Im Sultansviertel

Hier wohnen die Bürger Sarmas, vom einfachen Sklaven bis hin zum hohen Handelsherren oder angesehenem Magier. Je nach Reichtum und Machtverhältnis findet man hier kleine Barracken oder prachtvolle Anwesen aus Sandstein und Marmor.
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Im Sultansviertel

Beitrag von Erzähler » Dienstag 10. Dezember 2024, 18:27

Madiha kommt von Der Hafen Sarmas -> Am Hafen

Madiha schlug vor, Sarma durch die Tunnel des Bundes der Wüstendiebe zu nehmen. So könnte man nicht nur eingestürzten Gebäuden ausweichen, die die Straßen versperrten, sondern auch möglichen Scharmützeln, welche nach wie vor stattfanden und nicht zuletzt den Feuerfluten. Der Drache zog noch immer seine Kreise, aber die Sturzflüge wurden weniger. Er hatte Dank Madiha seine Feuerfähigkeiten zurück, das hieß aber noch lange nicht, dass er dadurch wieder mehr Kraft besaß. Auch dieses riesige Ungeheuer war vom Krieg erschöpft. Es schonte sich, griff weiterhin an, aber würde sich nur so weit verausgaben, dass er nicht mehr drohte, dem Feind zum Opfer zu fallen.
Trotzdem entpuppte sich die Umsetzung ihrer Idee als sehr schwierig. In die Stadt selbst zu gelangen, war zwar leicht, aber wie Madiha vermutet hatte, waren viele Straßen durch eingestürzte Bauten unpassierbar. Unglücklicherweise konnten sie bislang auch keine Zugang zum Labyrinth des Diebesbundes nehmen. Bei zwei von ihnen lagen Trümmerteile im Weg, ein dritter befand sich nahe einer stark umkämpften Kreuzung und Caleb wollte nichts riskieren. Das Trio mied jegliche Konfrontation, denn bis auf den Dieb war keiner von ihnen bewaffnet. Es hätte auch wenig genutzt, Kjetell'o oder Madiha einen Säbel in die Hand zu drücken. Sie gefährdeten sich selbst mehr damit als andere. Der Elf hingegen könnte noch sein Feuer nutzen. Madiha aber ...
"Ich habe eine Idee", raunte Caleb beiden zu, als sie sich vor einigen wütenden Sarmaern versteckten, die einer Gruppe dunkler Soldaten nachjagten. "Wir befinden uns inzwischen schon im Viertel der Armen und Sklaven. Hier war es auch vor dem Krieg gefährlich. Die Zugänge zum Bund sind zahlreich, aber ich sehe gerade nicht, dass wir Erfolg haben. Doch da oben", - er deutete zu einer Mauer hin, die auch durch das Innere der Stadt führte. Dahinter erhoben sich die bunten und goldenen und weißen Kuppeldächer der Sultanate -, "da wirkt alles noch relativ ruhig. Vermutlich sind die Gebiete aktuell am besten bewacht, denn das reiche Gesocks soll bloß kein gekrümmtes Haar erhalten. Wenn man uns nicht sieht, kommen wir spielend leicht unter die Stadt."
"Bist du sicher, dass es eine gute Idee ist? Die Adligen werden nicht begeistert sein, uns zu sehen, auch wenn wir keine Dunkelelfen sind", meinte Kjetell'o zaghaft. Caleb nickte. "Aber die werden uns ja nicht sehen", erwiderte er gewitzt wie üblich. Vermutlich brauchte er trotz allem immer noch diese Spur Nervenkitzel, um seinen Spaß haben zu können. Es handelte sich nun einmal um Caleb. Da Madiha ihn mehr oder weniger zum Anführer gekrönt hatte, hieß es nun auch, ihm zu folgen. So erklommen sie hintereinander einen Mauerdurchbruch, der vom Sklaven- direkt ins Sultansviertel führte. Tatsächlich herrschten hier nicht so desolate Zustände. Wo das übrige Sarma in Trümmern lag, sich verfeindete Gruppen gegenseitig durch die Straßen jagten und Blut den Sand rot färbte, wirkte hier alles ... fast schon friedlich. Zumindest galt das dem ersten Blick. Auch das Viertel der Reichen war vor den Angriffen des Krieges nicht verschont geblieben. Das durften Madiha, Caleb und Kjetell'o erkennen, als sie tiefer in den Bezirk eindrangen. Auch hier wurde gekämpft. Leibwachen reicher sarmaer Pfeffersäcke verteidigten das Heim ihrer Herrschaften bis auf's Blut. Und es lag viel Blut in den Straßen, aber der Adel besaß nunmehr nicht nur die dunklen Völker zum Feind.
Der Krieg hatte Mauern eingerissen und das ohnehin verzweifelte Volk der Armen und Versklavten sah eine Chance, sich von seinen Ketten zu befreien. Hier liefen weniger Orks oder Dunkelelfen durch die mit Mosaiken gepflasterten Straßen. Wächter kämpften nicht gegen andere Völkerscharen, sondern gegen Sarmaer. Gegen jene Unterdrückten, die im Krieg nun eine Gelegenheit zum Aufstand sahen. Das Trio, das nur einen Weg in den Untergrund suchte, musste erneut zahlreichen kleineren Handgemengen ausweichen. Kjetell'o entkam nur mit knapper not einer Steinsalve, als mehrere Wachen ihn fäschlicherweise für einen Dunkelelfen hielten und nach den Waffen jener Erwerbslosen griffen, die sie zuvor getötet hatten. Das Bild war schrecklich, aber es blieb keine Zeit, es sich lange anzuschauen. Und gegen diese Leute wollte man nicht kämpfen. Man wollte sie beruhigen und einen. Zu dritt ging das nicht, also flohen Kjet, Madiha und Caleb in die Straßen hinein. Sie mussten einen großen Umweg machen, denn ihr unfreiwilliger Anführer kannte hier nur noch einen Zugang, den sie noch nicht versucht hatten.
"Wird dir nicht gefallen, wo er ist", warnte er Madiha vor und als er ihren fragenden Blick einfing, deutete er als Antwort nur nach vorn. Das Bild, das sich ihr präsentierte, war ihr so vertraut wie fremd. Sie kannte das große Gebäude nur allzu gut. Die hellen Wände, die vielen Bogengänge, welche überdachte Veranden und die darauf eigentlich aufgestellten Sitzgelegenheiten, Vasen oder großen Pflanzkübel zeigten. Vieles davon war nun umgestoßen worden. Erde verteilte sich auf den weißen Marmorplatten des Anwesens, Blut allerdings nur bedingt. Dafür erfassten Madihas Augen zahlreiche Überreste verbrannter Menschen. Wachen, die in ihren geschmolzenen Rüstungen noch teilweise im Stand gestorben waren. Ihre Körper waren schwarz verkohlte Statuen, die nun für immer verstummt vor dem Eingang des Hauses verharren würden, bis ein kräftigerer Wüstenwind sie zerfledderte. Auch das Banner mit dem Wappen des Hauses hing nur noch in verkohlten Fetzen über der Tür. Die gepflanzten Kakteen, kleinen Topfpalmen und vor Dekadenz strotzenden Blumen, die für eine Stadt wie Sarma viel zu viel Wasser benötigten, waren allerdings unversehrt. Dafür schwelten Rauchsäulen vom Garten her. Ein Kuppeldach war eingestürzt. Madiha wusste genau, welcher Raum sich dort einst befunden hatte: Die kleine Waschkammer der Sklavinnen, deren Schlafsaal direkt nebenan in dem rechteckigen Teil des Hauses lag. Sie selbst hatte dort genächtigt, wenn ihr Herr keine Verwendung für sie hatte. Eine Treppe führte direkt hinunter in die Küche, damit man die Sklavinnen nicht beim Arbeiten sehen musste. Aber einer der Gänge vom Schlafsaal aus, den sie immer als den Haraxpfad bezeichnet hatten, führte direkt in jenen weiträumigen Salon, in den ihr Herr sie nur oft genug hatte rufen lassen. Immer dann, wenn Khasib sich Freunde oder Geschäftspartner einlud, die sich an Madiha oder anderen Sklavinnen vergehen durften, weil es Teil irgendeines Handelsabkommens war. Oder wenn Khasib einfach eines seiner Orgienfeste feierte, bei dem die Schwächeren unter ihnen nicht mehr lebendig zurückkehrten. Jener Teil des Anwesens wirkte noch intakt. Madiha sah jedoch wenig Leben innerhalb des Hauses. Keine Frau lugte neugierig oder verzweifelt aus den Fenstern. Keine Wachen schrien nach Verstärkung, um das Haus zu verteidigen. Khasibs gierig bis zorniger Blick traf sie nicht. Dennoch spürte sie ihn fast im Nacken, als Caleb als erster die Straße überquerte, um sich auch hier durch ein Loch in der Mauer um das Anwesen zu quetschen. Er winkte den anderen zu. "Garten!", rief er noch, dann schlüpfte er durch die Nische und war außerhalb ihrer Sicht. Vermutlich wartete er jedoch im Inneren. Er wusste, wo sie sich befanden. Er hatte Madiha gewarnt. Aber hier gab es den wohl einzig möglich nutzbaren Zugang in den Untergrund. Hier. Im Anwesen ihres alten Herrn. Caleb hatte immer ein Auge auf sie gehabt. Er hatte immer so gehandelt, dass es ihr möglichst gut ging. Er hatte es versucht.
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Re: Im Sultansviertel

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 13. Dezember 2024, 15:25

"Hinter jedem großen Mann steht eine noch größere Frau. Ohne dich wäre er nichts, könnte nicht all das machen, was er tut. Du bist sein Antrieb und er braucht das. Celcia braucht es, weil er nur so eine ganze Welt befrieden möchte - deinetwegen. Damit du diese Welt schön und groß erleben kannst, in Frieden. Wir anderen sind leider nur ein positiver Nebeneffekt."
Die Worte seitens Kjetell’o, beschäftigten Madiha nachhaltig. Sie selbst sah es nicht so. Sie konnte es vermutlich nicht so sehen, weil sie schlicht und ergreifend nicht so dachte. Für sie tat sie nichts heldenhaftes, nicht bewegendes. Sie war schließlich nur Madiha und strauchelte durch eine Welt, die ihr immer wieder Prüfungen auferlegte. Vermutlich machte auch das ihren ganz persönlichen Charme aus. Jetzt musste sie nur aufpassen, dass man nicht irgendwann ungehalten wurde, weil sie es nicht sehen wollte, was andere sahen. Aber Madiha hatte die Rolle im Hintergrund sehr lange gespielt und kam darin am meisten zurecht. Dennoch hörte sie Kjetell’os Worte noch, als sie bereits den Hafen verlassen hatten. Sie hatte sich erinnert, dass Caleb immer ein Teil ihres Lebens gewesen war und sie sich genau deshalb auch nicht von ihm lösen konnte. Aber sollte ihm das auch so gehen? Ihr Blick glitt nicht selten zum Dieb, während er die Richtung anführte, die sie im Innern der Stadt nahmen. Ihre Augen sahen durchaus die Auswirkungen des Krieges und sie musste ihr Herz verschließen, damit sie nicht entgeistert stehenblieb, sondern weiterlief. Immer wieder mussten sie umdisponieren, andere Wege einschlagen oder doch ein kurzes Versteck suchen. Noch immer kämpfte Sarma und sie hatten erst einen winzigen Teil erreicht. Es waren so viele, die ihr Leben gelassen hatten. Madiha schluckte schwer, bei dem Anblick von Verunglückten oder Getöteten Körpern. So viel Leid, so viel Tod… Wofür? Dafür, dass alle das gleiche wollten? Sie schüttelte den Kopf, um ihn klarzuhalten. Madiha würde das vermutlich niemals verstehen können. Was sie aber verstand, war Caleb. Dass er sich stets um sie bemüht hatte, sich ihrer angenommen und schließlich den Wunsch entwickelt hatte, eine ganze Welt für sie verändern zu wollen. Es war ein warmes Gefühl, das sie bei seinen Worten empfand. Damals, als er ihr die Welt zu Füßen legen wollte. Ihr Daumen tastete nach dem Ring an ihrem Finger und das kühle Metall erinnerte sie daran, was sie mit ihrem Dieb gemeinsam erschaffen wollte.
Madiha atmete durch. Sie hatte nicht nichts, sie hatte ihn. Sie würde ihn glücklich machen und alles andere… nun, sie würde eine Lösung dafür finden. Vielleicht gab es ja doch noch einen Platz, der zwar nicht Feuermagie und heroische Momente versprach, aber sie wenigstens nicht von ihm weglotste. Das Mädchen schob ihre inneren Gedanken vorerst beiseite. Sie bemerkte, dass sie sich konzentrieren musste und bemühte sich darum, während sie den beiden Männern folgte. Es war knifflig und heikel und als sie schließlich erkannten, dass ihr Weg nicht zum gewünschten Erfolg führte, hielten sie einen Moment inne. "Ich habe eine Idee. Wir befinden uns inzwischen schon im Viertel der Armen und Sklaven. Hier war es auch vor dem Krieg gefährlich. Die Zugänge zum Bund sind zahlreich, aber ich sehe gerade nicht, dass wir Erfolg haben. Doch da oben da wirkt alles noch relativ ruhig. Vermutlich sind die Gebiete aktuell am besten bewacht, denn das reiche Gesocks soll bloß kein gekrümmtes Haar erhalten. Wenn man uns nicht sieht, kommen wir spielend leicht unter die Stadt."

Madiha starrte zum Viertel, das ihr sehr wohl bekannt war. Kjetell’o hatte etwas passenderes einzuwenden, statt nur zu starren: "Bist du sicher, dass es eine gute Idee ist? Die Adligen werden nicht begeistert sein, uns zu sehen, auch wenn wir keine Dunkelelfen sind", wollte er wissen und Madiha schluckte. Erinnerungen griffen nach ihr, doch sie bemühte sich, bei der Sache zu bleiben. Das Mädchen blickte zu Caleb und seine Antwort war, wie zu erwarten. "Aber die werden uns ja nicht sehen" Sie schmunzelte leicht, ehe es wieder erlosch. Dann sah sie zu Kjet und hob nur die Schultern. "Er hat irgendwie Recht und hierbleiben können wir nicht…“, meinte sie. Also folgten sie ihm wieder und er führte sie so mühelos zum Sultanviertel, als wäre das hier kein Kriegsschauplatz. Madiha war beeindruckt, wie mühelos sich Caleb hier zu bewegen wusste. Sie stellte sich unweigerlich vor, wie er sein Leben hier auf der Straße verbrachte, während sie hinter Mauern und Wachen gelebt hatte. Es war schwer, aber ein Stück verfolgte sie nun die Vergangenheit ihres liebsten Diebes. Als sie allerdings das Viertel der Pfeffersäcke erreichten, wurde Madiha bedeutend ruhiger. Sie konnte nur schwer die Konzentration reichen. Alles hier erinnerte sie an ihre Vergangenheit und vor allem Einzelheiten daraus. "Wird dir nicht gefallen, wo er ist" Sie blinzelte auf, hatte für einen Moment nicht zugehört und runzelte fragend die Stirn. Dann aber kamen sie bereits in Sichtweite des Anwesens. Madiha blieb augenblicklich stehen. Sie konnten von Glück reden, dass dieser Teil der Stadt halbwegs unbekämpft geblieben war und sie nicht ständig einem Scharmützel ausweichen mussten. Ihr Herzschlag verlangsamte sich, als das Haus von Khasib in ihren Fokus rückte. Es war wie eine höhnische Fratze, die ihr hämisch entgegengrinste. Nur schwerfällig kam Madiha hinter Caleb und dem Elfen her. Alles an diesem Ort zog sie weit weg und sie musste aktiv dagegen ankämpfen.
Ihr Mund wurde trocken, als sie den Turm entdeckte, in dem sie viele Jahre qualvoll hatte verbringen müssen. Ihre Augen füllten sich mit stummen Tränen, während ihre Kehle kaum den Kloß fassen konnten. „Nicht hier“, schüttelte sie den Kopf und seufzte auf. Sie sah Caleb an, aber er hätte sie nicht hergebracht, wenn er einen anderen Weg gewusst hätte. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust. Dann huschte er bereits durch eine Nische und rief noch "Garten!", ehe er verschwand. Madiha schluckte. Sie starrte einen Moment darauf und wandte dann den Blick zu Kjetell’o. Der Elf kannte ihre Geschichte nicht, soweit sie wusste. Sie selbst hatte ihm das nie erzählt. „Ich bin hier aufgewachsen…“, erklärte sie ihm irgendwie und irgendwie nicht. Sie deutete mit einem Finger auf den Turm. „Ich… es ist eigenartig herzukommen. Ich hätte das lieber nicht getan“, gab sie zu und seufzte leise. Dann aber schluckte sie. „Ich vertraue ihm“, murmelte sie und es wurde nicht ganz klar, ob sie mit sich oder mit Kjet sprach. Dann aber atmete sie tief durch, um sich für alles zu wappnen, was da kommen sollte. Dann schlüpfte sie ebenfalls hindurch und erwartete, Caleb auf der anderen Seite zu sehen.
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Re: Im Sultansviertel

Beitrag von Erzähler » Freitag 13. Dezember 2024, 20:22

Natürlich konnte Madiha im Moment keinen guten Rat, kein freundlich gemeintes Wort so sehen, wie andere es taten. Ansonsten hätte sie keine Zweifel, keinen Glauben daran, ohne ihre magischen Kräfte keinen Nutzen mehr zu haben. Kjetell'o war aufmerksam genug, das zu erkennen. Mehr noch als andere wie beispielsweise Caleb. Aber der Dieb hatte im Moment auch anderes zu tun. Er musste sich um Pflichten kümmern, die man ihm irgendwie automatisch auferlegt hatte, auch Madiha. Er war der Anführer, der Held dieser Geschichte. Madiha war nur ein Schatten an seiner Seite. Laut Kjetell'o aber einer, den ihr Liebster unbedingt brauchte, um die gesteckten Ziele anzugehen. Madiha war seine Motivation. Er brauchte sie, um überhaupt aktiv zu werden, weil er all seine Entscheidungen mit Blick auf sie traf. Wieviel Wahrheit darin steckte, konnte sie nicht sehen. Vielleicht würde sie es. Kjetell'o besaß genug besonnene Geduld, um ihr die nötige Zeit zu geben. Wichtig blieb, dass Madiha mit ihren Zweifeln nicht allein blieb. Dass man sie weiterhin durch das Leben zog, bis sie wieder Kraft hätte, aktiv daran teilhaben zu wollen, ob mit oder ohne Magie. Aber auch daran arbeitete der Elf. Er hatte somit ebenfalls genug zu tun. Nur die Sarmaerin schien lediglich mitzulaufen ... und die Richtung gefiel ihr überhaupt nicht, wie sie plötzlich feststellen musste. Noch weniger gefiel ihr, dass es ausgerechnet Calebs Idee gewesen war, diesen Pfad zu wählen. Aber er kehrte nicht mehr um, sondern überquerte bereits die Straße. Madiha hingegen stand vollkommen erstarrt da und konnte nur auf das Gebäude vor sich blicken. Sie sah den Turm und den Bereich für die Haremssklavinnen. Sie sah die vielen Arkaden, Ballustraden, die Kuppeldächer und alles in ihr sträubte sich, auch nur einen Schritt näher an Khasibs Heim heranzutreten. Khasib ... er musste sie für tot halten. Niemals hatte Madiha jemand verfolgt, seit Caleb sie aus dem Sand gebuddelt hatte. Sie war frei gewesen, aber beim bloßen Anblick dieses alten Gefängnisses von einem sultanischen Herrenhaus fühlte es sich nicht mehr so an. Fast schon konnte sie die Ketten an ihren Gelenken rascheln hören, spürte deren Gewicht. Sie fühlte unsichtbare Hände, die sie überall berührten, ihre Körperteile bewegten, wie sie Madiha haben wollten. Sie roch den Schweiß vieler Männer, die doch alle das gleiche Aroma trugen: Dominanz und lüsterne Gier. Blicke glitzerten ihr entgegen, die sie weder als Frau noch als Mensch sahen, sondern nur als Objekt, an dem man sich abreagieren konnte, meist auf gewaltsame und stets grausame Weise. Sie konnte die Bitterkeit der Weine auf ihrer Zunge schmecken, die man ihr zwanghaft einflößte, weil sich darin Kräuter befanden, die ihre Glieder lähmen oder den Geist benebeln sollten. All das, damit sie willenlos mit sich anstellen ließ, was auf solche Weise unmöglich Spaß bedeuten konnte. Für sie ohnehin nicht. Nichts davon war jemals Spaß gewesen. Dass es überhaupt möglich war, hatte ihr erst Caleb zeigen können. Jener Caleb, der nun jenseits des Mauerdurchschlupfs wartete, um mit ihr und Kjetell'o in die Gärten des Hauses zu schleichen.
Kjetell'o ... er stand immer noch neben Madiha. Er ahnte vermutlich nichts, kannte er doch ihre Geschichte nicht. Sie schuldete ihm wenigstens eine knappe Erklärung.
"Ich bin hier aufgewachsen... Ich ... es ist eigenartig, herzukommen. Ich hätte das lieber nicht getan."
Kjetell'os grüngoldener Blick wanderte die Fassade ab. "Ein prachvoller Bau", kommentierte er, "mir war nicht klar, dass du eine Prinzessin warst." Natürlich. Der Shyáner kannte die sarmaer Gesellschaftsformen vermutlich nicht. Die einzigen Sklavenhalter existierten für ihn wohl nur in den Reihen der dunklen Völker. Dass auch Menschen dazu fähig waren, entzog sich seinem Wissen. Er mochte weit gereist sein, aber Sarma war offenbar niemals sein Ziel. Plötzlich berührte der Elf Madiha wieder und es fühlte sich unangenehm an, als hätte jemand Säure auf ihre Haut gekippt. Sie konnte es vor Khasibs Haus nicht ertragen, fremde Männerhände auf ihrer Haut zu fühlen. Kjetell'o bemerkte es rechtzeitig und ... war respektvoll genug, ihr ihren Freiraum zu lassen. Er zog seine Hand wieder zurück. "Corax..." Er seufzte. Auch ihm fiel es nicht leicht, den Namen auszusprechen. Vor allem aber hatte er ihn nie genannt, als Besagter noch lebte. Doch der Leidträger war nicht mehr und es gab für Kjetell'o keinen Grund mehr, diesen Titel zu nutzen. Der geduldige Elf hatte seine Hoffnung in dieser Hinsicht mit Corax begraben. "Er hat mir erzählt, du wärst ihm ähnlich. Ich ging immer davon aus, dass du ausschließlich eine Sklavin warst. Aber dieser Palast ist viel zu ... oh!" Der Elf bemerkte seinen Irrtum. Er schaute auf Madiha herab, offenes Mitleid im Blick. "Du warst hier Sklavin." Er stellte keine Frage, aber er betrachtete sich nun das Haus noch ein weiteres Mal. "Und plötzlich hat es alle Pracht verloren...", murmelte der Elf.
Jenseits der Straße steckte Caleb seinen Kopf durch die Lücke in der Mauer und schaute sich suchend um. Dann winkte er Madiha und Caleb mit grimmigem Gesichtsausdruck. Er wirkte ... alarmiert. War etwas geschehen? Beide eilten sich nun, zu Caleb zu gelangen. Kjetell'o schlüpfte als Letzter durch den Mauerschlitz. Dahinter lehnte er sich neben Madiha gegen die Wand. Sie lehnte ihrerseits knapp neben Caleb, der sofort einen Finger an seine Lippen legte. Er schaute bitterernst. Madiha kannte ihren Dieb. Hier war etwas ganz und gar nicht in Ordnung.
"Eigentlich müssten wir nur zur anderen Seite des Gartens. Wir könnten auch die Arkadengänge nehmen, solange dort keine Wachen umher marschieren", wisperte er beiden zu. "Aber ... ich ... kann nicht..." Er schüttelte den Kopf, winkte sie mit sich und gemahnte noch einmal mit dem Finger an den Lippen, jetzt sehr leise zu sein. Dann schlich er dich an die Mauer gedrückt und dennoch in geduckter Haltung voran. Ungesehen erreichten sie zu dritt den Rand der Gärten. Madiha kannte sie gut, auch wenn sie nie das Vergnügen gehabt hatte, sie selbst zu durchschreiten. Aber manchmal hatte sie sich einen Blick von den Balkonen hinab auf das rechteckige Paradies gegönnt, das nur Khasib allein und ausgesuchte Einzelne hatten betreten dürfen. Wenn er in seinem Garten lustwandelte, durfte ihn niemand stören. Man beneidete ihn dafür, sich all die grünen Pflanzen anschauen zu können, von denen kaum eine auf natürliche Weise in dieser Region wachsen würde. Es kostete Khasib ein Vermögen, sie ordentlich zu bewässern. Andererseits waren Madiha und viele Haremsdamen oftmals erleichtert, wenn es hieß, der Hausherr sei im Garten. Es bedeutete ein Durchatmen, da sie dann für mindestens eine Stunde frei von Angst waren, ihm gefügig sein zu müssen.
Caleb duckte sich gerade hinter den ersten Heckenbogen, der nicht mehr so fein geschnitten aussah wie Madiha es vom Blick des Balkon aus gewohnt gewesen war. Kjetell'o duckte sich nun auch etwas mehr, aber seine Spitzohren zuckten. "Wimmert da jemand und ... stöhnt?", fragte er so leise, dass Caleb es noch hören konnte. Jener nickte. Er winkte die beiden wortlos mitzukommen und schlich bis zum anderen Ende der Hecke. "Bis hierhin kam ich. Jetzt hört ihr es gut."
Es stimmte. Jemand war im Garten und litt offenbar. Immer wieder winselte eine Frauenstimme wie unter Schmerzen auf. Dann stöhnte sie, als strengte sie sich an. Vielleicht lag sie unter einem Trümmerteil verschüttet und benötigte Hilfe? Caleb versuchte, einen Blick zu riskieren, aber wagte es nicht. Ihre Position war denkbar schlecht, um unentdeckt in den Garten zu spähen. Doch Madiha musste nicht hinschauen. Sie kannte diese Art von Geräuschen. Sie hörte nicht nur das unter Pein aus dem Körper gepresste Winseln, das unfreiwillige Stöhnen. Sie hörte auch das Klatschen zweiter Körper, die aufeinandertrafen. Vor allem aber hörte und erkannte sie ein seichtes Grunzen und schweres Atmen. Sämtliche Härchen auf ihrem Körper stellten sich auf. Sie würde diese Laute ihren Lebtag lang nicht vergessen. Sie wusste, wer dort irgendein Mädchen oder junge Frau ins Unglück stürzte. Sie erkannte die Folter, die sie selbst immerzu hatte durchmachen müssen. Und dann wurde seine Stimme laut.
"Hör auf zu wimmern, du kleine Schlampe! Das hast du dir selbst zuzuschreiben. Glaubst du wirklich, ein Drache reicht aus, um dir das Recht zu geben, in meinen Garten einzubrechen? Hier und jetzt hast du für deine Torheit zu zahlen - mit deiner Unschuld, harhar! Ohja und wie unschuldig du warst. WARST! Hahahaha! Oh, so viel geblutet hat lang keine mehr. Hör auf zu flennen, du Hure! Schau zum Himmel, während ich dich nehme und bete zu Lysanthor, dass du keinen Balg davonträgst. Denn dann muss ich dich töten lassen, hahahahaha!"
"Was sagt er?", flüsterte Kjetell'o, der Sendli nicht verstand. Vielleicht war es sein Glück. Für Madiha war es fast nichts Neues. Sie kannte Khasib. Sie wusste auch, dass er die Frau nicht lebend aus seinem Garten entkommen lassen würde. Wenn er milde gestimmt wäre nach dem Akt, ließ er sie vielleicht als Sklavin in seinem Harem noch so lange ... dienlich sein, bis sie ihm zu langweilig würde. Aber das Schicksal dieser jungen Frau war verwirkt. Jetzt jedoch hieß es handeln. Madiha wusste, was Caleb nicht konnte. Sie kannte ihn ebenso gut wie Khasib - nein, besser. Sie sah bereits, wie er die Hände immer wieder zu Fäusten ballte und die Zähne bleckte. Jemand mit einem so gütigen Herzen wie ihr Dieb konnte dem Adligen diese Tat nicht ungebüßt lassen. Es war jedoch erstaunlich, dass Caleb nicht bereits im Alleingang losgerannt war. Just in diesem Moment schaute er zu Madiha herüber, vollkommen angespannt. Aber sie sah es. "Dir zuliebe", raunte er.
Hinter jedem großen Mann stand eine noch größere Frau, für die er alles tun würde. Nicht nur die Welt verändern, sondern vor allem sich selbst. Wenn er jetzt in den Garten stürmte, könnte es schlimmstenfalls passieren, dass Madiha ihn verlor ... wie damals nach seinem Sprung von der Blauen Möwe. Deshalb stürzte er noch nicht los. Er hatte es ihr versprochen. Er würde nicht mehr blind agieren, sondern auch und vor allem an sie denken. Er würde sie nicht allein lassen. Aber er konnte auch nicht einfach dasitzen und zuhören, wie Khasib in seinem eigenen Garten eine junge Frau schändete. Sie mussten etwas unternehmen und zwar schnell. Ansonsten würde Calebs hauchdünner Faden an Disziplin reißen. Es fiel ihm schwer sich zurückzuhalten. Kjetell'o hingegen wusste überhaupt nicht, worum es ging, sonst könnte er möglicherweise einschreiten. Und Madiha? Was konnte sie schon tun, ganz ohne Magie?
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Re: Im Sultansviertel

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 13. Dezember 2024, 22:38

Das Anwesen zu sehen, in dem sie die wichtigste Zeit ihres Erwachsenwerdens verbracht hatte, was nicht leicht für Madiha. Sie starrte auf die weißen Mauern, in denen sich nicht selten die Sonne spiegelte und wurde sofort wieder in ihre Vergangenheit katapultiert. Sie hörte die Geräusche, roch die Gerüche, spürte das Unaussprechliche. Madiha war erstarrt, während Caleb bereits weiterging. Madiha wusste gar nicht, ob sich der Dieb je ernsthaft Gedanken darum gemacht hatte, wie es für sie gewesen war. Für ihn war vieles ein Spiel und auch wenn sie wusste, dass dies nicht dazugehört hatte, so ging er lapidar mit ihren Dämonen der Vergangenheit um. ‚Es würde ihr nicht gefallen‘, war gewiss etwas, das eine Untertreibung gut beschrieb. Das Mädchen aber hatte gelernt, Caleb zu vertrauen. Sie wollte ihm vertrauen, wollte sich nicht mehr davon verängstigen lassen. Aber diese Erlebnisse würden niemals ganz aus ihrem Denken verschwinden. So stand sie neben Kjetell’o, der von all dem nichts wusste. Und sie glaubte, dass sie ihm eine Erklärung schuldete, die er leider in den völlig falschen Hals bekam. "Ein prachtvoller Bau. Mir war nicht klar, dass du eine Prinzessin warst." Madiha blinzelte und sah Kjetell’o an. „Was?“, fragte sie beinahe schon japsend. Sie dachte, er machte einen Scherz. Ihr war nicht nach Scherzen zu mute und doch war es so grotesk, dass sie für einen Moment ihre Erinnerungen vergessen konnte. Als er ihr jedoch mit einem Mal näherkam, zuckte Madiha angespannt zurück. Nicht hier. Nicht von ihm. Sie konnte nicht zulassen, dass er sie anfasste. Hier nicht. Hier war alles ein großer Fehler und die Erinnerungen machten sie vulnerabel und anfällig für alte Verhaltensmuster. So zuckte sie zwar zurück, aber duckte sich mehr, wie eine Schildkröte oder eine Schnecke in ihre Häuser. “Corax…“ angespannt starrte Madiha auf die Hecke vor sich. Ihr Blick füllte sich längst angespannt mit Tränen. Zu schmerzvoll all diese Tage. Zu schmerzvoll, was sie hatte erleiden müssen. „Er hat mir erzählt, du wärst ihm ähnlich. Ich ging immer davon aus, dass du ausschließlich eine Sklavin warst. Aber dieser Palast ist viel zu ... oh! Du warst hier Sklavin." Sie wagte nicht ihn anzusehen.
Madiha wusste, wie andere auf Sklaven reagierten und wenn sie erfuhren, was genau ihre Tätigkeiten gewesen waren, dann mied man sie, wie Dreck unter den Stiefeln. Es war nicht sonderlich aufbauend, dass Kjetell’o nun erfuhr, wer und was Madiha war. Sie fühlte sich nicht sonderlich gut dabei und traute sich auch nicht, den Elfen anzusehen. Nicht nur, dass sie ihm kein atemberaubendes Potenzial an Feuermagie liefern konnte, sie war auch noch eine dreckige Hure. Ihr wurde kalt und auf einmal fühlte sie die Leere in sich noch mal deutlicher. "Und plötzlich hat es alle Pracht verloren..." Madiha runzelte leicht die Stirn und warf Kjetell’o doch einen kurzen Seitenblick zu. Ihr war nicht egal, was er von ihr hielt und sie wollte vor allem nicht, dass er sie verachtete. Auch wenn er bisher ‚nur‘ ein Lehrer für sie gewesen war, hatte Madiha Vertrauen in ihn und betrachtete ihn als jemanden, den sie um Hilfe bitten würde. Sie hatte ihn gern und es wäre für sie fatal, wenn er sie verstoßen würde. Viele Freunde hatte Madiha nicht, aber Kjetell’o zählte sie dazu. Ebenso, wie Jakub. Bevor sie sich aber vergewissern konnte, dass der Elf sie nun nicht anders sah, kam Caleb zurück und bedeutete ihnen alarmiert, dass sie folgen sollten.

Sofort war Madiha fokussiert. Sie folgte ihm und betrachtete ihn eingehend. Irgendetwas schien geschehen zu sein. "Eigentlich müssten wir nur zur anderen Seite des Gartens. Wir könnten auch die Arkadengänge nehmen, solange dort keine Wachen umher marschieren aber ... ich ... kann nicht..." Stirnrunzelnd fragte Madiha stumm nach dem Grund. Sie folgte ihm so leise, sie konnte, ehe sie plötzlich Geräusche wahrnahm. Es dauerte lediglich den Bruchteil einer Sekunde, bis Madiha wusste, was los war. Sofort glättete sich der nachdenkliche Gesichtsausdruck und wich einer blassen, glatten Maske. Sie starrte in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Sämtliche Haare stellten sich ihr auf und ein unangenehmes Rieseln befiel sie im Rücken. Sofort wurde sie in ihre Vergangenheit zurückversetzt. Sie fühlte den schwitzenden Leib auf sich, das Grunzen, Keuchen und der Weingeschwängerte Atem. Sie fühlte sich bleiern, schwer und doch war ihr Geist irgendwo da, bekam alles mit und konnte nichts tun. Madiha’s Herz schlug wie wild, während sie weiter lauschten. "Hör auf zu wimmern, du kleine Schlampe! Das hast du dir selbst zuzuschreiben. Glaubst du wirklich, ein Drache reicht aus, um dir das Recht zu geben, in meinen Garten einzubrechen? Hier und jetzt hast du für deine Torheit zu zahlen - mit deiner Unschuld, harhar! Ohja und wie unschuldig du warst. WARST! Hahahaha! Oh, so viel geblutet hat lang keine mehr. Hör auf zu flennen, du Hure! Schau zum Himmel, während ich dich nehme und bete zu Lysanthor, dass du keinen Balg davonträgst. Denn dann muss ich dich töten lassen, hahahahaha!", ertönte da der Beweis, den Madiha nicht brauchte. Sie wusste, dass er es war. Dass er sich an jemandem verging. Ihr Herz aber hämmerte noch einmal fest in ihrer Brust, ehe es ganz ruhig wurde.
Ein unangenehmer Pfeifton bemächtigte sich ihrer Ohren. Dann folgte ein Rauschen. Madiha sah sich selbst unter ihm liegen. Sie sah den Rhythmus seiner Hüfte, spürte die Schmerzen zwischen ihren Beinen. Es tat weh, auch wenn sie unter Drogen gesetzt worden war. Sie fühlte den schwitzigen Griff an ihrem Handgelenk. In der Realität griff Madiha nach eben jenem und rieb sich daran. Sie war bis in die aller kleinste Zelle angespannt, das konnte man sehen. Zu immens war das Erlebte ihrer Vergangenheit. Dann hörte sie Kjetell’os Stimme. Madiha blinzelte und kehrte für einen Moment in die Echtwelt zurück. Mechanisch drehte sie den Kopf zu Caleb und betrachtete ihn. Man sah ihr an, dass sie sich nicht wohlfühlte und, dass es was mit ihr machte, das zu hören. Sie konnte sehen, dass er sich zusammenriss. Dass er längst losgestürmt war, um zu handeln. “Dir zuliebe.“ Es war gepresst. Es verlangte ihm alles ab. Madiha aber sah zu Kjetell’o, während die Frau im Hintergrund litt. Ihre Augen schwammen und ihr Blick war gebrochen. „Ich war nicht nur eine Sklavin… Ich war… Fleisch. Jahrelang…“, wisperte sie mit erstickter Stimme. „Jahrelang…“, wiederholte sie tief traumatisiert.

Wieder zuckten Bilder vor ihrem inneren Auge auf. Holten sie zurück in ihre Vergangenheit. Madiha drehte den Männern den Rücken zu und starrte in den Garten. In Wahrheit aber sah sie die Tür zu Khasib’s Schlafgemach. Sie war zurück in dem Sultanat, trug wieder diesen weißen Leinenfetzen. Dürr und mit blauen Flecken übersät. Sie fühlte die Striemen der Ketten an ihren Gelenken, die Wunden an intimen Stellen. Sie fühlte sich klein, unbedeutend und… wütend. Madiha machte in der echten Welt plötzlich einen Schritt vor und betrat den Garten. In ihrer Welt aber trat sie auf die Tür zum Schlafgemach zu. Sie vollführte die Bewegungen, öffnete eine Tür, die es im Garten nicht gab. Dann betrat sie das Schlafgemach ihrer Vergangenheit. Wütend war sie. Sie spürte den schwarzen Klumpen, den sie damals noch nicht als Magie kannte. Sie sah Khasib, wie er sich mit der Frau vergnügte. Sie stand direkt in seinem Sichtfeld und hatte die Fäuste zu Händen geballt. In ihrer Vorstellung aber geschah jene verhängnisvolle Begegnung, in der sie Khasib beinahe verbrannt hätte. Für die sie schließlich in der Zelle landete. Sie war gefangen in ihrer Vergangenheit und trat dem realen Khasib im Garten gegenüber. „Schluss damit!“, forderte sie schließlich mit leiser Stimme. Ihre Augen richteten sich auf Khasib. „Du wirst nie wieder einer Frau so etwas antun!“, warnte sie ihn. Sie sah ist dick und feist auf den Kissen liegen, die Frau sah sie auch, projizierte sie mit in ihre Erinnerung, weil sich alles zu vermischen begann. Madiha streckte ihre Hand aus, als könnte sie aus den Feuerschalen in ihrer Erinnerung Feuer holen. Realität und Vorstellung vereinten sich. Sie glaubte, sie könnte noch Feuer wirken, spielte die Erinnerung an ihre unbändige Wut von damals nach. Doch sie besaß kein Feuer mehr, was sie vergaß. „Runter von ihr, oder ich werde dich brennen lassen!“, forderte sie mit vor Wut zitternder Stimme. Sie war gefangen in ihrer Last, dieses Leben erlebt haben zu müssen. Sie war wütend, verletzt, geschunden. Und Khasib war der Übeltäter. Und er tat der Frau all das an, was er ihr angetan hatte. Madiha war zu allem bereit.
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Re: Im Sultansviertel

Beitrag von Erzähler » Samstag 14. Dezember 2024, 08:54

Dass beim bloßen Anblick bereits nahezu alles in ihr heraufkam, was Madiha fest in sich verschlossen hatte, war ihr nicht bewusst. Nun aber, da sie sich direkt bei Khasibs Anwesen befand, spürte sie ein kontinuierliches Unbehagen. Immer wieder tanzten Bilder vor ihrem inneren Auge oder aber sie hörte ihre eigene Stimme aus Szenen, die sie sich nie wieder in Erinnerung hatte rufen wollen. Warum lud Caleb ihr das auf. Er wusste es doch! Oder ahnte er nicht, was es sie kostete, hierher zu kommen? Konnte er nicht verstehen, was es für sie bedeutete?!
Kjetell'o verstand, zumindest zu Teilen. Er erkannte jetzt, dass er im Irrtum gelegen hatte. Madiha war nicht als Prinzessin in einem Palast wie diesem aufgewachsen, sondern als Sklavin. Ihm blieb zwar vollkommen verborgen, was genau sie dort hatte tun müssen, um zu überleben, aber allein der Umstand ihrer Rolle schien ihm zu genügen, um Khasibs Heim nicht mehr als so prunkvoll anzusehen wie zuvor. Weil er schon zuvor bemerkt hatte, wie seltsam seine Gefährtin auf jegliche Berührung seinerseits reagierte, unterließ er es, ihre Hand zu greifen. Stattdessen musterter er seine eigene auf dem Weg in den Garten. Er schaut auch auf sie herab, als alle hinter der Hecke kauerten und die unliebsamen Geräusche direkt aus dem Garten mit anhören mussten. Die Worte gaben Madiha den Rest. Sie musste gar nicht erst sehen, was jenseits des Gebüschs geschah. Sie wusste es. Bilder bauten sich in ihr auf. Sie selbst nahm die Position jener jungen Frau ein, die soeben ihre Unschuld an Khasib verloren haben musste. Sie sah ihn, seinen feisten Körper und sein Grinsen, weil er Macht über sie hatte und zwar in jeglicher Hinsicht. Sie verspürte eine Wut in sich aufkochen, die der von damals in nichts nachstand, außer dass sie nun kein Feuer produzierte. Aber Madiha konnte sie wie schon einst nicht zurückhalten. Sie ließ sich von ihrem Zorn überwältigen und folgte ihm. Anders als bei Caleb jedoch, dessen Hände bereits zitterten, um sich im Zaum zu halten, brach es nicht wutentbrannt aus Madiha heraus. Vollkommen ruhig, beinahe einem Geist gleich, erhob sie sich, schlich an ihren Gefährten vorbei und trat zwischen den Sträuchern hervor.
"M-Ma....di...?!" Caleb starrte ihr nach. Er war drauf und dran, die Hand nach ihr auszustrecken, um sie aufzuhalten. Allerdings legte sich eine andere an sein Handgelenk. Es waren Kjetell'os Finger, schlank und fast schon elegant, aber viele Elfen besaßen diese unterschätzenswerte Optik. Sie konnten dennoch gut zupacken. Bei Caleb war es nicht nötig. Kjetell'o berührte ihn nur, damit er die Aufmerksamkeit des Diebes gewann. Jener wandte den Kopf um, schaute den Shyáner fragend an.
"Sie war ... Fleisch. Es ist ihre Rache, nicht deine", wisperte er. Kjetell'o verstand. Er verstand besser als Madiha es sich ausmalte. Denn er hatte nicht nur Gespräche mit ihr geführt, sondern auch mit Corax. Er hatte ihn nicht umsonst zum Leidträger ernannt. Er musste seine gesamte Geschichte gehört haben oder zumindest sehr essentielle Teile davon. Genug Inhalt, um zu verstehen, warum der Elf sich und Madiha so gut hatte vergleichen können. Eine Woche lang war es ihm möglich gewesen, in Corax' Seele einzutauchen, so wie Madiha und Azura es in seinen Träumen getan hatten. Kjetell'o besaß ähnliche Empathie wie die Sarmaerin. Etwas, das man seiner eigenen Tochter nicht unbedingt zusprechen konnte. Manchmal war es doch recht seltsam, dass Geschöpfe, die einem weniger nahe standen, doch so vieles besser nachvollziehen konnten. Caleb kämpfte noch damit, alles zu begreifen, wo Kjetell'o bereits wusste und auch anerkannte, dass dieser Moment Madiha gehörte. Sie brauchte niemanden, der sie verteidigte, selbst wenn es nötig gewesen wäre. Niemand durfte diese Sache nun für sie erledigen. Es war an ihr. Diesen Atemzug der Historie zu verändern - ihrem eigenen Kapitel ein Ende zu setzen, damit sie ein neues beginnen konnte - das musste sie tun. Der Elf hielt sie nicht auf, als sie die Gärten betrat. Er sorgte dafür, dass Caleb es nicht würde, jedenfalls noch nicht. Natürlich verblieben ihre Freunde im Hintergrund. Sie würden zuschlagen, wenn es nicht anders ging. Vorerst aber verweilten sie als stille Beobachter im Schutz des Unentdeckten. Und während Madiha an den Gewächsen, kleinen und großen Zierpflanzen, sowie einem Brunnen im Zentrum des Gartens vorüber schritt, da flüsterte Kjetell'o auf Caleb ein, der plötzlich in schmerzlichem Verständnis die Augen weitete.
Seine Geliebte bekam es nicht mehr mit. Sie war längst aus dem Schutz ihres Verstecks geschritten und machte auf sich aufmerksam. Sie sah die etwas zerrupften Ziersträucher nicht. Das Heckenkamel, dessen Höcker außer Form geraten waren blieb ebenso unbeachtet wie die Pflanzkübel mit jorsanischen Rosengewächsen. Die Blüten kämpften bereits darum, nicht vom Stängel zu fallen. Jemand hatte den Garten vernachlässigt. Angesichts des Krieges war es schwer, sich auf den Alltag zu konzentrieren, auch für Adlige. Noch schwerer war es, einen Luxusalltag zu bestreiten. Khasib ließ sich davon aber nicht abbringen. Es milderte lediglich seine Laune und das Problem hatten andere auszubaden. Dennoch erklärte es seine Handhabe mit der erwischten Einbrecherin nicht. Der aktuelle Zustand Sarmas änderte nichts an Khasibs Charakter. Er besaß nämlich keinen, ebenso wenig wie er ein Herz besaß. In seiner Brust schlug ein schwarzer Klumpen aus Gier, Lust und Dekadenz. Er spuckte schwarzen Teer direkt in die Blutbahn des Mannes, besudelte ihn und seinen Körper mehr als er es bei der Frau unter ihm geschafft hatte. Oh, sie war nur erst von ihm zur Frau gemacht worden. Was Madiha hier sah war beinahe noch ein Kind. Die kleine Einbrecherin mochte nicht älter sein als sie selbst, als Khasib sich das erste Mal über ihren dürren Leib gebeugt hatte und wie Madiha damals war auch das Mädchen hier kaum mehr als ein Stecken. Ihre dürren Arme hielt sie sich schützend vor ein dreckiges Gesicht mit verfilzten schwarzen Haaren, an denen das Blut der Straße klebte. Khasib hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihr die Kleidung gänzlich vom Leib zu reißen. Lumpen bedeckten die Brust des Mädchen, aber unterhalb ihres Nabels lag alles frei. Ein Knöchel war angeschwollen und das Fuß auf unnatürliche Weise abgeknickt. Neben den beiden lag ein zertrümmerter Rest eines Pflanzkübels am Boden. Khasib musste ihr das steinerne Gefäß direkt auf das Fußgelenk gedonnert haben, um ihr im Schmerz jegliche Fluchtmöglichkeit zu nehmen. Sie selbst lag breitbeinig auf einer langen Pflanzkiste mit ... kleinen Kakteen. Ihr teils nackter Leib drückte sich auf die Nadeln, mit denen sie bereits gespickt war. Khasib hatte ihre erste körperliche Erfahrung so unangenehm wie möglich gestaltet. Schmerz mit jedem Stoß in ihren viel zu zierlichen Leib hatte es bedeutet und er verlangte noch, dass sie dabei nicht wimmerte!
Ihr Schoß war ein blutiger Beweis für seine Tat. Sie würde nicht daran sterben, sich aber ewig erinnern und es vermutlich noch schwerer haben als Madiha, jemals einen anderen Mann an sich heranzulassen im Vertrauen, dass ... das hier ... überhaupt gut sein könnte. Und Khasib? Der hatte sie nicht nur geschändet, sondern wollte sie auch leiden sehen. Er stand vor ihr, seine Gewand wie einen geöffneten Bademantel zu beiden Seiten seines Körpers herabhängend. Darunter war er nackt und noch immer erregt. Das Blut des Mädchens klebte an seinem Schritt, zusammen mit anderen Flüssigkeiten, mit denen er ihr die letzte Ehre genommen hatte. Madiha kannte jeden Zentimeter dieses widerlichen Körpers. Sie konnte ihn auch aus der Entfernung schon riechen. Sie wusste, wie Ekel erregend sein Anblick war und wieviel Zorn er in ihr auslöste. Sie spürte nur keine Hitze in sich hochkochen, obwohl sie allen Grund dazu hatte. Aber ihr Einschreiten war die Rettung des Mädchens vor einer neuen Ebene der Pein. Denn Khasib stand vor ihrem ausgebreiteten Leib, einen kleinen Blumentopf in der Hand, aus dem ein pfahlartiger Kaktus ragte. Die Haltung seiner Pose sprach Bände, was er damit vorgehabt hatte. Das Mädchen wäre unter dieser Folter definitiv gestorben. Nun aber wurde der sarmaer Adlige unterbrochen, als Madiha unerwartet die Bühne dieser Tragödie betrat.
"Schluss damit! Du wirst nie wieder einer Frau so etwas antun!" In Madihas Geist mischten sich Erinnerungen mit der Realität. Sie sah Khasib, aber er drehte sich ihr nicht zu. Sie sah ihn wie damals, nachdem er mit ihr fertig war. Da lag er ebenfalls mit offenenen Gewändern auf einem der großen Palastkissen, ein Bein angewinkelt, während ihm die Körpersäfte von jenem Stück seines Leibes tropften, das sie nach all der Schandtat noch hatte mit ihrer Zunge reinigen müssen. Sie sah nicht, wie Khasib soeben den Kaktus zurück zu weiteren kleinen Blumentöpfen stellte. In ihrer Vorstellung platzierte er das eigene Glas Wein, dem natürlich nichts beigemischt worden war. Aber sowohl in Erinnerung als auch der Wirklichkeit griff er nun nach seinem schlechtesten Stück, um die gesamte Länge dieses Marterinstruments entlang zu reiben. Er grunzte und Madiha konnte sehen, dass er unter ihrem Anblick und ihren Worten nur wieder bereit für die nächste Gräueltat wurde. Es erregte ihn, sie und andere Frauen leiden zu sehen. Bei Madiha schürte es nur den Zorn.
"Sieh an, sieh an. Du lebst ja wirklich noch. Also hätte ich den Überbringer der Nachricht, dein Sandloch wäre leer gewesen, gar nicht hängen lassen müssen. In der Tat, da stehst du ... mit deinem hässlichen Körper." Er grinste auf. "Aber zum Abreagieren reichst du, wie damals schon. Lass mich das billige Stück Dreck hier nur noch schwängern, dann widme ich mich voll und ganz deiner ausgeleierten Mitte. Mal sehen, ob ich es dir nach all der Zeit immer noch so besorgen kann, dass du schreist. Hahahaha!"
Im Schutz der Hecke und Arkadengänge zuckte Caleb zusammen. Kjetell'o musste sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Dieb stämmen, damit dieser nicht vorpreschte. "Lass sie!", zischte er ihm zu und suchte den grünblauen Blick. "Sie muss es schaffen. Das ist wichtig für sie. Das verstehst du doch."
Caleb starrte Kjetell'o entgegen. Er legte eine Hand an seinen Gürtel. Dort hing der Einhorndolch, den er von dem Elfen geschenkt bekommen hatte. Jener Dolch, mit dem Caleb Serpentis' Leben ausgehaucht hatte und zum Schutz seiner Freunde zum Mörder geworden war. Kjetell'o sah den kurzen Blick und schüttelte entschieden den Kopf. "Nicht hier, nicht heute und nicht er. Er gehörte deiner Madiha. Rette sie danach ... mit deiner Liebe."
Das war, was Caleb hören musste. Er zuckte zusammen, ehe seine Körperspannung sich löste. Wie ein kräftiger Fels sackte er in sich zusammen und nickte sacht. Erleichtert atmete Kjetell'o auf. Dann drehte er sich wieder der Szenerie im Garten zu.
"Ich wusste nicht mal im Ansatz wie sehr sie gelitten hat ... ich hab ihr das angetan, Kjet", murmelte Caleb in einer Trance aus Schrecken und Schuld. Der Elf tätschelte seinen Unterarm. "Wir alle machen Fehler. Schau zu wie sie damit arbeitet und daran erstarkt. Und dann sei stolz auf sie. Das heilt ihr Herz jetzt mehr als ein gezielter Stich mit dem Dolch direkt in das Herz dieses ... Wurms." Wieder nickte Caleb. Beide Männer hielten still. Dann aber zischte er entsetzt seinem Freund zu: "Sie ... kann doch nicht mehr zaubern, sagte sie!"
Kjetell'o nickte und Caleb löste sich plötzlich etwas von ihm, als er eine unnatürliche Wärme wahrnahm. Kjetell'os Fingerspitzen sprühten winzige Flammenfunken. Sein Haar knisterte. "Ich gebe ihr nur die Quelle. Mal sehen, ob sie damit arbeiten kann", raunte er und weckte sein Feuer weit genug, damit die Hitze bis an Madihas Rücken heranreichte. Sie brauchte keine Feuerschalen, von denen ohnehin nicht viele im Garten zu finden waren. Aber sie bräuchte nun eine Quelle, die jenseits ihrer eigenen Leere wäre. Sie brauchte etwas, mit dem sie gegen Khasib vorgehen könnte.
"Runter von ihr oder ich werde dich brennen lassen!"
Der Adlige lachte auf. Hohn tropfte aus seiner Stimme wie die Körpersäfte und das Blut des Mädchens von der Spitze seines erregten Krummsäbels. Madiha war nie aufgefallen, wie schlecht er eigentlich geformt war. Nicht zu vergleichen mit Calebs eleganter Männlichkeit. Jene verschaffte ihr aber auch Wonnen. Dieses Stück Fleisch hier zerriss Seelen. Madiha würde diese krumme Kerze anzünden und verglühen lassen, dass nicht einmal mehr ein Docht übrig blieb. In ihr kochte es! Nein, die Hitze drang von außen herein. Sie spürte Wärme im Rücken. Sie war ihr ... vertraut. Es handelte sich nicht um ihr eigenes Feuer, aber sie kannte es. Sie hatte mit diesem geübt. Sie hatte ihm zugesehen und versucht, es nachzuahmen. sie hatte kleine Zylinder, Kugeln und Kegel geformt. Sie hatte es zu Hilfe genommen, um ihre eigenen Kräfte zu stabiliseren. Aber würde es nun gelingen, Kjetell'os Fremdfeuer zu nutzen, um sich an Khasib zu rächen?
"Hilf mir!", bettelte das Einbrechermädchen aus dem Hintergrund. Sie konnte nicht einmal mehr Tränen weinen. Ihr Körper zuckte ungelenk und Madiha glaubte für einen Moment den pochenden Impuls ihres schmerzenden Knöchels selbst spüren zu können. Khasib hingegen rieb sich unter wachsender Begierde sein eigenes Fleisch. Er war arglos, aber Madihas Anblick versetzte ihn in Stimmung. "Einer von uns wird brennen, aber ich bin's nicht", knurrte er ihr entgegen und konnte seine Lust, sie seine Macht spüren zu lassen, nicht verbergen. Er kam auf Madiha zu. Wenigstens hatte sie ihn von dem Mädchen gut genug abgelenkt, aber die Geschändete schaffte es nur, von der Pflanzkiste zu rutschen. Sie stöhnte unter Schmerzen, als sie im Gras des Gartens landete, zuckte und kauerte sich zusammen, hielt ihr Bein. Khasib rückte näher. Sein Säbel baute sich vor Madiha auf. Auch er zuckte bereits. "Ich werde dich nehmen, bis alles in dir brennt. Ich werde es dir besorgen, bis dein kleines Loch in Fetzen hängt ... und dann nehme ich mir deine andere Öffnungen vor."
Das genügte. Der schwarze Klumpen in Madihas Innerem platzte. Es war der Teer, den Khasib Jahre lang in sie gestoßen und hatte wachsen lassen. Jetzt zerbarst er und besudelte ihr Innerstes. Aber Madiha kochte. Sie brachte den Teer zum blubbern, bis sich giftige Dämpfe aus Rachelust und Hass ausbreiteten. Sie wollte diesen Mann nicht nur brennen sehen. Auch sie würde hier und heute zur Mörderin, mit weniger gäbe sie sich wohl nicht zufrieden.
In ihren Ohren rauschte es oder war es das Überfliegen des Drachens, der eine weitere Runde über Sarma drehte? War es Kjetell'os Feuer, das sie schon im Rücken spürte? Es wartete nur darauf, von ihr genutzt zu werden. Flammen, brennen, zerstören und vernichten! Hier und jetzt ging es nicht um Geborgenheit oder Wärme. Madiha wollte sich befreien, sich und alle, die unter Khasib hatten leiden müssen. Etwas baute sich auf. Sie spürte ein Prickeln, ohne dass es auf ihrer Haut lag, aber es war vertraut. Sie spürte Hitze. Sie atmete jene. Ihre Lungen blähten sich und sie fühlte, wie jede Faser von ihnen sich gegen die Hitze wappnete, die im Zentrum ihrer Luftbeutel gesammelt wurde. Sie würde Khasib das Feuer entgegenspucken, um ihn brennen zu sehen. Sie spürte es. Es war da! Oh, welche Macht sie fühlte. Es war zurück und stärker als jemals zuvor. Beinahe überwältigte es sie, so kräftig fühlte sie es lodern. Die Welt lag ihr zu Füßen und Khasib war nicht einmal ein Wurm gegenüber ihrem eigenen erhabenen Sein. Sie würde ihn zerstampfen mit Klauen aus Flammen! Sie würde ihn mit brennenden Zähnen zerfetzen, im heißen Dampf ihrer Nüstern kochen und sein Fleisch von dem erbärmlichen Gerippe nagen, das es trug. Sie würde alles Brennbare an ihm zu Asche verwandeln. Madiha hörte das sanfte Klimpern, als sie sich anspannte und die schützende Schicht aus rotgolden glänzenden Schuppen an ihrem Körper sich blähte. Sie spürte die Kraft des Windes, der sich unter ihre Schwingen legte, diese wie die Segel der Schiffe spannte, mit denen sie das Meer bereist hatte. Sie fühlte ihren langen, geschuppten Schwanz, der mit leichtem Schlingern ihren Körper am Himmel balancierte, während sie vom Auftrieb und den Windströmungen getragen die richtige Schneise für einen Sturzflug suchte. Sie atmete Feuer, dass der Rauch ihr bereits aus den Nüstern stieg. Es roch ein wenig wie die Kohlebecken dieser kleinen Menschen unter ihr. Dabei waren ihre Versuche, das Element zu bändigen, vollkommen lachhaft. Diese winzigen Wesen wussten nicht einmal, was der Begriff Feuer überhaupt bedeutete. Macht. Macht über alles und jeden! Sie war das mächtigste Männchen der gesamten Insel! Die Wüste gehörte ihr und mit ihr jedes noch so kleine Wesen darin. Sie alle hatten sich ihr zu beugen, wenn sie mit ihrem glänzenden Leib über sie hinweg flog. Sie hatten sich ihrer Macht zu beugen. Der Macht des Feuers. Die reine Urgewalt von Hitze ... geschenkt und wieder entfacht von einer dieser winzigen Geschöpfe, damit es seine verkümmerte Flamme erwärmte und neu entfachte. Damit er tun konnte, was nun richtig war. Er spürte, dass es nur diesen Weg gab. Er spürte Madiha und sie ihn.

"MADI! PASS AUF!" Calebs Stimme war das Letzte, was sie hörte. Die Bilder aus Erinnerung und Wirklichkeit verschwammen vor ihr, dann brachen sie fort und zurück blieb nur flammendes Rot. Madiha hatte doch den Luftzug schon gespürt, der den Drachen ankündigte. Sie hatte gewusst, dass er nun direkt über Khasibs Palast hinwegfegen würde. Sie hatte aber auch gewusst, dass sie weder in Deckung springen noch anderweit Schutz suchen würde. Denn sie wollte brennen. Sie wollte, dass alles brannte. Unter seinen Flammen. Unter ihrem Feuer, das er ihr genommen hatte, so wie nun auch ihre Rache und gleichzeitig spürte sie doch alles daran, als wäre sie es, dir ihr Maul öffnete. Sie war es, die die Schwingen ein wenig einklappte, damit sie nahe genug an den Garten heran käme. Sie war es, die die Schreie von Adligen und ihren Elitewachen aus dem Viertel der Reichen hörte. Sie war es, die das Maul weitere und die Hitze im Hals emporsteigen fühlte. Sie war es, die es lenkte, zu einem Strahl formte und anschließend direkt in den Garten schickte. Sie war es, die Khasib zum Schreien brachte, ihn schmelzen ließ. Ihn und alles um ihn herum, das nur Böses im Sinn hatte. Sie sah einen Busch brennen, der sich über die anderen kleineren Sträucher hatte hinwegsetzen wollen. Nicht, um sein Überleben zu sichern, sondern um sie zu unterjochen, denn er war der einzig wahre Busch, der alles Wasser Sarmas erlangen sollte. Er brannte, ebenso wie Khasib brannte.
Beide wurden gereinigt von den Flammen, die nur diesen Zweck besaßen. Das Böse ausbrennen. Vernichtung, Zerstörung, aber nur jene Anteile, die es verdienten. Sie würden geläutert. Der Rest der Welt wurde von ihnen gereinigt, durfte in der Wärme und Geborgenheit baden, die die Flammen nicht für ihre schwarzen Seelen zuließen.
Der Drache füllte den gesamten Garten des Adelspalastes mit seinem feurigen Rot. Die Flammen züngelten bis über Khasibs Kuppeldächer hinaus. Niemand konnte dem Wirbel entkommen. Madiha, das geschändete Mädchen, Kjetell'o und auch Caleb wurden gänzlich vom Feuer erfasst. Sie hatten keine Chance.

Wärme hüllte Madiha ein. Sie sah nur noch rot und gold und gleißendes Weiß, aber sie fühlte eine liebliche Wärme. Etwas streichelte sie. Ich liebe dich, sagte es und jede Silbe weckte in ihrem Herzen die Liebe, die sie zu ihrem Feuer empfunden hatte. Schau, was wir geschafft haben. Dank dir. Bist du stolz auf mich? Liebst du mich wie ich dich liebe?
Sobald Madiha die Augen wieder öffnete, durfte sie feststellen, dass der Drache wirklich über Khasibs Palas hinweg geflogen und seinen Flammenstrahl direkt in den Garten gelenkt hatte. Teile davon brannten. Nein, im Grunde war es nur einer der Büsche, der brannte. Er erhellte den gesamten Garten mit seinem lodernen Holzgerippe. Blätter hatten sich längst aufgelöst. Sie waren unter der Hitze sofort zerfallen, ebenso wie ... Khasib. Die Flammen hatten seine Haut und sein Fleisch geschmolzen, ihn aber nicht in einen Aschehaufen verwandelt. Dieses Schicksal verdiente er nicht. Seine Haltung war ... grotesk. Er kniete breitbeinig, aber dazwischen war nichts mehr außer Schwärze. Es roch nach verbranntem Fleisch und den Überresten seiner Gewandung. Ihre Asche hatte der Wind fortgetragen. Zurück blieb die schwarz verkohlte Silhouette von Khasib. Er kniete, reckte in Unglauben die Hände gen Himmel und auch sein Gesicht zeigte dorthin. Die Augenhöhlen waren leer. Seine Augäpfe hatten der Hitze nicht standhalten können. Das Letzte, was er gesehen haben musste, war Madihas Feuer, gespien aus einem Drachenmaul. Sie hatte ihn verbrannt, wie angekündigt. Noch immer fühlte sie es. Etwas prickelte durch ihren ganzen Körper, gleichzeitig erinnerte sie sich an die Streichelheinheiten aus Wärme und Geborgenheit, an die Worte in ihrem Herzen.
Das Feuer hatte nur verschlungen, verbrannt und vernichtet, was im Grunde der eigenen Seele bösartige Absichten besaß. Alle, die es einfach nur durch das Leben schaffen wollten, ihr Bestes gaben und versuchten, es irgendwie gut zu machen, blieben unberührt. Sie hatte ihr Feuer in Wärme gehüllt, ihnen Geborgenheit und eine Chance geschenkt. Etwas, das kein Drache bislang mit seinen Fähigkeiten auch nur erdacht hätte. Aber hier stand Madiha, die einen Flammenangriff unbeschadet überlebt hatte. Hier kamen ein verwirrter Caleb und ein neugierig fragend schauender Kjetell'o auf sie zu. Hier rappelte sich ein Mädchen im Gras auf und wusste nicht, welche Information es zuerst verarbeiten sollte.
Hier legten sich Arme um Madihas Körper, die ebenso viel Wärme und Geborgenheit versprachen wie das Feuer, das sie an den Drachen gegeben hatte. Sie wurde gehalten, geküsst und mit zitternder Erleichterung umarmt. "Du lebst. Es tut mir so leid. Ich ... ich hatte keine Ahnung. Oh, es geht dir gut! Madi. Madiha! Ich ... oh, ich liebe dich so sehr!" Caleb weinte gegen ihre Haut. Er bebte, klammerte sich an sie und es fühlte sich großartig an. Aber es war doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein im Vergleich zu allem, was Madiha bis eben noch in sich gespürt hatte. Diese drachische Überlegenheit, dieser Anflug von Göttlichem. Diese Macht, mit der er ihr Feuer spielen ließ wie ein Virtuose der Musik auf seinem Lieblingsintrument. Aber das Lied, das dieser Feuerdrache schuf, war anders als alles Flammenlieder, die ein Drache jemals auf Celcias Leben hinabgeworfen hatte. Es war keine Hymne aus Vernichtung, Zerstörung und fressender Hitze. Es war eine Symphonie aus Geborgenheit, Wärme, Schutz und ... Liebe.
Wir lieben dich. Ich liebe dich. Ruh dich aus. Wir finden dich ... später. Erst müssen wir säubern, was euresgleichen angerichtet hat. Keine Sorge. Ich kümmere mich darum. Bist du nicht stolz auf mich? Auf uns? Wir schaffen Großartiges. Wir lieben dich.
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Re: Im Sultansviertel

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Samstag 14. Dezember 2024, 17:02

Madiha konnte nicht sehen, wie Caleb ihr nachschaute. Sie war gefangen in ihrem früheren Leben, darin, wie sehr sie gelitten hatte. Sie war gut darin gewesen, sich davon abzuschotten und sich nur auf all das zu konzentrieren, was neu und unberührt vor ihr lag. Die Welt hatte viel mehr zu bieten als ihre bloße Pein. Sie vergrub die Dinge, lernte sogar Nähe zuzulassen, wo sie sonst nur Schmerzen empfand. Madiha war der Illusion erlegen, dass ihre Vergangenheit nicht mehr nach ihr greifen würde. Sie hatte sich daraus befreit und sich nicht mehr umgedreht. Doch bereits auf der Fahrt hierher, hatte Madiha erkannt, dass Sarma für sie zur Falle werden könnte. Sie hatte gespürt, dass die Rückkehr nicht einfach werden würde und schließlich behielt sie recht. Als sie dann auch noch ausgerechnet in das Sultanviertel und in letzter Konsequenz direkt zum Anwesen von Khasib gingen, war sie ihren Schmerzen ausgeliefert. Sie ließ sich vollkommen darauf ein und vermischte Gegenwart und Vergangenheit, ohne es zu bemerken. Madiha starrte dem Schlafgemach von Khasib entgegen, während sie auf jenen Pfeffersack im Garten zuging. Sie hörte keine Rufe, sie vergaß, warum sie hier waren. Es war ihre Geschichte, ihre Vergangenheit. Caleb hatte gewusst, wer Madiha war. Aber hatte er jemals nachvollzogen, wie es für sie gewesen war? Hatte er sich je vorstellen können, was sie tagein und tagaus hatte durchstehen müssen. Wie stark sie tatsächlich war, weil sie hier stand und imstande war, zu lieben? Madiha hatte sich niemals brechen lassen. Trotzdem gingen diese Jahre nicht spurlos an ihrer Seele vorbei. Es war kein Wunder warum sie sich oft klein und im Schatten fühlte, begriff man erstmal das ganze Ausmaß ihres Aufwachsens. Wenn ein Kind niemals suggeriert bekam, das es geliebt wurde. Wenn es Schmerzen erlitt, anstatt sorglos spielen zu dürfen. Caleb wollte die Welt für sie verändern – aber sie selbst musste bei ihrer Vergangenheit beginnen. Sonst würden die Geister sie stets zu sich rufen, wenn sie einen Moment unachtsam dem Glück nachjagen würde.

Madiha erinnerte sich gut daran, als sie Khasib’s Kammer aufsuchte, nachdem man Hila, eine weitere Sklavin ihres Harems, erst aufgeschnitten und dann zum Sterben hinausgeworfen hatte. Madiha sah, wie das Leben aus der jungen Frau wich, die den einzigen Fehler gehabt hatte, dass sie ein Kind von ihrem Vergewaltiger empfing. Madiha hatte genug von dieser Ungerechtigkeit. Sie hatte genug, benutzt und drangsaliert zu werden. Und sie hatte diesen dunklen Klumpen in sich gefühlt, hatte sich aufgemacht, es endlich zu beenden. Damals war sie voller Wut, voller Hass gewesen. Das war heute anders und trotzdem stand sie nur wenige Atemzüge vor eben jenem Mann, der all diese Gefühle wahrlich verdiente. Sarma war schon immer frauenfeindlich und doch gab es Häuser, in denen die Frauen normalen Tätigkeiten nachgingen. In denen sie weder geschlagen noch vergewaltigt wurden. In denen sie nicht frei waren aber ein Mindestmaß an Achtung erhielten. Khasib hatte sich gegen diese Methode entschieden und da stand er schwitzend und keuchend, fett und ekelerregend, um sich für die nächste Runde zu wappnen. Das Mädchen starrte den Dicken an und blickte nur kurz auf das Mädchen, dessen Gesicht sie, als das ihre erkannte. Was im Hintergrund zwischen Kjetell’o und Caleb geschah, bemerkte Madiha nicht. Sie war in einer Spirale aus Zorn, Kummer und dabei ihre Ketten ein für alle Mal zu lösen. Khasib erkannte sie tatsächlich wieder. Es hätte ebenso gut sein können, dass er nicht mal wusste, wen er da vor sich hätte aber Madiha war es lieber so. Das machte es… endgültiger. "Sieh an, sieh an. Du lebst ja wirklich noch. Also hätte ich den Überbringer der Nachricht, dein Sandloch wäre leer gewesen, gar nicht hängen lassen müssen. In der Tat, da stehst du ... mit deinem hässlichen Körper. Aber zum Abreagieren reichst du, wie damals schon. Lass mich das billige Stück Dreck hier nur noch schwängern, dann widme ich mich voll und ganz deiner ausgeleierten Mitte. Mal sehen, ob ich es dir nach all der Zeit immer noch so besorgen kann, dass du schreist. Hahahaha!"
Madiha hörte die abgrundtief ekelerregenden Worte, aber sie bemerkte auch, dass sie keine Macht mehr über sie hatten. In ihrem Blick flammte der unbändige Wille auf, den er schon mal unterschätzte. „Du wirst der Einzige sein, der schreit“, entgegnete sie so ruhig, dass es einer knisternden Gefahr gleichkam. Sie drohte ihm damit, ihn brennen zu lassen, wenn er nicht spurte. "Einer von uns wird brennen, aber ich bin's nicht" Sie engte ihre Augen. Madiha sah in ihrer Vergangenheitsblase nicht, dass sie längst nicht mehr in der Lage war, Feuer zu wirken. Sie glaubte noch, sie könnte es und versuchte die Quelle heraufzubeschwören. Sie wollte Magie wirken, sie würde Magie wirken. Khasib schob seinen dicken Wanzt in ihre Richtung und präsentierte sich ihr auf eine Weise, die nicht mehr herablassend hätte sein können. Sie stand ganz still da, die Hand ausgestreckt, als gäbe es tatsächlich eine Feuerschale, die sie nutzen könnte. Aber jene gab es nur in ihrer Vision der Vergangenheit. "Ich werde dich nehmen, bis alles in dir brennt. Ich werde es dir besorgen, bis dein kleines Loch in Fetzen hängt ... und dann nehme ich mir deine andere Öffnungen vor." In ihr loderte etwas auf.

Es war weder ihre Magie, noch der Schmerz dieser Wahrheit. Es war… Stärke. Eine Stärke, die er nie aus ihr herausgebrochen hatte! Madiha’s schwarzer Klumpen platzte in ihrem Innern und blubberte mit rasender Geschwindigkeit durch ihren Körper. In ihren Augen entzündete sich ein Feuer, das keine Magie bedurfte. Diese Gefühle waren ebenso neu, wie echt. Hass und Mordlust gab es selbst in ihr und doch würde sie nach Khasib nie wieder so empfinden können. Das wusste sie. Alles Schlechte richtete sich nur auf ihn aus. Er sollte vom Antlitz dieser Welt getilgt werden, damit er nie wieder irgendwem auch nur einen falschen Blick zuwenden konnte! Madiha spürte die Wärme in ihrem Rücken, ohne zu wissen, woher sie kam. Sie war ihr vertraut und gab ihr die nötige Zuversicht. Sie hielt an ihrem Gedanken fest, dass sie Feuer wirken würde. Plötzlich aber veränderte sich ihre Wahrnehmung. Sie starrte Khasib an und … atmete tief durch. Da war ein Brennen, ein lodern. Es war ein eigenartiges Gefühl und gleichzeitig brachte es sie für einen Moment ins Wanken. Was war das? Madiha spürte diesem Gefühl nach, konnte fühlen, wie es sich überall in ihre einnistete und sie spürte noch mehr. Da war Wind… da war Stärke und Erhabenheit. Sie fühlte sich mächtig und alt… Eine alte Magie, gleichzeitig ihre eigene. Das Mädchen ließ sich von diesem Gefühl ausfüllen und bekam kaum genug davon. Es war so kolossal und gleichzeitig so vertraut. Als würde sie eine liebgewonnene Decke um sich legen, die sie bereits vermisst hatte. Es fühlte sich anders an und trotzdem gelang ihr das scheinbar mühelos. Ihre Finger tanzten im gefühlten Wind. Ihre Arme bewegten sich leicht, als wären sie erhabene Schwingen. Dann konnte sie die Schuppen fühlen, die sich wie eine Rüstung um sie legten. Sie schloss die Augen, spürte den langen Schwanz, der mit jeder Nuance an Bewegung eine Position veränderte, die sie im Flug innehatte. Madiha lächelte plötzlich. Das Gefühl war unbeschreiblich und löste in ihr ein Gefühl von Unverwundbarkeit aus. Als sie die Augen wieder öffnete, da war sie verändert. Nichts hätte ihr noch etwas anhaben können. Sie stand da, fühlte das reinigende Feuer in ihrem Innern und wusste: Sie würde tun, wozu sie bestimmt war! Sie würde diese Frau und jede andere rächen, sie würde sie sühnen und kam als Racheengel des Feuers. Sie schwang die Flamme der Gerechtigkeit und würde diesem Schicksalsstrang ein Ende bereiten. "MADI! PASS AUF!" hörte sie plötzlich Caleb, doch was sollte ihr schon geschehen?
Sie war übermächtig, sie war pures Feuer! Nichts konnte sie aufhalten, nichts und niemand. Madiha hatte keine Angst mehr und sie hieß das Feuer willkommen, das sich über den Garten ergoss. Mit ausgebreiteten Armen empfing sie den düsteren Schatten des Drachen, der über sie alle hinwegflog. Dann lachte sie, als das Feuer sich in jeden Winkel ergoss. Sie lachte, während sie Khasbi in die Augen schaute. Jene Augen, die ihr Gesicht – lachend – als letztes sehen würden, bevor er sich klar wurde, dass der Drache ihn vernichtete. Die Wärme, die sich an sie schmiegte, war ebenso vertraut, wie wunderschön. Madiha schaffte es sogar eine Träne zu bilden, innerhalb dieser immensen Hitze. Ich liebe dich. Schau, was wir geschafft haben. Dank dir. Bist du stolz auf mich? Liebst du mich wie ich dich liebe?, hörte sie das vertraute Knistern in sich. Madiha schloss die Augen, während sie im Inferno stand. Ich bin stolz. Stolz, dass ich für eine Weile deine Begleiterin sein durfte. Dass ich Teil von dir sein durfte und du nun deine wahre Bestimmung gefunden hast!, dachte sie voller Liebe und ohne Reue. Madiha hat verstanden, dass das Element zu höherem bestimmt war. Und diese Bestimmung im Schlund des Drachen gefunden hatte.

Sie war ein Aufbewahrungsgefäß und konnte dennoch ihre eigene Liebe dem Leben gegenüber einbringen. Sie lachte, nein – sie strahlte – noch immer. „Du bist so mächtig…“, murmelte sie ins Lodern hinein und streckte ihre Hände danach aus. „So wunderschön!“, murmelte sie weiter und eine feine Sehnsucht berührte sie. Aber Madiha war im Reinen. Sie war im Reinen damit, dass sie ihr Feuer aufgegeben hatte. Es war gut so. Der Drache war imstande ihre Magie zu nutzen und tat damit nicht nur Schlechtes, wie sie geglaubt hatte. Nein, ihr Feuer reinigte das Böse aus dem Land und würde nichts als das Gute zurücklassen. Madiha’s Verstand erfasste nicht alles. Das konnte er gar nicht. Viel zu fantastisch war es, viel zu viel und überstieg ihren Horizont, wieso das alles geschah. Aber sie war in der Lage Dankbarkeit zu empfinden, was sie tat. Ihr Blick richtete sich nach oben. Sie schaute zum Drachen und schloss dann die Augen. „Danke…“, murmelte sie, weil er ihr geholfen hatte, dieses Scheusal von schlechter Seele vom Antlitz der Welt zu brennen. Sie empfand Genugtuung, obwohl sie einem Menschen das Leben genommen hatte. Aber es war so wichtig gewesen… Es war so viel wert. Das Lodern wurde weniger. Es knisterte nur noch im Busch, während sich von Khasibs Leiche nur noch feine Schwaden erhoben. Madiha kam langsam wieder zu sich und spürte jetzt erst, die Gegenwart. Sie sah sich um, blickte zum ersten Mal wieder in den Garten. Ihr Brustkorb hob und senkte sich, sie war verwirrt. Plötzlich legten sich Arme um sie, aber sie zuckte nicht zurück. Sie legte sofort ihre Hände an die warme Haut von Caleb und lehnte sich an ihn. "Du lebst. Es tut mir so leid. Ich ... ich hatte keine Ahnung. Oh, es geht dir gut! Madi. Madiha! Ich ... oh, ich liebe dich so sehr!" Das Mädchen wandte sich langsam innerhalb der Umarmung um und blickte Caleb an. Sie lächelte. Dann aber griff sie beherzt zu, zog ihn zu sich und küsste ihn so innig und ohne jede Scheu, dass kein Zweifel daran bestand, was sie ihm gegenüber fühlte. Auch mit dem Wissen, dass er derjenige gewesen war. Madiha konnte ihm nicht böse sein. War sie nie gewesen. Seine Liebe war der Funke, der sie entfacht hatte. Der sie auf ihren Weg gebracht hatte und der sich schließlich in diesem Moment entlud. Sie konnte das Göttliche fühlen. Sie würde es niemals vergessen können. Madiha hatte gespürt, wie groß ihre Kraft geworden war. Und wie der Drache sie nutzte. Ihr war das alles noch nicht hinlänglich bewusst, aber sie konnte das erhabene Gefühl noch immer spüren. Wir lieben dich. Ich liebe dich. Ruh dich aus. Wir finden dich ... später. Erst müssen wir säubern, was euresgleichen angerichtet hat. Keine Sorge. Ich kümmere mich darum. Bist du nicht stolz auf mich? Auf uns? Wir schaffen Großartiges. Wir lieben dich., hörte sie ihre Magie und schloss in Caleb’s Armen die Augen. Ich weiß, dass ihr Großes schafft… ich bin stolz auf dich… auf euch…, dachte sie voller Liebe und Zuversicht, dass alles gut werden würde. Madiha drückte sich an Caleb, vergrub ihr Gesicht an seinem Hals und sog seinen Duft ein. „Ich liebe dich über die Maßen, Caleb“, raunte sie ihm zu und stahl sich abermals einen Kuss. Dann aber wandte sie sich lächelnd zu Kjetell’o. Auch ihn umarmte sie, nachdem sie sich von Caleb gelöst hatte. Sie drückte den Magier fest. „Danke“, sagte sie ehrlich und gab auch Kjetell’o einen leichten Kuss auf die Wange. Es war ein Überschwang, der noch in ihren Adern brannte. „Danke, dass du mir gezeigt hast, dass meine Magie alles sein kann“, sie blickte zum Himmel. „Und sie diesem Drachen nun dient“, merkte sie an. Sie holte tief Luft, ließ Kjet los und fasste Caleb an der Hand. Sie lächelte ihm zu. „Ich bin erschöpft“, gab sie zu und blickte schließlich zu der jungen Frau, die sie selbst sein könnte. Madiha eilte zu ihr herüber und stützte sie schließlich. „Dein Leben wird nicht auf das hier reduziert! Du wirst es leben, dich dem stellen und dann erstarkt daraus hervorgehen!“, befahl sie ihr schon fast. Aber aus ihr Sprach die Zuversicht, die sie selbst auf die harte Tour gelernt hatte. Sie hatte nie aufgegeben. Sie wusste, wovon sie sprach. Und sie gab dieses Wissen an das Mädchen weiter. Dann spürte Madiha, wie das Erlebte sie auslaugte. Es war so wahnsinnig intensiv gewesen, dass sie fast schon haltlos zurückblieb. Was nun?
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Re: Im Sultansviertel

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 18. Dezember 2024, 03:47

Schon seit ihrer Rückfahrt auf der Schwarzen Muräne - nein, eigentlich schon seit dem Eintreffen von Ilmy und all der sarmaer Flüchtlingskinder - hatte Madiha gewusst, was es für sie bedeuten würde, in ihre Heimat zurückzukehren. Hier empfingen sie keine liebevollen Umarmungen oder Wiedersehensfreude. Hier warteten neben dem vorherrschenden Krieg und dem damit verbundenen Elend auch alte Dämonen. Sie verstärkten sich, als Caleb das Trio ins Sultansviertel führte, weil ihnen kein anderer Weg in den Untergrund offenstand. Vor Madiha hatte sich ebenfalls ein tiefes Loch aus dem Grund geöffnet, in dessen Schlund Khasibs Palast auf sie wartete. Dass sie ihm noch leibhaftig gegenüberstehen würde und er wieder dabei gewesen war, ein Leben wie das ihre an den Rand des Zusammenbruchs zu führen, hatte sie nicht geahnt.
Aber jetzt? Jetzt war es vorbei. Endlich war es vorbei. Nicht nur für sie, sondern für all jene, die unter diesem Mann hatten leiden müssen. Er würde nie wieder Schaden anrichten. Sie hatte ihn überlebt und sie war noch immer nicht gebrochen worden. Sie und viele andere, bei denen er es versucht hatte. Sie lebten. Khasib nicht. Das Letzte, was er hatte sehen und hören dürfen, bevor er verging, war Madihas Gesicht, war ihr Lachen und der Triumph in ihren Augen, ihn überstanden zu haben. Er starb machtlos.

Es gab nur drei Personen, die angesichts der herabfahrenden Haraxflut aus Feuer die Augen offenhielten. Zum einen war es Madiha, die ihren Sieg über Khasib und dessen Ende sehen wollte. Sie hatte keine Angst vor den Flammen. Jene waren so lange ein Teil von ihr gewesen. Es war ihr Feuer, das die Welt nun von dieser Bösartigkeit an Mensch reinigen würde. Es war ihre Magie, die sie heraufbeschwor. Sie wusste es und diese Kraft musste ihr nicht innewohnen, um ein arkanes Hochgefühl zu verspüren. Sie wusste in jenem Moment, da sie den Drachenleib, dessen Leben und sein Feuer - ihr Feuer! - in sich fühlte, dass sie es überstehen würde. Ihr Feuer war nicht dafür gemacht, zu vernichten. Es reinigte und wenn es Anteile des Bösen von der Welt war.
Der Zweite, der die Augen nicht mehr hatte schließen können, war Khasib selbst. Schreckgeweitet starrten seine widerwärtigen Pupillen ihr entgegen, bevor er gen Himmel sah. Doch es reichte nicht mehr aus. Sein Untergang bot sich ihm nicht als Anblick auf ein erhabenes Drachengeschöpf und dessen flammende Macht dar. Madihas Bildnis brannte sich in seine Sicht hinein, bevor er verbrannte. Es war vorbei.
Der Dritte im Bunde, der wirklich sah, was nun geschehen war, nannte sich Kjetell'o. Wo das geschändete Mädchen und Caleb sich vor Furcht die Arme vor das Gesicht hielten und die Augen schlossen, da starrte der hochgewachsene Elf direkt in den Flammenstrahl, der sich aus dem Maul des Drachen auf den Palastgarten ergoss. Er sah der Welle aus loderndem Tod entgegen, doch anstatt seine eigenen Kräfte schützend zu erheben, empfing er sie mit offenen Armen. Er fühlte Madihas Macht, die ihm bereits fast schon so vertraut war wie seine eigene. Wenn er durch ihr Feuer hier sterben sollte, dann nahm er es an. Er hieß die Hitze Willkommen wie einen alten Freund und er atmete sie, als sie ihn umfing. Für einen Augenblick fühlte er dessen Kern, winzig und doch so kraftvoll, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb. Schon war das Gefühl vorüber. Kjetell'o taumelte und stürzte schließlich gegen Caleb, der dadurch aus seiner eigenen Starre erwachte.
"Was zum... Kjet!" Im letzten Moment konnte er verhindern, dass sein Gefährte auf dem Boden aufprallte. Sacht ließ er ihn dort nieder und tätschelte seine Wange. "Du lebst ja noch ... ha, und ich auch! Und ..." Sein Blick huschte herum. "Madi!" Schon stürmte er los, um sie zu umarmen, heilfroh, dass sie es unbeschadet überstanden hatte. Die Gerufene überblickte kurz, was vom Ausmaß dieser drachischen Macht übrig geblieben war und stellte mit Erleichterung fest, dass das Feuer wirklich nur jenen geschadet zu haben schien, die Böses im Sinn hatten. Auch eine Pflanze konnte diese Neigung verspüren, wenn sie eogistisch genug war, sich nicht in die naturelle Harmonie des Lebens einfügen zu wollen, sondern sich selbst über den Wert anderer stellte. Der Busch brannte noch ein wenig, bis auch die letzten Blätter an ihm zerfressen waren. Khasibs kohlschwarzer Körper schwelte vor sich hin. Das Gras strotzte vor Grün, die vielen Blüten zeigten ihre Pracht, die Springbrunnen plätscherten und Madiha lag in Calebs Armen, an dessen Körper sie sich nun anlehnte, bevor sie sich umwandte, um ihn zu küssen. Etwas überrumpelt erwiderte ihr Dieb diese Attacke, bevor er sich ganz darauf einließ. Seine Umarmung engte sich. Er hielt seine Madiha, küsste sie und steckte nicht nur all seine Liebe in diese Geste hinein. Tiefste Bewunderung sprach aus ihm: "Das warst du. Das ... war ... ich weiß gar nicht genau, was ich sagen soll. Madi!"
"Ich liebe dich über die Maßen, Caleb."
Er nickte. "Ja. Ich glaube, genau das wollte ich sagen." Schon küssten sie einander noch einmal. In dieser Zeit hatte auch Kjetell'o den Weg zu ihnen gefunden. Nach seinem kurzen Zusammenbruch ging es ihm nun wieder besser. Er lächelte Madiha an, aber ihr genügte das nicht. Sie zog ihn ebenfalls mit in die Umarmung hinein, drückte ihm einen Schmater auf die Wange und bedankte sich aufrichtig. "Danke, dass du mir gezeigt hast, dass meine Magie alles sein kann. Und sie diesem Drachen nun dient."
Der Elf lächelte warm, blinzelte dann aber überrascht ob ihrer Worte. "Hast du denn nicht gesehen...?", fragte er, aber es ging angesichts der Lage unter. Madiha war erschöpft. Obwohl der Drache ihre Magie genutzt hatte, fühlte sie sich vollkommen ausgelaugt, als hätte sie selbst all ihre mentalen Kräfte dafür aufgebraucht. Vielleicht war es auch so, denn sich ihrem alten Heim und Khasib stellen zu müssen, hatte bedeutet, sich allem aus ihrer Vergangenheit zu stellen. Das zehrte aus. Trotzdem vergaß sie das jüngste und letzte Opfer dieses Mannes nicht. Mit ihren letzten verbliebenen Reserven löste Madiha sich aus Calebs Armen und schleppte ihren Körper zu dem Mädchen herüber. Ihre Beine fühlten sich bleischwer an, ebenso wie ihre Lider. Am liebsten hätte sie sich nun zu der Fremden ins Gras gelegt. Stattdessen kniete sie zu ihr nieder und half ihr in eine halb aufgerichtete Position. Dabei spürte sie die Furcht der jungen Frau, die Kaktusnaseln in ihrem Rücken und an ihrer Kleidung, aber am meisten ... die Scham. Das Kind schämte sich, senkte den Blick und zitterte am ganzen Leib.
Madiha redete ihr gut zu. Sie nutzte Worte, die sie selbst von niemandem gesagt bekommen, sich aber stets an diese geklammert hatte. Denn nur so war es ihr möglich gewesen, immer den Willen aufzubringen, überleben zu können. Das Mädchen besaß ihre Kraft aktuell aber nicht. Sie fesste in Madihas Kleidung, wollte sich daran festhalten, aber ihre Finger zitterten selbst dafür zu sehr.
"Sie blutet stark", bemerkte Kjetell'o, der hinzugetreten war. Das Mädchen schaute auf und der bloße Anblick eines Mannes ließ sie zusammenfahren. Schon verbarg sie sich an Madihas Brust, begann bitterlich zu weinen und drohte, sich immer weiter hineinzusteigern. Wo in ihr aber die letzten Reserven dazu dienten, in pure Panik zu geraten, da wurde es in Madiha ganz ruhig. Ihr Körper erkannte, dass die Gefahr gebannt war und ... gab nach. Sie bekam nicht mehr mit, was aus dem Mädchen nun wurde und wer sich neben ihr um sie kümmerte. Sie bekam nicht einmal mehr den Aufprall auf dem Gras mit, das glitt sie bereits in eine tiefe Schwärze.

Weiter bei Der Bund der Wüstendiebe -> Das Versteck der Anderen
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Re: Im Sultansviertel

Beitrag von Erzähler » Freitag 21. Februar 2025, 10:41

Madiha kommt von Der Markplatz -> Am Marktplatz

Es dauerte eine Weile, bis Caleb alle Vorbereitungen getroffen hatte. Außerdem nahm er Madiha noch einmal mit in den Untergrund. So langsam durfte sie sich auch dort zu Hause fühlen, obwohl sie nicht wieder in die Nischenhöhle gingen, in der Dunia ihr Werk verrichtete. Stattdessen lernte sie Calebs kleinen Unterschlupf kennen. "Nur Übergangsweise", hatte er gesagt, aber dafür sah es bereits jetzt schon zu gut eingerichtet aus: Neben einem sehr breiten Schlafplatz mit zahlreichen Kissen fand sich auch schon ein erster Teppich hier. Außerdem schien Caleb seine andunischen Heimat auch mit nach Sarma genommen zu haben. Einige der kleinen, nautischen Sammlerstücke stammten eindeutig von der Schwarzen Muräne.
"Ich kann nicht länger auf schwankendem Untergrund schlafen. Ich bin froh, mal wieder an Land zu sein", erklärte er sich auf Madihas fragendes Gesicht hin, warum er sich überhaupt beim Bund der Wüstendiebe einquartiert hatte. Denn Kjetell'o, Jakub und nun wohl auch Corax verbrachten die Nächte weiterhin auf dem Schiff, zusammen mit der dunkelelfischen Mannschaft.
Auch wenn Madiha und Caleb vor hatten, in Khasibs Anwesen einzubrechen, würden sie das Gebäude sehr offen betreten. Zur Schau gestellte Heimlichkeit erregte jetzt wohl nur mehr Verdacht, denn dann würden Außenstehende erkennen, dass niemand mehr den kleinen Palast bewohnte. Das bedeutete ein Risiko für jene, die vor hatten, ihn zu plündern. Daher verzichtete Caleb darauf, sich und Madiha in nachfarbene Kleidung zu hüllen. Er bot ihr aber an, sich umzuziehen. Ersatzkleidung war genug vorhanden. Vor allem würde Madiha im Untergrund gewiss auch etwas finden, dass ihr besser passte. Caleb kümmerte sich derweil darum, Werkzeuge mitzunehmen, denn es gab natürlich Dinge, die man auch in Khasibs Haus würde gebrauchen können. Dietriche standen an oberster Stelle, aber auch ein kleines Brecheisen und sogar ein Seil nahm er mit. Außerdem packte er viele kleinere Säcke in einen größeren, damit sie die Beute halbwegs ungesehen würden transportieren können. Er hatte gar vor, sich an der Oberfläche einen Handkarren zu beschaffen, um den Anschein zu erwecken, Madiha und er würden bei Khasib irgendetwas ankaufen oder abtransportieren. So könnten sie selbst mit Beute offen durch die teilweise noch immer unsicheren Straßen Sarmas gelangen.

Schließlich war es soweit. Madiha musste zwar noch einmal versichern, dass sie sich jetzt bereit fühlte, das Anwesen ihres alten Herrn wieder zu betreten, aber dann standen sie und ihr liebter Dieb endlich vor der Fassade. Noch immer verströmte sie ein gewisses Unbehagen, ganz so, als hätte man das Leid aller Sklaven dieses Hauses wie Farbe auf den Stein gepinselt.
"Nimm alles mit, das wertvoll aussieht", raunte Caleb, ehe er geradezu lässig auf die Haustür zu schlenderte. Den gemieteten Handkarren stellte er hinter der Grundstücksmauer ab. Da er noch mit nichts beladen war, blieb es unwahrscheinlich, dass jemand ihn sich stibitzte. Uanfuffällig drückte Caleb die Klinke der Haustür herunter. Sie schwang auf. Natürlich! Er war schon einmal hier gewesen, seit der Hausherr vom Drachenfeuer im Garten gebrutzellt worden war. Dennoch schien er sich im Inneren noch nicht weitläufig umgesehen zu haben. Er wartete, bis Madiha ihm ins Haus gefolgt war und schloss die Tür hinter ihr.
Sie fanden sich in der imposanten Eingangshalle wieder. Alles lag still da. Nicht einmal die unzähligen Kristalle des runden Leuchters über ihren Köpfen klirrten. Dass die Belagerung aber selbst bis hierher Einzug gehalten hatte, ließ sich nicht abstreiten. Die unteren Fenster waren mit Läden verrammelt und von innen zugenagelt worden. Ein Waffenständer, der sich vorher nicht hier befunden hatte, wartete mit Hellebarden und Krummsäbeln auf Wächter, die längst ihre Posten verlassen hatten. Niemand war mehr hier, so schien es.
"Du kennst dich hier aus. Wo findet sich etwas?", wandte Caleb sich an Madiha und überließ es ihr, die Richtung vorzugeben. Sie wusste, dass in den Räumen des Erdgeschosses simple Arbeitszimmer, Salons und auch ein Bad zu finden waren. Ebenso gab es Zugang zum Garten, sowie die Küche und ein kleines Bad für Gäste. Die interessanteren Räume wären im Obergeschoss, der sich in zwei Flügel aufteilte, die sich U-förmig in zwei Richtungen begaben, nur um über einen Balkon auf der Rückseite des Gebäudes wieder zusammenzufinden. Nach links ging es zu den Unterkünften für Sklaven und Wächter. Dort gab es auch eine Art kleineres Gästezimmer, das den Wachen zugeteilt wurde. Jene, die sich bei Khasib besonders positiv hervortaten, hatte er ab und an erlaubt, sich eine Frau aus seinem Harem mit in das Zimmer zu nehmen.Ganz in der Nähe fand sich ein geheimer Zugang, der zu Räumen im Erdgeschoss führte, die auf keine andere Weise erreichbar wäre. Hier warteten ein privater Kerker und eine Folterkammer. Ansonsten gab es natürlich auch für den Harem zahlreiche Räumlichkeiten, um ein Leben als Sklavin zu führen. Nicht nur die Unterkünfte, sondern auch ein gemeinsames Bad, ein Speise- und Wohnzimmer, sowie eine große Halle, in der die Frauen all das hatten üben können, was Khasib von ihnen erwartete: Tanzen, Musizieren, sich hübsch machen. Die brutaleren Voraussetzungen für ein Leben als Sklavin unter dem Mann fanden im anderen Flügel statt. Dort gab es Schlafzimmer und zwar viele. Welches davon Khasibs war, ließ sich nicht sagen. Er wechselte sie wie Unterwäsche, aber in jedem gab es genug Möglichkeiten, um seinen Harem ... auszuprobieren. Selbst die Badezimmer boten mit langen Diwanen mit wasserfesten Polstern Gelegenheit, über eine unglückliche Sklavin herzufallen. Darüber hinaus besaß er Audienzzimmer, um seine Gäste und Geschäftspartner zu empfangen. Es existierte ein Raum, in dem er pflegte, seine Wasserpfeife zu rauchen. Er besaß zwei Arbeitszimmer, eine kleine Schreibstube mit Bibliothek, einen Kartenraum für seine geschäftlichen Handelsrouten und ... diesen größeren Raum mit Bühne, auf der seine Frauen tanzen mussten, ehe sie sich auf gepolsterte Tische und Bänke zu legen hatten, damit Khasib und seine Freunde eine Orgie nach der anderen an ihnen durchführen konnten. Ganz klar, der rechte Flügel war der Harax Sarmas. Aber hier würde sich wohl das Wertvollste finden, denn Khasib pflegte, vor seinen Gästen mit Reichtum zu protzen. Statuen, Schmuckstücke, selbst vergoldete Spiegel. Wenn Madiha und Caleb gute Beute machen wollten, müssten sie sich den Bildern ihrer Vergangenheit stellen.
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Re: Im Sultansviertel

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 18. März 2025, 10:44

Madiha hüllte ihre Freunde – ihre Familie – ein in eine wärmende Decke aus Zuversicht. Pulsierend legte sie ihre Magie über sie, versicherte ihnen wortlos, dass sie sie fortan beschützen würde. Dass sie bei ihr stets Wärme du Liebe finden würden. Madiha entließ ihre in Ketten gelegte Seele dabei und sprengte sich in die Freiheit. Sie spürte mit jeder Anwendung, wie großartig das Leben werden konnte, wenn man sich erstmal aus der Vergangenheit befreite. Ihr Innerstes erschuf die Wärme, die Kjetell’o, Caleb und Corax umfingen. Sie hätte auch Jakub erreicht, wenn der erste Maat nicht bereits gegangen wäre, doch das änderte nichts an den Tatsachen. Madiha blickte Kjetell’o an und lächelte Caleb zu, als jener sie und ihre Magie als wunderschön bezeichnete. Die Samaerin würde sich wohl nie an solche Komplimente gewöhnen, aber das machte nichts. Sie war glücklich, sie war gewillt es festzuhalten und sie wollte das Glück nach bestmöglichem Gewissen auf diejenigen übertragen, die es noch nicht kennen oder festhalten können. Sie war für jeden einzelnen da. Bereits in der Vergangenheit hatte sie bewiesen, dass sie treu und bemüht war, sich als wertvolles Mitglied zu erweisen. Jetzt wollte sie ihnen das Vertrauen zurückgeben, das man so oft in sie gesetzt hatte. Madiha strahlte eine Beständigkeit aus. Ein unermüdliches Vertrauen, dass alles gut würde. "Ich bin selbst kein Meister. Du bist es, ich spüre es in jedem Funken, den du uns zeigst. Ich muss überlegen, was ich dich lehren kann. Gib mir ein wenig Zeit, vor allem, weil..." Madiha wollte etwas erwidern, folgte aber dem Blick des Shyáners. Sie betrachtete Corax, der leuchtend und bunt vor ihnen stand. "Ich muss zunächst über einen anderen mehr nachdenken." Madiha nickte. Es würde sich nicht ändern, dass sie anderen den Vortritt überließ. Sie blickte Corax aufrichtig an und lächelte ihm ganz persönlich zu. Er hatte verdient, dass er ebenso an die Hand genommen wurde, wie sie es einst wurde. Dass sie nun über solch eine große Macht verfügte, stellte für sie trotzdem eine Herausforderung dar. Sie brauchte Anleitung, auch wenn Kjetell’o kein Meister war. Aber sie würde ihn beizeiten fragen, sobald sie spürte, dass sie nicht zurechtkäme. Jetzt aber überließ sie es dem Elfen Corax zu lehren und trat beiseite. "Ihr wollt sicher allein sein. Wenn ihr gestattet, bringe ich unseren verschollenen Freund zurück auf die Muräne. Ich würde dort gern einige Worte mit ihm wechseln und ich bin sicher ... du möchtest mit Jakub sprechen, Träger?"
"Ja. Vielleicht. Wir sehen uns dann später? Ich kann dich mit Caleb nun unbesorgt allein lassen."
"He, kleiner Elf! Vorsichtig, was du sagst!"
Madiha schmunzelte stumm und nickte schließlich in Corax‘ Richtung.

Sie sah den beiden noch einen Moment nach und kurz flatterte eine Ansammlung von gemischten Gefühlen durch sie hindurch. Doch dann verflog das Gefühl, denn sie wollte nun nicht darüber nachdenken. Stattdessen fragte sie Caleb, ob er immer noch in Khasib’s Anwesen wollte. Sie hatte das Gefühl, endlich bereit dafür zu sein. "Je schneller, desto besser. Sonst kommen mir andere zuvor, die ebenfalls aufgeschnappt haben, dass es dort keine ... Hindernisse mehr gibt. Aber, Madi, du musst nicht mitkommen. Ich hab's verstanden, wie sehr an dir zehrt. Falls es jedoch was gibt, das ich von dort mitbringen soll und du mir sagst, wo ich es finden kann, dann..." Sie sah ihm mit blitzendem Blick in die Augen, ehe er verstand. "Du kommst mit?" Ihr Mundwinkel hob sich. "Na endlich! Was immer dazu geführt hat, dass dir ein Drache so viel ... dass du dich ganz fühlst ... um ehrlich zu sein, hab ich überhaupt nichts verstanden, aber- Naja, ist auch egal! Ich bin einfach nur froh, dass es endlich irgendwas geschafft hat, zu dir durchzudringen ... und dir zeigen konnte, was ich in dir gesehen habe, seit du mir damals versucht hast, den Geldbeutel vom Gürtel zu klauen. Endlich, Madi. Tut gut, dich so zu sehen. Ich verliebe mich gleich nochmal in dich." Sie lachte nun und brach den Blickkontakt verlegen ab. Als er ihr die Hand hinhielt, griff sie ohne Zögern danach. "Lass uns aufräumen! Ich sollte nur noch einige Dinge holen. Unvorbereitet müssen wir nicht sein, auch wenn niemand mehr dort zu erwarten ist. Oder ... kannst du auch Sachen herumschweben lassen, damit wir sie nicht schleppen müssen? Nein? Hm, machen wohl eher Luftikusse unter den Zauberern, was?" Madiha zuckte die Schultern. „Keine Ahnung!“, gab sie lachend zu und folgte Caleb, damit sie sich für ihr Vorhaben rüsten konnten.

Der Untergrund war für Madiha nicht länger sonderlich befremdlich. Sie hob nur fragend die Augenbrauen, als sie erkannte, dass Caleb sich hier bereits eingerichtet hatte. Wollte er zurück zum Bund? Sein altes Leben wieder aufnehmen? Das Mädchen in ihr betrachtete den Dieb einige Momente überlegend. Letztendlich konnte sie es ihm kaum verdenken, denn Sarma war schließlich seine Wahlheimat. Aber Madiha hatte noch nicht über die Zukunft für sich nachgedacht und fühlte sich in dem Moment damit konfrontiert. Ohne eine Antwort zu finden, nahm sie den losen Gedankenfaden einfach erstmal hin. Jetzt würden sie zum Anwesen gehen, dass ihr jahrelang Kerben in die Seele gerissen hatte. Madiha fühlte, dass sie sich inzwischen davon abgrenzen konnte, und doch wurden ihre Finger kälter, je näher sie dem ehemaligen Gefängnis kamen. Schon beim Anblick fluteten so viele Erinnerungen ihren Verstand, dass sie einfach kurz stehenbleiben und durchatmen musste. Caleb vergewisserte sich, dass sie wirklich bereit war und sie nickte. Sie war es – aber es würde nicht leichter werden. Die Erinnerungen konnte auch das Feuer nicht fortbrennen, aber wohl ihr Herz davor schützen, dass die kalte, klamme Vergangenheit nach ihm griff. "Nimm alles mit, das wertvoll aussieht" „Ich versuch’s“, gab sie zu und hatte kein geschultes Auge dafür, was wertvoll und was Tand war. Für jemanden, der nie etwas besessen hatte, war schließlich alles irgendwie wertvoll. Aber Madiha folgte Caleb ins Haus und… blieb im Eingang stehen. Sie schaute mit großen Augen in das Innere ihrer Seele und spürte von draußen die Wärme Sarma’s. Tief Luft holend, machte Madiha noch zwei kleine Schritte, sodass die Tür zufallen konnte. Sie blickte sich lange um und sagte kein Wort. Sie musste das alles auf sich wirken lassen. Es war skurril wieder hier zu sein. Ihr Blick glitt über den Kronleuchter, über die verriegelten Fenster. Über die zahlreichen Türen – den Geheimgang zum Kerker, in dem sie Caleb wiedergefunden hatte… Madiha schluckte. Ihr ganzes Leben lag hier. Alles von ihr, war hier eingebettet. Ihr wurde kalt und instinktiv ließ sie ihr Feuer aufwallen, damit es sie wärmte. Damit es sie beschützte. Die Erinnerungen kamen geballt und sie glaubte, dass sie sich kaum dagegen wehren könnte, wenn sie nicht ein Schutzschild heraufbeschwor. "Du kennst dich hier aus. Wo findet sich etwas?" Madiha blinzelte und suchte mit den Augen nach Caleb. Als ihr Blick ihn traf, spürte Madiha auch hier Geborgenheit. Sie betrachtete Caleb genau, sah das Leuchten seiner Augen, die Spannung, den Nervenkitzel. Madiha entließ das Feuer etwas aus seiner Verantwortung, denn Caleb hatte es noch immer verstanden, mit seiner bloßen Anwesenheit dafür zu sorgen, dass sie sich wohler fühlte. Er war ihr Anker. Sie trat auf Caleb zu, griff nach seiner Kleidung, zog ihn zu sich und legte ihre Lippen innig auf seine. Sie küsste ihn, unschuldig und doch belebend. Madiha schloss die Augen, vertrieb mit dem Gefühl ihre Ängste, ihre inneren Dämonen und umarmte Caleb dann. Sie holte sich die Zuversicht, die Geborgenheit, die sie brauchte, um das hier zu tun. Als sie sich in der Lage fühlte, holte sie tief Luft und löste sich von ihrem Dieb. „Oben. Wir finden die wertvollsten Dinge sicher in den Räumen, die er der Öffentlichkeit seiner Handelspartner zugänglich machte. Er gab gerne an. Nicht nur mit seinem Harem – vor allem mit seinem Besitz. Oben den rechten Flur hinunter, finden wir jede Menge Zimmer, in denen Geschäftspartner sich… aufhalten durften. Ich glaube dort sind viele Dinge, die interessant sein könnten“, gab sie Auskunft und ging bereits zur Treppe. Madiha war selten die große Treppe hinauf oder hinunter gegangen. Meist hatten sie sich doch in den Zimmern zum ‚Vergnügen‘ aufgehalten oder aber in den Zimmern, die einzig für die Damen vorgesehen waren. Sie hatte nicht die Gelegenheit erhalten, hier im Haus frei herumzulaufen. Aber mit jedem Schritt hinauf in ihre Vergangenheit, schluckte sie mehr und mehr. Madiha ging voran, behielt ihre Zuversicht, ihre Stärke durchaus bei und doch war sie immer noch das Mädchen, das hier in diesem Haus so viel Leid und Kummer hatte erfahren müssen. Und es war unglaublich bewegend für sie, jetzt hier zu sein – frei und… wertvoll!
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Re: Im Sultansviertel

Beitrag von Erzähler » Sonntag 23. März 2025, 14:08

Es wirkte ein wenig befremdlich auf Madiha, dass Caleb sich erneut eine Ecke beim Bund der Wüstendiebe eingerichtet hatte. Es sah ganz danach aus, als hätte er die letzten drei Tage ihrer Bewusstlosigkeit nicht beständig an ihrer Seite verbracht. Natürlich fehlten Details und Nippes, der die kleine Lagerstatt zu einem Zuhause machte, aber sie erkannte in vielem darin dennoch Caleb. So fragte Madiha sich, ob ihr Dieb möglicherweise bereits mit dem Gedanken spielte, in Sarma zu bleiben. Vielleicht war ihm der Aufenthalt an Bord der Schattenmuräne auch einfach nur zu viel geworden. Es tat gut, nicht mehr unentwegt schwankendes Holz unter sich zu haben. Das bemerkte auch sie selbst! Doch was sprach eigentlich dagegen, in der Wüstenstadt zu bleiben? Madiha besaß mehr Wurzeln als Caleb hier. Ihre Heimat befand sich im Wandel. Dunkelelfen, Orks und Goblins würden bald einen Teil der Gesellschaft ausmachen - klein vielleicht im Vergleich zu den Sarmaern, aber dennoch nicht zu ignorieren. Es könnte etwas verändern, dass sie auf dem heißen Sand einen Platz zum Leben suchten. Und wenn Caleb wirklich plante, vorerst hier zu bleiben, sprach auch nichts dagegen, sich näher mit dem Wiederaufbau der Feuerakademie zu beschäftigen. Madiha sollte es angesichts ihrer Macht durchaus berücksichtigen. Dann könnte auch Ilmy nach Sarma zurückkehren, um ihre Ausbildung erneut aufzunehmen. Andererseits hatte sie wesentlich mehr Gefallen daran gefunden, bei Dunia zu lernen. Das alles waren jedoch bislang nur Spekulationen, denn Madiha wusste nicht, ob Caleb wirklich vorhatte, länger in der Wüstenstadt zu bleiben. Sie fragte ihn nicht und sie erhielt vorerst auch keine Gelegenheit mehr dazu. Denn jetzt wollten beide seiner Sehnsucht folgen, um Khasibs Palast zu plündern.
Ihr Geschenk vom Drachen und ihrer alten Magie war mehr als nur nahezu unbegrenzte Macht über das Feuer. Sie hatten ihr auch Zuversicht gegeben, so dass sich ihr eigenes Selbstvertrauen aufbauen konnte. Sie musste keine Angst mehr vor ihrer Vergangenheit haben. Endlich könnte sie Khasibs Heim, in dem so viele Dinge mit ihr geschehen waren, wieder betreten. Der bloße Gedanke daran paralysierte sie nicht länger. Khasib besaß keinerlei Macht mehr über sie. Das dachte Madiha, als sie Caleb schließlich durch den Haupteingang ins Innere des Palastes begleitete. Dass sie von ihrer Vergangenheit jedoch nicht gänzlich alles abschütteln konnte, musste sie mit Blick auf die großen Treppen schnell erkennen. Niemals hatte sie jene nutzen dürfen, war immer durch Gesindegänge oder Umwege in Bereiche des Hauses geführt worden, denen nur den Haremsdamen und Gästen zugänglich waren. Teile des Anwesens hatte sie tatsächlich nie betreten und dennoch wusste sie, wo es etwas zu holen gäbe - eben in jenen Räumlichkeiten, denen sie sich zwar stellen würde, die aber noch immer ein unangenehmes Kribbeln in ihrem Bauch hervorriefen. Doch Madiha entschied sich gegen die Angst. Sie würde jene nicht niederringen, wenn sie sich jetzt nicht allem stellte, was einst so schrecklich für sie gewesen war. Khasib war tot, verbrannt durch das Läuterfeuer des Drachen. Verbrannt, weil er ein schlechter Mensch gewesen war - nicht sie! Er konnte ihr nichts mehr tun und es wäre nur gerecht, sich den seelischen und körperlichen Schaden jetzt auszahlen zu lassen, indem sie sich an seinen Reichtümern bediente! Zumindest Caleb sah es so und Madiha war bereit, ihm zu folgen. Mehr noch. Ein Blick zu ihm genügte, um ihr jene Geborgenheit zu schenken, die sie sich sosnt nur von der Wärme ihrer Magie holen konnte. Caleb war und würde immer ein Anker sein, der ihr schwankendes Seelenschiff beruhigte und das tosende Meer um sie herum daran hindern würde, sie mit sich zu reißen.
"Was ist?", fragte er mit leicht unsicherem Blick, aber angeschrägtem Mundwinkel. Er lächelte schief, ehe Madiha ihm dieses Lächeln mit ihren Lippen versiegelte und sich einen innigen Kuss stahl. Der Dieb ließ sich nur allzu gern berauben und nachdem er die Überrumpelung verwunden hatte, schlang er seine Arme um Madiha, um den Kuss zu erwidern. Er raunte zufrieden hinein, schloss die Augen ... wurde unvorsichtig. Aber es gab im Moment nichts, weswegen die beiden wachsam sein müssten. Offenbar war Khasibs Tod noch nicht zu den Bewohnern Sarmas druchgedrungen. So ließen andere davon ab, sein Heim zu plündern. Caleb und Madiha hatten Zeit und Letztere wollte diese unbedingt gebührend nutzen.
Der Kuss stärkte sie beide. Sie schenkten einander Ruhe, Zuversicht, Frieden und Liebe. Caleb ließ Madiha dabei auch keine Sekunde los. Seine kräftigen Hände lagen um ihre Hüften, dass sie den sanften Druck seiner Finger auf ihrer Haut fühlen konnte. Bei ihm würde sie stets Schutz finden, auch dann, wenn er sich wieder einmal nicht selbst schützen konnte. Verliebt schaute er ihr in die Augen, als sie sich endlich wieder von ihm löste.
"Oben. Wir finden die wertvollsten Dinge sicher in den Räumen, die er der Öffentlichkeit seiner Handelspartner zugänglich machte."
"Was?"Caleb blinzelte. Dann gluckste er und rieb sich kurzerhand den Nacken. "Achja! Wir wollen ja Beute machen." Madiha hatte ihn mit ihrem Kuss ordentlich aus dem Konzept gebracht und wieder schaute er sie länger an als nötig. "Holen wir uns alles von diesem Bastard zurück, was du für die Zeit hier definitiv verdient hast."
Gesagt, getan! Madihas Anweisungen folgend wandte Caleb sich dem rechten Flügel des Hauses zu. Beide schritten nach oben, wobei der Dieb sich noch einmal keck herausnahm. Madiha an der Hand die Treppenstufen empor zu führen und dabei den Galan zu mimen, der in einem anderen Leben andunischen Adelstöchtern den Hof gemacht hätte. Oben angekommen grinste er es hinfort, strubbelte sich durch die Haare. Er würde niemals dieser Edelmann sein, der es mit Etikette, Dekadenz und vor allem adliger Heuchelei aufnahm. Stattdessen blieb er der unbelehrbare Dieb und Freigeist, in den Madiha sich verliebt hatte. Der romantisierte Spitzbube, der mit seiner Sehnsucht nach etwas kriminellem Nervenkitzel ihr Herz zum Schlagen brachte und ihre Seele belebte. Genau dies geschah jetzt, als Caleb ihre Hand erneut ergriff und sie sich zu einem der Zimmer aufmachten, in denen sie reichlich Beute erhofften. Die Euphorie nahm für Madiha schlagartig ab, als sie den weiträumigen Salon betrat. Es handelte sich um eben jenen Ort, an dem Khasib sie zum ersten Mal seinen Handelspartnern vorgeworfen hatte wie verhungerten Wölfen ein verletztes Lamm. Obwohl der Raum eine zum Garten gewandte Wand besaß, die nur aus offenen Bogenfenstern zu bestehen schien und somit reichlich Licht, sowie die heiße Luft der Wüste hineinließen, wirkte der Raum auf Madiha irgendwie dunkel ... und kalt. Die Wände hatten die Schreie der ängstlichen Mädchen und Frauen über Jahre hinweg verschluckt, bewahrten die Erinnerung in ihrem Stein auf und ließen sie wie Schweiß heraussickern. Selbst die Luft roch nach den Misshandlungen, die ungeniert in diesen Wänden stattgefunden hatten.
"Wir könnten es einfach verbrennen." Die Stimme in ihrem Inneren knisterte einem Kaminfeuer gleich. Es lag wohltuende Wärme darin, welche Madihas Herz umfing und es schützte - nicht mit Flammen, sondern mit der Zuversicht, dass sie sich nicht länger vor all dem fürchten musste, dem sie sich hier entgegenstellte. Es blieb am Ende immer die Möglichkeit, sich zu befreien ... noch mehr zu befreien, als sie es war. Denn Madiha erkannte von selbst, welchen Stellenwert sie inzwischen auf Celcia einnahm. Einen, den andere längst in ihr gesehen hatten. Caleb legte seine Hand an ihren Oberarm und strich kurz bis zu ihrer Schulter empor. Er mochte ein Magiegespür wie ein Stein haben, wohl aber bemerkte er die Aura des Salons. Mit ausgestreckter Hand zeigte er zu einer zentralen Gruppe von Diwanen und dicken Polsterkissen auf den wohl teuersten Teppichen, die Khasib hatte erstehen können. Auf kleinen Beistelltischen fanden sich ein Tee-Service, gefüllte Obstschalen, Weinkaraffen und Gläser, sowie mehrere gestapelte Kästchen, in denen ihr Herr immer das berauschende Kraut aufbewahrt hatte, das seine Gäste zu rauchen pflegten. Es stank abartig, betäubte nicht nur die Sinne, sondern auch die eigene Moral. Berauschte Männer wurden zu Bestien, die auch für Flehen und Betteln nicht mehr empfänglich waren.
"Wir sammeln alles dort zusammen. Ich werde mich auch in dem Nebenraum umsehen." Caleb schaut zu einer Bogentür, die eines von Khasibs Arbeitszimmern nur durch einen halb zugezogenen Vorhang abtrennten. "Alles Kostbare, das wir finden, bringen wir hierher, sortieren dann aus, was sich am besten transportieren lässt und nehmen die Sachen zuerst mit." Er grinste plötzlich schief auf und schaute Madiha an. "Würde ich einfach nur wieder mit dir das Haus verlassen, hätte ich das Wertvollste bei mir." Sein Blick wanderte über ihr Gesicht. Caleb lächelte ein letztes Mal warm, dann wandte er sich ab. So sehr sein Herz auch für Madiha schlug, die Euphorie eines Beutezugs ließ ihn nicht los. Wie ein Kind huschte er bereits an einigen Vitrinen vorbei, lugte in jede einzelne hinein und bekam glitzernde Augen. Schon zückte er seine Dietriche, um eines der Schlösser zu bearbeiten. Es war seine Passion, wahrscheinlich ging es ihm nicht einmal um die Reichtümer an sich. Jedenfalls hatte Madiha nie bemerkt, dass Caleb sich mit teuren Kostbarkeiten schmückte und keinen Ort, den er sein Heim nannte, zierten Trophäen oder andere Wertgegenstände.

Beide Diebe - der erfahrene Haudegen mit der Ausrüstung und die junge Sarmaerin, die im Grunde nur seine Leidenschaft teilen wollte - klaubten einige Gegenstände zusammen, die sie von Wert hielten. Es dauerte eine ganze Weile, aber niemand erschien oder behelligte die beiden. Es war ganz so, als ging Sarma noch davon aus, dass Khasib vital und aktiv war. Glücklicherweise blieben auch Gäste aus und die Sklavinnen seines Haushaltes schienen ebenso geflohen zu sein wie seine Wächter. Es war ruhig, niemand wagte sich hervor. Der Berg an Wertsachen bei der Sitzgruppe wuchs. Caleb brachte vor allem Kleinigkeiten heran: Silberbesteck aus einem nebenan gelegenen Speisezimmer, kleine Goldfiguren und Schreibmaterial, das mit Edelsteinen versehen war. Madiha fand vor allem den Schmuck aus den anliegenden Haremszimmern für wertvoll und ihr Dieb konnte ihr da zustimmen. Die Sachen würden einige Lysanthemer einbringen, ließen sich vor allem aber gut tragen. Er wies ihr an, auch nach Kleidungsstücken aus Seide zu schauen oder anderen, vor allem leichten und wenig zerbrechlichen Dingen, die Khasib mit Edelsteinen verzieren ließ. Statuen könnten sie kaum tragen und Vasen aus Kristall würden beim Transport nur beschädigt. Er wiederum wandte sich irgendwann tatsächlich dem kleinen Arbeitszimmer zu. Caleb hoffte dort auf wertvolle Bücher, teure Wandbilder oder Dokumente mit brisantem Inhalt. Denn auch Informationen verkauften sich teuer.
Gerade, als Madiha erkannte, dass sie dringend eine Pause benötigte und die Wasserkanne, sowie die reifen Früchte in einer Obstschale mehr als verführerisch lockten, kam ein halb erstickter, aber fast schon warnender Ruf aus dem Nebenraum. "Madi!" Die Gerufene konnte den Laut zunächst nicht deuten, denn Rendinea war die Sprache der Diebe, welche sich einem Geheimbund angeschlossen hatten. Einfache Halunken ohne Zugehörigkeit lernten sie selten und ehemalige Sklavinnen, die sonst kaum einen Bezug zum Bund der Wüstendiebe besaßen, kamen nicht in den Genuss. Caleb erkannte das nach seinem ersten Schock dann ebenfalls, denn er wiederholte seinen Ruf, dieses Mal auf Sendli. "Madiha, komm her, das musst du selbst sehen!" Noch ehe sie seinem Wunsch jedoch folgen konnte, erschien er schon hinter dem Vorhang. Seine Augen waren weit aufgerissen, in der Hand hielt er eine lederne Mappe mit Goldband als Verschluss. Madiha durfte sofort erkennen, dass etwas nicht stimmte. Es kam selten vor, dass Caleb auf diese Weise aufgewühlt wirkte. Etwas hatte ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt und den Grund legte er Madiha nun auf einen der niedrigen Kaffeetische hin. Er selbst ließ sich zwischen seinem Sammelsurium an Beutestücken auf dem Diwan nieder, so dass einige Silberlöffel und -gabeln den Weg zu Boden fanden. Er beachtete sie nicht, sondern schlug die Mappe auf und deutete auf das leicht knittrige Papier, das oberhalb vieler weiterer lag und als einziges nicht mit kleinen Messingösen abgeheftet worden war. "Du musst das lesen, sofort!", rief Caleb geradezu gehetzt vor Aufregung. Dann stutzte er, schnaufte, grinste auf und schüttelte den Kopf. Schließlich fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar. "Entschuldige. Du kannst ja noch nicht so gut lesen ... aber das hier ist wichtig - glaube ich! Ich lese es vor. Hör sehr gut zu. Der Bericht ist laut Datum etwa zwei Jahre alt."
Caleb griff nach dem Papier und las die Worte, Zeile für Zeile, langsam sowie deutlich vor. Er wollte unbedingt verhindern, dass Madiha etwas entging.

"16. Tag der Zeit der Abendsonne.
Anwesende: Rashim bin Karmal, seines Zeichens Foltermeister aus Sarma
Behandelte Verwahrte: Jerico (bekannter Dieb), Tesbeth (Hauseigentum, Objekt des Harems), unbekannter Ausländer
Methoden: klassisches Verhör nach Sarmaer Handhabe, je nach notwendiger Steigerung unterstützt durch Werkzeuge des Foltermeisters
Bei der Behandlung kam keiner der Verwahrten zu Tode.

Verhör Jerico - Dauer: keine Stunde
Es waren nur einige Schläge und die Androhung von Brandzeichen mit dem Glüheisen notwendig, damit der Verwahrte sein Verbrechen gestand. Er war unerlaubt in das Haus des Herrn Khasib eingedrungen und habe sich an dessen Tabak und Weinen bedient. Trotz Flehens, ihn den Ordnungshütern auszuliefern, erfolgten Urteil und Strafe durch Entscheid des Herrn Khasib in Selbstjustiz. Der Verbrecher Jerico wird für seine Tat in der Wüste angepflockt, der Bauch aufgeschnitten und den Geiern überlassen.
Nachtrag: Der Verbrecher erlag seinem Urteil und wurde eine Woche später in der Wüste verscharrt.

Verhör Tesbeth - Dauer: etwa zehn Minuten täglich für eine Woche
Das Objekt Tesbeth erdreistete sich, ihre Pflichten zu verweigern und Khasibs Gästen körperlich gefällig zu sein. Sie spuckte vor Zeugen dem Kaufmann Ibrahim ibn Naleb ins Gesicht. Dafür wurde ihr die Zunge herausgeschnitten. Des weiteren erhielt sie eine Woche lang täglich 20 Stockhiebe auf den Rücken. Bei wiederholter Verweigerung werden ihr die weiblichen Vorzüge entfernt und sie zum Verkauf angeboten. Die Androhung genügte, um sie wieder gefügig zu machen.
Nachtrag: Folterung war erfolgreich. Tesbeth erfüllt ihre Pflichten zu Zufriedenheit ihres Herrn.
Nachtrag 2: Flüchtete aus ihrem Heim, wird seither gesucht und verfolgt. Herr Khasib will sie lebend, um ihr anschließend eine gerechte und lange Strafe zukommen zu lassen.
Nachtrag 3: Suche nach einem Jahr eingestellt. Geflüchtete scheint erfolgreich untergetaucht zu sein.

Verhör: unbekannter Ausländer - Dauer: zwei Wochen
Was der Fremde im Haus des Herrn Khasib suchte, konnte nach zweiwöchiger Behandlung endlich ergründet werden. Nötig waren Schläge, Stockhiebe, Nahrungs- und Schlafverweigerung, sowie die Behandlung mit dem Brandeisen. Erst die Entfernung der linken Hand brachte den Mann zum Reden. Er nannte sich selbst nur "Nachtalb". Es ist anzuzweifeln, dass es sein richtiger Name ist. Nach Abtrennen der Hand gestand er, nach Informationen im Haus des Herrn Khasib gesucht zu haben. Weitere Peitschenhiebe führten zu folgenden Ergebnissen:
  • "Ich suchte nach Informationen in ganz Sarma. Ich suchte nach Nedime."
  • "Die Spur führte mich zu einem Mann namens Abbas. Der Mann war tot, ehe ich die Chance hatte, mit ihm zu sprechen."
  • "Nach Jahren erreichte ich erneut Sarma. Ich setzte meine Suche fort, fragte herum und die Informationen brachten mich letztendlich zu Eurem Herrn: Kashib."
  • "Ich hatte nicht vor, ihn zu berauben. Ich suchte nur nach Madih."
Da der Mann namens Nachtalb nur der Tatsache schuldig gesprochen werden konnte, sich als Page eines Kaufmanns davongeschlichen und die Privatgemächer des Herrn Khasib betreten zu haben, fiel die Strafe milde aus: Tod durch Eingrabung bis zum Hals im Sand der Wüste.
Nachtrag: Verurteilter scheint seiner Strafe entkommen zu sein, da sein Leichnam nach einer Woche nicht aufgefunden werden konnte. Es wurden Spuren echsischer Natur im Sand entdeckt.
Nachtrag 2: Bestätigung, dass eine Sippe Wüstenechsen den "Nachtalb" befreit hat. Über seinen Verbleib schweigen sie und reagierten aggressiv bei Drohung. Der Versuch, die Echsen zu töten, misslang. Überlebende kehrten nach Sarma zurück. Herr Khasib stellt die Verfolgung ein ("der Mann sei das Geld für Kopfgeldjäger nicht wert!")
Schriftrolle Fuss

Caleb ließ den Folterbericht sinken. Er schaute Madiha an. Er brauchte nicht einmal bis zu der Stelle zu gelangen, an der eine leichte Abwandlung ihres Namens fiel. Denn Madiha dürfte bereits vorher alamiert worden sein. Nedime ... das war der Name ihrer verstorbenen Mutter.
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