An den Stallungen

Ein magisches Tor gewährt Einlass in die Stadt der Magier. Wachen sind keine zu sehen, aber Abgesandte des Magierrates durchleuchten auf zauberhafte Weise jeden Besucher ihrer Heimat und sortieren verdächtige Individuen aus. Notfalls könnten aber auch die seltsamen, röhrenartigen, magischen Kanonen dafür sorgen, den Zugang zu verwehren.
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An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Samstag 23. April 2011, 22:42

[Dormian kommt von hier: Universitätshospital]

Alle Anzeichen deuteten darauf hin, dass es heute ein sonniger, wenn auch etwas kühler Tag werden würde. Der Himmel, wolkenlos wie selten, strahlte in einem herzhaften Blau, als Dormian sich eilig seinen Weg durch die Wohnviertel von Zyranus bahnte. Der schwache Wind, der immer wieder auf- und abflaute, war das einzige Geräusch, dass zu hören war und dann auch nur, wenn er scharf um die verwinkelten Ecken der magischen Stadt sauste. Wie schon an dem Morgen, an dem er zusammen mit seinem vermeintlichen Freund Rufus zur Erforschung der Kammern unterhalb der Universität aufgebrochen war, begegneten ihm nur wenige Passanten, die bereits so früh auf den Beinen war. Der Großteil der Stadt schlief noch, oder saß grade bei einem deftigen Frühstück. Ein paar Kinder, eindeutig noch zu klein, um zur Ausbildung geschickt zu werden, spielten auf der Hauptstraße, welche die kürzeste Verbindung zum Stadttor darstellte und damit Dormian unmittelbarer Weg war. Als der aufgelöste, junge Magier an den Kindern vorbei lief, stoben diese kurz auseinander und starrten dem Fremden hinterher, der sie kurzzeitig aus ihrer Spielwelt gerissen hatte.
Das verzauberte Tor lag nun direkt vor dem Erdmagier, weit geöffnet und durch einen Bann versiegelt, der Fremde vor einem unerlaubten Eindringen abhielt. Hinaus zu gelangen, dass war etwas anderes, denn daran wurde niemand gehindert, nicht einmal jemand, der Tags zuvor aus der Stadt verbannt worden war. Es gab ein Losungswort, einen magischen Spruch, der ein passieren von der anderen Seite erlaubte, doch gegen die Ausgestoßenen und Abtrünnigen hatten die Baumeister des Tores ihre eigenen Banne gewoben. Sobald Dormian durch den schimmernden, durchsichtigen, blauen Schild gegangen war, würde er wohl nicht mehr so schnell wieder nach Hause können. Dabei war es doch nur ein einziger, winziger Schritt ... den er aber tun musste! Er hatte ja gar keine andere Wahl. Wenn er die Stadt nicht verlassen würde, so würden die Abgesandten bald Jagd auf ihn machen. Und gegen die perfekt ausgebildete, magische Polizei, hatte er nicht den Hauch einer Chance. Es hieß jetzt nur ein mal kurz einzuatmen, dann wäre es geschehen. Augen zu und durch ...

Auf der anderen Seite des Tores war es nicht wirklich anders als im inneren der Stadt. Die selbe Luft umgab den Erdadepten, der selbe frische Wind wehte um seine Ohren, selbst der Geruch war nicht anders. Wenn man einmal von dem eindringenden Aroma von Pferden absah, das deutlich in der Luft hing. Ein paar Meter weit vom Portal entfernt, war zur Linken eine niedrige Unterbringung für Pferde errichtet worden, während sich auf der anderen Seite ein paar baufällige Katen befanden, die gelegentlich von Reisenden bewohnt wurden, die keinen Einlass in die Stadt erhalten hatten. Einige Pferde standen vor dem schlichten Stall und grasten. Ein weißes und ein dunkelgraues Reittier waren gesattelt und mit Gepäck versehen worden, während ein braunes Tier etwas abseits stand und lediglich einen Schlichten Sattel trug. Neben dem grauen Pferd stand ein Mann und bearbeitete den Hals und die Mähne mit einer Bürste. Der mitgenommene, eng anliegende schwarze Mantel flatterte leicht im Wind, ebenso wie die zerrupfte, weiße Feder an seinem Schlapphut. Der Mann stand mit dem Rücken zu Dormian, doch trotzdem hatte er irgendetwas markantes an sich, etwas, das dem Erdmagier verdammt vertraut vor kam.
An seiner Seite baumelte ein langer Köcher, in dem breiten Ledergürtel, der über den staubigen Mantel gespannt war, steckten reihum viele, silbern glänzende, kurze Messer. Aber was wohl wirklich in Dormians Erinnerung hängen geblieben war, war die fein gearbeitete, schlanke Armbrust, die in ihrer Halterung auf dem Rücken des Unbekannten ruhte. Die sah nämlich fast so aus, wie etwas das perfekt dazu geeignet war, Mantikore einen Bolzen in den Nacken zu jagen.
Als hätte der Fremde Dormians Blicke in seinem Rücken gespürt, drehte er sich halb herum und warf dem Neuankömmling einen Blick zu. Das gräuliche Gesicht mit dem ungepflegten Dreitagebart schien nicht überrascht, den jungen Arboris zu sehen und wandte sich daher gemächlich wieder der pflege seines Rosses zu. Als er sich schon wieder umgedreht hatte, nickte er undeutlich in Richtung der Pferdeunterstellungen. Von oben auf dem Dach stiegen Seifenblasen auf, die von dem Wind zu Dormian getragen wurden und in der nähe des Portals zerplatzten. Etwas magisches lag in dem Anblick, etwas unbegreifbar anziehendes. Ohne zu wissen wieso, wurden Dormians Schritte zu der alten Stallung gelenkt, unfähig zu erkennen, was sich da oben abspielte. Er passierte die Höhe des bewaffneten Mannes, ohne das dieser ihm seine Aufmerksamkeit schenkte, bis der jüngste Spross der Arboris direkt unter der Kante des schrägen Dachs stund.
Unvermittelt begann das weiße Pferd, dass der Unterbringung am nächsten Stand zu wiehern und zu scharren. Die seltsam klugen Augen sahen starr zu dem Erdmagier hinüber. Und dann tauchte ein weiteres paar Augen auf. Der Kopf einer blonden Frau schob sich kurz über den Rand des Daches, als das Ross sich so merkwürdig gebar. Etwas, dass sich anhörte wie eine Mischung aus Kichern und das Mauzen einer Katze erklang, dicht gefolgt von einem “Fang mich auf!“, da hüpfte die Besitzern der schönen, mandelförmigen Augen auch schon über die Kante. Ohne darüber nachzudenken riss Dormian die Arme Hoch, doch das Gewicht der jugendlichen Frau war eindeutig zu viel für die schmächtigen Muskeln des Zyraners. Für einen Moment schwankte die Blondine in Dormians Armen, dann gaben diese nach und sie plumpste auf den Boden, wobei sie ihren vermeintlichen Fänger mit sich runter zog.
Sich den anscheinend schmerzenden Po reibend stand die Frau wieder auf und begann sich den Staub von ihrem kurzen Rock zu klopfen. ”Mensch, dass tat weh. Hab ganz vergessen, dass ihr Zyraner nicht dazu gemacht seid, eine holde Maid aufzufangen.” Erneut kicherte sie wie eine schnurrende Katze, dann, als sei ihr grade erst klar geworden, dass Dormian zu ihren Füßen lag, schlug sie sich zuerst erschrocken die Hände vor den Mund und half dann, ihren „Retter“ auf die Füße zu ziehen. Als der Arboris-Spross wieder auf den Beinen war, hüpfte sie überraschend nach vorne und umarmte ihn, wie einen lange nicht gesehen Freund. Der dünne Seidenstoff ihrer kurzärmligen Bluse schmiegte sich feste an Dormians Oberkörper und sie hatte den Mund zu einem fröhlichen Grinsen verzogen. ”Oh ist das schön, dich wohlauf zu sehen Schätzchen.”
Endlich lies die Elfe – denn durch das ganze Gewusel waren die Spitzen Ohren unter der blonden Mähne sichtbar geworden – von dem Adepten los, hielt diesen aber weiterhin an den Schultern. Sie war fast einen Kopf kleiner als Dormian und musterte diesen mit einer pikierenden Genauigkeit. ”Verdammt bist du groß geworden, kleiner Dormi. Das ist mit das letzte mal gar nicht aufgefallen. Als ich dich das letzte mal gesehen habe, warst du noch so klein das ich dich in den Armen halten konnte und du hast mit meinen Haaren gespielt. Aber daran erinnerst du dich wohl nicht mehr, was? Und ein hübscher Bursche bist du auch geworden, fast der Vater was? Aber ganz eindeutig mit dem selben Talent in Schwierigkeiten zu geraten!” Das alles sprudelte in einem unglaublichen Tempo hervor, das fast schon ans überschlagen grenzte. Wenn sie nicht hätte Luft holen müssen, hätte sie wohl noch eine weile so weiter gemacht, doch jetzt lächelte sie nur, klammerte sich an den Arm des jungen Mannes und führte diesen zu den Pferden hinüber.
Der schwarzhaarige Mann sah für einen Moment von seiner Arbeit auf und betrachtete das seltsame Paar. Dann schüttelte er nur den Kopf, als wäre es unter seiner Würde, irgendetwas zu kommentieren und machte sich wieder daran, sein Pferd zu striegeln.
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Samstag 23. April 2011, 23:24

Nachdem Dormian wieder aufgestanden war, bedachte er die Frau vor sich mit einem erschrockenen und zugleich fragenden Blick. Wer zum Teufel war das?
"Ähm...", kam es aus dem Mund des jungen Magiers, doch die Stimme versagte ihm. Die Trauer vom Abschied von seiner Familie vermischte sich mit der Angst und gleichzeitig Freude der bevorstehenden Reise, aber nun kam auch noch dieses hilflose und ahnungslose Gefühl dazu, als er diese Person vor sich sah. Nein, dieses Gesicht hatte er definitiv noch nie gesehen; die schlanke, nicht gerade hässliche Frau aber schien das besser zu wissen.
"N-nein, tut mir Leid, ich kann mich wohl... nicht erinnern. Aber da ihr meinen Vater kennt... wer bei allen Geistern Celcias seid ihr?!", entfuhr es dem Erdmagier nun doch etwas ungebildet und gezwungen. Sein gebildetes und wohl erzogenes Mundwerk versuchte, ihm eine gehobene Aussprache aufzuzwingen, doch das würde in absehbarer Zeit nicht viel bringen. Wieso dann nicht etwas Neues probieren.
"Es hieß, ich soll hier bei Sonnenaufgang antreten und dann verschwinden. Braucht es zwei ähm.... Fremde, um mir den Weg nach draußen zu zeigen, oder traut man mir nicht zu, die Zügel eines Pferds in die Hand zu nehmen? Ich... uff... entschuldigt..."
Dormian rieb sich das Nasenbein mit dem rechten Zeigefinger und Daumen, überlegte einen Moment.
"Ich b-bin nur etwas durcheinander. Also nochmal.... wer seid ihr? Woher kennt ihr meine Familie und... ja, das war´s auch schon...", seufzte der junge Mann und setzte sich auf ein geschlossenes Fass, in dem wohl Wasser oder Futter für die Pferde hier aufbewahrt wurde. So viele neue Eindrücke drangen auf ihn ein, und das nach nicht einmal einer Stunde außerhalb von Zyranus. Allein der Geruch der Reittiere, so seltsam das auch klingen mochte, faszinierten ihn. Er war es schließlich gewohnt, in einem sauberen Familienhaus und einer gepflegten Universität aufzuwachsen. Die großen Gäule und Stuten machten ihm zudem zwar nicht zwangsläufig Angst, sondern eher jagten sie ihm einen Schauer über den Rücken, das man verspürte, wenn etwas unerwartetes und neues geschah. Ohne, dass man sich sonderlich darauf vorbereiten konnte... Fragend glitt nun Dormians Blick wieder zu der unbekannten Dame vor ihm.
"Bekomme ich keine Antwort?", fragte er, etwas fertig mit den Nerven, aber dennoch ruhig und freundlich.

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 28. April 2011, 22:04

Für den Bruchteil eines Augenblicks schien es so, als würde das offenherzige Lächeln der blonden Elfe entgleisen, dann jedoch fing sie sich wieder und zeigte ihre strahlenden Zähne. Es schien sie nicht im mindesten zu stören, dass sie von Dormian nicht so offen und freundlich begrüßt wurde, wie sie selbst es grade getan hatte. Stattdessen stemmte sie ihre Hände gegen die Hüften und näherte sich dem Adepten so weit an, dass ihr breitkrempiger Hut gegen dessen Brust stieß. Dann lehnte sie sich leicht nach vorne und legte den Kopf in den Nacken. Mit dem Gesichtsaudruck einer Mutter, die ihr Kind schalt ohne diesem wirklich böse zu sein stupste die hübsche Elfe ihm mehrmals gegen die Brust. „Na, na, na, dass ist aber nicht die feine Art Dormi! Immerhin habe ich dir das leben gerettet. Na gut, dass war dann vielleicht doch eher Van Zan, aber ich hab ihm gesagt, dass er das blöde Vieh töten sollte!
Während sie sprach deutete die Elfe mit dem Daumen über die Schulter auf den schweigsamen, düsteren Mann. Dieser sah kurz von der Pflege seines Pferdes auf und klopfte zärtlich gegen den Griff der Armbrust, die über seiner rechten Schulter heraus ragte. „Gern geschehen,“ war alles, was er dazu zu sagen hatte. Er rollte das R ziemlich stark und man konnte schon anhand dieser zwei Worte – die darüber hinaus nicht einmal so klangen als wäre es wirklich „gerne geschehen“ - einen kräftigen Akzent erahnen. Was wohl eindeutig klarstellte, dass dieser Mann nicht in Melongiar aufgezogen worden war und dementsprechend kein Zyraner sein konnte.
Die Elfe hatte sich indes bei ihrem düsteren Begleiter eingehakt und ihren Kopf gegen dessen Schulter gelehnt, als wären sie beide ein lange vertrautes Liebespaar. Daraufhin zog sie sich einen bösen Blick des Mannes ein, der dadurch bei seiner Arbeit behindert wurde. In kindischer Manier streckte die Elfe ihm die Zunge entgegen und baute sich dann in einer Pose vor Dormian auf, die Wohl ehrfurchtsvoll sein sollte. Tatsächlich wirkte auch das kindisch und irgendwie lustig. „Aber um dir zu zeigen, dass wir deine Freunde sind, werden wir über deine schlechten Manieren wegsehen und deine Fragen beantworten! Ich...
Die Elfe Atmete tief ein und schlug sich die Faust gegen die weißgekleidete Brust. „Ich bin Aiohlmana Amaterasu-Shurlehen. Aber du kannst mich ruhig Aio nennen, das machen alle. Und das hier ist mein Kamerad Elias Van Zan, der es allerdings vorzieht nur Van Zan genannt zu werden. Wir beide sind Mitglieder des Ordens der Hexenjäger!
Mit emporgereckten Kinn, verschränkte die Elfe, die sich selbst Aio nannte, die Arme vor der Brust. Anscheinend war aus ihrer Sicht heraus alles gesagt worden. Der schweigsame Van Zan schüttelte nur leicht den Kopf. Seine Hand zuckte kurz, als wolle er der Frau einen Schlag gegen den Hinterkopf verpassen, überlegte es sich jedoch anders. „Vater,“ brummte er stattdessen ohne den anderen beiden sein Gesicht zuzuwenden.
Aio schlug sich selbst ob ihrer Vergesslichkeit gegen die Stirn und ein leichter roter Schimmer legte sich über ihre Wangen. „Ich bin vor allem anderen auch eine gute Freundin deines Vaters. Daher sehe ich es als meine Pflicht, dem Sohn von Mesophes Arboris bei der ihm bevorstehenden Aufgabe zu unterstützen. Na ja, eigentlich mach ich mir ohnehin vorwürfe das es so weit gekommen ist und wir haben ohnehin beide das selbe Ziel.“
Zum Schluss war die Elfe seltsam ernst geworden, fast so als mache sie sich wirklich vorwürfe, dass Dormian sich in dieser Lage befand, oder auch dass er dieses Abenteuer in den Grabkammern erleben musste.
Ja, der Erdmagier hatte sowohl Aio als auch Van Zan bereits zwei mal gesehen. Das erste mal war es an dem Morgen gewesen, an dem er vor dem Eingang zur Universität auf Rufus gewartet hatte. Die beiden hatten sich über einen Mord unterhalten und waren durch das Portal gegangen. Das zweite mal hatte Dormian sie nur verschwommen gesehen, kurz bevor er nach dem Kampf mit dem Schlammgolem ohnmächtig geworden war. Und wenn er sich nicht ganz stark irrte, hatte sogar der große Avatar bereits den Namen der Elfe genannt ...
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Sonntag 1. Mai 2011, 11:30

Dormians Augenbrauen wanderten nach oben, als das Wort "Hexenjäger" fiel. Gleichzeitig fragte er sich zum ersten Mal, was sein Vater ihm wohl alles vorenthalten hatte, wenn er von seinen Jugenderlebnissen erzählt hatte. Jedenfalls waren diese beiden Gestalten noch nie darin vorgekommen. Andernfalls, was blieb ihm sonst übrig, als dem Glauben zu schenken, was diese Aio ihm da berichtete. Jetzt, wo er sie genauer betrachtete, schienen sie ihm tatsächlich bekannt vorzukommen. Vor der Universität waren sie an ihm vorbeigegangen; den finsteren Blick dieses Van Zan hatte er jedenfalls noch gut in Erinnerung.
"Naja.... dann entschuldigt bitte mein Verhalten, ich bin nur etwas durcheinander, das versteht ihr bestimmt. Wenn du eine Freundin meines Vaters bist, dann werde ich dir wohl glauben. Vorstellen muss ich mich ja demnach nicht mehr, oder?", zuckte Dormian mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Wenn wir das selbe Ziel haben, dann reisen wir zu den Trollen? Das wäre nämlich mein erstes Ziel gewesen, auch wenn es verrückt klingt. Aber ich habe nicht vor, es Faust einfach zu machen, wenn er sich das nächste Mal mit mir anlegt..."

Kurz hielt der Erdmagier inne und erinnerte sich an den Kampf mit dem Totenschänder. Rufus Faust hatte die Magie so selbstsicher und einfach kontrolliert, als sei sie so simpel wie das Alphabet oder die Nahrungsaufnahme. Das auch zu können beinhaltete tatsächlich eine gewisse Versuchung, der der junge Mann sich kurz erwehren musste. Nein, er würde nicht so werden wie dieser Mistkerl. Sicher, er musste die Magie ebenso gut beherrschen, ebenso selbstverständlich und problemlos. Aber er würde sie anders einsetzen. Nicht so arrogant und hochnäsig, sondern weise und respektvoll.
"Wieso habt ihr gewusst, dass ich da unten bin? Soweit ich weiß, ist uns niemand gefolgt und magische Alarmanlagen habe ich auch nicht bemerkt, auch wenn das nichts heißt. Und wieso macht ihr euch Vorwürfe?", griff er plötzlich eine weitere Frage auf und gleichzeitig wurde sein Blick leicht misstrauisch.
"Ich glaube kaum, dass ihr den Lauf der Dinge verändern konntet, wie es geschehen ist. Ihr hättet höchstens Rufus töten können, bevor er und ich da runter sind. Und seine Tarnung war gut, auch wenn ich glaube, dass eure Fähigkeiten nicht eben gering sind. Wie meinst du das also?"

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Sonntag 8. Mai 2011, 00:23

”Zu den Trollen? Ähh ... also ich weiß nicht ... nun ....“ Ein ernsthaft verwirrter Ausdruck bemächtigte sich des munteren Gesichts der Elfe. Langsam neigte sie ihren Kopf zur Seite, bis er schließlich ihre linke Schulter berührte, so als könnte sie de Gedankengänge des jungen Mannes besser verstehen, wenn sie ihn nicht mehr grade ansah. Wie an einem Scharnier ruckte ihr Schädel dann wieder nach oben, wobei ihre glatte, blonde Haarpracht langsam mitschwang. Ein paar mal sah sie noch verwirrt zwischen Dormian und dem schweigsamen Van Zan hin und her. Der hochgewachsene, magere Mann zuckte nur langsam mit den Schultern um klar zu machen, dass er dazu keine Meinung hatte.
“Naja, also nein, dann haben wir wohl doch nicht das selbe Ziel? Ich weiß ja nicht, was man dir alles erzählt hat, aber aus verlässlicher Quelle weiß ich, dass Faust vier junge Studentinnen entführt hat und beim nächsten Vollmond für ein Ritual benötigt. Damit bleiben uns noch gut zwei Tage und du kannst dir sicherlich vorstellen, inwiefern ein Magier wie der Heptarch wohl Gefangene in einem Ritual verwendet. Van Zan und ich jedenfalls, haben uns vorgenommen die armen Dinger vor diesem Schicksal zu retten. Und ich nachdem ich mit dem großen Avatar gesprochen habe, dachte ich dass du ein ähnliches Ziel verfolgst. Aber wir werden dich bestimmt nicht zwingen mit uns zu kommen. In dem Fall werden wir dir Schneehuf überlassen. Die gute Stute gehört ohnehin deinem Pa.“
Die Elfe steckte sich zwei Finger in den Mund und Pfiff kräftig. Das braune Pferd, dass etwas abseits gegrast hatte, hob den Kopf, seine Ohren zuckten kurz. Dann trabte es zu den drei Leuten hinüber, ohne irgendeine Art der Scheu zu zeigen. Als es näher kam, konnte man deutlich erkennen, warum die Stute ihren Namen trug, denn tatsächlich waren alle vier Fesseln schneeweiß. Mit geweiteten Nüstern begann es den jungen Arboris zu beschnuppern, ohne dem jungen Magier zu nahe zu kommen. Aio ging langsam um das schöne Tier herum und schlang kurz beide Arme um den kräftigen Hals, als sie sich wieder löste, klopfte sie dem gesattelten Ross sanft auf die Blässe.
Als Dormian dann fragte, wie die beiden Hexenjäger ihn und Faust in den tiefen der Universität gefunden hatten, versteinerte sich ihre Miene. Langsam griff die Elfe sich durch den Kragen unter das weiße Hemd und zog einen kleinen Beutel hervor, der an einer Kordel um ihren Hals hing. Mit fahrigen Fingern öffnete sie den Verschluss und zog etwas heraus, dass aussah wie eine Spiegelscherbe. ”Faust besitzt einen Spiegel der Verbindung, den er dazu benutzt um mit seinen engsten Kreis, seine drei „Fürsten“, in Kontakt zu treten. „Fürst“ ist übrigens ein Titel, den wir Hexenjäger vergeben und der für die zweitschlimmste Art von Schwarzmagiern steht. Das hier ist weder der rechte Ort, noch die rechte Zeit für die Geschichte, wie ich an diese Scherben gekommen bin. Auf jeden Fall hat Faust dort unten mit seinen Dienern gesprochen und verkündet dass alles wie geplant geklappt hätte und das er „den Jungen“ – sprich dich – in der Kammer der Erde zum Sterben zurück lassen würde. Daraufhin hat dann seine schlimmste Untergebene, seine rechte Hand verkündet dass auch bei ihr alles gut laufen würde und sie die vier Mädchen in ihre Gewalt gebracht hatte. Wir mussten dann nur noch zwei und zwei zusammen Zählen, standen vor der Wahl, dein Leben oder Faust und haben uns für dich entscheiden. ICH habe mich für dich entschieden”
Mit einer seltsamen Miene versetzte sie Van Zan einen Seitenblick, der inzwischen aufgehört hatte, sein graues Pferd zu striegeln und stattdessen, wie Dormian auch mit verschränkten Armen da stand und anscheinend der Geschichte von Aio lauschte. Auch sein Gesicht war unergründlich, aber immer noch war ein düsterer Schatten nicht zu verkennen.
”Das ist es eben,”meinte die hübsche Elfe schließlich und lies die Schultern hängen, “Van Zan und ich haben uns einzig und alleine auf Rufus Faust und seinen Spiegelkult verschrieben. Ich hätte ihn erkennen MÜSSEN, als ich an ihm vorbei gekommen bin. Ich kenne ihn so gut wie sonst nur seine engsten Vertrauten, ich kenne jeden seiner Tricks. Und trotzdem habe ich versagt. Ich bin einfach an ihm vorbeigegangen, hab ihn schief angesehen und das war es ...“ Mit einem seltsam traurigen Lächeln hatte Aio einen Punkt über Dormians Schulter fixiert, als vermeide sie es, ihn anzusehen. Aber diese melancholische Stimmung hielt nicht lange vor. Wild und kräftig schüttelte die Elfe mit einem Mal den Kopf, dass ihre langen Haare nur so flogen und als sie wieder still hielt, war das breite, warme Lächeln zurück gekehrt.
“Wir werden auf jeden Fall alles unternehmen, um diese Mädchen zu retten und vielleicht sogar Faust oder einen seiner Fürsten zu fangen oder gar zu töten. Wenn es sein muss auch ohne dich. Aber natürlich stünden unsere Chancen mit einem Erdmagier, der Faust ein wenig Paroli bieten kann, doch um einiges besser. Aber das ist nicht meine Wahl, da musst du dein Gewissen fragen!“
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Montag 16. Mai 2011, 15:48

Dormian seufzte und rieb sich mit dem linken Zeigefinger und dem Daumen das Nasenbein. In einem Anfall von Übermut war er einmal mehr von seiner Neugier hingerissen worden. Beinahe hätte er ausgerechnet die Geiseln vergessen, unter der sich auch noch Leliana persönlich befand. Ein weiterer Schuss vor den Bug, besser gesagt eine Warnung, die Dormian endlich von seiner verfluchten Neugier befreien sollte. Etwas peinlich berührt sah er Aio an, dabei kurz auf die Spiegelscherbe sehend. Darüber würde er sie auf jeden Fall ausfragen, egal wie gefährlich sein Wissensdurst war. Das würde ihm niemand streitig machen.
"Du hast Recht... tut mir Leid, daran habe ich gar nicht mehr gedacht... diese naja... aufgezwungene Freiheit hat mich jetzt doch ein wenig mitgerissen und ich werde euch natürlich begleiten. Diese Mädchen müssen befreit werden und ich verspreche euch, mein Bestes zu tun, um euch dabei zu helfen. Mit dem Geiselnehmer habe ich sowieso noch ein paar Takte zu reden. Aber ähm....", hüstelte er plötzlich und warf einen deutlichen Seitenblick auf die schöne Stute, welche ihn mit klugen Augen ansah.
"Ich... kann nicht reiten", gestand er schließlich brummelnd und scharrte verlegen im Stalldreck herum.
"Vater konnte es mir nie wirklich beibringen und ehrlich gesagt hat es mich auch nie wirklich interessiert. Aber könntest du mir vielleicht dabei nun... vielleicht helfen? Sonst muss ich euch wohl zu Fuß folgen."

Verzeih die Kürze, habe zu lange nicht schreiben können :(

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 19. Mai 2011, 13:42

Ohne Vorwarnung machte Aio einen Satz nach vorne, schlang ihre Arme um Dormians Brust und drückte ihn kurz an sich. Als sie sich wieder von dem jungen Magier löste strahlte sie von einem Ohr zum anderen. Anscheinend schien sie überhaupt kein Schamgefühl zu haben, was engen Körperkontakt, mit noch relativ fremden Leuten, anging. Ganz im Gegensatz zu dem griesgrämigen Menschenmann, der sich wieder von der Szene abgewandt hatte. Wortlos schwang er sich in den Sattel seines grauen Hengstes.
Die Elfe schnappte unterdessen die Zügel des Braunen Pferdes namens Schneehuf - Dormians Pferd, ein Gedanke an den man sich erst mal gewöhnen musste – und führte das Tier näher an ihren neuen Besitzer heran. ”Wie sollte dein Paps auch das Reiten beibringen? Der alte Mann schafft es ja kaum länger als 30 Sekunden im Sattel zu bleiben ohne nach hinten runter zu fallen.” Sie kicherte leise vor sich hin, während sie Dormian zeigte, wie genau man die Steigbügel benutzte um sich auf den Pferderücken zu ziehen. Es war eine schwierige und ziemlich unbeholfen wirkende Aktion, aber der Elfe schien ihre Arbeit zu gefallen.
Als Adept endlich sicher platz genommen hatte, pfiff Aio sich ihr eigenes Pferd zur Seite. Die glänzende, weiße Stute passte perfekt zu der hübschen Elfe. Sie sich auf einem scheckigen Ackergaul vorzustellen war fast schon ein Ding der Unmöglichkeit. Anstatt eines Sattels hatte das Tier nur eine violette Decke auf seinem Rücken. Die Hexenjägerin nahm einen kurzen Anlauf und näherte sich ihrem Ross von hinten. Dann streckte sie beide Hände nach vorne und drückte sich wie beim Bockspringen auf dem hinterteil des Pferdes ab. In einer einzigen, fließenden Bewegung hüpfte die drahtige Elfe so in die perfekte Reiterhaltung und ergriff sofort die Zügel. Dann sah sie mit ihren großen Augen zu Dormian hinüber. Ein Lächeln, wie das einer stolzen, großen Schwester, zierte ihre Lippen ”Ich wusste doch, dass du uns nicht im Stich lassen würdest. Ganz wie der Vater. Und er hätte sich auch für das richtige entschieden.”
Aio lies die Zügel leicht knallen und ihre Stute trabte einmal im Kreis um den jungen Arboris und dessen Tier herum, ehe sie neben ihm zum stehen kam. Van Zan hatte sich bereits von den anderen beiden abgesetzt. Sein Streitross hatte im langsamen Schritt bereits die halbe Strecke bis zum entfernten Waldrand hinter sich gebracht, ohne das klar war, wann genau er losgeritten war. Die Elfe sah ihm mit ernstem Blick nach, vom einem zum nächsten Augenblick war ihre Stimmung wieder komplett umgeschwungen. ”Da der olle Griesgram grade ein wenig auf Abstand ist, möchte ich kurz die ein paar Regeln klar stellen. Ich weiß, dass du keine militärische Ausbildung genossen hast, aber wir müssen eine gewisse Rangordnung einhalten. Das bedeutet wenn wir dir einen Befehl geben, musst du ihn befolgen. Wenn wir sagen versteck dich, wirst du dich verstecken, wenn wir sagen bleib auf Abstand, dann bleibst du auf Abstand und wenn wir sagen renn weg ... wir verstehen uns, nicht wahr? Außerdem suchen wir nicht die Konfrontation, weder mit Faust, noch mit einem seiner Fürsten. Wir versuchen die Mädchen zu retten, nicht die Schwarzmagier einzufangen. Das wäre ein Kampf, den wir nicht gewinnen können.”
Für einen Moment verstummte sie und sah mit traurigen Augen hinüber. Von dieser aufgedrehten, viel zu fröhlichen Elfe, war im Augenblick nicht das geringste mehr zu erkennen. ”Du musst dir im klaren sein, dass diese Abtrünnigen nichts menschliches mehr an sich haben. Sie sind älter, stärker, mächtiger. Und wir sind uns nicht einmal sicher ob und wie wir sie jemals töten können. Und jetzt komm, sonst verlieren wir Van Zan aus den Augen. Ich werde auch gaaaanz langsam vorreiten.” Am Ende war dieses verschmitzte Lächeln doch wieder da. Wie konnte man nur so schnell das eigene gemüt ändern?
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Samstag 21. Mai 2011, 23:44

Während Dormian Aios Worten aufmerksam zuhörte, gewöhnte er sich langsam an die Nähe zu dem schönen Pferd, dass nun ihm gehören sollte. Es war ein sehr seltsames Gefühl, auf einem lebenden Wesen zu sitzen. Noch dazu eines, dass größer war als der junge Magier, worauf ihm zusätzlich etwas schwindelig wurde. Doch nach ein paar Sekunden schon war der Schreck und die Unsicherheit verschwunden. Schneehuf schien nicht vorzuhaben, ihn abzuwerfen oder niederzutrampeln. Spürte das Tier gar, dass ihr neuer Besitzer das selbe Blut in seinen Adern besaß wie ihr Vorheriger? Der Blick des Adepten suchte den von Aio, welchen er auch sofort erhielt.
"Ich habe verstanden", sprach der Bursche und nickte ehrlich. Auch wenn es ihm nicht sonderlich gefiel, im Notfall Gefährten im Stich zu lassen, so willigte er ein und verstand, wie wichtig seine Gehorsamkeit in solchen Fällen werden würde. Sie waren offenbar nicht in der Lage, Faust oder seine Vertrauten einfach so zu töten. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn seine Probleme einfacher zu lösen sein könnten. Auch hier gab es keine Ausnahme.
"Das hatte ich eigentlich auch nicht vor", lautete sein Kommentar, als Aio langsam vorausritt und er so vorsichtig wie möglich seine Fersen gegen die Flanke seiner Stute presste. Gehorsam trottete sie los und folgte dem Artgenossen vor sich.
"Mir ist klar, dass ich noch keine Chance gegen Faust habe... deswegen habe ich auch an einen Besuch bei den Trollen gedacht. Er hat sie sicherlich nie aufgesucht und Zaubern, die er nicht kennt, kann er schwerer widerstehen. Aber ähm.... eine Frage hätte ich schon..."
Dormian griff sich ein Herz und drückte etwas fester zu, worauf Schneehuf etwas schneller wurde und nun neben Aio ritt. Der junge Arboris saß zwar steif und unentspannt im Sattel, doch das Tier tat, was er wollte. Das würde für´s Erste reichen.
"Hat es einen Grund, dass Van Zan so ein Griesgram ist? Nicht, dass ich Vorurteile hätte, aber er wirkt auf mich so, als würde es ihn ankotzen, mit uns oder mir zu reisen. Ist er auch so, wenn ihr allein seid?"
Die Frage klang aus seinem Mund zwar etwas seltsam und konnte in viele Richtungen verstanden werden, doch das begriff der junge Mann in diesem Moment selbst nicht so recht. Im Moment dankte er einfach nur dem Urgeist, dass dieser das Pferd unter seinem Gesäß auf den Boden klebte und nicht zuließ, dass es ihn durch die Luft katapultierte.

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Dienstag 24. Mai 2011, 18:21

Auch wenn Aio nach außen hin wieder gelassen und gut gelaunt wirkte, so warf sie Dormian innerlich immer wieder besorgte Blicke zu. Allerdings aus keinem anderen Grund, als dass die Elfe befürchtete, ihr neuer Begleiter würde aus dem Sattel fallen und unter die gefährlichen Hufe seines eigenen Rosses geraten. So ganz zufrieden war sie eindeutig nicht mit seiner Haltung im Sattel, aber sie sagte nichts. Wahrscheinlich vertrat sie die Meinung, dass der junge Magier sich von selbst an sein Pferd gewöhnen musste, ohne dass sie helfend eingriff.
Das weiße Pferd von Aio hatte sich inzwischen vor die braune Stute von Dormian gesetzt. Schneehuf folgte so mehr dem Herdentrieb und blieb bei seinem Artgenossen, anstatt auf die unerfahren Hände, die ihre Zügel hielten, zu achten. Die Hexenjägerin hatte sich komplett auf ihrem Tier herum gedreht, saß im Schneidersitz auf dem Rücken ihres Schimmels und überlies es dem Hengst von ganz alleine, hinter Van Zan her zu trotten. So konnte die blonde Elfe dem Erdadepten beim sprechen in die Augen sehen, gleichzeitig erklärte es auch, warm Aio keinen eigenen Sattel besaß. Aus einer der Packtaschen, die links und rechts am Pferdeleib hingen, hatte sie einen kurzen Stab mit einem Ring am Ende gefischt, den sie sich über die Schulter hielt. Jedes mal, wenn eine Windböe über das Grasland zog und die beiden erfasste, quollen dicke Blasen aus dem Ring und wurden davon getragen.
”Ich bin froh, dass wir uns da einig sind,” sagte sie gut gelaunt, als Dormian einwilligte, auf erteilte Befehle zu gehorchen. Allerdings war Aio auch klar, dass es nicht immer so einfach war, einen befehl zu befolgen. Vor allem wenn es darum ging, sich selbst in Sicherheit zu bringen und Gefährten zurück in der Gefahr zu lassen, war es für jemand mit einem guten Herzen, sehr schwer folge zu leisten. Aber noch blieb offen, ob es überhaupt zu unerwarteten Komplikationen kommen würde. ”Und mach dir nichts daraus, dass du gegen ein Monster wie Rufus nicht ankommst. Wenn du erst einmal verstehst, wie genau dieser kaltherzige Bastard es überhaupt schafft, so lange am Leben zu bleiben und trotzdem immer stärker zu werden, wirst du sehen, dass manche Macht ihren preis niemals wert ist.”
Auf die Reise zu den Trollen schien die Elfe allerdings nicht eingehen zu wollen. Nein, dass war das falsche Wort, sie schien es vielmehr komplett überhört haben zu wollen und beschäftigte sich lieber weiter mit ihren Seifenblasen. Inzwischen hatten sie eine richtige Spur gebildet, die zurück zu den Stadttoren getragen wurde, ohne das eine platzte.
Als Dormian auf den mürrischeren, der beiden Hexenjäger zu sprechen kam, schien Aio ihre abrupte Taubheit wieder überstanden zu haben. Da sie mit dem Rücken in Richtung des Menschen „ritt“, warf sie erst einen Blick über die Schulter, als wolle sie sicher gehen, dass Van Zan auch ja außer Hörweite war. Sie zog allerdings auch eine Schnute und machte einen etwas überfragten Gesichtsausdruck. ”Es kotzt ihn an?“ fragte sie leicht verwirrt und warf einen zweiten, schnellen Blick zu ihren Kumpanen. ”Ich komme nicht oft dazu, deine Sprache zu sprechen, Dormi. Mit einer so ehh, bildhaften Sprache habe ich meine Schwierigkeiten. Aber nein, es hat garantiert nichts mit dir zu tun, dass er sich so benimmt. Elias ist immer so zurückgezogen und Wortkarg. Seit ich ihn kenne benimmt er sich so, aber früher war er wohl mal anders. Weißt du, ich hab gehört, dass er vor Miris Tod ein richtig lebensfroher Mann war. Miri ist übrigens der Name seiner Tochter. Jetzt hat er nur noch Rache an Aurora im Sinn und dadurch habe ich Unterstützung bei meiner eigenen Rache an Faust.”
Mit einem mal verdunkelte sich Aios Blick und sie drehte sich auf dem Pferderücken wieder herum. Ihren Luftblasenstab verstaute sie in der Rocktasche. Anscheinend hatte sie mehr gesagt, als ihr Lieb war.
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Samstag 28. Mai 2011, 12:15

Einmal mehr konnte Dormian nichts weiter tun als zu seufzen und einen ratlosen Blick aufzusetzen. Das lag daran, dass er keinen blassen Schimmer hatte, wer Miri oder Aurora waren. In diesem Augenblick, das gab der Bursche ehrlich für sich zu, interessierte es ihn nicht einmal. Es waren so viele Dinge passiert, in so kurzer Zeit und mit so schwerwiegenden Folgen für die Zukunft, dass er dies wohl erst verarbeiten musste. Sein Wissensdurst war buchstäblich verstopft, als dass ihm hätte nachgegangen werden können. Also beschied der junge Magier, es auf sich beruhen zu lassen und zu nicken, damit Aio sah, dass er ihr trotzdem aufmerksam zugehört hatte. Sie war eine nette Frau und Dormian empfand es als durchaus möglich, sie als gute Freundin kennen zu lernen. Immerhin hatte das auch sein Vater geschafft, obwohl sie etwas... seltsam war. Was diesen Van Zan anging, so stand er vor einem Rätsel. Auf ihn wirkte der raue Kerl wie jemand, der mit allem, was mit ihm zu tun hatte, unzufrieden war. Sicher, es gab solche Menschen zur Genüge, aber getroffen hatte der Adept bis jetzt noch nicht viele davon. Es gab immer ein erstes Mal.

Schweigend und nachdenklich auf Schneehufs Rücken sitzend, näherten sich die drei Reisenden immer weiter dem Wald vor ihnen. Noch nie war Dormian dort gewesen, doch nach den Erzählungen seiner Großmutter waren die bewaldeten Flächen Celcias einer der zwei Orte, für die ein Arboris schwärmen sollte. Der zweite paradiesische Platz war da natürlich ein Gebirge, weitläufige Höhlen oder andere Gegenden, wo man das Herz des Urgeistes schlagen hören konnte. Als sie kurz darauf auch die Waldgrenze passierten, musste Dormian tatsächlich ergriffen die Augen schließen und tief einatmen. Diese reine Luft, unverfälscht durch irgendwelche Ausdünstungen oder magische Ergebnisse der Zyraner, unter denen er immer gelebt hatte. Vereinzelt drangen Tiergeräusche und das Rauschen der Blätter über seinem Kopf an sein Ohr. Das Klappern der beschlagenen Hufe der Pferde verstummte auf dem Teppich aus weichem Gras und saftigem Moos, sodass sich Dormian ein wenig im Sattel reckte, um weiter nach vorne sehen zu können. Weit reichte sein Blick nicht, die Bäume versperrten ihm die Sicht, doch das war nicht weiter schlimm. Es war ein schöner Anblick, diese wahre und echte Natur. Er hatte Recht gehabt mit seiner Vermutung, dass selbst angeeignetes Wissen viel besser war, als Erlerntes. So schön Bücher und andere Schriften auch sein mochten, sie konnten die Wahrheit über das, was sie enthielten, nur schwerlich einfangen. Pergamentduft zählte nun nicht länger zu seinem alleinigen Lieblingsgeruch, wie Dormian leicht grinsend beschied.

"Es ist schön hier", raunte der Erdmagier fast schon ergriffen und ließ seine Magie sanft aus seinem Körper gleiten. Sie suchte sich einen Weg an Schneehuf hinab, welche nur kurz mit den Ohren nach hinten zuckte. Doch da der Sohn ihres früheren Besitzers im Sattel saß, beruhigte sie sich schnell wieder. Es musste ein schönes Gefühl sein, nach langer Zeit wieder einen Arboris zu tragen. Vielleicht sogar ähnlich wie einst ihr Herr Mesophes? Der Boden, den der junge Mann mit seinen magischen Fühlern erspürte, war rein und ohne jede Verdorbenheit. Ihm fielen dutzende Zauber ein, die jetzt noch einfacher und kunstvoller geschaffen werden konnten und einen ganz kurzen Augenblick wäre er fast der Versuchung erlegen, ein wenig mit seiner Magie zu spielen. Ihm war klar, dass seine Kraft sparsam gehalten werden musste. Sonst fehlte sie ihm womöglich noch in einem echten Notfall.
"Wie lange wird es eigentlich dauern, bis wir am Ziel sind?", fragte Dormian leise und sah zu Aio, die zwar immer noch vor ihm ritt, aber zweifellos in Hörweite war. Noch bevor seine Frage aus seinem Munde gedrungen war, kam ihm ein seltsamer Einfall. Ein Blick auf Van Zan brachte ihn zum Grübeln. Dieser Kerl verstand sich offensichtlich auf den Nahkampf, allein schon sein Körperbau wies darauf hin. Vielleicht...
"Und... ähm, weißt du zufällig, ob sich Van Zan mit dem Stabkampf auskennt?..."
Eine wie beiläufige Frage, die nicht ohne Hintergedanken ausgesprochen werden sollte.

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Dienstag 31. Mai 2011, 17:30

Der mürrische Van Zan war längst zwischen den ersten Ausläufern des Waldes verschwunden, als das von Aio angeführte Duo bei den ersten Bäumen ankam. Nachdem die kurze Unterhaltung zwischen der Elfe und dem Magier beendet war, hatte sie kein Wort mehr gesagt. Aber zumindest hatte sie nach einiger Zeit angefangen eine leise Melodie vor sich her zu summen, woraus sich schließen lies, dass ihre Laune wieder dabei war sich anzuheben. Was genau der Grund für den plötzlichen Stimmungswechsel gewesen war, konnte Dormian natürlich nicht wissen und im Augenblick tat er auch gut daran, nicht weiter nachzuhaken.
Das dichte Blätterdach des Forstes schob sich nun über die Gruppe, eine angenehme, kühle Abwechslung nachdem ihnen zuvor die Sonne senkrecht auf den Buckel geschienen hatte. Es dauerte nicht lange, bis sie das kleine, kultivierte Stück des Waldes hinter sich gebracht hatte, jenen Teil, welcher der Ordnung halber von den Zyranern gepflegt wurde. Natürlich waren auch „die wilderen“ Gefilde, so nah an der Stadt, nicht wirklich gefährlich, aber die Stämme standen hier enger beieinander und das Unterholz war weit dichter.
Als der Erdadept das Schweigen wieder brach, lehnte sich die Elfe auf ihrem Pferd so weit wie möglich zurück und legte den Kopf in den Nacken, so dass Dormian ihr auf dem Kopf stehendes Gesicht sehen konnte. Sie grinste breit und mit einem gewissen Funkeln in den Augen. “Nicht wahr? Dieser Wald ist wunderschön und gleichzeitig sieht man überall sein Alter und seine Weisheit. Nimm mich in kühligen, schattigen Arm, säuselnder Arus Hain! Fern von rauschender Freuden Schwarm, ungestört vom nagenden Harm, will ich deiner mich freu'n. Wie an einer Feder schnappte Aio wieder nach vorne und der letzte Widerhall ihrer Stimme wurde von dem leichten Wind davon getragen. Wieder verfielen beide ins Schweigen, aber dieses mal war es wesentlich angenehmer. Es war weniger so, dass sie sich nichts zu sagen hatten, sondern vielmehr ein stilles Einverständnis, dass sie einfach die Ruhe des Waldes genießen wollten.
Nach einer weile lies sich Aio auf ihrem Pferd ein wenig zurückfallen, bis das weiße Tier mit der braunen Schneehuf auf einer Höhe war. “Unser Vorteil liegt darin, dass Faust ungeduldig ist. Er kann warten, hasst es aber. Jetzt wo er hat, was er braucht, will er sein Ritual durchführen, aber dafür braucht er einen Ort, der vielfach verdorben ist. Davon gibt es glücklicherweise nicht viele auf der Welt und die Zahl dieser Stätten, die dem Spiegelkult zugänglich sind, ist noch begrenzter. Darum ist Faust zum nächst möglichen Ort gereist, dem Herrenhaus seiner Familie. Sie nennen es ein „Gut“, aber eigentlich ist es eher eine Festung. Das Anwesen liegt tiefer im Arus, aber der genaue Punkt ist uns bekannt. Damit haben wir wirklich Glück, denn der nächst nähere Ort wäre Clavis Vanitatum. Und wenn ich von einer Palastanlage voller untoter Krieger und einem unterirdischen Labyrinth voller untoter Monstrositäten wählen muss, dann nehme ich die Gutanlage. Aber ich fange ja schon wieder an zu schwafeln und dir Dinge zu erklären, die du gar nicht verstehst, bitte verzeih. Um zu deiner eigentlichen Frage zurück zu kommen, wir werden wohl morgen Abend ankommen, grade noch rechtzeitig. Denn den Sonnenaufgang darauf werden diese armen Mädchen wohl nicht mehr erleben. Das bedeutet wir werden eine Nacht im Wald lagern müssen“
Die beiden Pferde durchbrachen die Palisade aus Baumstämmen und erreichten eine kleine Lichtung. Abgesehen von einem großen, Moosbewachsenen Hinkelstein befand sich hier nichts anderes. Nur der wartende Mensch Van Zan, der anscheinend befürchtet hatte, dass seine beiden Kameraden ihn verloren hätten. Als Dormian der Elfe die leise Frage zuflüsterte, ob der ruppige Krieger sich auf den Stabkampf verstand, lies dieser einen kurzen Lacher hören. Er klang nicht einmal hämisch, sondern nur ehrlich belustigt. Dann wandte er seinen grauen Hengst wieder und verschwand von der Lichtung, dieses mal blieb er jedoch in Sichtweite. Aio beugte sich derweil leicht zu dem Sohn ihres alten Freundes hinüber, auch sie konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. ”Van Zan versteht sich auf den Schwertkampf, den Umgang mit der Axt, der Armbrust und Wurfmessern, er beherrscht Windmagie, kann mehrere Angreifer unbewaffnet ausschalten und beherrscht natürlich auch den Stabkampf. Aber ich glaube nicht dass du etwas von dem Griesgram lernen willst. Das ist nämlich seeeehr Schmerzhaft!”
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Dienstag 31. Mai 2011, 17:58

Dormian grinste, als Aio mit ihren Worten geendet hatte und stieg von Schneehufs Rücken. Van Zan war also wie erwartet nicht nur ein Bär von einem Mann, sondern auch ein vielseitig begabter Krieger. Eine Tatsache, die Dormian in die Hände spielte. Er rückte seine Robe zurecht und strich der ruhigen Stute über die Seite. Sie war ein wahrlich friedliebendes und gehorsames Tier, worauf der junge Mann beschloss, mit Aio das Reiten zu üben. Ein Blick zu Van Zan, der bei dem Hinkelstein stand, ließ keinen Zweifel mehr zu. Er würde auf dieser Reise von den Beiden viel lernen.
"Weißt du, Aio... wenn ich immer einen Rückzieher gemacht hätte, wenn Schmerz in Aussicht war, dann stünde ich nicht hier. Ich wäre von meinem Schulerzfeind misshandelt und gedemütigt worden, hätte nie genug Ruhe für meine Studien gehabt und wäre nicht der Bursche geworden, den mein Vater seinen Sohn nennen kann. Und die Begegnung mit Faust wäre sicher nicht so ausgegangen, wie sie es ist. Ich läge jetzt bei meinen Ahnen", lächelte er und wirbelte seinen Stab um sein Handgelenk. Fest packte er das glatt geschliffene Holz und richtete es auf Van Zan.
"Und wenn man sich Fähigkeiten aneignet, indem man Prügel bezieht, von mir aus. Ich will nicht, dass jemand Schaden nimmt, nur weil ich vor Schmerzen Angst hatte."

Dormian senkte den Stab und stellte ihn neben sich, ein abwartender Blick ruhte nun auf dem raubeinigen Kerl vor ihm. Dormian ahnte bereits, dass seine Entscheidung schmerzhafte Erinnerungen hinterlassen würden. Aber es sollten Erinnerungen sein, an die er gern zurückdachte und von denen er lernen konnte, sich zu verteidigen.
"Im Übrigen, Magie zu studieren und in Wälzern sein Wissen vergrößern ist auch nicht gerade das, was man einen sanften Alltag nennt. Wenn man mit meiner Freundin Leliana lernt, verbrennt man sich bei Unachtsamkeit die Finger. Da werden mir schmerzende Knochen auch nicht das Leben nehmen. Also, wie sieht es aus? Möchtet ihr mir zeigen, was ihr vom Stabkampf wisst?!"
Interessant für ihn war die Tatsache, dass Van Zan sich laut Aio auf Luftmagie verstand. Auch wenn es sicherlich keine meisterlichen Kenntnisse waren, so verwunderte es den Erdmagier doch. Auch wenn der Krieger vor ihm sicher schon über 30 sein mochte, so war das verschwindend wenig Zeit, in der man sich den Studien der Magie widmete. Gleichzeitig auch noch eine solch beeindruckende Anzahl an Waffen zu meistern noch hinzugefügt. Luftmagie also... messerscharfe Winde und bestimmt einige Spielereien, die kein Zauberschüler erwartete, der noch nicht viel vom Leben gesehen hatte. Dormian hatte das deutliche Gefühl, mehr als nur bloßen Stabkampf zu lernen. Vielleicht warteten da noch allerlei Tricks und Kniffe auf ihn, auch wenn er sie mit Schmerz erkaufen würde. Viel Schmerz, wenn man die raue Miene Van Zans begutachtete. Gut Kirschen essen war mit diesem Klotz sicher nicht, aber anders ging es wohl kaum.

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 1. Juni 2011, 19:59

Das graue Pferd hielt unvermittelt an und sein Reiter warf einen gelangweilten Blick über die Schulter. Zu Van Zans Überraschung hatte sich der Erdadept aus dem Sattel geschwungen und eine Kampfhaltung auf der Lichtung eingenommen. In dem mageren Gesicht des Menschen lies sich nicht ablesen, was er im Augenblick dachte, denn seine Miene war genau so verschlossen und ausdruckslos, wie sie es schon die ganze Zeit über war. Ganz im Gegenteil zu Aio, die ernsthaft besorgt wirkte. Sie hatte Schneehufs Zügel ergriffen und führte das Tier an ihren aktuellen Reiter heran, ohne selbst vom Rücken ihres Hengstes zu steigen. ”Nein, bitte Dormi, lass das. Van Zan bringt anderen nur auf die harte Art etwas bei, in dem er solange deine Fehler ausnutzt, bis sie dir gewahr werden. Wenn du ihn jetzt herausforderst, wird er dich schwer verletzen, aber keiner wird an dieser Situation Freude haben oder etwas daraus lernen. Höchstens das man einen alten Haudegen nicht grundlos herausfordert!”
Der Hexenjäger hatte ein Bein über den Hals seines Rosses geschwungen und sich langsam aus dem Sattel gleiten lassen. Seine Gestalt war wirklich imposant, wenn man ihn genauer ansah. Aber über seinem stoppeligen Gesicht lag ein dunkler Schatten und seine Augen lagen tief in den Höhlen. Dormian hatte sich ja bereits innerlich gefragt, wie alt der Krieger wohl wirklich war. Wenn man ihn so ansah, mochten die meisten Leute denken, dass sie Jemandem gegenüber standen, der Mitte oder Ende dreißig war und sich schlecht gehalten hatte. Kaum zu glauben, aber wahr: Tatsächlich war Elias Van Zan ein 62 Jahre alter Jorsaner, der sich wirklich verdammt gut gehalten hatte! Energisch hob der Mann die Hand und Aio unterlies es, weiter auf Dormian einreden zu wollen. Auch wenn Aio noch einmal fast doppelt so alt war, so blieb Van Zan der dienstältere und erfahrenere Hexenjäger.
Stumm wie ein Fisch löste Van Zan langsam die Schnallen der vielen Gurte, in denen seine Waffen verstaut waren und hing sie nach und nach über den Rücken seines Pferdes. Danach folgte der staubige, dunkelgraue Mantel und der breitkrempige Schlapphut. Aus seinem Gürtel zog der Mensch einen Kurzen, aber scharfglänzenden Dolche, mit dem er zum Rand der Lichtung ging. Nachdem er kurz gesucht hatte, schnitt er sich einen langen, stabil wirkenden Ast ab und befreite diesen von kleineren Zweigen und Blättern, bis er zufrieden war. Einen richtigen Kampfstab führte der Krieger nicht mit sich, denn die stumpfe Waffe eignete sich nur bedingt im Kampf gegen Untote, doch mit seinem improvisierten Ersatz schien er ganz zufrieden zu sein.
Gekonnt lies er die Waffe in der rechten Hand kreisen und nahm vor dem Hinkelstein Haltung ein. ”Magie studieren, Wälzer durchstöbern, Finger verbrennen, so so ... ihr Zyraner führt wirklich ein schrecklich anstrengendes Leben!“ Van Zan klang nicht einmal höhnisch oder beleidigend, im Gegenteil, er hatte diesen speziellen Ton in der Stimme mitschwingen, der bei anderen Mitleid ausdrückte. Er lehnte den graden Ast gegen die Schulter und begann damit, dass altersfleckige Rüschenhemd aufzuknöpfen und es danach zu seinem restlichen Gut zu werfen. Sein nackter Oberkörper war schrecklich anzusehen. Narben, Brandwunden und Verätzungen hatten fast die gesamte Haut in Besitz genommen. Trotzdem schien er selbst im vergleich mit Männern, die halb so alt waren, sehr gut in Form zu sein. ”Manche Männer sind für ein Leben als Soldat geboren, andere sind Schreiber, Händler oder Magier. Manche wählen sich ihren Weg, die meisten jedoch nicht. Jeder sollte bei dem bleiben, für das er bestimmt ist. Der Preis dafür, den vorbestimmten Weg zu verlassen, den siehst du hier! Also wenn du wirklich denkst, dass du Mickerling lernen solltest wie man mit dem Stab kämpft, dann komm her und greif an!”
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Mittwoch 1. Juni 2011, 20:27

Dormian legte den Kopf schief und grinste. Ihm war klar, dass er heute nur schwer einschlafen würde, doch das war es dem Burschen wert.
"Und ich dachte schon, der Bücherwurm wäre es nicht wert, verprügelt zu werden", lachte er leise und schritt bis zur Mitte der Lichtung. Einen Moment lang überlegte der Magier, ob er seine Kräfte zumindest zum Mildern der Schmerzen einsetzen wollte. Offensiv sollte seine Macht nicht zum Einsatz kommen. Also tastete Dormian nach der Essenz der Erde, ergriff sie und ließ sie um sich herum wirbeln. Wie eine Staubwolke flog der augenscheinlich wertlose Dreck der Lichtung durch die Luft, legte sich hauchdünn auf Dormians Kleidung und seine Haut, sodass seine Erscheinung einen gräulichen, erdfarbenen Ton bekam. Der Zauber war nicht sehr stark, doch die Teilchen des Schmutzes waren mit Magie durchdrungen, woraufhin sie eine Art primitives und leichtes Kettenhemd bildeten. Freilich konnten sie nicht den Hieben von Van Zan standhalten, doch ohne jeden Schutz wären Knochenbrüche unvermeidlich gewesen.
"Los!", rief der junge Arboris und machte einen Satz auf seinen "Lehrer" zu. Den Stab wirbelte er mit seinem Körper einmal um die eigene Achse und zielte auf den Kopf seines Gegenübers. Ein ungleicher Kampf nahm seinen Anfang.

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Freitag 3. Juni 2011, 16:14

Das ganze als ungleichen Kampf zu bezeichnen, war in diesem speziellen Fall nur bedingt möglich. Wenn sich beide Seiten dazu entschieden hätten, fair zu fechten, wäre der Kampf ungleich gewesen und für Dormian nur schwer zu besiegen. Aber das war nicht die Art von Elias Van Zan. Der Hexenjäger wollte dieses Duell nicht streiten. Und auch wenn er innerlich gehofft hatte, seine knappe Rede hätte den Magier vielleicht von dessen unsinnigen Gedanken abbringen können, so war einem Teil seines Geistes - dem logisch und unvoreingenommen denkenden - von vornherein klar gewesen, dass man einen solchen Jungspund nicht einfach umstimmen konnte. Dormian wollte sich beweisen, vielleicht wollte er auch wirklich einfach nur besser werden und trainieren, der Jorsaner wusste es nicht. Aber eins wusste Van Zan: Er selbst würde nicht fair kämpfen. Der Bursche würde die Prügel seines Lebens kassieren und dann hoffentlich wenigstens lernen, dass man keine unnötigen Kämpfe herauf beschwor.
Darum lies der Krieger auch dem jungen Arboris den vortritt und das recht des ersten Angriffs. Für gewöhnlich hatte man bereits einen gewissen Vorteil, wenn man den Gegner früh in die Defensive zwingen konnte. Aber wenn man die hinterhältige Tour fahren wollte, konnte man einen unachtsam heranstürmenden Feind sehr leicht austricksen. Der „Alte Haudegen“, wie Aio ihren Kameraden genannt hatte, hielt seine improvisierte Waffe locker in der Rechten, hatte aber gleichzeitig den rechten Fuß vorgeschoben und war ein wenig in die Hocke gegangen. Eine absolut falsche Grundhaltung, als Dormian voran preschte und mit einem Wirbelangriff auf den Kopf seines Gegners zielte. Aber mit so etwas hatte der erfahrene Kämpfer gerechnet.
Er unterlief den Angriff Dormians, indem er noch tiefer in die Hocke ging, seine freie, linke Hand fuhr dabei kurz über den Waldboden. Als Van Zan seitlich wieder hoch schnellte und dabei das linke Bein nach vorne schob, flog dem jungen Magier eine ziemliche Hand voll Dreck ins Gesicht und raubte ihm die Sicht. Diese vorrübergehende Blindheit nutzte der Hexenjäger aus um weiter nachzusetzen. Sein eigener Stab flog mit einem lauten surren heran und traf Dormian in die Seite, gleichzeitig umklammerte Van Zans freie Hand das Ende von Dormians Waffe. Van Zan versetzte dem Erdadepten im Anschluss einen kräftigen tritt direkt in die Magengegend und entwand ihm den Wanderstab seines Urgroßvaters. Elegant wie ein Tänzer lies Van Zan die beiden Stäbe um sich herum wirbeln und wartete auf den kurzen Augenblick, da der Schmerz in Dormians Körper weit genug abgeklungen und er wieder gut genug sehen konnte, um zu merken was ihn erwischte. Dann rammte Van Zan beide Stäbe wie Lanzen beim Tjosten nach vorne. Der schwere Ast knallte dorthin, wo hinter einer dünnen Hautschicht Dormians Leber lag, während der Ebenholzstab direkt zwischen die Augen des Jungen knallte. Blut strömte Dormian aus Nase und dem rechten Tränenkanal, ehe er umkippte. Die Welt um ihn herum wurde undeutlich und verschwommen, aber er konnte die beunruhigte Aio erkennen, die sich über ihn kniete und leicht gegen die Wange klopfte. Dann wurde alles um ihn herum schwarz. Anscheinend wurde es zur Gewohnheit, dass er Ohnmächtig wurde, während die Elfe sich über ihm befand ...

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Als Dormian wieder zu sich kam, kam er wortwörtlich nur zu sich selbst. Er schien allein zu sein, aber die Umgebung, in der er sich befand, passte absolut nicht zu seinen letzten Erinnerungen. Der Spross der Arboris Familie lag auf einem weißen Divan, der sich herrlich weich anfühlte und kaum Lust zum Aufstehen machte. Das Lager befand sich in einem kreisrunden Pavillon, der anscheinen aus hellem Marmor und kalkweißem Holz. Das Gebilde war etwas erhöht und man musste einige Stufen hinunter gehen, ehe man auf den festen Boden treten konnte. Außerhalb des Rondells herrschte die absolute Harmonie. Der Blumengarten, in dem sich Dormian befand, war so perfekt und harmonisch gestaltet, dass er eher wie das Werk eines Malers, als eines Gärtners aussah. Leises Rauschen drang an das Ohr des Zyraners, dass von einem sachte plätschernden Bächlein herrührte, der die ebene Rasenfläche teilte. Eine kleine Rundbrücke führte über das Wasser und verband die Hälfte mit dem Pavillon, mit der anderen, wo in einem Meer aus Glockenblumen eine Tisch mit zwei Sonnenstühlen stand. Am Rande des Gartens ragte dichtes Buschwerk in die Höhe, dunkelgrüne Mauerhecken mit weißen Blüten. Es gab keinen Ersichtlichen Eingang in dieses Stille Paradies, fast so, als wäre er um Dormian herum gewachsen.
Auch wenn nirgendwo Vögel oder andere Tiere zu sehen waren, so erklang dennoch das bedächtige Zirpen eines heiteren Chors und vermischte sich mit dem sachten Plätschern des Bächleins und dem Rauschen der Blätter, obgleich kein Wind wehte. Die Luft war erfüllt mit dem Duft unzähliger Blumen, ein Bukett das für den Erdmagier gänzlich unbekannt und neu war, zumindest in diesem Zusammenhang. Selbst Ambrosius Goldblum, der Meister der Gartenmagier, hätte neidlos die Vollkommenheit dieses Ortes anerkannt. Aber unter den Duft der Blumen mischte sich noch etwas anderes und wohlvertrautes. Das Aroma des Kräutertees, den seine Großmutter immer anzusetzen pflegte, hob sich von der restlichen Natur ab. Dabei handelte es sich bei dem Gebräu um ein Familienrezept, dass sonst niemand hin bekam.
Die Dampfende Kanne stand zusammen mit zwei Tassen auf dem niedrigen, silbernen Tisch mit der Glasplatte, um den herum die Sonnenstühle standen. Von Dormians Liegestätte aus, war nur undeutlich zu erkennen, was genau vor sich ging, aber es schien so, als würde sich ein Mann, der im höheren der beiden Stühle saß, sich vorbeugen und eine Tasse des Suds füllen und an die Lippen führen. Genüsslich schmatzte der Mann, der kürze graue Haare und einen gleichfarbigen Bart trug, dann stellte er das Porzellan wieder weg. Dormian hatte diesen Mann schon einmal gesehen, jedoch war er damals nur eine steinerne Statue, die wachend hinter einem Sarg gestanden hatte.
Als hätte der alte Mann gespürt, das Dormian erwacht war, begann er zu Lächeln und wandte das bärtige Gesicht dem Jungen zu. Man hätte meinen können, die beiden Männer hier im Garten wären Großvater und Enkel. ”Ahh, Dormian, du bist erwacht,” sagte der Alte und faltete die Hände vor der Brust. Seine Stimme klang kräftig und gleichzeitig beruhigend. ”Ich freue mich schon eine ganze Zeit, dich einmal kennen zu lernen. Komm her und setz dich zu mir. Der Tee ist grade fertig, genau richtig um ein wenig zu plaudern.“
Es bestand kein Zweifel. Der Mann dort im Lehnstuhl war tatsächlich Lucrecious Dinivan Arboris ...
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Mittwoch 8. Juni 2011, 11:39

Es war eine Verschwendung an schlechten Gedanken, hätte sich Dormian über die Kampfweise von Van Zan beschwert. Deutlicher hätte der raubeinige Kämpfer nicht zeigen können, dass ihm nicht danach war, den Jungen zu unterrichten. Daher beließ es dieser auch dabei und spürte, wie er in die Dunkelheit sank. Er konnte sich nicht dagegen wehren, die Kraft verließ seinen Leib und eine erlösende Ohnmacht war nicht mehr aufzuhalten. Doch entgegen seiner kurzen Annahme, er sei gestorben, kam die Erkenntniss und das Vertrauen in Aio, dass sie ihn sicherlich nicht hätte einfach so sterben lassen. Welch Ironie, dachte sich Dormian. Er vertraute der Freundin eines Mannes, der ihn brutalst niedergeschlagen hatte. Einmal mehr zeigte sich, dass Worte entgegen aller Behauptungen nicht immer stärker waren als Muskeln. So schlossen sich seine Augen und eine innere Ruhe stieg in ihm auf.

Dormian erwachte in einem weichen Bett, umgeben von einer wahrlich paradiesischen und gleichzeitig vertrauten Umgebung. Aber die Person, die neben ihm saß, ließ ihn ein weiteres Mal erschrocken nachdenken, ob er nicht doch das Zeitliche gesegnet hatte. Es war Lucrecious. Sein Urahn, dessen Ring an seinem Finger steckte, der ihn mit Weisheit und Wissen gesegnet hatte. So schnell es ihm möglich war, zog er die Bettdecke weg, kämpfte sich aus den weichen Laken und ging vor dem Magier in die Knie. Seine Stiefel standen neben dem Bett, doch wenigstens musste er seinem Vorfahren nicht in einem Nachthemd gegenübertreten.
"W-wie... wie ist das möglich?", raunte Dormian und sah ergriffen zu dem Alten auf, der nicht deutlicher die Ruhe und das Wissen der Erdmagie in sich hätte vereinen können. So sah ein Meistermagier aus. Die Fragen, die in ihm aufstiegen, ob er je auch so werden würde, auf ähnliche Weise einmal seinen Nachfahren gegenüberstehen würde... er hielt sie zurück und setzte sich schließlich etwas ruhiger auf den Stuhl neben Lucrecious, wie dieser darum gebeten hatte.
"Was... was ist geschehen? Bin ich... tot oder.... ja, was ist eigentlich mit mir? Ich sehe euch, aus Fleisch und Blut, obwohl ihr... nun ja...", stockte er und riss sich zusammen.
"Vor so vielen Dekaden gestorben seid.... verzeiht, ich möchte euch nicht... damit kränken, bitte seht mir meine Torheit nach..."

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Samstag 11. Juni 2011, 20:37

Just in dem Moment, da Dormian sich auf seiner Lagerstätte aufrichtete, flatterten überall in den Blumenbüschen und von der Wiese Schmetterlinge in die Luft. Ein buntes Farbenmeer umschwirrte den ganzen, mystischen Garten für eine kurze Weile. Dann waren die Falter auch schon wieder verschwunden und zwar genau so geheimnisvoll und unerwartet, wie sie aufgetaucht waren. Aber noch etwas hatte sich mit dem Entschwinden der Insekten verändert. Denn dass Dach aus miteinander verflochtenen Ästen und Laub hatte sich aufgelöst und den Blick auf einen klaren Morgenhimmel offenbart. Zumindest konnte man von der Färbung in etwa auf die Tageszeit schließen, die Sonne selbst war aus irgendeinem Grund nirgends zu erkennen, zumindest nicht in dem kleinen Pentagonausschnitt, dass über dem Garten lag.
Ein einzelner, letzter Schmetterling, ein besonders großes, sandfarbenes Exemplar, hatte es sich auf dem Finger des alten Magiers gemütlich gemacht und Lucrecious hob den hübschen Blickfang neugierig vor die Augen. Ein gemütliches, großväterliches Lächeln zierte das bärtige Gesicht des Magiers, der eigentlich seit mehr als einem Millennium nicht mehr unter den Lebenden weilte. Als Dormian vor seinem Vorfahren auf die Knie sank, beugte sich Lucrecious zu dem Burschen herunter und zog ihn wieder nach oben. Dabei wies seine Miene einen ehrlich, peinlich berührten Ausdruck auf. Der Schmetterling hatte sich einen neuen Sitzplatz auf dem Rand einer der Tassen gesucht, als der alte Zyraner sich bewegt hatte. ”Es ist wirklich sehr Idyllisch hier, nicht wahr?” fragte der frühere Erzmagier und wies mit der Hand einmal im Kreis. Dann lachte er amüsiert, aber durchaus vornehm und höflich auf. ”Keine Sorge, du bist nicht tot. Dein neuer Freund Van Zan hat dich nur ausgeknockt. Er gehört ganz eindeutig zu den Wandernden. Gute Männer, gute Männer. Aber ich schweife ab. Nun, wo genau sind wir hier?”
Lucrecious verfiel ins Schweigen und faltete die langen, dünnen Finger vor seinem Gesicht. Mit den zusammengelegten Zeigefingern tippte er sich leicht gegen die Lippen und man könnte meinen, er hätte Dormian tatsächlich eine ernstgemeinte Frage gestellt, auf die er eine Antwort erwartete. Dann jedoch breitete er kurz die Arme aus und schlug sie dann kräftig vor der Brust zusammen. ”Wir befinden uns in deinem Unterbewusstsein, Junge. In deinem Verstand, deinem Erinnerungsvermögen. Manche würden Sagen in deiner Seele, auch wenn das natürlich vollkommener Unsinn ist. Und nun hör auf mit mir zu reden, als wäre ich der allmächtige Faldor persönlich. Ich bin ein toter, fast vergessener Mensch. Erweise mir den Respekt, dem du auch deinem Großvater zukommen lässt, dann werden wir gut miteinander auskommen. Ich meine, wir sind hier unter uns und so bald werde ich wohl nicht mehr mit jemanden reden können.
Nun, aber lass uns zu den wichtigeren Dingen kommen. Ich habe einen Einblick in den größten Teil deiner Erinnerungen, um genau zu sein, in die Erinnerungen des größten Anteils deiner direkten Linie, bis zu meiner Tochter und mir selbst. In letzter Zeit wurden diese Bilder jedoch immer beunruhigender, will nicht sagen, verstörend. Ich spreche natürlich von jenem Augenblick, da ein junger Mann, namens „Rufus von Weißenstein“ in dein Leben getreten ist. Du trägst eine schwere Bürde, eine dir ungerechterweise aufgelegte Last.”

Der Schmetterling hatte sich anscheinend lange genug ausgeruht und erhob sich nun träge mit den Flügeln flatternd wieder in die Höhe. Der alte Magier verfolgte die Bewegung, die engen kreise, die der Falter nach oben zog. Als er an dem höchsten Punkt der Heckenmauer angekommen war, verschwand er einfach in einer kleinen Glitzerwolke. Lucrecious stöhnte leise und senkte den Blick wieder. Er wirkte wirklich unglaublich alt und machte einen Ausdruck, als würde er selbst diese Last tragen müssen.
”Ich möchte dir helfen, mein junger Dormian, denn ich fürchte um dein Leben und das Heil deiner Seele. Aber leider ist es nicht so einfach, mit dir in Kontakt zu treten und mit dir zu reden. Du kannst zwar auf einen Teil meiner eigenen Erinnerungen zugreifen, aber das geschieht unkontrolliert und wir können ja nicht immer den guten Elias bitte, dich bewusstlos zu schlagen, wenn du mit mir reden willst. Fürs erste sollten wir dies hier als unsere einzige Gelegenheit ansehen. Und das sollten wir nutzen. Ich möchte, dass du mir von deinen Gedanken und Plänen erzählst. In diesem Moment kann ich dir Rat geben, so gut ich kann. Diese Gelegenheit haben wir vielleicht nie wieder.
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Freitag 17. Juni 2011, 19:00

Gebannt und aufmerksam lauschte Dormian den Worten seines Vorfahren, ohne ihn zu unterbrechen oder anderweitig zu stören. Was der Alte ihm erzählte, machte Sinn; zumindest, wenn man an die Kräfte des Siegelrings seiner Familie dachte. Auch die Tatsache, dass er diese Unterhaltung mehr oder weniger Van Zan verdankte, spielte dieser vielleicht einmaligen Gelegenheit einen beißenden Hauch Ironie hinzu. Lucrecious bat ihn also, von seinen Plänen zu berichten. Logisch, dann konnte sich der weise Magier ein Bild von Dormians Beweggründen machen und ihm so den ein oder anderen wertvollen Rat geben.
"Nun...", hob der Bursche etwas schüchtern an und setzte sich an die Bettkante, "...um ehrlich zu sein, geht viel zu viel in meinem Kopf herum, um euch alles davon erzählen zu können. Das Wenigste davon ist sicher. Aber eines weiß ich: Ich werde Rufus Faust zur Strecke bringen. Nicht nur, dass er die Gräber meiner Ahnen entweiht und die Ruhe eurer... sterblichen Überreste entweiht hat, er entführte auch meine beste Freundin mit ein paar anderen Studentinnen. Das kann und werde ich diesem Irren niemals verzeihen und dafür werde ich alles tun, um mein Ziel zu erreichen. Zunächst will diese Aio und Van Zan mich zu dem Ort führen, an dem eines von Fausts Ritualen stattfinden soll. Ich nehme stark an, dass damit unschuldige Leben auf dem Spiel stehen oder zumindest Blut fließen soll. Und das möchte ich verhindern! Auch habe ich überlegt, die Trolle aufzusuchen. Rufus ist so viel älter als ich und besitzt das Wissen vieler Generationen. Mir selbst würde es wohl nie möglich sein, ihm in diesem Status gleichzukommen, ich bin schließlich nicht ihr, Lucrecious, so schmeichlerisch das klingt. Es birgt die traurige Wahrheit, dass ich nur einen Teil eueres Wissens verfüge, nicht eure Magie. Das reicht bei weitem nicht, Rufus zu besiegen. Also dachte ich, etwas zu lernen, was er sich sicher niemals angeeignet hat. Soweit ich weiß, hat bis jetzt niemand die Magie der Trolle verstanden oder erlernt, außer die Trolle selbst. Wenn ich nun also über dieses Wissen verfüge, vielleicht bin ich dann Rufus einen Schritt voraus und kann mir einen Vorteil daraus schlagen. Klingt das... dumm? Nicht möglich oder vielleicht sogar logisch? Was sagt ihr dazu, Lucrecious?"

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Gestalt » Samstag 18. Juni 2011, 21:09

Die Zeit schien an diesem unwirklichen Ort nicht an die Gesetze der Natur gebunden zu sein. So verging sie hier auch viel schneller. Während Dormian gesprochen hatte, was zugegeben nicht grade wenig gewesen war, hatte sich das sichtbare Stück des Himmels über den beiden Magiern deutlich verändert. Als der Adept erwacht war, schien es noch früher morgen zu sein, ein dunkles Blau erhellt von glänzenden Strahlen. Inzwischen schien die Mittagsstunde heran oder vielleicht sogar schon vorüber gezogen zu sein. Es war natürlich fast unmöglich, für diesen Ort feste Regeln festzulegen, aber wenn die Tageszeit ein maß dafür war, wann Dormian diesen Ort wieder verlassen müsste, so schien zumindest die Hälfte der Zeit abgelaufen zu sein.
Vielleicht war das auch der Grund, weshalb die Manifestierung des alten Magiers so aufmerksam gelauscht hatte. Lucrecious hatte sich sogar leicht nach vorne gelehnt und tippte sich mit dem rechten Zeigefinger stetig auf die Lippen. Als sein Nachkomme dann geendet hatte, nickte der weise Mann ein paar mal, ohne das man erkennen konnte, ob es Zustimmung war, oder nur zum Ordnen seiner eigenen Gedanken diente. Dabei strich er sich durch den langen weißen Bart. Schließlich schien er zu einem Ergebnis gekommen zu sein, denn sein Blick straffte sich wieder und fixierte Dormian wie ein Falke.
”Ich hatte bereits einen Einblick in deine Erinnerungen und ich habe gesehen, wie deine Ausbildung verlaufen ist. Uns fehlt bei weitem die zeit, als dass ich dir Ratschläge in Sachen Magie geben könnte, doch das Wichtigste beherrschst du für dein Alter sehr gut. Der Urgeist weiß jedoch, dass selbst das nicht reichen wird, um gegen ein Monster wie Rufus Faust zu obsiegen. Ich sah – durch dich – wie dieser Hexenmeister Erdmagie wirkt und sie hat nichts mehr mit der Kunst zu tun, wie man sie in Zyranus lehrt. Er ist beängstigend Stark. Aber ich habe bereits einmal gesehen, dass jemand so kämpfte ...”
Lucrecious verstummte und strich mit der Flachen Hand mehrmals über die gläserne Tischplatte. Unter der Berührung zerfiel das durchsichtige Material wieder zu dem feinen, weißen Sand, aus dem sie gefertigt worden war, während die Tassen und die Teekanne einfach nach oben schwebten.
Der Sand begann wie ein träger, kleiner Bach zu zerfließen und sich zwischen den beiden Männern zu Sammeln. Dann erhob sich eine kleine Gestalt aus dem Gewusel und nahm langsam Konturen an. Sie wuchs so hoch, dass sie knapp Dormians Knie hätte berühren können. Die leicht nach vorne gebeugte Haltung, dass seltsame, primitive Gesicht, dieses Wesen musste ein Troll sein, keine Frage. Der kleine Sandtroll trat kräftig und den Boden und eine Kugel, ebenfalls aus dem hellen Pulversteinen, flog in die Höhe. Dann drehte der Troll sich auf den Absatz seines linken Beines und trat mit dem rechten gegen die Kugel. Sie wurde beschleunigt wie von einer Bombarde und bohrte ein Loch in die untere Latte des Bettes. Schwer seufzend wandte sich der Magier von dem Sandtroll ab und sah wieder zu seinem Nachkommen.
“Der den du da gesehen hast, nannte man den Tel’Jilad. Ein Schamaneneremit der Trolle. Sie sind die mächtigsten ihres Volkes und doch leben sie nicht bei den ihren. Ein Troll, der zum Schamanen werden will, muss den beschwerlichen Weg zu einem Tel’Jilad finden. Ein Schwur zwingt diese meister dazu, jedem, der sie aufsucht, eine der vier Trollkünste in Erdmagie zu lehren. Was du da grade gesehen hast, war eine Vorführung der Zerstörung. Und ich fürchte, es besteht kein Zweifel daran, dass Faust einst einen Tel’Jilad aufgesucht hat und von ihm diese Kunst lernte.“
Für einen Moment hielt der Magier wieder inne und das Spektakel im Sand veränderte sich. Der selbe Troll war nun in die Knie gegangen und berührte mit beiden Händen den Boden. Als sähe man eine Pflanze im Zeitraffer wachsen sehen, wuchs eine Statue aus dem Sand hervor. ”Auch ich ging einst zu einem dieser Meister und als ich ihn darum bat, lehrte er mich die Kunst der Erschaffung. Ich Verband dieses Wissen mit meinen eigenen Fähigkeiten und wurde zum „Meister der Baumeister“. Du musst einsehen, dass du in deinem Leben niemals an die Zerstörungskraft dieses Nekromanten heran kommen wirst, ganz gleich wie du es auch versuchst. Doch das heißt nicht, dass es dir nichts bringen wird, die Trolle aufzusuchen. Nein, es wäre sogar weise, einen Tel’Jilad aufzusuchen. Doch bitte ihn nicht um das Wissen zu Zerstören oder zu Erschaffen. Stattdessen solltest du die Macht des Erhaltens oder des Gebens ersuchen. Wenn Faust Feuer ist, dann musst du Wasser sein und seinen Vernichtungszug löschen, bevor es zugspät ist. Ich kann dir leider nicht sagen, wo du einen Meister findest. Ich ging damals in die Trollsiedlung Gronk, aber diese scheint inzwischen zerstört. Die größte Ansiedlung an Trollen scheint nun in den Ruinen von Kroar leben, wo zu meiner Zeit noch die Zwerge herrschten. Vielleicht ist dies ein guter Startpunkt, für deine Suche? Ich vermag es nicht sicher zu sagen ...”
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Sonntag 19. Juni 2011, 13:33

Freilich war Dormian zunächst herb enttäuscht, als er von Fausts Taten erfuhr, in denen er die Trolle aufgesucht hatte. Selbst die Macht der Trolle zählte Rufus zu seinen Waffen! Doch sofort wurde der junge Erdmagier hellhörig, als sein Vorfahr ihm von den insgesamt vier Pfaden der Trollschamanenmagie erzählte. Es machte ebenfalls Sinn, dass Dormian nicht den Pfad wählen durfte, welchen sein Erzfeind eingeschlagen hatte. Zerstörung, Erschaffung, Geben und Erhalten. Wenn er aber den Gegenpol der Zerstörung wählen musste, blieb ihm dann überhaupt eine Wahl?
"Sagt... was Erschaffung bewirkt, das habe ich ja jetzt gesehen... aber was bewirken die anderen beiden Mächte? Ich meine Geben und Erhalten. Wenn Rufus die Zerstörung gewählt hat, muss ich dann eure Macht auch wählen? Oder kann ich es auch mit den zwei anderen Pfaden versuchen? Was bewirken sie überhaupt? Wisst ihr etwas darüber? Könnt ihr mir bitte davon erzählen?", kam der Schwall an Fragen nur so aus Dormian herausgeschossen. Seine Neugier trieb ihn an und auch die neu geschöpfte Hoffnung, vielleicht doch etwas gegen Faust auszurichten. Gleichzeitig stellte er sich vor, was Geben und Erhalten wohl bedeuten konnte. Erhalten stellte sich noch als recht einfach heraus. Vermutlich war das die Macht, Steine unzerstörbar zu zaubern oder vielleicht sogar das unvergänglich zu machen, was aus der Erde hervorging. Die tollsten Vorstellungen drangen auf seine Gedanken ein, doch schließlich setzte sich doch die Vernunft durch. Es ging nicht um die Vorzüge irgendeiner Kraft. Es ging darum, einen Weg zu finden, Faust aufzuhalten. Daher schien die Macht des Erschaffens als logischster Pfad, den Dormian einschlagen konnte. Erwartungsvoll blickte er zu seinem Ahnen und hing wie gebannt an seinen Lippen. Jedes Wort dieses alten, mächtigen Magiers war unverfälschte Wahrheit und unbezahlbares Wissen. Nichts, was man in Büchern lesen oder in Schriftrollen studieren konnte. Hier ging es um die Worte eines Mannes, der das Wissen selbst gesehen und geformt hatte. Die Macht der Erschaffung hatte diese Person zum Meister der Baumeister gemacht. Was dann wohl die anderen zwei möglichen Mächte beinhalten konnten?

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Gestalt » Sonntag 19. Juni 2011, 14:29

Lucrecious lies wie beiläufig das rechte handgelenk kreisen, woraufhin sich die kleine Sandbühne abermals veränderte. Der winzige Troll zerrieselte und verschmolz wieder mit dem Untergrund, die Oberfläche der Düne wurde ebener und nahm feste Grenzen an. Es dauerte nur ein paar Sekunden und eine achteckige Platte war entstanden. Zwei Figuren wuchsen aus dieser hervor, dieses mal schienen es allerdings Menschen zu sein. Sie verbeugten sich wie Duellanten voreinander und nahmen dann klassische Grundhaltungen eines Magierduells ein. Während sie so da standen und sich nicht mehr rührten, färbte einer der beiden sich schwarz. Es war nicht schwer zu erahnen, was dies bedeuten sollte. ”Zuerst einmal musst du von diesem Gedanken wegkommen, dass die Wege der Trollmagie in irgendeiner Weise gegenteilig zueinander stehen. Sie alle basieren auf der selben Grundlage, doch unterscheiden sich voneinander wie Vögel, Fische und Füchse. Wählst du den Pfad der Erschaffung, so wirst du nicht obsiegen können. Der Weg der Erschaffung ist der Weg der Friedfertigkeit und der Kunst. Im Kampf jedoch vollkommen Nutzlos.”
Der Magier blies in die flache Hand. Dann öffnete er eben diese zwischen den beiden Figuren und als ob man ihnen einen Lebensatem eingehaucht hätte, begannen sie sich in der Arena zu umkreisen. Wie schon zuvor der Troll trat der eine auf den Boden, um sich ein Steingeschoss zu erschaffen, während der andere mit beiden Händen eine Mauer aus dem Sand entstehen lies. Obwohl sie in ihrem Maßstab wirklich massiv wirkte, stellte sie für die stark beschleunigte Sandkugel kein Hindernis dar. Der kleine Ball durchschlug sowohl die Mauer, als auch den Kopf des Sandmagiers dahinter. Mauer und Magier zerrieselten und der siegreiche Kontrahent nahm wieder seine Grundhaltung ein.
“Die Zerstörung ist eben dafür gedacht, das Erschaffene wieder einzureißen und einen Neubeginn zu ermöglichen,“ Erklärte Lucrecious mit nachdenklichem Unterdruck in der Stimme. ”Zerstörung gleichzusetzen mit Vernichtung und Tod wäre ein Fehler, doch im Falle Fausts wohl richtig, denn er sieht es eben so. Lass uns einen Blick auf die Erhaltung werfen. Wäre ich älter und weiser gewesen, hätte ich sicherlich diesen Pfad gewählt, denn er steht für die Beständigkeit. Sie Schützt eine Stadt vor den verheerenden Auswirkungen eines Erdbebens und reinigt den Felsen von unnatürlichen Einwirkungen. Erhaltung vermag es, Fels und Stein, Baum und Strauch, zurück in ihren Urzustand zu bringen. Sie nützt nicht viel im Kampf, AUßER gegen Erd- und Naturmagier. Sieh ...”
Ein neuer Kämpfer, der den Zerstörungsmagier herausfordern wollte, wuchs aus dem Untergrund herauf. Er hatte allerdings keine Besondere Haltung eingenommen, sondern stand ganz locker da. Wie schon zuvor erschuf der Schwarze ein Geschoss und trat dagegen um es zu beschleunigen. Die helle Figur hob der Kugel den rechten Arm entgegen und um ihn herum entstanden feine Rillen im Boden, die sich Blitzartig zu einem komplexen Muster ausbreiteten. Kaum hatte die Steinkugel den Rand dieser Runen berührt, da verlor sie alle wucht und fiel einfach zu boden. Der offensive Duellant sprang nun nach vorne und schlug mit beiden Fäusten auf den Boden. Wie eine Welle schoben sich Felsenplatten aus dem Boden herauf, scharfkantig und unheilvoll schnell. Sie zielten genau auf den hellen Sandmagier, aber wie zuvor verloren sie alle Kraft, als sie den Rand des Zirkels erreichte.
”Der Weg des Erhaltens stellt mit Sicherheit eine weise Wahl dar, zumal Erhaltung noch auf andere Weise eingesetzt werden kann. Da ich diesen Weg nicht wählte, kann ich nicht näher darauf eingehen. Allerdings verfügt sie über keinerlei Offensiven nutzen. Also benötigst du auch dein anderes, bereits erworbenes können ... oder einen guten Verbündeten. Doch nun lass uns direkt mit dem Letzten weitermachen. Dem Geben! Der mysteriöseste Weg, vielleicht der Mächtigste, vielleicht der Gefährlichste. Der Pfad des Gebens ist der Pfad zur Erschaffung von Dienern und helfenden Geschöpfen. Keine armen, unheiligen Kreaturen wie Nekromanten sie erschaffen, sondern stolze Wesen aus den Eingeweiden der Natur selbst. Elementare und Golems! Du weißt wovon ich rede, nicht wahr? DU bist bereits zweien dieser Gattung begegnet.”
Die Linien rund um den Erhalter schlossen sich wieder und auch der zersplitterte Boden wurde wieder Glatt. Zum dritten Mal verbeugten die beiden Sandfiguren sich voreinander. Dann legte der helle Magier die Hand auf die Brust und drei kleine Sandwirbel entstanden vor ihm. Als sie sich wieder legten, waren dort drei Kreaturen mehr, die sich dem schwarzen in den Weg stellten. Der vierarmige Schlangenkrieger direkt vor ihm, sah aus wie eben jene Wächter, die auch das Grab der Erdmagier bewacht hatten. Links neben dem Magier stand eine winzige, matschige Version des verdorbenen Golems Barnabas, den Dormian besiegen musste. Zur rechten stand ein sehr großes, mannähnliches Geschöpf mit dicken Armen und Fäusten.
Der Helle Magier hob beide Arme und schien zu dirigieren, während seine drei Soldaten bereitwillig folgten. Der Dunkle Magier schoss zwei seiner Geschosse ab, aber das erste zerprallte an der Brust des Riesen, die zweite blieb im Körper des Schlammgolems hängen.
”Was du aus diesen verbündeten machst, ist dir überlassen und glaube mir, es gibt weit mehr Arten von ihnen als nur diese drei. Doch sie zu schaffen erfordert deine eigene Lebenskraft. Viel mehr als eine Hand voll überlebt niemand. Und solltest du sterben, solange du einen Golem beherrschst, so wird dieser Wild und eine Gefahr für die Welt ...”
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Sonntag 19. Juni 2011, 16:30

Dormian verfolgte gebannt die magische Vorführung seines Vorfahren und prägte sich möglichst alles ein, was dieser ihm erzählte. Alle Pfade bis auf die Zerstörung hatten etwas Faszinierendes. Dem Jungen war nie an Gewalt und destruktiven Handlungen gelegen, wodurch es einfach für ihn war, diese Möglichkeit abzulegen. Nicht zuletzt, weil Rufus Faust diesen Pfad einst für sich gewählt hatte. Auch die Erschaffung fiel trotz ihrer beeindruckenden Macht für ihn weg. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wozu diese Kraft in der Lage war, doch Lucrecious hatte Recht mit der Behauptung, dass dieser Weg keinen Vorteil für Dormian bot. Auch das Geben hatte den bitteren Beigeschmack von Fausts Handschrift an sich. Auch die Tatsache, sich selbst zu schwächen gefiel dem jungen Magier gar nicht. Die Erhaltung versprach da am meisten. Er wollte die ihm wichtigen Menschen beschützen, ihnen zur Seite stehen. Auch die Tatsache der Heilung stellte einen unbezahlbar guten Aspekt für die Wahl des Pfades. Richtig eingesetzt konnte er Faust mit dieser Macht ordentliche Kopfschmerzen bereiten.
"Erhaltung... ich glaube, diesen Pfad werde ich wählen. Ich möchte euch nicht nachahmen und zudem etwas gegen Faust ausrichten können. Die Aussicht, die Werke und die Macht des Urgeistes zu erhalten und sie zu beschützen, klingt sehr wertvoll für meine Familie, mich und für alle, die ich damit zu beschützen gedenke...", raunte Dormian und stand auf. Wieder kam ihm dieser Gedanke, wie sein Leben in ein paar Dekaden aussehen würde. Würde er auch ein alter, weiser Mann sein, der voraussehend und mächtig dem Guten zur Seite stand? Würde er gar vielleicht einmal ein Mitglied des Rates werden und sein Erbe oder vielleicht sogar ganz Zyranus vor zerstörerischen Mächten beschützen. Die Vorstellung, wie Belagerungsgeräte und feindliche Zauber an den Häusern der magischen Stadt wie Federn abprallten und er damit ganze Familien vor dem Tod bewahrte, gefiel ihm. Jedoch nicht aus dem Willen heraus, Einfluss, Macht und Ansehen zu bekommen. Er wollte seine Kraft weise und gutherzig einsetzen.
"Ja, ich bin mir sicher, Lucrecious! Ich werde den Schamanen finden, der mir den Pfad der Erhaltung zeigen kann! Ich danke euch! Ich danke euch dafür, dass ihr mir gezeigt habt, was ich tun kann, um die wichtigen Menschen in meinem Leben zu beschützen und Faust das Handwerk zu legen. Doch... wo genau soll ich mit der Suche beginnen? Wenn es Aio, Van Zan und mir gelingt, dieses Ritual aufzuhalten, muss ich wissen, wohin ich gehen werde. Habt ihr einen Rat für mich, oder soll ich dieses Kroar aufsuchen? Ich würde ja sofort auf die Suche danach gehen, aber nun ja... im Moment bleibt mir nichts anderes übrig, ich muss dabei helfen, diese Studentinnen zu retten!"
Entschlossenheit schwang in Dormians Worten mit. Er war fest davon überzeugt, diesen Schamanen zu finden und die Aussicht, ein Mittel gegen Rufus gefunden zu haben, verlieh ihm wahrlich Flügel.

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Erzähler » Sonntag 19. Juni 2011, 20:15

Dormian ernte für seine Worte ein zustimmendes Nicken seines Vorfahren. Auch wenn Dormian sich vielleicht nur dafür entschieden hatte, weil es ihm am meisten zusagte, so war es doch auch die Richtige Entscheidung. Lucrecious hatte ja bereits von sich selbst gesagt, dass auch er den Weg der Erhaltung bewandert hätte, wenn er noch einmal die Gelegenheit bekommen hätte. Ganz gleich, was der jüngste Spross dieser alten Erdmagierfamilie in seinem Leben noch anstellen würde, zumindest gegen einen Kontrahenten wie Faust würde Erhaltung ihm den Weg ebnen. Das hieß natürlich nur, sofern Dormian auch in der Lage war, einen dieser Tel’Jilad ausfindig zu machen und ihn dazu zu bringen, ihn zu unterrichten. Doch das war eine Hürde, die noch in der Ferne lag.
Der Himmel war inzwischen dunkelrot geworden und färbte sich bereits schwarz. Einzelne, leuchtende Punkte bedeckten schon das Firmament. Die Zeit, die Dormian bei seinem Ahnen verbringen konnte, war beinahe vorüber.
”Ich kann dir leider nicht sagen, wo heute noch die Meister der Trollschamanen leben. Wenn es sie noch gibt - denn ich will die Möglichkeit nicht ausschließen, dass sie ausgestorben sind, wenn gleich ich es weder glaube noch hoffe – dann wirst du sie alleine nicht finden. Gehe nach Kroar. Suche dort nach Antworten. Aber gehe nicht alleine, denn Trolle haben einen schlechten Charakter und sind heimtückisch. Aber verbanne all dies nun erst einmal in deinen Hinterkopf. Dein Geist muss sich auf die aktuelle Situation verschärfen, wenn du sie überleben willst. Ich kann dir keine Ratschläge für Faust oder dessen Handlanger geben. Aber dieses Elfenmädchen Aio scheint mehr zu wissen, als sie zugeben will.”
Mit einem Stöhnen legte Lucrecious den Kopf in den Nacken und sah zum Himmel hoch. In den Büschen ringsum begann es leise zu rascheln. Mit einer traurigen Miene klopfte sich Lucrecious auf die Knie und erhob sich dann langsam aus seinem Stuhl. Er war überraschend groß, was man ihm Sitzend nicht zugetraut hatte. Mit einem müden Lächeln im bärtigen Gesicht ging der Ahne von Dormians Familie auf seinen jüngsten Nachkommen zu und ergriff dessen Hand. Sein Griff war fest, aber fühlte sich trotzdem seltsam schwach an. ”Es ist wirklich schade, dass uns beiden nicht noch mehr Zeit zusammen vergönnt war. Ehe das Ende kommt, werden wir uns vielleicht noch einmal treffen. Vielleicht aber auch nicht. Verzage jedoch nicht, denn am dunkelsten ist die Nacht vor dem Morgengrauen.”
Anscheinend war sich die Manifestation der Erinnerungen von Lucrecious Arboris dieser Welt wesentlich bewusster, als Dormian selbst, denn er spürte, wie dessen Verstand ums erwachen kämpfte. Die Hecken begannen bereits sich aufzulösen, ebenso wie der Pavillon. Ganz allmählich wurde alles um den jungen Magier herum weiß. Selbst der lächelnde Erzmagier verblasste, wie ein unwirklicher Traum. Dann stiegen sie auf, unzählige Schmetterlinge, klar erkennen und mit prächtigen Farben, erhoben sich aus den verschwimmenden Büschen. Sie umhüllten Dormian, raubten ihm die Sicht, während sich der Griff von Lucrecious löste. Nach wenigen Sekunden sah er nichts weiter, als ein buntes Schimmern, dass langsam zu einem rotgelben Meer verschmolz. Etwas anderes um ihn herum existierte nicht mehr. Und dann wurde es abermals dunkel.

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Als Dormian flatternd seine Lider hob, starrte er mitten in ein prasselndes Lagerfeuer. Anscheinend war es Nacht und er lag auf einer weichen Decke. Schmerzen hatte er keine, also hatte sich jemand um seine Verletzungen gekümmert. Dafür war von der Lichtung mit dem Hinkelstein nichts mehr zu erkennen. Das kleine Lager befand sich an einer ganz anderen Stelle im Wald aufgebaut worden.
Eine Seifenblase schwebte heran und zerplatze an Dormians Haaren. Aio saß ganz in seiner Nähe am Feuer und hatte wieder ihren kleinen Stab hervor geholt mit der sie die glänzenden Blasen in die Luft zauberte. Die Pferde waren alle drei abgesattelt worden und standen dicht aneinander gedrängt am Rande des Feuerkegels. Schneehuf in der Mitte schien zu schlafen, denn ihre Augen waren geschlossen, während die anderen beiden Tiere grasten. Von Van Zan fehlte jede Spur, ebenso von dessen Waffen.
”Ah, du bist endlich wieder wach,” meinte Aio freundlich, die bemerkt hatte, wie der Bursche sich bewegte. Sie blies einen ganzen Schwall von Seifenblasen in die Luft und verstaute dann ihren Stab. ”Ich entschuldige mich für das, was Van Zan mit dir angestellt hat. Er meinte es nicht böse, er ist nur verbittert. Ich hätte dazwischen gehen müssen, dafür muss ich mich auch entschuldigen.” Die Elfe lächelte Müde und betrachtete mit ihren großen Augen das Gesicht des jungen Magiers. Ihr Blick nahm etwas träumerisches an, als würde das Gesicht des Jungen irgendetwas in ihr wecken. ”Du siehst genau so aus, wie dein Vater, als ich ihn das erste mal getroffen habe. Er war damals grade 16 Jahre, aber ich schon fast zehn mal so alt. Er war das erste mal außerhalb der Stadtmauern und brach sich das Bein, ganz in der nähe von hier. Ich hab ihn per Zufall gefunden und zurück in die Stadt gebracht. So schüchtern war er, wollte mich und meine Schwester nie länger als ein paar Sekunden ansehen.”
Aio wandte den Blick wieder ab und starrte mit einer Aura der Melancholie und Trauer in die tanzenden Flammen. Wie schon zuvor schlug ihre Stimmung sehr schnell zwischen fröhlich und traurig herum. Nicht umsonst nannte man Erinnerungen manchmal das Gift der Gegenwart. An manche Dinge, wollte man sich einfach nicht erinnern.
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Re: An den Stallungen

Beitrag von Dormian Arboris » Montag 20. Juni 2011, 12:06

Dormian öffnete langsam seine Augen und spürte sogleich die angenehme Wärme eines Lagerfeuers auf seiner Haut. Etwas angestrengt setzte er sich auf und ließ seinen Blick umherschweifen. Eine friedliche Stimmung lag in der Luft, wenngleich auch eine leichte Bedrücktheit. Aio schien offensichtlich erleichtert darüber, dass dem jungen Magier nichts weiter fehlte und erwähnte, dass er wie sein Vater aussah. Auch wenn Mesophes ihm viel von seinen Abenteuern erzählt hatte, so war ihm diese Geschichte neu. Er lächelte leicht.
"Es... ist ist nicht deine Schuld. Ich hätte erkennen müssen, dass der Griesgram nicht daran interessiert ist, mich auszubilden. Jetzt weiß ich es ja besser, nicht wahr?", murmelte der Bursche und drückte sein Kreuz durch. Knackend sprangen die Wirbel wieder an ihren angestammten Platz, er musste einige Zeit an Ort und Stelle gelegen haben, ohne sich zu rühren.
'"Hehe... danke... es tut gut, zu hören, dass ich wie mein Vater aussehe. Ich bin sehr stolz darauf, aber das weißt du wahrscheinlich auch schon. Sag mal... wieso genau ist Van Zan so verbittert? Du erwähntest etwas von einem Toten... verzeih, wenn ich dir damit Unbehagen bereite, ich bin nur eben neugierig und würde die Menschen um mich herum nur gerne verstehen. Du musst es mir nicht sagen, falls du das nicht willst. Da bin ich dir sicher nicht wütend, versprochen."
Dormian dachte darüber nach, wie er Aio und Van Zan dazu überreden konnte, ihn nach Kroar zu begleiten. Ein Traum war das Erlebnis mit Lucrecious sicher nicht gewesen, auch wenn einige seiner nächtlichen Besuche in der Traumwelt oft sehr wirklich wirkten. Zumindest wusste der Erdadept nun, wie sein weiterer Weg aussehen sollte. Nach dem Ritual, welches sie um jeden Preis verhindern mussten, sollte es doch zu den Trollen gehen. Der Pfad der Erhaltung konnte die Gelegenheit für ihn sein, Faust etwas entgegen zu setzen. Und nebenbei, wenn er diesen Pfad mitsamt seiner Magie meistern konnte, würde er sich vielleicht auch einen hübschen Namen zulegen können. Jeder große Zauberer tat dies. Der Meister der Baumeister, der Weise, der Mächtige, der Erfahrene. Dormian, der Ewige oder Dormian, der Meister der Unvergänglichkeit. Ja, das klang bei aller Bescheidenheit des Lehrlings doch sehr verlockend. Nicht, dass ihm wie erwähnt viel an Macht und Aufmerksamkeit des Volkes gelegen wäre. Aber irgendwie wollte er doch, dass die Nachwelt von seinen Taten und Fähigkeiten erfuhr. Das musste ja nicht zwangsläufig selbstsüchtig sein.
"Und... eine Frage hätte ich noch dazu... würdet ihr Beiden mich nach unserem jetzigen Ziel... nach Kroar begleiten? Ich weiß, es klingt dumm und ich habe vorhin schon mit dem Gedanken gespielt, die Trolle aufzusuchen. Aber da hatte ich den Blick auf mein Ziel vergessen, und das lautet immer noch, die Entführten zu retten und Faust das Handwerk zu legen. Ich... hatte eine Vision, wenn man so will... mein Vorfahr erschien mir und erzählte mir von einer Möglichkeit, Faust etwas entgegen zu setzen. Aber dafür muss ich die Trolle nach dem Aufenthaltsort eines gewissen Schamanen fragen. Wenn alles funktioniert kann ich euch eine tatkräftige Hilfe im Kampf gegen Faust und seine Schergen sein, das verspreche ich euch!", beteuerte der junge Arboris und seine Augen ließen dabei keine Unsicherheit oder Lüge zu, da seine Worte ja doch recht abenteuerlich klangen.

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Re: An den Stallungen

Beitrag von Gestalt » Montag 20. Juni 2011, 13:11

Ein wenig entgeistert starrte Aio zu Dormian herüber. Van Zans Geschichte – genau wie die ihre – war eine sehr schmerzhafte und persönliche Angelegenheit. Sie hatte eigentlich nicht vorgehabt über das eine oder andere zu berichten. Bisher hatten die beiden schon öfters andere Magier in ihre Gruppe aufgenommen, denn eine Stärke der Hexenjäger lag in der Größe der Gemeinschaft. Leider war keines dieser neuen Mitglieder lange mit ihnen geritten und keiner von ihnen war lange genug dabei, um die Geschichten ihres Hintergrundes zu erfragen. Aber bei Dormian war das etwas anders. Zwar hatte Aio ihn zuvor nur einmal gesehen, und da war der junge ein Baby, dass ihr eine Haarsträhne ausgezupft hatte, aber trotzdem kam er ihr nicht wie ein Fremder vor. Vielleicht lag es daran, dass sie mit seinem Vater eine langjährige Freundschaft teilte. Und weil Mesophes und sein Sohn sich so ähnlich waren.
Es dauerte eine weile, ehe sich Aio bewegte, aber dann nickte sie kaum merklich. Sie zog die Beine an und schlang die Arme darum, dann richtete sie ihren Blick wieder ins Feuer. ”Van Zan kommt aus Jorsan, musst du wissen,” setzte sie ihre Geschichte an, während das Feuer mit einem mal heftiger zu flackern begann. ”Er war Hauptmann der Stadtwache. Er hatte ein gutes Leben, ein schönes Haus, eine Frau. Und eine Tochter: Miriamel. Der Sinn seines Lebens. Er liebte sie mehr als sein Leben.” Die Härchen an den nackten Armen der Elfe richteten sich auf und sie begann zu Zittern. Ob es an der Kälte der Nacht lag, oder an dem, was sie da zu erzählen im Begriff war, blieb ihr Geheimnis.
”Und dann kamen sie. Faust, Aurora, Pryrates und Asajj. Oder besser bekannt als der Spiegelkult. Die mächtigsten Nekromanten unter der Sonne. Sie suchten das Grenzdorf auf, in dem Van Zan lebte. Ihre untoten Diener wüteten unter den Bewohnern. Viele wurden einfach niedergestreckt. Aber andere wurden gefangen genommen. Die schönsten, jungen Frauen, die älteren mit edlen Gesichtern, die stärksten, bestaussehendsten Männer ... und die hübschen kleinen Mädchen, die die Schwelle zum Frau-Sein noch nicht überschritten hatten. Van Zan, seine Frau und seine Tochter, sie gehörten alle drei zu eben diesen Gruppen. Sie wurden auf dem Dorfplatz zusammen getrieben. Und dann begann die auslese.”
Aio stockte und sah mit einem mal auf ihre blanken Handflächen. Sie schluchzte leise und eine einzelne Träne rann an ihrer Wange entlang. ”Hast du dich noch nicht gefragt, wieso Faust so lange leben konnte? Er ist kein untoter, er ist etwas viel schlimmeres. Er ist ein Diblerist. Ein Sünder gegen den Tod. Das bedeutet, dass er seinen Geist mit dem von anderen Menschen austauschen kann. Sein Bewusstsein wandert in den Körper seines Opfers und umgekehrt. Aber nicht bevor er sich selbst tödlich verletzt. Und wenn er dann in seinem neuen Körper ist, verwendet er das Ritus Diblerie. Er saugt seinem alten Körper das Blut und die Magie aus, um sie auch weiterhin nutzen zu können. Aber die Diblerie verdammt den Körper. Er stirbt nach 200 Tagen, ganz gleich was er unternimmt. Und darum geht das ganze nach nicht einmal einem Jahr wieder von vorne los. Die Auslese, diente dazu, neue Körper zu finden, denn sie sind alle vier über die maßen Arrogant und wollen so schön wie irgend möglich sein. Was eben ihrem schönheitsideal entsprach.
Zuerst suchte sich Pryrates einen neuen, älteren Körper aus. Danach tötete er alle anderen, die seinem Ideal nicht entsprachen. Wir haben es aber inzwischen geschafft, zumindest ihn zu töteten, was wohl der grund dafür war, dass sie deinen Freund Krytas in ihre Reihen aufgenommen haben. Als zweites kam Asajj. Sie wählte einen reifen Frauenkörper aus und tötete die anderen. Darunter auch Van Zans Frau. Aber was danach kam, war für ihn tausend mal schlimmer! Denn dann kam Aurora und von allen ist sie die Krankeste! Ich weiß nicht, was mit ihrem Verstand falsch läuft, aber sie will immer den Körper eines kleinen Mädchens. Und am besten Gefiel ihr Miriamel ... Van Zan musste mit ansehen, wie man den Geist seiner Tochter austauschte, wie sie daraufhin einem anderen Mädchen das Blut aus dem Körper saugte und alle anderen Kinder des Dorfes auf bestialische weise hinrichtete. Es war zuviel für ihn und er floh. Ich weiß nicht wie, denn darüber schweigt er. Du hast ja gesehen, wie sein Körper aussieht.”

Während die Elfe mit dem linken Arm weiterhin ihre Beine umklammerte, griff sie mit dem anderen nach einem kleinen Ast und stocherte damit in der Glut des Lagerfeuers herum. Sie schluchzte leise und wischte sich im Anschluss mit dem Handrücken über die nassen Wangen. ”Darum jagt Van Zan Aurora und auch Faust. Inzwischen hat Aurora natürlich schon viele duzend mal wieder den Körper gewechselt. Aber er kann und wird ihr nie verzeihen. Ebenso wenig, wie er Asajj für den Tod seiner geliebten Frau Maron verzeihen wird.”
Es verstrichen wieder einige Minuten, die Aio brauchte um sich wieder zu fassen. Obwohl es in der Geschichte nicht um sie ging, schien es sie sehr mitgenommen zu haben. Darum dauerte es etwas, bevor sie auf Dormians Frage antwortete, ob sie und Van Zan ihn nach Kroar begleiten würden. ”Nein, Dormian, dass werden wir nicht. Ich würde, aber als Elfe würden sie mich töten, lange bevor wir den Eingang zur Stadt im Goblindorf erreicht hätten. So schön der Gedanke auch klingt, eine Waffe gegen Faust zu haben, wir können dir dabei nicht helfen. Es tut mir leid ...”
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