Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Sie steht direkt am Strand. Hier wird die Wassermagie gelehrt, aber das ist offensichtlich. Das Wasser fließt nämlich aus Fenstern und über Zinnen, wie kleine Wasserfälle, bildet einen Graben um sie und strömt schließlich ins Meer hinein.
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Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Sonntag 26. März 2023, 17:20

Madiha kommt von Stille Wunden

"Gibt es einen Platz an der Luft für uns, wo wir ungestört reden können?", hatte sie gefragt. "Den gibt es", antwortete Caleb, sobald Madiha ihn in den Korridor mitgezogen hatte. Von da an führte er sie beide durch die Gänge, als kannte er sich hier schon etwas aus. Eine ganze Weile begegneten sie niemandem, bis sie den Flügel verließen, der diesen Teil der Akademie ausmachte. Sie erreichten eine breite Treppe, die auf der gegenüberliegenden Seite einen Zwilling für den anderen Flügel des Gebäudes besaß. Beide führten auf halber Höhe aufeinander zu und zweigten dann zur Seite ab, um gemeinsam eine letzte, große Treppe zu bilden, die in die untere Etage führte. Hier trafen Madiha und ihr Dieb das erste Mal auf andere Gesichter. Dunkelelfen, schwarz gerüstet und bewaffnet. Sie bewachten die unterste Treppenstufe zu beiden Seiten. Keiner von ihnen versperrte Caleb den Weg, dennoch hielt er an und wartete darauf, dass man ihn musterte. Der rechte Elf tat es. Er war schwarz wie die Nacht mit gleichfarbigen Augen, die an Corax' Perlen erinnerten. Er mochte kein Sklave sein und doch wirkte auch er hier wie ein Schatten. Sein Blick war fragend, aber er stellte keine. Dennoch antwortete Caleb: "Die Herrin erlaubt einen Spaziergang für ihre jüngste Errungenschaft."
Der Dunkelelf musterte Madiha nun. Er schien sie zu erkennen und vielleicht erinnerte sie sich sogar an ihn als einen der letzten Verbliebenen. Jene Dunkelelfen, die Caleb und Jakub hatten angreifen wollen. Warum nur tat er es jetzt nicht? Er musste doch gesehen hahen, wie Caleb seine Meisterin Serpentis gemeuchelt hatte! Er nickte nur und der Dieb zog Madiha an ihm vorbei durch die Halle.
Er schien zu ahnen, dass ihr die Frage unter den Nägeln brannte. Das einzige, was das Mädchen jemals wieder brennen lassen wollte. Trotzdem wartete er mit einem aufklärenden Gespräch und das war gut so. Fernab des Flügels, aus dem sie gekommen waren, gab es nur noch wenige Gänge, durch die nicht gerade jemand spazierte. Außerdem hielten hier überall Dunkelelfen Wache. Magier schlenderten umher, wobei ihre Herkunft nicht ausschlaggebend zu sein schien. Eine Zwergin passierte Madiha und Caleb mit kleinen, eiligen Schritten. Sie kamen an einer bunt gemischten Gruppe aus Eleven vorbei, die ähnliche Kleidung trugen wie die Sarmaerin. Da waren Menschen, Dunkel- und Waldelfen, sogar ein Wesen, das sie nie zuvor gesehen hatte. Unheimlich sah es aus, so groß und mit violetter Haut! Es ignorierte die beiden vollkommen. Caleb kümmerte sich auch nicht groß um jene, an denen sie vorüber zogen. Sie mussten einige Gänge durchlaufen, bis er sein Ziel erreichte. Der Dieb führte Madiha eine schmale Wendeltreppe hinunter, die nur auf der Außenseite von Menschen geschaffene Wände besaß. Die Achse, um die sie sich drehte, war bloßer Fels, kalt und texturiert. Teilweise klebten sogar Muscheln direkt an ihm dran. Schließlich erreichten sie eine kleine, aber schwere Holztür am Fuß der Treppe. Caleb musste Madiha loslassen, um den Riegel zu lösen und sie aufzuschieben. Unter einem Knarren gab sie nach und schon dran Tageslicht durch die schmale Öffnung.
Kalte, salzige Luft schlug Madiha entgegen. Die Sonnenstrahlen mussten sie wärmen, denn das Meer frischte den Wind hier gehörig auf. Steinerne Stufen führten zwischen Felsen weiter nach unten und nur ein altes Geländer aus Metall bot den Unsicheren Halt. Sie mussten sich irgendwo unterhalb der Akademie befinden, auf den Felsen, die das stolze Wasser-Intitut trug. Leere Nester kündeten davon, dass die Möwen sich andere Nistplätze gesucht hatten. Hier brausten die Wellen einfach zu sehr auf. Mehr als einmal wurde Madiha beim Herabsteigen von Tröfpchen der Gischt benetzt, es fühlte sich allerdings ungemein erfrischend an. Es roch alles ein wenig fischig, ohne unangenehm zu sein. Im Schatten eines bogenförmigen Felsens, an dessen oberen Rand man noch die Balkone einiger Gebäude der Akademie erkennen konnte, war ein Steg zu sehen. Das musste der Seeweg sein, von dem der unglückselige Eierjunge gesprochen hatte. Ein vertäutes Boot schaukelte auf den Wellen, aber es war nicht das Einzige, was es hier zu sehen gab. Vor dem Steg, hatte jemand eine kleine Hütte aus dicken Felssteinen gebaut, deren Reetdach über und über mit allerlei Grünzeug, Algen und Muscheln bedeckt war. Vor der Hütte fand sich eine Bank. Dort führte Caleb Madiha nun hin und deutete ihr an, sich mit ihm zu setzen.
"Das Haus hier ist nur ein Vorratslager für Nachtlieferungen, da dann die Tür zur Wendeltreppe verschlossen ist. Aber manche bringen ihre Sachen eben nur nachts, hat man mir gesagt." Caleb schaute zum Boot herunter. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Hüttenwand. "Wen du hungrig bist, sitbitzen wir etwas. Das wird im Moment sowieso niemand merken. Kjetell'o hält alle auf Trab." Er grinste schief und fuhr sich dann mit der Hand durch das Haar. "Es ist viel passiert in einer Woche."
Eine Woche. So lange mussten Madiha und Azura, vielleicht auch Corax, bewusstlos in ihren Betten gelegen haben. Falls sie zwischendurch einmal erwacht waren, konnte das Mädchen sich nicht mehr daran erinnern. Eine Woche, in der Caleb allein hatte zurechtkommen müssen mit dem Wissen, das nunmehr als der kleine Einhorndolch an seinem Gürtel baumelte. Aber er konnte noch grinsen. Lediglich das Besprechen wichtiger Themen schien ihm schwer zu fallen, denn alles, was er tat, war es, Madihas Hand zu greifen und ihren Handrücken zu streicheln. Sein Blick galt dem Meer.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Donnerstag 30. März 2023, 10:07

Madiha spürte, wie sie ein wenig tiefer Luftholen konnte, nachdem sie und Caleb den Raum mit Azura und Corax verlassen hatten. Es war wie eine Last, die ihr ein Stückchen von den Schultern gehoben wurde. Es war bereits schwer genug die Schuld auf sich zu spüren, sie aber vermeintlich in den Augen eines jeden ihrer Gefährten zu entdecken war kaum zu ertragen. Corax hatte ihr etwas dieser Last genommen und sie spürte auch die Veränderung dessen, doch das änderte nichts daran, dass sie glaubte an dem Unheil maßgeblich schuld zu sein. Und auch an den persönlichen Schicksalen, eines jeden von ihnen, die aus ihrer Unfähigkeit resultierten. Das Mädchen glaubte aus tiefstem Herzen, dass sie die Lage verschlimmert hatte. Und auch wenn es niemand ansprach, sie wusste es. So blieb sie an der Hand ihres Diebes, um ein wenig Sicherheit zu spüren, während sie ihm durch die Gänge folgte. Allerdings war Madiha bei weitem nicht mehr so neugierig und sie zeigte auch kein Staunen auf ihrem Gesicht. Sie folgte und sie beobachtete stumm die Mauern der Akademie, bis sie am Fuße der großen Treppe anlangten und stehenblieben. Das Mädchen warf den beiden Dunkelelfen einen knappen Blick zu und fasste die Hand von Caleb unwillkürlich stärker nach. Schon ruhten die Augen auf ihr, die so pechschwarz waren wie das Leid, das Corax aus ihr und Azura gezogen hatte. Eine Gänsehaut überflutete sie und sie senkte augenblicklich den Kopf. Nur nicht auffallen. So überlebte man. Dass Madiha in dem Moment tatsächlich als eine ‚Errungenschaft‘ und somit eine neue Sklavin verkauft wurde, um den Schein zu wahren, wurde ihr durch Caleb’s Worte bewusst. Sie runzelte nur die Stirn und fragte sich trotzdem, was das zu bedeuten hatte, auch wenn sie weder einen Blick noch ein Wort riskierte. Ganz in ihrem aufgezwungenen Element, folgte Madiha weiter als sie unbehelligt weiterziehen durften und wich hier und dort Entgegenkommenden aus. Normalerweise hätte ihre naive Ader sich nun gemeldet. Sie hätte den Kopf staunend gehoben und ihren Blick über die imposanten Mauerwerke wandern lassen. Sie hätte die anderen Wesen mit unverhohlener Neugierde betrachtet und ein Leuchten in den graublauen Augen gehabt. Aber der Funke war erloschen. Das, was das Mädchen neugierig auf die Welt machte, was sie handeln und auch mal Regeln brechen ließ, das lag trotz Corax‘ Hilfe noch immer unter der Last begraben. Madiha wurde zu dem Schatten, der sie zu sein hatte und nur dann und wann huschten ihre Augen über die Szenerie. Aber verstohlen, unsicher und nicht offen und staunend, wie ein Kind, das zum ersten Mal seine Umgebung entdeckte. Einzig an dem violetten Wesen blieben ihre Augen einen Moment länger hängen. So etwas hatte sie noch nie gesehen und ihre Augen hafteten auf der hohen, schlanken Gestalt und dieser Andersartigkeit. Fast hätte sie die Frage gestellt, die sich in ihrer Kehle bildete, doch sie verließen die belebteren Teile und fanden schließlich vor der Tür zur Wendeltreppe Halt. Madiha wartete geduldig, bis sie Caleb dann die steinerne Küstentreppe hinunterfolgte. Immer wieder spritzte die Gischt auf ihr Gesicht und erinnerte sie massiv an das kühlende Gefühl, das der Regen Ventha’s auf ihre Haut gezaubert hatte. Und die Tropfen erinnerten sie an ihr eigenes Gefühl, dass sie verglühen würde. Dass sie die gerufene Magie nicht würde halten können und alle verbrennen würde. Sie fröstelte. Madiha wischte sich das Meerwasser aus dem Gesicht und richtete ihren Blick auf die kleine Hütte, die immer näherkam. Und auf den Steg mit dem Boot. Sie erinnerte sich an den Eierjungen und wie die Dominanz und Häme der Wachen sie in Rage versetzt hatten. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, dass sie dem Jungen zugesehen hatte. Unten angekommen, folgten sie dem Strand und setzten sich dann auf die Bank an der Hütte. Es war ein wundervoller Platz, wie sie erkennen musste. Madiha blieb einen Moment zögerlich neben der Bank stehen und ließ den Blick noch mal darüber wandern, sodass Caleb ihr gleich die Erklärung dazu lieferte. "Das Haus hier ist nur ein Vorratslager für Nachtlieferungen, da dann die Tür zur Wendeltreppe verschlossen ist. Aber manche bringen ihre Sachen eben nur nachts, hat man mir gesagt." Sie nickte. „Verstehe…“, murmelte sie und ihre Stimme klang seltsam kratzig in ihren Ohren.

Madiha räusperte sich leise, bevor sie sich ebenfalls auf die Bank setzte und den Blick auf das Meer richtete. "Wenn du hungrig bist, stibitzen wir etwas. Das wird im Moment sowieso niemand merken. Kjetell'o hält alle auf Trab. Es ist viel passiert in einer Woche.“ Sie richtete überrascht ihre Augen auf sein Profil. „Eine Woche?!“, Madiha blickte zur Seite und schließlich nach unten. Eine Woche lang, war sie offenbar nicht ansprechbar gewesen. Unter dem sanften Streicheln ihres Handrückens, entdeckte Madiha den Dolch an seiner Hüfte. Instinktiv schob sie ihre Fingerspitzen nach vorn, um ihn zu berühren, doch dann hielt sie inne. Sie verbarg ihre Fingerspitzen in einer Faust und schloss die Augen. „Wie geht es dir, Caleb?“, wollte sie leise wissen und öffnete zögernd die Augen wieder. Sie zwang sich regelrecht dem Dieb ins Gesicht zu blicken und zu ertragen, wenn sie in seinen den Schmerz über seine Tat erkennen würde. „Ich wollte nicht, dass du…“, sie brach ab und löste ihre Hand aus seiner. Sie hatte die Zärtlichkeit am wenigsten verdient. Aber er… er brauchte sie vielleicht. „Wieso trägst du den Dolch noch immer?“, fragte sie schließlich und ergriff nun seine Hand. Sie wollte ihm Wärme zuteilwerden lassen. Er hatte sie verdient. „Wie habt ihr es nur geschafft, dass sie alle glauben Serp…Serpentis lebt noch? Ich habe gesehen wie du…“, ihre Stimme brach und sie legte eine Hand an ihren Mund, während sie den Kopf hängen ließ. Doch sie hielt ihre Tränen zurück. Es ging nicht um sie. Jetzt war er dran. Sie atmete tief durch und hob den Blick wieder. „Hat Corax… hat er dir das Leid genommen? Bitte, Caleb… sag mir ehrlich, wie es dir geht…“, bat sie ihn eindringlich und griff stärker um seine Hand. Sie musste es wissen und sie würde für ihn da sein. Sie würde alles tun, um es wiedergutzumachen. Sie würde sogar gehen, wenn es ihm dann leichter fallen würde. Madiha wollte nur, dass es ihm gut ging. Sie diente auch ihm und würde, das was sie empfand für immer einschließen, wenn sie nur wüsste, dass er sich nicht hinter seiner Maske versteckte und er ob des Mordes innerlich vor Kummer verging…
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 30. März 2023, 14:46

Bisher hatte sie nicht viel mehr gesehen als ihre Heimat und selbst in der Wüstenstadt Sarma waren ihr so viele, schöne Dinge verborgen geblieben. Trotzdem hatte Madiha sich stets die kleinsten Details herausgepickt, an denen sie sich erfreuen oder die sie bestaunen konnte. Seien es die besonders schönen Stickereien auf einem der Quastenkissen in ihrem Haremsbereich oder der exotische Duft bestimmter Rosenwässerchen irgendeines Geschäftspartners von Khasib, der bei dessen Ankunft in der großen Eingangshalle in der Luft hing. Es gab stets etwas, an dem sie hatte festhalten können, um sich ihre Welt bunt zu malen. Und neue Umgebungen ließen das Mädchen der Wüste jedes Mal staunen. Sie sog deren Eindrücke auf wie ein Schwamm. Auf diese Weise hatte sie sich auch kaum sattsehen können an den farbenfrohen Gartenanlagen der Akademie der Feuermagie und nicht zuletzt am Gebäude selbst, das sowohl von außen als auch innen Ehrfurcht gebot. Doch auch in Menschen hatte Madiha stets etwas gefunden, das sie bewundern und bestaunen konnte. Was sie nicht alles in Calebs Augen hatte sehen können! In diesem Gemisch aus sanftem Seegras und tiefem Himmel, aus jungen Palmenblättern über einer Oase. Es sah jedes Mal neu und beeindruckend aus, wenn ihre Blicke sich gekreuzt hatten. Es war jedes Mal Nahrung für ihre innere Flamme gewesen, die Madiha nur allzu gern mit Bildern von Calebs Seelenspiegeln gefüttert hatte. Doch jetzt schien es nichts zu geben, um das Feuer zu nähren. Es drohte, unter der eigenen Glut zu ersticken. Es fraß, aber ohne Wärme zu spenden. Madiha nahm auf ihrem Weg hinunter zum Felsensteg reichlich Eindrücke auf, aber sie waren grau. Das Feuer fraß die Farben, die nicht ausreichten, um es erneut anzuheizen. Betäubt wanderte das Wüstenmädchen durch eine taube Welt, ein Schatten unter Schatten. Eines Tages würde sie mit ihnen verschmelzen, wenn ihr Feuer erlosch und nichts als Dunkelheit mehr blieb.
Calebs Augen, die ihr immer wie ein Anker in aller Trostlosigkeit gewesen waren und die stets in ihrem Blickfeld auftauchten, wenn sie sich in größter Not suchend umsah, konnten sie heute und jetzt auch nicht retten. Denn er schaute sie nicht an. Er saß stumm neben ihr, blickte hinaus auf das Meer und seine Miene wurde für Madiha immer schwerer zu deuten. Er wirkte nachdenklich, zugleich auch irgendwie unentschlossen. Er hatte sie bis hierher mitgenommen, wo es ruhig war und die natürlichen Geräusche der Küste jene friedvolle Stille erzeugten, die eine Seele zum Durchatmen brauchte. Aber er schaute Madiha nicht an. Er sprach sie nicht an, abgesehen von seinem Vorschlag, etwas zu essen und seinem Hinweis, dass sie eine Woche lang nicht am Leben teilgenommen hatte. Eine ganze Woche, in der Caleb mit sich und seinem Schicksal allein gewesen war.
"Wie geht es dir Caleb?"
"Hm?" Endlich löste sich sein Blick von dem des Meeres. Er drehte den Kopf und seine Augen suchten nach Madihas. Sie zwang sich zum Erwidern, weil sie glaubte, es verdient zu haben, ihm nun in die von Schmerz und Kummer überschatteten Augen sehen zu müssen. Sicherlich hatte der Himmel sich verdunkelt, besaß graue Wolken und das schöne Seegras verdorrte mit gelben Halmen. Es war ihre Strafe, weil es nicht hatte aufhalten können und er so lange damit allein hatte umgehen müssen. Eine Woche lang. Sie verdiente den Anblick. Also schaute sie auf ... und durfte überrascht sein.
Calebs Augen waren klar. Seien Brauen formten einen fragenden Rahmen um das Blaugrün, das ihr so vertraut war und sich sowohl auf den ersten, al auch zweiten Blick nicht geändert hatte. Auf den von Seegräsern durchzogenen Gewässern glitzerte sogar sanfter Schalk, weil er sein übliches, schiefes Grinsen aufgelegt hatte. "Besser als dir in jedem Fall, aber ich hab auch etwas im Magen", feixte er und piekte Madiha mit einem Finger neckisch gegen den Bauch. Die Maske währte nicht lange, denn sie beide kannten einander zu gut und Madiha beherrschte es, bei Caleb die richtigen Fragen zu stellen.
"Wieso trägst du den Dolch noch immer?" Das war eine dieser Fragen. Calebs kaschierte Arglosigkeit wich aus seinen Zügen und Ernst trat an dessen Stelle. Seine Augen wanderten über Madiha, suchten ihre Mimik ab, ergründeten sie. Er wollte offenbar noch nicht antworten. Vielleicht konnte er es auch nicht sofort. Er wirkte so nachdenklich, so bedacht darauf, was er zu sagen hätte. Da fuhr keine Hand in sein Haar, um es erfolglos zu bändigen. Sie legte sich auch nicht in seinen Nacken, als Einleitung für einen unter Glucksen vorgetragenen Spruch, um die Stimmung zu lockern. Stattdessen umfasste er Madihas Finger, die in seiner Pranke so klein und zerbrechlich wirkten. Er hielt sie ohne jegliche Grobheit, aber er antwortete noch nicht.
So versuchte Madiha es mit anderen Fragen, die um das Thema herum schipperten, ohne gleich ein Netz danach auszuwerfen, in dem Caleb sich nur verfangen konnte. "Wie habt ihr es nur geschafft, dass sie alle glauben Serp...Serpentis lebt noch? Ich habe gesehen wie du ... Hat Corax ... hat er dir das Leid genommen? Bitte, Caleb ... sag mir ehrlich, wie es dir geht..."
Seine Augen ruhten auf ihr, ohne Schalk. Nur der nachdenkliche Ernst war geblieben. Schließlich schob er seine Lider davor und seufzte aus. Es war an der Zeit. Zeit zu Reden, er kam nicht darum herum. Madiha wollte Antworten anstatt einer kleinen Mahlzeit und ein wenig gemeinsamer Stille, die er in der letzten Woche so schätzen gelernt hatte. Hier unten konnte man nachdenken oder sich verstecken. Es hatte ihm sehr geholfen, doch nun ... musste er sich und Madiha helfen.
"Madi", begann Caleb und der sanfte Dialekt des Sarmischen mischte sich mit dem Hin und Her des Meeresrauschens. Der Dieb ließ ihre Hand los. Er entzog sie jedoch nicht, um Abstand zu ihr zu gewinnen. Stattdessen griff er Madiha um die Hüften, hob sie an und setzte sie sich auf den eigenen Schoß, so dass sei einander direkt in die Augen sehen konnten. Er schlang seine Arme locker um sie, neigte sich vor und strich mit seiner Nasenpitze an ihrer Wange entlang. Anschließend baute Caleb erneut Blickkontakt zu ihr auf. "Mir geht es gut", sagte er mit allem Ernst, den sie in seinen Zügen finden konnte. "Jetzt sogar noch besser, weil du endlich aufgewacht bist. Ich hatte Angst, die heilkundigen Wassermagierinnen und -magier hätten keinen Erfolg bei Azura und dir. Aber ... körperlich scheinst du es überstanden zu haben." Ohja, auch Caleb stellte Fragen, wenngleich stumm und zwischen den Zeilen. Er musterte sie und ... fand etwas. Etwas, das dafür sorgte, dass er den Blickkontakt abbrach, weil er seine Arme noch enger um sie schloss und sie dicht an sich heran zog. Er hielt sie, er lehnte sich gegen sie und er ließ sie seine Wärme spüren. Sein eigener Körper war winziges Geäst, das er in die fast erloschene Glut ihrer Seele warf. Seine Worte aber waren Zunder und Stahl.
"Ich habe den Dolch noch, weil Kjetell'o ihn mir geschenkt hat und ich trage ihn, um das zu tun, was ich im Hof getan habe. Ich habe euch - dich! - beschützt. Ich habe beigetragen, eine Gefahr für Celcia und für die, die mir am Herzen liegen, zu beseitigen. Es ... ist Mord." Er sprach es offen an, redete es nicht schön. "Es ist etwas, dessen ich mich mein Lebtag lang widersetzt habe. Die abgebrühten Halunken und Gauner der Wüstendiebe mochten sich dieser Methoden bedienen. Ich nicht. Ich wollte nie ein Leben nehmen, um mich zu bereichern. Aber Madi ... vor einer Woche, im Hof, habe ich das nicht getan." Er schob sie von sich, damit sie einander wieder ansehen konnte. Sie musste sehen, wie ernst es ihm war. Er hielt sie an den Schultern. "Ich hab das getan, um Jakub, Azura, Corax und dich zu beschützen. Vor allem dich. Und ich würde es jederzeit wieder tun! Ich bereue es nicht, kein Stück. Du solltest es auch nicht. Wir haben gekämpft .. und gesiegt. Vor allem aber hab ich dich immer noch bei mir. Das ... ist das Wichtigste."
Caleb löste eine Hand von Madihas Schulter, um ihr mit zwei Fingern an der Wange entlang zu streichen. Es war eine winzige Geste, die die Richtung ihres Kopfes weisen sollte, um ihn ein wenig zu justieren. Dann neigte er sich ihren Lippen entgegen, suchte einen innigen Kuss. Einen erleichterten Kuss, dass sie noch lebte und wieder erwacht war. Ein Kuss, der jegliches Feuer in ihr Willkommen hieß in seiner eigenen Welt. Denn das fehlte noch und er wusste es. Also lehnte Caleb sich alsbald zurück. Jetzt fuhr die Pranke hinauf in das wilde Geflecht seiner Haare, die sich längst zu großen Teilen wieder aus dem Zopfband verabschiedet haaten. Er fuhr sich die Strähnen nach hinten und schon fielen sie zurück nach vorn, in seine Stirn. Er grinste schief auf, während die Hand einen Platz in seinem Nacken fand. Dabei drehte er die Augen nach oben, ganz der Spitzbube, den man beim Stehlen erwischt hatte.
"Und jetzt darfst du mich schelten und schimpfen, weil ich wieder nicht auf dich gehört und ohne nachzudenken gehandelt habe." Er grinste auf, kehrte mit seinen blaugrünen Seelenspiegeln zu Madiha zurück und mit seinen Lippen wieder dicht an die ihren. "Ich hab mich eine Woche lang auf die Standpauke vorbereitet. Na los, zeig mir dein tosendes Feuer!" Er lächelte ihr verliebt entgegen, denn er wusste: Sie könnte ihn nicht mit ihrem Lodern vernichten, sondern nur sein Herz entfachen, dass es für sie brannte. Auf ewig.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 31. März 2023, 10:40

Wenn man, wie Madiha in einem Leben aufwuchs, dass darauf ausgelegt war, die Seele zu brechen und jeden Wunsch zu vernichten, dann hatte man nichts zu verlieren. Man lernte, dass einem nichts gehörte und nichts verloren gehen konnte. Das Mädchen hatte sich diesem Gedanken immer widersetzt. Sie hatte stets geglaubt, dass es etwas geben musste, das selbst ein Sklave hatte. Sie fand ihren Schatz in ihrem Willen, ihrem Trotz und den Glauben, sie könnte eines Tages ein eigenes Leben haben. Etwas wert sein und vielleicht sogar etwas leisten. Nun war sie ihrem Traum um ein gutes Stück näher und durfte die Wunder in der Welt ein wenig kennenlernen. Sie durfte staunen, sich freuen und ihre Gefühle ungeniert zeigen. Sie durfte erkennen, dass Besitz nichts mit materiellen Dingen zu tun hatte. Ein Sklave besaß rein gar nichts. Man gestand ihnen nichts zu, bis vielleicht auf ein zerfetztes Hemd am Leib. Aber darum ging es ihr nicht. Madiha brauchte weder Prunk noch Protz. Sie brauchte nicht mal eine Hütte, sie brauchte nur das Gefühl, wertvoll zu sein. Für etwas gut zu sein, etwas leisten zu dürfen, ohne dazu gezwungen zu werden. Denn wertvoll war sie nie, obwohl sie viel geleistet und viel gegeben hatte. Man beachtete die Sklaven nicht. Man gestand ihnen keine Gefühle zu und Trauer oder Schmerz wollte man nicht sehen. Aber diese Gefühlen waren da gewesen und sie wurden eingeschlossen, damit niemand sich schlechtfühlen musste, wenn er sie betrachtete und auswählte für vergnügliche Stunden. Madiha hatte man neben ihrer Persönlichkeit auch noch ihre Optik genommen. Doch nicht mal das hatte sie aufhalten können, leben zu wollen. Einzig die Tatsache, dass sie versagt hatte schaffte das. Dass sie dem Irrtum auf so brutale Weise ins Gesicht blicken musste. Und das durch ihr Versagen, andere Schaden nahmen. Das Mädchen verstand, wieso Caleb sie nicht ansehen konnte. Wieso er schweigend das Meer beobachtete und sich ihr nicht zuwandte. Ja, Madiha verstand das wirklich. Denn auch das war Teil ihrer Persönlichkeit: Sich selbst geringer zu schätzen als alle anderen. Und das tat sie. Sie tat es in eben jenem Moment, da sie erkannt hatte, wie nutzlos sie gewesen war. Und mehr als das: Sie hatte dafür gesorgt, dass andere ihren Kampf führen mussten und letztendlich ihre Entscheidungen, auf die sie sich so viel eingebildet hatte, sie treffen zu dürfen als Mensch, zum Unglück anderer führte. Das Mädchen aber kannte sich nicht nur mit der Wertlosigkeit aus. Sie kannte auch, für ihre Vergehen bestraft zu werden. Es war ganz natürlich und so erwartete sie diese Bestrafung mit aller Würde, die sie noch besaß. Sie musste den Schmerz sehen. Und sie musste ihn ertragen.
Madiha kannte Caleb lange genug, um zu wissen, dass er nicht die Seele von Mensch war, die wahllos anderen das Leben nahm. Er war kein rachsüchtiger Todesengel, er war keine Marionette seiner Emotionen. Er kam immer zur Besinnung. Noch auf dem Schiff hatte er geschworen, Jakub Tauwetter den Garaus zu machen, weil er sich an Corax und ihr vergriffen hatte. Aber Madiha hatte sich ihm in den Weg gestellt, damit er seine Seele nicht beschmutzte. Weil sie ihn kannte und nun… nun war sie schuld daran, dass er es doch hatte tun müssen. Die Sekunden, bis er sie endlich ansah, verstrichen quälend langsam. Doch sie ertrug es. Ihr Blick legte sich in seine Augen und verschmolz mit dem Blaugrün. Da war kein Kummer… da war kein Schmerz. Madiha stutzte und war für einen Moment sichtlich verwirrt. Seine lockeren Worte und die Geste entlockten ihr einen zweifelnden Ausdruck. Das konnte nicht stimmen. Ihr Verstand setzte die kleinen Puzzleteile zusammen, die ein Bild von ihm formten. Nach Corax‘ Handlung war er so wütend gewesen. Nein, er log sie an! Er kaschierte seine Wahrheit, aber das durfte er nicht. Madiha senkte ihre Brauen etwas und betrachtete ihn prüfend. Er musste sie nicht schonen, sie hatte das nicht verdient. Sie versuchte es anders und stellte weitere Fragen, die ihn dazu veranlassen sollten, sich ihr zu öffnen. Oder konnte er das nicht mehr? Er sagte, er liebt sie… Doch war das wahr? Oder hatte er geglaubt, das sagen zu müssen, weil sie so hilflos gewirkt hatte?

Madiha biss sich auf die Unterlippe und bohrte weiter nach. Wenn er sich ihr nicht anvertraute, dann war der Grund wohl klar. Und auch das würde sie akzeptieren, denn sie konnte es in ihrem verqueren Denken sogar verstehen. Sie war eine Belastung, eine Gefahr. Kjetell’o hatte es gesagt! Und sie sah es genauso. Das Mädchen legte dennoch den Finger auf die Wunde. Denn es ging um Caleb, nicht um sie. Dann wich endlich der Schalk und gab ihr den Blick auf eine Ernsthaftigkeit frei, die sie vermeintlich in die richtige Richtung führte. Jetzt würde es kommen, jetzt würde er sich öffnen und ihr Vorwürfe machen. Es war gut so. Sie wollte es so, denn das würde doch bedeuten, dass er darüber hinwegkommen konnte, nicht wahr? Sie wappnete sich und blieb standhaft. Sie erwiderte seinen ernsten Blick geduldig, auch wenn es innerlich in ihr vollkommen anders aussah. Und dann teilten sich seine Lippen und er würde jeden Augenblick mit seiner Wut über sie hereinbrechen. Sie wusste, er hielt sich nur zurück. Sie fühlte die Anspannung und ihre Finger waren kalt vor Aufregung. Er bedeutete ihr so viel und sie wollte ihn nicht verlieren. Aber darum ging es nicht. Er ließ ihre Hand los und Madiha schaute darauf. Doch anders, als sie glaubte, entzog er sich ihr gar nicht. Sondern fasste nach, hob sie an den Hüften hoch und setzte sie auf seinen Schoß. Sie blinzelte überrascht und neigte etwas den Kopf. Seine liebevolle Geste versetzte ihr Herz in Schwingungen. Sie schloss die Augen, während er über ihre Wange strich. Eine Gänsehaut folgte dieser Geste und sie legte ihre Arme um ihn. Es war so schön… Dann öffnete sie die Augen und musterte ihn. Ihre Linke legte sich sanft an seinen Nacken, während die Rechte auf seiner Brust ausharrte. "Mir geht es gut. Jetzt sogar noch besser, weil du endlich aufgewacht bist. Ich hatte Angst, die heilkundigen Wassermagierinnen und -magier hätten keinen Erfolg bei Azura und dir. Aber ... körperlich scheinst du es überstanden zu haben." Sie runzelte die Stirn. Und wich seinem Blick aus. Sie war nicht so schwer verletzt, wie nach ihrem ersten Ausbruch auf dem Schiff. Doch dieses Mal hatte ihre Seele mehr abbekommen und Madiha wusste nicht mal, ob sie je wieder vollständig heilen würde. So vollständig sie eben war, nach ihrer Rettung aus dem Sand. Aber sie schwieg, denn ihr ging es nicht darum warme Worte für sich zu gewinnen.
Seine Sorge schmeichelte ihr, aber sie war nicht wichtig! Erneut hob sie den Blick und ließ zu, dass er ihren ergründete. Dann war er es, der ihn abbrach.

Er konnte in ihren Augen den Glanz nicht finden, der sie stets ausgemacht hatte. Er blieb verschüttet und erstickte langsam unter der Asche. Dann umarmte er sie, zog sie zu sich heran, umhüllte sie mit seiner Wärme und seiner Zuneigung, dass ihr die Augen schwammen. Sie legte ihre Arme um ihn und erwiderte diese Geste ebenfalls fest. Es fühlte sich so gut an, dass er das tat. Sie sehnte sich so sehr nach ihm und trotzdem glaubte sie nicht, dass es ihn nicht belastete, was er getan hatte. "Ich habe den Dolch noch, weil Kjetell'o ihn mir geschenkt hat und ich trage ihn, um das zu tun, was ich im Hof getan habe. Ich habe euch - dich! - beschützt. Ich habe beigetragen, eine Gefahr für Celcia und für die, die mir am Herzen liegen, zu beseitigen. Es ... ist Mord.“ Madiha schloss ungesehen in seiner Umarmung die Augen. Sie war so aufgewühlt und bebte vor Angst, dass sich jetzt seine Vorwürfe die Kehle hinaufschoben, um auf sie niederzugehen, wie es Ventha’s Regen getan hatte. Ja, sie hatte Angst davor seinen Hass zu sehen, seinen Zorn zu spüren. Sie glaubte, es wäre nur eine Frage der Zeit und dass er sich jetzt noch etwas vormachte. "Es ist etwas, dessen ich mich mein Lebtag lang widersetzt habe. Die abgebrühten Halunken und Gauner der Wüstendiebe mochten sich dieser Methoden bedienen. Ich nicht. Ich wollte nie ein Leben nehmen, um mich zu bereichern. Aber Madi ... vor einer Woche, im Hof, habe ich das nicht getan." Sie wusste das. Sie wusste, er war so nicht. Er nicht… Er schob sie von sich und sah sie wieder an. Madiha konnte nicht leugnen, dass sie tiefe Gefühle für den Dieb empfand. Ihre Augen schwammen ein wenig, ohne überzuschwappen und ihren Blick streifte kurz eine Sehnsucht nach seiner Umarmung. Doch sie schwieg und ließ ihn reden. "Ich hab das getan, um Jakub, Azura, Corax und dich zu beschützen. Vor allem dich. Und ich würde es jederzeit wieder tun! Ich bereue es nicht, kein Stück. Du solltest es auch nicht. Wir haben gekämpft .. und gesiegt. Vor allem aber hab ich dich immer noch bei mir. Das ... ist das Wichtigste." Sie senkte ihren Blick und sah zur Seite. Sie hatte gar nichts getan.
Sie kämpfte mit sich und hielt zurück, was ihr so viel Kummer bereitete. Ihr Blick glitt über das Meer und sie brauchte einen Moment, um nicht ihren Gefühlen nachzugeben. Sie wollte von ihm wissen, wie es ihm ging. Und er schien überzeugende Argumente zu haben, warum es ihm nicht schlecht ging damit. Aber woher dann der Ernst? Woher dann das Schweigen darüber? Er berührte sie sanft an der Wange und sie folgte dieser kleinen Geste sofort. Ihr Blick suchte wieder seinen, rutschte auf seine Lippen, während er näherkam. Er küsste sie innig und Madiha schloss sofort die Augen. Das Gefühl, das der Kuss in ihr auslöste, ließ eine Träne über ihr Gesicht rollen und sie erwiderte die Innigkeit hungernd nach Zuneigung. Konnte es möglich sein, dass er sie nicht als das sah, was sie fühlte? Oder hielt er an etwas fest, das einfach nicht funktionieren konnte? Ja, sie wollte es. Und sie empfand aus reinem Herzen die Gefühle für ihn. Aber wie konnte er das?

Der Kuss löste sich auf und Madiha beobachtete, wie er sich schelmisch die Haare zu bändigen versuchte. Kurz huschte ein Lächeln über ihre Züge. "Und jetzt darfst du mich schelten und schimpfen, weil ich wieder nicht auf dich gehört und ohne nachzudenken gehandelt habe. Ich hab mich eine Woche lang auf die Standpauke vorbereitet. Na los, zeig mir dein tosendes Feuer!" Ernst war sie es nun, die ihn musterte. Da glomm kein Schalk auf, da glomm kein Ärger oder Feuer auf. Ihre Augen blieben glanzlos und sie schluckte einen dicken Kloß hinunter. Dann senkte sie den Blick wieder und schüttelte langsam den Kopf. „Hättest du es nicht getan, wären wir alle gestorben.“, murmelte sie leise und sah auf ihre Finger, die sich gegenseitig befühlten. „Du warst dazu gezwungen…“, ihre Stimme ging beinahe in dem Tosen der Wellen unter. „Ich… habe dich dazu gezwungen…“, rückte sie ein wenig mit der Sprache heraus. Ihr fiel es so schwer darüber zu sprechen, dass sie seinen Blick mied und zum Meer zurücksah. Sie schluckte abermals, weil der Kloß nicht verschwinden wollte. „Wie kannst du damit deinen Frieden machen, wenn man.. ich… wenn ich dich dazu gezwungen habe, deine Prinzipien zu verwerfen?“, zweifelte sie an seiner Versicherung, es ginge ihm gut. „Wie kannst du hier mit mir sitzen und nach meinem Feuer verlangen, wenn es doch die Wurzel allen Übels ist?“, sie flüsterte fast und allein die Nähe zueinander, verriet ihm ihre Worte. „Nein…“, schüttelte sie den Kopf und wischte sich über die nassen Augen, die dennoch keine Tränen weinen wollten. Sie hielt sich zurück. Sie wollte kein Mitleid und sie wollte kein Verständnis. Das hatte sie einfach nicht verdient. „Nein, ich werde aufhören so zu tun, als könnte ich etwas sein, das ich nie war.“, offenbarte sie ihm und warf ihm nur einen kurzen Blick zu, ehe sie die Nähe zu ihm auflöste und von seinem Schoß hinunterrutschte. „Und du musst mich nicht schonen. Es ist nur verständlich, wenn du mich dafür ha… wenn du über die Tat zweifelst. Du kannst mir die Wahrheit ruhig sagen, ich halte das aus. Ich… ich weiß es doch längst.“, meinte sie und schaute abermals zum Meer. Sie konnte nicht ganz glauben, dass er damit einverstanden war, für sie so gehandelt zu haben. Für die anderen vielleicht, aber doch nicht für sie? Sie, die das alles erst provoziert hatte. Die fahrlässig gewesen war. Sie, die nichts als Probleme machte. Der Wind zerzauste kurz ihr Haar und sie löste eine Strähne aus ihrem Gesicht. „Ich habe jetzt doch etwas Hunger…“, meinte sie, mit Blick auf die Hütte. Sie reckte den Kopf nach dem Eingang und es war klar, dass sie sich ablenkte. Ablenken musste. „Wie kommen wir da rein?“, fragte sie ausweichend und mied seinen Blick bewusst. Sie suchte sich jetzt lieber eine banale Aufgabe, als sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Alles auf einmal ertrug sie auch nicht.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Sonntag 2. April 2023, 12:18

Madihas Leben war noch nie einfach gewesen, aber sie hatte sich stets durchgebissen. Ihr Schicksal als Sklavin diente dazu, ihr alles zu nehmen und sie auf diese Weise gefügig zu machen. Sie hatte nie etwas Materielles besessen, das ihr Kraft gab. Also holte sie diese Kraft aus ihrem Inneren. Ihr Feuer hatte niemand ersticken können, nicht einmal Khasib. Es war ihm möglich gewesen, die Farbe der Flamme zu ändern und sie ein wenig zu dimmen, indem man ihr Rauschmittel verabreichte, damit sie unter ihm oder seinen Geschäftspartnern nicht zappelte, wenn man sich an ihr verging, aber niemand hatte dieses Feuer löschen können. Es brannte beständig, es nährte ihren Kampfmut, ihren Willen und Trotz.
Dass es ausgerechnet jenseits dieses Schicksals einer Sklavin - eines Menschen, der gebrochen gehörte - nun doch zu erlöschen drohte, hätte sie gewiss niemals für möglich gehalten. Sie war doch nun gelöst von ihren Ketten. Sie war frei. Sie hatte Freunde und sie hatte Caleb. Warum nur erstickte ihr heruntergebranntes Flämmchen dann beinahe in der eigenen Glut? Wo war der Phönix, der sich aus dieser Asche neu erhob, um zu brennen?
Madiha wusste es nicht. Sie spürte ihn nicht, denn sie glaubte nicht länger an ihre Kraft. Sie wollte nicht daran glauben, denn sobald sie es täte, würde sie mit ihrem Trotz, ihrem Willen, ihrer Torheit alles verbrennen. Sie würde diese schönen, grasumrahmten Fjorde, die Calebs Blick ausmachten, einfach niederroden und nur verbranntes Ödland zurücklassen. Diese Last würde nicht nur ihr Feuer ersticken. Allein schon bei dem Gedanken, was sie ihm bereits angetan hatte, schnürte es ihr die Kehle zu. Er sprach lange nicht mit ihr, sondern starrte nur auf das Meer hinaus, aber er trug den Einhorndolch wie ein symbolisches Zeugnis seiner Tat. Es war das Stigma, das Madiha ihm durch ihre unkontrollierte Feuermagie und die Überschätzung ihrer eigenen Fähigkeiten auferlegt hatte.
Das Kind der Wüste wappnete sich innerlich. Sie war es gewohnt, Strafen zu erhalten. Sklaven durften keine Fehler begehen und wenn doch, dann wurde es bestraft ... und sie hatten dankbar dafür zu sein, dass sie ihr wertloses Leben nicht verloren. So lief es ab. Caleb würde sie nicht töten, wobei sie sich inzwischen auch nicht mehr sicher sein konnte. Er hatte seine Hände mit fremdem Blut befleckt. Jeder weitere Mord wäre leichter, vor allem einer an jemand Wertlosem. Madiha wusste, dass eine Strafe von ihm die schlimmste wäre. Nichts und niemand könnte ihr mehr nehmen und doch saß sie stumm hier und wappnete sich. Ihr Blick glitt nicht auf's Meer. Sie behielt ihn auf dem Mann an ihrer Seite. Sie wollte ihn als Letzten in Erinnerung haben, bevor alles unter Asche erlosch und nur noch ihre wertlose, funktionsfähige Hülle zurückbliebe. An dieser dürfte Caleb sich dann vergreifen. Alle dürften es und sie würde es nicht mehr kümmern.
Es kam jedoch anders. Denn das Flämmchen war noch nicht vollkommen aus und auch wenn das sehr wenig bedeutete, besaß Madiha dadurch immer noch einen Funken eigenen Willen. Es war genug von ihr selbst, um den Mut anzufachen, der sie Caleb nach seinem Befinden fragen ließ. Mut und Sorge, weil sie ihn liebte. Und er strafte sie nicht dafür ab, weil er diese Liebe erwiderte.
Plötzlich fand sie sich auf seinem Schoß sitzend wieder, so dass sie ihm in die Augen schauten konnte. Die Gischt rauschte in ihrem Rücken, die salzige Brise schlug gegen sie wie das Wasser an die Klippen. Sie spielte mit ihrem Haar. Nichts davon bekam sie mit, denn auf der anderen Seite wartete Caleb mit Worten mit Gesten und Worten, die sie sich nicht zu träumen gewagt hätte. Sie waren zu schön, um wahr zu sein. Sie mochte es glauben und doch wieder nicht. Aber sie liebte. Sie konnte sich seinen Zärtlichkeiten nicht entziehen. So erwiderte Madiha die Umarmung, die Caleb ihr auferlegte. Sie genoss seine Wärme, wickelte sich in die Geborgenheit seiner Nähe ein. Caleb aber beließ es nicht dabei. Er suchte ihre Lippen für einen Kuss. Er legte all seine Gefühle für sie dort hinein und hoffte, das Feuer erneut entfachen zu können. Er bat sie darum, es ihm zu zeigen, als sehnte er sich nach seiner veheerenden Macht. Er verpackte seine Hoffnung sogar in einen dümmlichen Spruch wie er es immer tat, um eine Situation aufzulockern, aber dieses Mal erreichte er Madiha nicht damit. Zu tief waren die Wunden und sie bluteten noch immer.
Calebs schalkhafte Miene schwand. Er musterte Madiha und auch in seine Züge kehrte der Ernst zurück. Das hier ließ sich nicht mit ein wenig Zuneigung gerade rücken, auch wenn sie aufrichtig war. Das Mädchen auf seinem Schoß war so tief verletzt und er besaß nichts, nicht einmal Kenntnisse, um die Wunden zu schließen. Wer von beiden hier war nun unnütz?
Doch Caleb machte keinen Wettbewerb daraus. Es ging nicht darum zu beweisen, wem es mit der Situation schlechter erging - mal davon abgesehen, dass er den Wettstreit verlieren würde. Es ging zumindest ihm um etwas Anderes. Er wollte, dass Madiha erneut brannte. Sie so zu sehen, zerriss ihm das Herz. Aber was sollte er tun? Hier konnte er nicht nach einer Klinge greifen, um seine Prinzipien zu zerschneiden wie Serpentis' Kehle.
"Hättest du es nicht getan, wären wir alle gestorben."
"Vielleicht", erwiderte er knapp. Das Schicksal hätte sicherlich noch andere Fäden besessen, an denen gezupft werden könnte. Caleb mochte in dieser einen Situation das entscheidende Zünglein an der Waage gewesen sein. Er hielt sich selbst allerdings bei weitem nicht für so wichtig, um die Zukunft einer ganzen Welt auf den Schultern zu tragen. Dazu lebten zu viele Individuen auf Celcia. Zu viele Faktoren mit eigenem Denken und eigenem Herzen. Gewiss hätte sich ein anderer Weg gefunden. Er war einfach nur froh, dass durch seine Tat niemand hatte sterben müssen, der einen Platz in seinem Herzen besaß und dafür hatte er alles gegeben.
"Du warst dazu gezwungen..."
"Nein." Er brauchte nicht mehr sagen. Er musste seine Antwort weder ausschmücken, noch weiter erklären. Manchmal war es so simpel.
"Ich ... habe dich dazu gezwungen..." Sie fürchtete, die Wahrheit in seinen Augen zu sehen und wich diesen aus. Ihr Blick glitt über die Schulter zum Meer. Die Wellen konnten nicht anklagend sein. Ihr Rauschen fraß jegliches Urteil, das sie bereit gewesen wären zu sprechen. Sie glitten unschlüssig dahin, als wüssten sie nicht, ob sie für oder gegen Madihas Argumentation sein wollten. Caleb aber hatte seinen Standpunkt schon lange Zeit vorher festgelegt. Im Grunde in dem Moment, da Kjetell'o ihm den Dolch dargeboten hatte und es nur an Caleb gewesen war, zuzugreifen oder abzulehnen.
"Es war meine eigene Entscheidung gewesen, Madi. Meine freie Entscheidung, geboren aus einem freien Willen. So wie du frei warst zu entscheiden, ob wir Corax retten wollten oder nicht."
Das genügte ihr nicht, aber Madiha bemerkte gar nicht, dass Caleb ein Werkzeug ergriffen hatte, um die Asche auszuheben. Er nahm keine Schaufel, denn damit hätte er mit einem einzigen Spatenstich die ohnehin gemarterte Flamme zum Ersticken bringen können. Vielmehr legte er sie ganz sacht frei, nutzte einen Pinsel mit feinen Borsten und strich Schicht um Schicht der Glut beiseite. Jede seiner Antworten legte etwas mehr frei.
"Wie kannst du damit deinen Frieden machen, wenn mann ... ich ... wennn ich dich dazu gezwungen habe, deine Prinzipien zu verwerfen?"
Caleb griff sanft unter ihr Kinn, damit Madiha ihm das Gesicht wieder zudrehte. Sie hatten nun beide wirklich lange genug hier gesessen und auf's Meer geschaut. Er wollte sie ansehen. Er hörte nicht auf, das Feuer zu suchen. Und er lächelte dabei. "Ich habe meine Prinzipien nicht über Bord geworfen und schon gar nicht wegen dir. Ich würde noch immer niemanden töten, um mich zu bereichern und ich möchte weiterhin schützen, wen ich liebe." Er schaute sie lange an, die Hand inzwischen um ihre Wange gelegt. Ein Schutzmantel. "Wenn du mich unbedingt zu etwas zwingen willst, Madi, dann sorge dafür, dass ich diesen Pfad niemals verlasse. Es ist ein guter Weg, vor allem seit ich ihn nicht mehr allein gehe."
Erneut wollte er sich vor lehnen, um seine Worte mit einem Kuss zu besiegeln und ihr seine Aufrichtigkeit dahinter mitzuteilen, doch Madiha konnte noch nicht zurück über ihren Schatten springen. Sie machte sich klein in seinen Armen. Sie machte sich klein gegenüber jeder anderen Seele auf Celcia. "Nein ... Nein, ich werde aufhören so zu tun, als könnte ich etwas sein, das ich nie war." Damit löste sie sich von ihm, rutschte von seinem Schoß herunter. Es fühlte sich an, als wäre jemand an Calebs kleinem Platz achtlos vorbeigelaufen und hätte die ganze freigelegte Asche mit einem einzigen Schritt zurück auf die Flamme geworfen. Er durfte jetzt nicht nachgeben, sonst würde der Funke binnen kürzester Zeit darunter endgültig vernichtet werden. Der Pinsel genügte nicht mehr, die Schaufel war zu viel. Es gab kein Werkzeug von Menschenhand mehr, das ihm helfen konnte. Es gab nur noch ... seine eigenen Hände. Er begann zu graben, während Madiha sich fernab jeder Metapher daran machte, sich selbst von ihren Problemen abzulenken und Hunger vorzutäuschen. Sie wandte sich an die Vorratshütte und suchte einen Weg hinein. Caleb aber erhob sich. Er trat hinter sie und seine Hände donnerten gegen das sperrige, vom Salz etwas marode gewordene Holz der Tür, als er sich abstützte. Dann griff er nach unten, wirbelte Madiha vielleicht etwas zu grob herum als er es je beabsichtigt hätte. Er packte sie am Kragen, zog etwas daran.
"Na endlich", schnaufte er. "Es wurde auch Zeit, dass du dich von diesem Gedanken verabschiedest."
Nun hatte er gewiss all ihre Aufmerksamkeit. Seine Finger lösten sich aus dem Stoff des Kleides, das sie trug. Die linke Hand aber blieb an der Tür, um seinen Körper zu stützten. Er beugte sich ein Stück weit nach unten, bis ihre Gesichter auf einer Höhe waren. Seine Miene zeugte von entschlossener Strenge. Er hatte die Brauen zusammengezogen, dass sich dazwischen die Haut etwas runzelte und in seinen Augen brannte Feuer, das er bislang vergeblich bei ihr gesucht hatte. Es war nicht rot. Seine Fjorde glühten wie unter Magie, weil winzige blaue Punkte wie Glühwürmchen gen Himmel stoben, um das Dünengras unter diesem Anblick in zauberhaften Schimmer zu tauchen. So sollte Feuer aussehen - lebendig und nur vor Leidenschaft brennend. Sein Feuer zerfraß niemanden.
"Endlich", wiederholte er und schnaufte ihr entgegen. Er versuchte, seine angestauten Impulse zurückzuhalten. Es war nun wichtig, was er sagte. Er durfte es nicht wie einen Schwall Eiswasser über ihr auskippen, aber die Zeit, ihr nur den kleinen Zeh ins Feuchte zu halten, war ebenfalls vorbei. Caleb blieb nur noch übrig, Madiha sprichwörtlich auf seine Arme zu heben und mit ihr zusammen ins kalte Wasser der Wahrheit zu gehen. Er wusste nicht, ob sie schwimmen könnte. Er wusste nicht, ob es ihm selbst gelänge, aber was blieb ihm noch übrig? Sie war Feuer und er nahm sie in die kalten, eisigen Tiefen ihrer Seele. Er musste das Öl sein, damit sie auf jenen Gewässern brannte.
"Ich bin froh, dass du es einsiehst. Es kann nicht so weitergehen. Endlich willst du nicht länger vorgeben, jemand zu sein, der du nicht bist. Das ist gut. Es wird Zeit für dich, dieses Denken eines Sklavendaseins zu beenden. Ich sehe die Muster ... kehre nicht dahin zurück, Madi. Du bist frei. Warum verkriechst du dich zurück in dieses Schicksal?" Er redete sich hinein und das half ihm, seine eigene Geschwindigkeit zu drosseln. Wo die Worte etwas holperig kamen und drohten, übereinander zu stolpern, fand Caleb endlich den Rhythmus und somit wurde nicht nur seine Sprache sanfter, sondern auch er selbst. Seine ganze Haltung entspannte sich etwas, abgesehen von der Entschlossenheit in seinen Augen.
"Corax hat ein halbes Dutzend Leben ausgelöscht. Ich war schrecklich wütend auf ihn und entsetzt. Wie kann man das nur tun, so schnell und so bereitwillig? Ich hab es nicht verstanden gehabt. Ich konnte seine Motive nicht nachvollziehen, aber jetzt geht es. Jetzt weiß ich es, weil ich ähnlich dachte, als ich den Einhorndolch ergriff. Er sah eine Gefahr. Für dich, nicht für ihn. Er tat es, um zu schützen. Er hat es nicht gern getan und er wird sich daran erinnern." Caleb befeuchtete sich die Lippen. Er sprach nicht nur von Corax. "Es hat ihn gewiss am Anfang entsetzt. Der Moment, da man sich bewusst wird, wie weit man gegangen ist und dass damit das Leben anderer endet. Aber nach dem ersten Schreck bleibt die Gewissheit: Man hat beschützt. Er tat es, um zu schützen und er bereut es nicht mehr wie in diesem Moment des Entsetzens ... weil ihm verziehen wurde von den einzigen, von denen er es annehmen könnte."
Caleb platzierte nun beide Hände auf den schmalen Schultern seines Gegenübers. Den Blickkontakt hielt er stetig aufrecht. "Jeder macht Fehler, Madi. Aber das war keiner. Ich werde weder aufhören, dich zu schützen zu versuchen, noch höre ich auf, dich zu lieben, weil du einmal einen Fehler gemacht und deine Kräfte überschätzt hast. Gleiches gilt doch auch für Corax, der seine Kräfte kannte, aber keine bessere Methode, damit umzugehen. Er hat sein Möglichstes versucht, ist dabei gescheitert, aber hat es irgendwie überstanden. Er hat Fehler gemacht, aber er wird die Erfahrung darauf mitnehmen und beim nächsten Versuch einen anderen Weg finden. Wir alle werden das, du ebenso." Er atmete durch, um die Informationen sacken lassen zu können. Seine Augen huschten über Madihas, zu ihren Lippen und zurück in ihr Blaugrau. Er würde niemals aufhören, das Feuer zu suchen.
"Wir hätten alle sterben können, ja ... wir leben alle noch." Plötzlich gluckste er, schüttelte über sich selbst den Kopf und fuhr sich durch die Haare, bis seine Hand im Nacken Ruhe fand. "Ohhh, ich bin schlecht darin, lebensrettende Ratschläge zu geben, hm?" Er erhob sich wieder ganz, ließ dafür von Madiha ab und wandte sich nun der Tür zu. Er wusste, wie man sie leicht öffnete. Es brauchte nur ein Riegel beiseite gelegt und die Tür mit dem Fuß unten ein wenig angehoben zu werden. Auf diese Weise wurde sie über einen kleinen Stein hinweg gezogen, der ansonsten einen natürlichen Keil bildete. Schon war sie offen und ließ ins Innere blicken, wo einige abgebpackte Vorräte auf hölzernen Regalen und Tischen lagen. Fässer und Kisten, allesamt gut verschlossen, fanden sich hier ebenfalls. Einige Säcke und Beutel hinten von Stricken von Deckenbalken, zusammen mit einer Laterne, die offenbar seit Jahren nicht mehr entzündet worden war. Ihr Feuer war erloschen.
Caleb warf einen Blick über seine Schulter zurück.
"Auch wenn nicht alles glatt verlaufen ist und wir irgendwie haben überleben können, war es sehr wichtig, dass dabei gewesen bist. Du hast Corax daran erinnert, dass seine Freunde gekommen sind, um ihn zu retten. Ohne diese Worte hätte er das Schwert erhoben und Serpentis' Befehl ausgeführt. Vergiss das nicht, Madi." Er lächelte ihr zu. "Vergiss lieber alles andere, was sich in deinem Herzen festgesetzt hat und sei wieder du selbst. Das wäre ansonsten das einzige an meiner Tat, das ich bereue ... wenn es dich bricht."
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 2. April 2023, 21:21

Es war wohl das Kostbarste, was jemand wie Madiha je besitzen würde. Zumindest sah sie es so. Es war stets etwas gewesen, worauf sie sich etwas hatte einbilden können und auch wenn sie das selbst nie getan hatte, beneidete sie die eine oder andere Sklavin dafür, so stark sein zu können. Wo andere aufgaben und die Seelen brechen ließen, da ballte Madiha die Fäuste zusammen und stampfte auf dem Boden auf. Sie würde nicht aufgeben. Dass es nun eine einzige Tat sein würde, die ihren jahrelangen Kampf zunichtemachte, hätte sie selbst niemals geglaubt. Sie hatte damit einfach nicht gerechnet. Für sie war ihr Wille immer da gewesen. Sie konnte auf ihn zugreifen, ihn benutzen und hervorkramen, wenn sie ihn brauchte. Doch auf einmal wagte sie es nicht, die zarte Flamme anzurühren, aus Angst, sie vollständig erlöschen zu lassen. So zog sie sich in etwas zurück, was ihr groteske Sicherheit gab. Was ihr einen Kokon bescherte, weil sie sich viel zu gut darin auskannte. Anderen zu dienen war nie etwas Erfüllendes, aber es war ihr einziges Sicherheitsnetz in den letzten zehn Jahren gewesen. Sich auf die Belange und Bedürfnisse anderer zu konzentrieren verhinderte, dass man zu tief in sich selbst versank. Dass man erkannte, wie zerstört doch das kleine Seelenhaus war. Und dass ein einziger Windhauch dazu führen konnte, dass es einstürzte und in Asche verging. Das Mädchen hörte die Worte des Diebes, doch konnte sie diese nicht gänzlich glauben. Caleb konnte unmöglich so sorglos mit seiner Tat umgehen. Sie hatte ihn erlebt, hatte die Wut und das Entsetzen deutlich sehen und spüren können. Wie konnte es jetzt anders sein? "Es war meine eigene Entscheidung gewesen, Madi. Meine freie Entscheidung, geboren aus einem freien Willen. So wie du frei warst zu entscheiden, ob wir Corax retten wollten oder nicht.", versuchte er ihr zu erklären und sie wagte kaum den Blick in seine Augen. Dennoch sah sie auf und runzelte kaum merklich die Stirn. Eine freie Entscheidung? Was bedeutete das? Durch ihren Fehler musste er doch handeln. Wurde er zum Handeln gezwungen! Das war ihre Schuld – das war kein freier Wille. Sie bezweifelte nicht, dass er Azura, Corax, Jakub und sie schützen wollte. So war er – er sprang kopflos in den Tod, wenn er glaubte, es besser machen zu können dadurch. Ein Umstand, der ihr bereits viel Kummer bereitet hatte, doch dieses Mal wurde er durch ihre Torheit gezwungen. Durch ihre verheerende Fehleinschätzung. Und ihre Unfähigkeit, das Dilemma zu Serpentis zurückzuschicken. Sie fragte nach, weil sie es nicht erkennen konnte. Seiner Geste folgte sie abermals, denn Caleb hatte keine Mühe, Madiha zu dirigieren. Das Mädchen empfand so tiefe Gefühle für ihn, dessen sie sich selbst nicht mal wirklich bewusst war, weil sie es nicht kannte, dass jede Berührung, jeder Blick ausreichte, um ihre Aufmerksamkeit zu erreichen. "Ich habe meine Prinzipien nicht über Bord geworfen und schon gar nicht wegen dir. Ich würde noch immer niemanden töten, um mich zu bereichern und ich möchte weiterhin schützen, wen ich liebe." Ihre Augen suchten nach Spott in seinem Blick. Suchten nach dem Schalk, der ihr sein Unbehagen verriet. Doch sie suchte vergeblich. Seine Hand bettete ihre Wange und sie schmiegte sich leicht hinein, ohne es bewusst zu tun. Sie war so hungrig nach Zuneigung und Wärme, dass sie jede Zärtlichkeit automatisch annahm. "Wenn du mich unbedingt zu etwas zwingen willst, Madi, dann sorge dafür, dass ich diesen Pfad niemals verlasse. Es ist ein guter Weg, vor allem seit ich ihn nicht mehr allein gehe." Ihr Mund wollte lächeln. Das schaffte nur er. Doch es zuckten nur ihre Mundwinkel und sie schob ihre Augenbrauen zusammen. Konnte es wirklich so einfach sein? War er wirklich befreit von dieser Last? Madiha zweifelte und senkte den Kopf. Nein… sie würde aufhören jemand zu sein, der sie nicht war und er musste das auch nicht tun. Weil sie geglaubt hatte, sie könnte ihren freien Willen ungeschoren ausleben, hatte er seinen einbüßen müssen. Und getötet.

Madiha löste die Nähe auf, ohne zu erkennen, dass sie sich damit die Chance nahm, erneut geküsst zu werden und zu erfahren, welche Zuneigung Caleb für sie fühlte. Sie konnte sich nicht länger mit ihrer Schuld auseinandersetzen. Auch Madiha hatte ihre Grenzen und sie hatte so sehr damit zu kämpfen, dass sie nach Ablenkung suchte. Sie suchte einen Weg in die Hütte, während sich Caleb in ihrem Rücken aufbaute. Das Mädchen ahnte nichts und hätte wohl auch mit der folgenden Reaktion seinerseits nie gerechnet. Mit einem Mal krachten seine Hände in das Holz der Hütte, sodass sie erschrocken zusammenzuckte. Noch ehe sie sich umdrehen konnte, wirbelte er sie herum, dass sie mit dem Rücken gegen die Hütte prallte und sich instinktiv duckte. Es war die Reaktion eines Mädchens, das Schläge fürchtete. Sie war fest in ihrer Seele verankert, auch wenn sie Caleb das nicht wirklich zutraute. Dennoch sah sie ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Angst an, während sich seine Hand in ihren Kragen grub. Sofort legte Madiha ihre Hände an seinen Unterarm, um ihn davon abzuhalten, sie zu würgen oder gar zu schlagen. Auch das war vollkommen instinktiv. "Na endlich! Es wurde auch Zeit, dass du dich von diesem Gedanken verabschiedest.", schnaufte er ihr entgegen und die Strenge in seinem Blick, verunsicherten sie ebenso, wie seine Worte. Ihre Augenbrauen schoben sich zusammen und gaben ihr einen entsetzten Ausdruck. Das Meeresrauschen wurde ohrenbetäubend, während sich ihr Blick auf sein Gesicht reduzierte und sie unruhig darin nach seinen Absichten forschte. Sie merkte gar nicht, dass sie den Atem anhielt. Hatte sie sich etwa getäuscht…? Hatte sie sich in ihm getäuscht? Madiha wollte unter dem Gedanken aufschluchzen, doch da ließ er ihren Kragen wieder los. Ihr Herz hämmerte wie wild und zittrig lösten sich ihre Finger von seiner Haut. Aber sie wagte es nicht, sich mehr zu bewegen. An die Hütte gepresst, stand sie von seiner Linken eingekeilt, während sich sein Gesicht ihrem entgegenschob. Das Glühen seiner Augen bescherte ihr eine Gänsehaut, die sie nicht klar einer Empfindung zuschreiben konnte. Doch er machte ihr auch Angst. Diese Angst, dass sehr viel Stärkere sich an ihr vergreifen wollten, würde sie wohl nie mehr loswerden. Aber da war auch ein tiefes Vertrauen, dessen sie sich immer wieder in seiner Nähe bewusstwurde. Er war es. Caleb. Ihr Retter. Er würde nicht… "Endlich. Ich bin froh, dass du es einsiehst. Es kann nicht so weitergehen. Endlich willst du nicht länger vorgeben, jemand zu sein, der du nicht bist.“ Madiha spürte, wie der Wind in ihrem Innern kalt und klamm nach ihrer Flamme griff und gefährlich an ihr zerrte. Gleich erlosch sie, sie spürte es. Nicht er auch… er nicht. Er verlor das Vertrauen in sie. Und die Zuneigung.
Madiha spürte, wie sie fror und wagte immer noch nicht zu atmen. “Das ist gut. Es wird Zeit für dich, dieses Denken eines Sklavendaseins zu beenden. Ich sehe die Muster ... kehre nicht dahin zurück, Madi. Du bist frei. Warum verkriechst du dich zurück in dieses Schicksal?", sie starrte ihn an und augenblicklich schwammen ihre Augen wieder. Endlich holte sie zitternd Luft. „Es ist… sicher dort.“, flüsterte sie mit belegter Stimme. „Die einzige Sicherheit, die ich kenne…“, führte sie kehlig aus und schluckte. Caleb entspannte seine Haltung etwas, was auch Madiha ein wenig mehr Zuversicht wiedergab. Er wirkte nicht mehr ganz so bedrohlich und auch wenn er keinen Schritt zurückwich, fühlte sie sich deutlich wohler als er weitersprach. Seine Worte indes wogen schwer. Er versuchte es. Er bemühte sich redlich, die richtigen Worte für sie zu finden und Madiha hörte aufmerksam zu. Sie versank nicht in ihrem eigenen Sumpf, aber sie kämpfte weiterhin mit der Tiefe dessen. Sie strampelte, wo er ihr mehr und mehr ein rettendes Seil zuwarf. Er würde nicht aufhören, bis sie es endlich ergreifen würde.

Seine Hände legten sich auf ihre Schultern und der Druck brachte Madiha dazu, ihren Blick erneut zu fokussieren. "Jeder macht Fehler, Madi.“ Ihr Blick flackerte. “Aber das war keiner. Ich werde weder aufhören, dich zu schützen zu versuchen, noch höre ich auf, dich zu lieben, weil du einmal einen Fehler gemacht und deine Kräfte überschätzt hast.“ Da war es wieder. Verpackt in einen ganzen Sack aus Worten, hörte Madiha jedoch nur diesen kleinen Satz wirklich klar. Würde er nicht aufhören sie zu lieben? Wie konnte er so sicher sein? “Gleiches gilt doch auch für Corax, der seine Kräfte kannte, aber keine bessere Methode, damit umzugehen. Er hat sein Möglichstes versucht, ist dabei gescheitert, aber hat es irgendwie überstanden. Er hat Fehler gemacht, aber er wird die Erfahrung darauf mitnehmen und beim nächsten Versuch einen anderen Weg finden. Wir alle werden das, du ebenso. Wir hätten alle sterben können, ja ... wir leben alle noch. Ohhh, ich bin schlecht darin, lebensrettende Ratschläge zu geben, hm?" Sie schlug ihre Augen nieder und runzelte die Stirn. Seine Worte hallten in ihrem Kopf wider und wider. Es brauchte einen Moment, bis sie sie verinnerlicht hatte, sodass er von ihr ablassen und sich um die Hütte kümmern konnte. Madiha achtete nicht darauf. Das Gehörte flutete ihre Ohren und drang tiefer hinein in ihr Herz und ihren Verstand. Corax konnte aber richtig von falsch nicht unterscheiden. Sie schon. Und während Corax seit langer Zeit in einem falschen Denken erzogen wurde, besaß Madiha noch eine richtige Moral. Und ihr Fehler hatte Unschuldigen das Leben gekostet. Sie hatte nicht getötet, um zu schützen. Es war einfach passiert und sie hatte das nie billigend in Kauf genommen. Es dauerte einen Moment, bis sie sich zu rühren wagte.
Caleb hatte inzwischen die Tür zum Vorratshäuschen mühelos geöffnet und war hineingetreten. Nur langsam löste sie sich von dem sicheren Halt in ihrem Rücken und stieß sich etwas ab. Zögerlich tauchte ihr Gesicht am Eingang auf, um in das Dunkel hineinzusehen. Ihre Miene war unverändert ernst und unsicher. Verwechselte er etwas? Ihr Blick suchte seinen Hinterkopf und musterte diesen. Er sah nur, dass er hatte schützen wollen. Ganz im Gegenteil zu ihrem aber, hatte sein Plan funktioniert. Und Corax‘ ebenso. Sie alle hatten beschützt und sie alle hatten Erfolg gehabt. Nur sie nicht. Durch ihr Handeln waren sie alle einer vielfachen Gefahr ausgeliefert gewesen. Unnötig. So wie sie. "Auch wenn nicht alles glatt verlaufen ist und wir irgendwie haben, überleben können, war es sehr wichtig, dass du dabei gewesen bist.“ Sie hob den Blick in sein Gesicht und runzelte die Stirn. “Du hast Corax daran erinnert, dass seine Freunde gekommen sind, um ihn zu retten. Ohne diese Worte hätte er das Schwert erhoben und Serpentis' Befehl ausgeführt. Vergiss das nicht, Madi. Vergiss lieber alles andere, was sich in deinem Herzen festgesetzt hat, und sei wieder du selbst. Das wäre ansonsten das einzige an meiner Tat, das ich bereue ... wenn es dich bricht."
Sie stand am Eingang, während er sich den Inhalt der Hütte ansah. Der Wind frischte immer wieder auf, doch die Kälte bemerkte sie kaum. Madiha versank in ihren Gedanken und den Worten, die er für sie gefunden hatte. Sie hatte es gut gemeint. Und sie hatte wirklich vorgehabt, dass sie helfen könnte. Madiha hatte bisher nicht vieles in ihrem Leben gehabt, wofür sie sich aufopfern würde. Noch bis vor kurzem hatte sie ihr Heil in der Flucht gesucht und wollte sich ungeachtet der Geschehnisse in Sarma ein eigenes Leben aufbauen. Und auf einmal war sie bereit gewesen, sich in einen Kampf zu stürzen, der im Grunde nicht ihrer gewesen war. Einzig für eine wackelige Freundschaft zu einem Mann, der sie hatte töten wollen. Madiha schloss die Augen und ballte die Hände. Das war nicht unnütz. Sie war nicht unnütz. Aber sie war gefährlich. Ihr innerer Wind blies energisch bei ihren Gedanken. Doch ihre Flamme erlosch dadurch nicht, im Gegenteil. Sie flackerte und züngelte hoch. Als sie ihre Augen wieder öffnete waren da keine trüben Augen mehr, die in das Innere der Hütte blickten. Allerdings reichte das noch nicht. Caleb hatte die Asche zur Seite geschaufelt und seine Hände beschmutzt, um die Flamme in ihrem Innern am Ersticken zu hindern. Aber sie brauchte noch etwas mehr von ihm… Madiha trat ebenfalls in die Hütte und nun war sie es, die ihn energischer am Arm fasste, sodass er sich zu ihr herumdrehen musste. „Du bist dir sicher, dass du mich nicht anders siehst, weil wegen mir Elfen ihr Leben verloren?! Weil ich handelte und weil ich scheiterte?“, verlangte sie zu wissen und er konnte den Trotz in ihrer Stimme aufleben hören. Sie war noch nicht ganz wieder hergestellt. Aber da leuchtete etwas in ihrem Blick und in der Art, wie sie mit ihm sprach, das Hoffnung spenden könnte. „Du sagst, du verzeihst mir meine Fehler, aber Caleb ich werde tausende davon machen! Ich… ich bin eine wandelnde Gefahr, du hast Kjetell’o gehört! Du kannst nicht deine Augen davor verschließen, was ich bin!“, wurde sie energischer und sah mit festem Blick zu ihm hinauf. Er hatte ihr Feuer geweckt. Nun aber brach es aus ihr heraus und offenbarte, dass sie nicht nur mit seiner Tat Schwierigkeiten hatte. „Ich wollte euch beschützen. ICH wollte DICH beschützen! Und ich habe es einfach nur… schlimmer gemacht! Ich habe geglaubt, dass ich verstehen würde, was Kjetell’o meinte und habe danach gehandelt. Ich habe mich in einem Maße überschätzt, das ihr alle euer Leben hättet verlieren können! Wie soll ich damit umgehen?“, verlangte sie zu wissen und der grauen Leblosigkeit folgte lodernder Zorn. „Ich habe nie etwas besessen, Caleb! Niemals und nun… nun seid ihr alle da und ich weiß nicht, wie ich euch festhalten kann! Wie ich dich festhalten kann, ohne dich zu verbrennen. Ich fühle mich hilflos in dieser Welt und komme nicht in ihr zurecht. Die Angst, dass dir etwas passieren könnte und dann auch noch durch meine Hand, die ist… verheerend. Ich möchte am liebsten weit weglaufen, um euch alle in Sicherheit vor mir zu wissen. Sonst verglüht ihr in meiner Gegenwart und ich …. Ich bin wieder allein!“ Tränen standen in ihren Augen. Ihr Kokon brach auf und ließ ihre Natur heraus. Sie brannte, lichterloh und das nur durch ihn.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Montag 3. April 2023, 14:47

Madiha fiel es trotz Calebs Worten nach wie vor schwer, Schuld von sich zu laden. Vielleicht hätte sie jetzt einen Priester besser gebrauchen können als ihn. Jemand, der ihr Absolution erteilte, aber hätte sie es annehmen können? Die Götter mochten ihr verzeihen, Caleb ebenfalls, aber sie selbst konnte es nicht. Sie konnte es nicht, weil sie ihm noch immer nicht glaubte, dass dieses Unglück und vor allem sein Mord an Serpentis keine Spuren hinterlassen hatte. Dabei wirkte er durchaus entspannt, wenn er sie nicht ständig so ernst betrachtete. Dass er sich vor allem um sie sorgte, kam ihr nicht in den Sinn, obwohl sie es doch genauso mit ihm anging. Beide waren sie geschaffen dafür, eher auf andere als auf sich selbst zu schauen. Beide mussten lernen, auch die eigenen Signale zu erkennen und sich selbst nicht in den Hintergrund zu stellen. Vielleicht schafften sie es gemeinsam. Caleb jedenfalls wollte nicht von Madihas Seite mehr abrücken. Es war ihm ernst. So ernst, dass er viel zu grob seine Hände gegen das Holz der Tür donnerte und die Sarmaerin am Kragen herumriss. Er bemühte sich darum, sie nicht anzuschreien, nicht auszubrechen. Denn eine laute Stimme hätte nichts bewirkt, im Gegenteil. Doch er kämpfte. Er kämpfte um sie und ihr Feuer, weil er beides nicht verlieren wollte. Madihas Wille, ihr Trotz, ihre rebellische Ader machten sie aus. Das durfte nicht sterben, sonst wäre es auch um sie geschehen. Dieser Kampf verlangte dem Dieb weitaus mehr ab als es der Schnitt über Serpentis' Hals getan hatte und langsam schien es auch seiner Wüstenblume zu dämmern.
Madiha aber konnte ihren selbst ebauten Kokon eines Sklavenlebens nicht durchbrechen. "Es ist ... sicher dort. Die einzige Sicherheit, die ich kenne..."
Caleb engte die Augen. "Und willst du dir nun auch Gliedmaßen entfernen, um diese Sicherheit zu wahren? Willst du ... auf Befehl hin töten müssen, wen du liebst?", erwiderte er schonungslos. Es gab keine Sicherheit als Sklave. Das war alles Täuschung und Madiha wusste es. Corax hatte sich zu Serpentis zurück gerettet, weil er die Freiheit fürchtete. Er hätte sie erhalten können. Calebs Wut auf sein Massaker hin und die fälschliche Annahme, verstoßen worden zu sein, hätten ihn freier gemacht als er sich je zu träumen gewagt hätte. Er hätte überall hingehen und freie Entscheidungen treffen können. Allein die Angst der Möglichkeiten ließen ihn zurück in seinen Käfig kehren und hatten dafür gesorgt, dass er sich erneut verstümmelte. Wofür? Serpentis war sofort bereit gewesen, ihn wegzuwerfen, als er ersten Widerstand leistete.
"Glaubst du, es könnte nicht wieder passieren, wenn du dich selbst versklavst?" Caleb hatte Recht. Ihr aktuell gewähltes Leben könnte sie nicht davor bewahren, dass das Feuer nicht doch noch einmal ausbräche. Und wenn sie gerade ihm oder ihren Freunden diente und plötzlich etwas passierte? Sie blieb eine Gefahr, ob als Sklavin oder nicht.
Während der Dieb ihr riet, all das zu vergessen und sich dem Inneren des lagerhäuschens widmete, erhielt Madiha Gelegenheit, seine Worte sacken zu lassen. Wenig später folgte sie ihm ins Innere. Es war sehr eng hier, denn die Hütte besaß wirklich nur den Zweck, Dinge über Nacht zwischenzulagern und nicht etwa, Menschen zu beherbergen. Madiha stand dicht an Calebs Rücken, während er einige Päckchen von ihrer Schutzhülle befreite. Er legte einen Brocken Käse mit ziemlich kräftigem Aroma frei, entrollte etwas Brot und legte dieses aber in ein offen stehendes Fass für Abfälle, da sich auf dem Laib bereits Schimmel bildete. Manche Nahrungsmittel waren dem salzig feuchten Wetter der Küste auch trotz eines Lagers schutzlos ausgeliefert. Madiha fühlte sich ähnlich. Wie sollte sie nur wieder sie selbst werden, so wie Caleb es sich wünschte? Das würde bedeuten, dass sie für alle und für ihn im Besonderen eine Gefahr bildete. So, wie Kjetell'o es ihr erbarmungslos ehrlich mitgeteilt hatte. Er konnte sich unmöglich dieses Risiko herbei wünschen! Aber Caleb sah sie nicht nur so. Für ihn war Madiha mehr als nur unkontrollierte Feuermagie. Sie besaß Wert, auch wenn sie ihre magischen Kräfte nicht beherrschte. Es war ein Talent, das sie würde lernen und fördern müssen, aber es machte ihre Persönlichkeit nicht aus. Das war es doch, was Caleb an ihr schätzte. Was er liebte. Sie. Nicht ihr Sklavendasein, nicht ihre mangelnden Magiekenntnisse und riskanten Fähigkeiten damit. Er liebte ihre Art, ihr Lächeln, ihren Blick, ihre Konter ... und ihren ungebrochenen Willen, der als wildes Feuer immer in ihr zu brennen gewusst hatte.
Ein wenig davon kehrte zurück, als sie Calebs Rücken betrachtete. Aus einem Funken erhob sich ein Flämmchen, denn es hatte neues Brennmaterial in ihrem Inneren gefunden. Für das gewaltige Feuer würde es ebenfalls ausreichen, wenn Madiha es nur zuließ, aber sie wagte es nicht. Sie scheute immer noch die möglichen Konsequenzen. Sie fürchtete den Kontrollverlust. Sie wusste, dass sie allein machtlos blieb. Sie brauchte mehr.
Caleb wandte sich um, als er das Ziehen an seinem Hemdsärmel spürte. Er ließ den Stinkekäse liegen und musterte Madiha mit fragendem Blick. "Du bist dir sicher, dass du mich nicht anders siehst, weil wegen mir Elfen ihr Leben verloren?! Weil ich handelte und weil ich scheiterte?"
Caleb nickte, ohne zu zögern. "Bin ich." Es fiel Madiha dennoch schwer, das zu akzeptieren. Seine Zuneigung für sie ließ ihn blind werden. Er wurde sich selbst untreu, weil er sie liebte. Er warf für sie seine Prinzipien einfach so über Bord. Bei Corax hatte er das nicht getan. Ihn hatte er geschlagen!
"Du sagst, du verzeihst mir meine Fehler, aber Caleb, ich werde Tausende davon machen! Ich ... ich bin eine wandelnde Gefahr, du hast Kjetell'o gehört! Du kanns nicht deine Augen davor verschließen, was ich bin!"
Oh, Caleb! Nicht jetzt, nicht in diesem Moment! Aber das tat er ja immer so. Das machte ihn aus und Madiha war ihm auch deshalb so verfallen. Er grinste sie schief an, als wären all ihre Worte nicht ernst zu nehmen. Als wären es Kleinigkeiten, die er bei einem Krug Bier und einem Spiel mit gezinkten Karten schon aus der Welt schaffen könnte. Nur sein Blick hatte sich verändert. Darin lag nicht mehr das arglose Schalkhafte, das ihn dazu bewegte, einer ernsten Lage mit nichts als Spott zu begegnen. Auch er hatte sich entwickelt und er wusste, wieviel Madiha es gerade bedeutete, keinen halbgaren Spruch von ihm zu hören. Den erhielt sie auch nicht, nicht jetzt, obwohl er grinste.
"Ich werde dir deine Fehler verzeihen, wenn du's bei meinen auch tust. Wir haben dem dummen, kleinen Elfen verziehen. Hätte ich anfangs nicht getan, aber inzwischen verstehe ich seine Motive. Deine kenne ich, Madi. Du würdest niemanden von uns absichtlich der Gefahr aussetzen wollen. Und ich würde niemanden aus reiner Freude an der Sache um sein Leben bringen." Er drehte sich ihr nun ganz zu und griff nach ihrer Hand. Er löste sie von seinem Ärmel, damit er sie halten konnte. "Natürlich werde ich dir verzeihen."
Das reichte immer noch nicht. Ihre Furcht war so groß, aber Caleb hatte das Feuer genug angefacht, dass sie aus ihr herausbrach. Es waren Flammen aus Angst und Hilfslosigkeit, die nun aus ihrem Inneren brannten. Aber sie brannten und sie suchten nicht danach, seine Haut vom Körper zu fressen. Sie suchten eine Lagerstelle bei ihm, um kontrolliert und friedlich knistern zu dürfen, damit er in ihnen Wärme fand ... oder Nutzen. Alles, was über das Zerstöerische hinaus ging, das Madiha so fürchtete.
"Die Angst, dass dir etwas passieren könnte und dann auch noch durch meine Hand, die ist ... verheerend. Ich möchte am liebsten weit weglaufen, um euch alle in Sicherheit vor mir zu wissen. Sonst verglüht ihr in meiner Gegenwart und ich ... ich bin wieder allein!" Sie konnte nicht über ihren Schatten springen, aber da hatte sie etwas mit ihrem Dieb gemein. Auch er fiel in alte Muster zurück, aber vielleicht war es gut so. Vielleicht war jetzt der beste Zeitpunkt dafür.
"Ich bin bis nach Sarma weggelaufen", meinte Caleb ruhig. "Die Gründe mögen andere gewesen sein, aber ich bin gerannt. Ich habe alles hinter mir gelassen. Schlechte Dinge. Personen, die ich nur enttäuschen würde. Allerdings auch Menschen und Dinge, die ich liebte ... um sie nicht zu enttäuschen." Er seufzte wehmütig. "Und nun bin ich von Sarma zurück nach Andunie gelaufen ... nun, eigentlich sind wir mit dem Schiff gefahren, aber du verstehst, was ich sagen will, ja? Ich bin wieder fortgelaufen ... aber du bist dabei, immer noch hier." Er lächelte, so schief wie sie es von ihm kannte. Dieses sorglose, verschmitzte Grinsen eines Spitzbuben, der nur von zweölf bis mittags dachte und ansonsten improvisierte, wenn es brenzlig wurde. Der Halinke, der trotzdem jedes Abenteuer mitnahm und ihm mit einem Lachen begegnete ... oder eben auf Plan B zurückgriff und um sein Leben rannte. Er drückte erst Madihas Hand, entschied sich dann aber, sie lieber dichter an sich heranzuziehen und seinen Arm um sie zu legen. In Calebs Augen funkelten Schaumkronen auf den Fjordgewässern, während das Dünengras sie zitternd umrahmte. "Sag mir einfach rechtzeitig Bescheid, wenn du laufen willst, damit ich gute Stiefel einpacken kann."
Seinem Zwinkern folgte ein Kuss, dem Madiha sich nun nicht mehr entziehen konnte wie noch vorhin auf seinem Schoß. Er hielt sie fest im Arm und bannte ihre Lippen mit den seinen an sich. "Nimm mich einfach mit", scherzte er weiter, aber es besaß diesen verliebten Kern, der es ernst meinte. "Es ist leichter als dir jedes Mal nachzulaufen, seit wir uns in der Zelle begegnet sind." Und seine Wangen glühten von Madihas Feuer, denn es offenbart eine völlig neue Sicht auf ... alles. All seine Taten, all die Rettungsaktionen der Vergangenheit. Seine Liebe für sie war bereits gewachsen, als er sogar noch in Dunias Gegenwart gelebt hatte. Er hatte sie gebeten, auf sein Geständnis zu warten, bis er sich sicher wäre. Wieviel Sicherheit könnte er nun noch bieten? Es brauchte nicht noch mehr Jahre.
"Ich würde dir ja anbieten, dein allererster Besitz überhaupt zu sein, aber ich glaube, den Platz hat Corax schon eingenommen ... dummer, kleiner Elf." Caleb grinste breit auf. Dann setzte er für einen weiteren Kuss an, raunte seinen Atem gegen ihren Mund. "Ich liebe dich, Madi. Dich und dein Feuer. Hab keine Angst davor, mich zu verbrennen. Das hast du schon längst getan und es wärmt mich. Für alles darüber hinaus finden wir eine Lösung ... wir alle. Wir werden dir alle helfen."
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 3. April 2023, 22:09

Frei zu sein… was war das eigentlich? Freiheit zu definieren würde wohl nur subjektiv so richtig gelingen und war längst nicht für alle gleich. Für den einen mochte es sein, dass er tun und lassen konnte, was er wollte. Ohne sich über Konsequenzen Gedanken machen zu müssen. Für jemand anderes wäre es wohl das genaue Gegenteil: Zu wissen, was er durfte und seine abgesteckten Grenzen aufgezeigt zu bekommen. Beides hatte seinen Reiz, man musste nur lernen, darin zu leben. Madiha aber war nie frei gewesen und ihre Versuche hatten immer Konsequenzen. Bestrafung machte sie unfrei und hilflos in einer ihr diktieren Welt. Das Mädchen war schon bei ihrer Geburt nicht frei gewesen, denn sie wurde in bittere Armut geboren und lernte zügig erwachsen zu werden. Ihre Mutter zeigte ihr, dass sie nicht frei waren, weil sie sich ihr Essen erbetteln mussten und manchmal dafür Dinge taten, die sie nicht wollten. Schon immer unterlag sie einem Zwang von außen und sie wuchs darin auf. Dann aber lernte sie eine gänzlich neue Form von Zwang und Grenzen kennen, die sie nachhaltig geprägt hatten. Freiheit war ein Traum, den sie gern träumte aber sie hatte auch Angst darin zu erwachen und die Realität zu erkennen. Jetzt unterlag sie keinen Grenzen mehr, die andere für sie definierten. Sie könnte sich die Grenzen selbst stecken und könnte lernen, was Freiheit für sie wäre. Allerdings war sie nun auch nicht gänzlich frei. Denn ihr Herz war viel zu anhänglich und sehnte sich nach Zuwendung und geborgene Sicherheit. Madiha lernte die zarten Bande von Freundschaft kennen. Das Gefühl, Mitleid für andere zu entwickeln und sich verantwortlich zu fühlen. Und sie lernte die Liebe kennen. Für sie nicht klar zu erkennen, da sie vollkommen fremd auf diesem Gebiet war, aber sie spürte die Gefühle sehr deutlich und klar. So klar, dass sie frei war, sie auszusprechen. Sie gegenüber Caleb zu formulieren und sich zu offenbaren. Und nur wegen eben jener Gefühle für ihn, war Caleb der einzig richtige Mensch, der Madiha nun aus ihrem Käfig holen könnte. Sie vertraute ihm, lange bevor sie ahnte, was er für sie sein würde. Er war ihr einziger, sicherer Rahmen, der sie nicht einpferchte. Und so unbeholfen und ungehobelt er manchmal auf andere wirken musste, für sie machte ihn das aus. In ihrer Angst hatte sie versucht, sich einzuschließen, um das letzte Bisschen ihrer Selbst zu schützen. Die zarte Flamme, die unter all der verbrannten Asche ihres Seelenhauses ersticken wollte. Ja, sie brannte noch. Doch für wie lange? Madiha hatte sich von der Freiheit zurückgezogen. Sie glaubte nicht daran, dass sie es verdient hatte, sie zu erleben und zu leben. Sie glaubte daran, dass sie nicht dafür gemacht wäre, weil Entscheidungen Konsequenzen bereithielten, die sie nicht absehen konnte. Dafür war ihre Welt zu klein. Ihr Horizont hatte sich niemals aufbauen dürfen und so musste sie gerade jetzt auf die aller härteste Weise erkennen, dass Freiheit auch immer Rücksicht und Überdenken bedeutete. Rücksicht auf andere und ihre Freiheit. Und das Überdenken ihrer Entscheidungen und Handlungen. Niemand würde ihr diese Erkenntnis nehmen können, aber niemand würde auch ihren Schmerz tragen. Das musste sie selbst machen und vor allem ertragen.
Die zierliche Sarmaerin aber konnte noch nicht erkennen, das es das Privileg des Lebens war, solche Erfahrungen machen zu dürfen. Also fasste sie ihre Ängste und Nöte in Worte und schleuderte sie dem einzigen entgegen, der sie aufnehmen und verstehen könnte. Er hatte gegraben und die Emotionslosigkeit beiseite geschaufelt, um an das wertvolle Licht in ihrem Innern zu gelangen. Nun bliesen seine Worte gegen die Flamme und entfachten sie neu. Madiha lebte auf und in ihren Augen funkelte ein Abklatsch ihrer selbst. Er wollte ihr ihre Fehler verzeihen? Er würde sie nicht verachten, weil sie so viel zu lernen hatte?

Er war blind! Seine Gefühle machten ihn blind… Doch Caleb grinste. Madiha sah ihn aus diesen verzweifelten Augen an und blinzelte perplex. Nahm er sie nicht ernst? Waren ihre Ängste unbegründet und naiv? Das Mädchen verlor ein wenig von der angespannten Körperhaltung und sah diesen grünblauen Augen beim Leuchten zu. Wie sich der verführerische Mund zu einem schiefen Lächeln verzog. Ihr wurde warm ums Herz und doch reichte es nicht aus, sie zu besänftigen. Er durfte sie nicht abweisen. Ihre Angst war nicht unbegründet. "Ich werde dir deine Fehler verzeihen, wenn du's bei meinen auch tust. Wir haben dem dummen, kleinen Elfen verziehen. Hätte ich anfangs nicht getan, aber inzwischen verstehe ich seine Motive. Deine kenne ich, Madi. Du würdest niemanden von uns absichtlich der Gefahr aussetzen wollen. Und ich würde niemanden aus reiner Freude an der Sache um sein Leben bringen." Sie musterte ihn weiterhin. Die Enge der Hütte ließ kaum etwas anderes zu. Für einen Moment schwieg sie über seine Worte und sie schafften es tatsächlich ihren inneren Wüstensturm ein wenig zu besänftigen. Aber Madiha quälte noch mehr. Es war so vieles, wovor sie Angst hatte. Und so rückte sie mit der Sprache heraus und offenbarte wieder, wie viel Caleb ihr wert war. Und was sie bereit wäre für ihn aufzugeben, wenn sie ihn damit nur schützen könnte. Vollkommen egal, wie sehr sie selbst darunter zu leiden hätte. Madiha blickte auf seine Hand, die ihre hielt. Das war das Gegenteil von Weglaufen. Den Drang verspürte sie tatsächlich seit ihrem Irrtum. Sie könnte gehen und sie alle in Frieden lassen. Aber Caleb hielt sie. Tatsächlich und metaphorisch. … "Sag mir einfach rechtzeitig Bescheid, wenn du laufen willst, damit ich gute Stiefel einpacken kann." Sie starrte ihn an. Seine Worte über das Fliehen vor den Problem, brachten feine Rädchen in ihrem Kopf zum Drehen. Fliehen wäre keine Möglichkeit… man konnte nicht vor den Problemen weglaufen… Sie öffnete die Lippen etwas und schob ihre Augenbrauen zusammen. Dann zog er sie zu sich, dass sie nicht würde fliehen können. Er stellte sicher, dass sie blieb, wo sie hingehörte. Wo sie willkommen war und… wo man sie haben wollte. Madiha schluckte ergriffen und als hätte er das geahnt, legte er seine Lippen auf die ihren. Sie lehnte sich gegen ihn und schloss ihre nassen Augen. “Nimm mich einfach mit…“, raunte er leise und sie bebte vor Rührung. Seine Worte waren wie Balsam für ihre Seele.

Sie warfen Stock um Stock in ihre Flamme, um sie am Leben zu erhalten. Bis er ihr das ganze Zunderzeug auf einmal entgegen warf: "Es ist leichter als dir jedes Mal nachzulaufen, seit wir uns in der Zelle begegnet sind." Madiha starrte ihn an. Sie suchte in seinen Augen nach dem Scherz. Dem Witz und der verlegenen Geste. Die Zeit schien stillzustehen, während sich ihr Feuer durch die Worte aus Holz fraß und immer größer wurde. "Ich würde dir ja anbieten, dein allererster Besitz überhaupt zu sein, aber ich glaube, den Platz hat Corax schon eingenommen ... dummer, kleiner Elf." Sie lächelte. Ja, er hatte es geschafft. Sie lächelte mit nassen Augen, weil sie nicht glauben konnte, was er ihr anvertraute. Ihr Herz schlug bis zum Hals und noch immer rutschten ihre Pupillen unruhig umher, als würde sie jeden Augenblick aus dem Traum in die Wirklichkeit auftauchen. Doch das hier… das war ihre Wirklichkeit. Erneut senkte er sich ihr entgegen und seine Stimme wurde zu einem Raunen, während sein Atem über ihre Lippen strich. "Ich liebe dich, Madi. Dich und dein Feuer. Hab keine Angst davor, mich zu verbrennen. Das hast du schon längst getan und es wärmt mich. Für alles darüber hinaus finden wir eine Lösung ... wir alle. Wir werden dir alle helfen." Ihre Tränen hielten sich nun nicht mehr zurück und rollten zahlreich über ihre Wangen. Sie selbst aber keuchte erlöst auf und weinte und lächelte gleichermaßen. Die Anspannung fiel von ihr ab, während sie es nun war, die sich ihm entgegen streckte, sein Gesicht zwischen ihre Hände nahm und ihm einen unglaublich erleichterten und gefühlvollen Kuss schenkte. Sie strich über seine Lippen, küsste sie sanft und zärtlich, bevor sie ihren Kopf neigte und ihre Emotionen in einen leidenschaftlicheren Kuss steckte. Sie drückte ihren Körper an seinen und schmiegte sich in seine Umarmung. Madiha spürte, wie der Kuss sich durch ihre Adern schlängelte und dort sämtliche Zellen aufsprengte, die von Kummer, Angst und Leid unterdrückt worden waren. Sämtliche Poren wurden von der Bitterkeit gereinigt, während ihr Herz sich aus den Ketten ihrer vermeintlichen tristen Sicherheit freisprengte. Ihr Feuer konnte ungehindert brennen, ohne sich fürchten zu müssen, zu ersticken. Seine Worte waren die Basis und ihre Liebe zu ihm die Krönung. Madiha fühlte sich freier, lebendiger als zuvor und schlang ihre Arme um seinen Nacken, um ihn so schnell nicht mehr loszulassen. Nach einer Weile, sank sie atemlos auf ihre Fersen zurück und glitt mit ihren Händen über seinen Nacken, dann seinen Hals und schließlich blieben sie auf seiner Brust liegen. Sie lächelte ihm entgegen und er konnte erkennen, dass die Dunkelheit gewichen war. „Ich liebe dich auch, Caleb…“, hauchte sie ein wenig erstickt, weil die Gefühle sie noch immer aufwühlten. Weil sein Geständnis sie atemlos zurückließ und sie ihn immer noch ungläubig ansah. Ihr Herz klopfte wie wild. „Schon immer…“, gestand sie ihm und wusste mit einem Mal, dass es wahr war. Mit seiner Hilfe hatte sie es herausgefunden und nun erkannte sie, dass er schon immer ihr Denken bestimmt hatte. Sie schmiegte sich an ihn und schloss die Augen, während seine Wärme, die ihre aushalten konnte. "Ich danke dir... Dafür, dass du so sehr kämpfst. Und, dass du mich nicht aufgibst...", flüsterte sie. Madiha hatte sich noch nie so wohlgefühlt in ihrem Leben, wie in diesem einen Moment. Vollkommen sicher und frei von jeder Angst.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Dienstag 4. April 2023, 07:45

Sklaven durften nichts besitzen. Sie waren Besitz. Sie waren Eigentum eines Individuums, das sich durch ihren Besitz definierte und ihnen nichts Eigenes zugestand. Jenes Individuum zerstörte das Innere, um das Äußere für seine Zwecke nutzen zu können. Jegliche Zwecke. Ein solches Individuum glaubte, reich zu sein und viel zu besitzen, weil seine Eigentümer nichts ihr eigen nennen durften. Ein solches Individuum war blind für wahren Reichtum. Nicht jeder Sklave war stark genug, Besitz zu beansprucken, aber die wenigen, die es taten, waren reicher als alle herrischen Individuen Celcias.
Madiha aus Sarma hatte das Glück, eine reiche Sklavin zu sein. Ihr Leben war dadurch nicht einfacher gewesen, aber ungebrochen. Sie hatte immer etwas besessen, an dem sie festhalten konnte. Etwas, das ihr half weiterzumachen. Nicht für ihre Herren, sondern für sich. Denn sie besaß Hoffnung, dass es sich eines Tages für sie zum Guten ändern könnte. Sie war nicht enttäuscht worden. Hoffnung schenkte ihr Überlebenswillen, rüstete sie mit Entschlossenheit und Trotz aus, scharfe Waffen gegen die Obrigkeit, die sie zu einer willenlosen Hülle hatte machen wollen. Hoffnung allein reichte aber nicht. Es brauchte mehr. Madiha hatte mehr erhalten. Liebe war in ihr Leben gekommen, verkleidet als ein Sprüche klopfender, selten an Konsequenzen denkender Dieb, der sich mit einem breiten Grinsen aus dem Staub machte, wenn es für ihn zu brenzlig wurde. Er hatte ein Auge auf diese hoffnungsvolle, willensstarke Seele geworfen und ihr eine Rüstung angelegt. Die Liebe anderer beschtüzte den hoffnungsvollen Kern und dieser Strauchdieb hatte sich verliebt. Auch seine Waffen waren aus Hoffnung geschmiedet. Auch er wünschte sich Besseres, eines Tages.
Sowohl der Dieb als auch die Sklavin waren nicht enttäuscht worden, denn sie hatten gekämpft. Sie hatten sich gegenseitig eine Rüstung geboten und ihre Klingen gewetzt. Sie hatten viel geopfert, aber immer an ihren wenigen Besitztümern festgehalten. Nun wurden sie belohnt. Ihre Schatzkammer war reicher gefüllt als es jeder sarmaer Sultan sich je hätte erträumen können. Und noch immer brannte in ihren Seelen ein Feuer, das sich nicht mehr löschen lassen wollte. Liebe war der Zunder, der es am Leben erhielt.
Madihas Feuer wäre beinahe erstickt. Sie hatte die Waffen gesenkt, die Hoffnung aufgegeben. Aber ihre Rüstung packte sie ein. Liebe umhüllte sie und der Dieb, der sie ihr gab, schenkte einen Teil seines Besitzes. Er schenkte sich, damit ihr Feuer von seiner Liebe zehren und wieder brennen konnte. Hell genug mit lodernden Flammen stieg es in Madiha empor und gab ihr die Kraft, wieder an sich selbst zu glauben - trotz aller Widrigkeiten, trotz aller Gefahren, selbst wenn sie aus ihrem Inneren brachen. Calebs Rüstung aus Liebe zu ihr würde sie beschützen. Immer. Das hatte sie schon immer getan, sogar dann, als sie sich beide noch nicht bewusst gewesen waren, wie viel ein kleiner Dieb und eine noch kleinere Sklavin doch besaßen, solange sie einander hatten.
Ihr Schatz wurde zu groß für die Kammer, die Madiha für ihren Besitz auserkoren hatte. Tränen aus Diamanten schwappen über, fielen aus den Fenstern ihrer Seele, um den Schmutz aus Hoffnungslosigkeit von ihren Mauern zu waschen. Sie weinte sich rein, wusch alles Quälende von sich, jeden Zweifel und sämtliche Ängste. Sie war nicht von ihnen befreit, für's erste aber erlöst. Und sobald sich diese dunklen Emotionen erneut in ihr aufzubauen drohten, wäre sie besser gewappnet. Caleb wäre dann immer noch da, um sie zu beschützen. Ihre Freunde würden sie unterstützen. Sie war nicht mehr allein auf dieser Welt.
"Ich liebe dich auch, Caleb..." Sie besiegelte ihren Schwur mit einem sanften Kuss, als sie das Gesicht des Diebes in beide Hände nahm. Caleb ließ es zu, kam ihr entgegen und aus Zärtlichkeit wuchs eine Leidenschaft, die sie beide umfing. Der Kuss nahm an Intensität zu. Ihre Umarmung wandelte sich in eine Verschlungenheit, bei der Hände über Kleidung strichen und langsam einen Weg darunter suchten, um Haut zu berühren und zu streicheln. Madiha fürchtete ihr Inneres Feuer? Was war mir jenem, das sie durch ihren Kuss im Dieb entfachte? Er hatte Recht. Sie verbrannte ihn. Sie hatte es längst getan und nun wiederholte sie es. Er glühte vor Leidenschaft auf. Er glühte für sie und ihre Worte brannten sich tief in sein Herz.
Madiha konnte spüren, dass er ihr im Kuss bereits immer näher kam. Sie fühlte seine großen Hände, die über ihren Körper glitten und Zugang zu ihrer Haut suchten. Sie wanderten, aber das Kleid war lang. Es gab keinen verstohlenen Eingang zwischen Ober- und Unterteil, der von einem Gürtel zusammengehalten wurde. Caleb musste sich zunächst darauf beschränken, nur an der Oberfläche zu kratzen. Eine Hand fand sich somit an Madihas Hintern wieder, wo er nicht nur knetete, sondern sie auch stützte, während die andere Hand noch unschlüssig an ihrem Körper entlang wandete. Im Grunde kannte sie ihr Ziel, wagte es aber nicht, sich dessen zu nähern. Sie tanzte immer wieder den schmalen Pfad ihrer Hüfte entlang, schob sich gelegentlich nach vorn und etwas höher, nur um dann doch einen Bogen um ihre Brust zu machen. Madiha mochte nicht unbedingt mit Florencias größten Früchten gesegnet worden sein, aber Caleb - der Dieb - wagte es nicht einmal sich an ihnen zu vergreifen. Etwas hielt ihn zurück. Seine Leidenschaft war es nicht. Auch diese konnte das Wüstenkind nun spüren, hart und prall, als sich sein Schritt gegen ihren Schenkel presste.
Schließlich keuchte der Dieb auf und drehte seine Hüfte etwas beiseite. Er räusperte sich, ohne Madiha loszulassen. Die Leidenschaft aber drängte er in ihren Käfig zurück. Es war zu früh. Es war der falsche Zeitpunkt und der falsche Ort. Er wollte seine Erfahrungen nicht in einer nach würzigem Käse, Salz und Fisch riechenden Vorratshütte machen. Das hatte Madiha nicht verdient!
"Lass uns weglaufen, nur ein Stück", schlug er ihr vor und Madiha konnte an seiner gepressten Atmung hören, dass er sich zusammenriss. Blind griff Caleb nach dem Käse, sowie einem anderen Laib Brot, der noch keinen Schimmel gebildet hatte. "Wenn man die Klippen ein Stück umfährt, gibt es zwischen den Felsen eine kleine Strandmulde. Und am Steg liegt ein Boot vor Anker." Seine Augen blitzten in einer Mischung aus Verwegenheit und Nervosität auf. Er wartete Madihas Antwort nicht ab, sondern nahm sie einfach mit sich. Er griff ihre Hand und zog sie hinter sich her, die letzten Stufen von der Hütte bis zum hölzernen Steg hinunter. Die Poller besaßen unterschiedliche Farben, denn Teile von ihnen waren im Laufe der Zeit immer wieder ausgetauscht worden. Hier unten, direkt am Meer, wurde Holz schnell marode. Der Steg aber hielt, wenn er auch unter den Schritten des Diebes knarrte.
Caleb näherte sich dem Boot, warf Käse und Brot dort zielsicher in eine kleine Kiste, die neben der Sitzplanke festgenagelt worden war. Er kannte das Wassergefährt bereits. "Ich hab nicht die ganze Zeit bei dir und Azura im Raum verbringen können", gestand er. "Und ich konnte nicht zu Corax gehen, selbst als ich erfuhr, dass er aufgewacht war. Ich konnt's nicht tun. Ich bin weggelaufen, hab mir das Boot geschnappt und mir ein Versteck gesucht, um für eine Weile von allem fern zu sein. Du wirst es lieben. Es ist wie ein Stück Land, an dem die Zeit still steht!"
Er lud Madiha kurzerhand ein, das Boot zu besteigen und sich zu setzen. Er selbst griff nach zwei Rudern, löste den Strick von den Pollern und schon ging die Fahrt los. Die Strecke war nicht sehr weit. Wie gut versteckt der genannte Fleck auch war, ließ sich anzweifeln. Von einigen Zinnen der Akademie würde man gewiss einen Blick auf den kleinen Strand werfen können, der sich an der Küste zwischen den Felsen auftat. Er war wirklich nicht sehr breit, gerade groß genug, dass man mit einer Gruppe aus fünf oder sechs Leuten um die Lagerstelle sitzen konnte, deren Steine sie noch als solche kennzeichneten. Zwischen den Felsen wuchs ein wenig Seegras hervor. Algen und Muscheln lagen auf den Felsen und am Ufer wuselten winzige Krebse zwischen den kleinen Kieseln, die immer wieder angespült wurden.
Caleb steuerte das Boot bis zu einem Ast, den jemand zwischen zwei dicke Steine gerammt hatte, um einen Poller für anlegende Boote zu besitzen. Er band den Strick darum und zog anschließend seine Stiefel aus. Jene warf er weit vor sich auf den Flecken Strand. Dann krempelt er seine Hosenbeine hoch und reichte Madiha eine Hand. Sobald sie diese ergriff, schnappte er sich die Sarmaerin, um sie wie eine Braut nicht nur auf Händen, sondern auch über die Schwelle des schaukelnden Bootes zu tragen. Es platschte, als Calebs Füße im niedrigen Wasser landeten. Er trug Madiha bis zum trockenen Strand herüber und setzte sie neben der kalten Feuerstelle ab. Eine Kiste lugte einem Schatzbehältnis gleich halb aus dem Sand heraus. "Da drin ist Brennmaterial, falls du ein Feuer machen willst", meinte Caleb. Nötig wäre es nicht, denn die Sonne wärmte noch immer den Tag. Der Dieb ließ sich neben Madiha auf dem Sand nieder, welcher sich dick und vom Meerwasser feucht anfühlte. Ein Traumstrand war es nicht, aber ein unheimlich gemütliches Versteck. Wie Caleb gesagt hatte: Hier stand die Zeit ein wenig still. Nichts, was in Andunie passierte, wurde an diesen kleinen Strand gespült. Hier hatten sie etwas Zeit füreinander. Und Calebs Finger angelten bereits wieder nach ihrer Hand.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 4. April 2023, 13:23

Nie war ihr Besitz besonders wichtig erschienen. Sie wuchs ohne eigenen Besitz auf, sodass sie sich weder etwas aus traumhafter Garderobe noch hübschen Möbeln machte. Sie entwickelte nicht mal einen Sinn für schöne Verzierungen oder wahre Handwerkskunst. Obgleich sie staunend vor einem imposanten Gebäude, wie der Wasserakademie, stehen konnte oder fasziniert von der Schönheit eines Gartens war. Madiha fehlte nicht der Sinn für Schönes. Nur der Sinn für Reichtum und Preise. Das Mädchen hatte sich stets ihre Seele bewahrt, die doch eine ganze andere Richtung hätte einschlagen können. Mit ihrer Neugierde, ihrem Wissensdurst und dem Feuer ihrer Seele, hätte sie großes erreichen können, wenn die Schicksalsfäden anders verknüpft gewesen waren. Aber Madiha hatte nicht das Gefühl verpassten Chancen hinterher zu trauern. Eine weitere Eigenschaft, die sie ausmachte: Sie nahm ihr Schicksal an, versuchte es lediglich besser zu machen, zu formen und für sich ein wenig mehr herauszuholen. Dass sie dabei nicht über Leichen ging, hatte sie schnell klargemacht. Madiha hatte Caleb in den Gängen nicht sterben lassen, um ihre eigene Haut zu retten. Sie war sich nicht mal zu schade, sich selbst zu erniedrigen, um ihm zu helfen. Sie hatte auch nichts gegen Ilmy einzuwenden, bewunderte sie sie doch insgeheim für ihr Leben. Madiha war, trotz all dem Schlechten, dem sie ausgesetzt gewesen war, eine reine Seele in ihrem Denken. Niedertracht, Missgunst und Häme waren ihr ebenso fremd, wie Gier. Sie verlangte nicht, nun da sie frei und ohne Ketten eines anderen war, dass man ihr gab, was ihr vermeintlich zustünde. Madiha wollte lediglich ein Bisschen ehrliche Zuneigung. Sie wollte dazugehören und anerkannt sein, so wie jeder es wurde. Für sie war dieser Schritt keine Selbstverständlichkeit. Sie hatte trotz ihres starken Willens das Denken einer Sklavin in ihren Sack des Lebens gepackt und brauchte Hilfe, um dem zu entwachsen. Und sie erhielt diese Hilfe. Ungefragt, ohne darum zu betteln. Caleb war da und er war wegen ihr hier. Er wollte nicht einem Mitglied dieser seltsamen Gemeinschaft auf die Beine helfen. Er wollte ihr helfen. Weil er sich zu ihrem Eigentum machte, indem er sie liebte. Das Mädchen erkannte das anhand seiner Worte, seiner Gestik und seiner Mimik. Das war er sagte bohrte Löcher in ihren Kokon und seine Mimik fand Zugang zu ihr. Doch seine Gestik war es, die ihr über die Schwelle half und, die ihr den Weg zurück zu sich zeigte. Caleb war da und er würde nicht gehen. Er würde ihre Fehler tragen und er würde sie verzeihen. Sie musste keine Angst haben, dass man sie verstieß, wenn sie sich mal irrte. Sie brauchte sich nicht vor Strafe zu fürchten, weil sie handelte und verlor. Madiha hatte so einiges nachzuholen in ihrem Leben und sie wollte das tun, aber sie brauchte das Sicherheitsnetz, dass jemand da war, der sie auffing, wenn sie fiel. Und Caleb war da. Und er war es schon so lange, viel länger als sie sich dessen bewusst gewesen war. Diese neue Erkenntnis war atemberaubend für das Mädchen. Zu hören, dass sie niemandem etwas weggenommen hatte, dass Dunia ihren Weg allein wählte und Caleb den seinen… Dass nicht sie es gewesen war, die ihn fortzerrte aus einem irrigen Glauben, er müsste sie beschützen. Madiha’s Herz hüpfte vor Freude und zeigte ihm ihre Erleichterung anhand eines sanften Kusses. Die Liebe zu ihm war tief und auch wenn sie selbst kaum ausdrücken konnte, wie tief, würde er es in ihrer Gestik erkennen können. In ihrer Mimik, wenn sie ihn beobachtete. In ihren Worten, wenn er sie hören wollte. Das Mädchen ließ ihren Gefühlen freien Lauf und drückte sich an den Körper des Diebes.

Sie spürte seine Wärme und ließ ihr Feuer davon anheizen. Doch dieses Feuer loderte auf eine andere Weise. Sie spürte ein unbekanntes Kribbeln in ihrem Bauch, das ihr Herz flattern und sie aufgeregt werden ließ. Der Kuss wurde verlangender und innig umschlungen spürte sie seine Hände, die sich ihren Körper einprägten und nach einer Möglichkeit suchten, sich warm und fest auf ihre Haut zu pressen. Madiha keuchte leise als seine Rechte ihren Platz an ihrer Kehrseite fand. Sein Zupacken entlockte ihrer Kehle ein Schnaufen, während sich ihr Schoß seinem entgegenpresste. Brannte sie schon wieder? Stand die Hütte in Flammen? Ihr wurde wärmer und wärmer und ihre Arme schlangen sich um die breiten Schultern des Mannes, der sich ihr mit jedem Kuss, jedem Blick und jedem Wort mehr von ihr stahl. Sie spürte, dass auch ihn das Treiben nicht kaltließ. Er verlangte nach mehr, so wie sie es tat und doch noch nicht recht einordnen konnte. Bisher hatte sie diese einvernehmliche Form von Leidenschaft nicht kennengelernt und so spürte sie ihr inneres Drängen, auch wenn sie noch nicht ahnte, worauf das hinauslaufen könnte. Dass dieser Akt Spaß und Freude bereiten könnte. Und die Krönung ihrer Gefühle für Caleb sein könnte. Auch er ahnte, dass sie einander näherkommen könnten, sodass er sich zusammenriss und dem ganzen Einhalt gebot. Ohne sie loszulassen, griff er ein paar Kleinigkeiten und zog sie mit sich. Madiha folgte ohne Protest. Sie hatte ein kleines Lächeln auf den Lippen und wirkte um so vieles gelöster. Sie betrachtete den kleinen Steg, die veränderten Farbnuancen der Poller und sah zu, wie Caleb das Boot mit dem Proviant ausstattete. "Ich hab nicht die ganze Zeit bei dir und Azura im Raum verbringen können. Und ich konnte nicht zu Corax gehen, selbst als ich erfuhr, dass er aufgewacht war. Ich konnt's nicht tun. Ich bin weggelaufen, hab mir das Boot geschnappt und mir ein Versteck gesucht, um für eine Weile von allem fern zu sein. Du wirst es lieben. Es ist wie ein Stück Land, an dem die Zeit stillsteht!" Sie musterte ihn, während er sprach. Sie folgte dem Hinweis, welchen Weg sie fahren mussten und schaute dorthin. Es klang verlockend und sie nickte. Dann kletterte sie in das kleine Boot und hielt sich ein wenig angespannt zu beiden Seiten fest, während die Wellen es schaukeln ließen. Caleb aber ruderte, während sie ihn dabei beobachtete. Ihr fielen seine Muskeln auf, die sich beim Rudern anspannten und ihr Herz klopfte etwas mehr. Warum nur wurde ihr bei seinem Anblick so warm? Madiha senkte leicht lächelnd den Blick und wandte ihn zum Wasser. Sie lehnte sich nur ein Stück über die niedrige Reling und tauchte ihre Finger in die Gischt.
Es war kalt, aber bisher war sie dem Meer noch nie so nahe gewesen. Die blaue Möwe war faszinierend gewesen und das Meer hatte durchaus seinen Reiz auf sie. Schon in Sarma hatte sie sich diesem genähert, um allein zu sein, bis Ilmy sie gefunden hatte. Sie dachte kurz an das Kennenlernen zurück und schaute zum Horizont. Wie es der anderen wohl ging? Doch die Gedanken für Ilmy fanden keine Antwort, denn sie legten bereits an. Madiha ließ ihren Blick über das kleine Geheimversteck des Diebes wandern und erneut lächelte sie offen. Sie ließ sich von ihm durch das Wasser tragen und spürte daraufhin den leicht nachgebenden Sand unter ihren Stiefeln. Fasziniert betrachtete sie die Umgebung und drehte sich um sich selbst. „Es ist wunderschön hier…“, murmelte sie und folgte Caleb zu dem kleinen, noch kalten Lagerfeuer. "Da drin ist Brennmaterial, falls du ein Feuer machen willst", sie musterte die Truhe, dann sah sie auf ihre Hände und sah ihn mit einer erhobenen Augenbraue kurz an. Sie lachte leise, ob dieser kleinen Situationskomik und setzte sich neben ihn. Noch brauchten sie das Feuer nicht, denn die Sonne tauchte den Strand in ihr warmes Gewand. Madiha sah der Sonne entgegen und erinnerte sich an die hellen Strahlen, die Ventha’s Sturm durchbrachen.

Sie runzelte mit einem Mal die Stirn und hatte das Gefühl, dass sie einen kleinen Dank aussprechen müsste. So neigte sie ein wenig das Haupt der Sonne entgegen, als stummen Dank, für die Hilfe, die sie durch Lysanthor erfahren hatten. Madiha stützte ihr Gesicht auf ihre Hand, deren Ellbogen sie auf ihre Knie legte. Sie holte tief Luft und ließ diesen kleinen Ort auf sich wirken. Bis sie Caleb’s Finger spürte, die sich suchend auf den Weg machten. Sie drehte sich zu ihm um und griff seine Hand ganz selbstverständlich. Sie lehnte sich gegen ihn, bettete ihren Kopf an seiner Schulter und schaute auf die wogenden Wellen. Einen Moment saß sie einfach nur schweigend neben ihm und genoss das Stillstehen der Zeit. Die roch die salzige Luft, lauschte dem Rauschen und spürte seine Wärme. Es war perfekt. So perfekt. Was wollte sie mehr? Madiha hob den Kopf an, um ihn anzusehen. „Ich kann verstehen, dass du hergekommen bist.“, lächelte sie und drückte seine Hand. „Lass uns nie wieder weggehen hier.“, lächelte sie weiterhin, weil sie sehr wohl wusste, dass das nicht ging. Aber die Botschaft wurde vielleicht dennoch klar. Alles was Madiha wollte, war ein wenig Frieden und … Caleb. Sie neigte sich seiner Wange entgegen und küsste sie liebevoll. "Was wird jetzt aus uns, wenn wir zurückkehren? Können wir die Akademie verlassen? Sind wir... sicher?", stellte sie einige Fragen und schüttelte kurz den Kopf. Das hatte Zeit, aber die Antworten würde sie trotzdem brauchen. Dann allerdings grinste sie und erhob sich. Sie ließ seine Hand los und hob einen Fuß. Etwas ungeschickt hüpfen, entfernte sie erst den ersten, dann den zweiten. Dann ließ sie den wassermagischen Mantel fallen, sodass sie nur noch das Kleid trug. In ihren Augen blitzte es auf. Ja, Caleb hatte hervorragende Arbeit geleistet, denn Madiha hatte den grauen Schlauer überwunden und sich von ihm aus dem Dunkel führen lassen. Jetzt aber drehte sie sich um und lief die wenigen Schritte zum Wasser. Dort blieb sie einen Moment stehen und schaute hinein. Schwimmen konnte sie nicht, aber die Kühle an ihren Füßen spüren, den kitzelnden Sand, wie er sich unter ihren Füßen dem Druck entzog und sie einsinken ließ. Madiha watete einige Schritte hinein und hatte das Kleid etwas hochgerafft. Hier und dort wurde es dennoch nass und das störte sie nicht. Sie schritt durch das Meer und fühlte sich unglaublich gelöst und frei. Trotz ihrer eigenen Affinität zu Feuer, gab ihr das Meer eine besondere Gelöstheit. Sie liebte das! Und so lächelte sie Caleb am Strand entgegen und winkte ihm etwas, ehe sie weiter durch das Wasser schritt und den Blick gesenkt hielt. Dann blieb sie plötzlich stehen und bückte sich, um aus dem Wasser eine Muschel zu fischen. Sie betrachtete sich diese auf der flachen Hand, ehe sie zum Horizont blickte. Könnte doch das Leben immer so sorglos sein, wie in eben jenem Moment. Madiha suchte Calebs Nähe, egal wo er jetzt wäre. "Schau mal,, sie zeigte ihm die Muschel, die sie gefunden hatte. Sie hatte ein kleines Loch, doch das störte die hübsche, Perlmuttfärbung nicht. "Ich behalte sie. Sie wird mich hieran erinnern.", murmelte sie verträumt und lächelte ihm entgegen. Sie hielt den Blick lange in seinen Augen und erneut wurde sie von diesem Gefühl erfasst, das ihr die Röte ins Gesicht trieb. "Wollen wir etwas essen?", obwohl es wohl nicht exakt dieses Gefühl war, das sie fühlte.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 5. April 2023, 08:29

Kein Wunder, dass Madiha ständig sich selbst sah, wenn sie Corax' Handlungen und damit verbundene Muster eines Sklavendaseins sah. Beide waren sich unglaublich ähnlich, mehr wohl als sie selbst von sich behaupten würden. Aber beide plagte eine gemeinsame Furcht: Sie wollten nicht allein sein. Sie wollten nicht allein gegen die Übermächte der Welt antreten müssen. Sie wollten Fehler begehen dürfen, um aus ihnen lernen zu können, aber ohne dadurch alles zu verlieren, was ihnen wichtig war. Der Dunkelelf suchte noch immer danach, fand es in Teilen von Azura, Madiha, Jakub und Caleb. Und langsam verstand er, dass sie dort verborgen waren. Die Sarmaerin hingegen vereinte alles in nur einer einzigen Person. Das konnte Segen und Fluch sein, falls Caleb sich doch einmal entscheiden könnte, sie fallen zu lassen. Bisher machte es aber nicht den Anschein. Seine Worte waren aufrichtig, ebenso wie seine Gefühle und solange er an Madihas Seite wäre, konnte sie die nicht nur die Ketten ihrer Vergangenheit ablegen, sondern auch jene aus Furcht, die sie sich selbst auferlegt hatte. Sie brauchte sich nicht zu ängstigen, dass der Dieb flüchtete - auch wenn das eine seiner perfektionierten Praktiken war! Bei ihr würde er es nicht tun. Wenn dann flohen sie zusammen und er verzieh ihr, damit sie gemeinsam Lösungen finden könnten.
Gemeinsam...
Das machte es aus. Dieses Wissen holte Madiha aus ihrem Kokon und wies ihr die eigene Wandlung auf. Sie könnte ein schöner Schmetterling werden, sobald die Flügel sich entfalteten. Noch hingen sie eng an ihren Rücken gelegt da wie ein Umhang. Sie waren ein wenig klebrig und feucht, würden sich nach und nach erst ausbreiten und am Ende schließlich schütteln müssen. Aber wenn es soweit wäre, würde Madiha fliegen. Sie würde befreit von allen Ängsten und Zwängen frohen Mutes durch die Welt flattern, mit einem diebischen Falter an ihrer Seite. Eine Motte, die ihr Licht - ihr Feuer - nicht scheute, im Gegenteil.
Im Moment flatterten aber nur ihre Herzen, als Caleb den geheimen kleinen Strand ansteuerte und das Boot vertäute. Er hatte nicht zuviel versprochen. Dieser Flecken aus Sand, ein wenig Seegras und Muscheln schmiegte sich so friedlich in das Gefüge der Welt, dass er weder störte noch auffiel. Hier konnte man durchatmen und alles einmal außer Acht lassen. Binnen Minuten blühte Madiha auf, warf ihre Stiefel von sich und tanzte über den Sand. Sie kannte ihn nur zur gut aus ihrer Heimat und doch fühlte andunischer Sand sich ganz anders an. Er klebte ob seiner Feuchtigkeit an ihren Zehen, anstatt zwischen ihnen hindurch zu rieseln. Er wirkte dunkler, weniger rötlich und man versank nicht bei jedem Schritt darin. Andunischer Sand bot Festigkeit, Standhaftigkeit, damit man in seinen Problemen nicht unterging ... was Andunie alles hervor brachte, schlich sich durchaus einen Weg in Madihas Herz.
"Ich kann verstehen, dass du hergekommen bis. Lass uns nie wieder weggehen hier!"
Caleb schmunzelte. "Aber du möchtest doch irgendwann sicher Schnee sehen."
Jetzt jedoch wollte Madiha erst einmal den Frieden genießen. Es war nötig! Sie hatte viel zu viel erlebt und viel zu wenig Zeit erhalten, um durchzuatmen. Als man sie ihr anbot, war sie noch zu tief in eigenen Ängsten gefangen gewesen. Der kleine Strand am Rand der Welt löste alles von ihr. Befreit tappte sie in das Wasser hinein, dass ihre Fußzehen sofort betäubte, so kalt war es. Trotzdem fühlte es sich gut an und zwischen den dunklen Wellen, die beinahe die Farbe ihrer Augen besaßen, entdeckte sie alsbald einige schöne Kiesel, sowie Muscheln.
Caleb blieb bei der Lagerstelle zurück. Er hatte nicht vor, sie zu entzünden, aber er wählte einen ovalen, flachen Stein, um Käse und Brot darauf zu legen und brach sich von Ersterem ein Stück ab. Er aß es nicht sofort, behielt es in der Hand. Stattdessen beobachtete er Madiha, wie sie durch das Wasser tanzte. Plötzlich verging ihm der erste Hunger. Caleb senkte den Blick, legte den Käse wieder beseite und schaute auf seine Hände. Dann berührte er den Knauf des Einhorndolches an seinem Gürtel und seine Augen flogen zurück zu Madiha. Tränen bildeten sich in ihren Winkeln.
Madiha wandte sich gerade in dem Moment Freude strahlend mit ihrer Beute zu ihm um, als Caleb unter bebenden Schultern einer Hand über die Augen legte. Die andere hielt den Dolch umschlossen, ohne dass er ihn vom Gürtel gelöst hätte. Der Moment währte nur kurz, dann hatte der Dieb sich schon wieder gefasst. Er wischte sich über die Augen und fuhr sich anschließend unter einem verlegenen Grinsen mit der Hand in den Nacken. Er fühlte sich ertappt, weil Madiha ihn direkt ansah und dann sogar zu ihm zurückkehrte. Er schüttelte den Kopf und antwortete schon, bevor sie sich noch unnötig sorgen konnte: "Es ist alles gut. Ich bin ... nur so unendlich froh ... dass du lebst. Es gibt nichts zu bereuen." Er lächelte ehrlich. Es stimmte. Caleb war einfach nur erleichtert, dass auch sie immer noch bei ihm war. Er musste viel in seinem Inneren angestaut haben in der einen Woche und sicherlich auch gezweifelt haben über seine Tat. Ganz frei von Reue war er nicht, solange Madiha noch bewusstlos gewesen war. Er hatte immerhin einen Mord begangen, ohne zu wissen, ob er sie dadurch wirklich hatte retten können. Jetzt verarbeitete auch er diese Zeit der Ungewissheit endlich und hier am friedlichen Strand ihrer Zweisamkeit, unter salziger Brise, fielen auch seine übrigen Sorgen von ihm ab. Er streckte seine Hand nach Madihas Muschel aus. "Sie hat ein Loch. Wenn du ein Lederband hindurch friemeln kannst, könntest du die Muschel wie eine Halskette tragen oder als Band um dein Handgelenk." Sein Blick wandelte sich plötzlich, wurde weich und warm. "Ich möchte dir Schmuck schenken", sagte er frei heraus. Dann lachte er. "Aber im Moment habe ich nur Käse und Brot! Bedien dich!" Er selbst griff auch endlich zu seinem abgebrochenen Stück des aromatischen Milchprodukts und biss hinein. Er schmeckte so würzig wie er roch. Kräftig und gut gereift.
Während sie aßen war es dieses Mal der Dieb, der Madihas Nähe suchte. Sobald sie sich gesetzt hatte, rückte er an sie heran, bis ihre Schultern einander berührten. Er küsste ihre Schläfe, verteilte einige Käsekrümel in ihrem Haar, kümmerte sich aber nicht darum. "Um deine Frage von vorhin zu beantworten: Ja. Gewissermaßen sind wir im Augenblick sicher. Kjetell'o wahrt Dank Corax' Illusion den Schein, Serpentis wäre noch am Leben. Es würde auffallen, wenn sie plötzlich einfach so verschwände. Wir haben uns eine Geschichte ausgedacht. Ich habe sie durch meinen Angriff schwer verletzt und als ... Strafe sind wir nun alle ihre Sklaven. Dafür dürfen wir leben." Er hob rasch eine Hand an, um zu beschwichtigen. "Keine Sorge! Wir sind nicht wirklich Sklaven und haben vermutlich mehr Freiheiten als die dunkelelfischen Wachen der Akademie. Kjetell'o kommandiert sie ganz schön herum und hat sie auch aus dem Westflügel verbannt - das sind die Räume und Gänge, in denen wir schlafen und essen. Es steht uns aber frei, überall hinzugehen. Wir müssen lediglich behaupten, die Herrin Mortis schickt uns. Jakub und ich waren auch schon in der Stadt. Wir haben Vorräte eingekauft und ich habe nochmal nach dem Schiff gesehen. Es ist ... überraschend friedlich." Er hob die Brauen an. Noch immer schien ihn dieser Umstand in Staunen zu versetzen. Er hatte aber auch den Angriff auf Sarma miterlebt. Er hatte die Dunkelelfen gesehen, ihre Blutrünstigkeit mitbekommen und war selbst von einem der ihren verletzt worden. Madiha wusste es ebenso. Corax hatte sie fast erwürgt und Serpentis war so arglos mit dem Leben anderer umgegangen. Es war nicht schwer, sich Vorurteile über die dunklen Völker zu bilden.
"Es hat sich ... wenig verändert, muss ich zugeben. Natürlich sieht man überall die morgerianischen Banner und einige Umbauten innerhalb der Stadt scheinen geplant. Es soll wohl ein Tempel gebaut werden, aber so sicher bin ich mir da nicht. Familien vieler Soldaten - Dunkelelfen, Orks und Goblins - sind per Schiff und zu Fuß angereist, was die gesamte Situation in der Stadt irgendwie ... familiärer macht. Es wird Handel mit Pelgar betrieben, der celcianischen Hauptstadt nicht allzu weit von hier. Dort soll es allerdings deutlich düsterer zugehen, denn auch sie ist dem Eroberungszug zum Opfer gefallen. Menschen haben in Pelgar anscheinend keinerlei Rechte mehr. Hier in Andunie jedoch lebt man ganz gut miteinander. Die Bewohner dürfen ihrer Arbeit nachgehen und solange sie keinen Widerstand leisten, scheint das Leben zwischen ihnen und den Dunkelelfen friedlich abzulaufen. Natürlich mussten einige Familien sich einschränken, allein schon weil sie Dunkelelfen in ihren Häusern aufnehmen mussten, aber man arbeitet wohl halbwegs gut zusammen." Caleb pausierte seinen Bericht. Etwas lag ihm auf dem Herzen. Er suchte Madihas Blick. Seiner war unschlüssig. Schließlich rang er sich aber zu einer Entscheidung durch. "Ich würde gern das Haus der van Tjenns besuchen und sehen, wie sie unter diesen Umständen zurechtkommen. Das heißt, wenn du mitkommen willst." Caleb war nicht nur ihr Fels in der Brandung. Madiha bildete für ihn einen Anker, der ihn an Verantwortungen festhalten ließ, vor denen er früher ohne Nachzudenken davon gelaufen wäre - davongelaufen war. Mit ihr als Beistand aber fasste er genug Mut, sich sogar alten Problemen zu stellen. "Wir müssen das nicht sofort in Angriff nehmen. Es hat Zeit. Mein Vater und meine Mama wissen ja nicht einmal, dass es mich noch gibt." Er wischte sich durch die Haare. "Was sie wohl sagen werden? Zu mir und ... zu ..." Calebs Wangen nahmen eine hochrote Farbe an. Er legte die Hand in seinen Nacken, fuhr sich von dort nochmals durch die Haare und wieder zurück. "... zu meiner ... zu ... dir?Was ... wie soll ich uns vorstellen? Bist du ... sind wir, ich meine ... ähm ...?"
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Mittwoch 5. April 2023, 12:23

Die Welt war vielfältig und so groß, dass man sich manchmal davor fürchten konnte. Madiha aber blickte mit Neugierde in die Weite und wollte lernen, wollte sehen. Ihre Welt hatte aus wenig bestanden und war bereits jetzt so groß geworden, dass es Zeit brauchte, bis sie alles genauestens gelernt hatte und sicher beherrschte. Sie brauchte nicht mehr. Sie brauchte immer nur ein kleines Stückchen und Caleb erkannte, dass sie mit nur wenig durchaus zufrieden war. Wie leicht es doch für den Dieb gewesen war, sich durch ihre Barriere zu mogeln und ihr Herz zu finden. Und zu erkennen, dass er dieses Mal nichts zu stehlen brauchte, sondern etwas geben konnte, das sie sicher in sich aufbewahrte. Er konnte seine Gefühle, die ihm klargeworden waren, bei ihr belassen und durfte sich darauf verlassen, dass sie sie als ihren Schatz hüten würde. Der Enge der Hütte entfliehend, führte Caleb Madiha an den Strand, der in den letzten Tagen seine Zuflucht geworden war. Madiha hatte eine Woche lange in der Bewusstlosigkeit verbracht und ahnte nicht, wie sehr er gelitten hatte. Sie behauptete zwar, sie verstehe seinen Grund, hierher zu kommen, doch dass er sich der bedrückenden Last entziehen wollte, weil er ebenso litt, wie sie es getan hatte, nachdem er in den Tod gesprungen war, ahnte sie nicht. Madiha würde auch das lernen müssen. Dass jemand durchaus bereit war, für sie zu leiden. Für sie zu hoffen und zu bangen. Noch gehörte dieses Denken nicht zu ihr, aber sie wurde besser und besser, je mehr sie lernen durfte. Das Mädchen aber ließ sich von der einfachen Schönheit dieses Ortes davontragen. Der Wind und die Wellen nahmen ihren Kummer mit sich, lösten ihn auf und hinterließen eine Leichtigkeit, die ihr lange abhandengekommen waren. So scherte sie sich nicht darum, dass das Wasser eiskalt war. Es war aufregend zu erleben, wie es ihre Füße umspielte und wie sie zu frieren begann, weil sie nur die schöne Abkühlung an heißen gewohnt war. Obwohl sie sich an der Feuerakademie ferngehalten hatte vom Wasser, war es in Sarma einfach immer heiß. Außer nachts in der Wüste, aber das wusste sie nur ohne es je erlebt zu haben. Jetzt aber kroch die Kälte bereits ihre Beine empor und trotzdem harrte sie aus. Sie lächelte und hielt ihren Blick in die Fluten gerichtet. Die Wellen spülten immer wieder kleinere Kiesel an, während allerdings eine Muschel ihre Aufmerksamkeit erregte. Sie griff beherzt ins Wasser, ignorierte auch hier die Kälte und betrachtete sich diese. Die schillernde Perlmuttfarbe war nicht mehr ganz intakt und sie hatte ein Loch, doch das störte Madiha nicht.

Sie wandte sich strahlend zu Caleb um und sah, wie er sich zusammenkauerte. Madiha’s Lächeln erstarb etwas und sie runzelte die Stirn. Seine Schultern bebten, das konnte sie sehen. Und er hatte seine Hand am Dolch, sowie über seine Augen gelegt. Das Mädchen zögerte nicht länger, sondern watete aus dem Wasser und kam auf ihn zu. „Caleb?“, fragte sie, doch da lächelte er bereits wieder und wiegelte ab. "Es ist alles gut. Ich bin ... nur so unendlich froh ... dass du lebst. Es gibt nichts zu bereuen." Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und sie musterte ihn für Sekunden prüfend. Dann wurde ihre Miene weicher und sie lächelte leicht. Sie verstand das. Sie hatte es erlebt und diese quälende Ungewissheit war Gift für jede hoffnungsvolle Seele. Aber es war trotzdem schön zu hören, dass jemand auf sie wartete, wenn sie nicht da sein konnte. Bisher war das nicht der Fall gewesen und wenn sie fehlte, dann bemerkte es keiner. Aber jetzt… jetzt fehlte sie, wenn sie nicht da war. „Ich bin hier.“, murmelte sie und ihre Augen legten einen liebevollen Blick auf sein Gesicht. Es war klar, dass sie nicht nur physisch meinte. Sie meinte es auch metaphorisch. Sie war hier. Für ihn, an seiner Seite, mit ihm. Caleb betrachtete ihre Muschel und auch sie richtete ihr Augenmerk darauf. Während er sprach, strich sie mit der Kuppe ihres Daumens darüber. Sie war so glatt im Innern… Sie reichte sie ihm. "Sie hat ein Loch. Wenn du ein Lederband hindurch friemeln kannst, könntest du die Muschel wie eine Halskette tragen oder als Band um dein Handgelenk." Ihre Augen zuckten begeistert hoch. „Oh! Das ist eine gute Idee, das will ich tun.“, sie nahm die Muschel wieder zurück und suchte gerade ein sicheres Versteck für sie, als sie seinen liebevollen Blick auffing. Sie hielt inne und lächelte fragend "Ich möchte dir Schmuck schenken“ Sie hob beide Augenbrauen an und blinzelte. Sie wurde rot, bis zu den Ohren. „Oh.. also … ich“, stammelte sie und er unterbrach die Situation mit seinem natürlichen Charme. "Aber im Moment habe ich nur Käse und Brot! Bedien dich!"
Sie musterte das Essen, welches er sorgsam auf einen Stein drapiert hatte. Madiha griff sich das Papier, das vorher das Brot umwickelt hatte und schlug darin ihr Kleinod ein, damit es nicht zerbrach. Wie einen Schatz ging sie behutsam damit um und steckte es sich dann in eine Tasche im Kleid. Dann setzte sie sich neben Caleb und griff ebenfalls etwas Brot. Den Käse beäugte sie misstrauisch, sodass Caleb Zeit hatte, an sie heranzurutschen.
Bei seinem Kuss schloss sie die Augen und lächelte. Sie biss in das Brot und roch an einem Stück Käse, ehe sie zurückzuckte. Sie verzog das Gesicht, biss dann aber trotzdem hinein und musste erstaunt feststellen, dass er gar nicht so übel schmeckte, wie er roch. Und noch etwas spürte sie: Das Füllen ihres Magens, schaffte tatsächlich auch einen Teil ihres Wohlbefindens. Sie fühlte sich noch ein Stück besser und merkte erst jetzt, dass sie wirklich Hunger hatte. Er nutzte die Zeit, während sie kaute und beantwortete ihr die Fragen, die sie gehabt hatte.

Sie hörte aufmerksam zu und nickte hin und wieder, bis er zu dem Teil mit den Sklaven kam. Sie war nicht groß entsetzt, aber sie spürte eine gewisse Unruhe aufkommen. Allerdings schaffte Caleb auch hier Abhilfe und sprach weiter. Sie nickte und wirkte nachdenklich über seine Worte. „Was habt ihr mit der echten Serpentis gemacht?“, wollte sie zwischendrin wissen. Denn es musste eine Leiche geben… Caleb berichtete ihr davon, wie Andunie nun auf ihn wirkte. Madiha blickte zum Horizont und musterte wieder nachdenklich die Wellen. Sie hatte ihren Teil bereits aufgegessen und rieb sich die leicht mehligen Hände aneinander. „hm…“, machte sie, während er davon sprach, dass man hier gemeinsam ganz gut lebte. Madiha wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Zwar hatte sie keine Ahnung, wie Andunie vorher gewesen war, aber für sie hatte es einen bitteren Geschmack, dass die Besatzer das Volk unterdrückten. „Ist es denn wirklich friedlich, wenn sich die einen nicht trauen, etwas zu sagen, während die anderen jederzeit laut werden dürfen?“, murmelte sie und dachte an das Mädchen aus der Schenke, die so voller Angst gewesen war. Sie lehnte sich etwas gegen Caleb und sah ihn an. „Meinst du… in Sarma sieht es auch bald so aus?“, überlegte sie und konnte sich vorstellen, dass Andunie nicht immer so ‚funktioniert‘ hatte. „Ob sie dort wohl auch bald halbwegs gemeinsam leben, während sich die Dunkelelfen Häuser und Paläste nehmen, Lysanthor’s Tempel stürzen und ihre Götter platzieren?“, sie stutzte, „Haben Dunkelelfen Götter?“, fragte sie und sah zur Sonne. Sie hatte auch keinen, aber sie wusste, dass Sarma vor allem Lysanthor huldigte. Er bestimmte ihren Alltag und färbte ihnen die Haut. Sie hatte nur nie viel Zeit gehabt, über Gottheiten und deren Belange nachzudenken. Gläubig war sie nicht, obwohl sie Zeugin von Göttlichkeit geworden war. „Warum wollen sie überhaupt all die Städte.. Wenn sie ihre Familien herholen und mit ihren Kindern in fremden Straßen spielen… wozu das alles?“, murmelte sie weiter und offenbarte, dass sie schon den einen oder anderen Gedanken dazu hatte. Aber große, politische Erkenntnisse, hatte sie auch nicht. Sie wusste nichts über andere Völker, andere Sitten, andere Lebensweisen. Sie war nur Madiha aus Sarma. Und selbst dort war ihre Welt winzig gewesen. Caleb schien jedoch etwas anderes auf der Seele zu brennen, sodass sie diese Gedanken beiseiteschob und ihn musterte. "Ich würde gern das Haus der van Tjenns besuchen und sehen, wie sie unter diesen Umständen zurechtkommen. Das heißt, wenn du mitkommen willst." Sie richtete sich auf und holte tief Luft.
Natürlich wollte er das! Seine Familie lebte hier und natürlich musste er wissen, wie es ihnen ging. Madiha schaute auf seine Hand und lächelte leicht, bevor sie ihre auf seine legte. "Wir müssen das nicht sofort in Angriff nehmen. Es hat Zeit. Mein Vater und meine Mama wissen ja nicht einmal, dass es mich noch gibt." Sie lächelte und griff seine Hand, um sie zu drücken. „Natürlich komme ich mit.“, willigte sie ohne Zweifel ein. „Sie sind deine Eltern und sie werden so erleichtert sein zu erfahren, dass es dir gut geht…“, sie schenkte ihm einen zärtlichen Kuss auf seinen Handrücken und hob den Blick wieder in seine Augen. „Sobald wir können, gehen wir zu ihnen.“, nickte sie und er konnte tatsächlich keinen Zweifel in ihren Augen erkennen. Aber Madiha wusste ja auch nicht, dass es problematisch sein könnte, wenn Caleb sie mitbrachte. Dass ihm das auch gewissen Druck auferlegte.

Für Madiha war die Welt eben manchmal auch zu einfach, aufgrund ihrer Naivität. "Was sie wohl sagen werden? Zu mir und ... zu ...“, sie beobachtete ihn und bemerkte seine Nervosität. "... zu meiner ... zu ... dir? Was ... wie soll ich uns vorstellen? Bist du ... sind wir, ich meine ... ähm ...?" Madiha hob beide Augenbrauen und blinzelte. Auch sie wurde rot und schlug verlegen die Augen nieder, während sie allerdings lächelte. Sie wusste doch am aller wenigsten, wie man das, was sie für Caleb empfand, am besten in Worte packte. Und dass es in den Augen einer stocksteifen Gesellschaft durchaus aufstoßen könnte, wenn jemand wie Caleb, jemanden wie Madiha mochte. Davon wusste sie aber nichts. Davon ahnte sie nichts. Madiha hob den Blick wieder. Lange ruhte ihr Graublau auf seinen Zügen, wanderten jede charakteristische Nuance seines Gesichts entlang. Sie legte eine Hand an sein Gesicht und strich mit ihrem Daumen über seine Bartstoppeln. „Ich weiß nicht, wie man es nennt.“, eröffnete sie ihm und ihre Stimme war nur halblaut. „aber ich weiß, dass ich mit dir zusammen sein möchte. In deiner Nähe sein möchte. Wir… du sagtest, du bist so erleichtert, dass ich aufgewacht bin.“, griff sie noch mal auf und schluckte ihre eigenen Emotionen hinunter. „Und ich war es, als du endlich erwacht bist, an Bord der blauen Möwe.“, erinnerte sie sich und fühlte den Schmerz der Tage tief in sich. Madiha aber suchte Calebs Nähe noch etwas mehr und zog sich nicht wieder zurück. Sie kletterte auf seinen Schoß, so wie an der Hütte und legte ihre Hände beidseits an seine Wangen, um seinen Blick in ihren Augen zu halten. „Wir … sind… ein Paar. Du und ich, gemeinsam.“, sprach sie lächelnd und voller Liebe für ihn. „Ich will nicht ohne dich sein. Und… und wenn ich das … also richtig verstanden habe… dann… geht es dir auch so mit… nunja… mir?“, sie zögerte damit noch. Sie wollte auch nichts falschverstehen, aber glaubte, dass es so richtig war. „Aber vielleicht ist das für den ersten Moment auch nicht so wichtig?“, hakte sie ein und blickte auf seine Lippen. „Vielleicht geht es darum erstmal nicht. Du hast deine Eltern lange nicht gesehen. Ihr werdet viel zu besprechen haben und du musst nicht alles auf einmal machen, Caleb.“, sie hob den Blick wieder, senkte sich ihm entgegen und hauchte einen leichten Kuss auf seine Lippen.

„Gib dir Zeit.. Zeit für deine Eltern und dich.“, riet sie ihm und strich ihm durch die widerspenstigen Haare. Sie lächelte offener und lachte dann, weil sie die Gewichtigkeit ihrer folgenden Worte nicht erkannte: „Und ganz zur Not, halten wir Corax‘ Lüge aufrecht und sind einfach… wie war das? Verlobt? Hat doch gut funktioniert…“, witzelte sie halblaut, weil danach alles den Bach runterging, aber sie versuchte auch das Thema nicht wieder zu schwerwerden zu lassen. Zumal er vielleicht auch anfing, ein wenig auf sie abzufärben. Madiha aber schmiegte sich dann in eine Umarmung und platzierte noch mal einen Kuss auf seinen Hals, ehe sie ihren Kopf vergrub. „Eines nach dem anderen.“, flüsterte sie und genoss die Umarmung für einige Sekunden. Es tat so gut… seine Nähe tat so gut. Bis sie das Kribbeln wieder spürte und die Stirn runzelte. Was war das bloß? Madiha richtete sie wieder auf, um ihn ansehen zu können. „Sollten wir deinen Eltern etwas mitbringen?“, überlegte sie. Dann leuchteten ihre Augen mit einem Mal auf. „Vielleicht können wir einen Apfelkuchen backen?“, sie lachte und winkte ab. „Den kennen sie wohl gut genug... Ob sie sich auch über eine Muschel freuen würden?“, überlegte sie weiter und offenbarte damit einmal mehr, wie wenig Ahnung sie doch hatte. Wie wenig Kontakt sie gehabt hatte. Es war beinahe ein Wunder, dass sie überhaupt Sozialkompetenz besaß. „Ich könnte ja noch eine suchen.“, überlegte sie weiter und drehte kurz den Kopf zum Wasser. „Was machen deine Eltern eigentlich? Hast du das vielleicht herausfinden können, als du mit Jakub in die Stadt bist? Du hast erzählt, dass ihr eine Werft hattet, und die gibt es ja auch noch, offenbar. Baut dein Vater immer noch Schiffe?“, fragte sie und kehrte mit ihrem Blick wieder zu ihm zurück. „Und deine Mutter? Gibt es etwas, was sie gernhaben könnte, dass man ihr mitbringt? Ein Geschenk könnte ja vielleicht helfen, wenn du ihnen gegenüberstehst.“, lächelte sie und schaute ihn dann an. Ihr Lächeln wurde weniger und dann schüttelte sie den Kopf. „Obwohl sie sicher auch so überglücklich sein werden…“, murmelte sie und es war klar, dass sie daran glaubte, dass die Erleichterung, dass ihr Sohn noch lebte, übermächtig sein würde.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 6. April 2023, 23:57

Es war pure Erleichterung, die durch Calebs Körper flutete. Eine Woche lang hatte er um Madiha gebangt, dass sie überhaupt wieder erwachte. Nun war es passiert, aber er hatte sie nicht wiedererkannt. Sein Herz war so schwer gewesen, dass er glaubte, noch einmal von der Blauen Möwe in eiskaltes Wasser gesprungen zu sein. Es schmerzte und fühlte sich wie erneutes Ertrinken an. Madihas matten Blick zu sehen, den fehlenden Glanz ihrer Augen, wenn sie über Andunies Architektur staunte und nicht zuletzt ihr Verhalten, das ihn so erschreckend an Corax erinnerte ... an all die Haremsdamen, Huren und Sklavinnen aus Sarma. Aber er hatte den Knoten lösen können, auch wenn ihm selbst nicht ganz bewusst war, wie es ihm hatte gelingen können. Das Resultat war wichtig und das zeigte sich in Form von wiedergekehrter Neugier auf die Welt, Freude über kleine Sachen und ihre Sehnsucht nach seiner Nähe. Caleb war erleichtert. Sein Herz schickte all die Sorgen, Ängste und düsteren Gedanken der letzten Tage fort, damit sie aus seinen Augen gespült werden konnten. Er schämte sich nur bedingt, von Madiha beim Weinen ertappt worden zu sein. Trotzdem wischte er die Tränen rasch weg. Ihm war wichtiger, ihr zu verdeutlichen, dass es Erleichterung und nicht Kummer über seine Tat war. Er schien sie wirklich nicht zu bereuen. Nicht, nachdem er nun erkennen durfte, dass es keine Konsequenzen für seine Freunde und für Madiha hätte. Dann konnte sein Herz auch mit blutbefleckten Händen leben; mit einem Mord aus guten Beweggründen. Mit Notwehr. Er brauchte nicht einmal Ausreden dafür, denn diese nutzten nur Menschen, die doch irgendwo bereuten. Caleb bereute nicht.
"Was habt ihr mit der echten Serpentis gemacht?", fragte Madiha, als sie sich beide die Mägen füllten und den Blick auf das Meer genossen. Ihre Füße waren noch immer feucht und Sand klebte ihr zwischen den Zehen. Die Haut war kalt vom Meerwasser, sowie mit winzigsten Salzkristallen überzogen, aber es fühlte sich gut unter der Sonne an. Bis sie wieder aufbrachen, würde sie in ihre Stiefel schlüpfen können ohne Sorge, dass sie den Stoff nass machte. Dafür machte sie sich eher Gedanken um den Verbleib der Leiche der echten Serpentis Mortis.
Caleb zögerte mit seiner Antwort: "Als alle Wachen vom Hof waren, mussten wir schnell handeln. Der Nebel lichtete sich rasch und wir wollten nicht riskieren, dass jemand sie sieht. Das hätte den Plan mehr als gefährdet, den wir ebenso rasch ausgeklügelt haben." Er rieb sich durch die Haare. "Es war so unendlich schwer, drei Tage lang so zu tun, als sei die verflixte Hexe noch am Leben. Es wurde ohnehin schon brenzlig, aber dann teilte Kjetell'o mir mit, dass Corax erwacht war ... ha! Indem er als Serpentis in euer Schlafzimmer kam. Ich bin fast vom Balkon gefallen, so sehr hab ich mich erschreckt." Er grinste schief auf. Doch dann kehrte er zum Kern der Sache zurück. "Der Elf hat sie verbrannt, Madi. Und zwar richtig. Ich weiß nichts von all der Feuermagie und was man damit alles erreichen kann, aber Kjetell'o hat nicht einmal Knochen von Serpentis übrig gelassen. Da war nur noch Asche und er hat sie als Opfer für Ventha ins Meer gestreut. Sie ist in jedem Fall fort und wird Corax nie wieder ein Leid zufügen können. Nie wieder."
Dass Dieb und Rabe inzwischen mehr verband, hatte man bereits bei ihrem Wiedersehen erkennen können. Dass die Bande so eng verknüpft waren, wurde erst jetzt klar, als Caleb die Hand zur Faust ballte und erbissen auf den Sand starrte. Wenn er wohl langfristig etwas bereute, dann, Corax geschlagen und verjagt zu haben. Er hatte ihm Leid zugefügt, wenn auch im Affekt und niemand hatte weniger davon verdient als der gebeutelte Dunkelelf. Es war sehr gut, dass Serpentis keine Gefahr mehr darstellte - für niemanden. An der Situation in Andunie änderte es bislang aber nur wenig und Madiha sorgte sich. Es klang nicht nach der Hafenstadt, von der Caleb ihr erzählt hatte und sie war selbst Zeuge von der Angst der Wirtin in der Spelunke geworden. Nicht alles lief hier ... friedlich ab. Der Dieb stimmte ihr unter einem Seufzen zu.
"Du hast Recht, aber es könnte schlimmer sein. Die Menschen scheinen leben und arbeiten zu dürfen, ohne versklavt zu werden. Jedenfalls die meisten. Ich glaube, wer rebelliert, wird mit einem solchen Schicksal rechnen. Aber das Abschlachten scheint vorbei. Was Jakub und ich in den Straßen gesehen haben, scheint vor allem ein Versuch vieler dunkler Völker zu sein, sich fernab ihrer eigenen Heimat ein besseres Leben aufzubauen. Wer weiß schon, wie es dort zugeht. Nicht alle von ihnen sind schlecht, sondern suchen auch nur ihren Platz."
"Haben Dunkelelfen Götter?"
"Ohja, natürlich! Für einen bauen sie einen Tempel hier auf. Faldor ... mehr als den Namen weiß ich aber nicht. Vielleicht kann dir Corax mehr dazu sagen. Aber Manthala solltest selbst du kennen. Sie ist Lysanthors Schwester und Herrin des Handels und der nächtlichen Aktivitäten. Ich hab sogar auch schonmal Stoßgebete zu ihr geschickt, aber ich wette, sie erhört nur wahre Gläubige." Er lachte auf und sah zum Himmel, doch es war Tag und der Mond somit von Lysanthors Mächten zurückgedrängt. "Ich frage mich, ob einige der hier nun Angesiedelten anfangen werden, Ventha zu ehren. Ihr Tempel ist jedenfalls zu einer Leichenhalle verkommen. Das wird Azura erschüttern."
Näher ging Caleb aber nicht auf das Thema ein und auch Madihas Bedenken zu Sarmas Zukunft ließ er aus. Sie waren geflohen und er hatte die Wüstenstadt hinter sich gelassen - mit allem. So war er. Er würde nicht zurückkehren, wenn es nicht der letzte Strohhalm für ihn wäre. Ausnahme böte vielleicht ein Hilferuf von Dunia, aber auch das war fraglich. Caleb war jemand, der floh, wenn es zu brenzlig für ihn wurde. Inzwischen würde er zwar zusammen mit Madiha weglaufen, aber noch immer neigte er dazu, sein Heil an einem anderen Ort zu suchen. Umso mehr mochte es überraschen, dass er sich dann doch seinen Eltern stellen und das Haus der van Tjenns aufsuchen wollte. Er lächelte, als Madiha ihm zusicherte, ihn zu begleiten. Daraufhin drückte Caleb ihre Hand.
"Sie sind deine Eltern und sie werden so erleichtert sein zu erfahren, dass es dir gut geht..."
"Ja", antwortete Caleb im Affekt zwar, senkte jedoch den Blick auf seine Stiefel und legte die Hand in den Nacken. Er grinste dieses schiefe Grinsen, das Madiha inzwischen als Maske erkennen dürfte, wenn er seine Unsicherheit zu überspielen suchte.
"Mit ein wenig Glück wird mein Vater mir nur eine Standpauke und keine Schelle verpassen. Das glaubst du nicht? Oh doch, würde er - ihm ist es egal, wie alt sein Taugenichts von Sohn ist." Plötzlich wurde er ernste und zog Madihas Hand in seinen Schoß. Er spielte an ihren Fingern herum, strich ihren Arm entlang. "Wahrscheinlich wird seine zweite Tat nach einer Ohrfeige sein, mich an eine Adlige zu binden, damit ich endlich sein erarbeitetes Erbe antreten und Mama Enkel schenken kann."
Madiha kletterte auf seinen Schoß, um ihm zu versichern, wie nahe sie einander waren und dass sie dann auch im Fall seiner Eltern für ihn da wäre. Dass sie zusammen gehörten, wie auch immer man ihren Beziehungsstatus nannte. "Wir ... sind ... ein Paar. Du und ich, gemeinsam." Er lächelte und nickte. Ja. Er hatte Madiha und solange er mit ihr zusammen war, konnte der Platz an seiner Seite von keiner Frau beansprucht werden, für die er nichts fühlte.
"Und ganz zur Not halten wir Corax' Lüge aufrecht und sind einfach ... wie war das? Verlobt?"
Caleb betrachtete sie lange und das Wüstenmädchen konnte sehen, wie er in ihrem Blick ertrank, so tief schaute er ihr in die Augen. Dann aber umarmte er Madiha, küsste noch einmal ihre Schläfe und hielt sie. Madiha erwiderte seine Zärtlichkeiten, dass es gut war, dass die beiden unbeobachtet waren. Caleb seufzte angeregt und sie konnte auf seinem Schoß bereits erneut spüren, wie sehr sie es schaffte, ihn zu reizen. Er hielt sich jedoch zurück, auch wenn ihrem Kuss an seinen Hals ein sehr inniger auf ihre Lippen folgte. Den nächsten Schritt wagte der Dieb dann aber immer noch nicht.
"Sollten wir deinen Eltern etwas mitbringen?" Madiha blühte auf. Sie liebte ihren kleinen Muschelschatz so sehr, dass sie ihn tatsächlich für ein hervorragendes Geschenk an eine andunische Familie hielt, die es bis in den Adelsstand geschafft hatte. Damit brach sie bei Caleb erneut das Eis und er kicherte sich aus den düsteren Gedanken um die Begegnung mit seinem Vater. Er zog Madiha noch einmal an sich heran, drückte sie eng. Sie aber plapperte vollauf begeistert weiter. "Und deine Mutter? Gibt es etwas, was die gernhaben könnte, das man ihr mitbringt?"
"Madi, Madi, Madi! Es ist gut!" Caleb lachte. Es tat auch gut, ihn so zu sehen. "Ich habe meine Eltern seit ... 13 oder mehr Jahren nicht mehr gesehen! Wer weiß schon, wie sich ihre Interessen geändert haben könnten. Und damals war ich noch jung, da hat Mama sich über einen Strauß Wildblumen ebenso gefreut wie über einen Korb Äpfel. Ob das heute noch so ist ... woher soll ich's wissen?" Er lehnte sich etwas zurück und musterte sie. Dann strich er ihr einige Haare hinter das Ohr. "Vielleicht genügt es ihnen wirklich schon, wenn ich nur mich und dich mitbringe. Aber wir könnten ein wenig durch die Stadt schlendern und schauen, ob sich etwas finden lässt. Was meinst du ... meine ...?" Er wurde mit einem Mal schrecklich rot, doch seine Augen glänzten vor Glück, es auszusprechen. "Verlobte?" Er lachte auf und fuhr sich wie so oft in den Nacken. Dann richtete er den Blick auf's Meer. "Aye, ich hab Lust, mit dir einkaufen zu gehen. Das heißt, falls Jakub mir was zustecken kann. Ansonsten müssen wir es auf die ... übliche Art versuchen."
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 7. April 2023, 12:04

Madiha hatte den dunklen Schatten auf ihrer Seele überwunden. Zumindest in seiner Gegenwart. Sie hatte Hoffnung erhalten, dass man sie nicht verstoßen würde, weil sie einen zugegebenermaßen erheblichen Fehler gemacht hatte. Hier in ihrer kleinen Welt, die sie sich für ein paar Stunden schufen, mochte das gelten. Es blieb allerdings abzuwarten, ob Madiha dieses Gefühl mitnehmen konnte, wenn sie sowohl Corax als auch Azura und Kjetell’o gegenüberstanden. Zu Caleb hatte sie ein ganz anderes Vertrauen und eine Verbindung, die ihr zu den anderen bei weitem fehlte. Aber Madiha konnte sich in der Nähe des Diebes sicher fühlen und losgelöst ihre Ängste aufgeben. Mit seiner Hilfe wurde ihr Seelenhaus von der schwarzen Rußschicht befreit und die Balken erhielten ihre Stabilität zurück. Noch immer gab es hier und dort spröde Ecken oder fehlendes Inventar, doch die kleine, knisternde Seelenflamme loderte sicher in einem umrahmten Kamin. Sie konnte bestehen, auch wenn Unsicherheiten und Hilflosigkeit sie heimsuchen würden. Nun aber kehrten Neugierde, Enthusiasmus und Fröhlichkeit zu Madiha zurück und zeigten zumindest Caleb, wie viel sie noch zu entdecken hatte. Für viele mochte das Mädchen furchtbar naiv wirken, weltfremd und im Angesicht einer dunklen Besatzungsmacht und ihrem erlebten Leben ungewöhnlich leichtfüßig. Caleb aber wusste es besser und es war wohl eher Glück, dass sie nicht verbittert ihr Dasein bestritt. Das Wasser kühlte ihre Haut aus, hinterließ aber ein angenehmes Gefühl. Der vom Tag aufgewärmte Sand fühlte sich wundervoll an als sie zu Caleb zurückkehrte. Kurz flackerte Unsicherheit in ihrem Blick auf, doch er versicherte ihr, dass die Tränen keineswegs Reue waren. Seine Reaktion wärmte ihren Blick, wie der Sand ihre Beine. Trotzdem hatte sie Fragen und vieles hatte Madiha nicht mitbekommen. Ihr fehlten die Informationen, sodass sie als erstes wissen wollte, was sie mit der echten Serpentis gemacht haben. "Der Elf hat sie verbrannt, Madi. Und zwar richtig. Ich weiß nichts von all der Feuermagie und was man damit alles erreichen kann, aber Kjetell'o hat nicht einmal Knochen von Serpentis übrig gelassen. Da war nur noch Asche und er hat sie als Opfer für Ventha ins Meer gestreut. Sie ist in jedem Fall fort und wird Corax nie wieder ein Leid zufügen können. Nie wieder.“ „Kjetell’o ist au-… ein Feuermagier?“, fragte sie überrascht und erschauderte kurz, bei den Worten, zu was diese Magie offenbar fähig war. Sie strich sich über die Arme und schaute kurz zum Meer, verdrängte den Gedanken aber wieder.

Nachdem sie wieder zurückkehrte mit ihrer Aufmerksamkeit, erkannte sie seine geballte Faust. Madiha nickte leicht und strich ihm zärtlich über die Hand, damit er sie löste. „Wir haben es versucht wieder gutzumachen. Er hat dir verziehen.“, rief sie ihm ins Gedächtnis. Sie kehrten zur derzeitigen Situation in Andunie zurück und anders als Caleb, konnte Madiha ihre Heimat trotz allem nicht aus ihren Gedanken streichen und vergessen. Sarma war alles, was sie bisher kannte und so war es gar nicht verwunderlich, dass sie sich Gedanken darüber machte, ob es ein ähnliches Schicksal ereilte. Aber sie war weit weg von ihrem einstigen Zuhause und auch Caleb war nicht länger daran gebunden, sodass er das Thema aussparte. Sie würden ohnehin wohl nicht mehr zurückkehren, jedenfalls hatte Madiha das bis jetzt nicht vor. Andunie war ihre neue Zukunft. Mit Caleb. Sein Zuhause war so anders und hier wartete die Vergangenheit ebenso auf ihn. Er sprach seine Familie selbst an und Madiha glaubte fest, dass sich alles wie von selbst klären würde. Er schien sich da nicht so sicher zu sein, wenn man seiner Gestik folgte. "Mit ein wenig Glück wird mein Vater mir nur eine Standpauke und keine Schelle verpassen. Das glaubst du nicht? Oh doch, würde er - ihm ist es egal, wie alt sein Taugenichts von Sohn ist.“ Madiha runzelte die Stirn. „Dein… Vater schlägt dich?“, fragte sie mit ehrlicher Überraschung. Sie suchte nach dem Scherz in seiner Mimik, fand ihn aber nicht. „Er ist doch aber dein… Vater.“, sprach sie, als ob sie wüsste, was Familie wäre.
Madiha aber hatte in all den Jahren ohne Mutter und Vater eine äußerst verklärte, romantische Vorstellung von Eltern-Kind-Beziehungen entwickelt. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Eltern ihren Kindern wie auch immer geartet schaden würden.
Er riss sie aus ihren Gedanken und streichelte ihrem Arm. Sie suchte seine Nähe mehr und saß ihm gegenüber auf dem Schoß. “ Wahrscheinlich wird seine zweite Tat nach einer Ohrfeige sein, mich an eine Adlige zu binden, damit ich endlich sein erarbeitetes Erbe antreten und Mama Enkel schenken kann." Ihr Lächeln gefror ein wenig, während die Worte in ihren Verstand drangen. Madiha spürte einen Stich, der sie die Stirn runzeln ließ und den Schatten auf ihrem Gesicht nicht verbergen konnte. Da war sie wieder, diese Unsicherheit. Dieses hartnäckige Biest, dass ihr stets ins Gedächtnis rief, dass sie nicht ausreichte. Allerdings kämpfte sie dagegen an und schüttelte sie vorerst ab. Sie räusperte sich, dann versuchte sie ihm zu verdeutlichen, was sie füreinander und miteinander waren. Sie unterstrich ihre Worte mit liebevollen Gesten und der unbedachten Äußerung, dass sie verlobt sein könnten, ohne zu wissen, was das genau bedeutete. Aber diese Lüge hatte schon einmal funktioniert, nicht wahr? Sein Blick hielt sich lange in ihrem, sodass sie zwar nicht abbrach, aber die Röte ihren Weg in sein Gesicht fand. Sich in seine Umarmung legend, erwiderte sie seinen innigen Kuss und spürte auch in sich dieses seltsame, für sie vollkommen neue, Kribbeln, das sie nur im seiner Gegenwart verspürte. Und auch er wurde angeregt, wie sie spüren konnte, sodass ihr Herz wild klopfte. Doch sie hielten sich zurück. Zumindest Caleb bewies hier wahre Zurückhaltung, denn Madiha konnte das warme Gefühl in ihrer Mitte nicht recht einordnen. Einzig ihre Gefühle für den Dieb, ließen sie handeln und sich nach seinen Berührungen sehnen.

Die Unschuld ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Madiha offenbarte ihre Gedanken und wollte ihm auf ihre Art helfen, sich mit der Situation seiner Eltern besser zu fühlen. Und sie schaffte es, doch anders als gedacht: Er lachte. Sie musterte ihn fragend, während er ihrem Gedankenstrom Einhalt gebot. "Ich habe meine Eltern seit ... 13 oder mehr Jahren nicht mehr gesehen! Wer weiß schon, wie sich ihre Interessen geändert haben könnten. Und damals war ich noch jung, da hat Mama sich über einen Strauß Wildblumen ebenso gefreut wie über einen Korb Äpfel. Ob das heute noch so ist ... woher soll ich's wissen?" Nun war sie es aber, die sich verlegen in den Nacken griff und lächelte. „Oh, du… hast natürlich Recht das… habe ich nicht bedacht.“, meinte sie kleinlaut und kaschierte damit nur, dass sie sich fragte, ob das ein Hinderungsgrund war, etwas mitzubringen. Es zählte die Geste oder? Dennoch ließ sie ihre Gedanken aufhalten und er schien zu bemerken, dass sie ein wenig zurückruderte. “Vielleicht genügt es ihnen wirklich schon, wenn ich nur mich und dich mitbringe. Aber wir könnten ein wenig durch die Stadt schlendern und schauen, ob sich etwas finden lässt. Was meinst du … meine … Verlobte?“, fing er ihren Gedanken noch mal auf und sie lächelte dankbar. Madiha nickte, legte ihre Hände an seine Wangen und küsste ihn glücklich. Sie war erleichtert, dass er ihre Idee nicht vollkommen abschmetterte. “Aye, ich hab Lust, mit dir einkaufen zu gehen. Das heißt, falls Jakub mir was zustecken kann. Ansonsten müssen wir es auf die … übliche Art versuchen.“, bestätigte er enthusiastisch und sie lachte leise. „Einkaufen?“, fragte sie und überlegte. „Auf einem Basar?“, denn sie kannte nur diesen. Sie lächelte. „Das würde ich gern tun. Ich war lange nicht mehr auf einem Basar…“, sie überlegte und ihre Augen bekamen einen seltsamen Glanz. „Das letzte Mal, versuchte ich irgendeinem Halunken, den Münzbeutel abzujagen…“, grinste sie und tauchte ihn erneut in einen liebevollen Glanz.
Dass dieser Versuch mal hier enden würde, hätten sie wohl beide niemals vermutet. Noch einen Moment betrachtete sie das wettergegerbte Gesicht und seufzte tonlos. Das Gefühl in ihrer Brust wollte sich in ihrem ganzen Körper ausbreiten, doch sie traute sich noch nicht, das wirklich zuzulassen. „Wo ist Jakub eigentlich?“, fragte Madiha dann und versuchte sich von ihrem Kribbeln abzulenken. „Vielleicht sollten wir ihm helfen, bei seinen Besorgungen?“, überlegte sie. Sie könnten somit ihr eigenes Vorhaben verbinden und gleichzeitig den Ersten Maat aufsuchen. Dann zögerte sie. „Was wenn… wir wieder auf Dunkelelfen treffen…“, dann machte sie ein erschrockenes Gesicht. „Caleb, was ist aus der Sache mit Ignis geworden? Hat man… was wenn sie uns suchen…? Oder die Wirtin… was wenn sie uns wiedererkennt?“, fragte sie und zweifelte, ob sie tatsächlich sorglos einfach ihr Vorhaben in die Tat umsetzen konnten. Und etwas anderes sickerte ebenfalls in ihre Gedanken, das sie unruhig werden ließ.„ Und.. Kjetell’o wollte noch mit uns reden. Weißt du… zufällig, was Kjetell’o genau besprechen will?“, sie biss sich auf die Unterlippe.
Die Sorglosigkeit verflog ein wenig. „Ich will ihn fragen, ob… ob ich meine Magie aufgeben kann. Oder wegsperren. Ich will sie nie wieder benutzen, ob nun bewusst oder unbewusst.“, murmelte sie und rutschte von seinem Schoß. Erneut zeigte sich eine Art Trotz. Aber auch Sorge: „Sie scheint nicht sehr… gut zu sein. Ignis konnte das, Serpentis… und du sagst, Kjetell’o kann Körper vollständig verbrennen…“, sie schauderte. „Es macht mir Angst. Ilmy hatte auch Angst.. Das…das sind keine guten Dinge.“, überlegte sie und schaute zum Wasser. Auch wenn sich ihr Knoten gelöst hatte, war sie nicht frei von Angst und Unbehagen, ob ihrer mangelnden Kenntnis ihrer Magie.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Samstag 8. April 2023, 12:43

Wenn man Kjetell'o zum ersten Mal sah, ohne Kapuze, so würde niemand darauf schließen, dass in ihm gleiche Kräfte ruhten wie in Madiha. Der geheimnisvolle Elf mit dem waldigen Teint und diesen nussbraunen Haaren, die im Sonnenlicht fast blond wirken mochten, sollte sich dem heißesten aller Elemente verschrieben haben? Nun, er mochte eine gewisse Anziehungskraft besitzen, so dass der Begriff "heiß" durchaus bei der einen oder anderen Frau fallen mochte, aber generell hätte man ihn wohl eher für einen Naturmagier halten können. Vielleicht wäre er auch in die Richtung eines Lichtmagiers geschoben worden, bedachte man die goldenen Sonnenflecken in seinen ansonsten so tiefgrünen Wäldern seiner Augen. Außerdem besaß er eine verspielte, fast quirlige Note mit den gefärbten und geflochtenen Haarsträhnen und nicht zuletzt schmückte er sich bevorzugt mit Holzperlen, kleinen geschnitzten Blättern ... und er duftete nach einer Mischung aus Vanille und Zitrone. Nichts davon passte zum Klischeebild eines Feuermagiers und doch schien er einer zu sein, wie Caleb berichtete. Er allein hatte Serpentis' Leichnam verbrannt, bis nur noch Asche von ihr geblieben war. Dies konnte einige Fragen aufwerfen, beispielsweise, warum er nicht schon längst gegen die Feuerhexe vorgegangen war. Er musste ihrer doch mindestens ebenbürtig gewesen sein. Stattdessen hatte er ungeübte Gefahren wie Azura und Madiha ins Rennen geschickt und lediglich versucht, sie zu leiten. Aber diesen Fehler hatte er auch eingeräumt.
Madiha hatte Redebedarf, doch in dieser Hinsicht war Caleb - der nichtmagische Stein, wie er sich gern selbst bezeichnete - der falsche Ansprechpartner. Sie würde sich wohl noch einmal an den Elfen wenden müssen. Gelegenheit hätte sie. Er wünschte, sowohl sie als auch Azura nochmal zu sprechen. Vielleicht ergab sich ein Treffen noch heute. Sie würde geduldig sein müssen. Jetzt hatte sie erst einmal Zeit, um sie mit ihrem Partner zu verbringen. Jenen, den sie in einer leichtfertigen Anmerkung prompt zu ihrem Verlobten machte. Daraufhin sah Caleb sie sehr lange schweigend an. Einen ähnlichen Blick warf Madiha ihm zu, als er davon sprach, dass sein Vater ihm zunächst einmal eine Ohrfeige verpassen würde. Das erschreckte sie, denn es zerrüttete ein wenig ihr Weltbild einer glücklichen Familie wie sie selbst sie nie hatte besitzen dürfen. Caleb aber war doch glücklich aufgewachsen bis zu dem Zeitpunkt, der ihn hatte nach Sarma fliehen lassen. Das hatte sie zumindest geglaubt.
"Dein ... Vater schlägt dich?"
Caleb erwiderte ihren Blick. Dann hob er die Schultern an und richtete die Augen nachdenklich zum Himmel. Für ihn war es offenbar keine allzu große Sache. "Es gab in meinem Leben durchaus die eine oder andere Backpfeife, ja. Und ein paar davon stammten auch von der Hand meines Vaters. Aber er hat sie erst erhoben, als ich ein gewisses Alter erreicht hatte. Oder wie er sagen würde: Als ich mich seiner guten Erziehung entzog." Caleb grinste auf. "Mama sah es weniger eng. Sie meinte stets, dass ich nun meinen eigenen Kopf hätte und die Welt daher mit eigenen Augen sehen wollte. Es wär wirklich schön zu erfahren, wie es ihr geht. Und ... mit meinem Vater zu sprechen." Jener dürfte nicht mehr der Jüngste sein, was auch bedeutete, dass er nun reicher an Erfahrungen war. Caleb hingegen hatte reifen können, um ein Alter der Vernunft zu erreichen. Ob diese Tugend ihn jemals erreicht hatte, darüber ließ sich noch immer streiten. Er blieb nun einmal ein Spitzbube und Freigeist, aber das war es doch auch, was Madiha an ihm schätzte. Allein deshalb wollte sie ihm schon helfen, ihm Beistand leisten. Daher wäre es für sie kein Problem, sich weiterhin als seine Verlobte auszugeben. Die Lüge hatte in Getalt zweiter Dunkelelfen schließlich schon einmal funktioniert und war nicht Grund für all die Schwierigkeiten gewesen, die sich in der Taverne entwickelt hatten. Jene fiel dem Wüstenmädchen mit einem Schlag auch wieder ein und ein gewisses Unbehagen packte sie. Madiha glaubte nicht so recht daran, sich frei und sicher in Andunie bewegen zu können. Die Dunkelelfen bereiteten ihr noch immer ein unwohles Gefühl. Schlimmer aber wäre, wenn sie Jagd auf die Mörder von Ignis und ihren Handlangern machten oder die verschreckte Wirtin sie auf offener Straße wiederkannte. So teilte sie Caleb ihre Sorgen mit.
Seine Reaktion fiel vielleicht etwas überraschend aus. Er grinte nämlich weiterhin und seine Augen funkelten einmal hell auf.
"Kjetell'o ist ein ziemlich schlauer Fuchs, sag ich dir. Hinter dem spitzohrigen Köpfchen steckt mehr als er preisgibt, aber er bedenkt viele Dinge. Und jene, die er übersieht, scheint er schnell bereinigen zu können, ohne dass jemand Verdacht schöpft. Dank Corax konnte er in der Tarnung als Serpentis Mortis bereits einen Auftritt hinlegen, den du hättest sehen müssen! Bereits am zweiten Tag erreichten Schriftstücke die Akademie, dass Serpentis Schülerin Ignis tot in einer Spelunke aufgefunden worden war." Seine Miene wurde etwas ernster, dunkler. "Laut dem Schreiben haben sie einige Antworten aus der Wirtin herausfoltern können. Das ... ist die bittere Note dahinter. So wussten die Dunkelelfen aber, dass es einer der ihren war, der alle abgeschlachtet hat, zusammen mit einer Gruppe Menschen, die sie nur als Dunkelelfen verkleidet hatten. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand als Serpentis auftreten. Wäre Corax nicht erwacht, es wäre reichlich eng geworden. Denn das Handlungsbedarf bestand, wussten wir alle. Ignis stammt aus dem Hause Rasverath. Keiner von uns kennt es, aber Jakub und ich haben uns umgehört. Es scheint ein morgerianisches Adelshaus mit reichlich Einfluss zu sein. Sie werden einen ungeklärten Mord nicht dulden, schlussfolgerte Kjetell'o. Als Corax dann erwacht war und ihn in Serpentis verwandeln konnte, trat er mit solchem Zorn über diese Tat auf, dass niemand Zweifel daran hatte, dass er eine Gruppe nach den Mördern suchen lassen würde. Das ist auch der aktuelle Stand der Dinge: Serpentis kümmert sich darum. Es sei ihr ein persönliches Anliegen und deshalb würde sie die Mörder eigenhändig ausfindig machen und Assassinen auf sie hetzen." Caleb atmete durch. "Kjetell'o schickt Jakub aus, um sich umzuhören. Er versucht, einen Sündenbock zu finden, um ihn zu präsentieren. Denn früher oder später wird das Haus Rasverath von dem Unglück erfahren und hier antanzen. Dann müssen wir gewappnet sein. Bis dahin dürfte aber niemand darauf kommen, dass wir es waren, denn Serpentis sucht nach Dunkelelfen und nicht nach Menschen, die bereits ihre Sklaven sind." Er zwinkerte erneut, denn es war nur eine Rolle, die sie alle einnahmen. Eine, die Caleb, Madiha und auch die anderen sogar vor Übergriffen städtischer Dunkelelfen schützen könnte. Niemand vergriff sich am Eigentum der Feuerhexe aus der Akademie!
"Einem Stadtbummel steht nichts im Wege, solange wir uns unauffällig verhalten. Aber ... einen Basar wie in Sarma wirst du hier nicht finden." Caleb lachte leicht auf, amüsiert über den Gedanken der wüstenstädtischen Händler und wie sie lauthals ihre Waren anboten könnten. Nein, in Andunie lief es deutlich gesitteter ab. "Ich frage mich, ob der andunische Wochenmarkt trotz der dunklen Besatzer noch immer so ist wie früher. Dir würde er gefallen. Er ist so ... bunt!" Die Erinnerung glomm in Calebs Augen empor. Es gab nicht nur Schlechtes in Andunie, vor dem er geflohen ist und jetzt kehrten gute Gedanken zu ihm zurück. Madiha konnte es ihm deutlich ansehen. Den Wochenmarkt schien er geliebt zu haben, denn seine Züge nahmen eine nostalgische Weichheit an, wie wenn er über seine Mutter sprach. "Im Händlerviertel gibt es einen großen, gepflasterten Platz, auf dem regelmäßig Verkaufsmärkte stattfinden ... oder fanden. Ich weiß selbst nicht, ob sie immer noch existieren. Früher aber waren sie großartig. Es gab Gemüse- und Obstmärkte, Fischhändlertage und einmal im Monat hielten die Händler ihren Exotenmarkt ab. Da verkaufte man, was in den Kontoren übrig geblieben war und aus aller Welt stammte. Ich sage dir, da waren richtige Artefakte dabei, wie du sie in Sarma noch nie gesehen hast! Manche davon sollen sogar magisch gewesen sein. Aber ich mochte auch die Schmuckmärkte oder wenn die pelgarischen Soldaten einen Rekrutierungstag dort abhielten. Sie suchten nach Zuwachs für ihre Armee in Andunie und boten Waffen, Rüstungen oder sogar Pferde in voller Platte an! Es gab immer etwas zu sehen und ... oh! Tiermärkte, Madiha! So viele kleine Tierbabys und die meisten kann man streicheln!" Jetzt zeigte er sich noch mehr begeistert. Seine Augen strahlten richtig und er lächelte so breit, dass man meinen könnte, Caleb würde gleich wieder ins Boot springen, um süße kleine Hunde, Katzen und andere Pelztierchen anschauen und vor allem streicheln zu gehen. Dass er ein so großes Herz für Tiere besaß, hatte nicht einmal Madiha gewusst, aber es hatte auch nie Gelegenheit gegeben, das herauszufinden. Caleb nickte eifrig. "Sobald wir uns nochmal mit Azura und Corax getroffen haben, such ich Jakub. Er soll mir was zustecken. Wir können nicht überall ... Digne verschwinden lassen."
"Wo ist Jakub eigentlich?"
Caleb hob die Schultern. "Serpen... äh, ich meine Kjetell'o schickt ihn gefühlt überall hin. Er soll sich natürlich nach Ignis umhören und so tun, als sammle er Informationen zu dem Mord. Aber er beschafft für uns alle auch Dinge. Falls du also mal etwas brauchst, lass Jakub sich darum kümmern. Ich glaube, heute sollte er vor allem Dinge aus der Akademie selbst zusammensuchen für ... Unterricht? Kjetell'o sprach davon, euch etwas beibringen zu wollen. Er gibt auch Corax Unterricht, soweit ich weiß."
"Ich will ihn fragen, ob ... ob ich meine Magie aufgeben kann. Oder wegsperren. Ich will sie nie wieder benutzen, ob nun bewusst oder unbewusst." Caleb gab ein Brummen von sich. Er drückte Madihas Hand und musterte sie. "Frag ihn", bestätigte er dann. "Er wird dir bestimmt einen guten Rat oder sogar Hilfe geben können, um damit umzugehen. Das ... äh ... ich hatte etwas Ähnliches vor. Deshalb hab ich dich ja zu Dunia in die Feuerakademie geschleust. Dachte, es wäre eine gute Idee, wenn du da lernst, wie es geht. Ging wohl etwas nach hinten los, aber letztendlich warst du in den magischen Mauern sicherer als in der Stadt selbst. Sarma lag ziemlich in Trümmern, als ich zu dir in das Labyrinth der Wüstendiebe gekommen bin. Es ist gut, dass du unsere Wüstenperle nicht mehr so hast sehen müssen. Und hier sieht es deutlich besser aus. Tatsächlich kann ich es kaum erwarten, dir die Stadt zu zei- oh!"
Der Dieb schaute nach oben. Die Sonne war einigen Wolken gewichen. Keiner von beiden hatte es angesichts ihres Gespräch und der noch immer anhaltenden Nähe bemerkt. Jetzt aber verdunkelten die Wolken den Himmel mit ihrer gräulichen Masse und erste einzelne Regentropfen fielen zu Boden. Noch waren sie spärlich, aber wenn Madiha und Caleb nicht klatschnass werden wollten, sollten sie sich beeilen.
Der Dieb seufzte. "Da endet unser Strandpicknick." Er nickte zum Boot hinüber. "Zurück in die Akademie? Vielleicht haben Azura und Corax sich bereits ausgesprochen. Ansonsten zeige ich dir gern die Räumlichkeiten, wenn du etwas Bestimmtes sehen willst."
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 11. April 2023, 20:57

Was auch immer Madiha an Caleb band, sie würde es kaum in Worte verpacken können. Es war ein Gefühl, ehrlich und rein, dessen er sich sicher sein durfte. Madiha liebte ihn, wie er ihr erklärt hatte und das aufrichtig und nachhaltig. Dabei ging es ihr weder um das gute Aussehen, seine gelassene Art oder ein eventuelles, angehäuftes Vermögen. Über letzteres wusste das Wüstenkind nicht mal etwas und fragte auch nicht danach. Ihr ging es nicht darum, woher er kam oder wieso er war, wie er war. Madiha liebte Caleb und das ohne eine Begründung liefern zu müssen. Natürlich zog sein Lächeln sie an und sein Freigeist schaffte bei ihr das eigene Gefühl von Freiheit. Sein großes Herz brachte sie zum Lächeln und wärmte die Gefühle, die sie ihm gegenüber hatte. Aber da war etwas anderes. Sie fühlte von sich aus eine tiefe Verbindung zu ihm, die es ihr unmöglich machte, ihn nicht zu mögen. Vielleicht hätten spitze Zungen behauptet, dass das Mädchen keine Ahnung hätte. Dass sie gar nicht wissen könnte, was Liebe war oder dass sie sich einfach nur in eben jenen Mann verguckt hatte, der eine Konstante in ihrem ansonsten einsamen Leben bildete. Sie selbst aber glaubte fest an ihre Gefühle. Und keine Niederträchtigkeit verunreinigte diese. Es wäre gewiss irgendwann fatal, dass sie ihr Glück erheblich von seinem abhängig machte. Oder, dass sie bereit wäre, für sein Glück auf jede mögliche Art zu sorgen, wenn sie nicht entgegen ihrer Natur waren. So eine tiefe Verbindung konnte selbstverständlich auch ungesund werden und Liebe sich in Obsession wandeln. Doch davon wusste Madiha nichts und bisher waren ihre Gedanken und Gefühle so unschuldig, wie sie als Sklavin in ihrem neuen Leben in Freiheit nun mal war. Trotzdem waren die Hintergründe zu Caleb etwas, was sie interessierte. Und gleichwohl spannend, denn sie wollte hören, wie sein Leben verlaufen war, wie anders es doch war. Madiha aber konnte nicht verstehen, dass es manchmal Situationen gab, die sehr viel komplizierter waren. Ihre Welt war nie sonderlich komplex gewesen und dass ein Vater seinen Sohn manchmal aus Hilflosigkeit schlug, verstand sie nicht. Seine Erklärung aber machte es nicht einfacher für sie. Noch immer hatte sie die Stirn gerunzelt und betrachtete den Dieb vor sich eingehend. Sie versuchte es, ihn zu verstehen, doch es gelang ihr nur mäßig. „Dein Vater sollte stolz darauf sein, dass du die Welt entdecken wolltest…“, murmelte sie nur und schüttelte den Kopf. Für sie waren Eltern der Inbegriff von Geborgenheit. Bei ihnen war ein jedes Kind sicher und brauchte sich vor nichts mehr zu fürchten. Manchmal, während sie mit den anderen Mädchen und deren Tränen, im Bett gelegen hatte, hatte sie sich eine heile Welt vorgestellt. Mit ihrer Mutter und ihrem Vater, von dem sie nie wusste, wer er war oder wie er ausgesehen hatte. Doch in ihrer Fantasie war er stets da und manchmal projizierte sie dieses Traumbild, um sich trösten zu lassen, wenn niemand anderes es vermochte.

Ihre Gedanken aber flossen weiter und mit einem Mal erinnerte sie sich daran, dass kurz vor dem Kampf jemand für Aufsehen gesorgt hatte, indem er mitteilte, dass Ignis aus dem Hause Rasverath getötet worden war. Für Madiha schlossen sich ihre Gedanken nahtlos daran an, da sie die letzte Woche nicht hatte mitbekommen können. Doch auch hier wusste Caleb, das Mädchen zu beruhigen. Still lauschte sie auf seinem Schoß sitzend seinen Erzählungen und runzelte ab und zu die Stirn. Nachdem er geendet hatte, verdaute sie das Gehörte. „Wieso tut Kjetell’o das alles bloß?“, fragte sie freiheraus. „Hatte er denn ein eigenes Interesse an Serpentis? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er zufällig so handelt…“, murmelte sie nachdenklich und schüttelte den Kopf. „Ich meine, verstehe mich nicht falsch – ich bin ja wirklich dankbar, dass er das alles im Blick behält und ohne seine Hilfe wären wir auf jeden Fall aufgeschmissen, aber… Es gibt wohl immer ein Warum was? Seines würde mich interessieren.“, zuckte sie die Schultern. „Obwohl ich die Sache mit dem Sündenbock… nun… es hat einen schalen Beigeschmack, weißt du?“, meinte sie kleinlaut, denn natürlich war auch ihr bewusst, dass sie unmöglich Corax die Suppe auslöffeln lassen konnten. Trotzdem sprach sie es an, dass es im Grunde nicht richtig wäre. Allerdings und das hatte auch Madiha inzwischen hinlänglich erfahren müssen, waren die Dunkelelfen zwar nicht allesamt schlecht und auch unter ihnen – den Menschen – gab es schlechte Exemplare, doch waren die Dunklen Völker reichlich gesegnet mit schlechten Einflüssen. Das Mädchen holte für einen Moment tief Luft. Die Frage der Moral wog tatsächlich schwer, doch sie schob diese vorerst beiseite. Stattdessen dachte Madiha an schreiende Händler, feilschende Gauner und dem Geruch verschiedenster Gewürze, wenn Caleb über den Markt in Andunie sprach. Sein Lachen machte ihr deutlich, dass sie etwas völlig Falsches erwartete und sie lächelte zurück.
Gerade als seine Augen nostalgisch aufglommen, legte sich noch mehr Wärme in ihren Blick. Gemeinsam mit ihm, schwelgte sie in Erinnerung und betrachtete während seiner Erzählung genau sein Gesicht. „Das klingt wundervoll…“, pflichtete sie ihm bei und lachte leise, bei seiner Begeisterung für Tierbabys. Sie hob beide Augenbrauen, denn das war etwas Neues. Und es freute sie ungemein, dass er sie teilhaben ließ an seinen Erinnerungen. Madiha würde wohl noch so einiges zu entdecken haben, wenn es den Markt in Andunie noch gäbe. Sie hoffte es inständig, damit sie mit eigenen Augen sehen konnte, wovon er in seinen Erinnerungen zehrte. Dann kehrten sie wieder zu einem etwas heikleren Thema zurück und sie sprach offen aus, was sie mit Kjetell’o bereden wollte. Caleb schien sie nicht davon abhalten zu wollen, sondern pflichtete ihr bei. "Er wird dir bestimmt einen guten Rat oder sogar Hilfe geben können, um damit umzugehen. Das ... äh ... ich hatte etwas Ähnliches vor. Deshalb hab ich dich ja zu Dunia in die Feuerakademie geschleust. Dachte, es wäre eine gute Idee, wenn du da lernst, wie es geht. Ging wohl etwas nach hinten los, aber letztendlich warst du in den magischen Mauern sicherer als in der Stadt selbst. Sarma lag ziemlich in Trümmern, als ich zu dir in das Labyrinth der Wüstendiebe gekommen bin. Es ist gut, dass du unsere Wüstenperle nicht mehr so hast sehen müssen. Und hier sieht es deutlich besser aus. Tatsächlich kann ich es kaum erwarten, dir die Stadt zu zei- oh!" Madiha sah auf und wurde von dem aufziehenden Regenwolken von einer Antwort abgelenkt. Sie schaute in den Himmel hinauf und seufzte. „Schade.“, meinte sie halblaut und entließ Caleb aus ihrer Nähe.

Das Mädchen erhob sich, nahm ihre Schuhe in die Hand, ließ aber diese aus. Ihre Füße gruben sich abermals in den Sand und sie genoss dieses Gefühl erneut. Sie packte das Brot und den Käse ein und folgte Caleb daraufhin zum kleinen Ruderboot. Dieses Mal aber watete sie selbst durchs Wasser und lächelte dabei sogar. Sie ließ Schuhe und Essen ins Boot fallen, ehe sie selbst hineinkletterte. Madiha wirkte losgelöst und tatsächlich glücklich. Das war das Leben… Die Regentropfen auf ihrer Haut, die das Kleid der Wasserakademie nicht bedeckte, der auffrischende Wind. Sie fühlte sich nicht auf der Flucht vor dem anstehenden Regen. Sie sah ihm entgegen und wandte sich dann an Caleb. „Darf ich auch mal versuchen?“, fragte sie daraufhin und nickte zu den Rudern. Sie würde es probieren und nach zwei Malen ächzend feststellen müssen, dass das ordentlich schwer war und sie noch nicht wieder ausreichend Stärke mitbrachte. Wenn sie sie je besessen hätte. Während Caleb die Rudern wieder übernahm, kehrte sie zu seinen Worten vom Strand zurück. „Ich wusste mir nicht anders zu helfen.“, leitete sie das Thema urplötzlich ein und ihr Gesicht blieb ernst als es zu ihm sah. „Ich habe Corax mit Hilfe seiner Nadel gezeigt, was er sehen musste, damit er… Dunia werden konnte.“, erzählte sie und die Erinnerung an diese Zeit auf dem Schiff, verdunkelte noch einmal ihr Gesicht. Sie schlug die Augen nieder und schaute auf das Holz des Bootes zu ihren Füßen. „Er zeigte mir ein Sarma… er sagte, das würden die Stockmännchen machen, dass es das Leid wäre, das sie bräuchten, damit… naja wie auch immer. Ich habe sie gesehen. Sie…“, sie brach ab und holte zittrig Luft, denn sie wusste nur sehr gut, wie sehr sie sich deswegen schuldig gefühlt hatte, weil sie Dunia im Stich gelassen hatte. Und ihr Caleb weggenommen hatte. Madiha befreite sich aus den falschen Abgründen und sah wieder zu ihm. „Deshalb ist deine Wunde am Bauch so gut verheilt. Deshalb konnten eure Körper auf eure Rückkehr warten. Er hat sie Tag um Tag gepflegt und mit Hilfe von Dunia’s Wissen behandelt…“, sie seufzte. „Nur dank ihm, konntest du in deinen Körper zurückkehren. Und dank Dunia.“, murmelte sie. Ihr Blick glitt unsicher zu ihm. „Es war ein Schock für dich, sie so unvermittelt zu sehen, nicht wahr?“, fragte sie und musterte ihn. „Er wusste nicht, wie viel sie dir bedeutet…“, meinte sie absolut ehrlich. „Ich hab‘ es ihm nicht erzählt – tut mir leid.“ Auch das meinte sie ehrlich. „Ich glaubte nicht, dass er sich noch mal in… in sie verwandeln würde.“, erklärte sie und schaute dann auf die kleine Hütte. Sie lächelte mit einem Mal. „Lass uns sehen, wie weit Corax und Azura sind. Kjetell’o will vielleicht vorher mit uns reden und… ich möchte wirklich mit dir auf den Markt gehen – also das Unliebsame als erstes!“, zog sie die Nase kraus und lächelte ihn offen an.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Freitag 14. April 2023, 09:33

Madiha konnte nicht erklären, warum sie Caleb liebte. Sie wusste nur, dass sie es tat und das auch nur aus dem Grund, weil er ihr das Gefühlschaos in ihrem Inneren mit Begriffen eingepackt hatte, damit sie es halten konnte. Das Schöne aber war, dass sie diese Empfindungen besaß, unabhängig von seiner Herkunft, seinem Stand oder Vermögen. Er musste weder so aussehen wie er es tat, noch sich stets als der verwegene Strauchdieb geben, auch wenn beides natürlich unbewusst immer eine Rolle spielte. Aber gerade das war es auch, was Caleb an Madiha so sehr schätze. Ein Grund, warum ihre Liebe erwidert wurde. Sie empfand für seine Seele, nicht für die Hülle oder die Rolle, welche er auf Celcia einnahm. Sie hatte sich nicht in ihn verliebt, weil er einer dieser kühnen Wüstendiebe war, die freiheitsliebend und trotzdem mysteriös waren. Auch hing ihr Herz nicht an der Tatsache, dass hier in Andunie ein Erbe auf ihn warten könnte, das es zu beanspruchen galt. Ein adliges Erbe! Nein, sie sah nur ihn und was Caleb vor so manchem hinter einem breiten Grinsen versteckte. Das erkannte Madiha, das liebte sie und deshalb liebte Caleb sein Wüstenjuwel. Es brannte sich in sein Herz, um dort ein eigenes Feuer zu wecken. Das Band zwischen ihnen war kraftvoll und fester, deutlich enger geknüpft als jene, die mit dem eigenen Blut getränkt worden waren. Zu seinem Vater besaß Caleb kein allzu gutes Verhältnis wie es schien.
Das war etwas, das Madiha nur schwer begreifen wollte. So stellte sie Fragen im Versuch, zu verstehen. Erneut lachte Caleb auf. Er verspottete sie nicht, im Gegenteil. Er liebte ihren naiven Blick auf das Weltgeschehen, weil er so unschuldig war - frei von jeglichen Vorurteilen durch bittere Erfahrungen. Er beneidete Madiha insgeheim ein wenig darum. "Mein Vater wäre nicht einmal stolz auf mich gewesen, hätte ich seinen vorbereiteten Weg beschritten. Dann wäre ich Kapitän eines seiner Schiffe, würde die Werft durch Assistenten verwalten lassen, während ich auf See bin, um zu handeln und Zuhause säße irgendeine adlige Ehefrau mit schwangerem Bauch. Eine Frau, von der ich nur den Namen wüsste und die mir sicher bereits ein halbes Dutzend Kinder geboren hätte, die ich erst zu Gesicht bekäme, wenn es daran ginge, dass sich mein Schicksal in ihnen wiederholt." Caleb wischte sich durch die Haare. Eine Gänsehaut hatte sich auf seinen Unterarmen gebildet bei dem Gedanken, dass seine Zukunft auch so hätte aussehen können. "Er wäre niemals stolz auf mich, Madi. Nicht einmal dann, wenn ich ihm das letzte Quäntchen meines Lebens zugeschrieben hätte, um es zu formen und wie eine überreife Feige auszupressen." Er schüttelte sich. Dann war er wieder er selbst. Caleb konnte nicht lange bedrückt sein, das passte nicht zu ihm und er verbarg es lieber unter einem Grinsen. Nur vor Madiha legte er das falsche Lächeln nicht auf. Nicht mehr. Er schaute sie warm an und drückte ihre Hand. Sie wäre stolz auf ihn, ganz gleich, was er unternahm. Nun ja, in den meisten Fällen jedenfalls...
Dass er den Einhorndolch des Elfen ergriffen hatte, um einen Mord damit zu begehen, war nicht unbedingt eine Tat, die Madiha sich groß in ihr Geschichtsbuch über Caleb, die Legende, markieren würde. "Wieso tut Kjetell'o das alles bloß?", fragte sie, doch auch der Dieb konnte nur seine Schultern heben.
"Mit Erklärungen seiner eigenen Motive hält er sich mehr als bedeckt", erwiderte er. "Ich weiß auch nicht mehr als du, aber eines weiß ich: Er hilft. Er übernimmt sehr viel und scheint jedem von uns in irgendeiner Art und Weise unterstützen zu wollen. Was immer ihn dazu bewegt, ich hoffe, es bleibt so. Er ist in zuverlässiger Verbündeter, jedenfalls bisher. Selbst Corax scheint ihm zu vertrauen." Der Dieb erinnerte sich an die Gesten, die Kjetell'o in eigener und in Serpentis' Gestalt gegenüber dem Dunkelelfen vollführt hatte. Der sanfte Griff in den Nacken, die seichte Berührung seiner Wange. Plötzlich seufzte Caleb: "Andererseits ist Corax es gewohnt, dass man ihm herumspielt, ihn bewegt und entgegen seines eigenen Willen lenkt. Vielleicht behalten wir Kjetell'o doch eine Weile auch im Auge, was meinst du?"
In diesem Fall schienen sie sich beide einig zu sein. Nur dass der Plan des Waldelfen vorsah, einen Sündenbock zu finden, um Corax vor seinem Schicksal als mehrfacher Mörder zu bewahren, gefiel ihr nicht. Caleb verstand sofort. Er nickte, drückte zugleich aber erneut Madihas Hand, um sie zu beruhigen. "Glaubst du wirklich, wir würden jemanden dafür bluten lassen? Nicht einmal Serpentis würde ich in den Ring werfen." Nicht einmal sie. Sein Mord hatte seine Prinzipien nicht angekratzt. Es gab nichts zu bereuen. "Jakub, Kjetell'o und ich haben das bereits besprochen. Wir werden jemanden finden, der bereits tot ist. Es ist zwar auch nicht die beste Methode, denn anschließend werden zumindest die Rasveraths über einen unschuldigen Verstorbenen schlecht denken, aber letztendlich kann es ihm egal sein. Und es rettet unseren dummen, kleinen Elfen." Caleb hatte ihn tief ins Herz geschlossen. Er würde nicht zulassen, dass man ihm erneut ein Leid antat. Das war gut so. Corax hatte genug davon, immerhin hatte er auch Madihas Leid auf sich genommen. Es war an der Zeit, dass er eine andere Seite kennen lernte. Doch nicht nur für den Raben wünschte Caleb sich, dass er Neues entdeckte. So erzählte er von den andunischen Märkten udn begeisterte sich dabei vor allem für die Viehmärkte mit all ihren Tierbabys. Er wollte unbedingt, dass Madiha das erlebte.
Wenn sie heute jedoch die Gelegenheit erhielten, dorthin zu gehen, würden sie sich regenfest kleiden müssen. Als bereits erste Tropfen aus den Wolken fielen, sammelte Madiha schnell die mitgebrachten Nahrungsmittel und ihre Stiefel ein, während Caleb das Boot fertig machte. Kaum auf dem Wasser nieselte es auch schon und ihre Kleidung fühlte sich schnell feucht an, sogar ein wenig klamm. Madiha war das gar nicht gewohnt. In Sarma regnete es im Grunde nie. Dort wurde man nur nass, wenn man ein Bad im Meer nahm oder bei der Flucht versehentlich in einen Trog für die Wanderkamele stürzte. Es war eine neue Erfahrung, all die kleinen Tröpfchen auf ihrer Haut zu fühlen und zu bemerken, wie sie den Stoff ihres Kleides durchdrangen.
Caleb eilte sich mit dem Rudern, doch auch hier lenkte Madiha ein. Sie wollte es selbst einmal versuchen und er überließ ihr die großen Holzpaddel. Diese waren schon schwer zu handhaben. Damit jedoch gegen den Wellengang zu schlagen, um das Boot auf dem Wasser voranzutreiben, erschien der Sarmaerin nahezu unmöglich. Es gelang ihr lediglich, dass ihr Gefährt ein wenig auf dem Wasser trudelte und einen Halbkreis zog, weil sie ein Ruder kräftiger schwang als das andere. Anstatt sie zu verlachen, erklärte ihr Caleb, wie man es richtig machte, um eine Wirkung zu erzielen. Dann übernahm er allerdings wieder und das auch nur, damit sie rasch ins Trockene kämen. Ansonsten hätte er Madiha wohl den Rest des Tages lernen lassen, ein Boot zu rudern.
Sie erreichten wieder den Steg bei den Felsen. Das Meer schlug nun höhere Wellen und Nebel hing hier am Fuße der festungsartigen Akademie. Alles schien plötzlich von Feuchtigkeut durchzogen zu sein. "Nimm Käse und Brot einfach mit", schlug Caleb vor, würde beides aber zurück in die Vorratskammer verstauen, wenn Madiha lieber ihre Hände frei hätte. Anschließend machten sie sich wieder auf den langen Weg, die Wendeltreppe empor. Erst dort ging Caleb auf das Thema Dunia ein, das Madiha bereits im Boot angeschnitten hatte. Sie hatte bemerkt, dass seine Züge daraufhin ernst geworden waren und so war es zwischen ihnen für den Moment etwas ruhiger geworden. Nun aber schien Caleb bereit, es zu klären. Nun war er es, der aus dem Nichts heraus das Thema ansprach: "Du hast Corax irgendwie zeigen können, wer Dunia ist und daraufhin beherrscht er ihre Fähigkeiten, Wunden zu behandeln? Das klingt ... fantastisch. Aber ... sind es nur ihre Fähigkeiten oder weiß er dann auch von ... anderen Dingen? Ist er sie in dem Moment, da er sich verwandelt?" Dann würde er nicht nur wissen, wieviel die heilkundige Sarmaerin Caleb bedeutete, sondern vielleicht auch, was sie ihrerseits für ihn empfand. Caleb atmete tief ein und blickte die Stufen empor. "Ich muss nochmal mit ihm reden. Ausgiebig. Und ja, du solltest dich wohl besser auf die Suche nach Kjetell'o machen. Was immer er von dir und Azura möchte, es kann nur zu eurem Vorteil sein, da bin ich mir sicher."
Gemeinsam betraten sie erneut die Akademie der Wassermagie. Hier war es trotz ihres Namens trockener, aber das half nicht, weil die Kleidung beider vollkommen durchweicht war. Caleb zog Madiha mit sich. Sie wollten sich ohnehin bald wieder mit Corax und Azura treffen, also stimmte der Weg schon einmal. Er kehrte mit ihr in den Westflügel der Akademie zurück und wieder nickte er den dunkelelfischen Wachen zu, wenn sie diese passierten. Einmal nur wurden sie angehalten und nach ihrem Weg gefragt. Dann spielte Caleb wieder den Sklaven der Herrin Serpentis, der die "Neue" eingewiesen und ihr die Akademie gezeigt hatte. Das genügte und schon konnten sie weiter.
"Ich hätte dir gern mehr hier gezeigt, aber jetzt solltest du dich erst einmal umziehen, bevor du dir einen Schnupfen holst. Ein anderes Mal bring ich dich zu den Wasserspielen ... oder in die unterirdischen Etagen mit ihrem riesigen Dampfbad. Madi, ein Dampfbad! Ich hab's schon drei Mal benutzt. Das ist ... ich wusste nicht, dass es sowas gibt, aber du wirst nie wieder ohne sein wollen!" Was immer es war, Caleb schien hellauf begeistert davon. Dampfbäder konnten sich wohl nicht einmal adlige Andunier leisten, wenn es das offenbar nur in der Akademie der Wassermagie gäbe. Dann wäre es vielleicht auch etwas für Azura zum Entdecken. Bevor die beiden sie und Corax aber wiedersähen, musste Madiha sich wirklich umziehen. Auch Caleb tat dies und zwar ebenfalls in ihren Gemächern. Er hatte seine Sachen dort bei einem der Schreibtische verfrachtet und behauptete kurzum, dass er sowieso die meiste Zeit hier Wache gehalten hätte. Es wäre also albern gewesen, ein eigenes Zimmer zu nehmen. Also hatte er auch hier geschlafen, eine Woche lang...
"Ich warte vor der Tür, bis du umgezogen ist", bot er an. Gewisse Manieren besaß er dann ja doch oder einfach nur weiterhin eine Scham vor der Nacktheit des anderen Geschlechts, denn Calebs Wangen färbten sich bei der Aussage rosig. Er selbst sah das für sich jedoch nicht. Sobald Madiha umgezogen wäre, betrat auch er das Zimmer, schloss die Tür und legte kurzerhand sein feuchtes Hemd ab. Muskeln spielten bei jeder Bewegung mit dem Kerzenlicht des Raumes, während Caleb sich plötzlich auch seiner Hose entledigte. Den Einhorndolch legte er dazu vorher samt Gürtel auf dem Schreibtisch ab. Nur die Unterwäsche behielt er an, aber vom Rest seines Körpers durfte Madiha zur Genüge mitbekommen. So sah sie auch, dass seine Wunde wirklich gut verheilt war in der Zeit. Er brauchte nicht einmal mehr einen Verband. Dort sah man lediglich einen länglichen, hellrosa Riss aus junger Haut, der sich einmal seine Hüfte entlang zog. Vielleicht würde eine Narbe zurückbleiben, aber Caleb lebte. Das war das Wichtigste.
Der Dieb tauchte die dunkle Hose und das weiße Hemd nun gegen Kleidung, die auch ihn fast wie einen Magier der Akademie aussehen ließen. Zwar wählte er erneut eine dunkle Beinkleidung aus, aber darüber trug er das Hemd mit den engen Ärmeln anschließend unter einer grauen Weste und schob sich einen langen Stoffmantel mit hohem Kragen über alles. Das Blaugrau ähnelte Madihas Augen, durchzogen von feinem Silbergarn entlang des Saumes. Dort formten sich kleine Seesterne in den Mantelecken und am Revers war eine silberne Muschel eingenäht. Niemand würde Caleb abkaufen, dass er ein nichtmagischer Stein wäre, wenn er das trug. Er band sich das Haar erneut zu einem Zopf zusammen und wieder hingen wilde einzelne Strähnen rebellisch daraus hervor. Anschließend legte er sich den Gürtel samt Klinge erneut um die Hüften und schlüpfte zurück in seine Stiefel. Dann präsentierte er sich Madiha mit einem Grinsen. "Na, wie sehe ich aus?"
"Ausgesprochen stattlich." Der Kommentar kam nicht von der Sarmaerin. Nahezu lautlos hatte Kjetell'o die Tür zu ihrem Zimmer geöffnet. In Serpentis' Gestalt lehnte er an der Wand, ohne bislang von einem der beiden entdeckt worden zu sein und das war nicht leicht, wenn man so auffällgi gekleidet war wie die Feuerhexe. Allein ihr tiefrot gefärbtes Haar war ein Blickfang. Er lächelte mit ihren schwungvollen und ebenfalls gefärbten Lippen. Dann aber ächzte er auf, was so gar nicht zu der dunkelelfischen Furie passen wollte und man erkannte überhaupt erst, dass hinter dieser Fassade der Waldelf stecken musste. "Was für ein Tag, aber für heute sollte ich ihr Gewand ablegen können. Wie geht es euch beiden? Konntet ihr ein wenig entspannen und Informationen austauschen?" Serpentis lächelte. "Ich würde gern noch mit dem Unterricht beginnen, bevor ich mich zurückziehe, um Corax' Perlen zu studieren. Wenn ihr also bereit seid, könnten wir ihn und Saph.. Azura aufsuchen. Van Ikari, richtig?"
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 18. April 2023, 14:29

Madiha hatte nicht gelernt, dass es irgendwann soweit wäre, im Leben eines jeden Individuum, sich jemanden zu suchen, bei dem man sich geborgen fühlen konnte. Der einen Platz an der eigenen Seite einnahm und man sich fortan gemeinsam auf den Weg machte. In manchen Regionen war sie selbst noch ein Kind in anderen schon längst heiratsfähig. Es gab Orte, da wurden bereits Pläne vor der Geburt geschmiedet, während anderswo die Kinder frei und unbeschwert aufwuchsen. Madiha kannte das alles nicht, lebte nicht nach irgendwelchen Regeln, die man für sie machte, sondern tat nur Schritt um Schritt, um nicht stehenbleiben zu müssen. Stillstand war nichts, was Madiha anstrebte. Das Leben in Sarma war nur der Anfang. Es sollte aber nicht ihr Ende werden. Immer schon hetzte sie durch ihr Leben, versuchte es schneller hinter sich zu bringen, um endlich dort anzukommen, wo sie hingehörte. Und nun hatte sie einen Ort gefunden, an dem sie innehalten und durchatmen konnte. An dem sie willkommen geheißen wurde und an dem sie bleiben durfte: Neben Caleb. Er war ihr Ort, an dem sie sich ausruhen und leben durfte. An seiner Seite fühlte sie sich vollständig und sicher. Sein schiefes Grinsen, seine wettergegerbte Haut, die Ozean-grünen Augen waren Merkmale, die es ihr noch leichter machten, ihn zu lieben. Doch sie waren nicht ausschlaggebend. Sie brachten ihr Herz zum Schnellerschlagen, doch sein Innerstes war es, das Madiha’s Seele umarmte. Und sie wollte das Gleiche für ihn sein. Dass sein Vater ihn nicht wertschätzte war etwas, was Madiha nicht verstehen konnte. In ihrer verklärten Vorstellung, waren Vater und Mutter etwas, was niemals schlecht sein konnte. Die beiden einzigen Menschen, die immer nur das Beste für einen selbst wollten. Madiha’s Traum-Eltern hatten sich stets nur um sie gesorgt, wenn sie sich einsam oder verletzt fühlte. Zu hören, wie der eigene Vater ein tristes Leben anstrebte, in das er einen Freigeist wie Caleb zwängen wollte, widersprach ihrem Wunschdenken und brachten sie ins Grübeln. Sie verstand, wieso Caleb geflohen war. Er war nicht für das Leben gemacht, welches er mit bitteren Worten beschrieb. Sie kamen auf Kjetell’o zu sprechen und auch hier teilte er ihr unumwunden seine Meinung mit. Caleb beantwortete geduldig ihre Fragen und gab ihr nicht ein Mal das Gefühl, dass er sie nicht ernstnahm.
Madiha kannte wenig von der Welt, sodass sie sich mit Hilfe von Nachfragen durchschlug. Sie hatte Glück, dass Caleb sich davon nicht belastet fühlte. Für ihn war die Welt weitaus klarer und viele Dinge erschlossen sich ihm einfach. Ihr fehlte das eine oder andere Wissen dafür. Sie nickte bestätigend, als sie sich einig waren, Kjetell’o nicht allzu viel Sorglosigkeit einzuräumen. Sie würden ihn gewiss nicht verhören, aber ein wenig Distanz würde gewiss nicht schaden. Madiha wusste nur zu gut, wie nett und hilfsbereit jemand werden konnte, wenn er etwas wollte. Das rechtfertigte keineswegs sämtliche Methoden, wie sie auch im Bezug auf das Opfer erwähnte, das die drei Männer für den Mord an Ignis finden wollten. Aber auch hier hatten sie wohl überlegt. Madiha lächelte und nickte. Das war etwas anderes, denn einer noch lebenden Seele die Schuld aufzuladen, käme einem hinterhältigen Mord gleich. Aber Caleb war nicht zum skrupellosen Mörder geworden. Er blieb er, trotz seiner Tat und Madiha atmete ungesehen auf, dass sie sich dessen sicher sein konnte. Der Regen beendete ihre Zweisamkeit, sodass sich das Wüstenkind wenig später daran versuchen wollte, das kleine Boot zu rudern. Ächzend musste sie gegen die Wassermassen aufgeben, strahlte aber aufgrund der Tatsache, etwas neues ausprobiert zu haben.

Wäre das Wetter ihnen gnädiger, hätte sie vermutlich den Tag in dem Ruderboot beendet und am nächsten Morgen ordentlich Muskelkater gehabt. So aber legte Caleb an und umging für einen Moment das schwere Thema, das Madiha dann doch noch mal angesprochen hatte. In dem Mädchen schlummerte die Sorge, dass Caleb sich insgeheim nach Dunia sehnen könnte. Dass er bereute, es nicht nachdrücklicher versucht zu haben. Diese Gefühle waren mal dagewesen und Madiha war sich ihrer nicht sicher genug, um zu glauben, die starke, ungebundene Dunia ersetzen zu können. Sie war eben nicht frei davon zu glauben, weniger wert zu sein als andere. Es würde noch eine Weile Beweise brauchen, ihr zu vermitteln, ebenfalls ganz und gar zu genügen. Gleichzeitig wollte Madiha aber auch nicht die Heilerin aus Caleb’s Leben verdrängen. Es lag ihr fern, sich anzumaßen, ihm seine Gedanken bezüglich Dunia zu verbieten. Daran dachte sie auch nicht. Aber sie wusste eben, was sie einander bedeuteten und sie wusste ebenso, dass es ungeklärte Dinge zwischen ihnen gab, die vielleicht irgendwann einmal wieder vor die Füße fielen. Sie für ihren Teil hatte niemanden je so gesehen, wie sie Caleb sah. Er durfte sich ganz sicher sein, was ihre Gefühle anging. Aber Madiha war es trotz aller Versicherung, trotz aller Gesten und warmen Blicken eben nicht gänzlich. Wie könnte sie auch? Sie hatte so etwas nie erlebt. Caleb aber reagierte nicht verbal auf ihre Worte. Allerdings sah sie den ernsten Gesichtsausdruck und die Leichtigkeit verschwand ein wenig. Madiha akzeptierte sein Schweigen kommentarlos und ging hinter ihm her, während sie ihre Schuhe trug und Brot und Käse wieder in der Kammer verstaute. Das Mädchen schaute gerade zur Seite als sich der Dieb doch noch entschied, darüber zu reden. Allerdings anders als Madiha wohl gehofft hatte. "Du hast Corax irgendwie zeigen können, wer Dunia ist und daraufhin beherrscht er ihre Fähigkeiten, Wunden zu behandeln? Das klingt ... fantastisch. Aber ... sind es nur ihre Fähigkeiten oder weiß er dann auch von ... anderen Dingen? Ist er sie in dem Moment, da er sich verwandelt?" Sie runzelte die Stirn und nickte bestätigend. Sie erinnerte sich daran, dass Corax sich in Dunia zu verlieren drohte und sie erinnerte sich ebenfalls an den Blick, den Corax-Dunia Caleb zugeworfen hatte. Dunia liebte Caleb… Und Caleb… "Ich muss nochmal mit ihm reden. Ausgiebig. Und ja, du solltest dich wohl besser auf die Suche nach Kjetell'o machen. Was immer er von dir und Azura möchte, es kann nur zu eurem Vorteil sein, da bin ich mir sicher."… liebte Dunia. Madiha schluckte einen Kloß hinunter und lächelte halbherzig. „In Ordnung.“, antwortete sie leise und nickte. Sie fröstelte kurz. Er wollte mit Corax reden? Er will… er will Dunia. Nicht Corax. Er will die Chance nutzen. Schweigsam folgte sie Caleb wieder hinauf, während ihre nackten Füße leise Geräusche machten. Nachdenklich kam sie oben an und betrat zusammen mit ihm die Akademie.

Der Rückweg blieb leicht, sodass sie wenig später wieder an ihrem Zimmer ankamen. "Ich hätte dir gern mehr hier gezeigt, aber jetzt solltest du dich erst einmal umziehen, bevor du dir einen Schnupfen holst. Ein anderes Mal bring ich dich zu den Wasserspielen ... oder in die unterirdischen Etagen mit ihrem riesigen Dampfbad. Madi, ein Dampfbad! Ich hab's schon drei Mal benutzt. Das ist ... ich wusste nicht, dass es sowas gibt, aber du wirst nie wieder ohne sein wollen!" Sie sah ihn fragend an. „Ein Dampfbad?“, fragte sie unwissend nach und trotzdem schaffte seine Begeisterungsfähigkeit, sie ebenfalls zu einem Lächeln zu kriegen. „Ich freue mich schon darauf…“, meinte sie durchaus ehrlich, auch wenn sie ein wenig betrübt wirkte. Doch das schüttelte Madiha ab. Oder versuchte es zumindest. Sie sah Caleb nach, als er das Zimmer höflich verließ und zog sich trockene Sachen an. Sie unterschieden sich kaum von denen, die sie getragen hatte, doch dieses Mal trug sie Hosen und eine Tunika. Dann kam Caleb. Noch ehe Madiha ebenfalls den Raum verlassen konnte, hatte der Dieb sich bereits vollständig entkleidet und sie machte große Augen. Augenblicklich brannten ihre Wangen und sie drehte sich unbeholfen weg, auch wenn sie immer mal wieder luscherte. Caleb sah… viel zu gut aus. Ihr Herz klopfte bei dem Anblick und ihr Mund wurde trocken. Sie wusste gar nicht, wohin sie gucken sollte, denn immer wieder zog es ihren Blick auf den Dieb. Nachdem er angezogen war, änderte sich das nicht. "Na, wie sehe ich aus?", fragte er und Madiha klappte den Mund auf, ehe sie auch schon unterbrochen wurde: "Ausgesprochen stattlich.", das Mädchen zuckte zusammen und wirbelte erschrocken herum.
Sie starrte auf das Gesicht der Feuermagierin und brauchte einige Sekunden. Die Illusion war viel zu echt und ihr Verstand musste erst fassen, dass das Kjetell’o war und nicht Serpentis. Madiha schluckte. Noch immer glühten ihre Wangen und sie rieb sich beschämt über den Arm, weil er sie offenbar beim Gaffen erwischt hatte. Und selbst gegafft hatte?? Der Elf im Frauenköper ächzte und zog wieder Madiha’s Blick auf sich. "Was für ein Tag, aber für heute sollte ich ihr Gewand ablegen können. Wie geht es euch beiden? Konntet ihr ein wenig entspannen und Informationen austauschen? Ich würde gern noch mit dem Unterricht beginnen, bevor ich mich zurückziehe, um Corax' Perlen zu studieren. Wenn ihr also bereit seid, könnten wir ihn und Saph.. Azura aufsuchen. Van Ikari, richtig?" Das Mädchen räusperte sich und die rötliche Färbung ihrer Wangen nahm wieder ab. Sie erinnerte sich daran, dass sie Kjetell’o nach einer Unterdrückung ihrer Magie fragen wollte. Nun, da er vor ihr stand – in welchem Körper auch immer – hatte sie Hemmungen, so lapidar mit ihm zu sprechen. Für sie war er eben nicht eine Woche lang der Retter gewesen. Er war der Unbekannte und derjenige, der sie maßgeblich als Gefahr eingestuft hatte. Eigenes Verschulden hin oder her. Was wäre da besser, als das Thema von sich abzulenken? Er bot die perfekte Steilvorlage und Madiha stürzte sich darauf: „Ja, Azura van Ikari ist richtig. Die Perlen hat ihr… Leichnam geweint, soweit ich weiß. Wenn sie aneinander klingen, klingt es wie ihr Lachen. Seltsam sind die.“, plapperte sie und räusperte sich wieder. „Was wollt ihr mit ihnen machen?“, fragte sie neugierig und nahm sehr gerne den Strohhalm, nicht selbst im Fokus zu stehen. Das war ohnehin niemals ihr Platz. Doch dann hob sie mit einem Mal den Kopf etwas, den sie ausweichend gesenkt hatte. „Danke, dass ihr uns helft.“, meinte sie plötzlich. „Caleb hat mir erzählt, was ihr alles getan habt. Und noch tut.“, meinte sie erklärend und rang sich ein kleines Lächeln ab. Sie meinte das tatsächlich ernst, doch fühlte sie sich mit einem Mal wieder sehr klein und irgendwie schüchterte der Anblick von Serpentis doch noch ein. Auch, weil er sie an das Fiasko erinnerte und das, was sie hatte für einen Moment vergessen können, wieder zu Tage förderte. Deshalb fühlte sie sich auch bemüßigt, ihre Frage doch noch anzubringen: „Ihr… braucht euch keine Mühe zu geben, also… für mich. Ich… gibt es eine Möglichkeit, diese Kräfte loszuwerden? Oder sie zu unterdrücken?“, fragte sie und ihr Gesicht wurde ernst.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 20. April 2023, 12:46

Dass Caleb nicht nur ihr Fels in der Brandung bedeutete, sondern so vieles mehr, erkannte Madiha immer wieder auf's Neue, mit jeder weiteren Frage an ihn. Sie konnte ihn alles fragen, ohne Spott befürchten zu müssen. Der Wüstendieb begegnete ihr mit Geduld und beantwortete alles, sofern er das Wissen besaß. Ansonsten spekulierte er mit ihr gemeinsam. So fielen beispielsweise beim Thema Kjetell'o nur Mutmaßungen aus. Nicht einmal Caleb hatte sehr viel mehr von dem Elfen in Erfahrung bringen können. Er hielt sich bedeckt und geheimnisvoll, schien aber bereit, der Gruppe helfen zu wollen. Madihas Misstrauen war geweckt. Sie kannte keine Selbstlosigkeit in der Gesellschaft. Caleb und vielleicht auch Corax und Jakub bildeten Ausnahmen. Bei Azura konnte sie es wohl noch nicht wirklich benennen. Ansonsten herrschte in ihrem Weltbild eher eine Gesellschaft aus Zweckgemeinschaften. Man half sich, weil man eine Gegenleistung erwartete. Für ein Sklavenmädchen wie sie lief dies stets auf körperliche Misshandlung hinaus und so zahlte sie darüber auch den Preis für ihre Seele. Dass Kjetell'o aus reiner Nächstenliebe handelte, bezweifelten sowohl sie als auch Caleb. Doch solange sie die Motive des anderen nicht kannten, mussten sie abwarten. Seine Hilfe auszuschlagen wäre allerdings ein Fehler. Er hatte nicht nur einen guten Überblick über die Situation innerhalb der Akademie gewonnen, sondern schien diese auch zu führen. Kjetell'o war ein Marionettenspieler mit reichlich Strippen zum Ziehen und jetzt hingen zwangsläufig auch Madiha und ihre Gefährten an Fäden. So lange sie sich darin nicht dermaßen verhedderten, dass eine einseitige Abhängigkeit entstand, wären sie halbwegs sicher.
Die Zukunft würde zeigen, wohin der Weg sie führte und dass Madiha selbst nur wenig Einfluss nehmen konnte, hatte sie nun schon oft genug erlebt. Ihr blieb lediglich übrig, zu überleben - an Calebs Seite. Mit ihm zusammen würde es leichter sein, sogar angenehm. Sie genoss jeden Moment in seiner Nähe, auch dann, wenn sich langsam das dunkle Wissen einschlich, dass sie nicht seine erste Wahl war. Er hatte so überrascht auf Corax-als-Dunia reagiert, dass er nicht würde leugnen können, weiterhin Gefühle für die Heilkundige zu haben. Aber Dunia war weit fort, in Sarma. Die Aussicht darauf, dass Corax jedoch ihre Gestalt annehmen konnte, war nun auch dem Dieb nicht entgangen.
Madiha wollte ihn nicht von Dunia fernhalten. Sie wollte auch keine Geheimnisse gegenüber Caleb haben und so klärte sie ihn über Corax' Fähigkeiten auf, jedenfalls in dem Rahmen ihrer eigenen Kenntnisse. Dass der Rabe sich bei zu großer Nutzung einer Illusion selbst verlieren könnte, würde er ihm gewiss noch selbst mitteilen. Caleb drängte darauf, noch einmal mit ihm zu sprechen und bei Madiha hinterließ dieser Wunsch einen Knoten im Bauch. So schwieg sie den gesamten Weg zurück und bis in ihr Zimmer. Einzig, als Caleb auf das Dampfbad zu sprechen kam, wurde Madiha erneut von Neugier gepackt. Sie konnte sich unter dem Begriff kaum etwas vorstellen und erneut erwies ihr Begleiter die nötige Geduld, ihr alles respektvoll zu erklären.
"Du badest nicht wirklich. Mit Wasser hat es wenig zu tun", begann er und musste dann Grinsen, denn eigentlich stimmte das nicht. Er schüttelte den Kopf, griff sich in den Nacken und versuchte es erneut. "Es ist ein gekachelter Raum mit einigen Sitzmöglichkeiten. Bevor man ihn betritt, wird er kräftig aufgeheizt und dann gießt jemand vorsichtig Wasser über eine Stelle mit den erhitzten Steinen. Der Dampf, der aufsteigt ... nun, in dem badet man. Du atmest die feuchte Luft ein, nimmst den Duft der Kräuteressenzen im Wasser auf und schwitzt alles wieder aus. Danach wechselt man direkt vom Dampfbad in ein richtiges Becken mit kaltem Wasser. So belebt hast du dich dein Leben lang noch nicht gefühlt, sag ich dir! Es ist unglaublich entspannend."
So begeistert wie er war konnte Madiha sich nun nicht mehr geben. Sie versuchte aber, die trübseligen Emotionen in Bezug auf Dunia nicht Überhand nehmen zu lassen und konzentrierte sich erst einmal darauf, sich umzuziehen. Sobald dies geschehen war, wurde sie belohnt. Auch Caleb wechselte die vom Nieselregen feucht gewordenen Sachen. Er verwies sie jedoch nicht des Raumes, sondern zog sich nahe des Balkons einfach um, ähnlich wie er es bei Jakub schon getan hatte. Dieses Mal erhielt Madiha aber einen längeren Blick auf sein Muskelspiel. Sie konnte nicht anders, als immer wieder zu schmulen. Umso peinlicher war es, als Serpentis wie aus dem Nichts plötzlich mit im Raum stand. Oder eher: die Illusion von Serpentis, denn im Körper der rothaarigen Dunkelelfe steckte nach wie vor Kjetell'o. Dass er Caleb als ausgesprochen stattlich bezeichnete, schuf ein neues seltsames Empfinden in Madihas Magengegend, gleich neben dem Kloß von Dunia. Im Augenblick überwog Scham aber jegliche Eifersucht. Vor allem schwand sie schnell, weil Kjetell'o sich nicht lange mit Calebs Optik aufhielt. Er plauderte, erkundigte sich nach ihrem Befinden und hakte auch einmal nach Azuras vollem Namen nach.
Caleb wandte sich um, musterte den Elfen in Frauengestalt skeptisch. Doch weil er vordergründig damit beschäftigt war, letzte Knöpfe an seiner Kleidung zu schließen, kam Madiha ihm zuvor. Sie erwies sich als offenes Buch und beantwortete dem Elfen nicht nur die Frage nach Azuras Namen, sondern klärte ihn auch über die Tränenperlen auf. Caleb sagte nichts, aber er hätte wohl nicht sofort alles preisgegeben, obgleich auch er Kjetell'o vertrauen wollte. Doch sein Interesse für die zauberhaften Perlen hatte nichts mit der Rettung der Wasserakademie oder Corax zu tun. Es war irgendetwas mit Azura, zu der er keinerlei Bezug besaß. Der Elf musste nicht alles wissen, aber jetzt tat er es und ihm schienen diese Informationen mehr zu offenbaren als allen anderen der kleinen Gruppe. Seine Augen funkelten, dass durch die Illusion der schwarzen Käfer die gold gesprenkelten Flecken seiner Iris hindurch schimmerten.
"Was wollt Ihr mit ihnen machen?" fragte Madiha, mehr aus Neugier denn Skepsis. Doch so wie sie Kjetell'o alles offenbart hatte, beantwortete auch er mit der Spur von Aufrichtigkeit. "Ich bedaure, dass einer meiner Mentoren nicht anwesend ist. Er kennt sich mit der Thematik deutlich besser aus, sein Wissensspektrum ist gewaltig. Ich kann nur versuchen anzuwenden, was ich von ihm aufgeschnappt habe, aber ... ich glaube, diese Perlen beschreiben Anteile ihrer Seele." Er lächelte, als Caleb die Stirn runzelte und an Madihas Seite trat. "Große Opfer an celcianische Götter erfordern häufig, dass man etwas von sich selbst aufgibt. Nicht nur die Handelsgöttin von Traum und Dunkelheit erwartet es. Wo bei ihr aber schon für jedes noch so kleine Stoßgebet ein Tribut fällig wird, verlangen andere Gottheiten erst bei wahrlich großen Segen, Hilfen oder Wundern etwas Gleichwertiges. Jede Seele ist dies allemal mehr als wert und so scheinen Anteile unserer Sterblichkeit bereits auszureichen." Es wirkte befremdlich, Serpentis' Gesicht mit dieser Wärme sprechen zu sehen. Ihre Züge waren weich, wie sie sich im Hof nicht einmal gezeigt hatte. So musste sie Corax anschauen, um ihn um den Finger zu wickeln. Jetzt aber war es Kjetell'o und er klang nicht danach, Madiha oder Caleb mit seinen Worten verführen zu wollen. "Wenn Seelenanteile in materieller Form vorhanden sind, heißt es, dass sie dazu bestimmt sind, zu ihrem Besitzer zurückzukehren. Da es sich um Perlen handelt und angesichts unseres Standortes gehe ich davon aus, Azura hat ihre Seelenstücke Ventha geopfert. Die Göttin mag ein stürmisches Gemüt besitzen, aber sie ist nicht grausam. Sie hat nicht vor, eine Seele gebrochen zurückzulassen. Sie wird Azura ihr Opfer wiedergeben wollen, sobald ... nun ... hier endet mein Wissen. Azura wird mit ihr irgendeine Vereinbarung getroffen haben. Ich gehe davon aus, sobald sie erfüllt ist, können wir uns daran machen, ihre Seele zu reparieren. Das habe ich vor. Eien ausreichende Analyse sollte Hinweis darauf geben, wie man ihr die Perlen wieder einverleiben kann, um sie zu einer vollständigen Seele zurückzuführen."
"Und du möchtest das tun, weil...?", hakte Caleb nach. Er erntete nur ein sanftes Lächeln von Kjetell'o. Der Elf trat an ihn heran, berührte mit Serpentis dunklen Fingern seine Wange und strich über die wenigen Bartstoppeln, die Calebs Kieferpartie zierten. Der Dieb konnte nicht umhin zu erröten, aber Kjetell'o schien es nicht einmal zu verzücken. "Van Ikari ist ein bedeutender Name in Andunie - jedenfalls war er es vor der Invasion der dunklen Völker. Es ist mir ein persönliches Bedürfnis."
"Ein persönliches?" Caleb blinzelte. Er musterte den Elfen eingehender. "Kennst du Azura?"
Kjetell'o schüttelte den Kopf, dass die rot gefärbten Strähnen der Feuerhexe wie flüssiges Feuer über seine Schultern glitten. "Sie kenne ich nicht, aber das wird sich vielleicht noch ändern", sagte er. Doch ehe Caleb sein Verhörspiel weitertreiben konnte, erhob Madiha das Wort. Der Anblick der flammenden Haare erinnerte sie an ihr eigenes, inneres Feuer. Ihre Fähigkeiten, die Kjetell'o als Gefahr eingestuft hatte. Jetzt, wo auch sie eine Gelegenheit besaß, mit dem Elfen zu sprechen, durfte sie jene nicht verstreichen lassen. Sie wollte seine Zeit nicht vergeuden, ihr Unterricht für etwas anzubieten, das Madiha nie wieder nutzen wollte.
"Ihr ... braucht Euch keine Mühe zu geben, also ... für mich", wies sie ihn darauf hin. Das genügte, damit Kjetell'o nicht nur von Caleb, sondern auch dem vorherigen Gesprächsthema abließ. Er senkte die schlanke Elfenhand zusammen mit seinem Blick, der sich ruhig und aufmerksam auf Madiha legte.
"Ich ... gibt es eine Möglichkeit, diese Kräfte loszuwerden? Oder sie zu unterdrücken?"
"Wir könnten dich umbringen, dann wäre jegliche Gefahr, die von dir ausgehen könnte, sofort getilgt", erwiderte Kjetell'o trocken mit Serpentis' eiskalter Stimme. Es zeigte Wirkung. Er stutzte plötzlich, während Caleb sich zwischen Madiha und ihn schob. Seine Augen glühten, so dass man meinen könnte, in ihm brach gleich die wahre Gefahr durch. Serpentis hob ihre Finger zu den Lippen. Sie wirkte ein wenig entsetzt über ihre eigenen Worte.
"Es wird Zeit, die Illusion für heute aufzugeben", säuselte sie und neigte dann entschuldigend das Haupt. "Vergebt mir. Natürlich werde ich diese Möglichkeit nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. Ich habe gar nicht vor, deine Kräfte einzudämmen oder unbrauchbar zu machen, Madiha. Warum sollten wir das auch tun? Du besitzt so großes Potenzial! Ich möchte es fördern ... und dir einen Pfad aufzeigen, der Leitfaden zu einer Karriere als feuermagische Anwenderin sein könnte." Serpentis machte einige Schritte zurück, um genug Abstand zu gewinnen. Caleb rührte sich nicht von der Stelle, doch die Dunkelelfe lächelte nur, jetzt wieder mit Kjetell'os Sanftheit. Sie hob eine Hand an, über der plötzlich Feuer aufloderte. Es wanderte über ihren Arm, ohne Kleidung oder Haut auch nur anzusengen. "Ich werde dir zeigen, wie man mit dem Feuer spielt. Du brauchst keine Angst zu haben, es einzusetzen. Wenn du es beherrschen lernst, ist jede Klinge in einer fremden Hand gefährlicher als das." Seine schwarzen Augen huschten zu Calebs Gürtel, an dem der Einhorndolch ruhte. "Magie wird nicht mit Magie bekämpft. Ich werde dir und Azura beibringen, wie harmlos und schön ihr Wirken sein kann. Natürlich lehre ich euch aber auch die ... spannenden Dinge. Das, weshalb jeder noch so kleine Elf unbedingt zaubern können möchte. Dinge in die Luft sprengen, Flutkatastrophen heraufbeschwören...!" Er lachte mit Serpentis' Stimme. "Ich bringe dir nicht nur das bei, sondern lehre dich auch den Wunsch, deine Kräfte niemals auf diese Weise einsetzen zu müssen. Es gibt Schöneres, was Magie schaffen kann. Auch Feuermagie." Kjetell'o ließ die Flammen über seinen Arm zurück auf seine Finger wandern und formte sie dort um. Schmetterlinge aus roten Funken stoben auf, flatterten durch den Raum und einer setzte sich bei Caleb auf die Nasenspitze.
Der Dieb stutzte, als er sich nicht verbrannte. "Es .. ist warm."
Kjetell'o-als-Serpentis nickte. Der Schmetterling flatterte mit seinen Geschwistern auf Madiha zu, umkreiste sie und schwirrte dann über ihren Kopf hinweg, um in einem kleinen Funkenregen mit allen anderen zu explodieren. Ein Regen aus angenehmer Wärme prasselte auf das Mädchen herab. Sie roch nicht einmal den Ansatz von etwas Verbranntem.
"Habt ihr schon einmal ein magisches Feuerwerk bewundern dürfen?", fragte Kjetell'o unter dem Anflug eines Lächelns. "Wartet, bis es dunkel wird." Dann klatschte er in die schlanken Hände. "Nun sollte ich meine kleine Schülerin aber mitnehmen, um die andere einzusammeln. Caleb, ich gebe dir für den Rest des Tages frei. Das muss auch einmal sein ... und du brauchst es nach dieser anstrengenden Woche voller Sorge."
Caleb wich Madihas Blick beschämt aus. Er musste wirklich jede freie Minute an ihrem Bett verbracht haben. Dann aber nickte er: "Brauchst du Corax für den Unterricht, Kjetell'o? Ich muss mit ihm sprechen."
"Auch unser kleiner Leidträger steht dir zur freien Verfügung. Ich hole ihn ein anderes Mal hinzu. Die Grundlagen kennt er bereits und muss sie nicht wiederholen." Dann wandte er sich an Madiha. "Gehen wir?"
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Samstag 22. April 2023, 12:56

Es lag nicht in Madiha’s Möglichkeiten, sich über politische Dinge Gedanken zu machen. Sie überblickte weder die gesamte Situation, noch verstand sie etwas davon. Sie wäre ein leichtes Ziel für falsche Freundlichkeit. Gewann man erstmal ihr Wohlwollen, was nicht sonderlich schwer war, so hatte man mit allem Schlechte, das man vorhatte, leichteres Spiel. Zwar schenkte sie nicht leichtsinnig Vertrauen, doch war Madiha auch niemand, der chronisch misstrauisch blieb. Sie hatte lernen müssen, dass jede Leistung einen Preis hatte und meistens hatte sie diesen Preis zahlen müssen. Dass jemand also etwas aus Nächstenliebe oder Nettigkeit heraus tat, ohne etwas zu verlangen, glaubte sie nicht. Deshalb aber war sie nicht argwöhnisch, wenn es um den Elfen ging. Kjetell’o tauchte zum richtigen Zeitpunkt auf und half auf eine Weise, die sie ohne ihn nie bewerkstelligt hätten. Das allein war eine Tatsache. Dass er irgendwann seinen Preis nennen würde, war nur eine Frage der Zeit, das ahnte das Mädchen. Jetzt aber folgte sie dem Dieb durch die Gänge und senkte ganz automatisch den Kopf und Blick, wenn sie Wachen passierten. Caleb war ihr bereits eine Woche voraus mit dem Leben an der Akademie und sie musste sich noch zurechtfinden, ehe sie sich in dieser Rolle, die sie viel zu gut kannte, nur zum Schein zurechtfand. Madiha würde sie wohl nicht verraten können, dafür war sie viel zu sehr Sklavin. Allerdings brauchte sie sich darüber zurzeit keine Sorgen zu machen. Caleb lotste sie ohne Mühe und schließlich erklärte er ihr, was ein Dampfbad war. Ihren Knoten bezüglich Dunia vergaß sie einen Moment. Caleb hatte es am Strand geschafft, auch ihre Begeisterungsfähigkeit wieder freizulegen, sodass es bereits wenig bedurfte, um Madiha abzulenken. Sie versuchte sich seine Beschreibung vorzustellen, doch anhand mangelnder Erfahrung, gelang ihr das wohl nur schlecht. Sie hob einen Mundwinkel schief an und zog die Schultern zu den Ohren. „Ist das so ähnlich, wie die Badehäuser in Sarma?“, fragte sie und dachte nicht darüber nach, dass sie als Sklavin überhaupt keine Badehäuser zu Gesicht hätte bekommen dürfen. Doch Madiha wurde einmal dorthin zitiert von Khasib.

Sie verdrängte die Erinnerung daran so gut es ging und zog sich kurz darauf um. Es war wesentlich angenehmer einige trockene Kleidungsstücke am Leib zu tragen. Und für einen Moment lächelte sie, weil sie so unwahrscheinlich oft ihre Kleidung inzwischen wechselte. Es war ungewohnt, hatte sie doch in all den Jahren nicht ansatzweise so etwas oder soviel gehabt. Allerdings hatte sie auch etwas anderes nicht gehabt: Caleb zog sich völlig frei vor ihr um und erneut musste sie feststellen, welchen Reiz er auf sie ausübte. Sein Muskelspiel war etwas, was ihren Blick fesseln konnte. Seine Statur und die sanften Gedanken, die sie dabei hatte, trieben ihr die Röte ins Gesicht. So etwas hatte sie noch bei niemandem empfunden. Unzählige Male hatte sich ein Mann vor ihr entblößt… doch niemals hatte sie dabei das Gefühl, innerlich zu glühen. Erst Kjetell’os Worte, holten sie auf den Boden der Tatsachen zurück und hinterließ eine andere Form der Verlegenheit. Ob er sie beim Starren beobachtet hatte? Oder hatte er nur Augen für Caleb…besessen? Madiha runzelte flüchtig die Stirn bei diesem Gedanken, doch wollte sie nicht auch das noch aufladen. Das kleine Piksen in ihrer Brust, bezüglich Calebs Wunsch, Dunia zu sehen, reichte hierbei schon aus. Sie schaffte es nicht, ganz so ausgelassen zu bleiben, wie noch am Strand, wo sie ihn ganz für sich hatte. Kjetell’o aber rief ohnehin ein ganz anderes Thema auf und Madiha ließ sich bereitwillig ablenken. Das Mädchen folgte ihrer Neugierde und zu ihrem Erstaunen, antwortete der Elf tatsächlich mit eben jener Ehrlichkeit, die sie ihm entgegnet hatte. Dass Caleb längst nicht alles preisgegeben hätte, ahnte sie nicht Madiha konnte vertrauensselig und misstrauisch gleichermaßen sein. Den Balanceakt dazwischen, hatte sie indes nicht gelernt. Die Worte des Elfen aber verwirrten Madiha. „Man opfert… Anteile seiner Seele?? Wie…? Ich verstehe das nicht.“, murmelte sie und runzelte die Stirn. „Wieso nimmt sie diese denn erst, wenn sie ihr die doch wiedergeben will?“, fragte sie nach, auch wenn sie nicht wirklich eine Antwort erwartete.
Es zeigte lediglich, dass sie sich nicht ansatzweise vorstellen konnte, wahrhaftig einem Gott oder einer Göttin gegenüberzustehen. Im Gegensatz zu Azura und Caleb hatte sie das auch nicht erlebt. Aber auch Caleb hatte Fragen. Madiha nickte, denn sie waren gut gestellt. Und Kjetell’o offenbarte ein wenig mehr, auch wenn er kryptischer blieb als im Bezug auf die Perlen. Was war es also, was er sich durch seine Hilfe erhoffte? Während sie überlegte, erinnerten die flammendroten Haare sie an etwas ganz anderes. Und sie musste diese Gelegenheit dafür nutzen, ihm auch in eigener Angelegenheit zu sprechen.

Zwar waren die Perlen, Azura’s Unversehrtheit und Kjetell’os Beweggründe bedeutend gewichtiger, aber letztendlich wollte sie damit ja auch nur irgendwie alle schützen. Sie wollte ihre Fähigkeiten loswerden oder eindämmen, um keine Gefahr mehr werden zu können. Allerdings erhielt sie eine eiskalte Antwort, die sie erstarren ließ: "Wir könnten dich umbringen, dann wäre jegliche Gefahr, die von dir ausgehen könnte, sofort getilgt", Madiha schnappte nach Luft und trat zwei Schritte zurück. Ihr Blick brach vor Entsetzen und sie hob abwehrend die Hände. Caleb nahm ihr die Sicht auf das Schwarz der Feuerhexen-Augen. Seinen Ausdruck sah sie nicht, doch offenbar bewirkte er anscheinend genug, um Kjetell’o wachzurütteln. "Es wird Zeit, die Illusion für heute aufzugeben. Vergebt mir. Natürlich werde ich diese Möglichkeit nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. " Doch das Mädchen zögerte. Sie musterte den Elfen in Frauengestalt lange und ihre Unsicherheit blieb bestehen. Sie hatte nach Hilfe gefragt, aber nur eine Drohung bekommen. Sie erinnerte sich viel zu gut an diese Momente und es machte etwas mit ihr. Unsicher wich sie seinem Blick aus „schon gut“, murmelte sie und auch wenn er sich entschuldigt hatte und er offenbar ähnlich wie Corax korrumpiert werden konnte, hatte Madiha sich wieder zurückgezogen. “ Ich habe gar nicht vor, deine Kräfte einzudämmen oder unbrauchbar zu machen, Madiha. Warum sollten wir das auch tun? Du besitzt so großes Potenzial! Ich möchte es fördern ... und dir einen Pfad aufzeigen, der Leitfaden zu einer Karriere als feuermagische Anwenderin sein könnte.“ Sie hob den Blick. Machte er sich jetzt auch noch lustig? Ihre Miene verfinsterte sich. „Was?“, fragte sie verwirrt nach. „Ihr… ihr macht euch lustig über mich!“, klagte sie an und schnaubte. „Ich wollte lediglich… ach schon gut. Ich finde eine andere Möglichkeit.“, wandte sie sich missmutig ab und seufzte kurz.
Sie hätte es sich denken können, dass er sich lustig machen würde. Er selbst war ein Magier und hatte gewiss erkannt, dass das Mädchen aus der Wüste kläglich war. Madiha kämpfte gegen die erneute Enttäuschung an und klammerte sich an die schönen Gefühle vom Strand, als in ihrem Augenwinkel mit einem Mal ein Licht flackerte. Madiha wandte sich um und betrachtete das Feuerspiel. Und mit einem Mal öffnete sich die enttäuschte Miene und Erstaunen trat an die Stelle. Wie ein neugieriges Kind trat sie näher heran und beobachtete die kleine Flamme, die sich mühelos und scheinbar ohne zu verbrennen, über Kjetell’os Körper bewegte. „Wie… macht ihr das..?“, flüsterte sie fast schon ehrfürchtig. Madiha hatte Feuermagie niemals so erlebt. Sie hatte sie als Feuersbrunst gesehen, als Waffe in ihren eigenen, ungeübten Händen, als alles verschlingendes Element, doch niemals als… Spielerei. Gerade veränderte er die feuermagische Form. "Ich bringe dir nicht nur das bei, sondern lehre dich auch den Wunsch, deine Kräfte niemals auf diese Weise einsetzen zu müssen. Es gibt Schöneres, was Magie schaffen kann. Auch Feuermagie." Madiha’s Augen leuchteten im Flackern und man konnte dem Mädchen die Faszination deutlich ansehen. Ihre Enttäuschung war vorüber, denn die Schönheit, die Kjetell’o erschaffen konnte, brannte sich in ihren Teil der Seele, der eng mit der Feuermagie verbunden war.

Sie spürte, dass sie die Magie nicht aufgeben könnte, weil sie… irgendwie zu ihr gehörte. In Madiha reifte ein neuer Wunsch heran. Sie wollte lernen. Sie wollte fleißig sein und sie wollte mehr wissen. Sie reckte den Kopf nach dem Funkenregen und lächelte verzückt, während sie versuchte, die Funken mit den Handflächen aufzufangen. Sie schadeten ihr nicht. Sie waren angenehm auf der Haut. "Habt ihr schon einmal ein magisches Feuerwerk bewundern dürfen? Wartet, bis es dunkel ist.“ Madiha sah mit leuchtenden Augen zu Caleb, der ebenfalls überrascht wirkte. "Nun sollte ich meine kleine Schülerin aber mitnehmen, um die andere einzusammeln. Caleb, ich gebe dir für den Rest des Tages frei. Das muss auch einmal sein ... und du brauchst es nach dieser anstrengenden Woche voller Sorge." Sie blinzelte und sah von dort, wo die Schmetterlinge im Funkenregen vergingen, zu Caleb zurück. Er wich ihr aus und sie schenkte ihm dennoch einen warmen Blick. "Brauchst du Corax für den Unterricht, Kjetell'o? Ich muss mit ihm sprechen." Madiha’s Blick verdunkelte sich ein ganz kleines Bisschen. Erst Kjetell’os Frage an sie, holte ihren Blick vom Dieb. „Hm?“, machte sie und blinzelte. „Ja… ja.. ich denke schon?“ antwortete sie und nickte. Dennoch warf sie Caleb einen verstohlenen Blick zu und wusste nicht recht mit der Situation umzugehen. „Dann… bis später.“, meinte sie lahm, da sie sich nicht sicher war, wie sie sich nun verhalten sollte. Zum einen waren sie nicht so vertraut miteinander in Gesellschaft Dritter, zum anderen wusste Madiha ganz genau, weshalb Caleb Corax aufsuchen wollte. Und es tat weh, ob sie ihm nun nichts wegnehmen wollte oder nicht. Das Wüstenmädchen wandte sich daraufhin mit Kjetell’o um, um dem Elfen zu folgen. An der Tür warf sie Caleb noch mal einen Blick über die Schulter zu, aber dann seufzte sie tonlos und versuchte sich auf Kjetell’o zu konzentrieren. „Meint ihr denn wirklich, dass ich dazu in der Lage bin?“, fragte sie nach einer Weile zweifelnd. „Bisher… war das alles wenig erfolgreich. Ich hätte uns beinahe alle auf einem Schiff verbrannt. Und mir dadurch die Hände… verletzt.“, plapperte sie. Sie war nervös. „Bisher bewies ich nicht wirklich … Talent. Was wenn Ihr euch irrt? Was, wenn ich es nicht lernen kann?“, murmelte sie weiter und steigerte sich erneut in die Angst, dass sie zu unfähig war, um diese Kräfte zu meistern. Würde dann doch sein Plan greifen? Würde er sie töten? Madiha hatte die Worte gehört. Und sie würde sie nicht vergessen.
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Re: Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Beitrag von Erzähler » Dienstag 25. April 2023, 17:24

Trotz Calebs Erklärung verstand Madiha noch immer nicht so ganz, was hinter einem Dampfbad steckte. Der Dieb aber zeigte sich weiterhin nicht nur geduldig, er versuchte sogar, es ihr immer noch zu veranschaulichen. "Du kennst die Sarmaer Badehäuser? Hm ... ja, so ähnlich könnte man sie wohl bezeichnen." Er schob eine Hand in den Nacken. Madiha kannte ihn lange genug, um die Zeichen zu deuten. Sie brauchte im Grunde nur die hauchzarte Rötung seiner Wangenknochen zu sehen, um zu wissen, dass Caleb im Gegensatz zu ihr niemals eines der Badehäuser von innen gesehen hatte. Er überspielte diesen Umstand auch schnell, indem er lieber von dem sprach, was er inzwischen kannte. "Ein Dampfbad ist einfach ein großer Raum, in dem du in ... nun ... Dampf sitzt. Stell es dir wie die Nebelbänke vor, durch die wir auf See gefahren sind. Es ist nur weitaus weniger ungemütlich und auch überhaupt nicht kalt. Im Gegenteil! In Dampfbädern soll man ja schwitzen. Und atmen! Es gibt so viele verschiedene Kräuteressenzen, Madi, du wirst staunen, wenn wir zwei da erst einmal drin hocken. Es duftet so herrlich!" Vor lauter Begeisterung achtete Caleb weder darauf, dass er seine Begleiterin nun zu einem gemeinsamen Dampfbad eingeladen hatte, noch darauf, dass sie beide darin nur mit Handtüchern bekleidet säßen und Madiha immer noch eine junge Frau war. Sie und Caleb mochten sich inzwischen in einer Beziehung sehen, aber rein körperlich waren sie noch nicht weit gekommen. Wieviel der Dieb wohl schon von Dunia gesehen haben mochte und ob er deshalb unbedingt mit Corax sprechen wollte?
Ehe düstere Gedanken aufkommen könnten, die die sarmaer Heilkundige überhaupt nicht verdient hatte, eilte Madiha sich mit dem Umziehen. Nur als der Dieb dabei war, da ließ sie sich Zeit, immer wieder zu ihm hinzuschauen. Dass sie dabei offensichtlich von Kjetell'o beobachtet worden war, war ihr durchaus unangenehm. Dass der Elf selbst in Serpentis' Aufmachung so lautlos hatte den Raum betreten können, fiel dabei vollkommen unter den Tisch. Kein Wunder, er hatte einiges zu erzählen, wenngleich er sich in manchen Dingen nach wie vor bedeckt hielt. Bei einigen Themengebieten musste aber selbst Kjetell'o kapitulieren. Als Madiha nämlich bezüglich der Seelenopfer nachhakte, konnte er nur mit den Schultern zucken. "Ich wünschte, mein Mentor wäre hier", seufzte er. "Der Gute hat die celcianischen Götter wesentlich mehr Jahrzehnte studiert als ich." Ein Schmunzeln huschte über die Züge der Feuerhexe, was sie bisweilen tatsächlich auf ihre exotische Art und Weise attraktiv erscheinen ließ. Wäre Serpentis Mortis im Herzen nicht so abgrundtief schlecht gewesen, man hätte zumindest nachvollziehen können, warum Corax sich ihr zugewandt hatte. Es ließ sich nicht abstreiten, dass sie eine eigene Form von Schönheit besaß - streng, dominant, dadurch aber auch anziehend für jene, die sich leiten lassen wollten. Genau das strahlte Kjetell'o in ihrer Aufmachung ebenfalls aus. Als Serpentis zeigte er mehr Präsenz denn in seiner eigenen Gestalt. Da wirkte er eher wie eine Randerscheinung, die nur durch Zufall an den großen Ereignissen der Geschichte teilnahm. In Gestalt der Dunkelelfe aber erhob er sich aus diesem Schattendasein und trat für Madiha ins Rampenlicht des Geschehens.
"Wieso nimmt sie diese denn erst, wenn sie ihr die doch wiedergeben will?" fragte Madiha erneut nach Venthas Motiven. Kjetell'o lächelte mit den vollen Lippen der Feuerhexe. "Du bist so unglaublich neugierig", säuselte sie, dass es einem eine Gänsehaut verursachen konnte. "Ich wünschte wirklich, ich könnte deinen Hunger stillen, aber vielleicht gelingt es mir ja in Bezug auf deine eigenen Fähigkeiten."
Sofort kroch Unsicherheit zurück in die Glieder des Mädchens, nicht zuletzt ob des Scherzes des Elfen, den auch Caleb mehr als geschmacklos empfand. So schnell konnta Madiha gar nicht schauen, wie er sich schützend vor sie schob. Er zögerte nicht, sie zu verteidigen, so wie er nicht gezögert hatte, Azura in den Tod nachzuspringen oder Corax eine Ohrfeige zu verpassen ... oder Serpentis die Kehle aufzuschlitzen.
Kjetell'o beschwichtigte sofort und entschuldigte sich sogar. Wie schon bei Corax, der Madiha offenbart hatte, sich selbst zu verlieren, wenn er eine Illusion zu lang trug, schien auch Kjetell'o damit Probleme zu bekommen. Madiha und Caleb waren selbst eine Weile in Gestalt anderer umher gelaufen, aber das hatte insgesamt nur kurz angehalten. Der Elf wanderte schon mehrere Tage als Serpentis umher, hielt die Illusion aufrecht, dass die Feuerhexe immer noch lebte. Wie viele Stunden am Tag trug er ihre Haut?
"Schon gut", murmelte Madiha, als er sich bei ihr entschuldigte. Caleb war es jedoch, der auf ihre Worte reagierte und zwar deutlich aufgebracht. "Es ist nicht gut! Damit macht man keine Witze. Mord ist ein schweres Vergehen." Er funkelte Kjetell'o an, der seinen grünblauen Blick ernst erwiderte. Schließlich nickte er. "Das wissen wir beide nur zu gut, Caleb." Damit hatte er ihn. Der Dieb zuckte und seine Augen, sowie die Hand fuhren hinunter, um sich auf den Einhorndolch zu legen. Kjetell'o beobachtete die Reaktion genau. Anschließend wandte er sich an Madiha. "Verzeih mir", wiederholte er. "Und begleite mich, bitte. Es wird Zeit ... für so vieles."
Gemeinsam verließen sie den Schlafraum, den Sarmaerin und Andunierin sich eine Woche lang geteilt hatten. Caleb kam ebenfalls mit, denn ihr Weg war gleich. Sie alle wollten zu Corax und Azura. Unterwegs kam der Elf erneut auf Madihas feuermagische Kräfte zu sprechen. Er sah deutlich mehr in dem Mädchen als sie selbst, sprach von Potenzial und seinem Wunsch, es fördern zu wollen. Madiha hingegen hielt das alles erneut für einen Scherz und er war nicht besser als sein Schalk, sie umbringen zu wollen.
"Ihr ... Ihr macht Euch lustig über mich!"
"Mitnichten! Ich meine sehr ernst, was ich sage. Jedenfalls jetzt." Golde Sprenkel in tiefgrünen Wäldern flackerten zu Caleb hinüber, der von den dreien das Schlusslicht bildete. Beide Männer tauschten knappe Blicke aus. Dann kehrte Kjetell'os Fokus auf Madiha zurück. Er zeigte ihr, dass Feuermagie nicht nur verheerend war und auch ihren Anwender nicht verletzen konnte, wenn man wusste mit ihr umzugehen. Die tanzende Flamme und die Verheißung, ein magisches Feuerwerk sehen zu können, lockten die Sarmaerin wieder ein wenig aus ihrem Schneckenhaus.
"Meint Ihr denn wirklich, dass ich dazu in der Lage bin? Bisher ... war das alles wenig erfolgreich." Mit einem Gefühl von Scham brachte sie die Geschichte auf der Blauen Möwe an, als auf dem Dielenholz der Kajüte einen Halbkreis verbrannten Holzes geschaffen und ihre eigenen Handflächen schwer verkohlt hatte. Kjetell'o schien von ihren Erzählungen nicht überrascht. Er klärte den Grund dafür schnell auf, als er sagte: "Der Leidträger sieht das anders. Du hast ihm das Leben gerettet und dich später seiner Seele angenommen. Er wäre nicht zu dem geworden, was er jetzt ist, ohne dich. Das würde ich durchaus einen Erfolg nennen."
"Du nennst ihn Leidträger", warf Caleb von hinten ein und erneut huschte ein Lächeln über das illusionäre Gesicht der Dunkelelfe.
"Er ist noch nicht im Gleichgewicht, aber er lernt", erwiderte Kjetell'o, ging aber nicht weiter darauf ein, was Caleb mürrisch aufbrummen ließ. Da er sich mit Magie aber ohnehin nicht auskannte, blieb er still. Vielmehr war er interessiert, was der andere noch zu Madihas Kräften zu sagen hatte. Sie zweifelte nach wie vor an sich selbst, wenngleich sie ihre Faszination für das Feuer wohl niemals würde aufgeben können. Das hatte sie erkannt. Es gehörte zu ihr, es war ein Teil von ihr. "Was, wenn Ihr Euch irrt? Was, wenn ich es nicht lernen kann?"
Sie erreichten die Tür zur Schlafkammer, in der Corax untergebracht worden war. Kjetell'o blieb allerdings einige Meter davor stehen und wandte sich zu Madiha um. Er ging vor ihr in die Knie, was ein komisches Bild abgab, bedachte meine seine aktuelle Optik. Serpentis Mortis, die große Feuerhexe und Leiterin der Wasserakademie zu Andunie, kniete sich vor ein bedeutungsloses Mädchen mit Narben auf dem Körper als Fettreserven. Aber es war nicht die blutrünstige Dunkelelfe, die zu ihr sprach und sie war es auch nicht, die nach jener Hand griff, welche Madiha sich bei der Verteidigung ihrer Freunde so verletzt hatte. Die Haut ihrer Handflächen musste immer noch abheilen, aber sie hatte einei rosige, frische Farbe angenommen. Viel heller als ihre übrige Haut war sie, jung und noch leicht empfindlich, aber sie regenerierte sich.
"Es stimmt, dass ihr Menschen wesentlich weniger Zeit habt, eure arkanen Fähigkeiten zu perfektionieren als wir Elfen. Zudem kommt noch dazu, dass abgesehen von den Zyranern nur wenige Menschenvölker so viel natürliches Potenzial aufweisen, diese Stufe überhaupt vor ihrem Ableben zu erreichen. Aber..." Kjetell'o schaute erst an Madiha vorbei zu Caleb und dann wieder zurück zu ihr. Durch die illusionären, schwarzen Perlen trat erneut der beruhigend grüne Wald seiner Iriden auf, durch dessen Laubdach goldene Sonnenflecken tanzten. Wenn die Emotionen stark genug waren, konnten sie offenbar in kleinen Teilen Corax' Magie durchbrechen, ohne den Zauber ganz aufzulösen. In Kjetell'o musste ein Sturm der Gefühle toben, doch er kanalisierte ihn und schaffte sich durch tiefes Ausatmen ein Ventil. "Ich irre mich nicht", sagte er und seine Stimme wurde nur noch fester, gleichermaßen wie der Druck seiner Hände um die Finger des Mädchens. "Ich habe es gesehen. Serpentis' Feuer, das dein Haus bedrohte. Kannst du die Erinnerungen in deinem Geist abrufen, Madiha? Siehst du das Haus? Siehst du es, wie ich es gesehen habe?" Er gab Madiha etwas Zeit, sich das Bild zurück in die Gedanken zu holen. Währenddessen strichen seine Daumen über ihre Handrücken. Die Bewegungen waren weich und sanft, fast so wie seine Worte, die sich einen Weg in ihr Gehör suchten. "Einige der Balken standen in Flammen, Teile waren angesengt und verkohlt worden, aber es steht doch noch, nicht wahr? Im richtigen Leben besäße es nun einige kleine Schäden, die man mit ein wenig Mühe wieder aufbauen kann. Vielleicht setzt man hier und da sogar noch einen Stützbalken mehr ein, verwendete brennsicheres Material und trifft einige Vorsichtsmaßnahmen. Was ich im Grunde sagen will: Feuermagie mit der Macht, wie sie Serpentis auf dich losgehetzt hat, reißt nicht nur ein Haus nieder. Es hätte deine gesamte Existenz gerodet und das binnen Sekunden! Nichts als Asche wäre übrig geblieben." Seine Hände packten nur noch fester zu und sein Blick war eindringlich. "Madiha, verstehst du es? Du konntest ihre Magie vielleicht nicht in dir aufnehmen, geschweige denn, sie allein auf Serpentis zurückschleudern, aber sie konnte dich auch nicht auslöschen. Du hast das Feuer angenommen - ihr Feuer! Du hast es aufgenommen und bewahrt, ohne großen Schaden zu nehmen ... und das als ungebübte Magierin. Stell dir vor, was du erreichen könntest, wenn du die volle Kontrolle besitzt! Ich soll mich irren? Glaubst du das immer noch?"
Endlich gab er ihre Hände frei, nur um mit seinen Fingern sanft an ihrer Wange entlang zu streicheln, wobei seine Fingerspitzen bewusst die vernarbte Haut entlang fuhren. "Auch das hier hat dir etwas oder jemand angetan, aber zerstört bist du nicht. Du bist immer noch hier und wie ich hörte, sogar inzwischen vollkommen frei ... du bist selbst zu einer Herrin geworden. Ich werde dich dich diese Freiheit auf der magischen Ebene lehren. Ich will erfahren, wieviel ein Mensch mit diesem Potenzial erreichen kann in der Zeit, die er hat." Er erhob sich wieder. "Also sollten wir nichts davon verschwenden. Caleb, wärst du so freundlich?"
Der Dieb warf die Hände über den Kopf und nickte. "Sicher, sicher, von deinem Gerede verstehe ich ohnehin nichts." Er grinste schief und Kjetell'o erwiderte es sogar. Dann marschierte Caleb an ihm und Madiha vorbei Richtung Tür. Er lauschte kurz und klopfte dann an. Trotzdem wartete er keine Aufforderung ab, hereinzutreten. Stattdessen schob er die Tür auf, steckte seinen Kopf hindurch und rief hinein: "He, ihr beiden! Kjetell'o möchte mit magischem Unterricht für dich und Madi beginnen, Azura."
"Der Unterrichtsraum ist am Ende des Ganges rechts und zweit Etagen höher in einem der Türme", ließ Kjetell'o sie wissen. "Ach und mein lieber Leidträger, könntest du es für heute beenden?" Corax schien stumm zuzustimmen, denn nur zwei Herzschläge später fiel die Illusion von Kjetell'o ab und die Gestalt der Feuerhexe hatte sich aufgelöst. Neben Madiha stand nun wieder der sonnengebräunte Elf mit dem beinahe blonden Haaren, den gefärbten Strähnen, vielen Holzperlen und geschnitzten Blättern darin. Der Elf mit den tiefgrünen Augen mit goldenen Tupfen um die Pupillen. Jener, der sich nicht irrte. "Vielen Dank!", rief er in den Raum. "Du kannst jederzeit nachkommen, werte Azura. Sobald du soweit bist." Erneut ergriff Kjetell'o Madihas Hand. "Lass uns einfach schon einmal anfangen. Dann kann ich ein wenig mit dir experimentieren." Er gluckste und zog sie mit sich.
Caleb winkte ihnen nach. Er blieb zurück, lehnte sich neben der Tür an die Wand. Auch er würde Azura und Corax nun erst einmal nicht weiter stören. Die beiden konnten besprechen, was sie zu sagen hatten. Er würde warten und dann...? Dann würde er wohl mit dem Raben sprechen über ... Dunia? Madiha sollte es nicht mehr mitbekommen. Ihr Weg führte den Gang hinunter, bis zu dessen Ende. Dann nach rechts und zwei Treppen hinauf.

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