Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Gewaltig ragt die Arena aus der Mitte des Turnierplatzes heraus. Hier finden die Kämpfe und Magierduelle statt. Das Publikum sitzt auf der kreisrunden Tribüne, während die Teilnehmer unten im Arena-Ring ihr Bestes geben.
Antworten
Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Dienstag 28. Oktober 2008, 13:01

<img src="http://i140.photobucket.com/albums/r21/ ... poeten.png">


Das Turnier war schon in vollem Gange. Innerhalb der Arena konnte man die Kämpfe und Darbietungen hören und von der besetzten Zuschauertribüne ein „OHHHHHHHHHHH“ und AHHHHHHHHHHH“ vernehmen.
Begeisterungsrufe und tosender Applaus, Rufe der Anfeuerung gemischt mit dem Klirren von aufeinander schlagenden Waffen.
Gelächter von den Auftritten der Gaukler und Akrobaten. Hier und dort hörte man die Markschreier die Ergebnisse des vergangenen Turniers verkünden.

„…sollt ihr hören, dass der lustige Yann Adamm-Ra die nächste Runde der Gaukler wird bestreiten….“
Die Schellen an ihren Beinen konnte man schwerlich überhören.

Doch spazierte man an der großen Tribüne vorbei über diesen großen Platz, so konnte man ein großes Zelt sehen. Zur Zierde wurde es mit bunten Teppichen behangen, die die Töne rot, braun und gelb trugen. Die Teppiche wurden extra für das Turnier von Webern gefertigt.
Wie ein Traum aus den fernen Ländern des Sandes sah es aus.
Der Eingang wurde von zwei stabilen Hölzern gestützt und auf dessen Enden wehten Fahnen in schwarz und gelb mit einem Adler darauf. Das Wappen der Stadt Pelgars.
Die Farben der seitlichen Wände waren sandelgelb und oben wurde es das Blau der tiefsten Nacht. Selbst die Sterne waren darauf.
Kleine Pallietten wurden aufgestickt, als hätte man den Nachthimmel heruntergeholt um für diese Zeit in Pelgar zu verweilen.
Mehrere Fackeln waren aufgestellt, welche das ganze Bild abrundeten.
Viele Schaulustige waren versammelt, die voller Erwartung der Geschichten und Balladen, ihre eigenen Kreationen zum Besten gaben.
Hier und dort, hörte man, wie sich die Leute gegenseitig, durch ihre eigenen Geschichten, zur Ekstase brachten.
Auch sprachen sie von den vorhergegangenen Erzählern, welche nicht überzeugen konnten.

„…seine Geschichte, war zum einschlafen. Jedes Kind konnte mehr erzählen…“

„..ja sicherlich, Der Prinz rettet die Prinzessin…nein wie schnöde…wo war da der Reiz?“

Oder welche über die man diskutieren und philosophieren konnte.

„…aber wieso grau? Poetisch gesehen, kann man ja alles mit anderen Augen sehen, doch warum grau..“
„..Ja wusstet ihr es nicht, der Ragnarson ist farbenblind.“
„nein, das wusste ich nicht…ach jetzt verstehe ich..<i> Die Maid, sie war so schön, ihr Kleid im Winde wehte, die Augen und das Haar, so wie ich euch sagte, die Farbe grau für mich sie tragte</i>.“

„… sicher, ein Drache, mit zwölf Köpfen und das Einzige was dieser macht ist…na was?…schlafen….ich hätte mich totlachen können…so was und dann erzählt er es mit so einer Ruhe…nein, wie lustig…mir schmerzt jetzt noch der Bauch….“

Ein Mann trat aus dem Zelt heraus. In der Hand hielt er einen kleinen Gong. Der Mann selbst war in Tücher und weiter Kleidung gehüllt. Er trug einen Turban auf dem Kopf und einen reich geschmückten Krummsäbel an seiner Seite. Seine Hose war an den Beinen weit und wurde erst zu den Füßen eng. Fremdartiges Schuhwerk trug er und er roch nach Sand und Wildnis.
Er sah so aus, wie man sich Wüstendiebe vorstellte.

Ohne ein Wort von sich zu geben zog er den Vorhang beiseite und schlug den Gong.

GLONG!!

Die Leute blickten Auf. Endlich würde es weitergehen. Sie kramten ihre Schriften, Pergament und Bücher zusammen und eilten ins zelt, um noch einen Platz zu erhalten
Die Stimmung war fröhlich und ausgelassen.

Aus dem Zelt drang der Duft von Feigentee und aromatischen Tabak. Leichter Rauch von exotischem Rauchwerk, welches in Feuern verbrannt wurde und eine behagliche Wärme gingen von diesem Zeltinneren aus.
Hier und da konnte man Gesprächfetzen hören.

„Was wohl gleich erzählt wird…“

„…das Grauen hatte sie gut umgesetzt aber der Rest…wirklich schade“

„…Bin mal gespannt, ob dieser Sarion noch auftaucht. Und was er zu erzählen hat ich höre nämlich immer gerne wenn andere etwas zu erzählen haben, immerhin kann man so was dann selber als Inspiration benutzen und wenn ich dann zuhause bin erzähle ich ebenfalls Geschichten von hier vielleicht glaubt man diese mehr als wenn ich von mir berichte…“ Die Stimme sprach fast ohne Punkt und Komma. Die Person dazu, war ein junger Mann, der den Akzent eines nordischen Seefahrers hatte. Er schlenderte mit einen fast zwei Köpfe kleineren jungen Mann hinterher.
„Sag mal, du redest immer wie ein Wasserfall, oder“ war die ruhige Frage von dem anderen.

Benutzeravatar
Sarion
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Sarion » Samstag 1. November 2008, 10:24

Auf dem Weg hatte Sarion nocheinmal die Möglichkeit, sich die Geschichte in allen Einzelheiten ins Gedächtnis zu rufen, um somit einen kontinuierlichen Erzählfluss zu bewahren. Der Wettbewerb der Geschichtenerzähler und Dichter fand nicht in der Arena statt, die für die Kämpfe reserviert war, sondern in einem kleinen Zelt abseits. Das machte auch Sinn, hier konnten die Erzähler vor einem kleinen Publikum ihre Werke vorstellen, es gab kein Geschwätz im Publikum und in der Arena müsste man schon schreien, damit die Geschichte alle erreichte. Hier konnte man reden und viel besser auf Betonungen, Reime und Metrum achten. Im Zelt war es angenehm warm im Vergleich zu draußen und süßliche Düfte schwebten in der Luft.
Es stellte sich herraus, dass Sarions Ankunft verspätet, aber zum Glück noch nicht zu spät war. Man brachte ihn nach vorne. Erst wurde Sarion nervös, vor einen Publikum zu stehen, das vermutlich viel kritischer war als alle bisherigen. Aber er konnte sie nicht sehen und sie waren mucksmäuschenstill und so stellte er sich vor, dass überhaupt niemand da war, um ihn zuzuhören: Das nahm ihm jegliche Angst.

"Entschuldigen Sie meine Verspätung. Ich musste noch meine Prinzessin retten.", meinte er halb spasshaft, es war ja die Wahrheit. "Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Die Geschichte, die ich erzählen möchte, handelt von einem Turnier, aber es ist nicht dieses, sondern ein anderes." Er holte noch einmal Luft, bevor er mit der Geschichte anfing:

<i>"Es war vor langer Zeit in einem weit entfernten Land, als eine königliche Familie sich einem Problem stellen musste. Es war kein Krieg, kein Hunger und kein Aufstand; Es war die Erbfolge. Der alte König, dem es schon unglaubliche Schwierigkeiten bereitete, überhaupt am Morgen sich aus dem Bett zu erheben, war zu alt, um weiter zu regieren. Sein Schwert war verrostet, seine Stimme schwach und heiser, die Regierungsaufgaben konnte er einfach nicht weiter führen. Seine Frau war schon vor vielen Jahren gestorben und sie hatte ihm eine Tochter geschenkt. Auch wenn es ein kluges Mädchen war und locker alleine mit den königlichen Pflichten zurechtgekommen wäre, verlangte die Tradition einen männlichen Stammhalter. Es gab nur eine einfache Lösung: Die Tochter musste heiraten, um den Stammbaum und das Reich aufrecht zu erhalten. Viele Adelige aus Nah und Fern reisten an, um sie zu umwerben, aber keiner gefiel ihr sonderlich. Außerdem war die Masse der Werbenden viel zu groß, um den besten, möglichen König zu finden. So bat sie ihren Vater um Erlaubnis, ein Turnier veranstalten zu können. Wenn sie im Wettbewerb die Fähigkeit der vielen Personen betrachten konnte, so fiele es ihr leichter, einen als Stammhalter zu erwählen. Ihr Vater stimmte dem schnell zu, sein leiblicher Zustand hatte sich erneut verschlechtert und es wurde offensichtlich, dass die Heirat schnell zu Gange gehen musste.
Und so wurde ein Turnier vorbereitet. Es gab dabei mehrere Disziplinen – das Lanzenreiten zu Pferde, das Bogenschießen, der Schwertkampf und ein magischer Wettstreit. Im Akkord wurden Tribünen und Stände aufgebaut. Obwohl schon so viele Adelige da waren, strömten auch viele Bauern und Arbeiter her, wodurch die Stadt gerammelt voll war. Alle warteten gespannt auf das Turnier und dann am Abend davor, waren alle Teilnehmer in ihren Zelten und versuchten zu schlafen, um ausgeruht für den folgenden Tag zu sein.
Einer war gerade am Einschlafen, da schob sich eine Gestalt leise wie ein Schatten in sein Zelt. Als er erkannte, dass es die Prinzessin war, kniete er sich im Nachtgewand zu Boden. Sie sagte zu ihm: „Wer mein Mann sein will, der muss seine bedingungslose Liebe beweißen.“
„Oh ja, Herrin, das Turnier werde ich nur für Euch gewinnen.“
„Dann kann man nicht unterscheiden, ob Ihr meinetwegen oder allein des Sieges wegen gewonnen habt. Deswegen sage ich euch: Um mir Eure Liebe zu beweißen, müssen Sie absichtlich verlieren.“
Mit diesen Worten trat sie hinaus in die Nacht und lief zum nächsten Zelt und sagte dem Nächsten dasselbe. So eilte sie die ganze Nacht hindurch von Teilnehmer zu Teilnehmer und sagte jedem diese Worte.
Am nächsten Morgen fing das Turnier an und im Laufe des Tages lachten die Bauern und Handwerker die Adeligen aus, denn wenn zwei gegeneinander antraten, dann wollten ja beide verlieren… So kam es, dass beim Schwertkampf bei der kleinsten Berührung die beiden Kontrahenten sich auf den Boden warfen und gespielte Schmerzen riefen. Beim Bogenschießen blieben alle Ziele unversehrt, die Schützen stellten sich absichtlich dumm und schossen in die Luft oder auf den Boden; Würde man sich direkt vor eine Zielscheibe stellten, so befände man sich am sichersten Ort der ganzen Welt! Die magisch Begabten führten anstelle von genialen Wundern plumpe Kartentricke vor und beim Lanzenkampf trabten die Pferde nur auf einander zu und alle ölten ihre Sattel ein, sodass der kleinste Ruck genügte, um einen vom Sattel zu befördern. Obwohl man meinen dürfte, das Turnier wäre langweilig, so war das genaue Gegenteil: Das Volk lachte lauthals, während die Teilnehmer sich zum Affen vor ihnen machten, indem sie versuchten die Gegner an Dummheit und Ungeschicklichkeit zu übertreffen.
Letztendlich gab es doch einen Teilnehmer, der nicht dabei mitmachte. Auch wenn es hieße, die Prinzessin zu vergraulen, kämpfte er immer mit aller Kraft beim Lanzenkampf. Auch wenn er nicht der beste an Fertigkeiten war, gewann er jedes Mal, da die anderen immer absichtlich verloren. Am Ende stand er mit den Gewinnern der anderen Disziplinen (die lauthals fluchten, weil sie gewonnen hatten) auf den Siegerpodest. Am Tag darauf sollte die Prinzessin ihre Wahl verkünden und sie sagte, dass er der Sieger sei. Das Geschrei war groß: „Aber wir haben doch verloren!“, doch die Königin ließ sich nicht abbringen und sagte:
„Damit ein Reich besteht, muss es in Kriegen siegreich sein und es gibt somit keinen besseren König als denjenigen, der um jeden Preis gewinnen will und dem der Sieg wichtiger als alles andere ist.“
Sie heirateten und die Prinzessin hatte recht: Gemeinsam regierten die beiden gütig und gerecht im Frieden und hart und bestimmt im Krieg und dem Königreich ging es nie besser."</i>

Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Montag 9. März 2009, 18:58

Ariana hatte jedem ihrer kleinen Begleiter sanft eine Hand auf die Schulter gelegt, als sie das Zelt betraten, in welchem die Poeten ihre Werke vortrugen. Sie empfand die Wärme als auffallend angenehm nach der Kühle draußen. Aufmerksam, aber auch neugierig glitt ihr Blick über die anwesende Menge.
Nira klammerte sich noch immer regelrecht an Sarions Hand, als sie das Zelt betraten. Doch gleichzeitig lauschte sie neugierig auf die verschiedenen Meinungen, Akzente und Sprachen. Atmete die beinahe schon schwüle Luft tief ein –und verzog das Gesicht. Manche hier sollten wirklich mehr auf Körperhygiene geben.

Da trat ein junger Mann zu ihnen, um Sarion nach vorne zu geleiten. Nur äußerst widerwillig ließ Nira dessen Hand los und klammerte sich nun dafür an die der Elfe neben ihr. Ariana drückte Sarion noch einmal aufmunternd die Schulter und folgte ihm dann mit dem Blick, wobei sie Nira leicht beruhigend über die Schulter strich und sie beide dann entschlossen weiter nach vorne schob. Tatsächlich konnte sie ihnen einen Platz in der ersten Reihe ganz am Rand sichern, was sie beinahe neben Sarion brachte. Als sie die bösen Blick und empörten Laute der Leute neben sich hörte, sah sie jene finster an, setzte sich dann im Schneidersitz hin und zog Nira auf ihren Schoß. Die kleine Gnomin schien das nicht wirklich zu stören. Denn nach dem Schrecken der Entführung war sie über jeden Körperkontakt von Freunden nur allzu froh. Also kuschelte sie sich an die Elfe.

Kurz darauf wurde es ruhig und Sarion erhob seine Stimme. Sowohl Ariana, als auch Nira mussten leise auflachen bei seiner Einleitung, wobei sich die Wangen der Gnomin zart röteten. Danach lauschten sie jedoch gespannt. Ebenso wie das restliche Publikum, welches ebenfalls vereinzelte Lacher von sich gegeben hatte.
Zu Anfang war die Menge noch etwas nachlässig, ertönte noch vereinzeltes Flüstern. Doch als Sarion fortfuhr, verstummten auch nach und nach jene. Gerade die Frauen waren schnell von der Geschichte gefangen. Einige, weil sie ihr eigenes Schicksal wieder erkannten. Hatten sie doch auch nur wegen Traditionen heiraten müssen. Andere, weil sie die Gewitztheit der Prinzessin bewunderten. So dass schließlich auch der letzte Mann durch energisches Zischen oder weniger sanfte Schläge einer Frau zum Verstummen gebracht wurde.
Als Sarion die Folgen der List der Prinzessin beschrieb, lachte die Menge. Nun gut, die Frauen mehr als die Männer, denn jene gaben auch vereinzelte Rufe von sich. „Wer wäre schon so blöd?“ „Typisch Frau!“ „Zeigt mir einen Mann, der sich so erniedrigen würde!“ Worauf eine Frauenstimme postwendend antwortete. „Sitzt neben mir!“ Die Menge lachte geschlossen auf und lauschte dann entspannt, aber aufmerksam weiter.
Bei der Auflösung ging ein amüsiertes Raunen durch das Publikum. Und als Sarion geendet hatte, herrschte einen Moment lang Schweigen, als wollen die Leute abwarten, ob die Geschichte wirklich schon zu Ende war. Nira, welche sich königlich bei der Geschichte amüsiert hatte, störte sich wenig daran. Sie klatschte einfach begeistert los. Was sich in Windeseile ausbreitete, bis das Publikum geschlossen applaudierte. Sogar vereinzelte begeisterte Pfiffe waren zu hören.

Benutzeravatar
Sarion
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Sarion » Sonntag 15. März 2009, 13:02

Als Sarion mit seiner Geschichte fertig war, verging erst ein Augenblick der Stille, in der Sarion sich nervös eine Schweißperle von der Stirn tupfte. Seine Geschichte war zu Ende, er hatte eine typische Endfloskel angefügt. Zwar keine so deutliche wie zum Beispiel "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann regieren sie noch heute", aber dennoch eine verständliche. Aber dann kam tatsächlich Applaus, was den Goblin wirklich erfreute. Er hatte zwar keine Buh-Rufe erwartet (obwohl er schon das eine oder andere Empören eines unhöflichen Zuhörers mitten in der Geschichte vernommen hatte), wohl eher so ein bescheidenes Klatschen. Das gute an einer solch pessimistisschen Einstellung war, dass man nie enttäuscht werden konnte, sondern die eigenen Erwartungen häufig übetroffen wurden.

Die Geschichte war schon etwas älter. Eigentlich war sie als eine reine humorvolle Geschichte gedacht, was das absurde Verhalten der Turnierteilnehmer erklärte. Aber Sarion bedauerte die Prinzessin immer ein bisschen. Zwar war ihr Plan gut durchdacht, dass das Königreich einen guten Herrscher bekam, aber am Ende musste sie doch einen völlig Fremden heiraten, der Ruhm und Erfolg höher bewertete als eine Partnerschaft: Sonst hätte er ja wie die anderen Turnierteilnehmer den Sieg gemieden und den Verlust gesucht. Und am Ende hatte Sarion zwar gesagt, dass es dem Reich gut ging, aber wer wusste, wie es um den Haussegen, oder besser gesagt dem Schlosssegen, bestellt war? Trotzdem war es rein logisch gesehen ein glückliches Ende, denn was war eine möglicher Weise verkorkste Ehe schon im Vergleich zum Frieden, Glück und Wohlstand tausender Untertanen.
Ach, das nehme ich viel zu streng. Das ist doch nur eine ausgedachte Geschichte. Die Personen gibt es doch gar nicht.
, dachte sich der Geschichtenerzähler und wollte schon wieder zurückgehen, als er feststellte, dass er nicht einmal wusste, wohin er gehen musste, um zu seinen Begleiterinnen zurückzukehren. Aber der junge Mann, der ihn vorhin nach vorne geführt hatte, hatte aufgepasst, wo die Elfin und die Gnomin platz genommen hatte, und brachte ihn jetzt auch wieder zu den beiden Frauen.
"Danke, guter Mann.", sagte der Goblin höflich. Würde Sarion mehr Geld haben, hätte er vielleicht sogar ein Trinkgeld geben. Er wusste, dass er sich direkt bei Ariana und Nira befand, denn er kannte ihren Geruch. Die Gnomin hatte ein erdigen, aber guten Duft, die Elfe roch nach frischen Blumen. Sarion ließ sich nieder und fragte: "Ariana, siehst du noch andere Erzähler?" Denn nicht nur die Möglichkeit, selbst eine Geschichte zu erzählen, hatte ihn gereizt, sondern er wollte auch die der anderen hören. Wer wusste, ob er vielleicht nicht noch etwas von ihnen lernen konnte?

Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Samstag 21. März 2009, 16:23

Ariana lächelte, als sie Sarions Freude über die Reaktion seines Publikums bemerkte. Es war für sie immer wieder erstaunlich, wie unsicher der talentierte kleine Goblin war. Speziell wenn man berücksichtigte, wie entschlossen er auftreten konnte, wenn es um Nira ging. Da bemerkte sie, dass Sarion zögerte den Erzählerposten zu verlassen –aber wohl eher aus der Not heraus. Doch da trat schon ein junger Mann zu ihm und führte ihn zu Nira und ihr. Dankbar lächelte sie den Jungen an, was jenen zart erröten ließ.

Nira hatte bis zum Schluss begeistert hüpfend geklatscht und dann verharrt, weil sie nicht wusste, wo Sarion sich befand. Als sie jetzt aber hörte, wie Schritte sich ihnen näherten und sie die Stimme des Goblins vernahm, stürzte sie ohne zu zögern auf ihn zu und umarmte ihn stürmisch. „Du warst einsame klasse!“ Sie setzte sich dicht neben ihn und verschränkte ihre Finger mit seinen, ohne sich darum zu kümmern, dass sie nun doch mehr Platz wegnahmen und einige Beschwerden abkriegten. Nun war sie wieder neben Sarion, da konnten sie die anderen gerne mal. Sie war einfach nur glücklich und legte ihren Kopf an Sarions Schulter.

Bei Sarions Frage glitt der Blick der Elfe aufmerksam durch den Raum. Sie erblickte einen aufgeblasenen Mann in Seide und Samt gehüllt, welcher sich gerade wichtig tat und auf den jungen Mann einredete, der Sarion herumgeleitet hatte. In einer weiteren Ecke erblickte sie eine unscheinbare, mütterlich wirkende junge Frau, welche über das Verhalten des Gecken die Augen rollte und sich an einen ernst aussehenden, dunklen Mann neben sich wandte. Woraufhin jener ihrem Blick folgte, sich erhob und zu dem jungen Mann ging. „Ich würde sagen noch mindestens drei. Sie scheinen nur noch nicht einig über die Reihenfolge zu sein.“

Benutzeravatar
Sarion
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Sarion » Montag 23. März 2009, 19:49

Auch Sarion war froh wieder bei Nira zu sein. Wo sie doch so lange von einander getrennt gewesen waren... Zwar warf ihm beinahe die Gnomin um, als sie zu einer Umarmung ansetzte, aber zum Glück nur beinahe. Zwar war ihm diese Liebesgeste in der Öffentlichkeit etwas unangenehm, aber trotzdem genoss er sie. Als sie nebeneinander saßen, streichelte er ihre Finger. Und als er ihren Kopf auf seiner Schulter fühlte, bedauerte er fast, keinen dritten Arm zu haben, um ihn um sie zu legen.
Drei Poeten oder Erzähler waren also noch übrig, vielleicht sogar noch mehr. Er freute sich sehr darüber. Er war doch nicht so spät gekommen, wie er gedacht hatte. Noch drei Konkurrenten zu hören, war eine spannende Angelegenheit und außerdem legitimierte das noch ein bisschen Schmusezeit mit Nira. Als er hörte, sie zankten sich um die Reihenfolge, runzelte Sarion die Stirn und hoffte, dass er nicht durch sein plötzliches Auftauchen den Zeitplan oder so durcheinander gebracht hatte. Aber wenn er das getan hätte, dann hätte man ihn doch nicht sofort nach vorne geführt, oder?
Plötzlich kam ihm noch ein zweiter Gedanke, nach dem er sogar den anderen einen Gefallen getan hätte, indem er noch vor ihnen dran kam. Er äußerte seine Vermutung an die beiden Begleiterinnen:

"Ich glaube, es geht einzig und allein darum, wer als letztes und nicht als erstes auftritt. Wenn der Start der ganzen Veranstaltung schon an einen vergeben ist, ist meistens die letzte Position die begehrteste Stelle. Dann bleibt man wenigstens dem Publikum und den Bewertern am besten im Gedächtnis, was auch bei den Urteilen positiven Einfluss haben könnte. Glaube ich jedenfalls."

So sicher war sich Sarion bei dieser These nicht, aber auf der anderen Seite klang sie recht plausibel. Er hoffte nur, dass sich die Parteien bald einig waren, damit es weiter ging. Er freute sich nämlich schon darauf, die Meisterwerke der anderen zu hören.

Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Samstag 28. März 2009, 18:09

Nira schien dem Gespräch von Ariana und Sarion nur mit einem halben Ohr zu lauschen. Sie hatte sich wirklich dicht an Sarion gekuschelt und die Augen geschlossen. Ab und an wackelte sie leicht mit der Nase oder rieb sie kurz an Sarions Schulter. Doch wurden ihre Atemzüge immer ruhiger und entspannter. Speziell als dieser anfing ihre Finger sanft zu streicheln. Es war, als würde er damit die restliche Spannung aus ihr entfernen.

Ariana nickte bei Sarions Vermutung. „Stimmt, das könnte durchaus sein.“ Ihr Blick wurde abgelenkt, als sich die Gruppe auf der anderen Seite löste. Wobei der ernste Mann den Gecken düster ansah und sich zwischen ihn und die unauffällige junge Frau schob, die eben den Posten des Erzählers einnahm. „Ah... sie haben sich geeinigt. Jetzt kommt eine junge Frau.“

Tatsächlich erklang kurz danach die klare, melodische Stimme der Frau. „Ich möchte euch von dem unschätzbaren Wert einer wahren Freundschaft und den Tücken der Liebe erzählen. Auf das ein jeder sich in der einen oder anderen Person wiederfinden möge und sein Verhalten aus einem anderen, vielleicht überraschenden Winkel sehen möge.“ Sie schwieg kurz. In der Pause war nur vereinzeltes Rascheln zu hören, als die lauschende Menge es sich bequem machte. “Es lebte einmal, in einer großen Wüstenstadt, ein junger, schmächtiger Mann, den sie Farid nannten. Er war nicht sehr groß, und sehr dürr und trug nur Lumpen am Körper. Denn Farid war ein Straßenjunge. Er lebte schon lange dort, nun eben so lange sein junges Leben dauerte, und erinnerte sich an kein anderes Leben. Mit seinen schwarzen Haaren und dunklen Augen, seiner von der Sonne gebräunte Haut fiel er auch nicht unter all den anderen Straßenkindern besonders auf. Er tat sich auch nicht besonders hervor, obwohl er ein mutiger Junge war und sich oft traute, was andere sich nicht trauten. Was ihm aber besonders viel bedeutete, waren seine zwei Freunde Mahmet und Ja-Rik. Sie hielten zusammen, und halfen sich immer, wenn sie mussten. Aber Farid musste erst lernen, wie viel wahre Freunde wert sind...” Die Stimme der jungen Frau klang einschmeichelnd, wobei sie sich jedoch der wechselnden Stimmung gut anpasste. Und sobald jemand wörtlich sprach, änderte sie die Tonlage, so dass es sich realistischer anhörte.
“Farid sprang über die Häuserdächer. Er sah die Menge unten stehen und freute sich darüber, von hier oben einen freien Blick auf die Karawane zu haben. Die Karawane, welche die Frau seiner Träume mit sich brachte. Sie war die schönste Frau, die er jemals gesehen hatte. Ihr Haar war braun wie edles Holz aus ihm unbekannten Ländern, ihre Haut ebenmäßig wie Marmor. Er kannte ihr Gesicht nicht, es war immer hinter einem Schleier verborgen, aber er war bezaubert von ihrer anmutigen Gestalt.
‘Farid, was machst du hier?’, hörte er eine Stimme hinter sich. Er drehte sich um, sah seine beiden Freunde hinter sich stehen. Sie trugen genau wie er zerrissene Klamotten, waren schmutzig im Gesicht, barfuss. Sie waren abgemagert, bettelten auf der Straße. Sie waren genau wie er Gossenjungen.
‘Ich schaue nur’, sagte Farid und drehte sich wieder um.
‘Sie ist unerreichbar für dich. Sie wird den Sultan heiraten.’
Farid winkte mit der Hand ab, war ganz besessen von der Schönheit, die auf ihrem Elefanten unter ihm dahin ritt, auf dem Weg zum Palast des Sultans. Des Sultans Braut. Es war Wahnsinn, das wusste er selbst. Aber er hoffte dennoch. So jung, wie er war, hatte er die Hoffnung noch nicht verloren.
‘Vergiss uns nicht über deine hoffnungslose Liebe, Farid. Mädchen kommen und gehen, aber Freunde bleiben.’

Das hatte er aber schon getan. Er war lieber um die Karawanen geschlichen, hatte all denen zugehört, die etwas von der Schönheit zu wissen glaubten. Und hatte daraufhin seine Freunde bereits allein gelassen und auch weniger Beute mitgebracht. Denn was sie erbettelten, oder manchmal auch stahlen, teilten sie meist brüderlich. Aber seit die Gerüchte um die Braut des Sultans die Runde machte, hatte Farid immer weniger mitgebracht und schließlich fast gar nichts mehr.
Farid hörte seinen Freunden gar nicht zu, war verzaubert von der Schönheit der Frau. Er bemerkte nicht, wie seine Freunde verschwanden. Als die Karawane weiter gen Palast zog, sprang er über die Dächer, folgte ihr, war besessen von dem Gedanken, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Er glaubte an Liebe auf den ersten Blick.
Nachts sprang ein kleine Gestalt über die Palastmauer. Leise schlich sie weiter, folgte den Geräuschen einer Feier. Er sah durch ein großes Fenster in einen hell erleuchteten Saal. Dort war sie, seine Schöne. Immer noch verschleiert tanzte sie vor dem Sultan. Verzaubert von ihren Bewegungen schlich er näher, bemerkte nicht, dass er in den Lichtkegel trat.
‘Hey! Was willst du hier, Straßenbengel?’, rief da plötzlich eine Stimme und jemand drehte ihm den Arm auf den Rücken. Er stöhnte auf und ging in die Knie.
‘Bitte, ich... ich wollte nicht’, stammelte er.
‘Bist ein kleiner Taschendieb, was? He, meine Schöne, was sollen wir mit ihm? Als zukünftige Frau des Sultans musst du auch über solche kleinen Bengel richten.’
Farid sah hoch, sah seine Schöne an, versuchte, ihre Augen hinter dem Schleier zu erahnen. Sie wandte den Blick ab. ‘Schafft ihn fort, in den Kerker. Ich habe keine Lust, mich heute Abend mit Dieben zu befassen’, erwiderte sie.
Und so geschah es auch. Zwei kräftige, doppelt so große Wächter brachten den schmächtigen Jungen in eine kleine Zelle. Nur der Mond schien herein, durch ein kleines Fenster oben in der Wand. Es war vergittert und Farid musste auf eine Bank klettern, die in der Zelle stand, um hinaus zu sehen. Und sehen konnte er nur die Straße. Wenn die Straße nicht leer gewesen wäre, hätte er sicher nur die Füße der Menschen sehen können. So aber blickte er verzweifelt hinauf. Wie hatte sie ihm das antun können? Er hatte ihr doch nur sagen wollen, wie sehr er sie doch liebte und anbetete. Aber stattdessen saß er jetzt hier im Kerker, obwohl sie doch diejenige war, die er zu lieben geglaubt hatte. Und sie hatte ihn hierher gebracht. Er war verwirrt und noch viel trauriger. Und nun wusste er nicht, was ihn im Morgengrauen erwarten würde. Würde man ihn bestrafen? Als Taschendieb, der er doch eigentlich nicht war? Nun, zumindest nicht an diesem Abend. Was, wenn sie ihm die Hände abschlagen würden? Damit er nie mehr stehlen könnte – was er nur im äußersten Notfall tun würde. Und er würde seine Hände unschuldig verlieren. Niemand würde ihm helfen, denn er hatte seine Freunde zu oft verprellt. Da war er sich sicher. Sie waren schon in den letzten Tagen so ärgerlich über ihn gewesen, er hatte es bemerkt, aber ignoriert.
So verzweifelte der Junge, kauerte sich auf der Bank zusammen und versank in einen Halbschlaf, aus dem er immer wieder von Alpträumen geplagt aufschreckte.
Einmal, schreckte er auf, weil er glaubte ein Geräusch gehört zu haben. Er sah sich in der dunklen Zelle um. Sie war immer noch leer. Das Morgengrauen musste nahen. Da hörte er wieder ein leises Geräusch. Es war ein Steinchen, dass auf den Boden fiel und darüber kullerte. Und er konnte das kleine Steinchen, sogar in einen Lichtkegel fallen sehen. Und dann verschwand der Lichtkegel, seine Einzige Lichtquelle bisher, die durch sein Fenster drang. Farid sah auf. Und versuchte Etwas in der Öffnung hinter den Gittern aus zu machen. Und dann erkannte er Mahmet. Sein Freund grinste ihm zu. Und dann raschelte ein Schlüssel vor seiner Kerkertür. ‘Pssst’, machte jemand. Ja-Rik. Es klirrte wieder leise und dann öffnete sich die Tür. ‘Komm schnell!’ Farid folgte der Aufforderung, ohne weiter darüber nachzudenken. Sie schlichen durch die Gänge. Nur Fackeln spendeten hier und da Licht. Und die beiden Jungen versuchten sich im Schatten zu halten. Ja-Rik brachte den Schlüssel zurück, legte ihn lautlos neben den schlafenden Wächter auf den Tisch und lief dann schnell zu Farid zurück in die Schatten, um dann den Weg hinaus zu finden.
Auf der Straße wartete Mahmet, der mit ihnen sogleich im Schatten verschwand. Sie liefen schweigend durch die Gassen, in ihr kleines Quartier. Farid fühlte Dankbarkeit, mehr als das. Er war erleichtert, dass sie so einfach hinaus gekommen waren und er heil davon gekommen war. Er war immer noch enttäuscht, dass ihn seine Schönheit verraten hatte, ihn einsperren hat lassen, doch die Erleichterung überwog, dass er wieder frei war.
Im Quartier angekommen, blieb Farid still. Er überlegte sich, wie er sich bei seinen Freunden bedanken konnte. Sie hatten ihn gerettet. Aber als Mahmet ihn ansah, lachte der nur. ‘Ach, Farid. Mach dir doch keine Gedanken! Du bist so lange weg geblieben, da haben wir uns Sorgen gemacht.’ Ja-Rik, der einen Krug hervorzauberte, grinste ebenfalls. ‘Und weil du in den letzten Wochen über nichts anderes gesprochen hast, als über die Braut des Sultans, haben wir uns schon gedacht, wohin du bist. Also sind wir hinterher.’ Er trank vom Krug, gab ihn Mahmet, der ebenfalls einen tiefen Schluck nahm. Dann drückte Mahmet den Krug Farid in die Hand. Es war Wein. ‘Und wir haben gesehen, wie sie dich über den Hof geführt haben. Und dann haben wir gewartet, bis der Wärter geschlafen hat. Und haben uns aufgeteilt. Und Ja-Rik hat dich ja gefunden.’ Mahmet kicherte leise und lehnte sich dann gegen die Wand hinter ihm.
Auch Farid grinste und sah seine Freunde dankbar an. ‘Ich kann mich glücklich schätzen, Freund wie euch zu haben’, nun nahm auch er einen Schluck vom Wein und die Freunde saßen noch lange gesellig beieinander.”

Einen Moment herrschte Schweigen, als die Stimme der Erzählerin verstummte, dann brandete erneut Applaus auf. Auch Ariana klatschte lächelnd. Sie mochte Geschichten wie diese. Mit einer Lehre, Spannung, Freundschaft und Liebe. Nira jedoch reagierte gar nicht. Sie war tief und fest eingeschlafen. Der Tag hatte bei ihr seinen Tribut eingefordert.

Benutzeravatar
Sarion
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Sarion » Sonntag 29. März 2009, 14:58

Dass es eine junge Frau war, erkannte der Goblin allein schon an der Stimme. Sie klang gut und Sarion hörte sich interessiert die Geschichte an. Der kleine Straßenjunge, der sich in die Prinzessin verliebte, seine Freunde vernachlässigte, beim Nachstellen der Geliebten ans Gesetz geriet, aber letztendlich von seinen Freunden gerettet wurde. Dass als Schauplatz eine orientalische Stadt in der Wüste gewählt wurde, gab der Geschichte noch eine besondere Note. Solche Orte eigneten sich in der Regel hervorragend für romantische Liebesgeschichten. Sarion hingegen hatte schon Geschichten gehört - keine erfundenen, sondern Beschreibungen solcher Orte - dass es dort unangenehm zu Leben sei. Überall Gestank, den ganzen Tag so heiß, dass man ständig schwitzte, und Wasser sei dort außerdem Mangelware. Keine großartigen Vorstellungen. Die Geschichte jedenfalls zeigte wieder, wie einseitige Liebe, erst Recht zwischen verständenen Ständen der Gesellschaft, zu Problemen führte und dass Freundschaften ständig hielten. Eine häufig vorkommende, aber immer wieder gute Moral.
Während der Geschichte wurde Niras Atem langsamer und schwächer. Sie schlief langsam ein. Das war ihr nicht zu verübeln. Sie hatten viel durchgemacht und kaum hatten sie das eine Abenteuer hinter sich, schon eilten sie zum Turnierplatz, um gerade noch an der Veranstaltung teilzunehmen. Irgendwann forderten angestrengte Körper ihren Tribut. Er hoffte nur, dass nicht irgendeiner der nachfolgenden Erzähler daran Anstoß nehmen würde. Sie waren in der ersten Reihe und vielleicht interprettierte es dann schließlich einer als Beleidigung, dass sie bei seiner Geschichte schlief. Oder einer der Zuschauer nahm es ihr übel, erst einen der guten Plätze weit vorne in Besitz zu nehmen, nur um dort ein Nickerchen zu halten. Sollte sich wirklich jemand beschweren, so würde Sarion für sie eintreten.

Als die Geschichte zu Ende war, brach Applaus aus und nicht einmal der weckte Nira, sie war wirklich müde. Sarion wollte auch deutlich machen, dass ihm die Geschichte gefallen hatte und nahm einer der Hände von der Niras weg. Mit nur einer Hand konnte man nicht sehr gut applaudieren, also klatschte er einfach auf seinen Oberschenkel, das klang zwar nicht wie ein richtiges Klatschen, aber zeigte, dass er dieselbe Intension hatte wie die anderen. Danach legte er die Hand wieder auf die Niras.

Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Dienstag 14. April 2009, 18:51

Ariana schmunzelte, als sie Sarions etwas hilflose Miene sah, als er die Geschichte der jungen Frau gebührend mit Applaus belohnen wollte. Demonstrativ klatschte sie etwas lauter und zwinkerte ihm zu. Dann würde sie eben für sie beiden klatschen. Liebevoll glitt ihr Blick über die beiden kleinen Gestalten neben sich. Deren Hintermann besah sich die beiden gerade mit weniger freundlichem Blick. War dem dicken, protzig angezogenen Mann doch beim Applaus aufgefallen, dass Nira sich nicht gerührt hatte. Finster sah die Elfe den empört schnaufenden Mann an. Doch jener reagierte allenfalls indigniert auf diesen. Beschränkte sich dann aber auf ein gegrolltes Murmeln. „Wenigstens kann man über die Missgestalten hinwegschauen.“

Inzwischen hatte die junge Frau den Platz in der Mitte der kleinen Arena verlassen. Mit einem Lächeln übergab sie den Platz dem dunklen, eigentlich eher verschwiegen wirkenden Mann. Jener schritt mit ausholenden Schritten zum Kissen, blieb jedoch davor stehen. Als er erzählte wurde deutlich wieso. Er erzählte mitreißend und unterstrich seine Geschichte, indem er sie halb mitspielte und dabei eben auch hin und her lief, was seine Stimme mal lauter und mal leiser werden ließ für Ariana und Sarion.
Seine Geschichte handelte von einem Prinzen, der aus seinem Schloss flüchten musste, weil sein Onkel seine Familie grausam umgebracht hatte und nun nach seinem Leben, als letztes Hindernis zwischen ihm und seinem Thron stand. Doch gelang im die Flucht, wenn jene ihn auch in ein fernes, ihm fremdes und unwirtlich scheinendes Land führte. Auch dort fand er keine Ruhe, sondern wurde aufgrund seines fremden Aussehend in den Kerker geschmissen. In jenem fand er ungewöhnliche Gefährten aus anderen, ihm bis dahin unbekannten Ländern. Alle unterschiedlich in Aussehen, Sprache und den Resten ihrer Kleidung. Und doch durch ihr Schicksal verbunden. Gemeinsam wagen sie die Flucht und machen es sich zum Ziel, nach und nach die Kerker ihrer Peiniger zu leeren.
Viele Jahre ziehen ins Land und der Prinz vergaß, wer er war. Bis ihn eines Tages eine wunderschöne Frau in seinen Gemächern erwartete. Mit festem Blick sah sie ihn an, ließ den Mantel, ihr einziges Kleidungsstück fallen und forderte ihn auf, sie endlich als seine Frau anzuerkennen. Im ersten Moment hielt der Prinz das für einen schlechten Scherz seiner Gefährten, welche ihn oft wegen seinem zölibatärem Leben hänselten. Doch dann erinnerte er sich an eine Zeremonie in seiner frühen Kindheit. Und an seinen Platz in seiner Heimat. Doch mit den Erinnerungen kamen Schmerz und Bitternis. Entschlossen verhüllte er seine vermeintliche Frau und schmiss sie aus seinem Zimmer. Doch seine Frau gab nicht auf, zog sogar nach und nach alle seine Gefährten auf ihre Seite, die nur allzu gerne dazu bereit waren, an seiner Seite für ihn zu kämpfen, so lange er ihnen danach eine Heimat schenkte.
Doch es sollten Monate ins Land ziehen, bevor der Prinz vor den Listen seiner Frau und den weniger verhüllten Fingerzeigen seiner ehemaligen Kerkergenossen kapitulierte. Letztendlich zogen sie dann aber doch in seine alte Heimat und nahmen den Kampf gegen den grausamen Onkel und seine Söhne auf. Es wurde ein langer blutiger und mit Verlusten gespickter Kampf, der sich ebenso über viele Wochen hinzog. Doch letztendlich siegte der Prinz mit seinen Freunden. Gemeinsam mit seiner Frau bestieg er den Thron und ernannte seine treuen Gefährten zu seinen Beratern. Zusammen schufen sie ein Zeitalter der Harmonie und des Lichts.

Als der junge Mann seine Geschichte beendet hatte, lief er mit energischen Schritten zu der jungen Frau. Ohne zu warten, ob sein noch gebannt von der Geschichte schweigendes Publikum applaudieren würde. Ariana lachte leise und klatschte dann leise in die Stille hinein. Die Geschichte war eines Mannes würdig, waren die Schlachten und der Kerker doch sehr detailliert beschrieben gewesen –und doch hatte sie eine romantische, gefühlvolle Ader in Form des Verhältnisses zwischen den Männern und auch später über die durchaus energische Frau erhalten.

Benutzeravatar
Sarion
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Sarion » Dienstag 14. April 2009, 21:38

Sarion war empört, als er eine Bassstimme hinter sich etwas besonders böses sagen hörte. Nira als Missgestalt zu bezeichnen! Naja, und auch ihn, immerhin waren die Zeiten vergangen, in denen er bei derartigen Beleidigungen nur resigniert genickt hätte. Am liebsten würde er der Person hinter ihnen mal zeigen, was selbst ein Blinder mit seinem harten Eichenstock anstellen kann. Aber das würde bedeuten, dass er aufstehen müsste und da Nira sich an ihn lehnte, würde sie zur Seite kippen und aufwachen. Außerdem wollte er es nicht wegen einer solchen Lächerlichkeit riskieren, vom Turnier ausgeschlossenen und hochkant herausgeworfen zu werden.
Nein, ihm fiel nicht einmal etwas freches ein, was er erwidern konnte, also ließ er es sein. Es gab so viele unhöfliche Menschen, dass man sich nicht die Mühe machen sollte, sich bei jeder Beleidigung zu ärgern.

Die nächste Geschichte war etwas wirklich originelles. Wieso? Es gab dutzende Geschichten von Thronfolgern, die - meist von ihren Onkeln, irgendwie eigneten sich diese immer für die bösen Throndiebe - mit Intrigen verdrängt wurden und dann einen blutigen Rachefeldzug durchführten, um selbst wieder an die Macht zu kommen. Aber eine Geschichte, in welcher gerade der verdrängte, eigentlich rechtmäßige Erbe sich zuerst weigert, sein Recht einzufordern, war etwas wirklich neues.
Besonders interessant fand Sarion, dass das Gefolge des Prinzen multikultureller Natur war und gegen Unterdrückung kämpfte. Das machte den Prinzen gerade für Sarion sympathisch. Derartige Geschichte, die lehrten, dass Freundschaft keine Frage der Rasse war, mochte er besonders. Es gab auch ein gutes Ende, der Prinz erlangte nun doch die Krone und konnte seinen Begleitern eine sichere Zuflucht bieten.
Während des Stücks war der Erzähler nicht auf der Stelle gestanden wie Sarion oder die Frau, sondern war herumgelaufen und hatte möglicherweise sogar mit Gestik und Mimik gearbeitet (da war Sarion im Raum derjenige, der es am wenigstens wissen konnte). Aber auch ohne bildliche Zusätze war die Geschichte sehr gut und Sarion wiederholte wieder das einarmige Klatschen. Nira schlief leider immer noch, würde also möglicherweise die letzte Geschichte verpassen, falls Arianas Vorhersage, dass es noch drei Teilnehmer gab, sich als wahr erweisen würde.

Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 15. April 2009, 18:47

Ariana atmete erleichtert, aber lautlos aus, als Sarion nicht auf den unhöflichen Mann hinter ihm einging. Unauffällig strich sie ihm stolz über die Schulter und drückte jene kurz, wobei sie sich leicht über Nira hinweg beugte. „Gut gemacht.“ Ihrer Stimme konnte man die Ehrlichkeit, Wärme und Stolz anhören. Obwohl sie schon etwas erstaunt war, wie schnell der Goblin über sich hinaus gewachsen war, denn sie hatte sehr wohl mitgekriegt, dass jener sich im ersten Moment hatte wirklich auflehnen wollen –und es wohl vornehmlich wegen Nira nicht getan hatte.

Inzwischen hatte der übertrieben gekleidete und für die am dichtesten Sitzenden auch zu übertrieben riechende Geck den Platz des Erzählers eingenommen. Ariana rümpfte leicht die Nase, als der süßlich-schwere Geruch des Mannes an ihre Nase drang. Mit einem Schnauben stieß sie die Luft aus und grummelte leise über menschliche Männer vor sich hin.
Währenddessen hatte der Mann sich extrem laut und übertrieben geräuspert. Erst als auch der letzte ruhig war, erhob er seine Stimme, um seine Geschichte zu erzählen. Ariana zuckte bei deren Klang leicht zusammen. Die Stimme war nasal und arrogant. So gar nicht die Stimme eines Geschichtenerzählers. Speziell, weil der Mann es auch nicht schaffte, sie in irgendeiner Weise zu verändern. Stattdessen leierte seine Geschichte monoton herunter. Was vielleicht noch zu ertragen gewesen wäre, wenn diese gut gewesen wäre. Aber sie hatte noch nicht einmal eine richtige Einleitung, geschweige denn einen roten Faden oder ein schlüssiges Ende. Eigentlich hatte man eher das Gefühl, der Mann erzähle eine kleine Geschichte nach der anderen. War man eben noch in der Stadt als ertappter Dieb, so befand man sich im nächsten als gestresster Kapitän auf hoher See, um dann im nächsten Atemzug als entlaufender Sklave durch die Wüste zu eilen. Irgendwann gab Ariana es auf, dem Mann folgen zu wollen, ebenso wie die meisten um sie herum, so dass die Stimme des Mannes bald in einem steten Murmeln unterzugehen drohte. Was jener entweder nicht bemerkte oder erstaunlich konsequent ignorierte, denn er redete und redete, als habe er nicht vor, vor Sonnenuntergang zu enden.

Benutzeravatar
Sarion
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Sarion » Mittwoch 15. April 2009, 22:03

Hatte Ariana etwa mitbekommen, dass er seinen Groll unterdrückte? Schließlich lobte sie ihn sogar. Sarion hatte sowieso nicht genug Mut gehabt, sich mit seinem Hintermann anzulegen, selbst ohne Nira hätte es nicht getan. Seit seiner Kindheit hatte er sich nicht mehr geprügelt und in den wenigen Malen als Kind war er immer das Opfer gewesen. Natürlich hatte die Natur ihn wie jedes andere Lebewesen mit kämpferischen Fähigkeiten versehen, die man nicht einmal erlernen musste, jeder wusste wie man mit der Faust zuschlug oder mit einem Stock ausholte. Und obwohl er niemals in einen Kampf verwickelt war, war es trotzdem nicht schwer, einen zu beschreiben, der in einer Geschichte vorkam. Aber nichtsdestotrotz war es unmöglich, einen Kampf zu bestreiten, wenn man den Kontrahenten nicht sah. Und deswegen ging Sarion jeglichen Konflikten lieber aus dem Weg.

Der nächste Teilnehmer war eine Plage für jede Nase, dessen Besitzer in der ersten Reihe saß, und eine Beleidigung für den Parfümisten, der bestimmt nicht gedacht hatte, dass der Käufer des Duftwassers gleich ein Vollbad darin nahm. Weniger ist mehr., dachte er, diese Redewendung war wirklich perfekt dafür geeignet. Aber auch eine andere passte genauso "Ein Königreich für eine Nasenklammer", flüsterte Sarion über Niras Kopf zu Ariana.
Und die Geschichte, die folgte, war auch nicht besser. Der Goblin strengte sich wirklich an, sie zu verstehen und hielt seine Aufmerksamkeit aufrecht, wenn auch es ihm schwer fiel. Es fing schon bei den Sätzen an, normalerweise senkte man die Stimme, wenn der Satz zu Ende war und hob sie, wenn noch ein dazugehöriger Satzteil folgte. Aber dieser Mann sprach unverändert und ohne Pausen, sodass es schon schwer war, die Sätze zu indentifizieren.
Dann kam auch noch, dass er verschiedene Perspektiven in der Geschichte eingebaut hatte, die man schwer voneinander trennen konnte. Im Normalfall sollte man immer eine Pause lassen, wenn eine neue Szene anfing und wenn sich der Ort oder die Zeit änderte das auch noch erwähnen, aber unglücklicherweise verpasste der Erzähler auch dies. Und wenn er mit einer neuen Szene anfing dann fing er meistens damit an, den neuen Charakter nur "er" zu nennen. Bis man realisierte, dass es sich um eine neue Person handelte, hatte man schon wieder irgendetwas wichtiges verpasst.
Sarion versuchte, wenigstens halbwegs die Geschichte zu verstehen. Währendessen fragte er sich, wie dieser Mann es schaffte, sich finanziell gesehen über Wasser zu halten. Entweder hatte er einen reichen, aber geschmacklosen Gönner oder war selbst schon reich und betrieb die Erzählerei nur zum Spass. Beim normalen Tavernenvolk konnte ein solcher Mann keine Münze lockern.
Sarion beschloss beim Ende der Geschichte aus reiner Höflichkeit zur klatschen, aber nur leise und kurz. Solange er überhaupt erkannte, dass es sich um das Ende handelte und nicht nur um eine kurze Pause, damit der Mann seinen inneren Lufttank wieder für die nächste halbe Stunde auffüllen konnte. Wie sonst konnte man so lange so monoton reden? Ein Glück, dass die schlafende Nira das nicht miterleben musste.

Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Freitag 22. Mai 2009, 00:18

Als der letzte Erzähler, die Nasenplage, geendet hatte, trat niemand mehr auf die Bühne. Ariana hatte Recht gehabt; nach Sarion sollten nur noch drei Erzähler folgen.
Nun erhoben sich einige Stimmen im Zelt, Diskussionen über die verschiedenen Geschichten begannen.
„Der, nach dem Blinden war gut, bei ihm war die Geschichte so lebendig!“, dröhnte wieder die tiefe Bassstimme hinter ihnen, die zuvor schon Nira beleidigt hatte.
Von ferner meinte eine ältere Frau:
„Der Goblin war aber auch gut. Ich mochte seine Erzählweise.“
„Die Frau war aber am Besten“, erwiderte ein älterer Herr neben ihr, wohl ihr Eheman.
„Ach, du achtest doch wieder nur aufs Aussehen!“
So entflammten die Diskussionen immer heftiger.
Sarion fürchtete schon Nira würde davon aufwachen, als plötzlich wieder der Gong ertönte.

Doch dieses Mal trat kein einzelner Geschichtenerzähler auf die Bühne, sondern drei in schwarze Umhänge gekleidete Menschen.
Der mittlere war ein alter, silberhaariger Mann, mit einer Halbglatze und einem gestutzten Vollbart. Er war groß und hatte sehr breite Schultern. Seine Autorität war so gegenwärtig, dass die meisten Diskussionen von allein verstummten, während seine grauen, extrem hellen Augen über die Menge glitten.
Links von ihm stand eine Frau, die so unscheinbar war, dass sie neben dem alten Mann unter zu gehen drohte. Sie hatte glattes, hellbraunes Haar, das sie in einem unordentlichen Haarknoten zusammen gebunden trug. Ihre Haut war blass und ihren Augen hatten wieder dieselbe Farbe wie ihr Haar.
Ganz rechts stand wieder ein Mann, ein deutlich jüngerer diesmal. Er hatte kurze schwarze Haare und trug nicht einmal den Ansatz eines Bartes. Seine Augen waren fast schwarz und seine Hautfarbe erinnerte an die von Wüstenbewohnern. Einige Frauen warfen ihm schmachtende Blicke zu.
„Ich bin Eranus Matalis“, erschallte nun die Stimme des alten Mannes, seltsamerweise war seine Stimme sehr angenehm und zog einen sofort in ihren Bann. Es war jetzt totenstill im Zelt.
„Das sind meine Gehilfen Merina Mernden und Seamo Tafalla. Wir bilden die Jury. Die, die den Geschichtenerzählern am aufmerksamsten gelauscht haben, denen die Sprachfehler am genausten aufgefallen sind und die, die ein vorhersehbares Ende sofort erkennen. Ich bin Meister des Wortes, Merina Meisterin der Logik und Seamo Meister der Spannung. Wir werden uns die nächste Stunde beraten, wer es würdig ist den Titel des besten Poeten zu tragen...
„Na großartig ein Greis, ein Bücherwurm und ein Frauenheld bilden die Jury. Und brauchen auch noch eine Stunde dazu um das heraus zu finden! “, flüsterte Ariana Sarion zu, der die Jury natürlich nicht sah, sondern sich nur anhand der Stimme des Sprechers ein Bild von ihm machen konnte.
„...solange geht doch auf den Markt und erfrischt euch an unserem besten Würzbier oder genießt typisch pelgarische Speisen!“
Ein Stöhnen ging durch die Reihen. Es würde noch ein Weilchen dauern, bis die Entscheidung fallen würde. Doch Eranus ignorierte die Missbilligung des Publikums.
„Und nun noch einmal tosenden Applaus für unsere Erzähler!“

Auf einmal schien das ganze Zelt wieder in Festtagsstimmung. Das Klatschen wurde beinahe ohrenbetäubend. Auch Nira rührte sich nun. Schläfrig und noch etwas orientierungslos richtete sie sich auf.
„Was... schon zu Ende? Wer... wer hat denn nun gewonnen?“, fragte sie gähnend.
„Noch niemand. Die Jury wird sich nun eine Stunde darüber beraten“ antwortete Ariana ruhig, doch mit etwas Ungeduld in der Stimme.
„Das ist gut. Ich habe nämlich furchtbaren Hunger. Können wir auf den Markt gehen und uns etwas zu Essen kaufen? Nur kurz, bitte!"
Ariana seufzte.
„Von mir aus. Was meinst du, Sarion?“

Benutzeravatar
Sarion
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Sarion » Freitag 22. Mai 2009, 22:32

Nach dem letztem Kandidaten folgte ein kurzes, höfliches Klatschen, manche gingen sogar soweit, dass sie besonders langsam klatschten, was einen gewissen Sarkasmus ausdrückte. Als der Mann von der Bühne kam, fing schon die Gespräche an und Sarion spitzte die Ohren. Tatsächlich hörte er die eine oder andere Stimme sich für ihn auszusprechen, was ihn mit Stolz erfüllte, aber die anderen schwärmten für die nachfolgenden zwei (Der Goblin vernahm niemanden, der sich für den letzten Herren entschied), oder für Erzähler, die vor ihm an der Reihe waren und die er nicht erlebt hatte.
Schließlich ertönte ein heller Gong und bald verstummten die Gespräche. Von der Tribüne her hörte er jemanden, der sich und seine beiden Gehilfen als die Mitglieder der Jury vorstellte. Eine gewisse Meria Mernden hätte sich auf die logischen Fehler konzentriert, Seamo Tafalla auf den Spannungsbogen und der Sprecher selbst, Eranus Matalis, würde die Sprache beurteilen.
Bei dieser Erläuterung war ihm etwas unwohl. Hatte man so genau auf seine Geschichte geachtet, seine Fehler analysiert und bewertet? Auf einmal wünschte er sich, lieber etwas anderes erzählt zu haben, als diese alberne Komodie. Aber daran konnte man jetzt nichts mehr ändern.

Ariana sprach einige nicht sehr feine Worte über diese Leute. Aber war das Beschriebene nicht unbedingt etwas negatives? Solange der Verstand klug und gerecht war, was kümmerte es ihn dann, wie alt jemand war oder was jene Person in ihrer Freizeit tat? Und die Wartezeit zeigte, dass sie darüber nachdachten und nicht willkürlich entschieden.
Ein letztes Mal ertönte Applaus und diesmal ein so lauter, dass sogar Nira davon wach wurde.
Den Vorschlag, sich auf dem Marktplatz etwas zu essen zu kaufen, hörte sich gut an. Erst jetzt wurde er sich bewusst, wie hungrig er eigentlich war, so hatte er heute noch nichts Festes zu sich genommen und die Suche nach Nira hatte ihn zusätzlich ausgelaugt. Wenn man sein Leben auf der Straße verbrachte, so war Hunger ein ständiger Begleiter, dass man ihn häufig gar nicht merkte, bis man auf einmal seinen Magen knurren hörte oder eine Speise roch, die einem das Wasser im Munde zusammen laufen ließ und damit den Appetit weckte.
"Das klingt ausgezeichnet.", erklärte Sarion schließlich. Doch dann fing schon der Geschichenerzähler schon wieder das Überlegen an. Es ging um Geld, denn Speis und Trank waren nicht kostenlos. Natürlich aß der Goblin gerne reichlich an fremden Tisch und ließ sich auch einmal von begeisterten Zuhörern eine Mahlzeit spendieren, aber er hatte nicht vor, direkt um Geld zu bitten, das war ihm peinlich. Außerdem hatte er ja auch noch ein paar Fuchsmünzen dabei; Pleite war er also nicht.

Langsam leerte sich das Zelt und auch Sarion sprang auf. Eine etwas sinnlose Geste, wenn man bedachte, dass er nicht allein losgehen konnte und auf Arianas Führung angewiesen war.

Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Samstag 23. Mai 2009, 12:55

Ariana stand nun auch auf, was man anhand des Rauschen ihres Kleides deutlich vernehmen konnte. Nira freute sich und sprang ebenfalls auf.
"Das wird so toll! Der Markt in Pelgar ist einfach etwas ganz Besonderes. Der Größte weit und breit!"
Dieser Auffassung schienen auch die anderen Besucher des Poetenwettbewerbs zu sein, überall hörte man das Rücken von Stühlen und aufgeregtes Gerede. Einige Stühle fielen um, meistens gefolgt von lauten Flüchen.
"Ich möchte unbedingt einen Honigkuchen, Papa!", quengelte ein Kind.
"Erst nachdem ich mein Würzbier bekommen habe", brummte eine andere, tiefe Stimme, wohl der Vater des Kindes.
Andere wollten die Gaukler sehen und wieder Andere einfach ein wenig in der Sonne entspannen.
Die Massen drängten sich an ihnen vorbei und Ariana musste jedem Goblin schützend eine Hand auf die Schulter legen, damit sie nicht von den vorbei Eilenden umgerissen wurden. Schließlich waren sie kleiner und durch ihre Blindheit Beide deutlich im Nachteil.
"Wir warten, bis der Großteil draußen ist", entschied Ariana.

So vergingen ein paar Minuten, bis die Elfe beide bei der Hand nahm und sie aus dem Zelt führte. Sie warnte sie vor jeder Stufe, vor jedem umgekippten Stuhl, so fanden sie schnell den Weg nach draußen.
Dort war herrliches Wetter. Es war inzwischen Nachmittag und die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel. Für Pelgars Verhältnisse war es warm, man konnte ohne Mantel nach draußen. Aber natürlich brachte das schöne Wetter Vor- und Nachteile.
Zum einen tat es einfach gut mal wieder die Nase in die angenehm warme, aber noch lange nicht heiße Sonne zu strecken. Zum anderen trieb das natürlich alle Leute aus ihren Häusern und es würde sehr voll auf dem Markt werden.
Ariana hatte es gar nicht so leicht die Goblins durch die Straßen zu bugsieren. Ständig mussten sie stehen bleiben oder eine Gruppe ausweichen. Aber sie machte ihre Sache gut und so erreichten sie bald den Marktplatz.
Natürlich folgten der Elfe viele Blicke, nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch wegen der zwei blinden Goblins. Ein Glück, dass zum mindest Nira davon nichts mitbekam.
Noch bevor man überhaupt die ersten Stände des Markts sah konnte man schon das fröhliche Treiben dort hören und die ersten Gerüche nach leckeren Speisen wahrnehmen.

[Weiter in der Marktplatz ==> Ein wunderbarer Tag für einen Besuch auf dem Markt]

Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Sonntag 12. Juli 2009, 13:27

[Sarion, Rufus, Neilah, Nira und Ariana kommen von: Ein wunderbarer Tag für einen Besuch auf dem Markt ]

Dieses Mal waren aus der Arena nicht mehr allzu viele Rufe zu vernehmen, die Stimmen waren leiser geworden. Die Gruppe spürte, dass die Hochstunde des Turniers bereits vergangen war. Bald war Siegerehrung und es wurden nur noch die allerletzten Kämpfe ausgetragen. Hier hatten es die Preisrichter natürlich einfacher, wer besiegt wurde war besiegt. Während man das beim Wettbewerb der Poeten natürlich nicht so ohne weiteres sagen konnte.
Der Himmel zog nun immer weiter zu und Wind kam auf. Aber sie erreichten bald, zum mindest nach den Maßstäben Niras, das Zelt. Noch immer war es mit Teppichen behangen, die an die Farben der Wüste erinnerten. Auf den Holpflöcken, die den Zelteingang stützten wehte noch immer das Wappen Pelgars. Das Dach des Zeltes war dunkelblau und mit Pailletten bestickt, es erinnerte an die Nacht.

Ein wunderschöner Anblick und Neilah konnte davon überhaupt nicht genug bekommen. Viel zu schnell hatten sie den Eingang passiert und ließen sich auf den Bänken nieder. Es trudelten langsam immer mehr Leute ein.
Für Ariana bekannte Gesichter. Für Nira und Rufus bekannte Stimmen.
Ariana hatte sich ganz an das Ende der Bank gesetzt, dann folgten Nira, Sarion, Rufus und schließlich Neilah. So waren die Blinden und der Neuling von der erfahrenen Ariana und Neilah, die in Pelgar aufgewachsen war, umringt.
„Du hast bestimmt einen der vorderen Plätze belegt“, flüsterte Nira Sarion zu und berührte aufmunternd seinen Arm.
„Ich finde das alles so aufregend!“
Ihre Stimme klang aufgeregt und sie schien ihre Sorgen tatsächlich für eine Weile vergessen zu haben.

„Ich kann mir so gar nicht vorstellen, dass der Goblin, gut erzählen kann“, flüsterte währenddessen Neilah Rufus noch leiser zu. Doch dann fügte sie schnell hinzu: „Aber natürlich wünsche ich ihm das!“

Sie mussten noch eine Weile warten, noch war das Zelt nicht voll. Aber die wohlige Wärme aus dem Inneren tat ihnen gut. Ihre, vom plötzlichen Kälteeinbruch steifen Glieder, erwärmten sich und verströmten ein angenehmes Gefühl. Auch wenn die Anspannung langsam wuchs.

Benutzeravatar
Sarion
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Sarion » Samstag 25. Juli 2009, 16:00

Sie kamen letztendlich zurück zum Zelt der Erzähler. Ob nun mehr Besucher da waren als beim letzten Mal oder weniger, konnte Sarion nicht sagen. Um die Größe von Menschenmengen einzuschätzen, musste man mehr Leute wahrnehmen als nur diejenigen, die einen anrempelten. Auch von der Lautstärke der Gespräche konnte man nicht ausgehen: Als der Wettbewerb am Laufen war, haben sich nur eine handvoll Leute flüsternd unterhalten, während der Rest ruhig schwieg. Jetzt aber redeten alle wild durcheinander.

Glücklicherweise fanden sie eine Bank, wo es genug Platz gab, dass sich die komplette Gruppe in einer ununterbrochenen Reihe hinsetzen konnte. Sarion saß direkt neben Nira und nachdem sie seinen Arm berührte, griff sie seine Hand und streichelte zärtlich. Er brauchte diesen Hautkontakt, denn es beruhigte ihn, er war ziemlich nervös. "Du hast mich offensichtlich mit deinen hohen Erwartungen angesteckt. Wäre es mir wirklich egal, welchen Platz ich besetze, dann wäre ich jetzt nicht so aufgeregt.", meinte er zur Gnomin. Er zappelte etwas mit den Beinen, doch als er es bemerkte, hörte er damit auf. Man könnte es falsch interprettieren, nämlich dass er nicht die Preisverleihung erwartete, sondern die nächste Gelegenheit, ein gewisses Örtchen aufzusuchen.

Er war wirklich aufgeregt und wurde unruhig. War die Stunde der Beratung schon vorbei, würden sich die Juroren mehr Zeit nehmen? War die Gruppe vielleicht schon zu früh zurück und musste jetzt erst einmal warten? Der Goblin schluckte und versuchte, seine Ruhe zurück zu erlangen. Er schloss die Augen und atmete einige Male tief durch, was dann auch tatsächlich half.

Um sich etwas abzulenken, überlegte er, was ihn in nächster Zeit erwartete. Heute war nur noch die Preisverleihung und danach ging es dann zu Neilahs Mutter zum Essen und zur Übernachtung. Doch für morgen nahm er sich etwas wichtiges vor: Er musste zum Tempel Pelgars und dort das Gespräch mit einem Priester suchen. Er wollte einen Weg finden, wie er Lysanthor für Niras Rettung danken konnte.

Benutzeravatar
Erzähler
Gast
Gast

Re: Es war einmal... Wettbewerb der Poeten

Beitrag von Erzähler » Samstag 1. August 2009, 12:36

[OT: sorry, ich hatte deinen Beitrag nicht gesehen. Bei mir hat das Forum mal eine Zeit lang gesponnen]

Durch den auffrischenden Wind war es im Zelt nun nicht mehr so stickig und deutlich angenehmer. Es war warm, aber nicht drückend, man konnte eine leichte Brise spüren, doch die ließ einen nicht frösteln.
Viele Plätze waren nun nicht mehr frei. Nach und nach tröpfelten die letzten Besucher in das Zelt.
Eine aufgeregte Stimme hinter Sarion fragte verwundert: „Wird die Preisverleihung für die Geschichtenerzähler hier stattfinden? Nicht mit den anderen draußen in der Arena? Das wäre ja einmal wieder eine Unverschämtheit! Immer nur diese Magier werden bevorzugt, diese arroganten...“
Doch der Mann verstummte, als er die drei Juroren vortreten sah.

Es waren dieselben drei, wie zuvor auch. Der alte, einschüchternde Mann, die unauffällige Frau und der hübsche Wüstenmann. Ihre Gesichter sahen verschlossen aus. Ernst blickten sie in die Runde, während einige Zuschauer wirklich zappelig auf ihren Plätzen wurden. Sarion war wahrlich nicht der Einzige, der ausgesehen hatte, als hätte er ein dringendes Bedürfnis.
Eine unendlich lange Weile standen die drei Juroren da. Nira wackelte unruhig mit den Füßen, Neilah wippte leicht vor und zurück und auch Rufus sah recht gespannt aus. Die Einzige, die ruhig blieb war Ariana, sie hatte die Augen aufmerksam auf den Mann gerichtet.

„Ich danke euch allen für eure Aufmerksamkeit, auch im Namen der Erzähler. Die Geschichten erreichten allesamt ein recht hohes Niveau, von ein paar kleinen Ausnahmen einmal abzusehen.“
Wieder schwieg er für einen Moment und ließ den Blick über die Reihen schweifen. Es war wirklich, als wolle er die Zuhörer foltern.
Doch da ergriff die Frau das Wort. Ihre Stimme war überraschend fest und laut.
„Wir sind zu einem einheitlichen Ergebnis gekommen und bitten nun alle Teilnehmer in die Arena, für die Zuschauer und Zuhörer ist noch genügend Platz auf den Rängen, dort wird die Preisverleihung stattfinden.“
Ein Murmeln ging durch die Menge.
Nira zupfte an Sarions Arm.
„Du darfst in die Arena“, flüsterte sie aufgeregt. „In die Arena... wie toll ist das denn!“
Aufgeregt wackelte sie noch schneller mit den Beinen. Doch plötzlich hielt sie inne, besorgt weiteten sich ihre Augen.
„Aber... wie willst du dorthin finden? Und bei der Preisverleihung deinen Platz einnehmen?“
„Ich werde mit ihm gehen, die können mir das nicht verbieten“, sagte Ariana schnell.
„Neilah, wenn du so freundlich wärst und dich um Nira kümmern würdest.“
Neilah nickte.

Dann erhob der junge Mann seine Stimme und wieder verstummten alle augenblicklich.
„Ich hoffe ihr hattet Spaß und dass wir uns das nächste Mal wieder sehen!“
Allerseits Klatschen und die Menge setzte sich in Bewegung. Jeder wollte noch einen guten Platz zur Preisverleihung ergattern.

[Für Sarion geht es weiter in Die Preisverleihung Ariana darfst du ausnahmsweise auch ein wenig steuern, bei größeren Sachen greife ich dann selbstverständlich ein. Für Rufus geht es weiter in Vor der Arena ]

Antworten

Zurück zu „Die Arena“