Scherben der Vergangenheit

Neryan ist die Heimat der neldorethischen Elfen. Hier leben sie in Frieden, umgeben von der Schönheit des Waldes. Sie jagen, heilen, handeln und erforschen die Pflanzen- und Tierwelt. Hier findet man Ruhe und Frieden.
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Das Dorf ist von den Dunkelelfen eingenommen worden und liegt verlassen da. Die Bewohner werden in Kosral gefangen gehalten.
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Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 6. November 2024, 01:17

Eleyna und Skýler kommen von Der südliche Teil Celcias -> Reich der Dunsthügel ->Die Piratenstadt Rumdett -> Das Versteck an der Küste

Wie lange Skýler und Eleyna letztendlich im Urwald Kapayu unterwegs waren, ließ sich schwer sagen. An manchen Stellen war das Laub über ihnen so dicht, dass kaum ein Lichtstrahl bis zum Boden durchdrang und so ließ sich zeitweise selbst Tag von Nacht nicht unterscheiden. Hunger leiden mussten die beiden glücklicherweise nicht. Ihre Vorräte ließen sich stets aufstocken, sei es durch die Jagd oder das simple Sammeln von Dingen, die Florencias Domäne ihnen schenkte. Im Urwald zu übernachten stellte sich hier als größere Herausforderung heraus. Wo es bereits tagsüber surrte, schwirrte, zischte oder raschelte, traten die nächtlichen Geräusche bedrohlicher auf. Vor allem die Schreie diverser Wildtiere hinterließen teilweise ein unliebsames Kribbeln auf der Haut oder sorgten zumindest dafür, dass man sich nur mit Bedacht zur Ruhe legte. Skýler und Eleyna mussten abwechselnd schlafen, so dass sie ihre Zweisamkeit im Urwald genauso wenig mit der nötigen Intimität ausleben konnten wie seit jener Nacht am Strand. Dazu blieb das Terrain zu gefährlich. Sie durften sich nicht ablenken lassen, so verführerisch die Versuchung auch erschien. Nicht einmal die Magie des Mischlingselfen bot ihnen die nötige Sicherheit. Denn manche Raubtiere jagten in den Schatten, verschmolzen mit ihnen und so kam es vor, dass sich mitten in der Nacht ein waschechter Tiger bis an ihr Lager heranschlich. Trotz seiner Masse bewegte er sich so leise auf seinen Samtpfoten, dass Skýlers ausgelegte Schattenmagie ihn eher Willkommen hieß anstatt seinen Anwender zu warnen. Oder lag es in etwas Anderem begründet? Denn es handelte sich um keinen gewöhnlichen Tiger, sofern man außerhalb des Kapayu überhaupt die Chance besßa, einem zu begegnen. Dieser hier tauchte aus der Dunkelheit heraus auf wie ein Geist. Sein weißes Fell hob sich von der Schwärze des Dschungels ab wie ein Totenlaken, zerrissen von seinem teils gezackten Streifenmuster. Seine Augen glühten mit der Farbe das Kapayu unter Tage. Tiefgrün mit den goldenen Lichtern der Insekten und einem bläulichen Schimmer, der die Dämmerung ankündigte.
Der Tiger schlich sich so leise an das Lager heran, dass die beiden Reisenden ihn erst bemerkten, als es eigentlich schon zu spät war. Wenn er es wirklich auf sie als Beute abgesehen hätte, wäre einer von ihnen ihm zum Opfer gefallen. Doch das Tier schien gesättigt oder müde genug, um einen Angriff zu meiden. Entgegen aller tierhaften Verhaltensweise umkreiste es jedoch mit aufmerksamen Blick die Besucher seines Reviers, nur um sich dann wie selbstverständlich am Feuer hinzusetzen. Auch wenn der Tiger direkt in die Flammen starrte, schienen doch stets wachsame Augen auf Eleyna und Skýler zu ruhen. Außerdem mussten sie im Fall der Fälle feststellen, dass sich die Schattenmagie einfach nicht auf das Geschöpft fokussieren ließ. Sie glitt an ihm vorüber, ohne ihn auch nur zu berühren. Der Tiger gab sich unbekümmert. Eine Weile saß er einfach nur da, blickte in die Flammen und ließ die Spitze seines schwarzweiß gestreiften Schwanzes ein wenig wippen. Schließlich spähte er mit geradezu menschlicher Mimik über seine eigene, kräftige Schulter zurück und erhob sich wieder. Sein Rücken befand sich auf gleicher Höhe wie Eleynas Stirn, so gewaltig war diese Bestie. Aber sie wirkte unsagbar friedlich für einen Tiger. Das Wesen schleppte sich sogar eher gemächlich bis an die Vorräte beider heran. Es schnupperte und packte dann einen Teil frisch erlegter Tierbeute mit dem Maul. Dann schaute es erst Skýler und schließlich Eleyna direkt in die Augen, wandte sich ab und verschwand wieder in den Tiefen des Urwaldes.
Am Morgen lag auf neben ihrem Reisegepäck ein kleiner Stapel wilder Nüsse und essbarer Samen bereit.

Glücklicherweise blieb das unfreiwillige Aufeinandertreffen mit dem weißen Tiger die einzig erwähnenswerte Begegnung im Urwald. Natürlich begegneten Eleyna und Skýler auf ihren Streizügen und der Jagd auch anderen Raubtieren und die wenigsten konnte man winzig nennen. Im Urwald existierten mannshohe Insekten, meterlange Schlangen und teilweise schnappten sogar gezahnte Blumen nach ihnen, als wären sie Beute. Letztendlich konnten sie jedoch sagen, dass sie gut durch die grünen Tiefen hindurch kamen und schon nach einiger Zeit ihrer Reise veränderte sich die sie umgebende Flora. Gerade die Größe und Farbvielfalt diverser Pflanzen nahm ab, wich immer mehr kleineren Gruppen an Nadelbäumen und nach weiteren Tagen der Reise erkannten sie, dass sie irgendwo eine Grenze überschritten haben mussten, bei der zwei Biome aufeinandergetroffen waren. Sie befanden sich nicht länger in tropischen Gefilden, was auch die fallenden Temperaturen bewiesen. Es war immer noch annehmbar warm, bei weitem aber nicht mehr so schwül und das Wetter wechselte nicht ständig zwischen Hitze und Regengüssen. Die Luftfeuchtigkeit nahm etwas ab, dafür wehte ihnen gelegentlich eine angenehme Brise ins Gesicht. Der Urwald wandelte sich nach und nach in einen Mischwald. Das Rasten wurde sicherer, die Nächte benötigten zeitweise nicht einmal mehr eine nächtliche Wache über Skýlers Magie hinaus. Dafür wurde es mitunter schwieriger, die Essensreserven zu halten. Alsbald mussten sie häufiger jagen, denn Beeren und Nüsse waren in diesem Teil der Wälder nicht mehr so üppig vorhanden. Von wildem Obst, das zwischendurch sogar in mannshohen Stauden an den Bäumen entlang wuchs, konnte nicht länger die Rede sein.

Nach weiteren zwei Tagen Wanderschaft musste Eleyna zugeben, dass ihre Vorräte auf ein geringes Maß geschrumpft waren. Gerade, was Wasser betraf, besaßen sie kaum noch Reserven. SKýler hingegen konnte auf eine Art und Weise beruhigt bleiben, vielleicht würde die Erkenntnis aber auch das Gegenteil erzeugen. Denn er musste feststellen, dass ihm die Umgebung vertraut vorkam. Und als sie an diesem Vormittag endlich das Plätschern eines nahen Flusslaufs hörten, dem weniger später auch das Finden selbigen folgte, da wusste der Elf, wo sie sich befanden. Ohja, er wusste es nur zu gut! Wie oft war er als Kind zusammen mit seiner Mutter durch die Wälder gestreift, um am Ufer des Flusses Auwin zu baden? Tíandara. Wann hatte er zuletzt an sie gedacht? Sie hatte ihn häufig mit auf kleine Spaziergänge genommen, bei denen sie als Vorwand Nahrung oder Kräuter sammelten. Je älter Skýler geworden war, desto mehr waren Details in sein Unterbewusstsein gedrungen, die er wohl Jahre später erst richtig verstanden hatte. Tíandara, seine Mutter, hatte ihn nicht nur um der gemeinsamen Zeit Willen mit in den Neldoreth genommen. Manchmal brauchte sie Abstand vom Elfendorf Neryan, ihrer gemeinsamen Heimat. Abstand von ... Aldo, Tíandaras Vater und Skýlers Großvater.
Mit dem Erreichen des Flussufers kamen die Erinnerungen hoch. Es handelte sich wirklich um den Auwin. Skýler würde sein Plätschern aus einem Dutzend Gewässern heraushören können. Er schien jeden Kiesel im Flussbett zu kennen, jede Kurve, die das Wasser durch den Wald hindurch machte. Und er wusste, dass Neryan, das waldelfische Heimatdorf, nicht weit weg lag. Im Grunde wäre er vielleicht eine halbe Stunde von seiner Vergangenheit entfernt und mit Pech würden die Elfen, die regelmäßig zum Waschen an den Fluss kamen, ihn und Eleyna entdecken.
Doch das musste nicht einmal zwangsläufig passieren. Eleyna fielen die herum liegenden Körbe und kleinen Tragebehältnisse am Wasser wohl zuerst auf. Nichts Besonderes, sah man davon ab, dass niemand weder die schmutzige noch die saubere Wäsche darin gestapelt hatte. Kleidungsstücke, Laken und Tücher lagen auf dem Erdboden herum, teilweise schon tief in den Boden getrampelt. Auf einigen fand sich Tierkot, schon älter. Andere konnte man nur noch als Lumpen bezeichnen. Regen und der Wechsel der Jahreszeiten hatten weitere Fußspuren fortgewaschen, aber es ließ sich erkennen, dass die Behältnisse samt Wäsche nicht bewusst hier hingeworfen und zurückgelassen worden waren. Wo steckten die Elfen, die sie hätten säubern und wieder mitnehmen müssen? Auf dem Pfad, der durch den Wald zum Dorf führte, könnten beide Mischlinge mit genug Aufmerksamkeit Spuren von altem But, eine abgebrochene Klinge dunkelelfischer Machart oder halb verscharrt am Wegrand im Dickicht die knöchernen Überreste eines getöteten Waldelfen vorfinden, der eindeutig weder von enem Tiger noch einem anderen Tier angefallen worden war.
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Eleyna d'Yaincre
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Montag 11. November 2024, 08:55

Die Tage in Rumdett waren in der Form nichts Neues für Eleyna. Tagelang Warten, Stillstand und kaum ein Wort, das gesprochen werden konnte, weil man fürchtete, dass man belauscht wurde. Deshalb waren sie im Grunde Einzelkämpfer. Vertrauen war ein verdammt heikles Gut und es war nicht nur einmal der Fall, dass sich Eleyna dabei ertappte, Skýler zu Mustern und sich zu fragen, ob das nicht alles ein großer Fehler war. Dabei war er gleichzeitig auch ein derartiger Ruhepol für sie, dass sie sich nicht selten mit den Gefühl von Entspannung konfrontiert sah. Wenn Skýler doch noch ein falsches Spiel mit ihr trieb, dann besaß er alle Trümpfe. Eleyna hatte ihm schon lange vor ihren Offenbarungen anvertraut, dass sie das Leben noch leben wollte. Die kleinen Momente schätzen und ausleben wollte. Bevor sie ihrer Mutter gegenüberstehen und sie schließlich töten würde. Die Halbelfe hielt daran fest. Und auch wenn Rumdett keinen Raum für privates Geplänkel oder anderweitige Zweisamkeit bot, so reichte es Eleyna, ihn einfach in stummen Momenten zu beobachten.
Das war lange her. Inzwischen hatten sie die Piraten hinter sich gelassen und waren auf dem Weg in den Kapayu. Schließlich hatte eine alarmierende Nachricht dafür gesorgt, dass sie ihre Pläne doch ändern mussten. Es war schlicht zu heikel, jetzt auf dem Seeweg zu reisen, wo sie kaum eine Chance zum Entkommen hatten. Eleyna war einverstanden gewesen. Es war eine logische Handlung, um sich nicht in größere Gefahr zu begeben, als sie ohnehin schon waren. Der Weg nach Norden war nicht leicht. Es blieben ihnen nur die Momente auf dem Weg zwischen zwei Höfen oder Dörfern, um miteinander zu sprechen. Eleyna ging Skýler’s Antwort bezüglich seines Mentors nicht aus dem Kopf. „Auszuschließen ist es nicht. Aber… Krazhian ist ein enormes Risiko. Er ist nicht umsonst einer der Köpfe eines Seitenarms. Er ist mächtig, weit verzweigt und … hat bisher immer gewonnen.“ Wenn er ihm also auf den Fersen war, dann mussten sie dafür sorgen, dass er beruhig wäre. Eleyna sprach Skýler einmal darauf an und versuchte herauszufinden, wie der Mischling dazu stand, dass sie vorschlug, er solle sich bei Zeiten mit ihm treffen. Dass er ihn beruhigen und in Sicherheit wähnen sollte. Sie ging sogar soweit ihm vorzuschlagen, eine Falle auszulegen, um Kraz’hian zu übertrumpfen. Aber das letzte Wort hatte Sky. Er kannte ihn. Er musste entscheiden. Die Halbelfe bewies zumindest, dass sie sich nicht zu schade war, auch den Köder zu spielen. Sie war niemand, der sich versteckte und dann nie wieder auftauchte. Sie wollte etwas bewirken und daran hielt sie fest.

Nachdem sich die Reise durch Jorsan und Grandessa als interessant herausgestellt hatte, durchqueren sie tatsächlich den Kapayu. Eleyna war noch nie hier gewesen, hatte aber einiges über diesen Urwald gehört. Die Reise hier war äußert delikat. Nur einer von ihnen konnte schlafen, während der andere wachte. So blieb ihnen auch keine Zeit, sich näher mit sich und ihren Gefühlen füreinander zu beschäftigen. Sie beide waren echte Profis und als solche hatten sie stets das Ziel vor Augen. Doch zumindest Eleyna ertappte sich immer wieder dabei, wie sie Skyler beobachtete. Nicht aus Argwohn oder Misstrauen. Sie beobachtete ihn einfach gern. Er war ruhig, strahlte eine gewisse Stärke aus und schaffte es mit seiner Gelassenheit, sich als äußerst angenehmer Reisebegleiter und mehr herauszustellen. Tatsächlich gab es hier und da mal Situationen, die durchaus zu mehr hätte führen können, doch meist war die Lage zu angespannt, nicht sicher genug oder schlicht standen sie sich selbst im Weg. Eleyna hatte Skyler nichts mehr über ihre Familie erzählt. Sie hatte gelernt vorsichtig mit Informationen zu sein. Trotzdem versuchte sie hier und da auch etwas mehr über Ský’s Leben zu erfahren. Dabei drängte sie ihn nie und akzeptierte kommentarlos, wenn er nichts preisgeben wollte. Einmal, als sie ein Lager im Kapayu aufgeschlagen hatten und ihnen inzwischen klargeworden war, dass sie sich verlaufen hatten, erwähnte Eleyna in einem kurzen, ruhigen Moment am Feuer, dass sie erst vor einigen Monaten das Grab ihres Vaters hatte aufsuchen können. Sie erzählte noch nicht, wo das gewesen war aber sie erwähnte, wie viel Kraft es sie gekostet hatte. Skýler hatte in jener Nacht am Strand im eiskalten Meer alles über sie erfahren. Er hatte einen Eindruck gewinnen können, wer Eleyna war. Mehr noch, sie hatte ihm alles offenbart und letztendlich war er nun auf eine Art Vertrauter, die eben auch Risiken barg. Für ihn, für sie… für andere.
So sehr Eleyna ihm auch inzwischen vertraute und so irrational das aus ihrer Position war, sie konnte dennoch nicht erwähnen, wer Arrond war oder dass sie eine Familie aus wundervollen Menschen besaß, die in Mantron lebten. Eleyna verfiel nicht selten in Schweigen, wo sie den Mischling nur ansah. Erwiderte er ihren Blick, tauchte häufig ein feines Lächeln auf ihren Lippen auf, bis sie wieder zur Tagesordnung zurückkehrte: Sicherheit, Essen, Feuer. Hier gab es mannshohe Wesen, die sie als Beute ansahen und sie durften sich keine Fehler erlauben. Das zeigte dann auch die eigenartige Begegnung, als sich mit einem Mal ein Tiger in ihr Lager schlich.

Eleyna war sofort alarmiert und angespannt, doch sie beobachtete ihn daraufhin erstmal, da er scheinbar nicht angriff. Es war schon ungewöhnlich, dass Skýler’s Schattenfallen nicht alarmieren. Etwas an dem leuchtend weißen Tiger war… besonders. Eleyna beobachtete das seltsame Schauspiel im höchsten Maße aufmerksam. Aber auch ihr war klar, dass sie wohl nicht beide hätten einen Angriff überleben können. Wenn überhaupt einer. Eleyna beobachtete das Tier, ebenso, wie er es mit ihnen tat und konnte nicht anders als zu glauben, dass sie es nicht mit einer gewöhnlichen Raubkatze zu tun hatten. Alles an dem Tiger war erhaben. Eleyna wusste, dass die Urwaldvölker die Götter Ilani und Laszar anbeteten. Aber wieso sollten sie die Ehre erhalten, Besuch von einem von ihnen zu erhalten? Zumal Eleyna selbst ohnehin nicht sehr gläubig war. Ihr Blick glitt zu Skýler, ohne eine hektische Bewegung zu machen. Sie wusste, dass seine Mutter und er aus dem Dorf Neryan stammten. Er hatte es ihr erzählt und auch, woher er kam. War es sein Waldelfen-Blut, das hier eine Rolle spielte? Der Tiger jedenfalls schnappte sich einen Teil der Beute, ehe er verschwand. Eleyna atmete sichtbar aus und war erleichtert. Diese Begegnung war eindrucksvoll und am nächsten Morgen fanden sie ein Pfand für das gestohlene Gut. Die Halbelfe dachte noch eine Weile darüber nach, doch schließlich wurde wieder ihre volle Aufmerksamkeit gefragt. Die Fauna änderte sich ein paar Tage später. „Verdammt. Wir werden die Talsenke niemals finden, wir sind im Neldoreth!“, erkannte sie und stöhnte. Doch dann schnaubte sie im ersten Moment ein wenig amüsiert darüber. „Als wollten die Götter, dass wir uns nicht aufhalten und schnurstracks ganz Celcia durchqueren…“, ehe sie ruhiger wurde.

Der Plan war gewesen, Unterschlupf zu finden und sich zu beraten. Aber es gab kaum die Möglichkeit dazu. Jetzt waren sie im Neldoreth und als sie an dem Flusslauf ankamen, ließ Eleyna das kühle Nass über ihre Finger laufen. Sie befüllt ihre Feldflasche, ehe sie sich genauer umsah. Sofort runzelte sich ihre Stirn. „Wo… sind denn alle?“, murmelte sie und sah die Zeichen, die eine grausige Ahnung wahr werden ließen. Daraufhin hob sie den Blick zu Sky . „Skýler?“, fragte sie schlicht, doch in ihrer Stimme schwangen so viele weitere Fragen mit: Waren sie nicht on der Nähe zu seinem Dorf? Was war mit den Bewohnern passiert? Wieso sah es hier aus, als hätte man alles fluchtartig verlassen? Oder verlassen müssen? Dann fiel ihr Blick auf einige blutige Flecken… Sofort suchte Eleyna nach Anzeichen eines Tier-Angriffs. Aber sie fand keine. Stattdessen fand sie einige Schritte weiter den Spuren folgend eine abgebrochene Klinge und kannte jene Machart nur all zu gut. Sie hob das Stück auf und drehte sich zu Skyler um. „Sie waren hier…“, murmelte sie und Entsetzen über die unausgesprochene Wahrheit, was seiner Heimat passiert sein musste, zeigte sich in den klaren, blauen Augen.

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Skýler Fiórge Zhèkkra
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Skýler Fiórge Zhèkkra » Mittwoch 4. Dezember 2024, 20:36

Wie im Leben es oft üblich war, gelang es Eleyna und Skýler nicht ihren geplanten Weg einzuschlagen. Sie mussten in Rumdett mehrere Tage ausharren, sich als flexibel beweisen und aufmerksam sein. Beide konnten mit dem kleinen Rückschlag umgehen. Sie waren es gewohnt, dass nicht immer alles so lief, wie sie geplant hatten. Und doch machte es im Innern natürlich unruhig oder gar mürbe.
Skýler ließ sich von außen nichts anmerken. Er behielt seine ruhige und gefasste Art und tatsächlich war er noch nicht ernsthaft besorgt, dass seine Situation zu schnell aus dem Ruder laufen würde. Dennoch konnte man vermuten, dass er verschiedenste Szenarien gedanklich durchspielte – ganz besonders, wenn er an ein Wiedersehen mit Krazhian dachte.
Eleyna gegenüber zeigte er keine Sorgen. Im Gegenteil – wenn er bemerkte, dass sie ihn stumm beobachtete, schenkte sie ihm ein seltenes Lächeln, das von Zuversicht sprach.
„Hm? Was ist los?“ Solche, oder ähnliche Fragen, teils mit einem leicht neckenden Unterton, als wollte er stumm hinzufügen Ich weiß, dass ich gut aussehe, aber so lange mich anzusehen… bist du in mich vernarrt?, waren darauf abgezielt sie ein wenig abzulenken. Denn er ahnte, dass ihre gemeinsame Nacht nicht jeglichen Zweifel in ihr, was den Mischling anging, ausgeräumt haben konnte.

Als sich herauskristallisierte, dass sie ihren geplanten Weg nach Belfar nicht antreten konnten, gab Skýler Eleyna nach und sie machten sich auf in Richtung Kapayu. Shyána Nelle war ein Ort, den auch er noch nicht besucht hatte und er versprach eine Chance, dass sie sich eine Weile verbergen konnten. Gleichzeitig war ihm die Nähe zu Morgeria nicht wirklich recht, doch behielt er dies für sich. Er blieb von außen betrachtet der souveräne Reisende, den die Halbelfe kennengelernt hatte.
Dennoch schien Eleyna zu ahnen, dass sich der Mischling Gedanken über seinen Mentor machen musste, denn eines Tages sprach sie ihn darauf an und schlug vor, dass er sich mit diesem sogar treffen sollte. Für einen Moment sah er sie nur schweigend an, ehe sich sein Blick in die Flammen des Feuers richtete, das sie für die Nacht entzündet hatten.
„Noch nicht! Aber vermutlich… werde ich das nicht ewig hinauszögern können, wenn ich mich seinem Argwohn nicht direkt aussetzen will.“ Skýlers Mimik wurde immer etwas finster, sobald sie über Krazhian sprachen, was nur verdeutlichte, dass der Reinrassige ihnen große Probleme bereiten konnte.
„Glücklicherweise ist er es gewohnt, dass ich mich nicht sofort, oder besonders regelmäßig mit ihm in Verbindung setze, wenn ich einen Auftrag verfolge. Eine Weile dürfte er nichts vermuten, aber irgendwann muss ich ihm einen Zwischenbericht geben. Doch…“ Skýler stützte sein Gesicht in seine Handfläche mit der er seinen Mund und so seinen Gesichtsausdruck ein wenig verbarg.
„… momentan weiß ich noch nicht was ich ihm sagen muss, dass er mich trotz keiner Ergebnisse, nicht anzweifelt, oder im schlimmsten Fall vom Auftrag abzieht. Obwohl ich das… für unwahrscheinlich halte. Aber irgendwas muss ich ihm geben…“ Dieses Geständnis sprach er deutlich leiser aus und doch war er sich bewusst, dass sie ihn hören würde. Aber das war auch seine Absicht, denn wenn er etwas tat, war es ehrlich mit ihr zu sein.
Als Eleyna eine Falle ansprach, die sie Krazhian stellen könnten, schüttelte er allerdings ruhig und entschlossen mit dem Kopf. Seinen Mentor zu überrumpeln und gegen ihn anzukommen, war für Skýler offenbar bislang keine Option, oder gar ein Gedanke, an dessen Umsetzung er glauben konnte. Und er schien sie bisher auch nicht als Köder einsetzen zu wollen!
„Tu mir einen Gefallen Eleyna! Unterschätze ihn nie – nicht eine Sekunde.“ Diese Bitte sprach er mit bitterernstem Ton aus und griff dann nach ihrer Hand, die er mit seiner sanft und warm umschloss.
„Sollte er dir je gegenüberstehen… vertrau keinem seiner Worte, egal wie nett und hilfsbereit sie klingen sollten. Er hat diese Art, die einen glauben lässt, dass er sein Gesagtes aufrichtig meint. Aber bevor du dich versiehst hast du dich schon in seinen Spinnenfäden verheddert.“ Ský rutschte bei diesen Worten näher, zog Eleyna zwischen seine Beine. Viel Zeit für Zweisamkeit hatten sie kaum, bis gar nicht. Ihre Situation war umwoben von Unsicherheit, wie der andere wirklich momentan dachte, oder empfand. Um die Ungewissheit nicht gänzlich gewinnen zu lassen, suchte zumindest der Mischling in solch kleinen und seltenen Gelegenheiten und Momenten ihre Nähe, im stummen Versuch ihr weiterhin seine Loyalität ihr gegenüber - und keinen Gedankenwandel zu versichern.
„Mir fällt bald ein, wie ich es mache. Ich verspreche es!“, versicherte er ihr leise, als er sein Kinn auf ihre Schulter bettete und sein Gesicht sachte gegen ihren Hals schmiegte, während er die Augen schloss und sich seine Arme von hinten um sie schlossen.
Eleyna fiel vermutlich auf, dass die Beziehung zwischen Skýler und seinem Mentor nicht ganz einfach war und nicht simpel im Schwarz und Weiß unterteilt werden konnte. Und dennoch war es ihm wichtig, dass sie wusste, dass er seinen Entschluss nicht zu bereuen schien.

Der Kapayu ließ solche Momente und Gespräche kaum, bis gar nicht zu, denn der Urwald zeigte sich ihnen von seiner feindseligen Seite. Dennoch mussten sie feststellen, dass sie trotz der widrigen Umstände sehr gut zusammenarbeiteten und sich wirklich gut zu ergänzen schienen. Anders, als man vielleicht vermuten könnte, führte sich Skýler nicht wie ein beschützender Ritter auf. Er wusste, dass Eleyna durchaus in der Lage war auf sich selbst aufzupassen und erhielt viele Gelegenheiten ihre Fähigkeiten noch besser kennenzulernen. So entwickelte es sich, dass er ihr natürlich beistand, sollte sie seine Hilfe brauchen, doch sprang er nicht zwischen sie und jegliche Gefahr, im Wissen und Vertrauen, dass sie in der Lage war, mit dieser zurechtzukommen.
Einzig bei dem Vorfall, als sich ein Tiger plötzlich in ihr Lager schlich – dieser zu seinem Schreck all seine Schattenfallen überwunden hatte – stellte sich Skýler ohne groß darüber nachzudenken vor die Halbelfe, um sie Angriffen abzuschirmen. Doch zu der Überraschung beider kam es zu keinem solchen. Der Tiger schnappte sich lediglich einen Teil ihrer Beute und verschwand dann wieder, ohne einen Angriff, in der Dunkelheit.
Die Anspannung des Mischlings fiel erst nach einer Weile von ihm ab. Er atmete geräuschvoll und erleichtert aus, als abzusehen war, dass sie einem ernsten Kampf mit einem starken Raubtier entkommen waren.
„Urwälder… ich wusste, wieso ich nicht hier herkommen wollte…!“, murmelte er leise und rieb sich durch das rote Haar, ehe er über seine Schulter zu Eleyna sah, um zu sehen, wie sie den Schreck verkraftete. Dass sie sogar einen Schritt weiterdachte – eine göttliche Begegnung mit einem der beiden Urwaldgötter in Betracht zog – kam Skýler nicht in den Sinn. Der Mischling war nicht gläubig, auch wenn sich hier und da ein göttlicher Name in eine Redewendung oder einen seiner ausgesprochenen Flüche verirrte. Er zog auch nicht dann diese Möglichkeit in Betracht, als sie am nächsten Tag ein Pfand für ihre unfreiwillig hergegebene Gabe fanden.

Die Anstrengung der Reise zog sich die nächsten Tage weiter und aus irgendeinen Grund, obwohl sie beide im Spurenlesen und Fährten finden geübt waren, gelang es ihnen nicht die Talsenke zu finden, oder gar zu dieser zu gelangen. Nein, das Schicksal begann Skýler übel mitzuspielen, als er nach ein paar Tagen feststellen musste, dass sie die Grenze zweier Wälder überschritten hatten und sie nicht länger im Kapayu waren.
„Verdammt. Wir werden die Talsenke niemals finden, wir sind im Neldoreth!“, fluchte Eleyna, als auch sie die Veränderung der Vegetation bemerkt und ihren Fehler erkannt hatte.
„Als wollten die Götter, dass wir uns nicht aufhalten und schnurstracks ganz Celcia durchqueren…“
Normalerweise erhielt die Halbelfe irgendeine Erwiderung, oder Reaktion auf ihre Worte. Doch dieses Mal blieb Skýler ungewöhnlich ruhig. Sein Blick wanderte über den seltsam vertrauten Anblick der Fauna des Neldoreth, während er hinter Eleyna weiterging. Das Rauschen des Flusses war bereits zu hören und als sie an dessen Lauf ankamen, traf Skýler die Erkenntnis, dass er wusste, wo im Neldoreth sie waren.
Im Innern des gestandenen Mannes begann ein unangenehmes Gefühl aufzukommen. Sein ruhiger Ausdruck verlor sich ein wenig und er wirkte angespannter, was allerdings eindeutig unbewusst geschah.
„Wo… sind denn alle?“, murmelte Eleyna, die sich langsam aber sicher ein besseres Bild von ihrem aktuellen Standort machte und dabei die ersten Hinweise auf ein lange zurückliegendes Ereignis entdeckte.
„Skýler?“ Langsam schien auch die Schwarzhaarige zu verstehen, welchen Ort sie gefunden hatten. Als sie sich weiter umschaute, fand sie eine abgebrochene Klinge deren Herkunft nicht schwer zu erkennen war. Und der halbe Neldorether spürte, wie sich ihr Blick auf ihn richtete. Noch immer fand kein Wort über seine Lippen, doch langsam richtete sich sein Sturmgrau auf ihr helles Blau.
„Sie waren hier…“, murmelte sie und Skýler fand Entsetzen in ihrem Blick. Dies und… den Anflug von Sorge, was diese Entdeckung mit ihm anrichten würde.
Er konnte es nicht zeigen, wie unwohl er sich in diesem Moment fühlte. Dieser Ort war ein Teil seiner Vergangenheit, ein Teil seiner Herkunft und einst seine Heimat gewesen. Die Schönheit der neldorethischen Wälder war ihm innigst vertraut und doch zugleich fern. Doch das, was ihm wohl am wenigsten gefiel war, dass er sich nicht davor bewahren konnte, wie sehr die Umgebung Erinnerungen in ihm wachrief, die er lieber tief in sich vergraben und verdrängt hatte.
Stumm ging er ein paar Schritte, blieb vor den Gebeinen eines Waldelfen stehen, der an diesem Ort sein Leben gelassen hatte. Die Kleidungsreste, die noch an den Gebeinen hafteten, wie auch die herumliegenden Stoffe, die man vermutlich zum Waschen und färben ans Flussufer gebracht hatte, als das Unglück geschehen war, zeigten teils noch immer feine Webmuster der Stoffe, die einst so bekannt und im ganzen Land begehrt gewesen waren. Und die sich, wenn man einmal darauf achtete, auch im Kleidungsstil des Mischlings wiederfanden – dezent, doch vorhanden! Er schien seine Wurzeln nie vergessen zu haben…
Skýler wandte sich zu Eleyna um und sagte recht schlicht und gefasst, was der Situation irgendwie nicht gerecht werden wollte: „Ich weiß…!“ Sein Blick verharrte einen Moment in ihrem, ehe er in die rechte Richtung deutete.
„Dort hinten liegt Neryan. Oder das, was noch von dem Dorf übrig ist!“, erklärte er, ohne zu zeigen, wie es in seinem Inneren aussah. Deutlich wurde nur, dass er gewusst hatte, was hier geschehen war. Doch vermutlich war das kein Wunder für einen Spion, der in Celcia schon viel herumgekommen war. Eleyna hingegen schien die Nachricht unvorbereitet zu treffen.
„Die Überlebenden wurden gefangen genommen. Wir werden hier niemand finden. Willst du trotzdem in Richtung Dorf?“ Sein Blick wanderte zur Seite und obwohl er sprach, als würde ihn das alles nicht wirklich betreffen, wirkte er anders als normalweise. Es würde allerdings nur jemandem auffallen, der ihn schon besser kannte.
Skýler wollte nicht ins Dorf und doch wusste er, dass dieses ihnen vermutlich einen recht sicheren Unterschlupf für die Nacht bieten würde. Nicht alle Gebäude waren der Schlacht zum Opfer gefallen und wenn er sachlich dachte, war er hier sogar mit am besten in der Lage für Verpflegung zu sorgen. Er kannte den Neldoreth, auch wenn er schon viele Jahrzehnte nicht mehr hier gewesen war. Und so sehr er es leugnen wollte war er noch immer ein Teil dieses Waldes…!

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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Erzähler » Sonntag 8. Dezember 2024, 04:47

Eleyna ließ das kühle Nass des Baches durch ihre Finger gleiten. Ein wenig Erfrischung tat gut, auch wenn die Zeit der Abendsonne noch eine Weile hin wäre. Aber bereits jetzt herrschten gelegentlich wärmere Tage. Vor allem aber brauchte ihr Körper noch Zeit, sich von den tropischen Temperaturen des Kapayu nun auf die gemäßigten Zonen des Neldoreth zu aklimatisieren. Es stellte keine große Belastung dar, jedenfalls nichts, womit sie nicht fertig würde. Trotzdem tat jede noch so kleine Unterstützung gut. Wo die Götter es offenbar nicht wünschten, dass sie und ihr Gefährte Skýler die geheimnisvolle Talsenke der Shyáner Elfen fanden, statteten sie das Spionage-Duo wenigstens mit genug Möglichkeiten aus, ihre Vorräte aufzustocken. An Wasser oder Nahrung mangelte es ihnen nicht. Trotzdem ging Eleyna auf Nummer sicher und befüllte ihre Feldflasche. Dabei fielen ihr die ersten Details auf, dass der Bach nicht nur von zufälligen Reisenden als Anlaufstelle genutzt wurde. Trampelpfade, die erneut tiefer in den Wald hinein führten, zeugten mindestens von einem Lager in der Nähe, wenn nicht gar einem Dorf. Die Elfe war zwar viel gereist, ihre Wege hatten sie jedoch nie zuvor nach Neryan geführt. Sie wusste, dass es im Neldoreth lag, aber es war zum einen für sie nie von Belang gewesen, zum anderen viel zu klein, als dass sie es bewusst hätte aufsuchen wollen. Wie auch Skýler blieb sie eher für sich, wenn Kontakt zu anderen nicht zwingend nötig wäre. Auch der Mischling hätte nun wohl lieber diesen Kontakt gemieden, wenngleich sich kein Waldelf aus Neryan direkt zeigte.
Skýler kannte die Gegend nur zu gut. Wo er vertraute Pfade entdeckte, die er als Kind selbst gegangen war, da übersah er in seinem wachsenden Unbehagen zunächst die deutlichen Anzeichen, dass etwas nicht stimmte. Eleyna war es, die darauf aufmerksam machte. Sie entdeckte nicht nur die achtlos und schon viel zu lange herum liegende Wäsche, die leeren Körbe, sondern auch veraltete Blutflecke und ein Stück abseits des Flusses die abgebrochene Klinge morgerianischer Machart.
"Sie waren hier...", warnte sie ihren Begleiter, während sich ein flaues Gefühl in ihrer Magengegend ausbreitete. Natürlich hatte sie von den Eroberungszügen ihrer dunklen Verwandten mitbekommen. Man konnte sich dessen kaum noch entziehen. Die dunkle Epoche brach über ganz Celcia herein und offenbar hatte sie selbst vor einem unscheinbaren Dorf des Neldoreth nicht Halt gemacht. Nicht immer schien ihre Mutter für die Schrecken verantwortlich zu sein, die Einfluss auf alle nahmen. Auch Skýler blieb von alledem nicht verschont. Allein schon wieder in der Nähe seines Heimatdorfes zu sein, bereitete ihm Unbehagen. Nun jedoch deutlich zu erkennen, dass Neryan den dunklen Völkern zum Opfer gefallen zu sein schien, verursachte zusätzliche Gänsehaut. Zwar hatte er das Dorf zu Jugendtagen nach dem unkontrollierten Mord an seinem Großvater eher fluchtartig verlassen, das hieß jedoch nicht, dass ihn dessen Schicksal nicht kalt ließ. Er war hier aufgewachsen, wenngleich nicht unter den liebevollsten Umständen. Aber hier im Neldoreth hatte seine Mutter gelebt. Hier hatte Tíandara ihn geboren und bis zum letzten Atemzug beschützt. Sie hatte ihn immer geliebt. Jetzt alte Spuren von Blut, zerrissene Lumpen und schließlich sogar elfische Gebeine im Unterholz sehen zu müssen - dort wo seine Mutter gewandelt war, manchmal auch mit ihm als kleinem Bengel an der Hand - das konnte nicht einmal ein inzwischen eher abgebrühter Charakter wie Skýler ignorieren. Respektive, selbst wenn er es versuchte, es ließ ihn nicht kalt. Er spürte regelrecht, wie sich sein Innerstes zusammenzog. Eleyna konnte er nicht einmal antworten, als sie ihn direkt mit Namen ansprach. Er blickte ihr zunächst nur entgegen, unfähig auch nur ein Wort über die Lippen zu bringen. Sie mochte jedoch spüren, was der Anblick bei ihm anrichtete.
Trotz allem versuchte der Elf, sich nichts anmerken zu lassen. Er schritt zunächst stumm die Pfade ab, bis er die Gebeine erreichte. Kein Fleisch hing mehr an den Knochen, was darauf schließen ließ, dass sie schon eine Weile hier liegen mussten. Alles Fressbare war wilden Tieren zum Opfer gefallen. Die Kleidungsreste lagen eher wie Lumpen um die Knochen zerstreut herum. Skýler erkannte aber sofort, dass es klassische Gewänder aus Neryan gewesen waren. Wer hier unbestattet und vergessen lag, war ein einfacher Kräutersammler gewesen. Die liebevollen Muster, welche Kamille und Lavendel auf seinen Stoffen hätten zeigen sollen, waren kaum mehr zu erkennen. Kräuterbeutelchen, sowie die Sichel zum Abtrennen jener fehlten. Von diesem Mann oder dieser Frau war kaum mehr geblieben als die Erkenntnis, dass diese Person existiert haben musste. Ihr Name war längst vergessen. Ob alle Bewohner seines Heimatdorfes dieses Schicksal teilen mussten?
SKýler deutete tiefer in den Wald, wo der Trampelpfad bereits das Ziel andeutete. "Dort hinten liegt Neryan. Oder das, was noch von dem Dorf übrig ist!" Er hatte im Gegensatz zu Eleyna Gerüchte über die Ereignisse hier aufgeschnappt. Vor allem, weil er sich über den Zustand der wiedererstandenen Stadt Kosral hatte erkundigen müssen. Krazhian war daran interessiert gewesen, ohne den genauen Grund zu nennen. Auf diese Weise aber hatte Skýler nachforschen dürfen und so erfahren, dass sämtliche Überlebenden des Überfalls auf sein Dorf dort sein mussten. In Kosral, um als Arbeistsklaven zu dienen, solange ihre Körper die Torturen mitmachen. Nie hatte er versucht, dorthin zu gelangen, nach ihnen zu schauen, geschweige denn, sie zu befreien. Dafür war im Leben von Krazhians bestem Werkzeug einfach kein Platz und solange Skýler den Auftrag nicht erhielt, war es ihm einfach nicht möglich gewesen, überhaupt näher darüber nachzudenken. Jetzt aber wanderte die Erkenntnis tiefer in seinen Geist. Sie ließ sich ebenso wenig aufhalten wie die Erinnerung an ein Dorf, das in einem kleinen Jungen immer nur dessen dunkelelfisches Erbe gesehen hatte. Erinnerungen an Aldon. seinen Großvater, der ihm schließlich die eiskalte Wahrheit über seine Entstehung entgegengeschleudert hatte. Erinnerungen an seine Mutter, ihre Fürsorge und Wärme ... ihr Ende. Die Wut, die Schatten, das Ende seines Großvaters, Skýlers Flucht. Ein Chaos brach sich Bahn in seinem Geist und er musste sich wohl stark zusammenreißen, um es zu beherrschen. Vor Eleyna konnte er schließlich unmöglich zusammenbrechen ... oder nähme sie es ihm übel?

Ganz gleich wie Skýler mit der Situation umging und wieviel von seiner malträtierten Kindheitsseele er Eleyna tatsächlich offenbarte, er brachte es über sich, sie zu fragen, ob sie das Dorf aufsuchen sollten. Natürlich hoffte er irgendwo darauf, dass sie ablehnen würde. Letztendlich wusste er es aber besser. Zwar benötigten sie nicht zwingend bessere Vorräte, aber ein Dorf - ob verlassen oder nicht - würde ihnen nun einen besseren Unterschlupf gewähren als noch eine Nacht auf hartem Waldboden verbringen zu müssen. Sie sahen es beide pragmatisch. Außerdem war es sicherer, die Lage in Neryan zu prüfen. Vielleicht trieben sich Dunkelelfen oder Orks noch immer dort herum. So war es im Grunde bereits entschieden, bevor Eleyna ihr Einverständnis gab.
Keine Viertelstunde später erreichten die beiden das Dorf Neryan. Es lag wirklich verlassen da, jedenfalls kündeten die geradezu bizarre Stille und der natürliche Bewuchs auf den kleinen Häusern an, dass keine Bewohner mehr hier verkehrten. Im Dorfzentrum, wo der Erdboden von zahlreichen Füßen einst so oft genutzt worden war, dass kaum ein wildes Blümchen dort mehr wuchs, zeigten sich vereinzelt kleine Veilchen und Stiefmütterchen. Sie wuchsen vor allem um den Dorfbrunnen, der das Zentrum des Platzes bildete. Einige Holzbänke standen in etwas Abstand kreisförmig um ihn herum, daneben Blumenkübel aus Stein. Einige waren umgeworfen und zertrümmert worden. Die Pflanzen darin hatten längst ihr Leben ausgehaucht. Nahe des Brunnens lag ein zerbeulter Eimer, der bereits eine grünliche Schicht Patina entwickelt hatte. Auf dem Platz selbst fanden sich glücklicherweise keinerlei elfische Überreste. Dafür hingen von einem langen Ast direkt neben dem Dorfzugang mehrere dunkelelfische Körper. Man erkannte sie nur als solche, weil sie noch immer ihre Rüstungen trugen. Ansonsten machten Skelette von ihnen keinen Unterschied zu denen anderer Elfen. Einige Krähen saßen bei den am Hals aufgehangenen Toten, pickten teilweise sogar an ihnen herum. Sie unterbrach ihren Leichenschmaus, um Skýler und Eleyna schiefe Blicke zuzuwerfen. Vertreiben ließen sie sich jedoch nicht. Hier roch es noch immer nach Tod. Das übrige Dorf hingegen wirkte überraschend ... aufgeräumt. Dort fanden sich keine Gebeine, keine Leichen. Hatte man sämtliche Bewohner gefangen genommen und mitgeschleppt?
Die Häuser lagen verlassen da, größtenteils mit offenen Türen und vermutlich geplündert. Hier und da wuchsen Ranken die Wände empor, breitete sich Moos über der Türschwelle aus oder mussten Fenster von Spinnweben oder Vogelexkrementen dringend befreit werden. Leider war niemand anwesend, der sich diesen Aufgaben hätte annehmen können.
Auch das alte Haus von Skýlers einstiger Familie machte einen heruntergekommenen, verlassenen Eindruck. Es unterschied sich nicht groß von den übrigen Dorfhäuschen - gemütlich, mit ein paar angebauten Zimmern, einem separaten Schuppen und Reetdach könnte es ein idyllisches Heim sein. Für den entflohenen Sohn und Enkel aber besaß es andere Erinnerungen. Außerdem wusste Skýler, dass am anderen Ende des Dorfes wohl immer noch das Haus seiner Mutter liegen musste. Dort hatte sie mit ihm gelebt, bis ...
Eine Krähe durchbrach die Stille Neryans, als sie unter Krächzen von einem der nahen Äste aus die Schwingen ausbreitete. Sie flog sehr knapp an Eleyna und Skýler vorbei, drehte eine Runde über dem Dorfplatz und setzte sich schließlich auf das Spitzdach das Brunnens, als wollte sie in ihrem schwarzen, leicht zerrupften Federkleid wie ein Vorsteher die Gäste begrüßen. Schon krächzte sie lauter, drehte sich einmal auf ihrem Posten und beäugte die beiden Spitzohren anschließend wieder stumm. Offenbar war der Vogel neugierig, woher diese Gestalten kamen, vor allem aber, wo sie nun hingehen wollten. Ein ganzes Dorf lag ihnen zu Füßen und im Grunde könnten sie in jedes Haus gehen. Wenn sich im Laufe der Jahre nichts verändert hatte, wären das Häuschen des Kräuterkundlers, der Heilerin oder die auch etwas am Rand gelegene Jagdhütte noch interessant. Vielleicht fände sich dort noch das eine oder andere nützliche Teil. Neryans Jäger stellten aus den Fellen der erlegten Tiere oftmals auch Ledersachen her. Vielleicht wollten sie aber wirklich ihre Vorräte ausbessern. Dann könnte man schauen, ob sich in den Häusern noch etwas finden ließe. Vielleicht zog es Skýler aber auch direkt in seine eigene Unterkunft. Ob sein Bett noch existierte? Oder sollte er dem Grab seiner Mutter einen Besuch abstatten, das sich hinter dem Haus seines Großvaters finden lassen müsste? Dort wären wohl wirklich die einzigen Gebeine zu finden, wenngleich sicher begraben. Neryan war nicht nur verlassen, sondern auch bar von Leichen oder ihren Überresten, sah man von den aufgehängten Kadavern am Ortseingang einmal ab.
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Eleyna d'Yaincre
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Sonntag 8. Dezember 2024, 11:57

Die Beziehung zu Skýler würde wohl noch eine ganze Weile undefiniert bleiben. Seit jener Nacht am Strand hatte sich deutlich etwas geändert und doch auch wieder nicht. Sie hatten ihren gemeinsamen Status nicht in Worte gefasst und vielleicht brauchte es das auch gar nicht. Das Leben sorgte dafür, dass sie aufeinander weiter angewiesen waren und keiner von ihnen hatte noch das grundlegende Bedürfnis sich vom jeweils anderen zu entfernen. Eleyna hatte ihre Ambitionen weitestgehend aufgegeben, Skýler von sich zu stoßen. Allerdings war in ihr noch immer der Wunsch verankert, niemanden in unmittelbare Gefahr zu bringen. Das würde sich auch nicht ändern, denn es wäre ein grundlegender Einschnitt in ihre Persönlichkeit. Gefahren von anderen abzuwenden, lag ihr immer am Herzen. Schon in Sarma, schon in Morgeria, während sie aufwuchs. Es war ein Teil ihrer menschlichen Persönlichkeit und ein Vermächtnis ihres Vaters. Dennoch war sie auch dankbar dafür, dass Sky blieb. Es war ein warmes Gefühl, wenn sie ihn auf ihrer Reise durch Celcia ansehen konnte und wusste, er blieb aus freien Stücken. Weil er sich dafür entschieden hatte. Sie hatte ihn weder täuschen noch überreden müssen. Er tat es einfach. Dennoch fehlte es ihnen hinlänglich an Momenten, wo sie ihren Status hätten, näher definieren können. Der Urwald war unwegsam, gefährlich und nicht der passendste Ort für weiteres. Rumdett hatte ebenso viel von ihrer Professionalität abverlangt und jetzt, jetzt waren sie in einem Gebiet, von dem Eleyna wusste, dass es Skýler nahe ging. Mit Entsetzen hatte sie erkannt, dass sie ganz in der Nähe zu Neryan sein mussten und ihr Blick legte sich forschend auf das Gesicht des Mischlings. Er zeigte ihr… nichts. Er blieb glatt in seiner Mimik und berichtete stoisch von den Geschehnissen hier. „Die Überlebenden wurden gefangen genommen. Wir werden hier niemand finden. Willst du trotzdem in Richtung Dorf?“ Für einen Moment dachte Eleyna darüber nach. Die Elfe schaute über ihre Schulter und den Trampelpfad hinauf, der wohl zum Dorf führte. Ihr war klar, dass diese Erfahrung für Sky nicht unbedingt reizvoll war. Allerdings könnten sie im Dorf durchaus Proviant und andere Vorräte finden. Es widerstrebte Eleyna diesen Vorschlag zu verfolgen, aber es wäre fatal, ohne diese Möglichkeit weiterzureisen. Mit einem Seitenblick nickte sie schließlich. „Lass uns nachsehen, ob es etwas gibt, das wir tun können“, hielt sie sich vage und vorsichtig. Auch wenn Skýler sich ruhig und gleichmütig gab, fiel Eleyna die feine Nuance in seinem Verhalten trotzdem auf. Sie kannte ihn zwar immer noch nicht hinlänglich und maß sich nicht an, seine Gedanken zu kennen, aber sie war durchaus geschult darin, auf Feinheiten zu achten. Und er bemühte sich um Gleichgültigkeit. Das war etwas anderes, als sie auch wirklich so zu empfinden.

Die Elfe machte den Vorstoß und ging den Weg entlang. Hierbei war sie vorsichtig, keine der Relikte aus vergangenen Tagen zu beschädigen. Sie ging andächtig und langsam, aber zielstrebig. Bis sie den Rand des Dorfes erreichten. Hier ließ sie die Umgebung auf sich wirken, ließ den Blick schweifen und blieb daraufhin bei den Soldaten am Baum hängen. Es war ein groteskes Bild, das nicht recht in Einklang zu den Hütten der Waldelfen stehen wollte. „Eine Warnung…“, murmelte sie ihre Gedanken heraus und blickte zu den Krähen. Eine davon flog einen Bogen, setzte sich auf den Brunnen und lockte Eleyna’s Blick mit sich. Sie sah die kleinen Anzeichen für Verwilderung. Die Natur holte sich stets ihr Territorium zurück. „Wie lange ist der Angriff her? “, fragte sie leise an Ský gewandt. Sie ging weiter, betrachtete alles und drehte sich einmal um sich selbst dabei. Sie hatte keine Informationen diesbezüglich gehabt, weil es nie in ihrem Interessensgebiet gelegen hatte. Sie wusste, dass in Kosral eine neue Basis entstanden war, aber sie hatte da nie näher nachgefragt. Jetzt fühlte sie sich beinahe unwohl, dass sie den Blick für die Gesamtsituation, ob ihres eigenen Dilemmas so sehr verloren hatte. Eleyna ging zu einer der Hütten und schaute durch das Fenster hinein. Zeugnisse, dass das Leben im vollen Gange gewesen war, als das Dorf ausgerottet wurde, ließen sie schlucken. Geschirr, dass von gemeinsamen Essen sprach, der Abwasch im Kübel, der längst kein Wasser mehr hatte. Umgefallenes Mobiliar… All das erzählte eine Geschichte, die eindrücklich und nachhaltig wirkte. Sie ging einige Häuser weiter und spähte dann in eine Kräuterhütte, wie es aussah. Die Kräuter an der Decke waren wohl nicht mehr zu gebrauchen, die Elixiere oder Salben könnten aber sehr wohl noch genügen, um Wunden zu versorgen. Sie betrat die Hütte langsam und ließ weiterhin eine gewisse Ruhe walten. Sie wusste, dass sie respektvoll und andächtig mit dem Erbe derjenigen umgehen musste, die hier einst lebten. Sie plünderte nicht. Sie ließ sich Zeit, fasste nichts an, außer, wenn sie mal einen Stuhl aufstellte oder einige Scherben beiseiteschob. In der Kräuterhütte fand sie einige Tigel, wusste aber nicht, ob es etwas Brauchbares gäbe. Je nach dem, würde sie vielleicht eine Wundsalbe einstecken aber ansonsten alles so belassen, wie es war.
Sie trat wieder auf den Platz und holte instinktiv tief Luft. Sie hatte sie angehalten und irgendwie war ihr schwer zu mute. Eleyna wandte sich schließlich wieder zu Ský um. Sie trat auf den Mischling zu, berührte ihn allerdings nicht. Sie ahnte, dass er das womöglich nicht wollen könnte. Vielleicht war sie selbst auch befangen, um keinen Fehler zu machen. Ihr war es wichtig, dass Ský sich auf sie verlassen konnte. „Wenn die Erinnerungen zu schwer sind, dann lass uns weiterreisen, Skýler“, bot sie ihm an. „Du musst dir das nicht antun“, murmelte sie vorsichtig und legte dann doch eine Hand auf seinen Arm. Sie beobachtete den Mischling und tastete sich vorsichtig heran, um zu ergründen, wie er mit dieser Konfrontation seiner Vergangenheit umgehen wollte. Sie war für ihn da – ob er nun reden oder ‚einfach weitermachen‘ wollte.

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Skýler Fiórge Zhèkkra
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Skýler Fiórge Zhèkkra » Donnerstag 12. Dezember 2024, 17:57

Vermutlich wusste Ský selbst noch nicht so ganz, wie ihm zumute war, da er sich nun unversehens mit seiner Vergangenheit konfrontiert sah. Der Junge von damals, der hier gelebt hatte, existierte im Grunde nicht mehr, doch natürlich waren viele Erinnerungen noch immer vorhanden und abrufbar. Waren es Gute? Schlechte? Selbst dann, wenn man ihn danach fragen würde, wüsste der Mischling nicht eindeutig zu antworten.
Dass Eleyna nicht begann ihn direkt auszuquetschen wusste er im Stillen zu schätzen. Da er von sich aus nichts zeigte und so tat, als würde ihn der Fund nicht sonderlich bewegen, konnte man schon behaupten, dass es Feingefühl benötigte, um hinter seine Fassade zu sehen. Es war noch eindrucksvoller, wenn man bedachte, wie kurz sie einander im Grunde erst kannten.
Da es das Vernünftigste war, was sie nach ihren plagevollen Tagen durch den Kapayu tun konnten, beschlossen sie das, vermutlich vollständig verlassene Dorf aufzusuchen. So gerne Skýler diesen Besuch auch umgangen hätte, sie mussten zusehen, dass ihre Vorräte aufgestockt wurden. Und vielleicht konnten sie noch etwas anderes Nützliches unter den zurückgelassenen Habseligkeiten der Einwohner finden.
Der Mischling ließ Eleyna den Vortritt. Er ging seitlich, ein Stück hinter ihr und betrachtete stumm die Umgebung, durch die sie liefen und die die Schatten der Vergangenheit in seinen Gedanken wachrief.
Ungefähr 90 Jahre war es her, dass Ský hier gelebt hatte. Und doch begann ihm nun sein Gedächtnis Streiche zu spielen. Als würde er wirklich Abbilder seiner Kindheit im Augenwinkel sehen, erinnerte er sich plötzlich an längst vergessen gemeinte Gesichter von Dorfjungen, die über den Platz tobten – das Bild des Markttages, an dem auch reisende Händler ihre Waren anboten – das Antlitz seiner Mutter, in deren rotem Haar sich das Sonnenlicht schimmernd verfing …! Die grauen Augen versteckten sich kurz hinter den Lidern, als er einen sachten Kopfschmerz aufkommen spürte. Gedanklich hörte er das muntere Geschwätz und Lachen der Dorfbewohner, roch die Leckereien aus der Backstube …
Ský! Der Mischling blieb nahe des Brunnens wie eingefroren stehen, öffnete die Augen und sah über seine Schulter hinter sich. Die Stimme, die sich aus den Tiefen seiner Erinnerungen in seine Gedanken geschlichen hatte, war die seine Mutter gewesen. Wie oft hatte Tiandara ihn damals gerufen und er hatte sich, wie gerade zu ihr umgewandt?
Sein Herz machte einen Satz, als er für eine Millisekunde auch glaubte ihr Antlitz zu sehen, doch ein Wimpernschlag genügte, dass sich die fade Erinnerung, wie Staub im Winde verlor. Dort, wo er hinsah, stand niemand!
Einen Moment lang blieb er noch stehen, tastete mit seinem Blick den verwilderten Teil des Weges ab, auf dem er einst häufig gelaufen war. Wie viele Jahrzehnte lang hatte er sich nicht mehr an die Stimme seiner Mutter erinnern können? Doch nun…?!
Die Zeit hatte ihm viel geraubt – gestern noch hätte er ihr Gesicht – den Ausdruck ihres Lächelns – oder den Klang ihrer Stimme nicht bewusst abrufen können. Viele Erinnerungen waren eingeschlafen, verloren geglaubt – doch nun stand er hier und wurde mit einigen schattenhaften Bildern und Eindrücken konfrontiert, obwohl er sich nicht einmal versucht hatte zu erinnern.

Ský wandte den Blick und riss sich von diesem eigenartigen Moment los, indem er einen Schritt machte und sein Grau wieder auf Eleyna richtete, die die aufgehängten sterblichen Überreste von Soldaten betrachtete, die an Bäumen aufgehängt worden waren.
„Eine Warnung…“, hörte er ihre Stimme, woraufhin er die Leichen ebenso betrachtete. Der Zahn der Zeit, Wind und Wetter und natürlich Tiere hatten den Leichen die Erkenntlichkeit genommen. Bei diesem Anblick regte sich nichts in seinem Innern, doch so wäre es vermutlich auch gewesen, wären dies die Leichen von Dorfbewohnern gewesen. Der Anblick von unbekannten Toten war ihm mittlerweile zu bekannt, als dass er etwas größeres Empfinden würde!
„Die Gefallenen zu ehren liegt nicht unbedingt im Interesse der Dunklen!“, erwähnte Ský auf Eleynas Worte hin und wandte dabei den Blick ab, um ein Stück weiter zu gehen.
„Wie lange ist der Angriff her?“, fragte Eleyna leise und der Mischling spürte langsam ihren Blick auf sich. „Etwa 3 Monate…!“ antwortete er ihr und rieb sich etwas nachdenklich durch das rote Haar, ehe er mit den Schultern zuckte. Fast ein wenig salopp.
„Sie hatten keine wirkliche Chance!“, erwähnte er noch, ehe sich seine Beine wieder in Bewegung setzten. Ský sagte sich selbst gedanklich, dass er nicht hier war, um in Erinnerungen zu schwelgen, sondern um ihre persönliche Lage zu verbessern. Und darauf versuchte er sich nun zu konzentrieren, denn ihm war schon bewusst, dass die vertraute Umgebung und dadurch wachwerdenden Erinnerungen ihn nicht ganz so kalt ließen, wie er es sich momentan wünschen würde.
Während Eleyna die Hütte eines Kräutersammlers betrat, sah sich der Mischling weiter auf dem Dorfplatz um. Ein stummes Seufzen verließ seine Lippen. Er fühlte sich unruhig und unwohl hier zu sein. Denn er mied ganz besonders den Blick die Straße hinab, wo sich das, doch recht eindrucksvolle, Haus der Familie seiner Mutter befand. Er wusste, dass er keine Auffrischung seiner Erlebnisse gebrauchen konnte, war sich aber sicher, dass sie unfreiwillig hervorgerufen werden würde, sollte er das Gelände, das Gebäude oder gar das Innere des Hauses sehen.
Nein, darauf konnte und wollte er verzichten! Daher konzentrierte er sich auf andere Bereiche, suchte nach verwertbaren Gegenständen, die ihnen nützlich sein könnten oder Essbarem, das entweder gelagert war, oder noch gejagt oder geerntet werden konnte.
Eine Weile später kam Eleyna aber wieder zu ihm und er hob den Blick. „Was Nützliches gefunden?“, fragte er und legte Mühe darauf sorglos zu erscheinen.
„Wenn die Erinnerungen zu schwer sind, dann lass uns weiterreisen, Skýler. Du musst dir das nicht antun.“ Ihre Worte waren nur gemurmelt, doch für ihn deutlich hörbar. Darüber hinaus wagte es die Halbelfe langsam ihn nun doch zu berühren. Sein Grau folgte der warmen Berührung, die sich derzeit als das einzig Echte für ihn anfühlte.
Erst legt er seine Hand über ihre, ehe er sie ergriff und sachte drückte. Noch immer stocherte sie nicht nach Antworten der Fragen, die vermutlich zweifellos in ihren Gedanken aufkamen.
„Du musst dir keine Sorgen machen!“, meinte er und lächelte sachte, aber durchaus dankbar. „Wieso sollten wir eine gute Gelegenheit verstreichen lassen, uns auszuruhen und unsere Vorräte aufzustocken? Klar ist es merkwürdig hier zu stehen, aber…“ Sein Blick senkte sich ein wenig nachdenklich und er überlegt wohl, ob er die Worte so aussprechen konnte, wie er sie empfand „… ehrlich gesagt ist es für mich leichter, dass hier niemand ist. Das macht es einfacher! Deshalb lass uns zumindest eine Nacht bleiben. Die letzten Tage waren kräftezehrend und wir müssen mit unserer Energie haushalten.“ Sein Grau tastete sich in ihr Blau, ehe sich ein sachtes Grinsen auf seinen Lippen ausbreitete.
„Abgesehen davon… hätte ich nichts dagegen, wenn wir eine Verschnaufpause bekommen und ein wenig mehr Zeit zum Reden hätten. Auf die eine, oder andere Weise!“ Seine Art und Weise die Worte zu betonen, gepaart mit seinem frechen, aber gleichzeitig leicht anzüglichen Blick, ließ Eleyna vermutlich erahnen, dass er für unterschiedliche Arten der Kommunikation offen war – und nicht wirklich geheim hielt, gegen welche er absolut nichts hätte! Aber es war auch wirklich wichtig, dass sie einen Moment der Ruhe fanden, um sich neu zu sammeln, zu ordnen und auch ihre recht undeutliche Bindung neu ergründeten.
Während er auf ihre Reaktion wartete, fragte sich Skýler insgeheim, ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn sie ihm private Fragen über sein Leben hier stellen würde! Wohl fühlte er sich sicher nicht mit der Aussicht, sich selbst zum Erinnern zu zwingen, doch gleichzeitig … hatte sie ihm ebenfalls scherzvolle Details aus ihrer Vergangenheit anvertraut.
Sachte beugte er sich zu ihrem Ohr hinab. „Lass uns nur nicht in diese Richtung gehen!“, flüsterte er ihr anvertrauend und deutete mit dem Finger in die Richtung, in der das Haus von Aldor stehen sollte. Dieser Ort markierte den Punkt in seinem Leben, an dem er zum Waisen, zum Mörder und zum Gejagten geworden war. Und das in mehrfacher Hinsicht…!

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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Erzähler » Freitag 13. Dezember 2024, 07:09

Skýler hatte ihr erzählt, dass das Dorf überfallen worden war. Man hatte die Bewohner Neryans verschleppt. Folglich würde sich niemand mehr dort finden lassen. Entsprechend sah es bei ihrer gemeinsamen Ankunft auch aus. Viele der kleinen Dorfhütten und Bauten waren von Florencias Segen überwuchert worden. Eigentlich sah es sogar recht hübsch aus, denn so schmiegten sich die einstigen Behausungen der neldorethischen Elfen geradezu perfekt in die übrige Natur ein. Aber nur auf den ersten Blick schien Neryan endgültig verlassen zu sein, unabhängig von der Tatsache, dass auch Phaun seinen Segen über das Dorf geschickt zu haben schien. Die Tiere bewegten sich zwischen den Häusern hindurch und das regelmäßig. Sowohl Skýler als auch Eleyna konnten Spuren von Wildkaninchen, Regen und sogar Rebhühnern ausfindig machen, die sich irgendwann einmal über den Dorfplatz bewegt haben mussten. Sie fanden sogar die aufgehängten Leichen von Dunkelelfen am Dorfeingang. Dort hingen sie, nur noch anhand ihrer Lumpen als jene erkennbar, die zu den Völkern gehörten, welche man für das Verbrechen an den Neldoreth-Elfen verantwortlich machen konnte. An den übrigen Resten nagten Maden und Vögel, vor allem Raben. Sie waren es auch, die hier und dort von den Dachgiebeln der Dorfhütten auf Eleyna und Skýler herabschauten. Sie waren es, die ihnen entgegen krähten mit ihrer kratzigen Rabenstimme. Sie waren es, die auf etwas aufmerksam machen wollten, was beide im Moment übersahen.
Vielleicht lag es an Skýlers Zustand, sich zwangsläufig mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen zu müssen und dem Umstand, dass Eleyna es mit Sorge betrachtete. So hatten beide die Umgebung nur bedingt im Blick. Dennoch schauten sie sich um. Ihr Fokus lag aber auf dem, was brach lag, zerstört worden war. Eleyna lugte durch eines der Fenster in eine Hütte hinein. Sie wusste nicht, wer hier gewohnt hatte. Sie konnte es nur anhand des Offensichtlichen mutmaßen. In diesem Haus musste ein Paar gelebt haben, Alter nicht erkennbar. Kinderlos mussten sie gewesen sein, denn nichts deutete daraufhin, dass eines dort lebte. Aber die Elfen hatten gelebt, so viel stand fest. Das Geschirr verrottete in einem Steinbecken, der gedeckte Tisch hätte noch schön ausgesehen, wäre die Schicht aus Staub und von der Decke gerieselten Schmutzes nicht. Würde man aufräumen, könnten Elfen dort einfach den Tag fortsetzen. Sie müssten nur den Stuhl aufheben, zurück an den Tisch schieben und die braun gewordenen Blutflecken vom Boden wischen ... die verrotenden Knochen der abgetrennten Hand entfernen, die halb sichtbar unter einem Schrank hervorschauten. Nein, allzu heimelig war es in diesem Haus nicht. Aber nicht jedes machte den erschreckenden Eindruck, den dieses hier bot.
Skýler und Eleyna trennten sich kurz, um die Häuser nach und nach zu inspizieren. Vielleicht könnte ihnen eines noch als Unterschlupf dienen. Im besten Fall fänden sie Vorräte. Eleyna steuerte dabei eine Hütte an, die bereits von außen als die des örtlichen Kräuterkundigen erkennbar war. Sie sah die inzwischen zugewucherten Kräuterregale, viele Kübel, in denen man das eine oder andere nützliche Pflänzchen heranzog. Sie sah eine umgestoßene Gießkanne, in der sich irgendein Nagetier einen Unterschlupf gebaut hatte. Blätter, Zweige und winzige Stücke von Flaum lugten heraus.
Eleyna betrat die Hütte und ... fand sie überraschen sauber vor. Hier lag kein Staub. Die Kräuterbündel, die von den Dachbalken hingen, verströmten einen betörenden Duft. Sie waren teilweise frisch, teilweise trockneten sie wohl schon einige Tage. Aber wenn es Monate her war, wie Skýler erwähnt hatte, dann stimmte hier etwas nicht. Endlich erkannte sie diese ersten Anzeichen. Jemand hatte den natürlichen Verfall ausgeräumt und zumindest diese Hütte instand gehalten. Auf dem Küchentisch lagen neben einem eindeutig benutzten Mörser samt Stößel verschiedene Häufchen an Kräutern. Einer wirkte weggewischt und seine zerkrümelten Reste lagen auf dem Boden und dem Küchenstuhl verteilt, aber selbst sie waren nicht alt. Salbei. Eleyna konnte es riechen!
Sie durchsuchte die Schränke und Fächer, die sich öffnen ließen. Sie fand überraschend viele Tiegelchen, Döschen und Salben. Manche der Behälter waren mit einer filigranen Schrift versehen. Leider beherrschte Eleyna kein Lyrintha und konnte so nicht lesen, was auf den Dosen geschrieben stand. Sie musste sich auf ihre Sinne verlassen. So öffnete sie einige Behältnisse, schnupperte und betrachtete sich die Konsistenz des Inhalts. Sie erkannte Wundsalben anhand des vertraut gewordenen Aromas und konnte sich so einige einstecken. Von manchen Flaschen und Döschen ließ sie jedoch lieber die Finger.
Als sie zurückkehrte, stand Skýler noch immer auf dem Platz. Er hatte sich nicht wirklich von dort weg bewegt, sondern mit inneren Dämonen zu kämpfen gehabt. Dass er sich unbewusst an so vieles hier erinnerte, entzog sich seiner Kontrolle. Als Eleyna längst in die Häuser gehuscht war, um sich umzuschauen, kam es ihm gar vor, als hätte er die Stimme seiner Mutter gehört. Es war eindeutig. Sie rief seinen Namen und als er sich umschaute, sah er sie. Beim nächsen Blinzeln war ihr Bild jedoch verschwunden und nur eine Schar Raben beobachtete ihn von den Dächern der Waldhütten aus. Trotzdem schwang Tíandaras Stimme nun in seinem Geist mit, wärmte längst vergessen geglaubte oder bewusst verdrängte Ecken seiner Seele. Es holte aber auch Erinnerungen an andere zurück ... an Aldor.
Skýler starrte den Pfad herunter, der zum Haus seiner einstigen Familie führte. Nein, zur Familie seiner Mutter! Er selbst war dort nie wirklich Willkommen gewesen und gerade sein Großvater hatte ihm dies mehr als deutlich vermittelt. Schon wandte er den Kopf und mied es, noch einmal in diese Richtung zu blicken. Er konnte nicht verhindern, sich zu erinnern. Aber er konnte meiden, sich an bestimmte Dinge oder Personen zu erinnern, wenn er nur jeglichem Impuls aus dem Weg ging.
So zwang er sich geradezu, die Häuser am Dorfplatz zu durchsuchen, von denen er wusste, dass sie wenig mit seiner eigenen Familie zu tun gehabt hatten. In neunzig Jahren hatte sich in Neryan kaum etwas verändert. Es waren nicht viele neue Häuser hinzugekommen, lediglich mal ein kleiner Anbau, wenn sich eine Familie vergrößert hatte. Sofern niemand verstorben war, konnte Skýler nahezu jeden Bewohner einer jeden Hütte noch abrufen. Er wusste, dass er das Heim von Selvanna, der Bäckerin, durchsuchte. Er riskierte einen Blick in die Hütte von Fried und Redhylia, die für die Kinder Neryans regelmäßig kleine Theaterstücke mit ihren Handpuppen aufführten. Er sah jene in ihren Halterungen in einem Wandschrank hängen. Die Dunklen hatten sich nicht an Prinz Hirschgeweih und seiner Lady vom See vergriffen, nicht an dem frechen Eonpüppchen oder Olwin, dem weisen Berater des Prinzen. Wenigstens davor schien das dunkle Blut Respekt gehabt zu haben ... oder eher Ignoranz. Es war gut, dass nicht alles zerstört war, aber die Handpuppen nützten ihm und Eleyna jetzt nichts. So kehrte er zum Dorfplatz zurück und fragte, als Eleyna dort ebenfalls wieder auftauchte. Sie hatte weitaus nützlichere Dinge gefunden als er. Nahrungsvorräte waren ihnen entgangen. Dazu müssten sie schon jene Produktionsstätten aufsuchen, in denen sie zubereitet wurden. Mit Glück wäre etwas Haltbares zu finden. Der Bäcker fiel also heraus und auch beim Metzger wäre vermutlich inzwischen alles faul. Er versorgte das Dorf immer mit dem verarbeiteten Fleisch der Tiere, die die neldorethischen Jäger herbrachten. Vielleicht fände sich in der Jagdhütte noch etwas Trockenfleisch. Mit Sicherheit aber Lederflicken oder Bogensehnen und Pfeile. Weder er noch Eleyna waren Fernkämpfer, aber auch ein Jagdmesser könnte hilfreich sein.

Das Spionage-Duo hatte nun also einige Hütten zur Auswahl, sofern sie sich auf Skýlers Erinnerungen verließen, in denen sie noch nicht nachgeschaut hatten und die ihnen entweder Nützliches oder sogar einen Unterschlupf bieten könnten:

Mod-Hinweis: Bitte nur die Informationen in den Spoilern mit in euer RP aufnehmen, wenn ihr in ihrem Post wirklich jene Häuser betretet, ansonsten ist dieses Wissen nicht verfügbar!
  • Das Häuschen des Gemischtwarenhändlers befand sich direkt am Dorfplatz. Skýler wusste, dass dies die beste Anlaufstelle für die Händler war, die einst das Dorf immer wieder aufgesucht hatten. Hier wurden Waren mit Neryan getauscht und später den Dorfbewohnern angepriesen.
    Versteckt:Versteckten Text anzeigen
    Leider war diese Zeit längst vorbei. Seit dem Überfall schien kein Handel mehr betrieben worden zu sein. Die Spuren im Inneren ließen jedoch darauf schließen, dass sich jemand bereits an den verbliebenen Sachen bedient hatte. Ob es sich nun um Dunkelelfen oder andere Banditen handelte oder gar einen Händler, der Neryan verlassen aufgefunden haben musste, konnte man nicht mehr erschließen. Fest stand, dass nicht viele der einstigen Waren verblieben waren. Nahrungsmittel fand man bis auf ein Glas sauer eingelegter Gurken und ein bereits schimmeliges Käserad keine mehr. Dafür konnte sich ein kleiner Schatz in Form einer Flasche andunischen Apfelweins ausmachen. Er stand hinter einigen leer getrunkenen Brüdern und Schwestern weit hinten in einem der Verkaufsregale. Leere Schnaps- und Weinflaschen lagen zerbrochen davor.
    In einem der Schränke im hinteren Vorratsraum konnte man noch verschimmeltes Mehl und genießbaren Zucker finden. Man musste sich allerdings die Nase zuhalten, denn der widerliche Geruch vergorener Milch hing hier mehr als penetrant in der Luft. Er stammte aus einigen Eimern, die niemand gekauft und alle vergessen hatten.
    Die Kasse am Verkaufstresen war restlos geplündert worden, ebenso die Fächer für kleine Auslegwaren, von einem für neldorethischen Schmuck abgesehen. Dort fanden sich Lederbänder mit Holzschnitzereien, Holzperlenketten und Haarspangen, die verschiedene Motive zeigten. Beliebt in Neryan waren vor allem Pflanzen und Tiere.
    In einem umgestoßenen Korb neben dem Eingang fanden sich noch einige Spielzeugschnitzereien. Skýler erkannte sie garantiert wieder. Sie waren das Werk eines Händlers, dessen Name ihm nicht mehr geläufig war. Aber er erinnerte sich gewiss noch daran, dass seine Mutter ihm einst ein geschnitztes Tier mit nach Hause gebracht hatte. Ein Einhorn. Gemeinsam hatten sie es bemalt und Tíandara lächelte, als der kleine Skýler die Mähne so rot haben wollte wie seine eigene. "Es muss nicht weiß sein, da hast du Recht", hatte sie ihm damals gesagt und ihm über den Kopf gestreichelt. "Manchmal sind kleine Unterschiede genau das, was es braucht ... Ský, mein Schätzchen, Mama liebt dich." Die Worte fraßen sich durch Skýlers Geist beim bloßen Anblick der Holzfiguren und wieder hörte er die Stimme seiner Mutter fest in seinem Geist. Eleyna hingegen dürfte nur das Rabengekrächze von außen vernehmen.
  • Die Hütte der Heilkundigen Elandria Ringelblume befand sich nicht direkt am Dorfplatz, aber auch nicht so weit am Rand des Dorfes wie andere Häuser. Sie war schnell zu finden, denn der Weg war der einzige, den man zusätzlich mit ein paar flachen, breiten Steinen versehen hatte. Schließlich hatte Elandria auch immer die Verletzten bei sich aufgenommen, so dass ihr Haus einem Lazarett gleichkam. Der Zugang musste demnach stets gesichert sein.
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    Der Anblick des Inneren ließ jedoch Eleyna und Skýler erst einmal erschaudern. Die vielen braunen Flecken an Boden und den Wänden gaben Aufschluss darüber, dass man Eleandria kaum entführt haben konnte. Sie musste hier ihr Ende gefunden haben. Einen Leichnam fand man allerdings vergeblich. Dafür waren sämtliche Schränke geplündert. Hier fand sich kaum noch etwas. Nur in einem Fach des privaten Schlafzimmers der Kräuterkundigen ließen sich noch einige Mullbinden und Leinenverbände ausmachen, sowie eine Flasche Wundalkohol. Hier wirkte es auch überraschend aufgeräumt, wenngleich sich langsam eine dünne Staubschicht auf allem absetzte.
    Im Lazarett hingegen war diese Schicht dicker. Sie lag nicht nur am Boden, sondern auch auf den Betten. Diese waren zwar gemacht, die Laken aber nicht erneuert worden. Auf vielen fanden sich hier ebenfalls die verräterischen Flecken eines kleinen Massakers. Tortzdem hatte jemand sich die Mühe gemacht, alles so ordentlich es ging herzurichten. Die Kissen mit ihren Spuren alten Blutes waren aufgeschüttelt worden, die Decken ordentlich geglättet. Wären die Flecke nicht, könnte man meinen, hier hätte jemand alles für die Ankunft neuer Patienten vorbereitet. Aber auch hier ließen sich keine Toten finden. Jene ...mussten hinter dem Haus liegen.
    Elandria hatte sei jeher einen Bereich ihres Garten zum Friedhof jener umgestalten lassen, deren Leben sie selbst nicht hatte retten können. In Neryan pflegte man die Tradition, keinen Friedhof zu errichten. Man vergrub die Verstorbenen irgendwo im Wald, wo man ihnen einen besonders schönen Baum als ewigen Wächter ihrer Überreste aussuchte. Elandria aber hatte jene auf diese Weise ehren wollen, für die ihre Hilfe zu spät kam. Es waren nie viele Gräber gewesen und nach zehn oder zwanzig Jahren hatte man die Plätze erneuert. Nun aber fanden sich zahlreiche, frisch angelegte Gräber dort. Jemand hatte sogar die kleine Steinmauer eingerissen, die den Bereich umzäunte, um ihn zu erweitern. Wer immer der Totengräber war, er hatte mehr als zwei Dutzend Hügel ausgehoben. Auf jedem einzelnen lagen Blumen oder stand ein Lichtlein im Glas. Auf drei kleineren Hügeln lagen Puppen und Spielezeugschnitzereien.
    Ein Rabe hockte auf einem dem einzigen, kümmerlich konstruierten Holzgebilde, das wohl ein Phaunsgeweih darstellen sollte, gern genutztes Symbol für waldelfische Gräber. Phauns Geschöpf kehrte in Florencias Schoß zurück. Dieses Geweih war unförmig, aber mit Mühe konstruiert. Auf anderen Gräbern fanden sich hingegen echte Hirschgeweihe, teilweise in die Erde gerammt, teilweise lagen sie nur überkreuzt auf den Hügeln.
  • Die Jagdhütte lag am Rand des Dorfes, vor allem, um den Bewohnern den unliebsamen Geruch der Gerbstoffe zu ersparen, mit denen die Jäger des Dorfes die erlegten Tierhäute zu Leder verarbeiteten. Aus der Ferne sah die Hütte noch gut in Schuss aus. Es fand sich bereits auf den ersten Blick dort wenig Wildwuchs.
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    Auch auf den zweiten Blick bestätigte sich diese Annahme. Die Hütte musste in den letzten Monaten nicht nur sauber gehalten worden sein, sie war bewohnt worden! Hauschuhe standen neben dem Eingang, vor dem eine kleine Matte lag, um sich Erde und Schlamm von den Stiefeln zu klopfen. Gestelle waren mit Fellen und abgezogenen Tierhäuten bespannt. Aus einem Bottich roch es geradezu bestialisch beißend, das war der Gerbstoff. Aus dem Inneren der Hütte aber strömte noch immer diese Nuance von Leben, die man bei den anderen Häusern vermisste. Es brannte zwar kein Feuer in dem kleinen Ofen in der Ecke der Hütte, wohl aber war Holt gesammelt worden und alles kündete davon, dass hier jemand aktiv lebte. Das Bett war gemacht, von einem Dachbalken hingen mehrere erlegte Fasane, zwei Kaninchen bluteten in einer Kammer aus, die definitiv nicht Monate zuvor erwischt worden waren. Eine leere Tasse stand auf dem Tisch, direkt neben einer Kanne Tee. Sie war ebenfalls leer, aber die Rückstände der Teeblätter am Grund wirkten nur einige Tage alt. Ein Hundekorb neben dem Bett wurde besser gepflegt als die Ruhestätte des abwesenden Jägers.
    Hier ließen sich tatsächlich noch frische Vorräte finden. Trockenfleisch, Nüsse und sogar getrocknete Beeren! Ein mehr oder minder unförmiges, aber durchgebackenes Stück Brot war ebenfalls vorhanden, allerdings schon angeschnitten. Ein Glas Honig stand in einem Wandschrank und war noch über die Hälfte gefüllt. Über Nahrung hinaus ließen sich hier aber auch einige Messerchen verschiedener Nutzbarkeit finden. Vom Brotmesser über jene scharfe Variante, mit der sich Fleisch gut trennen ließ, war alles vorhanden. Drei Jagdmesser zum Ausnehmen erlegter Tiere wurden geschärft und sauber in einem Schrank verwahrt. An richtigen Waffen ließen sich hingegen nur ein Bogen mit gerissener Sehne und einige mit Pfeilen gefüllte Kächer vorfinden.
  • Die kleine Hütte, in der Skýler sein eigenes Leben zusammen mit seiner Mutter Tíandara verbracht hatte, existierte noch. Es war jenes am Waldrand, das schon vor dem Überfall überwuchert gewesen war. Der junge Skýler hatte sich nach dem Tod seiner Mutter nicht ausreichend darum kümmern können und in seiner Trauer gar kein Interesse daran gehabt. Jetzt war das Haus wild überwachsen, dass es wie ein Unkrauthügel mit Fenstern und einer halb aus den Angeln hängenden Tür aussah. Aber es war immer noch hier.
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    Niemand schien sich nach Skýlers plötzlicher Flucht aus Neryan dem Haus auch nur genähert zu haben. Vielleicht mochte er lange Zeit nicht mehr darüber nachgedacht haben, aber beim Anblick des Inneren dürfte er das gleiche Bild vorfinden wie damals vor 90 Jahren, als er es verlassen hatte: der umgeworfene Stuhl, als ihn die Wut überwältigte und er seinen inneren Schatten die Kontrolle überließ. Die stehen gelassene Schale mit Brühe, inzwischen längst vertrocknet. Kulturen von Bakterien trummelten sich darin. Man berührte sie lieber nicht. Ansonsten aber war alles noch wie vorher. Lediglich der Zahn der Zeit hatte ein wenig an der Einrichtung genagt. Ein Fenster war durchschlagen, weil sich eine Wurzel ins innere gearbeitet hatte. Sie wuchs nun bis knapp unter die Decke und von ihren schmalen Zweigen hingen Blätter und winzige Vogelbeeren. Skýlers Heim war Zuflucht für zahlreiche Kleintiere geworden, nicht nur die Gefiederten. Im Küchenschrank hatte eine Eichhörnchenfamilie zahlreiche Generationen hervorgebracht. Auf der Anrichte lagen Ausscheidungen von Jahrzehnten. Hier und da waren Kleinigkeiten umgeworfen worden. Das Zimmer hinter einer der Nebentüren aber war vollkommen unberührt geblieben. Skýler fände sein eigenes Kinderzimmer noch genauso vor wie damals. Die Laken des ungemachten Bettes mochten etwas verrottet und löchrig geworden sein, aber er erkannte durchaus noch die vertraute Form, wie er nach jedem Aufstehen das zerknautschte Kissen in eine Ecke des Bettes gedrückt hatte. Auf dem Schränkchen neben dem Bett fand sich ein etwas gammelige gewordenes Stofftier. Das Stroh, mit dem es gefüllt war, roch faulig. Sein Bücherschrank existierte noch. Hier reihten sich viele Kindergeschichten an erste Jugendbücher und Themenbände, die ihn interessiert hatten. Seine Mutter hatte beim Gemischtwarenhändler ein Vermögen gelassen, um Skýler so viel Lesestoff wie möglich zu kaufen, auch wenn sie ihm oftmals selbst vorgelesen hatte. Der Schaukelstuhl, in dem sie dafür Zeit verbracht hatte, stand noch immer neben dem Regal. Ein altes Kissen lag darauf. Tíandaras Geruch war aus ihm sicher längst gewichen, aber die Erinnerung daran wurde erneut wach. Auf der Fensterbank hinter dem Schaukelstuhl standen die vielen kleinen Blumentöpfe, in denen das Kind Skýler immer mal interessante "Samen" vergraben hatte. Seine Mutter hatte ihm die Illusion gelassen, es zumindest zu versuchen. So waren dort neben Steinchen und Nüssen auch eine Münze verbuddelt worden, für Mama Geldbaum wie er ihr selbst gern mitgeteilt hatte. Damit sie reich wäre! "Manchmal entsteht aus schrecklichen Taten, Ideen oder Unerwartetem etwas so Gutes, dass man es nicht mehr missen möchte", hatte sie gesagt und vielleicht verstand Skýler inzwischen, was sie zwischen den Zeilen hatte vermitteln wollen.
    Und auf einer Truhe mit alten Spielsachen stand wie ein hölzerner Wächter ein geschnitztes Einhorn. Es war mit Farbe bemalt worden, entgegen der klassischen Bilde neldreotherischen Glaubens, in denen Einhörner immer Unschuldsweiß trugen, um Florencia zu ehren, war dieses hier im Fell braun gehalten mit einer feurig roten Mähne. Skýler wusste, warum. Er hatte sich als Kind gewünscht, dass das Einhorn wie er aussah. Seine Mutter hatte extra rote und sogar graue Farbe besorgt, damit die Augen der Schnitzerei den seinen glichen. Und sie hatte ihm vermittelt, dass nicht immer alles der Norm entsprechen musste und gerade die kleinen Unterschiede oftmals so viel besser waren. Man musste nur an sie glauben, sie mit Offenheit und Liebe empfangen.
Ganz gleich, welche Hütte Skýler und Eleyna wählten, um Zeit zum Reden zu verbringen, es fände sich garantiert auch ein Unterschlupf. Wenn nicht in jenen, die ihnen zum Durchstöbern zur Verfügung standen, dann wenigstens im Gemeinschaftsschuppen des Dorfes, wo man stets Aufbauten für Dorffeste das Jahr über unterbrachte. Diese müssten die beiden Mischlinge zwar ein wenig beiseite räumen, dafür fänden sie im Schuppen tatsächlich einen trockenen, vor der Witterung geschützten Raum vor, in dem sie ein Lager aufschlagen könnten. Wenngleich kein bequemes Bett auf sie wartete, so aber wohl eine sichere Unterkunft. Um ein Feuer zu entfachen, bräuchte es jedoch noch einen Ofen oder Ähnliches. Oder sie hielten sich doch an eine der einst bewohnten Hütten. Wenn man eine davon saubermachte und die verroteten Laken ersetzte, könnte man auch dort unterkommen. Es lag an Eleyna und Skýler wie sie den restlichen Tag gestalteten und ob sie überhaupt bleiben wollten. Aber Zeit zum Reden fänden sie wohl, spätestens sobald die Dunkelheit über das Dorf Neryan hereinbräche.
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Eleyna d'Yaincre
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Freitag 13. Dezember 2024, 14:50

Was in Skýler vorging, konnte Eleyna nur ahnen. Sie selbst hat den größten Teil ihres Lebens mit Dämonen aus der Vergangenheit gekämpft und war beinahe an ihnen zerbrochen. Sie hatte das Andenken ihres Vaters all die Zeit in sich tief vergraben, um den Schmerz nicht mehr fühlen zu müssen. Am Ende hätte sie das beinahe auf einen unwiderruflichen Weg geführt. Noch immer war sie weit davon entfernt, das alles verarbeitet zu haben, aber sie hatte zumindest einen Teil des Knotens gelöst. Hier aber ging es nicht um sie. Das hier war Skýler’s Vergangenheit. Etwas, das der Mischling hervorragend vor ihr verbarg. Er zeigte ihr weder anhand seiner Mimik, noch seiner Gesten, dass es ihn belastete oder überhaupt berührte. Sie konnte also nicht sicher sein, ob er so empfand, wie sie es einst getan hatte. Aber bereits vor jener ‚ehrlichen Nacht‘, die sie geteilt hatten, hatte sie das Gefühl gehabt, dass Ský ihr ähnlich war. Dass es etwas gab, dass sie verband. Und auch jetzt, nachdem sie aus der Kräuterhütte getreten war, glaubte sie zu sehen, dass es ihm alles andere als behagte hier im Dorf Neryan zu sein. Ohne ihn nun aber zu drängen, hielt sie ihm eine Tür offen, die er ohne zu zögern nutzen könnte. Sie wollte ihm den Ausweg lassen und meinte ehrlich, was sie ihm sagte. „Du musst dir keine Sorgen machen!“, er lächelte sie an und Eleyna verzog einen Mundwinkel leicht nach oben. Sie nickte verstehend. „Wieso sollten wir eine gute Gelegenheit verstreichen lassen, uns auszuruhen und unsere Vorräte aufzustocken? Klar ist es merkwürdig hier zu stehen, aber…“ Pragmatismus. Eleyna kannte diesen Mechanismus. „… ehrlich gesagt ist es für mich leichter, dass hier niemand ist. Das macht es einfacher! Deshalb lass uns zumindest eine Nacht bleiben. Die letzten Tage waren kräftezehrend und wir müssen mit unserer Energie haushalten.“ Ihre Augen hoben sich leicht, während er ihren Blick suchte. Sie nickte abermals, dass sie verstand. Sie überlegte noch, ob sie ihn in ihre Entdeckung innerhalb der Kräuterhütte einweihen sollte, wartete aber vorerst damit. Sie wollte mögliche Beobachter sicher nicht aufschrecken, sondern lieber den taktischen Vorteil behalten. Ohnehin lenkte Ský sie mit einem Mal ab, als er grinsend sagte: „Abgesehen davon… hätte ich nichts dagegen, wenn wir eine Verschnaufpause bekommen und ein wenig mehr Zeit zum ‚Reden‘ hätten. Auf die eine, oder andere Weise!“ Ihre Augenbrauen hoben sich. „So?“, begann nun auch sie zu grinsen und erweiterte dieses zu einem Lächeln.
Eleyna war so damit beschäftigt, ihre Augen und Ohren offenzuhalten, dass sie kaum daran dachte, was Skýler im Sinn hatte. Jetzt aber gefiel ihr diese Idee durchaus und sie lachte leise. „Reden klingt fantastisch!“, bestätigte sie seinen Einfall und zeigte ihm damit gleichzeitig, dass sich ihre Zuneigung auch in den letzten Wochen und Tagen nicht verändert hatte. Der Mischling neigte sich leicht hinab und raunte eine Bitte in ihr Ohr, der sie mit dem Blick folgte. „Lass uns nur nicht in diese Richtung gehen!“ Eleyna nickte sofort.

Sie verstand durchaus, dass es hier im Dorf Bereiche geben musste, die Skýler als aller letztes sehen wollte. Und sie respektierte das. Schließlich war sie die aller letzte Person, die jemandem Vorhaltungen machte, wie er mit der Handhabung seiner Vergangenheit umging. Sie war selbst grottenschlecht darin und hatte so einige falsche Entscheidungen getroffen. Eleyna aber griff nach der Hand des Mischlings. Sie hatte nichts dagegen, von dem öffentlichen Platz zu verschwinden und schaute sich für einen Moment um. Ihre Augen tasteten die verschiedenen Möglichkeiten ab. Dann aber schien sie sich entschieden zu haben. Sie folgte dem Weg, der sie zum Jägerhaus führen sollte. Beim Näherkommen allerdings, wurde sie langsamer. Das Haus wirkte gut in Schuss und als ihr Blick auf die feinsäuberlich gestellten Schuhe am Eingangsbereich fiel, hielt sie in der Bewegung inne. Eleyna engte die Augen. Ihr Verdacht, seit sie die Gehängten und die Kräuterhütte gesehen hatte, dass hier jemand sehr wohl lebte, erhielt noch mehr Futter. Die Halbelfe fasste Skýler’s Hand nach und zog ihn daraufhin doch weiter. Ihre Augen suchten nach einer weniger intakten Hütte. Ihr Blick fiel für einen Moment auf eine Hütte, in einigen Schritten Entfernung zum Dorfplatz. Sie betrachtete sie und führte Skýler dann schließlich dorthin. Nur kurz lenkte sie ihren Blick einmal in die Höhe, als sie das Krächzen eines Raben vernahm, ehe sie schließlich vor der Hütte der Heilkundigen ankamen. Hier ließ Eleyna die Hand des Mischlings los, um die Tür zum Lazarett aufzustoßen. Vorsichtig betrat sie jenes, ehe sie die Tür hinter Skýler wieder verschloss. Sie richtete dabei einen Blick nach draußen und wurde das Gefühl nicht los, dass sie hier nicht allein waren. Jetzt aber wandte sich Eleyna dem Innenleben zu. Ihre Augen erkannten sofort den feinen Unterschied.
Es lag Staub, überall und am Boden gab es keine Hinweise darauf, dass jene Schicht in letzter Zeit unterbrochen worden war, weil jemand hier gewesen war. Doch die Ordnung der Betten, auch wenn sich Spuren vergangener Grausamkeiten finden ließen. Eleyna betrachtete alles genauer. Die braunen Flecken waren für sie nicht erschreckend, und doch empfand sie Mitleid mit jenen, die diese Zeit erlebt haben mussten. Es musste grausam gewesen sein. Die Halbelfe ging langsam durch den Raum und betrachtete auch die geplünderten Schränke. Hier gab es kaum etwas, das ihnen hätte weiterhelfen können. Aber das brauchte sie jetzt auch nicht. Sie ließ einen Moment Zeit, dieses Ambiente auf sich und Ský wirken zu lassen, doch dann konnte sie nicht länger warten. Sie trat an den Mischling heran, hob den Kopf, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte und legte ihre Hände an seine Wangen. Mit sanftem Zug, holte sie seine Lippen näher zu sich heran, ehe sie innehielt. „Glaub mir, ich würde nichts lieber tun, als mit dir die nächsten Stunden zu ‚reden‘, aber wir sind nicht allein hier“, raunte sie. Sie war ihm verdammt nahe und ihr fiel in jenem Moment auf, dass das trotz ihres Appells etwas mit ihr machte. Eleyna ließ ihren Blick auf seine Lippen fallen und hielt einen Moment inne. Ihr Herz pochte. Es war lange her, dass sie sich derart nahegekommen waren und plötzlich war da eine Sehnsucht, die sie aktiviert zu haben schien. Bedauern lag in ihrem Blick, als sie ihrem Impuls, in zu küssen, nicht nachgeben konnte.

„Hör mir zu“, bat sie ihn, damit sie ihre Entdeckungen erklären konnte. Die Nähe behielt sie bei, damit ein möglicher Beobachter glauben könnte, dass sie miteinander beschäftigt wären, anstatt mit ihm. Eleyna schob eine Hand in Ský’s Nacken und lächelte leicht. Die Nähe gefiel ihr eindeutig, denn ihr Atem ging ein wenig schneller. Aber sie durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. „Die Warnung am Eingang hatte mich bereits stutzig gemacht. Dann aber war ich in der Kräuterhütte und dort war … es aufgeräumt. Es war sauberer als man nach Monaten Abwesenheit meinen möchte. Als ich eben zur Hütte des Jägers wollte, fiel mir auf, dass es nicht so überwuchert war, wie andere Hütten hier. Und vor der Eingangstür standen Schuhe feinsäuberlich hingestellt. Ich glaube, wir sind hier nicht allein und es ist mindestens eine Person hier.“, weihte sie Skýler ein, ehe sie erneut auf seine Lippen schaute. Es kostete sie Mühe, sich jetzt nicht einfach ihrem Impuls hinzugeben. Aber es gab schließlich immer etwas wichtigeres als das, nicht wahr? Und zwischen den Blutflecken des Lazarett’s war es vermutlich nicht die feine andunische Art. Trotzdem konnte Ský vermutlich erkennen, dass er eine gewisse Wirkung auf die Halbelfe hatte. Dass seine Nähe ihr nicht egal war. Denn auch ihre Hand, die sich zwischenzeitlich an seiner Hüfte festgehalten hatte, hatte den Druck etwas erhöht. Ihr Herz pochte bei dem Anblick seiner Augen aus dieser Nähe und ihr Mund wurde ein wenig trockener. „Und…“, sie schluckte, „Die Betten hier… sie“, erneut atmete sie durch. Die Vorstellung, wie er sie am Strand gegen die Felswand gedrückt und ihr einen Kuss nach dem anderen abgerungen hatte, wurde überdeutlich. „sind gemacht..“, hauchte sie, ehe sie für einen Moment doch noch losließ und ihm einen eindeutigen Kuss schenkte. Eleyna schloss sogar die Augen für jenen kurzen Augenblick, bevor sie sich wieder löste. „Ich wünschte, wir wären allein“, raunte sie ihm zu, strich mit ihrem Daumen über seine Lippen und schenkte ihm ein warmes Lächeln. Doch dann wollte sie sich lösen, damit sie ihre Entdeckungen besprechen konnten.

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Skýler Fiórge Zhèkkra
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Skýler Fiórge Zhèkkra » Freitag 13. Dezember 2024, 23:31

Eleyna erkannte richtig, dass Skýler der Situation mit Pragmatismus begegnete. Er wusste ja selbst noch nicht so recht, wie er damit umgehen sollte und konnte seine eigenen Gefühle nicht recht deuten.
Die Zeit in Neryan war für den Mischling alles andere als einfach gewesen. Sein Großvater Aldor hatte dafür gesorgt, dass er sich niemals zugehörig fühlen konnte. Wo anfangs die Bewohner noch freundlich und ohne Vorurteile auf ihn reagiert hatten, hatte sich sein Ruf sehr schnell durch die Einmischungen des verbitterten Vaters, dessen Tochter ein übles Leid widerfahren war, gewandelt. Natürlich hatte auch Skýler dazu beigetragen, doch war er ein Kind gewesen, das nur auf das Verhalten von Erwachsenen reagiert hatte. Einfache Streitigkeiten unter Kindern wurden unter der Hand zu einem Dorfprozess gemacht – und am Schluss stand das Urteil stets gegen ihn gerichtet fest. Er war schuld! Er war hinterlistig! Er war …
…wie sein Erzeuger! Erst nach vielen Jahren hatte er den stets verstummten Halbsatz ergänzen können.
Skýler untersuchte auch einige Hütten, von denen er wusste, dass er mit den Dorfbewohnern nicht allzu viele Berührungspunkte gehabt hatte. Dennoch konnte er die Meisten den ehemaligen Besitzern zuordnen und nicht verhindern, dass auch dort allgemeine Erinnerungen wachgerüttelt wurden.
Als er im Haus des Puppenspieler-Paares die alten Handpuppen betrachtete wurde sein Blick kühler. Es kamen weit mehr negative Erinnerungen in ihm hoch, als positive. Doch es wunderte ihn nicht – es gab nur sehr wenig Orte in Neryan, mit denen er etwas Positives verband – die meisten waren in einer kleinen Hütte am Waldrand verborgen, von der er nicht wusste, ob sie überhaupt noch stand. Immerhin waren über 90 Jahre vergangen, seit seine Mutter verstorben und er das Dorf als Mörder fluchtartig verlassen hatte.
Die Spuren der Gräueltaten berührten ihn kaum, so dass er sich für einen Moment fast amüsiert fragen musste, ob er wirklich kein gutes Herz besaß. Trotz all der Jahre unter Krazhian und den schlimmen Taten, die er in dessen Auftrag erledigt hatte, hatte sich Skýler stets das Andenken an seine Mutter bewahrt. Ihre Lehren waren vielleicht hier und da in den Schatten gerückt, doch er hatte sie nie wirklich vergessen…! Und doch stand er hier und empfand kein tiefes Mitleid beim Anblick der Blutspuren oder Überreste. Er erinnerte sich an genervte Blicke, kalte Blicke, an Blicke, die ihm klargemacht hatten, dass er nie wirklich dazugehören würde. Wie oft und lange hatte er sich als Kind beinahe die Augen aus dem Kopf geweint, weil er nicht hatte verstehen können, wieso man ihn so behandelte? Wieso er immer schuld gewesen war, obwohl teils andere Kinder angefangen oder etwas ausgefressen hatten, wo er einfach nur das Pech gehabt hatte anwesend gewesen zu sein!
Seufzend wandte sich Skýler ab und verließ das verlassene Häuschen. Es brachte nichts, wenn er sich diese Erinnerungen länger als nötig wachrief. Aber er fand in ihnen zumindest eine kleine Erklärung, wieso sich sein Herz kaum rührte.

Der Mischling blieb nie besonders lange in einer Hütte und mied eine gewisse Richtung. Sein Blick wanderte oft still über das Dorfbild und verglich die Gegenwart mit der Vergangenheit. Doch das hieß nicht, dass ihm keine Details auffielen, wenngleich er sicher nicht in Bestform unterwegs war.
Die aufgehängten Dunkelelfen hatte er nur mit einem Blick bedacht, ehe er ihnen offenbar keine weitere Beachtung oder gar einen Gedanken widmete. Doch was wäre er für ein Spion und Neryaner, wenn ihm der Widerspruch nicht auffiele? Nach dem Überfall wäre es weit plausibler gewesen, würden dort die sterblichen Überreste von neldorethischen Elfen hängen. Doch es waren die des siegreichen Aggressors.
Dennoch tat er nichts, ließ sich nichts anmerken. Er wartete auf Eleyna, die nach einer Weile zurückkehrte.
Das Vögelchen verhielt sich empathisch und als Ský bemerkte, wie feinfühlig sie mit dieser Situation, die für ihn nicht die Angenehmste war, umging, musste er lächeln. Rücksichtnahme oder ernstgemeinte Sorgen hatte er selten, bis nie erfahren. Bei Krazhian schienen sie nie ehrlich gemeint zu sein – süße und nette Worte, die zu manipulieren wussten. Doch bei Eleyna… bei ihr war es echt – sie war echt! Und deshalb folgte er ihr, konnte seinen Blick nicht von ihr lösen, oder gar seinen Auftrag erfüllen! Dieser Gedanke erschien ihm heute – nur einige Tage nach seiner Entscheidung von seinem Pfad abzuweichen, vollkommen unmöglich. Er könnte sie niemals verraten! Er würde es nicht!
Solche Gedanken gingen ihm durch den Kopf, während er ihr hübsches Gesicht mit den Augen abtastete. Wieder sah man ihm nicht an, was er dachte oder empfand, doch es dauerte nicht lange und da gewährte er ihr einen kleinen Einblick.
Ihre Sorge mit als Grund nutzend, vertraute er ihr quasi durch die Blume an, dass er ihr gerne wieder näherkommen wollte. Und das ein wenig länger – intensiver, als die kleinen Momente, die sie in den letzten Tagen nur mit Mühen hatten austauschen können.
„So? Reden klingt fantastisch!“ Als sie Skýler diese Bestätigung gab spürte er, wie Erleichterung in ihm aufstieg. Offenbar hatte die ungewisse Zeit der letzten Tage auch an ihren Gedanken und Gefühlen nichts verändert!
Er beugte sich leicht zu ihr hinab, strich sachte eine ihrer glatten Strähnen hinters Ohr, ehe er in dieses eine Bitte flüsterte. „Lass uns nur nicht in diese Richtung gehen!“ Mit dieser Bitte vertraute der Mischling ihr etwas an, auch wenn es nur eine Kleinigkeit war. Doch damit gab er auch zu, dass es Orte gab, die ihn beeinflussten und wo vermutlich Geister darauf warteten ihn erneut heimzusuchen.
Eleyna akzeptierte diese Bitte quasi augenblicklich und steuerte eine andere Richtung an. Obwohl er einst hier gelebt hatte übernahm sie nun die Führung, womit Skýler vollkommen einverstanden war. Ihm war es egal wohin sie gingen – solange sie diesen einen Ort mieden!
Als sich ihre warmen Finger um seine Hand schlossen, senkte der Mischling kurz überrascht den Blick, ehe der Anblick ihn lächeln ließ. Ský löste dennoch ihren Griff, jedoch nur, damit er seine Finger mit den Ihren verschränken konnte! Es war merkwürdig, aber es reichten kleine Gesten ihrerseits aus, damit er sich besser fühlte und das Gefühl der Einsamkeit, die er damals empfunden hatte, abzuschütteln vermochte.
So gingen sie nun zusammen durch das Dorf und suchten nach weiteren Hinweisen und einer Möglichkeit sicher die Nacht zu verbringen. Und … wenn es nach ihm ginge, gemütlich den Schlaf etwas hinauszuzögern! Doch er ahnte bereits, dass eine größere Chance bestand, dass alles anders kommen würde.
Die Krähen im Dorf erregten nicht unbedingt großes Aufsehen. Es waren keine seltengesehenen Tiere – auch damals hatten sie sich häufig frech auf den Dorfplatz geschlichen und nach Essensresten Ausschau gehalten, die sie mopsen konnten. Doch natürlich veränderte sich ihre Wirkung an einem völlig verlassenen Ort und Ský betrachtete sie für einen Moment still, bevor sie die Hütte der Heilkundigen betraten, in der sich auch ein Lazarett befunden hatte.
Tatsächlich erinnerte sich der Mischling nicht an die ehemalige Bewohnerin. In seiner Erinnerung hatte sich ein alter und kauziger Naturmagier um Wunden gekümmert. Daher kam ihm hier auch nichts groß bekannt vor!
Wirklich einladend und gemütlich war es hier nicht und ein Blick auf die Betten ließ ihn daran zweifeln, ob er mit Eleyna hier intim werden könnte. Die Spuren der Grausamkeiten waren nicht unbedingt Ambiente fördernd und ihr erstes Mal war schon nicht gerade an einem …
Sachte schüttelte er bei diesem beginnenden Gedanken mit dem Kopf. Egal wie ungemütlich der Rumdetter Strand gewesen war – diese Nacht mit ihr war etwas Besonderes gewesen und das hatte sie perfekt gemacht. Anders konnte er es nicht empfinden.
Eleyna kam plötzlich näher und hob den Kopf, damit sich ihre Blicke treffen konnten. Ihr Griff um seine Hand lockerte sich, so dass er diese freiließ, wodurch sie beide Handflächen an seine Wange legen konnte. Eine liebevolle Geste, die er nicht gewohnt war und doch folgte er dem sachten Druck, der ihn dazu bewegte den Kopf zu ihr zu senken.
„Glaub mir, ich würde nichts lieber tun, als mit dir die nächsten Stunden zu ‚reden‘, aber wir sind nicht allein hier“ Obwohl es zunächst danach ausgesehen hatte, dass die Halbelfe die Initiative ergriff, um ihm näherzukommen, entwickelte sich alles anders. Ihren Worten lauschend, sah er in ihr helles Blau. Dass er innerlich seufzte, sah man ihm nicht an.
Natürlich sind wir das nicht…, dachte er durchaus enttäuscht, hörte aber erst einmal weiter zu, was sie zu berichten hatte.
„Hör mir zu“, bat sie ihn, woraufhin Ský leicht nickte. Zumindest ein klein wenig konnte er die Nähe genießen und er war gierig genug dies auszunutzen. Ein feines Kribbeln löste ihre Berührung in seinen Nacken aus, wodurch sein grauer Blick ganz automatisch etwas dunkler wurde.
„Die Warnung am Eingang hatte mich bereits stutzig gemacht. Dann aber war ich in der Kräuterhütte und dort war … es aufgeräumt. Es war sauberer als man nach Monaten Abwesenheit meinen möchte. Als ich eben zur Hütte des Jägers wollte, fiel mir auf, dass es nicht so überwuchert war, wie andere Hütten hier. Und vor der Eingangstür standen Schuhe feinsäuberlich hingestellt. Ich glaube, wir sind hier nicht allein und es ist mindestens eine Person hier.“
Gab es eigentlich Frauen, die eine hübschere Mundform besaßen, als sie? Ihm fiel keine ein und man konnte nicht behaupten, dass er wenig Kontakt zu Frauen gehabt hatte, auch wenn dieser stets geschäftlich geregelt gewesen war. Sachte neigte er den Kopf zur Seite, um ihr Gesicht aus einem anderen Winkel zu betrachten. Ihm fiel durchaus auf, dass ihr klares Blau immer wieder zu seinen Lippen huschte – was ihm ein kleines Lächeln entlockte, indem der für ihn typisch freche Ausdruck verborgen war.
Trotz dessen, dass er ihren Anblick und die Nähe genoss hörte er ihr durchaus zu. Ihre Beobachtungen versetzten ihn jedoch nicht augenblicklich in Alarmbereitschaft. Da sie hier sein konnten, war es nur logisch, dass sich auch andere hier her verirren konnten. Ob nun beabsichtigt, oder unbeabsichtigt! Allerdings sprachen die Hinweise nicht dafür, dass es sich um einen Dunkelelfen handelte, oder gar einen Abgesandten der Spinne. Wieso hätte dieser die Leichname der Dunklen aufhängen sollen, oder die Hütte der Kräuterkundigen aufräumen sollen?
Skýler senkte sein Gesicht noch ein Stück näher. „Vielleicht ein Flüchtling? Oder ein Rückkehrer, der das Glück gehabt hatte, nicht im Dorf zu sein, als es überfallen worden war?“, wisperte er leise ein paar Vorschläge. Ihre Lippen waren einander bereits so nah, dass die ausgesprochenen Worte ausreichten, um ihr das Gefühl zu geben, dass er diese Worte gegen ihre weiche Haut sprach. Dabei war es nur sein Atem.
Auch seine Hände suchten nun nach Kontakt und so griff er sanft um ihre Taille, strich mit den Daumen über den Stoff, der ihre warme Haut verdeckte, die er liebend gerne erkunden und necken wollte.
„Und…“, begann Eleyna erneut, doch wenn er sich nicht irrte noch ein wenig leiser – fast etwas kraftloser, so dass sein Grau von ihren Lippen zurück in ihre Augen sah.
„Die Betten hier… sie“ Ihr Atem streichelte über seine Lippen, wodurch sich ein warmer und wohliger Schauer einen Weg durch seinen Körper bahnte. Äußerlich bemerkte man dies nicht, doch Ský spürte, wie ihn ein angenehmes Kribbeln zu reizen begann.
„Mh…“, gab er einen bestätigenden Ton von sich, mit dem er sie ermutigen wollte, den Satz zu beenden. Ohne es zu bemerken, übte er ganz sachten Druck auf sie aus, so dass sie langsam ein paar Schritte rückwärts gelotst wurde.
„sind gemacht..“, hauchte sie und endlich berührten sich ihre Lippen. Skýs Lider schlossen sich und ohne auch nur den geringen Moment zu warten, erwiderte er den Kuss, zog sie dabei dichter an sich. Wie sehr er sich tatsächlich hiernach gesehnt hatte, wurde ihm gerade erst bewusst! Jede kleine Annäherung zuvor war stets von dem Bewusstsein begleitet worden, dass der Funke kontrolliert bleiben musste – nicht ausbrechen durfte. Doch nun…wollte er ihn außer Kontrolle geraten lassen!
Nur leider war noch immer nicht der richtige Moment gekommen und Eleyna schien dies nicht zu vergessen. Ihre Lippen lösten sich von den Seinen, woraufhin er den Abstand wieder überbrücken wollte. Doch er hielt inne – öffnete kurz die Augen, um dann seufzend den Kopf auf ihre Schulter sinken zu lassen. Dieses Mal war es nicht schwer zu erkennen, was er dachte, oder gar fühlte!
„Ich wünschte, wir wären allein“, hörte er sie raunen, woraufhin er wieder auf und sie ansah. Wieder berührte sie seine Wange, strich mit dem Daumen über seine Lippen und lächelte sie an, dass er das Gefühl hatte, als würde er gerade eine neue Form von Leid erfahren: das Leid der ungewollten aber offenbar situationsgebundenen und leider notwenigen Entbehrung!
Sein Blick verriet ihr, dass ihm das gerade nicht schmeckte – dass er sie begehrte und eigentlich nicht aufhören wollte. Sollte derjenige, der sich hier vielleicht herumtrieb doch in den Harax verziehen – oder von ihm aus was auch immer tun, solange er sie beide unbehelligt ließ! Doch so funktionierte das leider nicht und das wusste der Mischling, sehr zu seinem Leidwesen.
„Dann…“, begann er, seine Beherrschung zusammenklaubend, jedoch dabei noch einmal ausdrucksvoll zu seufzten „…sollten wir uns als neue Nachbarn für den Moment wohl vorstellen!“
Und demjenigen direkt klarmachen, dass er uns nicht zu stören hat!
Sein Blick wandte sich gezwungenermaßen zur Türe und er richtete sich wieder gerade auf, ehe er Eleyna langsam losließ und so freigab.
„…es könnte ein einfacher Reisender sein!“, murmelte er leise, aber so, dass sie ihn noch hören konnte. „Deine Beobachtungen sprechen nicht für jemanden, der auf Ärger aus ist…!“ Vielleicht war es wirklich ein Rückkehrer – ein entfernter Verwandter eines Opfers, das woanders gelebt hatte? Immerhin gab es auch Neldorethische Elfen, die sich in anderen Wäldern, bei anderen Elfenvölkern niedergelassen hatten – und sei es aus Gründen der Liebe! So oder so – aufpassen würden sie auf jeden Fall!
Kurz wartete er, was Eleyna meinte und besprach sich kurz mit ihr. Doch Ský machte recht schnell klar, dass er dieses Mal für den direkten Weg war! Und sollte Eleyna ihn nicht aufhalten, oder Einwände haben, würde er die Hütte verlassen, um sich vor den Eingang zu stellen und sich umzusehen. Für andere nicht ersichtlich würde er seine Schatten rufen, die sich gekonnt in denen der Bäume und Bauten verbargen.
„Hallo~“, würde er rufen und dann ein paar Schritte machen. „Ist hier noch jemand?“ Die Frage wäre eigentlich überflüssig, da sie es längst wussten. Doch er spielte einfach mal auf unwissend.

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Erzähler
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Erzähler » Montag 16. Dezember 2024, 12:50

Etwas stimmte hier im Dorf Neryan nicht, das hatten beide Mischlinge bemerkt. Sie versuchten, wachsam zu bleiben und auf ihre Umgebung zu achten. Gleichzeitig schauten sie sich weiterhin um und entschieden, wenigstens eine Nacht hier verbringen zu wollen. Eleyna hätte es nicht von Skýler verlangt. Sie wollte es ihm nicht unnötig schwer machen, aber er war fast ein Jahrhundert nicht in seinem Heimatdörfchen gewesen. Er hatte es als gejagter Mörder verlassen, fluchtartig. Das einzige, was ihm hier noch zusetzen könnte, wären die Erinnerungen, die er mit gewissen Gebäuden verband. Zum einen war da wohl die Hütte, in der er selbst aufgewachsen war. Stand sie denn noch immer? Er wagte nicht einmal, in diese Richtung zu sehen, ansonsten hätte er sich die Frage mit einem Ja beantworten können. Wenngleich Tíandara Häuschen vollkommen verfallen und überwuchert wirkte im Vergleich zu den anderen Hütten, so existierte sie noch. Ský machte jedoch das deutlich größere Haus seines Großvaters Aldor und der gesamten Familie mehr zu schaffen. Dorthin wollte er nicht gehen. Er verband zu viel Negatives damit, allein schon, wenn er jetzt daran dachte. Solange er und Eleyna dem Bereich jedoch fernblieben, glaubte er, zurechtzukommen. Es handelte sich schließlich nur um ein Dorf. Darüber hinaus war es verlassen, die Bewohner tot oder nach Kosral verschleppt. Es würde funktionieren. Er fühlte ja nicht einmal viel beim Anblick der Verwürstung, die im Lazarett hinterlassen worden war. Nichts dort berührte ihn wirklich. Krazhian und ein Leben unter seinem disziplinierten Drill hatten ihn abgestumpft. Mit Spuren von Tod und Verderben konnte er besser umgehen als mit seinen eigenen Gefühlen. Gegen Ablenkung sprach jedoch auch nichts, vor allem, wenn Eleyna der Kern dieser Ablenkung sein könnte. Dass auch sie ... "Reden" für eine fantastische Idee hielt, weckte neue Lebensgeister in beiden. Sie kamen einander etwas näher, auch wenn die Szenerie einen solchen Moment eigentlich nicht zuließ.
Eleyna trat an Skýler heran und schon fand sich dessen Gesicht zwischen ihren Händen. Warm legten sich die Finger der Halbelfe auf seine Haut. Statt ihn nun aber zu küssen, raunte sie ihm eine Warnung zu. Dabei hatte Skýler selbst bereits die feinen Nuancen bemerkt, die ihn skeptisch hatten werden lassen. Im Gegensatz zu ihm waren Eleyna jedoch noch mehr Details aufgefallen.
Zum einen war fraglich, warum sich jemand die Mühe machte, Leichen als Warnung am Dorfeingang aufzuhängen. Zum anderen war es seltsam, dass man dort Dunkelelfen präsentierte und nicht etwa das endliche Schicksal der Dorfbewohner, die es gewagt hatten, Widerstand zu leisten. Zum anderen hatte Skýler bemerkt, dass bei einigen Hütten versucht worden war, die Übernahme durch die Natur etwas einzuschränken. Nicht bei allen, aber gerade die Hütte der Kräuterkundigen und in der Ferne auch die Jagdhütte sahen weniger bewachsen aus als beispielsweise das Häuschen, in dem das alte Elfenpaar gelebt hatte, mit denen Tíandara sich immer gut verstanden hatte - jedenfalls, was Skýlers Erinnerung anging. Er war noch ein Kind gewesen, da überblickte man nicht immer alle Inhalte, die Erwachsene untereinander austauschten.
Was Eleyna jedoch aufgefallen war, waren Hausschuhe vor der Jagdhütte, sowie ein Innenraum der Kräuterhütte, der nicht von Staub befallen, sondern aufgeräumt und halbwegs ordentlich hinterlassen worden war. Sie hatte sogar die Versuche gesehen, Pflanzen zu trocknen und im Mörser zu zerkleinern. Jemand hatte sich der Utensilien dieses Häuschens bedient und es konnte noch nicht so lange her sein wie hier im Lazarett. Zwar wiesen die gemachten Betten auch daraufhin, dass jemand nach dem Überfall aufgeräumt haben musste, aber entweder war besagte Person weitergezogen oder hatte sich anschließend nicht mehr um dieses Haus gekümmert. Die dünne Staubschicht, in der Fußspuren fehlten, verriet es.
"Ich glaube, wir sind hier nicht allein und es ist mindestens eine Person hier", schlussfolgerte Eleyna, ehe sie entdecken durfte, dass ihre Selbstdisziplin unter Skýlers Einfluss zu bröckeln begann. Seine Nähe tat ihr gut, ließ sie aber auch unvorsichtig werden. Denn sie erlag seiner Anziehung und küsste ihn schlussendlich doch. Die Versuchung war einfach zu groß, die Sehnsucht nach Geborgenheit und dieser Ehrlichkeit, mit der er ihr begegnet war, lockten sie und sie gab nach. Sie gönnte sich allerdings nur diesen einen, kurzen Moment der Schwäche. "Ich wünschte, wir wären allein." Schon löste sie sich wieder von ihm, strich nur noch einmal mit dem Daumen jene Lippen nach, die ihr mehr versprachen. Es war schwer, dem standzuhalten.
Skýler hingegen durchforstete seine Gedanken. Natürlich genoss er den Kuss und auch er verspürte eine tiefe Sehnsucht in sich, Eleyna noch einmal so nahe wie möglich zu kommen. Sein Herz wollte es. Er wollte es, aber er konnte noch nicht ganz abschalten. Sie blieben beide vorsichtig, auf dem schmalen Grat zwischen gegenseitigem Vertrauen und sich fallen lassen zu können, sowie der Gefahr ihrer Umgebung. Denn dass sie nicht allein waren, war auch ihm klar. Skýler zog seinerseits Schlüsse. In diesen kam durchaus auch die Möglichkeit auf, dass andere wie sie das Dorf gefunden und pragmatisch genutzt hatten, was zu holen gewesen war. Wanderer suchten Orte wie Neryan schließlich aus exakt diesen Gründen auf - um sich auszuruhen und Vorräte aufzustocken. Seltener, um Informationen auszutauschen oder Handel zu betreiben, aber auch das könnte möglich sein. Hingegen bezweifelte er, dass sich ein Dunkelelf hier herum trieb oder wenigstens keiner, der sich am Überfall auf das Dorf ergötzte. Dazu war - laut Eleynas Aussagen - zu respektvoll mit allem umgegangen worden. Und kein Dunkelelf hätte seinesgleichen als Warnung am Zugang nach Neryan aufgehängt. Die Gedanken beruhigten ihn etwas, denn sie schlossen grundsätzlich auch Abgesandte der Spinne aus. Jenen brachte es nichts, sich um ein verlassenes Dorf zu kümmern. Sie würde man eher im nahen Kosral vermuten oder überall dort, wo sich Informationen zu Eleyna oder in Krazhians Auftrag auch zu ihm selbst finden ließen. Gefahrlos waren die beiden Mischlinge niemals, hier in Neryan senkte sich der Wert jedoch auf eine Stufe, dass sie vielleicht eine Nacht füreinander erwägen konnten. Skýler wünschte es sich, aber er war auch nicht sorglos genug, um alles in den Wind zu schlagen.
Da er Eleyna vertraute - mehr als überhaupt jemandem - teilte er seine Gedanken mit ihr, wie sie es zuvor schon bei ihm getan hatte. Sie waren nicht länger Einzelgänger in diesem Kampf um's Überleben. Sie würden fortan nicht nur zusammenarbeiten, sondern auch aufeinander achten. Es war neu und setzte die Bereitschaft voraus, einander zu vertrauen, aber es war auch sehr erfrischend für beide. Selbst der eher kurze Kuss löste in beiden so viel Gutes aus, dass sie ihre Vorsicht ebenso sinken ließen wie ihre Lider.
Dass es nur dabei bleiben sollte, passte dem Elfen überhaupt nicht. Unbekannter Trotz machte sich breit, der jeglichen Beobachter am liebsten in den Harax verbannt hätte, damit er mit seinem Begehren Eleyna in solche Höhen schicken könnte, dass sie vielleicht gemeinsam sogar das Sagen umwobene Hymlia erreichten. Ihm blieb nur eines übrig: Direkte Konfrontration.
Mit einem Hinweis an Eleyna, sich den neuen Nachbarn vorstellen zu wollen, ließ er ganz von ihr ab. Skýler marschierte zur Tür, hielt vor der Hütte der Heilkundigen an und spähte über den Dorfplatz. Er suchte die Umgebung ab, konnte bis auf die Raben und ein neugieriges Reh im Dickicht aber niemanden erkennen. Doch was seine Augen nicht erfassten, ließ sich vielleicht mit seinen Schatten ergründen. Er schickte sie aus. Nahezu ungesehen und nur als kurzes Flackern bereits bestehender Schatten erkennbar, wenn sie mit diesen verschmolzen, um sich auszubreiten, huschten sie durch Neryan. Er fand ... nichts. Natürlich erhielt Skýler über seine ausgesandte Magie Informationen. Es gab jede Menge Schatten in der Umgebung. So viele, dass er nicht alle im Detail ausmachen konnte. Manche davon - beispielsweise die von kleinen Krabbeltieren - waren so unerheblich, dass er sie bewusst ausblenden musste. Schatten von Gebäuden und Bäumen schenkten ihm ebenso keine nützlichen Informationen. Darüber hinaus bemerkte er somit nur jene Silhouetten von typischen Waldtieren. Je weiter seine Magie allerdings von ihm weg strömte, desto schwieriger wurde es, sie detailliert zu registrieren. Er bemerkte, dass dort Schatten von Lebendigem waren und mutmaßte anhand der Anzahl an Beinen, auf denen sie sich bewegten, dass es sich nicht um humanoide Geschöpfe handelte. Ob er nun aber den Schatten des Rehs berührte oder den eines Kaninchens, blieb ihm verborgen. Skýler wusste nur, dass dort etwas mutmaßlich Tierisches war und schlussfolgerte daraus vorerst keine Gefahr. Er fand keinen anderen Zweibeiner mithilfe seiner Magie. Allerdings entdeckte er ... eine fremde Magie.
Er selbst hatte sich sein Lebtag lang nur mit den eigenen Schatten beschäftigt und sie Dank Krazhian - das musste er ihm zugestehen - fördern können, bis er sich selbst als guten Anwender sah. Andere Magie-Arten blieben ihm jedoch verborgen und jene, die er nun spürte, ließ sich von ihm nicht einordnen. Sie wirkte ... chaotisch und deutlich emotionaler als jene, die er nutzte. Aber was sich hier im Wald verbarg, konnte er nicht beschreiben. Er fühlte sie nur, als er sie bei einem Sprung seiner Schatten streifte. Er fühlte ... tiefe Trauer und gleichzeitig höchste Euphorie. Dann krächzten einige Raben, flogen unter lautem Flügelschlag auf und das Gespür war verschwunden. Was immer die Vögel aufgeschreckt hatten, die fremde Magie entfernte sich. Vielleicht stammte sie von Phauns Schöpfungen. Eons waren magisch begabt, einige Drachen der Wälder ebenfalls und nicht zuletzt sagte man doch, dass die Boten des göttlichen Naturpaaes selbst durch diese Wälder streifen sollten.
Was auch immer er kurz gespürt hatte, es reagierte ebenso wenig auf ihn wie jemand auf seinen Ruf: "Hallo. Ist hier noch jemand?" Niemand antwortete ihm. Das blieb auch, als er und Eleyna warteten.

Zeit verging und keiner machte auf sich aufmerksam. Schließlich dämmerte es. Mit dem Einzug der Nacht trat auch eine Kühle auf den Plan, die im Urwald Kapayu fast vergessen worden war. Tropennächte waren immer schwül und schwer von hoher Luftfeuchtigkeit, ganz gleich zu welcher Jahreszeit. Im Neldoreth jedoch gaben die warmen Strahlen einer Frühlingssonne gegen hereinbrechende Nachtluft auf. Frische Brisen huschten durch den Wald wie Geister. Sie brachten das Laub zum Rascheln und pfiffen zeitweise zwischen den Bäumen hindurch.
Ohne ein Feuer würden Eleyna und Skýler definitiv frieren, aber ihnen standen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung. Hütten gab es genug, in manchen sogar trocken gelagertes Holz, an dem sie sich bedienen konnten und in jedem dieser Bauten stand mindestens ein kleiner Ofen bereit. Schwieriger würde es sein, ein Bett zum Schlafen zu finden, das nicht Spuren des Überfalls oder die Eroberung durch die Natur besaß. Die meisten Laken waren Opfer von Zeit und Vernachlässigung geworden. An manchen hatten Tiere gefressen, andere waren von ihnen befallen. Die beiden taten besser daran, ihre eigene Ausrüstung zu nutzen, wenn es um's Schlafen ging. Nahrung besaßen sie noch genug und in einigen wenigen Hütten ließ sich sogar etwas Brauchbares finden, wenngleich getrocknete Früchte, eingelegtes Gemüse und schal schmeckende Nüsse nicht die beste Wahl wären. Satt würden sie dennoch und mit ein wenig Aufwand ließ sich ein heimeliges Lager für die Nacht bereiten, wo auch immer die beiden unterkommen wollten.
Auch nach Einbruch des Abends ließ sich niemand blicken. Skýlers Schatten meldeten keinen Grund zur Sorge. Die ganze Nacht über würde er sie aber nur aufrecht erhalten können, wenn er bereit war, auf erholsamen Schlaf zu verzichten. Vielleicht war ihm aber nach wie vor gar nicht nach Schlafen zumute. Es war friedlich und würde friedlich bleiben, auch über die Nacht hinaus. Bis zum Morgen bräuchten sie nicht fürchten, gestört zu werden. Beide konnten ihre Zeit nutzen, wie sie es wünschten. Ob sie nun reden oder ... "reden" wollten, lag ganz bei ihnen.
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Eleyna d'Yaincre
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Donnerstag 19. Dezember 2024, 22:13

Manchmal waren die kleinen Dinge umso wichtiger als große Gesten. Sie besaßen eine ganz eigene Form der Reinheit und Intensität, ohne damit angeben zu wollen. Während Eleyna im Lazarett dem Mischling näherkam, zeigte sie ihm deutlich, dass seine Anwesenheit, seine Nähe zu ihr, sie nicht kalt ließen. Ihr fiel es schwer sich professionell auf ihre Beobachtungen zu konzentrieren und ihm mitzuteilen. Dabei schweiften ihre Gedanken ganz von allein ab, suchten in ihren Erinnerungen nach den Bildern ihrer ersten Nacht. Aus dem ganzen Leid war etwas wundervolles und unaussprechlich Reines geboren worden. Auch wenn die Reise es bisher nicht hergegeben hatte, war Eleyna noch immer von diesem einen, schicksalhaften Abend erfüllt. Sie dachte immer wieder daran, wenn sie ihn beobachtete oder sich ihre Blicke trafen. Die Halbelfe hatte Mühe die Gefühle jener Nacht zu kontrollieren. Sie fühlte noch immer den Verrat, das Bedürfnis sich selbst zu offenbaren und schließlich jene Anziehung, die sich ihrer bemächtigt hatte. Es waren Intensitäten, die sie nicht hatte kommen sehen und sie verarbeitete noch, was das alles bedeutete. Schließlich war sie selbst erst aus einer gedachten Beziehung gekommen. Einer, die nicht sonderlich gesund aber deshalb nicht minder intensiv gewesen war. Doch mit Skýler war das ganz anders. Er war ehrlich, verbarg nichts vor ihr, das irgendwie wichtig gewesen wäre. Sie verlangte hierbei nicht, dass er sofort alle Unebenheiten seiner Seele offenbarte, aber sie konnte sich scheinbar darauf verlassen, dass er sie nicht mehr belog, was seinen Auftrag zu ihrer Person anbelangte. Und das war wichtig für sie. Sie musste ihm vertrauen können und erst jetzt merkte sie, während ihre Augen immer wieder auf seine Lippen huschten, dass sie Laogh nie derart vertraut hatte. Dass sie immer davon ausgehen musste, dass der Dunkelelf sie im Unklaren ließ und sie nie sicher sein konnte, ob das auch zu ihrem Wohl gewesen war. Eleyna spürte, wie sich auch die letzten Fäden jener Vergangenheit lösten und sie sich auf Skýler zu konzentrieren begann.

Während sie ihm ihre Beobachtungen mitteilte, hatten sie beide Mühe, nicht einen Schritt weiterzugehen und jede Vorsicht in den Wind zu schießen. Es war ein anregendes Gefühl, dass auch sein Blick durch ihre Nähe verdunkelte, und es brachte ihm nicht selten einen gewissen Augenaufschlag ein. Ein wenig genossen sie diese Intensität, die sie seit ihrer Abreise aus Rumdett nicht mehr in der Form hatten ausleben können, doch am Ende siegte die Vernunft. Wie sollten sie auch jede Vorsicht fahren lassen, wenn sie davon ausgehen mussten, dass hier noch jemand war? Nein… dafür waren sie viel zu paranoid gehalten worden, immer auf der Hut, immer wachsam. Man sah Ský die Enttäuschung an, die sie empfand und als er seine Beherrschung zurückerlangte, lächelte sie leicht wehmütig. „Dann… sollten wir uns als neue Nachbarn für den Moment wohl vorstellen! Es könnte ein einfacher Reisender sein. Deine Beobachtungen sprechen nicht für jemanden, der auf Ärger aus ist…!“ Sie nickte, auch sie hatte nicht den Eindruck, dass jemand hier war, um zu wüten. Viel mehr, um der hier einst Lebenden zu gedenken und das, was ihr gewesen war zu ehren. Eleyna erhob keine Einwände, als sie bemerkte, dass der Spion den direkten Weg wählte. Es war der Beste und auch sie war dafür. Also folgte sie Skýler hinaus vor die Tür, blieb allerdings ein paar Schritte hinter ihm stehen. Während er seine Magie aussandte und versuchte, etwas zu erspüren, beobachtete sie die Umgebung wachsam. Nichts rührte sich, dass auf eine weitere Person hätte schließen lassen. Sie konnte kein verräterisches Knacken oder eine Bewegung ausmachen. Und schließlich teilte auch Skýler ihr mit, dass seine Schatten nichts gefunden hatten. Eleyna ertappte sich bei dem Gedanken, dass es faszinierend war, was er mit seinen Schatten alles tun konnte und überaus nützlich noch dazu. Letztendlich aber hatte sie nichts aufgeschreckt oder hervorgelockt und Eleyna spürte, wie der Abend auch die Kühle mit sich brachte. „Wer immer hier für Ordnung sorgte, scheint ausgeflogen zu sein“, bemerkte sie nach einer Weile des Wartens. Sie hatte die Arme verschränkt und hielt sich so etwas warm. Doch nach der langen Reise sehnte sie sich danach, einen Moment die Probleme zu vergessen. Ihr Blick fiel auf Skýler’s Rücken, während er offenbar noch einen letzten Blick prüfend in die Umgebung warf, ehe sie zu ihm aufschloss. „Komm, wir bereiten uns auf die Nacht vor“, versuchte sie ihn von der Überprüfung der Umgebung abzubringen und deutete schließlich auf die Hütte des Gemischtwarenhändlers. Ein Schild zeugte noch von einer solchen Tätigkeit, auch wenn es ein Bisschen windschief und leicht bemoost daherkam. Eleyna steuerte auf jene Hütte zu. Im Lazarett würde sie nicht bleiben wollen. Auch wenn sie sich nicht ekelte, entsprach es nicht ihrem Sinn für eine geruhsame Bleibe.

In der ehemaligen Hütte des Handels angekommen, betrachtete sie die geplünderten Regale und teilweise umgekippten Körbe. Die Holzschnitzereien fielen ihr ins Auge, und ließen sie einen Moment lächeln, während sie sich vorstellte, wie neldorethische Kinder ihre Eltern aufgrund jener Figuren in den Wahnsinn trieben. Sie durchschritt langsam die Hütte und nickte schließlich. „Hier könnten wir ein kleines Lager herrichten“, überlegte sie laut und deutete auf einen ausreichenden Platz am Boden zwischen zwei Regalen. Sie wären vor Blicken von außen geschützt und gleichzeitig hätten sie sowohl den Fluchtweg nach hinten in eine weitere Kammer und um die Regale herum wieder zum Eingang, sofern jemand von dort hereinkommen würde. Feuer wäre hier vermutlich nicht so leicht, aber die Kühle hielt hier nicht so sehr Einzug, da sie durch die Regale geschützter wären. Eleyna legte ihre Tasche ab und sah sich weiter um. Sie durchstreifte die Regale, blieb bei dem Schmuck der Elfen stehen und betrachtete sich eines der Armbänder genauer. Es besaß eine feine Schnitzerei eines Wolfes, der mit Farbpigmenten aus Beeren, wie ihr schien, ein wenig eingefärbt wurde. Es sprach sie an, kam sie sich doch die meiste Zeit ihres Lebens, wie eine einsame Wölfin vor. Letztendlich aber legte sie es an eben jenen Platz zurück, weil sie gewiss nicht hier war, um auch den letzten Rest zu plündern. So streifte sie weiter und sah sich um, bis sie in den hinteren Teil des Ladens kam. Sofort verzog sie das Gesicht anhand der vergorenen Milch. Sie legte einen Arm um Mund und Nase, ehe sie dann aber grinste. Sie griff nach der Flasche Wein und kam triumphierend zu Skýler zurück. „Sieh mal, das wärmt auch!“, lächelte sie und gab ihr Gesicht wieder frei. Schließlich aber richtete sie ein halbwegs gemütliches Lager. Sie drapierte ihre und seine Sachen so, dass sie liegen konnten, suchte in dem Laden noch nach anderen Möglichkeiten, die sie verwenden konnte und schaute schließlich auf das Lager herab, als würde sie überlegen, ob noch etwas fehlte. „Ich denke, das wird gehen“, teilte sie Skýler mit und wandte sich nach ihm um. „Wir sollten uns überlegen, wohin wir nun gehen wollen. Wir sind sehr dicht an Morgeria. Und wir können wohl nicht ewig hierbleiben“, merkte sie an. Auch ihr war das natürlich aufgefallen, aber letztendlich hatte sie auch so schnell keinen Plan. „Ob Dessaria eine Möglichkeit wäre? Oder das Kloster…“, überlegte sie, doch wusste sie auch, dass sie sich immer weiter in die Fänge von morgerianischen Handlanger begaben. Sie sah wieder zu Sky. „Was denkst du?“, wollte sie schließlich wissen und begann daraufhin, ihren Mantel auszuziehen, um auch diesen noch dem Lager am Boden hinzuzufügen.

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Skýler Fiórge Zhèkkra
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Skýler Fiórge Zhèkkra » Samstag 4. Januar 2025, 15:22

Spione gingen selten den direkten Weg, doch in diesem Moment wählte Ský eine direkte Konfrontation mit einer, gegebenenfalls weitere Person, die sich in seiner alten und verlassenen Heimat aufhielt. Das würde er nicht tun, sollten die Zweifel überwiegen, dass sie sich dadurch in größere Gefahr bringen würden, doch keine der gefundenen Spuren wies darauf hin, dass der oder diejenige ihnen große Probleme bringen würde. Und wenn doch, wären sie durchaus in der Lage sich zu verteidigen. Die größten Probleme würde Ihnen so oder so ein anderes Mitglied der Spinne bereiten, doch das war in diesem Fall nicht anzunehmen.
Ský verließ die Hütte und machte sich mit Rufen bemerkbar, doch nichts rührte sich. Auch seine Schatten, die er vorsorglich ausgesandt hatte, nahmen keine besorgniserregende Präsenz wahr. Nichts Lebendiges außer Pflanzen und Tiere schien um sie herum zu sein, außer…! In einem Bruchteil einer Sekunde nahm er eine andere Magieform wahr. Doch diese war sofort wieder verschwunden und ließ ihn eher verwirrt, als besorgt zurück. Unendliche Trauer und höchste Euphorie gleichzeitig zu spüren war merkwürdig und nur schwer einzuordnen. Sein silbergrauer Blick runzelte sich leicht, als er diese Gegensätze wahrnahm und darüber nachdachte, von was, oder wem diese Magie gekommen sein mochte. Vielleicht Feen? Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn sich diese kleinen und durchaus scheuen Geschöpfe in ein verlassenes Dorf begeben hätten. Erst recht im Neldoreth war dies durchaus möglich!
Da der Mischling keine Gefahr verspürte, ließ er dieses kurze Aufmerken wieder fallen. Sein Blick folgte den aufgescheuchten Krähen, die vielleicht durch seine Schatten erschreckt worden waren, ehe er sich zu Eleyna umwandte.
„Wer immer hier für Ordnung sorgte, scheint ausgeflogen zu sein“, merkte sie an, woraufhin er nur bestätigend nickte. Dass sie alleine zu sein schienen kam ihm gerade recht und Ský versuchte gar nicht zu verbergen, dass er diesen Umstand genoss! Sein grau tastete von ihrem Gesicht hinab, bemerkte die verschränkten Arme und die leicht zusammengezogenen Schultern – eine Geste, die ihm offenbarte, dass ihr hier draußen frisch wurde. Gegen das feucht-wärmere Klima im Kapayu war es hier trockener, aber auch kälter. Und nun, wo sich die Sonne unterhalb der Baumkronen befand, erreichte sie kaum mehr ein wärmender Strahl.
Seine Lippe hob sich linksseitig leicht an, als sich der Gedanke präzisierte wie ihr wärmer werden könnte – mit seiner Unterstützung natürlich!
„Komm, wir bereiten uns auf die Nacht vor“, schlug Eleyna vor, die bereits ein paar Schritte in die Richtung einer anderen Hütte tat. Ský streckte den Arm aus und bekam ihr Handgelenk zu fassen, wodurch er sie stoppte. Mit einem sanften Zug zog er sie zu sich und legte ihr einen Arm um die Schulter.
„Es ist ganz schön kühl geworden, nicht wahr?“, fragte er und zog sie enger an sich, als würde er ihre wärmende Nähe für den eigenen Komfort suchen. Bisher hatte der Mischling jegliche Witterung kommentar- und reaktionslos hingenommen. Auch war seine Kleidung durchaus in der Lage ihm genügend Schutz vor deutlich größerer Kälte zu bieten, was seine Aussage ein klein wenig unglaubwürdig gestaltete. Nein, Ský zeigte eine seltene – bisher wirklich nie ausgelebte Seite an sich, die Eleyna in ihm hervorzulocken vermochte. Die gemeinsame Zeit mit ihr begann ihn sachte zu verändern. Normal würde er sich nichts anmerken lassen wollen – weder, wie er sich fühlte, was er dachte, oder gar begehrte.
Seine Arbeit hatte von ihm verlangt jedem etwas vormachen zu können. So war er durchaus in der Lage die komplette Gefühlspalette in sein Mienenspiel zu setzen, wenn er so durch Täuschung seine Ziele erreichte. Doch war sein eigentliches Wesen eher ernst und pragmatisch – eben so, wie ihn das Leben geprägt hatte. Echte Gefühle, abgesehen von Ironie hatte sich kaum, wenn nicht gar mehr als selten auf seinem Gesicht abgezeichnet.
Als Kind hatte Ský eine verspielte Seite besessen, die sich nun begann zu zeigen. Tatsächlich unbemerkt, was ein verborgenes Zeichen dafür war, dass er Eleyna nicht nur körperlich begehrte, sondern auch begann Vertrauen ihr gegenüber aufzubauen. Und ja, das war für ihn etwas Besonderes!
Er ließ sie dennoch nach einem Moment los, so dass sie zusammen zur Hütte des Händlers gehen und diese betreten konnten. Dort verschloss er wieder jegliche Gefühle in sich und sah sich nur recht oberflächlich um. Details, wie die aus Holz geschnitzten Spieltiere übersah er gekonnt. So oder so konnte er nur schwer alle Erinnerungen aus seiner Kindheit in sich wachrufen. Gerade die Glücklichen hatte er sich zwar bewahren wollen, doch waren sie mit der Zeit und teils durch die Torturen der Ausbildung und Arbeit immer stärker verblasst. Es hatte eine Zeit gegeben, an der Ský all seine Gefühle und seine Persönlichkeit abgeschaltet hatte, um nicht wahnsinnig zu werden und überleben zu können. Doch auch jetzt, nachdem er sich vor einigen Jahrzehnten wieder ein gefestigtes Wesen hatte aufbauen können, blieben ihm noch einige Erinnerungen verborgen. So würde er sich wohl auch kaum an das gemalte Einhorn erinnern, das er mit seiner Mutter gestaltet hatte. Einzig die Worte, dass sie ihn liebte, erklangen verhaltend in den Tiefen seines Gedächtnisses wieder – nun auch wieder mit der dem Klang der Stimme seiner Mutter, den auch er mit der Zeit verloren zu haben schien.
Aber vielleicht scheute er sich auch einfach davor die Vergangenheit wieder vollkommen in sein Bewusstsein zu rufen. Manches blieb eben besser verborgen, wenn es dadurch einfacher und schmerzfreier war. All das hier änderte nichts daran wer er nun war und was er in seinem Leben alles durchlebt und getan hatte.
Eleyna schritt langsam durch die Hütte und sah sich scheinbar vieles genauer an. Er beobachtete dabei mehr sie, als tatsächlich die Einrichtung selbst.
„Hier könnten wir ein kleines Lager herrichten“, überlegte sie laut und deutete auf einen ausreichenden Platz am Boden zwischen zwei Regalen, auf den nun auch Ský seinen Blick schwenkte.
„Klingt nach einer guten Wahl!“, bestätigte er und löste sich nun vom Eingang, bei dem er stehengeblieben war. Seinen Beutel ablegend lehnte er sich gegen den Tresen, wo auch die ausgebeutete Kasse stand und verfolgte wieder mit den Augen, wie sich Eleyna umsah. Man könnte ihm vorwerfen zu faulenzen, selbst nichts Produktives zu ihrer Lage beizusteuern, doch da sie in keiner akuten Gefahr schwebten, hatte es der Mischling nicht besonders eilig. Noch dazu war es nicht so, als würde die Umgebung nichts in ihm bewirken. Und dass er nicht vorhatte Nichts zu tun, offenbarten bereits seine nächsten Worte:
„Ich geh uns gleich etwas jagen. Kaninchen gibt es hier in der Gegend genug, zumindest habe ich vorhin die Präsenz einiger gespürt!“, erwähnte er laut genug, dass Eleyna ihn auch im Lagerbereich hören konnte. An den Fellnasen war zwar nicht viel Fleisch, aber für ein bescheidenes Mahl würde es allemal reichen.
Als sie wieder um die Ecke in seinen Sichtbereich fiel, sah er sie an und entdeckte ihr Grinsen, woraufhin sein Blick auf die dargebotene Flasche fiel.
„Sieh mal, das wärmt auch!“, verkündete die hübsche Frau, woraufhin er ein kurzes Schmunzeln zeigte. Kurz tastete sein Grau das Etikett der Flasche ab, ehe er dann überrascht die Augenbrauen anhob.
„Für die Flasche könntest du ein hübsches Sümmchen bekommen, jetzt wo in Neldar nichts mehr angebaut und produziert wird! Der Wein gehört zu den besseren Tropfen und wurde auch in die entlegeneren Reiche Celcias importiert, weil er unter Weinliebhabern recht beliebt ist!“, offenbarte er ein gewisses Fachwissen. Ský war zwar kein Händler, aber er hatte im Laufe seines Lebens gelernt zu handeln, Dinge von Wert zu erkennen und sich durch Geschick ein hübsches Sümmchen erspart, das jedoch gut verborgen woanders gelagert wurde.
Während Eleyna ein halbwegs gemütliches Lager errichtete, verabschiedete sich Ský kurz, um zu jagen. Dank seiner Schatten gerieten einfache Beutetiere, wie Kaninchen schnell in seine unsichtbaren Fallen, so dass es für ihn normal kein besonders langer Prozess war, etwas zu besorgen, wenn das natürliche Angebot so groß war, wie hier. Die Natur und somit auch die Tiere hatten den neu dazugewonnenen und unbelebten Platz eben schon längt eingenommen.
Auf seiner Jagd musste er sich nicht unbedingt weit von der Hütte fortbewegen. Bereits beim Hinaustreten hatte er einige Hüpfer aufgeschreckt, die sich durch die neue Bewegung in grünes Dickicht verzogen hatten. Und so war es nicht schwer erfolgreich zu sein! Dennoch gab es etwas zu bemerken: Während er ein durch die Schatten erlegtes Kaninchen einsammelte, fiel sein Blick auf eine bereits vorhandene Falle, die eine darin gefangene Fellnase zum Wackeln brachte. Es war also definitiv vor Kurzen erst jemand hier gewesen, denn es war unwahrscheinlich, dass die Falle schon länger existierte, ohne dass sich ein Kaninchen bisher darin verirrt hätte. Vermutlich hätte er dann einen bereits verwesten Kadaver vorgefunden.
„Sieh einer an…!“, murmelte er und leerte die Falle, was gleichzeitig das Ende des darin gefangenen Hopplers bedeutete.
So kehrte der Rothaarige auch recht zügig zu ihr zurück und legte die erlegte Beute in Form von drei Kaninchen auf dem Tresen ab. Eleyna hatte innen für etwas Komfort und Gemütlichkeit gesorgt. Die Mittel waren zwar begrenzt, doch war keiner der beiden anspruchsvoll!
„Ich denke, das wird gehen“, meinte sie, woraufhin er ihr Werk betrachtete und zustimmend nickte. „Sieht doch gut aus!“, bestätigte er und verschränkte leicht die Arme vor sich, während er sich an das Möbelstück in seinem Rücken lehnte. Er erzählte ihr von seiner Entdeckung und wartete ihre Reaktion ab, ehe sie über ihre aktuelle Lage ins Gespräch kamen.
„Wir sollten uns überlegen, wohin wir nun gehen wollen. Wir sind sehr dicht an Morgeria. Und wir können wohl nicht ewig hierbleiben. Ob Dessaria eine Möglichkeit wäre? Oder das Kloster… Was denkst du?“ Eleyna nutzte die einkehrende Ruhe und sprach ihre Situation an. Dass sie Shyána Nelle nicht gefunden hatten war unerwartet gekommen, so dass sie sich neu organisieren mussten.
„Du meinst das Kloster im Arus?“, fragte er nach, während er ihre Lage gedanklich ebenfalls neu zu sortieren begann. Das Problem für Ský war, dass er unsicher war, ob, wann und wie er Kontakt zu Krazhian aufbauen sollte, sodass er ihm gegenüber nicht so schnell argwöhnisch werden würde. Doch in den Tiefen seines Herzens richtete er sich schon darauf ein, dass es ihm nur schwerlich gelingen würde den Reinrassigen überhaupt zu täuschen, obwohl dieser keinen Grund hatte so schnell und einfach an der Loyalität seines Werkzeugs zu zweifeln.
Unbewusst strich er sich nachdenkend durch die Haare, ehe eine Bewegung ihrerseits sein Augenmerk auf sie zog. Eleyna zog sich den Mantel aus und nach ein paar Sekunden folgte auch er ihrem Beispiel.
„Mir wäre mehr Abstand zu Morgeria deutlich lieber“, gab er zu und seufzte leise. Dessaria klang da schon vielversprechender, doch wusste er, dass sein Lehrmeister auf diese Stadt ein Auge geworfen hatte. Warum sonst hatte er zuvor Informationen zu den Handelsbeziehungen zwischen Dessaria und Santros einholen sollen?
„Mich zieht es noch immer mehr gen Osten…!“, offenbarte er, ehe er sich mit einem leisen Seufzen abstieß und zu ihr ging, bis er vor ihr stehenblieb. Es sah ihm nicht ähnlich, aber gerade würde er dieses Gespräch lieber auf Später verschieben, obwohl es fundamental wichtig war zu klären, was sie als nächstes tun wollten. Doch so oft er sich nun schon Gedanken gemacht hatte – plötzlich schien Celcia nicht groß genug zu sein, als dass sie der Spinne entgehen könnten.
„In Dessaria könnte bereits Krazhian seine Netze ziehen…!“, meinte er leise, während seine Finger begannen über ihre Wange zu streicheln. Er beugte sich leicht und lehnte seine Stirn gegen ihren Haarschopf.
„Aber im Grunde können wir nicht wissen, wo wir wirklich sicher wären. Daher… Dessaria, der Eldoras… alles hat sein Für und Wider.“ Seine andere Hand suchten ihre Taille, um Eleyna näher zu sich zu ziehen. Er mochte ihre Nähe und schien nun, wo zumindest ihre Lage im Dorf sicher zu sein schien, ein wenig locker lassen zu wollen. Die ganze Reise über war er stets auf der Hut gewesen, doch gerade schien ein Moment der Ruhe zum Greifen nah zu sein.
„In den Trockenlanden soll es die Ruine einer alten und untergegangenen Stadt geben. Vielleicht wären wir dort sicher, aber wie gut wir uns dort verpflegen können, entzieht sich meinen Informationen.“ Seine Lippen berührten ihre Schläfe. Dann ihren Wangenknochen … Wange… ehe er, die Augen schließend ihre Lippen mit den eigenen vereinnahmte. Der Kuss war von Beginn an innig, verriet einen Funken ausgeharrter Sehnsucht, der nun freigelassen wurde.
„… meine Mutter hätte dich sicher gemocht…!“, flüsterte er plötzlich und vollkommen ohne Zusammenhang und öffnete wieder die Augen. Ein sachtes, aber ehrliches Lächeln erschien auf seinen Lippen. Dass er sich überhaupt fragte, wie Tiandara über die junge Halbelfe gedacht hätte, war ebenfalls ein Hinweis darauf, dass er dabei war sei Leben für sie umzukrempeln.
„Wo… willst du am liebsten hin…?“, fragte er dann, zum Thema zurückkehrend und küsste sie erneut, wenn auch nur kurz, jedoch nicht weniger zärtlich. Ský schien das Gespräch weiterzuführen, nur schien er es mit ein wenig mehr Körpernähe tun zu wollen!

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Eleyna d'Yaincre
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Montag 6. Januar 2025, 08:19

Als Eleyna mit der Flasche Wein wieder in den Verkaufsraum kam, musterte Sky diese. „Für die Flasche könntest du ein hübsches Sümmchen bekommen, jetzt wo in Neldar nichts mehr angebaut und produziert wird! Der Wein gehört zu den besseren Tropfen und wurde auch in die entlegeneren Reiche Celcias importiert, weil er unter Weinliebhabern recht beliebt ist!“ Eleyna hob nun ihrerseits die Brauen und schaute auf das Etikett zurück. „Wirklich?“, fragte sie, ehe sie die Nase verspielt rümpfte und den Kopf schüttelte. „Ich denke, ich trinke sie lieber mit jemanden, der beste Gesellschaft verspricht“, zwinkerte sie ihm zu. Sie lächelte offen. Er hatte das bereits kennenlernen dürfen, als sie sich kennenlernen und vielleicht fiel ihm auf, dass es etwas Besonderes war, da sie kaum sehr viel Grund zum Lächeln hatte. Aber sie fand diesen Funken trotz allem immer noch in sich. So kehrte sie mit dem Getränk zurück und stellte den Wein ebenfalls zum Lager. Sky selbst beschaffen Ihnen Nahrung und kehrte nur kurz darauf mit drei Hasen zurück. Sie pfiff anerkennend, blickte sich schließlich um und schüttelte den Kopf. „Wir sollten sie nicht hier drinnen zubereiten“, deutete sie auf das Dach, doch dann stellte sie fest, dass das Dach tatsächlich ein Loch hatte. Einige wenige Pflanzen versuchten sich bereits ins Innere vorzukämpfen, aber das Loch reichte aus, dass sich der Rauch des Feuers verlieren würde und sie nicht noch an einer Kohlenmonoxidvergiftung starben. Eleyna schaute sich abermals um, und richtete dann aus den Möglichkeiten hier ein Lagerfeuer her. Mit Zunderzeug brannte nur wenige Augenblicke später ein kleines Feuer. Sie bereitete die Hasen zu, wusch sich anschließend gründlich die Hände in einer Schale, die wohl Regenwasser aufgefangen hatte und sah einen Augenblick zu, wie zwei der Kaninchen über dem Feuer brutzelten. „Ich denke, das wird gehen“, sagte sie und er pflichtete ihr bei. Sie warf ihm einen Blick zu, als er an dem ehemaligen Tresen lehnte. Er sah verdammt gut aus, wie das Feuer leichte Schatten auf seine Züge warf.

Er erzählte ihr davon, dass eine der Fallen frisch ausgestellt war. Sie nickte. „Offenbar hat sich hier jemand eingenistet. Aber solange er bleibt, wo er ist, soll es mich nicht stören.“, zuckte sie die Schultern. Auch sie ging derzeit von keiner akuten Bedrohung aus. Sie fühlte sich seit langem einmal nicht verfolgt. Zeit also, sich über alles Weitere Gedanken zu machen. „Du meinst das Kloster im Arus?“ Sie nickte und zuckte gleichermaßen die Schultern. Es war ein Unterschlupf, und der Orden dort neutral. „Mir wäre mehr Abstand zu Morgeria deutlich lieber“ Eleyna kümmerte sich abermals um das Kaninchen, drehte es etwas, damit es von allen Seiten knusprig wurde. „Mich zieht es noch immer mehr gen Osten…!“ „Andunie vielleicht, wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass“, er stand mit einem Mal vor ihr und sie hob den Blick mit einem leichten Lächeln in eine Augen. „…Dass eine Großstadt uns gut tut… wobei ich da ansonsten einige Plätze kennen würde…“, murmelte sie, da er so dicht stand, dass sie nicht lauter sein musste. „In Dessaria könnte bereits Krazhian seine Netze ziehen…!“ Sie ließ sich von ihm berühren und behielt das feine Lächeln auf ihren Lippen. „Aber im Grunde können wir nicht wissen, wo wir wirklich sicher wären. Daher… Dessaria, der Eldoras… alles hat sein Für und Wider.“ Die zarten Liebkosungen ließen sie die Augen schließen, während ihre Hände sich an seine Brust legten. Er zog sich an ihrer Taille näher und sie folgte ohne Gegenwehr. „In den Trockenlanden soll es die Ruine einer alten und untergegangenen Stadt geben. Vielleicht wären wir dort sicher, aber wie gut wir uns dort verpflegen können, entzieht sich meinen Informationen.“ Eleyna wollte etwas erwidern, doch dann spürte sie seine Lippen auf ihren und gab sich dem Kuss vollkommen hin. Sie schob ihre Hände an seine Wangen und umfasste sein Gesicht zärtlich. Ihr Kuss war ebenso innig und ihre Hüfte lehnte sich seiner entgegen, um noch mehr Nähe aufzubauen. „… meine Mutter hätte dich sicher gemocht…!“ Eleyna stutzte einen Moment und öffnete ihre Augen, um ihn anzusehen. Sein Lächeln spiegelte sich in ihrem Gesicht. „Wie könnte sie auch nicht?“, antwortete sie frech aber nicht mal ansatzweise ernstgemeint. Sie neckte ihn, weil sie das Kompliment durchaus einordnen konnte. Weil sie wusste, wie wichtig ihm seine Mutter war und sie ahnte, dass es sehr viel gewichtiger sein könnte, als es für Außenstehende den Anschein gehabt hätte. „Ich hätte sie gern kennengelernt“, raunte sie dann leise und ganz intim.
„Wo… willst du am liebsten hin…?“, Eleyna aber schüttelte sacht den Kopf, während neben ihnen das Feuer knackte und sich der Rauch durch das Loch in der Decke verzog. Es wurde wärmer hier, oder das lag an ihm. „Lass uns für einen Moment nicht mehr daran denken… lass uns das hier“, nun war sie es, die ihn küsste, „genießen und uns morgen fragen, wie es weitergeht.“, schlug sie vor. Eleyna’s heller Blick funkelte auf, während ihr Gesicht ein wahrlich Warmes Lächeln zierte. Sie griff nach Skýler’s Hand und zog ihn ein Stück in Richtung Lager. Hier aber blieb sie stehen, drehte sich zu ihm um, ehe sie ihm erneut näherkam und ihn von sich aus nun küsste. Dieses Mal aber nahm sich Eleyna Zeit. Ihre Lippen erkundeten regelrecht seine, berührten ihn sehr sanft, hauchte viele kleine Zärtlichkeiten auf seine Haut. Bis sie schließlich ihre Zunge vorschickte, damit er sie einließ. Auch hier war sie aber alles andere als forsch oder verlangend. Was der Intensität jedoch nichts in Abrede stellte. Sie liebkoste ihn auf eine Weise, die jedweder ‚schnellen Lust‘ entbehrte. Eleyna ließ sich auf eine andere Art auf Sky ein, und zügelte ihr Verlangen nach ihm, um es in eine Sehnsucht zu verwandeln, die ihn spüren lassen sollte, dass sie wusste, welch hohes Gut sie hier bei sich wusste. Nach einer langen Ewigkeit, in der sie einzig und allein seine Lippen küsste, löste sie sich leicht atemlos von ihm, vergrößerte aber den Abstand nicht merklich. Ihre Augen ruhten auf seinen, während sie einfach nur das Silber darin betrachtete. Scheinbar wollte sie etwas sagen, überlegte es sich aber anders. Stattdessen schloss sie Sky in ihre Arme und legte ihre Lippen schließlich wieder an seine Haut am Hals. Bis sie die Umarmung auflöste ohne zu sagen wofür und warum und ihn lächelnd betrachtete. „Probieren wir den teuren Wein?“, fragte sie schließlich und schaute sich danach dann um.

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Skýler Fiórge Zhèkkra
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Skýler Fiórge Zhèkkra » Freitag 10. Januar 2025, 15:00

Das Dorf hatten sie verlassen vorgefunden und doch schien sich hier jemand aufzuhalten. Doch bisher hatte sich besagte Präsenz nicht gezeigt, von der alle beide jedoch keine Bedrohung vermuteten. Vielleicht schafften sie deshalb ein wenig locker zu lassen, denn abschalten würden sie vermutlich nie vollkommen. Dafür waren Eleyna und Ský zu lange schon im Spionagebereich tätig und auf Achtsamkeit und Vorteil gedrillt worden.
Nachdem Ský von der Jagt zurückkehrte sprachen sie eine Weile über ihre nächsten Schritte. Eleyna hatte ein Feuer gerichtet, das professionell gesichert war und dank des Lochs im Dach einen natürlichen Ausweg ins Freie bekommen hatte. Um schlechte Luft mussten sie sich also keine Sorgen machen, sollte der Wind nicht ungünstig wehen. Da Eleyna den größten Teil der Arbeit übernahm und auch die Kaninchen ausnahm und zum Grillen zubereitete, hatte der Mischling gerade wenig zu tun. Ein Lager für die Nacht war ebenfalls gerichtet und im Grunde benötigten sie nicht viel mehr, denn auch stand Wasser und Wein bereits bereit. Er ließ daher seine Gedanken wandern und nach einem geeigneten Ort suchen. Doch wirklich zu dem erleuchtenden Einfall kam es nicht. Noch dazu schien die Ruhe einen Moment einzuläuten, in dem Skýler sich endlich ein wenig intensiver um Eleyna kümmern könnte. Das war etwas, was er die letzten Tage durchaus schmerzlich vermisst hatte. Da ihre Beziehung zueinander noch sehr frisch war, konnte er nicht genau wissen, wie es in ihrem Innern aussah. Hatte sich ihr in ihn gewonnenes Vertrauen vielleicht ein wenig abgekühlt? Waren Zweifel und Sorgen gewachsen und gedanklich plante sie bereits einen Weg, wie sie ihm erneut entwischen konnte? Vielleicht glaubte sie, dass er sie nur verführt hatte, um sie zu täuschen und sie dazu zu bringen ihm zu folgen – in ihr eigenes Verderben?
Nichts hatte sich an der Entscheidung des Mischlings verändert. Er stand hier und war bereit für sie zu kämpfen, auch wenn es erst einmal nicht so wirkte, da er eine direkte Konfrontation mit der Spinne oder Krazhian gerne noch vermeiden würde. Dennoch würde Ský sein Wort halten und daran zweifelte er selbst keine Sekunde. Eleyna war für ihn jemand Besonderes! Die Gefühle, die er für sie empfand hatten für ihn noch keinen Namen, doch das machte sie keinen Deut schwächer – die Verbundenheit war echt, wahr und zumindest für ihn sehr stark, als wäre sie mit deinem Leben verwurzelt.
Was seine Wahl für ihn bedeuten könnte, war ihm mehr, als klar! Und doch wankte er nicht eine Sekunde in seiner Entscheidung. Dann schon eher in der Wahl, wohin ihr nächster Schritt gehen sollte?
„Andunie vielleicht, wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass … eine Großstadt uns gut tut… wobei ich da ansonsten einige Plätze kennen würde…“ Eleynas Satz zog sich an manchen Stellen ein wenig, denn Ský war nahe an sie herangetreten und schien sie mit seiner Nähe aus dem Konzept zu bringen! Durchaus … beabsichtigt – und doch zur gleichen Zeit ohne Hintergedanken. Er suchte ihre Nähe, weil er sie selbst spüren wollte. Wie oft hatte er sich in den letzten Tagen vorgestellt sein Vögelchen zu berühren?! Und nie hatte er wirklich Ruhe und Zeit gefunden – nie war der Zeitpunkt passend und richtig gewesen, ohne dass sie sich dadurch durch die Ablenkung in Gefahr gebracht hätten?
Ský berührte sie und sein grauer Blick wurde weicher, während er ihr hübsches Gesicht betrachtete. Ein Beobachter könnte zu dem Schluss kommen, dass er in die Halbelfe vernarrt war, oder drauf an dran war, dies zu werden. Wäre aber wirklich ein Beobachter hier, hätte er sich nie und nimmer etwas anmerken lassen. Diese Seite an sich offenbarte er nur, weil sie alleine waren. Er zeigte sie einzig und alleine Eleyna!
Während er noch einige Vorschläge von sich gab, konzentrierte er sich bereits mehr darauf seinem Sehnen nachzugeben. So folgten liebevolle Berührungen, denen jedoch nie ein Maß an Griff fehlte. Ský fasste sie an und ließ sie das spüren. Schmetterlingsberührungen und federleichtes Streicheln schien ihm weniger zu liegen. Und doch fehlte diesen Berührungen keine Zärtlichkeit!
Ein Kuss wurde ausgetauscht, der Skýs erste Sorgen, dass sich etwas zwischen ihnen verändert haben konnte, aufzulösen vermochte. Er spürte, wie ihre warmen Hände seine Wangen umschlossen und schmiegte sich gegen die Berührung. Für ihn war das alles auf eine ganz andere Weise neu. Keineswegs unerfahren wusste er wohl die meisten Frauen zufriedenzustellen. Und doch hatte er stets und aus Prinzip eine Grenze eingehalten, die ihm keine Frau auf seelische und emotionaler Ebene nahe gebracht hatte. Eleynas Berührungen waren zärtlich, wertschätzend, liebevoll und ….nicht alleine auf körperlicher Weise begehrend. Sie sah ihn – den rothaarigen Mischling, der ein ziemlich verkorkstes Leben und eine unlautere Arbeit besaß – und sie sah die Reste des Jungen, der sich unter anderen Umständen vielleicht zu einem ganz anderen Elfen entwickelt hätte. Und genau das machte den Unterschied. Er sah in ihre Augen und konnte entspannen… begann zu vertrauen und in ihr jemand Wertvolles zu sehen! Vielleicht tat er das schon mehr, als es ihm bewusst war, was auch seine Bemerkung über seine Mutter andeutete!
„… meine Mutter hätte dich sicher gemocht…!“, offenbarte er einen Teil seiner Gedanken, deren Vorstellung ihn sachte lächeln ließ.
„Wie könnte sie auch nicht?“, hörte er Eleyna nach einem Moment frech antworten, woraufhin sich bei ihm ein Lachen löste. Es war nicht ausgelassen, dafür war er zu gesetzt und nicht geübt darin, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen, aber es klang durchaus befreit. Ihre Art hatte ihm von Anfang an gefallen!
„Mir fällt kein Gegenargument ein!“, gab er zu und zog sie in eine Umarmung, mit der er sie sachte an sich drückte. So hörte er auch ganz leise und intim an seinem Ohr die folgenden Worte:
„Ich hätte sie gern kennengelernt.“ Skýlers Lächeln schwächte sich ab, aber nicht weil ihm missfiel, was er hörte. Er begegnete ihrer Aussage mit Ernsthaftigkeit und konnte nur stumm in seinem Blick offenbaren, dass ihm diese Worte viel bedeuteten! Aussprechen konnte er sie allerdings nicht.
Um den eigentlichen Gesprächsfaden nicht zu verlieren, griff der Schattenanwender noch einmal das Thema ihres nächsten Reiseziels auf, doch Eleyna schien andere Pläne zu haben!
„Lass uns für einen Moment nicht mehr daran denken… lass uns das hier“ – sie küsste ihn sanft, ehe sie weitersprach und den Satz mit den Worten: „genießen und uns morgen fragen, wie es weitergeht.“, beendete! Er wusste was sie damit meinte und stimmte schweigend zu, indem er ihre Hand, die gerade nach seiner gegriffen hatte, anhob und zu seinem Mund führte. Bestimmt und sanft zugleich küsste er ihren Handrücken, ehe sich ihre Beine von ganz alleine in Bewegung setzten. Wer den ersten Schritt dabei getan hatte, war dabei vollkommen egal und ihm zumindest unbemerkt. Er folgte ihr und bald schon fanden erneut ihre Lippen zueinander. Damit verlor sich jegliche Zurückhaltung, die er noch aufrechterhalten hatte! Sie begann ihn … völlig in ihren Bann zu ziehen und um den Verstand zu bringen.
Die vielen kleinen Zärtlichkeiten, die sie auf seiner Haut verteilte, ließen ihn wohlige Schauder und ein immer stärker erwachendes Sehnen spüren. Der Kuss wurde immer leidenschaftlicher und nur zu bereitwillig öffnete er ihren Mund, um ihre Zunge mit der eigenen zu begrüßen. Skýs Hände fingen an langsam ihre Schulter hinabzufahren, ihre Silhouette abzustreicheln und sie schlussendlich an der Hüfte zu fassen, um sie noch näher an sich zu ziehen. Nichts zwischen ihnen wirkte forsch, oder gar ungeduldig, obwohl die wachsende Sehnsucht ihre Leidenschaft stets anwachsen ließ.
Seine Finger tasteten massierend über ihre Hüftknochen, die Wirbelsäule, dann etwas tiefer über ihren hübsch geformten Po. Er ließ sie spüren, dass er sie wollte, sich nach ihrer Nähe sehnte. Nicht nur körperlich, sondern bereits auf einer viel tieferen Ebene!
Ský strich mit den Händen wieder hinauf, über ihren Rücken, wo eine Hand verweilte, bis die andere sich in ihren Nacken stahl und sich stützend gegen diesen bettete. Im Kuss löste er ein wenig die Distanz, doch nur um mit seinen Lippen über ihre zu streicheln, ehe er sie wieder spürbarer küsste. Sein Grau lag hinter den Lidern verborgen, aber sein Gesichtsausdruck würde ihr verraten können, dass er in diesem Moment… einzig und alleine ihr gehörte. Gerade waren die Gedanken des Spions ganz und gar bei ihr!
Bis sie die Umarmung und den Kuss langsam auflöste. Seine Lider hoben sich langsam und er tastete ihr Gesicht mit seinem Blick ergründend ab. Er schien ihre Gedanken lesen zu wollen, doch natürlich blieben diese für ihn unleserlich.
„Probieren wir den teuren Wein?“, fragte Eleyna lächelnd und sah sich ein wenig um. Für einen Augenblick ließ er seinen Blick noch tasten, dann nickte er sachte und gab sie vollkommen frei.
Ský ging zu dem, von ihr errichteten Lager und zog sowohl Stiefel, als auch Umhang aus. Das dunkelbraune, fast schwarze Hemd mit den feinen und kaum wirklich ins Auge springenden blauen Mustern raffte er an den Ärmeln locker nach zu den Oberarmen. Dann ließ er sich nieder und setzte sich auf den Platz, der ihnen vielleicht eine erholsame Nacht bescheren könnte.
„Haben wir eigentlich was, um die Flasche zu entkorken?“, fragte er, ein Bein anwinkelnd, auf dass er dann locker einen Arm abstützte. Die andere Hand streckte er einladend aus und ihr entgegen. Er ließ sich nichts anmerken, aber würde die Elfe ihren Blick tiefer zu seiner Hose gleiten lassen, würde sie erkennen können, dass er nicht vorhatte auf Dauer eine Pause einzulegen. Ský war aber reif und erfahren genug zu sein, dass er trotz des Knisterns abwarten konnte. Ihn schien außerdem ein anderer Gedanke zu beschäftigen.
„Wäre die Situation anders… und die Spinne hätte nichts mit dir zu tun, was würdest du in deinem Leben tun wollen?“, fragte er nach kurzem Zögern. Ský hatte sich selbst diese Frage schon häufiger im Leben gestellt. Doch es war schwer alleine zu träumen, wenn man keine Aussicht auf eine Veränderung vor sich sah. Das schien sich durch Eleyna nun doch… ein wenig geändert zu haben. Und offenbar würde er gerne wissen, was sie getan hätte und tun wollen würde. Auch, wenn die Wahrscheinlichkeit klein und gering war, dass sie überhaupt heil aus dieser Sache herauskommen würden…
Sollte sie in Reichweite zu ihm sein, würde er sich ein wenig näherschieben um ihre Hand zu greifen, die er mit seinen Fingern streicheln würde.

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Eleyna d'Yaincre
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Mittwoch 15. Januar 2025, 12:13

Eleyna’s Welt war stets von Verrat und Betrug geprägt. Sie wurde auf das Schlimmste im Unklaren gelassen. Und daraus entwickelte sich eine Seele, die im Grunde nur Leben wollte, aber sich selbst schützen musste. Und sich deshalb hinter einer Barriere verkroch, damit niemand an die empfindlichen Gefühle kam. Skýler hatte sich jedoch als hartnäckig entpuppt. Und im Grunde hatte er von Anfang an sehr leichtes Spiel gehabt. Eleyna war in einem schlechten Zustand gewesen, als sie sich so unverhofft begegneten. Und er hatte durch seine Vehemenz auf groteske Weise Vertrauen geschaffen. Bis hin, dass sie ihm eine Seite an sich zeigte, die sie längst tief in sich vergraben hatte. Als sie versuchte ihm ein Lächeln zu entlocken, um seine Ernsthaftigkeit auf die Probe zu stellen. Als sie erkannte, dass er in einem ähnlichen Zustand der Distanz war, wie sie. Da wollte sie ihn hervorlocken, ihm zeigen, dass das Leben durchaus lebenswert sein konnte und man sich von seinen Fesseln – egal welcher Natur – lösen konnte. Eleyna öffnete sich in dem Glauben, einen Mann vor sich zu haben, der nichts von ihrer Welt wusste. Nachdem sie dann auf niederschmetternde Art und Weise herausfinden musste, dass er sehr wohl wusste, wer sie war und welches Leben sie führte – es ja gar selbst führte! -, da war der Verrat so groß und doch… Eleyna hatte keine Lust mehr auf ewig davonzulaufen. Ihr Plan sah vor, direkt in die Höhle der Löwin zu gehen und sich ihr zu stellen. Als Tochter der Spinne konnte nur sie das bewerkstelligen. Sie würde an sie herankommen können und… es beenden. Und Skýler war längst zu jemandem geworden, der sich als verlässlich herausstellte. Auf den sie sich verlassen ‚wollte‘ ! Eleyna suchte ihr ganzes Leben nach Beständigkeit und vielleicht fand sie sie auf den letzten Metern ihres Lebens mit Sky. Sie würde dieses Gefühl in ihrem Innern, dessen Bedeutung sie noch nicht benennen konnte, nicht einfach ziehenlassen.
Sie würde es bewahren, hegen und pflegen und womöglich entwickelte sich daraus etwas, das sich später als lohnenswert herausstellte. Im Grunde suchte ihre Seele nach Wärme und Zuwendung, während die Welt sich nicht für sie verändern konnte. Sie würde stets auf der Flucht sein, bis sie endlich der Organisation ihrer Mutter den Kopf abgetrennt hätte. Man schwächte nicht nur die Seitenarme… aber schlug der gesamten Unternehmung den Kopf ab, damit alles andere sich von selbst auflöste. Eleyna war dabei nicht so naiv zu glauben, dass sich nicht neue Köpfe erheben würden, aber… es wäre nicht länger der Kopf ihrer Mutter. Und sie hätte für all die Gräultaten bezahlt. Davon rückte die Halbelfe auch nicht ab. Auch nicht für Skýler. Sie ließ sich lediglich darauf ein, in ihm eine Hilfe zu sehen, die sie auf mögliche, übersehene Gefahren hinwies. Und es war richtig, sich einen Moment zu verbergen, bis sie einen wirklichen Plan hatten. Im Dorf Neryan gingen sie eine Zwangspause ein. Und auch Eleyna spürte, wie gut es ihr tat, dass sie durchatmen konnten. Die letzten Wochen waren weit mehr Reise und Überleben gewesen als alles andere. Und jetzt, im Schein des Feuers, im Knacken der Scheite, da hatte sie endlich wieder Zeit ihn richtig anzusehen. Sie sah ihn. Nachdem er ihr anvertraut hatte, dass ihn diese Umgebung eben doch an seine Vergangenheit erinnerte, versuchte sie es ihm leichter zu machen, mit einer kleinen, frechen Antwort und er lachte leise, was ihr durchaus gut gefiel. Eleyna musterte ihn dabei mit Wärme. „Mir fällt kein Gegenargument ein!“ Sie nickte, als hätte sie es geahnt. „Weiß ich!“, schmunzelte sie und ließ sich umarmen. Es war ein stummes Zustimmen der herrschenden Gefühle und Skýler versuchte sich dann noch mal im Themenwechsel.

Eleyna aber wollte nun nicht wieder die nächste Planung vorantreiben. Sie hatte jetzt auf anderes Lust und für ein paar Stunden, die sie seit Wochen nicht mehr gehabt hatten, wollte sie vergessen, was sie früher oder später ohnehin wieder zu tun hatten. Eleyna löste sich nach dem innigen Kuss und zog ihn mit sich auf das Lager. Warum es sich nicht bequem machen? Als er nach dem Entkorken fragte, schaute sie sich um. Sie erhob sich noch mal, ging dann schließlich zum Tresen des einstigen Ladens und kramte in einigen verstaubten Schubladen. Sie fand tatsächlich etwas, mit dem sie zurückkehrte und sich dicht an Sky heransetzte, ohne ihn in seinem Freiraum einengen zu wollen. Sie nahm ihm die Flasche aus der Hand, setzte den Korkenzieher an und begann zu drehen. Dabei glitt ihr Blick nicht nur einmal zu ihm, tastete seine Erscheinung ab und erkannte auch die deutlichen Anzeichen dieser Zweisamkeit. Sie lächelte offen und widmete sich wieder dem Wein, bevor der Korken endlich heraus war. Eleyna hob die Flasche an ihre Nase und sog das Aroma ein, bevor sie Sky die Flasche hinhielt, dass er sie greifen konnte. Erst dann erhob sie sich wieder, ging zurück zum Tresen und suchte auch jetzt wieder alles ab. Doch sie kam mit nichts zurück. „Keine Becher“, zuckte sie die Schultern und setzte sich erneut hin. „Also dann, du darfst als erstes!“, forderte sie ihn auf, von dem Wein zu trinken. Bevor auch sie einen Schluck nahm. „Wäre die Situation anders… und die Spinne hätte nichts mit dir zu tun, was würdest du in deinem Leben tun wollen?“ Sie setzte die Flasche ab und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen, ehe sie den Blick nachdenklich zur Seite wandte. „Ich gebe zu, dass ich mir oft vorstelle, wie es wäre. Aber ich kann diese alternative Zukunft für mich nicht mehr sehen…“, überlegte sie. Ihr Leben war davon bestimmt gewesen. Sie trank erneut. Die Frage war aufwühlend, weil sie sich unweigerlich mit ihrem Schicksal beschäftigen musste.
Eleyna reichte Sky die Flasche, falls er noch wollte, bevor sie zum Feuer blickte. „Ich denke ich wäre in Andunie gewesen… ich hätte dort auf einem Schiff angeheuert und wäre zur See gefahren… Hätte vielleicht ein Kommando übernommen oder wäre unter jemandem gesegelt, dem ich folgen würde.“, sie lächelte leicht und schaute zurück in das Gesicht des Mischlings. „ich hätte dort ein kleines Haus… vielleicht zwölf Hunde“, sie lachte und winkte ab. Ihr Gesicht wurde ernst, ihr Blick verlor sich etwas. „Hätte eine Familie… Wir würden uns jede Woche treffen, gemeinsam kochen. Wir würden einen Spaziergang durch die Apfelhaine machen, Äpfel pflücken und Kuchen daraus machen… dann würden wir am Kamin sitzen und Geschichten erzählen…“, Eleyna versank einen Moment in der Vorstellung, ehe sie den Kopf schüttelte und zurückkehrte. Sie wandte den Blick zu Sky zurück. „Kitschig, nicht wahr? Und unvorstellbar, wenn wir ehrlich sind. Ich bin wohl doch eher die Piratin, die Abenteuer erlebt und Schätze birgt!“, witzelte sie und versuchte zu überspielen, dass es sie traurig machte, dass sie nie diese Chancen haben würde. Skýler durfte sich nicht der Illusion hingeben, dass sie für sich inzwischen etwas anderes sah als ihr unweigerliches Ende. Es dauerte nun nur etwas länger, weil er an ihre Seite getreten war. Eleyna hielt lange ihren Blick auf ihn.

Sie würde die Flasche wegstellen, sollte er sie nicht haben und sich dann vor ihm hinknien. Sie griff an sein Hemd, löste langsam die Schnürung und öffnete es etwas am Hals, um mit sanften Fingern darüber zu streicheln. „Und du?“, fragte sie zurück, ehe sie sich etwas vorlehnte, um ihm sanfte Küsse über die Haut zu jagen. Sollte er ihr etwas Platz einräumen, würde sie sich dicht an ihn setzen, zwischen seine Beine oder gar auf seinen Schoß, damit sie seine Haut sanft und zärtlich verwöhnen könnte. Eleyna zeigte auch Skýler, dass sie seine Nähe nicht aufgrund von körperlicher Befriedigung suchte. Sie suchte sie, weil sie sich wohlfühlte bei ihm, weil etwas in ihr gemeinsam mit ihm schwingen wollte. Weil sie sich zu ihm auf eine Weise hingezogen fühlte, die ihr das Gefühl gab, ganz offen mit ihm umgehen zu können. Als sie den Blick in seine Augen hob, lächelte sie leicht und doch lag eine gewisse Ernsthaftigkeit darin. „Auch wenn wir uns noch nicht so lange kennen, möchte ich, dass du weißt, dass ich nicht zulassen kann, dass dir etwas geschieht. Daran hat sich nichts geändert“, erinnerte sie noch mal an ihr Drängen, dass er gehen sollte, damit er in Sicherheit war, bevor sie wusste, wer er war. „Ich würde es mir nie verzeihen können, wenn dir etwas geschieht, weil … du mich kennst!“, sprach sie und hielt ihn auf, sollte er einen Einwand vorbringen wollen. „Nein, warte – ich… es ist wichtig, hörst du?“, sie sprach leise. Es war für sie zwei bestimmt, die hier endlich einen Moment der Intimität hatten. Sie streichelte sein Kinn, fuhr mit dem Zeigefinger leicht über seine Lippen, die sie gerne küsste. „Ich könnte nicht ertragen, wenn du auch noch dieser… Person zum Opfer fallen würdest.“, murmelte sie und neigte sich vor, um ihn zu küssen. Eleyna schloss die Augen dabei, sodass sich das Gefühl, das sie in diesem Moment hatte, auch in die Zärtlichkeit hineinlegen konnte. Skýler musste verstehen, wie sie empfand. Und dass es ihr Ernst war, dass sie ihn nicht in Gefahr bringen wollte, als diese gemeinsame Reise ohnehin schon für ihn bedeutete. Ohne, dass sie damit sein Können schmälerte oder untergrub.

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Skýler Fiórge Zhèkkra
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Skýler Fiórge Zhèkkra » Freitag 24. Januar 2025, 17:58

In Skýlers Leben war es nur mit einer Person gut für ihn gewesen. Doch mit dem Tod seiner Mutter hatte man ihm auch das bisschen Glück genommen, dass er in den gemeinsamen Momenten geschenkt bekommen hatte. Danach hatte Krazhian ihm auch den letzten Funken Selbstbestimmung genommen und aus dem so schon verunsicherten Jungen, der im Leben keinen Platz gefunden hatte, die perfekte Marionette gemacht. Und doch war es diesem schlussendlich nie geglückt den Funken an Skýlers Persönlichkeit, den er bei Tiandara hatte bilden können, für alle Zeiten zu unterdrücken. So war er schlussendlich zu dem Mann geworden, der er heute eben war. Weder gut, noch wirklich böse!
Tatsächlich hatte der Mischling es selbst nicht erwartet, dass ihn diese Mission dazu bringen würde, ernsthaft Verrat an der Organisation zu begehen. Immerhin war er bis dahin stets gehorsam, erfolgreich und auch nicht zimperlich gewesen. Doch bei Eleyna war es ihm unmöglich geworden wie immer zu agieren. Schon davor hatte er zwar gewisse Nachsichten gezeigt – besonders Frauen gegenüber, aber am Schluss war Befehl Befehl gewesen und wenn man ihm den Tod einer Person in Auftrag gegeben hatte, befand sich diese am Ende des Tages nicht mehr unter den Lebenden. Da war es nur ein schwacher Trost, dass er das Ende kurz und möglichst schmerzlos gestaltet hatte, wenn er diese Person selbst am liebsten verschont hätte.
Der Gedanke Eleyna auszuliefern war ihm in den vergangenen Tagen immer unmöglicher geworden und mittlerweile wusste Ský, dass er sie nicht im Stich lassen würde, selbst wenn es ihn sein Leben kosten würde.
Woran das lag, wusste er selbst nicht genau. Immer, wenn er sie ansah fühlte er sich besser – im Leben lebendig, was vielleicht für die meisten Ohren selbstredend klang, doch in Skýlers Fall eine echte Ausnahme wahr. Manche lebten zwar, aber sie fühlten dabei kein Leben. Eleyna schenkte ihm eben dieses Gefühl des Lebens, auch wenn ihr Schicksal selbst alles andere als fröhlich auszusehen schien. Vielleicht wollte er sie deshalb beschützen. Vielleicht besaß er aber auch mehr, als nur einen Grund.

In der Hütte bekamen sie die Gelegenheit die Bedrohung, die tagtäglich gegenwärtig für sie war, zu verdrängen. Neryan bot für eine kurze Weile Schutz und Sicherheit und Skýler war im Grunde dankbar darüber, auch wenn ihn die vertraute Umgebung, gefüllt von all den Kindheitserinnerungen, natürlich nicht kaltließ. Gleichzeitig konnte er besser damit umgehen, als er bei ihrer Ankunft vermutet hatte.

Als Eleyna mit dem Flaschenöffner zurückkehrte und sich dicht an ihn heransetzte, sah er ihr zu, wie sie die Flasche entkorkte. Da sie keine Becher finden konnten nahm er tatsächlich einen ersten Schluck, nachdem sie ihm diesen anbot und leckte sich danach kurz über die Lippen. Der Wein war gut und konnte durchaus dazu beitragen ihnen den Abend ein wenig zu versüßen!
Ský wog dennoch nur leicht mit dem Kopf, ehe er nickte und dann die Flasche der Halbelfe reichte, damit auch sie probieren konnte. Dabei beobachtete er sie und sprach eine Frage aus, die ihn plötzlich beschäftigte – die vielleicht auch von der Umgebung verursacht wurde:
„Wäre die Situation anders… und die Spinne hätte nichts mit dir zu tun, was würdest du in deinem Leben tun wollen?“ Er wusste, dass es keine einfache Frage war, aber die Antwort interessierte ihn wirklich. Zu wissen, was in ihrem Kopf vor sich ging, was sie dachte, sich wünschte… das alles waren Dinge, die er wissen und über sie kennenlernen wollte. Daher ruhte nun auch sein grauer Blick ruhig, aber durchaus neugierig abwartend auf ihrem Gesicht.
„Ich gebe zu, dass ich mir oft vorstelle, wie es wäre. Aber ich kann diese alternative Zukunft für mich nicht mehr sehen…“ Bei diesen Worten zogen sich seine Augenbrauen fast ein wenig enttäuscht zusammen, doch er verstand, wie es in ihr aussehen musste. Ihm ging es ja nicht viel besser und wäre die Situation umgekehrt, wüsste der Mischling vermutlich auch nicht direkt zu antworten.
„Mhm!“, gab er einen akzeptierenden Laut von sich, ehe er die Flasche erneut ergriff und ein paar Schlucke hintereinander trank. Dass Eleyna dann doch noch eine Antwort fand, überraschte ihn kurz, doch lauschte er dann ihren Vorstellungen.
„Ich denke ich wäre in Andunie gewesen… ich hätte dort auf einem Schiff angeheuert und wäre zur See gefahren… Hätte vielleicht ein Kommando übernommen oder wäre unter jemandem gesegelt, dem ich folgen würde.“
„Ein Schiff?“, fragte er mit einem gewissen Unbehagen nach, denn für ihn war die Vorstellung ein Leben auf See führen zu müssen einfach nur Grauenerregend. Ob das an dem Waldelfen-Anteil in ihm lag – er hasste Schiffsreisen und konnte selbst nach all den Jahrzehnten seine Seekrankheit nie überwinden. Von daher konnte er sich mit dieser Vorstellung von ihr nicht identifizieren. Aber sie gab ihm noch eine Alternative:
„Ich hätte dort ein kleines Haus… vielleicht zwölf Hunde. Hätte eine Familie… Wir würden uns jede Woche treffen, gemeinsam kochen. Wir würden einen Spaziergang durch die Apfelhaine machen, Äpfel pflücken und Kuchen daraus machen… dann würden wir am Kamin sitzen und Geschichten erzählen…“ Auch Skýlers Blick wurde ernster. Es fiel ihm nicht schwer sich Eleyna in genau diesem Leben vorzustellen, erwischte sich dabei … wie er sie in eben diesem auch beobachten und begleiten wollte. Doch war ihnen beiden klar, dass sie nur fantasierten… einer Traumperspektive nachhingen, die sie vielleicht niemals wirklich erleben könnten. Und doch, als Eleynas Blick den seinen traf und sie ihn „Kitschig, nicht wahr?, fragte, konnte er nicht anders, als mit dem Kopf zu schütteln. Doch bevor er Worte fand, die er ihr darauf sagen wollte, sprach sie auch weiter und verwarf weiter diese Traumvorstellung.
„Und unvorstellbar, wenn wir ehrlich sind. Ich bin wohl doch eher die Piratin, die Abenteuer erlebt und Schätze birgt!“ Wieder schüttelte er mit dem Kopf, griff dabei aber auch ihre Hand und drückte sie leicht.
„Nein… ich kann mir dich als Piratin weit schlechter vorstellen! Auch, wenn du Minx und Bolte erfolgreich die Stirn geboten hast!“ Er hob die andere Hand, strich ihr eine der dunklen Strähnen hinters Ohr und lächelte dann sanft.
„Ich würde dir genau solch ein Leben wünschen – bei den Apfelplantagen, bei deiner Familie und umringt von zwölf Hunden, obwohl ich mir vorstellen kann, dass das ganz schön laut werden könnte.“ Sein Blick verriet, dass er diese Worte ernst meinte und es bedauerte, dass er ihr dieses Leben vermutlich nicht ermöglichen könnte. Doch genau das war es, was er sich innerlich wünschte – ihr dieses Leben irgendwie möglich zu machen!
Seine Finger strichen der Strähne nach, ehe er sie durch ihr Haar zu ihrem Nacken gleiten ließ, wo seine Hand verweilte. Sky würde ihr zu gerne Mut zusprechen, aber er konnte diese Worte nicht über die Lippen bringen, wenn er ihr dadurch vielleicht nur falsche Hoffnungen machte. Er kannte die Organisation so gut, wie sie selbst und wusste, wie klein die Wahrscheinlichkeit war, dass sie eines Tages wirklich frei und selbstbestimmt leben könnten.
Als Eleyna die Flasche wegstellte und sich vor ihn schob um vor ihm zu knien, richtete er sich etwas mehr auf, um sich ihr entgegen zu lehnen. Die Stimmung begann zu kippen … als der Mischling spürte, wie ihre Finger erst die Schnürung seines Hemdes öffneten und dann über seine Haut am Hals strichen.
„Und du?“, hörte er Eleyna fragen, spürte dann ihre Lippen mit sanften Küssen an seiner Haut, die ihm wohlige Schauer auf dem Körper bescherten. Er ließ seine Hände zu ihrem Rücken wandern und zog sie an sich – in eine Umarmung, mit der er sie geradezu behutsam an sich drückte. Wenn Eleyna wollte, könnte sie sich so auf seinen Schoß setzen.
Für einen Moment schien es so, als würde er die Frage unbeantwortet lassen, doch dann lehnte er seinen Kopf an ihre Schulter und schloss die Augen.
„Ich glaube wäre ich Krazhian niemals begegnet… wäre mein Leben auf eine andere Weise schlecht verlaufen!“ Es waren wahrscheinlich nicht die Worte, die sie erwartet hatte zu hören. Aber es war tatsächlich das, was er wirklich glaubte.
„In Neryan war ich durch meinen Großvater verhasst … oder weitgehend unbeliebt. Niemand wollte sich für mich einsetzen, deshalb war ich auf dem Weg zu meinem Vater, als das alles… passiert war. Aber was glaubst du hätte ich in Morgeria gefunden?“ Ein selbstironisches Lächeln spannte seine Lippen und er sah wieder auf.
„Sicher nicht die Bestätigung meiner kindlichen Hoffnung, dass der Grund der eigenen Existenz Liebe und nicht der eines Gewaltakts war!“ Den Atem langsam, aber hörbar herauslassend, schüttelte er mit dem Kopf. „Was das angeht hatte ich nie eine wirkliche Chance auf Änderung!“ Sein Griff um ihre Taille wurde etwas fester und er suchte ganz offen nach ihrer Nähe - begann ihren Hals zu küssen.
„Deshalb hing ich mehr den Gedanken nach, wie ich leben wollen würde, wenn ich es mir aussuchen könnte. Ein Revolutionär, der sich gegen die Unterdrückung und für die Gleichstellung der Mischlinge einsetzt, aber …ob das zu mir passt?! Ich weiß ja nicht…“ Den Blick hebend sah er sie an und lächelte leicht – wieder etwas selbstironisch. Dann wurde sein Blick ernster, sehnsüchtiger. Und seine Finger strichen unter ihr Hemd, berührten die warme Haut am Rücken und streichelten sie. In seinen grauen Augen war abzulesen, dass er über etwas nachdachte, doch bevor er diese Gedanken in Worte umwandeln konnte, ergriff Eleyna wieder das Wort:
„Auch wenn wir uns noch nicht so lange kennen, möchte ich, dass du weißt, dass ich nicht zulassen kann, dass dir etwas geschieht. Daran hat sich nichts geändert. Ich würde es mir nie verzeihen können, wenn dir etwas geschieht, weil … du mich kennst!“ Wie die Halbelfe richtig vermutete, schmeckte es Ský nicht besonders diese Worte zu hören. Sein Blick verzog sich unwillig, während er Blickkontakt zu ihr suchte. Sein Mund öffnete sich bereits für einen Einwand, doch wieder war sie schneller und stoppte ihn.
„Nein, warte – ich… es ist wichtig, hörst du?“
Noch immer sah Skýler ernst und unwillig drein, aber er verstand, dass es für sie wichtig war, das auszusprechen. Daher schloss er den Mund wieder und lauschte ihren Worten, während ihre Finger viel zu sanft über sein Kinn strichten, als dass er nicht verstehen könnte, dass auch er begann ihr etwas zu bedeuten.
„Ich könnte nicht ertragen, wenn du auch noch dieser… Person zum Opfer fallen würdest.“
Diese Worte bestätigten es und diese Erkenntnis traf ihn stärker, als er es vermutet hätte. Seine stets ruhige Maske zerbröckelte langsam, so dass Eleyna wahrlich sehen konnte, dass ihre Worte ihn getroffen hatten – in einer unerwarteten aber schönen Weise!
Etwas langsam erwiderte er den Kuss. Nicht, weil er zögerte, sondern weil der Gedanke, dass er jemandem wirklich etwas bedeuten könnte, fremd und ungewohnt war. Gleichzeitig war es natürlich ein Gefühl, nach dem er sich stets gesehnt hatte.
Der Mischling beugte sich mit ihr vor, legte Eleyna so auf der Decke am Boden ab und stützte sich über sie, ohne den Kuss, der langsam immer inniger wurde, zu unterbrechen. Sein Herz machte einen Sprung… dann noch einen! Dann hielt er inne und beendete den Kuss, indem er seine Lippen zärtlich etwas länger gegen ihre drückte. Mit den Armen stützte er sich etwas stärker ab, so dass etwas mehr Distanz zu ihren Gesichtern entstand, wodurch er sie besser ansehen konnte.
„Eleyna…!“, begann er und sein Sturmgrau tastete dabei ihr Gesicht ab. „Es tut mir leid! Aber da es mir mit dir genauso geht, werden wir uns da wohl nicht einig. Ich verlasse deine Seite nicht und werde alles dafür tun, dass du sicher nach Andunie … oder wohin es dich auch immer ziehen mag, gehen kannst, um das Leben zu führen, das du wirklich verdient hast!“ Er legte ihr einen Finger auf die Lippen, falls sie nun ihrerseits Einspruch einlegen wollte.
„Vergiss nicht, dass wir beide Sturköpfe sind! Und ich war immer und werde immer ein Schatten sein. Aber wenn du mir die Wahl zugestehst, was sonst niemand zuvor getan hat, lass mich deiner sein! Wir hängen beide im Netz und bisher dachte ich, dass ich diesem nie entkommen könnte. Aber durch dich… ändert sich das! Deshalb lass uns das gemeinsam machen – gemeinsam kämpfen. Ich will dich beschützen, verstehst du? Nimm mir das nicht weg…! Im Gegenzug passe ich auch auf mich auf!“ Langsam zog er den Finger von ihren Lippen. Wieder musterte er ihren Ausdruck, die blauen Augen.
„Ich werde den Weg mit dir gehen – egal, wie er endet! Es ist das, was ich für mein Leben will und mir ausgesucht habe! Weil ich es auch nicht ertragen könnte, wenn dir etwas geschieht!“ Jedes Wort kam wirklich aus Skýlers Seele und spiegelte das wieder, was er wirklich für sich gewählt hatte und ihr gegenüber empfand. Er verstand, dass es Eleyna vielleicht nicht gefallen würde, wenn sie wirklich um ihn besorgt war, aber … würde sie verstehen und es akzeptieren können, dass es wirklich das war, was er wollte? Eleyna bedeutete ihm mittlerweile mehr, als sie wahrscheinlich erkennen würde und er selbst überhaupt verstand. Aber es war so... und das würde sich auch nicht ändern.

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Eleyna d'Yaincre
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Sonntag 26. Januar 2025, 09:50

Vielleicht war sie wieder einmal zu vorschnell, zu eilig in dem, was sie sich zugestand. Eleyna verfolgte ein Muster und bemerkte es nicht. Ihre Vergangenheit machte es ihr schwer, nicht nach jeder Zuwendung zu greifen, die sich ihr bot. Und immer wieder lief sie hinein in das Desaster, das am Ende auf sie wartete. Vermutlich war das auch der größte Schaden, den ihre Mutter an ihr angerichtet hatte. Nicht die Spionage, nicht die gefährlichen Aufträge oder, dass sie sie ihr Leben lang belogen hatte. Es war das ewige Scheitern in dem Versuch sich ein Leben aufzubauen, das sie sich erträumte. Damals in Sarma lernte sie, dass Gefühle in ihrem Metier Fehl am Platz waren. Sie lernte es auf grausame Weise und die Zeichen trug sie noch heute offen für jedes Auge auf ihrer Haut. Und trotzdem gab es Arrond, dem sie zwar nie nahegekommen war im körperlichen Sinne, und doch viel für ihn empfunden hatte. Sie hatten lediglich den nächsten Schritt aufgrund der nötigen Professionalität und der Gefahr des Auffliegens nicht gewagt. Und der sie am Ende behandelt hatte, als wäre das alles nichts wert gewesen. Der Bruch war vielleicht nötig gewesen, vielleicht wollte er ihr nur helfen. Doch Eleyna dachte in ruhigen Momenten viel darüber nach und musste sich eingestehen, dass es womöglich alles von Laogh ausging. Einem Spion, dem sie zwar durchaus verfallen war aber der auch Besitzansprüche gestellt hatte, die ihr letztendlich zum Nachteil gereichten. Er mochte etwas für sie empfunden haben, das konnte sie nicht mehr verifizieren. Aber er hatte auch dafür gesorgt, dass sie von ihm abhängig war und nur auf ihn allein vertrauen konnte. War das gesund? Ganz sicher nicht. Eleyna erkannte es mit jedem Meter Abstand zu allem. Ja, er hatte ihr eine Familie beschert aber zu welchem Zeitpunkt? Sie waren in Gefahr geraten, weil sie noch lange nicht frei war. Er hatte mit ihrem Auftauchen alle dem Tode geweiht, sollte die Spinne jemals erfahren, dass dort die Familie ihres Vaters lebte. Eleyna konnte nicht zu ihnen zurück und das vergrößerte nur das Loch der Einsamkeit. Und nun? Nun saß sie hier mit Skýler. Ihr Blick ruhte auf seinem Gesicht, während sie davon sprach, was sie sich für eine Zukunft ausgesucht hätte. Sie sprach von Schiffen und einem Leben als Piratin. Nach der Reaktion des Spion’s zu urteilen, war er kein Freund von einer Seefahrt und sie schmunzelte. Eleyna relativierte am Ende ihre Aussagen und machte deutlich, dass sie selbst nicht daran glaubte. Wobei ihre Wahlheimat Andunie durchaus real war.
„Nein… ich kann mir dich als Piratin weit schlechter vorstellen! Auch, wenn du Minx und Bolte erfolgreich die Stirn geboten hast!“ Sie lachte leise. „Ja, vielleicht…“, versuchte sie das Thema nicht weiter zu verfolgen. Es brachte nichts sich mit diesen Dingen zu quälen. Es würde nicht eintreten, das wusste sie schon lange. Egal, wo sie sein würde, wo sie auftauchte und sich womöglich niederlassen würde – niemand wäre in Sicherheit. Als er ihr in einer liebevollen Geste die Strähne aus dem Gesicht strich, blickte sie wieder auf in sein Gesicht. „Ich würde dir genau solch ein Leben wünschen – bei den Apfelplantagen, bei deiner Familie und umringt von zwölf Hunden, obwohl ich mir vorstellen kann, dass das ganz schön laut werden könnte.“ Erneut lächelte sie leicht. Dann aber schüttelte sie den Kopf. „Es ist nicht deine Aufgabe, dieses Leben für mich zu ermöglichen, Skýler. Aber… danke.“ Um dieses Thema nicht zu schwer werden zu lassen, stellte sie die Flasche weg und setzte sich dann vor ihn. Sie berührte ihn, begann seine Haut zu liebkosen, während sie ihm die Gegenfrage stellte. Ský hob sie auf den Schoß und sie setzte sich. „Ich glaube wäre ich Krazhian niemals begegnet… wäre mein Leben auf eine andere Weise schlecht verlaufen!“

Sie unterbrach kurz ihr Tun und blickte ihn abwartend an. „In Neryan war ich durch meinen Großvater verhasst … oder weitgehend unbeliebt. Niemand wollte sich für mich einsetzen, deshalb war ich auf dem Weg zu meinem Vater, als das alles… passiert war. Aber was glaubst du hätte ich in Morgeria gefunden? Sicher nicht die Bestätigung meiner kindlichen Hoffnung, dass der Grund der eigenen Existenz Liebe und nicht der eines Gewaltakts war! Was das angeht, hatte ich nie eine wirkliche Chance auf Änderung!“ „Weil sie dir nie eröffnet wurde…“, murmelte sie leise und betrachtete sein Gesicht lange. Sie legte ihm eine Hand an die Wange und streichelte sie. „Diese Möglichkeit hat man dir im vollen Bewusstsein verwehrt und Krazhian hat deine Ängste damals gezielt ausgenutzt.“, seufzte sie. „Deshalb hing ich mehr den Gedanken nach, wie ich leben wollen würde, wenn ich es mir aussuchen könnte. Ein Revolutionär, der sich gegen die Unterdrückung und für die Gleichstellung der Mischlinge einsetzt, aber …ob das zu mir passt?! Ich weiß ja nicht…“ Er streichelte sie, was ihr durchaus einen angenehmen Schauer bescherte. Sie verzog ihre Lippen zu einem Lächeln. „So richtig mit Reden schwingen und als Aufrührer in jeder Stadt angeprangert?“, sie schnalzte. „Schwer vorstellbar, wobei dich der Gedanke ehrt!“ Ihre Blicke trafen sich und er schien etwas auf dem Herzen zu haben, doch Eleyna war schneller. Auch sie wurde ernster, begann ihm zu sagen, dass sie nicht zulassen würde, dass ihm etwas passiert. Nicht wegen ihr. Und erwartungsgemäß gefiel ihm das weniger, doch damit konnte sie leben. In Eleyna wuchs eine Wahrheit, die mit ihren Worten immer mehr Substanz erhielt. Sie war schon wieder drauf und dran zu vorschnell zu sein, aber sie war eben doch auch sehr gefühlsbetont. Und Skýler war für sie nicht irgendjemand. Niemandem zuvor hatte sie so ehrlich über sich erzählt. Sollte er sie am Ende doch verraten oder gar seinen Auftrag ausführen, dann hatte sie es trotzdem versucht. Sollte sie ihrer Mutter die Genugtuung geben, dass sie aufhörte leben zu wollen? Wenigstens in der Zeit, die ihr bis zur Erfüllung ihres eigenen Auftrags blieb. Um ihre Worte nachdrücklich zu unterstreichen, lehnte sich Eleyna vor und küsste Ský. Er schien ein wenig mit ihren Worten zu hadern, doch sie wollte sich davon nicht verunsichern lassen. Nach einem Moment des Zögerns aber, legte Skýler sie auf die Decke und stützte sich über sie ab. Eleyna öffnete ihre Augen und musterte das Gesicht des Mischlings.
„Eleyna…! Es tut mir leid! Aber da es mir mit dir genauso geht, werden wir uns da wohl nicht einig. Ich verlasse deine Seite nicht und werde alles dafür tun, dass du sicher nach Andunie … oder wohin es dich auch immer ziehen mag, gehen kannst, um das Leben zu führen, das du wirklich verdient hast!“ Sie holte Luft, weil sie ihm klar machen wollte, dass die das gar nicht für sich glaubte, doch nun war er es, der sie aufhielt. „Vergiss nicht, dass wir beide Sturköpfe sind! Und ich war immer und werde immer ein Schatten sein. Aber wenn du mir die Wahl zugestehst, was sonst niemand zuvor getan hat, lass mich deiner sein! Wir hängen beide im Netz und bisher dachte ich, dass ich diesem nie entkommen könnte. Aber durch dich… ändert sich das! Deshalb lass uns das gemeinsam machen – gemeinsam kämpfen. Ich will dich beschützen, verstehst du? Nimm mir das nicht weg…! Im Gegenzug passe ich auch auf mich auf!“ Eleyna blieb bei seinen Worten nichts anderes übrig, als ihn anzusehen und seinen Blick zu erwidern. Sie wurde ganz ruhig unter seinem Blick und in ihr Blau trat ein Ausdruck, der nicht klar zu definieren war. „Ich werde den Weg mit dir gehen – egal, wie er endet! Es ist das, was ich für mein Leben will und mir ausgesucht habe! Weil ich es auch nicht ertragen könnte, wenn dir etwas geschieht!“ Stille. Eleyna konnte nicht anders als ihn anzusehen. Die Worte standen zwischen ihnen, hingen in der Luft wie die Siegel eines Magiers. Etwas änderte sich für sie noch einmal erheblich. Eleyna verstand in dem Moment, wie ernst er es meinte. Sie verstand, dass es sein Wille war und er nicht aus einem irrigen Glauben heraus meinte, sie retten zu müssen.

Die Halbelfe schluckte. Dann zitterte ihr Blick und sie blinzelte, um die Stärke nicht zu verlieren. Ihr Mund war ganz trocken, während sie trotz seiner Nähe und Wärme fröstelte. Einen Moment war nicht klar, was sie nun tun würde, doch als sie den Blick wieder in seine Augen hob, war er entschlossen, klar und … voller Wärme. „Dann lass uns nur das eine versprechen“, begann sie, als sie ihre Finger um sein Hemd schloss, damit er ihr noch näherkommen konnte, indem sie leicht daran zog, „Wir passen aufeinander auf. Keine Alleingänge. Wir vertrauen uns. Ich dir und… du mir?“, fragte sie noch einmal unsicher, ehe sie ihm aber ihren Kopf entgegenreckte. „Und wenn einer von uns es… nicht schafft – dann versprechen wir uns jetzt und hier, dass der andere das Leben lebt, das er sich erträumt!“, verlangte sie mit Nachdruck. „Versprich mir, dass du ein Leben für dich findest, sollte das hier am Ende nicht gut ausgehen!“, wollte sie ihm abverlangen. Sie wusste, sie hatte kein Recht dazu, aber Eleyna brauchte das. Damit sie akzeptieren konnte, dass er sich an ihrer Seite in Gefahr begab. In ernsthafte Gefahr. „Allerdings… kannst du nicht mein Schatten sein“, sagte sie plötzlich und schluckte erneut. Die Worte waren nicht leicht. Eleyna ließ die Pause geschehen, bevor sie weitersprach. „Du bleibst an meiner Seite. Nicht dahinter, nicht versteckt. Du… bist wichtig Skýler. Mir bist du wichtig. Und deshalb möchte ich, dass wir uns gemeinsam eine Perspektive erschaffen. Dass wir gemeinsam dieses Wagnis eingehen und… im aller besten Fall gemeinsam siegen. Das ist nicht länger mein alleiniger Auftrag. Nicht mein Rachefeldzug. Es ist die nötige Konsequenz daraus, dass wir nicht länger unterdrückt und im Schatten leben wollen. Es ist nötig. Aber für uns beide. Gemeinsam!“, sagte sie und schloss ihn gleichberechtigt in das Unterfangen ein. Fortan war es nicht Eleyna gegen ihre Mutter. Fortan waren es Skýler und Eleyna – für den Fall der Spinne!

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Skýler Fiórge Zhèkkra
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Skýler Fiórge Zhèkkra » Freitag 7. Februar 2025, 22:34

Manchmal musste man durch viele harte Prüfungen im Leben gehen, Enttäuschungen akzeptieren und Verrat ertragen, bevor sich das Schicksal zumindest dahingehend gnädig zeigte, zwei solcher Seelen miteinander zu verbinden, so dass sie sich gegenseitig stützen konnten.
Eleyna hatte viele solcher Schläge im Leben wegstecken müssen und wäre nicht nur einmal beinahe daran zerbrochen. Doch ihre Stärke war der immer wiederkehrende und nicht im Keim zu erstickende Glaube an das Gute! Skýler hatte erkannt, dass sie sich zwar auch Glück für sich selber wünschte, doch dass es ihr wichtiger war, dass andere nicht das erleiden mussten, was sie hatte durchmachen müssen.
Vielleicht lag es daran, dass er ähnliches erlebt hatte und sie beide mit denselben Fäden verheddert waren, die wie Ketten gleich, ihre Freiheit verhinderten und keine Hoffnung an eine wirkliche und selbstbestimmte Zukunft zuließen. Eleyna hatte beschlossen diesen Weg bis zum Ende zu gehen! Sie wollte ihr Leben geben, wenn es sein musste, um die Unterdrückung und all das Leid zu beenden, das durch ihre Mutter in Celcia verbreitet wurde. Das war auch der Grund, wieso sie Ský nicht wirklich dahin mitnehmen wollte. Sie wollte für ihn besseres! Doch genauso empfand auch er und das machte er ihr gerade bewusst!
Für den Mischling war dieses Gespräch sehr wichtig. Es lag nicht allein an den liebevollen kleinen Gesten, die sie miteinander austauschten. Er nutzte die Gelegenheit ihr bei ihrem Gespräch deutlich zu machen, dass er sich für ein Leben an ihrer Seite entschieden hatte. Dass ihm bewusst war, dass er dabei sein Leben lassen könnte – aber all das schien ihm sein Wunsch wert zu sein, für ihr Vorhaben und ihre Ansichten einzustehen und sie beschützen zu wollen.
Die Aussage, dass er ein Schatten war, bezog sich nicht alleine darauf, dass er stets im Hintergrund agierte und wenig Freiraum auf der Bühne seines eigenen Lebens besaß. Das war etwas, was er nicht nur gewohnt war, sondern auch wirklich lebte. Er wollte dies nur für jemand sein, der es ihm wert war und den er selbst gewählt hatte! Und das war die mutige Halbelfe mit den hellblauen Augen.
Da sie nicht wissen konnte, wie er ehrlich für sie empfand oder über sie dachte, war es nicht verwunderlich, dass sie von ihm gewisse Auflagen und Bitten abverlangte. Eleyna offenbarte ihm, dass er ihr viel bedeutete. Sie respektierte ihn und sein Leben und wollte auch nur Gutes für ihn.
„Dann lass uns nur das eine versprechen. Wir passen aufeinander auf. Keine Alleingänge. Wir vertrauen uns. Ich dir und… du mir?“ Er nickte ohne zu zögern, denn er vertraute ihr wirklich und wusste, dass sie eine fähige Spionin war, die ebenso wie er viel erreichen konnte und auch Erfahrung im Leben aufwies.
„Und wenn einer von uns es… nicht schafft – dann versprechen wir uns jetzt und hier, dass der andere das Leben lebt, das er sich erträumt! Versprich mir, dass du ein Leben für dich findest, sollte das hier am Ende nicht gut ausgehen!“ Sein Griff um ihre Taille wurde etwas kräftiger bei diesen Worten und er drückte sie dabei enger an sich. Dieses Versprechen schien er ihr nicht so bereitwillig geben zu wollen, wie das davor. Er sah ihr lange und in ihrem Blick suchend in die blauen Augen. Ein unbewusstes, sachtes Kopfschütteln begleitete seinen ernsten Ausdruck.
„Ich weiß nicht, ob ich das im Falle der Fälle könnte.“, gab er dann zu, beugte sich vor und stahl ihr einen sanften Kuss, ehe er seine Stirn an ihre lehnte und die Augen schloss.
„Ich werde alles dafür tun, dass du es schaffst, Eleyna! Doch sollte ich versagen… verspreche ich dir dein Ziel weiterzuverfolgen, damit nicht noch mehr Leben im Netz verenden. Was danach kommen sollte, sollte ich das dann überleben… weiß ich nicht und ich habe dir versprochen dich nie wieder anzulügen!“ Seine Worte beschrieben einen Teil dessen, was er damit meinte ein Schatten zu sein. Skýler hatte in Eleyna jemanden gefunden, für den er seine eigene, normal stets an erster Stelle stehende Sicherheit, aufgeben würde. Er war nicht jemand, der im Fokus stehen musste – auch nicht in seinem eigenen Leben, was auch nicht bedeuten musste, dass er all seine Bedürfnisse hinter ihre stellen würde. Es war mehr so, dass sie für ihn das Licht wurde, das seinen Schatten größer werden ließ. Er war zufrieden, wenn er sein Leben nach ihrem ausrichten konnte. Daher öffnete er bei ihren nächsten Worten auch nur die Augen und sah sie mit einem, für seine Verhältnisse, unglaublich warmen Blick an, der ihr eigentlich verraten könnte, wie wichtig sie ihm war:
„Allerdings… kannst du nicht mein Schatten sein. Du bleibst an meiner Seite. Nicht dahinter, nicht versteckt. Du… bist wichtig Skýler. Mir bist du wichtig. Und deshalb möchte ich, dass wir uns gemeinsam eine Perspektive erschaffen. Dass wir gemeinsam dieses Wagnis eingehen und… im aller besten Fall gemeinsam siegen. Das ist nicht länger mein alleiniger Auftrag. Nicht mein Rachefeldzug. Es ist die nötige Konsequenz daraus, dass wir nicht länger unterdrückt und im Schatten leben wollen. Es ist nötig. Aber für uns beide. Gemeinsam!“
Er antwortete nicht sofort. Aber mit einem weiteren, sanften Kuss, schien er ihr für den Moment nachzugeben und zu akzeptieren. Es war ja nicht so, dass er ihr widersprach, nur war Skýler bereits klar, dass er sie niemals zurücklassen oder sterben lassen könnte. Wenn ihr Leben endete… glaubte er, dass auch das seine Enden würde. Dieses Empfinden von ihm war kompliziert und doch veränderte es für ihn sein Leben zum Besseren.
„Gemeinsam…!“, versprach er ihr dennoch, um sie nicht unsicher werden zu lassen. Seine Lippen fanden zu ihrem Hals, über dessen Haut er eine Spur sanfter und doch deutlich spürbarer Küsse zog.
„Sag… mir noch mal, dass ich dir wichtig bin!“, bat er mit einem leise fordernden und frechen Unterton. Da war es – er suchte sich schon Wege zu bekommen, was er wollte! Alleine, dass es er ihr viel bedeutete, bedeutete alles für ihn. Denn im Grunde war es das, wonach er sich stets gesehnt hatte: Wenigstens einer Seele auf dieser Welt wichtig zu sein! Und eben diese Seele würde immer mehr zu seinem Schatz! So war es im Grunde, wie er dachte und empfand.
Seine Hände strichen unter den Stoff ihres Oberteils, fuhren den warmen Rücken hinauf und schoben die lästige Bekleidung dabei mit sich immer höher. Als er dadurch ihre Brüste freilegte senkte er den Kopf und weitete seine Küsse nun in intimere Bereiche aus.
Eleyna konnte langsam spüren, dass auch sein Körper reagierte, denn unter ihr wurde er spürbar härter. Er liebkoste ihre Brüste und neckte ihre Knospen, bis sie sich ebenfalls härteten.
„Diese verdammte Reise…!“, murmelte er plötzlich, als er den Kopf hob und sie in einen tiefen Kuss zog. Seine Zunge eroberte den Zugang in ihren Mund und er ließ sich eine Weile Zeit, diesen Kuss einfach zu genießen.
„Das habe ich vermisst… wenn du wüssten, wie oft ich…“, Ský unterbrach sich und raufte sich mit einer Hand durch das rote Haar, weil er spürte, wie seine Sehnsucht die Überhand gewann. Er hatte sich tatsächlich nicht selten an ihre gemeinsame Nacht am Strand zurückerinnert und hatte nur aufgrund der Situationen seine Begierde ihr gegenüber zurückgehalten!
Sein silbergrauer Blick fand den ihren und suchte still nach Zustimmung. Und beim ersten Hinweis darauf, dass sie sich in seinen Armen fallen lassen würde, würde Ský sich nicht länger beherrschen können.
Er würde sie zurück auf das Lager betten, sie betrachten und sich seines lästigen Hemdes entledigen. Auch würde er die Enge in seiner Hose vermutlich nicht lange ertragen können, so dass er diese zumindest öffnen und sich dann zu ihr hinabbeugen würde um ihr einen Kuss zu klauen. Seine rechte Hand, griff dabei nach einer ihrer dunklen Strähnen, die er sich durch die Finger gleiten ließ.

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Eleyna d'Yaincre
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Re: Scherben der Vergangenheit

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Freitag 14. Februar 2025, 22:53

Eleyna war schon immer schnell gewesen, ihr Herz zu entdecken und jemanden hineinzulassen. Es war ein zweischneidiges Schwert, da sie so immer wieder Gefahr lief verraten zu werden und gleichzeitig war das ihr Anker, der sie von der endlosen Einsamkeit fernhielt. Sie bezahlte diesen Anker teuer und immer wieder aufs Neue, doch nun war sie hier und schien endlich jemanden gefunden zu haben, der ihre Zuneigung auch wert war. Eleyna nutzte diese Möglichkeit erneut für sich. Sie baute erneut ein Luftschloss, ohne zu wissen, ob es jemals einem Sturm standhalten würde. Die Halbelfe hatte sich aufgrund der Erlebnisse im Zusammenhang mit ihrer Mutter und Morgeria sehr stark an den Menschen orientiert und lebte mehr als jener, als als Elfe. Ihr Lebensweg war endlich, sie dachte nicht in den langen Bahnen, die ein elfisches Leben ihr bieten konnten. Sie dachte daran, das Leben zu leben, wollte Glück für sich und andere. Aber sie war auch impulsiv und schnellentschlossen. Skýler hatte wesentlich länger in dem Leben verbracht, das ihm ebenfalls andere auferlegt hatten. Und er hatte nie einen anderen Weg erkennen können, weil er nicht das hatte, was Eleyna besessen hatte: Eine Alternative. Die Halbelfe wollte jene Alternative für Sky sein und ihm aufzeigen, dass das Leben so viel mehr zu bieten hätte. Es war genau das, was sie heraufbeschwören wollte. Das Schicksal zu akzeptieren war nicht der einzige Weg. Man konnte sich dem entgegenstellen und eigene Entscheidungen treffen! Egal an welchem Punkt seines Lebens, egal unter welchen Umständen. Wenn es sich richtig anfühlte, dann war es das auch! Und Eleyna lebte bereits seit einer ganzen Weile mit dieser Erkenntnis. Deshalb fiel es ihr auch leichter, Skýler zu vertrauen, ihm diesen Platz in ihrem Herzen zuzugestehen. Sie konnte erkennen, dass er sich niemals davon abbringen lassen würde, an ihrer Seite zu stehen. Aber Eleyna brauchte weder einen Schatten noch jemanden, der bei dem Versuch, sie zu beschützen starb. Das konnte sie sich nicht aufs Gewissen laden, weshalb sie Sky nun den Vorschlag machte, dass sie gleichberechtigt, gemeinsam und zusammen diesen Weg gingen. Es war ihre Art zu sagen, dass sie nicht seine Kompassnadel sein musste, sondern sie den Weg gemeinsam herausfanden. Denn auch sie wollte nicht länger allein bleiben, auch wenn sie niemanden ihretwegen in Gefahr wissen wollte. Sky war fähig – mehr als das! – und deshalb verstand sie, dass er seine eigene Entscheidung diesbezüglich zu treffen hätte. Sie würde ihn noch immer nicht dieser immensen Gefahr ihrer Mutter auslassen, aber sie würde akzeptieren, wenn er helfen wollte. Sie wollte gegenseitiges Vertrauen und als er ohne zu zögern nickte, da huschte ein feines Lächeln durch die hellblauen Augen. Ferner brauchte sie die Gewissheit, dass er dem Weg weiter folgen würde, auch wenn sie selbst es nicht schaffte. Sie spürte den festen Griff um ihre Taille und richtete ihren Blick fest in seine Augen. Sie meinte es ernst. „Ich weiß nicht, ob ich das im Falle der Fälle könnte.“ Ihr Blick engte sich kurz, wurde aber durch seinen Kuss abgemildert. Als sie einander wieder ansahen, sah sie immer noch nicht ganz so zufrieden aus. „Ich werde alles dafür tun, dass du es schaffst, Eleyna! Doch sollte ich versagen… verspreche ich dir dein Ziel weiterzuverfolgen, damit nicht noch mehr Leben im Netz verenden. Was danach kommen sollte, sollte ich das dann überleben… weiß ich nicht und ich habe dir versprochen dich nie wieder anzulügen!“ Sie dachte über die Worte nach und brach den Blickkontakt zu ihm ab. Dann aber entschied sie, dass es nur fair war, was er sagte. Jedenfalls zum Teil. „Ich kann kaum ertragen, dass du diesen Kampf zu deinem machen willst“, sie lächelte ein wenig überschattet. „Aber ich akzeptiere deine Entscheidung… weil ich weiß, dass du weißt worauf du dich einlässt“, schloss sie und fügte schließlich an, dass er aber nicht ihr Schatten sein könnte. Was Eleyna nicht ahnte war, dass er davon ausging, dass sein Leben endete, wenn ihres vorüber war. Doch letztendlich stimmte er ihr zu und entlockte ihr damit ein feines Lächeln.

„Gemeinsam…!“ Er liebkoste ihre Haut und ihr Lächeln wurde eine Spur breiter. „Sag… mir noch mal, dass ich dir wichtig bin!“ Sie stockte und hob den Kopf, um ihn anzusehen. Eleyna legte eine Hand an seine Wange und streichelte sie flüchtig. „Du bist wichtig. Du bist mir wichtig“, sagte sie in aller Ernsthaftigkeit, die sie hatte. Sie scheute sich nicht davor, ihm das zu sagen, denn es war die Wahrheit. Es war ihr vor allem wichtig, dass er aus dem Netz heraustreten und leben lernen konnte. Dass er erkannte, welches Potenzial in der Welt steckte, dass er dieses aufgezwungene Leben nicht für immer Leben musste. Dass er Möglichkeiten hatte. Es war ihr wichtig, dass er lernte zu sehen, wie wichtig er selbst war. „Dem Leben bist du wichtig, Skýler. Lerne daran zu glauben und vergiss das nie“, lächelte sie ihm zu, ehe sie ihn küsste, um die Worte zu untermauern. Schließlich konnte sie seine Finger auf ihrer Haut spüren, wie sie warm und sanft über ihren Rücken glitten. Eleyna ließ sich ihre Bluse ausziehen und schloss die Augen, als er sich ihrer Vorderseite widmete. „Diese verdammte Reise…! Das habe ich vermisst… wenn du wüssten, wie oft ich…“ Sie sahen einander an und keinem blieb verborgen, dass sie sich immer wieder nacheinander gesehnt hatten. Auch Eleyna ging es nicht anders, denn der Strand war nun bereits eine ganze Weile vergangen und auch sie spürte, wie allein sein Blick in diesem Moment sie ansprach und reizte. Ihr Blick leuchtete auf, als er stumm nach ihrer Zustimmung suchte. Er brauchte sie nicht, aber sie erteilte ihm diese bereitwillig. Dann fanden ihre Lippen einander, vereinten sich in einen innigen, leidenschaftlichen Kuss. Eleyna ließ sich von ihm auf den Rücken legen, half ihm dabei, als er sich das Hemd abstreifte, und berührte seine warme Haut mit ihren Händen. Immer wieder zog sie ihn zu sich, damit sie einander küssen konnten, während er mehr und mehr die Hüllen fallen ließ. Auch Eleyna entledigte sich ihrer Kleidung und schließlich zog sie ihn zu sich, damit sich sein Körper auf ihren legen konnte. Sie streichelte seine Haut, berührte jeden Zentimeter von ihm, damit sie sich das Gefühl einprägen und behalten konnte. Es war nicht nur Begierde. Es war nicht nur die Erfüllung eines Bedürfnisses. Es war weit mehr. Eleyna wollte mit Skýler schlafen. Sie wollte es, weil er es war. Und sie wollte ihm zeigen, dass es ihr um ihn ging. Sie genoss seine Berührungen, ließ sich dieses Mal Zeit mit ihm. Sie liebkoste ihn, ließ ihn spüren, was es bedeutete, dass er ihr wichtig war und wichtiger wurde. Sie berührte ihn sanft aber ohne zu zögern. Sie brauchte keine Scheu zu haben, sie wusste, was sie wollte und genau das sollte ihm eine unausgesprochene Sicherheit zeigen, dass er in ihr jemanden gefunden hatte, der es ehrlich mit ihm meinte.
Der sich etwas aus ihm machte. Sie würde für ihn da sein, egal, worum es ging. Er konnte sich auf sie verlassen und sollte es auch. Eleyna erwies sich als eine tiefgründige, aus vollem Herzen liebende Person, die sich nach nur eben jenem sehnte. Die nichts Schlechtes in die Welt tragen wollte, die nur auf ihr leben wollte. In diesen intimen Stunden war sie ganz bei ihm, ließ sich von ihm führen, aber übernahm auch die Führung. Sie wechselte die Positionen und sie bescherte ihm ebenso Freude, wie er ihr. Sie ließ ihn nicht nur geben, sondern schenkte ihm ebenfalls etwas. Die Halbelfe vergaß in diesen Momenten das Drumherum und genoss ihre Vereinigung aufs Innigste. Sie wurde auch nicht müde mit ihm diese Momente und die Zärtlichkeiten auszutauschen. Noch während ihr Körper vor süßer Anstrengung glänzte, war sie aufmerksam ihm gegenüber und hörte nicht auf, ihm auch zu zeigen, wie sehr sie das genießen konnte. Diese Verbindungen war ihrerseits nichts, was auf reinem Trieb münzte. Sie verlor sich mehr und mehr in seinem Schicksal, verhedderte sich darin und wollte längst nicht mehr dagegen ankämpfen.

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