Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Kaum jemand hat die vielen Ebenen dieser Welt je gesehen und eigentlich möchte niemand jemals den Harax betreten, denn hier regieren die Dämonen.
Jene arme Seele wird als verloren betrachtet, die es in dieses finstere Reich aus Hass und Chaos verschlägt.
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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Erzähler » Sonntag 15. Dezember 2024, 14:03

So traumatisch die Erfahrung vermutlich auch gewesen war, jetzt merkte Rhuna, dass sie sie auch gestärkt hatte. Noch vor wenigen Stunden - oder waren es Tage? Wochen? – Hatte sie Florencia ihr Herz ausgeschüttet. Hatte sich schwach und klein gefühlt. Rhuna hatte sich in dem Gedanken festgebissen, dass es nicht genügte, was sie war und konnte. Die Göttin hatte ihr versucht nahezulegen, dass sie eine innere Stärke besaß, die sie nicht unterschätzen durfte. Und jetzt konnte Rhuna selbst spüren, dass es so war! Die Elfe bemerkte, dass sie entgegen ihrer eigenen Meinung nicht verschreckt und starrte vor Angst wurde in Anbetracht ihrer Situation. Ja, sie war alarmiert und sie fürchtete sich – aber mehr um das Wohl von Yedan als um ihr eigenes Schicksal. Für Rhuna ging es in erster Linie um andere und das gab ihr die Kraft weiterzumachen, anstatt die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen.

Einem Impuls heraus folgend, suchte sie in sich die Lichtmagie. Es war das erste Mal, dass sie aktiv jene um Hilfe bat, dass sie das Gefühl bekam, sie könnte damit etwas bewirken. Und die Magie erhörte sie. In warmen, sanften Wellen durchströmte sie das Licht, breitete sich in der Finsternis aus und zeigte ihr die Realität. Noch konnte sie nichts damit anfangen, aber sie verbarg sich hinter dem Dunkel. Es war beruhigend zu erfahren, dass das ganze womöglich eine Illusion war und sie in der Lage, das zu ändern! Allerdings brauchte es Zeit. Rhuna konnte fühlen, dass ihre Magie noch zügig verbrannte und die Kraft nicht ewig so stark sein würde. Sie musste mit ihren Kräften haushalten und sie weise nutzen. Jetzt aber sollte sie erst einmal erfahren, dass sie nicht allein war. Eine fiese, kalte Stimme, die sich kurz darauf als Goblin entpuppte, wollte mit ihr Spielchen spielen. Aber Rhuna war es leid, Spielball anderer Geschöpfe zu sein. Sie spürte in sich eine Wut, eine Ablehnung aufkommen. Es reichte ihr und sie würde dich nicht mehr als Marionette nutzen lassen, damit andere ihre perfiden Spiele spielten!

Ihre Gebete zu Florencia erhielten allerdings keine Antworten. Überhaupt schien es so, als wäre ihre Göttin zurzeit besonders fern. Noch eine Art Hinweis, das etwas nicht stimmen konnte. Auch wenn Rhuna nie bewusst gewusst hatte, dass Florencia ihr nah gewesen war, so fühlte sie sich stets nicht allein. Doch jetzt… war da keine Sicherheit in ihrem Glauben. “Gnome! Nach allem, was ich bereits durchgestanden habe, muss ich nun einem Gnom über den Weg laufen, der sich in billigen Illusionen übt?“ „Hä?“, machte das kleine Wesen verdutzt und blickte sie mit den kalten Augen an. Er sah tatsächlich etwas dümmlich aus. Er sah sich demonstrativ um. „Von wegen billig“, gab er etwas schnippisch zurück. Die Zuschauer aber starrten nur, regten sich nicht mehr. Rhuna hatte durch ihr Tun erfahren, dass das hier tatsächlich nur reine Illusion war. Der Goblin hatte sich verraten. „Aber was erwarte ich auch von einem Wesen, das nur mit Lug und Betrug etwas zu erreichen vermag?! Spiel dir selbst und den Leuten etwas vor. Ich mache es nicht!“ Wut trat in das Gesicht des kleinen Mannes. Er funkelte die Elfe an, war regelrecht verstummt vor Zorn. Sein Kopf lief rot an, während sie sich anschickte, die Bühne verlassen zu wollen. „Na gut, LIEBCHEN! Dann friss das!“, geiferte der Goblin zornig und seine helle, piepsige Stimme verdunkelte sich böse. Rhuna hatte für einen Moment das Gefühl, dass ihr schwindelig wurde, bevor sie merkte, dass das Bild um sie herum zu wackeln begann. Tatsächlich war es nicht ihr Körper, der sich kraftlos fühlte, sondern die Illusion des Goblins bekam Risse. Sie konnte sehen, wie die Wände der falschen Taverne aufrissen und Blut hindurchsickerte. Klebrig, zäh und nach Eisen riechend, quoll es aus den Lücken, die im Bild entstanden. Dann zerrissen auch die verstummten Zuschauer. Der Goblin grinste hämisch, während er die Illusion der Taverne weiter auflöste. Immer mehr quoll die rote Flüssigkeit herein und bedeckte schon bald den Boden. Zu Rhuna’s Füßen enstand das Bild, das sie mit Hilfe ihrer Magie bereits gesehen hatte. Sie stand auf roten, wabbeligen Dingen. „Wen nennst du hier billig?“, grollte die Stimme des Goblins erneut und klang nun alles andere als piepsig. Sie war dunkel, unheilvoll und dröhnend. So, wie das Bild der Taverne riss, begann auch der Goblin selbst zu reißen. Er brach im Gesicht auseinander, während sich eine rote Masse herausquetschte. Sie schwoll an, wurde immer größer und nach dem sämtliche Bilder verschwunden waren, stand Rhuna in einem wahren Albtraum von Ort.
Überall stiegen giftige Schwefelblasen auf, zerplatzten mit einem Zischen und es tropfte grüne Säure zu Boden. Jener aber war eine organische Masse aus Adern und Sehnen, als stünde sie in einem aufgeplatzten Leichnam. Der Goblin hatte sich ebenfalls verändert. Abstrakt formte sein Rücken einen gewaltigen Buckel, während seine Arme und Beine dürren Stöcken gleichkam. Auch er war rot und besaß auf seiner unverhüllten Haut diese Bläschen. Sein Kopf, wenn man ihn so bezeichnen wollte, hing irgendwo auf seinem Sternum. Schwarze Augen stierten sie an und eine hässliche Fratze entblößte gelbe, vor Geifer glänzende Zähne, die Speicherfäden zogen. Sein Atem war ein Röcheln. Seine Finger waren zu einer Masse verschmolzen, sodass es nur zwei Finger und einen Daumen hatte, als wäre er eine Art Krebs mit Scheren. „Und? Immer noch enttäuscht von mir?“, donnerte das Wesen, während ihm die Bosheit aus dem Maul tropfte. „Willkommen in meinem Harax, werte Elfe! Und wenn du nicht spielen willst, dann brauchst du vielleicht eine Motivation?“, grollte er ihr zornig. Er spie seinen faulen Atem nur so aus. Rhuna erkannte aber um sie herum keinen echten Ausweg. Sie sah Wege, die schmatzende Geräusche hinterließen, wenn sie sie betreten würde. Sie sah auch in einiger Entfernung ein Licht, aber es wirkte nicht sonderlich einladend. Sie konnte erkennen, dass sie bei einem falschen Tritt fallen könnte und in diese giftgrünen Schwefelbecken fiele. Was aber war es, dass der Dämon – zweifelsohne war es einer! - von ihr wollte? „Schöne Grüße von Kallum. Er hätte gerne wieder, was du ihm gestohlen hast!“, grollte der Dämon und deutete mit seinen ekelhaften Händen auf die Kette um ihren Hals. Und schon machte er einen Schritt auf sie zu, dann noch einen. „Ich reiße sie dir von deinem hübschen Hals!“, geiferte er und kam immer näher.
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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 22. Dezember 2024, 23:01

Ihre Lage war herausfordernd und unsicher. Rhuna wusste nicht, was geschehen würde, wenn sie den Forderungen des Goblins nicht Folge leistete. Doch noch viel Größer als diese Sorge war der Widerwille nachzugeben. Diese Situation war zu vertraut – die aufkeimende Verzweiflung zu bekannt! Schon einmal war sie zum Spielball einer größeren Macht geworden, doch weder hatte sie damals aufgegeben, noch würde sie es dieses Mal tun!
Der Goblin konnte vermutlich nicht wissen, dass sie es bereits mit einem weit mächtigeren Wesen – einem Dämon zu tun gehabt hatte. Daher war dieser auch weit weniger beeindruckend, obwohl sie durchaus das Gefühl nicht verließ, dass hier nichts so war, wie es erschien. Es war kein Leichtsinn, der sie dazu brachte ihn zu provozieren. Sie hatte einfach genug – die seelischen Wunden aus dem Dorf waren noch zu frisch und gleichzeitig hatte sie bereits begonnen diese zu verarbeiten, so dass sie darin eine neue Stärke fand. Mitunter dank der Hilfe von Yedan und Florencia!
Die Elfe wusste, dass sie derzeit nicht viel ausrichten konnte. Sie wusste nicht wo sie war, warum sie hier war und was dieses Wesen von ihr wollte. Sie wusste nicht, wo Yedan war und eben diese Sorge um ihren Sarier verhalf dabei, dass sie sich verbissen ein Ziel setzte: Sie würde hier herauskommen und ihn finden. Egal wie!
Sie wandte dem Goblin, der bereits vor Wut zu kochen schien, den Rücken zu und war drauf und dran die Bühne zu verlassen. Seine Einschüchterungsversuche hatten nicht gewirkt, noch dazu hatte sie es gewagt ihn und seine Fähigkeiten klein zu reden.
Vielleicht hätte Rhuna weniger wagemutig sein sollen, denn ihr Verhalten führte dazu, dass sich das Blatt erneut wendete:
„Na gut, LIEBCHEN! Dann friss das!“ An die empfindlichen Ohren der Elfe drang die vor Zorn geifernde Stimme des Goblins, die sich während er sprach merkwürdig verzerrte und verdunkelte. Der Raum begann wieder zu wackeln, als würde ein Erdbeben die Umgebung erfassen. Rhuna blieb stehen, versuchte das Gleichgewicht zu behalten und wandte den Kopf, um zu dem kleineren Wesen zu blicken. Ließ seine Wut die Bühne erbeben, oder was geschah gerade? Dass alles um sie herum eine Illusion war, war ihr mittlerweile bewusst gewesen und entgegen ihrer Worte war diese auch weder billig noch unrealistisch gewesen. Nun erhielt sie jedoch auf eine andere Weise Bestätigung, denn alles um sie herum bekam Risse, als würde eine große Kraft auf den Raum einwirken.
Mit einem Schreck beobachtete Rhuna, wie durch die Risse der falschen Taverne Blut zu sickern begann. Der Geruch nach Eisen drängte sich ihr entgegen und ließ sie ganz unbewusst die Luft anhalten. Doch der Graus hörte noch nicht auf. Die Körper der Zuschauer zerrissen auf widerlichste Weise, so dass die Elfe Mühe hatte die aufkeimende Übelkeit zu unterdrücken. Und doch fand sie sie Stärke in sich auch diesem Bild standzuhalten. Sie hatte schon grauenvollere Anblicke durchgestanden. Yedans verblutender Körper nach dem Bärenangriff - sein Körper der durch einen epileptischen Anfall geschüttelt wurde – der Anblick der Dorfbewohner, die in einer der Illusionen des Dämons erhängt worden waren – das Grauen im Dorf – Avalinns ausgelaugter Körper – oder ihr eigener, aus dem der rote Lebenssaft durch eine breite Wunde an der Kehle lief.
Natürlich war es nicht so, dass sie diesem erneuten Wandel und Grauen, furchtlos und gefestigt begegnen konnte. Natürlich hatte Rhuna Angst, denn sie fühlte sich der Situation vollkommen ausgeliefert und wusste nicht, was sie tun konnte, um all dem zu entkommen. Doch der Gedanke, dass das alles eine Illusion war half ihr, zumindest nach außen hin die Fassung zu bewahren.
Der Goblin grinste hämisch, als sie dennoch einen Schritt zurückwich, da sich das Blut auf dem Boden immer weiter ausbreitete, bis es ihn vollständig bedeckte. Nun war von der Taverne nichts mehr übrig. Und sie stand erneut auf diesem roten, wabbligen Ding, wie vor dem Szenenwechsel.
Das Herz der Brünetten schlug kräftig gegen ihre Brust. Rhuna sah sich um, versuchte einen Ausweg oder wenigstens ein Versteck zu finden, doch nichts dergleichen offenbarte sich ihr.
„Wen nennst du hier billig?“, grollte die Stimme des Goblins erneut und dabei dunkel, unheilvoll und dröhnend. Rhuna festigte ihren Blick auf das kleine Wesen – fand erneut Halt in diesem Trotz – zumindest bis plötzlich auch der Körper des Goblins aufriss.
Der Blick der violetten Augen weitete sich und ein eiskalter Schauder durchzog ihren Körper, als sie mitansehen musste, was gerade geschah. Es gab kein wohin – alles um sie herum wucherte aus, als würde sie in einer verwesenden und aufgeplatzten Leiche stehen, die in einer Umgebung aus Gift und Schwefel verfaulte! Und aus der kleinen, fiesen Gestalt des Goblins schälte sich ein neuer Körper, eines weit furchterregenderes Wesen.
Florencia, steh mir bei! Rhuna hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können. Ihr wurde nun wirklich schlecht, denn sie erkannte, was sich da gerade aus der Hülle des Goblins geschält hatte: ein Dämon!
Nicht schon wieder! Hatte sie nicht schon genug durchgemacht? Was hatte sie getan, dass sie eine weitere Begegnung mit einem Wesen aus dem Harax verdient hatte?
„Und? Immer noch enttäuscht von mir?“, donnerte das Wesen, während ihm die Bosheit aus dem Maul tropfte. Die Elfe stand schweigend und stocksteif dar und starrte das Wesen vor ihr an, das vollkommen grotesk aussah.
„Willkommen in meinem Harax, werte Elfe! Und wenn du nicht spielen willst, dann brauchst du vielleicht eine Motivation?“ Im ersten Moment gefror Rhuna das Blut in den Adern. War sie tatsächlich im Harax?
Das letzte Mal hatte sie zumindest die Chance gehabt, Hilfe und Unterstützung von jemand anderem zu erhalten. Doch nun… hier? Wie sollte es da Hoffnung auf einen Ausweg finden? Sie wusste ja nicht einmal, wie man in den Harax gelangen konnte?! War sie vielleicht gestorben? Lebte sie nicht mehr und war bereits im Zustand des Danachs?
Noch immer sagte sie kein Wort – ihre Kehle war wie zugeschnürt. Das alles war ein einziger Alptraum! Was konnte sie überhaupt tun?
Langsam sah sie sich um, doch keiner der schmatzenden Wege schien ihr eine Flucht zu ermöglichen. Und in diesem Moment wurde ihr ihre Einsamkeit erst vollkommen bewusst. Würde Florencia sie erhören und ihr helfen, wenn sie könnte? Diese Hoffnung existierte noch in ihrem Herzen, doch ahnte sie, dass ihre Göttin in dieser Ebene keine Macht besaß.
Rhuna begann erneut ihre Gedanken und Erinnerungen zu durchforsten. Der Schmerz kehrte zurück, je stärker sie sich dazu zwang sich an etwas zu erinnern, was sie nicht wusste. Doch es war gerade das Einzige, was sie tun konnte. Was wollte dieses Wesen überhaupt von ihr?
„Schöne Grüße von Kallum. Er hätte gerne wieder, was du ihm gestohlen hast!“ Rhunas Blick, der gen Boden gerichtet war, schnellte nach oben, um der Fratze zu begegnen. Das war es? War sie wegen Florencias Anhänger hier?
Darum geht es hier? Um Florencias Anhänger? …Kallum Fjarde… wer ist er, dass ich hier gelandet bin? Um ihren Hals wog das Schmuckstück immer schwerer. Rhuna war die letzte, die dieses mächtige Artefakt für sich beanspruchen würde und doch hatte Florencia eben ihr dieses anvertraut.
Rhuna – Verwahre den Anhänger, bis du einen geeigneten Ort dafür findest. Trage ihn meinetwegen um den Hals. Ich bin mir sicher, dass er dir ein wenig helfen kann, um die Naturmagie zu wirken. Aber versprich mir, dass du ihn nicht ausschließlich nutzt. Es gibt hier und da einige göttliche Artefakte auf deiner Welt und… Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Völker sich darum streiten könnten. Sie sind im Grunde auch zu stark, um sie zu nutzen, denn die Magie muss wachsen, verstehst du? Mit Hilfe des Anhängers wirst du in der Lage sein, Magie zu wirken, als hättest du sie gemeistert. Setze sie daher nur im äußersten Notfall ein und lerne ansonsten, dich auf deine eigene arkane Kraft zu verlassen. Es würde dich sonst nur korrumpieren. Florencias liebliche Stimme hallte durch ihre Erinnerung und gab ihr wieder einen kleinen Funken Hoffnung zurück. Vielleicht war noch nicht… alles verloren?
„Ich reiße sie dir von deinem hübschen Hals!“, geiferte der Dämon und kam dabei immer näher.
Aus Rhunas Körper wich die übertriebene Anspannung der Angst, die von ihr Besitz ergriffen hatte. Auch ihr Gesichtsausdruck entspannte sich, wirkte fast ein wenig abwesend, als würde sie immer tiefer in Gedanken versinken.
Die Elfe musste einsehen, dass sie nicht viele Möglichkeiten besaß. Ihre eigene Magie war noch ungeübt und klein – keineswegs mächtig genug, als dass sie sich einem Dämon entgegenstellen könnte. Der Moment, in dem sie ihre Lichtmagie gewirkt hatte, war für sie wundervoll gewesen. Es war das erste Mal, dass sie diese bewusst hatte anwenden und immer stärker hat werden lassen können. Doch mit einem Schnipsen des Goblins war dieser Zugang zunichtegemacht worden.
Darüber hinaus war sie offenbar an einem Ort im Harax, aus dem eine kleine Elfe, wie sie eine war, doch nie und nimmer aus eigener Kraft herausfinden könnte. Was blieb ihr also?
Vor ihrem geistigen Auge erschien Yedans Gestalt. Die Erinnerung an sein warmes, teils etwas freches Lächeln, das sie so sehr an ihm liebte, brachte ein bisschen Wärme in ihr Herz zurück. Ihr wurde die Berührung der feinen Gräser, die sich um ihren Finger schmiegten immer bewusster. Und die Hand hebend, umschloss sie Florencias Anhänger mit ihren Fingern.
Die warnenden Worte Florencias waren ihr präsent in Erinnerung. Rhuna würde die Kräfte des Anhängers niemals von sich aus einsetzen, würde sie eine andere Möglichkeit sehen – eine andere Wahl haben. Doch gerade war das ihre einzige Hoffnung – der einzige Weg, den sie noch vor sich sah.
Rhuna schloss die Augen und fühlte vorsichtig nach ihrer eigenen Naturmagie, die sich stets etwas verspielt anfühlte.
Florencia, bitte hilf mir. Ich weiß nicht, was ich anderes tun soll! Alles hier drehte sich nur um diesen Anhänger, den der Dämon ihr mit Leichtigkeit vom Hals reißen könnte, egal wie stark sie sich wehren würde. Rhuna könnte ihn loslassen – ihn hergeben im Versuch sich selbst zu retten. Doch weder glaubte sie an solch einen guten Ausgang, noch war sie weiterhin gewillt aufzugeben. Sie würde nicht aufgeben...
Aus diesem Grund konzentrierte sie sich nun immer stärker auf den Anhänger und versuchte mit ihrer eigenen, jungen Magie, eine Verbindung zu dem der Magie der Göttin zu finden, die in diesem filigranen und wunderschönen Artefakt schlummerte...

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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Erzähler » Dienstag 24. Dezember 2024, 21:41

Rhuna’s Weigerung gegenüber dem Goblin war wagemutig und gleichzeitig aus der Not heraus geboren. Sie hatte zwar Angst, aber gleichzeitig wollte sie nicht schon wieder Spielball der Übermächte sein. Und das führte dazu, dass sie am Ende einen Riss in der herrschenden Tavernen-Illusion fand und schließlich erkennen musste, wo sie wirklich war! Im Harax. Und der Goblin war keiner, sondern ein Dämon. Schon wieder. Rhuna konnte nicht verstehen, wieso sie es erneut mit so einer Ausgeburt zu tun bekam und allein das schürte bereits neuen Trotz. Sie würde sich nicht länger unterkriegen lassen. Allerdings musste sie erkennen, dass sie kaum eine andere Wahl hatte. Der Dämon war sauer, weil sie sein Spiel nicht spielte und das sollte die Elfe nun zu schmecken bekommen. Er geiferte und nachdem seine Umgebung zu einer eigenartigen, undefinierbaren Masse verkam, platzte auch er auf und zeigte sein wahres Gesicht. Eine schaurige Gestalt, nicht von dieser Welt, zeigte sich ihr und die Stimme wechselte von einer Stimmlage in die andere. Es klang abscheulich und war nur dafür da, um ihr Angst zu machen. Doch der Dämon war auch redselig. Er verriet ihr, dass offenbar Kallum Fjarde mit ihrer Misere etwas zu tun hatte. Wenn sie sich doch nur erinnern könnte. Aber ihr blieb gar keine Zeit, denn das Wesen setzte bereits eines seiner dürren Beine vor das andere, um ihr den Anhänger der Florencia zu entreißen. Darum ging es. Aber hätte Florencia das für sie wahrlich gewollt? Wusste die Göttin überhaupt Bescheid? Fragen über Fragen, doch keine Antworten stellten sich ein. Einzig die Worte ihrer Göttin durchfluteten ihren Geist und erinnerten sie daran, dass sie nicht so machtlos war, wie sie glaubte. Sie berührte den Anhänger an ihrem Hals und instinktiv konnte die Elfe fühlen, wie etwas in ihrem Innern sich regte. Die Naturmagie, die sie bisher nicht wirklich häufig verwendet hatte, merkte auf, als Rhuna’s Finger das Schmuckstück berührten. Sie konnte spüren, wie das Amulett das, was in ihr steckte verstärkte und sie in der Lage war eine Verbindung dazu herzustellen. Die Naturmagie sehnte sich nach dieser Art Aufmerksamkeit. Sie lag viel zu lange unangetastet in ihr verborgen, doch jetzt war ihre Stunde! Während Rhuna noch die Warnungen von Florencia hörte, durchstieß die aufgeputschte Magie sämtliche Barrieren in ihrem Innern. Rhuna fühlte sich schlicht und ergreifend mächtig. Nichts könnte sie aufhalten, alles wäre möglich! Ihr Verstand verselbstständigte sich und wurde vollkommen von ihrer ‚grünen Magie‘ ausgefüllt. Der Dämon hielt perplex in seiner Bewegung inne. „Wah?“, machte er etwas dümmlich und starrte die Elfe vor sich an. Ein grünes Leuchten umgab sie mit einem Mal, während es sie ausfüllte und ihre Augen erreichte. Rhuna spürte, wie ihre Füße den Boden verloren und sie ein Stück in die Luft gehoben wurde. Und mit einem Mal zuckten vor ihrem inneren Auge zahlreiche Bilder auf, wie sie sich nun helfen konnte.

Ohne, dass es die Elfe überhaupt Mühe kostete, konnte sie das, was sie sich vorstellte, umsetzen. Da wurde zum Beispiel der Wunsch in ihr laut, dass diese Umgebung bedeutend mehr florales gebrauchen könnte! Sie würde sich dann gleich wohlerfühlen. Sie sah vor sich in ihrem Innern eine Blumenwiese, die Florencia’s Hain ähnelte. Allerdings war in diesem Hain ein großer, knorriger Baum, der keine Blätter trug. Er wirkte düster und doch auf Rhuna nicht bedrohlich. Irgendwie… vertraut. Doch anstatt, dass sie nun Zeit hatte, diesen Baum näher in Augenschein zu nehmen, begannen sich die Wurzeln dieses Baumes zu bewegen. Sie schlugen Wellen, immer höher und schließlich wirbelten die Wurzeln wie Peitschen umher. Rhuna sah es zwar vor sich, doch in ihrer Umgebung geschah es. Der Dämon schrie auf, als er durch eine dieser Peitschen getroffen wurde. Er hielt sich die Wunde im Gesicht, aus der sich dickes, zähflüssiges Pech schälte. Aus Rhuna’s grün-leuchtenden Körper allerdings sprießten die Wurzeln des Baumes ihrer Fantasie. Sie schlugen um sich, verteidigten die Elfe, sodass der Dämon nicht an sie herankam. Schließlich aber vollführte die Magie des Amuletts und ihre eigene Naturmagie noch weiteres. Sie entwickelte aus kleinen Trieben knorrige Ableger und daraus dann Pflanzen, die sich selbstständig bewegen konnten. Während die Magie ausuferte und sich das seltsame, rote Gebilde am Boden in eine groteske rot-grüne Landschaft verwandelte. „Was tust du?!“, schrie der Dämon entsetzt. Er fauchte, geckerte gequält und versuchte dann nach ihr zu schlagen. Ihre Peitschen-Äste aber hielten ihn davon ab, sie zu erreichen. Rhuna fühlte die grüne Macht pulsieren. Sie hatte sämtliche Möglichkeiten, konnte erschaffen und heraufbeschwören, was sie wollte. Es war… berauschend! So mussten sich die mächtigsten Magier fühlen. So fühlte es sich an, wenn man eine Magieart beherrschte. Während diese Magie ungehemmt sprudelte, bemerkte Rhuna allerdings irgendwo ganz weit weg, dass eine neue Präsenz sich in ihrem Umfeld zeigte. Noch war sie nicht deutlich zu erkennen, aber etwas in ihrer gottgetränkten Magie reagierte darauf. Und je näher diese Präsenz kam, desto heftiger sprudelte ihre Magie über. Es war sinnbildhaft wie ein Wassertopf, der bereits kochte. Sie konnte gar nicht mehr aufhören die Magie zu nutzen. Plötzlich aber hörte sie hinter sich ein Ächzen, dann ein Fluchen, ehe sie von Händen gepackt wurde. „Rhuna!“, sprach sie jemand eindringlich an. „Rhuna hör auf!“, rief jemand und drückte leicht zu. Schüttelte sie gar. Rhuna aber war noch benebelt von der Macht, sodass sie nicht gleich reagierte. „Rhuna, komm zurück!“, hörte sie schließlich eine ihr sehr vertraute Stimme. Arme schlangen sich trotz der Peitschen um ihren Körper und hielten sie. „Komm zurück, Rhuna, es ist vorbei!“, sagte Yedan und erreichte sie womöglich in der sprudelnden Quelle aus purer Macht. Sobald Rhuna den Weg aus diesem inneren Hain mit dem knorrigen Baum gefunden hätte, sobald sie auf Yedan’s Stimme hörte, würde sie merken, dass sie in der Lage wäre diese Magie durch Loslassen des Amuletts zu beenden. Die Macht würde sich aus ihren Adern zurückziehen. Der Hain vor ihrem geistigen Auge würde verschwinden, allerdings würde sie am knorrigen Baum jetzt einen grünen Zweig entdecken, der vorher nicht dagewesen war. Dann aber wäre es vorbei. Kraftlos war sie, weil die pure Naturmagie sie ausgelaugt hatte. So ungefiltert und gewaltig war sie nicht gewohnt. Aber Yedan würde sie halten und sobald sie sehen konnte, stand er tatsächlich vor ihr. Doch die Umgebung hatte sich völlig verändert. Sie sah noch Reste der haraxischen Umgebung, aber überall war nun saftig grünes Gras gewachsen. Sie sah anstelle von Schwefelbecken Wasserquellen. Sie sah Schmetterlinge flattern und den Dämon, der sie eben noch angreifen wollte. Er war durchbohrt von zahlreichen Rosenranken, die ihm schließlich den Garaus gemacht hatten. Er trug eine furchtbar entsetzte Maske, die im Tod versteinert war. Um sie herum waren Harax und Natur verschmolzen und boten eine neue Seltsamkeit. Doch vor ihr stand Yedan. Er hatte hier und dort leichte Wunden, weil er sich durch ihre Peitschen hatte kämpfen müssen. Doch er war da und hielt sie fest.
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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 5. Januar 2025, 17:31

Niemals hätte Rhuna das Amulett eingesetzt, wenn sie nicht in solche Not geraten wäre. Was hätte sie auch gegen den Dämon zustande bringen können, noch dazu, wo sie in dessen Reich – dem Harax gefangen war? Sie war nur eine normale Elfe, die versuchte ihren Platz in der Welt zu finden. Ihre eigenen magischen Fähigkeiten waren noch ungeübt und bestenfalls auf dem Anfängerniveau. Dass sie über zwei Magieformen in sich verfügte war eine Besonderheit und zeitgleich musste sie lernen damit umzugehen. Hierzu hatte sie gerade die ersten Schritte machen wollen – doch das Leben stellte sie immer wieder vor neue Herausforderungen, die ihre eigentliche Stärke überstiegen. Wie eine sich groß aufbauende Welle bauten sich die Hürden vor ihr auf und oftmals fühlte sie sich so machtlos, dass sie nur zusehen konnte, wie die Massen über ihr zusammenstürzten. Doch bisher hatte sie stets einen Ausweg finden können. Nicht allein aus eigener Kraft, sondern dank der Personen, die um sie herum gewesen waren. Diese hatten ihr die Stärke gegeben mitzukämpfen… einen Teil dazu beizutragen alles abzuwenden.
Im Harax zu sein veränderte allerdings die Ausgangsposition. Sie war alleine, ihr fehlten Erinnerungen und um sie herum lauerte neben Chaos ein gefährliches und mächtiges Wesen, nach dem Nächsten. Als einfache Sterbliche, die von Ritualmagie keinen Schimmer hatte, wusste sie ja nicht einmal, wo sich der Harax befand, geschweige denn, wie man diesen erreichen oder wieder verlassen könnte. Nein, Rhuna hatte kaum eine Wahl, wenn sie das Amulett nicht an einen Dämon verlieren wollte.
Den Anhänger mit der Hand umschließend konzentrierte sie sich nur noch auf ihre Naturmagie. Und darauf wiederum schien Florencias Schmuckstück zu reagieren – sich irgendwie zu aktivieren und seine Macht auf die junge Elfe zu übertragen.
Noch nie zuvor hatte sich Rhuna so mächtig, stark und erfüllt gefühlt. Es war ein warmes Gefühl, eines das sämtliche Sorgen zu vertreiben wusste und den Mut und Glauben gab alles schaffen zu können. Einfach gesagt war es ein berauschender Zustand, der sie erfüllte.
Tatsächlich tat sie selbst gar nicht viel – sie wusste ja nicht einmal, was sie hier gerade tat! Dennoch war das in Ordnung und die Magie leitete sie an. Vielleicht kontrollierte sie die Elfe auch, doch dieses Mal schien es in Ordnung zu sein und sich im Maße zu bewegen.
Von einem grünen Leuchten umhüllt spürte Rhuna plötzlich, wie sie den Kontakt zum Boden verlor und quasi in die Lüfte schwebte. Das warme Gefühl breitete sich aus – es fühlte sich an, als würde die Magie ihre Adern entlangfließen und so jeden Winkel in ihr erreichen. Und als sie die Augen öffnete, eröffneten sich ihr gedanklich auch all die Möglichkeiten, die ihr die neugewonnene Kraft ermöglichen könnte.
Gedanklich ließ sie sich von der Magie leiten, denn sie hatte das Gefühl dieser vollkommen vertrauen zu können, denn es war so vertraut und geliebt wie die leibhaftige Göttin selbst, die irgendwo und warum auch immer, über sie wachte.
Was wirklich um sie herum geschah kam Rhuna lediglich vor, als würde sie es sich nur vorstellen. Dass sich ihre Gedanken quasi verselbstständigten und ihre Magie die Vorstellung umsetzte bekam sie dahingehend nicht wirklich mit. Dafür versank sie viel zu sehr in dieser Art Trance aus Magie und Macht.
Der knorrige Baum, der zwar keine Blätter trug, ihr aber vertraut und trotz allem lebendig vorkam, erschafft in Wirklichkeit um sie herum Wurzeln, die begannen die Elfe zu beschützen. Der Dämon, von dem eindeutig die Gefahr ausging wurde von den peitschenden Schlägen immer und immer wieder angegriffen und getroffen. Für das Wesen aus dem Harax schien es unmöglich an sie heranzukommen.
Die Magie des Amuletts blühte immer mehr auf und schien langsam aber sicher wie Wasser aus einem Gefäß überzulaufen. Trotz der lebensverneinenden Umgebung begann um Rhuna die Natur zu gedeihen, zu wachsen und sich auszubreiten. Gräser, Blüten, … je mehr wuchs und den Harax verwandelte, je größer wuchs die Zufriedenheit und das Sicherheitsgefühl in ihr heran. Es gab ihr das Gefühl … sich einfach fallen lassen zu können.
„Was tust du?!“, schrie der Dämon entsetzt, fauchte und geckerte gequält, während er damit rang die kleine Elfe, die plötzlich zu einer Gefahr geworden war, zu erreichen und unschädlich zu machen. Doch das sollte ihm nicht mehr gelingen.
Die Worte des Dämons nahm Rhuna nur sehr weit entfernt war. Sie hallten in ihren Ohren wie ein sehr weit entferntes Echo wider, doch konnte sie für das Wesen kein Mitleid empfinden. Und sie bekam auch nicht mit, dass die Naturmagie sie bis aufs Äußerste vor der Bedrohung verteidigte.
Dass sich eine weitere Präsenz auf sie zubewegte bekam sie ebenfalls kaum mit. Dass sie Magie aus ihr heraussprudelte – wo sie bisher diese doch kaum hatte wirken können, war kein negatives Gefühl. Es war … das Leben! Und wieso sollte sie dieses Gefühl stoppen, wo es sich vollkommen natürlich und gut anfühlte?
Doch dann rüttelte etwas an ihr. Im ersten Moment fühlte es sich an, als würde sie jemand aus dem Tiefschlaf rütteln und nur sehr langsam und wattiert drang das wirkliche Sein in ihr Bewusstsein.
„Rhuna! Rhuna hör auf!“, rief jemand eindringlich und schüttelte sie immer stärker. Ihr Körper gab kaum Widerstand, doch ihr Geist brauchte eine Weile, um wahrlich wieder zu sich zu kommen!
„Rhuna, komm zurück! Komm zurück, Rhuna, es ist vorbei!“ Die Stimme, die ebenfalls hallend ihren Weg zu ihrem Bewusstsein fand, begann immer vertrauter zu klingen. Die Arme, die sie umschlungen hielten waren warm und ebenfalls vertraut…
Ich kenne diese Stimme…! Sie gehört… gehört … – Yedan!
Rhuna schrak aus ihrem Zustand und holte gleichzeitig Luft, als hätte sie diese angehalten, was gar nicht der Fall gewesen war. Um sie herum peitschten die Ranken, sie noch immer verteidigend, doch ihr wurde klar, dass die Person, die sie umarmte, keine Gefahr für sie darstellte! In ihrer Hand, die das Amulett fest umklammert hielt, pochte wie ein echtes Herz eine immer wärmer gewordene Kraft, die sie mit einem Mal losließ.
Augenblicklich erstarb das wehrhafte Peitschen und die Kraft zog sich um sie herum und aus ihr zurück. Auch der Hain vor ihrem inneren Auge löste sich langsam auf, doch konnte sie am knorrigen Baum plötzlich einen grünen Zweig entdecken, der vorher nicht dagewesen war.
Rhuna sank plötzlich in sich zusammen. Wo zuvor noch das Gefühl in ihr gelebt hatte, dass sie alles schaffen und jeden Ort mit Leichtigkeit erreichen könnte, breitete sich nun eine starke Erschöpfung in ihr aus.
Anstatt nun zu stürzen wurde sie aufgefangen und gehalten. Doch für einen Moment regte sie sich noch nicht. Ihr Blick fiel auf die Umgebung und den durchbohrten Leichnam des Dämons, um den nun Schmetterlinge tanzten. Als hätte man in einen Ballon voller Leben in den Harax geworfen, war an der Stelle, an der die Magie aufgebrochen war, nur blühende Natur und Leben zu sehen. Noch immer existierten Reste der haraxischen Umgebung, doch schien diese bis ans Äußerste zurückgedrängt.
Langsam verstand sie, dass sie den Dämon durch die Magie des Anhängers getötet hatte. Doch… da war doch noch jemand…?!!!Endlich wandte Rhuna den Kopf und spürte, wie ihr Herz vor Nervosität und Freude immer schneller zu schlagen begann. Ihr Blick traf auf braunes Haar, leicht von der Sonne gebräunte Haut, die einige Wunden abgekommen hatte – zwei hellbraune Augen, die der Person gehörten, die für sie alles bedeutete - es war tatsächlich Yedan!
Die Erkenntnis kam mit Freude und Schrecken zugleich. Ihr Blick tastete ungläubig und besorgt über sein hübsches Gesicht, während sie sich ihm nun richtig zuwandte. Mit einem sachten Zittern, das vielleicht auch aus Erschöpfung geboren war, schmiegte sie ihre Handflächen gegen seine Wangen.
„Ye-Yedan…?!“, fragte sie unsicher, als würde sie Sorge haben, sich das alles nur einzubilden. In den nun wieder violetten Augen sammelten sich Tränen, doch anstatt sich nun den Gefühlen hinzugeben, festigte sich plötzlich ihr Blick.
„Was… was machst du hier? Du darfst nicht hier sein!“, rief sie aus und man sah ihr an, dass sie sich nun wünschte zu träumen! Erst schüttelte sie nur leicht den Kopf, dann stärker.
„Das ist der Harax! Du darfst nicht hier sein! Wieso bist du hier???“ Rhunas Hände strichen zu seinem Nacken und sie zog ihn zu sich in eine Umarmung, während sie sich gleichzeitig an ihn drückte.
Das war das Letzte, was sie wirklich gewollt hatte! Vorhin hatte sie sich alleine gefühlt – verängstigt und verunsichert – doch sie hatte den Gedanken ertragen können, weil die Chance bestanden hatte, dass ihr Sarier nicht auch hier gelandet war. Dass Yedan vielleicht noch in Santros war – weit fort, aber hoffentlich einigermaßen sicher! Nun musste sie erkennen, dass er bei ihr war. Und so schön es um sie herum gerade aussah – sie waren noch immer im Harax und sie zumindest wusste nicht, wie man hier herauskam.
Vielleicht lag es an der vorhin erlebten Macht und das Gefühl alles erreichen zu können und ihre Gefühle nun durcheinanderbrachte. Aber ihre Sorge und Angst um ihn wuchs stark an – und gleichzeitig die Wut auf den Mann, von dem sie gelernt hatte, dass er für all das verantwortlich war.
„Ich bring ihn um…!“, hörte sie sich leise murmeln, ohne es wirklich sagen zu wollen, oder sich selbst wirklich zu erkennen. Ihr Griff um Yedan wurde immer stärker, so dass es für ihn langsam etwas ungemütlich werden konnte, obwohl ihre körperliche Stärke sicher nicht mit der Seinen vergleichbar war. Es lag ihr fern ihm wehzutun, doch gerade stand die Elfe offenbar auf andere Weise neben sich.
„… wenn dir was geschieht… ich bring ihn um! Das verzeih ich ihm nicht! Ich…“ Ihre Stimme war noch immer leise und es hörte sich eher so an, als würde sie ihre Gedanken unbewusst über die Lippen bringen und gar nicht wirklich mit ihm reden. Ihr Herz schlug so kräftig, dass sie es unangenehm bis in die Ohren spürte.

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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Erzähler » Montag 6. Januar 2025, 08:17

Rhuna hatte sich noch nie besonders hilfreich in ihrem Leben gefühlt. Ihre Tage in Shyáná dümpelten fremdgesteuert dahin, während das Leben in den ersten fünfzig Jahren dahinfloss. Allerdings hatte sie begonnen, den Wunsch zu hegen etwas ändern zu wollen. Sie wollte nicht länger die hilflose Elfe bleiben, zu der ihre Mutter sie gemacht hatte. Und nun? Wie weit war sie gekommen? Was hatte sie nicht alles erlebt? Rhuna’s Stärke mochte noch ein wenig verdeckt liegen, aber sie war da! Die junge Elfe hatte durchaus eine Kraft in sich, an der andere sich wärmen und partizipieren oder gar profitieren konnten. Florencia selbst hatte es ihr gesagt: Ihre Stärke war etwas, das andere für sich nutzten. Sie orientierten sich an ihr, Rhuna, damit sie ihren Weg weiter bestreiten konnten. Und Rhuna hatte eingesehen, dass sie nicht so wenig im Stande war zu tun, wie sie glaubte. Wie sie sich eingeredet hatte. Der erneute ‚Besuch‘ im Harax bewies es. Sie hatte sich verändert und sie war nicht länger gewillt, Spielball irgendwelcher Mächte zu sein. Dass sie es erneut mit Dämonen zu tun hatte, das konnte sie nur schwer verdauen, aber es war auch keine Zeit, um sich jetzt damit zu beschäftigten. Als der Dämon sie angriff, offensichtlich geschickt worden war, um die Kette der Florencia zu holen, da griff Rhuna nach dem Strohhalm, der um ihren Hals hing. Und sie durchflutete eine Macht, schiere, endlose Macht. Es war berauschend, überwältigend und es war großartig, sich so mächtig zu fühlen. RHuna bekam einen Vorgeschmack darauf, wie es wäre, eine Magie zu meistern. Sie durfte einen Einblick gewinnen, in das Leben als mächtige Magierin. Aber auch in die Verantwortung, die sie damit übernehmen würde. Die Elfe schaffte es kaum, sich von diesem Gefühl freizumachen. Es überwältigte sie. Nicht aber, weil sie schwach war oder gierig, sondern weil es eine ungefilterte, pure Machtquelle um ihren Hals war. Die Macht von Florencia. Jene hatte sie gewarnt, dass es korrumpieren könnte aber unter diesen Umständen, hatte Rhuna keinen anderen Ausweg gesehen. Und schließlich wurde sie von eben jenen Händen aus ihrer Trance gezogen, die sie immer im Hier und Jetzt hielten: Yedan.
Er stand vor ihr, während sie langsam wieder erwachte. Er hielt sie, fing sie auf. Rhuna erhielt den Moment des Nachspürens und kam langsam wieder im gegenwärtigen Geschehen an. „Was… was machst du hier? Du darfst nicht hier sein!“, sofort rebellierte sie dagegen. Das durfte nicht sein! Yedan sah überrascht drein und gar etwas fragend. „Das ist der Harax! Du darfst nicht hier sein! Wieso bist du hier???“, verlangte sie zu wissen und Yedan’s Griff lockerte sich, damit sie sich bewegen konnte. „Deinetwegen!“, antwortete er knapp und legte eine Hand an ihre Wange. „Glaubst du, ich lasse dich im Stich?“, fragte er sie und schmunzelte leicht. Seine hellen, braunen Augen sahen hier im Harax deutlich dunkler aus, wenn sie sich nicht täuschte. Rhuna hingegen protestierte weiter. „Ich bring ihn um…!“ „Was?“, japste ihr Sarier und sah sie mit hochgezogenen Brauen an. Rhuna’s Kampfgeist aber war geweckt. Sie wusste, wer dafür verantwortlich war! Sie wusste es und er würde nie wieder Ruhe finden, wenn es nach ihr ginge! „… wenn dir was geschieht… ich bring ihn um! Das verzeih ich ihm nicht! Ich…“ „Rhuna! Rhuna, hör auf damit. Das… meinst du doch nicht ernst?“, fragte Yedan und löste ihre Finger von sich. Er sah sie mit einer seltsamen Mischung aus Amüsement und Fragezeichen an. „Du redest Unsinn, komm“, wollte sich Yedan mit ihr zusammen erheben. „Ich werde dich doch nicht allein im Harax sitzen lassen, wenn ich dir auch helfen kann!“, erklärte er. Allerdings war Yedan ein wenig abgelenkt, wie es schien.

Er sah sich um, blickte auf das, was Rhuna mit Hilfe von Florencia’s Segen geschafft hatte. „Meine Güte…“, murmelte er. „Ich hatte keine Ahnung…“, sagte er weiter und besann sich dann, dass Rhuna ihn hören konnte. „Ehm, ich meine, keine Ahnung, zu welch großer Macht du fähig sein kannst!“, nickte er. Irgendwie benahm er sich seltsam. Als er sie wieder ansah, lächelte er, aber es fehlte etwas in diesem Ausdruck. „Komm, Liebes. Wir wollen hier weg!“, sagte er und rieb an ihrem Oberarm. Seltsamerweise wirkten seine Gesten nicht so gewohnt, nicht so natürlich, wie sie es kannte. Irgendwas hatte Yedan, aber noch konnte Rhuna nicht den Finger darauflegen. Er führte sie jedenfalls von dem Dämon weg, auf das Licht zu, das sie bereits schemenhaft hatte erkennen können. „Dort entlang, dort ist der Ausgang“, merkte Yedan an und hatte sie bereits am Arm fest im Griff, als würde er nicht dulden, dass sie sich weigerte. Und er war stärker als er, das war wohl keine Kunst. „Wir sollten nicht länger als nötig hierbleiben! Das ist kein Ort für dich und mich!“, murmelte er. Rhuna spürte, dass er es plötzlich eilig hatte. Er führte sie unnachgiebig weiter auf dieses schemenhafte Licht zu, bis Rhuna erkannte, dass es tatsächlich eine Art ‚Tor‘ zu sein schien. Es war nur ein Kreis im ansonsten rot-wabernden Ambiente, der Gelbgold leuchtete. Es wirkte wie eine Art Übergangspunkt. Und ohne mit der Wimper zu zucken, stieß Yedan Rhuna hindurch. Sie hatte das Gefühl zu fallen. Sie strauchelte, als befände sie sich im freien Fall und landete doch schneller als erwartet auf ihren Knien. „Hoppla, nicht fallen!“, hörte sie Yedan’s Stimme hinter sich und sie klang nicht sonderlich vertraut. Etwas hatte sich geändert. Rhuna aber befand sich nicht länger im ‚roten Harax‘, sondern fand sich in einem leeren Ballsaal wieder. Der Boden war ein schwarz-weißes Schachbrett-Muster und neben ihr ragten meterhohe Figuren auf. Vielleicht kannte sie das Spiel und konnte den Turm, Läufer und Springer zuordnen. Tatsächlich befand sie selbst sich auch auf einem der Plätze als Königin. Neben ihr aber stand ein weißer König aus Marmor, wie es schien. Er war steinern, so, wie alle anderen Figuren. Doch… halt, nicht alle. Tatsächlich konnte sie auf ihrer Seite des Spielbrettes, auf der weißen Seite, Bjorg entdecken. Er stand als Springer verkleidet dort und schaute ängstlich zu ihr herüber. Und auf der anderen Seite entdeckte sie tatsächlich Yedan als Turm. Er war an die mannshohe Spielfigur gekettet und versuchte sich daraus zu befreien.
Der Yedan aber, der sie hierhergeführt hatte, der schritt leise pfeifend über das Spielfeld auf die schwarze Seite zu. Dann nahm er den Platz des dortigen Königs ein und drehte sich süffisant lächelnd zu Rhuna um. Er klatschte in die Hände und rings um das Spielfeld herum flammten Fackeln auf. „Lasst uns spielen!“, rief der falsche Yedan, der sich augenblicklich in einen dicklichen, feisten Mann verwandelte. Der Anblick allein rief in Rhuna die Erinnerung an Kallum Fjarde wach. Er war es. Er war hier. Und sie mitten drin in seinem Spiel. „Wenn du gewinnst, bekommst du das Amulett und EINEN deiner Kerle. Wenn ich gewinne, bekomme ich deine Kerle und das Amulett. Du darfst dennoch gehen und in ewiger Schande und Schmach leben!“, lachte er boshaft. Dann wurde er ernst und seine Stimme kalt, während die schwarzen Knopfaugen blitzten im Schein der Fackeln. „Mich beklaut man nicht!“, grollte er und steckte sich eine Zigarre an. An seinen Fingern wackelten dicke Ringe, die nach Überheblichkeit schrien. „Weiß zieht als erstes!“, rief er dann und wedelte herablassend mit der Hand.
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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Montag 6. Januar 2025, 21:39

Es war nicht verwunderlich, dass Yedan auf Rhunas Worte ein wenig verwundert dreinsah. Ihr Sarier war niemand, der selbst mit Todesdrohungen um sich werfen würde und so eigentlich auch nicht Rhuna. Doch die junge Elfe war im Harax, bereits das zweite Mal von einem Dämon bedroht worden und nun sah sie die Person, die ihr mehr als ihr Leben bedeutete in eben jener Gefahr. Noch immer wusste sie, dass ihre eigenen Fähigkeiten begrenzt waren, obwohl dies im Harax vermutlich kaum von gewichtiger Bedeutung war. Hier würde vermutlich auch ein erfahrener Krieger an Grenzen stoßen.
Nein, Rhuna bemerkte sehr schnell anhand von Yedans Gesichtsausdruck, dass noch etwas anderes nicht stimmte.
„Was? Rhuna! Rhuna, hör auf damit. Das… meinst du doch nicht ernst?“, fragte der Brünette auf ihre Mordandrohung und löste seine Finger von ihr. Das ließ sie zum ersten Mal… stutzen. Er schälte sich aus ihrem Griff und sah sie mit einem untypischen Ausdruck an. Rhunas Violett tastete über sein Gesicht. Normal… wäre sie sicher gewesen, wass er ihre Worte verstanden hätte. Sie hatte eine andere Reaktion erwartet – auch im Hinblick darauf, dass er von hier vielleicht schnell verschwinden und keine Zeit verlieren wollte.
„Du redest Unsinn, komm. Ich werde dich doch nicht allein im Harax sitzen lassen, wenn ich dir auch helfen kann!“ Er zog die Elfe mit sich auf die Beine, deren Worte, wie auch furchtsame Wut verebbt war. Etwas begann in Rhuna zu nagen, doch weil sie nicht sofort mit dem Finger darauf deuten und es erklären konnte, wurde sie eigenartig ruhig. Ruhig, jedoch… wachsamer…! War es Argwohn, den sie da gerade empfand?
Während Yedan den Blick auf die Ausuferung der Magie, die durch sie entstanden war richtete, wusste sie nicht damit umzugehen, dass sie wirklich Argwohn empfand. Yedan gegenüber. Das wollte einfach nicht in Rhunas Weltbild passen. Von Beginn an hatte sie ihm ein großes Vertrauen gegenüber empfunden, selbst dann als sie sich gerade kennengelernt hatten. Manche mochten es Naivität nennen – für die junge Elfe war es vielmehr ein Instinkt. Und dieser setzte nun plötzlich… anders ein!
„Meine Güte…Ich hatte keine Ahnung…“, hörte sie eindeutig Yedans Stimme sagen und doch klang sie in ihren empfindlichen Ohren fremdartig. Ihr Blick nahm unbewusst einen ernsteren Ausdruck an.
„Ehm, ich meine, keine Ahnung, zu welch großer Macht du fähig sein kannst!“, erklärte er, als hätte er selbst bemerkt, dass er ein wenig eigenartig geklungen hatte. Das Lächeln, das ihr entgegengebracht wurde, in das sie sich stets aufs Neue verliebte, löste dieses Mal nichts aus. Kein Flattern, der Gefühle, kein Erröten oder einfach nur Freude, es überhaupt zu sehen. Das Einzige, was geschah war, dass sie ganz sachte, als würde sie es immer noch nicht glauben können, mit dem Kopf zu schütteln begann.
„Komm, Liebes. Wir wollen hier weg!“ Die reibende Berührung an ihrem Oberarm war eine seltsame Geste und sie hatte das erste Mal das Bedürfnis zwischen ihr und dem Sarier Distanz zu bringen. Doch eben dieses Gefühl, weil es ihm gegenüber so unnatürlich war, trieb sie innerlich um. Das hier… war doch… Yedan…?
„Dort entlang, dort ist der Ausgang“, merkte Yedan an und griff sie beim Fortführen so fest am Arm, dass es ihr bei kleinster Gegenwehr wehzutun begann. In diesem Moment war sie sich in ihrer Unsicherheit dann doch irgendwie sicher – das konnte unmöglich ihr Yedan sein!
„Hör auf… lass mich los!“, forderte sie und versuchte ihren Arm aus seinem Griff zu ziehen. In seinen hellbraunen Augen fehlte das Funkeln, der Schalk und … einfach er – anders konnte sie es nicht beschreiben! Außerdem hatte der Halbelf sie noch nie nüchtern mit Liebes angesprochen!
„Wir sollten nicht länger als nötig hierbleiben! Das ist kein Ort für dich und mich!“ Sie weigerte sich wirklich mit ihm zu gehen, so dass er sie geradezu hinter sich herziehen musste. Doch so einfach konnte sie sich nicht losmachen.
Der Mann, der rein äußerlich ihr Yedan war zog sie zu einer Art Tor, aus dem ein schemenhaftes Licht brach. Obwohl dies ein Ausgang sein sollte, sträubte sich alles in ihr mit ihm hindurchzugehen. Doch am Schluss nahm man ihr die Entscheidung so oder so ab – gab sie ihr gar nicht.

Rhuna spürte einen Stoß und fiel hindurch. Sie strauchelte und auf ihre Knie, was von einem leichten Schmerz begleitet wurde, dem sie jedoch keine Beachtung schenkte. Ihr brauner Schopf wandte sich zu ihm um.
„Hoppla, nicht fallen!“ Bevor er ihr aufhelfen konnte, sollte er es vorgehabt haben, rappelte sich die junge Elfe auf und wieder auf die Füße. Ihr Blick fiel auf das Schachbrettmuster, das den Boden des Ballsaals bedeckte. Ihr Herz begann nervös zu schlagen. War das alles schon wieder eine Täuschung? Wieder ein Trick? Wie sollte sie auch nicht so denken?
Als sie den Blick hob fielen ihr die meterhohen Schachfiguren auf, die bereits alle am für sie vorgesehenen Ort aufgestellt waren, um eine Partie zu beginnen. Dennoch fehlten einige… und da erkannte Rhuna, in was für einer Lage und Position sie sich befand. Und nicht nur sie…
„Bjorg?!“, rutschte ihr der Name des jungen Mannes heraus, der auf der Position des Springers stand und ängstlich zu ihr hinübersah.
Rhuna wurde das Herz schwer. Auch Pharus Sohn steckte offenbar in dieser Klemme. Dabei hatte sie ihn doch beschützen wollen. Ihm versprochen, dass er sicher sein würde!
Die Sorge wuchs und begann sie nervös zu machen. Bis ihr Blick an Bjorg vorbei und weiter das Spielfeld entlang glitt und auf die Position des Turms fiel. Dort stand tatsächlich eine Marmorfigur, doch an diese hing … Yedan gekettet. Ihr Blick weitete sich erschreckt und gleichzeitig merkte ihr Instinkt sofort auf. Dieser Yedan war … ihrer und nicht der, mit dem sie aus dem Harax gekommen war.
„Yedan!!!“ Rhuna rief besorgt nach ihm und wollte loslaufen, doch etwas hinderte sie daran das Feld der Dame zu verlassen! Und bevor sie es sich anders überlegen und doch wagen konnte, trat der falsche Yedan aufs Spielfeld und damit das Rampenlicht auf sich. Es war erschreckend wie täuschend gleich die beiden Brünetten aussahen. Dennoch war es ihr Ausdruck, der es Rhuna ermöglichte nun klare Unterschiede zu erkennen.
Leise pfeifend nahm die Täuschung auf der schwarzen Seite den Platz des dortigen Königs ein und lächelte ihr süffisant entgegen. Ein Klatschen reichte aus, um die Fackeln um sie herum aufleuchten zu lassen.
Rhuna stand auf dem Feld der weißen Dame und sah zu ihrem Widersacher hinüber. Ihr Blick füllte sich mit Kälte und ließ kaum Platz für andere Ausdrücke. So hatte man die junge Elfe wahrlich noch nie gesehen.
„Lasst uns spielen!“, rief der falsche Yedan plötzlich, der sich daraufhin in einen dicklichen, feisten Mann verwandelte, von dem sie sofort wusste, wer er war. Kallum Fjarde! Trotz der verlorenen Erinnerungen wusste sie es. Der Anblick wurde begleitet von aufkeimender Wut, die aus ihren Sorgen geboren wurde. Sie kam damit irgendwie zurecht, wenn sie selbst in Gefahr war. Doch Rhuna war hier nicht mehr alleine – noch dazu wusste sie wie Schach gespielt wurde und was ihre Plätze symbolisierten. Kallum wollte spielen – wirklich spielen!
Rhunas Hände ballten sich zu Fäusten. Ihre Wut kochte immer höher und wandelte sich ein Gefühl, das Hass nicht unähnlich war. Würde dieser widerliche Kerl Bjorg und… vor allem Yedan verletzen, würde sie ihm das wirklich nicht verzeihen. Geschweige denn ungesühnt lassen. Dieses aufwallende Gefühl war neu und völlig untypisch für die Elfe, die normal sehr friedlich und verzeihend war. Ihr Weltbild war nie schlecht gewesen – eher ein wenig naiv! Doch nun wandelte es sich. Sie hatte die Augen für die unbekannte Welt außerhalb ihres harmonischen Hains geöffnet und sich den Herausforderungen gestellt, denen sie begegnet war. Und sie hatte gelernt, dass nicht jeder gut war – nicht jeder den anderen achtete.
„Wenn du gewinnst, bekommst du das Amulett und EINEN deiner Kerle. Wenn ich gewinne, bekomme ich deine Kerle und das Amulett. Du darfst dennoch gehen und in ewiger Schande und Schmach leben!“ Das boshafte Lachen hallte ihr in den Ohren. Rhuna stand da und sah den Mann an, der zwei Personen bedrohte, die ihr wichtig waren. Der eine bedeutete ihr mehr als das eigene Leben.
„Mich beklaut man nicht!“, offenbarte Fjarde und steckte sich eine Zigarette an. Es war zwar bereits ihre Vermutung gewesen, doch nun bekam sie zumindest dahingehend Sicherheit. Es ging hier noch immer um den Diebstahl und das Amulett!
Trotz der tobenden Gefühle fand die brünette Elfe plötzlich eine gewisse Ruhe. Im Grunde wusste sie nun, was hier los war und auf was der Händler aus war. Auch ohne Erinnerungen, wie es zu alldem kommen konnte. Und Rhuna wusste nur, dass sie alles dafür tun würde, Bjorg und Yedan zu beschützen…!
„Weiß zieht als erstes!“, rief er, woraufhin sie die Arme vor sich verschränkte, indem sie die Hände an die Ellbogen legte. Äußerlich schaffte sie es ruhiger zu wirken, als sie es innerlich war. Doch im Grunde fand sie trotz der Situation eine gewisse Souveränität zurück. Nichts hatte sich verändern und man versuchte sie zu einem Spielball zu machen. Der Dämon im Waldelfendorf… der Goblin, der auch zu einem Dämon wurde und nun als Strippenzieher Kallum Fjarde.
„Ich kenne die Regeln des Spiels!“, sagte sie in einem kühlen und herablassenden Tonfall, den auch ihr Blick wiederspiegelte. Sie machte keinen Hehl daraus, was sie von Kallum Fjarde hielt. Im Grunde könnte sie sich ihm im Schach wirklich entgegenstellen, denn in ihrer Familie war dies ein gern gewähltes Spiel gewesen. Aber sie sah es gar nicht ein nach der Pfeife dieses Mistkerls zu tanzen. Und so bekam Fjarde dieselbe Seite von ihr zu schmecken, wie auch bereits der Goblin auf der Bühne: Rhuna stellte sich quer!
„Aber ich habe nicht die geringste Lust zu spielen! Schon gar nicht nach deinen Regeln!“, wies sie ihn deutlich ab. Und lockerte ihre Hände und griff mit Zeigefinger und Daumen zu Florencias Anhänger. Nicht um diesen zu aktivieren, sondern um ihn sachte und präsentierend anzuheben.
„Hast du vorhin nicht selbst erkannt, dass das Amulett nicht in deinen Besitz gehört?“, fragte sie und deutete damit auf den Kommentar hin, den er in seiner Scharade, als falscher Yedan, von sich gegeben hatte.
„Wenn du es haben willst, komm her! Hol es dir! Aber vergiss auch nicht meine anderen Worte, denn ich werde alles daran setzen sie zu erfüllen!“ Ihr Blick verriet, dass es keine leere Drohung war. Rhuna hatte keine Ahnung, ob es ihr noch einmal gelingen würde Magie zu wirken, aber das konnte auch dieser Mistkerl nicht wissen. Er hatte dort unten überrascht gewirkt und nicht erwartet, was sie dank Florencias Anhänger zustande bringen konnte. Das versuchte sie ein wenig auszunutzen – und sie tat es durchaus überzeugend.
Vermutlich würde sie sich sicherer fühlen, wenn sie sich an die vergessenen Geschehnisse erinnern könnte. Für sie fühlte es sich so an, als würde sie einem völlig Fremden gegenüberstehen, der über sie deutlich mehr wusste.
„Ich werde dir das Amulett nicht überlassen, denn es gehört weder dir, noch mir! Und ich werde auch keinen meiner Begleiter zurücklassen!“ Ihr Blick verengte sich warnend. Rhuna wusste, dass sie nichts besaß, was einem Händler, wie Kallum genügen würde. Sie erinnerte sich nicht, aber sie vermutete, dass sie Yedans Rat gefolgt war und sie das Gespräch mit dem Händler gesucht hatten – und genau das war offensichtlich mächtig schiefgegangen!
„Ich war gewillt mit dir zu verhandeln, als ich herkam. Aber nun nicht mehr! Deine Gegenleistung hast du dir verspielt!“ Wenn sie müsste würde sie das Amulett noch einmal einsetzen – um Bjorg und Yedan zu schützen. Ob sie das gefährden würde, war ihr in diesem Moment egal! Es war die Macht ihrer geliebten Göttin und noch immer wollte sie es nicht aus Machtgier anwenden. Nichts ließ sie glauben, dass auch Florencia das alles hier oder einen von ihnen in Gefahr sehen wollte. Und wenn Kallum sie bedrohte… würde Rhuna dies nur erwidern. Dahingehend hatte sie sich verändert. Ihre Naivität und die blinde Gutgläubigkeit in andere war zersprungen. In der Welt tauchten immer wieder Kriege und Grausamkeiten auf. Sie wollte sich das Gute bewahren – aber sie würde auch verteidigen, was ihr Lieb und Teuer war. Und dabei war sie bereit bis zum Äußersten zu gehen…
„Lass uns gehen! Oder das Spiel endet tatsächlich im Harax – aber ich verspreche dir, dass es dein ganz persönlicher werden wird!“ Je nachdem was Kallum nun tun würde, würde sie nicht scheuen erneut ihre Hand um das Amulett zu schließen...! Sollte dies überhaupt nocht einmal funktionieren...

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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Erzähler » Montag 6. Januar 2025, 23:57

Warum auch immer Rhuna schon wieder in eine solche Situation geraten ist, ließ sich gar nicht genau sagen. Sie wusste nur, dass sie längst nicht mehr so unbescholten an diese Dinge heranging. Sie hatte genug erlebt, hatte es quasi heraufbeschworen und gleichzeitig verlangte es sie zu wissen, wieso. Da sie eine Antwort auf diese Frage im Moment nicht erhalten würde, musste sie zusehen, dass sie Herrin der Situation blieb. Rhuna ließ sich von einem Dämon zum wiederholten Male nicht aufhalten. Sie stellte sich mutig und furchtlos entgegen, um sich nicht unterkriegen zu lassen. Man könnte fast schon behaupten, dass ihre Mutter ihr einen guten Dienst erwiesen hatte, sie all die Jahre zuvor unterdrückt zu haben. Denn jetzt entfesselte die eigentlich naive Elfe einen immens starken Willen vor allem für alles, was sie liebte einzutreten. Und es zeigte Wirkung. Nicht nur, dass sie mit Hilfe des Amuletts tatsächlich einen Dämon besiegte, sie fand sich auch in den Armen ihres Liebsten wieder. Yedan… eben jener, der ihre innere Stärke am meisten hervorbrachte, sah ihr in die Augen. Rhuna konnte ihr Glück kaum fassen und … tat es auch nicht. Sie blieb ein wenig zurückhaltend, auch wenn sein Anblick in ihr einen heftigen Wunsch entfachte. Sie würde niemals zulassen, dass ihm etwas geschah. Das hatte sie bereits damals im Wald nach dem Bärenangriff nicht getan. Sie hatte bis zur Erschöpfung um sein Überleben gekämpft! Und anschließend hatte sie alles in Bewegung gesetzt, um im Dorf der Waldmenschen für ihn alles zum Guten zu wenden. Rhuna hatte von Anfang an einen unglaublichen Willen gezeigt, Yedan zu… retten. Das änderte sich nun nicht, sondern verstärkte sich in einer Weise, die sie von sich selbst nicht kannte. Und die auch Yedan aufschrecken ließ. Allerdings bemerkte Rhuna sofort, dass etwas anders war. Dass Yedan seltsam reagierte.
Er… er hatte sie noch nie verurteilt. Sie nie gemaßregelt. Nicht in dieser Art und Weise. Und aufgrund dessen, blieb sie mit einem Mal vorsichtig. Die Freude ihn zu sehen war echt, aber sie wurde durch diese Eigenheiten vergiftet. Und der Verdacht, dass hier etwas nicht stimmen konnte, verhärtete sich noch, als Yedan scheinbar vollkommen überrascht von dem war, was Rhuna mit Hilfe des Amuletts angerichtet hatte. Sein fester Griff gab ihr dann den Rest. Sie wusste auf einmal, dass der Sarier nicht ihr Sarier war. Doch zu spät. Yedan gab ihr nicht die Chance, ihm zu entkommen und im Nachhinein war es vielleicht auch in Ordnung. Denn endlich fand sie sich nicht mehr in dieser scheußlichen Gegend wieder, sondern wurde in einen neuen Ort gestoßen. Ein Schachbrett, ringsherum Fackeln und ansonsten zu Leere erfüllte nun die Umgebung. Die Elfe musste erkennen, dass sie noch längst nicht in Sicherheit war. Sie entdeckte Bjorg und schließlich auch ihren echten Sarier. Er erwiderte ihren Blick und rüttelte an seinen Fesseln, doch erregte Kallum Fjarde ihre Aufmerksamkeit. Und er offenbarte, wozu sie hier war. Spielchen spielen. Wie der Dämon. Rhuna konnte der Gedanke kommen, dass der Goblin ebenfalls aus Kallum’s Feder stammte. War er der Regisseur all dieser grotesken Szenarien? War es möglich, dass sie gar nicht im echten Harax war, sondern… Kallum dahintersteckte? Er gab sie gönnerhaft, feist und dick und machte keinen Hehl daraus, dass er sich weit über ihr stehend empfand. In Rhuna schürte sein Gehabe nur Wut. Sie hatte es so satt, dass man sie herumschubste, dass sie ständig diesen Ängsten um ihre Liebsten ausgesetzt war. Dass jemand dahergelaufen kam, um ihr Schmerzen zuzufügen. Es reichte ihr.

„Ich kenne die Regeln des Spiels! Aber ich habe nicht die geringste Lust zu spielen! Schon gar nicht nach deinen Regeln!“, konterte sie und Kallum paffte an seiner Zigarre. Er hustete bei ihren Worten und hielt sich erst empört, dann genervt die Nasenwurzel. „Geht das schon wieder los?!“, maulte er und offenbarte Rhuna damit, dass er womöglich selbst dieser Goblin gewesen war? Oder zumindest in irgendeiner Form anwesend war. Gesehen hatte sie ihn aber nicht… „Hast du vorhin nicht selbst erkannt, dass das Amulett nicht in deinen Besitz gehört?“ „Hast du vorhin nicht selbst erkannt, dass das Amulett nicht in deinen Besitz gehört?!“, äffte er sie albern nach und winkte schnaubend ab. „Nein?! Hab ich nicht, Schätzchen!“, gab er spuckend bekannt. Sie wusste es aber besser. Er war ein Halunke, ein Spieler und er hasste es, wenn man ihn an seiner Ehre packte. Das war schon beim Goblin der Fall gewesen. „Wenn du es haben willst, komm her! Hol es dir! Aber vergiss auch nicht meine anderen Worte, denn ich werde alles daran setzen sie zu erfüllen!“ „Du drohst mir, Elfe? Wer glaubst du, gibt dir die Macht dazu?!“, wollte er geifernd wissen und schrie schon fast. Bjorg zitterte verängstigt und presste die Augen zusammen. Er wagte nicht, sich zu rühren. Während Yedan das Wortgefecht in seiner Position miterlebte und Rhuna einen mehr als stolzen Blick zuwarf. „Ich werde dir das Amulett nicht überlassen, denn es gehört weder dir, noch mir! Und ich werde auch keinen meiner Begleiter zurücklassen!“, setzte Rhuna nun an, den Spieß umzudrehen. „Grrrr“, kam es seitens Kallum und er warf achtlos die Zigarre weg. So langsam machte ihm das keinen Spaß mehr. „Was bist du nur für eine Ziege! Du spielst nicht, du schreist nicht, du jammerst nicht. Hat man dir kleines, vorlautes Ding nicht beigebracht, wie sich ein Mädchen zu verhalten hat?!“, spie er ihr gallig entgegen und offenbarte sein hässliches Herz. „Ich war gewillt mit dir zu verhandeln, als ich herkam. Aber nun nicht mehr! Deine Gegenleistung hast du dir verspielt!“ „DU hast mich NICHTS anzubieten, WEIB!“, schrie Kallum und langsam hielt ihn nichts mehr auf seinem Posten des Königs. „Das Amulett gehörte mir, es wurde MIR gestohlen durch diesen Bengel dort“, sein fleischiger Zeigefinger deutete auf Bjorg, der leise wimmerte. „Es ist MEIN Eigentum, du trägst es unrechtmäßig!“, rief er. „Nein. Florencia höchstpersönlich übergab das Amulett an Rhuna!“, rief nun Yedan und erregte die Aufmerksamkeit von Kallum. „Schnauze du geleckter Kerl!“, rief er und wedelte mit seiner Hand, dass Yedan’s Fesseln enger wurden. Der Sarier presste die Zähne aufeinander. „Lass uns gehen! Oder das Spiel endet tatsächlich im Harax – aber ich verspreche dir, dass es dein ganz persönlicher werden wird!“ Nun richtete sich der schwarze Blick seiner Seele wieder auf Rhuna. „Achja?“, fragte er lauernd und viel ruhiger als eben noch. Dunkelheit breitete sich langsam auf, während Kallum Fjarde immer größer und fetter wurde. Er überragte nach einigen Momente sogar die Spielfiguren und blickte auf Rhuna hinab, die furchtbar zart und klein wirkte. Er wollte einschüchtern. „Glaubst du kleines Wesen allen Ernstes, dass du das Zeug dazu hast, gegen mich zu kämpfen?“, donnerte die hämische Stimme über ihre Köpfe hinweg. Rhuna spürte, dass sein Atem dazu angetan war, sie von den Füßen zu wehen.
Er war mächtig… aber was war das für eine Magie? Die Dunkelheit war keine Schattenmagie, sie war dickflüssig, zäh und doch auch wieder ganz anders als die des Dämons der Angst im Waldmenschendorf. Das Schachbrett aber versank darin, bis diese pechähnliche Dunkelheit alles verschluckt hatte. Nur noch Bjorg, Yedan, Rhuna und Kallum waren sichtbar. Die Fackeln warfen unruhiges, Unheil verkündendes Licht und Kallum Fjarde schwoll noch einmal an, sodass sein Oberkörper alles überragte. „Du Wurm! Du Wicht! Du Winzling. Ich zerquetsche dich mit allem, was ich habe!“, donnerte er und hob seine Hand. Er ließ seinen Daumen auf Bjorg niedersausen, um ihn buchstäblich zu zerquetschen. Bjorg schrie, duckte sich und rollte unter dem Daumen hinweg. Yedan riss an seinen Fesseln, doch er konnte sich nicht bewegen. Kallum musste wissen, dass er durchaus handlungsfähig war, unterschätzte allerdings Rhuna über die Maßen. Die Elfe sah zu, wie Bjorg bedroht wurde und Kallum immer mehr an Volumen zunahm. Sie spielte bereits mit dem Gedanken das Amulett zu nutzen, ihre Finger berührten das Schmuckstuck und dennoch hielt sie sich zurück. Aber was konnte sie noch tun? Rhuna sah, dass Bjorg näher an Yedan herangekommen war, sodass sie Kallum vielleicht noch ein wenig ablenken konnte? Bjorg könnte Yedan womöglich befreien, das gab mehr Handlungsmöglichkeiten. Wie auch immer Rhuna sich entschied, irgendwann geriet der Fokus ohnehin wieder auf sie. Sie trug das, was Kallum wollte. Und wie sehr, zeigte sich schließlich darin, dass er mit seiner massigen Hand nach ihrer schlanken Gestalt griff. Er wollte sie erwischen, doch seine Größe machte ihn auch schwerfälliger. Rhuna war wendig, flink und konnte ausweichen, sobald er zupacken wollte. Doch letztendlich würde das nicht ewig so weitergehen. Es reichte aus, dass Bjorg und Yedan gemeinsam um Kallum herumlaufen konnten, um so endlich zu Rhuna aufzuschließen. Vereint, umfasste Yedan ihre Hand und hielt sie fest. Er beschützte sie nicht, er glaubte nicht eine Sekunde, dass sie seinen Schutz wahrlich nötig hätte. Aber er spendete ihr Zuversicht, Beistand und Liebe. Die Kraft, weiterzumachen.

Kallum aber wurde es langsam zu bunt. „Ihr könnt nicht ewig davonlaufen!“, geiferte er erneut wütend und schlug mit der massigen Faust auf den Boden, dass er wackelte. Rhuna, Yedan und Bjorg hatten Mühe auf ihren Beinen zu bleiben. Die meterhohe Faust hob sich abermals an und wollte sie unter sich zerquetschen. Sie sahen bereits das Fleischige auf sie zukommen, ohne einen Ausweg zu haben, da aktivierte sich erneut die Macht des Amuletts. Ein gleißend grüner Strahl entfuhr dem Amulett und löste die Schwärze vor einen Moment ab. Rhuna spürte abermals die durchflutende Macht, das grüne Feuer des Lebens, der Natur und Göttlichkeit. Es war so wahnsinnig berauschend… Sie fühlte sich übermächtig und sah wieder den Baum vor ihrem geistigen Auge. „NEEEEEEIN!“, schrie Kallum Fjarde donnernd und ohrenbetäubend. Er wurde nicht kleiner und die Dunkelheit verschwand auch nicht gänzlich, aber es passierte etwas anderes… Mit einem Mal wurde der gesamte schwarze Raum von einem gleißenden Licht erfüllt. Es wurde warm, zuversichtlich, liebevoll. Alles um sie herum versank im Licht, während das Dunkel verschwand. Kallum aber schrie gequält auf, er wurde kleiner und kleiner und mit einem Mal schälte sich eine ihnen unbekannte Silhouette aus dem Licht. Erst undeutlich, zeichneten sich rote Haare ab, wurden deutlicher, bevor immer mehr Details sichtbar wurden. Rhuna, die von der Magie des Amuletts noch korrumpiert wurde, bekam es vielleicht nur am Rande mit, aber sie war in der Lage zu sehen. Mit einem Mal stand zwischen ihnen, die noch immer am Boden lagen und Kallum, der immer kleiner wurde, eine rothaarige Frau. In ihrem Gesicht prunkten freche Sommersprossen, ihre gelben Augen funkelten zuversichtlich und ihre feinen Lippen zierte ein Lächeln. „Schluss jetzt damit! Die Götter wollen sich mit dir unterhalten, Kallum!“, deutete sie mit einem Finger auf den Fetten, während die andere Hand in ihrer Hüfte stemmte. Sie trug durch und durch bunte Kleider und auf ihrer Schulter saß ein kleines Tier, ähnlich wie Pitt… Ein Ottsel. Woher sie kam, wieso und warum war nicht erkennbar, aber sie war unverkennbar ein Problem für Kallum. Jener aber wurde kleiner und kleiner. Das gleißende Licht blieb, auch wenn Rhuna und ihre Freunde in der Lage waren zu sehen. Bevor Kallum aber seine Normalgröße hatte, griff er noch mal nach Rhuna und riss ihr trotz der Göttlichkeit das Amulett vom Hals. Sofort hörte diese Magie auf zu wirken und hinterließ in Rhune für einen Moment Leere. Jene wurde gemildert, als Yedan sich ihrer annahm und sie stützte. „Wirst du wohl!“, rief die Rothaarige mahnend und wischte mit ihrer Hand einmal durch die Luft. Sofort wurde Kallum zu einem kunterbunten Ballon und schrie auf. „WAHHH LASS DAS!“, wetterte er und seine Stimme war voller Panik. Dann wandte sich das Mädchen zu Rhuna, Yedan und Bjorg um und grinste kess, ehe sie zwinkerte. „Aus die Maus!“, rief sie lachend und es klang, wie das pure Leben, ehe sie mit dem Finger schnipste und Kallum Fjarde in kunterbuntes Konfetti zerplatzte. Die ganzen Schnipsel regneten auf Rhuna herab, bedeckten sie kurz, ehe sie verschwanden. Das Licht wurde weniger, flaute pulsierend ab, ehe sich die Rothaarige umdrehte und ihnen dreien die Hände hinhielt, damit sie aufstehen konnten. Sobald sie nach ihren Fingern griffen und sich aufhelfen ließen, veränderte sich auch der Raum um sie herum.

Rhuna fand sich plötzlich an einem gänzlich anderen Ort wieder. Es war ihr vertraut und gleichzeitig war sie erst einmal hier gewesen. Das sanfte Plätschern von Wasser erfüllte als erstes die Geräuschkulisse. Der Himmel war zartrosa und die Sonne strahlte eine angenehme Wärme aus. Es war friedlich, die Luft frisch und rein. Vögel zwitscherten und Rhuna sah das immens grüne Gras zu ihren Füßen. Im Gras lag auch das Amulett. Sie konnte es berühren und doch würde nichts geschehen. Sie würde erkennen, dass dieses Amulett die Macht eingebüßt hatte, dass es beschmutzt worden war, durch Kallum, der es anfasste. Die Rothaarige wandte den Kopf. „Ihr seid hier sicher, liebe Freunde. Kallum wird nicht wiederkommen, er ist weg.“ Sie lächelte aufrichtig. „Seine Grauschelmmagie kann euch nichts mehr anhaben. Ihr habt euch sehr gut geschlagen…“, nickte sie ihnen zu. Das Ottsel auf ihrer Schulter, das Pitt so ähnlich sah gähnte herzhaft. „Können wir jetzt was essen, Nell? Ich hab echt hunger und hier ist ja wohl alles erledigt!“, meinte er und Nell grinste frech auf. „Sicher. Ich wünsche euch viel Glück. Florencia sagte, ihr könnt hier einen Moment ausruhen. Wenn ihr wisst, wie es für euch weitergeht, wohin ihr wollt, dann sollt ihr einfach durch das Portal da gehen und es führt euch überall hin auf der Welt. Geht natürlich nur einmal!“, sie deutete auf den Spiegel, den Florencia für Rhuna einst erschaffen hatte, damit sie ihre Erlebnisse erneut sehen konnte. Dann aber war auch das rothaarige Mädchen einfach verschwunden und Rhuna war mit Yedan, Bjorg und dem scheinbar kaputten Amulett allein in Florencia’s Hain.
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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Freitag 10. Januar 2025, 23:20

Die Auseinandersetzung mit Kallum geriet natürlich außer Kontrolle. Rhuna bot ihm die Stirn, doch das Resultat war, dass sie den Händler immer stärker provozierte und verärgerte. Er schien es gewohnt zu sein, dass Personen um ihn herum nach seiner Nase tanzten und wenn sie es nicht taten, würde er ihnen Beine machen! Grauschelm-Magie war Rhuna so gut, wie unbekannt. Sie hatte natürlich davon gehört, doch wusste sie zu wenig darüber, als dass sie diese sofort erkannt hätte. Umso beängstigender waren all die Täuschungen, die leider viel zu echt wirkten.
Bjorg konnte vermutlich am wenigsten mit der Angst umgehen. Sowohl Yedan, als Rhuna hatten im Leben schon furchterregendere und beängstigendere Situationen durchgemacht und doch waren auch die beiden Elfen sicher nicht frei von Sorge und Ängsten, während sie vor den Angriffen davonliefen. Es fühlte sich so an, als wären sie Mäuse, die in einer Kiste gefangen waren und einem tödlichen Schlag nach dem Nächsten ausweichen mussten.
Kallum war mächtig und Rhuna hatte ihn selbst herausgefordert. Doch im Grunde hatte sie nichts anderes tun können, außer auf- oder nachgeben und dem Widerling seinen Willen zu lassen. Und das war nicht in Frage gekommen. Auf dem ein, oder anderen Weg hätte er sie früher oder später angegriffen.
Als Bjorg ernsthaft in Gefahr schwebte sah Rhuna keinen anderen Ausweg mehr. Sie konnte sich ihm nur stellen und die Magie von Florencia ein weiteres Mal einsetzen, um ihn und im Grunde sie alle drei zu beschützen. Ihre eigenen Kräfte, die noch lange nicht groß, oder gar gute beherrscht waren, waren bereits erschöpft.
Ihre Hand umschloss den Anhänger mit der innigen Bitte, dass die Göttin der Natur ihr noch einmal beistehen würde. Dafür, dass sie es nie hatte aktivieren wollen, nutzte sie es bereits in einem kurzen Zeitraum das zweite Mal…! Doch was blieb ihr, außer dem Tod?
Die Macht aktivierte sich und durchströmte sie sofort. Es war ein unbeschreibliches Gefühl! Und doch war es nicht diese Macht, die ihre Situation änderte. Noch etwas geschah – beinahe zeitgleich! Neben dem grünen Licht der Natur, das von ihr und dem Anhänger ausging, durchbrach die Dunkelheit eine weitere Kraftquelle, die alles erhellte. Und noch jemand betrat die schaurige Bühne des Händlers!
Rhuna hörte Kallum laut aufschreien. In ihrem Zustand nahm sie alles ein wenig anders wahr, doch auch die Magie des Anhängers hielt sich plötzlich zurück, als würde sie ganz genau wissen, dass sie nun nicht vorrangig aktiv werden musste.
Eine rothaarige Frau mit einem sommergesprossten Gesicht und einem fröhlich-warmen Lächeln erschien und stellte sich Kallum entgegen. Wer sie war und wieso sie ihnen half, wusste vermutlich niemand. Der Einzige, der den Ernst seiner Lage erkannte war der Grauschelm-Magier.
„Schluss jetzt damit! Die Götter wollen sich mit dir unterhalten, Kallum!“, erklärte die Frau dem Kontrahenten und sorgte dafür, dass dieser wieder auf Normalgröße schrumpfte. Doch trotz seiner nun benachteiligten Gestalt – denn der Händler besaß keinen Körperbau und sicher auch keine Kondition, mit der er ohne seine Magie viele Vorteile ergattern könnte – nutzte er den Bruchteil einer Sekunde, in dem er die Chance erhielt Rhuna das Amulett vom Hals zu reißen. Sofort brach die Verbindung ab und Rhunas Körper wurde die Macht der Naturmagie entzogen, als würde man einen Eimer Wasser auskippen. Es war kein angenehmes Gefühl und sie verlor den Halt, den sie nur dank Yedans Unterstützung wiedererlangen konnte.
Als sich seine Arme um sie schlossen griff sie in den Stoff seines Ärmels. Das ausgemergelte Gefühl wurde dank seiner Wärme abgemildert und so gelang es ihr das Geschehen weiter verfolgen zu können, ohne kurzzeitig vor Erschöpfung – und Schreck in eine Dämmerung zu sinken.
Die rothaarige junge Frau, die eine bunte und lebendige Ausstrahlung hatte, wie ein Papagei im Kapayu, griff sofort ein und führte Kallum einer wohlverdienten Strafe zu: Der dickliche Händler wurde zu einem kunterbunten Ballon, ehe er mit einem Fingerschnipsen ihrerseits platzte und in flitterndes Konfetti zerfiel.
„Aus die Maus!“, rief sie lachend und drehte sich zu den Geretteten um, die sie alle vielleicht ein wenig überfordert und erstaunt ansehen würden. Mit solch einem ‚außergewöhnlich bunten‘ Ausgang hatte immerhin keiner von ihnen gerechnet!
Ein weiteres Schnipsen erfolgte und Rhuna war mit ihren Begleitern in dem vertrauten und wunderschönen Hain der Florencia. Alles um sie herum war friedlich, harmonisch und von sprühendem Leben! Nur das Amulett lag vor der Elfe im Gras und wirkte farblich, wie auch von den Kräften ermattet. Kallum hatte es durch seine Magie verschmutzt und dadurch scheinbar unbrauchbar gemacht…
Ihre Retterin wandte sich nun ihnen zu und erklärte ihnen, dass sie nicht länger in gefahr schwebten.
„Ihr seid hier sicher, liebe Freunde. Kallum wird nicht wiederkommen, er ist weg. Seine Grauschelmmagie kann euch nichts mehr anhaben. Ihr habt euch sehr gut geschlagen…“ Ihre Worte ließen Rhuna ein wenig ratlos zurück – wie im Grunde ihr ganzes Erscheinen. Doch war es wichtig wer sie war, woher sie kam und wieso sie sich eingemischt hatte? Vermutlich nicht und aus irgendeinem Grund hatte die Shyáner-Elfe nicht das Gefühl, als würden sie mehr erfahren. Besagte Nell, wie das Ottsel sie ansprach … besaß eine Ausstrahlung die nicht von dieser Welt zu kommen schien…
„Ich wünsche euch viel Glück. Florencia sagte, ihr könnt hier einen Moment ausruhen. Wenn ihr wisst, wie es für euch weitergeht, wohin ihr wollt, dann sollt ihr einfach durch das Portal da gehen und es führt euch überall hin auf der Welt. Geht natürlich nur einmal!“
Rhuna folgte dem Fingerzeig und erkannte den Spiegel, den Florencia bei ihrem Treffen erschaffen hatte, damit sie ihre Erlebnisse erneut sehen konnte.
„Ich… danke dir…!“, wollte Rhuna sich gerade bedanken, als sie endlich nach alldem ihre Stimme wiederfand, nur um festzustellen, dass ihre Retterin verschwunden war.

Ihre Situation hatte sich schlagartig verändert – hatte gut geendet und war doch sehr chaotisch und überwältigend geschehen. Ihr Blick hob sich und sah nun endlich in Yedans Gesicht, fand seine Augen, in denen sie den Schimmer entdeckte, der Kallums Version gefehlt hatte.
Ihr Ausdruck war ernst und betroffen… denn auch, wenn sie gerettet waren, waren sie einer erschreckenden Situation ausgeliefert gewesen, die nicht mit dem nächsten Wimpernschlag vergessen sein würde. Und doch machte sich in ihr nun eine große Erleichterung frei.
Rhuna drehte sich in seinem Griff zu ihm um und schlang die Arme um ihn. Ihre Stirn drückte sich gegen seine Brust und sie schloss für einen Moment die Augen, um wirklich die Registration durchsickern zu lassen, dass die Gefahr vorbei war … er in Sicherheit war.
Man konnte wirklich sagen, dass Rhuna versucht hatte stark zu bleiben, nicht einzuknicken oder ihre Angst zu zeigen. Sie war tapfer gewesen und sich als selbstsicherer präsentiert, wie sie sich innerlich gefühlt hatte. Ihr Griff war etwas angespannt, was dem Sarier vermutlich verriet, wie es eigentlich in ihr aussah. Sie war nicht abgebrüht oder furchtlos! Die ganze Zeit hatte sie Angst um ihn und Bjorg gehabt… und im Grunde nicht gewusst was passieren würde, wenn sie es mit der Macht des Anhängers unwissentlich übertrieb.
Yedans Geruch beruhigte sie ein wenig. Sie wollte auch kein Lob hören, oder dass sie mutig gewesen war, denn in ihren Augen war sie das nicht gewesen. Tapfer vielleicht, aber nicht mutig. Die Bedrohung durch Kallum hatte noch etwas ganz Anderes in ihr geweckt und der Elfe bewusstgemacht: Sie hätte getötet …! Und dass ihr diese Bereitschaft unter diesen Bedingungen recht mehr erschien, anstatt beängstigend, erschreckte sie für den Moment. Ihr wurde klar, dass sich ihre Weltanschauung veränderte…!
Für ein paar Sekunden verweilte sie so, ehe sie den Kopf hob und wieder aufsah. Ihr Violett sprach wortlos die tiefen Gefühle aus, die sie für ihn empfand. Doch dann wandte sie den Kopf und traf auf Bjorgs Gestalt und in ihren Blick trat Mitgefühl. Der junge Mann musste den Schreck seines Lebens erlebt haben und sie wusste nicht einmal, ob sie ihn in diese Lage gebracht hatte, denn die Erinnerungen, wie sie auf den Ball des Händlers gekommen waren, schienen weiterhin verloren.
Noch immer hatte sie nichts gesagt, aber nun atmete sie etwas länger aus, als würde sie wieder ihre Fassung zusammenklauben. Ihre Finger griffen nach Yedans Händen, drückten die leicht und sie sah ihn mit einem entschuldigenden Lächeln an, ehe sie ihn losließ und den Sohn ihres verstorbenen Freundes – sollte er es zulassen – in eine Umarmung zog.
„Es ist vorbei – nun ist alles gut!“, bestätigte sie ihm auch noch mal und versuchte für ihn Zuversicht auszustrahlen. Wie sehr würde sie es ihm wünschen, dass er sein Leben nun wieder in kontrollierte Bahnen lenken konnte!
Die Umarmung lösend lächelte sie ihn an und nickte noch einmal. „Du kannst nun wieder frei leben Bjorg! Das ist eine neue Chance!“, freute sie sich für ihn ehrlich von tiefstem Herzen! In ihr selbst sah es ein wenig anders aus. Rhuna fühlte sich… erschöpft… verwirrt und ein wenig aus den Fugen gerissen. Gleichzeitig … erleichtert, glücklich und gestärkt! Die Widersprüche wogen auf ihr und es würde ein wenig Zeit und Ruhe brauchen, um sie zu sortieren und zu verstehen. Genau das war es… wonach sich die junge Elfe gerade sehnte: Ruhe… Vertrautheit… ein wenig Zeit, um sich zu sammeln und zu sortieren.
Ihr Blick wanderte wieder zu Yedan und gedanklich bildeten sich um ihn die Bäume des Sarius. Ihr Herz füllte sich mit Sehnsucht ... dem Gefühl von Heimweh – das sich nun für ihn deutlich sichtbar in ihren Augen widerspiegelte.
Rhuna wusste nicht, was Bjorg nun vorhatte. Sie würde ihm zuhören und noch immer für ihn da sein, wenn er ihren Rat brauchte und wollte. Doch danach… vielleicht, als sich Bjorg den wundervollen Hain etwas näher betrachtete – wann bekam man immerhin die Gelegenheit in einem göttlichen Reich zu sein? – lehnte sie sich wieder an ihren Liebsten und murmelte leise:
„Ich will … heim!“ Und damit meinte sie nicht Shyána, was sie ihm im nächsten Moment auch offenbarte. „Können wir… zurück ins Dorf?!“ Vielleicht würde es Yedan überraschen, dass sie so für seine Heimat empfand! Doch ihr Herz machte allein bei der Vorstellung einen Hüpfer, denn sie hatte das Waldmenschendorf und so viele ihrer Besucher liebgewonnen und in ihr Herz geschlossen. Es war dieser Ort, der in ihr das Gefühl von Heimat erweckte… und das ohne, dass sie es bisher wirklich bemerkt, oder verstanden hatte.
Sie hob den Blick und tastete seinen Gesichtsausdruck nach Antworten ab, was er wollte. Was er empfand und wie es ihm ging! Yedan stand immer an ihrer Seite und stellte sich zurück. Sie hoffte, … dass dies auch sein Wunsch sein würde, denn sie wollte wirklich, dass auch er seinen Weg finden und an ihrer Seite gehen könnte.
Die Reise nach Santros hatte von ihm einiges abverlangt. Und doch hatte sie nicht das Gefühl gehabt, oder er sie glauben lassen, dass er die Reise nicht auch genossen hatte. Immerhin nicht bis zu ihrem Gedächtnisverlust! Auch der Halbelf war neugierig auf die Welt da draußen. Doch das schloss ja keine Rückkehr in den Sarius aus, oder dass sie sonst nie woanders noch hinkommen würden! Vielleicht wäre auch er… froh, nach diesem nächsten Abenteuer, noch einmal zurückzukehren. Immerhin hatte er seine Zurückerlangte Dorfzugehörig nicht wirklich lange erleben können…
Ihre Finger suchten nach seiner Hand und verschränkten sich mit seinen, die sie dann sachte drückte. Es war nicht so, dass es Rhuna schlecht ging, oder sie sich klein und schwach fühlte. Sie war einfach aufgewühlt, und gleichermaßen erschöpft … und fühlte einfach in einem Impuls, dass es für sie das Beste wäre, den Ort aufzusuchen, an dem sie sich geborgen fühlte, um all das zu verarbeiten und daran zu wachsen…!
„Und du? …“, fragte sie nun leise, aber durchaus offen für alles, was ihr Liebster sagen oder vorschlagen würde.
Ob sie sich einig waren – oder, ob Bjorg sich vielleicht auch in das Gespräch und die Entscheidung einklinken würde – vielleicht würde er ja nun einen Tapetenwechsel anstreben, würde sie dann sehen...

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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Erzähler » Samstag 11. Januar 2025, 13:58

Es war wohl schwer zu verstehen, was überhaupt geschehen war. Und warum. Den Grund kannte Rhuna bisher noch nicht, doch das war in diesen ersten Momenten, da es endlich vorbei war, auch erstmal nicht wichtig. Rhuna atmete auf. Sie war in Florencia’s Hain, was ihr sofort ein Gefühl von Frieden und Erholung brachte. Zudem waren Yedan und auch Bjorg bei ihr und mehr hatte sich Rhuna nicht gewünscht. Das Erlebte musste erst noch verdaut werden, aber das würde sich nach und nach gewiss lösen lassen. Jetzt brauchte sie den Blick in diese wundervollen, hellbraunen Augen. Er erwiderte ihn und lächelte sogar leicht. Seine Hand fand ihre Wange, streichelte sie liebend und behutsam, während Rhuna’s Ausdruck verriet, dass sie schlicht und ergreifend dankbar und erleichtert war. Sie hätte es sich niemals verziehen, wenn Yedan etwas passiert wäre. Es war ein immenser Druck dahinter, dass sie Yedan stets in Sicherheit wissen wollte. Aber ihm ging es mit ihr nicht anders, das konnte sie in seinem Blick erkennen. „Geschafft“, raunte er ihr halblaut zu und hob einen Mundwinkel an. Sie wussten beide, dass es brenzlig gewesen war. Und Rhuna wusste, dass sie ihre Souveränität nur zum Teil wahrhaftig auch so empfunden hatte. Im Grunde war das einzig und allein aus der Angst geboren worden, Yedan zu verlieren. Und sie musste sich eingestehen, dass ihre Zuneigung, die tief empfundene Liebe zu ihm auch eine Schattenseite in ihr zu Tage förderte. Sie hätte getötet! Sie hatte es angedroht und diese Drohung war keine leer Worthülse gewesen. Sie konnte es in sich fühlen, sich sicher sein… Und das bedrückte sie auf eine Art, die sie erst noch verstehen musste. Wie konnte ihr ein anderer so wichtig sein? So wichtig, dass sie ihre Prinzipien neu sortierte? Oder war es das gar nicht? Schlummerte diese Seite schon immer in ihr, es hatte nur jemand gefehlt, der diese erweckte? Durch Florencia wusste Rhuna, dass ihre Verbindung zu Yedan offenbar nicht rein der Liebe wegen war. Die Göttin hatte etwas angedeutet und nicht näher beleuchtet, bevor sie in das Zimmer bei Arrond zurückgekehrt war. Aber sie hatte deutlich davon gesprochen, dass sie und Yedan etwas besonderes teilten… Etwas, das Rhuna auch jetzt spüren konnte. Wann immer sie ihm ins Gesicht blickte, er sie berührte und verschmitzt anlächelte. Es löste eine ganze Schar von Schmetterlingen aus.

Rhuna erinnerte sich, dass auch Bjorg hier war. Auch er musste vollkommen neben der Spur sein. Als sie sich zu ihm umwandte, saß der Junge von Pharus auf einem Baumstamm und stierte geschockt vor sich ins Gras. Er sah verzögert auf, als sie sich näherte. „Es ist vorbei – nun ist alles gut!“, sagte sie, als sie ihn auf die Beine zog und in ihre Arme schloss. Bjorg ließ es nicht nur zu. Der Junge schlang so fest die Arme um Rhuna, dass sie kurz das Gefühl bekam, er würde sie erdrücken. Er vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter und sie konnte fühlen, wie der Stoff des Kleides, das sie immer noch trug, nass wurde. „Tut mir leid, tut mir alles so leid, ich… ich bin so ein Idiot“, brummte er unter Tränen und schniefte leise. Rhuna löste sich von ihm und sah ihn lächelnd an. „Du kannst nun wieder frei leben Bjorg! Das ist eine neue Chance!“ Bjorg ließ Rhuna los, wischte sich mit allem, was er hatte, über das tränennasse Gesicht und nickte etwas aufgelöst. „Das werde ich, das will ich auch, das… ich… ich hätte das niemals tun dürfen, alles meine Schuld!“, wimmerte er noch immer und stand sichtlich unter Schock. Auch Rhuna merkte, wie aufwühlend das alles war. Bjorg aber schaffte es, etwas Licht in ihr Dunkel zu bringen: „Als ihr bei mir aufgetaucht seid, du und Yedan meine ich, da dachte ich, ihr nehmt mich auf den Arm! Ihr hattet Karten von Arrond erhalten, der von Kallum tatsächlich eingeladen worden war, diesem ‚Fest‘ beizuwohnen. Aber Yedan erklärte mir, dass ihr versuchen wollt, mit Kallum zu reden. Und ich… ich dachte erst, ihr seid verrückt, aber letztendlich war es ein Versuch wert.“, erklärte er seufzend. Yedan gesellte sich zu ihnen und stellte sich neben Rhuna, um ihre Hand unaufdringlich zu nehmen. Er drückte leicht, ohne den Blick von Bjorg zu nehmen. „Als wir im Haus von Kallum ankamen, da war erst alles in Ordnung. Die Gesellschaft war ausgelassen und schließlich tauchte Fjarde auf! Er entdeckte dich, Rhuna, sah das Amulett um deinen Hals. Yedan hielt es für das Beste, wenn du es trägst, damit klargestellt würde, dass es auch nicht abzumachen ist.“, erinnerte er sich. Wieder drückte Yedan Rhuna’s Hand. Es war seine Idee gewesen. Er musste sich auch schuldig fühlen, sie einer solchen Gefahr ausgesetzt zu haben. Bjorg seufzte. „Jedenfalls war er sofort wütend. Er dachte, wir wollen ihn verhöhnen und hörte uns gar nicht an. Und dann waren wir in dieser skurrilen Welt mit all diesen… Wesen, die Spiele spielen wollten!“, schüttelte sich Bjorg. Er schüttelte auch seinen Kopf, konnte es nicht fassen. Dann holte er tief Luft und schien sich etwas zu beruhigen. „Rhuna, ich weiß, dass es ganz und gar nicht so gelaufen ist, wie anfangs gedacht… aber du… ihr, ihr habt mir wirklich mein Leben gerettet. Ich muss jetzt Santros nicht verlassen, kann mein Leben in den Griff kriegen und meine Familie unterstützen. Ich kann der Vater sein, den ich nie hatte und ich will es wirklich besser machen! Wirklich…“, nun lächelte Bjorg die beiden an. Und sah seinem Vater verdammt ähnlich dabei. „Ich danke euch – wie auch immer euch das hier gelungen ist, was auch immer euch dazu befähigt, solche Abenteuer zu bestehen.. ich danke euch und ich werde euch das nie vergessen!“, schwor er und umarmte Rhuna erneut, bevor er Yedan die Hand reichte. Er verabschiedete sich und sah sich noch mal um. „Florencia’s Hain, hm? Frauen, die einfach kommen und gehen… Sprechende Ratten…“, er schüttelte den Kopf, lachte aber. Es war grotesk. Aber Bjorg hatte ein neues Lebensgefühl und wandte den Blick zu ihnen, bevor er durch das Portal trat. Er lächelte. Und Rhuna wusste, es würde für ihn gut werden… Sie hatte ihr Wort gehalten.

„Ich will … heim!“, seufzte Rhuna und lehnte sich an Yedan. Dieser legte augenblicklich einen Arm um sie und streichelte ihren Oberarm. „Shyáná ist wirklich vergleichbar“, dachte er noch, dass sie dieses ‚Heim‘ meinte. „Können wir… zurück ins Dorf?!“ Er hob die Augenbrauen und betrachtete sie kurz überrascht. Dann aber wanderte sein Blick über die wundervolle Natur, die sie umgab. Plötzlich wurde sein Lächeln lausbubenhaft: „Wirklich? Ich finde es hier ganz… nett“, grinste er und spielte darauf an, dass dieser Ort fantastisch war. Aber er wusste, was Rhuna meinte. Und der nächste Blick, der sie traf, wurde warm. Er drehte sie zu sich, dass sie einander gegenüberstanden und er die Arme um sie legen konnte. „Meinst du das ernst?“, fragte er leise, denn die Worte zwischen ihnen brauchten kein Volumen, um ihre Bedeutung zu entfalten. Rhuna tastete ihn mit ihrem Blick ab und fragte sich, was er von allem hielt und ob er wirklich so selbstlos an ihrer Seite stand. „Und du? …“ „Du empfindest das Dorf als deine Heimat?“, fragte er und in seinem Gesicht konnte sie plötzlich eine Art Erleichterung entdecken. Seine Augen bekamen sogar einen feinen Glanz. Yedan griff an ihre Wange und neigte sich zu ihr, um ihr einen liebevollen Kuss zu geben. Danach lehnte er seine Stirn an ihre und behielt die Augen geschlossen. Er atmete tief durch und lächelte glücklich. „Ich würde nichts lieber machen als mit dir gemeinsam ins Dorf zurückzukehren… in unser Zuhause… Vielleicht…“, er öffnete den Blick für sie, hielt aber die Nähe aufrecht. „Vielleicht nehmen wir uns ein eigenes Haus?“, fragte er leise und in seiner Stimme klang Hoffnung mit. Dann aber sah er sich in der Position, sich genauer zu erklären, damit Rhuna keinen falschen Eindruck von seiner erleichterten Reaktion gewann: „Ich folge dir überall hin, egal wo es dich hinzieht! Ich will die Welt erkunden, wie ich es sagte, und zwar gemeinsam mit dir.“, stellte er als erstes klar. Dann küsste er ihre Stirn, schlang erneut die Arme um sie und sprach weiter: „Aber diese Reise war… eigenartig. Die Stadt, der Tumult, das Fest… ich habe mich immer weniger, wie ich selbst gefühlt. Ich war angeschlagen, erschöpft und ich bin mir nicht sicher, ob ich so schnell wieder in eine Großstadt gehen sollte. Ich glaube… der Wald wird nicht nur mir guttun, aber ich möchte, dass du weißt, dass ich dir immer folgen werde. Und wenn du mich aus Angst, mir könnte etwas passieren, jemals zurücklässt, dann hetze ich dir Raji auf den Hals!“, drohte er und grinste erneut, während er ihr einen Blick zuwarf. „Ich meine es ernst..“, raunte er dann und umfasste zärtlich ihr feines Kinn mit Daumen und Zeigefinger. „Lass mich nie allein, weil du glaubst, ich könnte dir nicht folgen!“, forderte er und küsste sie so innig, dass kaum ein Zweifel daran bestehen dürfte, wie er zu ihr stand. Eine feine Briese umschmeichelte Rhuna und Yedan und zumindest Rhuna konnte eine ihr vertraute Präsenz wahrnehmen, die scheinbar ihren Segen gab. Rhuna’s Aufgabe in Santros war gewiss nicht so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Aber sie hatte die Bitte ihres Freundes erfolgreich bewältigt. Bjorg würde sein Leben leben und das war ihr Verdienst. Nun musste sie sehen, was die Zukunft brächte, aber sie wusste, sie würde im Sarius beginnen… Irgendwann.
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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Montag 13. Januar 2025, 17:22

Rhuna brauchte ein wenig Zeit, um die Ereignisse gedanklich zu verarbeiten und herauszufinden, ob sich ihre Grenze zum Skrupel verschoben hatte. Sie war für eine Shyána-Elfe noch jung und obwohl sie wusste, wer sie sein wollte, geriet sie seit ihrer Abreise aus der Heimat immer wieder in Situationen, die ihr Bild von sich selbst, oder ihr Ziel von ihrer angestrebten Vorstellung von sich selbst, erschütterten. Zum Positiven, wie auch Negativen! Durch ihre Mutter war sie es von klein auf gewohnt gewesen, es anderen Recht machen zu wollen und diese Eigenart legte man nicht von einem Tag auf den Nächsten ab. Es löste in ihr schnell Unsicherheiten aus, aber gerade die Auseinandersetzung mit Kallum hatte gezeigt, dass Rhuna dazugelernt hatte. Sie suchte noch nach dem richtigen Weg, dem richtigen Maß für sich, um ihre Persönlichkeit wirklich festigen zu können und sich dabei wohl zu fühlen, aber die Elfe hatte sich allen Herausforderungen gestellt, sich nicht als Spielball nutzen lassen und war bereit gewesen, die Personen, die ihr am Herzen lagen zu verteidigen! Unterm Strich konnte sie mit sich zufrieden sein, aber vermutlich war das Geschehene noch zu frisch, als dass sie sich nun gedanklich damit auseinandersetzen konnte. Das würde sie noch tun… in Ruhe… an einem Ort, an dem sie sich geborgen fühlen konnte!
Zunächst kümmerte sie sich um Bjorg, der von den Erlebnissen einen kleinen Schock erlitten hatte – und wer konnte ihm das verdenken? Kallum Fjardes Grauschelm-Magie war beängstigend gewesen, noch dazu hätte er sie wahrlich getötet.
Bjorg wusste, dass er mit dem Diebstahl Mist gebaut und im Grunde diese Situation heraufbeschworen hatte. Daher war es nicht verwunderlich, dass er sich schuldig fühlte und sich unter Tränen immer wieder entschuldigte, als Rhuna ihm Trost spendete.
Der kräftige Griff des jungen, anstrebenden Seemanns engte sie tatsächlich etwas unangenehm ein, als er die Umarmung erwiderte. Doch sie ließ ihn, kommentierte es nicht, oder versuchte sich herauszuwinden. Ihr war wichtig, dass Bjorn nun wieder das Licht am Horizont erkannte – die Chance sah, sein Leben nun in ganz neuen und hoffentlich ungefährlichen Bedingungen weiterzuführen.
Glücklicherweise brachte Bjorg Rhuna ein wenig des verlorenen Kontexts zurück, so dass sie ungefähr einsortieren konnte, wie es zu der Auseinandersetzung mit Kallum tatsächlich gekommen war. Aufmerksam lauschte die der Erzählung des anderen. Im Grunde war genau das geschehen, was sie schon vorab mit Yedan besprochen hatte. Sie hatten mit Arrond gesprochen, der ihnen eine Einladung zum Ball des skrupellosen Händlers, wie die dafür passende Kleidung besorgt hatte. Zusammen mit Bjorg waren sie dann hingegangen, um ein Gespräch der Aussöhnung zu erlangen, doch das war ordentlich schiefgegangen, als Rhuna die Kette, zur Schau stellend, getragen hatte.
Rhuna spürte, wie sich Yedans Finger etwas fester um ihre schlossen und kurz sah sie auf sein Gesicht. Vermutlich machte sich ihr Liebster Vorwürfe, obwohl er das sicher nicht musste. Hätte sie die Kette getragen, sondern Kallum beim gesuchten Gespräch nur gezeigt, hätte sich das der Situation, oder dem Ausgang dieser, sicher nichts geändert! Und Rhuna würde ihm sowieso keine Schuld geben! Er täte nie etwas im Bewusstsein, dass es sie in Gefahr bringen könnte – das wusste sie so sicher, wie dass sie Luft zum Atmen benötigte!
Für ein paar Sekunden lag ihr Blick auf dem Profil des Sariers. Ihr kamen Florencias Worte in Erinnerung, dass sie eine ganz besondere Verbindung zu Yedan besaß. Was genau das bedeutete wusste die Brünette noch nicht, aber es war unleugbar zu spüren, dass die Göttin recht hatte. Für Rhuna war Yedan von Anfang an jemand Besonderes gewesen! Und mittlerweile liebte sie ihn in einem Maße, von dem sie sich nur vorstellen konnte, dass nur das Götterpaar selbst daran herankam – was vermutlich nicht stimmte, aber für eine junge verliebte Frau fühlte es sich so an!
Ihr Ausdruck wurde für einen Augenblick weich und warm. In ihr wollte sich ein Impuls lösen die Hand zu heben und ihm eine der dunkelbraunen Haarsträhnen zurück zu streichen. Doch sie unterdrückte ihn und erwiderte lediglich sanft den Druck seiner Hand – zum Zeichen, dass alles in Ordnung und nun vorbei war.
Ihre Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf den blonden Mann ihr gegenüber, der mit seiner Zusammenfassung der Ereignisse langsam zum Schluss kam:
„Rhuna, ich weiß, dass es ganz und gar nicht so gelaufen ist, wie anfangs gedacht… aber du… ihr, ihr habt mir wirklich mein Leben gerettet. Ich muss jetzt Santros nicht verlassen, kann mein Leben in den Griff kriegen und meine Familie unterstützen. Ich kann der Vater sein, den ich nie hatte und ich will es wirklich besser machen! Wirklich…“ Das Lächeln, das Bjorg in diesem Moment zeigte, war dem von Pharus so unwahrscheinlich ähnlich, dass die Elfe einen Kloß im Hals spürte.
Pharus… ich glaube Bjorg kommt nun alleine zurecht!, sprach sie gedanklich ein wenig wehmütig, zugleich aber erleichtert zu ihrem verstorbenen Freund! Sie war sich sicher, dass der junge Seemannsschüler aus seinen Fehlern gelernt hatte und sein Leben nun wieder in den Griff bekommen würde. Vielleicht waren die Bedingungen dazu noch immer nicht perfekt, aber er besaß zumindest eine ihn liebende kleine Tochter, die ihm Halt geben würde. Für sie würde er sicher auf einem verantwortungsbewussten und richtigen Weg bleiben!
„Ich danke euch – wie auch immer euch das hier gelungen ist, was auch immer euch dazu befähigt, solche Abenteuer zu bestehen.. ich danke euch und ich werde euch das nie vergessen!“ Noch einmal umarmte Bjorg Rhuna und sie erwiderte diese mit einem herzlichen Lächeln.
„Mir reicht es vollkommen, wenn du nun deinen Weg findest und dein Leben genießt!“, äußerte sie verborgen in den Worten ihren Wunsch, dass es ihm einfach gut gehen sollte. Darüber hinaus hoffte sie, dass Bjorg sich seinen Vater zumindest dahingehend zum Vorbild nahm, dass er für sich das Beste aus dem Leben machen wollte. Vielleicht würde es sein Sohn besser hinbekommen – ohne dabei andere zu enttäuschen und den eigenen Egoismus ausufern zu lassen!
Nachdem Bjorg durch das Portal nach Santros und sein altes – neues Leben zurückkehrte wandte sich Rhuna an Yedan, suchte seine Nähe und offenbarte ihren innigen Wunsch nach Hause zurückkehren zu wollen!
Yedan legte augenblicklich einen Arm um sie und streichelte ihren Oberarm. Er missverstand ihre Worte natürlich und schien zu glauben, dass sie nach Shyána Nelle zurückkehren wollte. Florencias Hain war wunderschön und vielleicht kam das verborgene Tal mit seiner bunten Flora vergleichbar nah an diesen heran, so dass sie ihre Heimat mit ihm assoziierte.
„Shyáná ist wirklich vergleichbar.“, merkte er an, doch sie schüttelte an seiner Brust nur leicht mit dem Kopf, bevor sie aufsah und das Missverständnis aufklärte:
„Können wir… zurück ins Dorf?!“
Mit dieser Offenbarung hatte der Sarier offenbar nicht gerechnet, denn er hob die Augenbrauen und sah überrascht zu ihr hinab, bis sich nach einem Augenblick der Schalk zurück in seine braunen Augen schlich.
„Wirklich? Ich finde es hier ganz… nett.“ Rhuna lächelte nur und schüttelte über diese Aussage und Yedans Neckerei den Kopf. Natürlich war Florencias Reich wundervoll, harmonisch und perfekt! Doch das brauchte sie gar nicht – sie wollte an den Ort, der sich in ihr Herz gearbeitet hatte. Im Dorf hatte sie viele Auf und Abs durchlebt, hatte gelacht, geweint, Angst und Erleichterung gefunden und war sogar vom Tod zurück ins Leben gekehrt. Dort war nicht alles perfekt – besonders das, in ihren Augen, desaströse Rechtssystem konnte eine Reform gebrauchen! Aber es war der Ort, nach dem sich ihr Herz nun sehnte. Obwohl es auch in Shyána mindestens eine Person gab, die sie unglaublich gerne wieder in die Arme hätte schließen wollen.
Yedan drehte sich zu ihr, so dass sie einander nun gegenüberstanden. Als er die Arme um sie legte und sie dadurch locker umarmte, legte sie ihre Hände an seine Brust.
„Meinst du das ernst? Du empfindest das Dorf als deine Heimat?“, fragte er leise und Rhuna entdeckte den tastenden Blick seiner braunen Augen. Natürlich wollte er sichergehen, dass er ihre Worte richtig verstand und deutete. Doch da musste er gar nicht zögern, oder gar Unsicherheit empfinden. Die Elfe war sich sicher und das sprach ihr warmes Lächeln auch aus.
Dass sich in seinen Augen ein feiner Glanz sammelte berührte Rhuna dann doch. Natürlich hatte sie sich denken können, dass er sich darüber freuen würde, wenn sie so empfand, aber dass es ihm so wichtig zu sein schien, kam dann doch etwas überraschend. Vielleicht, weil sie selbst einen anderen Ort, als ihren Geburtsort, als Heimat gefunden hatte.
Sie ließ mit einem liebevollen Lachen ihre Hände zu seinem Nacken gleiten und hauchte mehrere Küsse auf sein Gesicht.
„Kam das wirklich so unerwartet, dass ich so empfinde?“, fragte sie voller Zuneigung und fragte dann, wie es denn in ihm aussah – was er vielleicht lieber tun wollte. Doch so unterschiedlich waren sie nicht!
Seine Hände legten sich auf ihre Wangen und nach einem liebevollen Kuss, schloss er die Augen und lehnte seine Stirn gegen Rhunas. Seine braunen Haare kitzelten dabei sanft ihre Haut und sie genoss einfach den Moment der Zwei- und Einigkeit.
„Ich würde nichts lieber machen als mit dir gemeinsam ins Dorf zurückzukehren… in unser Zuhause… Vielleicht…“ Bei dieser Aussicht begann ihr Herz etwas schneller zu schlagen. In ihr breitete sich Erleichterung aus, denn im Grunde mussten sie nur noch durch das Portal schreiten und wären bereits wieder im Dorf – wo sie zur Ruhe kommen könnten!
„Vielleicht nehmen wir uns ein eigenes Haus?“ Die Hoffnung in Yedans Stimme war unüberhörbar. Daran, dass sie sich auch ein eigenes Haus im Dorf nehmen könnten, hatte Rhuna noch gar nicht gedacht. Aber die Vorstellung gefiel ihr und zauberte eine sanfte Röte auf ihre Wangen. Im Grunde waren sie verlobt und es wäre vollkommen in Ordnung, wenn sie zusammenleben würden.
Bevor Rhuna reagieren konnte, schien Yedan aber noch etwas klarstellen zu wollen:
„Ich folge dir überall hin, egal wo es dich hinzieht! Ich will die Welt erkunden, wie ich es sagte, und zwar gemeinsam mit dir.“ Seine Aufrichtigkeit ließ ihr Lächeln vor Glück nur noch ein wenig wachsen. Sie nickte und bestätigte damit, dass sie daran nie gezweifelt hatte. Der Gedanke an ein eigenes Haus mit ihm im Sarius war wundervoll! Aber das musste ja nicht zwangsläufig bedeuten, dass sie nicht trotzdem noch mal auf Reisen gehen konnten! Aber für die nächste Zeit war es für alle Beide – für Rhuna mehr, als vermutlich für Yedan – wichtig, dass sie die Erlebnisse erst einmal verarbeiteten und sich wieder sortieren konnten.
Rhunas Finger zogen sanfte Kreise auf seinem Nacken und spielten mit den weichen, braunen Strähnen. Seit sie einander kennengelernt hatten waren die Haare des Sariers noch ein Stück gewachsen, was doch ein Zeichen war, dass ein Weilchen vergangen war.
„Ich weiß das, Yedan …“, sagte sie und wollte gerade mit einem ‚aber‘ den Wunsch eine kleine Pause machen zu wollen, begründen, als von Seiten des Halbelfen das kleine aber einläutende Wort zu hören war:
„Aber diese Reise war… eigenartig. Die Stadt, der Tumult, das Fest… ich habe mich immer weniger, wie ich selbst gefühlt. Ich war angeschlagen, erschöpft und ich bin mir nicht sicher, ob ich so schnell wieder in eine Großstadt gehen sollte. Ich glaube… der Wald wird nicht nur mir guttun, aber ich möchte, dass du weißt, dass ich dir immer folgen werde. Und wenn du mich aus Angst, mir könnte etwas passieren, jemals zurücklässt, dann hetze ich dir Raji auf den Hals!“ Seine anfängliche Ernsthaftigkeit schwächte Rhunas Lächeln für einen Moment ab. Sie betrachtete ihn, während er sprach und offenbarte, was sie die ganze Zeit innerlich befürchtet hatte. Yedan hatte ihr die ganze Zeit versichert, dass es ihm gut ginge. Aber nun gab er zu, dass er sich immer weniger, wie sich selbst gefühlt hatte. Und das zu hören war für sie… zwar nicht das Schönste, aber erleichternd nun sicher zu wissen. Es war ok, dass er sich so gefühlt hatte. Sie hatte sich nur gewünscht, dass er ihr dies von Anfang an anvertraut hätte. Aber vielleicht hatte er auch selbst erst zu diesem Schluss kommen müssen. Sie waren so viel Neuem begegnet – das alles hat überfordernd und erschlagend wirken können.
Seine Drohung mit Raji entlockte ihr dann aber am Schluss wieder ein Lachen.
„Ach würdest du das tun?“, fragte sie amüsiert, obwohl die Erinnerung des ersten Aufeinandertreffend mit dem Tiger nicht unbedingt die… wohligste war! Rhuna hatte damals wirklich Todesangst gehabt! Doch nun konnte auch sie darüber lachen.
„Ich meine es ernst..“, raunte Yedan und umfasste zärtlich ihr Kinn mit Daumen und Zeigefinger. Rhuna legte ihr Lachen ab, denn sie spürte durchaus den Ernst, den er bei diesen Worten empfand:
„Lass mich nie allein, weil du glaubst, ich könnte dir nicht folgen!“ Der Kuss, den er ihr daraufhin schenkte, war innig und erzählte ihr von seinen tiefen Gefühlen für sie. Rhuna schloss die Augen, als sie den Berührungen seiner Lippen folgte und diese erwiderte. In Gedanken rief sie noch einmal seine Worte lebendig! Hatte Yedan Angst, dass sie ihn wirklich irgendwann aus Sorge zurücklassen würde?
Sie entdeckte in sich einen Funken, der dieser Befürchtung zustimmen wollte. Aber diesen wies sie strickt von sich, so dass dieser im Keim erstickte. Nein, Rhuna würde ihn niemals zurücklassen können! Yedan war ein Teil von ihr, ohne den sie sich ein Leben nicht mehr vorstellen konnte. Darüber hinaus war er stark und deutlich selbstständiger, wie auch lebenserfahren, wie sie! Wie kam er nur auf den Gedanken, dass sie glauben würde, dass er ihr nicht folgen könnte? In was für einem Licht betrachtete er sie nur?
Sie löste den Kuss und kuschelte sich in der Umarmung an ihn, verbarg dabei ihr Gesicht sachte an seiner Halsbeuge.
„Dummkopf…!“, murmelte sie leise, aber liebevoll gemeint.
„Ist dir noch nicht aufgefallen, wie sehr ich dich brauche?“, fragte sie und drehte den Kopf soweit, dass sie zu ihm aufsehen konnte. „Du siehst in mir immer mehr Stärke, als ich wirklich besitze! Aber du übersiehst, dass ich oft nur stark sein und bleiben kann, weil ich dich an meiner Seite weiß!“, erklärte sie aufrichtig und ernst, in der Hoffnung, dass er selbst seinen Wert anerkannte.
Yedan war in Rhunas Augen jemand, den sie nicht nur liebte, sondern auch aufsehen konnte. Er ruhte in sich, schien bereits gefestigt und irgendwie immer zu wissen, wie es nun weitergehen konnte. Er besaß so viele Stärken und kam im Leben zurecht und das ganz ohne Magie. Wie könnte Rhuna das nicht bewundern!?
Sie selbst fühlte sich häufig unfähig und nicht ausreichend, doch das lag auch an ihrer sehr selbstkritischen Art, die sie durch ihre Familie – vorrangig ihre Mutter entwickelt hatte. Yedan wirkte immer dagegen und wollte ihr die Augen öffnen, dass auch sie bereits Stärken besaß und so, wie sie war, genügte. Doch gerade ihre Magie schien zumindest in ihr ein Teil zu sein, der wichtig, aber noch nicht gefüllt war – und derzeit wie eine lochartige Wunde in ihr pochte. Deshalb wusste sie bereits, dass sie nun in diesem Punkt an sich arbeiten wollte. Weil sie das Gefühl hatte, dass sie sich danach selbst besser verstehen und zu sich finden würde.
Kurz fiel ihr violetter Blick auf den Anhänger der Florencia. Dieser hatte sie eine unendliche Macht spüren lassen, mit der ein sorgenfreies Gefühl gekommen war. Die Macht war elektrisierend gewesen und hätte den Wunsch nach mehr wecken können. Aber in diesem Punkt schien sich Rhuna treu bleiben zu können. Sie strebte nicht nach Macht, um andere zu beherrschen, sondern weil sie anderen helfen und sie beschützen wollte. Und mit diesem Gedanken, wollte sie ihre eigene Kraft und Stärke finden und diese mehren…
„Ich würde dich nie zurück, oder alleine lassen, Yedan!“, versprach sie und hob den Kopf, um ihn anzusehen. Ihr Lächeln zeigte sich sanft und in ihrem Blick lag die unerschöpfliche Liebe, die sie für ihn empfand. „Du bist mein Stern, der mir im Dunkeln Orientierung schenkt …!“ Sie wählte bewusst diese Worte, als Vergleich und sprach Stern auch absichtlich in Lyrintha – ihrer Heimatsprache aus, um ihm verständlich zu machen, was für einen Wert er in ihrem Leben besaß.

Rhuna lockerte die Ernsthaftigkeit nach einem Moment mit einem tiefen Durchatmen etwas auf, als würde es ihr nun bessergehen, nachdem sie so ehrlich miteinander gesprochen hatten. Ihr Blick legte sich auf das Portal und obwohl Florncias Hain wundervoll war, wollte sie nicht mehr viel länger warten. Es zog sie in den Sarius und sie sah Yedan auffordernd fragend an, ob auch er bereit war.
Doch nachdem sie bereits einen Schritt in Richtung ihres neuen Lebens getan hatten, blieb sie ruckartig stehen und ihr Blick wuchs vor Schreck an.
„Jún!!! Yedan, wo ist Jún?“ Nein - ihren kleinen gurrenden und treuen Begleiter konnte Rhuna nie und nimmer zurücklassen. Erst recht nicht in Santros, wo nun wirklich kein passender Lebensraum für ein kleines Eon war – egal wie umfassend die Vorratskammer von Arrond auch ausgestattet war!

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Re: Wie ein Dorn im Fleisch des Chaos

Beitrag von Erzähler » Freitag 17. Januar 2025, 21:21

Rhuna merkte, dass sie allmählich von dem erhöhten Adrenalinpegel wieder hinunterkam. Es war alles gut. Sie hatten es überstanden. Dass Kallum Fjarde ausgerechnet ein Grauschelm war, der sie mit seiner Magie in einer Illusion gefangen nahm, war vielleicht auch nicht sonderlich schön, aber gewiss beruhigender als tatsächlich in einem Harax gefangen gewesen zu sein! Bjorg’s Erzählung half ihr zu verstehen, dass Kallum nicht mit Dämonen paktierte und sie nicht schon wieder Kontakt zu ihnen hatte. Es war nur ein Trugbild. Eines, das er aus ihrem Leid aus früherer Zeit gebildet hatte. Grauschelme waren von Natur aus daran interessiert, sich in die Ängste ihrer Opfer zu schleichen, um so Leid und Angst zu schüren, von der sie sich quasi ernährten. Rhuna wusste ein wenig über diese Magie-Art und als sie sich entspannte, fielen ihr diese Puzzleteile auch wieder ein. Jetzt war da kein Einfluss mehr, seitens des Schelms, sodass sie sich Stück um Stück auch wieder erinnerte. Kallum war über all die Jahre ein gieriger Sammler gewesen, der allerhand Zeug raffte und nichts mehr abgeben wollte. Er war dekadent und pflegte einen gleichen Lebensstil. Als er Rhuna mit dem Amulett gesehen hatte, fühlte er sich betrogen und wollte es zurück. Doch Rhuna war nicht imstande gewesen, die Kette um ihren Hals wieder zu lösen. Das Amulett war fest verschlossen und das brachte Kallum dazu, sie in seine Illusion zu ziehen. Nichts davon war wahrlich passiert und sollte die Elfe ein klein wenig beruhigen. Keine Dämonen. Einzig das Amulett im Gras zeigte ihr, dass sie die Macht tatsächlich genutzt hatte. Dass ihre Naturmagie dadurch nicht nur verstärkt, sondern auch entfacht worden war. Nachdem Bjorg zurück in sein altes Leben mit neuem Mut gegangen war, nutzte Rhuna noch einen Moment die Zeit mit Yedan. Sie beide bemerkten, dass ihnen ihr Zuhause fehlte. Dass es Zeit wurde, ein wenig zurückzurudern und die Abenteuer für einen Moment sein zu lassen. Bei ihrer Vorgeschichte würde es sie ohnehin früher oder später finden! Rhuna schmiegte sich an Yedan und erfuhr, dass er glaubte, sie könnte auch ohne ihn zu Abenteuern aufbrechen. Dass das absurd war, konnte er in ihrem Blick erkennen. Um die nachfolgenden Worte zu untermauern, küsste sie ihn, bevor sie sich in eine Umarmung lehnte. “Dummkopf…! Ist dir noch nicht aufgefallen, wie sehr ich dich brauche? Du siehst in mir immer mehr Stärke, als ich wirklich besitze! Aber du übersiehst, dass ich oft nur stark sein und bleiben kann, weil ich dich an meiner Seite weiß! Ich würde dich nie zurück, oder alleine lassen, Yedan! Du bist mein Stern, der mir im Dunkeln Orientierung schenkt …!“ Yedan drückte sie ein wenig von sich, damit er sie ansehen konnte. Er seufzte, dann lächelte er erleichtert, ehe er sie an sich drückte und für einen stillen Moment festhielt. Er küsste ihren Scheitel. „Ich liebe dich, Rhuna. Mehr als ich je ausdrücken könnte!“, flüsterte er und streichelte ihr liebend über den Rücken. Sie wussten, dass sie einander brauchten und keiner ohne den jeweils anderen sein wollte. Es war ein Versprechen, das auch in Form des Ringes an Rhuna’s Finger hing.

Bevor sie nun aber Florencia’s Hain verließen, kam Rhuna mit einem Mal ein ganz anderer Gedanke: „Jún!!! Yedan, wo ist Jún?“ Yedan verzog kurz den Mundwinkel. „Bei Arrond?“, fragte er und hob die Schultern. Doch just in dem Moment, da Rhuna vielleicht aufbegehren wollte, dass sie ohne Jún nicht gehen würde, kroch aus einer Baumhöhle das kleine Eon. Gurrend, wie sie es kannte, freute es sich Rhuna und Yedan zu sehen. Der Wind wehte abermals eine Spur stärker und ein paar Blumenblüten folgten ihm. Ein kleiner Gruß aus dem göttlichen Hause, wie Rhuna erkennen würde. Schließlich aber hopste Jún durch das saftige Gras auf Rhuna zu, ehe es plötzlich über das Amulett stolperte und kullernd zu Rhuna’s Füßen liegen blieb. Yedan lachte leise, bevor er sich nach dem Amulett bückte. „Wir sollten es wohl mitnehmen, was meinst du?“, sagte er, steckte es aber bereits ein. Es hatte seine Schönheit nicht eingebüßt, aber es wohnte ihm scheinbar auch keine Macht mehr inne. Doch jetzt waren die Gedanken nicht dafür gemacht! Es würde eine Zeit kommen, soviel stand fest. Nun aber war es endlich soweit. Das Portal wartete auf sie und Rhuna konnte mit jedem Schritt näher spüren, dass der Wind, die Geräusche und die Luft sich eigenartig veränderten. Je näher sie dem Portal kam, desto mehr Details erkannte sie in dem ansonsten hellen Licht. Da waren die typischen Bäume, Pflanzen und Blumen, die im Sarius wuchsen. Und dann, als sie die Schwelle erreichte, wurde sie ein wenig gezogen, es kribbelte leicht und schließlich… stand sie im Sarius.

Rhuna weiter bei: der Zauber, der uns innewohnt (Wald Sarius)
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