Schwarze Segel
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Hinweise zum Geschehen auf See
Piraten kapern alle Schiffe, die nicht dunkelelfisch oder verbündete mit sichtbarem Zeichen (Flagge) sind.
Die Mantroner versuchen, gegen die Piraten vorzugehen.
Ein Teil der Amazonen, sowie das dunkle Volk sind Verbündete der Piraten.
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- Madiha Al'Sarma
- Celcia-Team
- Beiträge: 644
- Registriert: Sonntag 14. Februar 2021, 12:04
- Moderator des Spielers: Kazel
- Aufenthaltsort: Hafen Sarma, Insel Belfa
- Steckbrief: Zum Steckbrief
- Rasse: Mensch
- Sprachen: Sendli
- Beruf: Sklavin (ehem.)
- Fähigkeiten: Durchhaltevermögen (sehr gut)
Feuermagie (verloren, an einen Drachen abgegeben)
Schwimmen (rudimentär)
Lesen & Schreiben (rudimentär) - Lebensenergie:
- Geld: 0D, 0L, 0F
- Ausrüstung: Eine kleine Muschel mit Loch an einer Kette um den Hals
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Re: Schwarze Segel
Die Wunder, die Madiha täglich erlebte waren nicht immer auch als solche definiert. Allerdings betrachtete man mit den Augen eines entbehrungsreichen Lebens vermutlich alles als ein Wunder. Nichtsdestotrotz war es auch ein Geschenk. Nicht selten brachte Madiha Caleb oder andere zum Schmunzeln, weil sie ein klein Wenig naiv wirkte und trotzdem eine kindliche Begeisterungsfähigkeit behielt. Sie war… teilweise erfrischend ehrlich und das kam den Meisten vermutlich im Laufe des Erwachsenwerdens abhanden. Als Madiha sich in die Freiheit kämpfte, stand sie an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Mit gerade mal Siebzehn hatte sich nun in den letzten Wochen und Monaten einiges erlebt und noch viel mehr gelernt. Ihren nächsten Geburtstag würde sie als jemand ganz anderes erleben und ein neues Leben beginnen. Ein erwachsenen-Leben, das angereichert mit Freude, Dankbarkeit und Wundern war. Das Mädchen hatte keine Ahnung, wann es eigentlich geboren worden war, denn das gehörte zu den Dingen, die sie vergessen hatte in all der Zeit. Aber sie brauchte dieses Ritual auch nicht. Sie fand jeden Tag etwas, woran sie sich erfreuen konnte. Sofern sie die Dunkelheit ihrer eigenen Gedanken nicht immer einholten. Zuletzt war es äußerst schlimm gewesen, als sie glaubte, Caleb würde Jivvin bevorzugen und sich nicht länger für sie selbst interessieren. Weil er erkannte, dass sie nichts zu bieten hatte. Aber das stimmte nicht… Madiha hatte außerordentlich viel zu bieten und das zeigte sie nun, indem sie sowohl Caleb als auch dem sehr viel weiserem Kjetell’o ein Wunder zuteilwerden ließ, dass sie gemeinsam erleben durften. Sie machten Bekanntschaft mit einem Aquaden und das nur, weil Madiha ihn versehentlichen mit ihrer Magie verbrannt hatte. Dabei war es das gute Herz der Sarmaerin, das nun dazu führte, dass sie gemeinsam auf dem kleinen Boot schaukelten und in die goldenen Augen des Froschwesens blickten. "Men...qu", wiederholte das breite Maul des Froschmannes und Madiha lächelte bei dem Versuch. Auch sie hatte nicht verlernt, sich über Kleinigkeiten zu freuen. Ähnlich, wie Caleb. Das war es wohl, was sie zueinander führte, letztendlich. „Mensch“, wiederholte sie zurückhaltend und kicherte leise. Das nachfolgende Blubbern und Keckern war faszinierend und Madiha sah das Wesen staunend an. „Ich glaube, es spricht…“, murmelte sie gedankenverloren, während Caleb wissen wollte, ob der Aquade Vertrauen fasste. Madiha aber glaubte, dass das Wesen um Hilfe bitten wollte, auch wenn sie nicht sicher sein konnte. Sie suchte einen Grund dahinter, dass es sie auf sich aufmerksam gemacht hatte und war sofort bereit Hilfe zu geben, sollte sie danach gefragt werden. Wohl einer der Gründe, warum sie auf einem Schiff nach Sarma unterwegs war. Sie hatte das Gefühl etwas schuldig zu sein, für all die Wunder, die ihr passierten. Sie musste etwas zurückgeben und sie wollte weder ihre Freunde noch all jene enttäuschen, die womöglich durch ihr Zutun ein anderes Schicksal haben könnten. Auch, wenn das spekulativ war und nur ihrem Helfersyndrom beikam. "Er macht auf mich einen viel zu gut gelaunten Eindruck, als dass er uns um Hilfe anfleht. Falls ein Problem existiert, so schwebt niemand der seinen in unmittelbarer Gefahr. Ich ... kann mich allerdings auch irren. Es ist das erste Mal, dass ich versuche, einen Aquaden zu deuten."
"Quade!",, analysierte der Elf die Lage und Madiha nickte verstehend, bis sich der Froschmann aufgeregt zu Wort meldete.
Madiha schenkte ihm ein Lächeln. „Wir nennen dich Aquade!“, deutete sie auf ihn. "Aber was will er dann?", verstand auch Caleb nicht. Immerhin hatte er nur einige Abende zuvor davon berichtet, wie selten diese Wesen waren und es blieb nur verständlich, dass sie sich fragten, was sein Auftauchen bedeuten konnte. Madiha versuchte es mit einfacher Kommunikation. Sie stellte sich vor und erreichte damit ganz offensichtlich den Aquaden. Elegant und wendig sprang er aus dem Wasser als gäbe es nichts anderes und landete auf dem Bootsteil, den man nicht besetzen konnte. Es schaukelte ordentlich und Madiha spürte, wie leichte Panik in ihr aufkommen wollte. Sie konnte nicht schwimmen und war nicht sicher, ob sie die Blase erneut im Falle eines Notfalls hinbekommen würde. Erst als sich das Boot wieder beruhigte, atmete sie die angestaute Luft aus und betrachtete den Aquaden genauer. Sie war schlicht fasziniert. Dabei war das Wesen nicht sonderlich schön, aber das machte ihr nichts. Schönheit lag in dem Auge, das betrachtete. Und Madiha war über die Maßen fasziniert. Bis er sich vorlehnte und ihr so nahekam, dass sie sich unweigerlich versteifte. Madiha starrte den Aquaden in die goldenen Augen und hielt die Luft an. Zum Teil aus angespanntem Abwarten, zum anderen, weil er wirklich furchtbar roch. Daraufhin aber hob er eine Hand und hielt knapp vor ihr inne. Madiha wagte nicht zu atmen. Sie war wie gebannt von dem Moment. Sie wollte ihn nicht erschrecken und rührte sich nicht. Schließlich berührte er sie und seine kalte, glitschige Haut berührte ihre. Madiha japste nach Luft, so angespannt war sie. "Madiqa", quakte er und sie lachte erfreut, nickte und sah zu, wie er in einem Rückwärtssalto ins Wasser zurücksprang. “Liquis!“, rief er und Madiha lachte noch einmal auf. Als Caleb nach dem Aquaden im Wasser suchte, blickte auch Madiha suchend umher. Bis Liquis einen Streich spielte und Madiha lachend nach Caleb blickte, ehe sie wieder zum Wassermann sah. Jener lehnte sich gerade an der kleinen Reling des Beibootes an und blickte wieder zu ihr. "Madiqa ... magst du mein Freund sein?" Sie runzelte die Stirn.
Sie verstand nicht recht, aber die Intonation und das Verhalten gaben Aufschluss, dass er ihr eine Frage stellte. "Madiqa ... nein Fischer? Nein fangen? Nein Netz?" Ihre Augen wurden groß. Sie verstand. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein Fischer, Nein Netz, nein fangen!“, versprach sie und schob ihre Hand vor, damit er sie ergreifen konnte. „Madiha Freund!“, versuchte sie es in einfachen Satzbausteinen und wartete ab, ob Liquis ihre Hand nehmen würde. Dann aber fiel ihr noch etwas ein. „Liquis Freund für Madiha!“, sagte sie lächelnd und war ganz gerührt von der Szenerie. Es breitete sich ein wohliges Gefühl in ihr aus. Wer hätte gedacht, dass sie kurz vor dem, was sie eigentlich vor hatte, noch eine neue Freundschaft schließen würde?
"Quade!",, analysierte der Elf die Lage und Madiha nickte verstehend, bis sich der Froschmann aufgeregt zu Wort meldete.
Madiha schenkte ihm ein Lächeln. „Wir nennen dich Aquade!“, deutete sie auf ihn. "Aber was will er dann?", verstand auch Caleb nicht. Immerhin hatte er nur einige Abende zuvor davon berichtet, wie selten diese Wesen waren und es blieb nur verständlich, dass sie sich fragten, was sein Auftauchen bedeuten konnte. Madiha versuchte es mit einfacher Kommunikation. Sie stellte sich vor und erreichte damit ganz offensichtlich den Aquaden. Elegant und wendig sprang er aus dem Wasser als gäbe es nichts anderes und landete auf dem Bootsteil, den man nicht besetzen konnte. Es schaukelte ordentlich und Madiha spürte, wie leichte Panik in ihr aufkommen wollte. Sie konnte nicht schwimmen und war nicht sicher, ob sie die Blase erneut im Falle eines Notfalls hinbekommen würde. Erst als sich das Boot wieder beruhigte, atmete sie die angestaute Luft aus und betrachtete den Aquaden genauer. Sie war schlicht fasziniert. Dabei war das Wesen nicht sonderlich schön, aber das machte ihr nichts. Schönheit lag in dem Auge, das betrachtete. Und Madiha war über die Maßen fasziniert. Bis er sich vorlehnte und ihr so nahekam, dass sie sich unweigerlich versteifte. Madiha starrte den Aquaden in die goldenen Augen und hielt die Luft an. Zum Teil aus angespanntem Abwarten, zum anderen, weil er wirklich furchtbar roch. Daraufhin aber hob er eine Hand und hielt knapp vor ihr inne. Madiha wagte nicht zu atmen. Sie war wie gebannt von dem Moment. Sie wollte ihn nicht erschrecken und rührte sich nicht. Schließlich berührte er sie und seine kalte, glitschige Haut berührte ihre. Madiha japste nach Luft, so angespannt war sie. "Madiqa", quakte er und sie lachte erfreut, nickte und sah zu, wie er in einem Rückwärtssalto ins Wasser zurücksprang. “Liquis!“, rief er und Madiha lachte noch einmal auf. Als Caleb nach dem Aquaden im Wasser suchte, blickte auch Madiha suchend umher. Bis Liquis einen Streich spielte und Madiha lachend nach Caleb blickte, ehe sie wieder zum Wassermann sah. Jener lehnte sich gerade an der kleinen Reling des Beibootes an und blickte wieder zu ihr. "Madiqa ... magst du mein Freund sein?" Sie runzelte die Stirn.
Sie verstand nicht recht, aber die Intonation und das Verhalten gaben Aufschluss, dass er ihr eine Frage stellte. "Madiqa ... nein Fischer? Nein fangen? Nein Netz?" Ihre Augen wurden groß. Sie verstand. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein Fischer, Nein Netz, nein fangen!“, versprach sie und schob ihre Hand vor, damit er sie ergreifen konnte. „Madiha Freund!“, versuchte sie es in einfachen Satzbausteinen und wartete ab, ob Liquis ihre Hand nehmen würde. Dann aber fiel ihr noch etwas ein. „Liquis Freund für Madiha!“, sagte sie lächelnd und war ganz gerührt von der Szenerie. Es breitete sich ein wohliges Gefühl in ihr aus. Wer hätte gedacht, dass sie kurz vor dem, was sie eigentlich vor hatte, noch eine neue Freundschaft schließen würde?
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Re: Schwarze Segel
Angesichts des Charmes, den Madiha ausstrahlte und der andere Herzen wärmer schlagen, Mundwinkel sich heben und ihre Freude mitfühlen ließ, konnte man die Theorie aufstellen, ob ein Leben wie ihres nötig wäre, um auch die kleinen Wunder als solche wertzuschätzen, die Celcia zu bieten hatte. Musste man als Sklavin aufwachsen, mit körperlicher und geistiger Misshandlung, damit man das Leben wirklich genießen konnte, wie es vorgesehen war, sobald man die Freiheit erlangt hatte. Galt Leid als Voraussetzung für Glück? Ihr Freund Corax hatte gelitten. Madiha würde die Bilder seiner Vergangenheit wohl nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Zu ihrer Erleichterung suchten sie diese Schreckenserfahrungen jedoch auch nicht in ihren Träumen heim, denn sie besaß genug eigene, mit denen sie die Nacht und sogar den Tag hätte füllen können. Sie beide hatten gelitten. Sie beide durften in Freiheit Glück erleben und das mit einer derartigen Intensität, dass Zeugen dieses Anblicks selbst von einem Wunder sprechen würden. Aber der rabenhafte Dunkelelf, der in Andunie zurückgelieben war, um seiner großen Liebe zur Seite zu stehen und nun gar für Madiha und Kjetell'o in die Presche zu springen, hatte aus seinem Schicksal heraus keine Naivität entwickelt wie seine kleine Herrin. Vielmehr hatte er bereits an der Klippe einer gebrochenen Seele gestanden, einen Fuß schon über dem Rand schweben. Madiha hatte ihn aufgefangen, am Fall gehindert und sich bemüht, sein zerrupftes Gefieder mit eigenen Federn aus Glück auszustatten. Sie wollte nicht nur Corax fliegen sehen. Sie wollte jede eine Seele am Himmel wiederfinden, damit sie die große weite Welt würden bestaunen dürfen, so wie sie es tat.
Dass ihr eigenes Schicksal tatsächlich keine Voraussetzung für ein derartiges Weltbild darstellte, bewies ihre jüngste Bekanntschaft. Der Aquade, der an ihrem Beiboot hing und sie mit großen, goldenen Augen musterte, war gewiss niemals ein Sklave gewesen. Sein Alter ließ sich kaum einschätzen. Er könnte unter seinesgleichen noch immer als Kind gelten, vielleicht aber auch schon als Mann mittleren Alters gelten. Madiha wusste nichts über die aquadische Lebensspanne und Caleb hatte in seinen Ausführungen dazu nichts gesagt. Trotzdem wirkte das Wesen vor ihr auf eine gewisse Art und Weise jung - so wie sie. Es war im Herzen jung geblieben, schien eine ähnlich naive Neugier zu besitzen und fürchtete sich nicht, sich an Unbekanntes heranzuwagen. Dass es Hilfe benötigte, konnte man inzwischen bezweifeln. Dafür ließ es sich zu viel Zeit, wirkte nicht gehetzt. Dafür betrachtete es Madiha mit zu großer Faszination und kam ihr dabei fast schon unbehaglich nahe. Was sie nach dieser Tuchfühlung seitens des Wassergeschöpfes jedoch definitiv würde festhalten können, wäre, dass man unter der Meeresoberfläche trotz allen Wassers ein Problem mit Mundgeruch besaß. Er stank und zwar fischig! Madiha versuchte, sich zu beherrschen, um ihm keinen Grund zu geben, nun beleidigt abzuziehen oder die wenigen Insassen des Bootes doch noch anzugreifen. Dennoch stach sein Aroma beißend in der Nase, wenn er sein breites Froschmaul unmittelbar vor ihr öffnete.
Er versuchte sich daran, Celcianisch zu sprechen und Madihas Worte zu wiederholen. Ob er ihnen eine Bedeutung zumessen konnte, blieb ungewiss. Aber er zeigte sich wissensdurstig, so wie sie bei ihrem Unterricht mit Kjetell'o. Der Elf verharrte ruhig, aber mit großen Augen neben Caleb. Jener hatte sich hingegen etwas vorgeneigt, denn einen Aquaden vor sich zu sehen, schlug auch ihn sofort in dessen Bann. Das beruhte allerdings auch Gegenseitigkeit. Der Aquade schien interessiert, Konversation zu betreiben und mehr über die unfischigen Wesen auf der Wasseroberfläche zu erfahren. Aufmerksam verfolgte er Madihas Bemühen, sich mit ihm zu verständigen. Dass es gelangt, zeigte sich wenig später, als er ihren Namen - wenn auch nicht ganz korrekt - wiederholte und sich selbst nach einer akrobatischen Meisterleistung vorstellte. Liquis hieß er, wie es schien. Und er war recht keck unterwegs, denn er wagte es, Caleb mit einer kleinen Attacke aus dem Wasser heraus nass zu spritzen. Das amüsierte ihn sichtlich. Sein Froschmaul öffnete sich weit, so dass Madiha erneut die große Zunge und die abgerundeten Zähne begutachten konnte. Er gab ein Gluckern und Glucksen von sich, das an einen wild sprudelnden Bergquell erinnerte. Dazwischen drängte sich dann aber auch etwas, das nach einer Frage klang. Er trug es jedoch wieder in seiner Unterwassersprache vor, so dass Madiha nicht mehr als ihren Namen verstand. Dann probierte es Liquis mit den wenigen celcianischen Worten, die ihm geläufig schienen und sie konnte sich langsam einen Reim darauf machen.
Er fragte sie, ob sie keiner der Fischer wäre. Ob sie jemand ohne Netz und Absicht wäre, ihn zu fangen. Das Gegenteil eines Geschöpfes folglich, das Aquaden jagte. Ein Verbündeter. Ein Freund.
"Madiha Freund! Liquis Freund für Madiha!", lachte sie ihm entgegen, voller Rührung. Schließlich durfte sie nicht nur Bekanntschaft mit einem echten Aquaden machen, sondern er wollte sie offenbar auch als Freundin ansehen. Und das, nachdem sie ihm eine Brandnarbe auf seiner Flossenhand verpasst hatte! Er trug es ihr nicht nach. Vielleicht, weil sie beide gezeichnet waren. Vielleicht aus anderen Gründen. Madiha wusste es nicht. Sie glaubte jedoch fest daran, dass Liquis dieses Treffen mit einer positiven Verbindung festigen wollte. Und er verstand. Er quäkte lauthals, wackelte mit dem breiten Kopf, dass es einem Nicken gleichkam und drehte dann mehrere Runden um das Boot herum. Der Dunkelelf Elre musste aufpassen, dass Liquis dabei keines seiner Ruder stahl. Oh, er versuchte es. Spielerisch schnappte er ein paar Mal danach, ließ aber los, ehe es für immer in die Tiefen des Meeres hätte sinken können.
Schließlich erreichte er wieder den Bug des Beibootes, um erneut beide bläulichen Arme darüber zu hängen. Er machte einen mehr als arglosen, ja schon vergnügten Eindruck. "Madiqa", wiederholte er den Namen seiner jüngsten Bekanntschaft mit so viel Wärme, dass kein Zweifel darin bestand, wie freudig er es aufnahm. Plötzlich aber richteten sich seine Augen auf den Shýaner Elfen. Liquis begann ein wenig zu röcheln. Aus seinem Hals entkamen seltsam gluckernde Laute, bis es fast einem Würgen gleich kam. Letztendlich schüttelte er den Kopf und quäkte kläglich: "Qu...quewe...Quewell'o!"
Caleb lachte auf: "Ich glaube, dein Name ist zu kompliziert für ihn. Quewell'o! Haha!" Kjetell'o nahm es keinem von beiden krumm. Das zeigte er Liuqis auch, indem er ihn freundlich anlächelte und mit seiner ihm ureigenen Geduld eine Hand anhob. Er deutete auf sich. "Kjetell'o. Oder Kjet, wenn du das hinbekommst ... Liquis."
Der Aquade musterte ihn. Madiha konnte ihr eigenes Bildnis in seinen goldenen Augen gespiegelt sehen. "Quweq!", brachte er hervor. Kjetell'o winkte unter einem breiten Lächeln ab. Er nickte. "Meinetwegen. Dann Quweq ... das klingt wässriger als es meine Magie erlaubt, aber gut. Hauptsache, du verknotest dir nicht die Zunge." Warmherziger fügte er an den Aquaden gewandt an: "Quweq Freund für Liquis." Denn das hatte der andere bei Madiha schließlich schon verstanden und auch jetzt strahlte er plötzlich mit einer Freude, die der eines Kindes gleichkam, dem man einen ganzen Raum voller Süßigkeiten schenkte. Liquis hob sich selbst aus dem Wasser. Seine Bewegungen waren ungemein elegant und fließend ... bis er im Beiboot selbst hockte. Da wirkte er sprichwörtlich wie der Fisch an land und musste erst einmal seine Gelenke in der weniger flüssigen Umgebung ordnen. Er ließ sich ganz selbstverständlich neben Madiha nieder. Sie konnte sehen, dass er winzige Finnen an den Waden und auch Schwimmhäute zwischen den Fußzehen besaß. Die Füße selbst waren größer als es proportional bei einem Menschen gepasst hätte. Vermutlich konnte Liquis deshalb so gut schwimmen. Sein gesamter Körper war blau, wies aber auch ein algengrünes, schönes Fleckenmuster auf. Ganz selbstverständlich, aber mit großer Faszination berührte er nun Madihas Haar. Es war in der Zeit wieder etwas länger geworden, aber benötigte dringend einen ordentlichen Schnitt. Die Enden hingen verfranst in alle Richtungen ab. Ihr gab es jedoch eher einen abenteuerlustigen denn verwahrlosten Eindruck. Liuqis störte es nicht. Haar allein kennen zu lernen, schien für ihn schon eines der kleinen Wunder zu sein, die Madiha gegenüber Celcia selbst besaß. Er ließ es zwischen seinen Fingern hindurch gleiten, während seine Augen die Größe von Untertellern annahmen. Je häufiger er diese Geste wiederholte, desto stärker begann er zu gluckern, dass es einem wässrigen Schnattern gleichkam.
"Was macht er da?", fragte Caleb und erstmals engten sich seine Augen etwas. Aber es war Liquis, der ihm antwortete im Versuch, ihn offenbar zu beschwichtigen: "Liquis Freund ... Qualleb!"
"QUALLEB!" Nun war es an Kjetell'o zu lachen. Er konnte sich nicht zurückhalten. Prustend kam es aus ihm heraus und es war dermaßen ansteckend, dass sogar Elre im Hintergrund leises Glucksen von sich gab. Caleb schaute allerdings ein wenig missmutig aus der Wäsche. "Na also! Ich bin doch keine Qualle!"
"Qualleb Freund. Liquis Freund ... Qualleb, Quwew ... Madiqa!" Letzterer strich er nun mit der gesamten Fläche seiner Flossenhand über den Kopf und erschauerte wohlwollend ob des Gefühls. Seine Augen klappten zu und wieder auf. Dann streichelte er Madiha regelrecht, als wäre sie ein Haustier. Er nahm auch noch die zweite Flosse zur Hand, fuhr über ihren Kopf und ihr gesamtes Haar entlang. Wenngleich er es fast schon fanatisch fasziniert intensivierte, ging er dabei doch sehr behutsam vor. Schließlich spielte er mit den fransigen Enden, kringelte sie um seine eigenen Finger und ließ sie wieder los. Er quäkte, wenn die so künstlich gedrehten Locken hüpften, ehe sie in ihre ursprüngliche Form zurückkehrten. Und plötzlich umfasste er Madihas Gesicht mit beiden Händen. Sein breites Froschmaul stieß erneut einen stark fischigen Geruch aus, aber ihr Name klang so liebevoll daraus hervor, dass es nicht nur ihr eine Gänsehaut verursachen würde. "Madiqa..."
"Hey hey!", rief Caleb aus und beugte sich vor, um eine seiner Hände von ihr zu lösen. "Du hast doch nun nicht vor, sie zu küssen, hm?"
"Vielleicht verwandelt er sich ja in einen Prinzen", scherzte Kjetell'o, der weitaus entspannter war als der Dieb. Doch nichts dergleichen geschah. Liquis betrachtete Caleb nur mit gewissem Unverständnis. Die Worte waren zu viel, zu fremd, als dass er seiner Frage hätte eine Bedeutung schenken können. So wechselte der Aquade schlichtweg das Thema. Erneut schaute er Madiha an. "Madiqa... Fisch?" Mit der von Caleb gelösten Hand deutete er auf die Schattenmuräne hinauf. An der Reling stand ein Großteil der Mannschaft, um die Szenerie zu beobachten. Einigen hatten Harpunen geholt, aber niemand von ihnen wirkte bedrohlich - sah man davon ab, dass sie als Dunkelelfen auf viele der Landbevölkerung allein deshalb schon diesen Eindruck hinterließen. Liquis gehörte jedoch nicht dazu. Es waren Begleiter Madiha und sie war zu seiner Freundin geworden. Folglich hatte er vor keinem der ihren auch nur ansatzweise Angst.
"Will er etwa auf das Schiff hinauf?", versuchte Kjetell'o die Frage des Aquaden zu deuten. Jener nahm ihn sofort in den Fokus und quäkte laut: "Fisch, Fisch! Sch...i...Schisch ... Schiss! Schiss!"
Nun lachte das ganze Boot, inklusive Liquis. Er erhob sich schwungvoll, dass alles schaukelte und schwankte. Beide Arme der Besatzung der Muräne entgegen gestreckt verkündete er: "Liquis auf Schiss!" Und dann drohte das kleine Boot fast zu kentern, als er sich kraftvoll einfach abstieß, um mit einem zweifachen Salto wieder ins Wasser zu springen. Fort war er und das für eine ganze Weile. Lange genug jedenfalls, dass Elre, Caleb und Kjetell'o das Wassergefährt wieder in Ruhe versetzen konnten.
"War es das nun? Kommt er zurück?", hakte der Dieb nach. Es wirkte nicht so. Sie warteten geraume Zeit, aber Liuqis ließ sich nicht mehr blicken.
"Schade. Das war es wohl", meinte Kjetell'o. "Er war eine angenehme Gesellschaft."
"Von seinem Maulgeruch abgesehen."
"Ach, Qualleb ... Nase zu und durch", scherzte der Elf. Er amüsierte sich königlich über den neuen Namen des Diebes und jener verzog zunächst das Gesicht, knuffte den Elfen dann aber kameradschaftlich. Schließlich wandte er sich an Madiha. "Eine wundervolle Begegnung, aber ich schätze, er kommt nicht wieder. Wir sollten zurück an Bord. Sarma wartet."
Elre sah dies als Kommando, das Boot zur Seitenwand der Schattenmuräne zurück zu rudern. Dort wartete auch schon eine Strickleiter darauf, sie alle wieder an Deck zu holen. Kjetell'o erklomm die Sprossen zuerst. Als er oben war, folgte Kjetell'o, während Elre sich Seile herablassen ließ, um das Beiboot so zu vertäuen, dass sie es wieder an der Schiffsseite würden anbringen können. Da gerieten nahe Madiha einige Wellen stärker in Bewegung als der Rest. Schon brach Liqui's Kopf durch die Wasseroberfläche. Wieder schwang er beide Arme über den Rand des Beibootes. Zwischen den Flosses jedoch trug er allerlei Kleinigkeiten, die er Madiha nun vor die Füße fallen ließ.
"Madiqa ... Freund ... schau, was ich dir mitgebracht habe! Gefällt es dir? Darf ich mit auf euren toten Fisch kommen?" Er zögerte. "Schiss? Schisch? Schi...ff?" Freudig, dass ihm die Aussprache nun gelungen war, kletterte er in das Boot hinein. "Schiff, Schiff! Madiqa. Liquis Schiff!" Mit einer Hand schob er seine Schätze zu ihr herüber. Es waren wirklich Schätze, wenn man wie Madiha einen Blick auf die Welt besaß. Muscheln in verschienen Braun-, Gelb- und Rottönen klimperten leise. Die meisten von ihnen besaßen eine fächerartige Form. Manche waren einfarbig, andere wiesen wunderschöne Wellenmuster auf. Eine von ihnen war ganz glatt, geformt wie ein Gebäckstück und besaß die dunkle Musterung einer der Raubkatzen, die Madiha manchmal in Käfigen auf dem Sarmaer Markt hatte sehen dürfen. Algenartige, ockergelbe Ketten mischten sich unter den Fang. Sie besaßen walnussgroße Wölbungen, von denen einige wenige durchsichtig waren. In einem davon erkannte Madiha etwas, das wie ein winziger Fisch ausschaute. Doch dieser Schatz wirkte im Gegensatz zum Rest eher unbeeindruckend. Liquis hatte noch ein paar tiefrote Korallen mitgebracht, die wild verästelt waren und so knorrig wie gleichermaßen filigran wirkten, dass man schwer sagen konnte, ob sie bei einer Berührung zerbrechen würden. Zwei Seesterne lagen ebenfalls zwischen den Muscheln. Rot und gelb, letzterer bewegte sich noch und als Liquis es bemerkte, nahm er ihn und warf ihn zurück ins Meer. Der andere Stern aber war tot. Er würde nur noch ein eigentlich makabres, dennoch unsagbar schönes Schmuckstück abgeben. Das Herz seines Geschenks aber machte etwas aus, das er Madiha nun auf offener Flosse entgegen streckte. Rund und nicht größer als ein Kirschkern, mit glatter Oberfläche, die weiß schimmerte, aber auch einen Hauch von Rosa besaß, hielt er ihr eine perfekt geformte Perle entgegen.
"Was macht er da unten?", rief Caleb von Bord aus zum Beiboot herunter. "Muss ich eifersüchtig werden?" Er grinste dabei, aber ein Körnchen besorgte Wahrheit steckte wohl doch mit darin.
Dass ihr eigenes Schicksal tatsächlich keine Voraussetzung für ein derartiges Weltbild darstellte, bewies ihre jüngste Bekanntschaft. Der Aquade, der an ihrem Beiboot hing und sie mit großen, goldenen Augen musterte, war gewiss niemals ein Sklave gewesen. Sein Alter ließ sich kaum einschätzen. Er könnte unter seinesgleichen noch immer als Kind gelten, vielleicht aber auch schon als Mann mittleren Alters gelten. Madiha wusste nichts über die aquadische Lebensspanne und Caleb hatte in seinen Ausführungen dazu nichts gesagt. Trotzdem wirkte das Wesen vor ihr auf eine gewisse Art und Weise jung - so wie sie. Es war im Herzen jung geblieben, schien eine ähnlich naive Neugier zu besitzen und fürchtete sich nicht, sich an Unbekanntes heranzuwagen. Dass es Hilfe benötigte, konnte man inzwischen bezweifeln. Dafür ließ es sich zu viel Zeit, wirkte nicht gehetzt. Dafür betrachtete es Madiha mit zu großer Faszination und kam ihr dabei fast schon unbehaglich nahe. Was sie nach dieser Tuchfühlung seitens des Wassergeschöpfes jedoch definitiv würde festhalten können, wäre, dass man unter der Meeresoberfläche trotz allen Wassers ein Problem mit Mundgeruch besaß. Er stank und zwar fischig! Madiha versuchte, sich zu beherrschen, um ihm keinen Grund zu geben, nun beleidigt abzuziehen oder die wenigen Insassen des Bootes doch noch anzugreifen. Dennoch stach sein Aroma beißend in der Nase, wenn er sein breites Froschmaul unmittelbar vor ihr öffnete.
Er versuchte sich daran, Celcianisch zu sprechen und Madihas Worte zu wiederholen. Ob er ihnen eine Bedeutung zumessen konnte, blieb ungewiss. Aber er zeigte sich wissensdurstig, so wie sie bei ihrem Unterricht mit Kjetell'o. Der Elf verharrte ruhig, aber mit großen Augen neben Caleb. Jener hatte sich hingegen etwas vorgeneigt, denn einen Aquaden vor sich zu sehen, schlug auch ihn sofort in dessen Bann. Das beruhte allerdings auch Gegenseitigkeit. Der Aquade schien interessiert, Konversation zu betreiben und mehr über die unfischigen Wesen auf der Wasseroberfläche zu erfahren. Aufmerksam verfolgte er Madihas Bemühen, sich mit ihm zu verständigen. Dass es gelangt, zeigte sich wenig später, als er ihren Namen - wenn auch nicht ganz korrekt - wiederholte und sich selbst nach einer akrobatischen Meisterleistung vorstellte. Liquis hieß er, wie es schien. Und er war recht keck unterwegs, denn er wagte es, Caleb mit einer kleinen Attacke aus dem Wasser heraus nass zu spritzen. Das amüsierte ihn sichtlich. Sein Froschmaul öffnete sich weit, so dass Madiha erneut die große Zunge und die abgerundeten Zähne begutachten konnte. Er gab ein Gluckern und Glucksen von sich, das an einen wild sprudelnden Bergquell erinnerte. Dazwischen drängte sich dann aber auch etwas, das nach einer Frage klang. Er trug es jedoch wieder in seiner Unterwassersprache vor, so dass Madiha nicht mehr als ihren Namen verstand. Dann probierte es Liquis mit den wenigen celcianischen Worten, die ihm geläufig schienen und sie konnte sich langsam einen Reim darauf machen.
Er fragte sie, ob sie keiner der Fischer wäre. Ob sie jemand ohne Netz und Absicht wäre, ihn zu fangen. Das Gegenteil eines Geschöpfes folglich, das Aquaden jagte. Ein Verbündeter. Ein Freund.
"Madiha Freund! Liquis Freund für Madiha!", lachte sie ihm entgegen, voller Rührung. Schließlich durfte sie nicht nur Bekanntschaft mit einem echten Aquaden machen, sondern er wollte sie offenbar auch als Freundin ansehen. Und das, nachdem sie ihm eine Brandnarbe auf seiner Flossenhand verpasst hatte! Er trug es ihr nicht nach. Vielleicht, weil sie beide gezeichnet waren. Vielleicht aus anderen Gründen. Madiha wusste es nicht. Sie glaubte jedoch fest daran, dass Liquis dieses Treffen mit einer positiven Verbindung festigen wollte. Und er verstand. Er quäkte lauthals, wackelte mit dem breiten Kopf, dass es einem Nicken gleichkam und drehte dann mehrere Runden um das Boot herum. Der Dunkelelf Elre musste aufpassen, dass Liquis dabei keines seiner Ruder stahl. Oh, er versuchte es. Spielerisch schnappte er ein paar Mal danach, ließ aber los, ehe es für immer in die Tiefen des Meeres hätte sinken können.
Schließlich erreichte er wieder den Bug des Beibootes, um erneut beide bläulichen Arme darüber zu hängen. Er machte einen mehr als arglosen, ja schon vergnügten Eindruck. "Madiqa", wiederholte er den Namen seiner jüngsten Bekanntschaft mit so viel Wärme, dass kein Zweifel darin bestand, wie freudig er es aufnahm. Plötzlich aber richteten sich seine Augen auf den Shýaner Elfen. Liquis begann ein wenig zu röcheln. Aus seinem Hals entkamen seltsam gluckernde Laute, bis es fast einem Würgen gleich kam. Letztendlich schüttelte er den Kopf und quäkte kläglich: "Qu...quewe...Quewell'o!"
Caleb lachte auf: "Ich glaube, dein Name ist zu kompliziert für ihn. Quewell'o! Haha!" Kjetell'o nahm es keinem von beiden krumm. Das zeigte er Liuqis auch, indem er ihn freundlich anlächelte und mit seiner ihm ureigenen Geduld eine Hand anhob. Er deutete auf sich. "Kjetell'o. Oder Kjet, wenn du das hinbekommst ... Liquis."
Der Aquade musterte ihn. Madiha konnte ihr eigenes Bildnis in seinen goldenen Augen gespiegelt sehen. "Quweq!", brachte er hervor. Kjetell'o winkte unter einem breiten Lächeln ab. Er nickte. "Meinetwegen. Dann Quweq ... das klingt wässriger als es meine Magie erlaubt, aber gut. Hauptsache, du verknotest dir nicht die Zunge." Warmherziger fügte er an den Aquaden gewandt an: "Quweq Freund für Liquis." Denn das hatte der andere bei Madiha schließlich schon verstanden und auch jetzt strahlte er plötzlich mit einer Freude, die der eines Kindes gleichkam, dem man einen ganzen Raum voller Süßigkeiten schenkte. Liquis hob sich selbst aus dem Wasser. Seine Bewegungen waren ungemein elegant und fließend ... bis er im Beiboot selbst hockte. Da wirkte er sprichwörtlich wie der Fisch an land und musste erst einmal seine Gelenke in der weniger flüssigen Umgebung ordnen. Er ließ sich ganz selbstverständlich neben Madiha nieder. Sie konnte sehen, dass er winzige Finnen an den Waden und auch Schwimmhäute zwischen den Fußzehen besaß. Die Füße selbst waren größer als es proportional bei einem Menschen gepasst hätte. Vermutlich konnte Liquis deshalb so gut schwimmen. Sein gesamter Körper war blau, wies aber auch ein algengrünes, schönes Fleckenmuster auf. Ganz selbstverständlich, aber mit großer Faszination berührte er nun Madihas Haar. Es war in der Zeit wieder etwas länger geworden, aber benötigte dringend einen ordentlichen Schnitt. Die Enden hingen verfranst in alle Richtungen ab. Ihr gab es jedoch eher einen abenteuerlustigen denn verwahrlosten Eindruck. Liuqis störte es nicht. Haar allein kennen zu lernen, schien für ihn schon eines der kleinen Wunder zu sein, die Madiha gegenüber Celcia selbst besaß. Er ließ es zwischen seinen Fingern hindurch gleiten, während seine Augen die Größe von Untertellern annahmen. Je häufiger er diese Geste wiederholte, desto stärker begann er zu gluckern, dass es einem wässrigen Schnattern gleichkam.
"Was macht er da?", fragte Caleb und erstmals engten sich seine Augen etwas. Aber es war Liquis, der ihm antwortete im Versuch, ihn offenbar zu beschwichtigen: "Liquis Freund ... Qualleb!"
"QUALLEB!" Nun war es an Kjetell'o zu lachen. Er konnte sich nicht zurückhalten. Prustend kam es aus ihm heraus und es war dermaßen ansteckend, dass sogar Elre im Hintergrund leises Glucksen von sich gab. Caleb schaute allerdings ein wenig missmutig aus der Wäsche. "Na also! Ich bin doch keine Qualle!"
"Qualleb Freund. Liquis Freund ... Qualleb, Quwew ... Madiqa!" Letzterer strich er nun mit der gesamten Fläche seiner Flossenhand über den Kopf und erschauerte wohlwollend ob des Gefühls. Seine Augen klappten zu und wieder auf. Dann streichelte er Madiha regelrecht, als wäre sie ein Haustier. Er nahm auch noch die zweite Flosse zur Hand, fuhr über ihren Kopf und ihr gesamtes Haar entlang. Wenngleich er es fast schon fanatisch fasziniert intensivierte, ging er dabei doch sehr behutsam vor. Schließlich spielte er mit den fransigen Enden, kringelte sie um seine eigenen Finger und ließ sie wieder los. Er quäkte, wenn die so künstlich gedrehten Locken hüpften, ehe sie in ihre ursprüngliche Form zurückkehrten. Und plötzlich umfasste er Madihas Gesicht mit beiden Händen. Sein breites Froschmaul stieß erneut einen stark fischigen Geruch aus, aber ihr Name klang so liebevoll daraus hervor, dass es nicht nur ihr eine Gänsehaut verursachen würde. "Madiqa..."
"Hey hey!", rief Caleb aus und beugte sich vor, um eine seiner Hände von ihr zu lösen. "Du hast doch nun nicht vor, sie zu küssen, hm?"
"Vielleicht verwandelt er sich ja in einen Prinzen", scherzte Kjetell'o, der weitaus entspannter war als der Dieb. Doch nichts dergleichen geschah. Liquis betrachtete Caleb nur mit gewissem Unverständnis. Die Worte waren zu viel, zu fremd, als dass er seiner Frage hätte eine Bedeutung schenken können. So wechselte der Aquade schlichtweg das Thema. Erneut schaute er Madiha an. "Madiqa... Fisch?" Mit der von Caleb gelösten Hand deutete er auf die Schattenmuräne hinauf. An der Reling stand ein Großteil der Mannschaft, um die Szenerie zu beobachten. Einigen hatten Harpunen geholt, aber niemand von ihnen wirkte bedrohlich - sah man davon ab, dass sie als Dunkelelfen auf viele der Landbevölkerung allein deshalb schon diesen Eindruck hinterließen. Liquis gehörte jedoch nicht dazu. Es waren Begleiter Madiha und sie war zu seiner Freundin geworden. Folglich hatte er vor keinem der ihren auch nur ansatzweise Angst.
"Will er etwa auf das Schiff hinauf?", versuchte Kjetell'o die Frage des Aquaden zu deuten. Jener nahm ihn sofort in den Fokus und quäkte laut: "Fisch, Fisch! Sch...i...Schisch ... Schiss! Schiss!"
Nun lachte das ganze Boot, inklusive Liquis. Er erhob sich schwungvoll, dass alles schaukelte und schwankte. Beide Arme der Besatzung der Muräne entgegen gestreckt verkündete er: "Liquis auf Schiss!" Und dann drohte das kleine Boot fast zu kentern, als er sich kraftvoll einfach abstieß, um mit einem zweifachen Salto wieder ins Wasser zu springen. Fort war er und das für eine ganze Weile. Lange genug jedenfalls, dass Elre, Caleb und Kjetell'o das Wassergefährt wieder in Ruhe versetzen konnten.
"War es das nun? Kommt er zurück?", hakte der Dieb nach. Es wirkte nicht so. Sie warteten geraume Zeit, aber Liuqis ließ sich nicht mehr blicken.
"Schade. Das war es wohl", meinte Kjetell'o. "Er war eine angenehme Gesellschaft."
"Von seinem Maulgeruch abgesehen."
"Ach, Qualleb ... Nase zu und durch", scherzte der Elf. Er amüsierte sich königlich über den neuen Namen des Diebes und jener verzog zunächst das Gesicht, knuffte den Elfen dann aber kameradschaftlich. Schließlich wandte er sich an Madiha. "Eine wundervolle Begegnung, aber ich schätze, er kommt nicht wieder. Wir sollten zurück an Bord. Sarma wartet."
Elre sah dies als Kommando, das Boot zur Seitenwand der Schattenmuräne zurück zu rudern. Dort wartete auch schon eine Strickleiter darauf, sie alle wieder an Deck zu holen. Kjetell'o erklomm die Sprossen zuerst. Als er oben war, folgte Kjetell'o, während Elre sich Seile herablassen ließ, um das Beiboot so zu vertäuen, dass sie es wieder an der Schiffsseite würden anbringen können. Da gerieten nahe Madiha einige Wellen stärker in Bewegung als der Rest. Schon brach Liqui's Kopf durch die Wasseroberfläche. Wieder schwang er beide Arme über den Rand des Beibootes. Zwischen den Flosses jedoch trug er allerlei Kleinigkeiten, die er Madiha nun vor die Füße fallen ließ.
"Madiqa ... Freund ... schau, was ich dir mitgebracht habe! Gefällt es dir? Darf ich mit auf euren toten Fisch kommen?" Er zögerte. "Schiss? Schisch? Schi...ff?" Freudig, dass ihm die Aussprache nun gelungen war, kletterte er in das Boot hinein. "Schiff, Schiff! Madiqa. Liquis Schiff!" Mit einer Hand schob er seine Schätze zu ihr herüber. Es waren wirklich Schätze, wenn man wie Madiha einen Blick auf die Welt besaß. Muscheln in verschienen Braun-, Gelb- und Rottönen klimperten leise. Die meisten von ihnen besaßen eine fächerartige Form. Manche waren einfarbig, andere wiesen wunderschöne Wellenmuster auf. Eine von ihnen war ganz glatt, geformt wie ein Gebäckstück und besaß die dunkle Musterung einer der Raubkatzen, die Madiha manchmal in Käfigen auf dem Sarmaer Markt hatte sehen dürfen. Algenartige, ockergelbe Ketten mischten sich unter den Fang. Sie besaßen walnussgroße Wölbungen, von denen einige wenige durchsichtig waren. In einem davon erkannte Madiha etwas, das wie ein winziger Fisch ausschaute. Doch dieser Schatz wirkte im Gegensatz zum Rest eher unbeeindruckend. Liquis hatte noch ein paar tiefrote Korallen mitgebracht, die wild verästelt waren und so knorrig wie gleichermaßen filigran wirkten, dass man schwer sagen konnte, ob sie bei einer Berührung zerbrechen würden. Zwei Seesterne lagen ebenfalls zwischen den Muscheln. Rot und gelb, letzterer bewegte sich noch und als Liquis es bemerkte, nahm er ihn und warf ihn zurück ins Meer. Der andere Stern aber war tot. Er würde nur noch ein eigentlich makabres, dennoch unsagbar schönes Schmuckstück abgeben. Das Herz seines Geschenks aber machte etwas aus, das er Madiha nun auf offener Flosse entgegen streckte. Rund und nicht größer als ein Kirschkern, mit glatter Oberfläche, die weiß schimmerte, aber auch einen Hauch von Rosa besaß, hielt er ihr eine perfekt geformte Perle entgegen.
"Was macht er da unten?", rief Caleb von Bord aus zum Beiboot herunter. "Muss ich eifersüchtig werden?" Er grinste dabei, aber ein Körnchen besorgte Wahrheit steckte wohl doch mit darin.
- Madiha Al'Sarma
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Re: Schwarze Segel
Ob Madiha das Leben ebenso genossen hätte, wenn sie nicht in der Art aufgewachsen wäre? Es war ein wohlgehütetes Geheimnis, das vermutlich nie jemand in Erfahrung bringen würde. Fakt war wohl, dass sie bereits vor diesem unsäglichen Leben einen Kampfgeist und eine Affinität zu den kleinen Dingen besessen hatte. Gewiss, ihre Mutter hatte nie Geld besessen und Madiha war schon sehr glücklich, wenn es zu einem besonderen Anlass ein Stück besonderes Obst gegeben hatte. Sie hätte sich gewiss anders entwickelt, wäre sie zum Beispiel aufgewachsen, wie Azura. Die Adelige hatte Madiha die andere Seite des Lebens nur sehr deutlich vor Augen geführt und Madiha konnte mit Sicherheit sagen, dass sie lieber war, wer sie war und herkam, woher sie eben stammte, anstatt am Ende allein dazustehen. Dennoch wünschte sie Azura und vor allem Corax, dass sie einander Glück brächten, auch wenn Madiha sich immer wieder bei dem Gedanken erwischte, dass sie Corax lieber bei sich gehabt hätte. Schließlich waren sie einander auf eine Art und Weise nahe, wie sie es mit niemandem sonst gekonnt hätte. Ihre Vergangenheit verband sie und gleichwohl hatte sie das starke Bedürfnis, dem sehr viel Gebeutelterem Mut zu machen. Jetzt hingegen schlug Madiha eine neue Brücke zu einer Welt, die sie niemals für möglich gehalten hatte. Liquis, der Aquade hatten seine rege Freude mit ihnen. Zumindest amüsierte er sich köstlich über Caleb und Madiha konnte nicht umhin zu kichern. Als er um das Boot sauste, wurde Madiha beim Zuschauen fast schwindelig. Sie hielt sich an der Reling fest und versuchte Liquis mit den Augen zu folgen, musste es aber bald schon aufgeben, weil er viel zu schnell schwamm. Als er ihren Namen sagte, gluckste Madiha und nickte bestätigend. Die Freude, die er ausstrahlte war ansteckend. Dann beobachtete Madiha, wie sich Liquis an Kjetell’o richtete. "Qu...quewe...Quewell'o!" Sie grunzte, weil sie das Auflachen nicht unterdrücken konnte und sah über die Schulter zu Caleb, der ebenfalls auflachte. "Quweq!", bemühte Liquis sich, die Kurzform zu sagen. Madiha biss sich amüsiert auf die Unterlippe und grinste breit in Richtung ihres Lehrmeisters. "Meinetwegen. Dann Quweq ... das klingt wässriger als es meine Magie erlaubt, aber gut. Hauptsache, du verknotest dir nicht die Zunge. Quweq Freund für Liquis." Madiha musterte den Elfen einen Moment. Ihr wurde warm ums Herz, denn sie erkannte, dass Kjetell’o ein echter Freund werden könnte. Er besaß eine Güte und Warmherzigkeit, die jedem von ihnen gut tat. Ihre Gedanken wurden hinfortgerissen, als der Wassermann sich plötzlich ganz selbstverständlich ins Beiboot schwang und dann auch neben sie setzte. Instinktiv rutschte sie ein wenig beiseite, musterte ihn dann aber genauer. Seine Haut war wirklich ungewöhnlich und seine Finger und Füße besaßen Schwimmhäute, die Madiha noch nicht gesehen hatte. Sie konnte schlussfolgern, dass er damit besser schwimmen konnte, es sah dennoch reichlich ungewohnt aus. Als er sie berührte und ihr Haar inspizierte, zuckte Madiha im ersten Moment zusammen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er gleich so nahe kam. Auch Caleb schien für einen Moment argwöhnisch und Liquis versuchte tatsächlich zu beschwichtigen. Das Mädchen räusperte sich verhalten. "Liquis Freund ... Qualleb!" Kjetell’o war schneller als Madiha, aber auch sie fiel sofort in ein gelöstes Lachen ein, dass man ihr nur selten ansehen konnte. Madiha lachte herzlich. "Na also! Ich bin doch keine Qualle!" monierte ihr Dieb und Madiha wandte sich mit tränenfeuchten Augen zu ihm um. Sie kicherte noch immer höchst amüsiert und brachte kein Wort heraus. "Qualleb Freund. Liquis Freund ... Qualleb, Quwew ... Madiqa!" Nun wurde sie wieder Zeugin seiner kühlen Haut und sie spürte einen Schauer über sich jagen. Madiha wurde ernster, denn dass Liquis sie so selbstverständlich berührte behagte ihr nur bedingt. Zwar wollte sie ihm nicht vor den Kopf stoßen, aber körperliche Nähe war noch immer ein gewisses Thema für die einstige Sklavin, sodass sie das Lachen verlor und nur noch etwas unsicher lächelte. Liquis schien erheblich Gefallen an ihren Haaren zu finden, sodass er immer energischer wurde.
Madiha rutschte etwas weg und versuchte ihn davon abzubringen, ohne ihm vor den Kopf zu stoßen. Allerdings griff Liquis nun ihr Gesicht und Madiha erstarrte zur Salzsäule. Sie starrte die großen Augen des Aquaden an und war wie paralysiert als er ihr näherkam. Ihr Name war so lieblich gesprochen, aber Madiha war das dennoch zuviel. "Hey hey! Du hast doch nun nicht vor, sie zu küssen, hm?" Langsam tauchte Madiha aus ihrer Starre auf und sie merkte, dass sie den Atem angehalten hatte. "Vielleicht verwandelt er sich ja in einen Prinzen" Der Scherz kam nur mäßig bei der Sarmaerin an. Madiha räusperte sich etwas verlegen und gleichwohl unsicher. Sie wollte gewiss nicht die Stimmung trüben oder Liquis suggerieren, dass er etwas falsch machte, aber sie konnte auch nicht gänzlich aus ihrer Haut. Sie sah Caleb dankbar an, dass er eingeschritten war und räusperte sich wieder leise. Glücklicherweise wechselte Liquis das Thema und deutete auf das Schiff. "Madiqa... Fisch?" „Hm?“, fragte sie nach und schaute zur Schattenmuräne. "Will er etwa auf das Schiff hinauf?" Madiha nickte leicht. „Scheint so, oder?“, fand sie auch ihre Stimme wieder. "Fisch, Fisch! Sch...i...Schisch ... Schiss! Schiss!" Madiha spürte wieder ihre Mundwinkel zucken und die eben noch empfundene Anspannung glitt von ihr. "Liquis auf Schiss!" Daraufhin verabschiedete sich Liquis kunstvoll und Madiha geriet ein wenig in Panik, weil sie nicht schwimmen konnte. Sie krallte sich an der Reling fest und wartete, bis Elre das Boot in ruhige Lage versetzte. "War es das nun? Kommt er zurück?" Sie schaute auf die sich beruhigende Wasseroberfläche. "Schade. Das war es wohl. Er war eine angenehme Gesellschaft."
"Von seinem Maulgeruch abgesehen."
"Ach, Qualleb ... Nase zu und durch" Madiha schmunzelte und schaute zurück auf das Wasser. „Das werde ich wohl mein Leben lang nicht vergessen können…“, murmelte sie und schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich meine die Begegnung, nicht den Geruch…“, scherzte sie nun auch mal und lächelte schief. "Eine wundervolle Begegnung, aber ich schätze, er kommt nicht wieder. Wir sollten zurück an Bord. Sarma wartet." Sofort spürte Madiha wieder diese Dunkelheit in sich. Diese Beklemmung. Sie sah einen Moment zu dem Elfen und nickte daraufhin ernster werdend. „Du hast Recht… Es… wir können nicht ewig warten“, meinte sie nicht ohne eine Spur Wehmut. Sie hätte liebend gern die Zeit vertrödelt. Ihr Blick glitt über die Oberfläche zur Muräne hinauf und mit jedem Meter, den sie näherkamen, wurde auch ihr Gefühl wieder schwerer. Liquis hatte sie sehr gut davon ablenken können, was ihr bevorstand. Jetzt aber rückte die Aufgabe wieder in den Fokus. Bis sie am Bauch des Schiffes angelangt waren, schwieg Madiha. Sie schaute auf das Tau, das man Elre hinunterwarf und wartete, dass sie aussteigen durften. Bis sich plötzlich wieder die Wasseroberfläche kräuselte und tatsächlich der Kopf des Aquaden hervorlugte.
"Madiqa ... Freund ... schau, was ich dir mitgebracht habe! Gefällt es dir? Darf ich mit auf euren toten Fisch kommen?“ Sie blinzelte, denn seine Sprache war ungewohnt. Als er ihr einiges vor die Füße legte, hob sie jedoch erstmal fragend den Blick wieder. "Schiss? Schisch? Schi...ff? Schiff, Schiff! Madiqa. Liquis Schiff!" „Du willst mitkommen??“, fragte sie überrascht und schaute zum Schiff hinauf. Dann wieder auf Liquis, dann auf das Meer. „Aber deine Heimat ist das Meer?“, fragte sie und deutete darauf. Bis ihr Blick auf die Gaben fiel, die der Meermann mitgebracht hatte. „Oh…“, machte sie und griff nach den hübschen Sachen. Madiha’s Gesicht erhellte sich abermals, während sie die unterschiedlichen Muscheln in den unterschiedlichen Farben betrachtete. „Die sind wundervoll, Liquis, danke!", sagte sie ohne Hintergedanken daran, dass er sie womöglich nicht verstehen konnte. Sie griff gerade nach einer kleinen, schwarzen Muschel, die äußerlich nicht sonderlich schön aussah, aber von ihnen zart rosa und elfenbeinfarben glänzte. Sie strich mit dem Daumen darüber und spürte, wie weich es sich anfühlte. Daraufhin blickte sie auf die Korallen und schließlich entdeckte sie den Seestern. Ihr Impuls war es ebenfalls, jenen wieder ins Meer zu werfen, doch Liquis kam ihr zuvor. Stauend betrachtete sie den anderen. Fast schon ehrfürchtig strich sie mit den Fingerspitzen über die raue Oberfläche. „Ich habe sowas noch nie berührt…“, murmelte sie noch immer ganz für sich. Madiha hob daraufhin den Blick, lächelte Liquis an und sagte:
„Danke, Liquis! Aber das wäre doch nicht nötig. Sie sind wunderschön, allesamt…!“, er würde vielleicht ihre Worte nicht verstehen, aber womöglich erkennen können, dass sie sich aufrichtig freute und die Schätze wunderschön fand. Dann hielt ihr der Aquade die Perle entgegen und Madiha’s Augen wurden groß. „Die ist ja traumhaft schön… sie muss aber sehr wertvoll sein, nicht wahr?“, sprach sie mit ihm ganz normal und wollte seine Finger wieder um die Perle schließen. „Sie gehört gewiss dir, Liquis… Du musst mir das nicht schenken, wirklich nicht…!“, sagte sie und griff daraufhin nach der Perle von Corax. Sie zog sie mit zwei Fingern aus der sicheren Verwahrung und zeigte sie Liquis. „Ich habe auch eine, siehst du? Sie ist von einem Freund… Corax, er… er ist nicht hier, aber die Perle erinnert mich an ihn!“, schnatterte sie abermals und schloss die Perle wieder in ihre Faust ein. „Liquis Perle, Madiha Perle“, versuchte sie ihm begreiflich zu machen. Auf Caleb’s Nachfrage hob Madiha den Blick. „Ich denke er will mich bezahlen, damit er mit darf…“, überlegte sie und blickte zurück zu Liquis. „Du darfst mit auf das Schif“", sagte sie daraufhin und deutete nach oben, während sie nickte. „Aber du musst dann wieder zu deinem Meer! Zu den Fischen!“, deutete sie auf das Meer zurück. Sie würde Liquis gewiss keiner Gefahr aussetzen, wenn er nicht mal wusste, worauf er sich einlassen könnte. „Liquis Schiff, gucken, dann zurück ins Meer!“, bemühte sie sich, verständlich zu sein und deutete dann auf die Strickleiter, damit der Aquade noch vor ihr diese erklimmen konnte.
Madiha rutschte etwas weg und versuchte ihn davon abzubringen, ohne ihm vor den Kopf zu stoßen. Allerdings griff Liquis nun ihr Gesicht und Madiha erstarrte zur Salzsäule. Sie starrte die großen Augen des Aquaden an und war wie paralysiert als er ihr näherkam. Ihr Name war so lieblich gesprochen, aber Madiha war das dennoch zuviel. "Hey hey! Du hast doch nun nicht vor, sie zu küssen, hm?" Langsam tauchte Madiha aus ihrer Starre auf und sie merkte, dass sie den Atem angehalten hatte. "Vielleicht verwandelt er sich ja in einen Prinzen" Der Scherz kam nur mäßig bei der Sarmaerin an. Madiha räusperte sich etwas verlegen und gleichwohl unsicher. Sie wollte gewiss nicht die Stimmung trüben oder Liquis suggerieren, dass er etwas falsch machte, aber sie konnte auch nicht gänzlich aus ihrer Haut. Sie sah Caleb dankbar an, dass er eingeschritten war und räusperte sich wieder leise. Glücklicherweise wechselte Liquis das Thema und deutete auf das Schiff. "Madiqa... Fisch?" „Hm?“, fragte sie nach und schaute zur Schattenmuräne. "Will er etwa auf das Schiff hinauf?" Madiha nickte leicht. „Scheint so, oder?“, fand sie auch ihre Stimme wieder. "Fisch, Fisch! Sch...i...Schisch ... Schiss! Schiss!" Madiha spürte wieder ihre Mundwinkel zucken und die eben noch empfundene Anspannung glitt von ihr. "Liquis auf Schiss!" Daraufhin verabschiedete sich Liquis kunstvoll und Madiha geriet ein wenig in Panik, weil sie nicht schwimmen konnte. Sie krallte sich an der Reling fest und wartete, bis Elre das Boot in ruhige Lage versetzte. "War es das nun? Kommt er zurück?" Sie schaute auf die sich beruhigende Wasseroberfläche. "Schade. Das war es wohl. Er war eine angenehme Gesellschaft."
"Von seinem Maulgeruch abgesehen."
"Ach, Qualleb ... Nase zu und durch" Madiha schmunzelte und schaute zurück auf das Wasser. „Das werde ich wohl mein Leben lang nicht vergessen können…“, murmelte sie und schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich meine die Begegnung, nicht den Geruch…“, scherzte sie nun auch mal und lächelte schief. "Eine wundervolle Begegnung, aber ich schätze, er kommt nicht wieder. Wir sollten zurück an Bord. Sarma wartet." Sofort spürte Madiha wieder diese Dunkelheit in sich. Diese Beklemmung. Sie sah einen Moment zu dem Elfen und nickte daraufhin ernster werdend. „Du hast Recht… Es… wir können nicht ewig warten“, meinte sie nicht ohne eine Spur Wehmut. Sie hätte liebend gern die Zeit vertrödelt. Ihr Blick glitt über die Oberfläche zur Muräne hinauf und mit jedem Meter, den sie näherkamen, wurde auch ihr Gefühl wieder schwerer. Liquis hatte sie sehr gut davon ablenken können, was ihr bevorstand. Jetzt aber rückte die Aufgabe wieder in den Fokus. Bis sie am Bauch des Schiffes angelangt waren, schwieg Madiha. Sie schaute auf das Tau, das man Elre hinunterwarf und wartete, dass sie aussteigen durften. Bis sich plötzlich wieder die Wasseroberfläche kräuselte und tatsächlich der Kopf des Aquaden hervorlugte.
"Madiqa ... Freund ... schau, was ich dir mitgebracht habe! Gefällt es dir? Darf ich mit auf euren toten Fisch kommen?“ Sie blinzelte, denn seine Sprache war ungewohnt. Als er ihr einiges vor die Füße legte, hob sie jedoch erstmal fragend den Blick wieder. "Schiss? Schisch? Schi...ff? Schiff, Schiff! Madiqa. Liquis Schiff!" „Du willst mitkommen??“, fragte sie überrascht und schaute zum Schiff hinauf. Dann wieder auf Liquis, dann auf das Meer. „Aber deine Heimat ist das Meer?“, fragte sie und deutete darauf. Bis ihr Blick auf die Gaben fiel, die der Meermann mitgebracht hatte. „Oh…“, machte sie und griff nach den hübschen Sachen. Madiha’s Gesicht erhellte sich abermals, während sie die unterschiedlichen Muscheln in den unterschiedlichen Farben betrachtete. „Die sind wundervoll, Liquis, danke!", sagte sie ohne Hintergedanken daran, dass er sie womöglich nicht verstehen konnte. Sie griff gerade nach einer kleinen, schwarzen Muschel, die äußerlich nicht sonderlich schön aussah, aber von ihnen zart rosa und elfenbeinfarben glänzte. Sie strich mit dem Daumen darüber und spürte, wie weich es sich anfühlte. Daraufhin blickte sie auf die Korallen und schließlich entdeckte sie den Seestern. Ihr Impuls war es ebenfalls, jenen wieder ins Meer zu werfen, doch Liquis kam ihr zuvor. Stauend betrachtete sie den anderen. Fast schon ehrfürchtig strich sie mit den Fingerspitzen über die raue Oberfläche. „Ich habe sowas noch nie berührt…“, murmelte sie noch immer ganz für sich. Madiha hob daraufhin den Blick, lächelte Liquis an und sagte:
„Danke, Liquis! Aber das wäre doch nicht nötig. Sie sind wunderschön, allesamt…!“, er würde vielleicht ihre Worte nicht verstehen, aber womöglich erkennen können, dass sie sich aufrichtig freute und die Schätze wunderschön fand. Dann hielt ihr der Aquade die Perle entgegen und Madiha’s Augen wurden groß. „Die ist ja traumhaft schön… sie muss aber sehr wertvoll sein, nicht wahr?“, sprach sie mit ihm ganz normal und wollte seine Finger wieder um die Perle schließen. „Sie gehört gewiss dir, Liquis… Du musst mir das nicht schenken, wirklich nicht…!“, sagte sie und griff daraufhin nach der Perle von Corax. Sie zog sie mit zwei Fingern aus der sicheren Verwahrung und zeigte sie Liquis. „Ich habe auch eine, siehst du? Sie ist von einem Freund… Corax, er… er ist nicht hier, aber die Perle erinnert mich an ihn!“, schnatterte sie abermals und schloss die Perle wieder in ihre Faust ein. „Liquis Perle, Madiha Perle“, versuchte sie ihm begreiflich zu machen. Auf Caleb’s Nachfrage hob Madiha den Blick. „Ich denke er will mich bezahlen, damit er mit darf…“, überlegte sie und blickte zurück zu Liquis. „Du darfst mit auf das Schif“", sagte sie daraufhin und deutete nach oben, während sie nickte. „Aber du musst dann wieder zu deinem Meer! Zu den Fischen!“, deutete sie auf das Meer zurück. Sie würde Liquis gewiss keiner Gefahr aussetzen, wenn er nicht mal wusste, worauf er sich einlassen könnte. „Liquis Schiff, gucken, dann zurück ins Meer!“, bemühte sie sich, verständlich zu sein und deutete dann auf die Strickleiter, damit der Aquade noch vor ihr diese erklimmen konnte.
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Re: Schwarze Segel
Celcia bestand aus vielen Geschöpfen. Jedes war auf seine Weise wundervoll und jedes nahm auf irgendein anderes Wesen Einfluss, dass es eine Kettenreaktion von einem zum anderen Ende auslösen konnte. Das Ganze potenzierte sich allein dadurch, dass Celcias Bewohner untereinander agieren. Sie trafen aufeinander, trennten sich oder blieben auf ewig zusammen, um neues Leben entstehen zu lassen. Fremde kamen, Freunde gingen. Man konnte jedes Leben auf Celcia im Grunde als Wegbegleiter eines anderen sehen und sei die Zeit auch nur lang genug, dass es für einen Blickkontakt reichte.
Madihas jüngster Augenblick entschied sich, etwas länger zu bleiben als geahnt. Denn kaum, dass Liquis wieder in den Wellen verschwunden war und man die Begegnung als beendet ansah, tauchte er wieder auf. Er durchbrach die Wasseroberfläche, verteilte aber nicht nur Tropfen davon im Boot, in dem lediglich noch Madiha hockte, weil sie bis zum Schluss hatte warten wollen, ehe sie zurück auf die Muräne klettern wollte. Liquis brachte ihr Geschenke mit und sie waren allesamt so schön wie der erste Blickaustausch zwischen der Sarmaerin und dem Meereswesen. Auch jetzt glotzte er sie mit leuchtend goldenen Augen und einem überbreiten Grinsen an. Etwas Erwartungsvolles ruhte in seiner Mimik, auch wenn sie für Madiha aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit schwer zu lesen war. Darüber hinaus verstand sie den Aquaden noch immer nicht vollends. Aber Madiha lernte, die kleinen Details zu deuten. Er brachte ihr nicht grundlos all die Schätze aus den Tiefen.
Madiha griff nach einer Muschel. Sie fühlte sich glatt und weich an, erinnerte sie vielleicht auch an das Kleinod, das sie beim gemeinsamen Ausflug zum Strandstück der Andunier Felsenklippen gemacht hatte. Caleb und sie hatten diese kurzen Stunden genossen und jetzt trug sie ihre Muschel als Kette um den Hals. Möglich war, dass Liquis den Schmuck entdeckt und geschlussfolgert hatte, dass Madiha den Prunk des Meeres mochte. Aber er brachte ihr all die schönen Muscheln, Korallenzweife und sogar den Seestern nicht nur mit, damit sie diese bewundern durfte. Sein Blick glitt auch am Rumpf des Schiffs empor. Oben standen bereits einige Matrosen an der Reling und spähten zum Beiboot herunter. Sie hielten die Seile, mit denen Elre das Boot wieder an der Schiffsseite befestigen würde, sobald Madiha zurück an Bord geklettert wäre. Die Frage war, ob sie allein nach oben käme.
"Du willst mitkommen? Aber deine Heimat ist das Meer?"
Liquis betrachtete Madiha mit unveränderter Miene. Erwartung - Hoffnung - glomm in seinen Augen, ähnlich dem Feuer in Madihas Innerem. Es lag ruhig, war aber nicht erloschen. Es wärmte den Kern und wartete, bis es wieder Gelegenheit zum Lodern hätte. Umgeben vom Kontrast-Element hielt man sich eher zurück. Und als Mensch schubste man keinen Aquaden zurück ins Meer, der Geschenke brachte, um ein Menschenschiff erklimmen zu dürfen. Madiha wollte Liquis nicht seinem Element entreißen. Wenn er mit an Bord käme, fände er vielleicht jenen Flecken Meer nicht wieder, den er als sein Revier ansähe. Andererseits wollte sie ihm auch nicht vor den Kopf stoßen. Er betrachtete sie mit diesen kindlich großen Augen purer Neugier auf Unentdecktes, die sie selbst schon an den Tag gelegt hatte. Liquis hielt ihr hier einen Spiegel vor und sie sah Szenen ihres ersten Anblicks der andunischen Küste, eines Blicks über das Panorama der Welt vom Magierturm aus oder auch kleinerer, unbekannter Erlebnisse wie ihre erste nicht sarmische Mahlzeit. Selbst wenn sie Madiha nicht so gut geschmeckt hatte wie die gezuckerten Feigen der Heimat, so war sie der Erfahrung gegenüber offen gewesen. Liquis zeigte ähnliche Verhaltensweisen. Das Meer war gigantisch groß. Wie hoch standen die Chancen für einen Aquaden, auf den scheinbar endlosen Wellen ein Schiff zu entdecken? Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass man Kontakt zu dessen Fahrenden aufnehmen könnte? Liquis ergriff das Glück beim Schopf. Seine Neugier hatte ihn hierher geführt. Ja, sie hatte ihn verletzt, als er sich an Madihas Flammenblase die Flosse verbrannte, aber es brannte das Kind nicht. Er scheute das Feuer nicht, im Gegenteil. Es zog ihn geradezu magisch an. Er wollte wissen, was sich in seine Welt geschlichen hatte und was er an Erfahrungen mitnehmen konnte.
Dafür war er bereit, viel zu geben. Zwischen all dem Tand des Meeres zeigte er Madiha etwas, das auch in ihrem eigenen Besitz war. Liquis hielt ihr eine matt schimmernde Perle entgegen. Madiha versuchte ihm dabei, durch Worte und Gesten verstehen zu geben, wie wertvoll sie das Kleinod fand und dass er aufgrund dessen es unbedingt behalten sollte. So wagte sie sich vor und schloss Liquis' flossenartige Finger um die Perle. Er ließ es zu, zuckte nicht einmal zurück, sondern beobachtete lediglich Madihas Tun. Dann hielt er die Perle fest, guckte auf seine Hand herab und wieder zu ihr empor. Madiha spiegelte sich im Gold seiner Augen wider. Es erinnerte sie, weshalb sie seine Perle nicht annehmen brauchte. Sie besaß selbst eine und die war von gleichermaßen großem Wert, wenn nicht noch mehr. Sie war nicht nur der Abschied eines Freundes gewesen, sondern auch dessen Zuspruch, dass sie sich wieder auf Reisen begeben durfte, weil er sich um ein Problem kümmern würde, dem Madiha sich nur aus Ehrgefühl verpflichtet hatte - nicht etwa aus Sympathie zur Betroffenen. Nicht mehr. Wenn sie Alycide van Ikari wirklich gerettet hätte, dann um die Willen ihrer Freunde. Um Kjetell'os und Corax' Willen. Weil beide Azura hatten helfen wollen. Es ging hier nicht um die verwöhnte Adlige, schon lange nicht mehr. Die Perle würde Madiha daran erinnern, was ihr Freund auf sich nahm, damit auch sie nicht immer zurückstecken musste. Sie war keine Sklavin mehr. Auch sie durfte ihr Leben fortführen, ohne sich an den Willen anderer binden zu müssen.
Ohja, Madiha hielt hier einen kleinen Schatz in Händen. Einen, der durch kein zweites Exemplar je ersetzt werden könnte. Sie brauchte die Perle des Aquaden nicht, folglich holte sie ihre hervor, um es ihm auf diese Weise zu verdeutlichen. Und da geschah es. Noch während Madiha gen Schiff und Caleb empor rief, dass sie vermutete, Liquis wollte mit an Bord kommen und noch während ise ihm dies bestätigte, veränderte sich etwas an der Perle in ihrer Hand. Etwas, womit Madiha allein aufgrund der magischen Nachricht von Corax hätte rechnen müssen, worauf sie für den Augenblick aber gewiss nicht gefasst war.
Solange ich in Sicherheit bin, bleibt die Perle hell. Sie färbt sich schwarz, sollte ich in Gefahr sein.
Die Oberfläche des Kleinods verdunkelte sich. Es ging so rapide, dass Madiha noch gar nicht reagieren konnte, da hatte sich die einst so hell schimmernde Kugel bereits in einen Ball purer Schwärze verfärbt. Jegliches Hoffnungslicht schien daraus gewichen zu sein. Dann aber brach es hervor. Nein ... etwas brach. Wie weiße Blitze durchzogen haarfeine Risse die Oberfläche. Sie zogen sich über die gesamte Perle, breiteten sich als faseriges Gewitter aus, verzweigten, bis die Perle fast wieder weiß wirkte. Dann klirrte es in Madihas Herzen, als die Perle in ihrer bloßen Hand in so viele winzige Splitter zerbrach, dass sie vom Wind wie Asche erfasst und davon getragen wurden. Vielleicht lösten sie sich auch auf. Fest stand, dass ihr Geschenk von Corax nicht nur schwarz geworden war, sondern auch zersprang ... bis nichts mehr blieb.
Fremde kamen, Freunde gingen. Und manche sollten nicht wiederkehren.
"Madi! MADIHA!", rief Caleb nun nicht zum ersten Mal zu ihr herunter. Er schwang sich bereits über die Reling und auf die Strickleiter, um zu ihr herunter zu klettern. Hinter ihm beobachteten einige Matrosen und Kjetell'o das Geschehene. Der Shyáner war wie erstarrt, bleich um die Nase und mit Schrecken im Blick, als hätte er den Weltuntergang vorhergesagt bekommen. Caleb nahm derweil Sprosse umd Sprosse nach unten. "Was war das?! Was ist passiert? Madi, geht's dir gut? Bist du verletzt?" Schon war er bei ihr und legte schützend einen Arm um sie, bereit sie auch in den zweiten zu nehmen und zu halten. Doch die Sorge, dass sie sich verletzt haben könnte, war größer.
Liquis beobachtete das Ganze. Er war wohl derjenige, der am wenigsten an der Situation verstand und dass Madihas Perle geradezu zerplatzt war, kam in seinem Weltbild offenbar auch nicht vor. Doch als Außenstehender konnte er die Situation auf eine ganz andere Weise einschätzen, sowie entsprechend handeln. "Madiqa", sprach er sie mit seiner leicht quäkigen Stimme an, strahlte dabei aber eine Ruhe aus, die man von Kjetell'o erwartet hätte, nicht aber von ihm. Der Elf war im Moment nur noch ruhiger. Kein Laut drang über seine Lippen, die er so fest aufeinanderpresste, dass er sie sich aufbiss. Er stand unter Schock, Liquis aber handelte. Der Aquade griff nach Madihas Hand, in der sich nun nichts mehr befand, das an Corax hätte erinnern können. Sein Geschenk war fort. Schwarz, gesprengt, verschwunden ... was hieß das für ihn?
Eine weiße Perle rückte an die Leere in Madihas Handoberfläche. Liquis legte sein Kleinod hinein und nun war er es, der ihre Finger mit seinen darum schloss. Es war schwer zu deuten, aber er schien sie anzulächeln und nickte sacht. "Deins", sagte er nur und blickte dann zum Schiff empor und zum besorgten Kapitän, der seine Wüstenrose hielt. "Quallep. Liquis Sch...Schi...ff? Schiff? Ja?"
Caleb nickte nur, machte dem Aquaden sogar Platz an der Strickleiter. Ihn interessierte es gerade wenig. Sein gesamter Fokus lag auf Madiha, die er nicht mehr loslassen wollte. Er hatte die Perle nicht so zerspringen sehen wie sie, aber selbst er spürte, dass gerade etwas Schreckliches passiert sein musste.
Madihas jüngster Augenblick entschied sich, etwas länger zu bleiben als geahnt. Denn kaum, dass Liquis wieder in den Wellen verschwunden war und man die Begegnung als beendet ansah, tauchte er wieder auf. Er durchbrach die Wasseroberfläche, verteilte aber nicht nur Tropfen davon im Boot, in dem lediglich noch Madiha hockte, weil sie bis zum Schluss hatte warten wollen, ehe sie zurück auf die Muräne klettern wollte. Liquis brachte ihr Geschenke mit und sie waren allesamt so schön wie der erste Blickaustausch zwischen der Sarmaerin und dem Meereswesen. Auch jetzt glotzte er sie mit leuchtend goldenen Augen und einem überbreiten Grinsen an. Etwas Erwartungsvolles ruhte in seiner Mimik, auch wenn sie für Madiha aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit schwer zu lesen war. Darüber hinaus verstand sie den Aquaden noch immer nicht vollends. Aber Madiha lernte, die kleinen Details zu deuten. Er brachte ihr nicht grundlos all die Schätze aus den Tiefen.
Madiha griff nach einer Muschel. Sie fühlte sich glatt und weich an, erinnerte sie vielleicht auch an das Kleinod, das sie beim gemeinsamen Ausflug zum Strandstück der Andunier Felsenklippen gemacht hatte. Caleb und sie hatten diese kurzen Stunden genossen und jetzt trug sie ihre Muschel als Kette um den Hals. Möglich war, dass Liquis den Schmuck entdeckt und geschlussfolgert hatte, dass Madiha den Prunk des Meeres mochte. Aber er brachte ihr all die schönen Muscheln, Korallenzweife und sogar den Seestern nicht nur mit, damit sie diese bewundern durfte. Sein Blick glitt auch am Rumpf des Schiffs empor. Oben standen bereits einige Matrosen an der Reling und spähten zum Beiboot herunter. Sie hielten die Seile, mit denen Elre das Boot wieder an der Schiffsseite befestigen würde, sobald Madiha zurück an Bord geklettert wäre. Die Frage war, ob sie allein nach oben käme.
"Du willst mitkommen? Aber deine Heimat ist das Meer?"
Liquis betrachtete Madiha mit unveränderter Miene. Erwartung - Hoffnung - glomm in seinen Augen, ähnlich dem Feuer in Madihas Innerem. Es lag ruhig, war aber nicht erloschen. Es wärmte den Kern und wartete, bis es wieder Gelegenheit zum Lodern hätte. Umgeben vom Kontrast-Element hielt man sich eher zurück. Und als Mensch schubste man keinen Aquaden zurück ins Meer, der Geschenke brachte, um ein Menschenschiff erklimmen zu dürfen. Madiha wollte Liquis nicht seinem Element entreißen. Wenn er mit an Bord käme, fände er vielleicht jenen Flecken Meer nicht wieder, den er als sein Revier ansähe. Andererseits wollte sie ihm auch nicht vor den Kopf stoßen. Er betrachtete sie mit diesen kindlich großen Augen purer Neugier auf Unentdecktes, die sie selbst schon an den Tag gelegt hatte. Liquis hielt ihr hier einen Spiegel vor und sie sah Szenen ihres ersten Anblicks der andunischen Küste, eines Blicks über das Panorama der Welt vom Magierturm aus oder auch kleinerer, unbekannter Erlebnisse wie ihre erste nicht sarmische Mahlzeit. Selbst wenn sie Madiha nicht so gut geschmeckt hatte wie die gezuckerten Feigen der Heimat, so war sie der Erfahrung gegenüber offen gewesen. Liquis zeigte ähnliche Verhaltensweisen. Das Meer war gigantisch groß. Wie hoch standen die Chancen für einen Aquaden, auf den scheinbar endlosen Wellen ein Schiff zu entdecken? Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass man Kontakt zu dessen Fahrenden aufnehmen könnte? Liquis ergriff das Glück beim Schopf. Seine Neugier hatte ihn hierher geführt. Ja, sie hatte ihn verletzt, als er sich an Madihas Flammenblase die Flosse verbrannte, aber es brannte das Kind nicht. Er scheute das Feuer nicht, im Gegenteil. Es zog ihn geradezu magisch an. Er wollte wissen, was sich in seine Welt geschlichen hatte und was er an Erfahrungen mitnehmen konnte.
Dafür war er bereit, viel zu geben. Zwischen all dem Tand des Meeres zeigte er Madiha etwas, das auch in ihrem eigenen Besitz war. Liquis hielt ihr eine matt schimmernde Perle entgegen. Madiha versuchte ihm dabei, durch Worte und Gesten verstehen zu geben, wie wertvoll sie das Kleinod fand und dass er aufgrund dessen es unbedingt behalten sollte. So wagte sie sich vor und schloss Liquis' flossenartige Finger um die Perle. Er ließ es zu, zuckte nicht einmal zurück, sondern beobachtete lediglich Madihas Tun. Dann hielt er die Perle fest, guckte auf seine Hand herab und wieder zu ihr empor. Madiha spiegelte sich im Gold seiner Augen wider. Es erinnerte sie, weshalb sie seine Perle nicht annehmen brauchte. Sie besaß selbst eine und die war von gleichermaßen großem Wert, wenn nicht noch mehr. Sie war nicht nur der Abschied eines Freundes gewesen, sondern auch dessen Zuspruch, dass sie sich wieder auf Reisen begeben durfte, weil er sich um ein Problem kümmern würde, dem Madiha sich nur aus Ehrgefühl verpflichtet hatte - nicht etwa aus Sympathie zur Betroffenen. Nicht mehr. Wenn sie Alycide van Ikari wirklich gerettet hätte, dann um die Willen ihrer Freunde. Um Kjetell'os und Corax' Willen. Weil beide Azura hatten helfen wollen. Es ging hier nicht um die verwöhnte Adlige, schon lange nicht mehr. Die Perle würde Madiha daran erinnern, was ihr Freund auf sich nahm, damit auch sie nicht immer zurückstecken musste. Sie war keine Sklavin mehr. Auch sie durfte ihr Leben fortführen, ohne sich an den Willen anderer binden zu müssen.
Ohja, Madiha hielt hier einen kleinen Schatz in Händen. Einen, der durch kein zweites Exemplar je ersetzt werden könnte. Sie brauchte die Perle des Aquaden nicht, folglich holte sie ihre hervor, um es ihm auf diese Weise zu verdeutlichen. Und da geschah es. Noch während Madiha gen Schiff und Caleb empor rief, dass sie vermutete, Liquis wollte mit an Bord kommen und noch während ise ihm dies bestätigte, veränderte sich etwas an der Perle in ihrer Hand. Etwas, womit Madiha allein aufgrund der magischen Nachricht von Corax hätte rechnen müssen, worauf sie für den Augenblick aber gewiss nicht gefasst war.
Solange ich in Sicherheit bin, bleibt die Perle hell. Sie färbt sich schwarz, sollte ich in Gefahr sein.
Die Oberfläche des Kleinods verdunkelte sich. Es ging so rapide, dass Madiha noch gar nicht reagieren konnte, da hatte sich die einst so hell schimmernde Kugel bereits in einen Ball purer Schwärze verfärbt. Jegliches Hoffnungslicht schien daraus gewichen zu sein. Dann aber brach es hervor. Nein ... etwas brach. Wie weiße Blitze durchzogen haarfeine Risse die Oberfläche. Sie zogen sich über die gesamte Perle, breiteten sich als faseriges Gewitter aus, verzweigten, bis die Perle fast wieder weiß wirkte. Dann klirrte es in Madihas Herzen, als die Perle in ihrer bloßen Hand in so viele winzige Splitter zerbrach, dass sie vom Wind wie Asche erfasst und davon getragen wurden. Vielleicht lösten sie sich auch auf. Fest stand, dass ihr Geschenk von Corax nicht nur schwarz geworden war, sondern auch zersprang ... bis nichts mehr blieb.
Fremde kamen, Freunde gingen. Und manche sollten nicht wiederkehren.
"Madi! MADIHA!", rief Caleb nun nicht zum ersten Mal zu ihr herunter. Er schwang sich bereits über die Reling und auf die Strickleiter, um zu ihr herunter zu klettern. Hinter ihm beobachteten einige Matrosen und Kjetell'o das Geschehene. Der Shyáner war wie erstarrt, bleich um die Nase und mit Schrecken im Blick, als hätte er den Weltuntergang vorhergesagt bekommen. Caleb nahm derweil Sprosse umd Sprosse nach unten. "Was war das?! Was ist passiert? Madi, geht's dir gut? Bist du verletzt?" Schon war er bei ihr und legte schützend einen Arm um sie, bereit sie auch in den zweiten zu nehmen und zu halten. Doch die Sorge, dass sie sich verletzt haben könnte, war größer.
Liquis beobachtete das Ganze. Er war wohl derjenige, der am wenigsten an der Situation verstand und dass Madihas Perle geradezu zerplatzt war, kam in seinem Weltbild offenbar auch nicht vor. Doch als Außenstehender konnte er die Situation auf eine ganz andere Weise einschätzen, sowie entsprechend handeln. "Madiqa", sprach er sie mit seiner leicht quäkigen Stimme an, strahlte dabei aber eine Ruhe aus, die man von Kjetell'o erwartet hätte, nicht aber von ihm. Der Elf war im Moment nur noch ruhiger. Kein Laut drang über seine Lippen, die er so fest aufeinanderpresste, dass er sie sich aufbiss. Er stand unter Schock, Liquis aber handelte. Der Aquade griff nach Madihas Hand, in der sich nun nichts mehr befand, das an Corax hätte erinnern können. Sein Geschenk war fort. Schwarz, gesprengt, verschwunden ... was hieß das für ihn?
Eine weiße Perle rückte an die Leere in Madihas Handoberfläche. Liquis legte sein Kleinod hinein und nun war er es, der ihre Finger mit seinen darum schloss. Es war schwer zu deuten, aber er schien sie anzulächeln und nickte sacht. "Deins", sagte er nur und blickte dann zum Schiff empor und zum besorgten Kapitän, der seine Wüstenrose hielt. "Quallep. Liquis Sch...Schi...ff? Schiff? Ja?"
Caleb nickte nur, machte dem Aquaden sogar Platz an der Strickleiter. Ihn interessierte es gerade wenig. Sein gesamter Fokus lag auf Madiha, die er nicht mehr loslassen wollte. Er hatte die Perle nicht so zerspringen sehen wie sie, aber selbst er spürte, dass gerade etwas Schreckliches passiert sein musste.
- Madiha Al'Sarma
- Celcia-Team
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- Registriert: Sonntag 14. Februar 2021, 12:04
- Moderator des Spielers: Kazel
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Feuermagie (verloren, an einen Drachen abgegeben)
Schwimmen (rudimentär)
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- Ausrüstung: Eine kleine Muschel mit Loch an einer Kette um den Hals
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Re: Schwarze Segel
Madiha verstand den Hunger auf Neues sehr gut. Wenn man die Chance erhielt, sich über den eigenen Horizont hinaus zu entwickeln. Ihre Welt war so winzig gewesen und das Staunen über die wahre Größe würde sie vermutlich niemals verlieren. So konnte sie Liquis verstehen, auch ohne seine Sprache zu sprechen. Sie lächelte bei all den maritimen Kostbarkeiten und würdigte sein Angebot auch ausgiebig. Dabei schauspielerte sie nicht, denn sie besah sich wirklich alles ganz genau. Die kleine Muschel um ihren Hals war ihr wichtig geworden. Es erinnerte sie an die Stunden am Strand, nachdem sie noch geglaubt hatte, dass man sie verstoßen würde, für ihren Fehler im Kampf gegen Serpentis. Das Muschelschmuckstück sollte sie daran erinnern, dass sie nicht den Rang einnahm, den sie glaubte zu haben. Dass sie eine Berechtigung besaß, dort zu sein, wo sie eben stand. Als Liquis ihr dann das wohl Kostbarste zeigte, wollte sie ihm suggerieren, dass sie das nicht annehmen konnte. Es war wertvoll, in ihrer Welt zumindest und sie versuchte ihm zu sagen, dass sie ebenfalls eine besaß. Zum Veranschaulichen holte sie Corax‘ Perle hervor und zeigte sie dem Meeresmann. Kurz ließ sie ihre Perle aus den Augen, da sie Caleb sagte, was sie glaubte erfahren zu haben und kehrte erst dann mit ihrer Aufmerksamkeit zurück zu Liquis. Schließlich aber beteuerte sie, dass er auf jeden Fall zurück ins Meer müsste, wenn er jetzt mit an Bord kam. Doch dann wurde ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt: Ihre Hand fühlte sich mit einem Mal deutlich kühler an, als sie noch glaubte, dass die Perle einen Schatten reflektierte. Sie runzelte die Stirn und besah sich das Kleinod genauer, dann weiteten sich allerdings ihre Augen, als sie erkannte, dass die Perle keinen Schatten spiegelte… Sie wurde „Schwarz…“, keuchte Madiha und ihr blieb nichts anderes übrig, als dem Spektakel auf ihrer flachen Hand zuzusehen.
Wie erstarrt blickte sie auf die Verfärbung und spürte augenblicklich, wie sich alles in ihr zusammenzog. Sie wollte etwas tun, wollte es aufhalten. Madiha schloss instinktiv die Faust um die Perle, als könnte sie sie somit aufhalten das Unheil in ihre Welt zu lassen. Doch die feinen, weißen Linien ließen sich nicht aufhalten. Madiha presste ihre Faust gegen ihre Brust, hielt mit der anderen Hand fest und ihr Blick verschwamm. „Corax…“, keuchte sie, als sie mit einem Mal spürte, wie die Perle in ihrer Hand verschwand. Als sie erschrocken ihre Faust öffnete sah sie … nichts. Madiha erstarrte und blickte auf ihre leere Handfläche. Sie fand nicht mal mehr einen Staubkrümmel vor. Als hätte die Perle niemals existiert. Sie hörte irgendwo am Rand, dass Caleb nach ihr rief, aber sie war nicht fähig zu antworten. "Was war das?! Was ist passiert? Madi, geht's dir gut? Bist du verletzt?", klang ihr liebster Dieb deutlich dichter und schon spürte sie seinen Arm um ihre Schultern. Aber Madiha starrte noch immer auf ihre eigene Hand. „Corax… er… ist nicht… mehr …. ?“, japste sie unter Schock. Sie hatte nicht erwartet, dass das passieren würde. Hatte sie sie kaputt gemacht? War es ihre Schuld? Vertrug sich die Perle nicht mit dem Wasser? Was war nur passiert? Solange ich in Sicherheit bin, bleibt die Perle hell. Sie färbt sich schwarz, sollte ich in Gefahr sein. augenblicklich kehrte Bewegung in die Samaerin. Madiha sah Caleb mit einem Ausdruck in die Augen, der zu erschüttern wusste. Nackte Panik, dass sie einen Freund verloren hatten, zeichnete den graublauen Blick. Dann suchte Madiha den Blick von Kjetell’o. Auch er wusste, was die Perle bedeutete und auch ihm sah sie denselben Schrecken an, den auch sie spürte. Leider bedeutete es, dass sie sich nicht irrte. Kjetell’o gab den Anstoß an ihren folgenden Aktionismus.
„Ich muss Corax helfen!“, rief sie nur, schwamm sich irgendwie aus Caleb’s Umarmung frei und packte die erste Sprosse der Strickleiter. Sie erklomm jene eilig und vergaß selbst Liquis der noch mal um Erlaubnis bat. Caleb nickte in ihrem Rücken, dass er an Bord kommen durfte, aber das war jetzt nicht wichtig. Madiha beeilte sich, um an Deck zu kommen. Sie fiel beinahe über die Reling, als sie sich strauchelnd aufrappelte und über das Deck rannte. Sie achtete nicht auf jemanden, der ihr womöglich im Weg stand. Sie war im Tunnel und rannte auf die Tür zum Unterdeck zu. Dann nahm sie die Stufen und fiel beinahe erneut hin, weil sie so unkoordiniert und zügig unterwegs war. Die Angst in ihrem Innern machte sie weich in den Beinen. Ihr war schlecht. Wenn Corax wegen ihr verletzt oder schlimmer noch tot war, dann… Madiha brachte es nicht über sich den Gedanken zu denken, sondern rief sich zur Ordnung, so gut es ging. Sie eilte zu ihrem kleinen Beutel, der an einer Hängematte hing und riss ihn von dem rostigen Nagel, der als Halterung diente. Dann fingerte sie darin herum und zog mit einem Anflug von Vorsicht die Feder hervor. Sie starrte sie an, ehe sie zurücklief und wieder an Deck auftauchte. Madiha dachte an die Worte, die Corax ihr sagte, als er ihr die Feder gab. Wenn du mich brauchst, wirklich brauchst ... dann verbrenn die hier. Ich weiß, dass du das kannst, kleine Herrin. Wirf sie ins Feuer und ich werde kommen. Madiha versuchte fahrig ihre Magie anzurufen, aber sie schaffte es nicht, so aufgeregt war sie. Ihr Herz pochte unablässig und stark. Sie versuchte sich zu beruhigen, atmete durch. Sie schloss die Augen und legte all ihre Hoffnung hinein. Es musste funktionieren, dann bat sie ihr Feuer, die Feder zu verbrennen.
„Corax… Corax ich rufe dich, komm zu mir!“, rief sie dann als wäre sie wahnsinnig geworden. Ihre Wangen schimmerten von den Tränen der Angst, die sich aus ihren Augen lösten. Sie öffnete ihren Blick und sah zu Caleb. Sie brauchte seinen Anblick jetzt. Er war stets ihr Anker und ihr Fels. Sie musste ihn ansehen, weil sie nicht wusste, ob sie es ertragen konnte, wenn Corax‘ Feder nicht wie versprochen funktionieren würde… Sie hätte nie geglaubt, dass sie sie jemals hätte einsetzen müssen… Was war nur passiert?
Wie erstarrt blickte sie auf die Verfärbung und spürte augenblicklich, wie sich alles in ihr zusammenzog. Sie wollte etwas tun, wollte es aufhalten. Madiha schloss instinktiv die Faust um die Perle, als könnte sie sie somit aufhalten das Unheil in ihre Welt zu lassen. Doch die feinen, weißen Linien ließen sich nicht aufhalten. Madiha presste ihre Faust gegen ihre Brust, hielt mit der anderen Hand fest und ihr Blick verschwamm. „Corax…“, keuchte sie, als sie mit einem Mal spürte, wie die Perle in ihrer Hand verschwand. Als sie erschrocken ihre Faust öffnete sah sie … nichts. Madiha erstarrte und blickte auf ihre leere Handfläche. Sie fand nicht mal mehr einen Staubkrümmel vor. Als hätte die Perle niemals existiert. Sie hörte irgendwo am Rand, dass Caleb nach ihr rief, aber sie war nicht fähig zu antworten. "Was war das?! Was ist passiert? Madi, geht's dir gut? Bist du verletzt?", klang ihr liebster Dieb deutlich dichter und schon spürte sie seinen Arm um ihre Schultern. Aber Madiha starrte noch immer auf ihre eigene Hand. „Corax… er… ist nicht… mehr …. ?“, japste sie unter Schock. Sie hatte nicht erwartet, dass das passieren würde. Hatte sie sie kaputt gemacht? War es ihre Schuld? Vertrug sich die Perle nicht mit dem Wasser? Was war nur passiert? Solange ich in Sicherheit bin, bleibt die Perle hell. Sie färbt sich schwarz, sollte ich in Gefahr sein. augenblicklich kehrte Bewegung in die Samaerin. Madiha sah Caleb mit einem Ausdruck in die Augen, der zu erschüttern wusste. Nackte Panik, dass sie einen Freund verloren hatten, zeichnete den graublauen Blick. Dann suchte Madiha den Blick von Kjetell’o. Auch er wusste, was die Perle bedeutete und auch ihm sah sie denselben Schrecken an, den auch sie spürte. Leider bedeutete es, dass sie sich nicht irrte. Kjetell’o gab den Anstoß an ihren folgenden Aktionismus.
„Ich muss Corax helfen!“, rief sie nur, schwamm sich irgendwie aus Caleb’s Umarmung frei und packte die erste Sprosse der Strickleiter. Sie erklomm jene eilig und vergaß selbst Liquis der noch mal um Erlaubnis bat. Caleb nickte in ihrem Rücken, dass er an Bord kommen durfte, aber das war jetzt nicht wichtig. Madiha beeilte sich, um an Deck zu kommen. Sie fiel beinahe über die Reling, als sie sich strauchelnd aufrappelte und über das Deck rannte. Sie achtete nicht auf jemanden, der ihr womöglich im Weg stand. Sie war im Tunnel und rannte auf die Tür zum Unterdeck zu. Dann nahm sie die Stufen und fiel beinahe erneut hin, weil sie so unkoordiniert und zügig unterwegs war. Die Angst in ihrem Innern machte sie weich in den Beinen. Ihr war schlecht. Wenn Corax wegen ihr verletzt oder schlimmer noch tot war, dann… Madiha brachte es nicht über sich den Gedanken zu denken, sondern rief sich zur Ordnung, so gut es ging. Sie eilte zu ihrem kleinen Beutel, der an einer Hängematte hing und riss ihn von dem rostigen Nagel, der als Halterung diente. Dann fingerte sie darin herum und zog mit einem Anflug von Vorsicht die Feder hervor. Sie starrte sie an, ehe sie zurücklief und wieder an Deck auftauchte. Madiha dachte an die Worte, die Corax ihr sagte, als er ihr die Feder gab. Wenn du mich brauchst, wirklich brauchst ... dann verbrenn die hier. Ich weiß, dass du das kannst, kleine Herrin. Wirf sie ins Feuer und ich werde kommen. Madiha versuchte fahrig ihre Magie anzurufen, aber sie schaffte es nicht, so aufgeregt war sie. Ihr Herz pochte unablässig und stark. Sie versuchte sich zu beruhigen, atmete durch. Sie schloss die Augen und legte all ihre Hoffnung hinein. Es musste funktionieren, dann bat sie ihr Feuer, die Feder zu verbrennen.
„Corax… Corax ich rufe dich, komm zu mir!“, rief sie dann als wäre sie wahnsinnig geworden. Ihre Wangen schimmerten von den Tränen der Angst, die sich aus ihren Augen lösten. Sie öffnete ihren Blick und sah zu Caleb. Sie brauchte seinen Anblick jetzt. Er war stets ihr Anker und ihr Fels. Sie musste ihn ansehen, weil sie nicht wusste, ob sie es ertragen konnte, wenn Corax‘ Feder nicht wie versprochen funktionieren würde… Sie hätte nie geglaubt, dass sie sie jemals hätte einsetzen müssen… Was war nur passiert?
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Re: Schwarze Segel
Mit einem Mal herrschte Chaos und ausschlaggebend für alles war ein winziges Ding, das nicht länger existierte. Die Perle in Madihas Faust war zersprungen. Die Überreste hatten sich im Wind verteilt und aufgelöst, noch ehe sie sich dessen bewusst wurde. Sie starrte auf ihre nunmehr leere Hand. Die letzten Momente spielten sich vor ihrem inneren Auge ab. Immer wieder sah Madiha die Verfärbung des Kleinods. Immer wieder hörte sie dazu Corax' Stimme, der sie ursprünglich mit seinen Worten hatte beruhigen wollen. Solange die Perle mattweiß glänzte, wäre alles in Ordnung. Aber sie hatte sich nicht nur schwarz verfärbt, sie war wie eine Seifenblase zwischen den Fingern der Sarmaerin zerplatzt. Was bedeutete dies für Corax? War er in Gefahr, wie er suggeriert hatte, oder schlimmer? Könnte er etwa...?
Madiha wollte den Gedanken nicht zu Ende führen. Sie wollte weder ihn in ihrem Kopf ausgesprochen hören noch die Stimmen um sie herum. Sie bemerkte kaum, dass Caleb inzwischen zu ihr zurück ins Boot gekommen war, einen Arm um sie legte und unentwegt auf sie einsprach. Seine Fragen prasselten an ihr ab. Madiha konnte keine davon wirklich greifen. Und auch Liquis war vollkommen vergessen, der ihr nun schon als helfenden Ersatz seine eigene Perle anbot. Er streckte sie Madiha entgegen - weiß und matt schimmernd. So wie das Geschenk ihres Freundes, bevor die Welt für
einen Moment lang schwarz wurde.
"Corax ... er ... ist nicht ... mehr...?", brach es aus Madiha heraus. Dabei war ihr Stimmchen nicht mehr als ein halb gejapstes Fiepen, so dass sie sich selbst kaum wiedererkannte. Sie stand unter Schock. Dass es Kjetell'o ähnlich ging und er die Bedeutung dessen begriff, was soeben geschehen war, erkannte sie mit einem knappen Blick hinauf zur Reling. So bleich und zugleich entsetzt hatte sie den Shyáner noch nicht erlebt. Er sah wie ein Geist zu ihr herunter, so dass Madiha sich kurz fragen mochte, ob sie mit ähnlich Angst geplagter Miene zu ihm empor spähte.
Es genügte, dass Caleb sich mehr als Sorgen machte. Er rüttelte an ihrer Schulter, aber es gelang ihm nicht, Madihas Aufmerksamkeit zu erlangen. Auch seine Worte drangen nur dumpf und verwaschen zu ihr durch. Fragte er nach Corax oder nach ihr? War es wichtig? Die Perle hatte sich schwazr gefärbt. Sie war zersprungen. War es ihre Schuld? Konnte sie noch etwas tun?
"Ich muss Corax helfen!"
"J-ja ... aber was ... was ist denn mit ihm. Madi?!" Caleb blieb zurück. Neben ihm guckte Liquis nur einen Moment verwirrt drein. Dann beobachteten beide, wie Madiha schon die Strickleiter nahm. Immer wieder rutschte sie ab, so dass das gesamte Schiff schnappartig die Luft anhielt. Dann aber schaffte sie es über die Reling hinweg. Unsanft kam sie an Bord auf, stolperte beinahe und fing sich erst im letzten Moment. Caleb rief etwas von unten. Dann geriet das obere Ende der Leiter ein wenig in Bewegung. Offensichtlich erklomm der Kapitän sein Schiff. Ob der Aquade nun mitkam oder nicht, wusste Madiha in diesem Moment nicht zu sagen. Sie schaute sich auch gar nicht nach Liquis um. Sie hatte einen Tunnelblick. Kurz trat Kjetell'o in diesen. Er stach überhaupt nur hervor, weil er sich im Gegensatz zu allen anderen so langsam zu bewegen schien. Wie in Zeitlupe wandte er seinen Körper von der Reling ab, drehte sich Madiha zu. Seine Hände hingen tatenlos an seinen Seiten. Die Schultern waren gesenkt. Der Blick fassungslos, die Miene ernst. Aber zugleich schaute er auch fragend, als suchte er in Madihas Antwort auf seine stumm gestellte Frage das letzte Stück Hoffnung, das seine Selbstbeherrschung zusammenhielt. Madiha aber schwieg. Stattdessen eilte sie unter Deck, ließ den Elfen einfach oben an Bord zurück. Sie wusste instinktiv, dass sie sich nun beeilen musste. Die Perle war schwarz geworden. Das bedeutete, Corax befand sich in Gefahr. Mehr noch, das Kleinod war zersplittert. Myriaden Teile, so winzig, dass niemand sie mehr wahrnehmen würde. Sie hatten sich bereits in das Weltengefüge neu eingewoben und würden neue Essenzen bilden. Was aber bedeutete dies für Corax? Madiha fände keine Antwort auf diese Frage, solange er nicht bei ihr wäre. Sie hoffte aber, ihm helfen zu können, wenn sie nutzte, was er ihr noch mit auf den Weg gegeben hatte. Die schwarze Rabenfeder, welche er direkt aus seinem Nacken gezogen hatte. Wenn sie Corax wirklich brauchte, könnte sie ihn damit rufen. Galt das auch umgekehrt? Könnte eine Magie in der Feder verborgen sein, die ihren Freund zu sich rief, sobald sie die Kraft entließ? Vielleicht könnte das Corax retten! Sie musste es versuchen, denn ansonsten blieb ihr nichts. Vielleicht war es bereits zu spät, aber auch hier fände sie nur eine Antwort, wenn sie etwas unternahm und zwar jetzt!
Mit viel zu zittrigen Fingern, aber so achtsam sie konnte, lupfte sie die Feder aus dem kleinen Beutel ihrer Habseligkeiten. Es war keine schöne, große Schwungfeder wie man sie gern von Jadgvögeln oder Fasanen nahm, um sie an den Hut zu stecken. Sie war nicht einmal so groß wie eine Taubenfeder, von denen man viele oft in Städten vorfand. Sie passte gerade gut in Madihas Handfläche. Der Kiel wurde zum vorderen Ende hin immer heller. Am Flaum war die Feder ein wenig zerzaust, aber ansonsten noch intakt. Schön sah sie aus, wenn man ihre Farbe nicht sofort mit jener der Perle verband. Das Bild herrschte noch immer in Madihas Gedanken vor. Es erschreckte sie, riet ihr aber auch, nun zu handeln. Wenn nicht sie, wer dann? War Corax mit Azura losgezogen? Hatte er sie zurückgelassen und war allein unterwegs? Half ihm seine Familie? Was war mit Emmyth? Oder war ihr rabenhafter Freund, der so viel von ihrem eigenen Schicksal der Vergangenheit auf seine Weise teilte, vollkommen allein?
Madiha erschien an Deck, ehe es allen anderen gelang, sie darunter zu suchen. Caleb hätte es gewiss getan, doch er hatte alle Hände voll damit zu tun, Liquis nachzujagen. Der Aquade war mit an Bord gekommen, watschelte zwischen den dunkelelfischen Matrosen umher und achtete nicht auf seinen Weg. Mit großen, goldenen Augen betrachtete er jedes noch so kleine, fremdartige Detail seiner Umgebung. Die Elfen hingegen wirkten skeptisch. Einige hatten die Hände bereits an ihren Säbeln oder kleinen Messern liegen. Ihre Augen waren auf das Froschwesen gerichtet. Niemand achtete auf Madiha, bis sie verzweifelt ihre Bitte über das Meer schickte.
"Corax ... Corax, ich rufe dich, komm zu mir!" Tränen rannen bereits über ihre Wangen, befeuchteten ihr Gesicht, aber in ihrem Inneren rief sie gleichzeitig ihr Feuer an, es mochte ihr helfen. Sie konnte es nicht allein, nicht dieses Mal. Sie war so aufgewühlt, so voller Angst um den Dunkelelfen, dass sie sich nicht auf ihre Fähigkeiten fokussieren konnte. Aber sie durfte erfahren, dass auf ihr Element Verlass war.
Ich liebe dich, hab keine Angst. Ich helfe. Wir brennen doch gemeinsam für ihn.
Das taten sie. Sie brannten. Madihas Hände fingen Feuer, entflammten und wer bis dahin noch immer nicht auf sie geachtet hatte, tat es jetzt. Einige Matrosen schreckten aus ihrer Starre. Einer von ihnen rief bereits nach einem Eimer, aber Caleb unterband es. Er packte Liquis ein wenig forsch am Arm, dass der Aquade ein quäkendes Geräusch von sich gab, vorsprang und den Wüstendieb mit sich zog. Beide strauchelten, landeten flach auf Deck. Und Madiha brannte weiter. Zwischen ihren Fingern umschlang das Feuer die schwarzen Fasern der Feder. Sie fühlte die Dankbarkeit, dass es endlich brennen und lodern durfte. Es fraß sich durch das Opfer, rief die Magie darin herbei und verteilte sie. Madiha konnte es sehen. Etwas passierte. Alles, was das Feuer verbrannte, schuf sich neu. Winzige Vögel, Raben aus reinem Feuer strömten von ihren Händen davon. Sie flogen einen Reigen um das Schiff, bildeten sich im Schwarm und stoben dann unter Krähengekreisch aufeinander zu. Als sie ineinander prallten, verschmolzen sie zu einem einzigen Ball aus Feuer. Er blähte sich auf und explodierte dann in einem wilden Funkenregen. An Deck der Schattenmuräne eilten die Matrosen umher, um die winzigen Brandherde löschen zu wollen. Aber es war nur Magie. Corax achtete darauf, seine Freunde und Gefährten nicht in Gefahr zu bringen. Er hatte den Zauber besonnen gewoben ... aus Illusionen, wie er es immer tat. Wo die Funken an Deck landeten, verschwanden sie einfach. Sie lösten sich auf, bis der Regen endete.
Augen, die bis eben noch auf das Spektakel gerichtet waren, wandten sich nun Madiha zu. Selbst Liquis betrachtete sie mit großen goldenen Iriden. Er stand neben Caleb, der noch immer dessen Arm gepackt hielt. Keiner von beiden rührte sich und auch die Matrosen des Schiffs schauten nur zu Madiha herüber. Zeit verstrich und in ihrem inneren bahnte sich eine erschütternde Gewissheit ihren Weg.
Seine Magie ... schwindet. Normalerweise müsste er auftauchen. Das Band war die ganze Zeit da. Jetzt ...
"Er ist fort." Kjetell'o erschien neben Madiha, noch ehe Caleb dazu in der Lage war. Der Dieb hatte den Blickkontakt zu seiner Liebsten nicht abgebrochen. Sie hatten einander angeschaut, hatten beide gewartet. Aber als die Tränen sich auch in seinen Augenwinkeln bildeten, da hatte Madiha Gewissheit. Kjetell'o wollte ihr eine Hand auf die Schulter legen. Von seinen zitternden Fingerspitzen aber sprühten ebenfalls winzige Funken. Rasch faltete er die Hände ineinander, um einen magischen Flammenausbruch zu verhindern. Er drückte so fest zu, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Sie harmonierten mit der Farbe seines Gesichts. Alles an ihm wirkte plötzlich sehr fahl. Auch die Goldsprenkel in seinen waldgrünen Augen mochten nicht so stark leuchten wie üblich. Er versuchte zu lächeln, damit er die Zuversicht nach außen strahlte, die ihnen allen fehlte. Dann aber schaute er kläglich und verständnislos zu Madiha. "Ist das zu fassen?", wisperte er. "Man sollte meinen, ein Gott wäre nicht einfach zu töten ... aber ... er war noch nicht soweit. Ich hätte ihn nicht allein zurücklassen sollen. Ich hätte ... nicht darauf vertrauen sollen, dass ... Götter unfehlbar sind. Unverwundbar..." Kjetell'o japste, um nicht zu schluchzen. Er rang mit den Tränen, aber sie brachen sich dennoch Bahn.
Dann war Caleb bei ihnen, den kleinen Aquaden im Schlepptau.
"Madiha", sprach er sie an und zog sie bereits in seine Arme. Den des Aquaden ließ er los. Liquis verstand hier wohl am wenigstens. Er kannte ihre Sprache nicht, ebenso wenig die Gebräuche der Landbewohner. Aber er kannte Gefühle und er zeigte sich empathisch genug, über diese Sprache zu kommunizieren. Seine Flossenhand fühlte sich kalt an Madihas Rücken an. Er tätschelte sie. Caleb hielt sie. Kjetell'o leistete stillen Beistand. Und die restliche Besatzung der Schattenmuräne richtete ihren Blick in die Wolken, die sie über dem Meer. Nichts durchbrach diesen grau aufgetürmten Schleier. Die See war ruhig. Keine Schreie von Möwen, aber auch keine von Raben.
Stille herrschte.
Madiha wollte den Gedanken nicht zu Ende führen. Sie wollte weder ihn in ihrem Kopf ausgesprochen hören noch die Stimmen um sie herum. Sie bemerkte kaum, dass Caleb inzwischen zu ihr zurück ins Boot gekommen war, einen Arm um sie legte und unentwegt auf sie einsprach. Seine Fragen prasselten an ihr ab. Madiha konnte keine davon wirklich greifen. Und auch Liquis war vollkommen vergessen, der ihr nun schon als helfenden Ersatz seine eigene Perle anbot. Er streckte sie Madiha entgegen - weiß und matt schimmernd. So wie das Geschenk ihres Freundes, bevor die Welt für
einen Moment lang schwarz wurde.
"Corax ... er ... ist nicht ... mehr...?", brach es aus Madiha heraus. Dabei war ihr Stimmchen nicht mehr als ein halb gejapstes Fiepen, so dass sie sich selbst kaum wiedererkannte. Sie stand unter Schock. Dass es Kjetell'o ähnlich ging und er die Bedeutung dessen begriff, was soeben geschehen war, erkannte sie mit einem knappen Blick hinauf zur Reling. So bleich und zugleich entsetzt hatte sie den Shyáner noch nicht erlebt. Er sah wie ein Geist zu ihr herunter, so dass Madiha sich kurz fragen mochte, ob sie mit ähnlich Angst geplagter Miene zu ihm empor spähte.
Es genügte, dass Caleb sich mehr als Sorgen machte. Er rüttelte an ihrer Schulter, aber es gelang ihm nicht, Madihas Aufmerksamkeit zu erlangen. Auch seine Worte drangen nur dumpf und verwaschen zu ihr durch. Fragte er nach Corax oder nach ihr? War es wichtig? Die Perle hatte sich schwazr gefärbt. Sie war zersprungen. War es ihre Schuld? Konnte sie noch etwas tun?
"Ich muss Corax helfen!"
"J-ja ... aber was ... was ist denn mit ihm. Madi?!" Caleb blieb zurück. Neben ihm guckte Liquis nur einen Moment verwirrt drein. Dann beobachteten beide, wie Madiha schon die Strickleiter nahm. Immer wieder rutschte sie ab, so dass das gesamte Schiff schnappartig die Luft anhielt. Dann aber schaffte sie es über die Reling hinweg. Unsanft kam sie an Bord auf, stolperte beinahe und fing sich erst im letzten Moment. Caleb rief etwas von unten. Dann geriet das obere Ende der Leiter ein wenig in Bewegung. Offensichtlich erklomm der Kapitän sein Schiff. Ob der Aquade nun mitkam oder nicht, wusste Madiha in diesem Moment nicht zu sagen. Sie schaute sich auch gar nicht nach Liquis um. Sie hatte einen Tunnelblick. Kurz trat Kjetell'o in diesen. Er stach überhaupt nur hervor, weil er sich im Gegensatz zu allen anderen so langsam zu bewegen schien. Wie in Zeitlupe wandte er seinen Körper von der Reling ab, drehte sich Madiha zu. Seine Hände hingen tatenlos an seinen Seiten. Die Schultern waren gesenkt. Der Blick fassungslos, die Miene ernst. Aber zugleich schaute er auch fragend, als suchte er in Madihas Antwort auf seine stumm gestellte Frage das letzte Stück Hoffnung, das seine Selbstbeherrschung zusammenhielt. Madiha aber schwieg. Stattdessen eilte sie unter Deck, ließ den Elfen einfach oben an Bord zurück. Sie wusste instinktiv, dass sie sich nun beeilen musste. Die Perle war schwarz geworden. Das bedeutete, Corax befand sich in Gefahr. Mehr noch, das Kleinod war zersplittert. Myriaden Teile, so winzig, dass niemand sie mehr wahrnehmen würde. Sie hatten sich bereits in das Weltengefüge neu eingewoben und würden neue Essenzen bilden. Was aber bedeutete dies für Corax? Madiha fände keine Antwort auf diese Frage, solange er nicht bei ihr wäre. Sie hoffte aber, ihm helfen zu können, wenn sie nutzte, was er ihr noch mit auf den Weg gegeben hatte. Die schwarze Rabenfeder, welche er direkt aus seinem Nacken gezogen hatte. Wenn sie Corax wirklich brauchte, könnte sie ihn damit rufen. Galt das auch umgekehrt? Könnte eine Magie in der Feder verborgen sein, die ihren Freund zu sich rief, sobald sie die Kraft entließ? Vielleicht könnte das Corax retten! Sie musste es versuchen, denn ansonsten blieb ihr nichts. Vielleicht war es bereits zu spät, aber auch hier fände sie nur eine Antwort, wenn sie etwas unternahm und zwar jetzt!
Mit viel zu zittrigen Fingern, aber so achtsam sie konnte, lupfte sie die Feder aus dem kleinen Beutel ihrer Habseligkeiten. Es war keine schöne, große Schwungfeder wie man sie gern von Jadgvögeln oder Fasanen nahm, um sie an den Hut zu stecken. Sie war nicht einmal so groß wie eine Taubenfeder, von denen man viele oft in Städten vorfand. Sie passte gerade gut in Madihas Handfläche. Der Kiel wurde zum vorderen Ende hin immer heller. Am Flaum war die Feder ein wenig zerzaust, aber ansonsten noch intakt. Schön sah sie aus, wenn man ihre Farbe nicht sofort mit jener der Perle verband. Das Bild herrschte noch immer in Madihas Gedanken vor. Es erschreckte sie, riet ihr aber auch, nun zu handeln. Wenn nicht sie, wer dann? War Corax mit Azura losgezogen? Hatte er sie zurückgelassen und war allein unterwegs? Half ihm seine Familie? Was war mit Emmyth? Oder war ihr rabenhafter Freund, der so viel von ihrem eigenen Schicksal der Vergangenheit auf seine Weise teilte, vollkommen allein?
Madiha erschien an Deck, ehe es allen anderen gelang, sie darunter zu suchen. Caleb hätte es gewiss getan, doch er hatte alle Hände voll damit zu tun, Liquis nachzujagen. Der Aquade war mit an Bord gekommen, watschelte zwischen den dunkelelfischen Matrosen umher und achtete nicht auf seinen Weg. Mit großen, goldenen Augen betrachtete er jedes noch so kleine, fremdartige Detail seiner Umgebung. Die Elfen hingegen wirkten skeptisch. Einige hatten die Hände bereits an ihren Säbeln oder kleinen Messern liegen. Ihre Augen waren auf das Froschwesen gerichtet. Niemand achtete auf Madiha, bis sie verzweifelt ihre Bitte über das Meer schickte.
"Corax ... Corax, ich rufe dich, komm zu mir!" Tränen rannen bereits über ihre Wangen, befeuchteten ihr Gesicht, aber in ihrem Inneren rief sie gleichzeitig ihr Feuer an, es mochte ihr helfen. Sie konnte es nicht allein, nicht dieses Mal. Sie war so aufgewühlt, so voller Angst um den Dunkelelfen, dass sie sich nicht auf ihre Fähigkeiten fokussieren konnte. Aber sie durfte erfahren, dass auf ihr Element Verlass war.
Ich liebe dich, hab keine Angst. Ich helfe. Wir brennen doch gemeinsam für ihn.
Das taten sie. Sie brannten. Madihas Hände fingen Feuer, entflammten und wer bis dahin noch immer nicht auf sie geachtet hatte, tat es jetzt. Einige Matrosen schreckten aus ihrer Starre. Einer von ihnen rief bereits nach einem Eimer, aber Caleb unterband es. Er packte Liquis ein wenig forsch am Arm, dass der Aquade ein quäkendes Geräusch von sich gab, vorsprang und den Wüstendieb mit sich zog. Beide strauchelten, landeten flach auf Deck. Und Madiha brannte weiter. Zwischen ihren Fingern umschlang das Feuer die schwarzen Fasern der Feder. Sie fühlte die Dankbarkeit, dass es endlich brennen und lodern durfte. Es fraß sich durch das Opfer, rief die Magie darin herbei und verteilte sie. Madiha konnte es sehen. Etwas passierte. Alles, was das Feuer verbrannte, schuf sich neu. Winzige Vögel, Raben aus reinem Feuer strömten von ihren Händen davon. Sie flogen einen Reigen um das Schiff, bildeten sich im Schwarm und stoben dann unter Krähengekreisch aufeinander zu. Als sie ineinander prallten, verschmolzen sie zu einem einzigen Ball aus Feuer. Er blähte sich auf und explodierte dann in einem wilden Funkenregen. An Deck der Schattenmuräne eilten die Matrosen umher, um die winzigen Brandherde löschen zu wollen. Aber es war nur Magie. Corax achtete darauf, seine Freunde und Gefährten nicht in Gefahr zu bringen. Er hatte den Zauber besonnen gewoben ... aus Illusionen, wie er es immer tat. Wo die Funken an Deck landeten, verschwanden sie einfach. Sie lösten sich auf, bis der Regen endete.
Augen, die bis eben noch auf das Spektakel gerichtet waren, wandten sich nun Madiha zu. Selbst Liquis betrachtete sie mit großen goldenen Iriden. Er stand neben Caleb, der noch immer dessen Arm gepackt hielt. Keiner von beiden rührte sich und auch die Matrosen des Schiffs schauten nur zu Madiha herüber. Zeit verstrich und in ihrem inneren bahnte sich eine erschütternde Gewissheit ihren Weg.
Seine Magie ... schwindet. Normalerweise müsste er auftauchen. Das Band war die ganze Zeit da. Jetzt ...
"Er ist fort." Kjetell'o erschien neben Madiha, noch ehe Caleb dazu in der Lage war. Der Dieb hatte den Blickkontakt zu seiner Liebsten nicht abgebrochen. Sie hatten einander angeschaut, hatten beide gewartet. Aber als die Tränen sich auch in seinen Augenwinkeln bildeten, da hatte Madiha Gewissheit. Kjetell'o wollte ihr eine Hand auf die Schulter legen. Von seinen zitternden Fingerspitzen aber sprühten ebenfalls winzige Funken. Rasch faltete er die Hände ineinander, um einen magischen Flammenausbruch zu verhindern. Er drückte so fest zu, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Sie harmonierten mit der Farbe seines Gesichts. Alles an ihm wirkte plötzlich sehr fahl. Auch die Goldsprenkel in seinen waldgrünen Augen mochten nicht so stark leuchten wie üblich. Er versuchte zu lächeln, damit er die Zuversicht nach außen strahlte, die ihnen allen fehlte. Dann aber schaute er kläglich und verständnislos zu Madiha. "Ist das zu fassen?", wisperte er. "Man sollte meinen, ein Gott wäre nicht einfach zu töten ... aber ... er war noch nicht soweit. Ich hätte ihn nicht allein zurücklassen sollen. Ich hätte ... nicht darauf vertrauen sollen, dass ... Götter unfehlbar sind. Unverwundbar..." Kjetell'o japste, um nicht zu schluchzen. Er rang mit den Tränen, aber sie brachen sich dennoch Bahn.
Dann war Caleb bei ihnen, den kleinen Aquaden im Schlepptau.
"Madiha", sprach er sie an und zog sie bereits in seine Arme. Den des Aquaden ließ er los. Liquis verstand hier wohl am wenigstens. Er kannte ihre Sprache nicht, ebenso wenig die Gebräuche der Landbewohner. Aber er kannte Gefühle und er zeigte sich empathisch genug, über diese Sprache zu kommunizieren. Seine Flossenhand fühlte sich kalt an Madihas Rücken an. Er tätschelte sie. Caleb hielt sie. Kjetell'o leistete stillen Beistand. Und die restliche Besatzung der Schattenmuräne richtete ihren Blick in die Wolken, die sie über dem Meer. Nichts durchbrach diesen grau aufgetürmten Schleier. Die See war ruhig. Keine Schreie von Möwen, aber auch keine von Raben.
Stille herrschte.
- Madiha Al'Sarma
- Celcia-Team
- Beiträge: 644
- Registriert: Sonntag 14. Februar 2021, 12:04
- Moderator des Spielers: Kazel
- Aufenthaltsort: Hafen Sarma, Insel Belfa
- Steckbrief: Zum Steckbrief
- Rasse: Mensch
- Sprachen: Sendli
- Beruf: Sklavin (ehem.)
- Fähigkeiten: Durchhaltevermögen (sehr gut)
Feuermagie (verloren, an einen Drachen abgegeben)
Schwimmen (rudimentär)
Lesen & Schreiben (rudimentär) - Lebensenergie:
- Geld: 0D, 0L, 0F
- Ausrüstung: Eine kleine Muschel mit Loch an einer Kette um den Hals
- Tierische Begleiter: Keinen
Re: Schwarze Segel
Das Chaos war perfekt. Geboren aus Angst. Angst vor der Bedeutung des Unausweichlichem. Madiha’s Körper reagierte auf eine längst begriffene Wahrheit und schottete ihr Herz davon ab. Es wurde verbarrikadiert, damit es die grausame Wahrheit nicht fühlen musste. Noch nicht. Madiha ließ Caleb stehen, Liquis, Kjetell’o und all die anderen. Sie merkte nicht mal, wie unbeholfen sie sich bewegte. Immer wieder strauchelte sie und fing sich nur mühsam, aber sie sah es nicht. Sie musste sich beeilen, musste retten, was zu retten war. Sie hatte es noch in der Hand! Corax zählte auf sie, nicht wahr? Und so stand Madiha einige Abgründe später wieder an Deck, mit der schwarzen Feder in ihrer Hand. Sie wusste nicht mal mehr zu sagen, wie sie den Weg gemeistert hatte. Es war keine wichtige Aktion gewesen, sondern einzig Mittel zum Zweck. Das Mädchen sah die Feder zittern und blickte kurz zu den Segeln. Kein Wind. Madiha erkannte verzögert, wie ihre Finger zitterten. Dann versuchte sie sich an die Anweisung zu erinnern, die Corax ihr mitgegeben hatte. Wenn sie ihn brauchte… sie brauchte ihn! Er war ihr so ähnlich, sie waren gleich und sie wollte ihn nicht fallen sehen, aus Angst, es würde ihr genau so ergehen. Madiha wollte Corax glücklich sehen. Damit sie daran glauben konnte, das das Leben das auch für sie bereithielt. Corax hatte Liebe gefunden, wie sie. Corax hatte eine Familie gefunden – wie sie. Er musste glücklich sein! Es konnte nicht anders sein. Sie hatte seine Verwandlungen gesehen. Diese wundervollen Regenbogenfarben, die Hoffnung gaben. Liebe verteilten. Das alles wohnte ihm inne und Madiha wollte unbedingt dafür sorgen, dass alle sein wahres Ich erkennen konnten. Sie wollte Corax… beschützen. So erinnerte sie sich an die Worte und rief ihre Magie an. Sie konnte das jetzt nicht allein, sie flehte das Feuer an, ihr einfach zu helfen. Ihr beizustehen. Und es antwortete.
Madiha japste nach Luft, weil sie sie so sehr angehalten hatte. Noch immer sah sie niemand anderes außer die zitternde Feder, an die sie sämtliche Hoffnung hing. Sie brauchte ihn. Jetzt, damit sie wusste, dass alles wieder gut würde! Das Feuer verschlang die schwarzen Borsten und labte sich an dieser Opfergabe. Sie fühlte es irgendwo am Rande ihres Seins, aber sie konzentrierte sich darauf immer und immer wieder innerlich nach Corax zu rufen. Das Spektakel mit Liquis und Caleb nahm sie nicht wahr. Sie sah nichts anderes. Alles verbarg sich hinter dem Tränenschleier, bis auf die brennende Feder. Dann erhob sich der Funkenflug in einer wundervollen Illusion. Madiha sah dem Reigen nach und lächelte gar, weil es so sehr nach ihm rief. Dann regnete es Feuer und sie schloss die Augen. Es musste funktionieren. Es musste… Sie holte tief Luft, wappnete sich dafür, was nun passieren würde. Er würde kommen, sie war sich sicher!
Der Feuerregen ebbte ab und Madiha öffnete ihre Augen wieder. Bereit sofort zu handeln, sollte er verletzt auftauchen. Aber die Rabenschreie vergingen… sie vergingen unbeantwortet. Ihr Herz setzte aus. Ihre Gesichtszüge entglitten und sie zeigte offen das Entsetzen, das sie empfand bei der Erkenntnis, dass die Hoffnung nur ein Hirngespinst gewesen war. Nun bröckelte ihre Barrikade um ihr Herz. Seine Magie ... schwindet. Normalerweise müsste er auftauchen. Das Band war die ganze Zeit da. Jetzt ... Hörte sie ihr Feuer flüstern und sie hätte es am liebsten nicht gehört. „Nein…“, sagte sie und es brachte doch nichts. "Er ist fort." Madiha wagte nicht aufzusehen. Sie starrte auf ihre Finger, die nichts geschafft hatten. Im Gegenteil. Sie hatte nun nichts mehr von Corax. Gar nichts. Sie starrte an ihren leeren Fingern vorbei zu Caleb. Er erwiderte ihren Blick und die Erkenntnis in seinem Gesicht ließ sie die Augen niederschlagen. Sie wollte das nicht. Sie sah die Bewegung seitens Kjetell’os an ihrer Seite, aber sie war froh, dass er sie jetzt nicht anfasste. Sie ertrug das nicht. Madiha war erstarrt. Unfähig sich zu bewegen und voller Angst, was dann passieren würde. Sie stand unter Schock. "Man sollte meinen, ein Gott wäre nicht einfach zu töten ... aber ... er war noch nicht soweit. Ich hätte ihn nicht allein zurücklassen sollen. Ich hätte ... nicht darauf vertrauen sollen, dass ... Götter unfehlbar sind. Unverwundbar..." Was auch immer der Elf sprach, es drang derzeit nicht in ihr Bewusstsein. Sie hatte noch damit zu kämpfen, dass sie die Feder verbrannt hatte und nichts geschehen war. Sie war nicht bereit für mehr. "Madiha" Ihr Namen war wie eine Peitsche.
Sie zuckte darunter zusammen und schloss die Augen. „Nicht.“, warnte sie Caleb und all jene, die ihr zu nahekommen wollten. Sie war so leer, dass sie glaubte, ein falscher Luftzug würde sie ähnlich sprengen, wie die Perle in ihrer Hand. Dann schloss Caleb sie in seine Arme und wo sie sonst Halt und Wärme fand, da spürte sie dieses Mal … nichts. Madiha schluckte leer, während Liquis‘ kühle Hand ihr nur Schauer der Kälte über den Körper jagten. „Nicht…“, wisperte sie flehend und wand sich aus den Armen ihrer großen Liebe. Sie trat zurück, taumelte fast. Dann sah sie Caleb an aber in ihren Augen war etwas gebrochen. „Er ist tot… ich… ich hätte das tun sollen. Nicht er.“ Sie sah mechanisch zum Elfen. „Du wärst bei ihm, wenn ich nicht …“, sie stotterte und fasste gar keinen klaren Gedanken. Doch es änderte sich etwas in ihr. Die Freude in ihrem Blick wurde hinter einem Schatten verborgen. „Und ich konnte ihn nicht rufen. Ich hab etwas falsch gemacht.“, murmelte sie und es war gar kein echtes Gespräch, sie sagte die Dinge unbestimmt zu jemandem.
Vielleicht hörte ihr auch keiner zu. Madiha nahm es nicht wahr. Sie wandte sich um und ging einfach weg. Sie ging bis sie am Bug des Schiffes ankam und dort am letzten Punkt, dort wo es spitz zulief, stehenblieb. Sie starrte auf das endlose Meer. Dann folgte ihr Blick nach unten, wo das Meer durch ein wenig Fahrt weiß geiferte. Corax starb, während sie im Wasser plantschte und Freundschaften schloss. Während sie Seesterne streichelte und Froschwesen an Deck einlud… Er starb allein… ganz allein, während sie kleine Spielereien mit Kjetell’o machte. Während sie lachte und scherzte. Während sie Musik lauschte und all diese lächerlichen Dinge tat. Sie… Madiha’s Blick hob sich langsam wieder. Sie sah in eine unbestimmte Ferne und ihr Gesichtsausdruck wurde hart. Wie sollte sie Sarma retten, wenn sie sich diesen lächerlichen Dingen hingab? Wenn sie das Leben leben wollte, anstatt sich auf das Wesentliche, das Unvermeidbare zu konzentrieren? Corax hatte sich für sie geopfert, weil sie… den Hals nicht vollbekommen hatte. Weil sie sich aufgeführt hatte, wie eine... verwöhnte Göre. Weil sie mit dem Fuß stampfte, weil man sie ungerecht behandelt hatte.
Madiha schluckte einen harten Kloß hinunter, der sie wie ein Klumpen Kohle in ihrem Magen ausbreitete. „Er ist tot. Corax ist… tot.“, sagte sie immer wieder, weil sie es hören musste. „Er ist gestorben. Er ist nicht mehr. Ich habe ihn seinem Schicksal überlassen. Ich. Ich die leben wollte. Was habe ich mir nur gedacht?!“, sprach sie weiter aber ihre Stimme war emotionslos, seelenlos. Madiha griff nach einem schräg gezurrten Tau und hielt sich daran fest. Ihre Knöchel traten hervor. „Niemand wird je wieder sterben, wegen mir.“, sagte sie zu sich selbst. Sie legte den Kopf in den Nacken und sah zum grauen Himmel. Dann schloss sie die Augen, die so gebrochen waren. „Corax.. wo immer du bist. Ich … ich kann es nie wieder… ich…. ich kann es nie wieder gut machen… nie wieder… Wie soll ich damit leben?“, murmelte sie und ging in die Knie. Die Schuld drückte sie nieder. „Es tut mir so leid. Ich wollte nicht egoistisch sein, Corax… Du hattest es am meisten verdient... verdient zu leben.. ich habe das verkannt... es tut mir so leid!“ sie schüttelte den Kopf und presste die Lippen aufeinander. Die Tränen wollten kommen, aber sie erlaubte sich das nicht.
Sie hatte kein Recht dazu. Madiha griff nach der Reling und zog sich wieder auf die Füße. Sie keuchte, doch dann richtete sie sich auf und streckte die Schultern durch. Sie wandte sich schließlich zu den Matrosen um, die allesamt ein wenig hilflos dastanden. „Wir müssen Sarma retten!“, rief sie plötzlich fest und … nicht so, wie sie eigentlich klang. Etwas Fremdes hatte sich ihrer bemächtigt. „Seht zu, dass wir Fahrt aufnehmen und Liquis!“, sie suchte den Froschmann. „Das ist kein Ort für dich. Hier bist du in Gefahr. Netz!“, rief sie ihm zu, zeigte aber keinerlei Emotionen dabei. Madiha hatte sich vollkommen vor dem Fühlen verschlossen. Ihre Lippen waren nur ein schmaler Strich, ihre Kiefer mahlten aufeinander. „Lassen wir ihn nicht umsonst gestorben sein.“, sagte sie fest in die Runde und vermied es Kjetell’o oder Caleb anzusehen. Sie sah überhaupt niemanden. „Tun wir endlich das, wofür wir losgezogen sind!“, rief sie bevor sie sich umdrehte und wieder zum Meer blickte. „…und hören auf, uns mit Nichtigkeiten zu beschäftigen… sie kosten nur… wertvolles Leben…“, murmelte sie wieder mehr zu sich und lehnte den Kopf gegen das Tau, das ihr vormals schon Halt gegeben hatte.
Madiha japste nach Luft, weil sie sie so sehr angehalten hatte. Noch immer sah sie niemand anderes außer die zitternde Feder, an die sie sämtliche Hoffnung hing. Sie brauchte ihn. Jetzt, damit sie wusste, dass alles wieder gut würde! Das Feuer verschlang die schwarzen Borsten und labte sich an dieser Opfergabe. Sie fühlte es irgendwo am Rande ihres Seins, aber sie konzentrierte sich darauf immer und immer wieder innerlich nach Corax zu rufen. Das Spektakel mit Liquis und Caleb nahm sie nicht wahr. Sie sah nichts anderes. Alles verbarg sich hinter dem Tränenschleier, bis auf die brennende Feder. Dann erhob sich der Funkenflug in einer wundervollen Illusion. Madiha sah dem Reigen nach und lächelte gar, weil es so sehr nach ihm rief. Dann regnete es Feuer und sie schloss die Augen. Es musste funktionieren. Es musste… Sie holte tief Luft, wappnete sich dafür, was nun passieren würde. Er würde kommen, sie war sich sicher!
Der Feuerregen ebbte ab und Madiha öffnete ihre Augen wieder. Bereit sofort zu handeln, sollte er verletzt auftauchen. Aber die Rabenschreie vergingen… sie vergingen unbeantwortet. Ihr Herz setzte aus. Ihre Gesichtszüge entglitten und sie zeigte offen das Entsetzen, das sie empfand bei der Erkenntnis, dass die Hoffnung nur ein Hirngespinst gewesen war. Nun bröckelte ihre Barrikade um ihr Herz. Seine Magie ... schwindet. Normalerweise müsste er auftauchen. Das Band war die ganze Zeit da. Jetzt ... Hörte sie ihr Feuer flüstern und sie hätte es am liebsten nicht gehört. „Nein…“, sagte sie und es brachte doch nichts. "Er ist fort." Madiha wagte nicht aufzusehen. Sie starrte auf ihre Finger, die nichts geschafft hatten. Im Gegenteil. Sie hatte nun nichts mehr von Corax. Gar nichts. Sie starrte an ihren leeren Fingern vorbei zu Caleb. Er erwiderte ihren Blick und die Erkenntnis in seinem Gesicht ließ sie die Augen niederschlagen. Sie wollte das nicht. Sie sah die Bewegung seitens Kjetell’os an ihrer Seite, aber sie war froh, dass er sie jetzt nicht anfasste. Sie ertrug das nicht. Madiha war erstarrt. Unfähig sich zu bewegen und voller Angst, was dann passieren würde. Sie stand unter Schock. "Man sollte meinen, ein Gott wäre nicht einfach zu töten ... aber ... er war noch nicht soweit. Ich hätte ihn nicht allein zurücklassen sollen. Ich hätte ... nicht darauf vertrauen sollen, dass ... Götter unfehlbar sind. Unverwundbar..." Was auch immer der Elf sprach, es drang derzeit nicht in ihr Bewusstsein. Sie hatte noch damit zu kämpfen, dass sie die Feder verbrannt hatte und nichts geschehen war. Sie war nicht bereit für mehr. "Madiha" Ihr Namen war wie eine Peitsche.
Sie zuckte darunter zusammen und schloss die Augen. „Nicht.“, warnte sie Caleb und all jene, die ihr zu nahekommen wollten. Sie war so leer, dass sie glaubte, ein falscher Luftzug würde sie ähnlich sprengen, wie die Perle in ihrer Hand. Dann schloss Caleb sie in seine Arme und wo sie sonst Halt und Wärme fand, da spürte sie dieses Mal … nichts. Madiha schluckte leer, während Liquis‘ kühle Hand ihr nur Schauer der Kälte über den Körper jagten. „Nicht…“, wisperte sie flehend und wand sich aus den Armen ihrer großen Liebe. Sie trat zurück, taumelte fast. Dann sah sie Caleb an aber in ihren Augen war etwas gebrochen. „Er ist tot… ich… ich hätte das tun sollen. Nicht er.“ Sie sah mechanisch zum Elfen. „Du wärst bei ihm, wenn ich nicht …“, sie stotterte und fasste gar keinen klaren Gedanken. Doch es änderte sich etwas in ihr. Die Freude in ihrem Blick wurde hinter einem Schatten verborgen. „Und ich konnte ihn nicht rufen. Ich hab etwas falsch gemacht.“, murmelte sie und es war gar kein echtes Gespräch, sie sagte die Dinge unbestimmt zu jemandem.
Vielleicht hörte ihr auch keiner zu. Madiha nahm es nicht wahr. Sie wandte sich um und ging einfach weg. Sie ging bis sie am Bug des Schiffes ankam und dort am letzten Punkt, dort wo es spitz zulief, stehenblieb. Sie starrte auf das endlose Meer. Dann folgte ihr Blick nach unten, wo das Meer durch ein wenig Fahrt weiß geiferte. Corax starb, während sie im Wasser plantschte und Freundschaften schloss. Während sie Seesterne streichelte und Froschwesen an Deck einlud… Er starb allein… ganz allein, während sie kleine Spielereien mit Kjetell’o machte. Während sie lachte und scherzte. Während sie Musik lauschte und all diese lächerlichen Dinge tat. Sie… Madiha’s Blick hob sich langsam wieder. Sie sah in eine unbestimmte Ferne und ihr Gesichtsausdruck wurde hart. Wie sollte sie Sarma retten, wenn sie sich diesen lächerlichen Dingen hingab? Wenn sie das Leben leben wollte, anstatt sich auf das Wesentliche, das Unvermeidbare zu konzentrieren? Corax hatte sich für sie geopfert, weil sie… den Hals nicht vollbekommen hatte. Weil sie sich aufgeführt hatte, wie eine... verwöhnte Göre. Weil sie mit dem Fuß stampfte, weil man sie ungerecht behandelt hatte.
Madiha schluckte einen harten Kloß hinunter, der sie wie ein Klumpen Kohle in ihrem Magen ausbreitete. „Er ist tot. Corax ist… tot.“, sagte sie immer wieder, weil sie es hören musste. „Er ist gestorben. Er ist nicht mehr. Ich habe ihn seinem Schicksal überlassen. Ich. Ich die leben wollte. Was habe ich mir nur gedacht?!“, sprach sie weiter aber ihre Stimme war emotionslos, seelenlos. Madiha griff nach einem schräg gezurrten Tau und hielt sich daran fest. Ihre Knöchel traten hervor. „Niemand wird je wieder sterben, wegen mir.“, sagte sie zu sich selbst. Sie legte den Kopf in den Nacken und sah zum grauen Himmel. Dann schloss sie die Augen, die so gebrochen waren. „Corax.. wo immer du bist. Ich … ich kann es nie wieder… ich…. ich kann es nie wieder gut machen… nie wieder… Wie soll ich damit leben?“, murmelte sie und ging in die Knie. Die Schuld drückte sie nieder. „Es tut mir so leid. Ich wollte nicht egoistisch sein, Corax… Du hattest es am meisten verdient... verdient zu leben.. ich habe das verkannt... es tut mir so leid!“ sie schüttelte den Kopf und presste die Lippen aufeinander. Die Tränen wollten kommen, aber sie erlaubte sich das nicht.
Sie hatte kein Recht dazu. Madiha griff nach der Reling und zog sich wieder auf die Füße. Sie keuchte, doch dann richtete sie sich auf und streckte die Schultern durch. Sie wandte sich schließlich zu den Matrosen um, die allesamt ein wenig hilflos dastanden. „Wir müssen Sarma retten!“, rief sie plötzlich fest und … nicht so, wie sie eigentlich klang. Etwas Fremdes hatte sich ihrer bemächtigt. „Seht zu, dass wir Fahrt aufnehmen und Liquis!“, sie suchte den Froschmann. „Das ist kein Ort für dich. Hier bist du in Gefahr. Netz!“, rief sie ihm zu, zeigte aber keinerlei Emotionen dabei. Madiha hatte sich vollkommen vor dem Fühlen verschlossen. Ihre Lippen waren nur ein schmaler Strich, ihre Kiefer mahlten aufeinander. „Lassen wir ihn nicht umsonst gestorben sein.“, sagte sie fest in die Runde und vermied es Kjetell’o oder Caleb anzusehen. Sie sah überhaupt niemanden. „Tun wir endlich das, wofür wir losgezogen sind!“, rief sie bevor sie sich umdrehte und wieder zum Meer blickte. „…und hören auf, uns mit Nichtigkeiten zu beschäftigen… sie kosten nur… wertvolles Leben…“, murmelte sie wieder mehr zu sich und lehnte den Kopf gegen das Tau, das ihr vormals schon Halt gegeben hatte.
- Erzähler
- Nicht-Spieler-Charakter
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- Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
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- Geld: 0D, 0L, 0F
- Ausrüstung: [br][/br]
- Zum Vorzeigen: [br][/br]
Re: Schwarze Segel
So wie das Hirn unter schweren, traumatischen Zuständen die Verbindung zu jenen Erinnerungen kappte, um die eigene Seele und damit den Fortbestand des Ganzen zu schützen, musste man angesichts eines solchen Ereignisses manchmal auch die Wege zum Herzen verschließen. Madiha verschloss ihr Herz. Sie tat es nicht, um nicht zu fühlen. Denn sie fühlte, sogar immens. Sie ertrug die Nachricht nicht, dass Corax möglicherweise nicht mehr war. Die Gewissheit breitete sich in ihr aus und je länger sie darauf wartete, dass er als Rabe zu ihr geflattert käme, damit sie ihm wirklich helfen könnte, desto stärker wurde das Gefühl in ihr. Innere Zerrissenheit. Der Glaube, an seinem Schicksal die Schuld zu tragen, weil es ursprünglich das ihre hätte sein sollen. Sie hätte mit Kjetell'o nach Kosral ziehen sollen, um Azuras Ziehvater zu retten. Nicht er, der es jetzt offenbar nicht überlebt hatte. Wie sollte ein so mutiges, gutes Herz wie Madihas das ertragen, ohne zu zerbrechen. Doch etwas in ihr brach. Man sah es an ihrem Blick, an dieser Leere, die ihr den Glanz aus den Iriden nahm. Caleb entdeckte es als erster und es trieb ihm nun endgültig die Tränen in die Augen. Er wollte zu ihr, sie unterstützen, beschützen und vor allem halten. Alle an Bord - außer Liquis - konnten ahnen, was geschehen war. Alle fühlten mit der Sarmaerin. Er wollte sie das durch körperlichen Kontakt wissen lassen und selbst der Aquade erkannte, dass Madiha nun Nähe brauchte. Für sie aber wurde es nur noch unerträglicher. Der Beistand, der ihr Zuspruch spenden sollte, fühlte sich wie brennendes Eisen an, das ihr die Schuld auf den Körper zeichnete. Sie war schuldig. Sie hätte mit Corax tauschen, sein Schicksal nun übernehmen sollen. Es war nicht richtig, dass ihr Freund nach einem Leben wie dem seinen einfach ein Ende fand, ohne je richtig glücklich gewesen zu sein. Vor allem aber hatte es aus Madihas Sicht kein anderer so sehr verdient wie er. Wie konnte sie dann ein Leben überhaupt weiterführen? Sie hatte nicht halb so viel gelitten und ... lebte. Sie hatte kein Anrecht darauf!
Immer intensiver wand Madiha sich in Calebs Armen, bis er sich endlich von ihr löste und sie freikam. Tiefe Sorge erfüllte seine von Meergras gesäumten Fjorde, während er Madiha betrachtete. Sie schaute nur mit einer Leere zu ihm zurück, die erschreckte. Dann riss sie sich erneut los, kappte alles und verbannte sich selbst in den Tunnel, in dem sie umher tigerte, ohne zu bemerken wie frei doch die Fläche war, die sie eigentlich nutzte.
"Er ist tot ... ich ... ich hätte das tun sollen. Nicht er."
"Madi...", versuchte Caleb zu ihr durchzudringen, aber sie nahm ihn überhaupt nicht wahr.
"Du wärst bei ihm, wenn ich nicht..." Kjetell'o musterte sie. Auch in seinem Blick fehlte etwas. Er schaffte es ebenfalls nicht, auf ihre Worte zu reagieren. Er verstand allerdings auch kein Sendli. So verschloss er nur die Augen vor der Welt und schüttelte den Kopf. Seine Anspannung war nur an seinen ineinander verflochtenen Fingern zu erkennen. Er presste sie so fest zusammen, dass sich die eigenen Fingernägel in das elfische Fleisch bohrten, bis ihm dünne Rinnsale aus Blut über die Fingerknöchel tropften. Der Schmerz half ihm, nicht die Kontrolle zu verlieren. Madiha aber konnte das nicht. Sie fand keinen Ruhepol, nicht einmal in ihrem geliebten Dieb, der sonst immer ein Anker gewesen war. "Und ich konnte ihn nicht rufen. Ich hab etwas falsch gemacht."
Sie hörte Caleb noch ihren Namen sagen, dann rufen. Sie reagierte nicht. Sie lief, lief die gesamte Länge des Schiffes entlang bis vor zum Bug, wo die Galionsfigur unterhalb der Spitze hing und dem Wassergefährt ihren Namen verlieh. Eine schwarz gestrichene Muräne blickte zusammen mit Madiha auf die weite See. Die Wellen schlugen kaum. Irgendwie wirkte alles glatt ... still ... vollkommen trostlos. Leblos.
Sie stand dort, gefangen in ihren eigenen Gedanken, die alle um die Erkenntnis kreisten, dass Corax hatte fernab seiner Freunde und ganz allein wohl sterben müssen. Denn Madiha glaubte nicht, dass er es zugelassen hätte, Azura mit in dieses Gefahrengebiet zu nehmen. Er war - wie sie selbst und eigentlich aller außer Azura - der festen Überzeugung gewesen, die Tochter des zu Rettenden lieber sicher in Andunie zu wissen. Auch dort hätte sie Dinge bewirken können. Dinge, die ihr mehr lagen und bei denen sie ihr eigenes Leben nicht auf's Spiel setzte. Das hatten nun andere getan. Einer, um genau zu sein. Er starb, während Madiha Freiheit und Leben genoss. Sie hatte lernen, entdecken und sich freuen dürfen. Corax hingegen war in seinen eigenen Tod gerannt.
Hinterbliebene wiesen die Schuld oft auf sich selbst. Es gehörte dazu. Manche wurden wütend, andere waren so schockiert, dass sie zu sprechen aufhörten. Wieder andere erdrückten sich mit Schuldgefühlen, weil sie trotz des Todes eines Nahestehenden es wagten, ihr eigenes Leben fortzuführen. Meistens passierte Letzteres mit Soldaten, deren restlicher Trupp dem Feind zum Opfer gefallen war. Sie fanden dann keinen Schlaf und wenn, war er von Albträumen geprägt. Warum ich? Warum bin ich als einziger übrig? Warum nicht andere, in denen ich mehr Wert sehe?
Madiha dachte ähnlich. Statt sich allerdings in diesen Fragen und dem Kummer zu winden, rief sie ihren Aktivismus herbei. Sie war seit jeher eine Lernende und sie versuchte, auch aus dieser Situation etwas mitzunehmen. Ob es der richtige Weg wäre, wusste sie nicht. Es war der einzige, der sie ihre schwere Seele ertragen ließ. Fortan wollte sie sich nicht mehr an all den kleinen Dingen festhalten, auch wenn sie ihr stets ein Lächeln auf's Gesicht gezaubert hatten. Sie würde sich auf das Essentielle konzentrieren. Sie würde den Pfad des allgemeinen Wohlstands gehen, denn für eigene Bedürfnisse war in ihrem Leben kein Patz mehr. Ihr Leben, das Corax überlebt hatte, obwohl auch er mindestens ebenso hätte glücklich werden müssen wie sie ... es war. War sie noch glücklich? Sie stellte sich diese Frage nicht. Denn das war eine Belanglosigkeit. Es zählte nicht, wie sie sich fühlte! Es zählte jetzt nur, dass sie Sarma erreichte und das Schlimmste dort verhinderte.
So sprach sie laut und wiederholt die bittere Tatsache aus, der sie sich stellen musste. Corax war tot. Er würde nicht zurückkehren. Sie rasselte die Worte herunter wie ein Mantra, bis sich die Erkenntnis endlich soweit in ihr gefestigt hatte, dass sie es wahrlich begriff. Dass etwas geschehen war, was sich nicht rückgängig machen ließ. Er erhielt keine Chance wie Caleb und Azura sie bekommen hatten. Er war fort ... für immer.
Mit aller Kraft, die sie nicht hatte, wandte Madiha sich um. Ihre Schultern waren gestrafft, die Haltung gerade, der gebrochene Blick entschlossen und emotionslos nach vorn gerichtet. So fielen Caleb und Liquis in ihr Sichtfeld. Der Aquade stand halb hinter dem Kapitän und klammerte sich dieses Mal mit seiner Flossenhand an dessen Arm fest. Das ganze Treiben an Bord hatte ihn unsicher gemacht und er schaute ein wenig fragend drein, allerdings auch besorgt. So viel konnte man seiner Froschmiene durchaus entnehmen. Caleb hingegen versuchte, für Madiha die emotionslose Stärke auszustrahlen, die sie ihm entgegenschlug. Beide kämpften darum, das Geschehene zu überstehen, damit andere an ihnen Halt finden mochten. Caleb wollte ihr Anker sein, aber Madiha zog sich selbst aus dem Wasser.
Sie kam vom Bug her auf die beiden zu, richtete ihre Worte allerdings auch an die Matrosen. Alle lauschten ihr aufmerksam. Jeder einzelne der Besatzung sah ein, dass es nun gleichermaßen wichtig war, auf Madiha zu hören wie sie sonst nur ihrem Kapitän folgten.
"Wir müssen Sarma retten!" Vielfaches Nicken, entschlossene Mienen. Keine Gegenstimmen. "Seht zu, dass wir Fahrt aufnehmen und Liquis!" Die Matrosen setzten sich in Bewegung. Die Anweisung war klar. Madiha kümmerte sich um das Essentielle, die Mannschaft um die Details. Sie brauchte nicht jeden kleinen Befehl zu geben, damit die Schattenmuräne ihr Ziel erreichte. Alles, was sie nun noch tun musste, war es, die letzten Belanglosigkeiten von Bord zu schicken. Die kleinen Dinge, die ihr Freude gebracht hatten ... vor der alles verändernden Nachricht. Der Aquade schaute sie an. Er lächelte, jedenfalls wurde sein Froschmaul etwas breiter. Madiha hingegen erwiderte seinen Blick mit einer Kälte, die selbst Caleb stocken ließ. "Das ist kein Ort für dich. Hier bist du in Gefahr. Netz!" Liquis neigte den Kopf. Seine Augen weiteten sich. "Madiqa ... Netz!", brachte er hervor, als hätte er endlich verstanden, worum es hier eigentlich ging. Dass dem nicht so war, verdeutlichte seine nachfolgende Reaktion. Er löste sich von Caleb und trat an die Sarmaerin heran. Er hob seine Flosse. Liquis war durch sie bereits in Gefahr geraten. Er zeigte ihr den Beweis, die Brandnarbe auf seiner Handinnenfläche. "Netz!", wiederholte er und dann in überraschend deutlichem Celcianisch, "Gefahr!" Offenbar kannte er diesen Begriff recht gut. Er stellte kein Problem mehr dar. Gefahr schien etwas zu sein, das er begriff. Er wiederholte es noch ein paar Mal, nickte Madiha dabei eifrig zu und plötzlich stürmte er mit wenigen Schritten zur Reling, nahm Schwung und stieß sich von den Planken ab, nur um im einem akrobatischen Salto über Bord und zurück ins Meer zu gehen. Einige Matrosen begleiteten seinen Abgang mit Lauten der Bewunderung.
"Schade...", murmelte Caleb nur, der ihm hinterher schaute. Dann aber wurde er von Madiha abgelenkt. Er sah zu ihr zurück und sie konnte den Schmerz in seinen Augen erkennen, der ihrer Art zu sprechen galt. "Tun wir endlich das, wofür wir losgezogen sind ... und hören auf, uns mit Nichtigkeiten zu beschäftigen... sie kosten nur ... wertvolles Leben..."
"Nichtigkeiten nennst du es, Freundschaft zu schließen? Erlebnisse, die ablenken und das Herz etwas leichter machen?", fragte Caleb. Er hob seine Hand zu Madihas Wange, wagte es im letzten Moment aber nicht, sie zu berühren. Stattdessen seufzte er. "Du bist meine liebste Nichtigkeit und ich hoffe, ich bin die deine. Wir sollten-"
Plötzlich wurde er unterbrochen, als sich eine Figur aus ihrem Dasein als schnell vergessene Randerscheinung hob, um in den Vordergrund zu treten. Während des gesamten Ereignisses, begonnen beim Zerspringen der Perle über Madihas missglückten Versuch, Corax zu rufen und schließlich die Erkenntnis, was seine Abwesenheit bedeuten musste, hatte Jakub alles beobachtet. Er sah lieber still zu, dachte sich seinen Teil und schwieg die meiste Zeit. Wenn ihm aber etwas wichtig wurde - etwas, das nur er sagen konnte - dann trat er aus den Schatten. Dann erschien er und legte seine Worte offen wir Spielkarten auf den Tisch. Manchen kam seine Direktheit forsch vor, andere aber erkannten, dass er sich nicht mit Schmeicheleien aufhielt. Mit Nichtigkeiten ... und doch ... es war anders als bei Madiha.
"Bist du sicher, dass er das so wollte? Dass das hier", er nickte Madiha zu, als wollte er mit dem Kinn auf sie zeigen, "die Konsequenz ist, die er sich ausmalte, um sein Leben zu riskieren?" Caleb senkte seine Hand. Er starrte Jakub stumm an. Jener achtete dieses Mal nicht auf seinen Kapitän. Sein strenger, grauer Blick ruhte auf Madiha. "Es war eine bewusste Entscheidung. Damit jemand, der ihm wertvoller war als sein Leben, die Nichtigkeiten Celcias erleben kann - angefangen bei ihrem Taugenichts von Kapitän mit den langen Fingern."
"Hey!", gab Caleb halbherzig empört von sich. Statt Jakub einen Stoß zu versetzen, legte er einen Arm um den Mann und drückte ihn kurz. Jakub aber behielt seinen Blick auf Madiha. Er wartete ab, dass sie sich mit seinen Fragen auseinandersetzte. Er erwartete nicht, dass sie ihm antwortete, sondern nur sich selbst. "Hättest du für ihn auch getan. Hätte jeder von uns getan ... und tun wir, wenn wir in Sarma ankommen." Dann brummte er, um seine Arme zu verschränken. Jetzt schaute er beide an, Madiha und Caleb. "Falls ich im Wüstensand falle, dann schleif meine Reste ins Meer. Hab keine Lust, die Ewigkeit auf'm Trockenen zu verbringen. Und wehe euch, ihr blast ewig Trübsal. Ein bisschen ist in Ordnung. Man sollte mich ehren. Stellt 'ne Statue im Hafen auf oder so ... aber hört nicht auf zu leben, nur weil's einer von uns getan hat. Das ist ... respektlos." Damit wandte er sich ab, ließ die beiden einfach stehen. Seine Stimme aber hallte über das Deck, als er einige der Besatzung mit neuen Befehlen löcherte. Immerhin war er der Erste Maat.
Caleb strich sich über die zerzausten Haare, als er ihm nachsah. Die Pranke landete im Nacken. "Dieser altkluge Bastard, hm", murmelte er und schenkte Madiha ein schiefes Lächeln. In seinen geröteten Augen schimmerten immer noch Tränen. Dann kniff er die Lider zusammen, damit sie es über den Rand und seine Wangen hinab schafften. "Er war ein richtig dummer, kleiner Elf", wisperte er mit belegter Stimme und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. "Aber Jakub hat Recht. Er hat's nicht verdient, dass wir jetzt mit ihm sterben. Dafür hat er sein Leben nicht riskiert." Dann atmete Caleb tief durch, reckte die Nase in den aufkommenden Wind und begann, ein leises Gebet zu zitieren, das man in Sarma oft bei einer Beisetzung auftrug, um Lysanthors sengende Strahlen für den Zeitraum der Bestattung zu mildern, damit das kostbare Wasser im Körper eines jeden Trauernden als Träne den Weg hinaus fand, um den Toten zu ehren.
Immer intensiver wand Madiha sich in Calebs Armen, bis er sich endlich von ihr löste und sie freikam. Tiefe Sorge erfüllte seine von Meergras gesäumten Fjorde, während er Madiha betrachtete. Sie schaute nur mit einer Leere zu ihm zurück, die erschreckte. Dann riss sie sich erneut los, kappte alles und verbannte sich selbst in den Tunnel, in dem sie umher tigerte, ohne zu bemerken wie frei doch die Fläche war, die sie eigentlich nutzte.
"Er ist tot ... ich ... ich hätte das tun sollen. Nicht er."
"Madi...", versuchte Caleb zu ihr durchzudringen, aber sie nahm ihn überhaupt nicht wahr.
"Du wärst bei ihm, wenn ich nicht..." Kjetell'o musterte sie. Auch in seinem Blick fehlte etwas. Er schaffte es ebenfalls nicht, auf ihre Worte zu reagieren. Er verstand allerdings auch kein Sendli. So verschloss er nur die Augen vor der Welt und schüttelte den Kopf. Seine Anspannung war nur an seinen ineinander verflochtenen Fingern zu erkennen. Er presste sie so fest zusammen, dass sich die eigenen Fingernägel in das elfische Fleisch bohrten, bis ihm dünne Rinnsale aus Blut über die Fingerknöchel tropften. Der Schmerz half ihm, nicht die Kontrolle zu verlieren. Madiha aber konnte das nicht. Sie fand keinen Ruhepol, nicht einmal in ihrem geliebten Dieb, der sonst immer ein Anker gewesen war. "Und ich konnte ihn nicht rufen. Ich hab etwas falsch gemacht."
Sie hörte Caleb noch ihren Namen sagen, dann rufen. Sie reagierte nicht. Sie lief, lief die gesamte Länge des Schiffes entlang bis vor zum Bug, wo die Galionsfigur unterhalb der Spitze hing und dem Wassergefährt ihren Namen verlieh. Eine schwarz gestrichene Muräne blickte zusammen mit Madiha auf die weite See. Die Wellen schlugen kaum. Irgendwie wirkte alles glatt ... still ... vollkommen trostlos. Leblos.
Sie stand dort, gefangen in ihren eigenen Gedanken, die alle um die Erkenntnis kreisten, dass Corax hatte fernab seiner Freunde und ganz allein wohl sterben müssen. Denn Madiha glaubte nicht, dass er es zugelassen hätte, Azura mit in dieses Gefahrengebiet zu nehmen. Er war - wie sie selbst und eigentlich aller außer Azura - der festen Überzeugung gewesen, die Tochter des zu Rettenden lieber sicher in Andunie zu wissen. Auch dort hätte sie Dinge bewirken können. Dinge, die ihr mehr lagen und bei denen sie ihr eigenes Leben nicht auf's Spiel setzte. Das hatten nun andere getan. Einer, um genau zu sein. Er starb, während Madiha Freiheit und Leben genoss. Sie hatte lernen, entdecken und sich freuen dürfen. Corax hingegen war in seinen eigenen Tod gerannt.
Hinterbliebene wiesen die Schuld oft auf sich selbst. Es gehörte dazu. Manche wurden wütend, andere waren so schockiert, dass sie zu sprechen aufhörten. Wieder andere erdrückten sich mit Schuldgefühlen, weil sie trotz des Todes eines Nahestehenden es wagten, ihr eigenes Leben fortzuführen. Meistens passierte Letzteres mit Soldaten, deren restlicher Trupp dem Feind zum Opfer gefallen war. Sie fanden dann keinen Schlaf und wenn, war er von Albträumen geprägt. Warum ich? Warum bin ich als einziger übrig? Warum nicht andere, in denen ich mehr Wert sehe?
Madiha dachte ähnlich. Statt sich allerdings in diesen Fragen und dem Kummer zu winden, rief sie ihren Aktivismus herbei. Sie war seit jeher eine Lernende und sie versuchte, auch aus dieser Situation etwas mitzunehmen. Ob es der richtige Weg wäre, wusste sie nicht. Es war der einzige, der sie ihre schwere Seele ertragen ließ. Fortan wollte sie sich nicht mehr an all den kleinen Dingen festhalten, auch wenn sie ihr stets ein Lächeln auf's Gesicht gezaubert hatten. Sie würde sich auf das Essentielle konzentrieren. Sie würde den Pfad des allgemeinen Wohlstands gehen, denn für eigene Bedürfnisse war in ihrem Leben kein Patz mehr. Ihr Leben, das Corax überlebt hatte, obwohl auch er mindestens ebenso hätte glücklich werden müssen wie sie ... es war. War sie noch glücklich? Sie stellte sich diese Frage nicht. Denn das war eine Belanglosigkeit. Es zählte nicht, wie sie sich fühlte! Es zählte jetzt nur, dass sie Sarma erreichte und das Schlimmste dort verhinderte.
So sprach sie laut und wiederholt die bittere Tatsache aus, der sie sich stellen musste. Corax war tot. Er würde nicht zurückkehren. Sie rasselte die Worte herunter wie ein Mantra, bis sich die Erkenntnis endlich soweit in ihr gefestigt hatte, dass sie es wahrlich begriff. Dass etwas geschehen war, was sich nicht rückgängig machen ließ. Er erhielt keine Chance wie Caleb und Azura sie bekommen hatten. Er war fort ... für immer.
Mit aller Kraft, die sie nicht hatte, wandte Madiha sich um. Ihre Schultern waren gestrafft, die Haltung gerade, der gebrochene Blick entschlossen und emotionslos nach vorn gerichtet. So fielen Caleb und Liquis in ihr Sichtfeld. Der Aquade stand halb hinter dem Kapitän und klammerte sich dieses Mal mit seiner Flossenhand an dessen Arm fest. Das ganze Treiben an Bord hatte ihn unsicher gemacht und er schaute ein wenig fragend drein, allerdings auch besorgt. So viel konnte man seiner Froschmiene durchaus entnehmen. Caleb hingegen versuchte, für Madiha die emotionslose Stärke auszustrahlen, die sie ihm entgegenschlug. Beide kämpften darum, das Geschehene zu überstehen, damit andere an ihnen Halt finden mochten. Caleb wollte ihr Anker sein, aber Madiha zog sich selbst aus dem Wasser.
Sie kam vom Bug her auf die beiden zu, richtete ihre Worte allerdings auch an die Matrosen. Alle lauschten ihr aufmerksam. Jeder einzelne der Besatzung sah ein, dass es nun gleichermaßen wichtig war, auf Madiha zu hören wie sie sonst nur ihrem Kapitän folgten.
"Wir müssen Sarma retten!" Vielfaches Nicken, entschlossene Mienen. Keine Gegenstimmen. "Seht zu, dass wir Fahrt aufnehmen und Liquis!" Die Matrosen setzten sich in Bewegung. Die Anweisung war klar. Madiha kümmerte sich um das Essentielle, die Mannschaft um die Details. Sie brauchte nicht jeden kleinen Befehl zu geben, damit die Schattenmuräne ihr Ziel erreichte. Alles, was sie nun noch tun musste, war es, die letzten Belanglosigkeiten von Bord zu schicken. Die kleinen Dinge, die ihr Freude gebracht hatten ... vor der alles verändernden Nachricht. Der Aquade schaute sie an. Er lächelte, jedenfalls wurde sein Froschmaul etwas breiter. Madiha hingegen erwiderte seinen Blick mit einer Kälte, die selbst Caleb stocken ließ. "Das ist kein Ort für dich. Hier bist du in Gefahr. Netz!" Liquis neigte den Kopf. Seine Augen weiteten sich. "Madiqa ... Netz!", brachte er hervor, als hätte er endlich verstanden, worum es hier eigentlich ging. Dass dem nicht so war, verdeutlichte seine nachfolgende Reaktion. Er löste sich von Caleb und trat an die Sarmaerin heran. Er hob seine Flosse. Liquis war durch sie bereits in Gefahr geraten. Er zeigte ihr den Beweis, die Brandnarbe auf seiner Handinnenfläche. "Netz!", wiederholte er und dann in überraschend deutlichem Celcianisch, "Gefahr!" Offenbar kannte er diesen Begriff recht gut. Er stellte kein Problem mehr dar. Gefahr schien etwas zu sein, das er begriff. Er wiederholte es noch ein paar Mal, nickte Madiha dabei eifrig zu und plötzlich stürmte er mit wenigen Schritten zur Reling, nahm Schwung und stieß sich von den Planken ab, nur um im einem akrobatischen Salto über Bord und zurück ins Meer zu gehen. Einige Matrosen begleiteten seinen Abgang mit Lauten der Bewunderung.
"Schade...", murmelte Caleb nur, der ihm hinterher schaute. Dann aber wurde er von Madiha abgelenkt. Er sah zu ihr zurück und sie konnte den Schmerz in seinen Augen erkennen, der ihrer Art zu sprechen galt. "Tun wir endlich das, wofür wir losgezogen sind ... und hören auf, uns mit Nichtigkeiten zu beschäftigen... sie kosten nur ... wertvolles Leben..."
"Nichtigkeiten nennst du es, Freundschaft zu schließen? Erlebnisse, die ablenken und das Herz etwas leichter machen?", fragte Caleb. Er hob seine Hand zu Madihas Wange, wagte es im letzten Moment aber nicht, sie zu berühren. Stattdessen seufzte er. "Du bist meine liebste Nichtigkeit und ich hoffe, ich bin die deine. Wir sollten-"
Plötzlich wurde er unterbrochen, als sich eine Figur aus ihrem Dasein als schnell vergessene Randerscheinung hob, um in den Vordergrund zu treten. Während des gesamten Ereignisses, begonnen beim Zerspringen der Perle über Madihas missglückten Versuch, Corax zu rufen und schließlich die Erkenntnis, was seine Abwesenheit bedeuten musste, hatte Jakub alles beobachtet. Er sah lieber still zu, dachte sich seinen Teil und schwieg die meiste Zeit. Wenn ihm aber etwas wichtig wurde - etwas, das nur er sagen konnte - dann trat er aus den Schatten. Dann erschien er und legte seine Worte offen wir Spielkarten auf den Tisch. Manchen kam seine Direktheit forsch vor, andere aber erkannten, dass er sich nicht mit Schmeicheleien aufhielt. Mit Nichtigkeiten ... und doch ... es war anders als bei Madiha.
"Bist du sicher, dass er das so wollte? Dass das hier", er nickte Madiha zu, als wollte er mit dem Kinn auf sie zeigen, "die Konsequenz ist, die er sich ausmalte, um sein Leben zu riskieren?" Caleb senkte seine Hand. Er starrte Jakub stumm an. Jener achtete dieses Mal nicht auf seinen Kapitän. Sein strenger, grauer Blick ruhte auf Madiha. "Es war eine bewusste Entscheidung. Damit jemand, der ihm wertvoller war als sein Leben, die Nichtigkeiten Celcias erleben kann - angefangen bei ihrem Taugenichts von Kapitän mit den langen Fingern."
"Hey!", gab Caleb halbherzig empört von sich. Statt Jakub einen Stoß zu versetzen, legte er einen Arm um den Mann und drückte ihn kurz. Jakub aber behielt seinen Blick auf Madiha. Er wartete ab, dass sie sich mit seinen Fragen auseinandersetzte. Er erwartete nicht, dass sie ihm antwortete, sondern nur sich selbst. "Hättest du für ihn auch getan. Hätte jeder von uns getan ... und tun wir, wenn wir in Sarma ankommen." Dann brummte er, um seine Arme zu verschränken. Jetzt schaute er beide an, Madiha und Caleb. "Falls ich im Wüstensand falle, dann schleif meine Reste ins Meer. Hab keine Lust, die Ewigkeit auf'm Trockenen zu verbringen. Und wehe euch, ihr blast ewig Trübsal. Ein bisschen ist in Ordnung. Man sollte mich ehren. Stellt 'ne Statue im Hafen auf oder so ... aber hört nicht auf zu leben, nur weil's einer von uns getan hat. Das ist ... respektlos." Damit wandte er sich ab, ließ die beiden einfach stehen. Seine Stimme aber hallte über das Deck, als er einige der Besatzung mit neuen Befehlen löcherte. Immerhin war er der Erste Maat.
Caleb strich sich über die zerzausten Haare, als er ihm nachsah. Die Pranke landete im Nacken. "Dieser altkluge Bastard, hm", murmelte er und schenkte Madiha ein schiefes Lächeln. In seinen geröteten Augen schimmerten immer noch Tränen. Dann kniff er die Lider zusammen, damit sie es über den Rand und seine Wangen hinab schafften. "Er war ein richtig dummer, kleiner Elf", wisperte er mit belegter Stimme und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. "Aber Jakub hat Recht. Er hat's nicht verdient, dass wir jetzt mit ihm sterben. Dafür hat er sein Leben nicht riskiert." Dann atmete Caleb tief durch, reckte die Nase in den aufkommenden Wind und begann, ein leises Gebet zu zitieren, das man in Sarma oft bei einer Beisetzung auftrug, um Lysanthors sengende Strahlen für den Zeitraum der Bestattung zu mildern, damit das kostbare Wasser im Körper eines jeden Trauernden als Träne den Weg hinaus fand, um den Toten zu ehren.
- Madiha Al'Sarma
- Celcia-Team
- Beiträge: 644
- Registriert: Sonntag 14. Februar 2021, 12:04
- Moderator des Spielers: Kazel
- Aufenthaltsort: Hafen Sarma, Insel Belfa
- Steckbrief: Zum Steckbrief
- Rasse: Mensch
- Sprachen: Sendli
- Beruf: Sklavin (ehem.)
- Fähigkeiten: Durchhaltevermögen (sehr gut)
Feuermagie (verloren, an einen Drachen abgegeben)
Schwimmen (rudimentär)
Lesen & Schreiben (rudimentär) - Lebensenergie:
- Geld: 0D, 0L, 0F
- Ausrüstung: Eine kleine Muschel mit Loch an einer Kette um den Hals
- Tierische Begleiter: Keinen
Re: Schwarze Segel
Es war nicht leicht für Madiha sich mit den vielen, verschiedenen Gefühlen in ihrem Innern auseinanderzusetzen. Das Mädchen schwankte stets zwischen Aufblühen und Vergehen. Nur ein falscher Schritt auf dem dünnen Seil, das ihren Lebensweg symbolisierte und sie rutschte ab. Einzig der Wille das alles zu überstehen, ließ sie sich noch festklammern, um nicht endgültig zu fallen. Bei Madiha lagen Freude und Leid so eng beieinander, dass sie kaum zum Luftholen kam. Eben noch hatte sie sich mit Caleb und Kjetell’o amüsiert, nun starrten sie ihr mit gebrochenen Blicken und wunden Händen entgegen. Sie ertrug das nicht. Madiha lud sehr schnell Schuld auf sich. Sie konnte nicht anders, es war aus ihrem Leben geboren, das sie bisher geführt hatte. Sie besaß ein größeres Vertrauen darin, dass sie mehr wert war, aber sie hatte eine große Angst davor, dass ihre Taten nachhaltig bewiesen, dass sie dieses Leben nicht führen konnte. Dass sie nicht im Stande war dazu. Wie sollte sie das Leben meistern, wenn jede ihrer Entscheidungen zu einem Schrecken führte? Das Mädchen vergrub ihre Trauer hinter der Schuld. Sie lastete sich dieses Gefühl auf und ihre Knie wackelten unter der Last. Um nicht einzubrechen, wies sie die Matrosen auf der Schattenmuräne an, sich ihren Aufgaben zu widmen. Sie war gewiss nicht der Kapitän, aber irgendwas musste sie tun. Und im Grunde sollten sie alle doch sie, Madiha, nach Sarma bringen, damit sie dort tat, was man von ihr erbat: Die Rettung einer ganzen Stadt. Und nichts Geringeres als das. Madiha musste sich zusammenreißen, musste das, was passiert war jetzt beiseiteschieben und nicht darüber nachdenken, was das für ihr Leben bedeutete. Sie wies auch Liquis an, dass er das Schiff verlassen musste. Als der Aquade die Worte aussprach und verstand, sah Madiha ihm nach. Auch das brach etwas in ihr. Sie war niemand, der die Leute von sich stieß. Es passte nicht zu ihr, aber sie musste so sein. Als der Wassermann sich von der Reling in einem akrobatischen Sprung stieß, spürte Madiha einen weiteren Klumpen auf ihrer erdrückten Seele. Sie würde ihn nie wiedersehen und das war das aller beste für Liquis. In ihrer Nähe war man nicht sicher. In ihrem Leben war man nicht geschützt. Als sie zurücksah, streifte ihr Blick kurz Caleb, der Bedauern empfand, dass Liquis nun fort war. Sie aber verschloss sich weiter und ihr Gesicht wurde hart. Sie wollte das tun, was man von ihr erwartete. Schluss mit Ablenkungen! "Nichtigkeiten nennst du es, Freundschaft zu schließen? Erlebnisse, die ablenken und das Herz etwas leichter machen?" Sie ließ den Blick zu ihm zurückgleiten und blieb dennoch verschlossen. Er trat näher und hob eine Hand zu ihrer Wange. Sie erstarrte regelrecht. Sie wagte kaum zu atmen, so angespannt war sie. Sie verbot es sich zu empfinden. "Du bist meine liebste Nichtigkeit und ich hoffe, ich bin die deine. Wir sollten-"
"Bist du sicher, dass er das so wollte? Dass das hier die Konsequenz ist, die er sich ausmalte, um sein Leben zu riskieren?" Madiha’s Blick glitt von Caleb und legte sich auf Jakub. Alles an ihr wirkte…verlangsamt, verzögert. „Er malte sich sicher nicht aus, dass er stirbt“, gab sie kühl zurück. "Es war eine bewusste Entscheidung. Damit jemand, der ihm wertvoller war als sein Leben, die Nichtigkeiten Celcias erleben kann - angefangen bei ihrem Taugenichts von Kapitän mit den langen Fingern." Sie schnaubte und senkte den Blick. Sie ertrug es nicht, Jakub anzusehen. „Er hat falsches Vertrauen in mich gesetzt und dafür mit dem Leben bezahlt“, murmelte Madiha bitter und presste die Lippen aufeinander. Sie ballte gar die Fäuste so sehr, dass ihre Knöchel ganz weiß wurden. Sie bemerkte es nicht. "Hättest du für ihn auch getan. Hätte jeder von uns getan ... und tun wir, wenn wir in Sarma ankommen." Madiha starrte auf einen unbestimmten Punkt auf den Planken des Schiffes. Sie hörte zu, aber sie wirkte dennoch so… farblos. Ihr Leuchten, das Feuer, das noch vor wenigen Tagen entfacht wurde, waberte jetzt nur noch auf Sparflamme. "Falls ich im Wüstensand falle, dann schleif meine Reste ins Meer. Hab keine Lust, die Ewigkeit auf'm Trockenen zu verbringen. Und wehe euch, ihr blast ewig Trübsal. Ein bisschen ist in Ordnung. Man sollte mich ehren. Stellt 'ne Statue im Hafen auf oder so ... aber hört nicht auf zu leben, nur weil's einer von uns getan hat. Das ist ... respektlos." Sie zuckte zusammen. Die schweren Schritte des Ersten Maats entfernten sich, doch Madiha hatte einen starren Blick bekommen und war so unter Spannung, dass sie kaum Luft bekam. Ihre Augen schwammen, ob der Worte von Jakub. Aber sie weinte nicht. Als sie den Blick nach einer gefühlten Ewigkeit hob, waren ihre Augen trocken. Ihr Blick entschlossen. Nein… gebrochen.
„Es wird keiner mehr meinetwegen sterben, keiner wird mehr in Gefahr gebracht. Ich kann damit nicht umgehen, denn ich bin niemand. Ich bin nur ich und ich will leben, aber ich will nicht so leben!“, leierte sie in einer Monotonie, die ihrer gar nicht würdig wurde. Sie richtete ihre Augen auf Caleb und kurz flackerte der Blick. Sie liebte ihn. Aber genau das war gefährlich. Er folgte ihr in den sicheren Tod. ‚Jemandem der ihm wertvoller war als sein Leben‘… Ein Ruck ging durch ihren Körper und sie fixierte mit einem Mal Jakub’s Rücken.
„UND WAS HAT ES IHM GEBRACHT?!“, schrie sie plötzlich über das Deck und den ersten Maat an. „Wozu hat er sein Leben lang gelitten, wenn am Ende doch nichts mehr von ihm übrigbleibt?!“, echauffierte sie sich weiter und kam mit festen Schritten auf Jakub zu. Der Schmerz in ihr wollte sich nun doch zeigen. Aber Madiha legte einen Deckel von Wut darauf und erzeugte einen immensen Druck in ihrem Innern. „Wozu das alles, wenn er es nicht erleben darf?!“, rief sie herausfordernd und funkelte Jakub an. „Du kommst mit deinen Worten daher und was soll ich nun damit anfangen?! Er schickte mich los, damit ich das Leben führe, das er sich für mich wünschte. Aber er tat es aus dem Gefühl heraus, es selbst nicht wert zu sein! Du kennst ihn!“, deutete sie mit dem Finger auf Jakub. Dann richtete sie den Finger auf Caleb. „DU kennst ihn!“, klagte sie an und stand wie ein kleines Häufchen Elend an Deck zwischen Jakub und Caleb.
„Ihr wisst, dass er glaubte, dass er das alles tun MUSSTE!“, rief sie und ballte erneut die Hände. „Wie kann ich damit leben?! Wie kann ich damit leben, dass er mir dieses Pfand gab und ich zu spät war?! Dass die Perle mir sagen sollte, wenn es ihm schlecht ginge? Und die Feder ihn rufen sollte? Wie soll das gerecht sein, dass ich versagte, bei nichts Geringerem als dem Retten seines Lebens?!“, schrie sie aus. Madiha spürte Zorn, Wut, Unverständnis, Leid und Schuld. Das war das Schlimmste. „Ihr setzt alle euer Vertrauen in MICH!“, rief sie und bezog nun jeden ein, der ihr vielleicht zuhörte. „Aber ich kann euch nicht beschützen, ich kann… ich kann“, sie schwankte. Ihr wurde schwindelig, ihr fehlte die Luft zu atmen. Der Druck war immens. „Ich will es ja gut machen, aber ich kann… ich weiß nicht wie!“, rief sie und schnappte nach Luft. Sie fasste sich an die Brust. „Wie kann ich nicht euer Vertrauen enttäuschen?! Ihr werdet sterben, alle und ich kann nichts dagegen tun! Ich bin nicht fähig dazu, ihr seht es doch. Ich tue, was andere sich wünschen und sie sterben… sie sterben einfach!“, keuchte sie und sah nun gar nicht mehr, mit wem sie sprach. Madiha spürte das Brodeln in ihrem Innern. „Wieso musste er sterben… wieso durfte ich ihn nicht beschützen? Wieso…“, sie starrte auf ihre Hände, weil der Blick verschwamm. Sie kniff die Augen zusammen, fühlte sich elendig und machte nur noch kurze Atemzüge. Dann aber fokussierte sie sich plötzlich deutlich auf Kjetell’o. In ihrem Blick lag nackte Angst, weil sie spürte, wie sich der Druck in ihrem Innern entladen wollte. Und zwar gewaltig.
„Kjet…“, riss sie panisch die Augen auf und spürte, wie das Feuer an den Ketten riss. Wie der Deckel aus Schuld ihre Gefühle unterdrückte und gefährlich klapperte. Der Druck stieg an, wurde viel. Sie hielt ihre Macht nicht zurück. Ihr Blick glitt zur Reling. Bevor sie jetzt noch das Schiff und jeden hier verbrannte, würde sie darüber springen und sich selbst im Meer versenken. Sie konnte fühlen, wie das Feuer bereit war. Es liebte sie und würde mit Freuden brennen. Madiha begriff auf einmal, dass sie und ihre Gefühle eine immense Gefahr darstellten. Dass, wenn sie sich nicht im Griff hatte, ein unvorstellbares Unglück geschehen könnte. Die Macht in ihrem Innern lud ihr Verantwortung auf. Sie konnte fühlen, wie dieser Gedanken sie für einen Moment innehalten ließ. Madiha versuchte die Last ihrer Gefühle nicht zu groß werden zu lassen. Sie erkannte, dass ihr Temperament dazu führen könnte, dass sie noch mehr Leben auf dem Gewissen hätte. Sie erkannte, dass sie mit der Macht des Feuers nicht so rastlos sein durfte. Dass sie nicht einfach… loslassen durfte. Madiha schloss die Augen, atmete tief, aber gepresst. Sie schaffte es selbst, das Unheil für diesen Moment abzufedern. Das Feuer beruhigte sich. Sie beruhigte sich. Aber als sie die Augen öffnete, glich ihr Blick nicht dem, den sie sonst trug. Das Naive war verschwunden. An die Stelle trat nun eine monotone Bitterkeit. Sie trug Verantwortung. Verantwortung für Corax Tod und dass sie nun nicht respektlos war. Verantwortung dafür, dass ihre Gefühle nicht ein Inferno auslösten. Verantwortung dafür, dass sie lernte mit der Macht umzugehen. Verantwortung dafür, dass Sarma gerettet würde. Dass Ilmy ihr Vertrauen in sie nicht bereute. Verantwortung für die Mannschaft. Für Caleb, der sie liebte und den sie nicht enttäuschen durfte. Madiha trug Verantwortung und sie durfte sich nun nicht mehr gestatten. Mehr würde sie wohl auch nicht schaffen. Also wandte sie sich wieder an Jakub. „Entschuldige. Du hast Recht.“, meinte sie nicht unehrlich, aber auch nicht voll des Lebens, das ihr sonst so eigen war. Daraufhin blickte sie zu Caleb. Oh, wie sehr sie ihn liebte. Aber… konnte sie auch dafür die Verantwortung tragen? Dass er alles für sie tun wollte und würde? Er würde in den Tod gehen, für sie… er tat es schon für deutlich geringere. Auch das war eine Verantwortung, mit der sie umgehen musste. Auf ihren Schultern ruhten Schuld und Verantwortung. Sie gaben sich die Hände und besiegelten ein neues Band.
"Bist du sicher, dass er das so wollte? Dass das hier die Konsequenz ist, die er sich ausmalte, um sein Leben zu riskieren?" Madiha’s Blick glitt von Caleb und legte sich auf Jakub. Alles an ihr wirkte…verlangsamt, verzögert. „Er malte sich sicher nicht aus, dass er stirbt“, gab sie kühl zurück. "Es war eine bewusste Entscheidung. Damit jemand, der ihm wertvoller war als sein Leben, die Nichtigkeiten Celcias erleben kann - angefangen bei ihrem Taugenichts von Kapitän mit den langen Fingern." Sie schnaubte und senkte den Blick. Sie ertrug es nicht, Jakub anzusehen. „Er hat falsches Vertrauen in mich gesetzt und dafür mit dem Leben bezahlt“, murmelte Madiha bitter und presste die Lippen aufeinander. Sie ballte gar die Fäuste so sehr, dass ihre Knöchel ganz weiß wurden. Sie bemerkte es nicht. "Hättest du für ihn auch getan. Hätte jeder von uns getan ... und tun wir, wenn wir in Sarma ankommen." Madiha starrte auf einen unbestimmten Punkt auf den Planken des Schiffes. Sie hörte zu, aber sie wirkte dennoch so… farblos. Ihr Leuchten, das Feuer, das noch vor wenigen Tagen entfacht wurde, waberte jetzt nur noch auf Sparflamme. "Falls ich im Wüstensand falle, dann schleif meine Reste ins Meer. Hab keine Lust, die Ewigkeit auf'm Trockenen zu verbringen. Und wehe euch, ihr blast ewig Trübsal. Ein bisschen ist in Ordnung. Man sollte mich ehren. Stellt 'ne Statue im Hafen auf oder so ... aber hört nicht auf zu leben, nur weil's einer von uns getan hat. Das ist ... respektlos." Sie zuckte zusammen. Die schweren Schritte des Ersten Maats entfernten sich, doch Madiha hatte einen starren Blick bekommen und war so unter Spannung, dass sie kaum Luft bekam. Ihre Augen schwammen, ob der Worte von Jakub. Aber sie weinte nicht. Als sie den Blick nach einer gefühlten Ewigkeit hob, waren ihre Augen trocken. Ihr Blick entschlossen. Nein… gebrochen.
„Es wird keiner mehr meinetwegen sterben, keiner wird mehr in Gefahr gebracht. Ich kann damit nicht umgehen, denn ich bin niemand. Ich bin nur ich und ich will leben, aber ich will nicht so leben!“, leierte sie in einer Monotonie, die ihrer gar nicht würdig wurde. Sie richtete ihre Augen auf Caleb und kurz flackerte der Blick. Sie liebte ihn. Aber genau das war gefährlich. Er folgte ihr in den sicheren Tod. ‚Jemandem der ihm wertvoller war als sein Leben‘… Ein Ruck ging durch ihren Körper und sie fixierte mit einem Mal Jakub’s Rücken.
„UND WAS HAT ES IHM GEBRACHT?!“, schrie sie plötzlich über das Deck und den ersten Maat an. „Wozu hat er sein Leben lang gelitten, wenn am Ende doch nichts mehr von ihm übrigbleibt?!“, echauffierte sie sich weiter und kam mit festen Schritten auf Jakub zu. Der Schmerz in ihr wollte sich nun doch zeigen. Aber Madiha legte einen Deckel von Wut darauf und erzeugte einen immensen Druck in ihrem Innern. „Wozu das alles, wenn er es nicht erleben darf?!“, rief sie herausfordernd und funkelte Jakub an. „Du kommst mit deinen Worten daher und was soll ich nun damit anfangen?! Er schickte mich los, damit ich das Leben führe, das er sich für mich wünschte. Aber er tat es aus dem Gefühl heraus, es selbst nicht wert zu sein! Du kennst ihn!“, deutete sie mit dem Finger auf Jakub. Dann richtete sie den Finger auf Caleb. „DU kennst ihn!“, klagte sie an und stand wie ein kleines Häufchen Elend an Deck zwischen Jakub und Caleb.
„Ihr wisst, dass er glaubte, dass er das alles tun MUSSTE!“, rief sie und ballte erneut die Hände. „Wie kann ich damit leben?! Wie kann ich damit leben, dass er mir dieses Pfand gab und ich zu spät war?! Dass die Perle mir sagen sollte, wenn es ihm schlecht ginge? Und die Feder ihn rufen sollte? Wie soll das gerecht sein, dass ich versagte, bei nichts Geringerem als dem Retten seines Lebens?!“, schrie sie aus. Madiha spürte Zorn, Wut, Unverständnis, Leid und Schuld. Das war das Schlimmste. „Ihr setzt alle euer Vertrauen in MICH!“, rief sie und bezog nun jeden ein, der ihr vielleicht zuhörte. „Aber ich kann euch nicht beschützen, ich kann… ich kann“, sie schwankte. Ihr wurde schwindelig, ihr fehlte die Luft zu atmen. Der Druck war immens. „Ich will es ja gut machen, aber ich kann… ich weiß nicht wie!“, rief sie und schnappte nach Luft. Sie fasste sich an die Brust. „Wie kann ich nicht euer Vertrauen enttäuschen?! Ihr werdet sterben, alle und ich kann nichts dagegen tun! Ich bin nicht fähig dazu, ihr seht es doch. Ich tue, was andere sich wünschen und sie sterben… sie sterben einfach!“, keuchte sie und sah nun gar nicht mehr, mit wem sie sprach. Madiha spürte das Brodeln in ihrem Innern. „Wieso musste er sterben… wieso durfte ich ihn nicht beschützen? Wieso…“, sie starrte auf ihre Hände, weil der Blick verschwamm. Sie kniff die Augen zusammen, fühlte sich elendig und machte nur noch kurze Atemzüge. Dann aber fokussierte sie sich plötzlich deutlich auf Kjetell’o. In ihrem Blick lag nackte Angst, weil sie spürte, wie sich der Druck in ihrem Innern entladen wollte. Und zwar gewaltig.
„Kjet…“, riss sie panisch die Augen auf und spürte, wie das Feuer an den Ketten riss. Wie der Deckel aus Schuld ihre Gefühle unterdrückte und gefährlich klapperte. Der Druck stieg an, wurde viel. Sie hielt ihre Macht nicht zurück. Ihr Blick glitt zur Reling. Bevor sie jetzt noch das Schiff und jeden hier verbrannte, würde sie darüber springen und sich selbst im Meer versenken. Sie konnte fühlen, wie das Feuer bereit war. Es liebte sie und würde mit Freuden brennen. Madiha begriff auf einmal, dass sie und ihre Gefühle eine immense Gefahr darstellten. Dass, wenn sie sich nicht im Griff hatte, ein unvorstellbares Unglück geschehen könnte. Die Macht in ihrem Innern lud ihr Verantwortung auf. Sie konnte fühlen, wie dieser Gedanken sie für einen Moment innehalten ließ. Madiha versuchte die Last ihrer Gefühle nicht zu groß werden zu lassen. Sie erkannte, dass ihr Temperament dazu führen könnte, dass sie noch mehr Leben auf dem Gewissen hätte. Sie erkannte, dass sie mit der Macht des Feuers nicht so rastlos sein durfte. Dass sie nicht einfach… loslassen durfte. Madiha schloss die Augen, atmete tief, aber gepresst. Sie schaffte es selbst, das Unheil für diesen Moment abzufedern. Das Feuer beruhigte sich. Sie beruhigte sich. Aber als sie die Augen öffnete, glich ihr Blick nicht dem, den sie sonst trug. Das Naive war verschwunden. An die Stelle trat nun eine monotone Bitterkeit. Sie trug Verantwortung. Verantwortung für Corax Tod und dass sie nun nicht respektlos war. Verantwortung dafür, dass ihre Gefühle nicht ein Inferno auslösten. Verantwortung dafür, dass sie lernte mit der Macht umzugehen. Verantwortung dafür, dass Sarma gerettet würde. Dass Ilmy ihr Vertrauen in sie nicht bereute. Verantwortung für die Mannschaft. Für Caleb, der sie liebte und den sie nicht enttäuschen durfte. Madiha trug Verantwortung und sie durfte sich nun nicht mehr gestatten. Mehr würde sie wohl auch nicht schaffen. Also wandte sie sich wieder an Jakub. „Entschuldige. Du hast Recht.“, meinte sie nicht unehrlich, aber auch nicht voll des Lebens, das ihr sonst so eigen war. Daraufhin blickte sie zu Caleb. Oh, wie sehr sie ihn liebte. Aber… konnte sie auch dafür die Verantwortung tragen? Dass er alles für sie tun wollte und würde? Er würde in den Tod gehen, für sie… er tat es schon für deutlich geringere. Auch das war eine Verantwortung, mit der sie umgehen musste. Auf ihren Schultern ruhten Schuld und Verantwortung. Sie gaben sich die Hände und besiegelten ein neues Band.
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Re: Schwarze Segel
Es war nicht ihre Schuld und doch lud sie sich diese sofort auf. Sie konnte nicht anders, denn auch hier war Madiha unschuldig. Ein Leben als Sklavin prägte nun einmal und neben der Annahme, weniger wertvoll als andere zu sein, lernte man auch schnell, dass jegliches Missgeschick stets die Schuld der anwesenden Sklaven war. Es kümmerte nicht, ob der Herr einen Teller aus voller Absicht zu Boden schmetterte oder ihn nur versehentlich vom Tisch stieß. Der Sklave war Schuld - immer. Und wenn das geschah, setzte es Strafen. So war es kein Wunder, dass jemand wie Madiha generell erst einmal die Verantwortung bei sich suchte und auch bereit war, sie sofort zu übernehmen. Dass sie schnell von höchster Freude in tiefstes Unglück stürzen konnte und immer das Gefühl hatte, durch Taten ihren geringen Wert unter Beweis stellen zu müssen. Dabei waren all diese Rechtfergigungen keineswegs notwendig, schon gar nicht, wenn das Leben sich ein Opfer suchte, das jenseits ihrer Reichweite lag und es an ihren Gefährten, den Tod, übergab. Aber Madiha genügte es, in die von Trauer und Kummer schweren Gesichter ihrer verbliebenen Freunde zu schauen, um sich selbst Schuld an diesem Anblick zu geben. Anders ertrug sie es nicht, denn alles andere hätte bedeutet, dass Corax noch unter ihnen wäre. Hätte sie nicht versagt, wäre seine Perle nicht in schwarze Splitter zersprungen, die Rabenfeder nicht sinnlos verbrannt. Dann wäre er längst hier, bei ihnen, und sie könnte ihn in die Arme schließen. Das würde nie wieder geschehen. Er war fort und sie hatte diese Erkenntnis mit aller Schwere zu tragen. Sie, auf die so viele setzten. Ilmy, Caleb, Kjetell'o ... und ja, auch Corax. Er hatte darauf vertraut, dass er sie gehen lassen könnte, weil er mit ihrer Pflicht schon zurechtkäme. Und nun befand sie sich mitten auf dem Meer, hatte ein Wunder nach dem anderen erlebt, während er ... gestorben war bei der Aufgabe, die für sie und Kjetell'o bestimmt gewesen wäre. Wie mochte der Elf sich fühlen? Darüber dachte Madiha aktuell nicht nach. Jemand Anderes lenkte sie gehörig ab. Jakub war an sie herangetreten und teilte ihr unvermittelt seine Gedanken mit. Es war nicht ganz klar, ob er sie wirklich trösten wollte mit dem Hinweis, dass ein ungelebtes Leben aufgrund von Schuld über den Tod eines anderen diesen nicht respektieren würde. Bei Madiha schürte es Wut. Ja, sie war wütend und verzweifelt und wollte sich ihre Schuld nicht nehmen lassen. Nicht dieses Mal. Corax' Tod war nichts, für das man ihr Absolution erteilen konnte. So stürmte sie an Caleb vorbei und zu Jakub hinüber, der sich schon angeschickt hatte zu gehen. Sie hielt ihn mit Worten auf, wo Gesten nicht ausreichten. Sie schrie dem Ersten Maat regelrecht in den Rücken: "UND WAS HAT ES IHM GEBRACHT?! Wozu hat er sein Leben lang gelitten, wenn am Ende doch nichts mehr von ihm übrigbleibt?! Wozu das alles, wenn er es nicht erleben darf?!"
Mit der Geschwindigkeit eines Berges, der nach Jahrhunderten bemerkt, dass die Witterung ihm einen Teil abgetreten hatte, wandte Jakub sich um. Er blickte aus diesen strengen, grauen Augen auf Madiha herab, als würde er gleich zuschlagen wollen. Er tat es nicht. Natürlich nicht. So war er nicht ... nicht mehr. Und genau diese Erkenntnis trat ein, noch ehe Jakub sich erklärte: "Du fragst, was es ihm gebracht hat? Er hat ganz Celcia verändert. Ob zum Guten oder Schlechten kann ich nicht sagen. Das weiß vermutlich nur die Zukunft selbst." Sein Blick glitt kurz an Madiha vorbei, herüber zu Caleb, der die beiden inzwischen eingeholt hatte und neben seiner Liebsten zum Stehen kam. Jakub musterte nun beide. "Er hat Spuren hinterlassen, auf jedem von uns." Dann rückte der Maat seine Mütze auf dem Glatzenschädel zurecht und brummte auf. "Ich werde nie wieder einen Bengel anfassen oder schlagen, weil er sich mir verweigert."
"Ich werde keinen Dunkelelfen pauschal verteufeln, nur weil meine Heimat von ihnen angegriffen und erobert worden ist - auch sie hatten Motive, darunter die Hoffnung auf ein besseres Leben. Jeder von ihnen wollte Celcia für sich verändern", meinte Caleb. "Dafür haben sie gekämpft, sind über Leichen gegangen. Er ... Corax ... hat das auch getan. Er hat seine eigene gewählt."
Jakub nickte. "Bist ja doch nicht so'n Taugenichts, Käpt'n." Caleb brummte.
Madiha aber tröstete es nicht. Es nahm ihr nicht die Last der Schuld von den Schultern. Vielleicht brauchte sie Zeit, diese Information zu verarbeiten. Im Moment aber zeigte sich nur, dass sie nicht rational und besonnen denken konnte. Der Schock, der Verlust, waren zu groß. Sie steigerte sich in ihre eigenen Worte herein, in ihre Verzweiflung. Was sollte sie denn nun tun? Und warum hatte all ihr Bemühen nicht gereicht, Corax zu retten? Sie stand unter immensem Druck, der etwas in ihr weckte.
Mach dir Luft. Lass uns alles niederbrennen, was uns schmerzt.
Madihas Blick wanderte von ihren Händen empor und suchte das Schiff nach jenem ab, der ihr gezeigt hatte, die Macht zu nutzen, sich alles von der Seele zu brennen. Sie brauchte ihn, sie spürte es. Nicht sie entfachte ihr Feuer gerade, sondern umgekehrt. Das Element in ihr suchte sich einen eigenen Weg, mit all dem umzugehen. Es brauchte keine stofflichen Dinge, um sich zu nähren, wenn der Schmerz in Madiha bereits brannte. Ihre Seele war Zunder und Stahl. Ihr Feuer tanzte darum, wuchs und wuchs und wollte den Schmerz nach außen tragen. Brennen ... zerstören ... Warum musste denn nur er sterben? Ungerecht. Lass uns alle verbrennen. Alles! Wir entflammen die ganze, verdammte See!
Sie brauchte Kjetell'o und zwar schnell. Sie verlor die Kontrolle. Sie würde entflammen, lichterloh. Erst sie, dann das Schiff und die Besatzung. Ihre Freunde. Sie würden sterben wie Corax und wieder wäre sie Schuld. Sie würde alles vernichten!
"Kjet...", stieß Madiha in verzweifelter Panik hervor. Da entdeckte sie ihn. Das ganze Schiff war wegen ihr in Unruhe geraten. Sie alle hatten sic nur auf Madiha konzentriert. Niemand hatte auf den Shyáner geachtet. Er stand immer noch an Deck, wo die Schreckensbotschaft ihn ereilt hatte. Wo er etwas von Göttern gefaselt und jegliche Farbe aus dem Gesicht verloren hatte. Sein Blick starrte in die weite Leere der See, glanzlos und nicht minder verzweifelt als Madiha. Wieviel Schuld gab er sich, dass er sie nicht mit nach Kosral genommen hatte, damit sie dort beide beim Rettungsversuch eines Vaters starben, der gar biologisch gar nicht Azuras war? Wie musste er sich fühlen mit dem Wissen, dass er gestorben wäre, weil sein einziges Kind einen anderen Mann als Familie vorzog? Welche Schuld lud er sich auf, dass er Corax dieses Schicksal übergeben hatte? Und warum verlor er gerade nicht die Kontrolle?
Kjetell'o drehte den Kopf. Seine Elfensinne waren fein genug, um selbst Madihas verzweifeltes Wipsern zu vernehmen. Er hatte sie gehört. Es hatte nur gedauert, dass er darauf reagierte. Nun schaute er sie an und sie musste erkennen, warum er nicht vor ihr zu einem flammenden Schicksal für die Schattenmuräne wurde. Die Geduld eines Felsens. Die Ruhe tiefer Wälder, die selbst nach einem Waldbrand neu entstehen konnten, weil verbrannte Asche der perfekte Nährboden war. Er ist ruhig. Madiha sah es in Kjetell'os Augen. Auch er besaß den Wunsch, seiner Magie freien Lauf zu lassen, damit sie all die Gefühle mit sich reißen und zu Asche verbrennen könnte. Sie sah es ihm an. Aber ebenso sah sie, dass er das in seinem hohen Alter schon durchgemacht hatte. Wie oft, wusste sie nicht zu sagen, aber ein Wissen sprach aus seinem Blick, dass er sofort erkannte, was sie gerade durchmachte ... und dass er gebrannt hatte. Leben genommen. Mehr Schuld auf sich geladen, weil er alles und jeden dem Feuer überließ. Seine Ruhe war die Kontrolle. Seine Geduld hielt ihn zurück. Er hatte lernen müssen, tiefenentspannt zu sein, besonnen, friedvoll. Denn alles andere bedeutete Zerstörung. Aber Madiha war keine Elfe. Sie besaß nicht genug Jahre, um sich diesen Lebensstil anzueignen. Sie würde vergehen. Sie würde brennen... hier und jetzt. Und mit uns werden sie alle brennen. Auch der Elf, der sich so gut beherrscht. Unser Lehrer. Was hat es ihm gebracht, dass er sich so bemüht hat sein Leben lang, wenn er jetzt durch uns zu einem Haufen Asche verkommt? Seine Spuren auf uns waren nicht stark genug.
Madihas Feuer irrte. Denn jetzt erkannte sie, dass sie eine Verantwortung besaß, an der sie festhalten musste. Jakubs Worte waren direkt wie immer, klar und ... richtig. Wenn sie jetzt brannte, würde auch sie Spuren hinterlassen. Sie würde ganz Celcia verändern, denn ohne die Besatzung der Muräne gäbe es niemanden, der Sarma befreite, sich um die Dunkelelfen und den Drachen kümmerte, von dem Ilmy gesprochen hatte. Ohne sie alle gäbe es keinen Caleb mehr, der darum kämpfen wollte, Andunie und auch Sarma für alle bewohnbar zu machen. Ohne Caleb würde seine Mutter Estelle sicherlich einen Zusammenbruch erleiden. Wer kümmerte sich dann um die Flüchtlingskinder? Welche Spuren hinterließ es auf ... Jivvin? Vielleicht würde sie den Mut verlieren und so emotionslos und gebrochen werden wie Madiha sich nun fühlte? Wie viele würde sie in dieser Haltung doch noch töten? Wie viele Leben nehmen, die Celcia nicht mehr verändern könnten? Die Last einer Rettung Sarmas oder der Tod von Corax lag nicht allein auf Madihas Schultern. Sie alle waren daran beteiligt. Jeder einzelne, hier auf dem Schiff, in Sarma, in Andunie ... überall. Jedes kleine Wort, jede Geste, ja selbst ein Funke am richtigen Ort würde etwas verändern und bewegen. Das bedeutete nicht nur Rettung. Für manche war es das Ende, aber ihre Spuren blieben. Es waren keine Fußstapfen im Sand, in die man dem Sprichwort nach stets zu treten strebte. Wie lachhaft. Spuren im Sand wurden vom Wasser weggespült. Sie verschwanden. Corax' Spuren aber lagen noch auf Madiha, als hätte man sie ihr unter die Haut gestochen. Eingebrannt ... so wie seine Lehren.
Kjetell'o betrachtete Madiha. Sein Blick flackerte, als ihn die Erkenntnis traf, dass sie drohte, eine gefahrvolle Flammenexplosion an Bord zu verursachen. Aber noch ehe er sich in Bewegung setzte, verursachten die Spuren auf Madihas Seele die Veränderung. Seine Spuren, Corax' und Calebs Spuren. Selbs jene von Abbas und Khasib, die die Sklavin so geformt hatten, dass sie bereit war, jedwede Schuld auf sich zu nehmen, um es besser zu machen. Sie alle trugen ihren Teil bei und sie alle bewirkten, dass Madihas Feuer herunterfuhr. Die Flammen in ihr wirbelten nicht länger, formten keine Nova. Sie flackerten herunter, knisterten leise, aber warm. Ja, so musste Feuermagie sein. Nicht zerstörerisch, sondern wärmend. Damit erkaltete Seelen Leben darin fanden.
Madiha würde dieses Leben neu suchen und finden müssen. Im Moment aber genügte es, dass sie erst einmal weitermachte. Unter den gegebenen Umständen war das vollkommen ausreichend und niemand durfte sie für die Art und Weise verurteilen, wie sie mit ihrem aktuellen Schicksal umging. Selbst wenn sie brennen wollte, aber das hatte sie abwenden können. Sie wandelte es um. So wie Corax sein Leid in Glück verwandelt hatte, wollte Madiha die Schuld nun in Verantwortung transformieren. Es ließ ihren Blick bitter wirken ... oder entschlossen. Das musste genügen. Für alles andere musste andere die Verantwortung übernehmen und auch sie taten das, denn auch auf ihnen lagen Spuren.
Kjetell'o trat an sie heran. "Du hast es verhindert." Er nickte ihr zu, konnte sich aber kein Lächeln abringen. "Was soll ich dir noch beibringen?" Er hielt ihr seine Hand entgegen, allerdings nicht, damit sie danach griff. Madiha konnte die Schwärze auf seinem Handteller und den Fingerkuppen sehen. Jetzt lächelte Kjetell'o, allerdings leidlich. Bitter - wie sie. "Wir haben es verhindert", sprach er und musste dann den Blick abwenden. Seine Hand schob er in den Saum seiner Gewandung, damit kein anderer sah, dass auch er das Schiff hätte zu Asche verwandeln können. Dass auch er nahezu so weit gewesen war wie Madiha.
"Entschuldige. Du hast Recht", wandte Madiha sich wie aus dem Nichts heraus an Jakub. Der stand inzwischen wieder neben ihr, zusammen mit Caleb. Er stämmte die Hände in die Hüften und nickte. "Aye, meistens", kommentierte er nur, ohne dabei die Miene zu verziehen. Caleb klatschte ihm dafür auf die Schulter. "Ja und weil du so oft Recht hats, triffst du mal die Entscheidungen, Jakub. Bring das Schiff nach Sarma, ich bin beschäftigt. Oh und ... keiner unter Decke. Kriegst du das hin?"
"Aye, Käpt'n!"
Beide Männer tauschten Blicke. Dann schaute Caleb zu Kjetell'o herüber. "Du darfst unter Deck, wenn du einen Rückzugsort brauchst."
"Nein, ich ... später. Lasst mich Abschied nehmen." Der Blick des Elfen ruhte noch einen Moment auf Madiha. Schließlich trottete er davon und bis an die Reling. Er schaute auf's Meer hinaus, noch immer blass um die Nase, aber wieder in entspannterer Haltung, so wie man Kjetell'o eben kannte. Madiha strömte sein Duft von Vanille und Zitrone in die Nase. Er war intensiver als sonst. Plötzlich aber wurde sie von hinten gepackt und herumgeschwungen. Sie fand sich in Calebs Armen wieder, der sie wie eine Braut trug. Er sagte nichts zu ihr, sondern brachte sie einfach unter Deck. Madiha konnte nichts dagegen tun, bis sie sich auf dem Lager wiederfand, wo noch die Reste der inzwischen kalten Suppe standen. Caleb setzte sie ab, schob Decken und Kissen zusammen und stapelte einige Säcke so, dass sie wie ein schützender, kleiner Wall um das gemachte Nest aufgebaut waren. Er hob Madiha in den Schlafplatz, schlüpfte aus seinen Seefahrerstiefeln und dem Mantel und setzte sich dann zu ihr.
"Ist Umarmen jetzt wieder erlaubt? Ich ... brauch das nun, glaube ich. Nur kurz ... damit wir später wieder Kraft haben und ... für ihn leben können. Ja? Gemeinsam."
Mit der Geschwindigkeit eines Berges, der nach Jahrhunderten bemerkt, dass die Witterung ihm einen Teil abgetreten hatte, wandte Jakub sich um. Er blickte aus diesen strengen, grauen Augen auf Madiha herab, als würde er gleich zuschlagen wollen. Er tat es nicht. Natürlich nicht. So war er nicht ... nicht mehr. Und genau diese Erkenntnis trat ein, noch ehe Jakub sich erklärte: "Du fragst, was es ihm gebracht hat? Er hat ganz Celcia verändert. Ob zum Guten oder Schlechten kann ich nicht sagen. Das weiß vermutlich nur die Zukunft selbst." Sein Blick glitt kurz an Madiha vorbei, herüber zu Caleb, der die beiden inzwischen eingeholt hatte und neben seiner Liebsten zum Stehen kam. Jakub musterte nun beide. "Er hat Spuren hinterlassen, auf jedem von uns." Dann rückte der Maat seine Mütze auf dem Glatzenschädel zurecht und brummte auf. "Ich werde nie wieder einen Bengel anfassen oder schlagen, weil er sich mir verweigert."
"Ich werde keinen Dunkelelfen pauschal verteufeln, nur weil meine Heimat von ihnen angegriffen und erobert worden ist - auch sie hatten Motive, darunter die Hoffnung auf ein besseres Leben. Jeder von ihnen wollte Celcia für sich verändern", meinte Caleb. "Dafür haben sie gekämpft, sind über Leichen gegangen. Er ... Corax ... hat das auch getan. Er hat seine eigene gewählt."
Jakub nickte. "Bist ja doch nicht so'n Taugenichts, Käpt'n." Caleb brummte.
Madiha aber tröstete es nicht. Es nahm ihr nicht die Last der Schuld von den Schultern. Vielleicht brauchte sie Zeit, diese Information zu verarbeiten. Im Moment aber zeigte sich nur, dass sie nicht rational und besonnen denken konnte. Der Schock, der Verlust, waren zu groß. Sie steigerte sich in ihre eigenen Worte herein, in ihre Verzweiflung. Was sollte sie denn nun tun? Und warum hatte all ihr Bemühen nicht gereicht, Corax zu retten? Sie stand unter immensem Druck, der etwas in ihr weckte.
Mach dir Luft. Lass uns alles niederbrennen, was uns schmerzt.
Madihas Blick wanderte von ihren Händen empor und suchte das Schiff nach jenem ab, der ihr gezeigt hatte, die Macht zu nutzen, sich alles von der Seele zu brennen. Sie brauchte ihn, sie spürte es. Nicht sie entfachte ihr Feuer gerade, sondern umgekehrt. Das Element in ihr suchte sich einen eigenen Weg, mit all dem umzugehen. Es brauchte keine stofflichen Dinge, um sich zu nähren, wenn der Schmerz in Madiha bereits brannte. Ihre Seele war Zunder und Stahl. Ihr Feuer tanzte darum, wuchs und wuchs und wollte den Schmerz nach außen tragen. Brennen ... zerstören ... Warum musste denn nur er sterben? Ungerecht. Lass uns alle verbrennen. Alles! Wir entflammen die ganze, verdammte See!
Sie brauchte Kjetell'o und zwar schnell. Sie verlor die Kontrolle. Sie würde entflammen, lichterloh. Erst sie, dann das Schiff und die Besatzung. Ihre Freunde. Sie würden sterben wie Corax und wieder wäre sie Schuld. Sie würde alles vernichten!
"Kjet...", stieß Madiha in verzweifelter Panik hervor. Da entdeckte sie ihn. Das ganze Schiff war wegen ihr in Unruhe geraten. Sie alle hatten sic nur auf Madiha konzentriert. Niemand hatte auf den Shyáner geachtet. Er stand immer noch an Deck, wo die Schreckensbotschaft ihn ereilt hatte. Wo er etwas von Göttern gefaselt und jegliche Farbe aus dem Gesicht verloren hatte. Sein Blick starrte in die weite Leere der See, glanzlos und nicht minder verzweifelt als Madiha. Wieviel Schuld gab er sich, dass er sie nicht mit nach Kosral genommen hatte, damit sie dort beide beim Rettungsversuch eines Vaters starben, der gar biologisch gar nicht Azuras war? Wie musste er sich fühlen mit dem Wissen, dass er gestorben wäre, weil sein einziges Kind einen anderen Mann als Familie vorzog? Welche Schuld lud er sich auf, dass er Corax dieses Schicksal übergeben hatte? Und warum verlor er gerade nicht die Kontrolle?
Kjetell'o drehte den Kopf. Seine Elfensinne waren fein genug, um selbst Madihas verzweifeltes Wipsern zu vernehmen. Er hatte sie gehört. Es hatte nur gedauert, dass er darauf reagierte. Nun schaute er sie an und sie musste erkennen, warum er nicht vor ihr zu einem flammenden Schicksal für die Schattenmuräne wurde. Die Geduld eines Felsens. Die Ruhe tiefer Wälder, die selbst nach einem Waldbrand neu entstehen konnten, weil verbrannte Asche der perfekte Nährboden war. Er ist ruhig. Madiha sah es in Kjetell'os Augen. Auch er besaß den Wunsch, seiner Magie freien Lauf zu lassen, damit sie all die Gefühle mit sich reißen und zu Asche verbrennen könnte. Sie sah es ihm an. Aber ebenso sah sie, dass er das in seinem hohen Alter schon durchgemacht hatte. Wie oft, wusste sie nicht zu sagen, aber ein Wissen sprach aus seinem Blick, dass er sofort erkannte, was sie gerade durchmachte ... und dass er gebrannt hatte. Leben genommen. Mehr Schuld auf sich geladen, weil er alles und jeden dem Feuer überließ. Seine Ruhe war die Kontrolle. Seine Geduld hielt ihn zurück. Er hatte lernen müssen, tiefenentspannt zu sein, besonnen, friedvoll. Denn alles andere bedeutete Zerstörung. Aber Madiha war keine Elfe. Sie besaß nicht genug Jahre, um sich diesen Lebensstil anzueignen. Sie würde vergehen. Sie würde brennen... hier und jetzt. Und mit uns werden sie alle brennen. Auch der Elf, der sich so gut beherrscht. Unser Lehrer. Was hat es ihm gebracht, dass er sich so bemüht hat sein Leben lang, wenn er jetzt durch uns zu einem Haufen Asche verkommt? Seine Spuren auf uns waren nicht stark genug.
Madihas Feuer irrte. Denn jetzt erkannte sie, dass sie eine Verantwortung besaß, an der sie festhalten musste. Jakubs Worte waren direkt wie immer, klar und ... richtig. Wenn sie jetzt brannte, würde auch sie Spuren hinterlassen. Sie würde ganz Celcia verändern, denn ohne die Besatzung der Muräne gäbe es niemanden, der Sarma befreite, sich um die Dunkelelfen und den Drachen kümmerte, von dem Ilmy gesprochen hatte. Ohne sie alle gäbe es keinen Caleb mehr, der darum kämpfen wollte, Andunie und auch Sarma für alle bewohnbar zu machen. Ohne Caleb würde seine Mutter Estelle sicherlich einen Zusammenbruch erleiden. Wer kümmerte sich dann um die Flüchtlingskinder? Welche Spuren hinterließ es auf ... Jivvin? Vielleicht würde sie den Mut verlieren und so emotionslos und gebrochen werden wie Madiha sich nun fühlte? Wie viele würde sie in dieser Haltung doch noch töten? Wie viele Leben nehmen, die Celcia nicht mehr verändern könnten? Die Last einer Rettung Sarmas oder der Tod von Corax lag nicht allein auf Madihas Schultern. Sie alle waren daran beteiligt. Jeder einzelne, hier auf dem Schiff, in Sarma, in Andunie ... überall. Jedes kleine Wort, jede Geste, ja selbst ein Funke am richtigen Ort würde etwas verändern und bewegen. Das bedeutete nicht nur Rettung. Für manche war es das Ende, aber ihre Spuren blieben. Es waren keine Fußstapfen im Sand, in die man dem Sprichwort nach stets zu treten strebte. Wie lachhaft. Spuren im Sand wurden vom Wasser weggespült. Sie verschwanden. Corax' Spuren aber lagen noch auf Madiha, als hätte man sie ihr unter die Haut gestochen. Eingebrannt ... so wie seine Lehren.
Kjetell'o betrachtete Madiha. Sein Blick flackerte, als ihn die Erkenntnis traf, dass sie drohte, eine gefahrvolle Flammenexplosion an Bord zu verursachen. Aber noch ehe er sich in Bewegung setzte, verursachten die Spuren auf Madihas Seele die Veränderung. Seine Spuren, Corax' und Calebs Spuren. Selbs jene von Abbas und Khasib, die die Sklavin so geformt hatten, dass sie bereit war, jedwede Schuld auf sich zu nehmen, um es besser zu machen. Sie alle trugen ihren Teil bei und sie alle bewirkten, dass Madihas Feuer herunterfuhr. Die Flammen in ihr wirbelten nicht länger, formten keine Nova. Sie flackerten herunter, knisterten leise, aber warm. Ja, so musste Feuermagie sein. Nicht zerstörerisch, sondern wärmend. Damit erkaltete Seelen Leben darin fanden.
Madiha würde dieses Leben neu suchen und finden müssen. Im Moment aber genügte es, dass sie erst einmal weitermachte. Unter den gegebenen Umständen war das vollkommen ausreichend und niemand durfte sie für die Art und Weise verurteilen, wie sie mit ihrem aktuellen Schicksal umging. Selbst wenn sie brennen wollte, aber das hatte sie abwenden können. Sie wandelte es um. So wie Corax sein Leid in Glück verwandelt hatte, wollte Madiha die Schuld nun in Verantwortung transformieren. Es ließ ihren Blick bitter wirken ... oder entschlossen. Das musste genügen. Für alles andere musste andere die Verantwortung übernehmen und auch sie taten das, denn auch auf ihnen lagen Spuren.
Kjetell'o trat an sie heran. "Du hast es verhindert." Er nickte ihr zu, konnte sich aber kein Lächeln abringen. "Was soll ich dir noch beibringen?" Er hielt ihr seine Hand entgegen, allerdings nicht, damit sie danach griff. Madiha konnte die Schwärze auf seinem Handteller und den Fingerkuppen sehen. Jetzt lächelte Kjetell'o, allerdings leidlich. Bitter - wie sie. "Wir haben es verhindert", sprach er und musste dann den Blick abwenden. Seine Hand schob er in den Saum seiner Gewandung, damit kein anderer sah, dass auch er das Schiff hätte zu Asche verwandeln können. Dass auch er nahezu so weit gewesen war wie Madiha.
"Entschuldige. Du hast Recht", wandte Madiha sich wie aus dem Nichts heraus an Jakub. Der stand inzwischen wieder neben ihr, zusammen mit Caleb. Er stämmte die Hände in die Hüften und nickte. "Aye, meistens", kommentierte er nur, ohne dabei die Miene zu verziehen. Caleb klatschte ihm dafür auf die Schulter. "Ja und weil du so oft Recht hats, triffst du mal die Entscheidungen, Jakub. Bring das Schiff nach Sarma, ich bin beschäftigt. Oh und ... keiner unter Decke. Kriegst du das hin?"
"Aye, Käpt'n!"
Beide Männer tauschten Blicke. Dann schaute Caleb zu Kjetell'o herüber. "Du darfst unter Deck, wenn du einen Rückzugsort brauchst."
"Nein, ich ... später. Lasst mich Abschied nehmen." Der Blick des Elfen ruhte noch einen Moment auf Madiha. Schließlich trottete er davon und bis an die Reling. Er schaute auf's Meer hinaus, noch immer blass um die Nase, aber wieder in entspannterer Haltung, so wie man Kjetell'o eben kannte. Madiha strömte sein Duft von Vanille und Zitrone in die Nase. Er war intensiver als sonst. Plötzlich aber wurde sie von hinten gepackt und herumgeschwungen. Sie fand sich in Calebs Armen wieder, der sie wie eine Braut trug. Er sagte nichts zu ihr, sondern brachte sie einfach unter Deck. Madiha konnte nichts dagegen tun, bis sie sich auf dem Lager wiederfand, wo noch die Reste der inzwischen kalten Suppe standen. Caleb setzte sie ab, schob Decken und Kissen zusammen und stapelte einige Säcke so, dass sie wie ein schützender, kleiner Wall um das gemachte Nest aufgebaut waren. Er hob Madiha in den Schlafplatz, schlüpfte aus seinen Seefahrerstiefeln und dem Mantel und setzte sich dann zu ihr.
"Ist Umarmen jetzt wieder erlaubt? Ich ... brauch das nun, glaube ich. Nur kurz ... damit wir später wieder Kraft haben und ... für ihn leben können. Ja? Gemeinsam."
- Madiha Al'Sarma
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Re: Schwarze Segel
Fühlte sich so Erwachsenwerden an? War das der Moment, da man erkannte, dass die kindischen Dinge nicht länger akzeptabel waren? Dass Kleinigkeiten keinen Platz mehr hatten, weil man eine lange Liste an Dingen abzuarbeiten begann, die man ‚als Erwachsener halt so machte‘ ? Madiha hatte bewiesen, dass sie stärker war als man ihrer zierlichen Gestalt zutraute. Es war nicht das erste Mal, aber es war wohl das wichtigste Mal. Hätte sie jetzt nicht erkannt, dass sie Verantwortung trug und sich nicht länger unverblümt ihren Gefühlen hingeben durfte, dann wäre die Schattenmuräne und alle auf ihr vermutlich im Feuer vergangen. Sie hätte die Geschichte beendet, die Corax mit seiner Entscheidung in Gang gesetzt hatte. Hätte er sie nicht ziehen lassen, wäre sie in Kosral auf der Suche nach einem Mann, den sie weder kannte noch schätzte. Sie hätte es getan, weil sie immer tat, was man verlangte. Aber sie hätte sich wohl hier und heute nicht entwickelt. Madiha hätte diese wichtige Erfahrung nicht gemacht. Sie war stark. Stark genug, um eine Nova in ihrem Innern aufzuhalten. Und das tat sie nicht, indem sie ihr Feuer einsperrte. Sie erkannte einfach die Auslöser und dass sie nicht länger Kind war. Madiha Al’Sarma war zur erwachsenen Frau geworden und streifte in jenem Moment das weiche Gefieder ab, um starke und lange Federn zu bekommen. Kjetell’o hatte mit sich zu kämpfen, aber er hatte die Gefahr deutlich erkannt, die von ihr ausgehen wollte. Seine Worte aber zeigten Madiha, dass auch er nicht vollkommen war. "Du hast es verhindert." Sie nickte. Ihr Gesicht war glatt und sie wirkte entspannt, aber sie fühlte sich seltsam. Es fehlte ihr das Gefühl, das war jetzt nicht möglich. Sie freute sich nicht über ihren Erfolg. Sie konnte nicht. Sie klammerte sich an das Gefühl der Verantwortung und ließ das Staunen hinter sich. Ihr Feuer folgte ihr, sie blieben im Einklang. Aber Madiha spürte auch, dass es ein wenig an Aufregung fehlte. Sah so also Erwachsenwerden aus? Sie blickte Kjetell’o an, sah Jakub, die anderen ‚Erwachsenen‘. Ja… sie alle waren zu einer gewissen Steife gelangt, die sie wohl Erwachsen machten. Dann aber sah sie zu Caleb. Er hatte sich das Schalkhafte bewahrt, auch wenn er längst Erwachsen war. Aber er war auch oft genug verantwortungslos gewesen und hatte sie nicht selten damit verletzt. Madiha schluckte. Sie sah, was es mit anderen tat, wenn sie nun nicht besonnen reagierte. Sie sah, welche enorme Last es war, dass sie die Versprechungen gegeben hatte. Und sie trug nun die Verantwortung, dass sie jene einhielt. Denn trotz allem, war es Madiha wichtig, was man von ihr hielt. Dass ihre Freunde sie nicht verließen, ihr nicht den Rücken kehrten. Sie wollte niemanden enttäuschen. Sie wollte die bleiben, die sie war – in den Augen der anderen. Aber Madiha fühlte sich seltsam anders. Sie entschuldigte sich bei Jakub für ihren Ausbruch. Man machte es so.
"Aye, meistens" "Ja und weil du so oft Recht hats, triffst du mal die Entscheidungen, Jakub. Bring das Schiff nach Sarma, ich bin beschäftigt. Oh und ... keiner unter Decke. Kriegst du das hin?"
"Aye, Käpt'n!"
Das Geplänkel war vertraut, doch es rang ihr kein Lächeln ab. Sie beobachtete stumm und versuchte ihre neue Seele zu positionieren. Madiha hatte viel zu lernen und das war etwas, auf das sie nicht vorbereitet war. Eben war sie noch voller Staunen gewesen für die Welt unterhalb der Wasseroberfläche, hatte mit Kjetell’o und Caleb gelacht über Liquis‘ Versuche ihre Namen zu sprechen. ‚Madiqa‘ war nicht mehr. Was blieb, war Madiha ohne Nachnamen. Nur Madiha. Die Erwachsene. "Du darfst unter Deck, wenn du einen Rückzugsort brauchst."
"Nein, ich ... später. Lasst mich Abschied nehmen." Ihr Blick flatterte vom Meer zu Kjetell’o. Sie stand eigenartig neben sich, nahm nicht wirklich teil in dieser Konstellation. Sie sah dem Elfen nach, der die Beherrschung ebenso verloren hätte, wie sie. Er trauerte, nahm Abschied. Machte man das so? Man akzeptierte das Unvermeidbare und … nahm Abschied? Vielleicht sollte sie auch Abschied nehmen… von sich selbst. Mit einem Mal wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als sie von Caleb hochgehoben wurde. Madiha hielt sich an seinem Nacken fest und musterte sein Gesicht, das ihrem nun so nahe war. Sie ließ sich schweigsam tragen, hatte das Gefühl sich in einer Art Verzögerung der Zeit zu befinden. Sie ließ sich unter Deck bringen und wartete, bis Caleb ein kleines Nest gezaubert hatte. Hier durfte sie sich ausruhen, aber es gab gar nichts zum Ausruhen. Stille entstand, die ihr unangenehm war. Wieso fühlte sie nichts im Moment? Wieso konnte sie ihr Herz nicht wieder erwärmen? Ihr Feuer war da… sie hatte es nicht eingeschlossen. Aber es war nicht der richtige Zünder, um das erkaltete Herz neu zu entfachen. "Ist Umarmen jetzt wieder erlaubt? Ich ... brauch das nun, glaube ich. Nur kurz ... damit wir später wieder Kraft haben und ... für ihn leben können. Ja? Gemeinsam." Madiha’s Blaugrau blickte zu Caleb und versuchte die Gefühle für ihn heraufzubeschwören. Vielleicht war es auch noch der Schock, aber irgendwie… warum war alles anders plötzlich? Reichlich verzögert fiel Madiha ein, dass Caleb ihr eine Frage gestellt hatte. Sie zuckte und nickte „Natürlich“, sagte sie und schloss ihn in ihre Arme. Man machte das so, man war nicht unhöflich. Anfänglich war Madiha steif und mehr mechanisch als anschmiegsam. Sie umarmte ihn, weil er sie gebeten hatte. Es musste sich eigenartig anfühlen. Sie selbst starrte an die dunkle Innenwand des Schiffbauchs und atmete kaum. Sie war angespannt und wusste sich nicht zu verhalten.
Doch als sie endlich die Wärme von außen, die Wärme von Caleb, erreichte, wurde Madiha endlich gelöster. Sie drückte sich enger an ihn, er konnte spüren, wie sie langsam aufwachte. Sie drehte ihren Kopf, schloss die Augen und vergrub ihre kühle Nasenspitze an seinem Hals. Sie holte tief Luft, begann wieder mehr zu atmen. Sie tauchte aus ihrer gefühllosen Starre auf und plötzlich rollten die Tränen in seinen Nacken. Sie wurde geschüttelt und weinte. Sie ließ die Tränen rollen und schämte sich nicht. Nicht bei Caleb. Bei ihm durfte sie Madiha sein. Madiha, die über kleine Dinge staunte. Madiha, die sich über das Blatt im Wind freuen konnte. Madiha, die doch nur ein Mädchen war, das das Leben lieben wollte… Aber Madiha spürte, dass sie das nicht mehr für alle anderen sein konnte. Sie schniefte und löste sich von Caleb nach einem Moment. Eilig wischte sie sich mit dem Ärmel ihrer Tunika über die nassen Wangen und auch die Nase wischte sie ab. Dann versiegten die Tränen wieder. Sie war Erwachsen geworden. „Wir werden nicht aufgeben. Ich verspreche es… Er soll nicht umsonst gestorben sein, wie Jakub sagt. Ich verspreche es… Ich verspreche, dass ich das schaffe, dass ich nicht zur Gefahr werde. Ich habe mich im Griff… ich verspreche es… Ihr braucht keine Angst zu haben und ich verspreche, ich lasse niemanden im Stich… Ich verspreche dir, dass wir das gemeinsam machen…“, geriet sie in eine Art Gebet. Sie war nicht dieselbe, aber sie bemühte sich, ihren Weg wieder zu finden. Sie war noch nicht verloren... sie war nur... Erwachsen geworden.
"Aye, meistens" "Ja und weil du so oft Recht hats, triffst du mal die Entscheidungen, Jakub. Bring das Schiff nach Sarma, ich bin beschäftigt. Oh und ... keiner unter Decke. Kriegst du das hin?"
"Aye, Käpt'n!"
Das Geplänkel war vertraut, doch es rang ihr kein Lächeln ab. Sie beobachtete stumm und versuchte ihre neue Seele zu positionieren. Madiha hatte viel zu lernen und das war etwas, auf das sie nicht vorbereitet war. Eben war sie noch voller Staunen gewesen für die Welt unterhalb der Wasseroberfläche, hatte mit Kjetell’o und Caleb gelacht über Liquis‘ Versuche ihre Namen zu sprechen. ‚Madiqa‘ war nicht mehr. Was blieb, war Madiha ohne Nachnamen. Nur Madiha. Die Erwachsene. "Du darfst unter Deck, wenn du einen Rückzugsort brauchst."
"Nein, ich ... später. Lasst mich Abschied nehmen." Ihr Blick flatterte vom Meer zu Kjetell’o. Sie stand eigenartig neben sich, nahm nicht wirklich teil in dieser Konstellation. Sie sah dem Elfen nach, der die Beherrschung ebenso verloren hätte, wie sie. Er trauerte, nahm Abschied. Machte man das so? Man akzeptierte das Unvermeidbare und … nahm Abschied? Vielleicht sollte sie auch Abschied nehmen… von sich selbst. Mit einem Mal wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als sie von Caleb hochgehoben wurde. Madiha hielt sich an seinem Nacken fest und musterte sein Gesicht, das ihrem nun so nahe war. Sie ließ sich schweigsam tragen, hatte das Gefühl sich in einer Art Verzögerung der Zeit zu befinden. Sie ließ sich unter Deck bringen und wartete, bis Caleb ein kleines Nest gezaubert hatte. Hier durfte sie sich ausruhen, aber es gab gar nichts zum Ausruhen. Stille entstand, die ihr unangenehm war. Wieso fühlte sie nichts im Moment? Wieso konnte sie ihr Herz nicht wieder erwärmen? Ihr Feuer war da… sie hatte es nicht eingeschlossen. Aber es war nicht der richtige Zünder, um das erkaltete Herz neu zu entfachen. "Ist Umarmen jetzt wieder erlaubt? Ich ... brauch das nun, glaube ich. Nur kurz ... damit wir später wieder Kraft haben und ... für ihn leben können. Ja? Gemeinsam." Madiha’s Blaugrau blickte zu Caleb und versuchte die Gefühle für ihn heraufzubeschwören. Vielleicht war es auch noch der Schock, aber irgendwie… warum war alles anders plötzlich? Reichlich verzögert fiel Madiha ein, dass Caleb ihr eine Frage gestellt hatte. Sie zuckte und nickte „Natürlich“, sagte sie und schloss ihn in ihre Arme. Man machte das so, man war nicht unhöflich. Anfänglich war Madiha steif und mehr mechanisch als anschmiegsam. Sie umarmte ihn, weil er sie gebeten hatte. Es musste sich eigenartig anfühlen. Sie selbst starrte an die dunkle Innenwand des Schiffbauchs und atmete kaum. Sie war angespannt und wusste sich nicht zu verhalten.
Doch als sie endlich die Wärme von außen, die Wärme von Caleb, erreichte, wurde Madiha endlich gelöster. Sie drückte sich enger an ihn, er konnte spüren, wie sie langsam aufwachte. Sie drehte ihren Kopf, schloss die Augen und vergrub ihre kühle Nasenspitze an seinem Hals. Sie holte tief Luft, begann wieder mehr zu atmen. Sie tauchte aus ihrer gefühllosen Starre auf und plötzlich rollten die Tränen in seinen Nacken. Sie wurde geschüttelt und weinte. Sie ließ die Tränen rollen und schämte sich nicht. Nicht bei Caleb. Bei ihm durfte sie Madiha sein. Madiha, die über kleine Dinge staunte. Madiha, die sich über das Blatt im Wind freuen konnte. Madiha, die doch nur ein Mädchen war, das das Leben lieben wollte… Aber Madiha spürte, dass sie das nicht mehr für alle anderen sein konnte. Sie schniefte und löste sich von Caleb nach einem Moment. Eilig wischte sie sich mit dem Ärmel ihrer Tunika über die nassen Wangen und auch die Nase wischte sie ab. Dann versiegten die Tränen wieder. Sie war Erwachsen geworden. „Wir werden nicht aufgeben. Ich verspreche es… Er soll nicht umsonst gestorben sein, wie Jakub sagt. Ich verspreche es… Ich verspreche, dass ich das schaffe, dass ich nicht zur Gefahr werde. Ich habe mich im Griff… ich verspreche es… Ihr braucht keine Angst zu haben und ich verspreche, ich lasse niemanden im Stich… Ich verspreche dir, dass wir das gemeinsam machen…“, geriet sie in eine Art Gebet. Sie war nicht dieselbe, aber sie bemühte sich, ihren Weg wieder zu finden. Sie war noch nicht verloren... sie war nur... Erwachsen geworden.
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Re: Schwarze Segel
Madiha wunderte sich, ob sie nun erwachsen geworden war. Dass bei ihr diese Frage aufkam, war nicht abwegig. Sie spürte ... nichts mehr in sich. Sie versuchte, weiterhin stark zu sein, ihre Pflichten zu erfüllen und sie wollte sich bemühen, um das Beste aus sich herauszuholen. Für andere, für das Wohl Celcias. Sie wollte weiterhin etwas bewegen, aber gleichzeitig spürte sie auch, dass in ihr etwas fehlte. Nicht nur Corax war gerade gestorben. Er hatte etwas mitgenommen, einen Teil von ihr, den sie auch sehr selten bei Erwachsenen sah. Diese waren stets ernst, manchen haftete gar eine Bitterkeit anheim, dass man zwischen Furcht und Mitleid hin- und hergerissen war. Ihnen fehlte ein kindlicher Glanz, eine naive und vertrauensvolle Weltansicht, bei der das Gute eines jeden Menschen, Elfen oder anderen Wesens immer im Vordergrund stand. Musste man diese Haltung verlieren, um erwachsen zu werden? Und musste man ... Freunde verlieren, um diese Haltung zu entwickeln? Als Caleb nach Andunie und ins Haus seiner Eltern zurückgekehrt war, hatte auch ihn ein Ernst erfasst, den Madiha so vorher nicht von ihm kannte. Als er erfahren hatte, dass sein Vater Gregor längst verstorben war und er sich nie von Angesichts zu Angesicht mit ihm würde versöhnen können. Scheinbar stimmte es. Der Tod eines anderen schien notwendig zu sein, damit man seine Kindheit ablegte, erwachsen wurde und endlich Verantwortung übernahm.
Auch diese Information war auf eine bittere Art und Weise niederschmetternd. So sehr, dass Madiha die Knie weich wurden. Sie versuchte, es zu ignorieren. Sie versuchte, sie an den Aufgaben festzuhalten, die vor ihr standen. Sarma musste erreicht, von der dunklen Armee befreit, vor einem Drachen gerettet werden. Am Ende aber stellte sie fest, dass ihre Beine sie nicht mehr tragen konnten. Dass es Caleb war, an dem sie festhielt, denn er schleppte sie unter Deck. Madiha wehrte sich nicht. Schweigend gelangten sie an den auserkorenen Schlafplatz, den der Kapitän so gemütlich wie möglich für sie herrichtete. Dann endlich, als sie beide in dem Nest saßen und er nach einer Umarmung fragte, die er auch bewilligt bekam, gelang es Madihas rastlosem Körper, sich zumindest die Möglichkeit zu betrachten, für eine Weile Ruhe zu finden. Caleb war noch immer ihr Anker, ihr Fels in der Brandung. Sie würde sich immer an ihm anlehnen können, solange er lebte. Und er schlug ihr vor, zu leben. Gemeinsam, für Corax. Damit sein Tod nicht umsonst gewesen wäre.
Langsam fiel eine Schwere von ihr ab. Vielleicht käme sie wieder, sobald Madiha erneut an Deck müsste, um sich der Welt zu stellen. Hier im Zufluchtsort und in Calebs Armen aber durfte sie alles vergessen. Sie durfte die Schwere ablegen und nur sie selbst sein. Noch schaffte sie es nicht, aber ihr Dieb erwartete es auch nicht von ihr. Er saß einfach nur da, hielt sie umschlungen und ließ zu, dass sie in ihrem Tempo entschied, wie weit der Schock sich von ihr löste. Es geschah langsam, aber Caleb gab ihr die Zeit. Seine geduldige Nähe, seine Ruhe waren es, die ihr halfen, die auferlegten Fesseln zu lösen. Nach und nach taute Madiha aus der Schockstarre auf, die Corax' Nichterscheinen und die Schlussfolgerung daraus ausgelöst hatten. Sie vergoss einzelne Tränen und auch wenn es schmerzte, fühlte es sich zugleich ein wenig befreiend an. Wie der erste Atemzug, wenn man lange Zeit bewusstlos gewesen war und plötzlich den eigenen Körper wieder spürte. Wenn das Leben einen auf schmerzliche Weise erinnerte, dass man weiterkämpfen sollte.
Caleb erwartete nich, dass Madiha sich jetzt schon wieder zurück auf's Schlachtfeld begab. Er erwartete nichts von ihr, im Gegenteil. Er war es, der versuchte, ihre Erwartungen zu erfüllen. Als Freund, als Liebhaber, als derjenige, dem sie ihr Herz geschenkt hatte. In guten wie in schlechten Zeiten, das versprachen sich Liebespaare unter den Augen der Götter. Madiha und Caleb hatten sich nicht zur Ehe entschlossen, auch wenn sie bereits einen Ring von ihm trug. Aber ihre Herzen schlugen im Einklang und da Madihas gerade etwas aus dem Takt geraten war, bemühte sich Calebs umso mehr, die Harmonie wieder herbei zu führen.
Ohhh ... er ist so schön warm. Anders als ich ... geworden bin. Ich wollte vor Wut brennen, über all die Ungerechtigkeit. Und jeztt fühle ich mich, als sei ich nur noch ein Funke, der auf dem letzten Stück Glut um's Überleben kämpft, aber nicht einmal mehr die Kraft zum Leuchten hat. Und da ist er, der Stein von einem Magier! So warm ... so viel Feuer ... schööön... Ihre Elementarmagie nahm Calebs Körperwärme nur allzu herzlich auf, schmiegte sich daran und schaffte es, dass auch in Madihas Glieder ein wenig Wärme zurückkehrte. Für ihr Herz reichte es vielleicht noch nicht, aber ihre Glieder glitten durch Calebs Nähe langsam zurück aus ihrer gefühllosen Benommenheit. Sie würde zugeben müssen, dass es schön war, in seinen Armen zu liegen.
Caleb erkannte das und machte nun nicht Halt. Auch wenn er ihr Zeit gab, so wollte er noch mehr tun. Denn Zeit allein reichte nicht immer, um Wunden zu heilen. Es brauchte auch Liebe, die Nähe von Vertrautem. Eine Spur Halt.
"Wir werden nicht aufgeben. Ich verspreche es ... Er soll nicht umsonst gestorben sein, wie Jakub sagt. Ich verspreche es ... Ich verspreche, dass ich das schaffe, dass ich nicht zur Gefahr werde. Ich habe mich im Griff ... ich verspreche es ... Ihr braucht keine Angst zu haben und ich verspreche, ich lasse niemanden im Stich ... Ich verspreche dir, dass wihr das gemeinsam machen..."
"Madiha..." Caleb hatte sie ausreden lassen. Er hatte ihr zugehört, aber als sich die Worte wie ein Mantra zu wiederholen begannen, lenkte er ein. Seine Hand griff unter ihr Kinn, sanft mit rauen Fingern. Er drehte ihr Gesicht in seine Richtung, noch während sie vor sich hin plapperte. Dann küsste er sie, unschuldig, warm. In ihrem Inneren frohlockte das Feuer kurz, brannte für die Dauer des Kusses heller und zog sich dann zurück, denn auch ihre elementaren Mächte schienen wie ausgelaugt, obwohl sie diese gar nicht zum Ausbruch gebracht hatte. Calebs Lippen lösten sich von ihren. "Du brauchst es nicht versprechen. Ich weiß auch so, dass du das tun wirst. Wir werden es tun. Später." Wieder küsste er sie, dieses Mal etwas inniger. Seine Hand ließ ihr Kinn los, strich an ihrem Hals entlang bis zum Ohr. Dort woben sich die Finger in ihre Haare, streichelten und zerteilten diese. Er schob sich zu ihrem Nacken, kraulte sie dort in sanften Kreisen, bevor er langsam an ihrer Wirbelsäule entlang bis zum Steiß glitt und wieder empor. Er strich über ihre Arme, ihre Wange. Caleb berührte sie überall und doch so voller Unschuld, dass man ihm unter keinen Umständen vorwerfen könnte, sie nun verführen zu wollen. Das hatte er nicht im Sinn. Weder seine Küsse, noch seine Zärtlichkeiten sollten Madiha dazu verleiten. Es war Beistand, Trost, Liebe. Auch er ließ sie nicht im Stich. Stattdessen setzte er die Zärtlichkeiten so lange fort, bis sie Madiha einlullten. Vielleicht bracht sich auch ihre Erschöpfung endlich Bahn. Sie bekam kaum mehr mit, dass Manthala ihre Arme ausbreitete, um sie in ihrem Reich zu empfangen. Dort zündete sie Lichter an, damit Madihas Seele nicht vollends in Schwärze versank ... und dann träumte sie.
Wirre Bilder spielten sich vor ihren Augen ab. Sie stand inmitten eines Dickicht. Sträucher umringten sie überall, so dass sie weder den Himmel, noch den Boden sehen konnte. Dafür erkannte sie, dass keine Blätter am Geäst hingen, sondern Dutzende schwarzer Federn. Sie raschelten, wann immer der Wind sich in ihnen verfing. Aber sie erkannte auch Krabbelgetier darin. Winzige Spinnen woben Girlanden aus Silber, um das Federdickicht zu schmücken. Plötzlich riss es aus, als ein Blitz die gesamte Umgebung erhellte. Die Federn stoben davon, wurden vom Wind fortgetragen wie Herbstlaub. Zurück blieb ein schwarz glänzender Himmel, aus dem ein Krater aus Blitzen zuckte. Grün waren sie und vertelten sich nun ebenfalls wie das Geäst vieler Zweige. Jeder Arm strahlte in einer hellgiftigen Farbe und pulsierte über die Schwärze, in der Madiha sich wiederfand. Im Traum spürte sie keine Schmerzen und doch ließ Manthala ihr das Wissen zuteil werden, dass die Blitze Pein verursachten. Dann schrie jemand. War es eine Eule? Eine Nebelkrähe? Corax?
Schließlich setzte Regen ein. Erst langsam wie die Tränen, die sie an Calebs Hals vergossen hatte. Sekunden später aber prasselte das Nass regelrecht auf die Umgebung herab. Es schwemmte die giftgrünen Blitzadern fort, hinterließ Narben, die sich über eine durch sarmaer Herkunft geprägte Haut wanden. Sie glitten unter blaugraugen Seen entlang, die tiefschwarze Inseln besaßen. Madiha konnte sie betrachten und dann schwenkte die gesamte Perspektive um. Sie war die Seen. Es waren ihre Augen und mit ihnen schaute sie nun ihr Gegenüber an. Juwelen waren es, zwei an der Zahl. Eigentlich sollten sie Rot sein. Rubine besaßen nicht die Farbe von Smaragden, aber auch diese Edelsteine schimmerten nicht so ... grell. Das Rot wurde von einem giftigen Grün umrahmt, das fast schon an Galle erinnerte. Perlen aus salzigem Wasser - Tränen? Schweiß? - rannen an dem Augenpaar vorbei. Dann hörte sie eine verloren geglaubte, viel zu vertraute Stimme. Nur die Sprache verstand sie nicht. "Ich höre dich ... Ich komme ... ich bin unterwegs ... bald ... ich werde hier nicht ... sterben ... ich versuch's ... Hab Geduld ... Es wird alles gut"
Corax' Stimme in diesem wohlwollenden, fast quirligen Klang der genutzten Sprache zu vernehmen, kitzelte etwas in ihr. Glockenhell, warm und rein, aber es reichte nicht, es hervorzurufen. Denn Stimme, Augen und der Traum selbst schwanden. Sie wichen dem unsteten Wimmern und Schluchzen aus der Realität. Und als Madiha für einen Moment die Augen aufschlug, um einen schlaftrunkenen Blick in ihre Umgebung zu werfen, da erkannte sie am Rand des kuschligen Nestes, in dem sie mit Caleb lag, eine Gestalt. Gram gebeugt saß er da, die Arme um sich selbst geschlungen, das nussbraune Haar offen und wie ein Vorhang vor sein Gesicht geworfen, dass nur die Spitzohren an den gefärbten Strähnchen vorbei herauslugten, wo er Perlen und kleine Holzkugeln in sein Haar geflochten hatte. Er weinte. Er winselte und trauerte. Der Duft von Zitrone und Vanille erreichte Madiha, ehe die Müdigkeit sie erneut übermannte und Schlaf sie wieder umfing, dieses Mal traumlos.
Als sie das zweite Mal erwachte, hing ein anderes Aroma in der Luft. Tee, die sanfte Note von andunischem Apfeltee mit einer Spur Zimt. Caleb hatte kein heißes Wasser geholt. Er lag unverändert an ihrer Seite, schnarchte ganz leise, aber ruhig. Ein Arm diente Madiha als Stütze, der andere hing locker über seinen Bauch. Und ein Stück abseits vom Nest, in Richtung von Calebs ausgestrecktem Fuß, saß Kjetell'o auf einer der Seekisten. Vor ihm am Boden stand eine Kanne, aus der Dampf aufstieg. In Händen hielt er eine ebenfalls dampfende Tasse, die er soeben zum Mund führte. Als er bemerkte, dass Madiha sich langsam regte, schaute er direkt zu ihr herüber. Er lächelte matt und tapfer. Doch die geröteten Augen konnten nicht verbergen, wie er sich beschäftigt haben mochte, anstatt genug Schlaf zu finden. "Wie geht es dir?", fragte er dennoch mit seiner üblichen Freundlichkeit. "Möchtest du etwas Tee? Ich konnte sogar Zimt stibitzen." Dann seufzte er und schaute wieder in die Tiefe seiner Tasse hinein. Jeder von ihnen versuchte, weiterzumachen, erwachsen zu sein. Keiner von ihnen wollte dabei verlieren, was bei Madiha vor dem Schlafengehen und vielleicht immer noch tief begraben lag. Sie alle kämpften, jeder auf seine Weise.
Auch diese Information war auf eine bittere Art und Weise niederschmetternd. So sehr, dass Madiha die Knie weich wurden. Sie versuchte, es zu ignorieren. Sie versuchte, sie an den Aufgaben festzuhalten, die vor ihr standen. Sarma musste erreicht, von der dunklen Armee befreit, vor einem Drachen gerettet werden. Am Ende aber stellte sie fest, dass ihre Beine sie nicht mehr tragen konnten. Dass es Caleb war, an dem sie festhielt, denn er schleppte sie unter Deck. Madiha wehrte sich nicht. Schweigend gelangten sie an den auserkorenen Schlafplatz, den der Kapitän so gemütlich wie möglich für sie herrichtete. Dann endlich, als sie beide in dem Nest saßen und er nach einer Umarmung fragte, die er auch bewilligt bekam, gelang es Madihas rastlosem Körper, sich zumindest die Möglichkeit zu betrachten, für eine Weile Ruhe zu finden. Caleb war noch immer ihr Anker, ihr Fels in der Brandung. Sie würde sich immer an ihm anlehnen können, solange er lebte. Und er schlug ihr vor, zu leben. Gemeinsam, für Corax. Damit sein Tod nicht umsonst gewesen wäre.
Langsam fiel eine Schwere von ihr ab. Vielleicht käme sie wieder, sobald Madiha erneut an Deck müsste, um sich der Welt zu stellen. Hier im Zufluchtsort und in Calebs Armen aber durfte sie alles vergessen. Sie durfte die Schwere ablegen und nur sie selbst sein. Noch schaffte sie es nicht, aber ihr Dieb erwartete es auch nicht von ihr. Er saß einfach nur da, hielt sie umschlungen und ließ zu, dass sie in ihrem Tempo entschied, wie weit der Schock sich von ihr löste. Es geschah langsam, aber Caleb gab ihr die Zeit. Seine geduldige Nähe, seine Ruhe waren es, die ihr halfen, die auferlegten Fesseln zu lösen. Nach und nach taute Madiha aus der Schockstarre auf, die Corax' Nichterscheinen und die Schlussfolgerung daraus ausgelöst hatten. Sie vergoss einzelne Tränen und auch wenn es schmerzte, fühlte es sich zugleich ein wenig befreiend an. Wie der erste Atemzug, wenn man lange Zeit bewusstlos gewesen war und plötzlich den eigenen Körper wieder spürte. Wenn das Leben einen auf schmerzliche Weise erinnerte, dass man weiterkämpfen sollte.
Caleb erwartete nich, dass Madiha sich jetzt schon wieder zurück auf's Schlachtfeld begab. Er erwartete nichts von ihr, im Gegenteil. Er war es, der versuchte, ihre Erwartungen zu erfüllen. Als Freund, als Liebhaber, als derjenige, dem sie ihr Herz geschenkt hatte. In guten wie in schlechten Zeiten, das versprachen sich Liebespaare unter den Augen der Götter. Madiha und Caleb hatten sich nicht zur Ehe entschlossen, auch wenn sie bereits einen Ring von ihm trug. Aber ihre Herzen schlugen im Einklang und da Madihas gerade etwas aus dem Takt geraten war, bemühte sich Calebs umso mehr, die Harmonie wieder herbei zu führen.
Ohhh ... er ist so schön warm. Anders als ich ... geworden bin. Ich wollte vor Wut brennen, über all die Ungerechtigkeit. Und jeztt fühle ich mich, als sei ich nur noch ein Funke, der auf dem letzten Stück Glut um's Überleben kämpft, aber nicht einmal mehr die Kraft zum Leuchten hat. Und da ist er, der Stein von einem Magier! So warm ... so viel Feuer ... schööön... Ihre Elementarmagie nahm Calebs Körperwärme nur allzu herzlich auf, schmiegte sich daran und schaffte es, dass auch in Madihas Glieder ein wenig Wärme zurückkehrte. Für ihr Herz reichte es vielleicht noch nicht, aber ihre Glieder glitten durch Calebs Nähe langsam zurück aus ihrer gefühllosen Benommenheit. Sie würde zugeben müssen, dass es schön war, in seinen Armen zu liegen.
Caleb erkannte das und machte nun nicht Halt. Auch wenn er ihr Zeit gab, so wollte er noch mehr tun. Denn Zeit allein reichte nicht immer, um Wunden zu heilen. Es brauchte auch Liebe, die Nähe von Vertrautem. Eine Spur Halt.
"Wir werden nicht aufgeben. Ich verspreche es ... Er soll nicht umsonst gestorben sein, wie Jakub sagt. Ich verspreche es ... Ich verspreche, dass ich das schaffe, dass ich nicht zur Gefahr werde. Ich habe mich im Griff ... ich verspreche es ... Ihr braucht keine Angst zu haben und ich verspreche, ich lasse niemanden im Stich ... Ich verspreche dir, dass wihr das gemeinsam machen..."
"Madiha..." Caleb hatte sie ausreden lassen. Er hatte ihr zugehört, aber als sich die Worte wie ein Mantra zu wiederholen begannen, lenkte er ein. Seine Hand griff unter ihr Kinn, sanft mit rauen Fingern. Er drehte ihr Gesicht in seine Richtung, noch während sie vor sich hin plapperte. Dann küsste er sie, unschuldig, warm. In ihrem Inneren frohlockte das Feuer kurz, brannte für die Dauer des Kusses heller und zog sich dann zurück, denn auch ihre elementaren Mächte schienen wie ausgelaugt, obwohl sie diese gar nicht zum Ausbruch gebracht hatte. Calebs Lippen lösten sich von ihren. "Du brauchst es nicht versprechen. Ich weiß auch so, dass du das tun wirst. Wir werden es tun. Später." Wieder küsste er sie, dieses Mal etwas inniger. Seine Hand ließ ihr Kinn los, strich an ihrem Hals entlang bis zum Ohr. Dort woben sich die Finger in ihre Haare, streichelten und zerteilten diese. Er schob sich zu ihrem Nacken, kraulte sie dort in sanften Kreisen, bevor er langsam an ihrer Wirbelsäule entlang bis zum Steiß glitt und wieder empor. Er strich über ihre Arme, ihre Wange. Caleb berührte sie überall und doch so voller Unschuld, dass man ihm unter keinen Umständen vorwerfen könnte, sie nun verführen zu wollen. Das hatte er nicht im Sinn. Weder seine Küsse, noch seine Zärtlichkeiten sollten Madiha dazu verleiten. Es war Beistand, Trost, Liebe. Auch er ließ sie nicht im Stich. Stattdessen setzte er die Zärtlichkeiten so lange fort, bis sie Madiha einlullten. Vielleicht bracht sich auch ihre Erschöpfung endlich Bahn. Sie bekam kaum mehr mit, dass Manthala ihre Arme ausbreitete, um sie in ihrem Reich zu empfangen. Dort zündete sie Lichter an, damit Madihas Seele nicht vollends in Schwärze versank ... und dann träumte sie.
Wirre Bilder spielten sich vor ihren Augen ab. Sie stand inmitten eines Dickicht. Sträucher umringten sie überall, so dass sie weder den Himmel, noch den Boden sehen konnte. Dafür erkannte sie, dass keine Blätter am Geäst hingen, sondern Dutzende schwarzer Federn. Sie raschelten, wann immer der Wind sich in ihnen verfing. Aber sie erkannte auch Krabbelgetier darin. Winzige Spinnen woben Girlanden aus Silber, um das Federdickicht zu schmücken. Plötzlich riss es aus, als ein Blitz die gesamte Umgebung erhellte. Die Federn stoben davon, wurden vom Wind fortgetragen wie Herbstlaub. Zurück blieb ein schwarz glänzender Himmel, aus dem ein Krater aus Blitzen zuckte. Grün waren sie und vertelten sich nun ebenfalls wie das Geäst vieler Zweige. Jeder Arm strahlte in einer hellgiftigen Farbe und pulsierte über die Schwärze, in der Madiha sich wiederfand. Im Traum spürte sie keine Schmerzen und doch ließ Manthala ihr das Wissen zuteil werden, dass die Blitze Pein verursachten. Dann schrie jemand. War es eine Eule? Eine Nebelkrähe? Corax?
Schließlich setzte Regen ein. Erst langsam wie die Tränen, die sie an Calebs Hals vergossen hatte. Sekunden später aber prasselte das Nass regelrecht auf die Umgebung herab. Es schwemmte die giftgrünen Blitzadern fort, hinterließ Narben, die sich über eine durch sarmaer Herkunft geprägte Haut wanden. Sie glitten unter blaugraugen Seen entlang, die tiefschwarze Inseln besaßen. Madiha konnte sie betrachten und dann schwenkte die gesamte Perspektive um. Sie war die Seen. Es waren ihre Augen und mit ihnen schaute sie nun ihr Gegenüber an. Juwelen waren es, zwei an der Zahl. Eigentlich sollten sie Rot sein. Rubine besaßen nicht die Farbe von Smaragden, aber auch diese Edelsteine schimmerten nicht so ... grell. Das Rot wurde von einem giftigen Grün umrahmt, das fast schon an Galle erinnerte. Perlen aus salzigem Wasser - Tränen? Schweiß? - rannen an dem Augenpaar vorbei. Dann hörte sie eine verloren geglaubte, viel zu vertraute Stimme. Nur die Sprache verstand sie nicht. "Ich höre dich ... Ich komme ... ich bin unterwegs ... bald ... ich werde hier nicht ... sterben ... ich versuch's ... Hab Geduld ... Es wird alles gut"
Corax' Stimme in diesem wohlwollenden, fast quirligen Klang der genutzten Sprache zu vernehmen, kitzelte etwas in ihr. Glockenhell, warm und rein, aber es reichte nicht, es hervorzurufen. Denn Stimme, Augen und der Traum selbst schwanden. Sie wichen dem unsteten Wimmern und Schluchzen aus der Realität. Und als Madiha für einen Moment die Augen aufschlug, um einen schlaftrunkenen Blick in ihre Umgebung zu werfen, da erkannte sie am Rand des kuschligen Nestes, in dem sie mit Caleb lag, eine Gestalt. Gram gebeugt saß er da, die Arme um sich selbst geschlungen, das nussbraune Haar offen und wie ein Vorhang vor sein Gesicht geworfen, dass nur die Spitzohren an den gefärbten Strähnchen vorbei herauslugten, wo er Perlen und kleine Holzkugeln in sein Haar geflochten hatte. Er weinte. Er winselte und trauerte. Der Duft von Zitrone und Vanille erreichte Madiha, ehe die Müdigkeit sie erneut übermannte und Schlaf sie wieder umfing, dieses Mal traumlos.
Als sie das zweite Mal erwachte, hing ein anderes Aroma in der Luft. Tee, die sanfte Note von andunischem Apfeltee mit einer Spur Zimt. Caleb hatte kein heißes Wasser geholt. Er lag unverändert an ihrer Seite, schnarchte ganz leise, aber ruhig. Ein Arm diente Madiha als Stütze, der andere hing locker über seinen Bauch. Und ein Stück abseits vom Nest, in Richtung von Calebs ausgestrecktem Fuß, saß Kjetell'o auf einer der Seekisten. Vor ihm am Boden stand eine Kanne, aus der Dampf aufstieg. In Händen hielt er eine ebenfalls dampfende Tasse, die er soeben zum Mund führte. Als er bemerkte, dass Madiha sich langsam regte, schaute er direkt zu ihr herüber. Er lächelte matt und tapfer. Doch die geröteten Augen konnten nicht verbergen, wie er sich beschäftigt haben mochte, anstatt genug Schlaf zu finden. "Wie geht es dir?", fragte er dennoch mit seiner üblichen Freundlichkeit. "Möchtest du etwas Tee? Ich konnte sogar Zimt stibitzen." Dann seufzte er und schaute wieder in die Tiefe seiner Tasse hinein. Jeder von ihnen versuchte, weiterzumachen, erwachsen zu sein. Keiner von ihnen wollte dabei verlieren, was bei Madiha vor dem Schlafengehen und vielleicht immer noch tief begraben lag. Sie alle kämpften, jeder auf seine Weise.
- Madiha Al'Sarma
- Celcia-Team
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Re: Schwarze Segel
"Madiha..." als er ihren Namen nannte, schlug sie den Blick nieder und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Gesicht. Er hob ihr Kinn wieder an und sie hob den Blick erneut. Er neigte sich vor und küsste sie, was ihrem Feuer wahrlich gefiel. Es sehnte sich nach dieser Art von Zuneigung. Nach Wärme, denn bei Madiha bekam es im Moment nicht wirklich viel. Aber das Mädchen war auch nicht mehr sie selbst. Es musste sich wohl jetzt an sie gewöhnen, obwohl sie sich erst vor kurzem kennengelernt hatten. Madiha erwiderte den ersten Kuss nicht. Zu sehr stand sie noch neben sich, lief sich selbst hinterher und versuchte sich einzuholen. Madiha schloss auch nicht die Augen, um den Moment zu genießen. Caleb hatte wahrlich ein schweres Los gezogen. Er musste für sie da sein, weil sie sich nicht zusammennehmen konnte. Madiha schluckte. Wo war ihr Verantwortungsbewusstsein? Auch er trauerte. Aber sie machte es ihm gerade unmöglich. Wieder wollte Madiha die Augen niederschlagen, aber er verhinderte es. Caleb küsste sie abermals, ehe er sie zu streicheln begann. Seine Berührungen schmeichelten ihrer Seele, machten sie weich und anschmiegsam. Das Feuer in ihr knisterte zufrieden, ließ sich einlullen und tatsächlich erwärmen. Madiha brauchte einen Moment, doch schließlich führte Caleb’s Hartnäckigkeit dazu, dass sie sich endlich auf ihn einließ. Dabei war auch ihre Intention weit weg von körperlicher Lust. Es war die Sehnsucht nach Geborgenheit, nach Frieden und Zugehörigkeit. Sie sehnte sich nach etwas, das ihre Seele ummantelte, damit sie nicht vollends in die kalte Dunkelheit abglitt. Und Caleb war so jemand. Sie schmiegte sich an ihn, lehnte sich an, erwiderte seine Zärtlichkeiten, bis sie endlich loslassen und in einen alles umnachtenden Schlaf fiel.
Am Anfang war es eine Wohltat. Sie spürte die diesige Dunkelheit und fand Frieden. Doch dann formte sich das schwarze Nichts zu Formen, Farben und schließlich folgten Bilder. Madiha wurde unruhiger, denn das, was sie sah verstörte. Die grellen, grünen Blitze machten ihr Angst. Sie starrte auf die Szenerie, die sie nicht verstand und versuchte einen Sinn zu ergründen. Ihr Schlaf war längst nicht mehr friedlich. Sie zuckte hier und dort und hatte doch keine Kontrolle. Als jemand schrie, bescherte ihr der Ton eine Gänsehaut. Sie sah sich hilflos um, versuchte etwas zu erkennen. Aber sie konnte nicht. Sie verstand es nicht. Was ging hier vor sich? Dann schwemmte Regen die Blitze fort und Madiha starrte auf die vertraute Farbe ihrer eigenen Haut. Sie runzelte die Stirn, als plötzlich die Perspektive sich veränderte und sie schwindelig machte. Sie starrte in die seltsamen Augen, die ihr bekannt vorkommen sollten, doch ein unbekanntes Merkmal aufwiesen. Sie starrte hinein in das grüngeschwängerte Rot und spürte, wie ihr heiße Tränen über die eigenen Wangen rannen. Sie verstand die Sprache nicht, die sie hörte und versuchte eindringlich zu verstehen. Was wollte ihr dieser Traum nur sagen? “Hab Geduld…“, verstand sie plötzlich und Madiha presste die Lippen aufeinander. Sie fiel im Traum auf die Knie, wenn das möglich war. Dann verschwamm alles und sie hörte ein anderes Geräusch, das sie aus dem Traum erwachen ließ. „Nein…“, keuchte sie noch, denn sie wollte verstehen. Sie wollte verstehen, was Corax ihr zu sagen versuchte. Doch Madiha schlug gerädert die Augen auf und erkannte Kjetell’o, der sich in seiner Trauer schüttelte. Sie runzelte die Stirn, war aber selbst viel zu müde, um jetzt den Übergang zum Wachen zu tätigen. Sie schlief wieder ein und holte sich noch ein paar wenige Stunden traumlosen Schlaf.
Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, fühlte sie sich nur bedingt ausgeruht. Tatsächlich beschäftigte sie der Traum, aber letztendlich blieb nur dieses seltsame Gefühl zurück. Wenn man wirklich viel geweint hatte und am nächsten Tag die Nachwehen spürte. Müde, schwerfällig richtete sich Madiha auf und schaute zu Caleb. Er schlief friedlich und brachte sie tatsächlich zum Lächeln. Sie sah ihn gerne an, daran erinnerte sie sich. Auch glitt ihre Hand zu dem Kleinod an ihrem Hals, das sie vorsichtig befühlte. Sie erinnerte sich, dass sie die kleinen Dinge schätzte. Und wie sehr sie Caleb liebte. Doch dann rutschten ihre Finger von der Muschel und sie sah zum Elfen. "Wie geht es dir?“ Sie antwortete nicht, sondern schälte sich aus dem behaglichen Nest, das Caleb für sie hergerichtet hatte. Sie kletterte hinaus, ohne ihn zu wecken und streckte sich daraufhin einmal, bevor sie schließlich zu Kjetell’o blickte. "Möchtest du etwas Tee? Ich konnte sogar Zimt stibitzen." Sie nickte, als sie sich dem Elfen gegenüber auf eines der Fässer setzte, das nicht im Lagerraum untergekommen war. Sie betrachtete Kjetell’o, nahm ihm dann den Becher Tee ab und roch daran. „Hm… Zimt..“, murmelte sie und probierte einen Schluck. Die Antwort auf seine Fragen blieb sie schuldig. Sie brauchte einen Moment, um richtig wach zu werden. Um zu begreifen, dass das alles kein Traum gewesen war. „Ich weiß nicht, wie es mir geht.“, antwortete sie dann irgendwann. Sie schaute in ihren Tee. „Ich spüre eine Veränderung, die ich nicht ganz verstehe.“ Sie blieb ehrlich. Doch dann nickte sie Kjetell’o zu. „Du hast geweint…“, sagte sie schlicht und es war nur eine Feststellung, keine Frage. „Ich habe geträumt… Es war furchtbar diffus und ich verstehe es auch nicht richtig… Aber da war Corax… er sprach zu mir und sagte, ich sollte Geduld haben…“, erzählte sie. Madiha aber strahlte eine seltsame Ruhe aus. Eine, die der alten Madiha manchmal etwas fehlte. Ihre Veränderung schien nachhaltig zu sein. „Ich glaube er will damit sagen, dass es eben Zeit braucht, bis man einen Verlust verarbeitet hat“, bemerkte sie furchtbar erwachsen. Es konnte ungewohnt sein. Für sie war es das. Sie seufzte und trank einen Schluck aus ihrem Becher. Sie strich gedankenverloren mit dem Daumen am Rand ihres Bechers entlang. „Wir müssen eben zusehen, dass niemand mehr stirbt…“, meinte sie schlicht und klang noch immer nicht, wie die alte Madiha. „Wir müssen einfach unser Bestes geben. Nichts geringeres.“, schloss sie sachlich und trank noch einen Schluck. "Du musst mir noch mehr Magie zeigen. Ich brauche sie, damit ich alle beschützen kann.", redete Madiha weiter und zeigte einmal mehr, dass sie das nicht so einfach verarbeiten konnte. Sie war von Wut zu Sachlichkeit gewechselt. Das Kind war aus ihren Augen verschwunden und an dessen Stelle war ein glanzloser Ton getreten. Sie würde dafür sorgen, dass niemand mehr Schaden nahm. Sie hatte es versprochen.
Am Anfang war es eine Wohltat. Sie spürte die diesige Dunkelheit und fand Frieden. Doch dann formte sich das schwarze Nichts zu Formen, Farben und schließlich folgten Bilder. Madiha wurde unruhiger, denn das, was sie sah verstörte. Die grellen, grünen Blitze machten ihr Angst. Sie starrte auf die Szenerie, die sie nicht verstand und versuchte einen Sinn zu ergründen. Ihr Schlaf war längst nicht mehr friedlich. Sie zuckte hier und dort und hatte doch keine Kontrolle. Als jemand schrie, bescherte ihr der Ton eine Gänsehaut. Sie sah sich hilflos um, versuchte etwas zu erkennen. Aber sie konnte nicht. Sie verstand es nicht. Was ging hier vor sich? Dann schwemmte Regen die Blitze fort und Madiha starrte auf die vertraute Farbe ihrer eigenen Haut. Sie runzelte die Stirn, als plötzlich die Perspektive sich veränderte und sie schwindelig machte. Sie starrte in die seltsamen Augen, die ihr bekannt vorkommen sollten, doch ein unbekanntes Merkmal aufwiesen. Sie starrte hinein in das grüngeschwängerte Rot und spürte, wie ihr heiße Tränen über die eigenen Wangen rannen. Sie verstand die Sprache nicht, die sie hörte und versuchte eindringlich zu verstehen. Was wollte ihr dieser Traum nur sagen? “Hab Geduld…“, verstand sie plötzlich und Madiha presste die Lippen aufeinander. Sie fiel im Traum auf die Knie, wenn das möglich war. Dann verschwamm alles und sie hörte ein anderes Geräusch, das sie aus dem Traum erwachen ließ. „Nein…“, keuchte sie noch, denn sie wollte verstehen. Sie wollte verstehen, was Corax ihr zu sagen versuchte. Doch Madiha schlug gerädert die Augen auf und erkannte Kjetell’o, der sich in seiner Trauer schüttelte. Sie runzelte die Stirn, war aber selbst viel zu müde, um jetzt den Übergang zum Wachen zu tätigen. Sie schlief wieder ein und holte sich noch ein paar wenige Stunden traumlosen Schlaf.
Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, fühlte sie sich nur bedingt ausgeruht. Tatsächlich beschäftigte sie der Traum, aber letztendlich blieb nur dieses seltsame Gefühl zurück. Wenn man wirklich viel geweint hatte und am nächsten Tag die Nachwehen spürte. Müde, schwerfällig richtete sich Madiha auf und schaute zu Caleb. Er schlief friedlich und brachte sie tatsächlich zum Lächeln. Sie sah ihn gerne an, daran erinnerte sie sich. Auch glitt ihre Hand zu dem Kleinod an ihrem Hals, das sie vorsichtig befühlte. Sie erinnerte sich, dass sie die kleinen Dinge schätzte. Und wie sehr sie Caleb liebte. Doch dann rutschten ihre Finger von der Muschel und sie sah zum Elfen. "Wie geht es dir?“ Sie antwortete nicht, sondern schälte sich aus dem behaglichen Nest, das Caleb für sie hergerichtet hatte. Sie kletterte hinaus, ohne ihn zu wecken und streckte sich daraufhin einmal, bevor sie schließlich zu Kjetell’o blickte. "Möchtest du etwas Tee? Ich konnte sogar Zimt stibitzen." Sie nickte, als sie sich dem Elfen gegenüber auf eines der Fässer setzte, das nicht im Lagerraum untergekommen war. Sie betrachtete Kjetell’o, nahm ihm dann den Becher Tee ab und roch daran. „Hm… Zimt..“, murmelte sie und probierte einen Schluck. Die Antwort auf seine Fragen blieb sie schuldig. Sie brauchte einen Moment, um richtig wach zu werden. Um zu begreifen, dass das alles kein Traum gewesen war. „Ich weiß nicht, wie es mir geht.“, antwortete sie dann irgendwann. Sie schaute in ihren Tee. „Ich spüre eine Veränderung, die ich nicht ganz verstehe.“ Sie blieb ehrlich. Doch dann nickte sie Kjetell’o zu. „Du hast geweint…“, sagte sie schlicht und es war nur eine Feststellung, keine Frage. „Ich habe geträumt… Es war furchtbar diffus und ich verstehe es auch nicht richtig… Aber da war Corax… er sprach zu mir und sagte, ich sollte Geduld haben…“, erzählte sie. Madiha aber strahlte eine seltsame Ruhe aus. Eine, die der alten Madiha manchmal etwas fehlte. Ihre Veränderung schien nachhaltig zu sein. „Ich glaube er will damit sagen, dass es eben Zeit braucht, bis man einen Verlust verarbeitet hat“, bemerkte sie furchtbar erwachsen. Es konnte ungewohnt sein. Für sie war es das. Sie seufzte und trank einen Schluck aus ihrem Becher. Sie strich gedankenverloren mit dem Daumen am Rand ihres Bechers entlang. „Wir müssen eben zusehen, dass niemand mehr stirbt…“, meinte sie schlicht und klang noch immer nicht, wie die alte Madiha. „Wir müssen einfach unser Bestes geben. Nichts geringeres.“, schloss sie sachlich und trank noch einen Schluck. "Du musst mir noch mehr Magie zeigen. Ich brauche sie, damit ich alle beschützen kann.", redete Madiha weiter und zeigte einmal mehr, dass sie das nicht so einfach verarbeiten konnte. Sie war von Wut zu Sachlichkeit gewechselt. Das Kind war aus ihren Augen verschwunden und an dessen Stelle war ein glanzloser Ton getreten. Sie würde dafür sorgen, dass niemand mehr Schaden nahm. Sie hatte es versprochen.
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Re: Schwarze Segel
Madiha hatte ausgiebig geschlafen, aber nicht nur der Traum wirkte nachhaltig auf sie, nachdem sie die Augen aufschlug. Es war ihre gesamte Stimmung. Corax' mutmaßlicher Tod saß fest in ihren Gliedern wie eine Erkältung, die man nicht los wurde. Er machte ihren Körper bleischwer und zog Mut und Laune herunter. Nur ihren eigenen Lebenswillen, der blieb standhaft. Caleb hatte ihn ein wenig angefacht, so dass Madihas inneres Feuer inzwischen ruhig, aber bereit vor sich hin knisterte. Sie selbst verdankte es ihrem Willen, der ihr schon immer geholfen hatte, auch in den aussichtslosesten Situationen weiter überleben zu wollen. Trotzig stellte sie sich dem, was noch bevorstand. Nicht zuletzt hatte sie darüber hinaus auch ein Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein entwickelt. Bevor sie unter Calebs Zuneigung im Nest eingeschlafen war, glaubte sie noch, jetzt erwachsen geworden zu sein, weil sie das Kindliche abgelegt hatte und endlich Verantwortung übernahm. Dem war keineswegs so! Sie hatte auch vorher schon verantwortungsvoll gehandelt, sich anderer und deren Problemen angenommen. Corax, Azura, Jivvin und Estelle, die geflüchteten Kinder aus Sarma ... Ilmy, die auf sie zählte, dass sie die Wüstenstadt nicht nur vor der dunklen Armee, sondern offenbar auch vor einem Drachen würde retten können. Keinen lehnte Madiha ab. Verantwortungsvoll nahm sie es sich zur Pflicht, jedem einzelnen zu helfen. Jetzt kam nur hinzu, dass sie niemanden mehr sterben lassen wollte. Sie handelte egoistischer als sie sich selbst eingestand. Denn ihr Herz hatte gelitten, als die Rabenfeder verbrannte und ihr Besitzer nicht aufgetaucht war. Es litt noch immer, aber sie war nicht die einzige.
Als sie erwachte, fiel ihr Blick erneut auf die Nische, die sie im Halbschlaf schon fokussiert hatte. Kjetell'o hockte dort noch immer, dieses Mal aber nicht mehr von Trauer geschüttelt und unter Tränen. Er saß ruhig, fast schon so entspannt wie sie ihn kannte. In beiden Händen hielt er eine Tasse Tee, deren zimtiges Aroma bis zu ihr herüber strömte. Es lockte sie, ganz unbewusst, so dass Madihas Körper sich bis zum Elfen schleppte.
Kjetell'o lächelte ihr tapfer entgegen. Sie alle versuchten, diese Maske aufrecht zu erhalten, ihren Mitmenschen und -elfen zuliebe. Und das, obwohl sie doch alle zu wissen schienen, dass sich dahinter großer Kummer verbarg. Man leistete schweigend Beistand unter dem Deckmantel der Normalität. So fragte der Elf auch nach ihrem Befinden, als wüsste er nicht, dass es Madiha mindestens ebenso schlecht ging wie ihm. Er reichte ihr eine Tasse, die er ebenfalls mit Tee befüllte. Anschließend streute er einige Krümel des stark duftenden Gewürzes hinein und verrührte es. Zusammen mit dem Apfelgeschmack des Aufgusses selbst ergab es eine Mischung, die nicht nur der Zunge schmeichelte. Das Heißgetränk wärmte auch den Bauch. Nur Madihas Herz blieb kalt, blieb schwer.
"Ich weiß nicht, wie es mir geht", meinte sie schließlich. Kjetell'o hatte vorab nicht mehr nachgehakt. Er schenkte Madiha alle Zeit, die sie benötigte und selbst, wenn sie gar nicht mehr geantwortet hätte, hätte der Elf es akzeptiert. Jetzt nickte er sacht, aber auch nur, um zu signalisieren, dass er zuhörte, sollte sie noch mehr sagen wollen. "Ich spüre eine Veränderung, die ich nicht ganz verstehe."
"Mhm, mhm..." Kjetell'o nickte erneut, dieses Mal nachdenklich. Er gönnte sich einen letzten Schluck Tee, ehe er die Tasse in eine Tablett mit erhöhtem Rand stellte. Auf See war das nötig, damit nichts verschüttet ging, sollten die Wellen einmal höher schlagen. Im Augenblick aber spürte man kaum das Schaukeln des Schiffes. Die See lag still da, seit ... Corax nicht erschienen war.
Kjetell'o seufzte aus, straffte seine Haltung etwas und streckte dabei die Arme durch. "Manche wünschen sich so vehement die Normalität herbei. Alles soll so bleiben, wie es ist. Das ... ist albern. Denn mit jedem Atemzug, den wir tun, jedem Herzschlag, verändert sich Celcia. Veränderung ist nicht immer gut, aber unaufhaltsam. Ich glaube, sie geht mit Leben und Tod Hand in Hand. Und sie stellt uns mit jedes Quäntchen von ihr vor neue Herausforderungen. Manche sind klein, beispielsweise ob mir ein andunischer Apfeltee mit Zimt gelingt, wenn ich nur eine Kombüse auf einem Schiff zur Verfügung habe." Er schmunzelte und blickte zur Teekanne hin. Es war ihm gelungen. Dann schaute er zu Madiha zurück. "Andere Prüfungen sind weitreichender, Veränderungen mit mehr Konsequenzen - für alle." Er musterte sie lange. "An manche davon ... müssen wir uns einfach anpassen, weil es gab, auf das wir hätten Einfluss nehmen können. Und durch diese Erkenntnis verändern wir uns in uns selbst. Wir entdecken Neues an uns, das lässt uns interessant bleiben. Das Gute daran ist: Wenn wir uns so nicht gefallen, haben wir die Möglichkeit, uns wieder zu verändern." Er ließ diese Worte ein wenig sacken, ohne den Blick von Madiha zu nehmen. "Ich habe auch in mir eine Veränderung gespürt seit letzter Nacht", gab er solidarisch zu. "Ich ... gefalle mir gerade wenig. Ich fühle mich mir gegenüber fremd, allerdings auch zu kraftlos, zu Altem und Vertrautem zurückzukehren. Das ist, wie ich schon erklärte, ohnehin nicht möglich. Aber ich könnte etwas Neues schaffen, das dem Alten nahekommt. Dem Kjet, der mir gefällt. Mit der Zeit ... wenn ich wieder Kraft für diesen Schritt habe."
Erneut verfiel er in Schweigen. Sein Blick haftete an Madiha. Schließlich streckte er seine Hand nach ihr aus, wollte sie auf ihre legen. Er ließ es. Seine Finger schwebten knapp über Madihas, aber er erinnerte sich an ihre Reaktion vom Vorabend, als er seine Hand auf ihrer Schulter abgelegt hatte. Und er akzeptierte ihren Wunsch, nicht berührt zu werden. So zog er die Finger wieder zurück, nicht aber seine Worte. "Du wirst nicht ewig so bleiben, falls du dir gerade nicht gefällst ... oder dich nicht verstehst. Warte ... auf die nächste Veränderung. Ich verspreche dir, sie wird eintreten."
"Du hast geweint..."
Zum dritten Mal nickte er. "Der Verlust ist groß", sagte er nur und unterdrückte es, erneut zu schluchzen. Dann richtete er seinen Blick auf irgendeinen Fixpunkt in der Ferne. "Weltengroß..."
Kjetell'o schaffte es immer wieder, Sympathien zu erlangen, auch wenn er sich nicht bewusst darauf konzentrierte. Er schuf Vertrauen, ganz von allein. Es war eine Gabe, für die Madiha nun dankbar sein konnte. Denn sie regte sie ein wenig an, aus ihrem Trauerkokon auszubrechen. Zumindest nahm sie durch Gespräche weiter am Leben teil. Sie erzählte von ihrem Traum und was sie daraus interpretierte. Kjetell'o hörte mehr als aufmerksam zu. Denn kaum, dass Madiha erwähnte, dass der Traum sich um Corax drehte und er zu ihr gesprochen habe, zuckten die Ohren des Shyáners merklich auf. Er fuhr mit dem Kopf herum und fixierte Madiha mit seinem grüngoldenen Blick.
"Er sprach zu mir und sagte, ich sollte Geduld haben ... Ich glaube, er will damit sagen, dass es eben Zeit braucht, bis man einen Verlust verarbeitet hat."
Kjetell'os Augen leuchteten. Madihas Worte weckten die Feuer darin. In den Tiefen seiner Wälder wurden Fackeln entzündet, Nachtlichter und kleine Leuchtfeuer. Das Gold kehrte mit einem Glimmen zurück, als hätte der Elf in seinen Augen zahlreichen Goldschmuck in die Wipfel der Bäume gehängt, um Suchenden einen Weg zu weisen. "Ich glaube das nicht", erwiderte er nur, ging aber nicht näher auf das Ganze ein. Doch wie er zuvor lang und philosophisch beschrieben hatte, trat bei ihm nun eine Veränderung ein. Er wirkte ... lebendiger, wacher. Seinen Zügen wohnte etwas inne, das Madiha bei sich gerade vergeblich suchte: Hoffnung.
"Wir müssen eben zusehen, dass niemand mehr stirbt..."
"Nein." Er schüttelte den Kopf und dann fuhr seine Hand nach vorn. Unbeabsichtigt legte er sie nun doch auf Madihas, drückte sogar mit einer Eindringlichkeit zu, die er durch seine Worte noch untermalte. "Mach dir das nicht zur Aufgabe. Diese Herausforderung kannst du nur verlieren und mit der Zeit würdest du so enttäuscht von dir selbst, dass du es bist, die innerlich stirbt. Ich bitte dich, mach das nicht! Celcia braucht dich jetzt ... mehr denn je."
"Wir müssen einfach unser Bestes geben. Nichts Geringeres. Du musst mir noch mehr Magie zeigen. Ich brauche sie, damit ich alle beschützen kann." Kjetell'o lächelte. "Ohja", sagte er, "Celcia braucht dich. Mehr wie dich. Wir geben unser Bestes, aber wir sollten uns selbst dabei nicht ver-" Er unterbrach sich, reckte ein wenig den Kopf und lauschte. "Was ist das?" Es war nichts zu hören, jedenfalls nicht für Madiha. Aber dann wurden Schritte über ihr lauter. An Deck bewegten sich die Matrosen. "Komm mit!", forderte Kjetell'o sie auf und zog sie an ihrer Hand in den Stand. Er würde sie notfalls stützen, aber kaum zulassen, dass sie ihn nicht begleitete. Gemeinsam ging es an Deck und endlich vernahm auch Madihas menschliches Gehör, was elfische Sinne weiteraus früher hatten wahrnehmen können. Aber auch ihre Augen wurden gefordert. Die Frage war, was sie sich zunächst zuwenden wollte.
Zum einen lag Belfa vor ihnen. Als weiter, gelblicher Strich mit grünen Wäldern am einen Ende erstreckte sich die Insel entlang des Horizonts vor ihnen. Die Matrosen bereiteten jetzt schon das Einfahren in den Hafen vor, obwohl noch nicht einmal feststand, ob sie dort auch sicher würden anlegen können. Das Bild Sarmas als sandsteinfarbene Perle vor ihnen erschreckte. Schon von weitem konnte man die vielen Rauchschaden sehen, die säulenartig gen Himmel stoben. Der höchste Turm von Cassandras Magierakademie war teilweise eingestürzt. Häuserbreite Löcher klafften in der Stadtmauer und all die Schatten davor und rings um Sarma herum kündeten von einer blutigen Schlacht mit vielen Gefallenen. Ein Geschützturm vor der Stadt lag quer im Sand, niedergerissen von was auch immer. Zelte in der Nähe wirkten teilweise verlassen. In der Stadt selbst brannte es und die Schreie waren sogar bis auf das Meer hinaus zu hören. Der offene Hafen war gänzlich ungeschützt. Schwarze Schiffe mit schwarzen Segeln wie die Schattenmuräne eines besaß, lagen vor Anker. Zwischen ihnen fanden sich auch ausländische Exemplare und ein Sarmaer Handelschiff. Das Ende eines gekenterten Kriegsschiffes ragte nahe des Hafens aus dem Wasser. Von der Besatzung keine Spur. Es sah aber auch nicht danach aus, als sei dieses Gefährt erst kürzlich gesunken. Genauso wenig wie es danach schien, dass Sarma erst jüngst erstürmt worden war. Fest stand aber, dass noch keine morgerianischen Bannern von den teils zertrümmerten Mauern und Türmen hingen. Sarma kämpfte immer noch. Die Wüstenstädter gaben nicht auf.
Und als wollte man ihren Mut noch einmal versammeln, tönten endlich erneut die seltsamen Klänge von Meerseite über Madiha und das Schiff hinweg. Es waren Hornsignale, auch wenn sie sich anders anhörten. Sie waren ... heller und irgendwie ... warm. Es war schwer zu beschreiben, doch ein Blick auf's Wasser sagte mehr als einige schwer umrissene Worte. Dort winkte jemand mit von einer Brandnarbe gezierten Flosse. Liquis schaute aus den ruhigen Fluten heraus. Er grinste, aber bei seinem Froschmaul konnte es auch täuschen. Interessanter war, dass er nicht allein gekommen war. In einem halbmondförmigen Bogen hinter ihm schauten weitere bläulich schimmernde Aquaden aus dem Wasser. Sie waren es, die die Töne erzeugten und zwar mit großen Muschelhörnern, in die sie hineinbliesen und Klänge über das Meer schicken, die an Walgesänge erinnerten.
Nicht alle von ihnen schwammen im Wasser. Einige kamen beritten daher. Sie saßen auf den Rücken von Delfinen, die sie an Zügeln führten und auf einer Art Pferd der Meere. Madiha hatte diese Tiere schon in klein um sich herumtollen sehen. Jene nun waren groß und gelblich, orange oder rosig, dass sie an Korallenstatuen erinnerten.
"MADIQA!", jauchzte Liquis, als er auf die Seite des Schiffes zuschwamm. Er winkte, wobei er etwas zwischen den Flossen hielt. Es war klein, rund und weiß. Weitere Aquaden folgten ihm, wenn auch etwas zögerlich und deutlich weniger freudig als der quirlige Jungspund. Er quäkte einmal laut auf und jene Aquaden auf ihren Wasserreittieren schwammen heran. Sie streckten Muschelschalen empor, die über und über mit weiteren kleinen, weißen Dingen befüllt waren.
"Perlen!", brachte Kjetell'o hervor, der das ganze beobachtete. "Das sind Perlen, Dutzende!" Er behielt Recht. Liquis hatte offensichtlich seine gesamte Aquadensippen zusammengetrommelt, um Madiha Ersatz für ihre verlorene Perle zu bringen. Die Aquaden hielten ihr ein wahres Vermögen entgegen, würde man die Schätze der See einsammeln und auf einem Markt verkaufen. "Madiqa Freund! Hilfe, Hilfe!" Da Liquis dabei gluckernd lachte, war nicht davon auszugehen, dass er sie um Hilfe bat. Er wollte sie geben. Auch wenn es Corax nicht zurückbrachte, so wollte der kleine, neugierige Aquade doch sein Bestes tun, damit es auch Madiha besser ging - vorausgesetzt, er hatte die Umstände wahrlich verstanden.
Als sie erwachte, fiel ihr Blick erneut auf die Nische, die sie im Halbschlaf schon fokussiert hatte. Kjetell'o hockte dort noch immer, dieses Mal aber nicht mehr von Trauer geschüttelt und unter Tränen. Er saß ruhig, fast schon so entspannt wie sie ihn kannte. In beiden Händen hielt er eine Tasse Tee, deren zimtiges Aroma bis zu ihr herüber strömte. Es lockte sie, ganz unbewusst, so dass Madihas Körper sich bis zum Elfen schleppte.
Kjetell'o lächelte ihr tapfer entgegen. Sie alle versuchten, diese Maske aufrecht zu erhalten, ihren Mitmenschen und -elfen zuliebe. Und das, obwohl sie doch alle zu wissen schienen, dass sich dahinter großer Kummer verbarg. Man leistete schweigend Beistand unter dem Deckmantel der Normalität. So fragte der Elf auch nach ihrem Befinden, als wüsste er nicht, dass es Madiha mindestens ebenso schlecht ging wie ihm. Er reichte ihr eine Tasse, die er ebenfalls mit Tee befüllte. Anschließend streute er einige Krümel des stark duftenden Gewürzes hinein und verrührte es. Zusammen mit dem Apfelgeschmack des Aufgusses selbst ergab es eine Mischung, die nicht nur der Zunge schmeichelte. Das Heißgetränk wärmte auch den Bauch. Nur Madihas Herz blieb kalt, blieb schwer.
"Ich weiß nicht, wie es mir geht", meinte sie schließlich. Kjetell'o hatte vorab nicht mehr nachgehakt. Er schenkte Madiha alle Zeit, die sie benötigte und selbst, wenn sie gar nicht mehr geantwortet hätte, hätte der Elf es akzeptiert. Jetzt nickte er sacht, aber auch nur, um zu signalisieren, dass er zuhörte, sollte sie noch mehr sagen wollen. "Ich spüre eine Veränderung, die ich nicht ganz verstehe."
"Mhm, mhm..." Kjetell'o nickte erneut, dieses Mal nachdenklich. Er gönnte sich einen letzten Schluck Tee, ehe er die Tasse in eine Tablett mit erhöhtem Rand stellte. Auf See war das nötig, damit nichts verschüttet ging, sollten die Wellen einmal höher schlagen. Im Augenblick aber spürte man kaum das Schaukeln des Schiffes. Die See lag still da, seit ... Corax nicht erschienen war.
Kjetell'o seufzte aus, straffte seine Haltung etwas und streckte dabei die Arme durch. "Manche wünschen sich so vehement die Normalität herbei. Alles soll so bleiben, wie es ist. Das ... ist albern. Denn mit jedem Atemzug, den wir tun, jedem Herzschlag, verändert sich Celcia. Veränderung ist nicht immer gut, aber unaufhaltsam. Ich glaube, sie geht mit Leben und Tod Hand in Hand. Und sie stellt uns mit jedes Quäntchen von ihr vor neue Herausforderungen. Manche sind klein, beispielsweise ob mir ein andunischer Apfeltee mit Zimt gelingt, wenn ich nur eine Kombüse auf einem Schiff zur Verfügung habe." Er schmunzelte und blickte zur Teekanne hin. Es war ihm gelungen. Dann schaute er zu Madiha zurück. "Andere Prüfungen sind weitreichender, Veränderungen mit mehr Konsequenzen - für alle." Er musterte sie lange. "An manche davon ... müssen wir uns einfach anpassen, weil es gab, auf das wir hätten Einfluss nehmen können. Und durch diese Erkenntnis verändern wir uns in uns selbst. Wir entdecken Neues an uns, das lässt uns interessant bleiben. Das Gute daran ist: Wenn wir uns so nicht gefallen, haben wir die Möglichkeit, uns wieder zu verändern." Er ließ diese Worte ein wenig sacken, ohne den Blick von Madiha zu nehmen. "Ich habe auch in mir eine Veränderung gespürt seit letzter Nacht", gab er solidarisch zu. "Ich ... gefalle mir gerade wenig. Ich fühle mich mir gegenüber fremd, allerdings auch zu kraftlos, zu Altem und Vertrautem zurückzukehren. Das ist, wie ich schon erklärte, ohnehin nicht möglich. Aber ich könnte etwas Neues schaffen, das dem Alten nahekommt. Dem Kjet, der mir gefällt. Mit der Zeit ... wenn ich wieder Kraft für diesen Schritt habe."
Erneut verfiel er in Schweigen. Sein Blick haftete an Madiha. Schließlich streckte er seine Hand nach ihr aus, wollte sie auf ihre legen. Er ließ es. Seine Finger schwebten knapp über Madihas, aber er erinnerte sich an ihre Reaktion vom Vorabend, als er seine Hand auf ihrer Schulter abgelegt hatte. Und er akzeptierte ihren Wunsch, nicht berührt zu werden. So zog er die Finger wieder zurück, nicht aber seine Worte. "Du wirst nicht ewig so bleiben, falls du dir gerade nicht gefällst ... oder dich nicht verstehst. Warte ... auf die nächste Veränderung. Ich verspreche dir, sie wird eintreten."
"Du hast geweint..."
Zum dritten Mal nickte er. "Der Verlust ist groß", sagte er nur und unterdrückte es, erneut zu schluchzen. Dann richtete er seinen Blick auf irgendeinen Fixpunkt in der Ferne. "Weltengroß..."
Kjetell'o schaffte es immer wieder, Sympathien zu erlangen, auch wenn er sich nicht bewusst darauf konzentrierte. Er schuf Vertrauen, ganz von allein. Es war eine Gabe, für die Madiha nun dankbar sein konnte. Denn sie regte sie ein wenig an, aus ihrem Trauerkokon auszubrechen. Zumindest nahm sie durch Gespräche weiter am Leben teil. Sie erzählte von ihrem Traum und was sie daraus interpretierte. Kjetell'o hörte mehr als aufmerksam zu. Denn kaum, dass Madiha erwähnte, dass der Traum sich um Corax drehte und er zu ihr gesprochen habe, zuckten die Ohren des Shyáners merklich auf. Er fuhr mit dem Kopf herum und fixierte Madiha mit seinem grüngoldenen Blick.
"Er sprach zu mir und sagte, ich sollte Geduld haben ... Ich glaube, er will damit sagen, dass es eben Zeit braucht, bis man einen Verlust verarbeitet hat."
Kjetell'os Augen leuchteten. Madihas Worte weckten die Feuer darin. In den Tiefen seiner Wälder wurden Fackeln entzündet, Nachtlichter und kleine Leuchtfeuer. Das Gold kehrte mit einem Glimmen zurück, als hätte der Elf in seinen Augen zahlreichen Goldschmuck in die Wipfel der Bäume gehängt, um Suchenden einen Weg zu weisen. "Ich glaube das nicht", erwiderte er nur, ging aber nicht näher auf das Ganze ein. Doch wie er zuvor lang und philosophisch beschrieben hatte, trat bei ihm nun eine Veränderung ein. Er wirkte ... lebendiger, wacher. Seinen Zügen wohnte etwas inne, das Madiha bei sich gerade vergeblich suchte: Hoffnung.
"Wir müssen eben zusehen, dass niemand mehr stirbt..."
"Nein." Er schüttelte den Kopf und dann fuhr seine Hand nach vorn. Unbeabsichtigt legte er sie nun doch auf Madihas, drückte sogar mit einer Eindringlichkeit zu, die er durch seine Worte noch untermalte. "Mach dir das nicht zur Aufgabe. Diese Herausforderung kannst du nur verlieren und mit der Zeit würdest du so enttäuscht von dir selbst, dass du es bist, die innerlich stirbt. Ich bitte dich, mach das nicht! Celcia braucht dich jetzt ... mehr denn je."
"Wir müssen einfach unser Bestes geben. Nichts Geringeres. Du musst mir noch mehr Magie zeigen. Ich brauche sie, damit ich alle beschützen kann." Kjetell'o lächelte. "Ohja", sagte er, "Celcia braucht dich. Mehr wie dich. Wir geben unser Bestes, aber wir sollten uns selbst dabei nicht ver-" Er unterbrach sich, reckte ein wenig den Kopf und lauschte. "Was ist das?" Es war nichts zu hören, jedenfalls nicht für Madiha. Aber dann wurden Schritte über ihr lauter. An Deck bewegten sich die Matrosen. "Komm mit!", forderte Kjetell'o sie auf und zog sie an ihrer Hand in den Stand. Er würde sie notfalls stützen, aber kaum zulassen, dass sie ihn nicht begleitete. Gemeinsam ging es an Deck und endlich vernahm auch Madihas menschliches Gehör, was elfische Sinne weiteraus früher hatten wahrnehmen können. Aber auch ihre Augen wurden gefordert. Die Frage war, was sie sich zunächst zuwenden wollte.
Zum einen lag Belfa vor ihnen. Als weiter, gelblicher Strich mit grünen Wäldern am einen Ende erstreckte sich die Insel entlang des Horizonts vor ihnen. Die Matrosen bereiteten jetzt schon das Einfahren in den Hafen vor, obwohl noch nicht einmal feststand, ob sie dort auch sicher würden anlegen können. Das Bild Sarmas als sandsteinfarbene Perle vor ihnen erschreckte. Schon von weitem konnte man die vielen Rauchschaden sehen, die säulenartig gen Himmel stoben. Der höchste Turm von Cassandras Magierakademie war teilweise eingestürzt. Häuserbreite Löcher klafften in der Stadtmauer und all die Schatten davor und rings um Sarma herum kündeten von einer blutigen Schlacht mit vielen Gefallenen. Ein Geschützturm vor der Stadt lag quer im Sand, niedergerissen von was auch immer. Zelte in der Nähe wirkten teilweise verlassen. In der Stadt selbst brannte es und die Schreie waren sogar bis auf das Meer hinaus zu hören. Der offene Hafen war gänzlich ungeschützt. Schwarze Schiffe mit schwarzen Segeln wie die Schattenmuräne eines besaß, lagen vor Anker. Zwischen ihnen fanden sich auch ausländische Exemplare und ein Sarmaer Handelschiff. Das Ende eines gekenterten Kriegsschiffes ragte nahe des Hafens aus dem Wasser. Von der Besatzung keine Spur. Es sah aber auch nicht danach aus, als sei dieses Gefährt erst kürzlich gesunken. Genauso wenig wie es danach schien, dass Sarma erst jüngst erstürmt worden war. Fest stand aber, dass noch keine morgerianischen Bannern von den teils zertrümmerten Mauern und Türmen hingen. Sarma kämpfte immer noch. Die Wüstenstädter gaben nicht auf.
Und als wollte man ihren Mut noch einmal versammeln, tönten endlich erneut die seltsamen Klänge von Meerseite über Madiha und das Schiff hinweg. Es waren Hornsignale, auch wenn sie sich anders anhörten. Sie waren ... heller und irgendwie ... warm. Es war schwer zu beschreiben, doch ein Blick auf's Wasser sagte mehr als einige schwer umrissene Worte. Dort winkte jemand mit von einer Brandnarbe gezierten Flosse. Liquis schaute aus den ruhigen Fluten heraus. Er grinste, aber bei seinem Froschmaul konnte es auch täuschen. Interessanter war, dass er nicht allein gekommen war. In einem halbmondförmigen Bogen hinter ihm schauten weitere bläulich schimmernde Aquaden aus dem Wasser. Sie waren es, die die Töne erzeugten und zwar mit großen Muschelhörnern, in die sie hineinbliesen und Klänge über das Meer schicken, die an Walgesänge erinnerten.
Nicht alle von ihnen schwammen im Wasser. Einige kamen beritten daher. Sie saßen auf den Rücken von Delfinen, die sie an Zügeln führten und auf einer Art Pferd der Meere. Madiha hatte diese Tiere schon in klein um sich herumtollen sehen. Jene nun waren groß und gelblich, orange oder rosig, dass sie an Korallenstatuen erinnerten.
"MADIQA!", jauchzte Liquis, als er auf die Seite des Schiffes zuschwamm. Er winkte, wobei er etwas zwischen den Flossen hielt. Es war klein, rund und weiß. Weitere Aquaden folgten ihm, wenn auch etwas zögerlich und deutlich weniger freudig als der quirlige Jungspund. Er quäkte einmal laut auf und jene Aquaden auf ihren Wasserreittieren schwammen heran. Sie streckten Muschelschalen empor, die über und über mit weiteren kleinen, weißen Dingen befüllt waren.
"Perlen!", brachte Kjetell'o hervor, der das ganze beobachtete. "Das sind Perlen, Dutzende!" Er behielt Recht. Liquis hatte offensichtlich seine gesamte Aquadensippen zusammengetrommelt, um Madiha Ersatz für ihre verlorene Perle zu bringen. Die Aquaden hielten ihr ein wahres Vermögen entgegen, würde man die Schätze der See einsammeln und auf einem Markt verkaufen. "Madiqa Freund! Hilfe, Hilfe!" Da Liquis dabei gluckernd lachte, war nicht davon auszugehen, dass er sie um Hilfe bat. Er wollte sie geben. Auch wenn es Corax nicht zurückbrachte, so wollte der kleine, neugierige Aquade doch sein Bestes tun, damit es auch Madiha besser ging - vorausgesetzt, er hatte die Umstände wahrlich verstanden.
- Madiha Al'Sarma
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- Moderator des Spielers: Kazel
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Re: Schwarze Segel
Madiha lernte immer von anderen. Von den Geschehnissen um sie herum. Sie nahm sich stets die Zeit, sich mit den Dingen zu beschäftigen und bemühte sich redlich, dass sie niemanden enttäuschte und an allem wuchs. Sie lechzte danach besser zu werden, sich zu entwickeln. Jetzt aber war davon nichts mehr zu spüren. Sie fühlte… nichts. Vom feinen Knistern ihres Feuers einmal abgesehen. Es war wirklich neu für sie, sich so zu fühlen. Sie fand keinen Zugang mehr zu sich, obwohl sie nicht mal in Sklaverei so empfunden hatte. Lag es denn allein am Tod von Corax? Oder war jener der Auslöser? Madiha wusste es nicht zu erkennen. Vielleicht war es der letzte Tropfen gewesen in ihrem ohnehin viel zu vollem Fass. Die letzten Tage, seit sie aufbrachen nach Sarma, hatte sie immer wieder Phasen durchlebt, in denen sie sich unsicher, hilflos und überfordert fühlte. In denen sie ihrem Auftrag mit bangem Herzen entgegenblickte. Sie sollte auf einmal Kämpfen. Sie sollte Retten. Nicht nur jemanden, sondern eine ganze Stadt. Und das nicht nur gegen die ohnehin furchteinflößenden Anhänger dunkler Machenschaften, sondern auch gegen einen Drachen! Ilmy hatte es ihr noch zugerufen. Und Madiha fühlte nur noch mehr Last auf sich ruhen. Vielleicht hatten ihre Beine nicht mehr aushalten können. Vielleicht war Corax Tod der letzte Rest gewesen und die Versicherung, dass sie gar nicht in der Lage war, sich zu behaupten. Wenn sie nicht mal ihre Freunde schützen konnte… Dennoch blieb Madiha eine ehrliche Haut. Sie sagte Kjetell’o, wie sie sich fühlte und dass sie nicht wusste, wie sie damit umgehen sollte. Der Magier wollte ihr beistehen und versuchte sich an einer Erklärung: "Manche wünschen sich so vehement die Normalität herbei. Alles soll so bleiben, wie es ist. Das ... ist albern. Denn mit jedem Atemzug, den wir tun, jedem Herzschlag, verändert sich Celcia. Veränderung ist nicht immer gut, aber unaufhaltsam. Ich glaube, sie geht mit Leben und Tod Hand in Hand. Und sie stellt uns mit jedem Quäntchen von ihr vor neue Herausforderungen. Manche sind klein, beispielsweise ob mir ein andunischer Apfeltee mit Zimt gelingt, wenn ich nur eine Kombüse auf einem Schiff zur Verfügung habe. Andere Prüfungen sind weitreichender, Veränderungen mit mehr Konsequenzen - für alle." Madiha hörte zu, aber sie blickte in die dampfende Tasse und verfolgte die kleinen Zimtkrümmel darin. "An manche davon ... müssen wir uns einfach anpassen, weil es gab, auf das wir hätten Einfluss nehmen können. Und durch diese Erkenntnis verändern wir uns in uns selbst. Wir entdecken Neues an uns, das lässt uns interessant bleiben. Das Gute daran ist: Wenn wir uns so nicht gefallen, haben wir die Möglichkeit, uns wieder zu verändern." „hm“, machte sie nur nachdenklich.
Oder zum Zeichen, dass sie weiter zuhörte. So oder so aber redete Madiha nicht viel. Und sie zeigte auch nicht die Aufmerksamkeit, die Neugierde, die sie sonst an den Tag legte, wenn Kjetell’o ihr etwas beibrachte. "Ich habe auch in mir eine Veränderung gespürt seit letzter Nacht“, sie hob den Blick nun, Ich ... gefalle mir gerade wenig. Ich fühle mich mir gegenüber fremd, allerdings auch zu kraftlos, zu Altem und Vertrautem zurückzukehren. Das ist, wie ich schon erklärte, ohnehin nicht möglich. Aber ich könnte etwas Neues schaffen, das dem Alten nahekommt. Dem Kjet, der mir gefällt. Mit der Zeit ... wenn ich wieder Kraft für diesen Schritt habe." Er zuckte vor, um sie zu berühren und sie merkte, dass sie sich versteifte. Er bemerkte es und unterließ die Berührung. Madiha hatte Angst, dass jede Berührung nur alles zum Einsturz bringen würde. Dass sie danach aufhörte zu existieren, weil sie sich so angespannt und zerbrechlich fühlte. "Du wirst nicht ewig so bleiben, falls du dir gerade nicht gefällst ... oder dich nicht verstehst. Warte ... auf die nächste Veränderung. Ich verspreche dir, sie wird eintreten." Es war wohl das erste Mal, dass sie kaum Vertrauen in die Worte fasste. So klug und weltgewandt der Elf auch war und sie zu ihm aufsah. Seine Worte prallten gegen eine eigenartige Mauer, rutschten daran herunter und nicht alle von ihnen blieben bei Madiha haften. Dabei tat sie das nicht mal mit Absicht. Sie tat eigentlich überhaupt nichts. Um nicht in einen Redefluss geraten zu müssen, denn derzeit stand ihr der Sinn mehr nach Zuhören, merkte sie an, dass er geweint hatte. "Der Verlust ist groß… weltengroß…“ Sie schluckte. Sofort brannten ihre Augen wieder, der Hals verengte sich und sie brach den Blickkontakt ab. Nach einigen Sekunden erzählte sie lieber von dem Traum und regte scheinbar etwas bei Kjetell’o an.
Sie beobachtete die Veränderung in seinem Gesicht und runzelte die Stirn. Da war es doch glatt sie gewesen, die ihm half, während sie weiter auf der Strecke blieb. Madiha verstand seine Hoffnung nicht, denn bei ihr löste es nur noch mehr Schuld aus. Sie nahm sich vor, niemanden mehr zu verlieren. Sie lud sich die Schicksale der anderen auf, wollte sie sicher wissen und verantwortlich sein dafür. "Nein. Mach dir das nicht zur Aufgabe. Diese Herausforderung kannst du nur verlieren und mit der Zeit würdest du so enttäuscht von dir selbst, dass du es bist, die innerlich stirbt. Ich bitte dich, mach das nicht! Celcia braucht dich jetzt ... mehr denn je." Sie spürte den Druck seiner Hand als seine Finger ihre fanden. Madiha starrte darauf und presste die Lippen aufeinander. Dann hob sie jedoch den Blick. „Alle brauchen mich… Ich werde sie nicht enttäuschen, Kjetell’o. Wir wollen dasselbe“, murmelte sie und entzog ihm ihre Hand wieder, indem sie sich zurücklehnte und etwas von dem Tee trank. "Ohja, Celcia braucht dich. Mehr wie dich. Wir geben unser Bestes, aber wir sollten uns selbst dabei nicht ver-" Er stockte und Madiha wollte gerade aufsaugen, dass sie niemals aufgeben durfte. Sie hörte aus den Worten ihres Lehrers eben jene Bürde heraus, die sie sich selbst auferlegte. “Was ist das?“, fragte er daraufhin und schon kurz darauf zog er sie mit sich und sie folgte ratlos.
Als sie an Deck kamen herrschte allgemeine Betriebsamkeit. Madiha’s Augen gewöhnten sich an die Helligkeit hier oben und ehe sie noch richtig sehen konnte, stockte ihr Herz. Dort lag sie… Belfa… Ihre Heimat. Madiha starrte das Land an und eine Gänsehaut kroch ihr über den Nacken. Da lag es… oberhalb grünte es, während Sarma im kargen Teil der Insel lag. Und sie machte einen Schritt auf die Reling zu, um sich daran festzuhalten. Sarma brannte… Rauchschwaden stiegen unzählig auf und die Strände schienen mit schwarzem Morast belegt. Madiha erfasste ein Grauen. „So… viele…“,keuchte sie hervor und spürte, wie sich ihr die Kehle zu schnürte. Und sie sollte nun… was? Das Mädchen spürte die Last auf sich, die sie in die Knie zwingen wollte. Sie musste die Augen abwenden, weil sie nicht ertrug, wie es aussah. Sarma war ihre Heimat. Auch wenn sie keine besonders schönen Erinnerungen hatte, die Stadt war und blieb ihre Heimat. Als hätte man ein stummes Gebet erhört, wurde Madiha von dem Schrecken abgelenkt. Seltsame Töne schwappten herüber und sie wandte den Kopf. Auf der anderen Seite des Schiffes tummelten sich im Wasser dutzende Aquaden. Madiha starrte perplex. Sie war übers Deck auf die andere Seite gegangen und betrachtete staunend das Schauspiel im Wasser. „Was…“, keuchte sie und hörte Kjetell’o, der aufgeregt die kleinen Dinge benannte, die die Aquaden emporreckten. "Das sind Perlen, Dutzende!" Sie lehnte sich etwas weiter über die Reling und betrachtete die Gefäße. Dann weiteten sich ihre Augen. „Aber wieso…“ Die Antwort sollte nicht lange warten. Sie erkannte Liquis, der sich deutlich euphorisch von der vorsichtigen Masse abhob. "Madiqa Freund! Hilfe, Hilfe!" Die dunklen Augenbrauen zogen sich schmerzlich zusammen. Das, was sie da erlebte, war… rührend. Madiha spürte, wie ihr Innerstes zuckte. „Liquis… wieso… wieso tut er das?“, murmelte sie ohne den Anspruch, dass ihr jemand die Frage beantwortete. Dann blickte sie zurück nach Sarma. Die Angst war da… sie würde wohl auch nie verschwinden, denn Madiha war entgegen aller Meinungen keine Heldin. Sie war nur Madiha, ein Mädchen, das irgendwie versuchte, allem gerecht zu werden. Dann blickte sie zurück zu Liquis. „Liquis!“, rief sie lauter, damit der Aquade sie hören konnte. „Danke! Danke, Freund!“, rief sie und rang sich auch ein Lächeln ab. Doch als sich ihre Mundwinkel hoben, spürte Madiha, wie etwas in ihr aufriss.
Plötzlich erhielt diese eigenartige Schale einen Riss und ein Bisschen Wärme durchströmte sie, die nichts mit ihrem Feuer zu tun hatte. Die Rührung über Liquis Geste war etwas, das wahrlich erweichen konnte. Sie verstand den Wassermann und hatte kein kohlrabenschwarzes Herz, das nicht mehr im Stande war so etwas zu fühlen. Aber gleichwohl griff die Angst nach ihr. Die Angst um ihn und seine Freunde. „Liquis, du musst verschwinden! Das hier ist kein Ort für dich! Du und deine Freunde… ihr seid nicht sicher hier. Gefahr, Liquis“, sie deutete auf die Insel auf der anderen Seite. „Gefahr! Große Gefahr!“, versuchte sie ihm begreiflich zu machen. Dann deutete sie auf ihn und die anderen. „Ich danke euch… ihr seid alle Freunde! Ich verspreche es, aber ich kann euch nicht zur Gefahr lassen.“, sie schüttelte den Kopf. Sie bedauerte ihre Absage. Aber Madiha hatte geschworen, sie würde alle beschützen. Sie musste. Corax hatte ihr das ermöglicht. Nun musste sie das Beste daraus machen und hoffen, dass sie sich irgendwann wieder mochte, wie Kjetell’o es ihr versprochen hatte. Ihr Blick glitt wieder nach Sarma. Ihre Gesichtsfarbe war etwas blasser als gewöhnlich, weil sie wahrlich Angst davor hatte, die Stadt zu betreten. Aber in ihrem Blick lag eine ungebrochene Entschlossenheit.
„Du hast gesagt, dass man sich wieder ändern kann, wenn man sich nicht mag“, begann sie an Kjet gewandt zu sprechen. Sie schluckte, ballte die Hände zu Fäusten. „Es ist nicht so, dass ich mich nicht mag… Ich bin nur erstarrt vor Angst. Ich fühle nichts in mir, außer dem Wunsch, dass ich das schaffe, was ihr von mir wollt. Ich habe Angst davor euch zu enttäuschen. Euch zu verlieren wie... wie Corax. Große Angst. Und Liquis… er kommt her und will mir helfen und ich… ich muss ihn wegschicken, sonst wird noch jemand von ihnen ernsthaft verletzt…“, Madiha sah zum Wasser zurück. Da stand sie nun auf einem Dunkelelfenschiff und sah sich zwischen Zukunft und Vergangenheit. Liquis naive Art erinnerte sie an das Gestern, bevor ihr die Götter klargemacht hatten, dass sie aufhören musste Kind zu sein. Und das brennende Sarma zeigte ihr die Zukunft, die für sie bereitlag. Eine Zukunft im Kampf. Im Kampf um Gerechtigkeit, damit Sarma wieder aufatmen konnte. Madiha schluckte erneut. „Wo finde ich meinen Platz zwischen allem?“, flüsterte sie und sprach mehr mit sich. Erneut schaute sie zu Liquis. Der Glanz in den goldenen Augen des Aquaden lockte sie, sich einfach wieder, wie sie selbst zu fühlen. Aber sie konnte nicht, in Anbetracht der großen Aufgabe, die vor ihr lag. Sie musste jetzt konzentriert sein. Wachsam. Sie durfte keine Fehler machen, sonst würde jemand verletzt werden.
Oder zum Zeichen, dass sie weiter zuhörte. So oder so aber redete Madiha nicht viel. Und sie zeigte auch nicht die Aufmerksamkeit, die Neugierde, die sie sonst an den Tag legte, wenn Kjetell’o ihr etwas beibrachte. "Ich habe auch in mir eine Veränderung gespürt seit letzter Nacht“, sie hob den Blick nun, Ich ... gefalle mir gerade wenig. Ich fühle mich mir gegenüber fremd, allerdings auch zu kraftlos, zu Altem und Vertrautem zurückzukehren. Das ist, wie ich schon erklärte, ohnehin nicht möglich. Aber ich könnte etwas Neues schaffen, das dem Alten nahekommt. Dem Kjet, der mir gefällt. Mit der Zeit ... wenn ich wieder Kraft für diesen Schritt habe." Er zuckte vor, um sie zu berühren und sie merkte, dass sie sich versteifte. Er bemerkte es und unterließ die Berührung. Madiha hatte Angst, dass jede Berührung nur alles zum Einsturz bringen würde. Dass sie danach aufhörte zu existieren, weil sie sich so angespannt und zerbrechlich fühlte. "Du wirst nicht ewig so bleiben, falls du dir gerade nicht gefällst ... oder dich nicht verstehst. Warte ... auf die nächste Veränderung. Ich verspreche dir, sie wird eintreten." Es war wohl das erste Mal, dass sie kaum Vertrauen in die Worte fasste. So klug und weltgewandt der Elf auch war und sie zu ihm aufsah. Seine Worte prallten gegen eine eigenartige Mauer, rutschten daran herunter und nicht alle von ihnen blieben bei Madiha haften. Dabei tat sie das nicht mal mit Absicht. Sie tat eigentlich überhaupt nichts. Um nicht in einen Redefluss geraten zu müssen, denn derzeit stand ihr der Sinn mehr nach Zuhören, merkte sie an, dass er geweint hatte. "Der Verlust ist groß… weltengroß…“ Sie schluckte. Sofort brannten ihre Augen wieder, der Hals verengte sich und sie brach den Blickkontakt ab. Nach einigen Sekunden erzählte sie lieber von dem Traum und regte scheinbar etwas bei Kjetell’o an.
Sie beobachtete die Veränderung in seinem Gesicht und runzelte die Stirn. Da war es doch glatt sie gewesen, die ihm half, während sie weiter auf der Strecke blieb. Madiha verstand seine Hoffnung nicht, denn bei ihr löste es nur noch mehr Schuld aus. Sie nahm sich vor, niemanden mehr zu verlieren. Sie lud sich die Schicksale der anderen auf, wollte sie sicher wissen und verantwortlich sein dafür. "Nein. Mach dir das nicht zur Aufgabe. Diese Herausforderung kannst du nur verlieren und mit der Zeit würdest du so enttäuscht von dir selbst, dass du es bist, die innerlich stirbt. Ich bitte dich, mach das nicht! Celcia braucht dich jetzt ... mehr denn je." Sie spürte den Druck seiner Hand als seine Finger ihre fanden. Madiha starrte darauf und presste die Lippen aufeinander. Dann hob sie jedoch den Blick. „Alle brauchen mich… Ich werde sie nicht enttäuschen, Kjetell’o. Wir wollen dasselbe“, murmelte sie und entzog ihm ihre Hand wieder, indem sie sich zurücklehnte und etwas von dem Tee trank. "Ohja, Celcia braucht dich. Mehr wie dich. Wir geben unser Bestes, aber wir sollten uns selbst dabei nicht ver-" Er stockte und Madiha wollte gerade aufsaugen, dass sie niemals aufgeben durfte. Sie hörte aus den Worten ihres Lehrers eben jene Bürde heraus, die sie sich selbst auferlegte. “Was ist das?“, fragte er daraufhin und schon kurz darauf zog er sie mit sich und sie folgte ratlos.
Als sie an Deck kamen herrschte allgemeine Betriebsamkeit. Madiha’s Augen gewöhnten sich an die Helligkeit hier oben und ehe sie noch richtig sehen konnte, stockte ihr Herz. Dort lag sie… Belfa… Ihre Heimat. Madiha starrte das Land an und eine Gänsehaut kroch ihr über den Nacken. Da lag es… oberhalb grünte es, während Sarma im kargen Teil der Insel lag. Und sie machte einen Schritt auf die Reling zu, um sich daran festzuhalten. Sarma brannte… Rauchschwaden stiegen unzählig auf und die Strände schienen mit schwarzem Morast belegt. Madiha erfasste ein Grauen. „So… viele…“,keuchte sie hervor und spürte, wie sich ihr die Kehle zu schnürte. Und sie sollte nun… was? Das Mädchen spürte die Last auf sich, die sie in die Knie zwingen wollte. Sie musste die Augen abwenden, weil sie nicht ertrug, wie es aussah. Sarma war ihre Heimat. Auch wenn sie keine besonders schönen Erinnerungen hatte, die Stadt war und blieb ihre Heimat. Als hätte man ein stummes Gebet erhört, wurde Madiha von dem Schrecken abgelenkt. Seltsame Töne schwappten herüber und sie wandte den Kopf. Auf der anderen Seite des Schiffes tummelten sich im Wasser dutzende Aquaden. Madiha starrte perplex. Sie war übers Deck auf die andere Seite gegangen und betrachtete staunend das Schauspiel im Wasser. „Was…“, keuchte sie und hörte Kjetell’o, der aufgeregt die kleinen Dinge benannte, die die Aquaden emporreckten. "Das sind Perlen, Dutzende!" Sie lehnte sich etwas weiter über die Reling und betrachtete die Gefäße. Dann weiteten sich ihre Augen. „Aber wieso…“ Die Antwort sollte nicht lange warten. Sie erkannte Liquis, der sich deutlich euphorisch von der vorsichtigen Masse abhob. "Madiqa Freund! Hilfe, Hilfe!" Die dunklen Augenbrauen zogen sich schmerzlich zusammen. Das, was sie da erlebte, war… rührend. Madiha spürte, wie ihr Innerstes zuckte. „Liquis… wieso… wieso tut er das?“, murmelte sie ohne den Anspruch, dass ihr jemand die Frage beantwortete. Dann blickte sie zurück nach Sarma. Die Angst war da… sie würde wohl auch nie verschwinden, denn Madiha war entgegen aller Meinungen keine Heldin. Sie war nur Madiha, ein Mädchen, das irgendwie versuchte, allem gerecht zu werden. Dann blickte sie zurück zu Liquis. „Liquis!“, rief sie lauter, damit der Aquade sie hören konnte. „Danke! Danke, Freund!“, rief sie und rang sich auch ein Lächeln ab. Doch als sich ihre Mundwinkel hoben, spürte Madiha, wie etwas in ihr aufriss.
Plötzlich erhielt diese eigenartige Schale einen Riss und ein Bisschen Wärme durchströmte sie, die nichts mit ihrem Feuer zu tun hatte. Die Rührung über Liquis Geste war etwas, das wahrlich erweichen konnte. Sie verstand den Wassermann und hatte kein kohlrabenschwarzes Herz, das nicht mehr im Stande war so etwas zu fühlen. Aber gleichwohl griff die Angst nach ihr. Die Angst um ihn und seine Freunde. „Liquis, du musst verschwinden! Das hier ist kein Ort für dich! Du und deine Freunde… ihr seid nicht sicher hier. Gefahr, Liquis“, sie deutete auf die Insel auf der anderen Seite. „Gefahr! Große Gefahr!“, versuchte sie ihm begreiflich zu machen. Dann deutete sie auf ihn und die anderen. „Ich danke euch… ihr seid alle Freunde! Ich verspreche es, aber ich kann euch nicht zur Gefahr lassen.“, sie schüttelte den Kopf. Sie bedauerte ihre Absage. Aber Madiha hatte geschworen, sie würde alle beschützen. Sie musste. Corax hatte ihr das ermöglicht. Nun musste sie das Beste daraus machen und hoffen, dass sie sich irgendwann wieder mochte, wie Kjetell’o es ihr versprochen hatte. Ihr Blick glitt wieder nach Sarma. Ihre Gesichtsfarbe war etwas blasser als gewöhnlich, weil sie wahrlich Angst davor hatte, die Stadt zu betreten. Aber in ihrem Blick lag eine ungebrochene Entschlossenheit.
„Du hast gesagt, dass man sich wieder ändern kann, wenn man sich nicht mag“, begann sie an Kjet gewandt zu sprechen. Sie schluckte, ballte die Hände zu Fäusten. „Es ist nicht so, dass ich mich nicht mag… Ich bin nur erstarrt vor Angst. Ich fühle nichts in mir, außer dem Wunsch, dass ich das schaffe, was ihr von mir wollt. Ich habe Angst davor euch zu enttäuschen. Euch zu verlieren wie... wie Corax. Große Angst. Und Liquis… er kommt her und will mir helfen und ich… ich muss ihn wegschicken, sonst wird noch jemand von ihnen ernsthaft verletzt…“, Madiha sah zum Wasser zurück. Da stand sie nun auf einem Dunkelelfenschiff und sah sich zwischen Zukunft und Vergangenheit. Liquis naive Art erinnerte sie an das Gestern, bevor ihr die Götter klargemacht hatten, dass sie aufhören musste Kind zu sein. Und das brennende Sarma zeigte ihr die Zukunft, die für sie bereitlag. Eine Zukunft im Kampf. Im Kampf um Gerechtigkeit, damit Sarma wieder aufatmen konnte. Madiha schluckte erneut. „Wo finde ich meinen Platz zwischen allem?“, flüsterte sie und sprach mehr mit sich. Erneut schaute sie zu Liquis. Der Glanz in den goldenen Augen des Aquaden lockte sie, sich einfach wieder, wie sie selbst zu fühlen. Aber sie konnte nicht, in Anbetracht der großen Aufgabe, die vor ihr lag. Sie musste jetzt konzentriert sein. Wachsam. Sie durfte keine Fehler machen, sonst würde jemand verletzt werden.
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Re: Schwarze Segel
Wenn jemand verschwand oder starb, den man sehr geschätzt oder gar geliebt hatte, hinterließ es im Leben eines jeden Hinterbliebenen stets ein Loch. Dort strömte alles hinaus, an dem man sonst Freude empfand. Die eigenen Passionen verblassten, ebenso wie Emotionen. Das einzige Gefühl, das zurückblieb, war eine gewisse Einsamkeit ob der Leere im Herzen. Bei Madiha war diese Leere jedoch auch mit anderen Dingen gefüttert worden. Sie war eigentlich ein sehr gewissenhafter Geist. Ein Mensch, der sich nicht nur das eigene Wohlbefinden zu Herzen nahm - überhaupt nicht! Wenn, dann stellte sie es hinten an, um allen anderen zunächst Geborgenheit und Zuversicht zu spenden. Wer sich dermaßen pflichtbewusst und gewissenhaft aufopferte, verrannte sich viel zu schnell in einem Berg aus selbst auferlegten Herausforderungen. Das war bedauerlich, denn es stellte keinen Lohn dar, solange diese Aufgaben nicht erfüllt waren. Manchmal aber türmten sie sich zu hoch und dann genügte ein Steinchen, um eine Lawine ins Rollen zu bringen oder ein einzelner Tropfen, um weite Wellen zu schlagen. Oder der Verlust eines Freundes.
Madiha fühlte sich leer, denn sie wusste ansonsten nichts mehr zu fühlen. Der Druck auf sie hatte dadurch nicht nachgelassen. Nach wie vor stand ihr Entschluss, eine gesamte Stadt vor deren Invasoren - und laut Ilmy offenbar auch vor einem Drachen - zu retten. Doch wenn man sich in Verlusten, Pflichten und den eigenen Gefühlen bereits derart verrannt hatte, übersah man auch Offensichtliches. Madiha konnte es gerade nicht sehen. Ihr Geist war ausgelaugt, ihr Herz schwer, ihre Entschlossenheit angetrieben von der Angst nach noch mehr Verlusten. Niemand sollte mehr sterben. Ein erneuter Baustein auf ihrem Gerüst aus Bürden. Sie musste nun also nicht nur Sarma retten, es durfte dabei auch niemand draufgehen. Kjetell'o hatte ihr geraten, diesem Pfad nicht zu verfolgen. Wenn man sich zu hohe Ziele setzte - unmögliche Ziele - enttäuschte man sich selbst und musste anschließend auch mit einer vorhersehbaren Niederlage kämpfen. Madiha aber fiel es schwer, seinen Rat so anzunehmen wie sie es sonst tat. Der Shyáner Elf erkannte das. Er beobachtete sie und auch wenn er nicht bei jeder weiteren Stufe auf ihrer Abwärtsspirale nach ihrer Hand griff, um sie aufzuhalten, so ließ er sie nicht allein dort hinuntergleiten. Er folgte ihr, mit ein wenig Abstand, um ihr den nötigen Freiraum und die Gelegenheit zu geben, aus eigener Kraft zu entkommen. Denn es konnte ebenso beflügen, wenn man sah, dass man gewisse Dinge allein schaffte. Wichtig war es allerdings, denjenigen nicht vollkommen allein zu lassen. Kjetell'o folgte Madiha stumm auf ihrem Weg, die Augen wachsam auf sie gerichtet. Er würde einschreiten, wenn es wirklich notwendig war. Aber noch ließ er sie durch ihre Umgebung wachsen. Denn der Elf erkannte auch, dass er auf seinem Posten ebenso wenig allein war. Er sollte Recht behalten. Denn obwohl sich vor ihnen die Insel Belfa mit einem von Feuern schwelenden Sarma erhob, so gab es auch anderweitig kleine Lichtblicke. Einer davon war angenehm blau mit algengrünen Flecken auf der Haut ... und er hatte zahlreiche Freunde mitgebracht. Es waren beinahe genug, um in Summe mit den Geschenken gleichzuziehen, die der Aquade mitgebracht hatte. Liquis' Sippe hielt große Muschelschalen über ihre Köpfe, in denen Dutzende Perlen wie weiße, perfekt geformte Eier ruhten. Sie schimmerten matt in der aufgegangenen Sonne. Erneut stießen einige der anderen Aquaden in ihre Muschelhörner, während der übrige Halbkreis dem Schiff etwas näher kam. Nicht alle wagten sich so weit vor wie Liquis. Der erreichte schon den Schiffsrumpf und berührte das Holz. Er tätschelte es, als hätte er einen gigantischen, hölzernen Wal vor sich. Viele seiner Gefährten blieben hingegen auf sicherem Abstand. Dennoch war es ein einzigartiger Anblick, all die Meeresbewohner zu betrachten.
Einer hätte diese Aussicht beinahe verpasst. Sowohl Madiha als auch Kjetell'o hatten den Kapitän des Schiffes selig im Nest unter Deck schlafen lassen. Erstere, weil sie ihn liebte und ihm die Ruhe gönnte. Letzterer, weil er mehr mitbekommen hatte in der Nacht als Madiha. Denn Caleb war nicht die ganze Zeit über bei ihr geblieben.
Nachdem sie eingeschlafen war, hatte er sich eigentlich auch in Manthalas Reich begeben wollen, aber dann war Kjetell'o aufgetaucht. Vollkommen aufgelöst und in tiefer Trauer hatte er kaum die Stufen hinunter geschafft, so sehr schüttelte jedes Schluchzen ihn durch. Caleb war sofort an seiner Seite gewesen. Er hatte ihn zu den Decken geführt, auf denen sie am Tag zuvor gemeinsam gegessen hatten. Er hatte mit ihm gesprochen und irgendwann nach seiner Lieblingsteesorte gefragt. Dann war es der Elf gewesen, der ein Auge auf Madiha hielt. Caleb war Richtung Kombüse verschwunden, aber erst sehr viel später zurückgekehrt. Zwar mit Tee, aber auch der Entschuldigung, dass er so lange gebraucht hatte. Die Mannschaft und Jakub hatten das weitere Vorgehen bei der Ankunft in Belfa besprechen wollen. Da Caleb nun einmal der Kapitän war, musste er Entscheidungen treffen. Den Großteil der Nacht hatten er, sein Erster Maat und einige ausgesuchte Dunkelelfen beraten. Schließlich hatte er sich ein wenig erschöpft zurück unter Deck geschleppt ... und trotzdem noch ein Lächeln für Kjetell'o übrig gehabt.
"Hast du denn schon geweint?", hatte der Shyáner gefragt.
"Mach ich morgen ... keine Zeit bisher", hatte der Dieb geantwortet, sich über den Nacken gerieben und es sich anschließend wieder bei Madiha bequem gemacht. Kjetell'o wusste folglich, warum es richtig war, ihn einfach schlafen zu lassen. Die vielen Klänge der Muschelhörner hatten ihn letztendlich aber doch geweckt. Und so trottete Caleb als Letzter an Deck, noch vollkommen schlaftrunken und wenig ansehnlich. Niemand hätte ihn in dem fleckigen Hemd, das halb aus seiner Hose hing, mit den zerzausten Haaren und barfuß für den Kapitän der Muräne gehalten.
Er gähnte herzhaft und rieb sich die Augen. Dann erst machte er sich ein Bild von den Geschehnissen. Auf der einen Seite das teils in Trümmern liegende Sarma, die Leichen vor der Stadt und all der Rauch darüber. Auf der anderen Seite all die Aquaden, auf ihren Delfinen und noch immer mit dem Perlengeschenk an Madiha.
Und Madiha. Caleb fokussierte den Blick auf sie, schlich langsam näher. Kjetell'o aber hörte ihn sofort. Der Elf lugte über die Schulter zu ihm hin. Beide Männer tauschten stumme Blicke. Der des Diebs war fragend und kurz darauf schüttelte Kjetell'o missmutig den Kopf. Daraufhin kam Caleb noch ein Stück weit näher. Gerade rechtzeitig, um Madihas Reaktion auf die dargebotenen Perlen, auf Liquis und all die Aquaden mitzuerleben.
"Aber wieso.. Liquis ... wieso ... wieso tut er das?"
Caleb schmunzelte, schüttelte gar ein wenig den Kopf. Dann aber schob er sich halb hinter ein Fass und duckte sich leicht. Er wollte den Austausch zwischen Madiha und dem Aquaden nicht unterbrechen, sondern beobachtete zunächst nur. Zeitgleich versuchte er - wie so oft vergeblich - sein Haar etwas zu bändigen.
Kjetell'o hingegen setzte sogar an, Madiha ihre Frage zu beantworten, aber sie war schneller. Ein kurzer Blick auf Sarma genügte ihr, um sich sofort an den Aquaden zu wenden. Jener schaute nach wie vor direkt unterhalb der Reling aus dem Wasser, sein Froschgrinsen breit und die Augen so klar wie Madiha sie eine Zeit lang auch der Welt gezeigt hatte. Das allein genügte schon. Seine rührende Geste und wie er nun zu ihr empor schaute, löste etwas in der Sarmaerin aus. Ein Beweis, dass sie noch nicht zu der leblosen Hülle ihrer selbst geworden war. Denn Liquis berührte sie. Er weckte in ihr eine Wärme, die nicht von ihrem Feuer ausging und doch von jenem auch gespürt wurde.
Ohja ... das liebe ich, säuselte es tief in ihr und sie spürte, dass das Feuer nach der Quelle dieser Wärme suchte, sie tief in Madihas Herzen fand und umkreiste, als wollte es sie zum Tanz einladen. Nein, es balzte um diese Wärme! Es hofierte sie und zeigte, wie schön und glühend es selbst war. Das Magische in ihr wollte sich mit diesem kleinen Funken, der Risse in ihre Hülle aus Leere brach, zusammentun. Es wollte sich vereinen, damit sie einander mehrten ... damit sie etwas Neues, Größeres schufen. Madiha aber konnte sich nicht ganz darauf einlassen. Sie hatte Sarma gesehen und sie sah die naive Arglosigkeit in Liquis' Augen. Er war nicht erwachsen geworden.
"Liquis, du musst verschwinden! Das hier ist kein Ort für dich! Du und deine Freunde ... ihr seid nicht sicher hier. Gefahr, Liquis!" Der Aquade neigte den Kopf. Er grinste noch immer, man bemerkte aber eine gewisse Verständnislosigkeit in seiner Miene ob Madihas Reaktion. Andere, offenbar erfahrenere Aquaden wirkten hingegen unruhig. Vielleicht kannten sich auch den celcianischen Begriff der Gefahr, den Madiha nun vehement wiederholte, um es Liquis zu verdeutlich. Einige verstanden. Sie rissen ihre Delfine herum und stürzten sich mit einem beeindruckenden Salto zurück ins Meer. Andere ließen die Muschelschalen auf den Wellen nieder, dass sie mit all ihren Perlen dort trieben und schwanden einfach hinab. Es blieben aber auch genug, die meisten guckten ähnlich neugierig wie Liquis ... oder aber sie vertrauten ihm und warteten auf eine Entscheidung seitens des Aquaden.
Madiha blickte ein weiteres Mal Richtung Sarma. Da lag sie, die Perle der Wüste. Sie hatte Risse bekommen, aber es strömte keine Wärme hinein, sondern heraus. Ihre Heimat schwelte. Sie brannte unter dem Angriffskrieg der dunklen Völker. Diese mussten längst in der Stadt sein, aber bedeutete es, dass Sarma gefallen war? Oder fanden nun Kämpfe in den Straßen statt, die Madiha als mittelloses Kind durchlaufen hatte? Gab es noch sichere Orte innerhalb der Stadt? Der höchste Turm der Feuerakademie war teilweise eingestürzt. Nicht einmal Cassandras Magier hatten sich offenbar schützen können ... oder sie hatten aufgegeben, worauf sie über Generationen hinweg so stolz gewesen waren. Der Gedanke allein konnte Herzen brechen, so wie die stetigen Attacken der Dunklen schließlich Sarmas Mauern gebrochen hatten.
Und Madiha sollte all das geradebiegen? Sie sollte Sarma retten? Gab es denn noch etwas zu retten? Vielleicht lief sie auch in ihren eigenen Untergang, zusammen mit allen, die ihr so vertrauensvoll folgten.
Lass es nicht erlöschen..., bettelte ihr magischer Feuerkern, aber es half nicht. Angst breitete sich aus. Der winzige Keim aus Wärme wurde davon erstickt. Das Feuer sank bis auf ein Glühen herab und hielt sich lieber ruhig, um nicht auch von dieser Angst erfasst zu werden. Madiha hingegen war innerlich wie gelähmt. Was sollte sie tun? Sie wusste sich nicht zu helfen. Daher wandte sie sich an jenen Mann, der ihr bislang mit Rat und Tat zur Seite stand, auch wenn es eher um Lehrinhalte gegangen war. Doch sie brauchte ihn jetzt, den besonnenen und geduldigen Elfen. Sie brauchte einen Ruhepol, um gegen ihre Emotionen anzukommen. Sie wandte sich an Kjetell'o.
"Du hast gesagt, dass man sich wieder ändern kann, wenn man sich nicht mag."
"So ist es. Lass dich nicht aufhalten, wenn es gut für dich ist."
"Es ist nicht so, dass ich mich nicht mag ... ich bin nur erstarrt vor Angst. Ich fühle nichts in mir, außer dem Wunsch, dass ich das schaffe, war ihr von mir wollt. Ich habe Angst davor, euch zu enttäuschen. Euch zu verlieren wie ... wie Corax." Ein Schmerz trat in Kjetell'os Augen, aber er war nicht mehr so erschreckend wie noch den Abend zuvor. Er nickte dennoch. Er verstand, was in Madiha vorging. "Und Liquis ... er kommt her und will mir helfen und ich ... ich muss ihn wegschicken, sonst wird noch jemand von ihnen ernsthaft verletzt ... Wo finde ich meinen Platz zwischen allem?" Die letzten Worte waren nur noch ein Flüstern, aber auf dem ganzen Schiff war eine solche Ruhe eingekehrt, dass selbst die umstehenden Matrosen Madihas Worte vernommen hatten. Sie blickten ratlos drein. Kjetell'o schaute seine Schülerin hingegen ernst an. Er wägte wohl noch seine Worte ab, denn bisher hatte er nichts erwidert. Madiha blickte über die Reling zu Liquis herunter. Der Aquade mochte kaum etwas von ihrem Konflikt gehört haben und wenn, war zu bezweifeln, dass er alles verstand. Er schaute mit diesen großen, goldenen und naiven Augen zu ihr empor ... und er grinste noch immer so vertrauenvoll, mit dieser Zuversicht, dass sich alles zum Guten wenden würde. Das hatte Corax ihr auch oft gesagt.
"Alles wird gut." Arme legten sich von hinten um sie, dann schob sich ein Kopf an ihre Seite, bettete sich leicht auf ihrer Schulter ab. Barthaare kratzten an ihrer Wange und überall sonst waren wilde Strähnen brauner Haare. Calebs Frisur führte nun einmal ein Eigenleben. Er stand hinter Madiha, leicht vorgebeugt, weil er größer als sie war. Er umarmte sie von hinten, hielt und herzte sie. Vor allem aber war er was, der ihr antwortete. "Wir stehen alle hinter dir, weil du uns immer die Angst genommen hast. Mit deiner Zuversicht, deiner Entschlossenheit und deinem unerschütterlichen Glauben in das Gute, sei es noch so unsichtbar. Du hast die Hoffnung nie aufgegeben." Er gluckste. "Nicht einmal damals, als du bis zum Hals in der Wüste vergraben warst. Erinnerst du dich, wie du herausgekommen bist?" Natürlich tat sie das. "Ich hab dich da rausgeholt ... und das mache ich auch hier, in Sarma. Wir alle tun das." Er schaute zu Kjetell'o herüber und jener nickte aufrichtig. Dann trat er an Madihas Seite. Sein Zögern war nur kurz. Schließlich aber legte er seine Hand auf ihre freie Schulter. "Du machst das hier nicht allein."
"Und das hat auch niemand erwartet. Wir sind bei dir. Wir treten gemeinsam an, um die Stadt zu retten - inklusiver aller, die sich retten lassen wollen." Caleb betonte es noch einmal insbesondere für die Dunkelelfenmatrosen. Nach wie vor stand für ihn fest, nicht gegen eine von beiden Seiten vorzugehen, sondern zu versuchen, das Beste für beide herauszuholen. Das Beste war ein Miteinander, friedvoll und ohne weiteres Blutvergießen.
"Willst du wirklich wissen, warum der kleine Wasserfrosch da unten nochmal aufgetaucht ist?", fragte Caleb, der Madiha einfach nicht losließ. Da musste sie nun durch. Er tat es nicht einmal, als sich plötzlich eine gewaltige Fontäne an der Seite des Schiffes emporhob und Liquis wie ein Blatt im Springbrunnen nach oben wirbelte, bis er mit einem fließenden Sprung an Deck landete. Er hinterließ einige Pfützen, aber niemand beklagte sich. Die meisten schauten nur gebannt auf die wassermagischen Fähigkeiten des Aquaden. Auch er näherte sich nun Madiha, eine Muschelschale voller Perlen in den Flossenhänden. "Madiqa, Quallep, Quek ... Freunde", quäkte er, lächelte Madiha nochmal an und begann dann, zu den einzelnen Dunkelelfen zu gehen, um jedem von ihnen eine Perle zu überreichen. Mit der Letzten aber kehrte er zur Sarmaerin zurück. Er hielt sie hier entgegen, offen in der Handfläche, auf der sie noch immer die verursachte Brandnarbe erkennen konnte.
"Er will an deiner Seite sein und dich unterstützen", fuhr Caleb endlich mit der Beantwortung ihrer Frage fort. "Du willst verhindern, dass einem von uns etwas geschieht. Das gleiche gilt aber auch für uns in Bezug auf dich." Der Dieb drehte seine Liebste in der Umarmung, dass sie einander ansahen. Kjetell'o löste seine Hand dabei nicht von ihrer Schulter. Liquis griff nach Madihas Hand und drückte ihr die letzte Perle hinein. Plötzlich war da aber auch noch Jakub, der sie zwar nicht berührte, aber mit einem Brummen nickte. Selbst die Matrosen traten näher heran.
"Niemand von uns will dich verlieren. Ich am wenigstens", sprach Caleb. "Glaubst du, wir haben keine Angst? Aber wenn wir das zusammen angehen, dann gelingt es. Hab Vertrauen ins und wie wir es in dich haben. Wie wir es in uns haben, dass es ein gutes Ende nimmt." Auf einmal grinste auch Caleb, ganz verschmitzt. "Außerdem ist Dunia in Sarma. Du glaubst doch nicht ernsthaft, sie würde den Dunklen die Stadt überl-"
Ein Brüllen durchbrach den Himmel, um Calebs Worte zu zerfetzen. Es war tief, es war laut, als erzitterte die ganze Insel Belfa darunter. Viele Blicke glitten zu ihr herüber und alle konnten den Ursprung des Lärms nun sehen. Bei den Docks am ungeschützten Hafen der Stadt, außerhalb der Mauern, reckte ein haushoher Drache seinen Kopf in die Höhe. Er blutete aus zahlreichen Wunden, aber gab noch nicht auf. Erneut brüllte er, bevor seine Pranke vor schnellte und einige Gestalten mit Schwung packte. Sie hatten keine Chance, sondern flogen gegen die Sarmaer Stadtmauer, wo sie wie zermatschte Fliegen kleben blieben. Dann brüllte der Drache erneut, schlug heftig mit dem Schwanz aus und zertrümmerte ein Schiff, das zu nah bei ihm vor Anker lag. Unter seine Laute mischten sich die Schreie und einige Befehle derer, die nun vor seinen Pranken flohen. Sie zogen sich ins Innere der Stadt zurück.
"Drache!", brachte Liquis hervor, aber keineswegs ängstlich. Vielmehr schien er überrascht, einen zu sehen. Dass er den celcianischen Begriff überhaupt kannte, ließ wohl einige Umstehende in Staunen zurück. Er aber huschte mit Watschelschritten über das Deck und zur Reling auf der anderen Seite. Dann zeigte er mit seiner Flosse auf die Wüstenstadt, den Hafen und den Geschuppten, der sich dort offenbar unter Schmerzen wand. "Drache, Drache! Madiqa! Schau nur! Ich wusste gar nicht, dass ihr Oberflächler eure eigenen habt. Oh wie schön er ist. So rot wie das Ding um dich herum, das mir wehgetan hat. Glaubst du, er will auch unser Freund sein? Madiqua ... Freund Drache?"
Caleb schnaufte an ihrer Seite. Es klang durchaus amüsiert. "Finden wir's doch raus", meinte er mit einem verwegenen Glitzern in den Augen.
"Willst du dich nicht lieber an den Plan halten - Käpt'n?", erinnerte Jakub und zügelte so das Diebische in Caleb ein wenig, welcher sich gekontert den Nacken rieb.
Madiha fühlte sich leer, denn sie wusste ansonsten nichts mehr zu fühlen. Der Druck auf sie hatte dadurch nicht nachgelassen. Nach wie vor stand ihr Entschluss, eine gesamte Stadt vor deren Invasoren - und laut Ilmy offenbar auch vor einem Drachen - zu retten. Doch wenn man sich in Verlusten, Pflichten und den eigenen Gefühlen bereits derart verrannt hatte, übersah man auch Offensichtliches. Madiha konnte es gerade nicht sehen. Ihr Geist war ausgelaugt, ihr Herz schwer, ihre Entschlossenheit angetrieben von der Angst nach noch mehr Verlusten. Niemand sollte mehr sterben. Ein erneuter Baustein auf ihrem Gerüst aus Bürden. Sie musste nun also nicht nur Sarma retten, es durfte dabei auch niemand draufgehen. Kjetell'o hatte ihr geraten, diesem Pfad nicht zu verfolgen. Wenn man sich zu hohe Ziele setzte - unmögliche Ziele - enttäuschte man sich selbst und musste anschließend auch mit einer vorhersehbaren Niederlage kämpfen. Madiha aber fiel es schwer, seinen Rat so anzunehmen wie sie es sonst tat. Der Shyáner Elf erkannte das. Er beobachtete sie und auch wenn er nicht bei jeder weiteren Stufe auf ihrer Abwärtsspirale nach ihrer Hand griff, um sie aufzuhalten, so ließ er sie nicht allein dort hinuntergleiten. Er folgte ihr, mit ein wenig Abstand, um ihr den nötigen Freiraum und die Gelegenheit zu geben, aus eigener Kraft zu entkommen. Denn es konnte ebenso beflügen, wenn man sah, dass man gewisse Dinge allein schaffte. Wichtig war es allerdings, denjenigen nicht vollkommen allein zu lassen. Kjetell'o folgte Madiha stumm auf ihrem Weg, die Augen wachsam auf sie gerichtet. Er würde einschreiten, wenn es wirklich notwendig war. Aber noch ließ er sie durch ihre Umgebung wachsen. Denn der Elf erkannte auch, dass er auf seinem Posten ebenso wenig allein war. Er sollte Recht behalten. Denn obwohl sich vor ihnen die Insel Belfa mit einem von Feuern schwelenden Sarma erhob, so gab es auch anderweitig kleine Lichtblicke. Einer davon war angenehm blau mit algengrünen Flecken auf der Haut ... und er hatte zahlreiche Freunde mitgebracht. Es waren beinahe genug, um in Summe mit den Geschenken gleichzuziehen, die der Aquade mitgebracht hatte. Liquis' Sippe hielt große Muschelschalen über ihre Köpfe, in denen Dutzende Perlen wie weiße, perfekt geformte Eier ruhten. Sie schimmerten matt in der aufgegangenen Sonne. Erneut stießen einige der anderen Aquaden in ihre Muschelhörner, während der übrige Halbkreis dem Schiff etwas näher kam. Nicht alle wagten sich so weit vor wie Liquis. Der erreichte schon den Schiffsrumpf und berührte das Holz. Er tätschelte es, als hätte er einen gigantischen, hölzernen Wal vor sich. Viele seiner Gefährten blieben hingegen auf sicherem Abstand. Dennoch war es ein einzigartiger Anblick, all die Meeresbewohner zu betrachten.
Einer hätte diese Aussicht beinahe verpasst. Sowohl Madiha als auch Kjetell'o hatten den Kapitän des Schiffes selig im Nest unter Deck schlafen lassen. Erstere, weil sie ihn liebte und ihm die Ruhe gönnte. Letzterer, weil er mehr mitbekommen hatte in der Nacht als Madiha. Denn Caleb war nicht die ganze Zeit über bei ihr geblieben.
Nachdem sie eingeschlafen war, hatte er sich eigentlich auch in Manthalas Reich begeben wollen, aber dann war Kjetell'o aufgetaucht. Vollkommen aufgelöst und in tiefer Trauer hatte er kaum die Stufen hinunter geschafft, so sehr schüttelte jedes Schluchzen ihn durch. Caleb war sofort an seiner Seite gewesen. Er hatte ihn zu den Decken geführt, auf denen sie am Tag zuvor gemeinsam gegessen hatten. Er hatte mit ihm gesprochen und irgendwann nach seiner Lieblingsteesorte gefragt. Dann war es der Elf gewesen, der ein Auge auf Madiha hielt. Caleb war Richtung Kombüse verschwunden, aber erst sehr viel später zurückgekehrt. Zwar mit Tee, aber auch der Entschuldigung, dass er so lange gebraucht hatte. Die Mannschaft und Jakub hatten das weitere Vorgehen bei der Ankunft in Belfa besprechen wollen. Da Caleb nun einmal der Kapitän war, musste er Entscheidungen treffen. Den Großteil der Nacht hatten er, sein Erster Maat und einige ausgesuchte Dunkelelfen beraten. Schließlich hatte er sich ein wenig erschöpft zurück unter Deck geschleppt ... und trotzdem noch ein Lächeln für Kjetell'o übrig gehabt.
"Hast du denn schon geweint?", hatte der Shyáner gefragt.
"Mach ich morgen ... keine Zeit bisher", hatte der Dieb geantwortet, sich über den Nacken gerieben und es sich anschließend wieder bei Madiha bequem gemacht. Kjetell'o wusste folglich, warum es richtig war, ihn einfach schlafen zu lassen. Die vielen Klänge der Muschelhörner hatten ihn letztendlich aber doch geweckt. Und so trottete Caleb als Letzter an Deck, noch vollkommen schlaftrunken und wenig ansehnlich. Niemand hätte ihn in dem fleckigen Hemd, das halb aus seiner Hose hing, mit den zerzausten Haaren und barfuß für den Kapitän der Muräne gehalten.
Er gähnte herzhaft und rieb sich die Augen. Dann erst machte er sich ein Bild von den Geschehnissen. Auf der einen Seite das teils in Trümmern liegende Sarma, die Leichen vor der Stadt und all der Rauch darüber. Auf der anderen Seite all die Aquaden, auf ihren Delfinen und noch immer mit dem Perlengeschenk an Madiha.
Und Madiha. Caleb fokussierte den Blick auf sie, schlich langsam näher. Kjetell'o aber hörte ihn sofort. Der Elf lugte über die Schulter zu ihm hin. Beide Männer tauschten stumme Blicke. Der des Diebs war fragend und kurz darauf schüttelte Kjetell'o missmutig den Kopf. Daraufhin kam Caleb noch ein Stück weit näher. Gerade rechtzeitig, um Madihas Reaktion auf die dargebotenen Perlen, auf Liquis und all die Aquaden mitzuerleben.
"Aber wieso.. Liquis ... wieso ... wieso tut er das?"
Caleb schmunzelte, schüttelte gar ein wenig den Kopf. Dann aber schob er sich halb hinter ein Fass und duckte sich leicht. Er wollte den Austausch zwischen Madiha und dem Aquaden nicht unterbrechen, sondern beobachtete zunächst nur. Zeitgleich versuchte er - wie so oft vergeblich - sein Haar etwas zu bändigen.
Kjetell'o hingegen setzte sogar an, Madiha ihre Frage zu beantworten, aber sie war schneller. Ein kurzer Blick auf Sarma genügte ihr, um sich sofort an den Aquaden zu wenden. Jener schaute nach wie vor direkt unterhalb der Reling aus dem Wasser, sein Froschgrinsen breit und die Augen so klar wie Madiha sie eine Zeit lang auch der Welt gezeigt hatte. Das allein genügte schon. Seine rührende Geste und wie er nun zu ihr empor schaute, löste etwas in der Sarmaerin aus. Ein Beweis, dass sie noch nicht zu der leblosen Hülle ihrer selbst geworden war. Denn Liquis berührte sie. Er weckte in ihr eine Wärme, die nicht von ihrem Feuer ausging und doch von jenem auch gespürt wurde.
Ohja ... das liebe ich, säuselte es tief in ihr und sie spürte, dass das Feuer nach der Quelle dieser Wärme suchte, sie tief in Madihas Herzen fand und umkreiste, als wollte es sie zum Tanz einladen. Nein, es balzte um diese Wärme! Es hofierte sie und zeigte, wie schön und glühend es selbst war. Das Magische in ihr wollte sich mit diesem kleinen Funken, der Risse in ihre Hülle aus Leere brach, zusammentun. Es wollte sich vereinen, damit sie einander mehrten ... damit sie etwas Neues, Größeres schufen. Madiha aber konnte sich nicht ganz darauf einlassen. Sie hatte Sarma gesehen und sie sah die naive Arglosigkeit in Liquis' Augen. Er war nicht erwachsen geworden.
"Liquis, du musst verschwinden! Das hier ist kein Ort für dich! Du und deine Freunde ... ihr seid nicht sicher hier. Gefahr, Liquis!" Der Aquade neigte den Kopf. Er grinste noch immer, man bemerkte aber eine gewisse Verständnislosigkeit in seiner Miene ob Madihas Reaktion. Andere, offenbar erfahrenere Aquaden wirkten hingegen unruhig. Vielleicht kannten sich auch den celcianischen Begriff der Gefahr, den Madiha nun vehement wiederholte, um es Liquis zu verdeutlich. Einige verstanden. Sie rissen ihre Delfine herum und stürzten sich mit einem beeindruckenden Salto zurück ins Meer. Andere ließen die Muschelschalen auf den Wellen nieder, dass sie mit all ihren Perlen dort trieben und schwanden einfach hinab. Es blieben aber auch genug, die meisten guckten ähnlich neugierig wie Liquis ... oder aber sie vertrauten ihm und warteten auf eine Entscheidung seitens des Aquaden.
Madiha blickte ein weiteres Mal Richtung Sarma. Da lag sie, die Perle der Wüste. Sie hatte Risse bekommen, aber es strömte keine Wärme hinein, sondern heraus. Ihre Heimat schwelte. Sie brannte unter dem Angriffskrieg der dunklen Völker. Diese mussten längst in der Stadt sein, aber bedeutete es, dass Sarma gefallen war? Oder fanden nun Kämpfe in den Straßen statt, die Madiha als mittelloses Kind durchlaufen hatte? Gab es noch sichere Orte innerhalb der Stadt? Der höchste Turm der Feuerakademie war teilweise eingestürzt. Nicht einmal Cassandras Magier hatten sich offenbar schützen können ... oder sie hatten aufgegeben, worauf sie über Generationen hinweg so stolz gewesen waren. Der Gedanke allein konnte Herzen brechen, so wie die stetigen Attacken der Dunklen schließlich Sarmas Mauern gebrochen hatten.
Und Madiha sollte all das geradebiegen? Sie sollte Sarma retten? Gab es denn noch etwas zu retten? Vielleicht lief sie auch in ihren eigenen Untergang, zusammen mit allen, die ihr so vertrauensvoll folgten.
Lass es nicht erlöschen..., bettelte ihr magischer Feuerkern, aber es half nicht. Angst breitete sich aus. Der winzige Keim aus Wärme wurde davon erstickt. Das Feuer sank bis auf ein Glühen herab und hielt sich lieber ruhig, um nicht auch von dieser Angst erfasst zu werden. Madiha hingegen war innerlich wie gelähmt. Was sollte sie tun? Sie wusste sich nicht zu helfen. Daher wandte sie sich an jenen Mann, der ihr bislang mit Rat und Tat zur Seite stand, auch wenn es eher um Lehrinhalte gegangen war. Doch sie brauchte ihn jetzt, den besonnenen und geduldigen Elfen. Sie brauchte einen Ruhepol, um gegen ihre Emotionen anzukommen. Sie wandte sich an Kjetell'o.
"Du hast gesagt, dass man sich wieder ändern kann, wenn man sich nicht mag."
"So ist es. Lass dich nicht aufhalten, wenn es gut für dich ist."
"Es ist nicht so, dass ich mich nicht mag ... ich bin nur erstarrt vor Angst. Ich fühle nichts in mir, außer dem Wunsch, dass ich das schaffe, war ihr von mir wollt. Ich habe Angst davor, euch zu enttäuschen. Euch zu verlieren wie ... wie Corax." Ein Schmerz trat in Kjetell'os Augen, aber er war nicht mehr so erschreckend wie noch den Abend zuvor. Er nickte dennoch. Er verstand, was in Madiha vorging. "Und Liquis ... er kommt her und will mir helfen und ich ... ich muss ihn wegschicken, sonst wird noch jemand von ihnen ernsthaft verletzt ... Wo finde ich meinen Platz zwischen allem?" Die letzten Worte waren nur noch ein Flüstern, aber auf dem ganzen Schiff war eine solche Ruhe eingekehrt, dass selbst die umstehenden Matrosen Madihas Worte vernommen hatten. Sie blickten ratlos drein. Kjetell'o schaute seine Schülerin hingegen ernst an. Er wägte wohl noch seine Worte ab, denn bisher hatte er nichts erwidert. Madiha blickte über die Reling zu Liquis herunter. Der Aquade mochte kaum etwas von ihrem Konflikt gehört haben und wenn, war zu bezweifeln, dass er alles verstand. Er schaute mit diesen großen, goldenen und naiven Augen zu ihr empor ... und er grinste noch immer so vertrauenvoll, mit dieser Zuversicht, dass sich alles zum Guten wenden würde. Das hatte Corax ihr auch oft gesagt.
"Alles wird gut." Arme legten sich von hinten um sie, dann schob sich ein Kopf an ihre Seite, bettete sich leicht auf ihrer Schulter ab. Barthaare kratzten an ihrer Wange und überall sonst waren wilde Strähnen brauner Haare. Calebs Frisur führte nun einmal ein Eigenleben. Er stand hinter Madiha, leicht vorgebeugt, weil er größer als sie war. Er umarmte sie von hinten, hielt und herzte sie. Vor allem aber war er was, der ihr antwortete. "Wir stehen alle hinter dir, weil du uns immer die Angst genommen hast. Mit deiner Zuversicht, deiner Entschlossenheit und deinem unerschütterlichen Glauben in das Gute, sei es noch so unsichtbar. Du hast die Hoffnung nie aufgegeben." Er gluckste. "Nicht einmal damals, als du bis zum Hals in der Wüste vergraben warst. Erinnerst du dich, wie du herausgekommen bist?" Natürlich tat sie das. "Ich hab dich da rausgeholt ... und das mache ich auch hier, in Sarma. Wir alle tun das." Er schaute zu Kjetell'o herüber und jener nickte aufrichtig. Dann trat er an Madihas Seite. Sein Zögern war nur kurz. Schließlich aber legte er seine Hand auf ihre freie Schulter. "Du machst das hier nicht allein."
"Und das hat auch niemand erwartet. Wir sind bei dir. Wir treten gemeinsam an, um die Stadt zu retten - inklusiver aller, die sich retten lassen wollen." Caleb betonte es noch einmal insbesondere für die Dunkelelfenmatrosen. Nach wie vor stand für ihn fest, nicht gegen eine von beiden Seiten vorzugehen, sondern zu versuchen, das Beste für beide herauszuholen. Das Beste war ein Miteinander, friedvoll und ohne weiteres Blutvergießen.
"Willst du wirklich wissen, warum der kleine Wasserfrosch da unten nochmal aufgetaucht ist?", fragte Caleb, der Madiha einfach nicht losließ. Da musste sie nun durch. Er tat es nicht einmal, als sich plötzlich eine gewaltige Fontäne an der Seite des Schiffes emporhob und Liquis wie ein Blatt im Springbrunnen nach oben wirbelte, bis er mit einem fließenden Sprung an Deck landete. Er hinterließ einige Pfützen, aber niemand beklagte sich. Die meisten schauten nur gebannt auf die wassermagischen Fähigkeiten des Aquaden. Auch er näherte sich nun Madiha, eine Muschelschale voller Perlen in den Flossenhänden. "Madiqa, Quallep, Quek ... Freunde", quäkte er, lächelte Madiha nochmal an und begann dann, zu den einzelnen Dunkelelfen zu gehen, um jedem von ihnen eine Perle zu überreichen. Mit der Letzten aber kehrte er zur Sarmaerin zurück. Er hielt sie hier entgegen, offen in der Handfläche, auf der sie noch immer die verursachte Brandnarbe erkennen konnte.
"Er will an deiner Seite sein und dich unterstützen", fuhr Caleb endlich mit der Beantwortung ihrer Frage fort. "Du willst verhindern, dass einem von uns etwas geschieht. Das gleiche gilt aber auch für uns in Bezug auf dich." Der Dieb drehte seine Liebste in der Umarmung, dass sie einander ansahen. Kjetell'o löste seine Hand dabei nicht von ihrer Schulter. Liquis griff nach Madihas Hand und drückte ihr die letzte Perle hinein. Plötzlich war da aber auch noch Jakub, der sie zwar nicht berührte, aber mit einem Brummen nickte. Selbst die Matrosen traten näher heran.
"Niemand von uns will dich verlieren. Ich am wenigstens", sprach Caleb. "Glaubst du, wir haben keine Angst? Aber wenn wir das zusammen angehen, dann gelingt es. Hab Vertrauen ins und wie wir es in dich haben. Wie wir es in uns haben, dass es ein gutes Ende nimmt." Auf einmal grinste auch Caleb, ganz verschmitzt. "Außerdem ist Dunia in Sarma. Du glaubst doch nicht ernsthaft, sie würde den Dunklen die Stadt überl-"
Ein Brüllen durchbrach den Himmel, um Calebs Worte zu zerfetzen. Es war tief, es war laut, als erzitterte die ganze Insel Belfa darunter. Viele Blicke glitten zu ihr herüber und alle konnten den Ursprung des Lärms nun sehen. Bei den Docks am ungeschützten Hafen der Stadt, außerhalb der Mauern, reckte ein haushoher Drache seinen Kopf in die Höhe. Er blutete aus zahlreichen Wunden, aber gab noch nicht auf. Erneut brüllte er, bevor seine Pranke vor schnellte und einige Gestalten mit Schwung packte. Sie hatten keine Chance, sondern flogen gegen die Sarmaer Stadtmauer, wo sie wie zermatschte Fliegen kleben blieben. Dann brüllte der Drache erneut, schlug heftig mit dem Schwanz aus und zertrümmerte ein Schiff, das zu nah bei ihm vor Anker lag. Unter seine Laute mischten sich die Schreie und einige Befehle derer, die nun vor seinen Pranken flohen. Sie zogen sich ins Innere der Stadt zurück.
"Drache!", brachte Liquis hervor, aber keineswegs ängstlich. Vielmehr schien er überrascht, einen zu sehen. Dass er den celcianischen Begriff überhaupt kannte, ließ wohl einige Umstehende in Staunen zurück. Er aber huschte mit Watschelschritten über das Deck und zur Reling auf der anderen Seite. Dann zeigte er mit seiner Flosse auf die Wüstenstadt, den Hafen und den Geschuppten, der sich dort offenbar unter Schmerzen wand. "Drache, Drache! Madiqa! Schau nur! Ich wusste gar nicht, dass ihr Oberflächler eure eigenen habt. Oh wie schön er ist. So rot wie das Ding um dich herum, das mir wehgetan hat. Glaubst du, er will auch unser Freund sein? Madiqua ... Freund Drache?"
Caleb schnaufte an ihrer Seite. Es klang durchaus amüsiert. "Finden wir's doch raus", meinte er mit einem verwegenen Glitzern in den Augen.
"Willst du dich nicht lieber an den Plan halten - Käpt'n?", erinnerte Jakub und zügelte so das Diebische in Caleb ein wenig, welcher sich gekontert den Nacken rieb.
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Re: Schwarze Segel
Madiha war ihr ganzes Leben lang allein gewesen. In ihrer Kindheit gab es nur ihre Mutter und das auch nicht immer. Wie oft hatte sie die kleine Madiha in ihrer Ecke irgendwo in Sarma alleingelassen, weil sie sich um ein paar lausige Münzen oder etwas zu Essen kümmern musste? Wie oft war Madiha allein aufgewacht und wusste nicht, ob es dieses Mal für immer wäre? Und später, als sie zu einem aufgeweckten Kind herangewachsen war, allein durch die Straßen strich und nur spät zu ihrem aktuellen Schlafplatz zurückkehrte… Und als sie aufwachte und es tatsächlich für immer allein gewesen war. Madiha hatte in ihrer Zeit als Sklavin stets keine echten Bindungen geschlossen. Dabei wären Möglichkeiten dagewesen. Es lag nicht daran, dass sie nicht instinktiv wusste, wie es ging. Dafür war ihr Herz zu offen und ihre Absichten zu ehrlich. Andere sahen das in ihr und dennoch band man sich nicht an andere, wenn man ein so ungewisses Schicksal teilte. Erst sehr viel später lernte Madiha überhaupt langfristigere Bindungen einzugehen. Ilmy war wohl ihre erste echte Freundin. Und Dunia, der sie gelernt hatte zu vertrauen, weil sie sich ihrer angenommen hatte. Und Caleb, weil er immer dagewesen war… Aber Madiha sah niemanden als selbstverständlich an. Sie dachte nicht so, glaubte nicht daran, dass egal was passierte, sie alle immer bei ihr wären. Madiha wollte sich Mühe geben, wollte etwas zurückgeben, wollte Dankbarkeit zeigen. Sie wollte all jenen immer wieder zeigen, dass sie sie nicht als selbstverständlich annahm. Sie wusste um dieses wertvolle Geschenk der Freundschaft. Und es war ihr heilig. Ja, selbst das Feuer in ihrem Innern, obwohl es zu ihr gehörte und sie dessen Macht befehligen konnte… selbst ihm wollte sie lediglich eine gute Freundin sein.
Das Mädchen aus Sarma stand vor einem Dilemma. Sie hatte sich zu viel aufgebürdet und wollte es jedem Recht machen. Infolgedessen und vor allem wegen des Verlusts einer dieser Freunde, hatte sie ihr Herz eingeschlossen. Sie hatte sich so bemüht, dass jeder das bekam, was er verdiente, hatte sich ihrer angenommen und sie versucht zu bereichern, so gut sie konnte, dass der schiere Verlust von Corax sie hart getroffen hatte. Sie befand sich in einem Vakuum aus Gefühlen und fühlte folglich rein gar nichts mehr. Es dauerte Stunden und die Hoffnung auf Besserung schwand zunehmend. Daran änderte sich auch nichts, als sie am Morgen den Blick auf ihre Heimat werfen musste. Madiha sah überall die Zerstörung, hörte die dumpfen Rufe, erkannte die vielen Tote… Es versetzte sie in blanke Angst, die das Vakuum nur noch mehr schürte. Madiha war wie gelähmt. Es brauchte ein Gegenwicht. Etwas, woran sie Freude empfinden konnte, obwohl sie glaubte, sie längst nicht mehr verdient zu haben. Madiha wurde durch die unzähligen Aquaden abgelenkt. Allen voran aber von Liquis. Sein Blick aus den goldenen Augen, naiv und voller Freude für das Leben war es, der in Madiha Risse erzeugte. Sie kannte das Gefühl ohne sich jemals selbst im Spiegel so gesehen zu haben. Und ihr Feuer reagierte sofort auf die ausströmende Wärme in das gefühlskalte Vakuum. Für einen Moment wollte sie sich diesem Sehen ihres Feuer hingeben. Wollte ihren Widerstand aufgeben und sein, wer sie eben war. Aber dann erinnerte sie sich an die harten Konsequenzen und zog sich wieder zurück. Mehr noch. Sie schickte Liquis mit deutlichen Worten weg. Sie sah, wie einige Aquaden auf ihre Worte reagierten und verschwanden. Es brach ihr das Herz so unnahbar zu sein. Aber sie würde nicht ertragen können, wenn die Wunder dieser Meere schließlich wegen der zarten Verbindung zu ihr einfach das Meer blutrot färben würden…
Ihr Blick lag erneut auf Sarma. Sie fühlte sich so klein, so unsagbar winzig. Erneut griff die Panik nach ihr und das Feuer sträubte sich dagegen. Lass es nicht erlöschen... Ich schaffe es nicht, gab sie zu und blieb trotzdem die ehrliche Haut, die sie immer gewesen war. Sie war an ihre Grenzen gestoßen. Dann sprach sie Kjetell’o an. Es war nicht so, dass Madiha nicht ‚hören wollte‘. Sie hörte sehr wohl zu und sie dachte auch darüber nach. Aber sie fand keine Antworten in sich und brauchte ihren Lehrer. Kjetell’o und die Umstehenden blieben einen Moment ratlos schweigend zurück. Und Madiha ahnte, dass es keine Lösung für ihr Dilemma gab. Dass sie es einfach… tun musste, auch wenn sie selbst daran zugrunde ging. "Alles wird gut." Die Arme, die sich um sie legten, überraschten sie, doch als sich Caleb’s Wange über ihre schob und das bekannte Kratzen hinterließ, bröckelte Madiha’s Vakuum erneut. Sie lehnte sich Caleb entgegen und ließ die Wärme zu, die er ihr nur schenken konnte. "Wir stehen alle hinter dir, weil du uns immer die Angst genommen hast. Mit deiner Zuversicht, deiner Entschlossenheit und deinem unerschütterlichen Glauben in das Gute, sei es noch so unsichtbar. Du hast die Hoffnung nie aufgegeben. Nicht einmal damals, als du bis zum Hals in der Wüste vergraben warst. Erinnerst du dich, wie du herausgekommen bist?“ Madiha’s Blick verschwamm bei seinen Worten. Dann nickte sie. Sie wusste es, als wäre es erst gestern gewesen. Sie würde diesen Todeskampf wohl nie vergessen und sah ihn als Grundpfeiler für ihr weiteres Leben. Sie hatte ihr Schicksal in die Hand genommen und sie hatte bestanden. Sie war hier. "Ich hab dich da rausgeholt ... und das mache ich auch hier, in Sarma. Wir alle tun das.“ "Du machst das hier nicht allein." Madiha blickte zu Kjetell’o und spürte daraufhin auch seine Wärme an ihr. Ihr Widerstand bröckelte sichtbar. Sie war gerührt von Caleb’s Worten, von seiner Einfühlsamkeit. Er ließ sie nicht im Stich, weil sie gerade nicht so richtig wusste, wohin sie sollte.
"Und das hat auch niemand erwartet. Wir sind bei dir. Wir treten gemeinsam an, um die Stadt zu retten - inklusiver aller, die sich retten lassen wollen." Sie japste ein wenig nach Luft. Der Knoten löste sich und verschaffte ihr mehr Platz zum Atmen. Ihr Blick glitt über die Umstehenden und konnte nur Zustimmung erkennen. Dann blieb sie bei Jakub hängen und auch er nickte ihr einvernehmlich zu. Sie alle standen zusammen. Niemand stand allein. Am Wenigsten sie. Sie stand in der Mitte, umringt von Menschen und Elfen und Aquaden, die sich freiwillig ihrem Weg anschlossen. "Willst du wirklich wissen, warum der kleine Wasserfrosch da unten nochmal aufgetaucht ist?" Sie nickte. Bevor er ihr aber die Antwort lieferte, die sie derzeit einfach nicht sehen konnte, kam Liquis mit Hilfe von Wassermagie auf das Schiff zurück und versetzte alle in Staunen. Auch Madiha empfand für die Magie des Wasser durchaus Bewunderung, anstatt Angst. Sie hatte von Kjetell’o gelernt im Fluss mit allem zu sein. Das beherrschte sie zwar nicht immer aber sie vergaß es auch nicht. "Madiqa, Quallep, Quek ... Freunde" "Er will an deiner Seite sein und dich unterstützen. Du willst verhindern, dass einem von uns etwas geschieht. Das gleiche gilt aber auch für uns in Bezug auf dich."
Madiha hatte Liquis beobachtet und ließ sich nun von Caleb sanft herumdrehen. Sie blickte in seine grünen Augen und er konnte in ihren eine zurückkehrende Hoffnung erkennen. Der Beistand war enorm und Madiha so gerührt davon, dass es reichte, dass sie allmählich wieder zu sich kam. "Niemand von uns will dich verlieren. Ich am wenigsten. Glaubst du, wir haben keine Angst? Aber wenn wir das zusammen angehen, dann gelingt es. Hab Vertrauen ins und wie wir es in dich haben. Wie wir es in uns haben, dass es ein gutes Ende nimmt. Außerdem ist Dunia in Sarma. Du glaubst doch nicht ernsthaft, sie würde den Dunklen die Stadt überl-" Sie zuckte. Sie schwelgte noch im warmen Licht seiner erfüllenden Worte, da brach ein Donnern über sie herein. Madiha suchte erschrocken den Auslöser für dieses Grollen und fand es schnell auf der sarmaischen Seite. "Drache!" quäkte Liquis das Offensichtliche, doch Madiha brauchte das, um es wirklich zu verstehen. „Dr…drache?“, flüsterte sie und trat, wie alle anderen dichter an die Relingseite, die nach Sarma zeigte heran. Liquis‘ Worte verstand sie nicht alle aber auch sie konnte sehen, wie sehr er blutete und kämpfte. “… Madiqua ... Freund Drache?" Madiha bekam sofort Mitleid mit ihm. „Er ist verletzt… er…“, sie wusste gar nichts dazu zu sagen. „Ilmy hatte Recht… sie hatte recht!“, keuchte sie daraufhin und ihr wurde bewusst, dass sie es eben AUCH noch mit einem Drachen zutun bekam. Aber Caleb’s Worte, die stummen Zustimmungen der anderen, Liquis‘ Anwesenheit und Kjetell’os Wärme, waren für Madiha Grund genug es endlich auch wieder erkennen zu können. Erkennen zu können, wer sie eigentlich war und wie sie das Leben sah. Dass ein Verlust nicht dazuführen durfte, dass man selbst verloren ging. Madiha erkannte, dass sie nicht allein war. Dass dieser Teil ihres Lebens hinter ihr lag. Sie hatte Freunde… Vertraute.. eine Liebe. Ihr Blick glitt auf den Ring an ihrem Finger. Sie berührte ihn, lächelte wieder. Dann schloss sie die Augen und fühlte nach ihrem Feuer. Tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe… ich hatte selbst unheimlich große. Aber… wir sind nicht allein, nicht wahr? Wir sind viele…, rief sie ihre Magie an und bat um Verzeihung. "Finden wir's doch raus", war da Caleb der sofort das Abenteuer witterte. Madiha tauchte aus ihrem inneren Zwiegespräch auf und hatte eine deutlich gestärktere Haltung. Sie wandte sich an die Mannschaft, blickte jedem entgegen und sie alle konnten ihre ursprüngliche Entschlossenheit erkennen. "Willst du dich nicht lieber an den Plan halten - Käpt'n?" „Wie sieht der Plan aus, Jakub?“, fragte Madiha dann mit fester Stimme. Sie blickte noch mal zu dem Drachen. Es war einfach nur faszinierend, erschreckend und erhaben gleichermaßen. Madiha durchfuhr ein seltsamer Schauer. „Und wir retten jeden, der gerettet werden will…“, griff sie noch mal Caleb’s Worte auf und schloss selbst einen Drachen mit ein, wie es aussah. Sie lächelte Caleb an. Madiha war wieder da.
Das Mädchen aus Sarma stand vor einem Dilemma. Sie hatte sich zu viel aufgebürdet und wollte es jedem Recht machen. Infolgedessen und vor allem wegen des Verlusts einer dieser Freunde, hatte sie ihr Herz eingeschlossen. Sie hatte sich so bemüht, dass jeder das bekam, was er verdiente, hatte sich ihrer angenommen und sie versucht zu bereichern, so gut sie konnte, dass der schiere Verlust von Corax sie hart getroffen hatte. Sie befand sich in einem Vakuum aus Gefühlen und fühlte folglich rein gar nichts mehr. Es dauerte Stunden und die Hoffnung auf Besserung schwand zunehmend. Daran änderte sich auch nichts, als sie am Morgen den Blick auf ihre Heimat werfen musste. Madiha sah überall die Zerstörung, hörte die dumpfen Rufe, erkannte die vielen Tote… Es versetzte sie in blanke Angst, die das Vakuum nur noch mehr schürte. Madiha war wie gelähmt. Es brauchte ein Gegenwicht. Etwas, woran sie Freude empfinden konnte, obwohl sie glaubte, sie längst nicht mehr verdient zu haben. Madiha wurde durch die unzähligen Aquaden abgelenkt. Allen voran aber von Liquis. Sein Blick aus den goldenen Augen, naiv und voller Freude für das Leben war es, der in Madiha Risse erzeugte. Sie kannte das Gefühl ohne sich jemals selbst im Spiegel so gesehen zu haben. Und ihr Feuer reagierte sofort auf die ausströmende Wärme in das gefühlskalte Vakuum. Für einen Moment wollte sie sich diesem Sehen ihres Feuer hingeben. Wollte ihren Widerstand aufgeben und sein, wer sie eben war. Aber dann erinnerte sie sich an die harten Konsequenzen und zog sich wieder zurück. Mehr noch. Sie schickte Liquis mit deutlichen Worten weg. Sie sah, wie einige Aquaden auf ihre Worte reagierten und verschwanden. Es brach ihr das Herz so unnahbar zu sein. Aber sie würde nicht ertragen können, wenn die Wunder dieser Meere schließlich wegen der zarten Verbindung zu ihr einfach das Meer blutrot färben würden…
Ihr Blick lag erneut auf Sarma. Sie fühlte sich so klein, so unsagbar winzig. Erneut griff die Panik nach ihr und das Feuer sträubte sich dagegen. Lass es nicht erlöschen... Ich schaffe es nicht, gab sie zu und blieb trotzdem die ehrliche Haut, die sie immer gewesen war. Sie war an ihre Grenzen gestoßen. Dann sprach sie Kjetell’o an. Es war nicht so, dass Madiha nicht ‚hören wollte‘. Sie hörte sehr wohl zu und sie dachte auch darüber nach. Aber sie fand keine Antworten in sich und brauchte ihren Lehrer. Kjetell’o und die Umstehenden blieben einen Moment ratlos schweigend zurück. Und Madiha ahnte, dass es keine Lösung für ihr Dilemma gab. Dass sie es einfach… tun musste, auch wenn sie selbst daran zugrunde ging. "Alles wird gut." Die Arme, die sich um sie legten, überraschten sie, doch als sich Caleb’s Wange über ihre schob und das bekannte Kratzen hinterließ, bröckelte Madiha’s Vakuum erneut. Sie lehnte sich Caleb entgegen und ließ die Wärme zu, die er ihr nur schenken konnte. "Wir stehen alle hinter dir, weil du uns immer die Angst genommen hast. Mit deiner Zuversicht, deiner Entschlossenheit und deinem unerschütterlichen Glauben in das Gute, sei es noch so unsichtbar. Du hast die Hoffnung nie aufgegeben. Nicht einmal damals, als du bis zum Hals in der Wüste vergraben warst. Erinnerst du dich, wie du herausgekommen bist?“ Madiha’s Blick verschwamm bei seinen Worten. Dann nickte sie. Sie wusste es, als wäre es erst gestern gewesen. Sie würde diesen Todeskampf wohl nie vergessen und sah ihn als Grundpfeiler für ihr weiteres Leben. Sie hatte ihr Schicksal in die Hand genommen und sie hatte bestanden. Sie war hier. "Ich hab dich da rausgeholt ... und das mache ich auch hier, in Sarma. Wir alle tun das.“ "Du machst das hier nicht allein." Madiha blickte zu Kjetell’o und spürte daraufhin auch seine Wärme an ihr. Ihr Widerstand bröckelte sichtbar. Sie war gerührt von Caleb’s Worten, von seiner Einfühlsamkeit. Er ließ sie nicht im Stich, weil sie gerade nicht so richtig wusste, wohin sie sollte.
"Und das hat auch niemand erwartet. Wir sind bei dir. Wir treten gemeinsam an, um die Stadt zu retten - inklusiver aller, die sich retten lassen wollen." Sie japste ein wenig nach Luft. Der Knoten löste sich und verschaffte ihr mehr Platz zum Atmen. Ihr Blick glitt über die Umstehenden und konnte nur Zustimmung erkennen. Dann blieb sie bei Jakub hängen und auch er nickte ihr einvernehmlich zu. Sie alle standen zusammen. Niemand stand allein. Am Wenigsten sie. Sie stand in der Mitte, umringt von Menschen und Elfen und Aquaden, die sich freiwillig ihrem Weg anschlossen. "Willst du wirklich wissen, warum der kleine Wasserfrosch da unten nochmal aufgetaucht ist?" Sie nickte. Bevor er ihr aber die Antwort lieferte, die sie derzeit einfach nicht sehen konnte, kam Liquis mit Hilfe von Wassermagie auf das Schiff zurück und versetzte alle in Staunen. Auch Madiha empfand für die Magie des Wasser durchaus Bewunderung, anstatt Angst. Sie hatte von Kjetell’o gelernt im Fluss mit allem zu sein. Das beherrschte sie zwar nicht immer aber sie vergaß es auch nicht. "Madiqa, Quallep, Quek ... Freunde" "Er will an deiner Seite sein und dich unterstützen. Du willst verhindern, dass einem von uns etwas geschieht. Das gleiche gilt aber auch für uns in Bezug auf dich."
Madiha hatte Liquis beobachtet und ließ sich nun von Caleb sanft herumdrehen. Sie blickte in seine grünen Augen und er konnte in ihren eine zurückkehrende Hoffnung erkennen. Der Beistand war enorm und Madiha so gerührt davon, dass es reichte, dass sie allmählich wieder zu sich kam. "Niemand von uns will dich verlieren. Ich am wenigsten. Glaubst du, wir haben keine Angst? Aber wenn wir das zusammen angehen, dann gelingt es. Hab Vertrauen ins und wie wir es in dich haben. Wie wir es in uns haben, dass es ein gutes Ende nimmt. Außerdem ist Dunia in Sarma. Du glaubst doch nicht ernsthaft, sie würde den Dunklen die Stadt überl-" Sie zuckte. Sie schwelgte noch im warmen Licht seiner erfüllenden Worte, da brach ein Donnern über sie herein. Madiha suchte erschrocken den Auslöser für dieses Grollen und fand es schnell auf der sarmaischen Seite. "Drache!" quäkte Liquis das Offensichtliche, doch Madiha brauchte das, um es wirklich zu verstehen. „Dr…drache?“, flüsterte sie und trat, wie alle anderen dichter an die Relingseite, die nach Sarma zeigte heran. Liquis‘ Worte verstand sie nicht alle aber auch sie konnte sehen, wie sehr er blutete und kämpfte. “… Madiqua ... Freund Drache?" Madiha bekam sofort Mitleid mit ihm. „Er ist verletzt… er…“, sie wusste gar nichts dazu zu sagen. „Ilmy hatte Recht… sie hatte recht!“, keuchte sie daraufhin und ihr wurde bewusst, dass sie es eben AUCH noch mit einem Drachen zutun bekam. Aber Caleb’s Worte, die stummen Zustimmungen der anderen, Liquis‘ Anwesenheit und Kjetell’os Wärme, waren für Madiha Grund genug es endlich auch wieder erkennen zu können. Erkennen zu können, wer sie eigentlich war und wie sie das Leben sah. Dass ein Verlust nicht dazuführen durfte, dass man selbst verloren ging. Madiha erkannte, dass sie nicht allein war. Dass dieser Teil ihres Lebens hinter ihr lag. Sie hatte Freunde… Vertraute.. eine Liebe. Ihr Blick glitt auf den Ring an ihrem Finger. Sie berührte ihn, lächelte wieder. Dann schloss sie die Augen und fühlte nach ihrem Feuer. Tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe… ich hatte selbst unheimlich große. Aber… wir sind nicht allein, nicht wahr? Wir sind viele…, rief sie ihre Magie an und bat um Verzeihung. "Finden wir's doch raus", war da Caleb der sofort das Abenteuer witterte. Madiha tauchte aus ihrem inneren Zwiegespräch auf und hatte eine deutlich gestärktere Haltung. Sie wandte sich an die Mannschaft, blickte jedem entgegen und sie alle konnten ihre ursprüngliche Entschlossenheit erkennen. "Willst du dich nicht lieber an den Plan halten - Käpt'n?" „Wie sieht der Plan aus, Jakub?“, fragte Madiha dann mit fester Stimme. Sie blickte noch mal zu dem Drachen. Es war einfach nur faszinierend, erschreckend und erhaben gleichermaßen. Madiha durchfuhr ein seltsamer Schauer. „Und wir retten jeden, der gerettet werden will…“, griff sie noch mal Caleb’s Worte auf und schloss selbst einen Drachen mit ein, wie es aussah. Sie lächelte Caleb an. Madiha war wieder da.
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Re: Schwarze Segel
Man glaubte an Madiha. Nicht, weil ihre Freunde erwarteten, dass sie als ruhmreiche Heldin sich aussichtslosen Situation stellen und Celcia vor Unheil bewahren würde. Niemand an Bord der Schattenmuräne erwartete das, obgleich sie alle deutlich gemacht hatten, sich auf sie verlassen zu wollen. Hier ging es aber nicht darum, als Märtyrer in einen Kampf zu ziehen, den man nicht gewinnen konnte. Nicht allein! Sie alle waren in diesem Boot. Sie alle würden aufeinander achten und jeder einzelne wollte sein Bestes geben, sie sicher durch diese Gefahrensituation hindurch zu bringen. Im besten Fall, weil man nebenher noch eine ganze Stadt vor Invasoren und jene dunklen Völker vor ihrer eigenen wahnwitzigen Idee rettete. Niemand verlangte von Madiha, sich dem allein zu stellen. Die Erwartungshaltung war eine andere. Ihre Freunde verließen sich darauf, in ihr jenen Hoffnungsfunken zu sehen, der tief in ihr glomm. Denn sie alle hatten Angst, so wie die Sarmaerin in ihrer Mitte, die nun von Caleb umarmt, von Kjetell'o gestützt, von Liquis berührt und von Jakub mit der kernigen Wahrheit angesehen wurde, dass sie sich ebenso auf alle anderen verlassen konnte. Keiner von ihnen würde Madiha ins Messer laufen lassen, nicht einmal der Aquade. Er überschüttete sie mit dem, was sie anderen zeigte, indem er ihr einen - wenngleich froschmaulbreiten - Spiegel vorhielt. Sahen Caleb, Kjetell'o, Jakub und die Matrosen des Schiffes etwas das gleiche in ihr, wenn sie ihre aufgeweckte Art und ihre unschuldige Begeisterung erleben durften? Vielleicht. Madiha sah das Leuchten in Liquis' Augen, die ihr wie flüssiges Gold entgegen schimmerten. Sie sah seine Arglosigkeit, obgleich er doch wissen musste, welche Gefahren sich in ihrem Rücken befanden. Sie sah, dass er dennoch blieb ... aus reiner Sympathie, einer Spur Neugier und weil er sich Madiha jedoch schon genug dafür verbunden fühlte, sie schützen zu wollen. Sie selbst war so versessen darauf, niemanden sterben zu lassen, dass sie dabei vollkommen vergaß, dass es aus Sicht aller anderen auch auf sie zutraf. Die Hoffnung starb zuletzt, also musste man mit aller Macht darum kämpfen, ihre Flamme zu erhalten ... und wäre sie noch so klein. Madiha strahle für so viele hier jene Hoffnung aus und das einfach nur, weil sie war, wer sie war. Niemand erwartete von ihr heorische Leistungen oder dass sie allein es mit einer ganzen Armee aus Dunkelelfen aufnahm. Sie sollte einfach nur hier sein, in dieser Gemeinschaft, damit man die Kraft behielt, kämpfen zu wollen. So sammelten sich ihre Freunde um sie wie eine Heilige, ohne sie in diesen Stand zu erheben. Denn an Heilige stellte man Erwartungen. Madiha aber sollte auf gleicher Ebene bleiben. Sie sollte wie alle anderen auf dieser Ebene ihr bestes geben, damit ihre Bande fest und stark blieben. Gleichzeitig durfte sie den Anspruch stellen, dies auch von ihrem Umfeld erwarten zu dürfen. Das wäre die einzige Erwartung, die sie alle einander stellen: Wir lassen uns nicht allein. Wir stehen das gemeinsam durch. Für Sarma, für Celcia, für uns selbst.
Auch Corax hatte das gewollt. Sein Weg mochte einzelkämpferisch vor ihm gelegen haben und das hatte schließlich zu seinem Ende geführt, aber auch er war diesen Pfad gegangen, um das Wohl der Gemeinschaft zu schützen. Madiha konnte sich sicher sein, dass er bei keinem seiner letzten Atemzüge bereut hatte, den Weg eingeschlagen zu sein. Ebenso wenig, dass er sich allein gefühlt haben mochte. Niemand von ihnen hatte ihn im Stich gelassen. Sie hatten alles getan, was möglich war. Für Corax hatte es nun einfach nicht gereicht. Aber wer wusste schon, was er auf dem Festland bewirkt haben mochte? So vieles blieb ungewiss, weil sie nur die Information hatten, dass etwas Schreckliches geschehen sein musste. So schrecklich, dass er nicht mehr zu ihnen stoßen würde - nie wieder. Aber vielleicht war er erfolgreich gewesen. Der Held, der es geschafft hatte, andere zu befreien, die nun ihrerseits Einfluss auf das Geschehen würden nehmen können. Doch das würden Madiha und ihre Gefährten erst zu einem späteren Zeitpunkt erfahren, vielleicht auch nie. Sie durften sich jetzt nicht auf Spekulationen einlassen, wo sie doch Probleme zu lösen hatten. Lösen wollten, um den Frieden Celcias wiederherzustellen.
Als Caleb Madiha zu sich herumdrehte und sie in seine blaugrünen Augen schaute, fand er die Hoffnung in ihren wieder. Die Leere wurde vertrieben und zwar gänzlich. Denn kein Licht strahlt so hell wie Funke Hoffnung in absoluter Finsternis. Caleb schenkte ihr sein unverkennbare Halunkengrinsen, ein wenig schief, aber umso herzlicher. "Da bist du ja wieder", raunte er ihr zu und streichelte ihre Wange. Keine Vorwürfe, keine Forderung, sich einfach zusammenzureißen. Caleb hatte nicht nur akzeptiert, dass es für eine Weile bei Madiha nicht ging und sie sich erst wieder hatte finden müssen. Er blieb auch an ihrer Seite ... und er grüßte sie mit der gleichen Freude, mit der er sie immer anschaute, wenn ihr Herz vor Aufregung über irgendeine Kleinigkeit bis zu den Iriden empor hüpfte, um dort kurz zu funkeln. Hätten sie nur mehr Zeit, er würde sie nun ausgiebig und liebevoll küssen, aber allein schon seine aufmunternden Worte an sie wurden von der Außenwelt unterbrochen. Genau gesagt, von einem Geschöpf, das sich ebenfalls in dieser Welt befand. Liquis, der schon bis zur Reling gesprung war, verkündete, wer da so lauthals aufbrüllte.
Ein Drache. Madiha sah ihn bereits, noch ehe sie selbst die Reling auf der anderen Seite erreichte. Er war riesig, die Schuppen feurig rot, aber wo das Licht anderer Flammen auf sie fielen, da schimmerten sie in einem Verlauf aus Orange bis hin zu einem sehr hellen Gelb. Der Drache selbst sah wie Feuer aus. Sein robuster Körper war breit, gigantisch und erinnerte an die Panzerung zahlreicher Ritter. Die Schuppen lagen in absoluter Perfektion übereinander, wo er unverletzt war. Nur der Bauch, den er beim Aufbäumen jetzt präsentierte, wirkte in seinem hellen Gelbton irgendwie weich. Ob sich seine Haut kalt anfühlte wie bei anderen Reptilien oder war sie warm, weil alles an ihm nach der Hitze des Elements schrie, das auch Madiha innewohnte? Mit seinen Pranken konnte er gleich mehrere Menschen oder Elfen zerquetschen und er tat es gerade auch. Die scharfen Krallen allein hätten vermutlich bestialische LÖcher in die Muräne reißen können. Lebewesen, kleiner als der Geschuppte selbst, wurden von ihnen einfach zerfetzt, ohne dass er groß Notiz davon nahm. Dennoch blieb er vor den Angriffen nicht vollends gefeit.
"Er ist verletzt ... er..." Madiha erkannte die Speere, die wie viel zu große Zahnstocher unter seinem Schuppengeflecht steckten. Sie sah die Blutrinnsale, die daraus hervor strömten. Sie erkannte schwere Hautlauppen, die nicht mehr zusammenhielten, was zusammengehörte. Sie behielt Recht. Der Drache war verletzt und seine Wut kündete möglicherweise von dem Schmerz, den er verspürte. Schon senkte sich sein gewaltiger Kopf herab, fuhr nach vorn und zwei Dunkelelfen, sowie ein Sarmaer Soldat, der es nicht mehr rechtzeitig aus der Reihe geschafft hatte, wurden unter mannshohen Zähnen zermalmt. Ihr Schiff war noch ein Stück weit weg, aber viele zuckten unter dem Anblick zusammen, als könnten sie die Knochen knacken hören. Madiha hingegen ließen Calebs Worte nicht los. Sie würden jeden retten, der gerettet werden wollte. Sie zählte den Drachen mit dazu. Zumindest für sie stand der Entschluss schon fest, was erneut bewies, dass sich tief in dem aufgebauten Vakuum noch immer ihr gutes Herz verbarg. Es drang mehr und mehr an die Oberfläche. Nicht nur die Worte ihrer Freunde bewirkten das, sondern auch, was sie in Sarma mitansehen musste. Gewalt, Krieg, Tod ... aber letztendlich konnte doch niemand das wollen. Sarmaer nicht, Dunkelelfen, Orks und Goblins nicht ... und auch kein Drache. Andunie hatte es längst bewiesen. Es mochten noch nicht alles perfekt sein, aber mit der Zeit und dem Einsatz von Menschen wie Caleb könnte es gelingen, dass man völkerübergreifend Gemeinschaften bildete. Freundschaften! So wie Madiha sie zu Corax gehegt hatte.
Während sie an ihrem Entschluss festhielt, auch den Drachen in Sarmas Rettung mit einzubeziehen, diskutierten ein viel zu wagemutiger Caleb und ein knochentrockener Jakub darüber, ob man den in der Nacht zuvor über Stunden ausgeklügelten Plan nun verfolgen sollte oder ob man den Dieb wieder einmal mit dem Kopf durch die Wand laufen ließ.
"Wie sieht der Plan aus, Jakub?"
Der Erste Maat hob einen Mundwinkel an und verschränkte die Arme vor der Brust. "Na, hier ist ja doch noch jemand vernünftig", lobte er. "Hör auf deine Frau, Käpt'n!"
"F-Frau ... a-also, wir sind nicht ... noch nicht, ich meine..."
Jakub rollte mit den Augen. Dann wandte er sich eben direkt an Madiha: "Der Plan sieht genauso aus wie die Muräne - schwarz, düster, dunkelelfisch, aye? Wir fahren einfach in den Hafen ein, legen an den Docks an. Schließlich sind wir Verstärkung mit 'nem andunischen Kapitän und ein paar anderen menschlichen ... Unterworfenen. Sklave will ich nich' sagen, sonst kommt noch jemand auf dumme Ideen. Aber wir haben eine Art ... Waffenruhe. So können mit Sarma und den Dunklen gleich ins Thema einsteigen. In Andunie klappt's doch gut, warum nicht auch hier?"
"Du vegisst, dass im Hafen ein Drache hockt und ziemlich wütend aussieht", warf Caleb ein, aber seine Augen blitzten auf. Es war klar, worum er sich am liebsten zuerst kümmern wollte. Caleb hatte keine Angst. Für ihn war der Drache das, was für Madiha ihr erster Blick vom Magierturm auf das Festland gewesen war. Etwas, das er nie zuvor leibhaftig hatte sehen dürfen und das ihn so faszinierte, dass er entgegen aller Risiken jeden Winkel davon erkunden wollte.
Liquis legte nun dem Dieb als auch Madiha eine Flossenhand an die Oberarme. "Drache!", verkündete er erneut. Dann schien er zu glucksen, aber es klang an Land ziemlich röchelig, als erstickte er gleich. Nur die gute Laune, die der Aquade an den Tag legte, zeugte davon, dass man unbesorgt sein konnte. "Aqua, Aqua ... Liquis Freund mit Drache." Selbst der Meeresbewohner wirkte zuversichtlich. Kjetell'o hingegen schwieg über all das. Er stand an der Reling und beobachtete das Schuppenwesen. Derweil machte sich die Mannschaft bereit, in den Hafen einzufahren. Anhand der Befehle hörte man schon heraus, dass man nicht in unmittelbarer Nähe zu dem Drachen anlegen wollte.
Caleb sog die Luft durch seine Nase ein und straffte die Schultern. "Es geht los", sagte er und konnte seine Aufregung kaum verbergen.
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Auch Corax hatte das gewollt. Sein Weg mochte einzelkämpferisch vor ihm gelegen haben und das hatte schließlich zu seinem Ende geführt, aber auch er war diesen Pfad gegangen, um das Wohl der Gemeinschaft zu schützen. Madiha konnte sich sicher sein, dass er bei keinem seiner letzten Atemzüge bereut hatte, den Weg eingeschlagen zu sein. Ebenso wenig, dass er sich allein gefühlt haben mochte. Niemand von ihnen hatte ihn im Stich gelassen. Sie hatten alles getan, was möglich war. Für Corax hatte es nun einfach nicht gereicht. Aber wer wusste schon, was er auf dem Festland bewirkt haben mochte? So vieles blieb ungewiss, weil sie nur die Information hatten, dass etwas Schreckliches geschehen sein musste. So schrecklich, dass er nicht mehr zu ihnen stoßen würde - nie wieder. Aber vielleicht war er erfolgreich gewesen. Der Held, der es geschafft hatte, andere zu befreien, die nun ihrerseits Einfluss auf das Geschehen würden nehmen können. Doch das würden Madiha und ihre Gefährten erst zu einem späteren Zeitpunkt erfahren, vielleicht auch nie. Sie durften sich jetzt nicht auf Spekulationen einlassen, wo sie doch Probleme zu lösen hatten. Lösen wollten, um den Frieden Celcias wiederherzustellen.
Als Caleb Madiha zu sich herumdrehte und sie in seine blaugrünen Augen schaute, fand er die Hoffnung in ihren wieder. Die Leere wurde vertrieben und zwar gänzlich. Denn kein Licht strahlt so hell wie Funke Hoffnung in absoluter Finsternis. Caleb schenkte ihr sein unverkennbare Halunkengrinsen, ein wenig schief, aber umso herzlicher. "Da bist du ja wieder", raunte er ihr zu und streichelte ihre Wange. Keine Vorwürfe, keine Forderung, sich einfach zusammenzureißen. Caleb hatte nicht nur akzeptiert, dass es für eine Weile bei Madiha nicht ging und sie sich erst wieder hatte finden müssen. Er blieb auch an ihrer Seite ... und er grüßte sie mit der gleichen Freude, mit der er sie immer anschaute, wenn ihr Herz vor Aufregung über irgendeine Kleinigkeit bis zu den Iriden empor hüpfte, um dort kurz zu funkeln. Hätten sie nur mehr Zeit, er würde sie nun ausgiebig und liebevoll küssen, aber allein schon seine aufmunternden Worte an sie wurden von der Außenwelt unterbrochen. Genau gesagt, von einem Geschöpf, das sich ebenfalls in dieser Welt befand. Liquis, der schon bis zur Reling gesprung war, verkündete, wer da so lauthals aufbrüllte.
Ein Drache. Madiha sah ihn bereits, noch ehe sie selbst die Reling auf der anderen Seite erreichte. Er war riesig, die Schuppen feurig rot, aber wo das Licht anderer Flammen auf sie fielen, da schimmerten sie in einem Verlauf aus Orange bis hin zu einem sehr hellen Gelb. Der Drache selbst sah wie Feuer aus. Sein robuster Körper war breit, gigantisch und erinnerte an die Panzerung zahlreicher Ritter. Die Schuppen lagen in absoluter Perfektion übereinander, wo er unverletzt war. Nur der Bauch, den er beim Aufbäumen jetzt präsentierte, wirkte in seinem hellen Gelbton irgendwie weich. Ob sich seine Haut kalt anfühlte wie bei anderen Reptilien oder war sie warm, weil alles an ihm nach der Hitze des Elements schrie, das auch Madiha innewohnte? Mit seinen Pranken konnte er gleich mehrere Menschen oder Elfen zerquetschen und er tat es gerade auch. Die scharfen Krallen allein hätten vermutlich bestialische LÖcher in die Muräne reißen können. Lebewesen, kleiner als der Geschuppte selbst, wurden von ihnen einfach zerfetzt, ohne dass er groß Notiz davon nahm. Dennoch blieb er vor den Angriffen nicht vollends gefeit.
"Er ist verletzt ... er..." Madiha erkannte die Speere, die wie viel zu große Zahnstocher unter seinem Schuppengeflecht steckten. Sie sah die Blutrinnsale, die daraus hervor strömten. Sie erkannte schwere Hautlauppen, die nicht mehr zusammenhielten, was zusammengehörte. Sie behielt Recht. Der Drache war verletzt und seine Wut kündete möglicherweise von dem Schmerz, den er verspürte. Schon senkte sich sein gewaltiger Kopf herab, fuhr nach vorn und zwei Dunkelelfen, sowie ein Sarmaer Soldat, der es nicht mehr rechtzeitig aus der Reihe geschafft hatte, wurden unter mannshohen Zähnen zermalmt. Ihr Schiff war noch ein Stück weit weg, aber viele zuckten unter dem Anblick zusammen, als könnten sie die Knochen knacken hören. Madiha hingegen ließen Calebs Worte nicht los. Sie würden jeden retten, der gerettet werden wollte. Sie zählte den Drachen mit dazu. Zumindest für sie stand der Entschluss schon fest, was erneut bewies, dass sich tief in dem aufgebauten Vakuum noch immer ihr gutes Herz verbarg. Es drang mehr und mehr an die Oberfläche. Nicht nur die Worte ihrer Freunde bewirkten das, sondern auch, was sie in Sarma mitansehen musste. Gewalt, Krieg, Tod ... aber letztendlich konnte doch niemand das wollen. Sarmaer nicht, Dunkelelfen, Orks und Goblins nicht ... und auch kein Drache. Andunie hatte es längst bewiesen. Es mochten noch nicht alles perfekt sein, aber mit der Zeit und dem Einsatz von Menschen wie Caleb könnte es gelingen, dass man völkerübergreifend Gemeinschaften bildete. Freundschaften! So wie Madiha sie zu Corax gehegt hatte.
Während sie an ihrem Entschluss festhielt, auch den Drachen in Sarmas Rettung mit einzubeziehen, diskutierten ein viel zu wagemutiger Caleb und ein knochentrockener Jakub darüber, ob man den in der Nacht zuvor über Stunden ausgeklügelten Plan nun verfolgen sollte oder ob man den Dieb wieder einmal mit dem Kopf durch die Wand laufen ließ.
"Wie sieht der Plan aus, Jakub?"
Der Erste Maat hob einen Mundwinkel an und verschränkte die Arme vor der Brust. "Na, hier ist ja doch noch jemand vernünftig", lobte er. "Hör auf deine Frau, Käpt'n!"
"F-Frau ... a-also, wir sind nicht ... noch nicht, ich meine..."
Jakub rollte mit den Augen. Dann wandte er sich eben direkt an Madiha: "Der Plan sieht genauso aus wie die Muräne - schwarz, düster, dunkelelfisch, aye? Wir fahren einfach in den Hafen ein, legen an den Docks an. Schließlich sind wir Verstärkung mit 'nem andunischen Kapitän und ein paar anderen menschlichen ... Unterworfenen. Sklave will ich nich' sagen, sonst kommt noch jemand auf dumme Ideen. Aber wir haben eine Art ... Waffenruhe. So können mit Sarma und den Dunklen gleich ins Thema einsteigen. In Andunie klappt's doch gut, warum nicht auch hier?"
"Du vegisst, dass im Hafen ein Drache hockt und ziemlich wütend aussieht", warf Caleb ein, aber seine Augen blitzten auf. Es war klar, worum er sich am liebsten zuerst kümmern wollte. Caleb hatte keine Angst. Für ihn war der Drache das, was für Madiha ihr erster Blick vom Magierturm auf das Festland gewesen war. Etwas, das er nie zuvor leibhaftig hatte sehen dürfen und das ihn so faszinierte, dass er entgegen aller Risiken jeden Winkel davon erkunden wollte.
Liquis legte nun dem Dieb als auch Madiha eine Flossenhand an die Oberarme. "Drache!", verkündete er erneut. Dann schien er zu glucksen, aber es klang an Land ziemlich röchelig, als erstickte er gleich. Nur die gute Laune, die der Aquade an den Tag legte, zeugte davon, dass man unbesorgt sein konnte. "Aqua, Aqua ... Liquis Freund mit Drache." Selbst der Meeresbewohner wirkte zuversichtlich. Kjetell'o hingegen schwieg über all das. Er stand an der Reling und beobachtete das Schuppenwesen. Derweil machte sich die Mannschaft bereit, in den Hafen einzufahren. Anhand der Befehle hörte man schon heraus, dass man nicht in unmittelbarer Nähe zu dem Drachen anlegen wollte.
Caleb sog die Luft durch seine Nase ein und straffte die Schultern. "Es geht los", sagte er und konnte seine Aufregung kaum verbergen.
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