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von Sivan » Freitag 4. Juli 2008, 13:03
[Komme von -> Hafen Andunies -> An den Docks]
Immer wieder musste Sîvan anhalten und schlucken, sein Mund fühlte sich wie eine zähe klebrige Masse an und sein Magen rebellierte dauerhaft. Außerdem fühlte er sich schwach, entkräftet, und musste zusätzlich immer wieder im Schatten verharren und Luft holen. Die Kletterei auf den Dächern in der Stadt war mühselig, weil viele einfach zu schräg waren um Halt zu finden oder zu hoch waren um überhaupt hinauf zugelangen. Es war schon etwas anderes, in solch einer großen Stadt. Aber er fürchtete sich vor den schmalen Gassen, die sich wie ein Labyrinth durch die Häuser zogen und dazu einluden, sich zu verlaufen. Ob sein Orientierungssinn hier auch noch zu gebrauchen war?
Ganz plötzlich hier er inne und schnupperte. Essen… die Verlockung in Form eines kurzen Geruchs, aber es reichte aus um den Hybriden dazu zu bringen, ihm zu folgen. Sein Weg führte ihn zum Stadtzentrum, dem Marktplatz. Dort hielt er auf einem niedrigen Dach inne und schnupperte erneut. Es kam von einem kleinen, etwas abgelegenderem Haus, aus welchem Licht fiel und Stimmen zu hören waren.
Leben.
Menschen.
Er musste vorsichtig sein, aber der Hunger trieb ihn weiter. Er näherte sich soweit dem Haus, dass er zwei Gestalten vor der Tür ausmachen konnte, die wohl gerade im Begriff waren einzutreten. Nein, sicherlich würde er nicht die Eingangstür nehmen um sich Zutritt zu verschaffen, außerdem kam der Geruch von woanders her. Ein paar Sprünge, abgefedert und zum Teil gleitend mithilfe der Flügel, fand er sich auf dem hinteren Teil des Hauses wieder. Unter ihm lag ein kleiner Hof und die Hintertür zum Wirtshaus stand offen. Von hier kam der Geruch, eindeutig. Wahrscheinlich war es die Küche.
Der Magen brüllte ihm entgegen.
Langsam ließ er sich von einem kleinen Vordach runterfallen und landete beinahe lautlos auf den Pflastersteinen. Sofort fühlte er sich winzig und verloren, wie ein Ameise. Er musste ein paar Mal Luft holen und sich Mut zusprechen, ehe sich den Hof betrat und sich in den Schatten fortbewegte. Durch die offen stehende Küchentür fiel helles Licht und er erkannte einen Menschen darin handwerkeln. Es sah so aus, als räume er gerade auf, Essen würde er wohl nicht mehr machen. Aber Sîvans Augen erkannten etwas anderes; Der gefüllte Teller, der anscheinend das Abendbrot, oder eher Nachtmahl, des Koches darstellte. Jetzt, wo er sein Essen auch noch sehen konnte, fiel es ihm schwer nicht sofort loszustürmen und den Teller an sich zu reißen. Schritt für Schritt bewegte er sich vorwärts, eng an der Mauer gepresst und nur flach atmend.
Töpfe und Pfannen klirrten, irgendwo lief Wasser, der koch pfiff ein Lied.
Der Teller stand auf einem Tisch nahe der Tür, Sîvan musste also nur darauf warten, dass sich der Koch umdrehte oder bückte und schon würde ihm die Mahlzeit gehören. Seiner Meinung nach tat dem Koch eine ausgelassene Mahlzeit sowieso gut. Jetzt war er schon soweit, dass er nur noch einen Schritt brauchte um in das Licht zu treten. Langsam bewegte er seinen Kopf um die Ecke und schielte hinein. Der dickleibige Koch ging in die Hocke, ächzte dabei gequält und entschied sich schließlich dafür, ganz auf allen Vieren zu krabbeln.
Das war Sîvans Gelegenheit.
So schnell er konnte sprang er in den Raum, machte zwei weitere leise Schritte zum Tisch und griff nach dem Teller. Jetzt musste er sich nur noch umdrehen und dann- entsetzt erkannte er eine schmale Gestalt im Türrahmen zum Hof. Ein Jungendlicher, ein Schürze um den Hüften und einen mehr als verwirrten Gesichtsausdruck. „Ähm Chef? Da klaut ihnen jemand Ihr Essen.“
„Hö?“ Der Koch hob den Kopf und sah über die Schultern. Erst zeigte sich Überraschung in seinem Blick, dann Wut.
Sîvan saß eindeutig in der Klemme.
Der Hinterausgang war versperrt, das Koch saß ihm in Nacken. Panik kroch ihm die Kehle hinauf und schnürten sie zu. <i>Nein, nein, nein!</i> Gehetzt sah er immer wieder nach allen Seiten, bis der Koch sie endlich mal erhoben hatte und nach einer Bratpfanne griff. „Verschwinde du Dieb, du Ausgeburt der Hölle!“ Und schon flog die Pfanne, Sîvan sprang aber zur Seite und das Geschoss flog direkt in das Gesicht des Küchenjungen. Heulend hielt er sich die Nase, versperrte aber immer noch den Weg. Nun tat Sîvan in seiner Panik leider etwas sehr Dummes; Anstelle dass er sich an den Küchenjunge vorbei drückte oder ihn gar über den Haufen rannte, peilte er die einzig freie Tür an, die ihm ins Blickfeld fiel. Er stürzte darauf zu und bemerkte zu spät seinen Fehler, da stand er schon im Schankraum.
Gehetzt sah er durch den Raum ohne wirklich irgendetwas aufzunehmen. Er würde wahrlich nicht so in Panik geraten, wenn er nicht wüsste, wie er aussah. Die grauen, ledernen Flügel sprachen eine eigene Sprache und noch ehe jemand auf den Gedanken käme ihn hinfort zu jagen, nutzte er die Schocksituation und rannte los, quer durch den Raum Richtung Ausgang. Dabei rannte er eine dunkelhaarige Frau um, aber das interessierte ihn weniger.
Als er die Tür aufschlug und hinaus sprang, waren da noch die beiden anderen Gestalten, die er von den Dächern aus schon gesehen hatte, aber auch die ignorierte er und rannte einfach weiter. Seine Lungen wollten explodieren und er schnitt sich die bloßen Fußsohlen an etwas Scharfem auf, aber das war ihm genauso egal wie der Weg, den er einschlug. Er bog einfach in die nächste Gasse ein und als er vor einer hohen Mauer stand, war er gezwungen stehen zu bleiben und japste nach Luft. <b>Bitte lass niemanden gefolgt sein!</b>