zuckte die Schultern und rümpfte die Nase. „Ergibt sich im Moment nicht so, irgendwie. Aber das macht auch nichts, hab eh anderes um die Ohren“, winkte sie ab und ging doch nicht näher darauf ein. Sie räusperte sich, um vom Thema abzulenken. "Ich vermisse die Zeit im Schuppen" Sie lächelte und nickte. „Ich auch!“, gab sie zu. "Wir sollten auch einmal ausgehen, ich hab nur nicht viel Zeit." Überrascht lächelte sie ihn an. „Oh, das machen wir!“, nickte sie voller Freude. „Und keine Sorge. Heute Abend ist Lariana dran und das nächste Mal vielleicht wir – und der Schuppen“, kicherte sie. Kira setzte sich auf den Koppelzaun und reichte Synnover daraufhin einen kleinen Zettel. „Ich glaube, du musst ihr nichts schenken. Sie freut sich sehr auf heute Abend!“, berichtete sie ihm und grinste daraufhin vielsagend. „Duschen solltest du vielleicht mal“, ärgerte sie Syn und lachte daraufhin herzlich. Das lockte einen grauen Blick zu ihnen herüber und Layan beobachtete einen Moment die Szene und die lachende Kira. Dann aber kümmerte er sich wieder um die Tiere, die auf ihre Reiter warteten. „Du darfst heute Turok reiten?“, fragte sie und schnalzte mit der Zunge. Sie wirkte kurz etwas unruhig. „Viel Erfolg!“, lächelte sie aufrichtig. Aber es schien noch etwas anderes darin zu liegen. Es dauerte ein paar Sekunden, ehe es verschwunden war.
„So, Layan guckt schon streng.“, sie stutzte, „Strenger als sonst, meine ich – vielleicht solltest du gehen“, Sie winkte dem Himmelsreiter nonchalant und Layan wandte sich schleunigst ab. Kira lächelte milde und seufzte dann. Ihr Ausdruck wurde etwas ernster und sie kletterte zurück über den Zaun. Etwas schien sie zu beschäftigen und es hatte nicht unbedingt etwas mit Layan zu tun. Als sie wieder vom Zaun getrennt wurden, schaute sie ihn aus seinen lindgrünen Augen an und verzog den Mundwinkel lächelnd. „Das Training steht dir verdammt gut. Du wirst wundervoll sein heute Abend, ich bin mir sicher! Lariana kocht und backt schon den halben Tag“, erzählte sie und lachte erneut. „Sie muss wohl auch baden!“, zwinkerte sie, bevor sie gegen das Holz klopfte. „Also dann, Syn. Flieg vorsichtig und pass auf Vögel auf“, feixte sie. Es war so eine Masche von ihr, ihn immer vor Vögeln zu warnen, wenn er flog. Es war ein Scherz aber für Kira’s Gemüt war er nie auserzählt. Erneut war etwas schattiges in ihrem Blick. So ganz wollte ihr ansonsten fröhliches Naturell nicht wirken dieses Mal. "Syn!", hörte jener seinen Namen seitens Layan. Er hatte ihnen bereist Zeit eingeräumt, jetzt aber rief die Pflicht.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Montag 9. Dezember 2024, 21:26

"Danke." Syn konnte es nur mit diesem Wort ausdrücken und seiner Geste, als er sich neben S'idan ins Bett und seine Hand an dessen Rücken legte. Andere hätte er geküsst, aufrichtig und rein. Zarrah hätte er geküsst... Bei dem halbelfischen Kameraden tat er es nicht, denn er wollte es nicht auf diese Weise tun wie er nun feststellte. Hätten die Nachtklingen ihn gezwungen, wenn sie ihn an einen männlichen Adligen über Nacht verscherbelt hätten, oh, wozu wäre er alles bereit gewesen. Vermutlich sogar halbwegs freiwillig im Glauben, dafür neue Kleidung, Schmuck, vor allem aber die Anerkennung seiner Herrschaften zu erhalten. Dabei hatten sie ihn nur benutzt, ohne den kleinsten Gedanken an ihn als Menschen zu verschwenden. Nichts von alledem war jemals echt gewesen. Nichts davon war der Geste ferner, die er S'idan nun schenkte.
Beide Männer arrangierten sich mehr oder minder gut. Der Mischling musste das Betthäschen nicht oft hinauswerfen. Syn schlief ohne große Bewegungen. Er schnarchte nicht und er machte sich auch nicht an S'idan heran, von einem leichten Körperkontakt abgesehen. Den brauchte er. Deshalb legte er sich zu ihm ins Bett. Es war jedoch erträglich, sicher auch für den anderen. Syn berührte ihn maximal mit einer Hand am Rücken, der Stirn an seiner Schulter oder einem Fuß bei seiner Wade. Er nahm sich das Nötigste und fiel ansonsten nicht auf, zumindest in den meisten Nächten. Syn schlief nun natürlich und das tat ihm gut. Er träumte seltener und wachte noch rarer Schweiß gebadet und mit Angst oder Trauer in den Augen auf. Es passierte dennoch gelegentlich, hin und wieder schrie er dabei den Namen eines der Verlorenen im Schlaf ... und dann stürzte er aus dem Bett, wenn S'idan ihm einen heftigen Tritt verpasste. In jenen Nächten hatte der Hymlianer sich nun doch aus seiner Unterkunft gewagt, war ziellos über die in der Nacht liegenden Koppeln marschiert, hatte sich vereinzelt auch mal zu Turok geschlichen und einfach beim Pegasus gesessen, bis er dessen Box ohnehin ausmisten musste. Ab und zu war auch der Schuppen nahe der Koppeln aufgesucht worden, aber niemals hatte Syn dort Kira angetroffen.
Kein Wunder, dass er ihr nun gegenüber erwähnte, dass er diese eine gemeinsame Nacht dort aufrichtig vermisste. Er freute sich, dass es ihr ähnlich erging und sie bereit war, sich auch einmal einen Tag mit ihm zu stehlen, damit die Geschwister zusammen Zeit verbringen könnten. Seine kleine Schwester stellte eine absolute Ausnahme in Syns Bekanntschaftsliste dar. Sie war eine Frau, mutmaßlich also definitiv Beute für das weiße Kaninchen. Als seine biologische Schwester kam das jedoch nicht in Frage und Syn stellte diesbezüglich keinerlei Ansprüche. Das machte ihre Beziehung zueinander aber nur umso wichtiger, denn trotz dieses Hindernisses der Natur war Kira an ihm interessiert. Sie war als Schwester an ihm interessiert, als ... Familie. Das hatten ihm weder Zarrah noch Razag, Crystin oder Lariana geben können. Zu ihnen allen existierte diese Blutsbindung nicht. All ihre Verhältnisse könnten sich aufgrund von Avancen, einem Stelldichein oder mehr niemals so entwickeln wie es nun zwischen ihm und Kira geschah. Das war neu, das war aufregend. Das ... war schön.
Es fühlte sich so echt und ehrlich an. Hingegen lag etwas im Busch, als Kira seiner Frage nach Layan irgendwie auswich. Er runzelte die Stirn. "Du hast so für ihn geschwärmt und nun, da du dich mit ihm zurückziehen und es kräftig treiben könntest, hast du Wichtigeres zu tun?" Er beäugte sie und ja, noch immer lag es das rein Körperliche in seinem Weltbild verankert. Er ging auch davon aus, dass er und Lariana übereinander herfallen würden, sobald sie sich wiedersahen. Das ... gehörte doch dazu. Deshalb waren sie zusammen, oder nicht? Naja und weil ich auch sie l... Er stutzte. Weil sie mir wichtig ist. Und weil ihr bloßes Zusammensein ihm etwas gab, das er nicht genau definieren konnte. War er glücklich? Er lächelte, denn die Antwort lautete "ja". Nicht vollends. Es gab noch so viel, gegen das Lariana ankämpfen müsste, aber sie tat ihm definitiv gut. Ganz Hymlia tat ihm gut, würde Syn es nur akzeptieren. Sein Fokus lag in dieser Hinsicht jedoch auf der Zukunft. Auf seiner Rache am Boden. Auf Mord.
Kira holte ihn in die Wirklichkeit zurück, als sie Syn einen Zettel zusteckte. Er musste von Lariana stammen, denn seine Schwester hatte sich inzwischen quasi schon unfreiwillig zur Botin von Liebesnachrichten degradieren lassen. Glücklicherweise schien es sie nicht zu stören. Vielleicht, weil sie sah, dass Syn jedes Mal flüchtig lächelte, wenn er wieder einen Brief bekam. "Ich glaube, du musst ihr nichts schenken. Sie freut sich sehr auf heute Abend!"
"Ja, aber ... sie wird doch etwas erwarten." Ein Bad. Das war der einzige Rat, den Kira ihm gab. Syn schnupperte an sich und gab ihr stillschweigend Recht. All die Arbeit in den Ställen, das ewige Ausmisten und anschließende schweißtreibende Training ließ sich mit etwas Wasser und Seife nun einmal nicht ganz entfernen. Gern hätte er ein ausgiebiges Bad in einem Zuber erlebt, aber das stand nun einmal nicht auf dem Plan eines Kadetten der Himmelsreiter. Dafür hielt Kira etwas Anderes in Aussicht, als sie erwähnte, dass Lariana sich vermutlich ihre Finger wund backte und kochte, nur für das Rendevous. "Dann braucht sie auch ein Bad. Ich könnte mit ihr zusammen ins Wasser..."
"Du darfst heute Turok reiten?", lenkte Kira das Gespräch wieder auf das Wesentliche. Syn zuckte mit den Schultern und nickte. Er zeigte sich gar nicht so begeistert wie man annehmen würde. Immerhin durfte er doch fliegen! "Vermutlich aber nur wieder nach vorgegebener Route oder ich soll gewisse Manöver am Himmel mit ihm üben." Er schaute hinauf ins Blau und murmelte: "Einfach frei irgendwo hin fliegen lässt Layan uns nicht. Ich weiß nicht mal, ob ich das als Himmelsreiter tun könnte..."
Als hätte er es beschworen, schaute Layan in diesem Moment zu den Geschwistern am Zaun herüber. Kira bemerkte es rechtzeitig. "So, Layan guckt schon streng. Strenger als sonst, meine ich - vielleicht solltest du gehen." Syn streckte die Hand aus, um Kira über den Schopf zu streicheln. "Er braucht gar nicht eifersüchtig sein, ich bin dein Bruder. Ich spann dich ihm schon nicht aus", neckte er wieder. Dann rief man bereits nach ihm, aber den Abschied ließ Syn sich nicht nehmen. Er zog Kira in eine kurze, aber innige Umarmung, genoss für diesen Herzschlag ihre Nähe und löste sich dann von ihr. Ihre Feixerei erwiderte er mit einem Zwinkern. Er bemerkte dennoch den Schatten auf ihren Zügen, aber es blieb nun keine Zeit mehr, noch einmal nachzuhaken. Auch für den zugesteckten Zettel blieb davon nichts mehr übrig. Syn schob ihn in seine Hosentasche und würde sich ihm später widmen, sofern er ihn nicht vergaß. Wer wusste schon, was Layan jetzt alles von ihm verlangen würde. Eilig sprintete er zu Laris Bruder herüber. Er war nach wie vor schnell, wendig, so dass es nicht lange dauerte.
"Tut mir leid", rief er, als er bei Layan ankam. Dann nahm er die Position ein, die man von ihm als jungen Kadetten erwartete. Doch Syn besaß eine andere Beziehung zu Layan als die übrigen Auszubildenden. "Lass meine Schwester nicht zu lang warten", riet er ihm, wenn auch leise, so dass fremde Ohren es nicht mitkriegen würden. Er wollte ihn an seine Abmachung erinnern, nicht ihn bloßstellen. Daher ging er auch nicht weiter darauf ein. Layan mochte das sowieso nicht. Syn war schließlich nicht zum Kuppeln hier, sondern für seine Ausbildung und jetzt stand Pegasusreiten auf dem Plan. Ich möchte mir Turok einfach schnappen und fliegen ... weit fliegen ... frei fliegen ... sehen, wie weit er es schaffen würde. Bis Morgeria in einem Flug wohl nicht, aber das wäre nicht schlimm. Syn hatte sich längst entschieden, dass Turok es sein sollte, der ihn ans Ziel brächte.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Montag 9. Dezember 2024, 22:57

Dass S’idan Syn’s Schwäche akzeptierte, hätte vermutlich keiner für möglich gehalten. Tatsächlich aber erwies sich der Rebell als nicht ganz so rebellisch und mit Herz. In aller Öffentlichkeit allerdings, schenkte er Synnover nichts. Es war kompliziert, aber erträglich, weil Syn wusste, der andere spielte für alle nur eine Rolle. Damit kannte er sich schließlich bestens aus und so bildete sich ein zartes Vertrauen, das Nährboden für mehr sein könnte.
Als er an diesem Tag die Koppel betrat, war der Zauber des Fliegens bereits hinlänglich ausgelutscht. Die reichlich langweiligen Ausflüge zwischen den Schwingen der Pegasi, waren nicht das, was Syn sich vom Fliegen erträumt hatte. Er hatte sich vorgestellt, dass es jedes Mal so sein würde, wie beim ersten Mal. Als er sich endlich in den Himmel erhob und die Arme ausbreiten konnte. Das Gefühl war unbeschreiblich schön gewesen. Er würde es wohl nie vergessen, aber er hatte es im Verlauf der nächsten Wochen nicht reproduzieren können. Jede Stunde verlief gleich und das bildete eine schnöde Routine, die keinen Platz für Freigeist und Kreativität ließ. Das Gespräch mit Kira bot da eine willkommene Abwechslung. Er freute sich, wenn er seine kleine Schwester sah. Die Momente waren rar und er hegte bereits eine seltsam feste und vertraute Bindung. Kira machte es ihm leicht, weil sie nichts von ihm erwartete. Sie hatte ihn nie wieder dazu gedrängt, sich ihren Eltern vorzustellen. Sie machte ihm keine Vorschriften, wie er sich zu verhalten hatte, aber sie half ihm, wenn er mit Fragen zu ihr kam. Kira war einfach eine echte Hilfe und dass er sie niemals würde, des Nachts beglücken müssen, half Syn eine reine Beziehung aufzubauen. Frei von Dubiositäten, von Erwartungen und Anrüchigkeit. Es tat gut mit ihr zusammen zu sein. Überhaupt war Hymlia die beste Entscheidung, die er für sich hatte treffen können. Was er hier bereits gelernt und wie sehr er sich entwickelt hatte, hätte er vermutlich auf dem Schiff ‚Die Silberpfeil‘ nicht geschafft. Wie sein Leben wohl verlaufen wäre, hätte er nicht dem Ruf des Windes Gehör geschenkt? Kira lachte gerade und holte Syn zurück. Nun erkundigte er sich nach Layan und ihre Antwort fiel nicht wie erwartet aus.
"Du hast so für ihn geschwärmt und nun, da du dich mit ihm zurückziehen und es kräftig treiben könntest, hast du Wichtigeres zu tun?" Ihr fiel beinahe alles aus dem hübschen Gesicht. „Wie bitte?? ICH?“, fragte sie empört. „Ich habe gar nicht für ihn geschwärmt, ich habe gesagt, ich glaube, dass ER für MICH, …“, sie winkte ab. „Wieso erzähl ich das eigentlich“, tat sie beleidigt, musste auch im nächsten Augenblick schon wieder grinsen. „Ist egal. Keine Zeit.“, zuckte sie die Schultern und räusperte sich. Syn aber wollte wissen, ob Lari etwas von ihm erwarten könnte, und Kira verneinte das. "Ja, aber ... sie wird doch etwas erwarten." „Syn, alles, was diese Frau erwartet, bist du. Sie kann es kaum abwarten!“, nickte Kira noch mal ernsthaft bestätigend. Um ihn aber nicht im Regen stehen zu lassen, zuckte sie die Schultern. „Bring ihr Blumen mit, vielleicht findest du ja ein paar, wenn du fliegst!“, neckte sie ihn und streckte die Zunge heraus. Dann ging es um Turok und Syn wirkte wenig euphorisch. "Vermutlich aber nur wieder nach vorgegebener Route oder ich soll gewisse Manöver am Himmel mit ihm üben. Einfach frei irgendwo hin fliegen lässt Layan uns nicht. Ich weiß nicht mal, ob ich das als Himmelsreiter tun könnte..." „Jaaa… ich weiß, was du meinst. Das wäre was, oder?“, sagte auch Kira verträumt als wüsste sie genau, worüber Synnover da sprach. Hatte sie denn bereits einen Flug gehabt? In der Regel war das nicht erlaubt…Doch Kira und Syn wurden unterbrochen und Syn beeilte sich, dass er sich von ihr verabschiedete, um daraufhin seiner Pflicht als Kadett nachzukommen. Layan beäugte ihn streng, ehe er kurz Kira hinterher blickte.

Doch dann bewies er wieder Professionalität. "Tut mir leid. Lass meine Schwester nicht zu lang warten" Layan, der soeben an Syn vorbeigehen wollte, hielt inne. Er wandte sich ihm zu und runzelte die Stirn. „Wie bitte?“, fragte er ihn ebenso leise. „Keine Sorge, ich habe mich an die Abmachung gehalten. Deine Schwester ist seit Wochen nicht abkömmlich, bei was auch immer!“, berichtigte er ihn und sah ihn tadelnd an. Doch dann straffte der Bruder von Lariana die Schultern. „Seit letzter Woche seid ihr nun nicht mehr nur in der Eingliederung. Ihr habt die erste Hürde gemeistert, zwei folgen noch. Jetzt beginnt die Schulung der Fähigkeiten, die ihr in den letzten Wochen so mechanisch trainiert habt. Ihr werdet merken, dass sich das stoische Üben auszahlen wird, wenn ihr nun deutlich mehr Freiheiten erhalten werdet.“, erklärte er den Lernenden und schritt vor ihnen auf und ab. Der Hymlianer strahlte dabei so viel Würde aus, dass es fast schon ein Wunder war, dass ihm nicht ständig irgendwelche Mädchen am Zaun hingen, die ihn bewunderten. Und ein Blick über die Schulter würde zeigen, dass nicht mal Kira mehr da war. Warum zierte sich seine Schwester? Was trieb sie denn? Oder gab es jemand anderes? Das waren keine Fragen, die Synnover jetzt beantworten würde, denn Layan verkündete soeben: „Wendet bei euren Pegasi das an, was ihr die letzten Wochen gelernt habt. Findet die Eigenschaften heraus, lernt die wunden Punkte kennen, bringt euch ein. Ich verlange von euch, dass ihr in den nächsten zwei Monaten eine Einheit werdet!“, schloss er. Als er daraufhin vor ihnen stand, zeigte er hinter sich in die Wolken. „Ihr habt vier Stunden. In denen sollt ihr fliegen und nichts außer fliegen. Ihr dürft bis zum Meer, ihr dürft darüber hinweg aber ihr dürft niemals – NIEMALS – auf das Festland fliegen!“, mahnte Layan sie. „Und seid euch gewiss, wir erfahren alles. Wer sich an diese Anweisung nicht hält, der wird rausgeschmissen. Die Sicherheit unserer Tiere, unserer Stadt steht an erster Stelle. Und ich möchte gewiss nicht nach einem von euch suchen kommen. Also. Ihr dürft fliegen, wohin ihr wollt. Aber ihr dürft nicht auf das Festland. Inseln im Meer – tut euch keinen Zwang an, sie sind meist unbewohnt und klein.“ Er nickte ihnen zu. „Bis in vier Stunden!“
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Donnerstag 12. Dezember 2024, 10:23

Dass S'idan sich mit seinem rebellischen Äußeren nur zur Schau stellte, hatte Syn im Grunde schnell erkannt. Niemand ... war so. Er spielte eine Person, die er sein wollte und der heimgekehrte Hymlianer ahnte auch, warum. Es gab S'idan ein Selbstvertrauen, mit dem er sich in den Kreisen anderer zu bewegen wusste. Syn konnte es bestens nachvollziehen. Selbst jetzt griff er gelegentlich auf Masken zurück, wenngleich er sie schon lange nicht mehr in einem Übermaß trug wie seiner Zeit in Morgeria. Er setzte sie auf, wann immer sein wahres Ich nicht in die Situation passte. Beispielsweise, wenn er damit rechnete, dass sie mit ihren Pegasi nur wieder würden kleine Kreise fliegen dürfen, schön nach Plan, ganz nach Lehrmuster. Er täuschte vor, Gefallen daran zu finden, aber eigentlich hätte ihn kaum etwas unglücklicher machen können. Es war wie in seiner Sklavenzeit: Man schenkte ihm kleine Dinge, von denen er glauben sollte, dass sie genau das waren, was er haben wollte. Tatsächlich aber gab es mehr. Du könntest so viel mehr sein.
Er zuckte zusammen, als Zarrahs Worte durch seinen Geist flogen. Auch das war etwas, das ihn immer wieder davon ablenkte, glücklich zu sein. Er hatte ihren Verlust noch immer nicht überwunden. Er träumte weiterhin von ihr, wenn auch nicht mehr so oft. Er brauchte nachts S'idans Nähe, um überhaupt ein Auge zumachen zu können. Er lenkte sich mit seiner Ausbildung ab, die zwar wirklich anstrengend war, bei der er aber auch viel zu oft übertrieb. Niemand erwartete von ihm, nach dem Training nochmal die Ställe auszumisten, die Pegasi zu striegeln oder privat die Fächertanz-Choerographie zu üben. Aber Stillstand hätte ihn denken lassen und er fürchtete inzwischen, an Zarrah zu denken. Es machte das Herz so unendlich schwer.
Heute aber waren seine Gedanken nicht dauerhaft bei ihr. Heute gab es viel zu viel zu tun. Nach dem Unterricht wartete Lariana auf ihn. Jetzt sollte er wieder seine langweiligen Flugstunden begehen und Kiras Gebaren bot ihm ein neues Thema zum Nachdenken. Denn Layans Reaktion auf seine Worte ließ ihn die Stirn runzeln. Er musterte seinen Ausbilder.
"Keine Sorge, ich habe mich an die Abmachung gehalten. Deine Schwester ist seit Wochen nicht abkämmlich, bei was auch immer!" Jener schaute Syn mit Tadel im Blick an, dass er noch strenger wirkte. Syn kannte diese Art, auf ihn herabzuschauen. Es prallte an ihm ab. Davon ließ sich sein Herz schon lange nicht mehr beeindrucken. Dass Layan hingegen derart ... verärgert reagierte, wunderte ihn. Ebenso, dass Kira die Chance nun nicht beim Schopf packte. Sie hatte nun doch jedes Recht, wenn auch nur einmalig. Aber daraus könnte mehr werden! Was könnte schon so wichtig sein, dass sie ihre eigenen Möglichkeiten fahren ließ? Syn wandte den Kopf um und spähte Richtung Koppelzaun zurück, während Layan seine Worte nun an alle Kadetten richtete. Er selbst hörte kaum zu. Erst als Larianas Bruder darauf zu sprechen kam, dass ihnen die nächsten vier Stunden zur freien Flugverfügung stünden, ruckte Syns Kopf zurück. Er starrte den Größeren an. In seine Augen trat ein Leuchten, das ihm gut zu Gesicht stand. Etwas, das man so selten bei ihm sah: Euphorie.
"Ich verlange von euch, dass ihr in den nächsten zwei Monaten eine Einheit werdet! Ihr habt vier Stunden. In denen sollt ihr fliegen und nichts außer fliegen. Ihr dürft bis zum Meer, ihr dürft darüber hinweg, aber ihr dürft niemals - NIEMALS - auf das Festland fliegen!"
"Bis zum Meer...", wiederholte Syn leise. Seine Augen weiteten sich, sein lindgrün glitzerte, als hätte man Morgentau auf dieses frisch erwachte Gras gesprenkelt. Er spürte sein Herz schlagen, genau wie in jenem Moment, da Lariana und er wieder zusammengefunden hatten. Er starrte zu den Ställen herüber, wo die Pegasi bereits auf sie warteten. Er tappte von einem Fuß auf den anderen, trat schon unruhig immer wieder aus der Reihe. Jetzt dachte er weder an Zarrah, noch an S'idan, Lariana, Layan oder Kira. Sein Geist war nur noch von dieser einen Sache erfüllt.
Fliegen, fliegen, fliegen, fliegen, fliegen, flie...
Inzwischen dürften auch seine Nebenmänner und -frauen bemerken, dass Syn ganz aufgeregt war. Fast schien es, als müsste er sich sehr dringend erleichtern und wenn Layan nicht bald endete, würde eine Katastrophe geschehen. Syn rieb sich die Finger, denn sie waren kalt geworden vor Ungeduld. Er erinnerte sich nicht, wann Warten dermaßen zur Qual für ihn geworden wäre. Jetzt aber starb er Tausend Tode bis Layan endlich verkündete: "Bis in vier Stunden!"
Die Hymlianer durften nun Zeuge davon werden, warum man Syn am Boden das weiße Kaninchen nannte, das niemand fangen konnte. Er huschte so schnell an Layan vorbei, dass jener nicht einmal mehr seinen verwaschenen Schatten wahrnahm. Alles, was blieb, war die feine Nuance von Syns Eigengeruch, dem mickrigen Versuch von Seife, die übrigen Aromen zu überdecken, Schweiß und eben diesem Hauch Stall, den keiner der Kadetten im Moment wirklich loswurde. Noch ehe die anderen sich wirklich in Bewegung setzen konnten, war Syn bei den Pegasi.
Er erreichte Turok, umfasste dessen Kopf und legte seine Stirn an die des Tieres. Turok dürfte es bereits gewohnt sein und auch Layan sagte längst nichts mehr dagegen. Hierbei war Syn rebellischer als S'idan, denn er erwartete nicht, dass sein Pegasus den Kopf unterwürfig neigte. Seit dem ersten Tag wollte er, dass Turok und er selbst auf Augenhöhe blieben. Er grüßte das Tier stets Stirn an Stirn, blicke ihm anschließend in die Augen und redete ihm leise zu. Das hatte zu Folge, dass Turok deutlich länger störrisch mit Syn umging, aber dennoch bauten sie ihre eigene Art und Weise auf, miteinander vertraut zu werden. Irgendwann gewöhnte sich das Tier an seinen Reiter und wusste nun auch, dass er ihm Freiheiten ließ, wenn sie gemeinsam die langweilige Routine durchzogen. Syn ritt beispielsweise nicht mit Sattel, wenn man es von ihm verlangte und heute ging er noch einen Schritt weiter.
"Das brauchen wir heute nicht", raunte er Turok zu, nahm ihm das Geschirr ab. Heute würde er ihn schließlich nicht lenken müssen, wie Layan es wollte. Heute würden sie einfach nur fliegen, wenigstens die nächsten vier Stunden lang. Er tätschelte die lange Nase des Tieres, lächelte ihm zu. Und als die anderen Kadetten ihre Pegasi erreichten, saß Syn schon auf dem seinen, spornte ihn mit einem Hackenschlag an und hielt sich am kräftigen Hals fest. Turok spürte, dass es endlich anders verlief. Vielleicht sprang Syns Euphorie auch auf ihn über. Jedenfalls stürmte er los, einmal die Länge der Koppel entlang und stieß sich dann erst vom Boden ab. Er spannte die Schwingen, schlug kräftig damit, dass alle Federn rauschten und trieb sich selbst hinauf in den Himmel.
Eigentlich hätte er nun für vier Stunden verschwinden sollen. So schnell wie Syn mit Turok aufstieg, hätte man von beiden nun nur noch eine Staubwolke wahrnehmen dürfen. Aber Syn hielt seinen Pegasus ein letztes - ein einziges! - Mal auf. "Warte!" rief er ihm zu, spannte seine Schenkelmuskeln an und signalisierte Turok auf diese Weise, dass etwas nicht in Ordnung war. Turok bäumte sich in der Luft noch auf, weil er schlagartig abbremsen musste. Vom Boden Hymlias aus musste der Eindruck erscheinen, Syn hätte ihn nicht unter Kontrolle, aber das Gegenteil war der Fall. Er zupfte sanft an der Mähne des Tieres, strich über seine rechte Halsseite und Turok folgte der Berührung. Er lenkte um. Beide kehrten zur Koppel zurück. Sie landeten nahe bei Layan und Syn sprang ab, ehe Turok seine Schwingen sortiert hatte.
Mit schnellen Schritten steuerte er auf Larianas Bruder zu. "Könnte ich die Stelle wiederfinden, an der ... wo ..." Er stockte. Ihn verließ der Mut. Sein Blick wurde wässrig und er wandte ihn ab. Doch Layan ahnte gewiss bereits, wohin Syn fliegen wollte und erklärte ihm, wie er fliegen müsste, um jene Position im Meer zu finden, wo die Silberpfeil offenbar ihr Ende gefunden hatte.

"JAAAAAAAAAHHHHHHHH!!!!! SCHNELLER, TUROK! WUHUUUUU!!!"
Syn streckte die Arme aus, bewegte sie synchron zu den kräftigen Schlägen von Turoks Pegasusschwingen. Wenn er selbst nur Flügel besäße, bräuchte er das Tier nicht. Aber es fühlte sich unbeschreiblich an, diesen starken Körper unter sich zu fühlen. Mit jeder Bewegung drückten sich Sehnen, Muskeln und Fleisch gegen Syns Schenkel. Er versuchte nicht einmal, das Tier nach seinen Wünschen zu lenken, denn er hatte keine. Sein einziger Wunsch war es im Moment zu fliegen. Turok erfüllte diesen. Hier zeigte sich, dass sowohl der Pegasus als auch der Hymlianer diese Freiheit liebten. Ja, es war Freiheit! Grenzenlos wirkte sie, wie der Himmel. Syn ließ sein Tier unter dem hellen Azurblau entlangjagen, während unter ihnen das dunkle Blau des Meeres wilde Wellen schlug. Sie trennten beides. Sie waren die Linie am Horizont. "Ist das nicht wunderbar, Turok?!", jauchzte er ausgelassen und lehnte sich in den Gegenwind, der sein Haar zerzauste und ihm die Haut kühl werden ließ. Aber Syn war angenehm warm. Nie zuvor hatte er sich selbst so stark gespürt. Er fühlte das Prickeln auf seiner Haut, den Wind, der an ihm vorbeizog. Er spreizte die Finger, um ihn durch die Zwischenräume fegen zu fühlen. Dem Gegenwind schlug sein eigener Herzschlag entgegen, hämmerte wild und kräftig. Seine Lungen füllten sich mit der kalten Luft und er stieß den verbrauchten Atem unter Jubelschreien wieder hinaus. Er lachte, mit roten Wangen.
Dann lernte Syn den Übermut kennen. Es reichte ihm nicht. Das Gefühl war überwältigend, aber nicht genug. Er hatte zwanzig Jahre lang ohne derartige Emotionen leben müssen, nun verlangte es ihm nach der Auszahlung all dessen, was er verpasst hatte. Unter Turoks kräftigen Flügelschlägen hielt Syn sich nun an den Schultern des Tieres fest. Während beide eine eher ruhige Gleitphase mit ausgebreiteten Flügeln erreichten, erkletterte Syn den Rücken seines vierbeinigen Gefährten. Seine Hände lösten sich vom kurzen Fell des Tieres. Seine Schuhe hatte er schon eine Stunde zuvor etwa ausgezogen und am Gürtel festgebunden. Auf diese Weise konnte Syn mit Sohlen und Zehen viel besser spüren, was unter ihm war. Er fühlte Turoks schlanken, aber kräftigen Rücken. Er stand auf ihm, während der Pegasus die Schwingen erneut bewegte, um sie beide länger am Himmel zu halten.
Schon an Bord der Silberpfeil hatte das einstige Kaninchen ein natürliches Balancegefühl gezeigt. Das Schwanken des Decks unter seinen Füßen hatte ihn ebenso wenig beeinträchtigt wie wenn er in der Takelung kletterte oder auf den Querbalken des Mastes entlang sauste. Auf Turok zu stehen bereitete ihm keine Schwierigkeiten. Gerade barfuß konnte er sich darauf nur noch besser halten. Als Syn aber zu übermütig wurde und in seinem wilden Gefühl von Freiheit erneut die Arme ausstreckte, verlor er unter einer kräftigen Windböe plötzlich das Gleichgewicht. In seiner Brust stockte sein Herz. Er spürte, dass seine Füße frei in der Luft waren. Turoks Fell löste sich von seinen Sohlen. Er löste sich von Turok. Mit einem Mal befand die Welt sich auf dem Kopf. Der helle Himmel war der Boden und das dunkle Meer der neue Himmel. Er flog ... er flog auf den Meereshimmel zu und wurde immer schneller.
Ein Pfiff erklang, getrieben von Magie, als Syn den Wind aussandte, um Turok seine Botschaft - seinen Hilferuf - mitzuteilen. Gleichzeitig bewegte er die Arme vor sich. Es sah aus, als würde er unkoordiniert zappeln, doch Syn baute schon seinen Luftschild auf. Zum einen, damit dessen gewölbter Widerstand seinen eigenen Fall ein wenig abbremsen mochte, zum anderen, damit der Aufprall auf dem Wasser nicht zu hart würde. Doch es kam nicht so weit. Turok war da. Er hatte längst bemerkt, dass das Gewicht seines Reiters fehlte. Er jagte ihm nach, holte Syn mit einem pfeilschnellen Sturzflug ein und schnappte ihn wie die Vogelmutter ihr flügge werdendes Küken. Es presste Syn die Luft aus den Lungen, als er statt auf dem Wasser auf Turoks Rücken aufkam. Sofort klammerte er sich an dessen Hintern fest und Turok stob wieder nach oben. Nicht ganz so elegant drehte Syn sich auf dem Rücken des Pegasus, bis er wieder richtig herum saß. Er hielt sich an Turoks Hals fest, lehnte seinen Kopf dagegen und schloss für einen Moment die Augen. Sein Herz raste, aber er spürte keine Angst. Er fühlte das Adrenalin und es belebte ihn mehr als das Wissen, einen aussichtslosen Kampf in der Schwarzen Arena überlebt zu haben. Er kicherte. Dann lachte er immer lauter und voller Glück.

Das Gefühl sollte alsbald gedämpft werden. Nach knapp über der Hälfte seiner zur Verfügung stehenden Zeit erreichte Syn nämlich endlich jene Stelle im Meer, die Layan ihm genannt hatte. Er orientierte sich am Stand der Sonne und einer Reihe kleiner Inseln, die man in der Ferne erkennen konnte. Er war richtig. Hier irgendwo musste es passiert sein. Er hielt den Atem an. Hier irgendwo waren Erin, Asmos, Sprotte und Flosse ... hier ... waren Razag, Zarrah und Crystin ...
Syn strich über Turoks Hals und der Pegasus wusste bereits, was sein Reiter sich wünschte. Syn gab ihm keine Befehle. Er forderte das Tier nicht auf, seinem Willen zu folgen. Er bat darum. Beide bildeten bereits eine Einheit, wie Layan es vielleicht sehen wollte und niemand ahnte es, wie gut sie miteinander schon auskamen. Aber Syn hatte auch bereits zwei Monate lang regelmäßig zusätzliche Zeit bei Turok verbracht. Immer nachts, wenn er nicht hatte schlafen können oder in jüngerer Zeit auch, wenn S'idan ihn doch einmal aus dem Bett getreten hatte. Er hatte mehr Zeit genutzt, sich auf Turok einzulassen wie umgekehrt. Mehr als alle anderen Kadetten. Es zahlte sich nun aus. Der Pegasus hatte sich an ihre Art der Kommunikation gewähnt, akzeptierte sie - vielleicht sogar nur bei Syn. Jedenfalls flog er dichter zum Grund, bis man das Rauschen der Wellen deutlich hören, das Salz in der Luft schmecken konnte. Syn suchte den sich bewegenden Grund ab. Er verfolgte den Wellengang. Seine Augen suchten, suchten nach irgendetwas. Einem Stück Treibholz, einer grünen Hand, die sich mit letzter Kraft über Wasser hielt, lockigen roten Haaren, einem smaragdgrünen Blick voller Unglaube, dass er doch noch zurückgekommen war, um sie zu holen.

Die kleinen Inseln, die ihm zur Orientierung hatten helfen sollen, lagen nicht so weit weg, dass sie außer Reichweite gewesen wären. Das kam Syn zu gute. Er hockte am Strand der größten dieser kleinen Landmassen im Meer, die Beine angezogen und die Arme darum geschlungen. Seine Stirn presste er fest gegen die eigenen Knie. Seine Schultern bebten. Nichts. Er hatte nichts gefunden und damit auch den letzten Funken Hoffnung sterben lassen müssen. Jetzt war es bittere Wahrheit geworden. Jetzt konnte er nicht länger ausweichen, musste sich der Tatsache stellen. Seine Reisegefährten, seine Freunde ... und Zarrah ... sie waren alle tot. Sie mussten es sein, denn er hatte das Meer endlich selbst gesehen. Groß und weit, wie der Himmel. Es war die Freiheit jener, die nicht fliegen konnten und das feuchte Grab derer, die er zurückgelassen hatte. Er hätte sie mitnehmen sollen, sie alle. Oder wenigstens drei von ihnen.
Syn hatte die Nachricht bislang nicht halb so intensiv aufnehmen können wie jetzt. Sie hatte sich vorher so fern und abstrakt angefühlt. Nun aber spürte er sie mit einer Schwere auf seinem Herzen, die sich nicht verdrängen ließ. Eine Schwere, die ihn Turok hatte zu den Insel fliegen lassen, damit sie vom Gewicht seiner Seele nicht ebenfalls in die Tiefe gerissen wurden. Sie waren fort. Sie waren tot. Sie alle.
"Z...ZarraaaaaahhhhAAAAAHAHAHAHAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHRRRR!!!" Endlich geschah es. Endlich erlaubte er sich, wirklich um die zu trauern, denn hier hörte ihn niemand. Hier war nur Turok, der in seiner Nähe am Strand stand, nun zu ihm herüber schaute und die Ohren anlegte. Aber er ließ Syn seinen Freiraum und seine Art zu trauern. Syn löste sich von jeglichen, selbst auferlegten Ketten. Es Hier hörte ihn niemand. Hier musste er auf niemand Rücksicht nehmen, leise und still weinen oder am besten jegliche unangebrachten Emotionen zurückhalten. Hier konnte er ganz er selbst sein und nun er zu sein schmerzte wie nichts Anderes auf Celcia. Er schrie. Er rief Zarrahs Namen, Razags, Crystins, aber vor allem jenen der Dunkelelfe. Er schrie das Meer an, den Himmel. Keiner von beiden würde ihm diese abgebrochenen Teile seiner Seele zurückgeben, die er an all die Verlorenen verschenkt hatte. Er schrie, bis er nicht mehr schreien konnte. Dann weinte er, bis er nicht mehr weinen konnte. Dann lag er am Strand der Insel. Die Euphorie des Fliegens war vergessen. Er trauerte und es tat weh.
Irgendwann traten große, Fell besetzte Hufe in sein Sichtfeld. Dann erschien Turoks Schnauze. Das Pferd presste seine Nüstern gegen Syns Stirn. Es schnaubte ihm den heißen, nicht ganz angenehm riechenden Atem ins Gesicht. Es knabberte an seinen Haaren und stubste ihn an. Wir müssen zurück, erinnerte es ihn auf seine Weise. Syn hob den Blick, betrachtete die von dunklen Wimpern umrahmten Augen des Tieres. Er konnte es ignorieren, einfach hier bleiben, bis das Meer auch ihn holen würde. Oder er konnte nach vorn sehen, weil es das einzige war, was ihn noch leben lassen würde. Weil Razag es ihm zugerufen hatte. Geh nach Hause, Rammellappen. Weil Zarrah sich gewünscht hatte, dass er tat, was er wollte und nicht, was er musste. Und weil Lariana auf ihn wartete, sich freute. Sie hatte für ihn gekocht. Sie liebte ihn.
Syn rappelte sich auf. Er musste los. Er musste sich von Turok zurückbringen lassen, aber noch konnte er nicht gehen. Er hatte Blumen auf der Insel wachsen sehen.

Zu spät. Die anderen Kadetten waren längst zurückgekehrt. Die Zeitfrist von vier Stunden war überschritten. Erst dann zeigte sich Turok als weißer Klecks am Himmel. Er und Syn kamen knapp zwanzig Minuten später als alle anderen an. Syn landete in Layans unmittelbarer Nähe. Er stieg ab, schaute ihn mit geröteten Augen, aber ansonsten vollkommen ruhigen Zügen an. "Tut mir leid", sagte er, klang etwas heiser, aber aufrichtig. Er meinte es so. Dann führte er Turok zu den Ställen zurück. Das Tier trottete neben ihm her. Syn behielt eine Hand am Rücken des Pegasus. Mit der anderen hielt er einen vom Wind leicht zerrupften Strauß kunterbunter Blumen.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Freitag 13. Dezember 2024, 22:35

Nichts hätte Synnover’s Gedanken so beflügeln können, wie dieser Lichtblick! Vier Stunden… zur freien Verfügung. Der Hymlianer brauchte nicht mehr zu wissen. Er hörte nur mit einem halben Ohr die Warnungen seitens Layan und war in Gedanken bereits bei Turok. Der Pegasus hatte bereits von Minute eins an das Interesse des Kurzhaarigen geweckt. Turok war ungestüm, wollte frei sein und Freiheit leben. Er war wie Syn und deshalb war es in schlaflosen Nächten nicht selten vorgekommen, dass er den Stall samt Turok aufgesucht hatte. Der Pegasus war ihm nicht sofort wohlgesonnen. Es hatte lange Zeit gebraucht, bis Syn näher als nur bis zur Stallgasse treten durfte. Noch viel länger, bis er den Hengst hatte anfassen dürfen. Turok misstraute und das kannte Synnover nur zu gut. Er verstand ihn und schaffte eine Bindung, die er sonst nur schwer aufbauen konnte. Tatsächlich aber musste er zugeben, dass Hymlia es war, das ihn voranbrachte. Er lernte, er schaffte es manche Verhaltensmuster abzulegen. Er fand schneller Zugang zu Gefühlen, auch wenn er immer wieder in Altes zurückfiel. Syn aber konnte immer deutlicher den Unterschied zu seinem früheren Leben spüren. Wenn er Vergleiche zog, sich beides genauer betrachtete. Dann wusste er, dass er aus freien Stücken handelte, so, wie es Zarrah immer gewollt hatte. Er musste niemandem mehr gefällig sein, brauchte keine harten Strafen zu fürchten. Und er lebte. Er lebte wahrlich und probierte sich auch. Er lernte, was ihm gut schmeckte, was er mochte, was er nicht mochte. Und er lernte, zu vertrauen. Nur durch diesen eigenen Erfolg in seiner Entwicklung, schaffte er es überhaupt, dass Turok sich ebenfalls vertrauensvoll zeigte. Als er in den Stall gestürmt kam, schnaubte das Tier kurz beleidigt, ließ sich aber ohne Umschweife von Syn anfassen und auch mit der Stirn berühren. Turok schnaubte erneut. Es war das Zeichen, dass der Hengst akzeptierte. Und noch während die anderen Kadetten, einschließlich S’idan hereinkamen, war Syn bereits auf dem Rücken des Tieres und gab ihm die Sporen. Dabei dominierte er ihn nicht, aber er zeigte ihm trotzdem, was von ihm erwartet wurde. Ohne das, ging es nicht. Turok konnte nicht wissen, dass sie nur bis zum Meer fliegen oder in vier Stunden wieder zurück sein sollten. Aber Syn dominierte auf Augenhöhe. Er gab dem Pegasus Zeichen, erklärte, was er wollte und Turok entschied, ihm Folge zu leisten.

Das Gefühl des freien Fliegens war unbeschreiblich. Synnover’s Last konnte abgestreift werden, er spürte die Luft so eng bei sich, dass kein Zweifel mehr bestand, dass er ein Teil von ihr war. Sie sauste ihm durch die Kleidung, zerzauste seine Haare, wirbelte ihm Kälte ins Gesicht. Es war berauschend. Syn bekam nicht genug, wurde übermütig und musste erneut erkennen, dass er nicht alles schaffte. Er stürzte durch seinen Übermut vom Rücken Turok’s und eine leise Erinnerung aus längst vergangener Zeit griff nach ihm. Er fiel und für einen Moment zuckte ein Bild vor seinem geistigen Auge auf, das er nicht recht greifen konnte. Es musste aus jenen Tagen stammen, da er als Kind gefallen war. Doch die Erinnerung war ebenso schnell vorbei, wie die Angst. Turok rettete seinen Reiter und gemeinsam flogen sie etwas gemäßigt weiter. Dann sah er es endlich. Die kleinen Inseln zu seiner Rechten waren genau so, wie Layan sie beschrieben hatte. ‚Du musst dann nur zehn Flügelschläge davon wegfliegen, dann erreichst du ungefähr die Stelle‘, hatte Layan gesagt. Und Syn ging in den Sinkflug. Turok verstand ihn und er hatte die Art, wie Syn mit ihm umging, akzeptiert. Sie waren eine Übereinkunft eingegangen, die Layan gewiss beeindrucken würde. Jetzt aber ging es nicht um Layan, Verbindungen und Hymlia. Jetzt ging es darum, dass Syn die Verbindungen zu seiner Vergangenheit kappte. Damit er weitermachen konnte. Unruhig suchte er das peitschende Meer ab. Er hoffte inständig, etwas zu sehen, das die Hoffnung in seiner Brust nähren würde. Aber die Wassermassen schoben sich unablässig zu hohen Wellen zusammen und nichts war dort außer Wasser und Gischt. Die schiere Unendlichkeit des Meeres war es wohl, was Syn gebraucht hatte, um endlich Gefühle, echte Gefühle zu zulassen. Er schrie nach ihr in das Tosen der Wellen herein. Er schrie es sich von der Seele, ein letztes Mal. Ein letztes Mal, würde er ihren Namen laut aussprechen. Würde ihn sagen. Er hatte ihn viel zu selten benutzt, als er noch die Gelegenheit dazu gehabt hatte. Nun übergab er ihn an das feuchte Grab, das sie mit all den anderen teilte. Und er weinte um sie, endlich. Endlich war er bereit loszulassen, damit er zurückkehren konnte zu jenem Leben, das sie ihm zurückgegeben hatte. Während er am Strand lag und weinte, konnte er noch einmal den letzten Moment sehen, den sie gemeinsam geteilt hatten. Er sah die grünen Augen, die baten, dass er nicht ohne sie ging. Er sah die ausgestreckte Hand, die er nicht ergriff. Und er sah, wie sich der Blick änderte, als er seinen Wunsch äußerte, allein nach Hymlia zu gehen. Wie tapfer sie es akzeptiert hatte, um ihm nicht im Weg zu stehen. Er sah es. Ein letztes Mal, bevor es verblasste.

Die Stunden vergingen, in denen Syn seinen Schmerz nach und nach verarbeitete. In denen er ganz er selbst sein durfte und trauern konnte, um jene, die er verloren hatte. Es war nötig. Damit er nach vorn sehen und weitermachen konnte. Irgendwann hatte Turok die Nase voll. Er hatte Hunger, und sie mussten den ganzen Weg noch zurück. Syn kam auf die Beine, pflückte noch ein paar Blumen für jene Frau, die für ihn da war und kehrte schließlich zurück. Layan stand auf der Koppel und starrte dem Himmelsreiter in Spe entgegen. „WO warst du?!“, blaffte er ihn sofort an. Sorge sprach aus seiner Stimme, etwas, das Syn gewiss nicht kannte. "Tut mir leid", antwortete Syn und Layan stutzte. Er entdeckte Spuren und erinnerte sich daran, dass Syn nach dem Weg gefragt hatte. Sofort entspannte sich der Bruder von Lariana und nickte nur. „Schon in Ordnung. Bring ihn in den Stall, versorge ihn und dann sieh zu, dass du zu meiner Schwester kommst“, entließ ihn Layan aus der Standpauke. Synnover musste lediglich Turok ordentlich versorgen, bevor er in der Unterkunft der Kadetten eine Dusche nehmen könnte. Sie war nicht sonderlich komfortabel, aber er konnte sich zumindest waschen. Das Wasser war eher lau, denn warm aber es würde reichen, um sich zurechtzumachen.
Sobald er fertig wäre, wäre es auch Zeit, um sich auf den Weg zu Lariana zu machen. Er kannte den Weg und während die Sonne allmählich zum Horizont sank, wurde sein Weg in ein wundervolles, rosafarbenes Licht getaucht. Inzwischen waren die Koppeln leer, der Unterricht für heute beendet. Die meisten Kadetten gingen in die Taverne, um endlich mal ungehemmt zu feiern, doch Syn’s Weg führte ihn zu Lariana. Als er dem Haus näherkam, konnte er bereits einige Kerzen im Fenster flackern sehen. Lariana stand in der Küche und er konnte von draußen beobachten, wie die Hymlianerin vor einem Spiegel stand und offenbar recht nervös an ihrem Aussehen feilte. Sie trug eine Schürze, die mit allerlei Mehl und anderen Dingen bekleckst war. Ihre Wangen glühten vor Vorfreude und hinter ihr konnte Syn den Tisch erkennen, den sie wundervoll eingedeckt hatte. Es standen Kerzen in der Mitte, auf einem dunkelblauen Läufer. Ein paar Watte-Blumen standen in kleinen Vasen dazu und sie hatte einiges an Leckereien aufgetischt. Sie musste wirklich seit dem frühen Morgen in der Küche gestanden haben, wie Kira es erwähnte. Sobald Syn sich zum Klopfen bereit fühlen würde, könnte er von drinnen ein ertapptes „Komme!“, hören, dann ein kleines Rummsen und schließlich stand Lariana an der schwungvoll geöffneten Tür und strahlte ihn breit und mit funkelnden Augen an. „Syn!“, stieß sie euphorisch hervor und zog ihn sofort zu sich. Sie umarmte ihn herzlich, übersah dabei die Blumen, die er ihr mitbringen wollte. Erschrocken aber löste sie sich von ihm . „Oh! Verzeih mir ich…“, sie lächelte, strich sich verlegen eine Strähne hinters Ohr und räusperte sich. Sie atmete durch, ehe sie ihn wieder ansah. „Ich freue mich, dass du da bist! Endlich…“, gestand sie ihm und dann fiel ihr auf, dass sie noch die Schürze trug. „Oh verdammt!“, sagte sie erschrocken, nestelte fahrig an dem Knoten an ihrem Rücken und warf die Schürze dann einfach irgendwo hin. Sie verschränkte die Hände auf ihrem Rücken und präsentierte sich ihm in einem tiefroten Kleid, das ihrer Figur schmeichelte und die helle Haut, wie die hellen Haare, in Szene setzte. „Gefällt es dir?“, fragte sie etwas schüchtern und machte damit deutlich, dass sie es extra für ihn gekauft hatte.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Samstag 14. Dezember 2024, 14:44

"WO warst du?!" Lautstarke Worte berührten ihn nicht mehr. Er hatte sich so oft anschreien lassen müssen in seinem Leben, meistens sogar in Sprachen, die er nur brachial oder gar nicht verstand. Krz'ner war nicht leicht und die genauen Kraftausdrücke kannte Syn bis heute nicht. Er wusste nur, dass bestimmte Abfolgen von Lauten ihm galten und man mit dem Haustierchen in irgendeiner Weise unzufrieden gewesen war. Das Lerium der Dunkelelfen später erlernte er schneller, verstand sogar, was man von ihm erwartete. Manchmal, gerade in den ersten zwei Jahren, hatte er nicht immer so abliefern können wie gefordert. Dann wurde er angebrüllt, verbal zerquetscht und niedergeschimpft. Er hatte sich daran gewöhnt. Es machte keinen Unterschied, ob ein Ork in anblökte, ein Dunkelelf ihn anfauchte oder nun Layan seine Stimme erhob. Neu war für ihn allerdings die Sorge, die offen in Stimme und Blick des Hymlianers mitschwang. Sie brachte Syn regelrecht aus dem Konzept, so dass er den eigenen, verweinten Blick hob und Layan nachdenklich musterte, ehe seine Entschuldigung fiel. Er war müde, fühlte sich innerlich leer und wollte es nur schnell hinter sich bringen, denn er musste all seine künstlich glücklichen Reserven auf die Verabredung mit Lariana konzentrieren. Angesichts der jüngsten Ereignisse würde das ein richtig schwerer Abend, befürchtete er. Denn eigentlich hatte er sich gefreut, sie endlich wiederzusehen, in die Arme zu schließen und ihr Essen zu probieren. Im Moment jedoch wollte Syn sich am liebsten verkriechen.
Layan musste es ihm ansehen. War er deshalb besorgt? Syn verstand es nicht. Es gab keinen Grund für diese Emotion. Er war kein Grund, jedenfalls nicht für Layan! Bei Lariana hätte er es irgendwo nachvollziehen können, denn sie liebte ihn. Aber ihr Bruder, der ihn doch nur ausbildete...? Und es wurde noch seltsamer für Syn.
"Schon in Ordnung. Bring ihn in den Stall, versorge ihn und dann sieh zu, dass du zu meiner Schwester kommst", nickte er in Turoks Richtung, entließ ihn einfach aus der Strafpredigt - ohne Konsequenzen, dafür mit dieser Milde. Syn runzelte die Stirn. "Ja", antwortete er knapp und um mehr verlegen, denn er wusste gar nicht darauf zu reagieren. Also tat er, was Layan erwartete. Er brachte Turok zurück in seine Box, füllte erst einmal einen Futtersack für ihn, tätschelte dankbar seine Stirn und brachte noch etwas Zeit auf, sich um den leicht verschwitzten Körper des Tieres zu kümmern, die Federn der Schwingen gerade zu rücken und anschließend einen Heuballen zu ihm zu schieben. Dabei hatte Syn ordentlich Zeit, sowohl über Layan als auch das Erlebte nachzudenken. Schuldgefühle machten ihm das Herz schwer. Hätte er wenigstens Zarrah damals mitgenommen, ihre Bitte nicht einfach abgelehnt... ihre Augen verfolgten ihn, während er arbeitete. Aber da war noch etwas, das ihn beschäftigte: Als er von Turok gen Meer stürzte, war ein Bild vor seinem geistigen Auge erschienen. Es existierte noch, war für Syn aber nicht mehr greifbar. Jedes Mal, wenn er versuchte, sich darauf zu konzentrieren, pochte seine Stirn. So unterließ er es, versuchte an nichts von alldem mehr zu denken. Die Dusche nach der Pegasusversorgung half gewaltig.
Während das Wasser über seinen Kopf und Körper rann, konnte er noch einmal weinen, dieses Mal still wie üblich. Aber es fühlte sich gut an. Er spülte nicht nur den Schmutz, Sand und Stallgeruch fort, sondern auch die düsteren Gedanken, die Erinnerungen an Zarrahs letzten Blick zu ihm das Wissen, dass er sich ihr Ableben niemals verzeihen würde. Aber er konnte es jetzt - frisch und sauber - in andere Bahnen lenken. Schließlich wusste er, weshalb er so hart trainierte in allem, was ihn weiterbrächte. Mit Ende der Ausbildung dürfte er soweit sein, auch was seine Kampffähigkeiten mit dem Fächer in Verbindung mit seiner Luftmagie betraf. Die hymlianische Historie ließ er außer acht. Er würde dort niemals gut abschneiden, weil er nicht den Fokus gewinnen konnte ... denn es interessierte ihn einfach nicht. Er musste nichts über vergangene Himmelsreiter Hymlias wissen, um nach Morgeria zu gelangen. Er musste nur fliegen, kämpfen und zaubern können. Bis er all das erreichte, würde er sich keine Pause gönnen, außer wenn sie gestattet war und dann wollte er seine freie Zeit damit füllen, Lariana nahe zu sein.
Die Dusche war wirklich die Rettung seines Abends, denn sie wusch düstere Gedanken fort, so dass Syn sich wirklich auf das bevorstehende Date freuen konnte. In die besten Sachen gehüllt, die er noch sein eigen nannte - eine schlichte helle Hose, ein feines weißes Seidenhemd und darüber eine Weste im Blau der Himmelsreiterschule - spazierte er die Straße entlang. Den Strauß mit Blumen von der Insel hatte er noch einmal ein wenig gerichtet und in Papier gewickelt. Allein dessen Anblick versetzte ihn ein wenig in sanfte Vorfreude. Lariana würden all die Farben sicher gefallen. Sie waren das Gegenteil zu den pastellblassen Blümchen der Himmelsstadt. Kräftige pinke, blaue und violette Blüten mit dicken gelben Pollen im Zentrum warteten nur darauf, ihr Herz zum Hüpfen zu bringen. Und jeder Schritt, der Syn näher an das Haus der Familie Wolkenlos brachte, ließ auch sein Herz schneller schlagen. Trotzdem klopfte er nicht sofort, als er die Schwelle erreichte. Er zögerte. Das hier war alles Gute, was ihm blieb. Lariana war nun diejenige, die ihn auf seinem weiteren Weg begleiten würde, wenigstens für einige Monate. Er wusste, dass er ihr Herz bald würde brechen müssen, aber bis dahin wollte er sie so glücklich wie möglich machen. Weil sie ihn glücklich machte! Warum also klopfte er nicht sofort? Warum vermisste er Zarrah? Sie ist tot. Du musst sie vergessen...
Er schluckte. Da fiel sein Blick durch eines der Fenster, denn die dort aufgestellten Kerzen erregten seine Aufmerksamkeit. Er sah Lariana umher huschen. Sie trug eine Schürze und wieder erkannte er überall Mehl. Der Anblick allein brachte ihn zum Schmunzeln. Er wärmte ihm das Herz. Kira hatte wohl nicht untertrieben, Lariana musste wirklich den ganzen Tag gekocht haben. Syn schnupperte, konnte aber noch nichts ausmachen. Er sah lediglich den reichlich gedeckten Tisch und sein Magen zog sich vor Sehnsucht nach ihrer Kochkunst zusammen. Nun hielt ihn nichts mehr zurück.
Syn klopfte und wenig später öffnete Lariana ihm. "Syn!"
"Äh ... natürlich ich, wir sind verab-" Er konnte seinen Satz nicht beenden. Schon zog Lariana ihn herein, schloss ihn in eine Umarmung und sorgte dafür, dass er sich leicht gegen sie lehnte, den Kopf an ihr Haar gedrückt. Syn seufzte, genoss mit gesenkten Lidern ihre Wärme. Viel zu schnell aber endete der Moment. Lariana löste sich unter einem Schrecken, sowie einer gefolgten Entschuldigung. Schon nestelte sie am Knoten ihrer Schürze herum, die sie schließlich losbekam und kurzerhand von sich warf. Sie landete auf der hellen Kommode des Flurs. Syn verfolgte die Flugbahn nur kurz, ehe er wieder zu Lariana blickte und ... stutzte. Er hatte sie nie zuvor in einem dermaßen noblen Kleid gesehen. Das Rot ließ ihre Haut nur noch blasser aussehen, aber auf eine verführerische Weise. Wie Blut befleckter Schnee, hätte Syn in seinem Leben schon einmal Bekanntschaft damit gemacht. So dachte er an weißes Kaninchenfell, das vom Blut des unterlegenen Gegners geziert war. Darüber aber strahlte die Nacht mit ihren funkelnden Sternen in Form von Larianas Augen. Eine Nacht, die ihm alles verzieh. Ein Nachthimmel, der ihn liebte.
"Gefällt es dir?"
Syn schluckte im ersten Moment und konnte nur nicken. Dann erinnerte er sich an alles, was ihm eingetrichtert worden war. Gewiss erwartete Lariana, dass er auch sie für die Wahl des Kleides lobte wie jede Dunkelelfin, der er in seinem Leben vorgestellt worden war. So suchte er in seinem Repertoire aus Erfahrung nach einem Kompliment, das nicht nur ihr Kleid rot glühen lassen sollte.
"Du siehst umwerfend aus. Atemberaubend und ... verboten gut. Am liebsten würde ich jegliche Planung sofort in den Wind schießen, nur um mich dir anzubie-" Er stockte. Dann seufzte er, senkte den Kopf, nur um Lariana anschließend erneut anzusehen. Es folgte ein zweites Seufzen und Syn wandte sich um. Wollte er etwa gehen?! Nein. Er schloss nur die Haustür. Schon drehte er sich ihr wieder zu, allerdings mit Traurigkeit im Blick. Er hob die Schultern an, schüttelte den Kopf.
"Ich hab ... so vielen Frauen Komplimente für ihr Äußeres machen müssen. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele es waren. Ich hab ... unzählige Frauen mit süßen Worten belogen, weil ich wusste, was sie hören wollten. Mir war immer vollkommen gleichgültig, was sie trugen. Am Ende würde ich es von ihren Körpern schälen und ..." Er winkte ab. Sein Blick fiel auf die Schürze, die halb über der Ecke der Kommode hing. Syn griff danach, hielt das Mehl befleckte Stück Stoff in seiner Hand. Er suchte wieder Larianas Blick und lächelte schwach. "Du siehst umwerfend aus! Es ist keine Lüge. Du bist wunderschön, aber ... das hier ist echt. Das hier bist du, wie ich dich kennen gelernt habe." Er hielt ihr die Schürze hin. "Und ich finde dich noch schöner, wenn du die hier trägst."
Syn bot Lariana an, die Schürze entgegenzunehmen. Wenn nicht, behielt er sie in Händen, denn er wollte sich jetzt nicht um darum kümmern. Er neigte sich vor. Es war viel zu lange her, dass er Lariana geküsst hatte und er sehnte sich nach ihren Lippen. "Ich hab dich vermisst", säuselte er ihr zu. Nach dem Kuss aber schob er sich zurück und plötzlich wuchs zwischen ihnen dieser Strauß bunter Blumen herauf, weil Syn es endlich gelang, auch die andere Hand einmal zu heben. "Ich durfte heute fliegen und ich weiß, dass dich der Boden fasziniert. Für dich, meine Schöne." Sollte ich ihr sagen, dass meine Gefühle ihr gegenüber inzwischen tatsächlich ein Kribbeln verursachen? Dass ich sie l...? Nein. Er konnte nicht. Jeder tiefere Gedanke führte sofort zu Zarrah. Aber heute ging es nicht um sie. Sie war tot. Das hatte er nun zu akzeptieren. Heute ging es um Lariana, die noch lebte. Lariana, die sich so viel Mühe gab. Lariana, die ihn liebte.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Montag 16. Dezember 2024, 07:32

Synnover war es nicht gewohnt, dass man auf sein Befinden Rücksicht nahm. Es hat in all den Jahren nie eine Rolle gespielt, es sei denn, er konnte nicht so dienen, wie man es erwartete. Dann setzte es Schläge oder verbale Schelte. Niemals war jemand zurückgerudert und hatte Syn zugestanden, dass es ihm nicht gut ging. Layan aber zeigte dem Hymlianer, dass er durchaus verstand, warum Syn zu spät gekommen und schließlich auch nicht ganz in Höchstform war. Es war ein Novum und das einstige Kaninchen würde sich damit sicher noch beschäftigen, sobald er genug Kapazitäten dazu hätte. Die Arbeit im Stall an Turok half ihm tatsächlich. Er konnte sich ganz auf sein Innerstes konzentrieren und das, was er hatte nun durchstehen müssen, noch einmal für sich durchgehen. Er hatte einen Abschied gebraucht. Es war wichtig für ihn gewesen, sich von seinen Freuden zu verabschieden, um voranzukommen. Seinen Plan mit jeder Faser seines Seins zu verfolgen. Hymlia zeigte Syn, dass er das durfte. Dass er straucheln durfte, sich gehenlassen und fallen durfte. Und das es genug Hände gab, die ihm wieder aufhalfen. Er brauchte keine Angst mehr zu haben, nicht mehr zu genügen. Hier war er endlich in einer Heimat angekommen, die ihm nachhaltig als solche zur Verfügung stünde. Egal, was er noch vor hatte oder wie er sich verhielt. Layan, Kira, S’idan, Lariana. Sie alle waren inzwischen feste Bestandteile seines Alltags geworden und mit jedem Tag mehr, lernte er kennen, was es bedeutete, wenn man wertvoll für andere wurde. Zarrah, Razag und Crystin hatten ihm am Boden den Weg gewiesen. Sie waren der Grundstein und nun führten die Hymlianer fort, was sie nicht zu Ende bringen konnten.

Nachdem Syn sich den Stall und die vier Stunden intensiven Flug abgewaschen hatte, ging es ihm tatsächlich besser. Er fühlte sich leichter, hatte die letzten Stunden reinwaschen und abstreifen können. Er fand in den gepflückten Blumen eine Motivation, die sein Herz sogar ein wenig Freude empfinden ließ. Er wollte Lariana diese Freude bereiten, hatte zugehört, was sie sich wünschte, und wollte heute derjenige sein, der ihr diesen Wunsch erfüllte. Ein kleines Stück Boden, für die Himmelsbewohnerin! Sein Weg war nicht sonderlich weit. Überhaupt war ihm Hymlia inzwischen mehr als vertraut. Er hatte viele Stunden in den schlaflosen Nächten damit verbracht, hier umherzulaufen und so war es für ihn kein Problem mehr, Wege zu finden und gar Abkürzungen zu nutzen. Am Fenster blieb er stehen und beobachtete die Hymlianerin, wie sie die letzten Handgriffe tätigte. Sie sah bezaubernd aus, so, wie sie war. Syn lernte nicht nur, dass er genügte – er lernte vor allem auch, was ihm genügte. Die Begrüßung fiel herzlich und euphorisch seitens Lariana aus. Sie freute sich ehrlich und ihr Herz war rein und unbefleckt von Missgunst oder Täuschung. Das Kleid, welches sie ihm präsentierte, verschlug ihm einen Moment die Sprache. Sie lächelte breit, ein wenig errötet. Die Wirkung hatte sie nicht verfehlt! "Du siehst umwerfend aus. Atemberaubend und ... verboten gut. Am liebsten würde ich jegliche Planung sofort in den Wind schießen, nur um mich dir anzubie-" Lari musterte Syn einen Moment fragend. Sein Raunen war Musik in ihren Ohren, aber sie erkannte auch nicht, dass er lediglich ein Repertoire abspulte. Aber Syn erkannte es. Er hielt inne und atmete durch. "Ich hab ... so vielen Frauen Komplimente für ihr Äußeres machen müssen. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele es waren. Ich hab ... unzählige Frauen mit süßen Worten belogen, weil ich wusste, was sie hören wollten. Mir war immer vollkommen gleichgültig, was sie trugen. Am Ende würde ich es von ihren Körpern schälen und ...“
Lariana musterte ihn mitleidig und nickte dann verstehend. Sie wollte schon etwas einwenden, als Syn nach der Schürze griff und sie ihr hinhielt. "Du siehst umwerfend aus! Es ist keine Lüge. Du bist wunderschön, aber ... das hier ist echt. Das hier bist du, wie ich dich kennen gelernt habe. Und ich finde dich noch schöner, wenn du die hier trägst." Lariana blickte einen Moment irritiert auf die Schürze. Dann folgte ein prüfender Blick in sein Gesicht, ehe sie ausatmete und die Schürze ergriff. „Oh den Göttern sei Dank!“, seufzte sie und lachte dann. „Ich bin froh, dass du das sagst. Ich… ich bin das einfach nicht!“, kicherte sie eingestehend, ehe sie die Schürze wieder umlegte. „Ich habe den ganzen Tag Sorge, ich könnte es restlos ruinieren!“, gestand sie ein, ehe sie ihre Haare aus der Schürze zog und wieder offen über ihren Rücken verteilte. Syn nutzte den Moment, da sie, wieder sie war und kam ihr näher. Lariana legte augenblicklich ihre Arme um ihn und erwiderte den sanften Kuss. "Ich hab dich vermisst" „Ich dich auch!“, säuselte sie zurück, ehe sie ihm ein Strahlen voller Vorfreude schenkte. Bis sich die Blumen aber in ihr Sichtfeld schoben. Große Augen starrten auf die wundervolle Farbenpracht. „Syn!“, stieß sie aus und sofort erhellte ein warmes Lächeln ihr Gesicht. „Sind die aber schön!“, hauchte sie hin und weg und nahm den Strauß entgegen. Sie konnte gar nicht die Augen davon lassen. „Diese Farben! Ich…“ "Ich durfte heute fliegen und ich weiß, dass dich der Boden fasziniert. Für dich, meine Schöne." „Du warst am Boden?“, fragte sie schließlich und blickte auf. Sie griff nach seiner Hand, zog ihn mit sich und bedeutete ihm, dass er sich setzen sollte. Sie selbst suchte eine kleine Vase aus einem der Küchenschränke und befüllte sie mit Wasser, bevor sie die Blumen mit auf den reichgedeckten Tisch stellte. Syn konnte hier wahrlich alles finden, was ihm schmeckte! Wein und Saft und Wasser, Brote, süße und herzhafte, Naschereien und Braten. Es fehlte scheinbar an nichts! Lariana nahm neben ihm Platz und entzündete dann mit einem Feuerstein eine letzte Kerze. Das Ambiente war gemütlich, romantisch und reduzierte sich nur auf sie beide. Die Hymlianerin starrte die Blumen an. Sie berührte sie sanft und vorsichtig, als wären sie zerbrechlich. „Ich bin so dankbar, Syn!“, murmelte sie und war wirklich ergriffen von seiner Geste. Schließlich aber deutete sie auf das Essen. „Bedien‘ dich! Ich… habe etwas … übertrieben vielleicht“, sie lachte herzlich über ihren Eifer. „Es ist so schön, dass du endlich hier bist!“, schluckte sie und biss sich kurz erneut errötend auf die Unterlippe. „Ich konnte den Moment nicht abwarten!“, gestand sie ihm verliebt und kicherte erneut. Schließlich begann sie, einige Früchte und etwas Brot mit Kräuterbutter aufzutun. „Wie war es denn, zu fliegen? Zum Boden zu kommen? Was hast du gemacht?“, wollte sie schließlich wissen und Neugierde sprach aus ihr. Sie konnte ja nicht wissen, dass er Abschied genommen hatte.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Mittwoch 18. Dezember 2024, 19:19

Nicht nur Syn gefiel es besser, wenn Lariana die Küchenschürze trug. Für ihn war es echter, für sie bequemer. Sie strahlte geradezu, als ihr Gegenüber ihr quasi die Asbolution erteilte, nicht kokett hübsch sein zu müssen. Denn Syn empfand sie als wesentlich schöner, wenn sie sich so kleidete, wie sie es mochte und nicht wie sie glaubte, ihn damit becircen zu können. Auch bei Lariana stieß diese Haltung auf Zustimmung. Erleichtert schnappte sie nach der Schürze, um sie sich anzulegen: "Oh, den Göttern sei Dank!" Syn gluckste. "Ich bin froh, dass du das sagst. Ich ... ich bin das einfach nicht!" Damit entlockte sie ihm sogar ein schiefes Lächeln. Syn trat an Lariana heran und half ihr - einhändig, denn er versteckte bis dahin ja noch den Strauß Blumen - die Schürze anzulegen. Bevor sie den Knoten jedoch gemeinsam schließlich konnten, schlug er vor: "Willst du dich nicht komplett umziehen? In etwas Bequemes schlüpfen oder ... nackt unter der Schürze hantieren?" Die Vorstellung gefiel ihm tatsächlich wie er feststellen musste. Die Schürze würde ihre weiblichen Reize nicht minder bedecken als es das Kleid täte und dennoch zu verführen wissen. Es wäre allerdings ein Kleidungsstück, das ihr vertraut wäre und in dem sie sich zusätzlich aufreizend zu bewegen wissen würde. Ohja, Syn glitt für einen Moment in einen Tagtraum, in dem er Larianas kleinen Po begrüßte, sobald er in die Küche trat und sie am Herd irgendeine Leckerei zubereitete. Die Gedanken, aber auch die Sehnsucht verleiteten ihn zu einem Kuss, endlich gefolgt von dem Geschenk, das er seiner Herzensdame mitgebracht hatte. Ihr Strahlen war wie ein weiterer Kuss, nur dieses Mal für seine Augen. Syn genoss den Anblick, sowie ihre Freude, für die Blumen sofort eine Vase zu beschaffen. Er hingegen ließ sich zu einem der Stühle führen und hatte etwas Zeit, all die Speisen zu mustern, die Lariana auf dem Tisch drapiert hatte.
"Soll ich das alles etwa heute noch essen?", neckte er, während er überlegte, was er denn überhaupt probieren wollte. Jede Mahlzeit auf jedem Teller glich einem Kunstwerk. Alles duftete, schuf dadurch ein Orchester für seine Nase und sein Blick leuchtete bei den extravaganten Speisen wie Larianas bei der Entdeckung der Bodenblumen. Während sie sacht über die Blüten strich, suchte Syn sich erste Häppchen heraus, um sie auf seinen Teller zu verfrachten. Sein Geschmack traf offenbar das Extravagante. Ob süß oder deftig, war dabei nicht von Belang. Es musste nur selten genug sein, damit es nicht ein jeder verarmter Morgerianer würde essen können. Wasser und Brot wählte er somit nicht, zog immer Wein oder einen süßen, aber schwer zu erhaltenden Fruchtsaft vor. Syn hatte lange genug von Abfällen und Resten gelebt. Kein Wunder, dass er sich gerade beim Essen nun nahm, was er konnte. Karrish hatte es damals erkannt und mit nur einem Schluck Wein das heimatlose Kind an sich gebunden wie kein anderer. Jetzt schien es Lariana ebenfalls geglückt zu sein. Liebe ging bei keinem so treffend durch den Magen wie bei Syn. So landete eine Scheibe saftigen Bratens neben fächerartig geschnittenen Kartoffeln, die mit einer süßen Honig-Nuss-Marinade verfeinert worden waren. Er gönnte sich einige besonders bunte Quarktörtchen, suchte sich aber auch hier eher jene aus, deren Frucht-Dekoration mit teurem Obst gestaltet worden war. Er ignorierte Kräuterbrot, die Becher Wasser, sondern stibitzte sich eine Schale mit Trauben und Nüssen, nur um sie in eine süße Preiselbeersoße zu tauchen. Schließlich entschied er sich aber für den angeschmolzenen Käse. Der schmeckte mit der Soße zusammen einfach besser. Und wieder schimmerte es feucht in seinen Augenwinkeln, als Syn aß. Es musste Lariana als Kompliment genügen, denn er wollte keine einzige Mahlzeit herabwürdigen, indem er sprach statt sie zu verspeisen. Erst als sein Teller leer und sein Bauch voll war, er sich mit einem zufriedenen Ausdruck zurücklehnte, da reagierte er überhaupt auf Larianas Worte.
"Es ist so schön, dass du endlich hier bist! Ich konnte den Moment nicht abwarten!"
"Willst du denn sofort mit mir ins Schlafzimmer verschwinden?" Er hätte nicht derart ausgiebig essen sollen. Es würde seine Leistung beeinträchtigen, so ganz ohne Pause. Ehe erste sorgenvolle Gedanken in ihm hochkommen konnten, die sich mit einer Lösung beschäftigten, bei der er Lariana vielleicht zunächst auf eine Weise beglückte, bei der er sich nicht allzu viel rühren müsste, ereilte ihn glücklicherweise die Erkenntnis. Syn stutzte, schaute die Hymlianerin an und suchte in ihrem Mitternachtsblick nach einer Bestätigung. "Du ... freust dich einfach nur, dass ich da bin", stellte er fest, denn für ihn traf doch das gleiche in Bezug auf Lariana zu! Er genoss es, Zeit mit ihr zu verbringen. Dabei mussten sie nicht einmal reden. Es ... machte Spaß, ihr zuzuschauen, wie sie die Blumen feierte oder selbst etwas aß. Was immer sie machte, Syn erkannte plötzlich, dass sie in jeglicher Hinsicht wunderschön war. Fast schon hätte er ihr ein weiteres - ehrliches! - Kompliment gemacht, wäre sie ihm nicht mit einer Frage zuvorgekommen, die einiges in ihm in Bewegung setzen sollte.
"Wie war es denn, zu fliegen? Zum Boden zu kommen? Was hast du gemacht?"
Ein Schatten huschte über seine Züge. Syn wischte alle traurigen Erinnerungen des Tages beiseite. Er hatte genug geweint, sich verabschiedet. Es war intim gewesen und selbst zu privat, um es Lariana anvertrauen zu wollen. Sein Abschied von seinen Freunden, von Zarrah, war etwas, das er nur zwischen sich und ihnen ausmachte. Dass Turok ihn in seinem schwächsten Moment erleben durfte, lag an der Notwendigkeit, dass er den Pegasus gebraucht hatte, um überhaupt die Stelle zu finden, an der er Zarrah zurückgelassen hatte. Zarrah und Razag und Crystin und die Besatzung der Silberpfeil. Er würde keinen von ihnen jemals wiedersehen...
Syn atmete rasselnd aus und presste die Zähne aufeinander, damit er nicht sofort in Kummer verfiel. Sein Abschied war noch so frisch und wäre Larianas schönes Gesicht nicht, hätte er sofort noch einmal angefangen zu weinen. Seit wann war er so nahe am Wasser gebaut? Aber war das nicht auch Beweis genug, wie viel ihm seine Freunde bedeutet hatten und wie echt seine Gefühle für Zarrah waren? Denk nicht an sie. Es ist vorbei. Sie ist tot. Fort ... für immer. Du hast schon Abschied genommen! Konzentriere dich auf die Lebenden!
Er schaute auf, entdeckte die bunten Blumen, die er für Lariana gepflückt hatte. Dieser kleine, eigentlich bedeutungslose Strauß, der ihr so viel Freude machte. So viel Freude wie ihm das Fliegen.
"Wir dürfen gar nicht wirklich zum Boden", begann er. "Jedenfalls nicht auf's Festland, aber kleine Inseln im Meer waren erlaubt und ... und Turok hat eine Pause gebraucht." Er wich bewusst allem aus, was Lariana auf eine Spur hätte bringen können, dass er nach Zarrah gesucht hatte. Niemand sollte es je erfahren. Es war sein Abschied gewesen und niemand sollte wissen, wieviel es ihn gekostet hatte, sich überhaupt der bitteren Wahrheit zu stellen. So konzentrierte Syn sich lieber auf jene Anteile der Geschichte, die ihn erneut in Euphorie versetzten. "Wir haben eine Pause gemacht und ich habe dir natürlich die Blumen gepflückt. Turok war dankbar, ich habe ihn ... ziemlich beansprucht. Wir sind so weit geflogen, Lari. Ich habe die Arme ausgestreckt und mich nur mit der Kraft meiner Beine an Turoks Körper gepresst. Es war ... unbeschreiblich!"
Syn bemerkte gar nicht wie er seinen Platz am Tisch verließ und eine Folge seiner Flugbahnen nun zu Fuß ablief, um Lariana zu veranschaulichen, welche Manöver er alle mit Turoks Hilfe vollführt hatte. Dabei ließ er nun nichts aus. Jede noch so kleine Kurve, jede verdrillte Drehung mit Sturzflug gen Meer und wieder Aufsteigen bis in die Wolken wurde erzählt. Dabei wirbelte ihr Liebhaber umher, dass es einem Tanz glich. Die einstudierten Schritte halfen ihm zusätzlich, es ästhetisch aussehen zu lassen, aber Syn rief auch - ganz unbewusst - den Wind herbei, damit er seine Bewegungen unterstrich, jeden Schritt leichter und federnd erscheinen ließ, sowie mit seinen Haaren spielte, wenn er sich um die eigene Achse drehte.
"Schließlich habe ich meine Schuhe ausgezogen, an den Gürtel gebunden und mich freihändig auf Turoks Rücken gestellt." Syn lachte herzlich auf. "Ich bin gefallen. Ich wäre ions Meer gestürzt, hätte dein Bruder das Tier nicht vorab so gut erzogen, dass es seine Reiter auffangen soll." Ob das stimmte oder ob Turok und Syn nicht bereits eine gute Einheit bildeten wie Layan es sich erhoffte, wusste der junge Hymlianer nicht. Er ging davon aus, dass es Verdienst seines Ausbilders und somit sein eigenes Glück war, dass aus den Flugübungen kein Schwimmunterricht geworden war.
Syn wiegte sich noch ein wenig, tänzelte durch den Raum und hatte eine verträumte Miene aufgesetzt. Schließlich blieb er so stehen, dass er aus dem Fenster in die hereingebrochene Nacht spähen konnte. Sein Blick glitt nach oben. "Wenn ich Schwingen wie Turok besäße, bräuchte ich ihn gar nicht. Dann könnte ich ganz allein fliegen ... vollkommen frei und vielleicht bis zu den Sternen hinauf. Glaubst du, man könnte ein Gewand mit Flügeln schneidern, die mich tragen würden? Vielleicht nicht einmal fliegen, aber ... frei durch den Himmel gleiten. Unter sich die ganze Welt und um einen herum die reine Freiheit ... wie gottgleich wäre ich dann...?"
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Montag 23. Dezember 2024, 21:25

"Willst du dich nicht komplett umziehen? In etwas Bequemes schlüpfen oder ... nackt unter der Schürze hantieren?" Lariana errötete, doch nicht, weil sie schüchtern war, sondern weil ihr der Vorschlag womöglich gefiel! Die Hymlianerin biss sich auf die Unterlippe. „Später“, raunte sie verheißungsvoll und war daraufhin vollkommen weg von den Blumen, die er ihr mitgebracht hatte. Sie hatte hier in der Stadt der Lüfte lediglich die weißen Blumen zum Ansehen und obwohl die ebenfalls wundervoll aussahen, waren sie eben nur… weiß. Die bunte Vielfalt vom Boden hatte sie bereits häufiger begeistert und Syn hatte das nicht vergessen. Es sprach deutlich für die Weißhaarige, dass sich Syn bei ihr scheinbar ins Zeug legte. Er mochte sie und das ist mehr als alle anderen jemals zuvor erhalten hatten! "Soll ich das alles etwa heute noch essen?", wollte er schließlich von ihr wissen, während sie noch eine Vase auswählte und brachte sie damit zum Lachen. „Ja, ich weiß, ich habe es wohl etwas übertrieben, aber ich wollte eben, dass du alles hast, was du zum Wohlfühlen brauchst!“, gestand sie etwas lauter, weil sie noch an dem Ofen stand und dort einen kleinen Schrank durchkämmte. Syn nahm sich von allem, was Extravaganz versprach. Er mochte den süßen Pudding ebenso, wie die schokolierten Früchte. Er nahm sich Braten, Orangensauce dazu und verkostete feine Trauben und Feigen. Alles hatte einen feinen Geschmack und offenbarte Lariana’s Kochkunst. Es war… ‚hymlisch‘. Lariana hatte ebenfalls gegessen, allerdings sich mehr daran sattgesehen, wie sich Syn es gutgehen ließ. Schließlich ließ sie ihre Freude heraus und teilte ihm mit, dass sie sich sehr auf ihn gefreut hatte. Syn missverstand im ersten Anflug seiner jahrelangen Missbrauchsbeziehung. "Willst du denn sofort mit mir ins Schlafzimmer verschwinden?" Sie zuckte. „Was?“, fragte sie dann und runzelte leicht die Stirn. Syn aber verstand rechtzeitig, bevor es unangenehm wurde. "Du ... freust dich einfach nur, dass ich da bin" Sie nickte ernst. „Natürlich“, bestätigte sie ohne jeden Hintergedanken.
Lariana gehörte nicht zu Morgeria’s Schickeria. Sie war echt. So echt, wie die Kleckse auf ihrer Schürze! Dieses Moment des Fettnäpfchens umschiffend, stellte Lari eine Frage, die Syn ebenfalls begeistern konnte. Er erzählte ihr schaustellend, wie es für ihn gewesen war. Er flog noch einmal auf Turok’s Rücken, segelte durch die Küche und in Gedanken durch die Wolken. Er atmete die Frische der Luft ein und Lariana schaute ihm fasziniert lächelnd zu. "Schließlich habe ich meine Schuhe ausgezogen, an den Gürtel gebunden und mich freihändig auf Turoks Rücken gestellt." Sie machte große Augen. "Ich bin gefallen. Ich wäre ins Meer gestürzt, hätte dein Bruder das Tier nicht vorab so gut erzogen, dass es seine Reiter auffangen soll." „Oh Syn, das war sehr gefährlich, Turok ist wild und unberechenbar. Er hätte die Chance auch nutzen können…“, warnte sie ihn, doch Syn wusste es besser. Turok hatte eine Verbindung zu ihm und auch Layan hatte einen hervorragenden Job gemacht.

Das zusammen war einfach goldwert und hatte ihn geschützt. "Wenn ich Schwingen wie Turok besäße, bräuchte ich ihn gar nicht. Dann könnte ich ganz allein fliegen ... vollkommen frei und vielleicht bis zu den Sternen hinauf. Glaubst du, man könnte ein Gewand mit Flügeln schneidern, die mich tragen würden? Vielleicht nicht einmal fliegen, aber ... frei durch den Himmel gleiten. Unter sich die ganze Welt und um einen herum die reine Freiheit ... wie gottgleich wäre ich dann...?" Lariana ließ den Moment für einen Atemzug verstreichen. Sie beobachtete Syn und erhob sich schließlich. Sie kam auf ihn zu, um hinter ihm am Fenster stehenzubleiben und sich daraufhin mit ihren Armen, um seine Taille zu schmiegen. „Willst du das?“, flüsterte sie nahe seinem Ohr. „Gottgleich sein?“, fragte sie leise und küsste seinen Nacken. Ihr fiel die Tätowierung auf, doch sie sagte nichts dazu. „Ist es nicht viel bedeutsamer, wenn du als Syn diese Dinge erlebst? Ein Gott kann Wunder vollbringen und erlebt sie dennoch ganz allein“, murmelte sie. Schließlich drehte sie Syn zu sich, damit sie ihn ansehen konnte. Sie vergrößerte aber nicht den Abstand zu ihm, sondern hielt ihn in der Umarmung. „So erlebst du die Wunder der Welt und kannst davon zehren. Ein Gott kann das nicht…“, lächelte sie ihm zu. Ihr Blick ließ keinen Zweifel daran, wie sehr sie ihn mochte. „Syn, ich brauche keinen Gott. Ich… ich brauche nur dich. Du bist alles, das zählt und ich hoffe, du weißt das!“, gestand sie ihm.
„Dass du mir die Blumen mitgebracht hast, ist… nie hat jemand so etwas für mich getan!“, erzählte sie weiter. „Ich kann gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass wir wieder zueinandergefunden haben!“, erklärte sie. Dann hob sie den Kopf etwas und lächelte ihn aufrichtig an. „Kira hat mir geholfen, dass der Abend perfekt wird.“, gestand sie ihm. „Ich war ein wenig nervös, weißt du? Aber jetzt… Syn ich liebe dich aus vollem Herzen.“, flüsterte sie ohne jede Scheu. Sie trug ihr Herz auf der Zunge für ihn. „Meinst du, es wäre in Ordnung, wenn…, wenn du heute hier schläfst? Und ich meine Schlafen, also… also ich weiß ja, dass du manchmal, also versteh mich nicht falsch ich möchte nur so viel Zeit, wie möglich mit dir verbringen!“, sagte sie und erneut wurde die zartweiße Haut ihrer Wangen rot. Syn hatte großes Glück. Er stand hier mit einer wundervollen Frau, liebevoll, fürsorglich und echt. Er brauchte sich weder zu fragen, was sie von ihm einfordern könnte, noch ob er sie zufriedenstellte. Er musste nicht mal auf Tuchfühlung gehen, denn Lariana reichte es, dass er bei ihr war. Alles in allem war seine Entscheidung, nach Hymlia allein zu gehen goldrichtig gewesen. Auch wenn er sich nun von seinem Leben am Boden verabschieden musste und das durchaus schmerzte, so fiel er doch bedeutend leichter, als er es gewohnt war. Selbst Layan hatte Verständnis. Es lief gut in Hymlia. Er hatte alles, was er brauchte! Lariana löste sich aus seiner Umarmung und ging schließlich zu einer kleinen Apparatur. Diese kam dem Grammophon nahe, das auch Karrish gehabt hatte. Sie deutete darauf. „Hab ich von Layan ausgeliehen!“, erzählte sie und gluckste. „Er hat es von einem Zwerg geschenkt bekommen, dem er mal unverhofft hatte helfen können!“, erzählte sie weiter, während sie einen Riegel hochschob und schließlich sich das Ding in Bewegung setzte. Und plötzlich spielte eine leise Melodie knisternd aus dem großen Horn. Es war ein fröhliches Stück, wenngleich auch zum engen Tanz geeignet. Lari’s Augen funkelten. „Tanzt du mit mir, Syn?“, fragte sie und reichte ihm die Hand, die er ergreifen könnte.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Mittwoch 25. Dezember 2024, 11:11

Lariana hatte reichlich aufgetischt. Wenn Syns Magen nicht platzen sollte, aß er am besten nur häppchenweise. So konnte er wenigstens jede Speise einmal probieren und das tat er. Er fand nichts, das ihm nicht sofort zur Gaumenfreude wurde und da Zuneigung bekanntlich durch den Magen ging, traf die Köchin voll ins Schwarze. In Syns Augenwinkeln sammelte sich die Feuchtigkeit, als er ein Stück Braten in Orangensoße tunkte und sich das Resultat auf der Zunge zergehen ließ.
"Ja, ich weiß, ich habe es wohl etwas übertrieben, aber ich wollte eben, dass du alles hast, was du zum Wohlfühlen brauchst!", drang es aus der Küche. Lariana suchte in einem der Schränke. Offenbar hatte sie noch etwas vergessen. Syn hingegen senkte seinen Löffel, den er eigentlich wiederholt hatte in den Pudding stechen wollen. Er betrachtete sich das gewaltige Menü. Es reichte für mehr als zwei. Eine dritte Person hätte sich ebenso satt essen können, ohne fürchten zu müssen, sie nähme anderen etwas weg. Eine dritte Person, die Syn insgeheim genau hier gebraucht hätte, um sich wirklich wohlzufühlen. Es war seine Entscheidung gewesen, dass sie stattdessen nirgends mehr dabei sein würde. Er hatte sie zurückgelassen und verloren. Er hatte sich verabschieden müssen. Alles, was ihm blieb, waren Hymlia, seine Himmelsreiter-Ausbildung, sein Pegasus, Bekanntschaften, die zu Freundschaften werden könnten, Kira, eine Verabredung mit traumhaftem Essen ... und Lariana.
"Ich fühle mich so wohl wie ich es überhaupt sein kann", lächelte er ihr entgegen, ohne dass sie die Notizen zwischen diesen Zeilen auch nur ahnen konnte. Syn versuchte, sich von der Trübsinnigkeit abzulenken, indem er das Thema wechselte. Es gelang nur mittelmäßig. Von einem Schatten sprang er zum nächsten, da er davon ausging, dass Lariana für all die Mühen natürlich erwarten könnte, dass er ... sich revanchierte. Und da kannte der einstige Sklave eben nur eine Methode, denn Lari war keine Gladiatorin und es gab hier auch keine Arena. Sie war aber auch keine Dunkelelfe aus Morgeria und selbst dort hatte es Ausnahmen gegeben. Eine im Speziellen, die Syn erst gezeigt hatte, dass nicht alle derlei Erwartungen an ihn besaßen, sondern sich nur sein Glück wünschten. Er erkannte es rechtzeitig und ruderte mir durchaus erkennbarer Erleichterung zurück. Das Gespräch in diese Richtung zu lenken, war also nicht geglückt, aber die Hymlianerin wusste besser, was zu tun war. Dass sie erneut wie schon mit ihren Kochkünsten das Ziel perfekt traf, bemerkte sie erst, als Syn auf ihre Frage hin begann, von seinem Flug auf Turok zu berichten. Er konnte nicht einmal stillsitzen, sondern musste durch tänzerische wie gleichermaßen träumerische Bewegungen darstellen, wie er durch den Himmel geflogen war. Er hielt sich nicht einmal damit zurück, ihr von seinem kleinen Unfall zu erzählen, bei dem er aus allen Wolken gestürzt war.
"Oh Syn, das war sehr gefährlich, Turok ist wild und unberechenbar. Er hätte die Chance auch nutzen können..."
"Aber ich vertraue ihm." Syn stutzte ob seiner eigenen Worte. Nicht nur Liebe war eine Erkenntnis, sondern auch echtes Vertrauen. Er stellte nicht nur fest, dass er es Turok ganz frei heraus geschenkt hatte, sondern wohl keinem so sehr vertraute wie dem Pegasus. Dabei gab es nicht einmal einen Anlass. Turok war ein wildes Gemüt, ein Freigeist ... wie Syn. "Wir sind uns ähnlich", setzte Syn nach. Das stimmte wohl, sah man von der Tatsache ab, dass einer ein Mensch, der andere ein Pegasus war. Aber sie wollten sich beide ungern unterwerfen lassen und entschieden selbst, inwieweit sie Regeln akzeptierten. Dabei zeigten sie sich allerdings noch lange nicht so rebellisch wie S'idan. Turok und Syn verstanden, dass gewisse Bedingungen herrschen mussten, damit sie harmonisch miteinander auskommen konnten. Sie respektierten einander, indem sie diese akzeptierten. Das war gut, denn auf diese Weise schufen sie gemeinsam, was beide anstrebten: Freiheit. Nicht nur Syn hatte den Flug genossen. Turok durfte unter der Führung des einstigen Bodengängers sehr viel eigenes tun. Syn ließ ihn machen und statt ihn für sein ungestümes Fliegen zu tadeln, genoss er es, sich von Turoks Wildheit überraschen zu lassen. Es gab nur eine Sache, die ihn hätte noch glücklicher machen können und das wäre es, selbst zu fliegen. Er stand am Fenster, betrachtete sich die Sterne und fragte sich, wie gottgleich er sein könnte, wäre es ihm nur möglich mit eigenen Flügeln den Himmel zu durchqueren.
"Willst du das?", fragte Lariana, die sich von hinten an ihn schmiegte und ihre Arme um seine für Männer verhältnismäßig schlanke Taille schlang. "Gottgleich sein?"
Beinahe hätte Syn es bejaht, gänzlich unüberlegt. Doch dann ging er noch einmal in sich. Er genoss die Gänsehaut, die Larianas Nackenkuss ihm bescherte und dachte ernsthaft über die Frage nach. Er wollte gottgleich sein. Er wollte diese ... göttliche Macht besitzen, so wie die Nachtklingen und nahezu jeder adlige Dunkelelf sie besaß. Macht über andere und zwar mehr als Syn es mit seinen manipulativen Spielchen hatte auskosten können. Frauen zu verführen war ein Vorgeschmack, ein Zuckerkrümel auf dem großen süßen Naschberg, den Karrish, Yolintha ... oder auch Zarrah besaßen. Zarrah... Wieder waren seine Gedanken bei ihr. Dieses Mal hatten sie jedoch keine Zeit, sich in Trauer zu kleiden. Er sah die Elfe vor seinem geistigen Auge. Er sah ihren trotzigen Blick aus kaltem Widerstand. Er sah darin, dass sie es ihm zuliebe tat - einmalig. Dass sie vor ihm niederkniete, weil er es verlangte. Er sah die harte Felsklippe unter ihr und das Meer im Hintergrund. Er erinnerte sich an diesen Moment, vor allem aber an die Demütigung durch ihn, die sie hingenommen hatte - einmal. Um ihm zu zeigen, was er dort tat. Syn hatte kein Gefühl von Freiheit, Macht oder Göttlichkeit erlebt. Er hatte Zarrah gesehen, hatte sich kniend vor Karrish oder Yolintha gesehen ... und er hatte nicht verstehen können, wie man dieses klamme Gefühl im Herzen auch nur ansatzweise ersehnen könnte.
"Nein", sprach er in Larianas Erklärungen hinein. "Ich möchte kein Gott sein." Götter sind ... grausam ... außer... "Es gibt einen Gott, der nicht allein ist." Syn zog Lariana etwas dichter an sich heran, nachdem sie ihn in ihrer Umarmung zu sich gedreht hatte. "Einen Bodengott, wenn du es so sehen willst. Phaurencia. Er ist ein weißer Hirsch und er ist nicht allein. Er hat seine Waldgöttin an seiner Seite. Flo ..." Syn stockte. Phaurencia hatte ihn so fasziniert, dass er den eigentlichen Namen bereits vergessen hatte und sich auch nicht mehr an das weibliche Gegenstück erinnerte. "Flo", wiederholte er daher nur. "Phaurencia und Flo. Sie sind ein göttliches Paar." Dabei schaute er Lariana lang und tief in die Augen. Sie war keine Flo für ihn ... aber sie würde es werden. Denn sie war alles, was er noch hatte. Aber sie wäre vielleicht diejenige, mit der er eine positive Göttlichkeit erreichen könnte. Wie gottgleich war er denn jetzt schon?
"Syn, ich brauche keinen Gott. Ich ... ich brauche nur dich. Du bist alles, das zählt und ich hoffe, du weiß das! Dass du mir die Blumen mitgebracht hast, ist ... nie hat jemand so etwas für mich getan!" Er beschloss, nach jedem Freiflug zu irgendeiner Insel - notfalls auch entgegen jeglicher Erlaubnis zum Festland - zu fliegen, um Blumen zu pflücken.
"Ich kann gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass wir wieder zueinandergefunden haben!" Er küsste sie. Syn nahm ihr Gesicht in seine Hände, neigte sich zu ihr und schenkte ihr jene Zuneigung, die sie mit Essen, Worten, einem Blick und vor allem ihrer Liebe zu ihm immer weiter aufblühen ließ. Wieder kitzelte es Syn unter der Zunge, ihr diesen Schwur zu offenbaren. Ihr zu sagen, dass er genauso fühlte wie sie. Ich kann nicht. Aber vielleicht sagte er es Lariana längst mit jeder zärtlichen Geste. Dass es nicht auf ewig wäre, wusste er, würde es ihr jedoch verschweigen. Vorerst. Vielleicht lockerte ihre Liebe seine Zunge in einem unvorsichtigen Moment noch, aber heute sollte das nicht geschehen. Sie sollte weder Sorge haben, noch sich in Kummer quälen, er könnte eines Tages nicht zu ihr zurückkommen. Er hatte es vor! Er würde zwar nach Morgeria reisen und seine Rache nehmen, aber danach wollte er nach Hymlia zurück, zurück zu ihr. Syn blieb in dieser Hinsicht allerdings auch realistisch. Es würde nicht leicht werden, sich von den Ketten der Nachtklingen endgültig zu befreien. Die Chance, dabei zu sterben, blieb. So wie sie vor jedem Arenakampf vorhanden gewesen war. Er kannte den Tod. Er tanzte oft mit ihm und eines Tages würde der Zeitlose es sein, der seinen Körper vom Parkett zog. Aber nicht dieses Mal. Syn war fest entschlossen, seine Rache zu erhalten und dabei nicht draufzugehen. Denn Rache war nicht alles. Hier in Hymlia wartete jemand auf ihn...
"Syn, ich liebe dich aus vollem Herzen."
Er schaute sie an. Seine Lippen öffneten sich. Die gelockerte Zunge zögerte, schob sich ein wenig hervor. Sie bereitete die Silben vor. In Syns Brust hämmerte sein Herz wild. Ich l... ich ...
"Meinst du, es wäre in Ordnung, wenn ... wenn du heute hier schläfst? Und ich meine Schlafen, also ... also ich weiß ja, dass du manchmal, also versteh mich nicht falsch, ich möchte nur so viel Zeit wie möglich mit dir verbringen!"
Wieder wurden seine Augen feucht. Sein Herz verlor die Wildheit, sondern verkrampfte sich gerührt und schlug anschließend ganz weich. Syn fühlte sich benommen, fürchtete jedoch nicht zu fallen. Er wurde gehalten und aufgefangen von dieser Liebe, die seinen Körper und seine Seele wie mit Balsam salbte, auf dass er alles Schlechte in seinem bisherigen Leben vergaß. Sie ist tot und sie wollte ebenfalls, dass du glücklich bist. Diese Hymlianerin konnte sein Glück bedeuten. Sie liebte ihn offen, sprach es an und versprach ihm ein harmonisches Leben, ohne etwas zu erwarten. Nicht einmal Blumen! Sie schätzte seine Nähe, ohne etwas zu erwarten. Nicht einmal Sex. Sie schätze ihn und akzeptierte auch seine Schattenseiten, ohne etwas zu erwarten. Nicht einmal Göttlichkeit.
Lass los...
"Ich tu's, Lari." Syn schob sie weit genug von sich, damit sie einander ansehen konnten. Sein Blick war ruhig und warm, als streichelten die ersten Strahlen der Sonne eine weitere Frühlingswiese, bevor die schlafenden Blumen in all dem Grün erwachen würden. Ihre Blumen. Sie zeigten ihre Farben nur noch für sie.
Syn näherte sich ihrem Gesicht an, bis ihre Stirnen einander berührten. Er blickte ihr tief in die Augen, in seinen nun ein Farbenmeer aus Bodenblumen. Er legte eine Hand um ihre Wange, streichelte mit dem Daumen ihre Haut. "Ich will es dir sagen", gestand er. "Ich fühle genau so. Du bist ... ich meine, ich ... ich li... ich ..." Er verbarg ihre Wiese hinter den Lidern. Schmerzlich kniff er die Augen zusammen, schüttelte ganz sacht den Kopf, dass er ihre Stirn mit seiner streichelte. "Diese Worte sagt man nur ein einziges Mal zum ersten Mal", offenbarte er ihr. "Und das wäre nicht für dich bestimmt. Es ... war ... für ... sie. Du musst verstehen, dieses einzige Mal für eine andere zu nutzen, ganz gleich wie sehr mein Herz schlägt und wieviel es ... kribbelt ... in mir drin ... es fühlt sich wie Verrat an." Er hob die Lider und noch immer blühte die Wiese. Allerdings ruhte in all dem Grün ein flecken verbrannter Erde, an dem einst die schönste aller Pflanzen ihren Platz besessen hatte. Dieser Makel würde nicht schwinden. Syn ließ es nicht zu. Er würde vieles vergessen, all das Schlechte. Aber nicht dieses eine Gute, das ihm begegnet war. "Zarrah ... wird es niemals hören. Nicht zum ersten Mal, nicht das erste einzige Mal, kein weiteres Mal danach. Also kann ich es auch nie sagen. Ich ... kann ihr das nicht nehmen. Aber ich fühle so für dich, Lari. Ich fühle genau das." Er sagte es ihr in Form eines Kusses. Er legte alles in diesen Kuss hinein, um ihr die Worte zu vermitteln, die seine Lippen nicht als Laut verlassen konnten. "Ich ... dich auch." Mehr war ihm nicht möglich. Weiter könnte er nicht loslassen, wollte nicht. Niemals. Sonst würde er sie vergessen ... verraten.
"Tanzt du mit mir, Syn?"
Er schaute auf. Wärme kehrte in seinen Blick zurück und ließ die Farben der grünen Blüten nur intensiver werden. Er nickte. "Natürlich, meine Schöne. Wir tanzen, wir ..." - eine Pause, gefüllt mit einem weiteren Kuss - "... einander. Und ich schlafe hier. So oft ich kann. Bei dir. Mit dir. Denn das möchte ich." Es war jede Strafe von Layan wert. Und vielleicht könnte er sich auch stets rechtzeitig aus dem Haus Wolkenlos zurück in die Himmelsreiterschule schleichen, wenn er dafür eine Stunde Schlaf opferte. Die brauchte er nicht. Er brauchte das hier. Er brauchte Lariana. Er liebte sie.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 26. Dezember 2024, 09:12

Vermutlich würde Zarrah auch weiterhin einen großen Teil von Syn’s Denken einnehmen. Sie war diejenige gewesen, die ihm überhaupt erst das Tor zur Freiheit aufgehalten hatte, damit er hindurchschlüpfen konnte. Sie war es gewesen, die ihn befreit und schließlich weit weg von Morgeria gebracht hatte. Sie war maßgeblich an seinem Werdegang beteiligt und das konnte selbst der Tod nicht einfach niederringen. Zarrah nahm einen besonderen Stellenwert ein. Ob es tatsächlich Liebe war, die Syn für sie empfand würde er wohl niemals herausfinden können. Er musste sich auf sein Herz verlassen und das sagte ihm, dass er jetzt und hier für Lariana empfand. Er spürte sein Herz schlagen, das so lange still geblieben war. Er fühlte etwas und das letztendlich durch die fürsorgliche Art der Hymlianerin. Er hatte sich entwickeln dürfen, war frei von Ketten und das alles… wegen ihnen. Sie alle hatten sich bemüht ihm eine sichere Umgebung zu schaffen. Zarrah hatte entgegen ihrer dunkelelfischen Natur begonnen. Aber Razag, Erin, Layan, S’idan, Kira und Lariana waren es, die ihn auf dem folgenden Weg nachhaltig begleitet hatten. Sie ernteten die Früchte, die Zarrah einst aussäte. "Ich möchte kein Gott sein. Es gibt einen Gott, der nicht allein ist. Einen Bodengott, wenn du es so sehen willst. Phaurencia. Er ist ein weißer Hirsch und er ist nicht allein. Er hat seine Waldgöttin an seiner Seite. Flo… Flo.“ Lariana hörte ihm aufmerksam zu und hakte auch nicht ein. Sie wusste ein wenig über die anderen Götter Bescheid, aber sie wusste nicht alles. Sie glaubte ihm. "Phaurencia und Flo. Sie sind ein göttliches Paar." Sie lächelte nun leicht. Sie aber brauchte keinen Gott. Sie brauchte nur ihn und tatsächlich weckte sie mit ihren Worten sein Herz aufs Neue. Er wollte es ihr sagen. Er wollte ihr sagen, was er fühlte, aber es blieb ihm im Hals stecken. Die Worte gehörten jemand anderes und sie würde sie nie wieder hören können. Hatte sie womöglich nie gehört. Doch sie hatte stets sein Glück im Blick gehabt. Seines. Nicht ihr eigenes, denn ansonsten wäre sie hier. Zarrah wollte, dass er das tat, was er tun wollte. Und musste, um sich endgültig aus dem ersten Abschnitt seines Lebens zu schälen. Er musste loslassen. Sonst würde er niemals glücklich werden. "Ich tu's, Lari." Sie blickte auf. "Ich will es dir sagen. Ich fühle genauso. Du bist ... ich meine, ich ... ich li... ich ..." Er brach ab. Lariana aber schaute ihn geduldig an. "Diese Worte sagt man nur ein einziges Mal zum ersten Mal", setzte er zu einer Erklärung an. Lariana schloss lächelnd die Augen und nickte leicht. "Und das wäre nicht für dich bestimmt. Es ... war ... für ... sie. Du musst verstehen, dieses einzige Mal für eine andere zu nutzen, ganz gleich wie sehr mein Herz schlägt und wieviel es ... kribbelt ... in mir drin ... es fühlt sich wie Verrat an."

Nun aber öffnete Lari das Dunkelblau und schaute fragend. Er hatte ihr bisher nicht erzählt, dass er bereits geliebt hatte. Sie wurde ganz ruhig und lauschte nur. Wollte ihn nicht unterbrechen. "Zarrah ... wird es niemals hören. Nicht zum ersten Mal, nicht das erste einzige Mal, kein weiteres Mal danach. Also kann ich es auch nie sagen. Ich ... kann ihr das nicht nehmen. Aber ich fühle so für dich, Lari. Ich fühle genau das." Lari schluckte. „Ich hatte keine Ahnung, dass…“, setzte sie leise an. Sie begriff aber. Und sie wirkte nicht verletzt, lediglich die Erkenntnis sickerte in ihren Verstand. Der nachfolgende Kuss war zärtlich, voller Gefühl und wurde ebenso von ihr erwidert. Sie küsste ihn ebenfalls, legte alles hinein, was sie empfand. "Ich ... dich auch." Sie lächelte glücklich. Dann legte sie eine Hand an seine Wange und wartete, bis er sie ansah. „Es ist in Ordnung, Syn!“ Danach ging sie zum Grammophon und legte Musik auf. Sie bat ihn zum Tanz und Syn folgte ohne zu Zögern. Sie liebten einander. Während die Musik spielte, schmiegte sich Lariana’s Körper in seinen Griff und gemeinsam nutzten sie den herrschenden Raum, um zu tanzen. Nach ein paar Schritten, griff Lari erneut den Faden auf, den Syn gesponnen hatte: „Weißt du, was Liebe ist, Syn?“, fragte sie ihn mit einem zarten Lächeln auf den verführerischen Lippen. „Wenn jemand sich selbst zurücknimmt, damit der andere fliegen kann… Ich bin mir sicher, dass sie… -Zarrah- dich geliebt hat. Und sie sich nichts mehr wünschte, als dass du dein Glück findest, auch wenn sie es dir nicht mehr geben kann“, murmelte sie. Sie meinte es vollkommen ernst. „Liebe ist genau das… Und ich muss es nicht von dir hören, um es zu glauben. Ich sehe es – ich fühle es. Das genügt mir!“, versprach sie ihm. Dann küsste sie ihn erneut. „Und ich möchte es genießen, egal, wie lange es dauert. Ich möchte, dass wir einander Halt geben, wir uns gemeinsam das Glück bescheren, solange wir es fühlen!“, erweiterte sie noch.
„Aber ohne Druck, ohne Zugzwang. Einfach nur… wir“, erneut küsste sie ihn, doch dieses Mal wurde die Liebkosung etwas intensiver. Sie brannte für ihn und das durfte er durchaus spüren. Lariana war vollkommen verloren, was ihn anging. Und er würde nie Zweifel haben müssen, dass sie nicht sein Bestes im Sinn hätte. Ihr fiel es so leicht ihn zu lieben, weil ihr Herz so groß war und weil ihr Verständnis genug Raum für alles besaß, was er lernte. Lariana aber löste die Tanzposition auf, küsste ihn weiter und schaute ihm daraufhin in die Augen. Ihre Wangen glühten. „Ich… ich würde gerne…“, sie biss sich auf die Unterlippe und glühte ihn an. Syn kannte den Blick und doch auch wieder nicht. Lariana begehrte ihn auf eine ganz andere Art und Weise. Sie wollte ihn, aber nur, weil sie ihm nahe sein wollte und nicht, um Triebe zu befriedigen. Es war das Feuer der Leidenschaft, das wärmer und sanfter brannte als das der puren Lust. Schließlich trat sie einen Schritt zurück und löste die Schürze, bis auch das Kleid von ihren Schultern rutschte. „willst du mit mir baden, Syn?“, fragte sie eindeutig, ehe sie ihm ihre Kehrseite zuwandte und kokett über die Schulter blickte. Er hatte einen guten Blick auf ihren ansehnlichen Körper, makellos, frei von jedem Schmerz. Sie war behütet worden, niemand hatte sie je so sehr verletzt, als dass sie nun mit Rissen im Herzen leben musste. Sie war fehlerfrei und lud ihn ein, sich darin zu sonnen.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Samstag 28. Dezember 2024, 01:30

"Ich hatte keine Ahnung, dass ..."
"Ich auch nicht..." Syn schüttelte den Kopf, versuchte dabei tapfer zu lächeln, aber es fiel ihm schwer. Zarrah würde von ihm weder die magischen Worte hören, die keinerlei Magie bedurften, noch würde sie jemals erfahren, wie er fühlte. Dass er gelernt und verstanden hatte, was Liebe war. Dass es schon immer in ihm einen Platz besessen hatte, es nur andere waren, die ihm eingeredet hatten, er würde nie begreifen. Denn Sklaven durften das nicht. Es befand sich außerhalb ihres Nutzens und brachte für ihre Herrschaft keinen Vorteil, wenn sie sich dieses Wissen - dieses Verstehen - aneigneten. Das galt nicht nur für Liebe. Gefühle offen zu zeigen wie andere, nicht leise und still für sich zu weinen, wenn niemand es mitbekommen konnte, einfach Freude über Kleinigkeiten wie den Anblick von Blumen oder einem Wald empfinden, die Nähe von Freunden genießen, über deren Witze lachen... Für Syn hatte all das nicht existiert, obgleich er sich in einer Vielgestalt an Gesten und Ausdrücken gezeigt hatte. Masken waren so einfach zu tragen, beinahe schon als Schutz vor jenen, die das Gesicht dahinter kannten, es aber in ihrer Welt nicht duldeten. Nur Zarrah hatte es gewagt, hinter die Maske zu blicken. Nicht mit Missbilligung, ohne Erwartungen an ihn. Sie hatte das falsche Gesicht von seinem eigenen gehoben und zugesehen, wie die Sonne seine Haut wärmte, Tränen trocknete und ihm die Weite von Freiheit beschien. Wie sie ihm das Gesicht der Dunkelelfe zeigte, die ihn immer wieder geduldig und mit ihren schönen grünen Augen angesehen hatte. Zarrah hatte diese Maske gelüftet. Sie hatte den Grundstein gelegt für erste Dinge, die das weiße Kaninchen niemals hatte erfahren dürfen. Sie hatte dafür gesorgt, dass er Syn wurde und später ... Synnover. Der Hymlianer, der Freunde besaß. Der Mann an ihrer Seite, der gelobt hatte sie zu beschützen. Nichts davon hatte er einhalten können. Sie war bereit gewesen, den nächsten Schritt zu gehen, als es für ihn noch zu früh war zu verstehen. Und jetzt, da er verstand, war sie nicht mehr hier.
Lariana stand stattdessen vor ihm. In ihr einten sich Tugenden, die er Zarrah hinter deren eigener Maske zuschrieb. Syn wusste, dass sie diese besaß, denn er hatte es erlebt. Zarrah hatte ihm mehr gezeigt als anderen, wenngleich auch nur in winzigen Nuancen. Seine Augen wanderten Larianas Gesicht ab, blieben an ihren Lippen hängen. Die Hymlianerin lächelte offen. Sie zeigte all ihre Fröhlichkeit, all ihre Zuneigung für ihn und das offen. Sie würde nie diesen ernsten Ausdruck besitzen, bei dem man mehr als zwei Mal hinschauen musste, um ein scheues, aber durchaus amüsiertes Kräuseln des Mundwinkels zu erkennen. Er würde es nie wieder sehen...
Es stimmte. Zarrah hing in Syns Gedanken fest wie eine Klette, die sich in seinem schönen weißen Kaninchenfell verfangen hatte. Aber Larianas Liebreiz war der Kamm, der mit viel Geduld, sanfter Empathie, Liebe, Fürsorge und Zeit dafür sorgen würde, jene Klette aus dem Fell zu bürsten. Sie tat es nicht absichtlich oder um Syn von einer Last zu befreien. Sie wollte ihn nicht vergessen machen, so war sie nicht. Aber er würde vergessen, wenn die Zeit voran schritt und sich Larianas Platz in seinem Herzen ausbreitete, wo die Abwesenheit Zarrahs nichts erwidern könnte. Eine stumme Stimme konnte schwer auf sich aufmerksam machen. Sie würde nicht verschwinden, aber still in einer Ecke seiner Seele verwahrt sein mit all ihren Schätzen und nur in den schwächsten Momenten zum Vorschein kommen. Bis er auch darüber hinweg wäre, sich dann aber mit einer liebevollen Wehmut an die guten Momente erinnern sollte. Jetzt war dieser Zeitpunkt noch viel zu früh! Syn hatte sich am Mittag erst noch von Zarrah verabschiedet.
"Es ist in Ordnung, Syn!" Eine Ablenkung berührte seine Wange, streichelte ihn und sah ihn ohne jegliche Gram an. Lariana löste sich nach dem Kuss, um Musik aufzulegen. Syn blieb stehen, beobachtete sie. Er war selbst noch ein wenig aufgewühlt und ihre Art, mit ihm umzugehen, änderte aktuell nichts daran. Es verstärkte sein Chaos im Innern noch, denn es hüllte alles in eine tiefe Bewegtheit hinein, die ihm feucht aus den Augenwinkeln quoll. Sie schwappte über, als Lariana erneut das Wort ergriff. "Weißt du, was Liebe ist, Syn?"
Er nickte, dann lächelte er. "Ja!", gab er halb gekeucht von sich, aber mit einer seligen Heiterkeit. Er wusste es. Er wusste es endlich! Er hätte es nur gern etwas früher erkannt, denn dann hätte er Lariana nun seine LIebe offen gestehen können, ohne das Gefühl im Herzen zu haben, Zarrah zu verraten. Aber sie akzeptierte es. Es war in Ordnung. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. "Wenn jemand sich selbst zurücknimmt, damit der andere fliegen kann ... ich bin mir sicher, dass sie - Zarrah - dich geliebt hat. Und sie sich nichts mehr wpnschte, als dass du dein Glück findest. auch wenn sie es dir nicht mehr geben kann." Wieder nickte er. Das hatte er längst begriffen. Denn Syn erinnerte sich an ihre Augen. Dieser tapfere grüne Blick im Regen des Gewittersturms, der über das Meer und die Silberpfeil hereingebrochen war. Sie wär so gern mit ihm gegangen, aber sie hatte sich zurückgehalten, nachdem er wünschte, allein zu gehen. Warum habe ich sie nicht mitgenommen? Tränen rannen erneut über Syns Wangen. Wenn er neben Liebe etwas auf seinem Weg mit Zarrah, Crystin und Razag, sowie in Hymlia gelernt hatte, dann war es, dass seine Freiheit ihn näher ans Wasser gerückt hatte. Im Grunde saß er mitten im Flussbett, um es mit seinen Tränen zu befüllen. Er weinte ja nur noch! Aber es war in Ordnung. Außerdem rührte ihn, was Lari sagte. "LIebe ist genau das ... Und ich muss es nicht von dir hören, um es zu glauben. Ich sehe es - ich fühle es. Das genügt mir! Und ich möchte es genießen, egal, wie lange es dauert. Ich möchte, dass wir einander Halt geben, wir uns gemeinsam das Glück bescheren, solange wir es fühlen! Aber ohne Druck, ohne Zugzwang. Einfach nur ... wir."
"Nur wir...", wiederholte Syn, ehe sein Raunen in einem Kuss unterging, der bewies, was Lariana hatte verdeutlichen wollen. Auch er musste es nicht von ihr hören. Er spürte es, spürte sie! Er fühlte ihre Nähe und die Sinnlichkeit, mit der sie ihn mit all ihren Reizen umgarnte, ohne dass er sich verpflichtet fühlte, gewissen Erwartungen zu entsprechen. Es war anders. Lariana war anders. Sie liebte ihn und das verwandelte jegliches Begehren für sie in etwas Wunderbares, so dass er auch ihr Verlangen auf dieser Ebene empfand. Sie wollten einander Gutes tun, auf jede erdenkliche Art und Weise. Ein Abendessen, ein Tanz, Körperlichkeit ... wichtig war, dass sie zusammen waren und es beide genießen konnten. Syn genoss es in vollen Zügen. Er erwiderte den Kuss und wurde selbst etwas leidenschaftlicher dabei, geboren aus Aufrichtigkeit. Heute Abend trug er keine Maske.
In sanften Bewegungen, perfekt einstudiert, obwohl Syn die Melodie des Liedes gar nicht kennen konnte, fügte er sich dennoch in dessen Rhythmus ein. Er führte Lariana über die Tanzfläche, behielt sie aber nah bei sich. Es war ein Engtanz, der durch Küsse und Augenkontakt glänzte, nicht durch komplexe Schritte oder eine gewirbelte Tanzpartnerin. Es war ... schön.
Schließlich standen sie im Grunde nur noch voreinander, hielten ich und wiegten sich sacht. Lariana blickte Syn direkt an. Er lächelte ihr warm zu, entdeckte das Glühen ihrer Wangen. Seine waren lieblich hell, aber die Hitze wohnte gerade in seinem Herzen, während sich ein Kribbeln vom Bauch her bis in Syns Lenden ausbreitete. Sie fühlten einander. Ihre Sehnsüchte glichen sich.
"Ich ... Ich würde gerne ..." Er schmunzelte, aber ehe Syn noch etwas erwidern konnte, löste sich die Hymlianerin aus seinem Griff. Wie kalt es plötzlich wurde. Er langte nach ihr, gekam die Schürze zu fassen, die sie ohnehin gerade von ihrem Körper gleiten ließ, ebenso wie das Kleid. Syn schluckte leer und betrachtete sich ihren Leib. Er hatte sie schon oft nackt gesehen. Gerade in den ersten zwei Monaten seiner Zeit in Hymlia hatten Lariana und er kaum voneinander lassen können. Darüber hinaus besaß sie nichts, das ihn generell überraschen könnte. Syn hatte so viele Frauenkörper in unterschiedlichen Proportionen gesehen, berührt, geküsst, befriedigt. Aber diesen hier liebte er und das machte einen Unterschied. "Lari, du Schöne...", säuselte Syn und wusste, dass sie immer wieder für ihn so sehenswert sein würde. Jedes Mal würde er sie auf's Neue schön finden, es ehrlich meinen und gebannt zusehen, wie Licht und Schatten ihre Kurven umspielten.
"Willst du mit mir baden, Syn?"
Er warf die Schürze zu Boden und öffnete die Knöpfe seiner Weste. Sie landete allerdings über der Lehne eines Stuhls. Auf die Leihgaben der Himmelsreiterschule musste er acht geben. Das Hemd aber ließ er einfach zu Larianas Schürze und Kleid fallen. "Ist der Stallgeruch noch immer so penetrant?", scherzte er. Und noch ehe er die Hose ganz abgeschüttelt hatte, schnappte er sich Lariana bereits und warf sie sich über die Schulter. Syn kannte sich gut genug im Hause Wolkenlos aus. Auch er hatte das Badezimmer nutzen dürfen, wusste, wo es lag. Er brachte sie beide dorthin.

Das Bad fiel sittlicher aus als angenommen. Lariana und Syn ging es nicht um Lust allein und das zeigte sich schnell. Gemeinsam richteten sie alles her, splitterfasernackt, aber mit einem Lächeln und einer gewissen Vorfreude im Blick. Im Wasser selbst wuschen sie sich dann aber gegenseitig und statt das heiße Wasser zum Blubbern zu bringen und im Zuber eher schmutzige Dinge zu treiben, anstatt zu versuchen sauber zu werden, geschah zunächst nichts. Natürlich streichelten sie einander, aber nach dem Reinigen kuschelten sie Arm in Arm im Wasser. Sie genossen die Wärme, die Nähe und den Frieden. Enttäuscht war keiner von beiden, als sie einige Zeit später entspannt und in Bademänteln aus weichstem Flaum das Zimmer verließen.

Sie hätten das Bad auf den Morgen verschieben sollen. Denn so sauber wie sie Larianas Schlafzimmer betraten, kamen sie nicht durch die Nacht. Wo die beiden Hymlianer nämlich noch sehr friedlich im Zuber miteinander umgingen und lediglich die seelische Zuneigung suchten, da hielten es beide angesichts der Laken und ihrer Nacktheit nicht länger aus. Syn musste erkennen, dass er sich wirklich nach Lariana sehnte. Nicht nur ihre liebevolle Ader, die er als Balsam brauchte und redlich vermisst hatte, sondern wahrlich auch ihren Körper, der ihm in all seiner Unerfahrenheit zu Beginn doch mehr hatte gegen können als Morgerias zahlreiche Ein-Nacht-Liebschaften. "Ich will dich", gurrte Syn ihr daher zu und umgarnte sie nicht nur mit Worten. Wenn man ihm schon ein weitreichendes Repertoire an Verführungstechniken eingetrichtert hatte, wollte er sein Wissen nun und gerade dann nutzen, wenn es ihm persönlich gefiel. Lariana gefiel ihm. Er begehrte sie so sehr, dass er das Vorspiel zwar mit allerlei Besonderheiten schmückte, im Gesamten aber kurz hielt. Dafür gab er sich die halbe Nacht Mühe, dass beide die Zeit zwischen ihrem Wiedersehen von den Erinnerungen würden zehren können.
Lariana kam in dieser Nacht definitiv nicht zu kurz, aber auch Syn nahm sich heraus, es in vollen Zügen zu genießen. Das durfte er. Gerade bei ihr durfte er das. Es ließ ihn aufblühen. So schenkte er Lari erneut ein Feld strahlender Blumen, als er sich über ihre weiche Haut küsste, ihre eigenen Knospen zum Blühen brachte und sich an ihrem Nektar labte. Gemeinsam schufen sie eine Wiese, in der sie beide versanken, nur um zwischen Weicheit aus seidigen Blüten einzuschlafen, die mit Syn Tau der Leidenschaft gesprenkelt worden waren.
In dieser Nacht träumte er nicht von grünen Augen. Er wachte auch nicht auf, fühlte nicht diese Traurigkeit in seinem Herzen. Er schleif durch, dicht an einen anderen Leib gekuschelt, der ihn in dieser schweren Zeit nicht nur auffing, sondern seine Seele halten und heilen würde. Ein Körper mit einer eigenen Seele, die er glücklich machen wollte. Mit Blumen. Mit gemeinsam verbrachter Zeit. Mit unausgesprochenen Liebesschwüren, die er stattdessen auf ihren Körper schreiben würde. Mit ihm. In dieser Nacht war alles andere plötzlich so fern wie niemals zuvor: die Ausbildung zum Himmelsreiter, Turok und das Fliegen. Zarrah'lindae von den Nachtklingen. Rache.
Syn schlief friedlich ... und Syn erwachte ... glücklich.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Samstag 28. Dezember 2024, 23:42

Syn hätte niemals für möglich gehalten, dass er jemals so empfinden könnte. Er hatte die Gefühle tief in sich verscharrt, bis niemand sie mehr in ihm vermutet hatte. Er hatte sich gefügt, sich seinen Platz hart erarbeitet. Er lernte sich zu verstellen und wurde ein Meister der Masken. Niemand hätte vermutet, dass er nicht das empfand, was er zeigen wollte. Aber er war nie echt. Hatte niemals wahrlich etwas gefunden, das seine Seele auf diese bestimmte Art und Weise berührte. Syn glaubte eine lange Zeit in seinem Leben, dass er reich gewesen war. Reich an Anerkennung, Bewunderung und reich an materiellen Dingen, wie Schmuck, Kleidung und Tand. Niemals hätte er glauben können, dass er zu den Ärmsten zählte. Das andere ihn ansehen, sich in seiner Perfektion sonnten und denken könnten, dass er nichts hatte. Es musste erst ein tiefer Fall erfolgen, der ihn noch lange beschäftigte. Er musste im Dreck landen, damit er endlich aufwachen durfte. Das und das Eingreifen einer ganz besonderen Person. Einer Dunkelelfe, die doch allesamt gleich waren. Einer Elfe, die ihm zeigte, dass nicht alle gleich waren. Dass es andere Dinge gab. Andere Möglichkeiten. Selbst für ihn. Synnover war niemals frei gewesen aber mit Hilfe dieser einen Person und sich anschließend auch anderen, da lernte er, was wahrhaftige Freiheit bedeutete. Und er begann sich von all dem, was ihm jemals verborgen geblieben war, berühren zu lassen. Alles wärmte seine Seele. Manches quälte ihn, aber er fühlte endlich etwas. Er durfte weinen, weil er so empfand. Er musste die Trauer kennenlernen, die wahre Trauer, damit er herausfand, was Freude war. Syn entwickelte sich. Er lernte kennen, was er gerne mochte. Und was nicht. Er lernte zu entscheiden, für sich selbst zu entscheiden. Und er lernte, dass er nicht zu befürchten hatte, das ihn jemand maßregelte. Oder verhöhnte. Synnover durfte sich sicher fühlen und er durfte Fehler machen, die ihn nicht das Leben oder seinen Stand kosteten. Und als der Moment der puren Freiheit gekommen war, da übermannte ihn das Glück. Seine Heimat rief ihn zu sich. Der Himmel öffnete sich für ihn, nur für ihn! Syn wusste, er wollte diese Erfahrung allein machen und er ließ jene zurück, die ihn bis hierhin begleitet hatten. Nun aber war der Weg ein anderer. Und es wurde akzeptiert. Er brauchte keinen Zorn zu fürchten, weil er sich so entschieden hatte. Er sah lediglich, dass es die anderen schmerzte, ihn gehen zu sehen. Um seinetwillen, weil man ihn so liebte, wie er war.

Im himmlischen Reich aber musste Syn’s Seele lernen, dass er nicht länger in Morgeria war. Er hatte hin und wieder Anwandlungen aus alten Zeiten, musste sich mehr als einmal neu sortieren. Aber es gelang ihm, denn auch hier fing man ihn auf. Auch hier durfte er sein, Fehler machen, lernen… Und all das trug saftige, wundervolle Früchte. Synnover heilte ein Stück und entfachte ein neues Feuer in seiner Seele, die er längst verloren glaubte. Es hatte zu glühen begonnen und wurde durch Hymlia und vor allem seine Bewohner geschürt. Jetzt war es an ihm, dieses Feuer am Laufen zu halten. Und er wollte das. Er machte sich. Er fand das, was ihn erfüllt. Fliegen, ein Himmelsreiter werden. Er wollte Lariana’s Freund sein, ihr Liebhaber, ihr Partner. Und er wollte Kira’s Bruder sein. Er wollte S’idan’s ‚Kumpel‘ werden, wollte die entstandenen Lücken jener auffüllen und sich sein eigenes Leben gestalten. Und er durfte. Er durfte ungeniert und das obwohl er niemals richtig loslassen könnte. Aber es war in Ordnung. Lariana entführte das einstige weiße Kaninchen in ihr Himmelsreich. Nahm ihn sanft bei der Hand, um ihn zu halten, ihm Sicherheit, Geborgenheit und Liebe zu geben. Er durfte sein, ohne Erwartungen. Und er lernte endlich, was Liebe war. Yolintha hatte sie ihm austreiben wollen mit ihrer Herzlosigkeit. Aber sie hatte es nicht geschafft! Ihr Horizont war zu eschränkt, als dass sie hätte erkennen können, dass es andere auf dieser Welt war. Jene, die sich um die einst so kaputte Seele sorgten. Sie aufnahmen, hegten und pflegten. Bis aus ihr ein liebendes, warmes Licht wurde. Das nicht nur Liebe annehmen, sondern sie auch weitergeben konnte. Weitergeben an jemanden, der so rein, so wundervoll und liebreizend war, wie Lariana. Die Hymlianerin verstand es meisterlich, sich um Syn’s Seele zu kümmern. Und während des gemeinsamen Bades noch der Seelenpflege diente, waren es die intimen Stunden in den Laken, die beide vollends vereinten. Es war unbeschreiblich und am nächsten Morgen erwachte Synnover zufrieden, erholt und endlich mal glücklich! Er hatte es geschafft. Er hatte sich endlich von den Ketten des Bodens befreit und war bereit, sein neues Leben zu beginnen. Es zu leben.
Jener Morgen sollte in den folgenden Wochen und Monaten nicht der einzige dieser Art bleiben. Nachdem Syn an jenem Morgen erwachte, hatte sich etwas in ihm gelöst. Hatte seinen Platz gefunden. Er war glücklich. Endlich. Trotz der Verluste hatte er es geschafft einen wundervollen, glücklichen Ausgang zu erleben. Und Lariana verließ ihn nicht. Er konnte sich auf sie verlassen. Sie war für ihn da, wie sie es ihm gesagt hatte. Sie hatten gemeinsam Frühstücken können, ehe Syn zurück zur Akademie der Himmelsreiter musste. Er wusste, in einer Woche würde er Lariana wiedersehen. Anders war aber, dass die Hymlianerin fortan nicht selten mal just in dem Moment am Koppelzaun vorbeilief, wenn er mit Turok und den anderen übte. Es genügte ein Lächeln, ein Blick aus den wundervollen, dunkelblauen Augen und ein Winken. Dann wurde der Abschied nicht so zäh.
Syn trainierte mit den anderen hart und die Aufgaben wurden immer schwieriger. Dabei behielten sie die Pegasi, die sie nach und nach kennenlernten. Turok war nun sein Pegasus. Er vertraute ihm, so wie Syn ihm vertraute. Sie wurden eine Einheit, jetzt, da Syn das Glück erfahren hatte und auch weitergeben konnte. Layan war sehr zufrieden mit seinem Schüler und nicht selten lobte er ihn. Ebenso gewann Synnover hier und dort mal Wettkämpfe unter den anderen Kadetten. Auch S’idan entpuppte sich über die Zeit hinweg als jemand, mit dem Synnover durchaus zusammen sein konnte. Der draufgängerische Elf war im Grunde ein wirklich feiner Kerl. Er hielt dicht, wenn Synnover abends zu Lariana schlich und er boxte ihn raus, wenn er sich verspäten sollte. An einem Abend, als es viel zu spät war, um zu Lariana zu schleichen, bekamen die Zimmergenossen Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Ob Syn auch etwas erzählte, war dabei kaum ausschlaggebend. S’idan erzählte ihm, dass er aus eher zerrütteten Verhältnissen kam und einer der mittleren Brüder von insgesamt 7 Geschwistern war. Er erzählte Syn, dass es hart gewesen sei, seine Eltern wenig bis gar kein Geld gehabt hätten und die Geschwister oft Hunger litten. Sein hymlianischer Vater hatte sich in eine Mantronerin verliebt und dem Himmelsreich den Rücken gekehrt. Aufgewachsen sei er in der kalten Stadt Estria, wo die Eiselfen lebten. S’idan berichtete, dass er oft allein gewesen war. Nicht selten wollte er nicht nach Hause. Und schließlich, als er alt genug gewesen war, habe er sein Bündel geschnürt und den Weg nach Hymlia gefunden. Doch das harte Leben als Kind in Estria hatte seine Seele hart werden lassen, was auch das rebellische Verhalten zeigte. Syn erfuhr, dass er eigentlich nur einen Ort brauchte, an dem er sich endlich Zuhause fühlen könnte und er gestand ihm, dass er das erste Mal das Gefühl hatte, seit Syn und er sich angefreundet hatten.

So vergingen die Wochen und Monate, bis sich die Prüfung allmählich näherte. Bald würde Synnover seinen Abschluss machen. Nach der Hälfte der Zeit, gestand man den Auszubildenen tatsächlich mehr Freizeit zu. Sie bekamen die Abende frei, die Theoriestunden fielen irgendwann weg, weil sie alles gelernt hatten. Nun ging es nur noch darum, auf einem Pegasus zu Kämpfen – mit Waffen und Magie! Synnover wurde wieder von Professor Filius unterrichtet und lernte erneut den Wind zu lenken. Inwieweit seine Konzentration das zuließ, wusste wohl nur er selbst, aber schließlich schaffte er es, gute Zauber zu wirken und das ganz ohne die Stimme. Diese hatte er in all der Zeit nicht mehr vernommen, ohne den Grund dafür zu kennen. Durch Layan lernten sie, wie sie ihre selbsterwählten Waffen am besten führten, um nicht den Pegasus oder sich selbst zu verletzen. Es wurden Schaukämpfe abgehalten, in denen sie sich mit Attrappen bekämpften. Synnover hatte selbst aussuchen dürfen, womit er üben wollte. Sie hatten eine Vielzahl an Waffen. Aber sie lernten auch in Formationen zu kämpfen und Syn lernte, wie wichtig es sein konnte, im Team zu handeln. Gemeinsam waren sie stark, eine Einheit und unbezwingbar. Zum Ende der Ausbildungszeit gab es sogar ein Event: Die Ausbilder in Form von Layan, Filius und dem Theoretiker der Himmelsreiter, gegen die Lernenden. Es war ein Heidenspaß, erforderte viele Absprachen untereinander und doch war am Ende die Lehrerschaft bezwungen. Sie aßen gemeinsam an einem offenen Feuer, grillten Fleisch, Gemüse und erzählten sich Geschichten. So erfuhr Synnover auch, dass Layan tatsächlich schon Kriege geführt hatte. Er hatte eine ganze Zeit am Boden gelebt und sich dem Widerstand der freien Völker Celcia’s angeschlossen. Letztendlich aber habe er stets gewusst, wo sein Platz war, und sei nach Hymlia zurückgekehrt. Er erfuhr auch, dass sich mit Kira noch immer nichts ergeben hatte. Sie war stets abwesend, beschäftigt und auch Synnover hatte hin und wieder bemerkt, dass seine Schwester nicht ganz bei der Sache zu sein schien. Einen Grund hatte sie ihm aber nie geliefert bisher. Professor Filius stammte aus Zyranus und hatte dort keine Aufgaben mehr gesehen. Er war auf der Suche nach Neuem nach Hymlia gekommen und unterrichtete nun hier seit vielen Jahren. Es war ein wirklich nettes Beisammensein.

Die letzten Tage der Ausbildung brachen an und Synnover musste sich auf die Prüfung vorbereiten. Immer einer von ihnen musste zeigen, was er auf dem Pegasus gelernt hatte. Er würde seine Kameraden erst im Alleingang befreien müssen, um dann gemeinsam gegen ‚den Feind‘ – die Lehrerschaft – anzutreten. Sie mussten den simulierten Konflikt nach den Regeln beilegen, die sie gelernt hatten. Und ein jeder musste bei jeder Prüfung immer sein Bestes geben. Fünf Mal würde Synnover am Himmel fliegen, bis die Ergebnisse verkündet werden würden. Er hatte Kira seit rund einer Woche nicht mehr gesehen und als die Prüfung unmittelbar bevorstand, lief sie ihm unvermittelt über den Weg. Sie sah gedankenverloren aus, regelrecht in ihnen versunken. Sie erschreckte sich, als sie Synnover aus Versehen anrempelte, und strich sich durch das weiße Haar. „Syn! Entschuldige!“, sagte sie und lächelte schief. Dann betrachteten ihn die hellgrünen Augen und sie fand ihr ursprüngliches Gemüt wieder. Sie überdeckte etwas, war aber gar nicht mal so schlecht darin. „Großer Tag Morgen, was?“, fragte sie ihn und wusste also, dass er morgen seine Prüfung haben würde. „Wie fühlst du dich?“, wollte sie dann wissen und hakte sich unvermittelt bei ihm ein, um ihn in die entgegengesetzte Richtung zu führen, aus der er kam. Ohne zu wissen, woher er kam oder wohin er gehen wollte. So war sie. Seine Schwester war die unverfälschte Person, die er bisher hatte kennenlernen dürfen. Kira war stets für ihn dagewesen, doch in letzter Zeit war sie rar und wirkte zerstreut. Irgendetwas war los, was sie aber nicht sagen wollte. Und Syn hatte bedeutend wichtigeres zu tun. Er musste die Prüfung schaffen, denn dann wäre er Himmelsreiter von Hymlia und besaß einen Pegasus namens Turok! Er hatte sich gemacht. Er hatte sein Leben gefunden und seine Seele strahlte heller als je zuvor.




Bei Synnover sind insgesamt 12 Monate vergangen seit seiner Ankunft in Hymlia.
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Synnover » Sonntag 29. Dezember 2024, 08:56

Wie lange benötigte eine Seele, um Abschied von einer anderen zu nehmen, die sie liebte? Sicherlich reichte ein Jahr nicht aus, aber es half. Zeit gehörte mir zu jenen stillen Kundigen, die in der Lage waren zu heilen. Mehr zählte allerdings die Umgebung. Syn erhielt beides. Die Ausbildung schuf eine perfekte Ablenkung, vor allem, da sie nun noch einmal etwas anzog. Da war es nur gerecht, dass sie nach weiterem Verlauf und sich steigernden Ergebnissen plötzlich mehr als nur einen Abend in der Woche frei erhielten. Und auch das stellte sich als ideal heraus, um zu heilen. Syn verbrachte die Abende häufig mit Menschen, die er inzwischen seine Freunde nennen durfte. Layan als sein Ausbilder zählte genauso dazu wie S'idan und es kam bisweilen auch vor, dass er sich gelegentlich mit Galina in der Wolke traf, um gemeinsam zu trinken und ein wenig zu tanzen. Am liebsten verbrachte er aber seine Zeit mit Lariana. Das galt auch für die Nächte. Es kam nur noch sehr selten vor, dass er in der Akademie der Himmelsreiter schlief. S'idan hatte quasi das Zimmer für sich, aber beide Männer hatten sich damit arrangiert. Syn sehnte sich nach Lariana und wollte nachts bei ihr sein. Dafür büßte er freiwillig eine Stunde Schlaf ein, um sich rechtzeitig fertig zu machen und klammheimlich zurück auf das Gelände der Himmelsreiter zu schleichen. S'idan öffnete ihm just dann die Tür, dass er noch Zeit besaß, sich umzuziehen, ehe es ans Stallausmisten ging. Auch Turok war ihm inzwischen ein Freund geworden. Er und Syn bildeten tatsächlich eine Einheit, wie Layan es erwartete. Das Tier wusste bereits, in welche Richtung Syn fliegen wollte, wenn er ihm nur einen kleinen Druck in die jeweilige Flanke gab und es wusste, dass es davon profitierte, die Bitte seines Reiters zu erfüllen. Denn sobald sie die tägliche Dosis Freiflug erhielten, die nun an Stelle der trockenen Theoriestunden über Hymlia trat, ließ Syn Turok freie Bahn. Das Tier durfte fliegen wie es wollte, sobald Syn Sattel und Zaumzeug löste. Dann vertraute er sich Turok voll und ganz an und beide genossen die Reise durch den Himmel.
Syn näherte sich ihnen allen an. Er erfuhr einiges von Layan, von S'idan, selbst von Professor Filius, der ihn wieder die Luftmagie lehrte. Und er selbst machte sich. Nach wie vor entschied er sich gegen die klassisch hymlianische Himmelsreiterwaffe, Bastardschwerd und Schild. Er hatte es versucht, wusste aber, dass er im Laufe der Ausbildung dessen Umgang nicht würde meistern können. Mit dem Kampffächer hingegen besaß er nicht nur im Vorfeld Übung, sondern nutzte ihn vor allem auch, um seine heraufbeschworene Luftmagie zu lenken und oftmals ein besseres Ergebnis zu erzielen, als wenn er die Fächer nicht zum Einsatz brachte. Er war tatsächlich eher ein magischer Kämpfer, griff nur in Not auf die metallenen Spitzen der Fächer zurück. Das meiste löste der Wind. Jener hatte seine Stimme verloren und sprach nicht mehr zu Syn. Er glaubte, es lag an seinem letzten Hinweis, dass er ihn wegen Zarrah nicht anlügen brauchte. Entweder war die geheimnisvolle Windstimme eingeschnappt oder hatte akzeptiert, was sie beide hinnehmen mussten. Zarrah war tot. Sie behielt einen eigenen Platz in Syns Herzen, zusammen mit seinem Namen und einem Liebesschwur, den er weder ihr noch irgendeiner anderen Frau jemals sagen würde. In dieser Hinsicht blieb er so loyal wie Karrish es sich seiner Zeit wohl gewünscht hätte. Aber auch er war nicht mehr. Zwar erfreute er sich nach wie vor wohl eines gesunden Lebens, doch war er weit weg von der Himmelsstadt und nicht in Kenntnis, dass Syn es überhaupt bis hierher geschafft hatte. Das sollte sich jedoch alsbald ändern, wenn es nach dem heimgekehrten Hymlianer ging.
Wo die anderen Kadetten sich auf die bevorstehende letzte Prüfung ihrer Ausbildung konzentrierten, traf Syn zusätzliche Vorbereitungen. Er ging viel spazieren, oftmals direkt nach den Stallarbeiten und verließ von dort Turoks Pferdebox, um bis zum Rand Hymlias zu spazieren. Anfangs wählte er noch unterschiedliche Wege, aber bald hatte er einen herausgefunden, bei dem er keiner hymlianischen Seele begegnete. Wenn er am Rand ankam, schaute er sehr lange in den Himmel, beobachtete die Reiter anderer Pegasi in der Ferne, zu denen er mit Glück bald selbst gehören sollte. Aber das waren nicht seine Gedanken. Er ging nicht aus einer Laune heraus spazieren oder aus Routine. Jede Handlung war wohl überlegt.
Syn lief die Wege ab, um zu schauen, welche sich eignete, mit Turok ungesehen zu verschwinden. Er beobachtete die anderen Himmelsreiter, um ihre Flugmuster zu studieren und sich ihre Schichten einzuprägen. Er suchte Lücken in ihrem System, in denen er selbst mit seinem Pegasus hindurchschlüpfen könnte. Er versteckte einen zweiten Satz Kampffächer, zusammen mit einer Satteltasche an Ausrüstung, die er in den letzten drei Monaten nach und nach bestückt hatte. Es befanden sich Utensilien für eine Nacht unter freiem Himmel darin, also Schlafsack und Decke. Er nahm genug Nahrung und Wasser mit, um eine Weile über die Runden zu kommen. Er nahm stibitzte Verbände, sowie eine Wundsalbe mit. Außerdem hatte er sich Aufzeichnungen über Celcia gemacht, soweit es die hymlianische Lehrakademie zuließ. Schließlich müsste er Turok leiten, sobald sie über das Festland hinweg flögen. Der Pegasus hatte es noch nie zuvor gesehen, nicht mit Syn zusammen. Und Morgeria lag gewiss ein Stück weit weg. Syn besaß kaum Aufzeichnungen zur Toten Ebene. Er konnte nur die Richtung erahnen und hatte allein einen Monat gebraucht, um die Größe Celcias zu verdauen ... und was die Nachtklingen ihm alles vorenthalten hatten. Es gab offenbar ein Reich, das nur aus Eis bestand - S'idan kam von da. Er besaß eiselfisches Blut. Außerdem existieren Wüstengebiete ... Syn wusste nicht einmal, was eine Wüste war. Er wollte sie sehen. Er wollte ganz Celcia sehen. Sobald es vorbei ist, sagte er sich selbst immer wieder, um sich auf den Kern seiner Planung zu konzentrieren. Wenn ich mit Turok geflohen bin, Morgeria erreicht und die ... letzten Nachtklingen endlich getötet habe. Dann ... Dann würde er nach Hymlia zurückkehren, sich der Verantwortung stellen, Layans Wut auf sich nehmen und wohl auch die Konsequenzen, die sein Handeln mit sich brächten. Aber er würde zu Lariana zurückkehren. Dann würde er bei ihr bleiben, mit ihr glücklich werden und alles tun, damit sie eines Tages selbst zum Boden könnte, um mit eigener Hand einen Strauß Blumen zu pflücken. Vorher nicht. Er würde weder sie mitnehmen, noch einen seiner Freunde um Hilfe bitten, auch wenn er wusste, dass sie für ihn da wären. In dieser Hinsicht hatte Syn sich ebenfalls gemacht. Zwar bereitete es ihm noch immer einige Schwierigkeiten, mit anderen in einer Gruppe zu agieren, die nicht S'idan beinhaltete, aber es klappte soweit, dass Layan nur noch selten etwas anzumerken hatte. Syn hatte sich noch nicht ganz vom antrainierten Einzelkämpfer gelöst. Es war sein Schwachpunkt, bei dem er besonders auf sich achten sollte während der Prüfung, wie sein Ausbilder ihm riet. Aber ich werde gar nicht teilnehmen.
Layan würde enttäuscht sein und wütend, dass Syn ausgerechnet am Tag der Prüfung mit Turok fliehen wollte, aber er würde es tun. Es war alles geplant. Und plötzlich war es soweit. Einen Tag vor der Prüfung, an dem alle nervös waren und ein wenig neben der Spur wirkten, fiel Syns Gebaren kaum auf. Nach der letzten Trainingseinheit, als er vom Stall zurückkehrte, ging er entgegen der letzten Monate nicht spazieren, sondern suchte Layan auf.
"Meine ... Schwester hat die Verabredung noch immer nicht wahrgenommen?", begann er er Gespräch, das schneller enden sollte, als es angefangen hatte. Er betrachtete den Hymlianer mit einer maskenfreien, aber schwer zu deutenden Miene. "Layan ... es ... tut mir leid. Wirklich." Es mochte so klingen, als entschuldigte er sich für Kiras Vehalten, aber die Worte waren für den Folgetag bestimmt. Der Tag, an dem die Prüfung stattfand, auf die er zehn Monate hingearbeitet hatte. Zehn Monate, die Layan damit vergeudet hatte, ihn zum Himmelsreiter zu machen und Syn würde diesen Weg nicht antreten. Er bezeweifelte, dass er - falls er zurückkehrte! - die Chance erhielt, einer zu werden. Er verspielte es, für seine Rache, aber er konnte nicht anders. Er musste die letzten Ketten abstreifen, endgültig. Er hatte nie Himmelsreiter werden wollen! Fliegen ja, aber Hymlia verteidigen? Nein. Er hatte die Ausbildung mitgenommen, um sich auf den Tag vorzubereiten, an dem er Karrish und Yolintha den letzten Atemzug rauben würde. Er war Layan dankbar. Und es tat ihm leid. Es tat ihm leid, das Vertrauen dieses Mannes zu missbrauchen. Mit der Entschuldigung verbaschiedete er sich für den Tag.
Er nahm aber auch Abschied von S'idan. "Ich bleib heute Nacht wieder bei Lari", erklärte er ihm. "Ich komme vorher wohl nicht mehr hierher. Mit Glück bin ich pünktlich." Dann atmete er tief durch. Er trug neue Masken, aber bewusst gewählte. Die Scharade war perfekt und wenn sein Freund seine Abwesenheit bei der Prüfung mit Nervosität und Verschlafen erklärte, vielleicht sogar zu Lariana geschickt würde, gewann Syn Zeit. Auch das tat ihm leid. Es tat ihm leid, sie alle zu hintergehen. Er würde es dennoch tun.
Lariana sollte die letzte sein, die ihn sah. Die letzte Hymlianerin, die ihm nahe sein durfte, bevor er diese Welt verließ, um sich der alten zu stellen. Ihr würde er gar nichts sagen, nicht einmal Andeutungen machen. Er konnte es nicht. Sein Herz schmerzte, sie zurückzulassen und er erinnerte sich seit langer Zeit wieder an Zarrahs Blick, als er sie im Krähennest der Silberpfeil zurückgelassen hatte. Es fühlte sich genauso schmerzlich an. "Vergiss nicht, wie sehr ich für dich fühle", war der einzige Hinweis, den er Lariana gab, allerdings schon Tage zuvor. Die letzte gemeinsame Nacht mit ihr wollte er nicht mit Andeutungen eines Abschieds verbringen. Er wollte sie lieben, körperlich wie geistig und ihr die beste Erinnerung bescheren, die er ihr vor seinem Verschwinden geben könnte. Den Nachmittag jedoch hatte er anderweitig verplant.

Es war Glück und Zufall, dass er Kira irgendwo auf Hymlias Straßen antraf. Er suchte sie bereits, hatte sie an den üblichen Orten aber nicht antreffen können. Missmutig stapfte er die Wege entlang, bis sie sprichwörtlich in ihn hinein lief. Beide Geschwister waren in Gedanken, erschreckten sie und starrten einen Moment lang nur einander an.
"Syn! Entschuldige! Großer Tag morgen, was? Wie fühlst du dich?"
Er nickte. "Ja, ich ... bin wegen morgen etwas nervös. Es ... hängt so viel davon ab."
Nicht nur Kira verbarg etwas vor ihm. Er bemerkte es an ihrer Art, hatte bisher aber nicht nachgefragt, auch wenn er neugierig war. Er ließ ihr das Geheimnis und hoffte, sie würde ihm nicht grollen, wenn er auch das seine für sich behielt.
Sie hakte sich bei ihm ein und zog ihn mit sich die Straße entlang. Syn folgte einige Schritte, blieb aber entgegen üblicher Kira-Entführungen ihres Bruders plötzlich stehen. Normalerweise ließ er sich immer mitreißen. Heute nicht. "Kira...", begann er und wartete, bis er ihre Aufmerksamkeit besaß. Seine Miene war ernst. Er musste sehr nervös sein! Tatsächlich war das der Fall, die Gründe nur andere. "Ich möchte dich um etwas bitten. Ich glaube, wenige Stunden vor dem ... großen Tag ist der beste Zeitpunkt. Ich habe es mir lange überlegt, glaube inzwischen aber, dass es richtig so ist." Er schaute in Kiras Augen, die den seinen so sehr glichen. "Würdest du mich deinen ... Eltern vorstellen? Ich bin der Meinung, sie sollten wissen, dass ihr Sohn noch lebt und was aus ihm geworden ist. Ich kenne sie nicht, aber sie sollten es wissen, nicht wahr? Bevor ... es zu spät sein könnte."
Bevor er ging. Dann wussten sie wenigstens, dass ihr Kind all die Jahre überlebt hatte. Dass es nach Hause gefunden hatte und inzwischen glücklich war. Dass es die letzten dunklen Flecken auf seinem Herzen vernichten wollte, mussten sie nicht erfahren. Niemand musste das. Syn würde aus Hymlia verschwinden, für eine Weile. Er würde die Stadt sich selbst und Turok berauben, hoffentlich nicht lange fort sein und plante zurückzukommen. Nur wenn das alles gelang, glaubte er, endlich wirklich frei sein zu dürfen. So frei wie er sein konnte. So glücklich wie er sein konnte. Nicht immer geschah schließlich alles nach Wunsch. Man verlor Dinge ... Menschen ... Dunkelelfen... aber Syn strebte dem entgegen, was er noch erreichen konnte und er wollte sich davon nicht mehr abbringen lassen. Es war seine Entscheidung. Sein freier Wille!
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Re: Deutlich zu spät

Beitrag von Erzähler » Freitag 3. Januar 2025, 11:57

Syn’s Vorbereitungen waren weitestgehend abgeschlossen. Er hatte alles geplant, sich die möglichen Wege eingeprägt. Er wusste, wann der Stall unbewacht sein würde wann die beste Zeit wäre, um Turok zu holen. Er würde die Prüfung zum Himmelsreiter nicht antreten, denn ansonsten wäre die Verpflichtung und der Verrat, den er plante, noch größer. Es reichte so schon aus. Er musste es tun, denn noch hielt ihn diese letzte Kette davon ab, wahrlich frei zu sein. Trotz seiner Entwicklung musste er diesen Schritt gehen und nur deshalb nahm er es in Kauf, dass ein Layan zornig würde, eine Kira enttäuscht und eine Lariana gebrochen. Denn was er auf jeden Fall wusste, inzwischen: Sie alle würden ihn schrecklich vermissen. Synnover war ein wirklich fester Teil ihres Lebens geworden und gerade Lariana war fester Bestandteil seines. Sie waren zusammengewachsen, er hatte sich doch tatsächlich verliebt! Doch das alles war nichts wert, wenn er sich nicht freimachen konnte von den Altlasten. Wenn er Karrish und Yolintha nicht in die Augen schauen und sie büßen lassen könnte. Er musste ihnen zeigen, dass er mitnichten im schwarzen Sand gestorben war! Das er weder versagt noch verloren hatte! Er stand als einziger -inzwischen! Und er würde Karrish in die grünen Augen blicken, und ihm die Genugtuung zeigen. Dass er überlebte und mehr noch: Dass er wahrlich lebte! Und er würde Yolintha von oben herab in die ebenso grünen Augen blicken. Und er würde ihr zeigen, dass er wusste, was Liebe war. Dass er sie fühlte, sie lebte. Und er würde über sie alle triumphieren. Es war Zeit.
Der Vorabend vor der Prüfung war frei. Die Lernenden durften heute machen, wonach ihnen war. Die meisten gingen in ‚Die Wolke‘ und tranken ein wenig, versuchten sich von der Nervosität abzulenken. Syn aber suchte die Einsamkeit. Nein. Er suchte jemand ganz bestimmtes: Kira. Seine Schwester war in letzter Zeit recht neben sich gewesen. Und Layan hatte es scheinbar akzeptiert, als Desinteresse verbucht. Es war, wie es war. Der Himmelsreiter traf sich nun bereits seit geraumer Zeit flüchtig mit jemand anderes. Einer Hymlianerin, die Syn mal gesehen aber nie kennengelernt hatte. Es war nicht wichtig, denn er würde nicht lang genug bleiben, um zu intervenieren. Jetzt aber prallte er in seine Schwester und beide erschraken. Nach der anfänglichen peinlichen Situation tauschten sie einige Floskeln bezüglich der Prüfung aus aber keinem ging es in dem Moment wahrlich darum. Und auch Syn wollte endlich diese letzte Sache bereinigen, bevor er fort wäre. Die Idee war ihm bereits vor geraumer Zeit gekommen, aber erst jetzt wollte er auch die Umsetzung angehen.
"Kira... Ich möchte dich um etwas bitten. Ich glaube, wenige Stunden vor dem ... großen Tag ist der beste Zeitpunkt. Ich habe es mir lange überlegt, glaube inzwischen aber, dass es richtig so ist." Seine Schwester schaute ihn aus den gleichen Augen an, die er auch im Spiegel sah. „Hm?“, ermunterte sie ihn, weiterzusprechen. Sie hörte aufmerksam zu. Sie war für ihn da. "Würdest du mich deinen ... Eltern vorstellen? Ich bin der Meinung, sie sollten wissen, dass ihr Sohn noch lebt und was aus ihm geworden ist. Ich kenne sie nicht, aber sie sollten es wissen, nicht wahr? Bevor ... es zu spät sein könnte." Kira glotzte. Dann brach ihr Gesicht auf und sie strahlte, jubelte gar und sprang einmal in die Luft. „JA! JA JA JA!“, rief sie freudig und wurde dann plötzlich furchtbar nervös. Die Freude wich aus ihrem Gesicht. „Oh… ich meine ehm… eh… also… natürlich. Ich freue mich, dass du das möchtest, ich hab‘ nichts erzählt!“, schwor sie und kratzte sich kurz am Hinterkopf. „Es ist nur… also wir haben im Moment… eh… also ‚Besuch‘“, räusperte sie sich und konnte ihm nicht in die Augen sehen. Kira atmete durch. Beruhigte sich. Sie biss sich auf der Unterlippe herum, schien nachzudenken. Dann aber traf sie eine Entscheidung. Sie straffte ihre Schultern und sah in Richtung ihres Elternhauses. „Nun… also… in Ordnung Syn! Komm!“, griff sie seinen Arm und zog ihn also in die Richtung, aus der sie selbst ursprünglich kam. „Sie werden sich so freuen, dich zu sehen!“, sagte sie lächelnd und durchaus ehrlich davon überzeugt. „Oh man, es wird ihre ganze Welt auf den Kopf stellen. Auf ´ne gute Art natürlich. War gar nicht so leicht, mich in all den Monaten nicht zu verplappern, aber für meinen Bruder tu‘ ich natürlich alles!“, feixte sie gutgelaunt.

Der Weg war nicht weit bis zur Wolkengasse Nummer 4. Allerdings war Kira immer ruhiger geworden, je näher sie dem Haus kamen. Sie war nervös und es ließ sich schwer sagen, woran das lag. Denn ihre Freude über seinen Wunsch war absolut echt. Aber etwas lag in der Luft. Kira hatte einen Besuch erwähnt und sich seltsam dabei verhalten. Doch schließlich standen sie vor der Tür und sie atmete durch. Bis sie klopfte, ehe sie den Türknauf drehte. „Mama? Papa? Wir haben… Noch mehr Besuch!“, sagte sie räuspernd und bedeutete Syn, einzutreten. Er kam in einen hellen Flur. Schuhe standen auf einer Bank geordnet, während neben einem Spiegel an der Wand einige Fotos hingen. Tatsächlich sah er einige Baby’s auf den Bildern. Als er den Flur weiterging, veränderte sich eines der Baby’s zu einem Kleinkind und er erkannte sich vermutlich selbst darin. Dann aber hörte die Veränderung auf. Ein letztes Bild zeigte eine sehr viel kleinere Version von ihm, die breit lächelnd einen kleinen Stoffhasen im Arm hielt. Sein Fell war schneeweiß…jedenfalls mal gewesen. Er musste ihn überall mit hingeschleppt haben. Dann tauchte ein anderes Kind auf, das sich in der Länge des Flures zu Kira entwickelte. Seine Schwester schnaubte. „Voll peinlich, oder?“, grinste sie und winkte ab. Bis sie ihn durch den Flur und einen weitgeöffneten, großen Raum führte. Von diesem ging eine Küche ab, in der es klapperte. Syn sah eine Treppe, die in ein weiteres Stockwerk führte und vermutlich zu den Schlafzimmern. Auf einer gemütlichen Couch saß ein weißhaariger Mann, der deutliche Merkmale seines eigenen Äußeren aufwies. Die Haare waren kurz und ebenso geschnitten, wie seines. Allerdings hatte er keine grünen Augen, sondern fast schon weiße, was womöglich das helle Grün seiner eigenen Augen erklärte. Er las in einem Buch, schaute erst nicht auf. „Wer ist es denn, Kira?“, fragte er gedankenverloren. Dann, als Kira nicht antwortete, blickte er auf. Sein blasser Blick legte sich auf Syn. „Oh!“, sagte er und legte das Buch weg. Er erhob sich. Er war nicht ganz so zart und schmal, wie Synnover. Er war etwas breiter gebaut. „Guten Abend!“, sagte er freundlich und die Stimme war warm und willkommen heißend. „Schatz, bist du das?“, kam es aus der Küche. „Ja, Mama!“, antwortete Kira. „Die junge Frau schläft jetzt oben im Gästezimmer. Ich bin wirklich der Meinung, wir sollten sie mal einem Heiler vorstellen, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie“- die weibliche Stimme, die aus der Küche drang kam nun näher und als die Frau mit einem Geschirrtuch und einer Suppenschüssel in der Hand heraustrat, fiel der deutlich grüne Blick auf Kira, dann auf Syn. Und prompt fiel ihr die Schüssel aus der Hand, schepperte zu Boden und sie sank mit Tränen in den Augen in die Knie. „Vella! Liebes, was hast du denn?!“, fragte Pharo sie und eilte zu ihr. Kira bekam ebenfalls feuchte Augen. Vella hielt sich an Pharo fest und ihre Hände zitterten. Sie starrte aber nur Synnover an. „Synnover“, keuchte sie hervor und war unfähig etwas anderes als das zu tun….
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