Ankunft in Dessaria

Dessarias Stadttor mag wohl das beeindruckendste in ganz Celcia sein. Massiv und gut bewacht besitzt es außerdem eine große Alarmglocke, die in der Mitte eines steinernen Bogens hängt, der sich über die große Pforte spannt.
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Ankunft in Dessaria

Beitrag von Aleksa » Samstag 25. Juli 2015, 20:10

(Einstiegspost)
Es hatte länger gedauert, als Aleksa erwartet hatte, doch kurz vor Mitternacht in der dritten Nacht, die sie unterwegs war, erkannte sie weit hinten im Schneegestöber plötzlich die Schemen einer Stadt. Da sie erst den Wald Arus durchquert und sich dann so gehalten hatte, dass sie das Schattengebirge ständig zu ihrer Rechten sehen konnte, waren keine Zweifel möglich: Das da vorne musste Dessaria sein.
Sie stieß einen leisen Seufzer der Erleichterung aus und beschleunigte ihre Schritte. Warm war es schon nicht gewesen, als sie aufgebrochen war, doch mittlerweile war es sogar noch kälter und Aleksa sehnte sich nach einem beheizten Platz, an dem sie sich ausruhen konnte. Die letzten Nächte waren kein Vergnügen gewesen. Obwohl ihre Schuhe perfekt saßen, taten ihr schon kurz nach ihrem Aufbruch die Füße weh, doch sie war weitergewandert, Stunde um Stunde, bis die Sonne aufgegangen war und sie sich im Schutz der letzten Bäume des Waldrandes schlafen gelegt hatte. Die zweite Nacht war identisch verlaufen, nur, dass sie für den zweiten Tag nicht zwischen Bäumen, sondern in einer Felsspalte Schutz gesucht hatte. Und nun, in der dritten Nacht, war ihr vorläufiges Ziel endlich in Sichtweite.
Während sie sich der Stadt näherte und aus den undeutlichen Schemen langsam klarere Konturen wurden, wuchs Aleksas Staunen immer mehr. Schon die Berge waren ein unglaublich beeindruckender Anblick, wie sie so groß, kalt und unnahbar über Aleksa aufragten. Doch diese Stadt war noch einmal etwas für sich. Nicht nur von der Größe her, sondern auch und vor allem, weil sie von Lebewesen gebaut worden war. Das Elfenmädchen konnte sich nicht vorstellen, wie viel Mühe es gekostet haben musste, sie zu errichten.
So langsam ergriff eine gewisse Nervosität Besitz von Aleksa, als sie darüber nachdachte, was sie dort in Dessaria erwartete. Sie wusste, dass eine Stadt eine Ansammlung vieler, vieler Häuser war, doch schon zehn Häuser am selben Ort überstiegen ihr Vorstellungsvermögen. Und dann erst die ganzen Bewohner, die es dort geben würde… Schon mit drei Elfen im selben Haus konnte es manchmal leicht unübersichtlich werden, wie Aleksa in den letzten Jahren immer mal wieder gemerkt hatte. In einer Stadt wie Dessaria würden es gleich mehrere hundert Lebewesen sein.
Als sie das Stadttor bereits deutlich ausmachen konnte, blieb Aleksa für einen Moment stehen. Für sie hatte die Nacht gerade erst begonnen, doch für fast alle, die in dieser Stadt lebten, musste wohl der Tag so gut wie vorüber sein. Hoffentlich würde sie um diese Zeit überhaupt noch jemanden antreffen, der ihr weiterhelfen könnte. Das Tor musste doch auch um diese Zeit bewacht sein, so hoffte die junge Nachtelfe. Sie würde einfach eine der Wachen ansprechen.
Das Schneegestöber wurde stärker, während sie die letzten mühsamen Schritte in Richtung Stadttor machte.
Gleich wäre sie da, bereit, die Frage zu stellen, die am Anfang ihrer Suche stehen sollte. Bereit, diese Stadt zu betreten und mit eigenen Augen zu sehen, was jetzt noch unvorstellbar für sie schien. Sie würde durch die Straßen gehen, Fremden begegnen, sich durch die vielen Häuser eingeschüchtert fühlen und sich schließlich irgendwo ein kleines Zimmer mieten, in dem sie sich für den Rest der Nacht aufwärmen und ausruhen könnte. Vielleicht würde es ihr sogar trotz der für sie ungewöhnlichen Zeit gelingen, ein paar Stunden zu schlafen. Immerhin waren die letzten beiden Tage so ungemütlich gewesen, dass sie an diesen deutlich zu wenig Schlaf bekommen hatte. Und morgen früh würde sie trotz der Sonne aufstehen, losgehen und versuchen, Informationen zu sammeln.
Unwillkürlich nickte Aleksa. Das war ihr Plan. Jetzt müsste sie nur noch irgendwie in diese Stadt reinkommen.
Sie hatte das Stadttor nun erreicht. Der Schnee fiel in immer größeren und dichteren Flocken. Es wurde langsam sogar schwer, die eigene ausgestreckte Hand zu sehen, wie das Elfenmädchen feststellte. Trotzdem fiel ihr etwas großes, dunkles ein Stück vor ihr auf. Was immer es sein mochte, es bewegte sich nicht. Doch da es direkt am Tor stand, hoffte Aleksa, es könnte sich um eine Wache handeln. Sie trat noch einen Schritt darauf zu. „Entschuldigung“, sagte sie dann laut und mit fester Stimme. „Mein Name ist Aleksa und ich habe eine lange und anstrengende Reise hinter mir. Ich bin auf der Suche nach jemandem, der sich mit Metall oder Waffen oder am besten gleich beidem auskennt. Könnten Sie mir vielleicht sagen, an wen in der Stadt ich mich da wenden muss und wo dieser Jemand zu finden ist?“
Dann verstummte Aleksa erstmal und hoffte. Sie hoffte, eine Antwort zu erhalten, in die Stadt gelassen zu werden und tatsächlich jemanden finden zu können, der ihr mehr über den Dolch erzählen konnte. Doch am meisten hoffte sie gerade, tatsächlich eine Wache angesprochen zu haben und nicht nur irgendeine Säule oder einen Baum.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Sonntag 9. August 2015, 20:51

Es war kalt und eigentlich die falsche Jahreszeit, um eine Reise zu unternehmen. Vor allem zu Fuß war das ein äußerst ungünstiger Zeitpunkt, den sie gewählt hatte. Doch sei es, wie es sei, nun war Aleksa einmal unterwegs und könnte noch immer umkehren, wenn sie es gewollt hätte.
Was nicht der Fall war, sodass sie nun einen Ort erreicht hatte, an dem sie womöglich ein warmes Zimmer und vielleicht sogar ein Bett frei von Ungeziefer erhalten könnte. Zumindest dann, wenn sie diese mächtigen Mauern passieren könnte, welche die Stadt umschlossen und wie eine Festung absicherten. Und wenn sie ausreichend Geld mit hätte. Schließlich konnte niemand sagen, wie sich derzeit die Preise hier gestalteten.
Obendrein würde sie auch erst, sollte sie hinein kommen, eine Herberge mit einem freien Zimmer für sich finden. Ansonsten stünde ihr eine weitere Nacht unter freiem Himmel und keine Gelegenheit zum richtigen Aufwärmen bevor. Nun ja, zur Not könnte sie morgen untertags, direkt vor Sonnenauf- oder nach deren Untergang, vielleicht eher hinein gelangen, sollte das Tor jetzt bereits geschlossen sein. Schließlich war vieles möglich, kannte die junge Frau diesen Ort und seine Sitten nicht.
Immer mehr waren Konturen der Siedlung zu erkennen, trotz des Schneegestöbers, das obendrein wie verabredet etwas schwächer zu werden begann. Es war ein wahrlich beeindruckender Anblick, die wuchtige Mauer rund um die Teile der Stadt, die nicht vom Gestein des Gebirges geschützt wurden. Und natürlich das große, breite Stadttor, eingeschlossen von zwei Türmen, die aussahen, wie zwei erhobene Finger, die jeden mahnen wollten, keine Gefahr darzustellen. Denn die Bewohner von Dessaria waren zwar vielleicht etwas kleiner als der Durchschnitt der Menschenrasse, aber sie waren äußerst wehrhaft.
Ob Aleksa viel über die Menschen hier wusste und vor allem über deren Vorurteile und Gebräuche? Nun, bald würde sie es feststellen können.
Wenige Schritte hatte die junge Nachtelfe machen können, als das Gestöber wieder stärker wurde und nur mit viel Glück konnte sie ihr Ziel erreichen, anstatt es aus den Augen zu verlieren. Endlich hatte sie es geschafft und versuchte, Aufmerksamkeit zu erregen. Der Wind blies ihr um die Ohren und verhinderte, dass sie weithin zu hören gewesen wäre, wie sie es sicherlich beabsichtigt hatte.
Trotzdem erhielt sie eine Reaktion, denn in Dessaria war man allzeit bereit, um ja keine Gefahr zu übersehen. Eine kleine Luke, etwa in Schulterhöhe von Aleksa, wurde von innen mit einem lauten Knall aufgeschoben. „Wer da? Wer will rein? Wie lautet das Zauberwort?“, brummte eine tiefe Stimme.
„Nicht Sesam, öffne dich, das ist öde!“, rief ein zweiter Kerl im Hintergrund, worauf grölendes Gelächter folgte. Es schien im Warmen eine fröhliche Runde zu sein, vielleicht sogar feuchtfröhlich, das konnte man von außen nicht ausmachen. Auch der Wächter an der Sichtluke brummte in seinen mächtigen Bart hinein, bevor er wieder ernst wurde.
Er konnte nicht viel erkennen, sonst hätte er sicherlich schon eine Bemerkung über seine angenehme Aussicht gemacht. So jedoch wartete er lediglich auf eine Antwort und wurde rasch ungeduldig, weil ihm die Kälte ins Gesicht blies. „Na, was ist? Ich hab nicht die ganze Nacht Zeit!“, murrte er und blieb weiterhin bei seiner Muttersprache, da er zuvor nicht verstanden hatte, dass er auf celcianisch angesprochen worden war. Stattdessen vermutete er einen Heimkehrer und keine Reisende.
Wer wagte sich schließlich bei solch einem Sauwetter hinaus? Niemand, der bei klarem Verstand und keinen guten Grund dafür hatte!
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Aleksa » Dienstag 18. August 2015, 20:43

Die dunkle Silhouette, die Aleksa zunächst angesprochen hatte, bewegte sich nicht. War da überhaupt etwas? Sie blinzelte, sah genauer hin – der Schnee machte es unmöglich, etwas zu erkennen. Dazu kam ihre Erschöpfung, die es ihr schwer machte, die Augen überhaupt offen zu halten. Doch es war kalt und genau deswegen musste sie jetzt alle Sinne einsetzen, um den entscheidenden Hinweis nicht zu verpassen, der ihr verraten würde, wie sie in die Stadt käme.
Es waren ihre Ohren, die das wichtige Signal lieferten. Bei dem plötzlichen Knall zuckte die Nachtelfe kurz zusammen, dann sah sie sich wachsam um und bemerkte schnell eine Luke im Tor, die gerade geöffnet worden sein musste. Sie trat näher an die Öffnung heran und beugte ihre Knie ein wenig, um ins Innere sehen zu können.
Ein Wächter mit dem wohl beeindruckendsten Bart, den Aleksa je gesehen hatte, sprach zu ihr. Seine Stimme war tief und brummig, aber nicht unfreundlich. Eine zweite Person rief aus dem Hintergrund dazwischen, dann sprach der Wächter wieder. Dieses Mal klang er jedoch ungeduldiger und ein wenig mürrisch. Es wäre wohl eine gute Idee, ihm möglichst schnell zu antworten. Doch ein Problem hatte Aleksa da: Von allem, was die beiden Menschen da drinnen gesprochen hatten, hatte sie kein einziges Wort verstanden.
„Mein Name ist Aleksa“, versuchte sie es deswegen nochmal. Jeder verstand Celcianisch, also musste das doch auch für diesen Mann da drinnen gelten, oder? Sie brauchte wirklich seine Hilfe. Es war eiskalt und sie war so erschöpft… Vielleicht sollte sie nochmal an sein Mitgefühl appellieren? „Ich bin sehr erschöpft von meiner langen und anstrengenden Reise“, fügte sie darum hinzu. „Darf ich bitte reinkommen?“ Ihre Stimme hatte schon fast einen flehenden Unterton. Was könnte sie noch sagen? „Ich komme in friedlicher Absicht“, fiel ihr noch ein und um diese Worte zu bekräftigen, trat sie einen Schritt von der Luke zurück und zeigte dem Mann ihre offenen Handflächen. Dann kam sie wieder näher, um eine Antwort verstehen zu können, sollte sie ihr gegeben werden.
Aleksa fühlte sich hilflos und ausgeliefert, wie sie da in der Kälte vor dem Tor stand und um Einlass bat. So hatte sie sich den Beginn ihrer Reise nicht vorgestellt. Doch sie hatte auch ihre ganze Entschlossenheit, die der Hilflosigkeit gegenüberstand und sie mit Kraft und Hoffnung erfüllte, während sie schwieg und die Reaktion ihres Gegenübers abwartete.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Sonntag 30. August 2015, 21:08

Die junge Nachtelfe hatte sich eindeutig das falsche Wetter für ihre Reise ausgesucht. Nun ja, zumindest in der Hinsicht, dass man auch gerne sehen würde, wohin man ging und mit wem man sprach. Oder eher was… Denn in puncto Sonneneinstrahlung hatte sie Glück, dass die Tage sehr trüb waren und kaum Licht hindurchließen, sonst hätte sie nicht so bedenkenlos im Freien schlafen können, immer mit dem Risiko, sich unbewusst im Schlummer abzudecken und Verbrennungen riskieren zu müssen.
Doch das war theoretisch ohnehin kein Thema vorläufig mehr, da sie ihr Ziel erreicht hatte. Jetzt müsste sie lediglich noch hinein und zu einem Zimmer mit Bett kommen.
Also klopfen, Frage war nur, hatte sie auch an der richtigen Stelle geklopft? Oder würde sie nun bis zum Ende warten und keine Reaktion bekommen, weil sie ganz falsch stand? Wie lange sollte sie überhaupt hier ausharren, bis sie wüsste, dass sie weitergehen sollte oder nicht? Wer konnte ihr darauf Antwort geben? Oder würde der Schneesturm nachlassen, wenn sie Glück hätte?
Immerhin, ihr schienen die Götter ein wenig gewogen zu sein, denn plötzlich wurde in ihrer Nähe eine Luke geöffnet und jemand sprach sie an. Na bitte, sie war gehört worden! Wenn auch anscheinend nicht verstanden, denn die Antwort war genau das: unverständlich.
Schließlich hatte der Torwächter die Worte vorhin selbst nicht gehört, sondern nur das Klopfen und eine Stimme, weswegen er annahm, einen Heimkehrer vor sich zu haben. Der seine Sprache verloren zu haben schien, bis sich das Problem genauer erklärte.
Schon ungeduldig, brummte er in seinen wuchtigen Bart und hätte den Reisenden vermutlich wortkarg abgespeist, wäre die Stimme nicht eindeutig weiblich gewesen. Und gegen Damenbesuch hatten die Wächter nie etwas einzuwenden, denn so etwas versprach Abwechslung und sicherlich auch die ein oder andere angenehme Stunde. Soweit die Frau Gemahlin daheim nichts davon mitbekommen würde...
Doch dieses Risiko war es immer wert und somit gebrauchte der Torwächter sogar freiwillig das allgemeine Celcianisch, obwohl sein Akzent recht hart war und seine langsamere Sprechweise deutlich machte, dass er diese Sprache nicht oft benutzte. „So, so, in friedlicher Absicht? Und was willst du hier?“, brummte er.
Inzwischen waren die anderen, die sich kurzzeitig wieder in ihr Würfelspiel vertieft hatten, ebenfalls aufmerksam geworden. „Wer ist da?“, rief einer und lenkte die Aufmerksamkeit des Torwächters auf sich.
„Ein Weib, sagt, sie hätte ‘ne lange Reise gehabt.“, erklärte der.
„Sie kann sich gern bei mir aufwärmen.“, erwiderte der, der vorhin den Scherz mit dem Losungswort gemacht hätte, und wackelte auffordernd mit den Augenbrauen.
Der Torwächter grinste schmal und wandte sich wieder der offenen Luke zu. „Woher kommst du? Wie wissen wir, dass du uns nicht belügst? Wir sind für die Sicherheit aller Dessarier zuständig.“ Der letzte Satz war dazu da, um sich ein wenig brüsten zu können.
Vielleicht wäre das wirklich eine Käufliche und würde sich ihm als erstes zuwenden, weil er für das Tor zuständig war und sie herein gelassen hätte. Also wollte er sich ins rechte Licht rücken, einen Vorteil gegenüber seinen Kameraden haben.
„Red‘ nicht so viel und lass sie rein. Will sie sehen!“, murrte der, der sich bereits als Wärmer angeboten hatte, wurde diesmal allerdings ignoriert. Trotzdem blickte die gesamte Gruppe neugierig zum Torwächter und lauschte gespannt auf die Antworten.
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Aleksa » Montag 31. August 2015, 19:30

Aleksa war erleichtert, als der Wächter ihr schließlich auf Celcianisch antwortete. Sein harter Akzent machte es für sie ein wenig schwer, ihn zu verstehen, doch da er langsam genug sprach, konnte sie jedes seiner Worte identifizieren, auch wenn sie bei einigen kurz nachdenken musste, was gemeint sein konnte. So konnte sie antworten: „Ich bin auf der Suche nach einem Menschen, der sich mit Metall oder Waffen auskennt, vielleicht sogar gleich mit beidem.“
Für einen Moment überlegte sie, ob sie den Dolch erwähnen sollte, doch sie entschied sich dagegen. Schon die Erwähnung von Waffen unterstrich ihre friedliche Absicht nicht unbedingt. Dann auch noch sofort zu sagen, dass sie welche bei sich trug, erschien ihr nicht besonders klug.
Stattdessen fügte sie hinzu: „Es gibt einige Informationen, die mir ein solcher Mensch geben könnte und die wichtig für mich wären. Also dachte ich, ich versuche mein Glück hier, denn in welcher Stadt kennt man sich wohl besser mit Metall aus als in Dessaria?“
Diese Worte betonten noch einmal das Metall und würden dem Wächter hoffentlich zeigen, dass es ihr tatsächlich nicht vordergründig um Waffen ging. Außerdem hoffte Aleksa, dass er eine gewisse Wertschätzung seiner Stadt heraushören würde, die ihn vielleicht ebenfalls freundlicher stimmen könnte.
In der fremden Sprache, in der er auch zu Beginn gesprochen hatte, tauschte der Mann einige Worte mit den anderen aus. Hätte sie die Worte verstanden, wäre sie wohl etwas nervös geworden, doch so fühlte sich Aleksa durch den fröhlichen Klang der Stimmen beruhigt. Vielleicht besprachen sie, ob sie sie hereinlassen sollten? Da niemand ablehnend klang, wuchs ihre Hoffnung noch weiter.
Schon wandte sich der Wächter mit einem schmalen Grinsen wieder der Nachtelfe zu und stellte ihr noch zwei Fragen. Die nach ihrer Herkunft beschloss Aleksa zunächst zu ignorieren. Immerhin war ihr Weg hierher nur zweieinhalb Tage lang gewesen. Für sie als ungeübte Reisende und vor allem auch bei dem Wetter war das zwar viel gewesen, doch ob auch die Menschen dort drinnen dies als lange Reise ansehen würden, war fraglich. Sie hoffte, das Mitgefühl der Wächter mit ihr könnte vielleicht größer sein, wenn sie dachten, sie käme möglicherweise von weiter her. Also ließ sie diese Frage offen und tat so, als hätte sie sie überhört.
Stattdessen antwortete sie gleich auf die zweite: „Sicher sein könnt ihr euch nicht, denn ich wüsste nicht, wie ich meine Absichten beweisen könnte. Was ich euch geben kann, ist mein Wort, dass ich Streitigkeiten aus dem Weg gehen werde und niemanden verletze, der mich nicht zuerst verletzt.“
Dann warf sie ihre Pläne, nichts von dem Dolch zu erzählen, über den Haufen und fuhr fort: „Nehmt es als Zeichen meiner Ehrlichkeit, dass ich euch sage, dass ich bewaffnet bin. Ich habe zwei Dolche und eine Peitsche bei mir, aber nicht, weil ich vorhabe, sie zu benutzen. Sie waren auf meiner Reise zu meinem Schutz bestimmt.“
Nach einer winzigen Pause, die ihren Worten Nachdruck verleihen sollte, setzte sie noch hinzu: „Ich schwöre, dass ich nicht die Absicht habe, irgendjemanden zu verletzen.“
Auf den letzten Satz des Wächters ging sie nicht ein, doch sie hatte ihn mit einem Nicken zur Kenntnis genommen. Selbstverständlich war die Sicherheit der Dessarier ihr Zuständigkeitsbereich, sie waren schließlich die Wachen. Und sie nahmen ihren Beruf offenbar ernst – durch dieses Tor kam scheinbar nicht jeder. Aleksa respektierte, ja bewunderte diese Gewissenhaftigkeit, mit welcher ihr Gegenüber ihre Absichten trotz der späten Uhrzeit hinterfragte. Doch zur selben Zeit wünschte sie sich, er wäre ein bisschen weniger gründlich, denn mittlerweile hatte sie trotz ihrer warmen Kleidung zu zittern begonnen und es fehlte nicht viel, dann würden sogar ihre Zähne zu klappern beginnen. Die Kälte machte es schwer, sich zu konzentrieren, und ließ sie ständig an eine warme Mahlzeit, eine dicke Decke oder anderen Luxus denken, den sie wohl nur in der Stadt erhalten könnte. Gerade hatte sie nicht mal die Möglichkeit, sich warmzuhalten, indem sie auf- und abging. Schließlich konnte sie dieses wichtige Gespräch wohl kaum unterbrechen.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Sonntag 4. Oktober 2015, 12:34

Da es sich um eine Reisende handelte, die hier Einlass in die Stadt begehrte, und diese offensichtlich der ortsansässige Sprache nicht mächtig war, war der Wächter notgedrungen in das allgemeine Celcianisch gewechselt.
Die Antwort jedoch, die er bekam, ließ ihn laut und dröhnend lachen, als hätte diese Frau den besten aller Witze gemacht. Das rief natürlich seine Kameraden, die nun noch neugieriger geworden waren, unruhig werden.
„Was ist los?“, fragte auch schon der Erste, da sie dem Gespräch lediglich einseitig folgen konnten.
„Was hat sie gesagt?“
„Red schon, Mann!“
„Glaubt sie, du hast einen großen…“ Diese Frage konnte nur von einem kommen und musste nicht vollständig ausgesprochen werden.
Endlich hörte ihr Kamerad auf zu lachen und wandte sich den anderen Männern zu. „Sie hat gefragt, ob es hier einen Menschen gibt, der sich mit Metall und Waffen auskennt.“, gab er weiter und bekam erneut einen, wenngleich um einiges kürzeren, Lachanfall.
Die anderen stimmten darin ein, denn wenn Dessaria für etwas bekannt war, dann dafür, dass es hier lauter Menschen gab, die sich mit den beiden genannten Dingen auskannten. Sie lebten schließlich davon und hatten es schon längst zur Meisterschaft gebracht!
Schließlich widmete sich der Wächter wieder der Reisenden. „Schätzchen, wenn du keinen Namen hast, dann suchst du hier die Nadel im Heuhaufen.“, erwiderte er und schüttelte den Kopf.
Was sollte er von ihr nur halten? Ihre Begründung für ihre Anwesenheit klang so unschuldig naiv, dass sie beinahe glaubwürdig wirkte. Aber war es klug, dem zu glauben? Schließlich waren mögliche Feinde und Spione geschult darin, einen falschen Eindruck zu erwecken. Der Soldat war skeptisch, schließlich hatte er auch etwas an Lebenserfahrung bislang sammeln können. Die Schmeichelei, die viel zu offensichtlich war, überging er dadurch auch glatt, und schüttelte den Kopf, was man draußen jedoch nicht sehen könnte.
„Welche Informationen sollen das sein?“, hakte er nach und sein Misstrauen wuchs bei solch einer Aussage.
„Vielleicht sucht sie den Händler, der ihr ein Brotmesser verkauft hat, das sie für ein Fleischmesser gehalten hat?“, spekulierte einer der Männer, woraufhin die anderen wieder lachten. Nur der Torwächter hatte dafür lediglich ein müdes Grinsen übrig, da er lediglich mit einem halben Ohr zugehört hatte.
Denn ihm war nicht entgangen, dass sie ihren Herkunftsort verschwieg, was bei ihm nicht sonderlich gut ankam. „Aha, der nicht dich zuerst verletzt? Was hast du vor? Bist du so trinkfest?“, bohrte der Wächter weiter und murrte unwillig bei ihrer Eröffnung, so sehr es auch der Wahrheit zu entsprechen schien, sonst wäre sie nicht so dumm gewesen, das zu erwähnen.
„Jetzt lass sie endlich rein, Evrard. Es ist kalt draußen.“, hatte endlich einer der Soldaten Mitleid mit der Reisenden.
Der Angesprochene jedoch schnaubte und gab zu bedenken:„Sie hat Waffen bei sich.“
Der Anzügliche grinste von einem Ohr zum anderen und rieb sich schon jetzt die Hände. „Na, dann müssen wir sie gründlich durchsuchen.“
„Und wenn sie hässlich wie die Nacht ist, machst du das alleine, wie?“, kam es sofort als Konter zurück und wieder wurde gelacht. Nur Evrard nicht, der blieb ernst und überlegte.
Es war seine Verantwortung, egal, wie er sich entschied, er hatte Dienst und das war auch aktenkundig. Wenn er ein potentielles Risiko herein ließ, würde er zur Rechenschaft gezogen werden, sollte er die Reisende hingegen draußen in der Kälte lassen, könnte er womöglich ein Leben gefährden. Welche Möglichkeit er auch wählte, sie hatte immer einen Haken.
Schließlich schnaubte er, als ihm sein ältester Kamerad, mit dem ihm auch eine gewisse Freundschaft verband, auf die Schulter klopfte. „Lass sie rein und wir sehen sie uns an. Dann können wir ihr den weiteren Weg noch immer verbauen, sollte sie uns suspekt sein.“, riet er Evrard.
Dieser presste kurz die Lippen zusammen, ehe er nickte. „Gut.“, brummte er und machte sich daran, das schwere Schloss zu betätigen.
Es hatte mehrere Phasen und bevor er die letzte angehen konnte, musste er die Sichtklappe zuschlagen. Das geschah mit einem dumpfen Rums und die Sekunden danach mussten endlos erscheinen, ehe das Tor sich allmählich einen Spalt breit öffnete. Licht sickerte heraus in das Schneetreiben und beinahe so etwas wie der Hauch von Wärme.
„Los, komm rein, ehe uns hier der Arsch abfriert.“, murrte Evrard, als das Mädchen erneut nicht schnell genug nach seinem Geschmack reagierte.
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Aleksa » Mittwoch 7. Oktober 2015, 17:49

Langsam verunsicherte das Verhalten der Wachen Aleksa. Immer wieder tauschten sie Worte auf dieser fremden Sprache aus, mit der sie überhaupt nichts anfangen konnte, und lachten. Am Anfang hatte sie gehofft, die Männer wären einfach nur freundlich und gut gelaunt, doch nach und nach beschlich sie das Gefühl, dass sie sich vielleicht eher über sie und ihr Auftreten lustig machten.
Als ihr Gegenüber jedoch wieder das Wort an sie richtete, war sie erleichtert. Die Anrede „Schätzchen“ gefiel ihr nicht wirklich, aber sie war etwas, das sie noch problemlos übergehen konnte. Und immerhin wusste sie jetzt, was die Belustigung dieses Mal ausgelöst hatte. Ein Name. Nein, sie hatte keinen Namen, sie suchte ja keine bestimmte Person. Die Nadel im Heuhaufen suchte sie also auch nicht. Viel eher hatte sie gehofft, eine einzige Nadel auf dem Boden zu finden, und war auf eine ganze Box voll mit Nadeln gestoßen. Je mehr Metallexperten es hier gab, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass ihr einer davon tatsächlich weiterhelfen konnte. Die Worte des Wächters bestärkten sie in ihrem Vorhaben, statt sie zu verunsichern.
So zögerte sie auch nicht lange, als ihr Gegenüber fragte, um was für Informationen es gehe. „Ich habe diesen Dolch bei mir“, antwortete die junge Nachtelfe. In ihrer Stimme lagen plötzlich so viele Emotionen, Trauer, Aufregung, Ungeduld… Sie musste erst einmal schlucken, bevor sie nachdrücklich fortfuhr: „Ich muss alles wissen, was es über diesen Dolch zu wissen gibt. Woher er kommt, woraus er besteht, von wem er gemacht wurde. Wem er gehört hat, wenn mir das jemand sagen kann.“ Dann musste sie aufhören zu sprechen, bevor ihr noch Tränen in die Augen stiegen. Diese ganze Geschichte mit ihren Eltern nahm sie einfach noch so sehr mit. Sie konnte nicht anders, als den Menschen zu finden, der ihnen das angetan hatte. Und sie war gerade auf dem Weg, das zu tun. Jetzt musste sie nur in diese Stadt.
Einmal atmete sie noch tief durch, dann zwang sie ihre Gedanken dazu, sich wieder ganz der aktuellen Situation zuzuwenden. Der Wächter stellte ihr noch einige Fragen. Die nach ihrer Trinkfestigkeit irritierte sie etwas, aber sie wusste genug über Dessaria, um zu wissen, welche Rolle Alkohol hier spielte. Vielleicht war es also einfach eine ganz normale Frage an einem Ort wie diesem. „Wenn mich jemand angreift, werde ich mich selbstverständlich verteidigen“, versuchte sie ihre Einstellung zu erläutern. „Ich werde mich aber bemühen, niemandem einen Grund dazu zu geben. Streitigkeiten werde ich aus dem Weg gehen, so gut es geht.“
Sie hoffte, dass diese Worte nun reichen und die Fragen ausführlich genug beantwortet haben würden. Tatsächlich redeten die Wachen nochmal in der ihr unbekannten Sprache miteinander, sagten aber nichts mehr zu Aleksa. Ihr Gesprächspartner machte stattdessen irgendetwas, doch sie konnte durch die kleine Klappe nicht sehen, was. Ob er vielleicht das Tor öffnete? Das wäre fast zu schön, um wahr zu sein…
Als hätte er dies über seine Tätigkeit ganz vergessen und als wäre es ihm nun plötzlich wieder eingefallen, schloss der Wächter die Sichtklappe auf einmal und ließ die Elfe mit dem lauten Geräusch und der Kälte allein im Schneetreiben stehen. Nun war der entscheidende Augenblick gekommen. Würde gleich das Tor aufgehen oder müsste sie wieder gehen? Sich nach einem neuen Ort in der Kälte umsehen, der sie für einen Tag vor Schnee und Licht schützen könnte? Ein neues Reiseziel finden? Die Sekunden schienen nicht vergehen zu wollen und Aleksa wurde draußen immer nervöser. Wie lange konnte es denn dauern, ein einfaches Tor zu öffnen? Sie wollte schon fast die Hoffnung aufgeben und wieder gehen, als der Wächter es geschafft hatte. Licht fiel nach draußen, ließ den Schnee glänzen und die junge Elfe lächeln. Es sah so einladend aus, so gemütlich und warm und es war so nah… Für sie als Nachtelfe war Licht normalerweise kein gutes Zeichen, aber dieses eine Mal war es das beste, das sie sich wünschen konnte.
Sie holte Luft, um zu fragen, ob sie hereinkommen dürfte. Der Wächter forderte sie auf, einzutreten, noch bevor sie etwas sagen konnte. Statt der Frage kam nun nur ein leises „Danke“ über ihre Lippen, als sie die letzten Zentimeter zwischen sich und dem Tor hinter sich brachte und dann endlich eintreten konnte, hinein in die Helligkeit und in die Wärme.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Samstag 5. Dezember 2015, 19:33

Die Dessarianer waren an sich durchaus ein lustiges Völkchen und konnten auch den ein oder anderen Witz ihresgleichen über sich vertragen. Allerdings brauchten auch Fremde ein gewisses dickes Fell und genügend Verstand, um so etwas nicht selbst zu versuchen, denn es würde ihnen schlecht bekommen. So sehr sich die Bewohner gegenseitig necken und sogar Dinge bis unter die Gürtellinie sagen konnten, wehe dem Außenstehenden, der das ebenfalls täte, da waren sie alle wie Geschwister. Untereinander durchaus uneins bis hin zu gemein, aber gegen alle anderen wie eine eiserne Mauer zusammenhaltend.
Trotzdem waren sie nicht boshaft zu bezeichnen und konnten, wenn es für sie einen gewissen lohnenden Anreiz gab, sogar recht hilfsbereit Fremden gegenüber werden. Ob das auch für Aleksa gälte, würde sich noch zeigen.
Vorerst jedoch dauerte es, bis sich der Wächter durch all die Frotzeleien und gut gemeinten Ratschlägen eines der älteren Männer zu einer Entscheidung durchgerungen hatte. Und diese fiel positiv für die späte Besucherin aus, denn er öffnete die Tür und forderte sie beinahe schon unwirsch auf, gefälligst auch einzutreten, wenn er sich schon dazu bereit erklärte. Als sie das befolgte, brummte der Soldat nur zu ihrem Dank, und schloss hastig hinter ihr wieder die Öffnung, um die Kälte und den Schnee auszusperren.
In der Zwischenzeit konnte die junge Nachtelfe sowohl die Wächterstube, die erstaunlich großzügig war, als auch deren derzeitige Bewohner in Augenschein nehmen. Der Raum war ein langgezogenes Rechteck bis zu einer weiteren, geschlossenen Holztür, folgte in seiner Form also der Stadtmauer, die diese Kerle zu bewachen hatten, zumindest einen kleinen Abschnitt lang. Die Verbindungstür führte indes zu einem kleinen, schmalen Gang, in dem es sowohl eine Treppe hinauf, als auch einen Zugang zur Stadt selbst gab, und auf der anderen Seite zur nächsten Wachstube führte. In dieser hier gab es an Mobiliar ausreichend Stühle, zwei Tische, drei Betten, eine kleine Kochstelle, auf der sich die Männer in langen Nächten Wasser wärmen oder etwas kochen konnten, wenn ihre Fähigkeiten dazu reichten. Lampen erhellten den Raum ausreichend und zwei Eimer, mit kaltem Wasser gut gefüllt, waren für einen Brandnotfall ebenfalls bereitgestellt. An Geschirr gab es einfache Schalen und Becher aus Holz, welche die Männer selbst zu reinigen hatten. Lediglich zum allgemeinen Saubermachen kamen einige Frauen aus der Stadt einmal pro Woche untertags her.
Die Soldaten indes waren allesamt zwar gerüstet, trugen jedoch keinen Helm. Diese waren neben der Verbindungstür gestapelt, ebenso wie einige Waffen, Hellebarden, Pfeil und Bogen, auch Schwerter, und natürlich Fackeln, um Feuerzeichen als Signale auf den Zinnen der Stadtmauer geben zu können, sollte dies notwendig sein. Die Kerle selbst waren unterschiedlichen Alters, wenngleich alle recht robust und stämmig gebaut, manche schon angegraut und die Haut von der Arbeit an der Sonne gefärbt. Einige trugen wuchernde Bärte, andere hatten diese wohl erst kürzlich stutzen lassen, doch keiner hatte vollständig auf diesen männlichen Körperschmuck verzichtet. Schmutzig waren sie nicht zu nennen, aber so gut wie alle hätten ein längeres Bad in sauberem Wasser und Seife vertragen können. Es war allerdings fraglich, ob sie solch einen Luxus zu schätzen wüssten. Was ebenfalls allen zu eigen war, war ihre geringe Körpergröße, die bei weitem nicht an die von Aleksa heranreichte.
Neugierig musterten sie den späten Gast, lediglich der ältere Soldat, der für ihren Einlass gesprochen hatte, nickte ihr grüßend zu. Während der Wachmann, der ihr geöffnet hatte, leise vor sich hin brummte, als er dennoch gastfreundlich einen Becher mit warmen Met füllte und ihr kurzerhand in die klammen Hände drückte.
„Da, trinkt, und setzt Euch.“, sprach er murrend, wenn auch etwas höflicher, jetzt, wo er die Frau im Licht sah. Diese war keine Käufliche, das sah man, aber ihre Worte hatte er nicht vergessen. „Zeigt uns einmal den Dolch.“, forderte Evrard dann und warf seinem älteren Kameraden einen vielsagenden Blick zu. „Wir haben einige Erfahrung und wissen vielleicht schon weiter.“, fügte er erklärend hinzu, obwohl mit dem Hintergedanken, dass er dadurch ihren Besuch in der Stadt selbst hinauszögern oder sogar verhindern könnte, ohne dabei lügen zu müssen.
Denn wenn sich jemand mit Waffen auskennen musste, dann waren es nicht nur die Schmiede, sondern auch die Träger. Und Dolche besaß fast jeder in der Stadt und hütete sie sorgsam, da sie mitunter lebenswichtig sein konnten. Auffordernd deutete der Wächter auf den Tisch, als Zeichen, sie solle die Waffe dorthin legen, damit sie alle in Augenschein nehmen könnten.
Neugierig waren die Männer allemal, das konnte man ihren Mienen deutlich entnehmen. Wenngleich nicht alle an der Waffe, sondern manche vielmehr an der groß gewachsenen, schlanken Trägerin, die so überhaupt keine Ähnlichkeit mit ihren Geschlechtsgenossinnen vor Ort besaß.
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Aleksa » Freitag 11. Dezember 2015, 17:41

Der Raum, den Aleksa nun betrat, war deutlich größer, als sie erwartet hätte. Die Dicke der Stadtmauer begrenzte ihn zwar wie erwartet, doch er erstreckte sich auch in der Länge der Mauer ein nicht zu geringes Stück, sodass einiges Mobiliar hineinpasste. Luxuriös war das hier zwar nicht zu nennen, doch auch nicht ungemütlich. Viel Aufmerksamkeit für den Raum hatte die junge Nachtelfe jedoch nicht übrig, sodass das auch das einzige war, was sie feststellte. Deutlich mehr interessierten sie die Menschen, die in diesem Raum waren. Schüchtern ließ Aleksa ihren Blick über die Dessarianer streifen, von denen es hier eine ganz beachtliche Anzahl gab. Zumindest hatte die Elfe noch nie so viele Personen an einem Ort gesehen. Diese hier waren allesamt männlich und trugen Rüstungen und Bärte, was sie auf eine gewisse Weise noch einschüchternder wirken ließ. Dass sie deutlich kleiner als Aleksa waren, machte es etwas besser, doch sie würde sich trotzdem ganz sicher nicht mit ihnen anlegen. Immerhin waren die Waffen neben einer Tür gestapelt, wodurch sich die Nachtelfe ein bisschen besser fühlte. Offenbar wurde sie nicht sofort als gefährlich eingeschätzt. Das sollte doch schon mal ein gutes Zeichen sein, oder?
Sie atmete ein wenig erleichtert aus und wurde sich erst dadurch bewusst, dass sie beim Eintreten die Luft angehalten hatte. Einer der älteren Wächter nickte ihr zu, die anderen starrten sie nur an. Immer noch sehr schüchtern nickte Aleksa zurück, auch wenn es ein ruckartiges, hastiges Nicken war, das den Eindruck erweckte, sie wolle die Begrüßung nur schnell hinter sich bringen. Es waren einfach so viele Leute hier, so viele… Eine warme Berührung an ihren Händen riss die junge Elfe aus ihren angstvollen Gedanken zurück in die Wirklichkeit. Ja, es waren viele Menschen in diesem Raum, doch das sollte sie eigentlich nicht weiter stören. Sie hatte ein Ziel und das würde sie nun verfolgen. Diese Menschengruppe war nur die erste von vielen, denen sie sicherlich noch begegnen würde. Sie musste nur konzentriert bleiben und sich überlegen, was sie als nächstes zu tun hatte.
Es war ein Becher mit warmem Met, den sie nun hielt. Der Wächter, der Aleksa hineingelassen hatte, forderte sie nun dazu auf, zu trinken und sich zu setzen. Noch einmal sagte sie leise „Danke“, sah sich nach einem freien Stuhl um und setzte sich, als sie einen gefunden hatte. Den Becher hielt sie mit ihren beiden behandschuhten Händen fest umklammert. Die Wärme des Inhalts drang durch den Becher und durch den Stoff, sodass es sich anfühlte, als würden ihre eiskalten Finger ganz langsam wieder auftauen. Der Geruch, der von der Flüssigkeit aufstieg, erinnerte die junge Nachtelfe an Abende in Teros Küche. Tero selbst hatte eigentlich nie Met gehabt, doch ab und zu hatte einer der seltenen Besucher welchen mitgebracht, den sie dann immer zu dritt getrunken hatten. Meistens gab es dazu noch irgendwelche seltenen Speisen, die der Besuch ebenfalls mitgebracht hatte. Diese Abende waren die schönsten und interessantesten gewesen. Und nun war sie die Besucherin, saß in der Stube anderer Menschen, war diejenige, deren Geschichte im Mittelpunkt stand. Ein ganz zaghaftes Lächeln schlich sich in ihr Gesicht, als sie aufsah und die Wächter ansah, deren neugierige Blicke wiederum auf ihr lagen.
Sie zögerte nicht lange, als sie gebeten wurde, den Männern den Dolch zu zeigen. Ihre Umhängetasche hatte sie über der linken Schulter, also ließ sie mit der linken Hand den Becher los, um die Schulter so zu senken, dass die Tasche herunterrutschte. Mit einer etwas ungeübt wirkenden Bewegung fing sie sie nun mit ihrer linken Hand auf. Obwohl sie das schon oft gemacht hatte, würde es nie so elegant und fließend wirken, wie es sich Aleksa gewünscht hätte. Daran war einfach ihr verdammter Arm Schuld. Für einen Moment wurde ihr Blick hart, als sie daran dachte, woher die Verletzung kam, die an all dem schuld war. Doch dieser Moment des Innehaltens dauerte kaum lange genug an, um bemerkbar zu sein. Sie würde den Verantwortlichen finden, das war es, was jetzt zählte.
Die junge Nachtelfe stellte die Tasche neben sich auf den Boden und öffnete sie. Viel war nicht darin, also konnte sie sofort mit einer gezielten Bewegung den Dolch herausholen. Er lag schwer in ihrer Hand und sie konnte ihn nicht schnell genug auf den Tisch vor sich legen. Am liebsten hätte sie ihn nie wieder berührt, immerhin waren mit dieser Waffe ihre Eltern ermordet worden. Doch sie musste es tun, wieder und wieder. Er war ihr einziger Anhaltspunkt, ihre einzige Spur in dieser großen Angelegenheit. Und nun würde sich herausstellen, ob es reichte oder ob sich die Spur im Leeren verlaufen würde.
Daran, die Wächter direkt zu fragen, hätte Aleksa eigentlich auch vorher denken können. Sie würden zwar sicher nicht wissen, wem dieser Dolch einst verkauft worden war, doch vielleicht würden sie etwas anderes erkennen können – das Metall, die Bedeutung der Verzierungen, womöglich sogar das Handwerk eines bestimmten Schmieds. Erwartungsvoll musterte sie die Dessarianer, die ihr nun Auskunft geben könnten. „Irgendwelche Ideen?“, fragte sie leise und dann, als ihr auffiel, wie unhöflich und fordernd diese Worte klingen mussten: „Ich wäre… Ich wäre wirklich für jede noch so kleine Information dankbar, die ich bekommen könnte.“ Dann verstummte sie wieder und nahm zwei Schlucke vom Met, der sie so nun auch von innen zu wärmen vermochte.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Sonntag 24. Januar 2016, 20:13

Erst, wenn man in eines der Wachzimmer kam oder auf den Zinnen seine Patrouillen abschritt, konnte man ermessen, wie dick die Stadtmauer war, die um Dessaria gebaut worden war. Besser gesagt, an der einzigen zugänglichen Stelle errichtet worden war, aus massiven Gestein, da ansonsten Berge eine natürliche Grenze bildete. Einerseits war dieser Schutz sehr zuverlässig und stets beruhigend, andererseits hinderte es die Stadt gleichzeitig daran, weiter anzuwachsen und sich auszubreiten. Überzählige Bewohner mussten sich entweder damit abfinden… oder Ideen haben für einen Ausbau, um nicht zum Wegziehen gezwungen zu werden.
Und die Dessarianer waren äußerst sesshafte Leutchen, die schon manches vollbracht haben, um in der Heimat bleiben zu können. Etwas, das Aleksa vielleicht noch zu sehen bekäme, sollte sie diese Hürde bewältigen und weiter ziehen können.
Doch zuerst musste sie sich all den Wachleuten stellen, von denen die meisten sie mehr als neugierig ansahen, der ein oder andere sogar etwas zu deutlich musterte. Die Älteren dieser Männer waren verheiratet, die anderen versprochen oder noch auf der Suche, aber das bedeutete trotzdem nichts, da sich viele gerne nach hübschen Mädchen umdrehten. Und dass Aleksa nicht nur größer, sondern auch graziler, sehr jung und auch lieblich war, war ihr die Aufmerksamkeit sicher, ungeachtet dessen, ob sie das als Vorteil für sich verwenden könnte oder nicht wüsste, wie.
Dass sie allerdings die Anzahl an Wachsoldaten schon als viel erachtete, war kein gutes Zeichen, denn in den Gassen der Stadt wimmelte es noch viel stärker. Doch das war etwas, worüber sie sich später würde Gedanken machen müssen. Über ihre Einschätzung als Feind oder nicht darüber schon eher.
Noch waren die Waffen gestapelt, aber diese Männer waren kräftig genug und so zahlreich, dass sie mit einer einzelnen, jungen Nachtelfe sicherlich auch ohne Hilfsmittel fertig werden könnten. Sonst hätten sie Aleksa auch niemals herein gelassen, wenn sie sich nicht sicher sein konnten, einen doch potenziellen Feind in ihrer Stube überwältigen zu können.
Allerdings sollte man ihnen nicht nachsagen können, sie wären ungastlich. Also wurde ihr ein Becher mit warmen Met gereicht… oder eher in die Hände gedrückt, so steif, wie sie nun dastand und offensichtlich die Eindrücke, die sich ihr hier boten, erst einmal verarbeiten musste. Ihr leiser Dank wurde mit einem weiteren Nicken des Ältesten in der Runde und von einem leisen Brummen ihres Toröffners quittiert, ehe sie sich setzen konnte.
Es war gar nicht so leicht, sich mit dieser neuen, unerwartet positiven Situation zurecht zu finden. Währenddessen machte sich allmählich leise Unruhe breit, denn es wurde gewartet, was diese ungewöhnliche Besucherin hierher geführt hatte, was es mit dem angekündigten Dolch auf sich haben mochte. Ein wenig wurde gescharrt, einer räusperte sich und ein anderer schniefte kurz, doch ansonsten wurde nicht gesprochen, sondern die Frau nicht aus den Augen gelassen. Da war es sicherlich von Vorteil, dass sie den Grund ihres Besuches rasch offenbarte, indem sie die fein geschmiedete Waffe auf den Tisch legte.
Währenddessen aber hatte sie ein wenig Mühe, aufgrund der Verletzung, die noch nicht vollständig verheilt war. Das wäre noch nicht aufgefallen, vor allem nicht den Jüngeren, ihr veränderter Blick hingegen blieb nicht unbemerkt. Es war der Älteste von ihnen, der geschult genug war, um auf alle Nuancen, mochten sie noch so hauchdünn sein, in seinem Umfeld zu achten. Er hatte ausreichend Lebenserfahrung, auch, um zu wissen, dass jetzt nicht der rechte Zeitpunkt war, um darauf aufmerksam zu machen. Jedoch würde er es sich merken.
Jetzt erst einmal galt es, den Dolch zu betrachten und vielleicht dabei herauszufinden, von wem er gefertigt worden war. Sofern es dafür Anhaltspunkte gäbe, wie eine besondere Fertigungstechnik, das Material oder gar eine Signierung, die bekannt wäre. Alle anwesenden Köpfe beugten sich über den Tisch, die einen tiefer, die anderen etwas dezenter. Sofort wurde durcheinander gesprochen, natürlich in der Heimatsprache und somit für die Besitzerin der Waffe absolut unverständlich. Immer wieder wollte eine vorwitzige Hand danach greifen und den Dolch für sich beanspruchen, um ihn zu begutachten, wurde aber mit einem zeitweise sanfteren, dann wiederum härteren Schlag auf die Finger zurück gewiesen.
Solange, bis sich die Aufregung ein wenig legte und man dem Fachmann unter ihnen Raum und Wort überließ. Es war der Älteste, der mit grüblerischer Miene da stand und eindeutig über den Gegenstand nachsann. Immer mehr Augenpaare richteten sich auf ihn, das Getuschel ebbte ab, freiwillig oder dank Rippenstöße, bis sich angespannte, erwartungsvolle Stille über den Raum senkte.
Seine Augen verengten sich ein wenig und er schien drauf und dran, die Hand auszustrecken, um den Dolch an sich zu nehmen. Doch er tat es nicht, rührte sich nicht und schien kaum noch zu atmen. Sein Gesicht verschloss sich, viel offensichtlicher wurde sein Blick abweisend als zuvor bei der Nachtelfe.
Dann hob er abrupt seinen Kopf und sah die Fremde durchdringend an, so, als wolle er bis in ihre Seele vordringen und dort zusammenpressen, um jeden Tropfen Information aus ihr heraus zu bekommen. „Wo habt Ihr ihn her?“, flüsterte er so leise, dass man es eigentlich nicht hätte hören können, wäre auch nur ein Atemzug in dem Raum gemacht worden. Die Spannung, die in der Luft lag, wurde noch stärker, obwohl keiner wusste, was genau diesen einen Mann zu dieser Reaktion bewegte.
Lediglich der heutige Torwächter, Evrard, bekam eine Ahnung, die alles andere als positiv, sondern regelrecht unheilvoll war. Ein Ausbruch oder Gefahr wäre nicht zu erwarten, allerdings auch nichts Gutes.
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Aleksa » Montag 29. Februar 2016, 18:14

Aleksa blieb ruhig auf ihrem Platz sitzen, nachdem sie den Dolch auf den Tisch gelegt hatte. Weniger ruhig blieben die Wächter, die augenblicklich durcheinanderzureden begannen, noch immer in dieser Sprache, von der die Nachtelfe kein Wort verstand. Es war offensichtlich, dass die Waffe das Interesse der Dessarianer geweckt hatte.
Als einer von ihnen Anstalten machte, nach dem Dolch zu greifen, fühlte sich Aleksa noch etwas angespannter als ohnehin schon. Einerseits hätte sie nichts dagegen, wenn jemand den Dolch berühren würde. Er lag schließlich mit einer Seite auf dem Tisch, sodass diese nicht sichtbar war. Vielleicht wäre aber auf der Rückseite der entscheidende Hinweis zu finden und dann könnte es nur gut sein, wenn jemand die Waffe anfassen würde, um sie umzudrehen oder von allen Seiten richtig betrachten zu können. Andererseits hätte es die junge Nachtelfe beruhigt, wenigstens gefragt zu werden, bevor einer der Anwesenden auf eine solche Idee kam. Immerhin war dieser Dolch in ihrem Besitz und war die einzige Spur, die sie zum Mörder ihrer Eltern führen könnte. Das machte ihn für sie zu einem unschätzbar wertvollen Gegenstand. So ungern sie ihn selbst berührte, so ungern hätte sie ihn auch in den Händen einer anderen Person gesehen, besonders, wenn sie diese Person erst seit wenigen Minuten kannte.
Doch ihre Anspannung stellte sich als unbegründet heraus, denn ein anderer Dessarianer schlug dem Neugierigen auf die Finger, bevor diese der Waffe auf dem Tisch zu nahe kamen. Das passierte noch mehrmals und mit jedem Mal blieb Aleksa ruhiger. Nur mit den Geschlagenen bekam sie teilweise Mitleid, wenn der Schlag etwas heftiger zu sein schien. Gleichzeitig allerdings war sie beinahe dankbar, dass die Wächter sich gegenseitig davon abhielten, den Dolch zu berühren.
Sie fragte sich, weshalb sie sich so verhalten mochten. War es einfach Höflichkeit oder gab es einen anderen Grund, aus dem man mit diesem Dolch besser nicht in Kontakt kommen sollte? Konnten durch Berührung vielleicht Spuren vernichtet werden? Die Elfe hoffte inständig, dass dem nicht so war. So viele Male hatten sie und Tero diese Waffe bereits in der Hand gehalten, dass sonst sicher nichts sinnvolles mehr am Dolch erkennbar wäre.
Schließlich ebbte das unverständliche Gespräch ab. Als es nach und nach leiser wurde, sah Aleksa auf, blickte von einem Wächter zum nächsten und flehte innerlich, sie mögen ihr einen brauchbaren Hinweis geben. Sie folgte den Blicken der anderen, die ihre Augen auf einen ganz bestimmten Wächter gerichtet hatten. Er sah aus, als würde er zu den ältesten Personen in diesem Raum zählen. War das der Grund für das Schweigen und Warten der anderen? War er derjenige mit der meisten Erfahrung oder dem meisten Wissen? Sein nachdenklicher Blick haftete jedenfalls noch immer am Dolch.
Mit einer plötzlichen Bewegung hob er den Kopf und sah nun die Nachtelfe an. Sie war nie besonders schreckhaft gewesen, doch die Bewegung kam so abrupt, dass sie leicht zusammenzuckte. Der Blick in den Augen des Dessarianers trug nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei. Er war so durchdringend, dass Aleksa ihm nicht lange standhielt und selbst lieber wieder auf den Dolch sah. Hatte sie etwas falsch gemacht?
Als der alte Dessarianer nun die Stimme erhob, war sie nicht mehr als ein leises Flüstern. Dennoch verliehen die nächsten Momente der Situation noch mehr Intensität und Spannung, als ohnehin schon in der Luft lag. Nicht nur die junge Elfe, sondern auch alle anderen Anwesenden schienen sich zu fragen, weshalb er auf diese Weise reagierte. Für Aleksa stand fest, dass er etwas über den Dolch wissen musste. So reagierte man nicht auf eine Waffe, die man nie zuvor gesehen hatte und mit deren Anblick man nichts anfangen konnte. Er musste Informationen haben und diese brauchte die Nachtelfe. Also stand es für sie außerfrage, dass sie auch ihm die Informationen geben würde, die er haben wollte. Das wäre einfach ein gerechter Handel. Informationen im Austausch gegen andere Informationen.
Als sie nun jedoch einen Satz formulieren wollte, merkte sie, wie schwer ihr dies fiel. Die Ermordung ihrer Eltern nahm sie noch immer ziemlich mit und alles in ihr sträubte sich dagegen, darüber zu sprechen. Schließlich brachte sie mit trauriger Stimme hervor: „Mit diesem Dolch wurden meine… meine Eltern ermordet. Wer auch immer das getan hat, wurde unterbrochen, während er versuchte, auch mich umzubringen. Den Dolch muss er auf der Flucht verloren haben. Ein Freund meiner Eltern fand ihn und zog mich auf. Seit ich die Geschichte kenne, steht für mich fest, dass ich denjenigen finden muss, der dafür verantwortlich ist.“

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Sonntag 8. Mai 2016, 21:21

Es war immer ein Erlebnis, wenn es in Dessaria um Waffen ging. Mal musste ein neues handwerkliches Kunstwerk bestaunt werden, dann wurde darum gestritten, wer die schärfere Klinge schleifen konnte, dann musste der Griff unbedingt mit Rubinen verziert sein und bloß nicht mit Saphiren, dann wiederum galt es, wer die längste Klinge hatte, und so weiter und so fort. Es gab immer und überall einen Grund, weswegen helle Aufregung um Waffen und Rüstungen herrschte.
Dieses Mal allerdings waren die Umstände ein wenig verworrener. Das änderte jedoch nichts daran, dass der Dolch selbstverständlich mit Respekt behandelt wurde und trotzdem viel durcheinander geredet sowie spekuliert wurde.
Als die Neugier indes zu groß wurde und einer der bärtigen Kerle glaubte, danach greifen zu können, um ihn näher an sich heran zu ziehen, für sich zu vereinnahmen, umzudrehen, das Gewicht in der Hand zu wiegen und aus vielen anderen Gründen, wurde er buchstäblich zurück gepfiffen. Nein, so einfach fasste man diese Waffe nicht an und das bestimmte einer, der hier offensichtlich viel Einfluss genoss. Er war der Älteste unter ihnen und jemand, der Lebenserfahrung und eine gewisse Ruhe ausstrahlte, allerdings jetzt einen Ausdruck aufwies, der all diejenigen, die ihn gut kannten, beunruhigt hätte.
Dieser Mann war es auch, der schlussendlich für Raum um den Tisch herum sorgte, nicht viel, aber ausreichend, um noch als einziger daran zu stehen und aus nächster Nähe auf die Waffe blicken zu können. Solange, bis er den Kopf hob und die fremde, junge Frau fixierte, welche den Dolch zu ihnen gebracht hatte. Man sah ihm an, wie es in ihm arbeitete, und ihr leichtes Zusammenzucken hätte ihn in anderen Momenten vermutlich milder gestimmt.
Jetzt jedoch nicht. Viel zu viel hatte dieser Anblick in ihm aufgewühlt, dass es in ihm zu gären begonnen hatte. So viele offene Fragen herrschten in ihm vor, Fragen, die sie womöglich beantworten konnte. Oder eben auch nicht… Man würde sehen.
Also öffnete er den Mund und sprach Worte aus, die er schon so oft gedacht und hin und her gewendet hatte, seit so vielen Jahren. Die Erwiderung fiel allerdings weitaus anders aus, als er es gehofft oder gar ersehnt hatte. Zuerst hauchte er, während er ein wenig blass um die Nase wurde:„Unmöglich…“
Doch dann verhärtete sich sein Gesicht, sein Kiefer spannte sich an, seine Lippen wurden zu einem dünnen Strich. Nun ja… zumindest ein wenig Licht brachte diese Fremde in das Dunkel, doch bedauerlicherweise nicht so, wie er es erwartet hatte.
„Wo war das?“, stellte er die nächste Frage und seine Stimme klang derart kratzig, dass er sich räuspern musste.
Die Wachmänner wagten kaum zu atmen und beobachteten gespannt, was geschah. Lediglich einer löste sich und brachte dem Ältesten einen Becher lauwarmen Gewürzmet, den dieser mit einem knappen, dankbaren Nicken annahm.
Doch er trank nicht, sondern fixierte die Frau vor sich. „Wisst Ihr, wer der Angreifer war? War es ein Dessarier? Wie sah er aus?“, löcherte er die Fremde weiter und war noch nicht soweit, um von sich aus Informationen preis zu geben. Sie müsste vermutlich auch erst konkret danach fragen, schließlich war er niemand, der von sich aus groß zu reden begann. Das hatte ihn nicht allein die Zeit und seine Vergangenheit gelehrt, so war er auch veranlagt.
Indes begannen nun die anderen trotz allem miteinander zu tuscheln, sodass bald ein unruhiges, ungutes Zischeln den Raum erfüllte, obwohl sie so neugierig waren. Aber sie konnten es einfach nicht erwarten, ihre Gedanken miteinander zu teilen. Erst nach einigen strengen, gezischten Ermahnungen der Besonneneren, ebbte die Geräuschkulisse wieder ab. Alle Augenpaare richteten sich erneut auf die Nachtelfe, die den Dolch gebracht hatte.
Berühren wollte die Waffe inzwischen niemand mehr. Sie wussten nun, dass Blut daran klebte, obwohl er gesäubert worden war. Das war zwar eigentlich kein Hinderungsgrund, aber ihnen war auch bekannt, dass einst etwas Schlimmes ihrem Kameraden zugestoßen war. Familientragödie oder so etwas, manche kannten mehr Details, andere weniger. Doch wenn es damit zusammen hing, wollte lieber niemand dieses Feld mehr betreten und sich womöglich noch Unmut einhandeln. Nein, abwarten, so schwer es auch den Ungeduldigen fiel, war hier die bessere Devise. Es würde sich schon alles weisen.
Auf jeden Fall aber hatten sie heute, nach ihrem Dienst, bei sich daheim eine Menge zu erzählen! Das würde eine Freude werden, mit Neuigkeiten bei den Frauen angeben zu können! Nun ja, wenigstens malte sich das der ein oder andere so in seiner Vorstellung aus, der sonst eigentlich nie so recht zu Wort kam bei sich daheim…
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Soraya Valor » Freitag 19. Juli 2024, 23:07

Einstiegspost:


Das Feuer knackte, während die Schatten immer näher rückten. Soraya’s Blick spiegelte das Züngeln der Flammen, während sie hineinstarrte. Das gefangene Kaninchen war nur halb aufgegessen und ein Fuchs verirrte sich durch den Geruch angelockt in ihre Nähe. Die Rothaarige blickte auf und schaute dann zum Hasen. Der Fuchs leckte sich hungrig die Schnauze und winselte. „Verschwinde!“, fauchte Soraya und warf mit einem Stock nach dem Tier, ohne wirklich treffen zu wollen. Der Fuchs aber verstand und schlug Haken ins Unterholz. Soraya griff nach ihrem Buch und blätterte zu der letzten Seite. Sie las dort ihre eigene Handschrift und überdachte die Worte noch mal. Sie hatte in einer Taverne im Reich der Nachtelfen aufgeschnappt, dass sich etwas Seltsames im Bergwerk zu Dessaria ereignen sollte. Viel mehr Informationen hatte sie gar nicht erhalten, aber das brauchte sie auch nicht. Noch immer war sie unterwegs und suchte nach… ihm. Die Rothaarige presste die Lippen zusammen und schloss das in Leder gebundene Buch. Sie hatte schon lange keine echte, heiße Spur mehr erhalten. Seit geraumer Zeit, einigen Monaten, suchte sie kleine Strohhalme auf und hoffte, dass es sie weiterbringen würde. Nicht selten entpuppten sich diese ‚Möglichkeiten‘ als Reinfall. Wieder schaute sie in das Feuer, das sich langsam und genüsslich durch das Holz fraß. Wie ihre fixe Idee, dunkel und unaufhaltsam durch ihre Seele. Die letzten Jahre waren entbehrungsreich und fordernd. Sie hatte sich sehr verändert und … trotzdem ließ sie von ihrem Weg nicht ab. Sie würde dieses Monster finden und es zur Strecke bringen. Sie würde sich daran ergötzen, wie er sich ergötzt hatte, als er ihr alles nahm. Soraya hob den Blick als der Fuchs erneut seine Nase aus dem Buschwerk streckte, um nach dem Fleisch zu schnuppern. Die schlanke Hymlianerin erhob sich und scharrte mit dem Fuß Sand in das Feuer. Sie löschte es halb, doch bevor es gänzlich erlosch, warf sie das angenagte Kaninchen hinein. Der Fuchs schluckte gierig. Er hatte Hunger, doch Soraya war nicht die Wohlfahrt. Sie betrachtete den Hasen, wie er nach und nach verbrannte. „Hilf dir selbst!“, zischte sie in Richtung des Fuchses. „Niemand wird es für dich tun!“, schob sie kühl hinterher und verteilte noch mehr Sand auf das Lagerfeuer, damit es endgültig erstickte. Schließlich schulterte sie ihren Rucksack und setzte ihren Weg im Dunkeln fort. Früher hatte sie das Licht geliebt. Sie hatte nicht genug bekommen können, die Sonne aufgehen zu sehen, während sie den Pegasi in Hymlia Futter in die Tröge füllte. Doch nun… War es egal geworden, was sie mochte und was nicht. Es war nicht länger relevant, denn es gab niemanden mehr, der es hören wollte. Den es interessierte… Da war niemand und sie hegte keinen Wunsch, das jemals zu ändern. Alles, was sie hatte geben können, hatte sie gegeben.

Die Sonne würde bald aufgehen, sodass sie vielleicht zur Mittagsstunde an ihrem Zielort ankommen würde, falls sie weiter den Weg gut vorankam.
Es war schon fast befreiend als Soraya endlich aus dem Wald Arus trat und nach ein paar wenigen weiteren Stunden Fußmarsch, die nicht klar zu trennende Vermischung von Grasland und Trockenland betrachtete. Sie atmete durch und ruhig betrachteten die dunkelblauen Augen das, was vor ihr lag. Sie stand auf einem ausufernden Hügel, der ein paar Grashalme zeigte, ansonsten aber eher sandig wirkte. Ihr Blick ruhte auf dem monumentalen Steintor, das sich in einiger Entfernung durch die Sonne, die bereits am Himmel stand, dennoch gut erkennen ließ. Dessaria. Soraya engte etwas die Augen und wurde von einem vorbeifliegenden Raubvogel abgelenkt. Er krächzte auf der Suche nach Futter und ihm folgte ihr Blick. Die Rothaarige zog einen Mundwinkel empor. „Noch lebe ich, Jäger!“, murmelte sie mit rauer Stimme. Sie hatte seit einiger Zeit nichts getrunken, was ihr nun bewusst wurde. Soraya legte den Rucksack ab, den sie auf dem Rücken trug. Sie stellte ihn vor sich ab, hockte sich hin und griff nach der Feldflasche, die sie im Wald noch am Fluss Tangros aufgefüllt hatte. Während sie das tat, krabbelte ein Skorpion über den Sandhügel. Sie stutzte und betrachtete das kleine Tier. Gefahr ging von diesem kleinen Wesen aus, denn ein einziger Stich würde sie erst lähmen und schließlich hier draußen im Nirgendwo dahinraffen. Trotzdem hefteten sich die dunklen Augen auf das Tier. Soraya spürte, wie sich ihr Puls beschleunigte. Sie fühlte, dass das Adrenalin durch ihren Körper floss und streckte tatsächlich langsam ihre Finger nach dem Tier aus. Der Skorpion hielt im Schatten ihrer Hand inne. Die Sonne brannte, trotz des noch recht milden Klimas. Einen Moment verharrten Soraya’s Finger und auch das Tier. Ihre Hand schwebte wie ein Schattenspender über dem Arachnoiden. Die Scheren klackten bedrohlich auf und zu. Man wartete lauernd ab, was der jeweils andere wohl tun würde. Soraya starrte wie gebannt auf das Spinnentier und hob schließlich langsam das Kinn an. Es war faszinierend, dass so etwas Kleines, so gefährlich sein konnte. Sie spürte, wie sie die Finger sebken wollte. Wie sie die Gefahr, gestochen zu werden elektrisierte. Ihre Finger senkten sich weiter. Näher an den giftigen Stachel, den das Tier nun angriffslustig erhob, um sie zu warnen. Soraya hielt abermals inne. Als er sich sicher fühlte und weiter in Richtung ihres Schuhs krabbeln wollte, zog sie die Hand zurück und der Skorpion stach in Erwartung eines Angriffs zu, verfehlte sie jedoch. Soraya erhob sich und blickte zum Raubvogel hinauf, der seine Runden über ihrem Kopf zog. Sie schnaubte, packte ihre Flasche wieder ein, schulterte den Rucksack und wandte sich vom Skorpion, der verharrte, ob er noch einen Angriff zu fürchten hatte, ab. Sobald sie einige Schritte zwischen sich und ihn gebracht hatte, stieß der Raubvogel zur Erde hinab und tötete den Skorpion.
Soraya lächelte kühl, als sie einen Blick über ihre Schulter warf. „Du schuldest mir was! Und ich vergesse das nicht!“, murmelte sie dem Vogel zu und folgte schließlich dem direkten Weg auf das Tor zu.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Samstag 20. Juli 2024, 17:07

Der staubige Untergrund wirkte lebensfeindlich und düster. Mit jedem Windzug schien der Feinstaub des Sandes aufgewirbelt zu werden, den man gezwungen war mit einzuatmen. Nein, es gab mit Sicherheit schönere Orte auf Celcia, als diesen! Mit Sorayas Heimat Hymlia war dieses Fleckchen nicht im Entferntesten zu vergleichen. Hoch oben in den Wolken war sie geboren und aufgewachsen. Dort hatte sie vor vielen Jahren ein Leben gehabt – Träume und eine große Liebe. Doch von alldem war nichts mehr übrig! Die glücklichen Seiten ihrer Lebensgeschichte waren brutal herausgerissen worden und hatten ihre Seele blutend und voller Schmerzen zurückgelassen. Die Soraya von damals war gestorben… zumindest fühlte es sich für die junge Frau so an. Mit dem Tod ihres Ravan hatte man alles Lebendige aus ihr getilgt. Tod hätte auch sie holen sollen, doch nicht einmal diesen Dienst hatte man ihr gewährt! Und so war sie verdammt weiterzumachen – obwohl ihr Herz und ihre Seele dahinvegetierten, wie faulende Pflanzen.
Dass sie hier stand war alleine ihr Verdienst! Denn es gab eine Sache, die ihrem Leben noch Antrieb gab – und das war Rache! Soraya war früher ein Mensch gewesen, der kaum einen schlechten oder nachtragenden Gedanken gefasst hatte. Doch auch der freundlichste Mensch konnte lernen sich zu verändern. In ihrem Fall war es das Einzige, was sie noch ausmachen wollte.
Soraya war tief gefallen. Wie ein Vogel, dem man die Flügel ausgerissen hatte, war sie sogar aus ihrer Heimat verstoßen worden, obwohl sie nichts als Gerechtigkeit gefordert hatte. Sie wollte Vergeltung für den Tod Ravans! Doch niemand konnte ihr Handeln verstehen- niemand, selbst ihre Eltern wendeten sich von ihr ab, als sie sich der Ritualmagie zuwandte, um den Mörder ihres Lebens ausfindig zu machen: einem Dämon!
In Hymlia hatte man Dämonen nur aus Büchern und Geschichten gekannt. Bis Ravan zu einem Wirt geworden und von diesem wortwörtlich zerrissen worden war. Vor Sorayas Augen – bis dieser verschwunden war. Hinab auf Celcias Boden!
Und genau dort befand sie sich nun. Die junge Frau hatte alles hinter sich gelassen und aufgeopfert. Ihr einziger Lebenssinn bestand nur noch daraus den Dämon aufzuspüren, diesen zu fangen und auf die qualvollsten Weisen leiden zu lassen. All ihre Gedanken drehten sich nur doch darum. Es war ihr größter Antrieb und hatte dafür gesorgt, dass sie, die bis dahin noch nie auf Celcias Grund gewesen war, nun seit über 8 Jahren der unbekannten Welt die Stirn bot, sich orientierte und durchkämpfte. Manch anderer Bodenbewohner hätte auf ihrem Weg ein Ende gefunden. Doch nicht Soraya! Sie hatte alles getan, was nötig war, um zu überleben und klar zu kommen. Sie hatte gelernt hier unten zu überleben, sich zu verteidigen und sich dafür eine Skrupellosigkeit angeeignet, die dafür vermutlich bitternötig gewesen war. Es widersprach all dem, was sie vorher war, doch hatte es sie schlussendlich bis hierher gebracht: vor Dessarias Tore!

Soraya war bereits an vielen Orten gewesen und immer der nächstbesten Spur gefolgt, die auf den Dämon hätte hinweisen können. Doch bisher war es ihr nie gelungen, diesen ausfindig zu machen. Sie hatte andere Ritualmagier gefunden, von ihnen gelernt und so andere – niedere Dämonen beschwört, um Antworten zu erhalten. Doch egal wie grausam sie diese Wesen behandelt und gequält hatte – sie hatte kaum einen Hinweis auf ihn erhalten. Dem Dämon, von dem sie nicht einmal den Namen kannte! War das ein weiterer grausamer Scherz des Lebens? Dass sie nichts in der Hand hatte – nicht einmal den Namen des Mörders ihres Mannes? Kein Wunder, dass sie den Glauben an alles – selbst die Götter verloren hatte. Doch das würde nichts ändern – sie würde Antworten finden! Ihr Wille nicht aufzugeben war so unauslöschlich, wie der Harax – der Antrieb der Rache so groß, dass sie vermutlich noch über den Tod hinaus weitersuchen würde.

Ihr letzter längerer Aufenthalt in einer Stadt war im Reich der Nachtelfen gewesen. Dort hatte sie in der Dunkelschenke einige Geschichten und Erzählungen aufgeschnappt, die merkwürdige Vorkommnisse in den Mienen Dessarias beschrieben. Und all diese, was sie mit ihrer bisherigen Erfahrung beurteilen konnte, wiesen auf Machenschaften eines dunklen Wesens oder Dämons hin.
Soraya bat nicht die Götter darum, dass es so war. Diese Gestalten bedeuteten ihr nichts mehr, denn sie taten nichts! Zeigten sich nicht – erhörten einen nicht! Diese Gedanken und den Atem würde sie sich in Zukunft sparen.
Ihr Ziel war klar – sie würde nach Dessaria reisen, sich dort umhören und dann den Ort der Übergriffe aufsuchen. Laut allem, was sie wusste, war Dessaria ein sicherer Ort und die Bewohner alle mehr als geschickt in handwerklichen Tätigkeiten. Dass es in einem der Bergwerke immer wieder zu merkwürdigen Vorfällen – Todesopfern und Unfällen kam…war mehr als merkwürdig.

Nach mehreren Wegstunden erreichte sie das monumentale Steintor, das, wie nicht anders zu erwarten war, gut bewacht wurde. Eine Reihe von Händlern und anderen Reisenden wartete mit ihr auf Einlass, doch nicht alle erhielten Zugang. Auch hier benötigte man einen Passierschein, um in das Innere der Stadt vordringen zu können.
Soraya hatte in den letzten 8 Jahren ihres Lebens viel gelernt und sich Wege eröffnet, um an eben solche Passierscheine zu kommen. Ihre Methoden waren nicht immer leutselig gewesen, ihre Vermittler zwielichtiger Gestalt. Doch der Zweck heiligte die Mittel – und solange sie an ihr Ziel kam, war ihr alles andere egal!
So kam sie nicht unvorbereitet an das Tor und als sie an der Reihe war, betrachtete ein skeptisch dreinblickender Mann von maximal 1,55m Größe das Stück Papier in seinen Händen, das sie ihm übergeben hatte.
„Ich habe dich noch nie gesehen…!“, murmelte der Mann und wanderte mit seinen kleinen grauen Augen, die hinter einer Halbmondbrille lagen, zwischen dem Dokument und ihr hin und her. Dann jedoch zuckte er mit den Schultern. Er hob ein schweres Siegel mit dem Stadtwappen hoch und stempelte den Passierschein ab, so dass der Druck sich in einer blauen Farbe vom Rest des Inhalts abhob.
„Trag dich dort ein Liebes! Willkommen in der Bergstadt Dessaria!“

Damit erhielt sie Zugang und würde sich bereits ein paar Meter weiter in einem vielbelebten Teil der Stadt wiederfinden. Direkt bei dem Tor war der große Marktplatz und bot somit den Händlern, die teils quer durchs Lande ziehen mussten, zumindest innerhalb der Stadt einen kurzen Weg. Die Architektur der Stadt war imposant und beeindruckend. Der größte Teil der Gebäude bestand aus demselben Stein des Berges, an den die Stadt mündete. Viele Gebäude und so auch Stockwerkhohe Ebenen waren in eben diesen hineingearbeitet worden. Das kaltgraue Gestein verlieh der ganzen Stadt eher eine kühle Optik. Doch würde man sich ein wenig länger hier aufhalten, würde man merken können, dass dafür die Herzlichkeit der Menschen hier umso stärker und größer war!
Bereits jetzt schon drangen fröhliche Gelächter an Sorayas Ohren, denn einige Stadtkinder tollten über den Marktplatz. In einer Ecke, neben einem fahrbaren Stand, an dem vermutlich verschiedenste Mets, Biere und auch Weine Ausschank fanden, standen einige Männer, die sich heiterer Konversation widmeten.
Ob die gute Stimmung bis zu Soraya drang war fragwürdig. Sie konnte sich zwar den Situationen entsprechend verhalten und auch Stimmungen vorgeben, doch in sich selbst spürte sie keinen Drang nach freudigem Miteinander. Das Einzige, was sie suchte waren Informationen! Vielleicht wurde sie hier auf dem Marktplatz bereits fündig. Oder sie suchte sich die nächste Taverne und fragte dort nach. Vermutlich würde sie sich so oder so eine Unterkunft mieten müssen, denn wenn die Gerüchte der Wahrheit entsprachen, dann würde sie sicher mehr als einen Tag verweilen. Einen Dämon fand man immerhin nicht so schnell und einfach.
Es gab viele Möglichkeiten für sie. Doch eine bot sich ihr bereits von ganz alleine:
„Hübsches Fräulein! Bist du das erste Mal in Dessaria?“, fragte ein ungefähr 9-jähriger Junge mit schwarzzerzausten Haaren. Er besaß große blaue Augen und ein Grinsen das freundlich, aber auch ein wenig frech war. Er trug pragmatische Kleidung, die weder abgewetzt noch sauber aussahen. Der Junge schien aus einer ganz normalen Schicht zu kommen und sich lediglich ein paar Kupferlinge nebenbei verdienen zu wollen.
„Für drei Füchse führe ich dich den ganzen Tag herum! Ich kenne mich hier aus und kann dir die besten Orte zeigen und dich vor allen Besucherfallen bewahren, die hier so lauern! Mit mir wirst du sicher günstiger durch die Stadt kommen!“, versprach er und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf, sah sie erwartungsfroh an.
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Soraya Valor » Sonntag 21. Juli 2024, 15:48

Soraya fiel tatsächlich auf, dass hier kaum ein Pflänzchen wuchs. Die Umgebung bot kaum genug Wasser, sodass sich nichts wirklich kultivieren wollte. Die Rothaarige dachte darüber nach, während der Sand unter ihren dunklen Stiefeln knirschte. Es hatte ganz zu Anfang eine Zeit gegeben, da war sehr anfällig für all das Schöne und Unbekannte am Boden gewesen. Sie erinnerte sich, während sie Schritt um Schritt ihrem Ziel näherkam, dass sie aus dem Staunen kaum herausgekommen war, nachdem sie Hymlia verlassen hatte. Das Atmen hier war ihr etwas schwerer gefallen, ebenso das Laufen. Es war… anders als dort oben in den Wolken. Aber das hatte sich ganz nebenbei reguliert. Was sie wirklich beeindruckt hatte, war die Farbenvielfalt. In Hymlia gab es lediglich weiß und silber, manchmal blau oder grün. Es waren kühle Farben vorherrschend, doch hier? Satte Brauntönte, Gelb, Magenta, Gold und Rot… Die schiere Vielfältigkeit hatte sie beinahe abgelenkt von dem, was sie eigentlich mit dem Verlassen ihrer Heimat hätte bezwecken wollen. In dieser Zeit, direkt am Anfang, war sie sehr verletzlich gewesen. Sie hatte ihren Mann verloren, die schiere Liebe ihres Lebens. Nicht plötzlich! Nein, über Monate hatte sie mitansehen müssen, wie er ihr entglitt und sie ihn einfach nicht festhalten konnte. Soraya hatte eine sehr dunkle, schlimme Zeit hinter sich. Sie war nicht gefeit vor Einflüsterungen, Niedertracht und dergleichen. Sie hatte sich am Boden ihres Lebens befunden und sich aus der Kloake emporgekämpft. Nun… zumindest schaute sie mit emporgerecktem Kinn aus diesem Morast heraus und weigerte sich, ganz zu versinken. Heute aber betrachtete sie die nach wie vor faszinierende Flora und Fauna Celcia’s mit… kühlen Augen.
Das einstige Blau war nicht länger erfüllt von Staunen und Neugierde. Es war trüb geworden für die ihrem Volk innewohnende Begeisterungsfähigkeit. Soraya wurde verstoßen für ihren Ehrgeiz und mit dem fehlenden Rückhalt, dem fehlenden Sicherheitsnetz, entwickelte sie sich zu einer Person, an die man nicht gerne herantreten wollte. Sie strahlte nichts Liebliches aus, obwohl ihr Äußeres sich diesem Reiz der Hymlianer nicht erwehren konnte. Noch immer besaß sie dieses wundervolle Aussehen, das Charisma, wenn sie bloß den Mund geschlossen hielt. Sie selbst gab darauf nichts mehr. Sie setzte es ein, wenn es nötig wurde, aber sie bildete sich darauf nichts mehr ein. Soraya lauschte dem stoischen Knirschen des Sandes. Konzentrierte sich darauf und zog sich ein Halstuch über den Mund, um den Staub nicht einatmen zu müssen. Die Sonne war inzwischen nichts mehr, das ihren Blick empor lockte. Sie bevorzugte eher das triste Grau der Regenwolken oder die pechschwarze Nacht. Anfangs hatte sie noch die feine Porzellanhaut in die Sonne gehalten, um etwas Wärme in ihrem Leben zu spüren, nachdem sie von allem verlassen war. Doch heute?

Die Rothaarige ließ sich von den Widrigkeiten nicht abhalten und als sie auf das Tor zuhielt, musterte sie es einmal von oben bis unten. Es war… beeindruckend! Nicht, dass sie so eine Emotion fühlte, aber allein ihre Volkszugehörigkeit erinnerte sie dann und wann daran, dass sie neugieriger, wissbegieriger Herkunft war. So fiel ihr durchaus das technisch meisterlich geschaffene Tor auf und auch die Stadtmauer an und für sich war überragend. Keine Frage, wohnten hier die Baumeister, die man auch hier hin verortete. Soraya aber richtete ihre Aufmerksamkeit auf das, was vor dem Tor passierte. Sie sah die Einlasskontrollen und zog sich das Halstuch wieder vom Gesicht. Dann reihte sie sich in diejenigen ein, die das Tor durchschreiten wollten und fingerte aus der Innentasche ihres Mantels ein Stück geknittertes Pergament hervor. Jenes überreichte sie dem Mann mit Halbmondbrille zwischen zwei Fingern und wartete stumm ab. „Ich habe dich noch nie gesehen…!“ Sie hob eine feingeschwungene Augenbraue, ließ den dunkelblauen Blick betont über das Bauwerk der Stadtmauer wandern und verzog den Mund. „Ist Dessaria denn bekannt dafür, dass die Leute mehr als einmal herkommen wollen?“, fragte sie nüchtern und ihre Haltung ließ nicht erkennen, ob sie einen Scherz oder eine Beleidigung ausgesprochen hatte. Sie ließ sich weiterhin überprüfen und war sich absolut sicher, dass sie Einlass bekäme. Die Arbeiten ihres Vermittlers diesbezüglich war tatsächlich vertrauenswürdig, solange man auch bezahlte. Er wusste, dass zufriedene Kundschaft auch nachhaltige Kundschaft war. Und wer einmal ein Dokument hatte bei ihm fälschen lassen, würde gewiss irgendwann wieder in diese Verlegenheit kommen. So machte sich Soraya keine Gedanken und erhielt Recht, als der Kleine ihr den Einlass gewährte.
„Trag dich dort ein Liebes! Willkommen in der Bergstadt Dessaria!“ Die Rothaarige hielt in ihrer Bewegung inne und warf dem gute 20cm kleinerem Mann noch mal einen Blick zu. ‚Liebes‘ hatte sie schon sehr, sehr lange niemand genannt. Kurz lag ihr eine äußerst spitze Bemerkung auf der Zunge, doch Soraya hatte, was sie wollte. Sie musste keinen Kleinkrieg vom Zaun brechen, nur weil sie sich über ein banales Wort ohne Bedeutung echauffierte. So nickte sie dem Halbmond-Mann zu und ließ dies als Dank stehen. Schließlich trug sie sich in das kleine Buch ein, an dem jeder das Datum, Namen und Grund der Reise einfügte. Soraya kritzelte Datum und den Namen ‚Soraya‘ in das Buch, beim Grund aber war sie sich nicht zu schade zu lügen. ‚Einen alten Freund besuchen‘, gab sie an und musste innerlich hämisch grinsen, weil man das so gesehen auch gelten lassen könnte, sollten die Gerüchte wahr sein. Wobei ‚Freund‘ doch äußerst zynisch war. Jetzt aber folgte sie einigen anderen im Schwung durch das gewaltige Tor und hob einmal den Kopf, als sie hindurchtrat. Man kam sich schon bedeutend kleiner vor, wie musste es dann erst diesen doch recht kleinwüchsigen Vertretern ihres Volkes gehen? In der Stadt blieb Soraya einmal stehen und begutachtete die Situation hier.

Sie befand sich direkt auf dem Marktplatz, sortierte ihre Sinne und betrachtete das Treiben genauer. Kinderlachen, herzliches Geplänkel und ein freundlicher Ton schienen hier vorzuherrschen. Allerdings konnte sie dem Stadtbild etwas abgewinnen. Es war… schnörkellos, raubeinig und … grau. Ihr gefiel es, wenn sie ehrlich sein müsste. Der Berg war gewaltig und Dessaria aus diesem entstanden. Das kantige Gestein, die gräuliche Farbe, das nüchterne Bild waren Dinge, die ihr inzwischen eher lagen als eine bunte, grelle Zuflucht, wie Shýana Nelle. Auch wenn sie dort nur sehr kurz gewesen war. Soraya machte zwei weitere Schritte in die Stadt hinein und betrachtete einmal jede Richtung. Dann wurde sie plötzlich angesprochen: „Hübsches Fräulein! Bist du das erste Mal in Dessaria?“ Sie musterte den Schwarzhaarigen einmal von Kopf bis Fuß und engte prüfend die Augen. Sein Gesicht wirkte wachsam, ein wenig Verschlagenheit konnte sie ihm nicht absprechen und dennoch wirkte er in diesem Moment aufrichtig bemüht, sich ein paar Münzen zu verdienen. „Für drei Füchse führe ich dich den ganzen Tag herum! Ich kenne mich hier aus und kann dir die besten Orte zeigen und dich vor allen Besucherfallen bewahren, die hier so lauern! Mit mir wirst du sicher günstiger durch die Stadt kommen!“ Soraya verschränkte die Arme, während sie sich ihm nun ganz zuwandte. „Drei Füchse?“, runzelte sie die Stirn. „Den ganzen Tag?“, hakte sie nach. Sie hatte die Augen prüfend auf ihm und taxierte noch mal seine Kleidung. Er schien es nicht wirklich nötig zu haben, aber vermutlich war es gang und gäbe, dass sie sich die Taschen mit Tourismus aufbesserten. Soraya’s Blick wanderte über die Stadt. Daraufhin blickte sie den Jungen wieder direkt an und kramte einige Füchse hervor. „Ich gebe dir 5 Füchse, wenn du den Quatsch mit dem Herumführen lässt und mich gleich zu den Minen bringst!“, bot sie an und musterte ihn. „Eine Hälfte jetzt, die andere später!“, fügte sie noch an und wartete ab, ob er sich darauf einlassen würde.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Samstag 27. Juli 2024, 16:07

Soraya erhielt, dank des gefälschten Passierscheins, ohne Probleme Zugang zur Stadt und wurde dort direkt von der heiteren und raubeinigen Herzlichkeit der Dessarier konfrontiert. Man musste sich nur umsehen, die Leute beobachten und ihnen zuhören, um zu erkennen, dass diese Menschen ein sehr herzliches Volk waren. Man musste ihre Art zwar zu nehmen wissen, aber wenn man dies konnte und offen war, würde man ohne größere Schwierigkeiten Freunde finden können. Doch an solchen zwischenmenschlichen Beziehungen war Soraya nicht interessiert. Sie war nicht in die Stadt gekommen, um die imposanten und aus dem Berg entstandenen Steinbauten zu bewundern oder hübsche Kristalle und Edelmaterialien zu erwerben. Ihr Ziel lag in den Mienen – jedoch war es ein anderes, als es wohl die üblichen Touristen der Stadt hatten.
Soraya verfolgte eine Spur, die sie vielleicht zu dem Dämon führen würde, der ihren Mann auf dem Gewissen hatte. Obwohl es fraglich war, ob dieses Wesen überhaupt ein Gewissen besaß! In ihren Augen waren Dämonen grausame und brutale Existenzen, die nie nach Celcia hätten gelangen dürfen. Der Harax war ihr Reich und dort sollten sie alle bleiben und hoffentlich verrotten. Doch diesen Gefallen taten sie ihr nicht – auch wollte das Leben nicht harmonisch und ohne Einschnitte verlaufen.
Der einzige Gedanke, der sie gefühlt am Leben erhielt war Rache. Sie ergötzte sich an Vorstellungen, wie sie besagten Dämon quälen und ihn für alles zur Rechenschaft ziehen würde, was er ihr und Ravan angetan hatte.

Ohne die natürliche Begeisterungsfähigkeit, die sie früher einmal besessen hatte, ließ Soraya ihren Blick über den Marktplatz schweifen. In ihren Augen fehlte jegliches Funkeln, das darauf hinweisen könnte, dass ihr etwas gefiel, obwohl sie dem Antlitz und dem Farbspiel der Stadt durchaus etwas abgewinnen konnte. Der Rest schien sie jedoch nicht zu interessieren. Sie wollte sofort einen Weg zu den Mienen finden – wurde dann allerdings plötzlich von einem schwarzhaarigen Jungen aufgehalten. Dieser bot ihr eine lukrative Stadtführung an, die nicht unbedingt teuer war, wenn man bedachte, dass er den ganzen Tag an ihrer Seite verbringen würde. Doch ihr konnte es im Grunde recht sein. Allerdings sah sie keinen Wert darin sich stundenlang durch die verschiedenen Viertel schleifen zu lassen, wo sie die Stadt nicht wirklich interessierte. Aus diesem Grund machte die Rothaarige einen Gegenvorschlag:
„Ich gebe dir 5 Füchse, wenn du den Quatsch mit dem Herumführen lässt und mich gleich zu den Minen bringst!“ Überrascht sah der Junge zu ihr empor. Offenbar hatte er nicht mit dieser geschäftlichen Härte aus ihrem Mund gerechnet, da ihr Äußeren noch immer sehr lieblich wirkte.
„Die Mienen?“, fragte er nach und ließ seinen Blick nach links zu den höheren Plateaus schweifen.
„Eine Hälfte jetzt, die andere später!“, fügte sie noch an und wartete dann, ob der kleine Dessarier sich auf diese Änderung einlassen würde. Lukrativ war das Angebot immerhin, wenn er dadurch mehr Münzen für weniger Zeit erhalten würde. Dennoch konnte man sehen, wie sich seine Stirn leicht runzelnd zusammenzog.
„Die Mienen können gefährlich sein Fräulein! Ich kenne aber eine, die in eine Tropfsteinhöhle mündet. Dort lassen sich auch allerhand hübsche Quarze und Kristalle finden und sie ist weit genug entfernt von…“, er unterbrach sich, räusperte sich kurz und unterbreitete ihr dann mit einem geschäftigen Lächeln das Angebot – ohne zu ahnen, dass sie keine Touristin war, die es auf solche Gegenstände abgesehen hatte. Wie sollte er auch? Er konnte auch nicht wissen, dass Soraya es auf eine ganz bestimmte Miene abgesehen hatte. Immerhin gab es hier in den Bergen mehr, als nur eine!
Der Junge rieb sich die sommergesprosste Nase. „In Ordnung! Ich bringe euch in die Westmiene zur Quarzgrotte. Mein Name ist übrigens Arion. Ihr seid bei mir in guten Händen! Ich kenne mich besser in Dessaria aus, als der Bürgermeister!“ Und damit hielt er ihr die geöffnete Handfläche entgegen, um den ersten Teil seines Lohnen einzusammeln. Sein jungenhaftes Gesicht zierte ein lausbubenhaftes Grinsen, das dennoch nicht daran zweifeln ließ, dass er seinen Teil der Abmachung erfüllen würde.
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Soraya Valor » Montag 29. Juli 2024, 10:44

Hymlianer besaßen eine natürliche Neugierde, die sie offen und aufgeregt in die Welt blicken ließ. Sie war der Antrieb für das Sammeln von Informationen, die sich daraufhin verschriftlicht in ihrer Bibliothek sammelten. Soraya selbst hatte früher einmal eine Affinität dazu besessen, nicht zuletzt, weil Ravan sich dafür interessierte. Seine Geschichten von dem Boden waren für Soraya fantastisch und abenteuerlich und sie hörte ihm früher oft zu, hing förmlich an seinen Lippen. Sie besaß zahlreiche Erinnerungen daran, wie sie gemeinsam in dem großen, gemütlichen Sessel saßen, er durch ihr Haar strich und sie ihm lauschte. Aber diese Erinnerungen aus einer schönen, harmonischen Zeit, drangen nicht zu ihr durch, während sie Dessaria musterte. Reichlich unaufgeregt betrachtete sie die Herzlichkeit der Menschen, musste aber anerkennen, dass ihr die schlichte Optik durchaus zusagte. Womöglich hätte das die Soraya von damals anders empfunden, doch die gab es nicht mehr. Nicht, wenn man Soraya selbst fragte. So fehlte das Funkeln, das Faszinierte in den dunkelblauen Augen und in ihrer Mimik spiegelte sich nichts wider. Soraya wandte erst den Kopf, nachdem sie angesprochen wurde. Ihr Blick fiel auf den schwarzhaarigen Jungen, der mit wachen Augen und einer Spur Frechheit aufwartete. Sie wandte sich ihm gänzlich zu als er einen Handel eingehen wollte. Die rothaarige Hymlianerin aber musterte den Jungen lediglich abwägend. Sie brauchte gewiss keine Stadtführung mit anekdotischen Geschichten, die allesamt nur der halben Wahrheit entsprangen. Sie besaß kein Interesse daran, sich von ihm irgendwelche Souvenirläden oder Handwerksgassen aufzeigen zu lassen. Sie war keine Touristin, sie war aus gänzlich anderen Gründen hier. Und dem Jungen musste das auch klarwerden, als sie ihr Gegenangebot verlauten ließ.

„Die Mienen?“ Sie nickte schlicht und bestätigte, dass er richtig gehört hatte. „Die Mienen können gefährlich sein Fräulein! Ich kenne aber eine, die in eine Tropfsteinhöhle mündet. Dort lassen sich auch allerhand hübsche Quarze und Kristalle finden und sie ist weit genug entfernt von…“ Soraya trat von einem Fuß auf den anderen, verlagerte ihr Gewicht und verschränkte ablehnend die Arme. Ihr war nicht entgangen, dass er einen Teil seines Satzes verschluckte, und weiterhin ruhten die Augen auf seinem Gesicht. Offenbar gab es etwas, das der Junge ihr nicht sagen wollte. Nun – auf das Meiste aus seinem Mund konnte sie gewiss getrost verzichten, aber vielleicht wusste er auch noch das eine oder andere zu ergänzen. „In Ordnung! Ich bringe euch in die Westmiene zur Quarzgrotte. Mein Name ist übrigens Arion. Ihr seid bei mir in guten Händen! Ich kenne mich besser in Dessaria aus, als der Bürgermeister!“, willigte er schließlich ein. Wie könnte er auch nicht? Sie bot mehr Geld für weniger Zeit, er wäre ein Narr, wenn er das Geschäft nicht einging. Als er ihr die flache Hand entgegenstreckt, fiel ihr Blick darauf. Noch immer hatte sie die Arme verschränkt und machte bislang keine Anstalten, ihm den Lohn zu zahlen, wie verabredet. So ganz wirkte Soraya noch nicht zufrieden mit ihrer Übereinkunft. Also wanderte ihre Hand nicht zu ihrem Geldbeutel, sondern die Augen taxierend zurück in das Gesicht des Jungen Arion. Sie schüttelte die roten Haare, die sie sich zu einem Zopf gebunden hatte. Rein praktisch sollte er sein, weniger Zier. Soraya besaß ihre natürliche Schönheit der Hymlianer, das würde sie vermutlich niemals ganz entstellen. Aber sie achtete längst nicht mehr über Gebühr darauf, sich auszustaffieren. Früher hatte sie Perlen, Kettchen und leichte, farbenfrohe Stoffe bevorzugt. Jetzt trug sie praktische Kleidung, ohne darauf zu achten, dass sie zueinander passten oder ihr gar schmeichelten. Sie hatte den Blick dafür verloren und gegen eine gewisse Härte getauscht.
„Nicht so schnell, Junge“, sprach sie ihn an, den Namen ignorierend. „Mich interessieren keine Quarze, keine Kristalle und Tropfsteinhöhlen“, erklärte sie sachlich und achtete darauf, dass er sie nun richtig verstand. „Ich will genau dorthin, wovon du offensichtlich ‚weit genug entfernt‘ sein möchtest.“ Sie trat näher an Arion heran und neigte sich ihm etwas entgegen. Ihre Stimme wurde leiser, aber nicht minder klar. „Ich habe gehört, dass es in einer eurer Minen zu… Vorfällen kommt. Unerklärlichen, vielleicht tragischen – was weiß ich. Vorfälle eben. Ich möchte genau dort hin, hast du mich verstanden?“, raunte sie, ehe sie sich aufrichtete, einen halben Schritt zurücktrat und ihn musterte. „Kannst du das leisten? Dann bekommst du dein Geld. Wenn nicht, sag es jetzt und verschwende nicht meine Zeit. Ich brauche keinen kleinen Halsabschneider, der nicht zu seinem Wort stehen kann!“ Ihre Worte waren harsch und gewiss nicht einem Kind gegenüber gerecht, aber das Leben war eben auch nicht gerecht. Sie schlossen einen Handel und Arion durfte feststellen, dass sie knallhart verhandelte. Sie brauchte keinen Schnickschnack, keinen Nippes. Effizienz reichte ihr und wenn er seine Sache zu ihrer Zufriedenheit machte, dann würde er auch entlohnt werden. Aber sie zahlte nicht für etwas, das sie gar nicht benötigte. „Du zeigst mir die Mine, die ich suche, dann bist du aus diesem Vertrag entlassen.“, sie wedelte mit ihrer Hand in seine Richtung. „Und kannst wieder kitschigen Ramsch an den nächsten aufgeregten Stadtbesucher verscherbeln.“ Ihre Haltung machte deutlich, dass sie nicht weiter verhandeln würde. Sollte Arion sich damit nicht arrangieren können, würde Soraya ihre fünf Füchse einbehalten und sich jemand anderes suchen. Er konnte schließlich froh sein, dass sie überhaupt noch mal nachverhandelte. Vielleicht hatte sie heute einen guten Tag.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Montag 29. Juli 2024, 19:17

Für den Jungen Arion schien alles geklärt, denn für die Feinheiten ihrer Mimik war er offenbar noch zu unbedarft, um sie zu erkennen. Daher sah er sie auch nur erwartungsfroh an und hielt die Hand weiter geöffnet.
Erst als Soraya mit dem Kopf schüttelte, schien er zu bemerken, dass sie sich doch nicht einig geworden sind, was dem Jungen eindeutig ein Rätsel war. Verwundert verzog er die Augenbrauen und blinzelte, während er die Hand zurückzog.
„Nicht so schnell, Junge“, begann sie, wurde aber direkt unterbrochen. „Arion!“, wiederholte der Dessarier seinen Namen und verschränkte in einer, offenbar für ihn typischen Pose die Arme hinter dem Kopf.
„Mich interessieren keine Quarze, keine Kristalle und Tropfsteinhöhlen“, erklärte sie weiter sachlich, woraufhin sie erneut ein etwas verwunderter Blick des Jüngeren traf.
„Nicht?“, fragte er nach, denn offenbar hatte er fest damit gerechnet, dass sie eine dieser Besucherinnen der Stadt war. Eine gewisse Neugierde blitzte in seinen blauen Augen auf, mit denen er Soraya nun noch einmal von Kopf bis Fuß musterte.
„Ich will genau dorthin, wovon du offensichtlich ‚weit genug entfernt‘ sein möchtest.“ Soraya war ihm sehr nah gekommen und senkte die Stimme, als sie weitersprach. „Ich habe gehört, dass es in einer eurer Minen zu… Vorfällen kommt. Unerklärlichen, vielleicht tragischen – was weiß ich. Vorfälle eben. Ich möchte genau dort hin, hast du mich verstanden?“ Während sie einen Schritt zurückmachte, konnte sie erkennen, wie sich Arions Mimik verändert hatte. Er schien etwas blasser um die Nase und der kesse Ausdruck war völlig verschwunden. Er hob den Blick und… ja er sah die junge Frau an, als wäre sie vollkommen aberwitzig!
„...“, langsam senkte er seine Arme und trat einen Schritt von seiner Kundschaft fort. „Du hast davon gehört und willst doch dahin? Das ist kein einfacher Grottenolm, der in einer Mine Unfug treibt…Fräulein!“, erwiderte der Junge, der nun einen deutlich ernsteren Ausdruck zur Schau trug. Gleichzeitig schien er zu erkennen, dass sich Soraya dem bewusst war.
„Kannst du das leisten? Dann bekommst du dein Geld. Wenn nicht, sag es jetzt und verschwende nicht meine Zeit. Ich brauche keinen kleinen Halsabschneider, der nicht zu seinem Wort stehen kann!“ Ihre Worte waren wirklich harsch, doch sie schienen ihn weniger zu treffen, als dass sie seinen kessen Ausdruck wieder zum Vorschein brachten. Obwohl er noch sehr jung war, schien Arion Erfahrung im Verhandeln und Geschäftemachen zu haben – wenn auch nur in seinem kleinen Rahmen.
„Pah!“, rief er trotzig aus und warf sich in die kleine Brust. „Wen nennst du hier Halsabschneider?“, fragte er herausfordernd und schien weit mehr darauf aus sich mit ihr anzulegen, als die Fliege zu machen. Obwohl er sicher schnell einen anderen und zugänglicheren Kunden gewinnen könnte.
„Du zeigst mir die Mine, die ich suche, dann bist du aus diesem Vertrag entlassen. Und kannst wieder kitschigen Ramsch an den nächsten aufgeregten Stadtbesucher verscherbeln.“ Erneut brachten ihre Worte den Jungen zum Schnauben. Soraya war eine harte Persönlichkeit geworden, doch sie strebte auch einfach nur nach dem effizientesten Weg, ohne große Umwege und Ablenkungen. Für zwischenmenschliche Gefühle besaß sie offenbar keinen Platz mehr im Herzen!
Arion musterte sie eine Weile trotzig, dann rieb er sich durch das schwarze Haar, sah in die westliche Richtung des Berges.
„In Ordnung – aber das wird dich ein Sümmchen Extra kosten! Ich will 6 Füchse!“, forderte er und streckte die Hand aus. „Das gesamte Gebiet ist gesperrt! Ohne mich wirst du bereits an der ersten Wegsperrung scheitern. Aber das wirst du eh, sollte ich gleich nichts anderes zu tun bekommen, als den Wachen dort drüben von dem Vorhaben der rothaarigen Fremden zu erzählen! - Ich hoffe du bist Schwindelfrei, Fräulein~!“ Dieses Mal sprach er das Fräulein nicht mehr ganz so höflich aus. Arion schien eine gehässige Seite zu haben, die er nun durchblitzen ließ. Im Grunde, sollte Soraya keine Schwierigkeiten und Umwege bekommen wollen, würde sie wohl oder übel auf den Handel mit dem Frechdachs eingehen müssen!
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Soraya Valor » Dienstag 30. Juli 2024, 14:55

Dass der Junge vielleicht noch nicht die Lebenserfahrung besaß, wie es Soraya ihr Eigen nennen konnte, kümmerte sie nicht. Er war immerhin auf sie zugekommen, hatte das Feilschen angefangen und wollte seine Dienste anbieten. Darum gebeten hatte sie nicht und so würde sie auch nicht aus einem Impuls heraus etwas für den Jungen lockermachen, wenn er nicht den Job erfüllte, den sie wollte. Arion – wie er so treffend noch mal bemerkte – schien ehrlich davon überrascht zu sein, dass sich die hübsche Rothaarige so gar nicht für seine Steinchen interessierte. Als er nachfragte, schüttelte sie knapp den Kopf und hob die Augenbrauen an. Natürlich nicht! Es war nicht ihr Versagen, dass er sie auf etwas reduzierte, was sie nicht verkörperte! Dass er sie nun mit einer anderen Neugierde musterte, ließ sie kommentarlos zu, doch das bedeutete nicht, dass sie nun Freunde wurden. Soraya verhandelte nach, was eher ein positiver Tag für Arion werden würde, denn für sie. Die Rothaarige würde gewiss auch anders an ihr Ziel gelangen, aber sie nutzte auch gern die Möglichkeiten, die sich ihr so unverhofft auftaten. Vorausgesetzt… er entpuppte sich nicht als Schwachkopf. Ihre Ansage schien dennoch Eindruck zu machen. Arion wirkte etwas käsig im Gesicht, während sie offen ansprach, was sie nach Dessaria brachte. Der Junge hatte offensichtlich kein gesteigertes Interesse daran, sie dorthin zu führen, jedenfalls schien er Angst zu haben. Soraya seufzte schnaubend, als sie das zu erkennen glaubte. Sie richtete sich vollkommen auf und wandte bereits das Gesicht ab. Für sie war die Sache erledigt, denn sie brauchte keinen Hasenfuß, der sich lediglich wichtigmachte. Er ließ sich dennoch zu einer Warnung hinreißen „Du hast davon gehört und willst doch dahin? Das ist kein einfacher Grottenolm, der in einer Mine Unfug treibt,…Fräulein!“ Die dunkelblauen Augen kehrten zu Arion zurück und das Gesicht der eigentlich Schönen wurde kühl, hart. „Wäre es ein einfacher Grottenolm, würden wir dieses Gespräch nicht führen – Bursche!“, sagte sie harsch und engte ein wenig die Augen. Daraufhin aber wedelte sie mit der Hand. Sie wollte wissen, ob er das leisten könnte, ansonsten benötigte sie seine Dienste nicht. Offenbar traf sie einen gewissen Nerv, denn er bemüßigte sich, wieder professioneller zu werden.
„Pah! Wen nennst du hier Halsabschneider?“ Ihr Blick zuckte. „Ich würde dir noch ganz andere Namen geben, würdest du gerade nicht meine Zeit verschwenden!“, zischte sie kühl, bevor sie ein für alle Mal die Ansage machte, was sie von ihm erwartete. Sein Schnauben prallte an ihrer glatten Mimik ab. „In Ordnung – aber das wird dich ein Sümmchen Extra kosten! Ich will 6 Füchse!“ Ihre Augen verengten sich. „Übertreib es nicht, Junge!“, schnappte sie nach seiner Forderung und spannte sich sichtlich an. „Das gesamte Gebiet ist gesperrt! Ohne mich wirst du bereits an der ersten Wegsperrung scheitern. Aber das wirst du eh, sollte ich gleich nichts anderes zu tun bekommen, als den Wachen dort drüben von dem Vorhaben der rothaarigen Fremden zu erzählen! - Ich hoffe du bist Schwindelfrei, Fräulein~!“ Soraya’s Blick glitt seinem Fingerzeig nach und sie sah dort die sich unterhaltenden Wachen stehen. Sie musterte jene einen Moment, ehe ihre Augen zu Arion zurückkehrten. „Du drohst mir?“, fragte sie mit einer Mischung aus Amüsement und kalter Drohung. „Vielleicht sollte ich mich deinem vorlauten Mundwerk widmen, damit du Zeit hast darüber nachzudenken, welche Hand du beißen solltest!“, knurrte die Rothaarige und sprach sehr leise, aber übermäßig klar und deutlich. Sie scherzte nicht. Sie überlegte ernsthaft, ihn für diese Frechheit zu züchtigen. Ihre Augen versprühten eine ungezähmte Kälte. Sie machte sich nichts aus Arion. Das sollte er vermutlich berücksichtigen, wenn er weiter so handelte. Soraya ließ ihre Drohung einen Moment die Wirkung entfalten, bis sie drei Füchse aus ihrem Beutel fischte und dem Vorlauten in die Handfläche fallen ließ. Bevor er sie aber einstecken konnte, packte sie sein Handgelenk und zog ihn dicht zu sich. Im selben Moment hatte sie mit der anderen Hand ihren Dolch gezogen und bohrte ihn nicht verletzend aber doch spürbar in den Stoff seiner Kleidung. „Pass auf Kind, wenn du mich hintergehst, mir noch mal dumm kommst oder auch nur ein falsches Wort sagst, schwöre ich dir hier und jetzt, dass ich die restlichen Füchse für deinen Sarg spende!“, raunte sie ihm ohne wenn und aber zu. Sie meinte das todernst. Dann ließ sie ihn los, schubste ihn gar etwas von sich und verstaute den Dolch wieder. Sie blickte sich kurz um, bevor sie mit dem Kinn in Arion’s Richtung ruckte. „Und jetzt halt die Klappe und sieh zu, dass du deinen Teil erfüllst – Bursche!“, wies sie ihn an.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Sonntag 4. August 2024, 16:10

Früher wäre Soraya nie und nimmer auf die Idee gekommen mit einem Dorfjungen zu falschen, oder gar ihm zu drohen. Vermutlich wäre ihr seine freche Art aufgefallen, aber sie hätte ihn mit milder und erwachsener Güte betrachtet – maximal geneckt. Doch solch eine Soraya gehörte der Vergangenheit an. Nun war sie auf Effizienz aus und die Sehnsucht ihren alten Freund wiederzusehen, bescherte ihr immer weniger Ruhe, je näher sie ihrem Ziel kam.
Arion konnte sich als nützlich erweisen, doch wäre es sicher kein großer Akt die besagte Miene auch durch jemand anderen zu finden. Das Einzige, das sie noch an den lästigen Burschen band, war seine Drohung die Stadtwachen auf sie anzusetzen. Solche Sorten von Ärger waren für die junge Frau nichts als lästige Hindernisse und obwohl es ihr missfiel den Weg des Burschen zu gehen, war es noch immer die einfachste Variante, um an ihr Ziel zu kommen. Zumindest, wenn die Aussagen wahr waren und die Wege und Zugänge zu den Mienen bewacht wurden. Vermutlich war der Ort in Celcia egal – ob nun in Hymlia, im Sarius, in Grandea, oder eben in Dessaria: Kinder gingen nicht häufig abseits der angelegten und bekannten Wege und fanden so andere, die wenig oder gar nicht bekannt waren.
Dennoch würde sie nun klarmachen müssen, dass Arion hier mit dem Feuer spielte – sonst wurde er vermutlich noch übermütiger!
„Du drohst mir? Vielleicht sollte ich mich deinem vorlauten Mundwerk widmen, damit du Zeit hast darüber nachzudenken, welche Hand du beißen solltest!“, knurrte die Rothaarige, gerade nur so laut, dass sie niemand außer dem Jungen hören konnte. Ihre Augen waren hart und versprühten keinerlei Wärme, wie es bei anderen Erwachsenen vielleicht der Fall gewesen wäre, wenn sie einem Kind die Überschreitungen vor Augen führten.
Soraya erkannte durchaus, dass Arion nicht auf den Kopf gefallen war, doch schien er nicht erfahren genug zu sein, um das Ausmaß von Handlungen vorherzusehen. Bei Leuten wie Soraya könnte ihm das eines Tages zum Verhängnis werden. Vielleicht kein endgültiges, doch sicher schmerzvolles!
Die blauen Augen des Burschen sahen zu ihr auf und musterten ihr Gesicht. Offenbar erkannte auch er Unterschiede zu anderen – welche, die er bei einer so hübschen und jungen Frau normal nicht erwartet hätte. Wirklich Furcht würde sie vergeblich in seinem Blick suchen, doch schien er ein wenig achtsamer zu werden.
„Bas‘ hat also doch recht mit Frauen…“, murmelte er, mehr zu sich, aber durchaus im Wissen, dass sie ihn dennoch hören könnte. Dennoch kommentierte er nichts weiter und nahm die 3 Kupferfüchse, die sie in seine Handfläche fallen ließ, in Empfang. Diese wollte er gerade sorgfältig verstauen, als Soraya ihn zu sich zog und eine weitere Warnung äußerte:
„Pass auf Kind, wenn du mich hintergehst, mir noch mal dumm kommst oder auch nur ein falsches Wort sagst, schwöre ich dir hier und jetzt, dass ich die restlichen Füchse für deinen Sarg spende!“
Arions Blick weitete sich nun doch leicht, als er den Dolch spürte und als sie ihn losließ machte er einen Schritt zu Seite. Sein Blick sprach eindeutig etwas in der Art wie: Dieses Fräulein ist vollkommen irre – doch er sprach es nicht aus. Er schnalzte lediglich mit den Schultern und strich über seinen Ärmel.
„Und jetzt halt die Klappe und sieh zu, dass du deinen Teil erfüllst – Bursche!“, orderte Soraya, woraufhin ein weiteres Zungenschnalzen folgte.
„Hier entlang wertes Fräulein!“ Sein Tonfall klang dieses Mal ziemlich sarkastisch, doch er führte sie nun an den Wachen vorbei zu einer der vielen Steintreppen, die sich durch das Stadtbild zogen. Wer in Dessaria lebte, musste gute Beinmuskeln besitzen!
Tatsächlich hielt Arion von nun an den Mund – immerhin wurde er nicht für einen Stadtrundgang mit Informationen bezahlt und wirklich Freude schien er auch nicht mehr an diesem Auftrag zu haben. Soraya mochte über die Jahre eine gute Ausdauer im Wandern und vielleicht auch klettern gewonnen haben, doch war Dessaria noch einmal eine ganz eigene Herausforderung. Arion schienen die vielen Stufen nichts auszumachen. Er hüpfte sie in kindlicher Agilität empor, während Soraya bereits das erste Ziehen in den Oberschenkeln zu spüren bekam. Etwa nach 25 Minuten, blieb der Bursche das erste Mal vor einer Weggabelung am Rand einer Seitenmauer Dessarias stehen. Dort standen wieder Wachen und versperrten den Zugang zu einem seitlichen und kleineren Stadttor, das eindeutig aus der Stadt hinaus und in die Berglandschaft führte.
„Dort wäre der direkte Weg! Aber Ihr könnt ja sehen, dass wir dort nicht durchkommen.“ Er deutete also in die nördliche Richtung, wo sich noch immer das Stadtbild in die Höhe abzeichnete. Es gab viele Ebenen und sie waren noch immer auf einer der untersten. Dennoch konnte man erkennen, dass in die östliche Richtung, wo die Mine sich befand, noch andere Wege hinführten. Nur leider waren diese alle weiter oben!
„Hier entlang!“, meinte er nüchtern und folgte zu seiner Linken einen Weg durch eine schmalere Gasse. Hier gab es mehr Wohnhäuser, als Geschäfte, aber man war noch nicht aus dem Hauptteil der Stadt raus, durch den sich auch Stadtbesucher tummelten.
Soraya durfte erkennen, dass Dessaria eine imposante und sehr große Stadt war. Sie grub sich in eine fast spitzzulaufende Bergnische und darüber hinaus auch doch weiter in die grauen Feldwände, hinauf in schwindelerregende Höhen.
Arion hielt sich östlich. Anders würde vermutlich auch der Verdacht aufkommen, dass er sie in die Irre führen würde. Doch obwohl es für sie immer anstrengender wurde, konnte sich bei ihr wenig Misstrauen dahingehend bilden, denn egal wohin sie auch ihren Blick fallen lassen würde – es sah nicht so aus, als würde der Bursche einen Umweg nehmen.
Es dauerte gute zwei Stunden, bis sie in etwa auf der Höhe der großen Steinbrücke waren, die einem einen leichteren Übergang zur anderen, westlichen Seite der Stadt gewährte. Arion blieb kurz stehen und lief zu einem Wasserbecken, dass sich an einer der gemauerten Turmwände befand. Dort sprudelte frisches Wasser aus dem Maul eines grob geschlagenen Stein-Drachenkopfs.
Der Junge beugte sich vor und löschte an wilden Strahl seinen Durst. Danach verabreichte er sich einen Schwall des kalten Wassers ins Gesicht, ehe er sich umwandte, sich über die tropfende Haut strich und zu Soraya sah.
„Ich kann nur empfehlen hier auch noch mal was zu trinken. Von nun an wird es steiler!“ Ob sie seiner Empfehlung allerdings nachkam, schien ihm dann am Schluss reichlich egal zu sein. Er würde auf sie warten, oder sie direkt weiterführen. Und tatsächlich würde er recht behalten. Schon die Wege wurden steiler.
Das Stadtbild wurde etwas offener – hier gab es nicht mehr die großen Reihenbauten, sondern teils alleinstehende Steinhäuser. Die Meisten davon waren rundlich und besaßen selbst mehrere Stockwerke. Glücklicherweise waren die gepflasterten Wege noch immer von guter Qualität – da schienen sich die Dessarier keine Blöße zu geben. Noch dazu waren die meisten Leute, die ihnen hier begegneten, eindeutig mit Arbeit beschäftigt. Immer wieder trafen sie auf schwere Karren, die von Ochsen gezogen wurden und auch andere Lasttiere erleichterten den Handwerkern die Arbeit. Das metallene Klirren von Schmieden war zu hören und geschäftiges Zurufen zwischen den Kollegen.
Nach einer weiteren, langsam immer länger wirkenden Weile erreichten sie ein weiteres Tor. Dort standen keine Wachen, doch Arion ignorierte es. Nur im Falle, dass sie in ansprechen sollte, würde er ihr sagen, dass dort kein Weg zur Miene führte, es sei denn sie hätte ein fliegendes Fortbewegungsmittel, wie einen Drachen.
Also… ob es ihr gefiel oder nicht, warteten weitere Stufen auf sie… und das über gut zwei weitere Stunden. Dann erst durchquerte Arion eines der Seitentore. Sie gelangten auf einen Bergpfad, der breit genug war, dass auch Karren hier fahren konnten. Doch befanden sie sich tatsächlich langsam auf einer Höhe, die für die meisten Menschen schwindelerregend war!
Es ging also weiter. Wirklich viel Natur gab es hier nicht zu entdecken, denn die Wege waren alle von Menschenhand gemacht und zeigten erneut, was für große Bauherren die Dessarier waren.
Arion wedelte sich ein wenig Luft zu, die hier oben schon ein wenig dünner war. Die 6 Kupfermünzen wirkten für den körperlichen Aufwand, den der Junge offenbar betreiben musste, langsam aber sicher gerechtfertigt. Nach einer Weile geriet der künstlich angelegte Weg auf ein natürliches Bergplateau, auf dem sich hagere Nadelhölzer einen Platz erobert hatten. Er führte Soraya ein Stück seitlich zum Plateau und in das spärliche Dickicht.
„Da oben müssen wir hin!“, meinte er und deutete auf einen gut 6-8 Meter hohen Felsvorsprung. Eine Treppe suchte man allerdings leider vergebens.
„Der Weg hier endet gleich. Dort hinten geht es nicht weiter und geht nur noch bergab in die Schluchten. Aber dort oben gelangen wir auf den Weg, der uns zu der Mine führt!“
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Soraya Valor » Montag 5. August 2024, 13:51

Es zählte nichts mehr. Alles, was sie früher mal gewesen war, gab es nicht mehr. Ihr Leben endete mit dem Tod ihres Mannes und sie wurde aus der tristen, schwarzen Masse der Trauer wiedergeboren. Dass sie nicht mehr dem salonfähigen Standard dieser Zeit entsprach, machte Soraya nicht zu ihrem Problem. Sie legte keinen Wert darauf länger gemocht, geachtet und gar geliebt zu werden. Ihre Seele hatte den Wert verloren, diese Dinge für sich einzufordern. Sie hatte Ravan nicht retten können und musste das nun wiedergutmachen. Was sie tat, sollte es jemals dazu kommen? Soraya dachte nicht darüber nach. Sie fokussierte sich lediglich auf die direkte Zukunft. Sie war blind geworden für all das Schöne, das Wundervolle. Nichts auf dieser Welt gab es noch das ihr den Sinn nach Nächstenliebe schenken konnte. In ihrem Innern pumpte ein geschundener Muskel lediglich den roten Saft durch ihre Eingeweide, damit sie vorangehen konnte. Damit sie ihr Ziel erreichte. Vielleicht würde sie anschließend einfach tot umfallen, weil es dann wirklich nichts mehr gab, dass sie war und sein wollte. Soraya funkelte den Burschen an, der es gewagt hatte, sich mit ihr anlegen zu wollen. Er hatte eben nur auf die Lieblichkeit geschaut, war an der Hülle gescheitert und hatte nicht weitersehen können. Für seine Blindheit konnte die Schöne nichts. Schönheit war vergänglich, lag im Auge des Betrachters, doch umgingen die Hymlianer bisweilen diesen Umstand auf ungerechte Weise. Sie waren schön. Egal, wer sie ansah. Und Soraya konnte diesen Umstand nicht ablegen, denn er gehörte zu ihr, wie der geschundene Klumpen Muskel in ihrer Brust. Eben jener war es auch, der nichts davon höre wollte, dass sie gerade ein Kind mit dem Leben bedrohte! Sie hätte früher alle Hände über den Kopf zusammengeschlagen, wäre sie Zeugin solch einer Tat geworden. Aber Soraya aus Hymlia gab es nicht mehr. So war sie zufrieden, dass er sich einsichtig zeigte und entließ ihn aus ihrem Griff. „Bas‘ hat also doch recht mit Frauen…“ Soraya würdigte dieser Aussage nicht mal ein Schnauben. Wenn sie dem Jungen die Augen öffnete – umso besser! Er sollte lernen, dass nicht alles eine wilde Spielerei ist. Und sie war nicht auserkoren, ihm Illusionen zu erfüllen. „Hier entlang wertes Fräulein!“ Den sarkastischen Unterton ignorierte Soraya ebenfalls. Solange er sich nun endlich auf den Weg machte, hatte sie, was sie wollte. Wenn er sie nun nicht mehr mochte, war das nichts, was ihr nachts den Schlaf rauben würde. So folgte sie dem Jungen, der endlich auch den Rand hielt, und beschaute sich schließlich die Stadt Dessaria. In ihren Augen wirkte sie durchaus ansprechend.

Es war imposant, was die Stadt mit den kargen Möglichkeiten geschaffen hatte. Und es war der absolute Kontrast zu Hymlia. Hier war alles massiv, kühl und für die nächsten Ewigkeiten gebaut. Wie sie ihre Häuser, die Wege und Stufen in den Berg gehauen hatten, immer höher und höher. Soraya blieb stehen, als Arion ebenfalls anhielt und schaute einmal hinauf. Sie konnte das Ende der Stadt kaum erkennen, sodass sie das Gefühl bekam, es wäre die direkte Treppe hinauf nach Hymlia. Aber die Menschenfrau musste auch erkennen, dass ihre Beine nicht wirklich dafür gemacht worden waren, sich dermaßen zu verausgaben. Wandern im flachen Gelände war das Eine, aber einen Aufstieg zu wagen? Soraya spürte, wie das Brennen einsetzen wollte und musste sich eingestehen, dass ihre Herkunft nicht immer Vorteile besaß. Menschen in Hymlia hatten auf dem Boden mit der Schwerkraft zu kämpfen. Und Soraya hatte anfangs erhebliche Mühe gehabt, überhaupt lange Wegstrecken zu schaffen. Einzig ihre Sturheit hatte es geschafft, dass sie vorankam. Jetzt aber merkte sie selbst nach all den Jahren, dass ihre Muskeln nicht zwangsläufig alles stemmen konnten. Dennoch beschwerte sie sich nicht. Einzig der Schweiß legte sich auf ihre Stirn, nachdem sie die Wachen passiert und zwei Stunden aufgestiegen waren. Arion ging zu einem Wasserbecken und bewies, dass er hier aufgewachsen war. Er hatte zumindest noch Luft zum Sprechen! Soraya hingegen stützte sich kurz auf ihre Knie und rang nach Luft, ehe sie sich aufrichtete, streckte und ebenfalls zum Wasserbecken ging. „Ich kann nur empfehlen hier auch noch mal was zu trinken. Von nun an wird es steiler!“ Sie hielt in der Bewegung Wasser schöpfen zu wollen inne und wandte sich mit einem zweifelnden Blick an den Jungen. „Steiler.“, wiederholte sie brummend, ehe sie sich ans Wasser beugte und ebenfalls trank. Danach rieb sie ihr Gesicht ab, ihren Nacken und ihren Hals, bevor sie sich aufrichtete und die Hände ausschüttelte. Sie blickte auf den Weg, der vor ihr lag und musterte hier und dort einige geschäftige Dessarier. „Na dann, weiter.“, forderte sie Arion auf, der wieder die Führung übernahm. Schon beim Losgehen spürte Soraya ihre Oberschenkel protestieren, aber sie gab sich nicht die Blöße. Nicht, weil das ihr Ego angekratzt hätte, sondern vielmehr, weil sie den Weg gehen musste, wenn sie ihr Ziel erreichen wollte! Soraya hatte sich abgewöhnt mit Wenn und Abers durch das Leben zu gehen. Sie wollte zu Punkt A? Dann musste sie eben Weg B gehen. So einfach war das. Sie jammerte nicht, sie ächzte nicht, sie folgte Arion weiter und weiter, ließ ihren Blick immer wieder schweifen und sah auch hinab in den Abgrund. Es war verdammt hoch, doch Soraya hatte keine Probleme mit Höhe. Das war wiederum das Gute an Hymlia. Wie oft hatte sie am Rand gestanden und in die Tiefe geguckt? Das machte ihr nun wirklich nichts aus.

Die Rothaarige schritt hinter Arion her und fiel nur ein wenig zurück. Sie behielt ihm im Auge, während sie dann und wann einem Karren auswich oder einem Schmied beim Beackern der Ware einen Blick zuwarf. Ihr war warm und ihr Atem ging schneller, ansonsten drosselte sie ihr Tempo nicht. Nun wurde auch die Luft dünner und obwohl Soraya seit Jahren auf Celcia’s Boden lebte, waren ihre Lungen an die dünne Luft gewöhnt Das erschwerte ihr das Atmen nicht, wohl aber die körperliche Anstrengung. „Da oben müssen wir hin! Der Weg hier endet gleich. Dort hinten geht es nicht weiter und geht nur noch bergab in die Schluchten. Aber dort oben gelangen wir auf den Weg, der uns zu der Mine führt!“Als Arion stehenblieb und ihr aufzeigte, wohin die nächste Etappe gehen würde, hob sich eine ihrer Augenbrauen. Dann wandte sie sich dem Jungen zu. „Das sind gute 8 Meter!“, bemerkte sie und schaute zurück. „Hättest du nicht vorher erwähnen können, dass uns eine Kletterwand erwartet? Dann hätte ich Ausrüstung besorgt!“, bemerkte sie recht kühl, ehe sie sich die Wandbeschaffenheit ansah. Sie prüfte, ob es ihr gelingen würde, die Meter an der Wand zu erklettern, ohne riskieren zu müssen, abzustürzen. Auch ohne Seil und Klettersteige. Soraya zückte einen Dolch und prüfte, wie hart oder weich das Gestein hier wäre. Könnte sie den Dolch in die Wand schlagen und sich daran festhalten, um sich hochzuziehen? Würde sie das körperlich überhaupt jetzt noch schaffen? Soraya steckte den Dolch nach dem Ergebnis ihrer Überlegung weg. Daraufhin wandte sie sich an Arion. „Wenn du den Weg kanntest, wirst du mir jetzt gewiss nicht gegenübertreten und mich in eine Sackgasse geführt haben. Also? Wo ist deine Ausrüstung?“, fragte sie und sah sich abermals um. Sie suchte nach einem Hinweis, dass der Junge sie jetzt nur aufziehen wollte. Er hätte vermutlich nicht den Mumm besessen, sie nach ihrer Drohung auch noch auflaufen zu lassen, indem er ihr verschwieg, dass sie den Aufstieg an der steilen Felswand machen sollte.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Sonntag 11. August 2024, 16:01

Für Soraya gab es nicht mehr viel, was ihr wichtig im Leben war. Dennoch gab es diesen einen Grund weiterzumachen, der sie niemals aufgeben ließ. Es war ihr egal, wie sehr sich ihre Muskeln bemerkbar machten und sich durch das typische Brennen über die Anstrengung beschwerten, der sie sich selbst aussetzte. Sie ließ sich kaum anmerken, dass ihr der Weg zu der Mine von Stufe zu Stufe schwerer fiel und beeindruckte dabei insgeheim Arion. Der Junge war ein echter Dessarier, der es gewohnt war diese hunderte von Stufen zu laufen. Vermutlich half ihm die kindliche Agilität und Energie, doch konnte man ihm auch an der Nasenspitze ansehen, dass er zu dem Typ Kind gehörte, das jeden Winkel erkundete und jeden noch so waghalsigen Pfad ausprobieren musste.
Da Soraya ihm gegenüber ziemlich unmissverständlich ausgedrückt hatte, dass sie an keinen großen Rundgängen und unnötigen Wortwechseln interessiert war, beschränkte er sich darauf seiner Aufgabe nachzukommen und sie zu der Mine zu führen. Doch nach all den Stunden konnte man schon auf den Gedanken kommen, dass er seine Kundin an der Nase herumgeführt hatte. So war die junge Frau natürlich wenig begeistert, als sie vor dem 8 Meter hohem Hindernis stand, das sie erklimmen musste, um endlich den Pfad zu ihrem Ziel zu erreichen.
Die sah die steinerne Felswand hinauf und hob eine Augenbraue, ehe sie den Jungen wieder ins Visier nahm.
„Das sind gute 8 Meter! Hättest du nicht vorher erwähnen können, dass uns eine Kletterwand erwartet? Dann hätte ich Ausrüstung besorgt!“, bemerkte sie, dieses Mal vielleicht zu recht unterkühlt. Soraya hatte natürlich keine entsprechende Ausrüstung in ihrer Tasche und sollte nun der ganze Weg umsonst gewesen sein, würde sie den Burschen vielleicht wirklich umbringen wollen.
Sie untersuchte die Wandbeschaffenheit und Sicherheitsmöglichkeiten. Der Fels war äußerst hart und schien zumindest dahingehend wenig Gefahr zu bieten, dass er unter einem menschlichen Gewicht barst. Es gab immer wieder Unebenheiten, die man ergreifen oder auf diesen Halt finden könnte, doch war dieses Unterfangen für einen Anfänger in Sachen Klettern natürlich keine Leichtigkeit.
Könnte sie den Dolch in die Wand schlagen und sich daran festhalten, um sich hochzuziehen? Weniger, nach der ersten Prüfung. Der Stein war äußerst hart und eine dünne Dolchklinge würde bei dem Versuch vermutlich zerbrechen. Eine Möglichkeit bestand aber, wenn Soraya die kleinen Spalten und Rissen nutzen würde, die eine natürliche Felswand natürlich aufwies. Dort eingeklemmt … würde sie vermutlich einen gewissen Halt finden können.
Würde sie das körperlich überhaupt jetzt noch schaffen? Das war natürlich fraglich. Den Hauptkraftakt würden dieses Mal allerdings ihre Arm und Handmuskeln ausüben müssen. Aber unterm Strich war das ganze Unterfangen, ohne Sicherung gefährlich und ein wenig Aberwitzig!
Die nächste Frage, die sich ihr nun stellen musste war, ob Arion ihr etwas vorgemacht hatte.
„Wenn du den Weg kanntest, wirst du mir jetzt gewiss nicht gegenübertreten und mich in eine Sackgasse geführt haben. Also? Wo ist deine Ausrüstung?“, fragte sie daher und ließ ihren Blick schweifen, um nach einem Hinweis auf Hilfsmittel zu stoßen.
Der Schwarzhaarige zog nur die Schultern hoch.
„Ich hab‘ keine!“, gab er unumwunden zu und sah zu ihr auf, um sie anzusehen. Dann ging er zur Felswand und griff nach den ersten Unebenheiten.
„Nur, weil ich den Weg kenne, bedeutet das nicht, dass ich dort ständig hingehe! Die Wege zur Mine sind nicht umsonst versperrt Fräulein!“ Griff um Griff kletterte Arion weiter, setzte dabei seine Füße geschickt auf die schmalen Flächen, die ihm einen Tritt ermöglichten. Dennoch zeigte sich, dass der Junge dies nicht zum ersten Mal machte.
Etwa nach 3 Metern hielt er inne und wandte den Kopf zu ihr, um zu ihr hinabzusehen.
„Aber ich führe euch hin, wie abgemacht. Ihr müsst mir nur folgen. So schwer ist das auch nicht!“
Vermutlich entfachte er damit kein Vertrauen und viel eher Wut bei der Rothaarigen. Dennoch konnte man in seiner Miene keine schlechte Absicht oder Gehässigkeit entdecken. Vielleicht hatte der Junge wirklich nicht so weit gedacht, da er selbst keine Hilfsmittel zu nutzen schien.
Egal welche Reaktion seine Kundin zeigte, er kletterte mit dem Geschick eines Affen weiter und erreichte bald darauf den breiten Vorsprung. Dann war er … aus Sorayas Blickfeld verschwunden.
Gute 2 Minuten, die sich in diesem Fall jedoch sehr lang anfühlen konnten, war nichts mehr von ihm sehen, oder zu hören. Bis sich plötzlich ein Seil im steilen Fall ausrollte und gute 2 Meter über ihr endete. Dann tauchte der Schopf des Burschen wieder über dem Rand auf.
„Hilft das?“, rief er hinab, während ihm seine schwarzen Zotteln ins Gesicht hingen.
„Ich hab’s gesichert, aber länger geht es wohl nicht!“, rief er weiter, so dass seine Stimme in einem Echo zurückkam. Abwartend blieb er an Ort und Stelle und sah zu, ob seine Kundin den Schritt wagte die Felswand auf diese Weise hinaufzuklettern. Gefährlich war es weiterhin, keine Frage! Ihr blieben im Grunde nur zwei Möglichkeiten. Es wagen oder zurückgehen und so früh, wie möglich Ausrüstung ergattern. Sie konnte dabei nur hoffen, dass die dafür nicht wieder den ganzen weiten Weg zurück musste.
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Soraya Valor » Samstag 17. August 2024, 21:33

Der Weg ist steinig. Das war etwas, das Ravan oft benutzte, wenn eine seiner Expeditionen unerwartet länger dauerten oder er nicht mit den erhofften Ergebnissen zurückkehrte. Er nutzte die Redewendung aber auch, wenn er sich oder Soraya Mut zusprechen wollte. Er drückte damit aus, dass man im Leben nichts geschenkt bekam und sich stets bemühen musste. Dass ihr der Ausspruch ausgerechnet jetzt in den Sinn kam, während ihre Muskeln protestierten, ihr Herz pumpte und ihre Lungen brannten, machte die Sache für die Hymlianerin nicht einfacher. Missmutig zeichnete sich eine Furche auf ihrer Stirn, während sie sich vehement bemühte, die Erinnerungen an diese Zeit beiseite zu schieben. Soraya verweigerte sich dieser Erinnerungen, die etwas in ihr ansprachen, das sie mit vollem Bewusstsein ad acta gelegt hatte. Eben jene Erinnerungen waren es, die sie schwächen wollten. Die sie niederringen und bezwingen wollten. Aber Soraya würde nicht aufgeben. Sie ging ihren Weg, bis zum Schluss! Und so überwand die Sturheit, die regelrechte Verbissenheit auch die schmerzenden Glieder. Dessaria war nichts für Bewegungslegastheniker! Arion machte ganz klar deutlich, dass er hier Oberwasser hatte. Er legte ein gutes Tempo vor und Soraya musste erheblich kämpfen, um mit dem kleinen Quälgeist mitzuhalten. Dabei lag es weder an der dünneren Luft oder der Höhe im Allgemeinen. Sie war nunmal Hymlianerin und als solche besaß sie eben auch einen leicht veränderten Körperbau. Oben in der Stadt der Wolken, brauchte man weniger Muskelmasse, wenn man den ganzen Tag, wie auf Wolken lief. Aber das würde sie dem kleinen Haraxbraten nicht anvertrauen. Stattdessen ignorierte sie den leichten Schweißfilm auf ihrem Gesicht und folgte ihm, ohne Unterlass. Bis sie schließlich an einer Sackgasse ankamen, die Soraya mehr als nur ärgerte. Sofort blaffte sie den Jungen an und jener zuckte lapidar mit den Schultern, dass ihr beinahe sämtliche Gesichtszüge aus eben jenem gefallen wären.
„Ich hab‘ keine!“ Starr und wütend blickte sie ihm ins Gesicht und musste sich ernsthaft fragen, ob er wusste, dass er gerade mit ihrer Beherrschung und seinem Leben spielte?! „Nur, weil ich den Weg kenne, bedeutet das nicht, dass ich dort ständig hingehe! Die Wege zur Mine sind nicht umsonst versperrt Fräulein!“ Ihre Finger ballten sich zu Fäusten und sie begann zu zittern. Sie bemühte sich gerade redlich darum, ihn nicht hier und jetzt den ganzen, verdammten Abhang hinunterzuschubsen! Soraya zischte unwillig und wandte sich der Wand zu. Sie prüfte, ob es eine Möglichkeit gäbe, sich dort hinaufzubewegen, ohne entsprechende Ausrüstung. Allerdings musste selbst ihr Sturkopf einsehen, dass es äußerst gewagt und nicht minder gefährlich werden würde, wenn sie nun blindlings loslief. Als sie sich bereits recht schwung- und unheilvoll zu Arion umwandte, um den Knirps einen Kopf kürzer zu machen, schlich dieser an ihr vorbei und begann damit, sich in die naturgegebenen Furchen und Kerben zu hängen und behände die steile Felswand hinaufzuklettern. Soraya kochte vor Zorn. Ihr Blick hätte spitze Pfeile abschießen können, während sie ihm dabei zusah, wie er die Wand scheinbar mühelos emporkletterte. Die Rothaarige trat einen Schritt von dem Felsen weg und beobachtete genau, wie er die Füße und Finger setzte. Dann hielt er inne und sie erwartete bereits, dass er sie linken würde. „Aber ich führe euch hin, wie abgemacht. Ihr müsst mir nur folgen. So schwer ist das auch nicht!“

Sie schnaubte. „Ja, wenn man eine so kleine Ratte ist, wie du!“, knurrte sie halblaut und nicht unbedingt für seine Ohren bestimmt. Soraya beobachtete weiter, wie er hinaufkletterte und schmiedete bereits den Plan, ihm auf demselben Weg zu folgen. Allein schon, um ihn in die Finger zu kriegen, zu erwürgen, kurz aufzuhören und ihn dann den Felsen hinunterzustoßen. Nur fliegen ist schöner!, dachte sie zynisch und bitter und rieb die Finger aneinander, um sich an den Aufstieg zu machen. Als sie allerdings wieder hinaufblickte, war Arion verschwunden! Zähneknirschend griff Soraya die erste Kerbe, schob ihre Umhängetasche nach hinten auf ihren Rücken und setzte einen Fuß an die Wand, um dem kleinen Frettchen zu folgen! Sie würde sich gewiss nicht auf diese Art und Weise abhängen lassen, davon durfte er nun ausgehen. Wenn er sie hier beschiss, dann würde er dafür auch die Rechnung tragen! Und die drei Füchse holte sie sich erst recht zurück. So zog sich Soraya die erste Hürde hinauf, packte nach dem nächsten Halt mit ihrer Linken und zog sich unter großer Anstrengung hinauf, während sich ihre Kiefer aufeinander malmten. Verbissenheit trug sie auch die nächste Hürde hoch. Ihre Beine ächzten, ihre Lungen brannten bestialisch.
Die Hymlianerin aber wollte nicht aufgeben. Sie würde diesen verdammten Burschen erwürgen. Und dann den Weg allein fortsetzen! Das trieb sie an. Bis plötzlich der Junge wieder an der Kante auftauchte und ein Seile hinabließ, das ungefähr 1,5m über ihrem Kopf baumelte. Soraya starrte das Seil einen Moment an und … stutzte. Ihre vernichtenden Gedanken lösten sich in Rauch auf. Hatte er sie also nicht gelinkt. Ihr Blick ruhte für einen Moment kühl auf dem Seilende. „Hilft das? Ich hab’s gesichert, aber länger geht es wohl nicht!“ Die Rothaarige grub ihre Finger in die Felsnischen und entließ gepresst ihren Atem. „Ja.“, knurrte sie unwillig, ob dieser Wendung. Sich einzugestehen, dass sie dem Jungen Unrecht getan hatte, fiel ihr überhaupt nicht leicht. Stattdessen befand sie es als ausreichend, dass sie ihre Gewaltfantasien ihm gegenüber vorerst ruhen ließ. Das musste reichen! Also packte Soraya noch mal ihre Kraftreserven zusammen und zog sich weiter die steile Wand hinauf. Der Fels schabte über ihre Kleidung und hinterließ hier und dort einen kleinen Riss oder Ziehfaden. Das aber störte die Menschenfrau nicht wirklich, sodass sie unbeirrt weiter nach dem Weg suchte, den sie bei Arion beobachtet hatte. Fast dieselben Kerben und Trittstufen nehmend, erreichte sie fast das Seil. Soraya hob den Kopf und kam einen Moment zu Atem. Ihre Finger taten ihr weh, vom Griff an die schmalen Möglichkeiten im Felsen. Sie krampften bereits und Soraya wusste, wenn sie jetzt losließ, musste sie schnell das Seil packen und hoffen, der Junge hatte es nicht an einen dürren Ast geknotet. Eine Sekunde gab sie sich noch, um zu Atem zu gelangen, dann ging sie es an: Sie richtete die Dunkelblauen Augen auf das Seilende und ließ mit der rechten Hand die Nische los, um nach dem Seil zu greifen. Tatsächlich aber fehlte ihr damit der nötige Halt, sodass sie die Spannung verlor, abrutschte und an der Wand hinunterrutschte, ehe sie schließlich nach hinten fiel und mit einem dumpfen ‚Umpf‘ auf dem Boden aufkam.

Ihr blieb die Luft weg. Sie verzog schmerzerfüllt das Gesicht und es dauerte einige Sekunden, ehe sich ihre Lunge von dem Stoß erholt hatte und sie nach Luft japste. Soraya sog gierig die Luft ein, hustete dann und rollte sich auf die Seite. „Verdammte Scheiße…“, knurrte sie unwillig über diese Wendung und kam zurück auf die Füße. Gesteinsstaub befleckte ihre Kleidung, die sie notdürftig abklopfte. Sie stützte sich auf die Oberschenkel, kam erneut zu Atem. Dann richtete sie sich langsam auf und streckte den Rücken durch. Ernsthaft verletzt schien nichts zu sein, wenn sie es richtig interpretierte. Dann aber richtete sich der Blick wieder auf das Seilende, das vorwitzig an der Felswand baumelte und leicht im Wind bewegt wurde. Soraya’s Miene verdunkelte sich erheblich, ehe sie erneut an die Wand herantrat und unbeirrt den selben Kletterweg nahm, wie zuvor. Dieses Mal aber beherrschte Wut ihr Tun, sodass sie mit schnellen Schritten vorankam, sich vollkommen auf das Seil fixierte und es beinahe mit ihrem Blick in Brand gesteckt hätte, würde sie diese Magie beherrschen. Soraya kletterte mit verbissener Kraft, bis sie am selben Punkt angelangt war. Dann aber machte sie den gleichen Fehler kein zweites Mal! Während sie die rechte Hand löste, um nach dem Seil zu greifen, stieß sie sich gleichzeitig mit den Beinen ab und sprang einen kleinen Satz an das Seil heran. Sie griff danach und packte es, um nicht erneut abzustürzen. Sofern sie das Seil zufassen bekäme, würde sie den Aufstieg bedeutend schneller schaffen, indem sie ihre Füße an der Wand abstützte und sich am Seil hinaufzog. Ihre Finger, Hände, Arme und Beine schrien vor Überlastung, aber sie würde die Klippe erreichen und sich hinaufziehen. Dort allerdings auf dem Rücken zum Liegen kommen und für einen Moment verschnaufen. Bis sie Arion mit ihrem Blick suchte und ihn musterte. „Ich sollte dich für diese Aktion vierteilen!“, schnarrte sie, ehe sie sich aufrichtete, die Beine über die Kante hängend und über das Tal unter sich blickend.
„Verdient hättest du es!“, schnauzte sie ihn an, ehe sie allerdings entgegen ihrer Worte in ihre Tasche griff und zwei Füchse herausholte. Sie schnippte sie dem Jungen entgegen, ob er fing oder nicht und sah ihn nicht an: „Ich mag Herausforderungen“, meinte sie lediglich und schaffte es nicht, ihn für sein Durchhaltevermögen zu loben. Aber sie war nicht hier, um sich Freunde anzulachen. Arion war Mittel zum Zweck. Und jenen Zweck, wollte sie nun auch erreichen. Also erhob sie sich wieder und blickte sich auf dem Plateau um. „Los. Wir haben genug getrödelt“, meinte sie wieder kühl und gestattete sich keine weitere ‚nette‘ Geste.

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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Erzähler » Sonntag 25. August 2024, 13:59

Soraya musste arg an sich halten, um dem Bengel nicht den Hals umzudrehen. Nicht nur, dass er sie über Stunden einen extremen Weg hier hinaufgeführt hatte – er hatte sie quasi in eine Sackgasse geführt, da sie nun vor einer Mauer stand, die sich ihr wortwörtlich als Hindernis präsentierte.
Lediglich ihrer Verbissenheit und ihrem sturen Willen und Streben nach Rache konnte sie es verdanken, dass sie nicht so schnell aufgab. Das kam für die junge Hymlianerin nicht in Frage. Dafür war sie schon zu weit gekommen!
Noch im Glaube, dass Arion sie gelinkt hatte und abgehauen war, versuchte sie den ersten sicheren Halt an der Steinmauer zu finden. Bei jeder Belastung ihrer Arme und vor allem der Beine schickten ihre Muskeln warnende Schmerzsignale. Doch jedes dieser Signale ignorierte sie!
Die Zähne feste aufeinanderbeißend zog sie sich Stück für Stück hinauf! Bis unerwarteter Weise Arions dunkler Schopf wieder über der Kante auftauchte und er ihr ein Seil hinunterwarf, an dem sie sich nach oben ziehen könnte. Tatsächlich kam diese Wende überraschend und auch, wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, schien sie den Bengel verkannt zu haben!
Doch der erste Versuch das Seil zu erreichen endete … schmerzhaft! Selbst Ari erschrak, als sie den Griff an das Seil verfehlte und mit einem dumpfen Laut auf dem harten Untergrund aufkam. Der Junge hatte seine Hände vor die Augen geschlagen und blinzelte nun, wo er sie fluchen hörte zwischen den Fingern hervor,
„Ouh… seid ihr verletzt Fräulein?“, rief er durchaus besorgt und biss sich mitfiebernd auf die Unterlippe. Tatsächlich verfluchte Soraya Arion gedanklich und würde ihn vermutlich am liebsten über die Klippe schubsen, sollte sie ihn zu fassen bekommen. Doch bis dahin trennten sie noch ein paar Meter!
Als Soraya ein zweites Mal zum Klettern ansetzte, sah Arion äußerst angespannt über den Rand der Anhöhe, auf der er saß. Schwer zu sagen war allerdings, ob er sich Sorgen um seine Kundin machte, oder Sorge darüber empfand, was passieren würde, wenn sie es zu ihm hinaufschaffte. Der verbissene und angestrengte Blick im Gesicht der ungewöhnlichen Schönheit konnte gerade wirklich beängstigen!
„Nein! Nicht da, besser den Fuß auf den Vorsprung setzen!“, rief der Knabe plötzlich, während er zusah. Er legte sich auf den Bauch und ließ einen Arm in die Tiefe baumeln, deutete auf einen Felsspalt, von dem er der Meinung war, dass er sie sicherer tragen würde.
Dieser Ausruf gab einen kleinen Hinweis darauf, dass er vielleicht vorlaut war, jedoch keine ernsthaften Absichten durchscheinen ließ Soraya übers Ohr zu hauen.
Als sie das Seil zu greifen bekam, klatschte Arion sogar begeistert in die Hände und grinste, wodurch seine weißen Zähne und zwei Zahnlücken zu sehen waren. Nun gut, der Junge war eben in dem Alter, wo er die letzten Milchzähne verlor.
„Nicht mehr weit Fräulein!“, feuerte er sie an und Soraya durfte entdecken, dass er das Seil tatsächlich anständig gesichert hatte. Glücklicherweise war es auch so robust, dass es ihr Gewicht, das eh nicht besonders schwer war, hielt. Dennoch war der Aufstieg natürlich extrem anstrengend! Erst recht, wenn man bedachte, wie viele Stufen und Hebungen sie zuvor schon überwunden hatte. Dass dem schwarzhaarigen Bengel offenbar alles so leicht fiel kam schon an ungewollten Spott heran, den man ihm durchaus übelnehmen konnte.
Als sie Arions Felsterrasse erreichte, war der Junge aufgestanden. Er hockte sich vor sie, als sie auf dem Rücken liegen blieb und angestrengt nach Luft schnappte.
„Ihr habt wirklich Mumm und Durchhaltevermögen, Fräulein! Von Fremden kenn ich das gar nicht!“, plapperte er munter und durchaus mit Anerkennung in der Stimme.
„Ich sollte dich für diese Aktion vierteilen!“, schnarrte hingehen Soraya, als sie wieder einigermaßen zu Atem gekommen war und sich aufrichtete. Ihre Muskeln beschwerten sich bei jeder noch so kleinen Bewegung und ihre Glieder warnten sie mit sachtem Zittern.
Arions blaue Augen weiteten sich etwas bei diesen Worten. Dann setzte er eine Unschuldsmiene auf und ein etwas verlegendes Grinsen zog an seinen Lippen.
„So weit habe ich eben nicht gedacht! Für die meisten hier ist das keine besondere Hürde!“, gab er als Erklärung ab und rieb sich die eh zotteligen schwarzen Haare.
„Verdient hättest du es!“, schnauzte sie ihn weiter an, woraufhin sich sein Lächeln abschwächte, da er vermutete, dass seine Kundin nicht mehr zu einer … neutralen Laune zurückfinden würde. Doch entgegen dieser Vermutung schnippte sie ihm plötzlich zwei Füchse entgegen, die er etwas wacklig und angelnd versuchte aufzufangen – und eine davor bewahrte vom Rand der Klippe zu rollen.
Als er sie dann ruhig in den Händen hielt, sah er sie überrascht an. Man sah dem Jungen an, dass er damit nun wirklich nicht gerechnet hatte.
„Ich mag Herausforderungen“, meinte Soraya dann nur und erhob sich, damit sie das letzte Stück dieses furchtbaren Weges hinter sich bringen könnte.
„Los. Wir haben genug getrödelt!“ Tapfer machte sie den ersten Schritt, dann den Zweiten. Auf der Ebene auf der sie sich befangen folgte eine Art schmaler Steinpfad nach rechts, dem sie folgen konnten. Er führte um eine Bergseite herum, der sich bisher noch ihren Blicken verschloss.
„Ai, Ai Kapt’n!“, rief Arion motiviert, verstaute seine Füchse und lief mit viel zu viel übriggebliebener Energie an ihr vorbei auf eben diesen Weg.
„Komm! Sehr weit ist es nicht mehr!“, meinte er grinsend und führte sie, wesentlich besser gelaunt weiter. Der Pfad war leider unterschiedlich breit und wurde manchmal so schmal, dass selbst zwei Kinder nicht nebeneinander hätten gehen können. An anderen Stellen wiederum hätte sogar ein Ochsenkarren Platz gefunden. Aber dieser Weg schien auch nur an den nötigen Stellen bearbeitet worden zu und in heutigen Tagen nicht mehr aktiv genutzt zu werden.
Nach ungefähr 10 Minuten, in denen Arion leise zu summen begonnen hatte, erreichten sie eine sehr breite Einkerbung, die sich schräg hinauf durch die Felswand schälte. Viel Geröll war zu sehen und ließ vermuten, dass vor vielen hunderten, vielleicht auch tausend Jahren ein gewaltiges Erdbeben diesen Riss verursacht hatte. Doch genau hier wurde der Weg breiter und führte nach rechts weiter zu einer Art, in den Berg gehauenen Straße und hinab, zu einer Treppe! Diese war recht steil, aber da es nach unten ging, war die Anstrengung überschaubarer! Noch dazu gab es eine mit Eisenpfählen angebrachte Halterung, durch deren kreisförmigen Enden ein festes und robustes Seil gefädelt war, das zusätzliche Sicherheit bot!
Schwungvoll drehte sich Arion zu Soraya um und deutete hinab.
„Dort unten könnt Ihr die Ebene schon erkennen!“, meinte er und würde Soraya hinunterblicken würde sie in etwa 30 m Tiefe ihr Ziel erkennen können. Endlich!
„Der Haufen Steine dort… darunter ist der Eingang zur Miene! Sieht verschüttet aus, ist er aber nicht. Tatsächlich ist er ganze drei Meter hoch, wenn man vor ihm steht!“, erklärte Arion weiter, der begann immer gesprächiger zu werden, als hätte sich plötzlich etwas zwischen ihnen verändert.
Und sollte Soraya nichts Anderes vorhaben würden sie sich nun an den Weg hinab machen. Dieses Mal und vermutlich aufgrund des Größenunterschieds war es für den Jungen anstrengender, der sich aber nicht wirklich daran zu stoßen schien. Er hielt sich meistens mit einer Hand am Seil fest und sprang die Abstände hinab.

Als sie unten angekommen war hatten sie endlich Platz. Das natürliche Plateau war um die 10 Meter breit, bevor der Weg zu einer weiteren Steintreppe führte, zu der sie weiter hinabsteigen konnten. Doch konnte man bereits sehen, dass dieser Treppenzugang versperrt worden war. Arion hatte mit seinem Umweg also keine Zeit verschwendet!
Trotz der steinernen Fläche hatte sich hier die Natur wieder ausgebreitet. Zwischen rissigen Steinbereichen hatten sich verschiedene Gräser, Pflanzen und sogar schmale und knorrige Bäume eingenistet. Dennoch war alles weit entfernt von idyllisch begrünt.
Die kleinere Hand des Bengels streckte sich aus und deutete auf einen Mineneingang, der mit einem kreisrunden und wirklich gut 3m hohen und breiten Holztor verschlossen war. Man erkannte schmiedeeiserne Arbeit, Beschläge und einen riesigen runden Griff, an dem vermutlich das merkwürdige Tor geöffnet werden konnte.
„Angeblich haben riesengroße Bergwürmer diese Durchgänge in den Felsen gefressen! Das erzählen sich zumindest die Bergarbeiter in den Schänken! Sie sollen so groß sein wie der Durchgang und hunderte langer spitzer Zähne haben, die so scharf sind, dass sie durch den Stein schneiden!“ Ari verschränkte seine Arme wieder in seiner typischen Pose hinter dem Kopf.
„Aber das glaub ich nicht! Diese Würmer müssten den ganzen Stein ja schlucken und wohin dann damit? Dann würden sie ja immer dicker werden und irgendwann feststecken! Nein, ich glaube da an etwas ganz Anderes!“
Zusammen näherten sie sich dem Eingang. Es war merkwürdig ruhig und nichts deutete auf die Anwesenheit eines haraxischen Wesens hin. Doch würde das Soraya verunsichern? Vermutlich nicht. Dämonen waren listige Wesen, die sich zu verbergen wussten.
Sie würde das Tor ohne Schwierigkeiten erreichen und könnte auch den Griff umfassen. Doch sobald sie daran ziehen würde …
Es war sofort in der Luft spürbar! Sie fühlte sich an, wie aufgeladen und würde man Atem holen konnte man in seiner Kehle eine leichte Vibration spüren. Das Tor regte sich nicht einen Millimeter, dafür begannen, bis zu diesem Moment unsichtbare Runen blutrot aufzuleuchten. Über den äußeren Kreis des Tores war eine Ansammlung verschiedener Runenkombinationen angebracht worden, die ganz offenbar jeden Eindringlich den unbefugten Zugang verwehrten, sobald sie aktiviert wurden! Auch, wenn sich Soraya nicht mit Runenmagie auskennen sollte, würde sie erkennen und vor allem spüren können, dass sie vor einem Runenbannkreis stand, den nur ein äußerst starker Magier angebracht haben konnte. Und vermutlich würde ihr bewusstwerden, dass sie diese Barriere nicht so einfach durchdringen könnte!
Arion hingegen war zurückgewichen und gestolpert, so dass er nun auf seinem Hosenboden saß und mit erschrockenem Blick zu Soraya und dem unheimlichen Runenbannkreis sah.
„Das… ich wusste das nicht!“, gab er blass werdend von sich. Sein Blick war so erschrocken, dass man kaum an seinen Worten zweifeln konnte.
Sollte sich Soraya nicht vom Eingang wegbewegen, würden die Runen immer kräftiger und warnend aufleuchten, ein unangenehm lauter werdendes Surren von sich geben und eine starke unsichtbare Barriere würde beginnen gegen sie zu drücken.
Würde sie zu Arion zurückkehren, würde dieser sich hastig aufrichten. Das freche Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden.
„Es… ich…!“, würde er nervös brabbeln und schnell nach den Münzen greifen, die er von ihr bereits erhalten hatte.
„Ich wusste das nicht Fräulein! Wir… wir sollten schnell weg von hier!“, sagte er und hielt ihr leicht zittrig die Münzen entgegen. Offenbar schien er wirklich ein schlechtes Gewissen zu haben, obwohl im Grunde sein Part der Abmachung mit dem Erreichen der Miene erledigt gewesen war.
Soraya blieben nun nicht wirklich viele Möglichkeiten. Sie konnte nicht wissen, was diese Runen noch auslösten – ob jemand auf sie aufmerksam geworden war und nun wusste, dass sie versucht hatte die Mine zu betreten. Sollte sie es dennoch weiter versuchen? Einen anderen Weg gehen? Arion sah sich unruhig um und schien sichtlich schnell verschwinden zu wollen.
„… das ist nicht gut…!“, murmelte er und sah Soraya mit einem bittenden Blick an. „Lass uns gehen Fräulein!!!“ Ob der Bursche mehr über die Runen wusste? Oder fürchtete er sich nur allgemein vor Konsequenzen?
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Re: Ankunft in Dessaria

Beitrag von Soraya Valor » Montag 16. September 2024, 11:51

Zuzugeben, dass der Weg sie im erhöhten Maße anstrengte und forderte, wäre einem Schwächegeständnis gleichgekommen. Soraya aber hatte sich angeeignet, keine Schwäche zu zeigen. Jedenfalls nicht fremden Augen. Dass sie in besonders dunklen Stunden sehr wohl einmal innehielt und die Gefühle nicht verbergen konnte, musste keiner wissen. In ihrem Leben hatte sich alles dermaßen geändert, dass sie gar nicht mehr anders konnte als nach vorne zu streben. Immer weiter, immer höher. Denn wenn sie auch nur einen Moment stehenblieb, durchatmete, dann müsste sie sich mit ihren vergangenen Taten, ihrer inneren Zerrissenheit und all dem auseinandersetzen, was sie in den letzten Jahren anhäufte. Soraya aber zeigte Arion nichts davon. Nur ihre Sturheit, die Stärke und Zähigkeit, die sie bereit war herauszuholen – bis sie umfallen würde! Dann wäre es eine Schwäche ihres Körpers, nicht aber ihrer Psyche. „Ihr habt wirklich Mumm und Durchhaltevermögen, Fräulein! Von Fremden kenn ich das gar nicht!“ Sie schnaubte. Jetzt musste sie schon von einem 3-Käse-Hoch gelobt werden! Soraya seufzte tonlos und ließ nach außen hin nichts durchscheinen. Nachdem sie für einen Moment zu Atem gekommen und Arion dann gar 2 Extramünzen gegeben hatte, rappelte sich die Rothaarige wieder auf und klopfte sich die Hände sauber. Weiter gings! Zum Trödeln hatte sie Zeit, wenn sie in einer Kiste 6 Meter unter der Erde lag. Mit jedem Schritt, den Soraya auf diesem Vorsprung machte, jammerten und ächzten ihre Muskeln und Sehen. Dennoch blieb ihre Haltung aufrecht und ihr Gesicht verschlossen. Sie hatte schlimmeres überstanden. Nun… erlebt. Überstanden hatte sie es vermutlich eher schlecht als recht, aber das gestand sie sich hier und jetzt nicht ein. „Komm! Sehr weit ist es nicht mehr!“ Sie nickte, sodass er wusste, er solle vorausgehen und sie folgte dem Jungen. Es war schon erstaunlich, dass ein so kleines Kerlchen solch eine gute Ausdauer und Kenntnis der Umgebung besaß. Sie fragte sich unweigerlich, ob Arion lediglich aus Neugierde die Wege und Zuwege zur Mine kannte oder mehr dahintersteckte. Nach einer kurzen, stillen Wanderpause in denen Soraya besonders auf die schmalen Passagen achtete, blieb Arion stehen und deutete hinab. Das Dunkelblau folgte diesem Fingerzeig und sie erkannte die Treppe, als auch das Geröll. „Dort unten könnt Ihr die Ebene schon erkennen! Der Haufen Steine dort… darunter ist der Eingang zur Miene! Sieht verschüttet aus, ist er aber nicht. Tatsächlich ist er ganze drei Meter hoch, wenn man vor ihm steht!“ Es hob sich eine feingeschwungene Augenbraue und sie blickte skeptisch den Jungen von der Seite her an. Allerdings hatte inzwischen auch Soraya gelernt, dass er keinen Grund hatte, es sich mit ihr zu verscherzen. Und mit ihren beiden Extramünzen, hatte sie sich diese Sicherheit noch ein Stück mehr erkauft.

Soraya blickte zurück zum Abstieg. „Erklärst du mir mal, wieso ihr dort einen Eingang habt? Scheint mir nicht sehr plausibel, wenn man bedenkt, dass ihr aus der Mine Erze fördert.“, bemerkte sie nüchtern und eigentlich wollte sie auch keine echte Antwort haben. Im Grunde war es ihr einerlei, wieso die Dessarier es sich augenscheinlich so schwer machten. Aber es war womöglich auch nur eine Art Notausgang. Den anderen Eingang hatte man ja bewacht, wie sie sich durchaus erinnerte. Wie dem auch sei. Soraya machte sich auf den Weg, die letzten 30 Meter zu schaffen und tatsächlich war der Abstieg recht komfortabel. Nachdem sie es beide unfallfrei geschafft hatten, stand Soraya vor dem großen Tor. Ihr Blick kletterte die durchaus robuste Handwerkskunst hinauf und sie legte ihren Kopf in den Nacken, dass der geflochtene Zopf über ihr Gesäß reichte. Sie schnalzte anerkennend mit der Zunge. Tatsächlich sah man solch imposante Bauwerke nur am Boden. In Hymlia war alles ebenfalls imposant, aber auf andere Art und Weise. Und meist mit Hilfe von Magie geschaffen. Nun, das könnte hier auch der Fall sein, aber es wirkte dennoch wie von Menschenhand gebaut. Es war schlicht beeindruckend und das konnte sogar Soraya zugeben. „Angeblich haben riesengroße Bergwürmer diese Durchgänge in den Felsen gefressen! Das erzählen sich zumindest die Bergarbeiter in den Schänken! Sie sollen so groß sein wie der Durchgang und hunderte langer spitzer Zähne haben, die so scharf sind, dass sie durch den Stein schneiden!“ Die Erzählung von Arion ließ die junge Frau zu ihm zurückblicken. „Achja?“, ein feines Schmunzeln zeigte sich plötzlich. Es war jedoch nur teilweise amüsiert, mehr verlachend. „Aber das glaub ich nicht! Diese Würmer müssten den ganzen Stein ja schlucken und wohin dann damit? Dann würden sie ja immer dicker werden und irgendwann feststecken! Nein, ich glaube da an etwas ganz Anderes!“ „Und das wäre?“, fragte sie fast schon abschätzig. An Riesenwürmer glaubte sie nun auch nicht, aber im Grunde könnte alles wahr und nichts echt sein.
Die Welt war voll von Dingen, die man nicht erklären konnte und die überraschen würden, wenn man sie erführe. Wahrscheinlicher war doch, dass Dessaria sich hier den guten Ruf verdient hatte, indem Generationen von Bergbauarbeitern ihren Dienst getan hatten, um zu schürfen und abzubauen… Soraya trat mit Arion an das Tor heran und streckte ihre Finger nach dem Metallring am Tor aus. Etwas kitzelte sie im Nacken, sodass sie sich noch mal umdrehte und über die Schulter schaute. Trotz dessen, dass die Natur sich hier allmählich wieder zurückeroberte, was ihr einst genommen worden war, war es … ruhig. Fast schon zu ruhig, um nicht aufzufallen. Allerdings war Soraya niemand, der sich so schnell ins Bockshorn jagen ließ. Also widmete sie sich wieder dem Tor und zog an dem Ring, um zu prüfen, ob es sich öffnen ließ. Doch in jenem Moment, wurde das Summen und Pulsieren bemerkbar. Soraya engte die Augen, suchte die nähere Umgebung ab, bis sich die blutroten Runen zeigen. Sie zischte genervt und trat von der Tür zurück.

„Das… ich wusste das nicht!“, rief Arion in ihrem Rücken, doch sie überhörte seine Beteuerung. Soraya starrte auf die Runen, begutachtete jede einzelne, die immer stärker zu leuchten begann. „Verfluchte Scheiße!“, stieß sie aus und trat noch etwas mehr zurück. Sie schubste Arion ein wenig, damit auch er sich bewegte. „Weg da, Junge. Sonst wirst du noch gegrillt.“, murrte sie missmutig und wandte sich der Runenwand wieder zu. Sie kannte sich mehr schlecht als recht mit Runen aus. „Es… ich…!“ „Psht!“, zischte sie ihn an, während sie versuchte nachzudenken. Ihre Augen fixierten die Runen, die zwischen ihr und der Mine standen. Die unsichtbare Barriere war spürbar, sodass sie noch einen halben Schritt zurücktrat. „Ich wusste das nicht Fräulein! Wir… wir sollten schnell weg von hier!“ „Kannst du mal die Klappe halten, mit deinem Gejammer?!“, herrschte sie ihn an und hatte sehr wohl gesehen, dass er Angst hatte. Aber das war nicht ihr Problem. Sie hatte nun ein ganz anderes und das waren diese Runen. Sie war keine Runenmagierin. Folglich würde sie gegen diese auch nichts ausrichten können. Zeitverschwendung! Eine reine Zeitverschwendung! Soraya war genervt. „… das ist nicht gut…! Lass uns gehen Fräulein!!!“ Ihr Blick fiel auf Arion und sie packte nach dessen Kragen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. „Was weißt du über diese Runen?!“, fragte sie ihn und würde ihn leicht ruckeln, damit er sie ansah, sollte er abgelenkt werden. „Sieh nicht die Runen an, sondern mich! Konzentrier dich, Hasenfuß! WER hier in deiner Stadt wäre in der Lage dazu, diese Runen anzubringen?! Gibt es einen Magier, der sich damit auskennt?“, fragte sie ihn mit energischer Stimme. Der Zeitverlust, den das mit sich brachte, war schon ein echter Stimmungskiller. Soraya knirschte mit den Zähnen und ließ Arion wieder los. „Eines ist sicher! Wenn jemand so viel Aufwand betrieb, um den Zugang zu verwehren, dann ist darin etwas, das nicht gefunden werden soll oder … hinausgelassen. Ich muss da rein!“, betonte sie noch mal und funkelte Arion wieder an, ehe ihre Augen fast schon voller grausamer Vorfreude auf das Tor blickten.

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