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von Dormian Arboris » Samstag 25. Juni 2011, 14:12
Dormian nickte etwas unsicher, als Aios Nachricht verpuffte. Er musste sich also alleine durch dieses Anwesen kämpfen. Jetzt war der Magier auf sich allein gestellt, doch gleichzeitig sollte dies auch eine Chance sein, sich zu beweisen und herauszufinden, ob er wie sein Vater für Abenteuer geschaffen worden war. Dies war der Moment, in dem der Bursche beweisen durfte, was in ihm steckte. Lucrecious war bei ihm, das wusste er und dies gab ihm auch die Gewissheit, siegreich zu sein. Vorsichtig umrundete Dormian also das Anwesen, den Stab mit beiden Händen umklammert, die Sinne bis zum Zerreißen gespannt. Hier wimmelte es von Untoten, doch glücklicherweise hatte ihm Van Zan ja die Verbesserung an seine Waffe geschmiedet. Denn Dormian zweifelte daran, dass seine Zauber ausreichen würden, untotes Leben zu beenden. Irgendwo war in einem Buch mit zweifelhafter Herkunft gestanden, dass man unheiliges Leben nur beenden konnte, indem man die Verfluchten köpfte. Ob etwas an dieser Behauptung dran war, das sollte sich in Kürze herausstellen.
Ein Blick um die Ecke der Hausmauer verriet dem Zauberlehrling, dass zwei Untote sich vor dem Haupttor herumtrieben. Sie schlurften stöhnend und mit schlaff herabhängenden Armen umher, die gebrochenen Augen rollten dabei scheinbar ziellos von einem Fixierpunkt zum nächsten. Dormian zog seinen Kopf langsam wieder zurück und sammelte seine Kräfte. Die Runen des Stabs leuchteten bräunlich auf, der Boden unter dem Magier waberte kurz wie erhitzte Luft, bis dieser die Augen öffnete und dieser intensive Glanz wieder zu sehen war. Entschlossen und ohne weiter zu zögern verließ Dormian seine Deckung und schritt offen auf den Eingang zu. Der Stab schlug dabei rythmisch mit den Schritten seines Besitzers auf den nun bepflasterten Boden, worauf die untoten Wächter natürlich sofort auf ihn aufmerksam wurden. Sabbernd und ächzend ergriffen sie die rostigen Stachelkeulen an ihren losen Gürteln, leckten sich über die rissigen, fauligen Lippen und schlurften blutdürstig auf den Eindringling zu. Dieser ging unbeirrt weiter und wirkte unterm Vorrücken seinen ersten Zauber. Er vollführte eine Drehung um die eigene Achse, holte dabei mit beidhändig geführtem Stab aus und schlug mit vollem Schwung horizontal in die Luft. Der Boden unter ihm bekam wie durch eine Druckwelle erschüttert Risse und keine Sekunde später zischten mehrere Handvoll Gesteinssplitter auf die Untoten zu. Dabei hatte Dormian aber nur auf einen der Beiden gezielt, welcher frontal von den Geschossen erwischt wurde. Fleisch und Knochen zerbarsten wie Papier, traten hinter dem Ziel wieder aus dessen Körper und warfen es durch die Wucht des Aufpralls nach hinten. Der Kamerad des Niedergestreckten brüllte auf, warf sich mit voller Kraft nach vorne und wurde dabei gebührend von Dormians Stab empfangen. Der Bursche machte einen Ausfallschritt zur Seite, ließ den plumpen Hieb des Angreifers an sich vorbeischnellen und sofort darauf trieb er so stark es ihm möglich war das beschlagene Stabende in den Magen des Zombies krachen. Dieser heulte gepeinigt auf, ging zu Boden und hielt sich in Höllenqualen die getroffene Stelle, welche wie durch eine Verbrennung zischte. Das Fleisch des Untoten begann, sich aufzulösen, doch Dormian beschleunigte sein Dahinscheiden, indem er an ihm vorbeischritt und den ohnehin morschen Schädel mit seiner Waffe zertrümmerte. Der zweite Zombie wurde auf die gleiche Weise ausgeschalten und so schnell es Dormian möglich war, huschte er durch die Pforte und verbarg sich im Schatten der Säule einer Eingangshalle. Der Krach würde jeden im Schloss darauf aufmerksam machen, dass jemand hier war, der nicht als eingeladen galt. Adrenalin rauschte durch die Adern des jungen Zauberers, der seinen ersten Kampf auf dieser Reise soeben siegreich beendet hatte. Seine Gegner rührten sich nicht mehr, lagen im Dreck und waren vernichtend niedergestreckt worden.
"Urgeist, steh mir bei. Ich hoffe, du stehst mir weiterhin bei", raunte Dormian erleichtert und sandte ein kurzes Stoßgebet an seinen Gott. Vorsichtig verließ der Adept sein Versteck und machte sich mit der Umgebung vertraut. Er stand in einer geräumigen Eingangshalle, die bis zum jetzigen Zeitpunkt leer war. Alte Kronleuchter hingen von den Decken, ein abgetretener Samtteppich zierte den Weg bis zu der großen Treppe, welche symmetrisch angelegte Aufgänge besaß, die seitlich nach oben in das erste Stockwerk führten. Doch soeben traf weiteres Personal ein, wie der Zauberer schluckend feststellen musste. Drei weitere Untote schlurften vom oberen Teil der Treppe nach unten; offenbar sollten sie den Geräuschen von eben auf den Grund gehen. Aio und Van Zan verließen sich auf ihn und da jede Sekunde zählte, entschloss sich Dormian dazu, sich nicht zu verstecken und eiligst einen Weg nach oben zu finden. Er verließ seine Deckung und lief scheinbar planlos genau unter das feindliche Trio, welches umgehend aufbrüllte und versuchte, den Eindringling zu zerfleischen. Mit ganzer Kraft packte der Arboris seinen Stab, hob ihn mit beiden Händen und trieb ihn mit einem Schrei in den Boden, welcher von Magie durchflutet wurde und keine Sekunde zu früh dem Befehl des Magiers gehorchte. Die Untoten schlugen mit Pranken und Schwertern nach ihm, doch ihre Bewegungen verharrten plötzlich. Mit zusammengebissenen Zähnen öffnete Dormian zaghaft sein rechtes Augenlid und atmete erleichtert auf, als er den Erfolg seines Angriffes betrachtete. Dort, wo die Zombies zuvor gestanden hatten, waren drei mannsgroße Erdspitzen in die Höhe geschossen und hatten ihre Ziele rechtzeitig aufgespießt, bevor diese auf Dormian losgehen konnten. Scheinbar schien etwas an der Behauptung mit dem Köpfen der Toten wahr zu sein. Die Gehirne waren sauber durchbohrt worden und außer gelegentlichem Zucken schienen die Opfer tatsächlich tot zu sein. Doch nun war keine Zeit für lange Forschungen und Philosophie. Der Erdadept eilte so schnell es ihm möglich war die Treppe hinauf, immerzu lauschend und spähend nach der nächsten Gefahr.
Im ersten Stock schwer atmend angekommen, verharrte Dormian einen Moment vor der Tür, welche den Korridor jenes Stockwerkes einleitete. Seine Magiereserven waren zwar glücklicherweise noch nicht ausgeschöpft, doch ihre allgegenwärtige Einsetzbarkeit strengte den Geist Dormians an. Er konzentrierte sich und versuchte, seinen Körper unter Kontrolle zu bringen. Nach einigen tiefen Atemzügen verschwand dieses berauschende Gefühl, das während des Kampfes an die Oberfläche geschwappt war und mit klareren Gedanken öffnete der Zauberer so leise wie möglich die Tür. Plötzlich schoss eine faulige Hand auf ihn zu, begleitet von einem wütenden Aufstöhnen und um Haaresbreite verfehlten die Krallen das Gesicht des aufschreienden Dormian, der nach hinten sprang und so dem nächsten Hieb des Zombies knapp entging, der auf der anderen Seite der Tür gelauert hatte. Dieser hechtete mit weit ausladenden Schwingern auf den Arboris zu, der durch den Schock nur ausweichen konnte. Geistesgegenwärtig ging der junge Mann in die Knie, strich über den Marmorboden und machte eine ausholende Geste mit dem Arm von unten nach oben, als wolle er dem Zombie einen Kinnhaken geben. Das hätte vermutlich jeder Krieger getan, doch schließlich hatte ein Magier einen Ruf zu verteidigen! Also zischte stattdessen ein faustgroßer Steinklumpen parallel zu Dormians nach oben schlagender Hand und krachte mit ganzer Kraft gegen besagten Kiefer des Untoten, der auch geräuschvoll brach. Dormian verlor keine Zeit und zog aus der Wand neben sich einen improvisierten Schild aus Gestein, der knapp den nächsten Hieb des Angreifers abblockte. Mit einem wütenden Aufschrei ließ Dormian den Schild bei der Berührung des Zombies zerplatzen und wie bei seinem ersten Gegner durchbohrten zahlreiche Splitter den feindlichen Körper, welcher mit zerplatztem Schädel zu Boden ging. Ächzend sank auch Dormian in die Knie und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der häufige und so rasend schnelle Einsatz seiner Zauber machten ihm zu schaffen. Die magischen Angriffe an sich verbrauchten zwar nicht viel seiner Reserven, doch dieser plötzliche und ruckvolle Einsatz erhöhte die Anstrengungen der Beschwörung erheblich. Doch zum Ausruhen blieb nicht viel Zeit, denn vier weitere Untote wurden auf den ungebetenen Gast aufmerksam. Ächzend stemmte sich der junge Magier auf die Beine und erkannte mit sichtlicher Erleichterung, dass am Ende des Korridors eine Treppe nach oben führte. Das zweite Stockwerk war nicht mehr weit und mit dieser Aussicht schöpfte Dormian neue Hoffnung, lebend aus diesem Haus herauszukommen.
"Ihr könnt mich nicht brechen!", schrie er den heranschlurfenden Gestalten entgegen, die rostige Schwerter, Keulen oder herausgerissene Möbelteile mit sich führten. Den Stab behutsam und konzentriert schwingend lief der Zauberer auf seine Feinde zu und in seinen Augen stand wilde Entschlossenheit geschrieben. Der schüchterne und zaghafte Lehrling aus der Universität existierte in diesen Stunden nicht mehr.
Wie eine Lanze bohrte Dormian das beschlagene Ende des Stabs in das Gesicht des heraneilenden Zombies, der jaulend gegen seinen nachrückenden Kameraden gepresst wurde. Dormian zog den Stab zurück, griff mit der flachen rechten Hand nach der Wand und zog das Gestein zu sich heran. Eine luftige Gesteinshülle hatte das Gliedmaß umschlossen und keinen Herzschlag danach schlug der Arboris auch beherzt zu. Der Schlag des körperlich schwachen Lehrlings fügte dem gefühllosen Monster keinerlei Schaden zu, doch dummerweise lösten sich aus der Gesteinshülle empfindlich spitze Splitter, die beim Körperkontakt in die Haut eindrangen und abermals das Gehirn durchbohrten. Zuckend ging der zweite Feind zu Boden, während Dormian zurückwich und schwitzend sein Gleichgewicht zu halten versuchte. Seine Kräfte wurden stark strapaziert, doch er durfte und würde nicht aufgeben. Bei Feylin, sein Vater hatte es auch nie getan, das wusste er!
"Ihr kriegt mich nicht, Mistviecher! Hörst du, Faust?! ICH kriege DICH!!", brüllte Dormian und wich dem nächsten Hieb mit einem Stuhlbein aus, indem er in die Knie ging. Als Konter schlug er mit der Faust auf den Boden, worauf sich davor eine schräge Lanze formte, die im 45°Winkel den Magen des Zombies durchbohrte. Dormian wirbelte herum und pfefferte dem Aufgespießten das für diesen gefährliche Stabende gegen die Wange, welche wie von einer gefährlichen Verbrennung zerfressen wurde. Der letzte Untote wackelte, mit einem Morgenstern bewaffnet, auf den Zauberer zu. Dieser sammelte den letzten Rest seiner gerade verfügbaren Kräfte und schlug aufschreiend mit der rechten flachen Hand gegen die Wand zu seiner Linken. Synchron dazu verformte sich plötzlich die Wand zur Linken des auf ihn zukommenden Zombies und als primitiver Rammbock zerquetschte diese das untote Opfer. Verfaulte Körperflüssigkeiten spritzten umher, Knochen barsten und als sich die Wand zurückzog, ging der letzte Verteidiger des Stockwers wie eine erschlagene Fliege zu Boden. Das war fast zu viel für den tapferen Zauberer gewesen, der abermals in die Knie gehen musste und nach Luft rang. Sein Kopf und sein ganzer Körper schmerzten, als habe man ihn auf eine Streckbank gespannt. Es half nichts, das wusste Dormian. Daher riss er sich zusammen, hielt nur einen Moment lang inne und stand schließlich schweißgebadet auf. Ein paar weitere Atemzüge folgten, damit er zur Ruhe kam; zitternd blickte der junge Arboris zurück und sah die Zombies, die von ihm allein vernichtet worden waren. Das hatte der Bursche geschafft... ganz allein? Nein, Lucrecious´ Ring und sein Glaube an den Urgeist waren es gewesen, die ihm diesen Sieg ermöglicht hatten. Dies alles und der Wille, die Studenten zu retten, welche den Gefährten von Faust zum Opfer fallen sollten. Das würde er nicht zulassen.
"Ich komme, du Bastard", hauchte Dormian, wischte sich den Schweiß von der Stirn und marschierte auf den Treppenabsatz zu, der ihn in den zweiten Stock führte. Für Schwäche war jetzt keine Zeit, es mussten Taten folgen.