Da hing Azrael nun … wie die erst kürzlich neu erworbene Tasche, fest aber liebevoll, in ihren zarten Händen. Er konnte sich wirklich glücklich schätzen, nicht vieles trug sie so gut gelaunt und voller stolz zur Schau. Seine, in ihren Ohren, melodischen Schrei, verzückten sie umso mehr und ein Lied, welches von purer Freude kündete, klang durch das ganze Anwesen.
Wie gerne wäre er einfach in die Dunkelheit versunken und nie wieder daraus erwacht. Aber aus irgendeinem Grund, war ihm dies nicht möglich oder besser gesagt, kaum möglich. Denn, immer wenn ihn eine Woge der Dunkelheit erfasst hatte und davon tragen wollte, weckte ihn etwas aus seinem sanften Schlummer. Meist war dies ein neuerlicher Ruck durch seine Glieder, weil sie ihn beschwingt durch die Gänge ihres Anwesens trug.
In dem einen Gang, wurde es dunkel u ihn herum, ohne dass er abgedriftet wäre. Es war eins seltsamer Gang, komplett aus Stein, mit einem Tonnengewölbe und Rundbögen an der linken Seite, in denen Statuen standen, die mit Kerzen Licht spendeten.
Er befand sich in einer wirklich seltsamen Verfassung … auf der einen Seite, drohte jeden Moment sein Bewusstsein zu versagen, aufgrund der unsagbaren Schmerzen, auf der anderen Seite, bekam er alles mit, als wenn er alleine hier entlang schleichen würde.
Neben den klackernden Geräuschen ihrer Absätze, erfüllte nun auch ein leises Stöhnen und Wimmern den Gang, welches fast schon im Einklang mit ihren Absätzen, eine groteske Tonfolge ergab.
Wenn er versuchte, den Ursprung der Klagelaute zu lokalisieren, dann wurde ihm bewusst, dass dies links von ihm gar keine Statuen waren. Es waren allesamt noch lebende Menschen, die mit Haken durch die Haut an der Wand befestigt waren. Dies alleine mochte vielleicht noch zu verschmerzen gewesen sein, schockierend war für ihn wohl der Anblick, dass alle Schädel geöffnet waren und in jedem Hirn eine Kerze oder vielleicht auch nur ein Docht steckte und diese, augenscheinlichen Menschen, eine ewigliche Fackel ergaben … und aus den dunklen Augen, sprach ein unbeschreiblicher, tiefer Schmerz.
Doch Azrael blieb kaum Zeit zum Nachdenken … wo war er hier gelandet?!
Als nächstes, bog sie nach rechts ab und stieg eine Treppe nach oben, ihn immer noch an der Wirbelsäule haltend. Hier erhellten ganz normale Fackeln, in eisernen Halterungen an der Wand die Treppe. Diese Mal war es eben jene, die pures Grauen in ihm weckte.
Die Treppe an sich, bestand aus ausgestreckten und zusammengenähten Händen, von Menschen aller Rassen und Herkunft. Sie waren wieder alle nackt, knieten dicht beieinander und er konnte sich denken, dass auch diese zusammengenäht waren, damit die Stabilität der Treppe nach wie vor gegeben sein würde. Damit die Stufen auch schön im gleiche Abstand zu einander verliefen, ruhten jeweils die Ellenbogen auf den Schultern eines Vordermannes oder eine Vorderfrau, bzw. waren sie dorthin hinein gerammt worden, so dass sie guten Halt im Schlüsselbein fanden.
Oben angekommen, schritt sie wieder durch einen golden erleuchteten Korridor, ehe sie abrupt nach links abbog und ein Zimmer öffnete, indem hastig ein paar Kerzen entzündet wurden.
Kurze Zeit später, lernte Azrael fliegen. Unfähig, seinen Unterkörper groß bewegen zu können, landete er unsanft auf etwas relativ weichem … was wieder dadurch wett gemacht wurde, dass ihm nun überall gut 10 cm lange Dornen ins Fleisch ragten.
Wenn Azrael bis dato gedacht hatte, dass er wüsste, was Schmerzen sind, so wurde er nun eines besseren belehrt … ja, er hatte wirklich Mist gebaut und dies ließ Shenyrra ich immer wieder spüren und wissen.
Hätte ihn jemand danach gefragt, wie viel Zeit vergangen wäre, er hätte mit Sicherheit auf die Ewigkeit verwiesen … und diese konnte mit Sicherheit Wahnvorstellungen nicht verhindern.
“Nein Pummelhase, du träumst nicht…”, wisperte sie ihm ins Ohr. “… Und jetzt, mein XXX, genieß die Schau.!” Was auch immer das werden sollte, es war grotesk.
Shenyrra verschwand, grelle Lichter wurden auf Azrael gerichtet und er selbst, wurde auf dem stacheligen Kissen, auf dem er immer noch lag, halb aufgerichtet. Dann begann der Wahnsinn!
Von irgendwoher, erklang Musik, die der auf Jahrmärkten sehr ähnelte. Ein Vorhang aus Haut öffnete sich und gab dahinter einen großzügigen Raum frei, der mit Allerlei aus menschlichen Körpern dekoriert war. Zudem traten Dämonen in Hülle und Fülle auf, sie wirbelten sich durch die Gegend, tanzten, bis sie blutende Füße oder Hufe hatten oder gleich tot umfielen und untermalten dies alles, mit einem Gesang, der da so gar nicht zu passte … höllisch schön.
Der dramaturgische Bogen war gut hörbar und fand seinen Höhepunkt in Shenyrras Auftritt.
Atemberaubend schön und mit einer begnadeten Stimme, setzte sie ebenfalls an.
Sei hier Gast, sei hier Gast,
ja wir foltern ohne Hast.
Die Geige um den Hals, Chérie,
dass du hier nichts verpasst.
Soupe du jour in teriene,
wir sind hier um dir zu dienen
versuch mal das da schmeckt vorzüglich!
Frag's Dämönchen, du weißt, das lügt nicht.
Beim Röcheln und beim Schreien
denkt man gleich nur an: Leckre Nascherein!
Leise Schreie werden
von jedem hier gehasst.
Lies sie genau, die Karte.
Sie ist von unserer Warte,
sei hier Gast, sei hier Gast,
sei hier Gast!
Pansenragout, ein Soufflé
und den Menschen in Gelee.
Wir richten her und das mit Flair,
ein kulinarisch' Cabaret.
Bist allein und im Leid,
ist das Feuer für dich bereit.
Hier soll keiner lamentieren,
wenn Dämonen sich amüsieren.
Wir erzähl'n als wär's nix,
jeden neuen Folterwitz.
Und worauf du wetten kannst,
das hat Geschmack!
Komm und erheb deine Adern,
wir gönnen dir das Martern,
du bist hier Gast.
Drückt dich 'ne Last,
gönn dir doch Rast.
Sei hier Gast, sei hier Gast,
sei hier Gast!
Sei hier Gast, sei hier Gast,
schenk' der Seele etwas Rast.
Ich empfehl' dir für das Entreé
von dem Buffet, was dir gut passt.
Hier das Herz, da der Darm,
und die Augen noch ganz warm.
Dieser Spaß für jede Kammer
schafft im Haus nur Wohlgejammer.
Leiber tanzt! Blut das singt!
Dass ein fröhlich Lied erklingt.
Wen bewegt denn hier noch
Trübsal oder Last?
Und wenn sie ruft: "Encore!",
klingt's wie ein Lob im Ohr.
Sei unser Gast! Sei hier Gast!
Sei hier Gast.
Folterknecht:
Oh, ein Gast! Oh, ein Gast!
Meine Seel', nun sei gefaßt.
Hier der Trank und Herrin sei Dank,
dass frisch gebügelt der Damast!
Sie will Blut zum Dessert,
bring die gold'nen Tassen her,
wenn die Tassen Tanz nicht scheuen,
werd ich brodeln, werd ich bräuen.
Ich folter' kochendheiß.
Hier ein Stummer?
Nun, ich verzeih's.
Brecht ihn weg,
wir woll'n doch nur,
dass alles passt.
Alle + Folterknecht:
Soviel der Lauferei.
Folterknecht
Vom Knochen eins,
nein, zwei.
Bist unser Gast.
Unser Gast!
ALLE + Folterknecht:
Unser Gast, unser Gast!
Sei hier Gast, sei hier Gast,
sei hier Gast!
An dieser Stelle nun, folgte eine sensationelle Tanzeinlage, derer sich die Kritiker im Harax noch ewig später sicher waren, das die ihres Gleichen suchte.
Mit mehr oder weniger fließenden Bewegungen, räumte das Ensemble den Platz für die ‘Grande Dame’, die ‘Famme Fatal’ … Shenyrra. Selbst die ‘Feet of Torture’ mussten kommentarlos und zerfressen, im wahrsten Sinne des Wortes, vor Neid das Feld räumen.
Damit Azrael auch wirklich gut sehen konnte, öffnete sich der Boden, Schreie waren zu hören und ein leicht süßlicher, stark fauliger Geruch, erfüllte den Saal.
Eine Art Podest wurde nach oben gefahren. Es waren nackte Wesen, beiden Geschlechts, die verdammt eng aneinander knieten. Man hatten ihnen die Beine unterhalb der Knie abgetrennt, denn der Unterschenkel hätte zu viel Platz weggenommen. Die Oberschenkel waren auf der Hälfte nach hinten gebogen, damit man die Körper besser mit großen Eisennadeln festpinnen konnte. Die Oberkörper waren eingedrückt und aneinander genäht, was dem ganzen eine gute Stabilität verlieh … hauptsache, die Köpfe waren nah an einander. Damit ihre Absätze gut zu hören waren, waren die Schädelplatten freigelegt worden. Zu lautmalerischen Unterstützung, klapperte das Podest im takt, mit den Zähnen.
Grünliche Flammen loderten hinter dem Podest auf und boten den richtigen Rahmen, für Shenyrras unglaubliche Künste. Sie tanzte, bis die Schädel platzten und die Hirne in Stücken von Azraels Körper flossen.
Dann nahm die Show wieder ihren Gang.
Shenyrra:
Es kann so deprimieren,
kann ein Knecht mir nicht servieren.
Fühlt sich hohl, denn Gäste-
Wohl hat er im Sinn.
Ah, wo ist die Zeit,
als man uns brauchte.
So plötzlich war
die schöne Zeit dahin!
Ewig dem Guten nur trutzen,
wir wollten soviel mehr als Brutzeln,
brauchen Übungen,
eine Chance für das Talent.
Den ganzen Tag
vertrödeln wir im Hause,
müde, fett und dösig,
da kommst du,
und wir sind fröhlich!
Alle:
Sei hier Gast! Sei hier Gast!
Was sie will, ist uns nie Last.
Seit zwei Tagen hatten
wir schon keinen Gast
hier im Palast.
Für dein Wohl, für deine Qual,
sorgen wir doch ideal.
Wenn die Kerzen in dir glühen,
wollen wir für dich uns mühen.
Gang für Gang.
Dann und wann,
bis du rufst: "Nun haltet an!"
Dann erholst du dich
mit Sex von dem Ballast,
leg dich zur Ruh' indessen,
erst wirst du aufgegessen.
Sei hier Gast! Sei hier Gast!
Sei hier Gast! Sei unser Gast!
Warum auch immer, aber diese Gesangseinlage, blieb ihm im Gedächtnis und an die würde er sich noch Zeit seines Lebens erinnern können. Wie lange auch immer dieses kuriose Spektakel an hielt, Azrael wusste es natürlich nicht.
Irgendwann dann, herrschte Ruhe … lediglich das sachte Klacken von Absätzen auf dem Steinboden, verriet ihm, dass er nicht alleine war. Shenyrra trat langsam an ihn heran, sie grinste und setzte sich zu ihm.