Wolfs Steckbrief |
Name: Wolfram, genannt Wolf
Rasse: Mensch (Grandessaner)
Alter: 25 Jahre
Geschlecht: Männlich
Beruf: Soldat
Heimat: Grandessa, ein kleiner Bauernhof nahe Alberna
Gesinnung: Neutral
Magie: Kein magisches Talent
Sprache: Wolfs Muttersprache ist Garmisch. Da es bisher nur in wenigen Situationen vonnöten war, ist sein Celcianisch stark eingerostet. Es kommt ihm deutlich schwerer von den Lippen und trieft vor garmischen Akzent.
Religion/Glaube: Wolf ist mit dem Glauben an Lysanthor vertraut, betet diesen aber nicht an. Grundsätzlich hat er wenig für die Götter übrig, ist aber etwas abergläubisch. Bestimmte unbewusste Rituale haben sich in seinem Alltag verfestigt, die sich allesamt bei genauerer Überlegung als unsinnig entpuppen. Viele davon haben ihren Ursprung in religiösen Traditionen der einfachen Landbevölkerung Grandessas. Spricht man ihn darauf an, reagiert er defensiv.
Aussehen:
Aus der Menge der grandessanischen Soldaten sticht Wolf kaum hervor, weder in der Größe noch in der Erscheinung. Er ist ein junger Mann mit struppigem braunen Haar, einem kurzgehaltenen Vollbart und wachsamen dunkelgrünen Augen. Sein Körper ist drahtig und von gröberen Verletzungen wie durch ein Wunder verschont geblieben. Hygiene ist ihm wichtig, jedoch gegenüber der Pflege seiner Ausrüstung grundsätzlich nachrangig. Diese entspricht dem Standard des grandessanischen Heers – ramponiert, doch funktionstüchtig. Wolf trägt einen mehrfach geflickten gräulichen Gambeson mit Kapuze, eine wattierte Hose und abgenutzte Lederstiefel. An seinem ledernen Waffengurt sind mehrere Täschchen und Beutel befestigt, sowie ein stets griffbereiter matter Langdolch. Untrennbar von Wolfs Erscheinungsbild ist Teresa – eine nach Soldatenmanier mit weiblichen Kosenamen versehene Armbrust mittlerer Zugkraft. Sie ruht oft auf seiner breiten Schulter, die stählernen Wurfarme in der Vertikalen. Der für die Spannung der Sehne benötigte Geißfuß hängt an seiner rechten Seite. An Wolfs Bewegungen lässt sich schnell erkennen, dass sein Leben nach militärischen Leitmustern verläuft. Einfachste Handgriffe des Alltags wirken routiniert und einstudiert, seine Miene ist oft unnatürlich ruhig und unleserlich. Wolfs Körper scheint dabei stets von Spannung gezeichnet zu sein, welche nur in den Abendstunden von ihm abzufallen scheint. Nichtsdestotrotz wirkt der junge Mann nicht unnahbar und lässt sich in der richtigen Gesellschaft auch schonmal zu einem verschmitzten Lächeln hinreißen.
Persönlichkeit:
Wolf ist ein Überlebenskünstler und darauf sogar ziemlich stolz. Vor allem aber ist er kein Held. Helden sterben immer zuerst und meist für die abwegigsten Dinge. Mit dieser Art von Idealismus kann der junge Grandessaner nichts anfangen, er selbst ist vielmehr Pragmatiker. Einfach gestrickt, aber nicht auf den Kopf gefallen, konzentriert er sich auf die wenigen Dinge in seinem Leben, die er wirklich beeinflussen kann. Seine langfristigen Ambitionen sind dabei recht bescheiden, was wiederum nur realistisch ist: Eine Beförderung oder gar der sichere Posten eines Ausbildners – mehr ist für Männer wie ihn kaum erreichbar. Das Träumen nach Höherem hat er sich dabei schon lange abgewöhnt, auch wenn es nicht leicht war. Trotz seines blutigen Handwerks ist Wolf mit seinem Gewissen im Reinen. Er tötet nicht aus Überzeugung, sondern weil es schlicht und einfach seinen Broterwerb darstellt. Dabei folgt er simplen moralischen Grundsätzen, die sich mit seinen Befehlen bisher gut vereinbaren ließen. Grausamkeit verachtet er, weiß jedoch, dass die Welt voll von ihr ist. Er hat gelernt, sich aus Dingen herauszuhalten, die für ihn selbst nur Ärger bedeuten würden, doch empfindet er Mitleid, das ihn in seltenen Fällen zum Handeln animiert. Den bei vielen Grandessanern vermuteten fanatischen Patriotismus sucht man vergebens bei ihm, denn die königliche Propaganda hat über die Jahre ihre Wirkung verloren. Dennoch ist seine Heimat ein Teil seiner Identität und er würde sie stets verteidigen - in Taten am Schlachtfeld oder mit Worten am Wirtshaustisch. Seinen Freunden ist Wolf ein treuer Kamerad, der ab und an für den einen oder anderen Gefallen bereitsteht. Ausnutzen lässt er sich jedoch nicht und Fremden ist er grundlegend misstrauisch gegenüber. Er schätzt einfache Vergnügungen wie Karten- und Würfelspiele und hat eine Vorliebe für Musik.
Stärken:
Armbrust (gut)
Die grandessanische Armbrust ist eine robuste und verlässliche Waffe, deren Handhabung leicht zu erlernen, jedoch schwer zu meistern ist. Wolf hat sich seiner Teresa in den vergangenen Jahren gänzlich verschrieben und ein beachtliches Talent entwickelt. Mit einer hohen Trefferquote – auch auf weite Entfernung und auf mobile Ziele – sowie einer durchschnittlichen Ladezeit von nur 12 Sekunden ist er ein wahrlich tödlicher Schütze.
Dolch (durchschnittlich)
Nahkampf am Schlachtfeld lässt sich auch für Armbrustschützen nicht immer vermeiden. Für diese Situationen trägt Wolf einen Dolch, in dessen Einsatz er in seiner Grundausbildung geschult wurde. Hierbei ist von ihm keine elegante Klingenführung zu erwarten, sondern vielmehr ein brutales Ringen unter dem Aufwand purer Körperkraft, das mit gezielten Stichen in empfindliche Körperregionen endet.
Gutes Auge
Wolfs Wahrnehmung ist durch sein Training besonders geschult. Er erkennt selbst unscheinbare Bewegungen in der Ferne meist blitzschnell, kann Distanzen präzise abschätzen und die Geschwindigkeit von Zielen einkalkulieren. Auch fallen ihm manche Schwachstellen ins Auge, die anderen verborgen bleiben.
Ruhe im Chaos
Da besonders beim Nachladen jeder Handgriff sitzen muss, lernte Wolf schnell, auch im heftigsten Gefecht einen kühlen Kopf und ruhige Finger zu bewahren. Hierbei helfen ihm einige Tricks und Strategien älterer Kameraden, etwa die Fokussierung auf seinen eigenen Atem und das Zählen der Sekunden. Diese Verhaltensmuster steigern Reaktionsfähigkeit und kritisches Denken in vielen brenzligen Situationen.
Handwerkliches Geschick
Ein guter Soldat wird auch zu einem passablen Handarbeiter, und das oft aus der Not heraus. Kleidung muss geflickt, Bolzen ersetzt und Sehnen neu gesponnen werden. Hinzu kommen allerlei anfallende Arbeiten im Feldlager, oft unter der Anleitung ausgebildeter Handwerker. Wolf konnte auf diesem Wege verschiedene Erfahrungen sammeln, die ihn anderorts wohl eine Anstellung als Tagelöhner sichern könnten.
Orientierung und Überleben in der freien Natur
Einen großen Teil seines Lebens verbringt Wolf in der freien Natur, auf den Wegen und Pfaden durch das grandessanische Grenzgebiet oder im tiefsten Dickicht des jorsanischen Feindeslands. Er beherrscht grundlegende Kenntnisse der Orientierung, Bewegung und Tarnung in Wäldern und könnte dort in der Not auch mehrere Nächte verbringen.
Schwächen:
Ungebildet
Wie so vielen seiner Kameraden kam Wolf nie eine Schulbildung zugute. Er kann nicht lesen oder schreiben und auch das Rechnen mit größeren Summen übersteigt seinen Horizont. Von der Geschichte Celcias und seinen vielen Bewohnern weiß er genau so viel, wie die grandessanische Heerespropaganda es zulässt – fast nichts.
Wasserscheu
Wolf kann nicht schwimmen, was ihm eines Tages fast zum Verhängnis wurde. Bei der Überquerung eines angestiegenen Flusses verlor er den Halt und wurde von der Strömung mitgerissen. Nur mit Mühe und Not konnte er sich mehrere hundert Meter flussabwärts an einem umgekippten Baumstamm festklammern und an Land ziehen. Seine Panik und der Spott seiner Kameraden stecken ihm noch heute tief in den Knochen, weshalb er ein nagendes Unwohlsein gegenüber schon hüfthohen Gewässern entwickelt hat.
Gut gedrillt
Das Leben eines niederen Soldaten ist von allerlei Mühsal geprägt, doch in einer Hinsicht sehr einfach: Eigeninitiative ist unerwünscht. Ein guter Mann folgt den Befehlen seiner Vorgesetzten und stellt diese nicht infrage, kann er sie doch ohnehin nicht beeinflussen. Wolf musste somit noch nie größere Entscheidungen treffen und wäre womöglich heillos überfordert, wenn die streng hierarchisch organisierte und gänzlich fremdbestimmte Routine aus seinem Leben schwinden würde.
Schöne Frauen
Ohne große Perspektiven für die Zukunft sind es die einfachen Laster, denen man sich in den wenigen freien Stunden zuwendet. Alkohol, Pfeifenkraut, Karten- und Würfelspiel sind Wolf allesamt bekannt, doch es sind die Frauen, die es ihm besonders angetan haben. Den Reizen eines schönen weiblichen Gesichts und tiefen Ausschnitts kann er sich schlichtweg nicht entziehen. Viele Füchse, die sicherlich bessere Verwendung hätten finden können, wanderten so in die Taschen von Tavernen- und Lagerhuren, die junge Soldaten wie ihn nur zu gerne um den Finger wickeln.
Lebensgeschichte:
Wolf wuchs in einer ärmlichen Bauernfamilie auf einem kleinen Hof im Umland Albernas auf. Seine ältere Schwester und er gingen den Eltern schon früh auf dem Feld zur Hand. Sie hatten wenig und waren selten satt, doch es war ein friedliches und geborgenes Leben, an das er öfter in stillen Momenten zurückdenkt. Unterbrochen wurde es eines Tages – Wolf war noch im Knabenalter – von einem vorbeiziehenden Trupp grandessanischer Soldaten. Er erinnerte sich noch am Feld gestanden zu haben, die Sonne im Nacken und die Sense in den Händen, und staunend auf die schimmernden Rüstungen der voranreitenden Ritter gestarrt zu haben. Aus den hinteren Reihen des Trupps hatten sich zwei Gestalten in deutlich weniger edlen Gewändern gelöst und waren schnellen Schrittes auf den Hof zumarschiert. Wolf hatte zugesehen, wie sie gemeinsam auf seinen Vater eingeredet und öfter zu ihm herübergeblickt hatten. Sein Vater hatte wild gestikulierend etwas erwidert, doch als einer der beiden Männer die Hand auf die Axt an seinen Gürtel gelegt und der andere auf Wolfs Schwester gedeutet hatte, wurde er ruhig. Selbst aus der Ferne hatte man erkennen können, wie etwas in seinem Vater brach. Als er schließlich schwach genickt hatte, wandten sich die Männer von ihm ab und gingen schnurstracks auf Wolf zu. Sie hatten ihn an der Schulter gegriffen und ihn geheißen mitzukommen. „Das Königreich braucht dich, Junge“, hatten sie ihm wortkarg mitgeteilt. Wolf hatte nicht gewusst, was damit gemeint war, was sie von ihm wollten. Schon hatten sie ihn mit sich gezerrt, als er seine Mutter aus dem Haus laufen sah, der Vater dicht hinter ihr her. Noch am Hof hatte er sie eingeholt und zu Boden gezerrt. Ihre verzweifelten Schreie und ihr kummervolles Schluchzen hatten ihn noch lange verfolgt und tun dies in manchen unruhigen Nächten noch heute.
Gemeinsam mit vielen weiteren Jungen in seinem Alter wurde Wolf ins Grenzdorf Troman gebracht. Verängstigt und unsicher fügten sie sich den vielen Befehlen der Soldaten und schworen noch am Tag ihrer Ankunft einen Eid, dessen Wortlaut nur die wenigsten von ihnen verstanden. Danach wurden die Jungen unter der Aufsicht eines schlechtgelaunten Waffenmeisters in Gruppen eingeteilt und ausgerüstet. Während die anderen Gruppen neben dem Stoß mit viel zu großer Kleidung noch mit Spießen oder Äxten ausgestattet wurden, wurden Wolf und seinen Leidgenossen Armbrüste in die Hand gedrückt. In den folgenden Wochen durchliefen sie die Grundausbildung zum grandessanischen Armbrustschützen. Ihre wenigen freien Stunden, die nicht mit dem Training unter erbarmungslosen Ausbildnern gefüllt waren, verbrachten die Jungen schlafend. Die allgegenwärtige Erschöpfung dämpfte alle anderen Gefühle spürbar ab und ließ törichte Gedanken an Fluchtversuche schnell aus ihren Köpfen verschwinden. Wolf konzentrierte sich in dieser Zeit somit gänzlich auf seine Ausbildung – was blieb ihm auch anderes übrig? Mit jugendlichem Stolz bemerkte er schnell, dass er ein Talent für gewisse Aspekte seiner unfreiwilligen Berufung besaß. Schon bald zählte er zu den besten Schützen unter den Rekruten und konnte dem einen oder anderen Ausbildner ein halbherziges Lob abringen.
Eines Nachts wurden sie geweckt. Einen weiteren nächtlichen Gewaltmarsch erwartend, stellte er sich mit den anderen Rekruten in voller Montur am Appellplatz auf, nur von einem bisher unbekannten Offizier eines Besseren belehrt zu werden. Mit dröhnender Stimme teilte er ihnen allen mit, dass ihre Zeit gekommen war. Der Feind stünde praktisch vor den Toren des Reiches und schicke sich gerade an, die schutzlose Landbevölkerung zu überfallen. Nun läge es allein an ihnen, den wahren Söhnen Grandessas, die jorsanischen Hunde in einem vorbeugenden Angriff zu zerschlagen. Der König höchstpersönlich habe den Befehl gegeben und schaue mit Stolz auf seine tapferen Truppen, die sich und ihren Familien in den kommenden Stunden ewigen Ruhm sichern würden. Es war das erste Mal, dass Wolf der grandessanischen Propaganda in diesem Maße ausgesetzt wurde. Jung und arglos wie er war, ließ er sich gänzlich von den Worten des Offiziers hinreißen. Er war nicht der Einzige. Die Rekruten am Appellplatz jubelten, tauschten eifrige Blicke. Nun machte alles Sinn, waren alle Mühen berechtigt. Hoffnungen auf eine glorreiche Heimkehr zu der eigenen Familie, nachdem der jahrzehntelange Krieg mit Heldenmut gewonnen war, funkelten in ihrer allen Augen. Der Offizier grinste unscheinbar und gab den Marschbefehl. Es ging Richtung Süden.
Auf Pferdewägen wurden sie bis kurz vor die jorsanische Grenze gebracht und vor der Waldgrenze ausgeladen. Als Armbrustschützen bildeten sie die Vorhut, sollten das feindliche Lager umzingeln und aus der sicheren Deckung der Bäume den Feind überrumpeln, danach den vorstürmenden Nahkämpfern Unterstützungsfeuer bieten. Es war ein Szenario, das sie dutzende Male geübt hatten und ihnen allen geläufig war. Doch in dieser Nacht lief alles anders, denn die Jorsaner hatten von ihrem Vorhaben Wind bekommen. Wolf war durchs Dickicht gepirscht, die Armbrust im Anschlag, so wie es ihm in der Ausbildung beigebracht worden war. Sein Herz klopfte wie wild. Es war dunkel, und hätte das Mondlicht nicht an vereinzelten Stellen das Blätterdach durchdrungen, hätte er seine eigene Hand nicht vor Augen sehen können. Er lauschte auf die Schritte seiner Kameraden neben ihm, horchte auf Anzeichen des Feindkontakts. Und ja, da war etwas. Ihr Befehlshaber hörte es auch, wies sie anzuhalten. Und dann ging mit einem Mal um sie herum die Hölle los. Bogensehnen schnalzten und Pfeile sausten durch die Luft, fanden ihr Ziel und bohrten sich tief in dumpf zu Boden fallende Körper. Aus dem Gebüsch vor ihnen stürmten Männer mit erhobenen Waffen. Wolf schoss instinktiv und traf einen der Angreifer in der Brust. Der Mann strauchelte und fiel, wand sich gurgelnd auf dem Boden. Hinter einem Baumstamm Deckung nehmend, lud Wolf hektisch nach, den Hinterhalt um sich herum durch den Nebel des Adrenalins in Schlagbildern wahrnehmend. Ein Pfeil bohrte sich neben seinem linken Ohr in das Holz, das Sirren des Schafts ließ ihn zusammenzucken. Er glaubte den Schützen ausgemacht zu haben und schoss zurück. Ohne sich vergewissern zu können, ob er diesmal getroffen hatte, sprang er auf und rannte aus der vermeintlichen Todeszone, um sich abzusetzen, so wie es ihnen ihr Ausbildner geheißen hatte. Weitere Pfeile sausten durch die Luft, einer davon durchbohrte seinen viel zu weiten Gambeson an der Hüfte und verfing sich im Stoff. Aus dem Nichts kam eine Gestalt aus seinem rechten Blickfeld und Wolf krachte mit voller Wucht in sie hinein. Die Luft wurde aus seinen Lungen gepresst und er fiel zu Boden, den Fremden mit sich ziehend. Schon im Fall wusste er, dass es sich um einen Jorsaner handeln musste, denn dieser trug einen Harnisch. Er spürte den säuerlichen Atem des Mannes auf seiner Wange, hörte ihn keuchend nach seiner Waffe greifen. Wolf stieß ihm mit der Stirn ins Gesicht und rappelte sich hoch, da schloss der Jorsaner die Hände um seinen Hals und drückte mit aller Kraft zu. Fiebrig tastete der Junge nach seinem Dolch, während der Druck auf seinen Hals immer größer wurde. Schließlich gelang es ihm und er rammte den Dolch einmal, zweimal, dreimal in die Seite des Mannes. Der Druck ließ augenblicklich nach und ein Schwall Blut ergoss sich über Wolfs Gesicht. Der Grandessaner kämpfte sich frei, packte seine Armbrust und rannte, rannte ohne zurückzuschauen durch den mit Schreien gefüllten Wald.
Diese erste Feuertaufe ist schon mehr als zehn Jahre her. Aus dem schmächtigen Jungen ist ein stattlicher Mann geworden. Wolf hat viel erlebt und überlebt. Und er hat viel Zeit gehabt, um über einiges nachzudenken. Über das Unrecht, das ihm als kleiner Junge widerfahren war, und was hätte sein können, wenn dem nicht so gewesen wäre. Warum er nicht in jener Nacht seines ersten Gefechts einen Fluchtversuch unternommen hatte, oder an den unzähligen Gelegenheiten danach. Warum seine Kameraden und er dem König in der fernen Hauptstadt an dessen Namenstag aus voller Kehle Glückwünsche zurufen mussten, wenn sie ihn doch unter vorgehaltener Hand täglich verfluchten. Warum sie ihren Feind inbrünstig hassen sollten, der im Grunde nicht anders war als sie selbst. Am Ende kam Wolf immer zum selben Schluss - es war belanglos. Es gab keine Antworten. Und irgendwann gab es dann auch keine Fragen mehr. Stattdessen konzentierte er sich auf Dinge, die er beeinflussen konnte. Auf sein Training, seine Ausrüstung. Auf Dinge, die ihm Freude bereiteten. Auf Freundschaften und kleinere Auseinandersetzungen. Auf all das, was zwischen Krieg und Tod noch vom Leben übrig blieb.
Heute ist Wolf Teil einer Einheit, die zurzeit nahe der jorsanischen Grenze stationiert ist und in unregelmäßigen Abständen Grenzerpatrouillen eskortiert sowie Vorstöße ins Feindesland unternimmt. Kämpfe sind in den letzten Wochen selten geworden, doch in seiner Erfahrung ist dies nur die Ruhe vor dem Sturm.
Inventar:
Einstiegspost: Im Feldlager
Rasse: Mensch (Grandessaner)
Alter: 25 Jahre
Geschlecht: Männlich
Beruf: Soldat
Heimat: Grandessa, ein kleiner Bauernhof nahe Alberna
Gesinnung: Neutral
Magie: Kein magisches Talent
Sprache: Wolfs Muttersprache ist Garmisch. Da es bisher nur in wenigen Situationen vonnöten war, ist sein Celcianisch stark eingerostet. Es kommt ihm deutlich schwerer von den Lippen und trieft vor garmischen Akzent.
Religion/Glaube: Wolf ist mit dem Glauben an Lysanthor vertraut, betet diesen aber nicht an. Grundsätzlich hat er wenig für die Götter übrig, ist aber etwas abergläubisch. Bestimmte unbewusste Rituale haben sich in seinem Alltag verfestigt, die sich allesamt bei genauerer Überlegung als unsinnig entpuppen. Viele davon haben ihren Ursprung in religiösen Traditionen der einfachen Landbevölkerung Grandessas. Spricht man ihn darauf an, reagiert er defensiv.
Aussehen:
Aus der Menge der grandessanischen Soldaten sticht Wolf kaum hervor, weder in der Größe noch in der Erscheinung. Er ist ein junger Mann mit struppigem braunen Haar, einem kurzgehaltenen Vollbart und wachsamen dunkelgrünen Augen. Sein Körper ist drahtig und von gröberen Verletzungen wie durch ein Wunder verschont geblieben. Hygiene ist ihm wichtig, jedoch gegenüber der Pflege seiner Ausrüstung grundsätzlich nachrangig. Diese entspricht dem Standard des grandessanischen Heers – ramponiert, doch funktionstüchtig. Wolf trägt einen mehrfach geflickten gräulichen Gambeson mit Kapuze, eine wattierte Hose und abgenutzte Lederstiefel. An seinem ledernen Waffengurt sind mehrere Täschchen und Beutel befestigt, sowie ein stets griffbereiter matter Langdolch. Untrennbar von Wolfs Erscheinungsbild ist Teresa – eine nach Soldatenmanier mit weiblichen Kosenamen versehene Armbrust mittlerer Zugkraft. Sie ruht oft auf seiner breiten Schulter, die stählernen Wurfarme in der Vertikalen. Der für die Spannung der Sehne benötigte Geißfuß hängt an seiner rechten Seite. An Wolfs Bewegungen lässt sich schnell erkennen, dass sein Leben nach militärischen Leitmustern verläuft. Einfachste Handgriffe des Alltags wirken routiniert und einstudiert, seine Miene ist oft unnatürlich ruhig und unleserlich. Wolfs Körper scheint dabei stets von Spannung gezeichnet zu sein, welche nur in den Abendstunden von ihm abzufallen scheint. Nichtsdestotrotz wirkt der junge Mann nicht unnahbar und lässt sich in der richtigen Gesellschaft auch schonmal zu einem verschmitzten Lächeln hinreißen.
Persönlichkeit:
Wolf ist ein Überlebenskünstler und darauf sogar ziemlich stolz. Vor allem aber ist er kein Held. Helden sterben immer zuerst und meist für die abwegigsten Dinge. Mit dieser Art von Idealismus kann der junge Grandessaner nichts anfangen, er selbst ist vielmehr Pragmatiker. Einfach gestrickt, aber nicht auf den Kopf gefallen, konzentriert er sich auf die wenigen Dinge in seinem Leben, die er wirklich beeinflussen kann. Seine langfristigen Ambitionen sind dabei recht bescheiden, was wiederum nur realistisch ist: Eine Beförderung oder gar der sichere Posten eines Ausbildners – mehr ist für Männer wie ihn kaum erreichbar. Das Träumen nach Höherem hat er sich dabei schon lange abgewöhnt, auch wenn es nicht leicht war. Trotz seines blutigen Handwerks ist Wolf mit seinem Gewissen im Reinen. Er tötet nicht aus Überzeugung, sondern weil es schlicht und einfach seinen Broterwerb darstellt. Dabei folgt er simplen moralischen Grundsätzen, die sich mit seinen Befehlen bisher gut vereinbaren ließen. Grausamkeit verachtet er, weiß jedoch, dass die Welt voll von ihr ist. Er hat gelernt, sich aus Dingen herauszuhalten, die für ihn selbst nur Ärger bedeuten würden, doch empfindet er Mitleid, das ihn in seltenen Fällen zum Handeln animiert. Den bei vielen Grandessanern vermuteten fanatischen Patriotismus sucht man vergebens bei ihm, denn die königliche Propaganda hat über die Jahre ihre Wirkung verloren. Dennoch ist seine Heimat ein Teil seiner Identität und er würde sie stets verteidigen - in Taten am Schlachtfeld oder mit Worten am Wirtshaustisch. Seinen Freunden ist Wolf ein treuer Kamerad, der ab und an für den einen oder anderen Gefallen bereitsteht. Ausnutzen lässt er sich jedoch nicht und Fremden ist er grundlegend misstrauisch gegenüber. Er schätzt einfache Vergnügungen wie Karten- und Würfelspiele und hat eine Vorliebe für Musik.
Stärken:
Armbrust (gut)
Die grandessanische Armbrust ist eine robuste und verlässliche Waffe, deren Handhabung leicht zu erlernen, jedoch schwer zu meistern ist. Wolf hat sich seiner Teresa in den vergangenen Jahren gänzlich verschrieben und ein beachtliches Talent entwickelt. Mit einer hohen Trefferquote – auch auf weite Entfernung und auf mobile Ziele – sowie einer durchschnittlichen Ladezeit von nur 12 Sekunden ist er ein wahrlich tödlicher Schütze.
Dolch (durchschnittlich)
Nahkampf am Schlachtfeld lässt sich auch für Armbrustschützen nicht immer vermeiden. Für diese Situationen trägt Wolf einen Dolch, in dessen Einsatz er in seiner Grundausbildung geschult wurde. Hierbei ist von ihm keine elegante Klingenführung zu erwarten, sondern vielmehr ein brutales Ringen unter dem Aufwand purer Körperkraft, das mit gezielten Stichen in empfindliche Körperregionen endet.
Gutes Auge
Wolfs Wahrnehmung ist durch sein Training besonders geschult. Er erkennt selbst unscheinbare Bewegungen in der Ferne meist blitzschnell, kann Distanzen präzise abschätzen und die Geschwindigkeit von Zielen einkalkulieren. Auch fallen ihm manche Schwachstellen ins Auge, die anderen verborgen bleiben.
Ruhe im Chaos
Da besonders beim Nachladen jeder Handgriff sitzen muss, lernte Wolf schnell, auch im heftigsten Gefecht einen kühlen Kopf und ruhige Finger zu bewahren. Hierbei helfen ihm einige Tricks und Strategien älterer Kameraden, etwa die Fokussierung auf seinen eigenen Atem und das Zählen der Sekunden. Diese Verhaltensmuster steigern Reaktionsfähigkeit und kritisches Denken in vielen brenzligen Situationen.
Handwerkliches Geschick
Ein guter Soldat wird auch zu einem passablen Handarbeiter, und das oft aus der Not heraus. Kleidung muss geflickt, Bolzen ersetzt und Sehnen neu gesponnen werden. Hinzu kommen allerlei anfallende Arbeiten im Feldlager, oft unter der Anleitung ausgebildeter Handwerker. Wolf konnte auf diesem Wege verschiedene Erfahrungen sammeln, die ihn anderorts wohl eine Anstellung als Tagelöhner sichern könnten.
Orientierung und Überleben in der freien Natur
Einen großen Teil seines Lebens verbringt Wolf in der freien Natur, auf den Wegen und Pfaden durch das grandessanische Grenzgebiet oder im tiefsten Dickicht des jorsanischen Feindeslands. Er beherrscht grundlegende Kenntnisse der Orientierung, Bewegung und Tarnung in Wäldern und könnte dort in der Not auch mehrere Nächte verbringen.
Schwächen:
Ungebildet
Wie so vielen seiner Kameraden kam Wolf nie eine Schulbildung zugute. Er kann nicht lesen oder schreiben und auch das Rechnen mit größeren Summen übersteigt seinen Horizont. Von der Geschichte Celcias und seinen vielen Bewohnern weiß er genau so viel, wie die grandessanische Heerespropaganda es zulässt – fast nichts.
Wasserscheu
Wolf kann nicht schwimmen, was ihm eines Tages fast zum Verhängnis wurde. Bei der Überquerung eines angestiegenen Flusses verlor er den Halt und wurde von der Strömung mitgerissen. Nur mit Mühe und Not konnte er sich mehrere hundert Meter flussabwärts an einem umgekippten Baumstamm festklammern und an Land ziehen. Seine Panik und der Spott seiner Kameraden stecken ihm noch heute tief in den Knochen, weshalb er ein nagendes Unwohlsein gegenüber schon hüfthohen Gewässern entwickelt hat.
Gut gedrillt
Das Leben eines niederen Soldaten ist von allerlei Mühsal geprägt, doch in einer Hinsicht sehr einfach: Eigeninitiative ist unerwünscht. Ein guter Mann folgt den Befehlen seiner Vorgesetzten und stellt diese nicht infrage, kann er sie doch ohnehin nicht beeinflussen. Wolf musste somit noch nie größere Entscheidungen treffen und wäre womöglich heillos überfordert, wenn die streng hierarchisch organisierte und gänzlich fremdbestimmte Routine aus seinem Leben schwinden würde.
Schöne Frauen
Ohne große Perspektiven für die Zukunft sind es die einfachen Laster, denen man sich in den wenigen freien Stunden zuwendet. Alkohol, Pfeifenkraut, Karten- und Würfelspiel sind Wolf allesamt bekannt, doch es sind die Frauen, die es ihm besonders angetan haben. Den Reizen eines schönen weiblichen Gesichts und tiefen Ausschnitts kann er sich schlichtweg nicht entziehen. Viele Füchse, die sicherlich bessere Verwendung hätten finden können, wanderten so in die Taschen von Tavernen- und Lagerhuren, die junge Soldaten wie ihn nur zu gerne um den Finger wickeln.
Lebensgeschichte:
Wolf wuchs in einer ärmlichen Bauernfamilie auf einem kleinen Hof im Umland Albernas auf. Seine ältere Schwester und er gingen den Eltern schon früh auf dem Feld zur Hand. Sie hatten wenig und waren selten satt, doch es war ein friedliches und geborgenes Leben, an das er öfter in stillen Momenten zurückdenkt. Unterbrochen wurde es eines Tages – Wolf war noch im Knabenalter – von einem vorbeiziehenden Trupp grandessanischer Soldaten. Er erinnerte sich noch am Feld gestanden zu haben, die Sonne im Nacken und die Sense in den Händen, und staunend auf die schimmernden Rüstungen der voranreitenden Ritter gestarrt zu haben. Aus den hinteren Reihen des Trupps hatten sich zwei Gestalten in deutlich weniger edlen Gewändern gelöst und waren schnellen Schrittes auf den Hof zumarschiert. Wolf hatte zugesehen, wie sie gemeinsam auf seinen Vater eingeredet und öfter zu ihm herübergeblickt hatten. Sein Vater hatte wild gestikulierend etwas erwidert, doch als einer der beiden Männer die Hand auf die Axt an seinen Gürtel gelegt und der andere auf Wolfs Schwester gedeutet hatte, wurde er ruhig. Selbst aus der Ferne hatte man erkennen können, wie etwas in seinem Vater brach. Als er schließlich schwach genickt hatte, wandten sich die Männer von ihm ab und gingen schnurstracks auf Wolf zu. Sie hatten ihn an der Schulter gegriffen und ihn geheißen mitzukommen. „Das Königreich braucht dich, Junge“, hatten sie ihm wortkarg mitgeteilt. Wolf hatte nicht gewusst, was damit gemeint war, was sie von ihm wollten. Schon hatten sie ihn mit sich gezerrt, als er seine Mutter aus dem Haus laufen sah, der Vater dicht hinter ihr her. Noch am Hof hatte er sie eingeholt und zu Boden gezerrt. Ihre verzweifelten Schreie und ihr kummervolles Schluchzen hatten ihn noch lange verfolgt und tun dies in manchen unruhigen Nächten noch heute.
Gemeinsam mit vielen weiteren Jungen in seinem Alter wurde Wolf ins Grenzdorf Troman gebracht. Verängstigt und unsicher fügten sie sich den vielen Befehlen der Soldaten und schworen noch am Tag ihrer Ankunft einen Eid, dessen Wortlaut nur die wenigsten von ihnen verstanden. Danach wurden die Jungen unter der Aufsicht eines schlechtgelaunten Waffenmeisters in Gruppen eingeteilt und ausgerüstet. Während die anderen Gruppen neben dem Stoß mit viel zu großer Kleidung noch mit Spießen oder Äxten ausgestattet wurden, wurden Wolf und seinen Leidgenossen Armbrüste in die Hand gedrückt. In den folgenden Wochen durchliefen sie die Grundausbildung zum grandessanischen Armbrustschützen. Ihre wenigen freien Stunden, die nicht mit dem Training unter erbarmungslosen Ausbildnern gefüllt waren, verbrachten die Jungen schlafend. Die allgegenwärtige Erschöpfung dämpfte alle anderen Gefühle spürbar ab und ließ törichte Gedanken an Fluchtversuche schnell aus ihren Köpfen verschwinden. Wolf konzentrierte sich in dieser Zeit somit gänzlich auf seine Ausbildung – was blieb ihm auch anderes übrig? Mit jugendlichem Stolz bemerkte er schnell, dass er ein Talent für gewisse Aspekte seiner unfreiwilligen Berufung besaß. Schon bald zählte er zu den besten Schützen unter den Rekruten und konnte dem einen oder anderen Ausbildner ein halbherziges Lob abringen.
Eines Nachts wurden sie geweckt. Einen weiteren nächtlichen Gewaltmarsch erwartend, stellte er sich mit den anderen Rekruten in voller Montur am Appellplatz auf, nur von einem bisher unbekannten Offizier eines Besseren belehrt zu werden. Mit dröhnender Stimme teilte er ihnen allen mit, dass ihre Zeit gekommen war. Der Feind stünde praktisch vor den Toren des Reiches und schicke sich gerade an, die schutzlose Landbevölkerung zu überfallen. Nun läge es allein an ihnen, den wahren Söhnen Grandessas, die jorsanischen Hunde in einem vorbeugenden Angriff zu zerschlagen. Der König höchstpersönlich habe den Befehl gegeben und schaue mit Stolz auf seine tapferen Truppen, die sich und ihren Familien in den kommenden Stunden ewigen Ruhm sichern würden. Es war das erste Mal, dass Wolf der grandessanischen Propaganda in diesem Maße ausgesetzt wurde. Jung und arglos wie er war, ließ er sich gänzlich von den Worten des Offiziers hinreißen. Er war nicht der Einzige. Die Rekruten am Appellplatz jubelten, tauschten eifrige Blicke. Nun machte alles Sinn, waren alle Mühen berechtigt. Hoffnungen auf eine glorreiche Heimkehr zu der eigenen Familie, nachdem der jahrzehntelange Krieg mit Heldenmut gewonnen war, funkelten in ihrer allen Augen. Der Offizier grinste unscheinbar und gab den Marschbefehl. Es ging Richtung Süden.
Auf Pferdewägen wurden sie bis kurz vor die jorsanische Grenze gebracht und vor der Waldgrenze ausgeladen. Als Armbrustschützen bildeten sie die Vorhut, sollten das feindliche Lager umzingeln und aus der sicheren Deckung der Bäume den Feind überrumpeln, danach den vorstürmenden Nahkämpfern Unterstützungsfeuer bieten. Es war ein Szenario, das sie dutzende Male geübt hatten und ihnen allen geläufig war. Doch in dieser Nacht lief alles anders, denn die Jorsaner hatten von ihrem Vorhaben Wind bekommen. Wolf war durchs Dickicht gepirscht, die Armbrust im Anschlag, so wie es ihm in der Ausbildung beigebracht worden war. Sein Herz klopfte wie wild. Es war dunkel, und hätte das Mondlicht nicht an vereinzelten Stellen das Blätterdach durchdrungen, hätte er seine eigene Hand nicht vor Augen sehen können. Er lauschte auf die Schritte seiner Kameraden neben ihm, horchte auf Anzeichen des Feindkontakts. Und ja, da war etwas. Ihr Befehlshaber hörte es auch, wies sie anzuhalten. Und dann ging mit einem Mal um sie herum die Hölle los. Bogensehnen schnalzten und Pfeile sausten durch die Luft, fanden ihr Ziel und bohrten sich tief in dumpf zu Boden fallende Körper. Aus dem Gebüsch vor ihnen stürmten Männer mit erhobenen Waffen. Wolf schoss instinktiv und traf einen der Angreifer in der Brust. Der Mann strauchelte und fiel, wand sich gurgelnd auf dem Boden. Hinter einem Baumstamm Deckung nehmend, lud Wolf hektisch nach, den Hinterhalt um sich herum durch den Nebel des Adrenalins in Schlagbildern wahrnehmend. Ein Pfeil bohrte sich neben seinem linken Ohr in das Holz, das Sirren des Schafts ließ ihn zusammenzucken. Er glaubte den Schützen ausgemacht zu haben und schoss zurück. Ohne sich vergewissern zu können, ob er diesmal getroffen hatte, sprang er auf und rannte aus der vermeintlichen Todeszone, um sich abzusetzen, so wie es ihnen ihr Ausbildner geheißen hatte. Weitere Pfeile sausten durch die Luft, einer davon durchbohrte seinen viel zu weiten Gambeson an der Hüfte und verfing sich im Stoff. Aus dem Nichts kam eine Gestalt aus seinem rechten Blickfeld und Wolf krachte mit voller Wucht in sie hinein. Die Luft wurde aus seinen Lungen gepresst und er fiel zu Boden, den Fremden mit sich ziehend. Schon im Fall wusste er, dass es sich um einen Jorsaner handeln musste, denn dieser trug einen Harnisch. Er spürte den säuerlichen Atem des Mannes auf seiner Wange, hörte ihn keuchend nach seiner Waffe greifen. Wolf stieß ihm mit der Stirn ins Gesicht und rappelte sich hoch, da schloss der Jorsaner die Hände um seinen Hals und drückte mit aller Kraft zu. Fiebrig tastete der Junge nach seinem Dolch, während der Druck auf seinen Hals immer größer wurde. Schließlich gelang es ihm und er rammte den Dolch einmal, zweimal, dreimal in die Seite des Mannes. Der Druck ließ augenblicklich nach und ein Schwall Blut ergoss sich über Wolfs Gesicht. Der Grandessaner kämpfte sich frei, packte seine Armbrust und rannte, rannte ohne zurückzuschauen durch den mit Schreien gefüllten Wald.
Diese erste Feuertaufe ist schon mehr als zehn Jahre her. Aus dem schmächtigen Jungen ist ein stattlicher Mann geworden. Wolf hat viel erlebt und überlebt. Und er hat viel Zeit gehabt, um über einiges nachzudenken. Über das Unrecht, das ihm als kleiner Junge widerfahren war, und was hätte sein können, wenn dem nicht so gewesen wäre. Warum er nicht in jener Nacht seines ersten Gefechts einen Fluchtversuch unternommen hatte, oder an den unzähligen Gelegenheiten danach. Warum seine Kameraden und er dem König in der fernen Hauptstadt an dessen Namenstag aus voller Kehle Glückwünsche zurufen mussten, wenn sie ihn doch unter vorgehaltener Hand täglich verfluchten. Warum sie ihren Feind inbrünstig hassen sollten, der im Grunde nicht anders war als sie selbst. Am Ende kam Wolf immer zum selben Schluss - es war belanglos. Es gab keine Antworten. Und irgendwann gab es dann auch keine Fragen mehr. Stattdessen konzentierte er sich auf Dinge, die er beeinflussen konnte. Auf sein Training, seine Ausrüstung. Auf Dinge, die ihm Freude bereiteten. Auf Freundschaften und kleinere Auseinandersetzungen. Auf all das, was zwischen Krieg und Tod noch vom Leben übrig blieb.
Heute ist Wolf Teil einer Einheit, die zurzeit nahe der jorsanischen Grenze stationiert ist und in unregelmäßigen Abständen Grenzerpatrouillen eskortiert sowie Vorstöße ins Feindesland unternimmt. Kämpfe sind in den letzten Wochen selten geworden, doch in seiner Erfahrung ist dies nur die Ruhe vor dem Sturm.
Inventar:
- Mittlere Armbrust mit Schlagdorn am Steigbügel
- Geißfuß (Spannhilfe)
- Zwei gefüllte Bolzenbeutel (2 x 20, unterschiedliche Spitzen)
- Ersatzsehne
- Einfacher Dolch
- Schnitzmesser
- Kleiner Handwerksbeutel (Nadel und Zwirn, Leimtöpfchen, Pergament- und Lederfetzchen, Federn)
- Schmucklose Holzpfeife
- Billiger Pfeifentabak (etwa 20 Gramm)
- Selbstgeschnitzte Flöte
- Zunderbüchse
- Kleiner Wetzstein
- Dünne Decke
- Geldbeutel (14 Füchse)
- Lederner Gürtel
- Mehrfach geflickter Gambeson in den ausgebleichten Farben Grandessas
- Stoffkapuze
- Lederne fingerlose Handschuhe
- Billige Lederstiefel
Einstiegspost: Im Feldlager