Unter Venthas Willkür

Das große Meer ist launisch wie das Wetter. Einmal ist es friedlich und dann wieder die reinste Gefahr. Erfahrene Seemänner befahren es mit ihren großen Schiffen. Alle Reisen sind hier verzeichnet.
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Die Mantroner versuchen, gegen die Piraten vorzugehen.
Ein Teil der Amazonen, sowie das dunkle Volk sind Verbündete der Piraten.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Dienstag 13. September 2022, 21:04

Besaß er tatsächlich eine Magie in sich, die nichts weiter verursachen konnte als Leid? Oder war er dabei nicht stets doch lediglich beeinflusst und... fremdgesteuert worden? Sie erinnerte sich an die Aussage der Elfe, die sie selbst hatte ködern und weglocken wollen, dass sie in ihm das Gegenteil spüren würde.
Nur... wie viel Wahrheit hatte dahinter gesteckt? Womöglich war auch etwas übertüncht worden und ebenfalls ein Schein gewesen? Als er unsichtbar gewesen war... da hatte er seine Magie genutzt und sie dennoch nicht damit gequält. Als er sie beide in Fischwesen verwandelt hatte, hatte sie gelitten, ja, nur... nicht wegen dem Zauber an sich! Im Gegenteil, ohne diesem hätten sie beide nicht überlebt! Und auch seine verschiedenen Gestalten... Nein, sie konnte nicht bezeugen, dass er damit immer nur Schmerz und ähnliches erzeugte.
Welche Art der magischen Begabung steckte also tatsächlich in ihm? Und wie würde sich das herausfinden lassen? Weswegen interessierte sie das überhaupt noch?! Selbst wenn er seine Taten bereute, sie mitunter nicht freiwillig begangen hatte, er hatte sie eben am Ende ausgeführt. Er hatte sich anderen Personen angeboten, anstatt freiwillig und in Freiheit an ihrer Seite zu bleiben, er war verstümmelt und würde niemals für Nachkommen sorgen können. Von seinem unklaren Stand ganz zu schweigen...
Und dennoch... Sie konnte nicht anders, als er zu ihr kam und sie mit ehrlich wirkender Sorge ansprach sowie sie ansah. Azura wurde schwach und schmiegte sich an ihn, um den einzigen Halt zu suchen, der sich ihr in der letzten Zeit beständig geboten hatte. Mit all ihren Sinnen versuchte sie, ihn zu erfassen, sog seinen Duft in sich auf und nahm seine Wärme entgegen, um sich zugleich innerlich dafür zu wappnen, dass dies das letzte Mal, das allerletzte Mal, sein sollte. Sie ahnte ja nicht, wie bald sich dieser Gedanke bewahrheiten sollte...
Doch noch nicht jetzt, jetzt ließ er sie mit einer leichten Berührung in einem Maße erschauern, dass allein das schon unanständig war. Dabei hatte er noch nicht einmal angefangen, das wusste sie aus Erfahrung! Seine Sanftheit allerdings und die viel zu lange zurück liegende Zweisamkeit zusammen waren eine gefährliche Mischung.
Jedoch wogen die neuen Erkenntnisse vorerst noch zu schwer, als dass sie sich hätte fallen lassen können. Besonders jene Bilder der jüngsten Vergangenheit, wie sie selbst einen Moment lang besessen gewesen war und somit viel zu deutlich nachempfinden konnte, wie es ihm hatte ergehen müssen.
Oder hatte er es etwa... genossen? Immerhin war er ein Dunkelelf und denen sagte man so viele Grausamkeiten nach! Auch wenn er es zu ihr nicht mehr gewesen war als vermutlich jeder andere Kerl... eventuell sogar weniger, weil sie ihm nicht vollkommen... gleichgültig war?
Zuvor aber drängten sich ihr andere Fragen auf, als sie zu ihm hoch sah und diese direkt aussprach. Bei seiner Antwort gab es etwas, das sie heftig den Kopf schütteln ließ, dass ihre Haarsträhnen nur so flogen und sich eine sogar etwas aus ihrer Befestigung löste, um ihr leicht gelockt von der Stirn ins Gesicht zu fallen. Sie pustete leicht, damit ihr Blickfeld nicht länger behindert wurde.
"Sie waren nicht deine Eltern, sie haben dich von ihnen geraubt! Dich weggelockt! Das habe ich gesehen! Du hattest Eltern und ich glaube... nein, ich bin mir sicher, du hast ihnen etwas bedeutet!", widersprach sie ihm mit Inbrunst der Überzeugung und offenbarte damit nicht nur ihre Gedankenwelt, sondern auch, dass sie durchaus noch wusste, was die Nadeln ihnen gezeigt hatten.
Ob es eigentlich irgendeine Möglichkeit gab, seine Wurzeln zu ergründen...? Würde er das überhaupt wollen? Er war von klein auf von diesen abscheulichen Männchen gequält und drangsaliert, regelrecht ausgenutzt worden. Wie mochte er dann darüber denken, dass seine Eltern, seine richtigen Eltern, nicht davor hatten bewahren können? Ihre Mutter selbst hatte alles getan, um sie zu schützen, und sogar Alycide hatte auf ihr Wohlergehen geachtet. Was mochte somit er dann davon denken?
Während sie in ihre Gedanken abzudriften drohte, sprach er weiter, wenn auch mehr zu sich selbst. Bis er sie direkt etwas fragte. "Hm?", entkam es ihr, als sie wieder aufsah, ehe sie ein Kopfschütteln andeutete. "Nein... nein, nur die zwei."
Es schüttelte sie und sie wollte instinktiv stärkeren Halt bei ihm suchen, als er sich wiederum ein wenig von ihr entfernte. Voller Sehnsucht und unausgesprochener Bitte, sie niemals wieder los zulassen, sah sie zu ihm hoch. Er mühte sich ab, ihr etwas zu sagen, setzte mehrfach an und formulierte es schließlich so, dass es sie im ersten Moment kränkte. Solange, bis sogar der jungen Frau klar wurde, was die Botschaft dahinter sein sollte.
Nun ja... eine romantische Liebeserklärung klang anders, jedoch... es war ein Anfang! Ihr Herz machte einen Hüpfer vor Freude, während ihre Gesichtszüge weich wurden. Auch lächelte sie ganz leicht und legte ihm eine Hand an die Wange, um ihn zu streicheln, als sie ihm eine Erwiderung gab. Auch ihre Worte waren viel, nur nicht sonderlich romantisch. Dafür war ihr Tonfall umso wärmer und hätte gut dazu passen können.
Schließlich sank sie seufzend wieder an seine Brust und kraulte ihn ein wenig, unbewusst, während er ihr einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagte bei seinem Streichen. Seine Worte entlockten ihr einen wohligen Laut, ohne, dass sie wirklich zuhörte. Stattdessen hielt sie ihre Augen geschlossen und wollte einfach nur genießen.
Bis ein Krächzen, unnatürlich laut und unpassend, sie leicht zusammen zucken ließ. Ihre Lider hoben sich und sie sah ebenfalls in die Höhe, suchte nach dem Störenfried und verspürte ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Igendetwas stimmte nicht, allerdings konnte sie es nicht genau benennen.
Und dann lenkte er die Aufmerksamkeit der jungen Frau wieder auf sich, ehe sie den Mut gefunden hatte, nach diesem Tier zu fragen. "Ja...?", fragte sie und blinzelte leicht.
Da fuhr er fort, wollte ihr etwas sagen. Und was? Was meinte er? Still sah sie zu ihm hoch, wartete und spürte, wie ihr Herz mit jedem weiteren Schlag stärker zu hämmern begann. Die Knie wurden ihr etwas weicher und sie fühlte, dass es etwas Wichtiges war.
Nur... was? Positiv für sie? Oder... oder eine weitere Offenbarung einer seiner Taten, um ihr weh zu tun? Die Kehle wurde ihr enger und je länger er zögerte, je öfter ansetzte, desto unwohler begann sie sich zu fühlen. Bildete sie sich das ein oder fing sie an zu schwitzen? Inzwischen lagen ihre Hände wieder flach auf seiner Brust.
Solange, bis er soweit war, genug anzudeuten, dass sie eine Ahnung davon bekam, was er ihr sagen wollte. Ihre Augen vergrößerten sich ein wenig und sie legte die Hand auf den Mund. Sie verspürte den Drang, ihn zu unterbrechen, ihm zu versichern, dass sie bereits verstanden hatte und er es nicht tun musste. Auf der anderen Seite wollte sie es höen, sehnte sich nach solch einer Botschaft... und hatte zugleich auch Angst davor.
Es würde zwischen ihnen etwas ändern... oder? Und wie viel? Würde es das Ganze schwerer, ernster machen? Außerdem konnte sie das nicht erwidern, nicht bei seiner Vergangenheit... oder etwa doch? Wieso schlug ihr Herz so aufgeregt und wurde ihr kalt und heiß in ständigem Wechsel?
Einen Moment lang wurde sie abgelenkt von dem Krächzen und sah hoch in den Himmel. Schon wieder dieser Rabe... Wieso hatte sie so ein komisches Gefühl, das nichts Positives bedeuten konnte?!
Doch ehe sie sich dazu näher Gedanken machen konnte, zog er ihre Aufmerksamkeit zu sich zurück. Und dann... dann sagte er es, jene bedeutungsschwangeren Worte, die ihr gesamtes Leben auf den Kopf stellen sollten. Nun gut, es klang nicht gerade toll, so wie er es von sich gab, aber DASS er es tat!
Ihr Herz schien einen Schlag lang auszusetzen, um daraufhin umso heftiger weiter zu schlagen. Ihre Augen begannen zu brennen und hätten sich sicherlich mit Tränen gefüllt, so jedoch konnten sie lediglich vor Rührung stärker funkeln. Ihr wurde ganz warm und ihr war, als würde alles um sie herum unwichtig. Aber dann...
Noch bevor sie reagieren, also wirklich reagieren konnte, schlug er sich plötzlich die Hand vor den Mund und... spuckte Blut! Nein, nicht spucken, es floss aus ihm heraus und quoll zwischen seinen Fingern hervor. Mit einem leisen Schrei wich sie instinktiv zurück und starrte ihn mit kreisrunden Augen an.
Bis ihn die Kraft verließ und er in sich zusammen sackte. "Nein!", stieß sie keuchend aus und wollte ihn auffangen. Was zur Folge hatte, dass sie beide auf die Planken niedersanken und er sie halb unter sich begrub. Elegant war sicherlich etwas anderes!
Nur hatte sie gerade weit andere Sorgen, sodass sie sich unter ihm hervor rappelte und es mit einiger Mühe schaffte, am Ende so zu sitzen, dass er mit seinem Oberkörper auf ihren Oberschenkeln lag und sie ungehindert in sein blutverschmiertes Gesicht sehen konnte. "Corax?", sprach sie seinen Namen aus, eine wahre Seltenheit, dass ihr der Klang in den eigenen Ohren irgendwie fremd vorkam. Was hatte sie nicht alles für Namen und Bezeichnungen für ihn schon gedacht und ausgesprochen! Lediglich sein Name kam ihr fast nie über die Lippen...
Jetzt hingegen wiederholte sie ihn mehrfach und tätschelte hilflos seine Wange. "Sag doch was! Was ist mit dir? Corax!", murmelte sie und merkte gar nicht, wie sich ihr Körper erneut eine Träne mit allen Kräften abrang. Sie bildete sich mühsam, quälte sich hervor und ihre Wange hinab, um schließlich nach unten zu tropfen und auf seiner Stirn zu landen.
Dies war der Moment, indem sie den Kopf hob und schrie, was ihre Lunge hergab:"Hilfe! So helft mir! Hilfe!" Sie sah wieder auf ihn herab und strich ihm zärtlich eine seiner Strähnen aus der Stirn.
"Corax, bitte... bleib... bleib bei mir... Wer treibt mich denn sonst in den Wahnsinn? Das kann niemand so gut wie du, nicht mal diese furchtbare Göre...", flüsterte sie erstickt und hob ihren Blick. Wo blieb nur die Hilfe?!
"Hallo? Seid ihr alle taub? Ich brauche Hilfe, dringend!", brüllte sie erneut in die beginnende Nacht hinein. "Wahrscheinlich warten sie, bis ich nackt bin, damit sie was zu sehen kriegen, was sie interessiert...", murmelte sie in sich hinein und schniefte undamenhaft.
Was sollte sie nur tun? Was konnte sie noch tun? Sie hatte von so was doch keine Ahnung!
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Sonntag 18. September 2022, 00:32

Madiha:
Ob Caleb sich überhaupt bewusst war, was er mit Madiha anstellte? Vielleicht, aber ebenso konnte er es überhaupt nicht bemerken. Das Wüstenmädchen selbst ahnte ja nach wie vor nicht, was mit ihr geschah. Sie verstand nicht, warum ihr Herz wild zu hämmern begann, je näher der Wüstendieb ihrem Gesicht kam. Seine Lippen, so nah an ihren. Der Duft seiner Haut, kernig und männlich. Im Grunde roch er kaum anders als jeder andere Mann. Es fehlte das Aroma von Tabak oder einem zu starken Alkoholgenuss, tief im Kern aber duftete er einfach nur nach Mann. Trotzdem besaß Caleb noch seine ganz eigene Note und diese machte Madiha eins um's andere Mal benommen. Trotz ihrer Erschöpfung spürte sie die Hitze in ihren Wangen aufsteigen und sogar ihr Bauch kribbelte angenehm ... oder kam es von noch tiefer? Sie konnte es nicht ganz orten. Caleb lenkte sie ohnehin zu sehr ab. Er war so nah!
Wichtiger aber noch als seine Nähe empfand Madiha seine Worte. Er hielt sie nicht für unnütz. Sie bedeutete jemandem etwas. Wem? Ihm? Warum wurde es im Raum nur immer heißer? Brannte sie schon wieder? Nein, alles war ruhig. Venthas Ozean wiegte das Schiff sanft. Fischauges Kammer bot einen stillen Unterschlupf, einen Rückzugsort für ihre erschöpfte Seele und ihren ausgelaugten Körper ... und Caleb war das Ruhekissen, auf das sie sich betten wollte. Ihre Gedanken verschwammen, noch ehe er mehr von seiner Heimat hatte erzählen können. Irgendwo drang seine Stimme noch zu ihr durch, aber sie gestaltete so nur das Bühnenbild ihres Traumes, auf dem Madiha gleich ihren ersten Akt aufführen sollte. Sie hatte in den letzten Stunden und Tagen sehr viel erlebt. Zu viel, als dass sie alles hätte verarbeiten können. Endlich fand sie Zeit dafür. Doch Träume waren ungestüm, wild und frei. Sie nahmen es mit der Realität nicht so eng. So mischten sich Erinnerungen mit Emotionen, Erlebtes mit Gedankengängen und Probleme wurden zu zauberhaften Ereignissen, die mit kunterbunten Schleiern um ihre Wahrnehmung herum tanzten.
Nicht jeder Traumzaubermoment war friedvoll oder lockte Glückseligkeit im Schlafenden hervor. Manthala spielte manches Mal auch ihre Spiele mit den Ängsten ihrer Gläubigen oder jenen, die ihr nicht genug Ehrerbietung darbrachten. Was immer Madiha getan hatte, um ein Sammelsurium ihres Erlebten im Traum nun gebündelt als neues Abenteuer aufgetischt zu bekommen, verriet die Göttin über Mond und Nacht nicht. Aber sie zeigte sich großzügig, was Bildgewalt und Masse zu verarbeitender Informationen anging. Madiha konnte gar nicht so schnell begreifen, wie einzelne, teils sehr verwirrende Szenen sie gefangen nahmen. Sie wirbelten um ihren dürren Traumleib herum, biederten sich an oder forderten ihre Aufmerksamkeit, dass ihr ganz schwindlig wurde. Einzig ein Part ihrer Fantasie hob sich endlich davon ab. Wie immer nicht als strahlender Ritter, hoch zu Ross - oder im sarmaer Fall hoch zu Kamel - und dennoch der Held, der immer auftauchte, um ihr armseliges Sklavenleben zu schützen. Plötzlich schob Caleb sich an all den anderen Gestalten, Bildern und Eindrücken vorbei. Er tat bisweilen nichts und doch nahm er mit seiner bloßen Existenz den vollen Raum ein, den Madiha für ihre Träume gewährte. Sofort fühlte sich alles warm und flauschig an. Selbst sein Geruch fand einen Weg in ihren Schlaf. Wieder kam er näher. Dieses Mal wollte sie ihn ganz nah bei sich haben. Näher als in der Realität. Sie wollte mit ihm verschmelzen nd im Traum hinderte die beiden nichts daran. Er rückte näher und näher, seine Augen waren das Einzige, was Madiha im Traum noch sah. Welch kostbare Juwelen. Schätze, die jeder Dieb - Caleb voran - sofort stehlen würde! Sie wollte sie für sich haben, für immer anschauen und sich darin verlieren. Nur seine Lippen lockten das Mädchen von dem Anblick fort. Auch sie kamen näher. Endlich! Ganz, ganz nahe. Sie spitzte die ihren und ...

Schreie erfüllten die hereingebrochene Nacht. Sie erreichten Madiha nicht. Das Mädchen schlief so fest, dass vermutlich nicht einmal ein kräftiges Rütteln sie nun wecken könnte. Einer war vollkommen damit zufrieden. Caleb, der noch immer an ihrer Seite saß und über sie wachte, schaute zur Kabinentür. Galten die Rufe ihnen? Hatte Tauwetter sich nun doch an Azura und Corax gewandt, um ihnen eins auszuwischen? Irgendetwas bahnte sich an. Es sorgte auch bei Caleb dafür, dass er sich erhob. Noch ehe er die Tür erreichte, klopfte jemand. Rasch überbrückte er die letzten Schritte an Distanz, um zu öffnen.
"Sie ist gerade eingeschlafen, also stör lieber ni-"
Der Matrose mit dem hochroten Gesicht unterbrach ihn unwirsch, indem er Caleb am Arm packte. "Komm schnell! Es geht um euren Freund - die Hochnäsige - die Schöne ... kann jemand von euch an Deck kommen?" Der Dieb sah über die Schulter zurück zu Madiha. Sie schlief. Es hatte keinen Sinn, sie nun wieder zu wecken. So begleitete er den Seemann eilig und folgte ihm zum Bugbereich des Schiffes.

Azura:
"Sei gegrüßt." So mächtig wie man es angesicht seiner imposanten Gestalt erwarten mochte, war die Stimme gar nicht. Obgleich er riesig war und sein gewaltiger Schädel sicher auch einen enormen Hohlraum für reichlich Hall bot, klang die Stimme des Kutte tragenden Skeletts nicht einmal laut an seine Ohren. Aber auch Azuras Schreie drangen nur dumpf zu ihm durch. Er schaute auf sie herab, wie sie einen Körper - seinen Körper! - auf ihre Oberschenkel zog. Sein halber Mund, Kinn, Hals und das Hemd waren mit Blut besudelt. Seine Augen waren geschlossen. Er rührte sich nicht und doch stand er doch über der Szenerie und konnte auf sich herab starren. Corax streckte die Hand nach Azura und sich selbst aus. Er blickte auf halb durchsichtige, silbrig-weiße Finger, denen einen bläulicher Schimmer innwohnte. Dann musterte er seine Gestalt, die im Gesamtbild seinen Fingern glich. Außerdem schwebte er.
"Ich bin tot."
"Sagen wir, dein Leidensweg hat nun endlich ein Ende gefunden." Der Gevatter beugte sich über ihn und streckte ihm eine bleiche Knochenhand entgegen. Corax musste sie nur ergreifen, um ihm in sein Reich zu folgen. "Ich weiß, du hast einen anderen erwartet. Aber Faldor ist nur ein Gott. Ich bin das Ende. Komm mit mir."
Corax schaute auf die einzelnen Knochen nieder, die zusammen eine skelettierte Hand bildeten. Wie sie ohne Muskeln, Sehnen und Fleisch beieinander blieben, wusste er nicht. Er stellte sich diese Frage aber auch nicht. Ansonsten hätte er sich ebenso Gedanken darüber machen müssen, wie er als Geist existieren konnte. Mit einem rubinfarbenen Seelenblick wandte er den Kopf ab und wieder der Szene zu, in der er offensichtlich die hauptrolle spielte. Er lag im Rampenlicht, ohne auch nur noch ein Lebenszeichen von sich zu geben. Eine Träne fiel auf die Wange seines Körpers. In Märchen brachte dies oder der Kuss eines Prinzen die Schlafende immer zurück. Azura küsste ihn nicht. Aber sie litt.
"Komm mit mir", wiederholte der Tod. "Dann hat dein Leid ein Ende."
Er konnte sich nicht von dem Anblick lösen. Azura litt, wegen ihm. Er war stets bemüht gewesen, sie vor sich selbst zu bewahren. Er hatte so vielen Wesen Leid gebracht, aber bei ihr stets aufgepasst. Manchmal hatte sie geweint, aber dann war er immer da gewesen, um seine Fehltritte wieder gut zu machen. Und er hatte dann neue Methoden versucht, gerade ihr kein Leid zu bringen. Sie jetzt so zu sehen...
"Hm, ich habe mich wohl geirrt."
"Was?" Endlich wandte Corax sich dem Gevatter zu. Er warf einen Blick unter die Kapuze und in die Leere seiner Augenhöhlen. Dort fand er keine Antworten, sondern nur ein Unbehagen, so dass er diesem augenlosen Blick ausweichen musste. Er konnte dem Tod nicht mutig ins Gesicht blicken. Als er aber den Kopf senkte, erhielt er einen Hinweis auf dessen Bemerkung. "Was ist das? Was geschieht mit mir mir?" Corax starrte an sich herab. Auf Herzhöhe hatte der silbrigweiße Nebel, aus dem er bestand, eine neue Farbe angenommen. Blutrot breitete sich eine Nuance in ihm aus. Blitze zuckten von dort in seinen gesamten Geisterleib und sie bereiteten ihm Schmerzen. War das für einen Toten überhaupt noch möglich zuempfinden oder lag es, wieder einmal, an ihm?
"Hm ... ein ruheloser Geist, den großes Leid noch immer so sehr einnimmt, dass er sich auch in meiner Domäne nicht davon befreien kann."
"Was heißt das?"
"Dass ich mich geirrt habe. Du bist unfähig, deinen Frieden zu finden. Etwas aus der Realität erfüllt deinen Geist noch so sehr, dass du das Leid mit dir trägst. Ich nenne das einen ruhelosen Geist. Das ist unglücklich, denn so wirst du weiterhin vom Leid geplagt sein, auch in meiner Welt."
Corax starrte das Skelett an. Sein Geisterleib zuckte unter den schmerzhaften Blutblitzen. "Und ... wie lange werde ich so sein?"
Tod schüttelte bedauernd den kapuzierten Kopf. "Du verstehst nicht ganz. Leben ist endlich. Der Tod aber hält bis in alle Ewigkeit."

Azura tätschelte ihn. Sie zog ihn sogar auf ihre Beine. Sie schrie um Hilfe. Er rührte sich nicht. Der Blutfluss stoppte so schnell, wie er über ihn gekommen war, aber er hatte ihm den Rest gegeben. Corax lag einfach nur da, schwer und schlaff. Die Augen waren ihm glücklicherweise zugefallen, sonst hätte Azura in diese leeren, matten Rubine schauen müssen, in denen man jegliche Lebensgeister vergeblich suchte. Und dann hätte auch sie sich mit einer Realität auseinandersetzen müssen, die bereits für die Heraneilenden Matrosen vollkommen greifbar war.
"Was ist mit ihm?", fragte einer, der den Schauplatz der Ereignisse gerade erreichte. Ein zweiter Seemann - es war Briggs, der seiner Zeit Madihas Kabine bewacht hatte - folgte. Er starrte auf Azura und Corax nieder. Er sah all das Blut und zog die Brauen zusammen. "Ich hol Hilfe."
"Den Käpt'n?", fragte sein Kamerad, aber Briggs schüttelte den Kopf. "Der würde nur die Möwen aufscheuchen und dann wäre bis in die Morgenstunden alles an Deck. Nein. Das wäre gerade heute Nacht problematisch. Ich hole ... seine neue Herrin oder den Smutje. Die kennen sich ja irgendwie." Ohne weitere Worte zu verschwenden eilte er davon. Der namenlose Matrose blieb bei Azura zurück. Er kniete sich zu ihr und deutete mit einer Handbewegung an, dass er Corax untersuchen wollte. Er legte den Kopf an seine Brust, dass Ohr und Haare ganz blutig wurden. "Ich höre keinen Herzschlag", sagte er ernst. "Er atmet auch nicht." Der Matrose richtete sich wieder auf, schob sich dabei einige der blutigen Strähnen hinter das Ohr. Dann musterte er Azura etwas länger als notwendig gewesen wäre. "Du hast um Hilfe gerufen, also hast du ihn nicht..." Mit einem Finger zog er eine Linie über seinen eigenen Hals. Er hatte keine Waffe entdeckt, sah aber auch ebenso wenig eine Stichwunde oder andere Verletzung, die bei Corax zum Ableben hätte führen können. "Was ist passiert?", fragte er tonlos, da er sich keinen Reim auf die Situation machen konnte.
Ehe Azura Gelegenheit erhielt, sich zu erklären, tauchten weitere Matrosen auf. Nicht nur der Namenlose und Briggs hatten die Hilfeschreie gehört. Glücklicherweise war Jakub Tauwetter nicht unter ihnen. Sie umringten Azura, aber niemand wagte es, der hochmütigen Edlen zu nahe zu kommen. Oft genug hatten sie deren Verhalten und Ausbrüche bereits mitbekommen. Niemand wollte sich mit einer Dame von Rang und Namen anlegen. Das überforderte die meisten der schlichten Seemänner hier nur.
So unterhielten sie sich untereinander und kamen schnell zu einem Schluss: Der dunkelelfischer Magier war tot. Wie, das wusste keiner von ihnen. Warum, das ließ sich auch nicht sagen. Dass es zu spät für eine Wiederbelebung war, stand für sie aber außer Frage. Ohnehin hatten sie keinen richtigen Mediziner mehr an Bord, der hätte eingreifen können. Wenigstens brachte Briggs jemanden mit, der nicht nur tatenlos herum stand.

Mit eiligen Schritten erreichte der Schiffskoch Caleb das vordere Deck. Er hatte Briggs mit Leichtigkeit hinter sich gelassen. Der arme, ältere Matrose kam deutlich später wieder bei Azura an, schnaufte und hatte einen hochroten Kopf. Dafür wirkte Corax verhältnismäßig blass. Caleb starrte auf ihn und Azura herunter.
"Ist er...?", fragte der Smutje, eigentlich an die Freundin des Elfen gerichtet. Es waren aber die anderen Matrosen, welche ihm antworteten.
"Er atmet nicht mehr."
"Also ist er tot."
"Hab aber keine Verletzung gesehen."
"Vielleicht hat all die Zauberei ihn zu viel Kraft gekostet."
"Der Leidbringer hat's hinter sich."
Der Leidbringer. So nannte man Corax hier inzwischen auch. Und tatsächlich brachte er durch seinen unerwarteten Tod vor allem einer Person in der Runde mehr Leid als er es sich je gewünscht hätte. Caleb kannte Azura kaum, doch er dachte weiter als seine Kameraden und erkannte so sehr schnell, dass sie hier erneut einen Schrecken von größtem Ausmaß erlebte. Sie musste fort von hier, bevor sich das Bild noch tiefer in ihre Seele brannte. "Darf ich?", sprach er sie mit der Höfichkeit eines Ehrenmannes an und verneigte sich sogar halb, dass seine Mitmatrosen ihn verwirrt musterten. Caleb ließ sich nicht beirren. Er ergriff Azuras Hand und drückte sie. "Ich fürchte, Ihr könnt nichts mehr tun. Lasst mich Euch helfen." Behutsam wies er zwei Männer an, Corax von ihrem Schoß zu heben, während er Azura auf die Beine helfen wollte. Dieses Mal ungefragt hakte er sie bei sich ein, damit sie gestützt würde und berührte sogar ihr Kinn, wie wenige Momente zuvor noch bei Madiha, um ihr Gesicht seinem zuzudrehen. Auf diese Weise würde sie den Leichnam ihres einstigen Sklaven nicht mehr ansehen müssen. "Lasst uns ein Stück abseits gehen und die Männer alles Wichtige erledigen. Keine Sorge, er kommt an einen sicheren Ort. Nicht wahr?", wandte Caleb sich an die Seemänner. Diese nickten teilweise, einige hoben aber auch fragend die Schultern.
"Wohin sollen wir ihn denn bringen?", fragte einer. "Zum Kapitän?"
"Nicht doch, das brächte nur Ärger", erhob Briggs die Stimme. "Und gerade heute Nacht wäre es schlecht, ihn überhaupt noch zu behelligen."
Andere nickten wieder in Zustimmung. Selbst Caleb verstand, worauf es hinauslief. Immerhin waren er und Madiha zur Planung der Meuterei eingeladen worden, ganz im Gegensatz zu Azura oder Corax. Nun, der Elf würde daran nicht mehr teilhaben können und Azura hatte jetzt sicherlich andere Dinge im Kopf. Caleb versuchte, sie von der Szenerei wegzuführen. "Bringt ihn in meine Kabine und ... äh ... legt ihn irgendwo ab. Aber behutsam! Wir sollten respektvoll mit den Toten umgehen und uns so von seinen Taten unterscheiden." Bewusst erinnerte er die Matrosen daran und zwang sie dazu, Corax wirklich sorgsam zu behandeln. Nicht, dass man seinen Leichnam einfach ins Meer warf! Das durfte nicht geschehen. Caleb mochte den Elfen nach wie vor nicht, aber er würde Azura Gelegenheit geben, sich von ihm zu verabschieden. Ihr und Madiha ... hoffentlich erwachte sie nicht allein mit dem Toten im Zimmer. Gern hätte Caleb die Seemänner nun begleitet, die den Dunkelelfen fort trugen, aber jemand musste auch dringend nach Azura schauen. Diese Aufgabe traute er keinem der Seeleute zu. Dazu kannte er deren Gemüter zu gut, auch ohne die Männer im einzelnen zu kennen. Er seufzte, da es wieder einmal an ihm hängen blieb. Azura gegenüber ließ er sich aber nichts anmerken. Zu ihr verhielt er sich weiterhin höflich. "Euer Verlust tut mir leid", sagte er. "Ihr werdet die Möglichkeit erhalten, Euch zu verabschieden. Jetzt aber solltet Ihr ein wenig zur Ruhe kommen. Ich bin für Euch da." Das war er wirklich. "Wenn Ihr es braucht, könnt Ihr Euch an meiner Schulter ausweinen." Oder der Brust oder gleich mit einem Wurf um seinen Hals. Caleb würde zur Verfügung stehen, ein wenig Beistand zu leisten. Er handelte hier weniger aus Nächstenliebe als vielmehr aus dem Wissen heraus, dass Azura nach Corax' Tod nun vollkommen allein war. Und das konnte Caleb nicht einmal ihr antun.

"Hm..." Der Gevatter beobachtet seine jüngste Begleitung. Er gab ihm alle Zeit der Welt, denn gerade er hatte sie und nun, da Corax tot war, konnte auch dieser sich reichlich davon nehmen. Die Ewigkeit besaß Zeit im Überfluss. Der Geisterelf nutzte sie, um zu lachen. Er lachte laut, den Kopf dabei in den Nacken gelegt und doch vollkommen freudlos. Es war ein verzweifeltes Lachen, das gelegentlich von einem Zucken unterbrochen wurde, wenn die Blitze seines Leids den Geisterkörper durchzuckten.
"Die Ewigkeit!", rief er aus. "Leid für die Ewigkeit!" Sein Lachen nahm zu, sein Verstand ab. Tod mochte ruhelose Geister nicht besonders. Sie hielten ihm stets vor Augen, dass er sie nicht in ein friedliches Ende hatte überführen können. Einige streiften rastlos in seiner Domäne umher, manche aber schickte er sogar zurück nach Celcia, wo sie sich schnell an den Ort ihres Ablebens, einen Gegenstand oder ein Gebäude banden, das ihnen ihr eigenes Leiden ein wenig milder gestaltete. So entstanden Spukhäuser...
Corax war aber nicht nur ein ruheloser Geist. Er drohte, ein wahnsinniges Exemplar zu werden und diese Geister empfand Tod beinahe so lästig wie Nekromanten, die ihn um seine Seelenernte brachten. Mit wahnsinnigen Geistern ließ sich nicht verhandeln. Sie streiften auch nicht für sich umher, sondern lebten ihren Wahnsinn auch noch aus. Ha, lebten! Nichts mehr lebte an einem Geist, aber in ihrem bröckeligen Verstand schafften gerade die Wahnsinnigen es, die Lebenden zu erreichen und das verursachte oftmals mehr Schaden als zu deren Lebzeiten. Wie würde es bei Corax aussehen? Als höheres Wesen kannte Tod seine Geschichte, vor allem jetzt, da er sich mit dessen Stundenglas beschäftigt hatte. Er wusste, wer für sein Leid verantwortlich war. "Das kann so nicht bleiben", sprach er in das Gelächter seines Geisterkunden hinein. Dieses Mal erhob sich seine Stimme über jedes andere Geräusch hinweg. Dieses Mal vertrieb der Hall alles. Corax verstummte und schaute das Skelett in einer Mischung aus Resignation, tiefer Verzweiflung und ... Leid an. Leidbringer. Wenn niemand mehr da war, an den er sich wenden konnte, blieb nur er selbst, um seinem Titel alle Ehre zu machen. "Das kann so nicht bleiben", wiederholte der Gevatter. "Dein Leiden in der Ewigkeit würde nicht enden und wäre erheblich größer als das, welches du im Leben mit dir herumgetragen hast."
"Du machst mir ja Mut", brummte Corax. Er sah zum Ort seines Todes zurück. Den Leichnam hatten einige Schatten schon fortgebracht, aber auch Azura war nicht mehr da. Hatte sie ihn so schnell vergessen? Sein Geisterleib färbte sich dunkler, die Blitze zuckten wilder über ihn hinweg.
"Bleib ruhig", mahnte der Tod. "Ich ... mache es anders. Eine Ausnahme, sozusagen." Er murmelte in seine Kapuze hinein: "Wenn ich jedes Mal eine mache, sind es langsam keine Ausnahmen mehr." Aber diese eine wollte er noch begehen. So wandte er sich Corax zu, legte ihm gar eine Knochenahnd auf die geisterhafte Schulter. Er schob ihn mit sich. Wände, Holz, Türen, nichts bildete ein Hindernis für beide. Sie erreichten einen anderen Ort. Tod war mit den Umständen nicht ganz zufrieden, konnte sich aber nicht in das Tun der Lebenden einmischen. Es müsste nun eben so gehen. "Azura wäre mir lieber gewesen."
"Was faselst du da? Lass sie in Ruhe!"
"Das werde ich. Ihre Zeit ist noch nicht gekommen ... deine auch nicht. Das wissen wir beide, nicht wahr? Sie haben dich von Anfang an verflucht, dir falsche Wahrheiten eingetrichtert und dich schikaniert. Aber mit deinem letzten Sandkorn in der Lebendwelt hast du bereits gespürt, wie wenig Macht sie noch über dich haben. Weil die meisten von ihnen bereits bei mir sind." Er nickte. "Ja, sie sind hier. Aber sie sind nicht mehr dein Problem. Nur einer ... einer noch wird es sein, aber gegen ihn kommst du an. Und dann bin ich sicher, dass dein Leid enden wird. Vielleicht sogar noch, bevor du endest." Der bleiche Schädel grinste, ehe er dem Geist gegen die Stirn tippte und ihn so in einen Strudel aus körperlicher Schwere und Schmerz warf.

Madiha:
Zu leben war schwer. Nicht nur das Gewicht des eigenen Körpers konnte erdrückend sein, sondern auch das Wissen, dass es noch nicht zu Ende war. Ein tiefer Atemzug holte Corax zurück auf die andere Seite. Er riss die Augen auf. Rubine funkelten in die schlecht ausgeleuchtete Ecke seines wiedergefundenen Lebens. Wenigstens herrschte hier Stille. Nur das Rauschen der See, das Knarren des Schiffes und ein sanftes, gleichmäßiges Atmen schräg über ihm erreichten seine Ohren. Stille konnte so wundervolle Melodien formen. Sie holten den Elfen langsam zurück in die Welt der Lebenden.
Er war nicht lange tot gewesen, demzufolge hatte sein Körper keinerlei Zeit gehabt, richtig auszukühlen, geschweige denn zu erstarren. Es fiel ihm leichter, sich wieder an dessen Gewicht zu gewöhnen. Trotzdem brauchte er einen Moment, um sich aufzurichten. Orientierungslos blickte er umher. Obwohl er wusste, dass man seinen Körper vom Deck getragen hatte, erinnerte er sich nicht mehr daran. Erinnerungen an das Reich der Toten waren nicht jedem Wiederkehrenden bestimmt. Solche Privilegien genossen nur sehr wenige, die Tod höchstselbst aussuchte. Corax zählte nicht dazu, obgleich die Worte des Gevatters noch in seinem Kopf nach hallten. Sie waren wichtig für ihn, also ließ Tod sie ihm. Corax hielt sich den Schädel und schaute sich um. Er hatte auf den Planken der Kammer gelegen, in die die Matrosen seine Leiche gebracht hatten. Jetzt saß er da, ein weißes Laken halb über sich. Es besaß blutige Flecke. Abdrücke von seinem Hemd. Weil er sich aufgerichtet hatte, war ihm das improvisierte Leichentuch vom Körper gerutscht.
Langsam schaute er sich um. Auf einem Tisch und hinter sicherem Glas davor geschützt, alles zu entflammen, brannte eine Kerze. Sie erhellte den Raum sperrlich, aber es reichte aus, um die Wandschränke, Tisch und Stuhl, sowie die Koje zu erkennen. In letzterer lag jemand. Die schmale Gestalt atmete gleichmäßig. Sie schlief. Corax lauschte ihr eine Weile. Dann aber obsiegte die Neugier. Er rappelte sich auf, um einen Blick auf die Schlafende zu werfen.
"Herrin", raunte er, als er Madiha erkannte. Er griff nach ihren Händen. Sie waren verbunden. Er erinnerte sich, ihr etwas versprochen zu haben. So schob er ein Knie auf das Bett und beugte sich halb über sie. Er umfasste beide ihrer Hände, schaute sie an und...
"C..leb...", seufzte Madiha im Schlaf. Corax zog die Brauen zusammen. "Nagut, wenn es unbedingt sein muss", murmelte er.

Madiha schmeckte noch die Lippen ihres Traumpartners, als ein Schaukeln sie aus dem Schlaf riss. Es hatte wohl doch gereicht, sie zu wecken oder lag es an der Wärme, die so anders war als jene durch die Decke über ihrem Körper? Diese angenehme Wärme drang von der Seite zu ihr und erfüllte sie. Madiha spürte den Körper eines anderen. Sie spürte Muskeln. Ein Arm war halb um sie schlungen, ruhte locker über der Decke, aber auch auf ihr. Eine große Hand und ein vertrauter Duft. Den Duft hatte sie schon im Traum wahrgenommen, zusammen mit seinen Lippen. Sobald Madiha sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatte - inzwischen musste die Nacht angebrochen sein - erkannte sie, wer da neben ihr selig in der Koje schlief. Caleb. Er lag da einfach neben ihr, mit ihr unter der Decke und einen Arm locker um sie geschlungen. Er schlief aber nicht, sondern ruhte nur. Ihre Bewegungen reichten aus, dass er seine Augen öffnete und schräg zur ihr herüber blickte. Diese wundervollen Augen. Wie in ihrem Traum! Ob seine Lippen in der Realität auch so süß schmeckten, mit einer Spur von Äpfeln?
Seine Mundwinkel hoben sich, als sein Blick sich mit Madihas kreuzte. "Aufgewacht?", fragte er und hob seinen Arm, damit sie es leichter hatte, sich zu bewegen. Er zog ihn aber nicht zurück, sondern strich an ihrer Wange entlang. "Wie fühlst du dich?"
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Sonntag 18. September 2022, 14:11

Es hätte so schön... nein, beinahe schon kitschig sein können, als er endlich zu Ende brachte, was er schon mehrfach begonnen hatte. Zugleich aber fürchtete sich ein Teil ihrer Seele auch davor. Viel, zu viel war schon vorgefallen, gerade in den letzten Stunden, von denen sie nicht alles einfach vergangen sein lassen konnte.
Und ihre eigenen Gefühle? Diese waren noch mehr durcheinander als je zuvor, denn er zog sie weiterhin an und obwohl sie wusste, was er getan hatte, fühlte sie sich geborgen und beschützt in seinen Armen, solange er sie nur festhielt. Gleichzeitig gab es Dinge aus seinem Leben, die sie abstießen und ihr zu schaffen machten, allen voran jener eine Mord und auch seine eigene Verstümmelung. Selbst wenn herauskommen sollte, welch wahrer Familie er einst entsprungen wäre, und abgesehen von seiner dunkelelfischen Herkunft... wie könnte sie jemals jenen Zweck an seiner Seite erfüllen, für den sie nun einmal da wäre?
Und ihn zu nichts weiter als ihrem Liebhaber zu degradieren... Nein, das konnte und würde sie ebenfalls nicht wollen. Schon allein deswegen, weil auf diese Weise vermutlich früher oder später ein weiteres Leben unnatürlich enden würde... oder mehrere.
Doch all das wurde bedeutungslos bei dem Blut, das aus seinem Mund quoll, als er zu Boden sackte und sie mehr oder weniger unter sich begrub. Es war ein fürchterlicher Anblick und sie reagierte instinktiv, ohne sich im Nachhinein an die einzelnen Bewegungen oder ihre Worte erinnern zu können. Lediglich ihre eigenen Schreie hallten in ihren Ohren nach, weil sie nicht wusste, was sie sonst noch tun könnte.
Auch wenn sie bezweifelte, dass jemand tatsächlich kommen und helfen würde... könnte... oder auch wollte! Corax hatte schließlich nicht sonderlich hohe Beliebtheitswerte auf diesem Schiff.
Tatsächlich kamen nach gefühlten Ewigkeiten zwei Matrosen herbei und die erste Frage ließ Azura nur gequält aufschauen. Eine Antwort war überflüssig, sodass sie mit einem leisen Wimmern den Blick wieder senkte. Inzwischen tätschelte sie die blass gewordene Wange nicht mehr, als könne ihn das endlich wecken, sondern streichelte ihn dort nur noch voller Zärtlichkeit.
War das die kühle Brise oder Einbildung, dass die Haut nicht mehr jene Wärme ausstrahlte wie noch vor kurzem? Was hatte das zu bedeuten?! Angst kroch ihr die Glieder hoch und umklammerte ihr Herz, als wolle es dieses zerquetschen wie eine reife Frucht. Warum nur tat denn niemand etwas?!
Doch... da war etwas... oder? Ihr Fokus war derart fest auf ihren ehemaligen Begleiter gerichtet, dass sie die Bedeutung der sich rasch entfernenden Schritte nicht begreifen konnte. Oder wieso sich da etwas an den Rand ihres Blickfeldes schob, bis sie blinzelnd zu dem Kopf sah. Genau im rechten... oder wohl eher falschesten Moment, denn dieser Mann starrte nun sie an und stellte eine ungeheure Bemerkung auf.
Zuerst keuchte sie und wurde blass, wäre sicherlich auch zurück geschreckt, wenn der Körper auf ihren Oberschenkeln sie nicht an Ort und Stelle gehalten hätte. Dann allerdings wurde ihr Blick finster und schien regelrechte Blitze zu schleudern vor Wut, während sich ihr Brustkorb immer schneller hob und senkte, dass ihre Brüste gefühlt beim nächsten Mal herauspurzeln würden. "Was erlaubst du dir?!", fauchte sie einer Raubkatze nicht unähnlich, die man zu besänftigen versuchte und dabei nur in die Enge trieb.
Erst jetzt kam ihm eine andere Frage über die Lippen, jedoch war es dafür zu spät. Azura begann, rot zu sehen ob dieser Unverschämtheit, als sich auch noch einige andere Matrosen zu ihnen gesellten. Nur... keiner kam wirklich näher, keiner rührte auch nur den kleinsten Finger, um endlich, endlich etwas Sinnvolles zu tun!
Das brachte bei ihr das Fass zum Überlaufen. "Was steht ihr hier so faul rum und gafft, häh?! Tut gefälligst etwas! Oder seid ihr nicht manns genug dafür?! Könnt nur gaffen und geifern, eine große Lippe riskieren bei euren Hafendirnen und..." In diesem Moment schob sich ein bekanntes Gesicht in den Kreis der Männer und brachte sie allein dadurch soweit aus dem Konzept, dass sie verstummte.
Er tat noch mehr, er kam näher und stellte eine Frage, die sie trocken aufschluchzen und den Blick wieder senken ließ. Liebevoll strich sie über die nun eindeutig kühler gewordene Haut. Auch sie fröstelte merklich, wenngleich man es in dem schwächer werdenden Tageslicht kaum noch würde sehen können, zumindest nicht, wenn man nicht direkt bei ihr wäre so wie der Schiffskoch.
Umso wärmer fühlten sich seine Finger an, als er nach ihrer Hand griff und sie zusammen zucken ließ, ehe sie mit brennenden Augen wieder zu ihm aufsah. Fast schon willenlos ließ sie sich führen, zuerst, dass man sie von der Last des Körpers befreite, dann, dass er ihr auf die Beine half und sie stützte. Sogar ihr Kinn durfte er berühren und ihr Kopf folgte seiner Bewegung. "A... aber... aber...", kam es schwach von ihr in dem Versuch, ihre Gedanken zu sortieren und ihren eigenen Willen zurück zu gewinnen.
Doch er war ihr so nahe, eine einladende Stütze nach diesem schrecklichen Anblick, dass die Verlockung groß war, einfach nur zu folgen und schluchzend gegen ihn zu sinken. Solange, bis er ein Wort in den Mund nahm, das in ihr erst recht Entsetzen auslöste. "Nein...", hauchte sie und schüttelte den Kopf, wollte sich abrupt befreien und zurück zu dem Dunkelelf, dem ihr Herz irgendwie noch immer gehörte. Wollte sich an ihn klammern und verhinden, dass man ihn ihr wegnahm!
"Nein! Lasst ihn in Ruhe!" Ihre Stimme wurde lauter und dennoch gelang es ihr nicht, zu dem Toten zu gelangen. Ob es an ihr selbst oder am Griff des Kochs lag, wusste sie dabei nicht zu sagen. Lange hielt ihre letzte Kraft auch nicht vor, sodass sie in sich wieder zusammen sackte, wenngleich bei Bewusstsein blieb.
"Tut ihm nichts...", wisperte sie schließlich kaum verständlich und ließ sich letzten Endes doch einige Schritte wegführen, wie eine Puppe, deren Verbindung man zu dem Einzigen, das ihr Leben einhauchen konnte, gekappt hatte. Nicht einmal die Worte, einfühlsam und einladend vorgetragen, nahm sie bewusst wahr.
Stattdessen sprach seine körperliche Nähe zu ihr, seine Wärme und die Tatsache, dass er als einziger bisher sich ihr gegenüber so verhalten hatte, wie sie es erwarten durfte. So, wie sie es kannte und sich nicht so gänzlich verloren gefühlt hatte in einer Welt, in der sie längst nichts mehr besessen hatte außer ihre Erinnerungen... und den Halt bei Corax.
Mit einem trockenen Schluchzen, das ihr regelrecht die Kehle zuschnürte, sank sie gegen die schlanke und dennoch starke Brust vor ihr, hob ihre Hände und klammerte sich an dem Stoff fest, während ihr gesamter Körper durchgeschüttelt wurde vor Kälte und ehrlich empfundenen Schmerz. "Weg... einfach weg...", würgte sie irgendwann zwischendurch hervor.
Wie lange sie so da stand, an diesen eigentlich fremden Mann geklammert, der sowieso nicht auf ihrer Seite war, sondern eigentlich zu der Göre gehörte? Warum gab er sich überhaupt mit ihr ab? War das ein perfides Spiel? Ach, sei's drum... es war nicht wichtig! Nichts war mehr wichtig... Vergessen, sie wollte nur noch vergessen und am Ende nicht einmal mehr denken müssen, wer sie überhaupt war und warum sie litt.
Das führte dazu, dass sie etwas tat, das sie sicherlich noch bereuen würde... später... irgendwann, wenn sie sich innerlich nicht länger dermaßen leer und taub fühlen würde. Als allmählich das Zittern nachließ, begann sie damit, mehr oder weniger bewusst, ihren Klammergriff zu lockern. Das war gar nicht so leicht, derart verkrampft hatte sie sich gehabt, aber schließlich war es geschafft.
Während sie ihren Kopf hob und in dem letzten Abendlicht versuchte, Gesichtszüge auszumachen, fingen ihre Hände an flach an dem Körper hinunter zu streichen. In etwa bis zur Taille, um von dort seitlich zu wandern und letzten Endes sich auf den unteren Rücken zu legen, knapp über dem möglichen Hosenbund.
Dabei streckte sie sich in die Höhe, senkte allmählich ihre brennenden Lider und versuchte sich vorzustellen, dass es bekannte Lippen wären, die sie zu finden suchte. Sofern er es zulassen und sie nicht demütigen würde, indem er sie ablehnte.
Sie wollte schließlich nur vergessen... und wenn es lediglich für eine viel zu kurze Zeit wäre... Das taten Männer immerhin auch ständig, also durfte sie als Frau doch auch... irgendwie... Oh, hoffentlich waren die Götter ihr wenigstens dieses eine Mal gewogen!
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 18. September 2022, 15:33

Das Träumen war Segen und Fluch gleichermaßen. Es vereinte all das Schmerzhafte zu einem skurrilen Bild und konnte dann mit nur einem einzigen Aufflammen von Hoffnung, Frieden bescheren. So auch bei dem Mädchen, welches endlich die Ruhe finden durfte, die es so dringend benötigte. In all dem Wirrwarr ihrer Gedanken, tauchte etwas auf, was ihr allein die Ruhe schenken konnte: Caleb. Ebenso wie er plötzlich in dem Chaos der angreifenden Heerscharen dastand, ganz in schwarz gekleidet und verwegen wirkend, stand er nun in ihrem Traum vor ihr und hatte nur Augen für sie. Er schenkte ihr, ausgerechnet ihr, den Blick aus seinen wunderschönen Augen und hielt sie fest damit, nur um ihr auf eine Weise nahezukommen, die ihr Herz wohl insgeheim ersehnte. Und von der sie nicht mal wusste, was sie bedeutete. Körperlichkeit war für sie kaum erstrebenswert, doch bei ihm? Und bevor ihr Verstand wieder ins Denken geraten konnte, spürte sie seine Lippen auf den ihren und war unfähig sich noch weiter zu bewegen. Madiha war gefangen in der Vorstellung, wie es wohl war, wenn Caleb ihr den Atem auf diese Weise rauben würde. Und sie war vor allem in diesem unbewussten Wunsch gefangen. Sie selbst würde es wohl niemals wagen, dafür war sie durch ihr Erleben viel zu sehr befangen. Dass es körperliche Nähe geben konnte, ohne dass sie dafür Schmerzen erleiden musste, davon wusste Madiha nur am Rande etwas. Erlebt hatte sie so etwas niemals. Zudem war sie sich selbst nicht bewusst genug. Ihre Selbstbetrachtung konnte man wohl als unterirdisch bezeichnen. Das unterschied sie wohl kaum von Corax. Auch er war der festen Meinung, dass er es verdient hatte, so zu leiden wie er es tat. Bei Madiha war das noch etwas anderes. Sie kämpfte für eine bessere Behandlung. Das bedeutete aber nicht, dass sie auch erwartete, dass man sie als eigenständige Person mögen würde können. Sie wollte nur nicht mehr jemandem dienen. Weiter hatte sie nie gedacht, denn das war schon ein wahrer Akt, den sie da zu leisten hatte. Nun aber kam da Caleb und verwirrte sie mit Empfindungen, die ihr schlicht nichts sagten. Dass das Herz klopfte, wenn man sich ihr näherte, hatte sie lediglich als Angst und Anspannung erfahren, nicht aber als warmes und beflügelndes Gefühl. Auch war es seine Zärtlichkeit, die dem Mädchen zu Denken gab. Grobe Übergriffe bestimmten ihr Leben. Schläge, Vergewaltigungen, Schmerzen und Beschimpfungen, damit konnte sie umgehen. Nicht aber mit jemanden, der ihr ein völlig anderes Gefühl vermittelte. Und gerade deshalb wollte Madiha aus dem Traum nicht mehr aufwachen. Hier war es schön, hier gab es keine Probleme, jedenfalls keine, die sie nicht glaubte lösen zu können. Ihr Herz war leicht und sie fühlte keinen Schmerz. Alle waren glücklich, ein jeder lachte und so ließ sie sich davon anstecken und einlullen.
Kurz bekam das schöne Bild Risse, als sie dumpfe Geräusche hörte. Ihr Gesicht verzog sich kurz, doch schaffte es das störende Geräusch nicht, sie völlig aus ihrem Wunschtraum aufzuwecken. Madiha schlief weiter, ohne zu ahnen, welche Tragödie sich derweil abspielte. Und ohne zu bemerken, dass der echte Caleb sich mit Briggs auf den Weg machte, um den Grund für den Tulmult ausfindig zu machen. Während Azura erneut einem wahren Schicksalsschlag ausgesetzt war und es nun Caleb war, der sie auffing, schlief Madiha weiter den Schlaf der Gerechten. Und wenn es nach ihr ginge, würde sie das bis in alle Ewigkeit tun. Im Traum wirkte alles so verdammt einfach. Sie hatte keine Angst vor dem, was sie dachte und fühlte. Instinktiv wusste das Mädchen, was sie tun musste, und das war ein gutes Gefühl. Der Traum wandelte sich noch mal etwas, denn sie konnte nun Dunia erkennen. Dunia… Etwas in ihren Eingeweiden zwickte sie. Auch der Traum-Caleb hob den Kopf und betrachtete die Krankenschwester. Als sich die Blicke der beiden trafen, spürte Madiha einen körperlosen Stoß. Sie wurde von dem Dieb etwas entfernt und sah zu ihm hin. Er wandte sich ihr wieder zu und lächelte mit leuchtendem Blaugrün.

Er streckte seine Hand nach ihr aus und ihre, frei von jeglichem Schaden, griff die seine: „C…leb…“, murmelte sie seufzend, denn sie wollte ihn wieder nahe bei sich wissen. Was sie damit, in der Realität, auslöste, wusste sie allerdings nicht. Es dauerte nicht lange, als eine Bewegung in ihr Bewusstsein tauchte. Noch schaffte diese Störung es nicht, sie gänzlich zu wecken, doch als dann das Schiff etwas stärker schaukelte, verblassten die Traumgestalten und das warme Gefühl gänzlich. Sie verlor den Traum. Unzufrieden damit, verzog Madiha das narbige Gesicht und rührte sich etwas. Sie wollte zurück, zurückfinden in die Geborgenheit, die nur ihr allein gehörte. Doch Moment… Madiha runzelte die Stirn und spürte mit einem Mal auch so eine gewisse Wärme. Ihr Geist rutschte weiter ins Hier und Jetzt und ihre körperlosen Sinne tasteten nach der Präsenz in ihrer Nähe. Stück um Stück fand ihr Bewusstsein zurück in die Realität und tauchte auf, sodass sie sich mehr und mehr der Person gewahr wurde, die neben ihr zu liegen schien. Madiha öffnete mit angehaltenem Atem die Augen und ließ ihren Blick langsam über den Arm wandern, der sie dort hielt. Ihr Herz klopfte augenblicklich. Was war… wer war… wieso ? Ihre Gedanken überschlugen sich, als sie sich in der Umarmung etwas umdrehte und in die furchtbar einnehmenden Augen des Diebes blickte. Sie starrte ihn an. Träumte sie etwa noch?! Doch… Madiha blinzelte überfordert und schaffte es nicht rechtzeitig, bevor er sprach, die Situation für sich einzuordnen. "Aufgewacht?“ „Weiß… nicht?“, keuchte sie fast tonlos und starrte auf seine verführerischen Lippen. Ihr Herz war wieder voll da und versuchte ein weiteres Mal, aus ihrer Brust zu springen. Unsicher, ob sie wirklich wach war, wagte sie es kaum sich zu rühren. Bis er sich bewegte und über ihre Wange strich. Madiha spürte augenblicklich eine Panik in sich aufkommen. Sie WAR wach! Und er lag tatsächlich neben IHR! Wie wahrscheinlich war es, dass Träume so schnell wahr wurden?! "Wie fühlst du dich?", fragte er sie und sie starrte ihn an als wäre er ein Phantom. „Weiß… nicht?“, kam es erneut unsicher von ihr und sie erfasste ein seltsamer Gedanke. Madiha ließ ihren Blick plötzlich von seinem Gesicht rutschen und prüfte – nicht ganz so heimlich wie sie vielleicht dachte -, ob Caleb unter der Decke etwas anhatte. Und sie ebenso. Inzwischen hatte sie sich ihm zugedreht und lag ihm seitlich gegenüber. Als sie aber feststellte, dass sie beide noch bekleidet waren, entspannte sie sich wenigstens ein wenig. Ihr Blick kletterte wieder nach oben und auf einmal gefiel es ihr ganz gut, dass sie nah beieinanderlagen. Sie fühlte sich geborgen.
Und beflügelt von ihrem Traum, versuchte sie die Situation zu genießen. „Hast du… geschlafen?“, flüsterte sie leise und versuchte sich in einem harmlosen Geplänkel. Auch wenn sie oder besser, ihr Körper etwas völlig anderes wollte. Ihr Blick fuhr über seine Züge und sie konnte nicht anders, als leicht zu lächeln. Vielleicht war es ja doch möglich, dass Träume wahr wurden. Vielleicht war sie ja doch nicht einfach nur die nervige Göre, die alle in ihr sehen wollten. Vielleicht war Caleb jemand, der etwas anderes in ihr sehen konnte? Ihre Augen blieben auf den Lippen des Mannes hängen. Ihr fiel der Traum wieder ein und sie leckte sich unbewusst über ihre eigenen. Ob es sich in echt so anfühlte, wie sie es geträumt hatte? Ob sie es wagen sollte? Sie schluckte und hob den Blick zurück in die blaugrünen Augen. Was wenn er sie zurückwies? Wenn er sie auslachte? Madiha schluckte abermals und rutschte unbewusst näher. Er zog sie an, alles an ihm zog sie an und es war doch seine Entscheidung gewesen, sich neben sie zu legen, oder? Die Wärme seines Körpers lullte Madiha ein. Sein Geruch betörte ihre Sinne und sie hatte das Gefühl, das Steuerrad ihrer Handlungen abzugeben. Sie suchte seine Nähe und schob ihren Arm unter die Decke, um ihn nach seinem Oberkörper auszustrecken, um sich näher an ihn zu schmiegen. Doch anstatt, dass ihre Hand seine Brust berührte, kam ihr wieder ihre Verletzung ins Bewusstsein und sie zuckte etwas zurück. Unsicherheit legte sich in ihren Blick und ihre zuvor noch begonnene Handlung, seine Nähe weiter zu suchen, brach ab. Madiha räusperte sich, während sie deutlich rot wurde und drehte sich auf den Rücken. Sie schloss für einen Moment die Augen, atmete durch und kam sich mit einem Mal furchtbar doof vor. Wo hätte Caleb denn liegen sollen, wenn sie sein Bett belegte? „Ich… Caleb ich…“, stammelte sie und wusste doch nicht, was sie sagen wollte oder könnte. Ihr Blick fiel kurz auf das Bullauge, als sie ihren Blick schweifen ließ, um die Peinlichkeit der Situation aufzulösen. „Es ist dunkel…“, murmelte sie und versuchte sich aufzurappeln. Dabei fiel ihr Blick allerdings auf das Laken, welches am Boden lag. „Hast du etwa... auf dem Boden geschlafen?“, fragte sie Caleb und wandte ihm den Blick wieder zu. Sie blinzelte verstehend und ihr kroch noch mal mehr die Schamesröte ins Gesicht. „Ich bin so…blöd!“, flüsterte sie zu sich und verkannte die Situation erheblich. Für sie hatte er es auf den harten Planken nicht mehr ausgehalten und war zu ihr ins Bett gekommen. Bei all den Göttern! War ihr ihre Handlung nun aber unangenehm. Madiha machte Anstalten, sich aus dem Bett zu bewegen. Sie wollte regelrecht vor dem Mann an ihrer Seite flüchten und vermied es tunlichst, ihn anzusehen. „Wir müssen an Deck…“, versuchte sie das Thema unverfänglich zu gestalten und auf die Meuterei anzuspielen. Bis ihr Blick das Laken etwas genauer erfasste und die dunklen Flecken darauf erkannte. Madiha starrte darauf, ehe ihr Kopf zurück zu Caleb schnellte. „Ist das Blut?! Was… was ist passiert?“, ihre Augen suchten seinen Körper ab. „Ist deine Wunde wieder aufgegangen?!“, fragte sie besorgt nach und blickte wieder in sein Gesicht.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Sonntag 18. September 2022, 20:33

Azura:
Langsam führte Caleb Azura vom Schauplatz fort und hinüber auf das Mitteldeck. Wie eine Puppe ließ sie sich mitnehmen. Er trug sie beinahe, aber zum Glück musste er bei ihr nicht untergreifen, denn obgleich sie sich steif und mit den Gedanken weit fern bewegte, so klammerte sie sich doch energisch an sein Hemd. Der Dieb musste kein Heilkundiger sein, um zu erkennen, dass sie unter Schock stand. So redete er beruhigend auf sie ein. Niemand würde dem Toten etwas antun. Er käme in Sicherheit, auch wenn Caleb hoffte, dass Madiha nicht erwachte, solange Corax' Leichnam allein in ihrer Kammer läge. Das könnte eine weitere schockierte Frau zur Folge haben. Azura ließ ihn aber auch nicht gehen und er konnte sie hier nicht einfach zurücklassen. So wie er sie bisweilen erlebt hatte, würde sie sich entweder in die Fluten oder auf den nächstbesten Matrosen stürzen. Vielleicht sollte er Jakub Tauwetter zu ihr locken, dann wäre für die Seefahrer aus das Problem einer Meuterei geklärt.
Er hing noch seinen Gedanken nach, während er Azura langsam zur Reling führte. Zwischen Wolken, die zusätzlich den Nachthimmel verdunkelten, spähte ein Teil des Mondes hindurch. Sterne glitzerten auf dem Saum des Nachtgewands über ihnen. Wäre es nicht so kühl, hätte es eine romantische Nacht werden können - mit der Richtigen im Arm. Azura bevorzugte sicherlich ebenfalls, wenn Corax noch am Leben wäre und sie statt Calebs hielt. Doch der Dieb gab sein Bestes, etwas Beistand zu leisten. Womit er allerdings nicht rechnete, war die Kurzschlusshandlung, die bei der Rothaarigen gerade aus tiefer Trauer und dem Wunsch zu vergessen geboren wurde. Natürlich bekam er ihre wandernden Finger mit. Sie glitten an seiner Hüfte entlang, die bei Männern kantiger ausfiel, aber auch von deren Stärke im Lendenbereich zeugen konnte. So sagten es jedenfalls einige. Caleb zählte nicht dazu. Er befasste sich selten mit seinen eigenen Lenden. Aber er ließ zu, dass Azura diese eingehender studieren konnte. Jedoch schien er kitzlig zu sein, denn auf der linken Seite zuckte er einmal zusammen, als ihre Hand eine Unebenheit überbrückte. Er hielt die Luft an, um sie nicht darauf aufmerksam zu machen. Sollte sie ihn nur weiter berühren, aber hoffentlich nicht mehr dort! Generell gab Caleb nichts darauf, interpretierte es als ihre gedankenlose Suche nach Halt. Gewissermaßen war es das auch, denn jetzt hätte wohl jeder an seiner Stelle sein können und Azura wäre so weit gegangen. Sie wollte das Erlebte verdrängen. Sie wollte vergessen, dass sie soeben den Mann verloren hatte, der ihr endlich seine Liebe gestanden hatte. Sie wollte sich nicht daran erinnern, wie er auf ihrem Schoß gelegen hatte, blass und leblos, aber voller Blut. Sie wollte seine spitze Zunge zurück, seine unangebrachten Kommentare, sein schnippiges Grinsen und das Aufblitzen der Rubine, wenn er Azura wieder einmal mit einer einzigen Bemerkung aus der Fassung hatte bringen können. Sie wollte sich nur an das Gute erinnern. An das, was sie lieben gelernt hatte und das sie nun verloren glaubte, ebenso wie die Tatsache, nirgends mehr Halt zu finden. Was blieb ihr denn noch? Sie hatte jetzt alles verloren: ihre Heimat, ihren Stand und einen Mann, der sein Leben gegeben hatte, nur um ihr seine Gefühle mitteilen zu können. Oh, wie dumm er doch war! Wäre er nur noch hier, damit sie ihn ordentlich schelten könnte! Aber das war er nicht. Niemand war hier. Sie war allein.
Bevor die endgültige Verzweiflung Besitz von ihr ergreifen konnte, sandte Ventha ihr ein Zeichen. Die Göttin des Wassers wusste immer, auf sich aufmerksam zu machen. Ein Wind erfasste Azuras Locken, wirbelte sie auf und dann fühlte sie mit mehr Bewusstsein den Stoff zwischen ihren Fingern. Er war feucht, sowohl von der salzigen Brise als auch von Schweiß. Caleb schwitzte leicht und das ob der nächtlichen Kühle. Aber sie fühlte auch die Muskeln darunter. Er besaß einen kräftigen Rücken und tiefer sicherlich ebenso wohlgeformte Backen. Ob sein Körper so schlank wie der von Corax war, aber dennoch gestählt? Corax. Sie wurde ihn nicht los. Sie konnte nicht. Wieder schlich er sich in ihr Leben, obwohl er selbst keines mehr besaß. Letztendlich hatte er auch ihr Leid gebracht.
Azura suchte Halt. Caleb war hier und ob er wollte oder nicht, er musste ihr das jetzt geben. Was blieb ihr schon? Alles war zu Gleichgültigkeit verkommen. Das bedeutete aber auch, dass sie ihre Etikette über Bord warf. Regeln, Formalitäten, Manieren ... das alles hatte so wenig Bestand wie die Liebe zu einem Mann, der nicht mehr war. Oh, sie gab nun alles auf und verlangte im Gegenzug ewigen Frieden durch Vergessen. Auf offenem Deck konnte sie sich nicht den Verstand rausvögeln lassen, sofern eine junge Frau wie sie diese Möglichkeit überhaupt in Erwägung zog. Immerhin war Corax bislang ihre erste körperliche Begegnung gewesen. Wie sollte sie das jemals vergessen, wie nur?!
In den Sagen und Legenden suchte der Held stets innere Ruhe zwischen den Schenkeln einer Frau. Nun, in den schlüpfrigen Legenden war das der Fall und diese hatten Azura und ihre Freundinnen immer besonders laut kichern lassen. Aber auch die mit Kitsch und Poesie gespickten, harmloseren Geschichten wussten ein Allheilmittel gegen Verzweiflung und Seelenschmerz. Eine Prinzessin musste her, am besten eine im Gewand des einfachen Bauermädchens, bis ihr Retter erschien und sie von ihrem Schicksal im Schatten erlöste. Azura war weder ein männlicher Held noch hatte sie Interesse, zwischen den Schenkeln einer Frau Frieden zu finden. Aber ganz instinktiv griff sie auf die durch Geschichten gesammelte Lebenserfahrung in einer solchen Notlage zurück. Sie reckte sich Caleb entgegen, bis ihre Lippen die seinen versiegelten.
Er erwiderte den Kuss nicht, aber er ließ ihn zu und aus seinen Reflexen heraus, umfasste er sogar Azuras Hüften, um sie zu halten, während sie Frieden an seinen Lippen suchte. Er war zu perplex, als dass er anders hätte reagieren können. Aus leichter Distanz, aber weit genug entfernt, als dass die Küssenden sie hätten hören können, trugen die Matrosen den Verstorbenen gerade unter Deck. Sie blickten zu Azura herüber.
"Na, die erholt sich aber schnell."
"Der Magier war ja auch nur ihr Sklave, bis Tauwetter sich seiner annahm. Ich kann verstehen, dass es ihr im Schritt endlich nach einem richtigen Mann juckt."
"Hast du etwa ein Auge auf den Smutje geworfen, hä?"
Der andere lachte grimmig: "Seh ich aus wie Tauwetter?"
"Der besteigt nur kleine Jungen", knurrte der andere zurück und zerstörte die Stimmung.
"Nicht mehr lange..."
Beide Männer trugen Corax mit ernsten Mienen unter Deck. Oberhalb wurde es ruhiger, wenngleich irgendein Seefahrer mit Eimer und Wischmob anrückte, um die Blutspuren am Bud zu beseitigen. Weder Azura noch Caleb nahmen davon Notiz. Endlich löste sich der Kuss zwischen ihnen auf. Caleb hatte ihn nicht von sich aus abgebrochen. Er leckte sich über die brennenden und prickelnden Lippen, während er mehrmals blinzelte. Seine Wangen hatten an Farbe gewonnen. Er betrachtete Azura, schaute zur Seite und ließ dann endlich ihre Hüften los, um sich verlegen gar in den Nacken zu greifen. Sein Blick richtete sich auf's Meer, seine Worte aber galten der Frau: "Was ... äh ... war das denn?" Er klang nicht ablehnend, vielmehr überrascht oder nein. Er wirkte überfordert und tief verlegen. Leise kicherte er seine Unsicherheit in die Nacht hinein. Dann endlich fand er den Mut, Azura anzuschauen.
"Tja ... der Schock sitzt wohl tief, hm? Und Ihr - du? - brauchst Trost." Caleb seufzte einmal tief durch. "Vielleicht wäre es auch nicht verkehrt, wenn Ihr ... du ... wenn du dich ausruhst. Icn nehme nicht an, dass du noch einmal in die Kapitänskajüte zurück möchtest, nachdem dort dieses ... Wesen entdeckt wurde." Er schlug ihr nicht vor, sie in seine eigene Kabine mitzunehmen. Madiha schlief dort und die Matrosen sollten Corax' Leichnam dort unterbringen. Es würde nur wieder Reibereien zwischen beiden Frauen geben, falls Azura nicht erneut vom Anblick des Toten erschüttert wurde. Zu Tauwetter in die Kabine brachte er sie aber gewiss auch nicht. "Vielleicht finden wir eine bequeme Hängematte oder ich baue dir eine Schlafstatt im Laderaum auf. Zwischen Kisten und Fässern solltest du etwas ungestört sein. Was ... äh ... hältst du davon?" Er plapperte richtig und seine Wangen glühten noch immer. Sofern Azura sich überreden ließ, führte er sie auch unter Deck. Vielleicht erhaschte sie noch sein Gemurmel, aber ob sie Sendli verstand?
"Mein erster Kuss ... den hab ich mir auch anders vorgestellt." Und offensichtlich auch mit einer anderen.

Madiha:
Ein anderer Caleb besaß deutlich mehr Erfahrung im Küssen. Er lag neben Madiha, lächelte sie sanft an und strich ihre Wange. Sie ahnte ja nicht, wer sich dahinter verbarg und musste erst einmal verarbeiten, dass sie nicht länger träumte. Aber es kam ihr vor wie im Traum. Caleb befand sich so dicht! Zwar waren sie beide noch angezogen, aber sie konnte seine Körperwärme spüren ... und sie lagen beide unter der Bettdecke! Ihre Gedanken flogen wie eine Schar aufgeschreckter Spatzen durch ihren Kopf und waren kaum greifbar. Gleichzeitig veranstaltete eine Horde Kamele in ihrem Magen ein wildes Wettrennen. Sie mussten eine Feuerschale mit glühenden Kohlen umgeworfen haben, denn in ihrem Schoß breitete sich eine ähnliche Hitze aus wie in ihren Wangen.
Unfähig, ein aktives Gespräch zu beginnen oder ihm Rede und Antwort zu stehen, stellte Madiha dem falschen Caleb ihrerseits Fragen. Dabei wusste sie jetzt schon, dass sie kaum eine Antwprt von ihm würde aufnehmen können. Zum Glück war das nicht nötig, denn Caleb antwortete ihr gar nicht. Er lauschte nur und runzelte einmal die Stirn. Dann aber lächelte er wiederholt auf und schob seinen Körper dichter an sie heran. So dicht! Wie nahe konnte er ihr noch kommen? Seine Lippen waren zum Greifen nah! Nein, zum Küssen! Wie schmeckte Realität? Madiha vergaß bereits, was sie gefragt hatte. All ihre Sinne waren auf Caleb ausgerichtet und sammelten Informationen. Sie hörte ihn ruhig und gleichmäßig atmen. Sie sah die Tiefen seiner blaugrünen Augen. Sie roch seinen einzigartigen Duft und sie fühlte, wie Wärme von ihm ausströmte, um auf sie überzugehen. Einzig sein Geschmack fehlte ihr noch...
Aber sie wagte es nicht. Stattdessen lenkte sie sich selbst mit weiteren Eindrücken ab, dieses Mal von ihrer Umgebung. So entdeckte sie auch das blutige Laken am Boden. Sofort klingelten bei ihr alle Alarmglocken. Das Blut konnte doch nur von ihm stammen! Aber sie sah keine Verletzung, erinnerte sich wohl aber an die Wunde an seiner Hüfte, die Devin ihm genäht und gerade so sein Leben gerettet hatte. Ein Blick auf die Bettlaken zeugte jedoch davon, dass dort offenbar nichts aufgerissen worden war. Im Bett fanden sich keine Blutspuren. Vielleicht war Caleb aber auch längst behandelt worden? Madiha wusste schließlich nicht, wie lange sie dieses Mal geschlafen hatte. Trotzdem war sie nun mehr um ihn als um ihr eigenes Wohl besorgt.
"Hast du etwa ... auf dem Boden geschlafen? Ich bin so ... blöd! Wir müssen an Deck ..." Er schüttelte langsam den Kopf und angelte nach ihrer verbundenen Hand. Doch was kümmerten Madiha schon ihre Verletzungen? "Was ... was ist passiert? Ist deine Wunde wieder aufgegangen?!"
"Bleib ganz ruhig", entgegnete er nur und streckte sich zu ihr hin. Ein Kuss! Er küsste sie wirklich, allerdings nur auf die Stirn. Aber er tat es. Seine Nasenspitze strich an ihrer entlang, als er sich wieder etwas zurückzog. "Es ist alles in Ordnung und was immer dich bewegt, ist nun uninteressant. Es geht erst einmal darum, dass es dir wieder besser geht. Mach dir keine Gedanken, ich sorge dafür." Er hockte sich auf, griff nach ihrem Kissen und schüttelte es durch, ehe er es ihr wieder unter den Kopf schob. Dann wiederholte er den Vorgang mit der Bettdecke, breitete sie über sich und Madiha aus und rutschte wieder etwas tiefer ... etwas dichter. Er lag direkt bei ihr. Sie berührte seine Brust! Sie brauchte kein Kissen, wenn sie ihren Kopf auf seinem Arm bettete!
Er stieß einmal tief die Luft aus. "Wenn es dich entspannt, befriedige ich dich." Plötzlich zuckte er zusammen, hob die Decke an und griff sich in die Hose! Seine Augen wurden groß. Er grummelte etwas für Madiha gänzlich Unverständliches: "Oh, wunderbar. Erniedrige mich ruhig noch mehr..." Caleb räusperte sich. "Naja, vielleicht nur mit den Fingern oder der Zunge? Du bist so schmal und ... ich bin wirklich gut gebaut!" Er schnaubte. Schließlich rückte er dicht an sie heran, bis seine Lippen die ihren fast berührten. Er streifte sie beim Sprechen, aber zu einem richtigen Kuss kam es nicht. Noch nicht. "Es sei denn, dir würde es gefallen. Ich werde alles tun, damit du etwas Ruhe und Frieden findest." Außerdem wäre es hilfreich, wenn Madiha wieder einschlief. Dann könnte er sich auf die Suche nach Azura machen. Sie sorgte sich ja vielleicht ... oder hatte sie ihn längst vergessen?
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Sonntag 18. September 2022, 21:27

Vorbei... für sie war mit einem Mal alles vorbei. Dabei hatte sie es sich so oft schon vorgestellt, in allen möglichen Farben und Formen ausgemalt, wie es wäre, wenn sie ihn los wäre. Nein, mehr noch, wenn sie ihm eigenhändig den Hals umgedreht hätte, nachdem er wieder eine Gemeinheit losgeworden wäre!
Und dennoch... jetzt, wo es passiert war... Sie fühlte eine Leere in sich, die alles betäubte, jeglichen Schmerz, und ihn zugleich ins Unermessliche zu steigern drohte, sobald er diese Barriere aus Benommenheit einmal durchbrochen hätte. Wer konnte es ihr verdenken, wenn sie da aus Selbstschutz nach dem Vergessen suchte? Noch dazu mit einem Mittel, das eigentlich nichts für sie war.
Ja, Corax hatte ihr Freuden geschenkt, die unvergleichlich sein mussten, davon war sie überzeugt. Einfach, weil... weil... weil ER es gewesen war!
Aber sie hatte auch so viele Geschichten gelesen, mit ihren Freundinnen, von den blumigen und deutlichen Worten, die sie hatten erröten, kichern, jedoch vor allem träumen lassen. Von dem stattlichen Helden, der sie rettete, sie eroberte und mit denen sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage in einer stetig größer werdenden, perfekten Kinderschar leben würden.
Und was war ihr nun davon geblieben? Ihr Held war tot, erobert und entehrt war sie bereits und Kinder... Nein, von ihm würde sie nie eines bekommen können, nicht einmal so tun können, als ob!
Und dann waren da diese männlichen Arme, die sie weg führten und hielten, ungefragt und zugleich mit einer Wärme, die sie zumindest nicht ganz so frieren ließ, wie sie sich innerlich eigentlich fühlte. Warum also durfte sie diese Gelegenheit nicht nutzen? Männer taten das doch andauernd! Sobald ihnen langweilig wurde... oder auch, wenn sie angeblich eine Frau liebten, sie waren stets auf der Suche nach einem anderen Bett.
Wieso sollte sie das nicht dürfen? Erst recht, weil sie damit diese Taubheit in ihrem Inneren vertreiben wollte, wenigstens für einen kurzen Augenblick körperlichen Glücks! Sie ahnte ja nicht, mit welcher seltene Spezies Mann sie es hier zu tun hatte. Woher schließlich auch...?
Im Moment dachte sie lediglich an ihre Verzweiflung und daran, dass sie ohnehin alles verloren hatte. Was gäbe es da noch, das sie halten könnte? Was machte es noch für einen Sinn?
Endlich ebbte das Schluchzen, das ihren Körper so durchschüttelte, ab, als dieser Entschluss in ihr immer deutlicher heranreifte, und machte Platz für andere Bewegungen. Es kostete sie etwas Mühe, ihren Klammergriff lösen zu können, aber als sie es geschafft hatte, strichen ihre flachen Hände seinen Körper entlang und ertasteten seine Konturen. Sie waren fest, wenn auch recht schmal, dafür jedoch vermutlich herrührend von echter Arbeit, was für Ausdauer sprechen mochte. So erfahren war sie schließlich auch noch nicht, um das tatsächlich beurteilen und einschätzen zu können.
Trotzdem waren sie nicht ganz das, wonach sie sich sehnte. Nur... eine andere Option hatte sie gerade auch nicht! Kein anderer Matrose käme für ihr Streben infrage, wenngleich sie ihre Umgebung längst ausgeblendet hatte und gar nicht daran dachte, dass sie jemand sehen und be... nein, verurteilen könnte für das, was sie tat.
Außerdem... was zählte es denn noch? Ihr Leben war sowieso seit kurzem vorbei...
Einmal zuckte der Körper leicht unter ihren Fingern und ließ sie einen Moment lang innehalten. Doch da er sich ihr nicht entzog, wanderte sie weiter, bis sie knapp über seinem Hosenbund zur Ruhe kam.
Indes hob sich auch langsam, ganz langsam ihr Kopf und da sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, konnte sie zumindest seine Konturen ausmachen, die über ihr in der Nacht schwebten. Es waren nicht jene, nach denen sie sich sehnte, und dennoch... Solange sie ihn nicht genauer betrachten konnte, wäre die Illusion möglich, dass es sich um diesen einen handeln mochte.
Also streckte sie sich, senkte ihre Lider und als er ihr nicht auswich, trafen ihre Lippen auf die seinen. Es war... nicht gut, nicht das, was sie kannte. Irgendwie... fehlte das Feuer, die Leidenschaft, eine... eine simple Erwiderung. Ja, da waren die Hände, die sie deutlich an ihrer Hüfte spüren konnte, und die ihr Halt versprachen. Aber ansonsten war da so gut wie... nichts.
Sie selbst war trotz allem zu unerfahren, um wirklich zu wissen, wie sie an den Lippen spielen, wann sie mit der Zunge am besten vordringen konnte, um einen gewissen Hunger zu wecken und vor allem zu nähren. Das hatte damals Corax für sie übernommen. Hier hingegen...
Schließlich, als mehr oder weniger nichts zurück kam, sank sie wieder herab und unterbrach den Kontakt mit ihm. Röte stieg ihr in die Wangen und ließ diese brennen, während ihr zugleich eisig kalt ums Herz wurde. Schon wähnte sie nicht allein die Chance auf Vergessen verloren, sondern sich auch gedemütigt.
War sie ihm etwa zuwider, weil sie so deutlich demonstriert hatte, dass der Dunkelelf es war, der sie bereits erobert hatte? Weil sie nicht wie die Göre, wie ein halbes Kind aussah? Oder weil... weil... weil auch er womöglich kein Interesse an Frauen aufwies, wie das beim Kapitän angedeutet worden war?
Ihr wurde ein wenig schwindelig und da er sie obendrein auch noch los ließ, musste sie hastig nach der Reling greifen, um nicht zu stürzen. Sie klammerte sich regelrecht daran fest, als wolle sie auf diese Art demonstrieren, dass sie sich so rasch nicht vom Fleck rühren würde. Ihr Brustkorb hob und senkte sich rasch und wenn sie sich nicht bald beruhigen würde, würde sie eine Ohnmacht riskieren, gefördert durch das Korsett, das sie trug.
Seine Worte drangen wie durch Watte gedämpft an ihre Ohren und jedes einzelne kam einem Schlag der Demütigung gleich. So war das also... sie war es nicht wert... hatte keine Wirkung auf ihn... würde nicht die Art von Trost bekommen, die sie glaubte zu benötigen.
Stattdessen schlug er ihr vor, ihr ein Lager zu finden, irgendwo, zwischen Kisten und Fässern... Wofür? Damit er die anderen Matrosen schicken konnte, weil sie ihm nichts geben konnte, was er haben wollte?!
Ein Schluchzen drohte sich in ihrer Kehle festzusetzen und ihr die Luft abzuschnüren. Langsam drehte sie den Kopf zu ihm und musste mehrfach blinzeln, um die verschwommenen Konturen schärfer zu sehen.
Und dann... dann folgte ein Satz, der das Fass zum Überlaufen brachte. Sie verstand Sendli, zwar war sie ungeübt und im Sprechen wäre sie sicherlich kaum fähig, eine gepflegte Konversation zu führen. Aber den Sinn konnte sie begreifen. Und das war ein weiterer Schlag in ihre Magengrube.
Mit einem hörbaren, kicksenden Schluchzen schlug sie sich die Hand vor den Mund, drehte sich weg und... wollte weglaufen. Weg, einfach nur weg von ihm, von diesem Ort, von diesem Schiff! Doch sie würde auch kopflos handeln, jederzeit Gefahr laufen, über ein Tau oder sonstiges zu stolpern, sich womöglich zu verletzen oder... schlimmer noch, der Reling zu nahe zu kommen.
Wer würde die Hand dafür ins Feuer legen, dass sie nicht die nächste Dummheit begehen würde, jetzt, wo sie nicht einmal mehr begehrenswert genug war für einen anderen Mann!
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 18. September 2022, 22:35

Konnte es noch schöner werden? Sollte es wirklich wahr sein, dass ausgerechnet derjenige, der ihr immer und immer wieder begegnete, um sie daran zu erinnern, dass sie eben nicht allein war, auch noch… Gefühle entgegenbrachte? War es denn so… einfach? Madiha selbst konnte nicht benennen, was sie da empfand. Die Röte ihrer Wangen, das Kribbeln in ihrem Magen und das Flattern in ihrem Herzen. Sie wusste nur, dass sie bei ihm keine Angst hatte. Dass er ihr gegenüber nicht übergriffig wurde und dass er auf sie achtete. War das Geborgenheit? Ein Bisschen so, wie sie sich Heimat vorstellte. Wenn man das Gefühl hatte, angekommen zu sein. Wenn man ruhiger und gelassener wurde, während alles um einen herum aufbegehrte. Das Mädchen hatte für all diese Dinge keine schlauen Begriffe und konnte nichts weiter tun, als diese Gefühle anzunehmen und für sich als schön zu bezeichnen. Ein sanftes Lächeln hatte von ihren Lippen Besitz ergriffen. Selten genug lächelte sie und hatte noch seltener wirklichen Grund dazu. Madiha hatte sich einen eher trotzigen Gesichtsausdruck angewöhnt und war jederzeit bereit mit einer gehörigen Portion Kotter-Schnauze zu antworten. Zumindest wollte sie das immer, auch wenn die Realität dann doch deutlich anders aussah. Meist war es doch so, dass sie schwieg und sich umso kleiner fühlte, wenn jemand sich über sie und andere, wie sie stellte. Aber nicht jetzt. Caleb war da, nicht in Form einer Traumgestalt, sondern wahrhaftig und er schenkte ihr seine Wärme. Er sah sie nicht so – oder? Oft genug hatte er ihr gezeigt, dass er anders auf sie blickte. Noch vor wenigen Stunden hatte er ihr versichert, dass es jemanden gab, der sich etwas aus ihr machen würde. Und nun? Nun war er hier und lächelte sie an. Mehr noch, er berührte sie ebenso sanft, wie zuvor und führte das zärtliche Streicheln ihrer Seele fort.
Madiha war überfordert und gleichzeitig gefangen darin. Sie hatte längst die Worte vergessen, die sie selbst an ihn richtete und konnte nur die Tiefen seiner Augen bewundern. Sie wollte sich trauen. Sie wollte das, was er begann, weiterführen und ihren Traum wahrlich leben. Doch sie… traute sich nicht. Sie war sich einfach viel zu unsicher und unerfahren und… zu zerstört. Auch wenn ihre Sehnsucht durch das Träumen geweckt worden war, durch die Behandlung des Diebes, der ihr erst diese Flausen in den Kopf gesetzt hatte, hatte Madiha erlebt, was sie erlebt hatte. Und das half ihr nicht dabei, sich jetzt fallen zu lassen und sich zu nehmen, was sie sich wünschte. Und Dunia. Die Krankenschwester war meilenweit entfernt und doch hatte sie ihr geholfen. Nein, sie hatte Madiha sogar angefleht, Caleb zurück zu ihr zu schicken. Ablenkung.

Madiha wandte den Blick von Caleb ab, so schwer es ihr fiel und suchte den Raum nach neuen Möglichkeiten ab. Sie fand gleich zweierlei: Zum einen war es bereits dunkel, sodass ihr die Worte des Matrosen wieder in den Sinn kamen. Zum anderen aber, fiel ihr Blick auf das blutige Laken, welches sie sofort alarmierte. Madiha schreckte hoch und sah Caleb sofort prüfend an. Sie erinnerte sich an seine Bauchwunde. Natürlich tat sie das, sie hatte sie versucht zusammenzunähen! Die Sorge verdrängte die weiteren Gedanken an den furchtbaren Preis, doch war es schon wieder der Dieb, der sie aus der Bahn zu werfen wusste. Während sie noch den Blick auf seinen Bauch heften wollte, war er es, der sie davon abhalten wollte. "Bleib ganz ruhig“. Seine Lippen berührten mit einem Mal ihre Haut und Madiha erstarrte in jeglicher Bewegung. Ihre Ohren rauschten und ihr Herz pochte, nein hämmerte mit aller Macht. Ihre Augen waren aufgerissen. Seine Nase hinterließ eine brennende Spur und Madiha schluckte trocken, wie ein Wanderer, der sich in der Wüste verirrt hatte. Hatte sie je eine liebevollere Geste erfahren? Es ist alles in Ordnung und was immer dich bewegt, ist nun uninteressant. Es geht erst einmal darum, dass es dir wieder besser geht. Mach dir keine Gedanken, ich sorge dafür.", brummte er und Madiha blinzelte. Ein leichtes Kratzen störte sie mit einem Mal in ihrem Nacken. Irgendwas... passte nicht. Es war regelrecht nervtötend und störte sie in ihrem traumhaften Moment, doch sie ignorierte es geflissentlich. Jetzt war keine Zeit, für etwaige Probleme… Sie war gerade dabei, ihren Traum zu leben. Caleb bewegte sich mit einem Mal und bettete Madiha auf ein frisch aufgeschütteltes Kissen. Auch das Ordnen der Decke ließ sie zu. Sie beobachtete ihn noch immer, als könne sie nicht zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden. Dann verbarg die Decke mit sanfter Berührung ihren Körper wieder und hüllte sie in die Wärme ein. Sie hatte eigentlich das Deck aufsuchen wollen, doch seine Taten machten es ihr soviel schwerer sich durchzusetzen. Plötzlich lag er viel dichter neben ihr, dass sie kaum mehr wagte zu atmen. Sie berührte seine Brust…. „Caleb…“, hauchte sie atemlos und spürte mit einem Mal, wie sich ihre Mitte verselbstständigte. Madiha presste die Lippen aufeinander, was zur sengenden Sonne passierte da mit ihr? Körperliche Nähe war für sie absolut nichts erstrebenwertes. Doch auf einmal…? "Wenn es dich entspannt, befriedige ich dich." Madiha schnappte nach Luft.
Sie starrte den Mann neben sich an und mit einem mal drehte sich alles. Ihr Herz schlug viel zu schnell, viel zu heftig, als dass es noch nützlich hätte sein können. Bis sie die fremden Worte hörte. Sie verstand nicht eines davon, doch sie erkannte die dunklen Klänge durchaus. Madiha starrte Caleb fragend an. „W..was?“, wisperte sie und die Unsicherheit breitete sich trotz der verwirrenden Nähe zum Dieb aus. Hatte er jemals so gesprochen? "Naja, vielleicht nur mit den Fingern oder der Zunge? Du bist so schmal und ... ich bin wirklich gut gebaut!“ Die Röte schoss ihr abermals in die Wangen, doch Madiha war unfähig sich zu bewegen. Er kam noch näher und wenn sie nicht wenigstens das kannte, hätte sie aufgrund seiner Nähe gedacht, er wäre schon längst in ihr. Seine Lippen streichelten bei seinen nächsten Worten ihre und sendeten stetig kleine Impulse an ihr Hirn und ihre Mitte. Madiha schloss die Augen und öffnete leicht ihre Lippen. Sie wollte es so sehr… sie war ihm völlig verfallen. "Es sei denn, dir würde es gefallen. Ich werde alles tun, damit du etwas Ruhe und Frieden findest." Da war es wieder. Das Quietschen in ihrem Getriebe. Madiha schlug langsam die Augen auf und sah Caleb an. Dann runzelte sie mit einem Mal die Stirn. „Wieso redest du so?“, fragte sie und in ihrem Blick keimte mit einem Mal Argwohn auf. Es störte sie bereits eine Weile, denn noch bis vor wenigen Stunden, hatte Caleb stets berücksichtigt, dass sie sich lieber in Sendli unterhielt. Dass sie sich wohler fühlte. Es war ihre Gemeinsamkeit… es war… wichtig. Madiha dachte über seine Worte nach. Tatsächlich beinhalteten sie so vieles, was ihr widerstrebte und nur durch ihr benebeltes Hirn nach etwas Wundervollem klang. Das Mädchen rührte sich unter seinem Körper und sie drückte ihre bandagierten Hände gegen seine Brust. "Geh… runter von mir.“, brachte sie bittend hervor und wirkte enttäuscht. Sie wusste nicht, was es war aber irgendetwas passte hier nicht. Sie war einfach nur zu betört gewesen, es zu erkennen. Unbehagen stieg in ihr auf und sie wollte auf einmal Abstand gewinnen. Madiha rollte sich zur Seite und bemühte sich, aus dem Bett zu kommen.„Was…geht hier vor, Caleb?“, fragte sie ihn dann und warf ihm einen unsicheren Blick zu. Sie war verwirrt und irgendwie auch reichlich verlegen. Seine Wortwahl wollte nicht recht… ihm gehören. Dass er kein Sendli sprach, verunsicherte sie und dass er sie auf einmal so…. so sah… das konnte unmöglich wahr sein. So sehr sie es sich auch wünschte...
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Montag 19. September 2022, 13:13

Azura:
Erinnerungen stiegen in ihr hoch. Sie formten Bilder der Vergangenheit vor ihrem geistigen Auge. Bilder von ihrer Zeit, da sie mit Corax über dessen magisches, goldenes Kettchen verbunden gewesen war und jeden Tag seiner Existenz verteufelt hatte. Oh, wie oft war sie ob seiner Worte und Taten aus der Haut gefahren und hatte ihn sonst wohin gewünscht! Nun war er fort ... und die Leere, die er in ihrem Herzen hinterließ, legte eine Kälte über ihre Seele, dass Azura gänzlich taub für alles wurde. Gleichgültigkeit trieb jegliche Emotion aus ihrem Sein. Sie driftete in Bedeutungslosigkeit ab, so wie alles und jeder um sie herum. Welche Macht Corax über sie besessen hatte, war weder ihm noch ihr jemals klar gewesen. Und nun? Würde ihr Leben so weitergehen, erfüllt von nichts als Gefühllosigkeit, abgesehen von dem Schmerz, der ihr Herz verkrampfen ließ? Ihm zu ehren sollte es lieber so sein, aber niemand konnte ein solches Leben auf Dauer führen. Azura wurde es bereits jetzt zu viel. Sie ertrug es nicht, außer Trauer nichts mehr zu haben. Sie wollte leben und suchte es an den Lippen eines anderen. Wie ernüchternd es war, als sie auch dort absolut nichts spürte. Caleb erwiderte ihren Kuss nicht einmal. Er zog sich zwar nicht von ihr zurück, aber er legte in keinster Weise eine Leidenschaft an den Tag, die sie jetzt hätte ablenken können. Oder küssten alle Männer so lieb- und leblos? Alle außer dem einen Mann, dem sie sich voll und ganz hingegeben hatte und von dem sie nie wieder würde kosten können? Calebs unerwiderter Kuss verschlimmerte ihre Lage um ein Vielfaches. Nicht nur das, seine Worte stachen mit scharfen Dolchen in ihr Herz. Azura fühlte sich nun nicht nur mehr allein, sondern auch fern von jedem Begehren. Corax hatte sie - mit ihrem Einverständnis - entehrt, ohne auch nur ansatzweise eine Ehe zu arrangieren. Das musste der Fluch sein, von dem die adligen Mädchen immer tuschelten. Sich einem Mann ohne Ehevertrag zu schenken, bedeutete den Verlust des Adelsstandes und zwar nicht nur für sich, sondern für die ganze Blutlinie. Man konnte mit einer einzigen Nacht in den Armen irgendeines Mannes den Ruf der eigenen Familie ruinieren. Genau das hatte Azura getan und so wundervoll es sich nun anfühlte: Jetzt wurde sie offensichtlich damit bestraft, es bei keinem anderen Mann jemals wieder zu fühlen. Oder ihr mit Schande befleckter Körper strahlte etwas aus, dass kein Mann jemals wieder so sehr Verlangen nach ihr empfand, wie Corax es allein für ihre nackte Blöße gespürt hatte. Ihr Schicksal fiel in den Abgrund. Sie fiel. Ihre Beine wollten ihr versagen und selbst als sie es versuchte, konnte sie nicht entfliehen. Hals über Kopf hastete sie von Caleb davon, stolperte über ein Stück Tau und prallte gegen die Reling, dass sie doch nochmal etwas fühlte. Schmerz, denn das Holz war zäher als ihr Körper und presste ihr die Luft aus den Lungen. Das Wellenrauschen, auf welches Azura so blickte - schwarz und immer in Bewegung - schien sie zu verhöhnen. Sie hatte alles verloren: Corax, ihre Ehre und nun auch die Gunst ihrer Göttin, denn nicht einmal ihr Weniges an Magie regte sich noch in ihr. Und sie konnte noch nicht einmal mehr Trost bei einem anderen Mann finden. Verlockend tanzten die Wellen unter ihr. Riefen sie ihr zu, sich wieder in die Fluten zu stürzen? Dieses Mal wäre die Magie ihres widerlichen Schuftes nicht da, um ihr ein Kleid aus Flossen und Schuppen zu zaubern. Dieses Mal würde sie keine Kiemen zum Atmen entwickeln. Dieses Mal ... fände sie vielleicht zu ihm zurück.
Nein, noch nicht. Der Mann, der sie nicht begehrte, wollte sie trotzdem nicht gehen lassen. Seine Pranke packte zu. Oh, wie dürr sie unter dieser großen Hand doch war und wie wenig sie gegen ihn aufbringen konnte, wenn er nur wollte. Kraftvoll zog er sie zurück, als sich sein Arm um ihren Bauch schlang. Stark, männlich, aber nicht Corax.
"Nana ... mich so aus dem Konzept bringen und dann flüchten?" Schalk klang in seiner Stimme mit, gefolgt von Aufrichtigkeit: "Verzeih, falls ich dich gekränkt habe. Ich ... bin nicht allzu erfahren mit so viel weiblicher Aufmerksamkeit." Etwas drückte in ihren Rücken. Sie kannte das Gefühl. Corax hatte auch schon hinter ihr gestanden, angezogen von ihrer Nacktheit und bereit, die Erfahrung in den heißen Quellen zu wiederholen. Ihre Annahmen wurde zunichte gemacht. Es war kein Fluch. Caleb brauchte offenbar nur etwas mehr Zeit, aber jetzt presste sein Begehren sich hart in ihren Steiß. Es endete, als er Azura auf beide Arme hob. Auch hier erkannte sie den Unterschied zu Corax. Caleb behandelte sie nicht wie einen Mehlsack. Er trug seine Prinzessinnen offensichtlich immer auf beiden Armen, so dass sie sich anschmiegen und ihn ansehen konnten. Sein grünblauer Blick leuchtete selbst jetzt in der Nacht. "Es ist alles zu viel, das verstehe ich." Sacht und mit überraschend gutem Stand auf dem Schiff, das zwischen den Wellen vor sich her dümpelte, trug Caleb Azura Richtung Luke, die unter Deck führte. "Wie kann man dich ein wenig beruhigen. Ich möchte helfen, aber du müsstest mir schon sagen, wie." Eone Pause trat ein. Caleb runzelte die Stirn. "Ein Kuss?", fragte er und schaffte es nicht, dass seine Wangenknochen sich dabei nicht in zartes Rosa tauchten. "Nun ... äh ... ich kann es nochmal versuchen. Erwarte nicht so viel wie bei anderen." Vonwegen nicht begehrenswert! Calebs Hormone waren geweckt worden, das konnte nicht nur Freundlichkeit sein. Er wurde schwach, wie es jeder Mann tat. Selbst jene, bei denen zu Hause die liebe Frau wartete.

Madiha:
In der Kajüte des Smutjes wartete Madiha auf Antworten. Irgendetwas lief die ganze Zeit seltsam. Es war nun einmal zu schön, um wahr zu sein. Etwas hatte sie kontinuierlich gestört und endlich erkannte sie es. Caleb behandelte sie zwar ungemein sanft, liebevoll und bot ihr sogar etwas an, von dem sie niemals gedacht hätte, dass sie es mit Positivem verbinden könnte, aber er sprach nicht ein Wort Sendli dabei. Es war ihr doch so wichtig! Es beruhigte sie, schenkte ihr das kleine Stück Heimat auf offener See und es verband die beiden. Sie teilten es wie ein Geheimnis, aber nun schien er gar nicht mehr darauf einzugehen. Nicht nur das, er beantwortete auch keine ihrer Fragen, wenn sie diese auf Sendli stellte. Etwas stimmte nicht. Um ihre Vermutung zu prüfen, ging sie in die Offensive. Besorgt, aber auch skeptisch stellte sie Fragen an Caleb - allesamt auf Sendli. Er musterte sie ohne Regung. Weil er nicht verstand. Er verstand kein Wort von dem, was sie sagte!
So rutschte er auch erst von ihr herunter, als Madiha sich unter ihm zu bewegen begann. Es waren ihre körperlichen Reaktionen, die ihn handeln ließen, nicht ihre ausgesprochene Forderung. Etwas stimmte ganz und gar nicht. War sie erneut in einem dieser Albträume gefangen? Es konnte nicht Corax' Vergangenheit sein. In dieser hatte Caleb nie ... ob die gruseligen Stockmännchen etwas damit zu tun hatten? Aber jene hätten sie niemals so einfach gehen lassen. Madiha hatte gesehen, was diese kleinen Ungeheuer mit dem Dunkelelfen angestellt hatten. Sie waren alles andere als gnädig. Sie würden ihren Körper nicht freigeben, ohne ihr vorher Leid anzutun. Caleb aber tat es. Er zog sich von ihr zurück. Endlich kam sie frei, rollte zur Seite und schob sich aus dem Bett. Er blieb dort sitzen, auch wenn er ebenfalls bis an die Kante rutschte.
"Was geht hier vor, Caleb?", fragte sie. Erneut kam keine Antwort in ihrer Muttersprache. Stattdessen schaute er sie wiederholt wie eine der Ziegen an, um die sie sich manchmal auf Kahsibs Anwesen hatte kümmern dürfen. Schließlich schnaufte er und lächelte dabei nervös. Seine Hand fuhr in den Nacken. Das kannte sie. Die Bewegung war ihr vertraut, aber dennoch ... und dann saß plötzlich Corax vor ihr. Er war es. Nichts erinnerte mehr an Caleb und jetzt erkannte sie auch all die Blutflecken auf seinem Hemd. Trockenes Blut klebte ihm vom Mund über den Hals bis hinein in den Stoff. Diese Lippen hätte sie beinahe geküsst!
"Ich habe nur seinen Namen verstanden", sagte er entschuldigend. "Das ist das Verflixte an allem. Illusion wird nur wahr, wenn ich zumindest den Namen der Sprache kenne. Aber ich habe keine Ahnung, ob das überhaupt eine Sprache ist, die du da benutzt hast ... Herrin." Er stand auf, trat an sie heran. Seine Schritte waren vorsichtig, als fehlte ihm Kraft. Dann ging er vor Madiha auf die Knie, auch weil es leichter war als zu stehen. So fanden sie sich wenigstens auf Augenhöhe wieder. Die schönen blaugrünen Augen ... fort waren sie. Caleb war nicht hier. Rubine betrachteten das Wüstenmädchen. "Wie fühlst du dich?" Die Sorge war echt, aber seine Frage klang mit Corax' Stimme so anders als bei Caleb. Der Dieb, selbst als Trugbild, war aufrichtig besorgt gewesen. Der Elf mochte einen Teil davon in sich tragen, aber er fragte es auch aus der Pflicht des Sklaven gegenüber seiner Herrschaft heraus. Seine Hände streckten sich nach Madihas Bandagen aus. "Lass mich dich heilen, Herrin. Und ... wenn ich darf ... ich muss Azura finden. Hast du sie gesehen? Ist sie noch an Deck?" Jetzt sprach ehrliche Sorge aus ihm. Ja, es klang ganz anders. Er füchtete sich um das Wohlergehen der Adligen, fühlte er sich ihr doch näher verbunden als Madiha. Trotzdem erkannte er sie als seine Herrin an und würde nicht gegen ihren Willen handeln. Er wartete sogar darauf, dass er sich entfernen durfte ... oder auch nicht, falls sie verneinte. Es wäre verständlich, wenn sie es nicht zuließ. So viele Fragen standen offen und er wollte einfach gehen ... blutig wie er war. Und wo steckte Caleb? Vielleicht befand er sich längst auf der geheimen Besprechung und heckte eine Meuterei aus.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 19. September 2022, 23:16

Träumen nannte man so, weil es nicht der Realität entsprach. Es war nicht die Wahrheit, wenn man sich Dinge vorstellte, die niemals so passieren würden. Das perfide daran? Träume formten Wünsche zu neuen Bildern und Vorstellungen. Sie gaukelten einem vor, dass man es haben könnte. Dass man es erleben könnte. Das Erwachen war meist schmerzhafter Natur und auch Madiha musste nun lernen, dass sie besser nicht auf solche Dinge hörte. Während ihr Instinkt sie zu warnen versuchte, war der Wunsch nach Wahrhaftigkeit sehr viel stärker. Und so wäre es beinahe zu etwas gekommen, was sie im Nachhinein wohl nur noch mehr verschreckt hätte. Aber ihr Misstrauen wurde stärker und schlussendlich hörte sie darauf. Madiha verlangte nach einer Erkärung und schaffte es, sich sowohl von ihrem gelebten Traum als auch aus dem Bett zu lösen. Ihre nackten Füße stellte sie auf den Boden, was ihr endlich mehr Klarheit in den Verstand brachte. Und dann… dann löste sich der Zauber auf eine Weise, die sie erschreckte. Mit aufgerissenen Augen japste sie auf als nicht mehr Caleb, sondern Corax neben ihr saß. „Corax…!“. Entsetzt wurde ihr nur nach und nach bewusst, was das genau bedeutete und schlagartig wurde Madiha von einem unbändigen Gefühl der Peinlichkeit erschüttert. Puterrot glommen ihre Wangen und sie fühlte sich miserabel. Irgendwie… hintergangen und vorgeführt. Das Mädchen wandte den Blick ab und ließ ihr Kinn auf die Brust sinken. Oh war das peinlich! Den ersten Schreck hatte sie noch gar nicht verarbeitet als Corax vor ihr in die Knie ging. Madiha wagte nicht ihn anzusehen. Sie hatte die Augen festverschlossen und wollte im Boden versinken. "Ich habe nur seinen Namen verstanden. Das ist das Verflixte an allem. Illusion wird nur wahr, wenn ich zumindest den Namen der Sprache kenne. Aber ich habe keine Ahnung, ob das überhaupt eine Sprache ist, die du da benutzt hast ... Herrin." Nur langsam gelang es Madiha die Augen zu öffnen und sie schaute mit einem Mal in zwei Rubine. Einen Moment blinzelte sie… „Es… ist meine Heimatsprache…“, nuschelte sie halblaut und wandte den Blick wieder ab. Sie hatte ihn noch gar nicht richtig betrachtet, so sehr war ihr das alles nun unangenehm. "Wie fühlst du dich?", wollte er wissen und sie lachte freudlos auf. „Großartig…“, antwortete sie schnippisch und blickte auf ihre Hände. "Lass mich dich heilen, Herrin. Und ... wenn ich darf ... ich muss Azura finden. Hast du sie gesehen? Ist sie noch an Deck?"

Erst jetzt hob Madiha langsam ihren Kopf und schaffte es, den Dunklen genauer zu betrachten. Mit einem Mal wurde ihr Blick besorgt. „Geht es dir gut?!“, wollte sie wissen und deutete zaghaft auf sein Gesicht. „Du… bist ganz blutig, was ist passiert?“, wollte sie wissen. War die Meuterei schon im Gange?! Madiha lauschte nach draußen, während sie ihren Kopf hob und den Blick auf die Tür richtete. Wurde gekämpft? Unruhig glitt ihr Blick wieder zu Corax zurück. „Ich verstehe das alles nicht. Wieso bist du hier? Wo ist Caleb? Und wieso … wieso…“, sie schaffte es nicht. Sie fragte ihn nicht, wieso er ihr in Gestalt des Diebes begegnete. Die Erinnerung, so frisch und kostbar, war ihr in diesem Zusammenhang nur noch unangenehm. Corax hatte etwas erfahren, was sie selbst gar nicht kannte. Und sie hatten etwas miteinander geteilt, das… einzigartig hätte sein müssen. Dass sie gewiss nicht mit irgendwem teilen wollte… das nur einer in ihr wecken konnte. Erneut schloss sie von Peinlichkeit erfasst die Augen. Erst dann blickte sie auf ihre Hände und nahm die gebotene Ablenkung dankbar an. „Kannst du sie wirklich heilen?... oder ist das auch…“, sie schluckte und sah erneut verlegen zur Seite „nur Illusion?“. Madiha war nicht mal sauer auf den Elfen. Sie fühlte sich selbst einfach so töricht und albern. Sie hätte es besser wissen müssen. Das kleine Bisschen Selbstvertrauen, welches sich mühsam emporgereckt hatte, war erschüttert. Die einstige Sklavin saß nun vor ihrem eigenen Sklaven und wirkte überhaupt nicht wie eine Herrin. „Du solltest dich… vielleicht waschen, bevor du zu ihr gehst…“, nuschelte Madiha leise und nickte etwas mit dem Kopf zur Waschschüssel. Natürlich durfte er gehen… sie war keine Herrin, sie war… nur Madiha. Und alles was sie für ihn parat hatte, war etwas Wasser, damit er Azura nicht gleich den nächsten Schrecken einjagte. Sollte Corax tatsächlich ihre Wunden heilen können, würde sie sich ehrlich bei ihm bedanken. Und sie würde ihn gehen lassen, wenn er wollte. Doch bevor er die Tür durchschreiten konnte, drang ihre Stimme doch noch mal leise zu ihm: „Corax? Würdest… würdest also… sags keinem... ja? Bitte...“, bat sie tatsächlich, obwohl sie es ihm befehlen könnte. Doch Madiha füllte die Rolle der Gebieterin einfach nicht aus. Sie war und blieb nur das Mädchen, das nun hoffen musste, dass der Dunkelelf sie nicht bloßstellte. Madiha würde wohl nach einem Moment des Aufrichtens selbst das Zimmer verlassen wollen. Sie wollte Caleb suchen und die Matrosen, von denen sie glaubte, dass sie bereits ihre Köpfe zusammensteckten, um gemeinsam einen Kapitän zu ersetzen.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Dienstag 20. September 2022, 10:08

Sie mochte es beinahe schon gehasst haben, durch dieses Kettchen mit ihm verbunden zu sein. Vor allem in jener stinkenden Nische, in der sie sich notgedrungen in seiner Anwesenheit hatte erleichtern müssen. Das war so demütigend gewesen! Und dennoch... Damals hatte sie eine Aufgabe gehabt, ein Ziel, obwohl der Schuldige es eigentlich hätte besser wissen müssen.
Seitdem hatte sich so viel verändert, in und an ihr, und jetzt... jetzt war alles für sie vorbei. Er war nicht mehr da und sie fühlte sich nichts weiter als verloren.
So sehr, dass sie gleich die nächste Dummheit beging und auf eine Art nach Vergessen suchte, die sie noch wertloser machen würde, als sie es ohnehin schon war. Doch was scherte es sie noch? Solange sie dabei ein wenig von dem Leid lassen könnte, das die Leere in ihrem Herzen hinterlassen hatte, sollte es ihr recht sein! Sie wollte Corax nicht vergessen, wie könnte sie auch? Aber sie musste diesen Schmerz betäuben, ganz gleich, wie.
Nur deswegen schmiegte sie sich an diesen fremden Männerkörper und versuchte, ihn zu küssen. Die Lippen trafen auch die seinen, jedoch... es folgte keine Reaktion! Schlimmer noch, es war, als hätte sie jegliche Wirkung verloren, um die sie immer beneidet worden war von ihren Freundinnen.
Oh, was hatte sie mit Blicken, Worten und Gesten den jungen Herren den Verstand rauben können! Und nun...? Dahin... alles dahin...
Nein, ihre Schmach war noch nicht vorbei, denn was folgte, machte es nur noch demütigender für sie. So sehr, dass sie an nichts anderes mehr als an Flucht denken konnte. Zuerst noch musste sie sich abstützen, um nicht sofort auf die Planken zu stürzen. Aber dann... weg, sie musste weg!
Sie drehte sich um und lief blindlings los, übersah in der Dunkelheit der Nacht ein Tau und kam prompt ins Straucheln. Wuchtig prallte sie mit ihrer Mitte gegen die Reling, dass ihr beinahe sämtliche Luft aus der ohnehin schon gut geschnürten Lunge gepresst wurde. Krallenartig krampften sich ihre Finger um das Holz, während ihr Blick direkt auf die glitzernde Gischt unter ihr fiel.
Wasser... das Meer... Ihr Element! Bildete sie sich das ein oder verwandelte sich das Rauschen in ihren Ohren gerade in einen sanften, angenehmen Singsang? Es war wie ein melodisches Flüstern, Wispern, das sie locken wollte. Warum eigentlich auch nicht? Was hielt sie denn noch hier, jetzt, wo er nicht mehr da war?
Bis vor kurzem hatte sie dieses Gewässer durchstreift, unterhalb der Oberfläche, hatte es genossen und wäre ihre blöde Sehnsucht nach ihrem menschlichen Äußeren nicht gewesen... Vielleicht war das die Vergeltung dafür, dass sie seine Magie nicht ausreichend gewürdigt hatte? Weswegen also sollte sie nicht springen und sich erneut den Fluten übergeben, wenngleich dieses Mal für immer?
Dass Ertrinken ein grausamer Tod war, hatte für sie genauso wenig eine Bedeutung wie alles andere. Es würde enden... und dann wäre sie vielleicht, ja, vielleicht wieder bei ihm!
Es wäre so leicht! Sie musste sich nur weiter vorlehnen, soweit, bis sie das Gleichgewicht verlieren würde. Niemand wäre da, der das verhindern könnte, der sie auffangen würde. Nur eine kurze Bewegung und es wäre vollbracht! Azura beugte sich vor, der Griff ihrer Finger lockerte sich bereits.
Doch ehe sie jenen Kipppunkt erreicht hatte, legte sich plötzlich etwas schwer und kräftig auf ihre Schulter. Unwillkürlich schrie sie auf, so abrupt aus ihrer Trance gerissen, als sie zurück gezogen wurde.
Schon schlang sich auch ein Arm um sie und hielt sie auf diese Weise von ihrer nächsten Verzweiflungstat ab. "Nein...", entkam es ihr und sie begann zu strampeln, wollte sich so aus dem Griff befreien und endlich springen. Stattdessen erreichte sie damit lediglich, dass ihr Mieder den Kampf mit ihren Brüsten zu verlieren drohte, denn diese rutschten etwas höher, als sie es eigentlich sollten. Sie bekam es nicht mit und es wäre ihr gerade in diesem Moment auch herzlich gleichgültig gewesen.
Erst die Stimme hinter ihr, männlich tief und sehr nah an ihrem Ohr, ließ sie aufschluchzend innehalten. Ihr Widerstand erstarb und sie verließ auch die Kraft, sodass sie sich rascher atmend nach hinten lehnte. Dabei konnte sie etwas spüren, das gegen sie drückte, vertraut und dennoch fremd, aber dazu angetan, wenigstens ihren Körper etwas erahnen und somit auch leicht erschauern zu lassen.
Und noch während sie damit rang, den Worten einen Sinn zu geben, wurde sie hochgehoben. Nicht über eine Schulter geworfen wie sonst, sondern auf Händen getragen, sodass sie sich an ihren Retter anschmiegen konnte. Mit einem leisen Schluchzen tat sie das auch und verbarg ihr Gesicht an der starken Schulter, die ihr geboten wurde. Eine Hand ruhte dabei auf ihrem Bauch, während sich die andere, die äußere gegen seine Brust legte, als suche sie dort weiteren Halt.
Durch diese Haltung quetschte sie ihr Dekolleté noch zusätzlich, wenngleich sie die eine Hälfte mit ihrem Arm halb verbarg. Bei der anderen Seite indes... Ob seine Augen in der Dunkelheit der Nacht wohl gut genug waren, um die dunklere Haut zu erkennen, die sich da direkt über dem Rand ihrer einst weißen Bluse abzeichnete? Noch war die Knospe darunter verborgen, nicht aber jenes Areal rundherum.
Auch ihr Rock war hochgerutscht, aber die Rüschen verbargen weiterhin das Wichtigste. Lediglich die Strumpfbänder und ihre nackten Knie waren ersichtlich. Aber wäre es nicht ein Leichtes, darunter zu greifen und ihrem Fleisch Freuden zu schenken, wenn man nur wusste, wie? Schließlich war die lange Unterhose aus Seide gewesen, ein angenehmer, empfindlicher Stoff, der sämtliche Berührungen kaum gefiltert durchdringen ließ!
Er sprach indes weiter zu ihr, während ihre Augen schwer wurden und ihre Lider sich wie von allein senkten. Sie wollte ihm nicht antworten, er sollte nur weiter reden, sein Timbre wirkte beruhigend.
Solange, bis er etwas sagte, das sie schlagartig in Verlegenheit brachte. Und den Schmerz zurück holte, den er durch seine Taten ein wenig betäubt hatte. "Anderen... es gibt keine anderen!", protestierte sie schwach und schniefte leise. "Es gab... es gab nur... ihn..."
Ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle, voller Leid und absolut herzzerreißend, während sich ihre Finger fester in sein Hemd gruben. "Weg... er ist weg... einfach weg...", murmelte sie dicht an seiner Haut, dass ihr Atem sicherlich noch warm war, wenn er durch den Stoff dringen konnte. "Und ich bin allein...", wisperte sie tonlos, während sie instinktiv versuchte, sich noch enger an ihn zu drücken.
Weil er da war, weil er sie hielt, weil er... Wärme und Vergessen versprach!
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Dienstag 27. September 2022, 20:30

Madiha:

"Corax...!"
Er saß ganz friedlich da, auf ihrem Bett und endlich wieder in seiner eigenen Gestalt. Hätte Madihas Instinkt sie nicht zurückgehalten, dann wäre sie mit ihm in den Laken gelandet, im falschen Glauben von Caleb verführt zu werden. Und während sämtliche Hitze ihres Schoßes nun in die Wangen wanderte, um sie zu einer tiefroten Passionsfrucht wurde, ohne die Passion einer ekstatischen Nacht erlebt zu haben, da saß der Dunkelelf seelenruhig und scheinbar vollkommen ausdruckslos auf der Bettkante.
Erst nach und nach kam zu ihrer Entdeckung die Gewissheit, dass es für ihn keineswegs peinlich sein konnte, sondern vollkommen normal war. Sogar Jakub hatte seine Fähigkeit, für ihn alles und jeder zu sein ausgenutzt. Beinahe wäre Madiha dem ebenso verfallen, wenn auch nicht aus eigenem bewussten Antrieb. Ihr Sklave hatte es von sich aus angeboten, weil ... es normal war. Für ihn normal, derart benutzt zu werden und falsche Liebe vorzugaukeln. Warum nur fühlte Madiha sich dann so vorgeführt und benutzt? Corax besaß keinerlei boshafte Motive, nicht in dieser Sache! Im Gegenteil, er hatte nach bestem Wissen und Gewissen versucht, sie ... zu befriedigen, wie er es nannte. Gerade diese Erkenntnis ließ Madiha zusätzlich schwindlig werden. Ihre Beine drohten, ihr den Dienst zu versagen. Vielleicht lag es aber auch immer noch daran, dass sie mit ihrem Übermaß an Magieanwendung sich einfach zu sehr verausgabt hatte. Ein kurzer Zeitraum Schlaf reichte da nicht. Ein Stelldichein hätte sie entspannt, wenngleich gerade sie das nicht erwartete. Auch ihre Vergangenheit war von falschen Normalitäten geprägt worden. Wie schrecklich der Anblick dann zusätzlich war, als sie Corax vor sich am Boden kauern sah, um ihre Füße zu küssen und um Vergebung zu bitten. Eine vertraute Geste, die manche Frau in Khasibs Heim sogar gegenüber seinen Wächtern vollzogen hatte, wenn diese sich darüber empörten, dass sie ihnen nicht gefällig sein wollte.
Madiha wandte den Blick ab, um diese Bilder nicht in Erinnerung zu rufen. Das war zu viel. Sie konnte lediglich Corax' Ausführungen lauschen. Er rechtfertigte sein Tun und offenbarte einige Grenzen seiner Fähigkeiten. Welche Magie auch immer er beherrschte - hatte Azura in Madihas Gegenwart nicht von Schelmenmagie gesprochen oder hatte sie es in seinen Traumbildern so mitbekommen? - wenn er den Namen einer Sprache nicht kannte, beherrschte er sie auch nicht. Sein Mangel der Kenntnisse in Sendli hatten sie beide vor einem schrecklichen Moment bewahrt. Andererseits ... Madiha würde in einem ruhigen Augenblick zugeben müssen, wie anders er mit ihr umgegangen war im Gegensatz zu allen Männern, die bereits von ihr Besitz ergriffen hatten. Auf eine ... entsetzlich angenehme Art anders. Er war bemüht. Selbst jetzt bot er ihr Dinge an, die Madiha als seine ernannte Herrin gar nicht verlangt hätte. Er war ein aufmerksamer Sklave, der auch mitdachte ... und wagte, Angebote zu machen. Andere Herrschaften hätten ihn dafür mit dem Stock verprügeln lassen. Erst Recht, als er Bedürfnisse äußerte. Er wollte Azura sehen.
Madiha sah ihn. Sie sah ... Blut.
"Du ... bist ganz blutig, was ist passiert?"
Corax erwiderte ihre Anmerkung mit einem Blinzeln seinerseits. Er schaute an sich herab und schien selbst erst jetzt zu bemerken, dass sein Hemd von roten Flecken besudelt war. Rasch tastete er sich ab, zog sogar den Stoff hoch und präsentierte Madiha ganz ungeniert seinen trainierten Körperbau. Nicht so breit und bullig wie Calebs Rücken, aber die ausgeprägten Bauch- und Brustmuskeln waren ansehnlich. Lediglich die lange Narbe, die sich quer über seinen Rumpf zog, verpasste dem Bild einen Makel so wie es Madihas Zeichnungen im Gesicht taten. An einer solchen Wunde hätte er sterben können. Sie schien jedoch etwas älter zu sein. Vielleicht ein paar Wochen, Monate? Er hatte es überlebt und wies ansonsten keine Verletzungen oder Rückstände davon auf. Woher kam das Blut?
Das wollte auch Corax wissen und verfolgte mit einem Finger die fleckige Spur, die seinen Hals empor zu seinen Lippen führte. Nichts davon blieb haften. Es war schon getrocknet, aber er konnte die Schicht auf seiner Haut fühlen wie eine sanft krustige Ummantelung. "Ich weiß nicht", gestand er. "Ich war bei Azura an Deck. Ich hab ihr gesagt..." Der Elf verstummte, während seine Augen sich weiteten. "Ich hab es ihr gesagt..." Er starrte Madiha an. "Wo ist sie?" Kurz flackerte neben Sorge auch ein innerer Zorn in seinen Augen auf, der sie röter erscheinen ließ. Madiha kannte diesen Blick bereits. Er würde sich nicht aufhalten lassen, Azura zu finden. Auch nicht von ihr. Eine unsichtbare Schlinge schien sich um ihren Hals zu legen und ihn zuzuschnüren. Nein, keine Schlinge. Hände...
Dann war es fort und nur noch aufrichtige Sorge erfüllte Corax' Blick, zusammen mit einer Ungeduld, auf ihre Erlaubnis zum Gehen zu warten. Das Mädchen lauschte derweil, ob sich ihre Vermutung bestätigte und die angekündigte Meuterei bereits in vollem Gange war, aber sie vernahm nichts außer dem sanften Schaukeln und Rauschen des Wellengangs, dem Wind und dem Knarren des Schiffes.
"Ich verstehe das nicht. Wieso bist du hier? Wo ist Caleb? Und wieso ... wieso ..." Dass er es ebenso wenig verstand, war ersichtlich. Aber er antwortete getreu einem loyalen Sklaven, der mit seiner Unwissenheit nicht den Unmut seiner Herrin auf sich ziehen wollte. "Ich bin hier, weil ich dir gehöre und ich werde deine Wünsche erfüllen. Auch jene, die sich um Caleb drehen."
Madiha wollte das nicht. Es war ein Moment, den sie durchaus gern erlebt hätte, aber nicht mit einem falschen Caleb. Allein, dass Corax nun über ihre geheime und für sie selbst bislang unbekannte Sehnsucht Bescheid wusste, ließ ihre Wangen auf's Neue glühen. Es war ihr als einstige Sklavin schon unangenehm, ihm Befehle zu erteilen oder sich Wünsche von ihm erfüllen zu lassen. Jene von prekärer Art wie dieser aber ... das war zu viel! Überhaupt hätte sie Corax niemals auf diese Weise unterworfen, doch in einer Sache könnte er vielleicht doch helfen. Etwas, das ihr sehr am Herzen lag. Sie nahm sein Angebot, ihre Hände zu heilen, an. Allerdings wollte sie wissen, ob er auch wirklich in der Lage dazu war und nicht ebenfalls ein falsche Bild über die verbrannten Handinnenflächen legte.
Corax zog einen Mundwinkel hoch. Kein verschmitztes Grinsen eines verwegenen Diebes, aber es besaß seinen eigenen Charme. "Wenn man daran glaubt, wird es wahr", sagte er nur und streckte dann behutsam seine Hände aus, um nach Madihas zu greifen. Er würde überhaupt nichts tun, sofern sie Widerstand zeigte. "Azura hat daran geglaubt, dass die goldene Kette, die uns verband, nicht zu lösen war. Nicht einmal Zwergenstahl konnte sie zertrümmern ... ich selbst habe auch daran geglaubt. Es hat gedauert, bis ich mich wieder erinnert habe, dass es meine Kräfte waren. Oder dass ich sie beherrsche. Dann ließen sich die goldenen Glieder beim kleinsten Kraftakt sprengen." Er nahm Madiha linke Hand in seine rechte und drehte die verbundene Handinnenfläche nach oben. Kurz schaute er zu ihr auf. Seine Rubinaugen leuchteten. Sie schillerten für den Bruchteil einer Sekunde, als würde ein Regenbogen durch sie hindurch streifen. Dann lenkte er den Blick zurück auf ihre Hand. Seine Linke setzte er am Handgelenk an und fuhr dann - offenbar mit Kraftaufwand - langsam und ohne den Verband zu berühren bis zu ihren Fingerspitzen. Die gleiche Prozedur vorllzog er auch bei ihrer rechten Hand. Nichts schien passiert zu sein. Madiha sah keine Veränderung, aber sie hatte auch die Verbände noch nicht abgelegt.
"Du musst daran glauben", erinnerte Corax sie und überließ es ihr, die Verbände zu lösen. Er kam derweil ihrem Vorschlag nach, das Blut vom Gesicht zu waschen. Beim Hemd war es unmöglich. Ohne mehrere Stunden in einer Seifenlauge ließ sich da nichts reinigen. Hier zeigte sich allerdings, dass Corax nicht ganz der Sklave war, wie Madiha sie aus Khasibs Haushalt kannte. Ungefragt öffnete der Elf die Türchen der Schrankwand von Fischauges einstiger Kammer und durchwühlte deren Inhalt. Er fand schnell Ersatz für sein Hemd und zog sich ebenso ungeniert wie schon Caleb vor Madiha um. Nun gut, er war auch bereit gewesen, mit ihr eine Nacht zu verbringen. Sie hätte da deutlich mehr von ihm gesehen ... und gespürt. Oder wäre es wirklich Caleb, mit dem sie dann...?
Die peinlichen Gedanken ließen Madiha nicht los. "Corax? Würdest ... würdest also ... sag's keinem ... ja? Bitte..."
Angezogen und gewaschen wandte er sich seiner Herrin zu. Er musterte sie einen Moment, dann begriff er. "Du hast ... Erinnerungen von mir gesehen, richtig?" Er erwartete keine Antwort. Er wusste, was sie und Azura durch die Nadelschlange erlebt hatten. "Denk gut nach, Herrin. Du hast bestimmt ... Momente mitbekommen, in denen ..." Corax schüttelte den Kopf. "Nein, nicht mitbekommen. Du hast gewusst, was ich in dieser Zeit ... tun musste. Was meine Aufgaben waren." Das konnte Madiha mit einem Ja beantworten. Während der Traumreise durch seine Erinnerungen hatte sie nicht nur seine Emotionen geteilt, sondern auch sein Wissen. Sie wusste vom Schmerz, den der Ork mit seinem Körper dem dürren Elfenjungen angetan hatte ebenso gut wie sie wusste, dass ihm einige Gefälligkeiten mit manchen Herrinnen durchaus gefallen hatten. Oder wie sehr er diesen einen Abend mit Azura genossen hatte... Diese Szene war die einzige, in der Madiha wirklich gesehen hatte, wofür Corax seinen Körper einsetzte. Er fuhr fort: "Du hast keinen Moment mit meinen Herren und Herrinnen ... gesehen. Keine ihrer Sehnsüchte, ihrer Wünsche oder ... was ich für sie sein musste." Eine bedrückende Stille breitete sich kurzzeitig aus. Irgendwie erinnerte sie an Jakub. "Gewisse Dinge gehen nur eine Herrin und ihren Sklaven etwas an. Ich bin diskret und werde es immer sein ... selbst, wenn du mich verstößt." Damit wandte er sich der Tür zu. Corax zog sie auf und trat in den Rahmen. Dann blieb auch er noch einmal stehen, schaute zu Madiha zurück und hielt er eine Hand hin. "Lass mich dich zu Caleb bringen und wenn ich dann gehen darf, kümmere ich mich um meine niederen Beweggründe."

Azura:
Lange bevor damit zu rechnen war, Madiha oder Corax nochmal an Deck zu sehen - Letzteren erwartete ohnehin niemand - suchte Azura ihr Seelenheil in körperlicher Zuwendung und wurde enttäuscht. Nicht ihre Attraktivität war das Problem, sondern Calebs Unerfahrenheit, der bei seinem ersten Kuss überhaupt einfach nicht gewusst hatte, wie er reagieren sollte. Das war fast schon schwer zu glauben, wenn man Caleb kannte. Madiha hätte vielleicht laut aufgelacht. Immerhin gehörte er zu den Wüstendieben und musste dementsprechend einiges an Talent mit sich bringen. Außerdem hatte er ihr doch erzählt, dass Dunia einst in einem Bordell hatte arbeiten müssen und er sie nicht nur einmal dort aufgesucht hatte. Wurde Huren das Küssen verboten? Azura konnte all das nicht wissen. Sie besaß nun lediglich Kenntnis davon, dass seine Lippe nicht wie Corax' schmeckten, sich nicht wie Corax' bewegten und ihren Kuss erwiderten und sie wohl nie wieder die Leidenschaft spüren würde, die ihr der widerliche Schuft beschert hatte. Ein weiteres Stück ihrer Welt brach in sich zusammen, dabei war doch ohnehin kaum noch etwas übrig. Wen kümmerte es schon, wenn auch der letzte Splitter ihrer Seele zerbröselte und von den Wellen davongespült würde? Die Wellen... Verführerisch schwangen sie unter dem Schiff entlang, schaukelten und streichelten den Rumpf, als streckten sie ihre flüssigen Hände zu Azura aus. Sie fühlte sich so leer, nicht nur ob des Verlusts durch Corax. Auch auf magischer Ebene hatte sie ihre Reserven aufgebraucht. Da weckte der bloße Anblick der Wellen ganz eigene Sehnsüchte. Leider beruhigten sie Azura dieses Mal nicht. Sie riefen nach ihr. Im Schoße Venthas würde sie vielleicht die Vergessenheit finden...
Caleb vergaß sie nicht. Wie auch? Sie hatte ihm gerade seinen ersten Kuss gestohlen und in tieferen Regionen mehr bewegt, als sie zunächst geglaubt hatte. Nach wie vor besaß Azura die Gabe, unsagbar anziehend auf Männer zu wirken - wie jede schöne Frau es vermochte, wenn sie sich nur dicht genug und mit dem Wunsch nach Ablenkung durch Zweisamkeit anschmiegte. Das vergaß kein Mann und so ließ auch Caleb es nicht zu, eine Frau zu verlieren, bei der die Möglichkeit für ein bisschen Ablenkung bestand und sei es nur aus seinen Instinkten heraus. Inwieweit er auch emotional bereit wäre, diesen Schritt zu gehen, blieb unergründet. Er bot Azura lediglich an, es mit einem erneuten Trostkuss zu versuchen - ein Zeichen dafür, dass er Blut geleckt hatte. Mitschuld besaß auch die Ausbuchtung in seiner Matrosenhose, die langsam vom Denkvermögen Besitz ergreifen wollte. Dass dies von Erfolg gekrönt sein könnte, wurde zusätzlich durch Azura wippenden Busen unterstützt, der sich langsam aus dem Mieder löste, weil sie so sehr strampelte. Calebs Blick nahm eine gewisse Schieflage ein und hüpfte noch einen Moment, ehe sowohl er als auch Azura sich langsam beruhigten. Nun, zumindest wehrte sie sich nicht mehr. Von innerer Ruhe konnte man hier noch nicht sprechen. Selbst dann nicht, als sich ihr zarter Körper wie auf Wolken fühlte, kaum dass Caleb sie auf seine Arme hob. Er trug und hielt sie, dass sie sich erneut dicht an ihn anschmiegen konnte, was nur dazu führte, dass ihre Brüste endgültig das Mieder verließen und die Knospen frech über den Rand des Leders sprangen. Die Kälte der hereingebrochenen Nacht ließen sie bereuten und so standen sie steif und wie zu zarten Frostblumen erstarrt vom weichen Gewebe ihrer Haut ab, um Caleb in ein wahres Meer von Schamesröte zu tauchen. Er räusperte sich, konnte den Blick aber nicht abwenden. Dass er auch eine wunderbare Aussicht auf die Strumpfbänder und den Rüschensaum ihrer Unterwäsche hätte haben können, entging ihm gänzlich.
Azura fand in der Position nun doch langsam die Ruhe. Calebs Stimme war daran nicht ganz unschuldig, denn er sprach sanft auf sie ein und wäre es nicht so fröstelnd um ihren Oberkörper herum gewesen, hätte der Schlaf sie wohl direkt übermannt. Doch auch ihr Verlust hielt sie weiterhin wach. Verlust und Einsamkeit.
"Weg... er ist weg... einfach weg... Und ich bin allein..."
Caleb gab den Anblick auf nackte Frauenhaut auf, als er Azura dichter an seine Brust presste. Es war ihm gerade schwer möglich, sie zu streicheln, also fuhr er mit seiner Nase durch die Locken, die dicht genug an seinem Gesicht waren. Gleichzeitig setzte er sich in Bewegung. Auf ihre Aussagen hin schweig er. Auch er hatte nicht immer sofort eine Antwort parat. Ihr nun zu versprechen, sie nicht allein zu lassen, wäre gelogen. Im Flunkern mochte er ziemlich gut sein, aber selbst jemand wie er hielt es aktuell für unangebracht, Azura auch noch mit falschen Versprechungen zu quälen. Außerdem überlegte er, wohin er sie bringen könnte. Jakub befand sich immer noch in der Kabine des Ersten Maats und bei ihm würde er niemanden mehr allein zurücklassen! In die eigene Kabine wollte er Azura nicht bringen. Die Matrosen hatten dort bestimmt schon den toten Corax abgeladen und eigentlich müsste auch Caleb alsbald dorthin zurück, ehe Madiha wieder erwachte. Doch zuvor wollte er auch sichergehen, dass Azura sich soweit wieder stabilisiert hatte, um nicht zur nächste Leiche an oder fernab von Bord zu werden.
Die Matrosen schliefen in speziellen Bereichen unter Deck. Sie besaßen zwar teilweise auch Betten, die meisten hängten sich aber Matten zwischen den Balken auf. Kein Ort für eine trauernde und entblößte Frau ... Er brummte. Da blieb wohl doch nur die Kabine des Kapitäns. Niemand würde dort noch einmal einen Fuß hineinsetzen und Caleb hatte es eigentlich auch nicht vor, aber ihm fiel kein besserer Ort ein. An Deck war es inzwischen zu kalt. Hier konnte er Azura unmöglich über Nacht zurücklassen. So suchte er den Heckbereich mit der erhöhten Kammer des einstigen Schiffsanführers auf. Caleb atmete erleichtert aus, als er sie betrat und feststellte, dass der Leib des unheimlichen Stockmännchens entfernt worden war. Wo immer dieses Wesen nun auch steckte, hier war es nicht mehr und die Kammer wirkte bis auf Madihas Brandfleck wieder einladend genug.
Caleb steuerte das Bett an. Die Laken waren nicht mehr gewechselt worden und rochen leicht süßlich von Madihas Schweiß, aber sie mussten nun ausreichen. Behutsam legte der Dieb die Frau in seinen Armen darauf ab und ließ sich selbst auf der Bettkante nieder, damit weiterhin Körperkontakt bestand. Damit Azura wusste, dass doch noch jemand da war. Oh, genau das brauchte sie jetzt.
Caleb rieb sich den Nacken. "Du bist nicht allein. Wenn du möchtest, bleibe ich noch eine Weile ... oder die Nacht über, aber wenigstens einmal werde ich auch nach Madiha sehen müssen. Äh .. der Schiffsjunge, der keiner ist." Er wusste nicht, ob Azura Madihas Namen gewahr war. Sanft strich er über ihr Haar. "Und morgen früh setzen wir drei uns zusammen. Ich bin sicher, Madiha ist dann auch netter zu dir ... nach diesem ..." Verlust. Nein, er sprach es nicht offen an. Sie wussten es beide. "Wenn Andunie auch dein Ziel war von Anfang an und falls nicht alles in Trümmern liegt, finde ich möglicherweise sogar einen Unterschlupf für dich. Kein nobles Herrenhaus, aber besser als irgendeine düstere Kaschemme am Hafen." Caleb entdeckte plötzlich zwei kleinere Hafentürme an Azuras von Hügeln gesäumten Bucht männlicher Glückseligkeit und erinnerte sich tatsächlich seines Anstands. Unter Räuspern griff er nach der Decke, um sie über Azura Brüste zu ziehen. "Alycide van Ikari ... in seinem Namen werden viele eingehende Waren im andunischen Hafen kontrolliert, ehe sie auf die Kontore verteilt werden, nicht wahr? Er soll aber auch einige Schneidereien besitzen, wo man die besten Tücher aus aller Welt erstehen kann."
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Mittwoch 28. September 2022, 09:38

Sie konnte nicht wissen, dass dieser Mann noch nie in seinem Leben richtig geküsst hatte. Woher auch? Er war schließlich älter als sie, das konnte man sehen, und eben ein Mann.
Wurden diese nicht, kaum dass sie den Kinderschuhen entwachsen waren, in dieser Hinsicht geschult, als Gegenpol zur bewussten Unwissenheit der Mädchen und zukünftigen Bräute? Wie oft hatte sie von ihren Freundinnen mit Brüdern, ganz gleich ob älter oder jünger, gehört, dass diese unausstehlich geworden waren, seit ihnen diese oder jene besondere Dame zugeführt worden war? Sofern sie von ihren Erziehern nicht gleich in gewisse Etablissement gebracht worden waren!
Wieso also sollte es außerhalb des Adels nicht ähnlich zugehen? Noch dazu, wo man auf der Straße generell viel rascher jegliche Unschuld verlor, weil es niemanden gab, der einen davor bewahren konnte... und wollte!
Also musste sie es auf ihre mangelnde Wirkung beziehen und suchte ihr Heil in der Flucht. Weit kam sie nicht, die Auswahl war an Bord des Schiffes ohnehin gering. Lediglich eine Option stand ihr offen... und das todsicher.
In ihrer Verzweiflung starrte sie auf die Wellen und ihr war, als lauerten Sirenen unterhalb der Wasseroberfläche, die sie dazu animieren wollten, endlich zu springen. Was hielt sie schließlich noch in der Welt der Lebenden, nachdem sie nun wahrlich alles verloren hatte?
Doch es kam nicht zu jenem allerletzten Schritt, dafür sorgte ausgerechnet jener Mann, der sie gerade erst verschmäht hatte. Wobei sie nun zu spüren bekam, dass ihr Tun nicht vollkommen folgenlos geblieben war. Und obwohl sie seelisch eigentlich nicht bereit dafür wäre, egal, wie groß ihre Verzweiflung und ihr Streben nach Vergessen sein mochte, ihr Körper wäre durchaus gewillt, dem näher auf den Grund zu gehen. Zu lange war es schon her, dass Corax sie beglückt und in ihr Saiten zum Klingen gebracht hatte, die sie zuvor noch nie gekannt hatte. So erschauerte sie leicht, während ihre Gedanken im Prinzip gänzlich andere Wege beschritten.
Anfangs wehrte sie sich und bemerkte nichts von dem kleinen Malheur, das ihr deswegen passierte und dafür sorgte, dass ein Männerblick davon angezogen wurde. Es dauerte, bis sie seine Worte begriff und auch das letzte Fünkchen Kraft sie verließ. So konnte er sie hoch heben und zum ersten Mal wurde sie von einem fremden Mann endlich einmal so getragen, wie es in den kitschigen Romanen beschrieben worden war und sie es sich stets als die romantischste Art vorgestellt hatte.
Es war durchaus angenehmer, als wie ein Sack über die Schulter geworfen zu werden, und sie konnte sich auch besser festhalten, nur... der Geruch, der ihr dabei in die Nase stieg, war ein anderer. Nicht unangenehm, ebenfalls männlich und durchaus dazu angetan, ihre Sinne zu wecken, aber es war eben nicht jene eine, unvergleichliche, spezielle Note, nach der sie sich in Wahrheit sehnte. Auch spürte sie die Wärme, die von ihm ausging, jedoch konnte sie die aufsteigende Kälte aus ihrem Inneren nicht vertreiben, lediglich im Zaum halten.
Dadurch fröstelte sie derzeit lediglich wegen der frischen Nachtluft, sodass sie sich erst recht an ihn schmiegte. Trotzdem erfasste ihr Körper ein leichtes Zittern und sie verbarg ihr Gesicht so fest an seiner Schulter, wie sie es konnte, ohne sich selbst weh zu tun. Auf diese Weise auch musste sie nicht mit ansehen, wo er sie hinbrachte, da sie noch davon ausging, dass er sie irgendwo zwischen Kisten ablagern würde, wie er es vorgeschlagen hatte.
Obwohl ihr dadurch jener Weg entging, den er zurück legte. Erst, als sie eine Tür hörte, wagte sie es, blinzelnd den Kopf ein wenig zu drehen. Zuerst fragend, dann mit stetig wachsendem Unbehagen sah sie sich um und konnte ebenfalls nichts erkennen, das nicht in diesen Raum gehörte, sah man von einem ordentlichen Brandfleck ab. Dass sie überhaupt etwas sehen konnte, lag wohl daran, dass sich ihre Augen an das schwache Licht gewöhnt hatten und durch die breite Fensterfront die Sterne für ausreichend Helligkeit sorgten.
Das Fenster selbst stand noch immer an jener Stelle offen, aus der sich der Kapitän heimlich aus dem Staub gemacht hatte. Kühle, salzige Luft konnte dadurch herein dringen und gemeinsam mit dem Meeresrauschen eine Kulisse bilden, in der sie sich unter anderen Umständen durchaus wohl gefühlt hatte.
Jetzt hingegen wurde sie zum Bett getragen und dort hinein gelegt. Und jetzt? Würde jetzt der nächste Kuss kommen? Oder würde er sich gleich auf sie legen, so wie jener andere Kapitän, der das gegen ihren Willen getan hatte? Erinnerungen drohten in ihr hochzusteigen, sodass sie eher ängstlich zu ihm hoch sah und es zugleich nicht wagte, sich zu bewegen, obwohl ihr, kaum dass er sie nicht mehr hielt, kalt wurde. Auch wurde das Zittern stärker und rührte nicht mehr nur von ihrem körperlichen Bedürfnis her, die Wärme aufrecht zu erhalten.
Doch er kam nicht näher, setzte sich zwar zu ihr, ließ sie ansonsten jedoch mehr oder weniger in Ruhe. Tatsächlich wirkte er unschlüssig auf sie, ohne, dass sie benennen könnte, warum.
Stumm sah sie zu ihm hoch, während er zu sprechen begann. Schon fingen ihre Augen wieder verräterisch zu brennen an, wenngleich ohne feuchtem, begleitendem Schimmer darin, und sie öffnete ihren Mund, um das zu bekräftigen, was er ihr anbot. Die Nacht bei ihr bleiben, ja, das wollte sie, das brauchte sie! Wie könnte sie jetzt allein schlafen...? Vielleicht, wenn sie mehr Zeit hätte, würde sie ja doch noch ihre Anziehungskraft erfolgreich einsetzen können, wäre sie nicht vollkommen nutzlos.
Aber dann sprach er von der Göre. Azura schlug die Augen nieder und musste gegen eine vage Erinnerung von Eifersucht ankämpfen. Natürlich... was denn sonst... dieses als Junge verkleidete Mädchen war ja auch viel wichtiger als sie!
Indes fuhr er fort und strich ihr dabei durchs Haar, sodass er zumindest einen Teil ihrer Aufmerksamkeit zurück gewinnen konnte. Auch wenn sie leise schnaubte bei den Worten, dass die Göre netter sein würde. Von wegen! Als ob dieses patzige Ding etwas von Anstand und Benehmen wüsste!
Sie sah die Bilder vor sich, wie sie sich hatte umkleiden wollen und viel zu wenig Hilfe erhalten hatte, weil die andere sich zu fein dafür gewesen war. Selbst die Haare hatte sie sich selbst herrichten müssen, um halbwegs passabel zu erscheinen! Nun ja, im Endeffekt war das wahrscheinlich auch besser gewesen, wer wusste schließlich, was das Gör sonst aus ihr gemacht hätte? Und trotzdem... der Unwille war da und auch die Tatsache, dass er nach diesem missglückten Kuss und der eindeutig männlichen Reaktion danach noch an dieses Mädchen dachte, gefiel ihr nicht.
Ja, es kränkte sie sogar trotz ihrer inneren Taubheit, auch wenn er sich gerade sehr nett und höflich um sie kümmerte und sie ohnehin in Trauer war. Aber es ging einfach ums Prinzip! Azura war stets der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gewesen, da hatte es niemand anderes geben dürfen! Sie hatte entschieden, wer beachtet wurde und wer nicht, und man hatte darum gebuhlt.
Wo waren nur diese Zeiten hin? Wieso war ihre Wirkung derart verblasst? In ihren sich kreisenden Gedanken war kaum Platz genug, um ihm zu zuhören und sein Angebot wahrzunehmen, das durchaus einen Sinn ergeben würde. Wenngleich sie keine Vorstellung davon hatte, wie es mit ihr weiter gehen sollte, sobald dieses Schiff Andunie erreicht hätte.
Wo sollte sie hin? Wo konnte sie noch hin?! Zu ihren Eltern, derart entehrt, wie sie war? Zwar würde sie kein illegitimes Kind unbemerkt mit sich herum tragen und auf diese Weise verschweigen können, was sie getan hatte. Jedoch... sie wusste es und das würde ihr Gewissen belasten können, vor allem gegenüber ihrer Mutter, die ihr so oft zugeredet hatte, um sie vernünftig handeln zu lassen in Gegenwart ihrer Galane. Nie hatte die junge Frau es zu mehr als einem Kuss auf ihren Handrücken oder einer leichten Berührung ihres Nackens kommen lassen!
Ach, was hatte das schon für Kribbeln in ihr ausgelöst damals und was war das harmlos gewesen im Vergleich zu dem Feuer, das ihr ehemaliger Begleiter in ihr entfacht hatte!
Die plötzliche Berührung von Stoff holte sie abrupt aus ihrem Seelenleben zurück in die Wirklichkeit. Blinzelnd und verständnislos sah sie an sich herab auf die Decke, die er ihr so weit über ihren Körper gezogen hatte, dass man von ihrem gut gefüllten Dekolleté nichts mehr sehen konnte. Was hatte das zu bedeuten? War sie also für ihn doch nicht begehrenswert genug?
Schwer schluckte Azura und musste sich zwingen, ihren Blick erneut zu heben. Beim Klang des Namens ihres Vaters musste sie schlucken und spürte, wie scheinbar noch eisigere Finger nach ihr griffen. Sie fasste instinktiv nach der Decke und versuchte, sich möglichst fest darin einzuhüllen. Wobei sie damit lediglich erreichte, dass sie den Stoff vor ihrem Ausschnitt in den Fingern zerknüllte und mehrfach ihr Bein mit dem entblößten Stumpfband hervor blitzte. Obendrein lockerte sich ihre Frisur ein wenig, da die Nadeln längst nicht mehr so saßen, wie sie es sollten.
Dennoch konnte sie die Kälte damit nicht vertreiben oder gar das Zittern verhindern, das sie immer stärker erfasste. Nicht mehr lange und sie würde wahrscheinlich hörbar mit den Zähnen klappern!
Trotzdem versuchte sie sich zu konzentrieren und nickte langsam. "Ja... ja, er ist..." Sie brach ab, sowohl ihre Worte als auch den Blickkontakt zu ihm. "... war ein wichtiger Mann, die Familie von hoher Bedeutung. Und ich... ich..." Mehrmals musste sie schlucken, dann konnte sie sich nicht mehr halten.
Mit einem Schluchzen, das Steine erweichen mochte, schlang sie die Arme um seine Taille und presste ihr Gesicht schutzsuchend vor der Wahrheit gegen seinen Unterbauch, fast schon verboten nahe an jene Stelle, die sich zuvor so vielversprechend ausgebeult hatte. "Was soll ich denn jetzt nur tun?!", brachte sie kaum verständlich aufgrund der Schluchzer, die sie schüttelten, und der Tatsache, dass sie ihr Antlitz so fest gegen ihn presste, hervor. Umso deutlicher würde er ihren warmen, rasch ausgestoßenen Atem spüren können.
"Meine Eltern... ich weiß nicht, wo sie sind! Ob sie noch leben oder nicht! Wo ich hingehen... was ich tun soll! Ich... ich... ich habe Schande über meinen Namen gebracht, ich bin entehrt, ich... ich bin wertlos..." Tränenlos schluchzte sie weiter und klammerte sich fest an ihn, als wäre er der letzte Halt, der sie vor dem Ertrinken bewahren könnte. Ertrinken... wie ironisch, wenn man bedachte, was sie wenige Minuten zuvor in ihrer Verzweiflung hätte machen wollen.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 30. September 2022, 18:15

Die Peinlichkeit, die Madiha erlebte, war ebenso neu für sie, wie die Tatsache, dass sie sanft und mitfühlend behandelt wurde. Seit sie denken konnte, hatte man ihr vorgeschrieben, wie sie zu sein hatte, was sie zu tun hatte und was zu sagen. Madiha war erst seit kurzem frei und taumelte sich in ihrem neuen Leben zurecht. Sie hatte bereits einige Züge ihrer Persönlichkeit freilegen können, doch so ganz wollte sie ihre unsichtbaren Ketten noch nicht ablegen. Umso überraschender war es für sie, dass ihr der echte Caleb so nahegekommen war. Sie rechnete nicht damit, dass man sie als etwas anderes sehen könnte als das entstellte Mädchen aus einer Sklavendienstleistung. Madiha kannte, im Gegensatz zu Corax, zwar noch den Wert des eigenen Willens, doch ihn wahrlich ausleben, das konnte sie nicht. Bereits Azura hatte ihr klar gezeigt, welch niederen Stand sie hatte und dass sie ja doch niemals aus ihrer auferlegten Haut könnte, wenn jemand anderes nicht wollte. Auch Jakub hatte Madiha gezeigt, zu was sie bereit wäre, wenn jemand danach verlangte. Die Diebe hätten alles mit ihr tun können. Madiha wusste nicht, dass es auch anders ging, und sie hatte nichts anderes, um es zu versuchen. Als dann der wahre Caleb ihr suggerierte, dass er mehr in ihr sehen könnte, eröffnete sich ihr eine Welt, die bis dahin vollkommen außer Reichweite gewesen war. Und die ihr nun eine Sehnsucht entlockte, die ihr aufgrund ihres erlebten Leids nicht bewusst gewesen war. Gerade deshalb war es ihr so unsagbar unangenehm, dass nun Corax vor ihr saß. Mit all dem Wissen, das er durch ihre überrumpelte Schwäche erfahren hatte. Das Mädchen wagte es kaum, den anderen anzusehen. Seine Worte waren logisch, einleuchtend und minderten dennoch nicht ihre Schmach. Was hatte sie denn gedacht? Dass der Dieb sie wählte, wenn er Dunia bereits zurückgelassen hatte? Die Stiche in ihrem Herzen waren beinahe schmerzhafter als die Nachwehen ihrer Magie. Sie fühlte sich noch immer ausgelaugt und eine bedrohliche Schwäche floss durch ihren Körper, als sie sich wieder auf die Bettkante sinken ließ. Corax unterstütze ihr Gefühlswirrwarr im erheblichen Maße, als er sich entschuldigend ihren Füßen entgegenneigte. Sie zog sie instinktiv etwas zurück, ließ ihm aber die Geste. Sie kannte das, hatte es selbst tun müssen, wenn sie Ungehorsam gezeigt hatte. Madiha blickte lange nicht zu dem Dunkelelfen. Zu sehr kämpfte sie gegen die verräterische Röte in ihren Wangen und dem Gefühl des Schämens gegen an. Erst nach einer Weile und als Corax sich wieder erhoben hatte, richtete sie den Blick auf ihn und erkannte sein verschmiertes Gesicht. Besorgt fragte sie nach dem Grund und beobachtete ihn als er sich zu erinnern versuchte. Ihr Blick glitt zu seinem Oberkörper, als er ihn so unverblümt offenbarte. Ihr Blick wanderte an den Muskeln entlang und tastete die Narbe ab. Sie fragte sich sogar, was geschehen war, doch sagte sie nichts. Sein Anblick konnte bei ihr nicht das Gleiche erreichen, wie der von Caleb. Das Mädchen hatte kaum einen Bezug zu nackter Haut. Sie war in ihrem Leben so oft nackt gewesen, so oft einfach vor aller Augen ausgezogen worden, dass sie das als normal empfand. Scham kam nur bei einem auf… und warum, wusste sie am aller wenigsten zu beantworten.
Allerdings richtete sie ihren Blick wieder in die Augen des ewigen Sklaven, als der Schimmer sie unliebsam an ihre erste Zusammenkunft erinnerte. Ihr Hals schmerzte noch immer und pochte wie ein Mahnmal. Es war skurril, dass er nun vor ihr kniete und ihr sogar auf äußerst sanfte, liebevolle Weise nahegekommen war. Doch Madiha war nicht doof. Sie wusste es doch am allerbesten. Ein Sklave war man niemals freiwillig. Und das, was verlangt wurde, tat man nicht freiwillig. Entweder überlebte man, oder man brauchte die Anerkennung des Herren. Sie glaubte keinen einzigen Moment daran, dass Corax ihr etwas Gutes tun wollte. Er dachte einfach nur, dass es für sie wichtig wäre. Dass er es tun müsste, weil sie ihn vor den Übergriffen des Kapitäns bewahrt hatte.

Sie selbst hatte viel schauspielerisches Talent an den Tag legen müssen, um so zu tun, als gefiele ihr die grobe Behandlung, das schmerzhafte Eindringen oder das geifernde Sabbern, weil einer der Handelspartner endlich mal etwas anderen ‚beglücken‘ wollte als das Weib am heimischen Ofen. Madiha kannte das falsche Lächeln, das falsche Flüstern und das falsche Mitfühlende. Wenn Herren ihre Sorgen klagten, während sie das zitternde Kind im Arm hielten, ohne zu merken, dass es Schmerzen von der Behandlung hatte… Sie verstand nicht, wieso er überhaupt hier war. Gerufen hatte sie ihn doch nicht? "Ich bin hier, weil ich dir gehöre und ich werde deine Wünsche erfüllen. Auch jene, die sich um Caleb drehen." Sie spürte die Hitze erneut emporklettern. „Schon gut.“, nuschelte sie verlegen und wandte den Blick noch mal ab. Dann lenkte Corax das Augenmerk auf etwas weniger Prekäres: Ihre Hände waren noch bandagiert und ihre Nachfrage, beantwortete er ihr eher schwammig. Stirnrunzelnd blickte Madiha auf die Prozedur, die er vollführte. Merkwürdig, sie spürte gar nichts. Sollte es so einfach sein? In ihrem Gesicht spiegelte sich Unglaube, denn Madiha kannte sich mit Magiearten nicht aus. Dennoch ließ sie zu, dass er ihre Hände griff und tat, was er für Heilung hielt. Doch wenn sie nur daran glaubte… was wäre, wenn sie einmal nicht mehr täte? Würde das den Zauber lösen? So wie bei der goldenen Kette, die er erwähnte? Also war es doch nur Illusion? Das Wüstenkind wusste nicht so recht, was es davon halten sollte, und so schaute sie reichlich skeptisch auf die Bandagen. "Du musst daran glauben", schien er zu ahnen, dass sie Schwierigkeiten damit hatte. Bevor sie sich jedoch damit auseinandersetzte, unterbrach er ihre Gedanken mit seinem Aktionismus. Sie beobachtete ihn und blinzelte als er sich ebenso ungeniert entblößte, wie Caleb. Madiha gönnte ihm die Privatsphäre und sah derweil auf ihre Hände zurück. Etwas anderen trieb sie jedoch um, deshalb löste sie noch immer nicht die Verbände. Sie musste Corax das Versprechen abringen, dass er sie nicht verraten würde. Seine Antwort ließ sie stumm nicken. Es stimmte wohl, dass er gewisse Dinge für sich behielt. Allerdings hatte er offenbar schnell erkannt, was der Dieb für sie bedeutete, sonst hätte er nicht damit um ihre Zustimmung gebuhlt. Seufzend wischte sich Madiha über das Gesicht. Müde war sie noch immer, allerdings nicht mehr so sehr geschwächt, als dass sie gleich einschlafen würde. Als Corax die Tür erreichte, sah sie auf. "Lass mich dich zu Caleb bringen und wenn ich dann gehen darf, kümmere ich mich um meine niederen Beweggründe." Ihr Blick fiel auf seine Hand, dann auf ihre. Madiha glaubte nicht, dass er sie geheilt hatte. Sie glaubte daran, dass es eine Täuschung war, wenngleich gut gemeint von ihm. Seufzend wandte sie den Blick von ihren Händen ab und erhob sich. Einen Moment brauchte Madiha, um sich ins Gleichgewicht zu bringen. Dann umrundete sie mit nackten Füßen das am Boden liegende Laken und folgte Corax. „Wenn du Azura finden willst, geh ruhig. Ich werde Caleb schon irgendwo sehen. So groß ist das Schiff ja nicht“, zog sie einen Mundwinkel hoch und sah ihn aufmunternd an. Dann schien ihr ein Gedanke zu kommen, der sich in ihrer nachdenklichen Miene abzeichnete: „Hm… vielleicht ist es doch besser, zusammenzubleiben. Nicht, dass du noch angegangen wirst.“, sinnierte sie und dachte gleichwohl an Jakub, falls er auf einmal über den Weg lief. „Wir können aber auch erst Azura suchen.“, schlug sie ihm vor und überließ es tatsächlich ihm. Er würde von Madiha gewiss keine Hierarchie vorgelebt bekommen. Dafür sah sie sich selbst als viel zu gering an.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Samstag 1. Oktober 2022, 15:28

Madiha:
Wenn Madiha in ihren - nein! In Corax' Erinnerung, die sie gesehen hatte - kramte, dann würde sie rasch feststellen, dass er sehr viel Leid erfahren hatte, doch offenbar keine Folter. Jedenfalls keine, bei der anschließend Narben den Leib zierten, so wie bei ihrem Gesicht. Rückstände seelischer Folter sah man nie auf den ersten Blick. Der armlange Striemen, der ihm einmal quer über Bauch und Brust verlief und sich so von seiner rechten Hüfte bis hinauf zur linken Schulter zog war allerdings deutlich sichtbar. Für den Bruchteil einer Sekunde war Madiha geneigt, nachzuhaken. Solche Narben galten oftmals nicht nur als Zeugen schrecklicher Pein, sondern auch als Aufhänger für interessante Geschichten. Andererseits hatte sie von dem Dunkelelfen bereits einiges erfahren, ohne das er es freiwillig erzählt hatte. Das meiste davon würde das Wüstenmädchen wohl lieber wieder vergessen. Somit war es wahrscheinlich, dass sie es bereuen könnte, erführe sie nun mehr von der riesigen Narbe. Sie schwieg. Ohnehin kämpfte sie noch mit ihrer eigenen Scham und die verschwand auch erst, als Corax ihre Hände ergriff, um sie zu heilen. Dass das so simpel funktionierte, wollte Madiha nicht wirklich glauben. Es war zu einfach und außerdem schien er sich eher auf Illusionen zu beziehen. Corax bemerkte es und wies sie darauf hin, dass seine Magie ohne einen tiefen Glauben daran offenbar nicht funktionierte. Das half dem ohnehin eher misstrauischen Mädchen nicht wirklich, sondern schürte ihre Skepsis nur. Ohne die Verbände abzunehmen würde sie aber kein Ergebnis sehen können. Doch da sie den Schutz nicht entfernte, handelte es sich somit eher um eine Version von Schrödingers Handflächen - hätte auf Celcia ein Mann wie Schrödinger existiert. Er befand sich in einer anderen Welt, auf irgendeiner Ebene des Harax, zusammen mit einem Karton und einer darin gefangenen Katze und würde erst freikommen, wenn er zweifelsfrei beweisen könnte, ob das Tier nun tot oder lebendig war ... ohne die Schachtel zu öffnen. Einem so großen Dilemma stand Madiha nicht bevor. Sie wollte lediglich Caleb finden und Corax seinerseits zu Azura. Natürlich ließ sie ihn gehen. Noch immer war ihr Status als Herrin nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Das würde vielleicht auch niemals passieren und das wäre wohl das Beste, was Corax geschehen könnte! Aber im letzten Moment erinnerte sie sich an die allgemeine Stimmung der Mannschaft dem Dunkelelfen gegenüber. Außerdem konnte sie nicht wissen, ob Jakub nicht irgendwo an Deck umher schlenderte. Das war ihr zu riskant. So hielt sie den Elfen noch einmal auf. "Hm ... vielleicht ist es doch besser, zusammen zu bleiben. Nicht, dass du noch angegangen wirst."
Erstmal sah sie in Corax eine andere Emotion, zumindest passte sie nicht zu dem düsteren Mann. Der Junge, der schüchterne Corax, hatte es vielleicht einmal gezeigt, als es ihm besser ging. Doch der Erwachsene war es, bei dem sie es sah. Corax zeigte sich ... beleidigt. Er schob die Unterlippe vor und schaute sie wie ein trotziges Kind an, dem man seine Zwille entriss, damit es nicht wieder mit Kirschkernen auf die Geschwister zielen konnte.
"Traust du mir nicht zu, mich zu vertei...?" Er verstummte. Aus Trotz wurde missbilligender Gehorsam. "Du willst nicht, dass ich nochmal töte." Bei so manchem wäre es ihm ein Fest, soviel stand fest. Es gab Geschöpfe, die Genugtuung in ihrer Rache fanden und wenn es alles war, was ihnen noch blieb, klammerten sie sich daran. Andere behielten sich ihre ungebrochene Seele bei. In dieser Hinsicht standen hier zwei Sklaven voreinander, die doch mehr als verschieden waren. Schließlich hob Corax die Schultern. "Also gut. So kann ich auch besser auf dich achten, Herrin. Aber dann suchen wir Azura zuerst." Er riss hier tatsächlich das Ruder an sich. So gehorsam war er also doch nicht oder zeigte sich hier erstmals sein wahres Ich des Sklavendaseins? Auch Azura hatte mehrmals schon erwähnt, wie wenig er auf sie hörte und das, obwohl er sie quasi als eigene Herrin auserkoren hatte, bevor sie selbst es wusste. Corax umfasste sanft, aber bestimmt Madihas Handgelenk. Dann wandte er sich noch einmal zu ihr um, als beide aus der Tür heraus waren und diese geschlossen hatten. "Wen kümmert schon der Schiffskoch mit seinen Gliedmaßen abtrennenden Methoden? Du brauchst ihn nicht." Corax beugte sich wieder zu dem Wüstenmädchen herunter und in einer fließenden Bewegung verwandelte er sich erneut in den Wüstendieb. Madiha konnte Caleb sofort riechen. Sie sah das Glitzern in den grünblauen Augen. Sie nahm seinen warmen Atem wahr, der ihr seicht entgegen strömte. Seine Lippen waren erneut so entsetzlich nah! Und jetzt beherrschte er Sendli!
"Du hast doch mich."
"Da seid ihr ja! Steht hier immer noch herum, dabei hat Briggs euch angekündigt. Wir warten schon." Ein Matrose kam auf leisen Sohlen die wenigen Treppenstufen unter Deck hinab. Er schaute sich verstohlen um, denn die Tür zur Kabine des Ersten Maats - Jakubs Kabine! - war nicht weit. Lautlos winkte er Corax und Madiha heran. Er erkannte den Dunkelelfen nicht und hielt ihn zweifelsohne für den Smutje. Leise wisperte der Mann: "Die Besprechung hat sicher schon begonnen, bis wir da sind. Los, los, ich will nicht zu viel verpassen."
"Aye...", entgegnete Corax mit Calebs Stimme und nickte dem Mann zu, damit dieser voraus ging. Er fügte sich sofort in die Rolle, die man ihm auferlegte. Azura würde warten müssen. Es war Zeit für eine Meuterei.

Azura:
Es war etwas kühl in der Kabine des Kapitäns, da noch immer das Fenster offen stand. Wenigstens hatte sich jemand die Mühe gemacht, die Laken zu entknoten und zurück mit ins Bett zu legen. So gab es genug, falls Azura die leicht klammen Tücher von Madihas verschwitztem, kurzen Schlaf darin ablehnen sollte. Hell genug war es auch. Na, wenigstens, um angenehme Schatten zu sehen. Eine Laterne war auf dem Schreibtisch platziert worden und zwei weitere, kleinere Versionen standen neben dem Bett auf dem Boden, aber sicher auf einem Tablett mit hohem Rand, damit sie nicht auf dem Holz zerschlagen konnten, sollten sie umkippen. Das Licht reichte aus, dass Azura ihren Träger erkennen konnte, wie er sie behutsam zwischen Kissen und Decken legte. Das Rauschen der Welle beruhigte sie etwas, aber die frostige Nacht nahm reichlich Raum in ihrem kleinen Unterschlupf ein. Caleb hatte zum Glück Recht: das unheimliche Stockmännchen war verschwunden und auch von schwarzen Ratten mit roten Augen oder widerlichen Kakerlaken war nichts zu sehen. Sie hatten die Kabine offenbar aufgegeben, nachdem ... Corax ... nun ... nicht mehr ... war ...
Die Erinnerung an ihn stach in Azuras Herz, ob sie wollte oder nicht. Er hatte sich dort einfach zu tief eingenistet, sich breit gemacht und darin gewohnt, als sei sie sein Eigentum! Dabei hatte er gewünscht, dass es umgekehrt gewesen wäre. Und als er ihr Herz endgültig erobert zu haben schien mit seinem Geständnis, tat er ihr das Schlimmste an, indem er sie einfach und endgültig verließ. Sie war allein. Selbst Calebs Ablenkungsversuche konnten den Gedanken nicht vertreiben, der ihr erneut Tränen in die Augen getrieben hätte, wäre sie noch zum Weinen in der Lage gewesen. Aber sie begann zu zittern und das nicht nur aus Kälte. Der Stoff der Decke, welchen sie nun zwischen den Fingern zerknüllte. half nur bedingt. Caleb hatte sie ablenken wollen, indem er versuchte, anhand ihres Namens mehr über sie zu erfahren, aber sein Versuch ging nach hinten los. Er ließ selten ein Fettnäpfchen aus und auch hier war es wieder einmal soweit. Die Erwähnung ihres Vaters ließ Azura in das nächste emotionale Unglück stürzen. Er würde das nun ausbaden müssen! Es war immerhin seine Schuld, dass sie sich nun so fühlte. Also stürzte Azura in keinen Abgrund, sondern Caleb entgegen. Sie umschlang seine Taille und presste ihr Gesicht dicht gegen seinen Unterleib, so dass sie unter ihrem Kinn nun nicht nur die Beule selbst wahrnehmen konnte, sondern auch deren Größe direkt spürte. Die Götter hatten das Schiff dieses Mannes mit einer mächtigen Kanone bestückt und im Gegensatz zu Corax besaß sie auch noch Munition. Azura fühlte es. Aber sie spürte noch eine andere Sache, falls es ihr in ihrem Ausbruch auffiel. Caleb war bei ihrer impulsiven Umarmung heftiger zusammengezuckt als es ein Überraschter tun würde. Er verzog das Gesicht, als hätte er Schmerzen und er versteifte sich. Erst nach mehrmaligem Durchatmen lockerte er seine Muskeln wieder, so dass Azuras Hand die Textur eines Verbands unter dem Hemdsstoff des Mannes erfühlen konnte.
Sie ging jedoch noch nicht darauf ein. Es ging hier schließlich gerade um sie ... und er war schuld! Er musste sie beruhigen, sie war vollkommen aufgewühlt! "Was soll ich denn jetzt nur tun?! Meine Eltern ... ich weiß nicht, wo sie sind! Ob sie noch leben oder nicht! Wo ich hingehen ... was ich tun soll! Ich ... ich ... ich habe Schande über meinen Namen gebracht, ich bin entehrt. Ich ... ich bin wertlos..."
"Das bist du nicht"
, erwiderte Caleb. Er nutzte Garmisch, beherrschte er es als gebürtiger Andunier doch selbst. Aber er sprach gepresst und versuchte, sein Becken etwas von Azura abzudrehen. Das gelang nicht. Im Gegenteil, er rieb sich auf diese Weise nur an ihrem ohnehin schon freigelegtem Dekolletée und allein der Gedanke ließ ihn kurzzeitig aufstöhnen. Hastig presst er sich eine Hand auf den Mund und starrte auf sie herab. Es dauerte, bis er wieder die Ruhe besaß, mit ihr zu sprechen. "Andunie wird definitiv nicht mehr so sein wie wir beide es kennen", begann er. Langsam senkte sich seine Hand wieder auf Azuras Haar. Caleb gefielen die Locken. Er konnte seine Finger darin verzwirbeln und sich vom Rest dieses Körpers ablenken, der so viel Macht über seinen eigenen zu besitzen schien, dass er sich kaum erwehren konnte. Sein Becken zog und er musste unterdrücken, es stoßweise zu bewegen. Instinktiv wollte er Azura nahe sein. Noch näher. Caleb streichelte durch Azuras Haar, bis er auch ihre Wange erreichte. Wamre Haut lenkte kein bisschen ab. Er entschied sich zu reden, bis die Hitze wieder seinen Lendenbereich verließ. "Vielleicht sollten wir es als Chance sehen. Manchmal muss man neu anfangen. Einige laufen fort und beginnen neu, andere werden dazu gezwungen. Es hat aber immer etwas ... Befreiendes. Nichts hindert dich daran, zu sein, wer du sein möchtest. Du könntest es einmal gelöst von deinen adligen Ketten versuchen, findest du nicht? Wenn du so bist wie ... wie jetzt ... also nicht so endlos traurig, aber einfach ... freundlich und schön und ..." Halbnackt! Caleb stockte. Die Hitze wanderte und zwar in seine Wangen. Er konnte sich das nicht erklären. Vielleicht lag es daran, dass Azura ihm so nahe war mit all ihrer Nacktheit. So wie ... Er schluckte leer. "Du könntest eine begehrte Piratenbraut sein oder dir in den Gassen der Stadt einen Namen machen oder vielleicht sogar unter den Dunkelelfen angesehen werden. Oder wir alle verlassen Andunie und suchen uns einen ruhigen Ort, an dem niemand stört. Frei von allen Schrecken und Gefahren der Unterwelt oder ... hm ... Wir fangen einfach ganz neu an." Er lächelte. Zumindest er konnte sich das gut vorstellen. Mit etwas Glück war nicht ganz Celcia von den Dunklen überrant. Mit ein wenig Gunst der Götter fänden sie einen Hof, auf dem er sich niederlassen könnte. Er, Azura und natürlich Madiha. Sie war in Calebs Gedanken und auch wenn sein Körper geradezu intensiv auf Azura reagierte, so dachte er nicht an sie. Nicht nur. Sie war aktuell lediglich sehr präsent. Aber der Dieb erinnerte sich ebenso seiner kleinen Wüstenfreundin und auch der Frau, die er hatte zurücklassen müssen. Ein Außenstehender würde unter Glucksen nun behaupten, der Kerl baute sich einen Harem zusammen, aber so wenig wie er nun Leidenschaft in einen erotischen Überall über Azura legte, so unschuldig schien er tatsächlich. Er spürte, dass etwas vorging. Er wusste, was vor sich ging. Er wusste nur nicht, was er tun sollte. Doch Caleb wäre nicht er selbst, griff er nicht auf seine Improvisationskünste zurück. "Äh ... würde ein weiterer Kuss dich beruhigen?" Er betete, dass sie zustimmte und nicht nur sie dabei vergaß. Vielleicht reichte es seinem Unterleib ja, wenn ihre Lippen noch einmal über seine strichen. Dann könnte er wieder klarer denken. "I-ich ... könnte auch aufstehen ... also ich stehe schon ... ich meine ... äh ... ein Ständchen halten ... singen! Ja, ich könnte singen oder eine Geschichte erzählen." Verlegen rieb er sich den Nacken.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Samstag 1. Oktober 2022, 16:43

Die junge Frau hatte kaum einen Blick für jene Veränderungen, die in diesem Raum vorgenommen waren. Das einzige Wichtige war, dass keines dieser fürchterlichen Wesen mehr anwesend war, alles andere hatte keine Bedeutung. Ja, sie achtete nicht einmal wirklich darauf, dass und womit sie zugedeckt wurde.
Kalt war ihr so oder so, da half auch ein bisschen mehr an Stoff nicht sonderlich, denn diese Kälte kam aus ihrem Inneren. Sie hatte alles verloren, woran sie geglaubt, woran sie sich orientiert hatte. Ihr Zuhause und ihre vermeintlich sichere, glanzvolle Zukunft war durch den Überfall auf ihre Heimatstadt dahin. Ihre Zugehörigkeit zu jenem Mann, der der Erste in ihrem Leben gewesen war und an den sie sich immer würde erinnern müssen, allein schon wegen ihrer Entjungferung, war vergangen und ihr Herz gebrochen. Mehrfach!
Ohnehin hätte sie an seiner Seite nicht auf Dauer leben können. Nicht nur wegen seiner Art, ihr immer neue seelische Schmerzen zu zufügen, ganz gleich, ob beabsichtigt oder nicht. Sondern hauptsächlich deswegen, weil ihr eigenes Dasein keinen Sinn gehabt hätte aufgrund seiner Selbstverstümmelung.
Zu was wäre sie schließlich sonst im Endeffekt nützlich, als dem Mann an ihrer Seite gesunde Kinder seines Blutes zu schenken? Das Vergnügen wäre ja nur temporär, das würde sie nicht ewig bedienen können. Und älter wurde sie auch, zwangsläufig schneller als er. Nein... so sehr sein Tod sie in tiefste Verzweiflung stürzte, eine gemeinsame Zukunft hätte sie sich ebenfalls nur schwer vorstellen können, schlichtweg, weil er ihrer irgendwann überdrüssig geworden wäre.
Warum auch sonst hatte er nicht begreifen wollen... können... oder was auch immer, dass er bei ihr bleiben sollte, weil er es wollte? Stattdessen hatte er sich zuerst diesem schmutzigen Kapitän und dann der noch schmutzigeren Göre angeboten und ihre psychische Pein nur verstärkt. Und wofür das Ganze? Jetzt war er sowieso fort... für immer...
Die Kälte und die Verzweiflung in ihrem Inneren nahmen zu und vermischten sich mit weiteren Gefühlen, unter anderem der Eifersucht auf diesen falschen Schiffsjungen. Wie konnte dieser Schiffskoch, der eigentlich als Mann durchaus auf sie reagiert hatte, das hatte sie ja gespürt, nur an diese andere denken? Trotzdem?!
Aber es kam noch schlimmer, als er ihre Heimat ansprach, versuchte, ihr Hoffnungen zu machen und dann auch noch ihren Vater erwähnte. Da brachen erneut die Dämme bei ihr, sie warf sich regelrecht gegen ihn und brachte schluchzend kaum verständlich hervor, was sie gerade bewegte. Vor allem der Schluss war der Ausdruck reinster Verzweiflung und tatsächlich in diesem Moment auch so gemeint.
Sie war entjungfert und somit in ihren Kreisen wertlos geworden, hatte ihre Familie entehrt und würde, sofern es raus käme, unter normalen Umständen mit Schimpf und Schande verjagt werden. Zwar wäre es aufgrund des Überfalls glaubhaft, würde sie von Gewalt sprechen, nur... ihren Wert könnte sie damit kaum wieder herstellen.
Und für Corax wäre sie ebenso wertlos gewesen, sobald das Vergnügen mit ihr ihn gelangweilt hätte, nachdem er eben körperlich kein ganzer Mann mehr gewesen war. Wen konnte es da verwundern, dass sie sich als entbehrlich empfand?!
Selbst dieser Mann, der durchaus gut gebaut war, schien das so zu sehen. Wie sonst sollte sie sich erklären, dass er derart heftig unter ihrer Umarmung zusammen zuckte? Wollte er sie jetzt auch noch loswerden, um zu seiner heiß geliebten Göre zurück zu kehren?!
Instinktiv schmiegte sie sich noch enger an ihn und rieb ihre Wange leicht an jener Stelle, die sich da gegen sie drückte. Nicht, dass sie bewusst wahrnahm, welcher Körperteil das war, sie spürte lediglich den Druck und versuchte so, ihn wieder ganz für sich einzunehmen, damit er ihr in ihrer Verzweiflung beistand.
Es schien zu wirken, denn sie konnte fühlen, dass er sich allmählich entspannte, sodass auch ihr Griff lockerer wurde. Den Verband unter dem Stoff bemerkte sie indes noch nicht, auch nicht, als sie nun leichte Kraulbewegungen ausführte, ohne sich dessen bewusst zu sein.
"Ach nein? Zu was bin ich denn sonst noch nütze?", nuschelte sie und blies dabei ihren warmen Atem wieder aus.
Um im nächsten Moment zu stocken, als er ein leises Stöhnen ausstieß. Wieso...? Dieser Atemzug des Innehaltens sorgte dafür, sie kurzfristig vollständig zurück in die Wirklichkeit zu katapulieren.
Sie öffnete ihre Augen und sah... nichts, denn sie presste ihr Gesicht noch immer gegen seinen Unterbauch, dass sie sowieso nichts würde erkennen können. Dafür konnte sie etwas anderes umso mehr spüren... groß, mächtig, hart... an ihrer Wange...
Azura schluckte hörbar und spürte, wie ihre Gesichtshaut regelrecht zu brennen begannen, während er von oben zu sprechen begann. Es fiel ihr schwer, sich soweit zu konzentrieren, dass sie seinen Worten einen Sinn geben konnte. Zu ablenkend war das, was sie nun als das erkannt hatte, was es in Wahrheit war. Einerseits machte es sie hochgradig verlegen, denn sie hatte das eigentlich nicht gewollt, ihm auf diese Weise so nahe zu kommen. Andererseits weckte es in ihr jenes Feuer, das Corax als erster entfacht und schon viel zu lange nicht mehr ordentlich zum Glühen gebracht hatte.
Diese Mischung sorgte dafür, dass sich ihre Atmung leicht beschleunigte und sich zwischen ihren Beinen ein leichtes Pochen auszubreiten anfing. So konnte sie, erst etwas zeitverzögert, auf seine Worte zu Andunie nur leicht den Kopf schütteln.
Da spürte sie, wie sich Finger ihrer Haare annahmen, die Frisur noch mehr ruinierten, als sie es ohnehin bereits war. Es war... angenehm, beruhigend und tröstend irgendwie und zugleich auch vielversprechend, wie ein Anfang von etwas, das noch sehr viel mehr werden könnte. Mit einem leisen Seufzen schloss sie die Augen und schmiegte ihre Wange enger an ihn, ohne daran zu denken, welches Körperteil das betraf.
Wieder sprach er zu ihr und seine Stimme hüllte sie warm ein, als wolle sie ihr einen Traum suggerieren, der wunderschön... und dennoch niemals realisierbar wäre. "Neu anfangen... wer ich sein will...", wisperte sie und schluchzte noch einmal auf.
Dann hob sie langsam, ganz langsam ihren Blick zu ihm hoch, in einer Mischung aus Verzweiflung, Sehnsucht und schutzsuchend, das es wiederum eine eigene, laszive Art sein mochte, gepaart nämlich mit jener Position, die sie unwillkürlich eingenommen hatte, und beinahe schon wie ein Betteln, ihr etwas zu geben, das sie gut machen könnte.
Es dauerte einen Herzschlag lang, zwei, drei... dann schlug sie die Augen wieder nieder und deutete ein Kopfschütteln an. "Nichts davon werde ich sein...", murmelte sie und obwohl es ihr schwer fiel, diese angenehme Wärme herzugeben, drückte sie sich aus ihrer halb liegenden, halb knienden Position hoch, um selbst den Kontakt zu ihm zu unterbrechen.
So richtete sie sich auf, bis sie mit dem Gesäß auf ihren Fersen zum Sitzen kam, legte die Hände flach auf ihre Oberschenkel und wandte den Blick in Richtung Fenster. Die Tatsache ihrer entblößten Brüste hatte sie noch immer nicht mitbekommen, denn kalt war ihr nun so oder so wieder. "Ich sollte nichts weiter als die Zierde meines zukünftigen Mannes sein und seine gesunden Kinder gebären und erziehen, seinen Haushalt führen und prachtvolle Feste organisieren, um seinen Namen zu rühmen und seine Finanzen nicht komplett zu ruinieren. Nichts davon werde ich jetzt jemals erreichen, alles ist zerstört. Ich bin zu nichts länger nutze...", sprach sie langsam und tieftraurig, als hätte es seine aufbauenden Worte und seine körperliche Reaktion nicht gegeben.
Erneut setzte er zum Sprechen an und wiederholte seinen Vorschlag von vorhin. Es dauerte einige Sekunden, bis sie zu ihm zurück sah, weiterhin voller Traurigkeit, dass es einen rühren und danach verlangen müsste, sie in den Arm zu nehmen. "Wir haben zuvor doch beide gemerkt, dass ich nicht einmal dazu tauge...", erwiderte sie mit leiser Enttäuschung, denn vergessen war seine Reaktion von vorhin keineswegs, ebenso wenig wie die Enttäuschung und Ernüchterung. Da half auch seine deutliche Erregung nichts, das war etwas, das sie ihm übel nahm und lange nachtragen würde, sehr lange!
Wie, um es ihm zu beweisen, beugte sie sich zu ihm vor und legte eine Hand auf seine Wange, ehe sie wie ein Hauch seine Lippen mit den ihren berührte. Sie erwartete sich dieses Mal keine Reaktion, weder bei ihm, noch von ihrem Körper, sodass sie gar nicht erst enttäuscht werden könnte.
Kaum unterbrach sie diesen flüchtigen Kontakt, kamen weitere, andere Vorschläge von ihm, die sie in einer anderen Situation durchaus zum Lächeln hätten bringen können. So jedoch sah sie nur erneut wieder traurig in seine Augen und deutete ein Kopfschütteln an. "Ich bin erschöpft. Vielleicht... vielleicht finde ich etwas Schlaf, wenn du mich hältst." Denn die Decke hatte sie bei weitem nicht so zu wärmen vermocht wie sein Körper vorhin.
Zwar wäre ihr Schoß weiterhin alles andere als abgeneigt gegen jene Verzweiflungstat, die sie zuvor an Deck versucht hatte einzuleiten, aber innerlich war sie bereits zu ausgedörrt, als dass sie deren Ausführung noch irgendeinen Nutzen für eine kurzfristige erfolgreiche Ablenkung zuschreiben mochte. Nein, sie hoffte nun stattdessen auf gnädige Dunkelheit, nichts weiter. Was sollte sie sonst schließlich auch tun, wenn nicht mal ihre Küsse gut genug waren, um ihr einen Nutzen zu verleihen?
Dass er hingegen noch komplett unerfahren sein könnte und deswegen auf diese Weise reagierte, war für sie weiterhin undenkbar. Somit konnte sie diese Anzeichen auch nicht richtig deuten, sondern schob alles auf ein Versagen ihrerseits.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Samstag 1. Oktober 2022, 21:17

Azura:
Azura machte es ihm aber auch nicht leicht, gegen seine natürlichen Instinkte anzugehen. Caleb kämpfte hier. Er schwitzte bereits und hielt seine Atmung noch flacher, um das lüsterne Aufstöhnen zu unterdrücken. Aber seine Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an. Er sehnte sich nach der Wärme ihrer Haut, dem weichen Gefühl, das er sich von ihren Brüsten erhoffte und er würde ungemein gern einen weiteren Kussversuch wagen, nur um sich vom Ziehen in seinen Lenden abzulenken. Wann war ihm die Hose dermaßen eingelaufen, dass er und sein bestes Stück darin keinen Platz mehr fanden. Der Stoff drückte fast schon schmerzhaft gegen ihn, während er glaubte mit dieser Verhärtung selbst das Holz des Schiffes durchdringen zu können. Würde Caleb sich nun an Deck auf den Rücken legen, um die Sterne zu beobachten, fände er binnen Stunden ein Krähennest an seiner eigenen Körperspitze angebracht, vielleicht sogar bemannt. Oh, er stand seinen Mann, auch wenn dieser das Stramme noch nicht so beherrschte. Dazu zuckte sein Fleisch zu willig und klopfte so immer wieder leicht gegen Azuras Wange. Die junge Frau musste sich auch ausgerechnet jetzt dichter an ihn schmiegen, um ihn weiter zu reizen. Calebs Finger verkrampften sich vor Begehren in ihrem Haarschopf. Ganz unbewusst drückte er sie enger an seinen Schoß und hoffte ... Er wusste es nicht. Er wusste überhaupt nichts, aber er würde es herausfinden, falls er sich seinen Instinkten endlich hingab. Doch das konnte er nicht. Denn so wie er zuvor etwas bei Azura ausgelöst hatte, als er ihren Vater erwähnte, so gelang es nun ihrerseits mit einem einzigen Satz: "Ach nein? Zu was bin ich denn sonst noch nütze?"
Caleb erbebte. Wieder entkam ihm ein Stöhnen körperlicher Sehnsucht, ohne dass er wusste, wonach genau er suchte. Mit glänzenden Augen starrte er zu ihr herunter. Das spärliche Licht erzeugte eine ganz besondere Atmosphäre. Es betonte seine Konturen, tauchte sie in sanftes Gold, das wohlwollend zu seiner sonnengebräunten Haut passte. Die blaugrünen Gewässer seiner Seelenspiegel schimmerten wie Lebensquellen daraus hervor und die roten Wangen darunter schenkten ihnen die Illusion, dass man darin tiefste Entspannung, aber auch befriedigende Hitze finden würde, wenn man nur eintauchte. Wenn er nur eintauchte!
"L-lass mich dir ... eine Geschichte..." Er schluckte und stellte mit Schrecken fest, dass er gerade sein Becken angehoben und an ihren Brüsten, sowie der Wange entlang geschrubbt war. Oh, wie gut es sich anfühlte. Zu gut. Caleb biss die Zähne so fest aufeinander, dass es knirschte. Dennoch konnte er sein erregtes Winseln nicht unterdrücken. Azuras Blick trug nicht dazu bei, dass er sich beruhigte. Im Gegenteil, er starrte auf sie nieder und sie zu ihm hoch. Dieser bettelnde Hundeblick, als wollte sie ihm nun alles schenken, ihm helfen, ihn ... Ein heißkalter Schauer überkam ihn in dem Moment, da Azura sich zurückzog. Sie setzte sich auf, legte die Hände auf den Oberschenkeln ab und präsentierte ihm ihre beiden schönsten Früchte.
"Helige, andunische Äpfel", stöhnte er auf und zuckte dann, nur um im nächsten Moment mit geweiteten Augen starr dazusitzen, den Blick fest auf Azura gerichtet. Bloß nicht nach unten sehen. Hatte er den Stoff durchstoßen? So musste es sein und er hatte sich dabei sicherlich verletzt! Er spürte das klebrige, heiße Blut an sich herab rinnen. Außerdem schwand das Ziehen. Seine Kraft ließ nach. Etwas erschlaffte. Sein bestes Stück starb gerade. Er verlor zu viel Blut! Caleb starrte an sich herab. Nichts. Die Hose war noch heil. Lediglich ein widerlicher milchig, klebriger Fleck durchdrang den Stoff von der Innenseite. Dafür war es ihm plötzlich nicht mehr so eng dort unten und langsam aber sicher kehrte sein Denken zurück. Er fühlte sich auch unheimlich ... entspannt. Als hätte Azura ihm gerade eine Massage verpasst, nachdem er ein Dampfbad besucht und sich etwas Rauschkraut gegönnt hätte.
Calebs Lider senkten sich über den verklärten Blick. Für den Bruchteil von Sekunden huschten zwei Wünsche durch seine Gedanken. Er wollte sich an eine weiche Frau anschmeigen, ihre Wärme spüren. Und er wollte schlafen, um neben ihr wieder erwachen zu können. Selig lächelte er Azura entgegen. Sie aber schaute zum Fenster hinaus. Die salzige Brise grüßte sie mit Frische, aber auch mit dem Duft des Meeres. Über dem sich bewegenden tiefen Blauschwarz der See glitzerten winzigste Diamanten an der Schwärze des Himmels. Den Mond konnte sie nicht sehen, aber er musste voll und schön erstrahlen, denn außen war es heller als erwartet. Die Schönheit der Nacht schien sogar einige Matrosen von der Arbeit wegzulocken. Azura hörte sehr leise irgendein Treiben an Deck. Aber ihre Aufmerksamkeit blieb bei ihr selbst. Ohne Caleb anzuschauen klärte sie ihn darüber auf, was ihr Schicksal hätte gewesen sein müssen. Aber selbst ihre Position als Dekoration neben einem stattlichen Galan und Mutter zahlreicher seiner Erben würde ihr von nun an verwehrt bleiben. Sie sah keinen Nutzen mehr in sich.
Das weckte Caleb aus den Nachwirkungen seines unversenkten Höhepunktes. Er erinnerte sich, dass jemand Anderes ihm bereits ein ähnlich aufgeführtes Schicksal erzählt und geglaubt hatte, diesem niemals entkommen zu können. Madiha war es nicht, obgleich der Dieb irgendwann auch versucht hatte, sie aus ihrem Schicksal zu retten. Auch aus Eigennutz, denn so hatte er sein Gewissen beruhigen wollen. Schließlich war er an einigem Schuld, das in ihrem Leben schiefgelaufen war. Vielleicht könnte Caleb eines Tages sogar Sympathie für Corax aufbringen, wenn er erst einmal sah, dass auch dieser sich seinem Schicksal als Sklave unterwarf. Er verzweifelte nur nicht daran, es niemals hinter sich zu lassen. Er hielt sich daran fest, weil er Alternativen nicht kannte. Er stellte sein Schicksal nicht in Frage. Azura tat dies, denn sie war unglücklich, weil sie es nun nicht erfüllen könnte und sich nicht als wertvoll genug sah, einen neuen Weg zu beschreiten. Das half dem Dieb, seine körperlichen Bedürfnisse - die ohnehin teilsbefriedigt wurden - abzuschütteln. Er musste nur noch ein einziges Mal dagegen ankämpfen, als Azura sich für einen hauchdünnen Kuss vorbeugte. Er gab nach. Caleb war auch nur ein Mann. Außerdem überraschte sie ihn nun nicht damit und er hatte ja jetzt schon Erfahrung sammeln können! Es wurde Zeit, zu experimentieren. So erwiderte er den zarten Druck gegen seine Lippen zaghaft. Es fehlte die Leidenschaft, das Fordernde, mit dem Corax die Adlige stets überfallen hatte. Caleb hielt sich noch immer überaus höflich zurück. Ihm verging aber auch gerade der Wunsch, den Kuss lang aufrecht zu erhalten. Er musste Azura erreichen und aus ihrem Loch der Selbstentwertung herausholen.
"Ich bin erschöpft. Vieleicht ... vielleicht finde ich etwas Schlaf, wenn du mich hältst."
"Gern." Hier war er nicht scheu, sondern lud Azura mit einer geschmeidigen Bewegung ein, sich in seine Arme zu kuscheln. Eine unschuldige Umarmung, ohne Hintergedanken, jedenfalls nicht auf Calebs Seite. Er zog die Decken höher, so dass sie über ihrer beider Schultern hingen und positionierte Azura so, dass sie es möglichst bequem an seiner Brust hatte. "Sobald du schläfst, muss ich kurz fort. Aber ich werde wiederkommen. ich verspreche es dir." Er strich ihr zum wiederholten Mal durch das Haar. "Lass mich dir zum Einschlafen eine Geschichte erzählen. Eine Wüstengeschichte, bei der der Sand aber gar nicht wichtig ist. Es geht um etwas Anderes. Um jemand Anderen. Hör gut zu."

Caleb erzählt:
"Da war dieser Junge, der vom Alter her bald ein Mann sein würde. Er hatte sich bislang wenig mit dem Thema auseinandergesetzt, aber seine Freunde - oh, eigentlich waren es keine! Vielmehr handelte es sich um eine Zweckgemeinschaft, aber das war das Beste, was er kriegen konnte, also nahm er es an. Doch das wäre eine andere Geschichte. Zurück zum eigentlichen Thema: Dieser Halbstarke ließ sich überreden, einen Weg zu finden, sich die Hörner abzustoßen. Gemeinsam trieb man genug Geld auf, um eines der sarmaer Etablissements aufsuchen zu können. Die Türsteher dort waren bereit, gegen einen Obolus wenigstens einen der Jungen hineinzulassen. Die Freunde entschieden sich für besagten Burschen. Schließlich machten sie das nur für ihn. Er fühlte sich etwas nervös, als er durch die von Wachen gesicherte Tür in das Innere des Gebäudes trat. Die Luft war schwer vom Geruch des Tabaks, erlesenem Kaffee, würzigem Tee und allerlei Räucherwerk, das nur dazu da war, die zahlende Kundschaft zu benebeln. Es half, die Sinne etwas zu trüben, damit man eher bereit war, sich die Taschen leeren zu lassen.
Der Junge hatte noch genug Geld für ein Warenstück. Seine Freunde hatten ihm geraten, nicht das Erstbeste zu nehmen. Er sollte sich auf eines der gepolsterten Kissen setzen und die Darstellung auf der Bühne anschauen, um sich anschließend leichter entscheiden zu können. Da er neben einer raschen Flucht aus dem Hause keine Alternative sah, folgte er dem Rat und ließ sich ganz vorn in der ersten Reihe auf ein Kissen nieder. Er wirkte offenbar schrecklich verloren, denn es dauerte nicht lange und eine verschleierte Schönheit erschien. Ohja, das war sie, selbst wenn er weder Haare noch Gesicht richtig erkennen konnte. Aber ihre Augen zogen ihn an und von ihrer halbnackten, schlanken Statur, die nur in Gold und Seide gehüllt war, ließ er sich betören. Eigentlich hatte sie ihm ein Heißgetränk anbieten wollen - Tee oder Kaffee. Er nahm nichts von beiden, weil er kein Wort heraus bekam. So wandte die Schöne sich mit tänzelndem Hüftschwung anderen Kunden zu und der Junge hatte Zeit, auf die Bühne zu schauen. Er tat es gelegentlich, wann immer eine neue Tänzerin erschien, um mit Federfächern, Schleiern oder sogar Schlangen nach und nach die wichtigsten Stellen ihres wohlgeformten Körpers freizutanzen, bis man alles sah. Wirklich alles! Der Junge hätte hinschauen und lernen sollen. Er hätte zugucken und sich eine der Tänzerinnen aussuchen sollen, so wie es die beleibten Sultane und Kunfschaft aus fremden Landen taten, die nach den einzelnen Vorstellungen mit einigen der Mädchen in Hinterzimmer verschwanden, aus denen die wilden Melodien mehrerer Stöhmkonzerte drangen. Der Junge aber hatte nur Augen für die verschleierte Bedienung.
Als sie erneut an seinem Platz vorbeikam, gelang es ihm endlich sie anzusprechen. Er hielt sie mit der Bitte auf, für ihn das zu sein, was die Tänzerinnen für die anderen Gäste waren. Die Verschleierte zögerte nicht. Sie sprach nur rasch mit ihrer Vorgesetzten und ließ sich vorab auszahlen. Ohne eine einzige verbliebene Münze folgte der Bursche ihr in eines der Hinterzimmer.
Es war rot, gänzlich. Rote Vorhänge, ein dicker geknüpfter Teppich aus roter Wolle, rote Polstermöbel und rote Bettwäsche auf einer riesigen Schlafstatt, die größer war als des Jungen nächtlicher Unterschlupf. In die Vorhänge des Bettes waren Edelsteine und Goldschmuck gehängt, um alles noch anmutiger zu gestalten. Es duftete von schwerem Parfum und erotische Wandbilder zeigten vor, was man gemeinsam so auf dem Bett alles anstellen könnte. Der Junge sollte noch erfahren, dass die Bilder Nachzeichnungen aus dem Sarma Sutra waren, doch er würde sich keines davon einprägen können. Zu verschüchtert und gleichzeitig zu fasziniert blickte er lieber seine Verschleierte an, die er für die Nacht gebucht hatte.
Nichts sollte in dieser Nacht geschehen. Sie hatte so traurig ausgesehen, dass er nach dem Grund fragen musste. Später würde sie ihm erzählen, dass es sein unschuldiger Charme, aber auch sein Witz waren, die sie überredet hätten, ihm überhaupt zu antworten. So erfuhr er davon, dass es ihr Schicksal wäre, in diesem Hause zu arbeiten. Mit Glück musste sie nur Getränke, Gebäck, Früchte und Rauschmittel servieren. Wenn sie einem Kunden aber zu sehr gefiel, musste sie tanzen, bis sie splitternackt wäre und sich dann entweder in der Öffentlichkeit auf ihn setzen oder wie mit dem Jungen nun in die Hinterzimmer verschwinden. Dort war es ihr bestimmt, den Kunden nach seinen Wünschen zu bedienen, bis er sie entehrt, benutzt und manchmal sogar verletzt zurückließ. Sie hatte gelernt, nicht zu weinen, aber manchmal passierte es. Dann gab es kein Geld und sie hatte sich umsonst die Arbeit gemacht. Dann hieß es in der Folgenacht den Wachen gefällig zu sein, als Strafe. Aber es wäre ihr Schicksal und sie könnte ihm nicht entkommen. Denn ohne diese Tätigkeit, ohne ihre Berufung, wäre sie in der Welt nichts wert.
Der Junge lauschte jedem einzelnen Wort. Sein Schrecken über die Wahrheit hinter all den Schleiern wuchs. Er konnte nach der Erzählung unmöglich das tun, was man für ihn bestimmt hatte. Er wollte sein Schicksal nicht annehmen, ein weiterer Mann auf dem respektlos behandelten Körper der Schönen zu sein!
Er erzählte der Vorsteherin nichts. Er blieb über Nacht und wenn ein Wächter an der tür klopfte, täuschten er und die Schleierprinzessin erregtes Stöhnen vor, um nicht verdächtig zu wirken. Am Morgen verließ er das Haus, doch schon am Folgetag kehrte er zurück. Es war hart, genug Geld für einen weiteren Besuch aufzutreiben. Er hatte sogar seine Reserven dafür hergegeben, aber er wollte die Verschleierte unbedingt noch einmal wiedersehen. Er erkannte, dass das nicht reichte. Er musste täglich vorbeikommen, sie täglich buchen, nur um ihr das Schicksal zu erleichtern. Damit kein anderer ihr mehr Leid zufügen könnte.
Natürlich gelang es ihm nicht. So viel Geld ließ sich von einem wie ihm nicht beschaffen. Er war in Sarma nicht mächtig genug. Aber er kannte Leute, die es waren. Er verschuldete sich. Haushoch und für viele Jahre, die seine Seele noch mit Narben zieren würden. Niemandem erzählte er, was er alles tat, um nur genug Geld zu erhalten. Er nahm dieses Schicksal an, doch musste irgendwann einsehen, dass er ihm nicht folgen konnte. Er konnte es nicht erfüllen.
War er somit nutzlos? Nein. Er hatte Erfahrungen gesammelt, Kontakte geknüpft und konnte auf diese nun zurückgreifen, um sich und der Verschleierten neue Schicksalwege offen zu legen. So kam es, dass er mit seinen neuen Verbündeten irgendwann in dem noblen Hause stand, um die Schöne mitzunehmen. Er hatte seine Leute überzeugen können, dass sie bereit wäre, einen neuen Weg zu gehen. Bereit wäre, Neues zu lernen. Sie selbst wusste davon nichts, fürchtete sich vor diesem Pfad, auch wenn er plötzlich offen vor ihr lag und sie nur einen Schritt darauf setzen musste. Aber de Junge reichte ihr eine Hand. Mehr tat er nicht. Er konnte ihr den Weg nicht ebnen, ihr kein Wissen vermitteln oder sie mit Reichtümern überhäufen, damit sie sich den Pfad freiräumen ließ. Sie musste ihn ganz allein gehen, aber mit dem Wissen, dass er immer irgendwo am Wegrand war, um sie zu sehen.
Jahre vergingen und sie erkannte, dass sie selbst für ihren Wert verantwortlich war. Kein Schicksalsweg, keine vorherbestimmten Regeln, die man ihr auferlegte. Sie hatte nur ein eigenes Ziel zu setzen und diesem zu folgen. Oder sich ein neues zu suchen, wenn das Ziel doch unerreichbar war. Sie erweiterte ihr Wissen, lernte einiges über Gifte, aber spezialisierte sich anschließend auf Heilkunde. Das kam dem Jungen zugute, der inzwischen ein Mann geworden war. Er musste sie oft besuchen, um sich wieder zusammenflicken zu lassen. Irgendwann zeigte sich, dass sie mit ihren neuen, vielfältigen Wegen aus der Sicht seiner Verbündeten mehr wert war als er selbst. Den Jungen störte es nicht. Er hatte für sich einen neuen Pfad gefunden. Er wollte Teil ihres Lebens sein, besuchte sie oft und bat sie irgendwann schließlich, das zu tun, was er zu ihrer Zeit als Verschleierte nicht hatte tun können. Sie lehnte ab. Er würde sie niemals haben und das wäre sein Schicksal, sagte sie.
War er nun nichts mehr wert, weil sie seinen Weg mit diesen simplen Worten beschnitten hatte? Nein. Sie hatte ihm ein neues Ziel gegeben. Entweder erreichte er es oder er suchte einen anderen Pfad. Manchmal muss man die eigenen Ziele nicht erfüllen, nur weil man glaubt, es gäbe keinen anderen Weg. Man muss nur die Augen nach neuen Perspektiven offen halten ... aber man darf auch das Offensichtliche dadurch nicht aus den Augen verlieren."


Caleb stoppte seinen Redefluss, obwohl die Geschichte nicht danach klang, schon zu Ende zu sein. Er war still geworden, in sich gekehrt und besaß einen wehmütigen Schimmer im Blick. "Ich ...", er räusperte sich, "der zum Mann gewordene Junge hatte es nicht mehr rechtzeitig gesehen und nun ist ihm dieser Weg versperrt. Aber er hat neue Pfade gefunden, neue Gesichter und sammelt neue Erfahrungen. Er hält immer Ausschau nach neuen Schicksalen, um sie zu durchbrechen. Um anderen zu helfen, ihre hinter sich zu lassen. Er mag das Schicksal nicht. Es ist ihm zu vorherbestimmt und glaubt, sich wichtig genug zu machen, um den Wert eines Menschen zu wiegen. Er verlässt sich lieber auf den Zufall, denn er weiß, dass der Wert durch andere Dinge bestimmt wird. Freundlichkeit, Ehrgeiz ... ungebrochener Trotz." Caleb musste auflachen. Endlich lächelte er wieder. "Manchmal ist es aber auch nur der Beistand eines Fremden in einer Notlage." Er strich Azura durch das Haar, ohne zu wissen, ob sie überhaupt noch wach war. "Wie wertvoll bin ich, dass ich hier sitzengeblieben bin und dich halte, anstatt nun in Sarma zu sein, um gegen die Eindringlinge zu kämpfen und den Bund zu unterstützen, dem ich angehöre? Ich bin fortgelaufen, erfülle nicht mehr mein Schicksal. Wieviel bin ich wert?"
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 2. Oktober 2022, 08:18

Was hatte Madiha eigentlich von ihrem Schicksal erwartet? Glaubte sie daran, dass sie einen vorherbestimmten Weg hatte, dem sie zu folgen hatte? Wohl kaum, sonst säße sie immer noch im Harem von Khasib und würde auf so viele falsche Arten dienen. Sie ergab sich ihrem vermeintlichen Schicksal nicht. Aber sie glaubte auch nicht, dass irgendjemand oder irgendetwas, etwas für ihr Dasein geplant hatte. Madiha handelte nach ihrem Instinkt, denn der sagte ihr, dass das nicht alles vom Leben sein konnte. Vielleicht lag es daran, dass sie als Kleinkind bereits eine vage Vorstellung von Freiheit erlebt hatte. Vielleicht lag es auch einfach an ihrem Charakter. Trotzdem fiel auch ihr es schwer, das erlernte Schema einfach abzulegen. Dafür war es viel zu prägend gewesen. Und so war sie auch überfordert damit, dass ihr auf einmal eine Aufmerksamkeit zuteil wurde, die sich ganz anders verhielt als alles was sie bis dahin kannte. Caleb schürte ein unbekanntes Verlangen und rief bei ihr Reaktionen wach, die ihr vollkommen fremd waren. Und so wäre es beinahe zum Äußersten gekommen, wenn sie nicht misstrauisch geworden wäre. Ausgerechnet Corax wollte nun bei ihr wecken, was so kostbar und für Madiha einzigartig gewesen wäre. Sobald sie erfuhr, dass es der Dunkelelf gewesen war und nicht etwa Caleb, verzog sich das Gefühl von Verlangen. Sie kam sich seltsam vorgeführt vor und schämte sich, dass sie dem Raben gezeigt hatte, was sie offensichtlich innerlich fühlte. Doch wie nannte man diese Art der Gefühle? Madiha hatte nie Zugang zu Büchern und selbst jetzt konnte sie nur mäßig lesen. Ganze Geschichten würde sie wohl so schnell nicht im Geiste erleben können, doch gab es nicht die seltenen Momente, in denen die Mädchen im Schlafraum sich schwärmerische Geschichten erzählten? Madiha wurde von ihren Gedanken abgelenkt als Corax sie vermeintlich heilte. Skeptisch blickte sie auf ihre Hände, wackelte ein kleinwenig mit den Fingern und verzog das Gesicht. Sie glaubte nicht daran. Madiha aber folgte dem Raben als er sie aufforderte. Auf ihre Worte reagierte er seltsamerweise überraschend. Verständnislos sah sie den anderen an und schüttelte leicht die dunklen Haare. „Du hast mich falsch verstanden, es ging mir nicht darum, ich mache mir Sorgen um di-“, er unterbrach sie, Also gut. So kann ich auch besser auf dich achten, Herrin. Aber dann suchen wir Azura zuerst.", bestimmte er. Madiha blinzelte nur kurz und nickte folgsam. Ihr war es einerlei, obwohl sie sich an die Meuterei erinnerte. Sie musste schleunigst den Dieb finden, damit sie an Deck auftauchen konnte. Plötzlich lehnte sich Corax vor und sie stutzte. "Wen kümmert schon der Schiffskoch mit seinen Gliedmaßen abtrennenden Methoden? Du brauchst ihn nicht." Sie runzelte die Stirn und binnen eines Augenschlags, stand wieder Caleb vor ihr. Sie zuckte zurück. Daran würde sie sich wohl so schnell nicht gewöhnen können. Die illusorische Nähe brachte ihren Körper durcheinander, der sich sofort wieder zu sehnen begann. Dass Caleb – Corax!- nun aber Sendli beherrschte, triggerte etwas in ihrem Hinterstübchen. Sie fühlte sich alarmiert. Das könnte viele Probleme geben. Madiha aber versank in dem tiefen Blaugrün und ihre Mundwinkel hoben sich verräterisch. "Da seid ihr ja! Steht hier immer noch herum, dabei hat Briggs euch angekündigt. Wir warten schon." Das Wüstenkind zuckte so ertappt zusammen, dass sie den Matrosen regelrecht mit weitem Augen ertappt ansah. "Die Besprechung hat sicher schon begonnen, bis wir da sind. Los, los, ich will nicht zu viel verpassen." Und bevor Madiha etwas erwidern konnte, willigte der falsche Caleb schon ein. „Was?!“, entfuhr es ihr und sie sah dem Matrosen nach, der sich schon wieder auf den Weg machte. Das Mädchen schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, Corax! Das geht nicht. Du bist nicht er!“, protestierte sie und stellte sich vor den Maskierten, um ihm den Weg zu versperren. „Lass den Unsinn, ich… ich bitte dich, das ist wirklich… viel zu… viel zu…“, Madiha ertrank im Anblick von Caleb. Sie musste gegen ihr körperliches Verlangen regelrecht ankämpfen, damit sie nicht einen fatalen Fehler beging. Die Illusion war aber auch einfach perfekt… bis zur letzten Haarsträhne. Dennoch. Er war und blieb der Dunkelelf, der zig Matrosen getötet und sie beinahe aus dem Leben gerissen hätte. Und eines wusste Madiha in all ihrer Unwissenheit: Sie könnte nicht vergessen, dass er eben Corax war. Und dass er ihr, Madiha, niemals etwas entgegenbringen könnte, was im Ansatz so war, wie das was er für Azura empfand. „Du kannst mitkommen, aber nicht so…“, versuchte sie es abermals, ihn davon abzuhalten, sich als Caleb auszugeben. Dann wurde sie etwas unruhiger und blickte sich um. "Wo ist Caleb nur...? Wir sollten gemeinsam zu den Matrosen.", fragte sie leise, um den Kapitän nicht aufzuschrecken. Sie wollte sich durch die Haare streichen, die durch das Schlafen etwas durcheinander geraten waren, doch die Bandagen hinderten sie daran. Einen Moment verharrte ihr Blick auf ihnen. Dann verzog sie trotzig das Gesicht und befreite sich von ihnen. Was sollte schon passieren? Entweder hatte er die Wahrheit gesagt, dann könnte sie ihre Finger benutzen... oder nicht. Dann änderte sich nichts daran. So recht glauben, tat sie aber dennoch noch nicht. Madiha hob den Blick zurück. "Meinst du, ihm ist etwas zugestoßen? Ich verstehe nicht, wieso er nicht auftaucht.", murmelte sie gefankenverloren und sah wieder über die Schulter, als könne er plötzlich auftauchen, wie er es so oft getan hatte in ihrem Leben.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Sonntag 2. Oktober 2022, 09:49

Während sie mit ihrer vermeintlich verpufften Wirkung auf die Männerwelt haderte, bemerkte sie gar nicht, dass dies bei weitem nicht der Realität entsprach. Nun gut, ein wenig konnte sie es schon spüren, nur eben nicht so, wie sie es sich erwartet hatte. Und das gemeinsam mit ihrer Trauer, ihrem Verlust zog sie immer tiefer hinab in jene Verzweiflung, die sie zu solch unüberlegten Taten brachte. Auch jetzt, als sie sich regelrecht gegen ihn geworfen und an seinen Schoß geschmiegt hatte.
Deutlich war jene Beule, wie nur Männer sie haben konnten, und dennoch dauerte es bei ihr, bis sie diese als solche überhaupt erkennen konnte. Um mit leisem Schrecken als auch mit einem freudigen Pochen zwischen ihren Beinen festzustellen, wie gut dieser Mann bestückt war. In den heißen Quellen, als Corax sich ihr präsentiert hatte, hatte sie schon befürchtet, er würde sie damit zerreißen und mehr Schmerz denn Lust bereiten, doch sie hatte sich geirrt.
Allerdings... wie wäre es dann erst bei diesem Prachtexemplar? In der Brust der jungen Frau haderten, übertüncht von ihrer seelischen Pein, zwei Gefühle miteinander, die Angst vor der fühlbaren Größe und das Sehnen, genau von jener ausgefüllt zu werden. Welche davon den Sieg erringen würde... Nun, sie sollte es niemals erfahen, auch wenn sie es jetzt noch nicht wusste.
Im Moment spürte sie ihn lediglich an ihrer Wange, mit der sie sich unbewusst an ihn schmiegte, und zeitweise an ihrem Dekolleté, dessen zu große Offenherzigkeit sie weiterhin nicht wahrgenommen hatte. Sie konnte fühlen, wie er unruhig wurde und sich fester an sie presste, während die Finger in ihrem Haar sie ebenfalls dirigieren zu wollen schienen.
Und so sehr ihrem inneren Feuer diese Behandlung auch gefallen mochte, ihm regelrecht Nahrung gab, so sehr war sie in ihrer Gefühlswelt gefangen und wusste die Zeichen nicht richtig zu deuten. So beraubte sie sich wohl selbst am ehesten des vielversprechenden Vergnügens, als sie sich von sich aus von ihm zurück zog, sich aufsetzte... und den Blick von ihm abwandte.
Seinen Ausbruch in Sendli kommentierte sie nicht, wollte sie auch gar nicht. Lediglich ihre Augenbrauen zuckten in die Höhe, als Zeichen, dass sie die Worte durchaus verstanden hatte, ehe sie wieder in ihren eigenen Gedanken gefangen war. Und auch den Umstand, dass seine Hose nun ein verräterischer Fleck zierte und der Stoff nicht mehr zum Zerreißen gespannt erschien, entging ihr.
Ihre eigenen inneren Flammen waren indes zwar noch vorhanden, aber sie glommen eher, als dass sie wahrlich lodern konnten. Mit der ein oder anderen Berührung hätte er diesen Umstand erreichen können, so wie es auch Corax gelungen war, nur... er berührte sie ja gar nicht. Also konnte sie zu tief in ihr schweres Gemüt sinken und sich darin suhlen, obwohl es ihr denkbar schlecht erging dadurch.
Worte fielen und am Ende wollte sie es ihm beweisen, wie furchtbar und unnütz sie war, indem sie ihn erneut küsste. Relativ keusch, kurz und ohne sonderlich viel Leidenschaft, weil das schien sie ja offensichtlich nicht zu beherrschen. Dass er es hingegen dieses Mal erwiderte, zurückhaltend und dennoch irgendwie... ehrlich, rührte etwas in ihr an. Unter anderen Umständen hätte dies vielleicht der erneute Beginn für etwas sein können, das irgendwann im Verschlingen zweier Leiber enden würde.
Doch dieses Mal war es Azura nicht möglich, sich darauf einzulassen. Stattdessen gestand sie ehrlich ihren Zustand und erhielt eine Einladung dazu, genau dagegen etwas zu tun.
Er öffnete seine Arme für sie und sie schmiegte sich hinein, bis sie eine halbwegs bequeme Position finden konnte, mit der Wange nun an seiner Brust, die Hand flach daneben und seinen beständigen Herzschlag direkt an ihrem Ohr. So konnte sie etwas von seiner Wärme aufnehmen und zugleich einen kleinen Ausschnitt des Sternenhimmels sehen, bis ihr die Augen zufallen würden.
Bei seinen Worten verfinsterte sich ihre Miene für einen kurzen Moment lang. "Natürlich, ich reiche ja nicht...", murmelte sie in sich hinein und konnte nichts gegen diese aufwallende Eifersucht unternehmen. Ihre inneren Barrieren waren derzeit schlichtweg nicht vorhanden, sodass jegliches Gefühl, das es flüchtig schaffte, sich aus dem Chaos heraus zu kämpfen, auch sofort an die Oberfläche drang.
Dann aber seufzte sie und ließ ihn reden. Eigentlich wollte sie keine Geschichte hören, doch seine Stimme besaß einen angenehmen, beruhigenden Klang und das Vibrieren seines Körpers dabei, das sie durch die Nähe zu ihm spüren konnte, half ihr ebenfalls dabei, etwas zur Ruhe zu kommen. Es dauerte gar nicht lang, da senkten sich ihre Lider und obwohl sie eigentlich die Worte hatte ignorieren wollen, drangen sie bis zu ihrem Geist vor.
So kam es, dass sie von einem dunklen, verrucht wirkenden Ort träumte, zumindest in der Kategorie, wie sie es sich mit ihrer mangelnden Erfahrung vorstellen konnte. Von gedämpften Farben, gedimmten Licht und einer süßlich-schweren Luft, die einem anfangs den Atem raubte, um einen danach träge und entspannt zu umhüllen. Sie sah verschleierte Tänzerinnen, wie sie die Hüllen immer mehr fallen ließen, manche mit großen, wogenden Melonen ausgestattet, andere wiederum mit kleinen, knackigen Äpfeln und alles mögliche dazwischen. Jedoch hatten sie alle etwas gemeinsam: sie waren jung und ihre Körper biegsam, ähnlich wie der ihre und dennoch viel besser geschult und erfahren in Dingen, die sie noch lernen müsste... wollte... eigentlich nicht durfte.
Irgendwann seufzte Azura im Schlaf und drehte sich in der Umarmung, um sich nun mit dem Rücken an ihn zu schmiegen. Damit nicht genug, griff sie sich seinen oberen Arm und presste diesen so an sich, dass sie mit der Wange in seinem Handteller zum Ruhen kam, während sie ihre Arme um seinen Unterarm geschlungen hielt und ihn auch wieder gegen ihren weiterhin entblößten Busen presste. Ob es ihm gefiel oder nicht, so leicht würde er sich nicht davon stehlen können, denn sobald er sich von nun an bewegen würde, würde sie reagieren und ihr gewonnenes Kuschelobjekt mit festem Griff und vollkommenen Körpereinsatz verteidigen.
Indes sah sie in ihrem Traum weitere Bilder, von Frauen, die sich lautstark hinter geschlossenen Vorhängen besteigen ließen, von Frauen, die ohne jede erkennbare Scham zwischen männlichen Schenkeln knieten und dort Bewegungen mit dem Kopf machten, die unmissverständlich waren. Von Frauen, die ihre Blöße auf der Bühne als Höhepunkt der Darbietung präsentierten. Und irgendwann, während ihr eigener Körper zwischen dem Bedürfnis nach Ruhe und jenem nach Berührung schwankte, sodass vor allem ihre Hüfte unruhig wurde, trat wieder eine Tänzerin auf, um genau vor ihm, vor dem Schiffskoch, ihre Vorstellung abzuliefern.
Die junge Frau sah ihr von der Ferne zu... und hatte zugleich das Gefühl, sich zu bewegen, selbst diese Person zu sein, die da um seine Aufmerksamkeit buhlte, indem sie sich lasziv bewegte und immer mehr Hüllen fallen ließ. Anfangs war es von Erfolg gekrönt, sie spürte seinen Blick und seinen Wunsch, nach ihr zu greifen, um mit ihr das zu tun, wofür er gekommen war.
Solange, bis... bis eine andere Verschleierte zu ihm trat. Sofort war sein Blick von dieser Person gebannt, er erhob sich und lüftete unendlich langsam den Stoff von ihrem Gesicht. Azura hatte indes aufgehört zu tanzen und sah ungläubig zu, wie er immer mehr enthüllte, einen dünnen Körper, schwarze, kurze Haare, narbige Haut... Die Göre!
"Nein...", entkam es ihr wie ein Hauch sowohl im Traum, wie in der Wirklichkeit. Ihr Körper wurde unruhiger in der Zwangsumarmung, während der Traum noch nicht seinen ganzen Schrecken entfaltet hatte, der da noch auf sie lauerte.
Denn als sie näher trat und seine Aufmerksamkeit zurück gewinnen wollte, hatte sich der Mann vor ihr verändert. Er war größer geworden, schmaler und dennoch muskulös, mit dunkler Haut, langem Haar und herrlich roten Augen, die nun zu ihr sahen. Hämisch grinste er sie an und schlang den Arm um den falschen Schiffsjungen, wie, um ihr zu zeigen, wem sein Interesse nun galt.
Die junge Frau schluchzte leise und verzweifelt auf, streckte die Hand nach ihm aus, um ihn zum Bleiben zu bewegen. Doch er ignorierte es und ging, mit der Göre im Arm, davon. Ließ sie, nackt, entblößt, gedemütigt mitten auf der Bühne zurück, um die sich nun andere, sabbernde und feiste Kerle zu drängen begannen, um sich ihr zu nähern.
Hilflos musste sie zusehen, wie sie selbst sich unvollständig mit den Armen zu bedecken versuchte, denn ihre Kleidung war, wie durch Zauberhand, verschwunden, während sie zurück wich. Doch früher oder später wäre dieser Fluchtweg für sie zu Ende und was dann mit ihr geschehen würde...
Plötzlich schlug Azura die Augen auf, zitternd und noch halb gefangen in diesem letzten, schrecklichen, voller böser Ahnungen erfüllten Bild, und wusste erst einmal nicht, wo sie sich befand. Ob sie alleine war oder nicht, ob sie jemanden hielt oder er sie und wenn ja, wer. Ob sie unsittlich berührt wurde oder nicht. Ob ihr das... gefallen würde oder nicht. Stattdessen hämmerte es nur an mehreren Stellen in ihrem Körper und ließ sie schwindelig werden.
Was war nur passiert?! Und vor allem... was würde nun passieren...?
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Sonntag 2. Oktober 2022, 10:08

Madiha:
"Nein, Corax! Das geht nicht." Er grinste auf, mit diesem furchtbar echten, wunderschön verschmitztem Caleb-Grinsen. Es ließ sogar seine Augen funkeln. Grünblau, wie Mischedelsteine oder die Wasseroberfläche einer von Algen besiedelten Oase. Madiha schüttelte den Kopf. "Du bist nicht er!" Er schaute an sich herab. "Im Moment sieht es ganz danach aus." Und nun auch noch in Sendli. Dass Madiha dies wichtig für eine perfekte Inszenierung Calebs war, hatte er verinnerlicht. Seine Stimme klang so unsagbar ... verführerisch. Sie weckte die Sehnsucht des Mädchens, die Lippen zu kosten, welche solche Worte formten. Aber es waren nicht Calebs Lippen. Madiha fing sich. "Lass den Unsinn, ich ..." Corax grinste nur erneut. Es machte ihm sichtlich Spaß, dieses Mal nicht auf seine Herrin zu hören. So musste er sich auch bei Azura benommen haben und bereitete ihm ein unsagbares Vergnügen. Man sah ihm an, dass er hier das Stück Freiheit genoss, von dem er glaubte, es gar nicht zu kennen. Dann aber erstarrten seine Gesichtszüge. Caleb-Corax blinzelte, als Madiha nachsetzte: "... Ich bitte dich, das ist wirklich ... viel zu ... viel zu..." Das Grinsen schwand, wandelte sich in ein sanftes Lächeln, mit dem Caleb nicht nur Madiha schon entwaffnet hatte. Er besaß einen ganz anderen Charme als der Dunkelelf, obgleich auch er wusste, andere um den Finger zu wickeln. Dass er wie der Wüstendieb aussehen konnte, war eine solche Gefahr für das Kind Sarmas. Mit einem Mal jedoch verwandelte Corax sich zurück und ließ endlich Madihas Handgelenk los. Er war wieder er selbst. Nur Calebs Lächeln schimmerte auf seinen Zügen nach und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Madiha, in den Rubinen seiner Augen auch ein blaugrünes Glitzern wahrzunehmen. Dann war es fort. "Wenn das dein Wunsch ist, erfülle ich ihn - Herrin." Er erinnerte sie daran, warum er sich überhaupt ihrem Willen unterwarf und dass er nun wohl anders gehandelt hätte, wäre die Entscheidung bei ihm gewesen. Aber er folgte alten Mustern, wie auch sie es immer noch tat manchmal. Trotzdem hatte sich etwas geändert. Corax befolgte ihren Wunsch nun auch aus einer gewissen Freiwilligkeit heraus. So fühlte es sich jedenfalls nun an.
Er wandte sich wieder der Tür zu, ganz so, als wollte er sich zurück in die Kammer verziehen. Ein Caleb durfte mitkommen. Ein Sklave hatte auf die Rückkehr seiner Herrin zu warten. Er war es gewohnt. Vielleicht sehnte er sich insgeheim deshalb danach, in anderer Gestalt vom Kuchen der Freiheit die Krümel zu stibitzen. Aber auch hier durfte Corax erkennen, dass Madiha sich von seinen einstigen Herrschaften unterschied.
"Du kannst mitkommen, aber nicht so ..."
Er stutzte und sah zu ihr herüber. "Wie soll ich denn dann aussehen?", fragte er und erstes sanftes Verschwimmen seiner Konturen deutete an, dass er sich gar in den Jungen Corax verwandeln wollte. Er ließ die Illusion sofort wieder fallen, als Madiha sich Sorgen um Calebs Verbleib machte. Jetzt zeigte ihr Sklave Initiative. Er wagte sich plötzlich einiges. Jegliche Form der Scheu schien verschwunden zu sein. "Ich suche ihn und bringe ihn zu dir. Wohin sollen wir anschließend kommen?" Corax wusste nichts von der geplanten Meuterei und der vorhergehenden Besprechung. Somit wusste er auch nicht, dass die Matrosen sich im erhöhten Heckbereich treffen wollten, wo sich das Steuerrad des Schiffes befand - direkt über der einstigen Kapitänskajüte.
Der Dunkelelf ließ die Zimmertür also geschlossen und war bereit, aufzubrechen. Er stapfte an Madiha vorbei, hielt inne und drehte sich noch einmal um. Dann ging er auf ein Knie herunter, um ihre Hand zu ergreifen, als wollte er ihr gleich einen Antrag machen. Er schaute zu ihr auf, mit einer Spur Strenge im Blick. "Du musst dran glauben", gemahnte er und hob ihre Handfläche zu seinen Lippen. Madiha hatte die Verbände längst gelöst und feststellen müssen, dass kaum etwas geheilt war. Ihre Handflächen sahen nicht mehr so schwarz verbrannt aus. Vielmehr wirkten sie rosig frisch, als sei das Fleisch noch offen und ohne schützenden Schorf. Wenigstens schmerzten sie nicht, aber von Heilung konnte hier keine Rede sein. Natürlich nicht. Corax machte ihren mangelnden Glauben dafür verantwortlich. "Ich muss wohl etwas mehr Kraft investieren", raunte er und küsste dann die Handinnenfläche. Seine Zungenspitze fuhr sanft über das rosa Fleisch. Madiha ... fühlte es. Keine Taubheit, sie konnte sogar die feuchte Zungenspitze spüren! Jetzt hieß es nur noch, daran zu glauben, dass er mit seinen Küssen etwas bewirkte. Corax verließ sie nicht, bevor er sich nicht beiden Händen intensiv gewidmet hatte. Man mochte sich fast schon wünschen, dass er nun doch wieder wie Caleb aussah, aber es fühlte sich dennoch angenehm an. Allein, dass sie etwas spüren konnte, war beruhigend. Ihre Hände würden nicht zu tauben, unbrauchbaren Gliedmaßen verkümmern.
Endlich löste der Elf sich von ihr und erhob sich. "Ich finde ihn und bringe ihn dir zurück." Dann stieg er als erstes die Stufen gen Deck. "Verdammter Kerl, macht ja nur Ärger. Was findet sie an ihm? Ich kann ihn nicht leiden ... er hat mit ihr geflirtet. Ich hab's gehört!" Jetzt, da er sich außer Reichweite seiner Herrin wähnte, fluchte er düster in sich hinein. Sobald auch Madiha an Deck kam, musste sie feststellen, dass Corax verschwunden war. Sie sah ihn nicht über die Planken laufen, welche das Mädchen mit klammer Kälte begrüßten. Hinzu gesellte sich eine sanfte Brise. Sofort fröstelte sie, war sie doch nur spärlich mit dem Nötigsten bekleidet und trug nicht einmal Schuhe. Nun, das taten die wenigsten Matrosen. Es erleichterte ihnen das rasche Emporklettern in die Wanten, aber sie waren die niedrigeren Temperaturen auch gewohnt. Eine Sarmaerin wie Madiha fror bereits bei milden Gaden wie heute Nacht. Sterne glitzterten am Himmelszelt und der Mond erhellte ihr den Weg. An Bord war es beinahe still. Hätte Madiha nicht gewusst, dass sie zum Heck und dort auf den erhöhten Bereich müsste, sie hätte es nur durch bewusstes Lauschen erkennen können. Nämlich dann, wenn der Wind das leise Murmeln zu ihr herunter trug.
Licht brannte dort nicht und so erkannte sie die versammelten Gestalten auch erst, als sie selbst dort eintraf. Einer der Matrosen hielt gerade einen geflüsterten Monlog: "... und deshalb müssen wir dem Einhalt gebieten. Ihr alle habt bemerkt, dass er sich verändert hat. Er mag ein perfekter Erster Maat sein, aber die Rolle des Kapitäns ist ihm zu Kopf gestiegen."
"Wohl eher der schwarze Schwanz seines neuesten Lieblings." Leises Lachen unter den Männern. Niemand nahm von Madiha so weit Notiz, als dass sie begrüßt worden wäre. Lediglich Briggs nickte ihr stumm zu. Caleb war unter den Versammelten nicht auszumachen. Allerdings konnte Madiha mit einem schnellen Blick erkennen, dass sich nahezu die gesamte, verbliebene Mannschaft eingefunden hatte. Das sagte viel aus. Niemand gefiel Jakubs Umgangston an Bord.
"Wir sind mehr und sein Zauberfreund kann ihm nun auch nicht mehr helfen."
"So? Warum nicht? Hat er ihn handlungsunfähig gemacht, weil er nun nicht mehr sitzen kann?" Wieder lachten einige leise, was von mahnendem Zischen gefolgt wurde, als Signal, ruhig zu bleiben. Der Sprecher schüttelte den Kopf. "Hast du's vorhin nicht mitbekommen? Der Kerl wurde tot am Bugspriet gefunden. Blutüberströmt und absolut leblos, in den Armen der Hysterischen. Schätze, sie hat es zu Ende gebracht."
"Nej, die hat geweint, war vollkommen aufgelöst. Sie ist jetzt beim Smutje."
"Also ist der Elfenzauberer tot?"
Einstimmiges Nicken ging durch die Gruppe. Schließlich nahm der Sprecher wieder das Ruder in die Hand. "Damit hat Jakub nur noch sich selbst, um gegen eine ganze .. eine halbe Mannschaft anzukommen. Wir sollten ihn leicht und ohne großes Blutvergießen überwältigen können. Anschließend werden wir sehen, ob er mit sich reden lässt, wir ihn einfach nur unter Deck sperren oder über die Planke jagen."
"Nicht noch ein Toter, Surt."
Der Angesprochene - Surt, sein Name - verschränkte die kräftigen Arme vor der haarigen Brust. Er trug bei dieser nächtlichen Kälte sein ohnehin dünnes Seefahrerhemd offen! "Mir wär's auch lieber, er kooperiert, aber niemand von uns kann ihn ihn hineinsehen."
"Solange er nicht in uns hineinsieht ... mit seinem Mast." Erneut lachten sie und das hätten die Männer lieber bleiben lassen sollen. Das Knarren der Treppenstufen kündigte einen weiteren Mann an, der sich näherte. Alle drehten sich plötzlich zu ihm herum. Waren sie zu laut gewesen? Hatte man sie nun entdeckt? Sofort fuhren einige Hände an die Säbel und Entermesser.


Madihas Lebensenergie ist zurück auf

gestiegen - bitte im Profil aktualisieren!


Azura:
In Tierform war es leichter, sich zu bewegen. Er kam schneller voran, vor allem aber blieb er ungesehen. Niemand würde von der kleinen Ratte Notiz nehmen, die mit schwarzem Pelz und roten Augen über das Deck huschte. Dieses Mal handelte es sich nicht um die unheimlichen Stockmännchen, wenngleich er diese Illusion von ihnen abgekupfert hatte. Corax war es und er erreichte sehr geschwind die Kabinentür zum ehemaligen Reich des Kapitäns. Sie war glücklicherweise nicht ganz geschlossen, so dass er sie selbst mit seiner pelzigen kleinen Nase weit genug aufdrücken konnte, um den wuscheligen Körper hindurch zu pressen. Dahinter aber drückte er sie mit einem kräftigen Schwung seines pelzigen Pos ins Schloss. Es klackte sanft, kam aber kaum gegen das gleichmäßig tiefe Atmen im Raum an. Vorsichtig schaute Corax sich um. Das dämmrige Licht half ihm schnell, die beiden Gestalten im Bett des Kapitäns auszumachen. Hatte Jakub sich hier etwa eingenistet? Wenn er da mit Azura lag, dann...!
In Corax wuchs sofort eine Wut heran, die ihn elfische Gestalt annehmen ließ. Er schlich sich an das Bett heran und als ein Augenpaar seinen Blick erwiderte, weiteten sich seine Rubine vor Schreck. Auch sein Gegenüber starrte plötzlich mit handtellergroßen, blaugrünen Seelenspiegeln zu ihm ins Dämmerlicht. Er bewegte sich leicht unter der Last auf seinem Körper - nackter Last, wie Corax feststellte. Die schönen Brüste, die er einmal, nur ein einziges Mal ohne Azuras Wissen berührt hatte, um ihre Form zu spüren, lugten nun verrätertisch über Calebs Unterarm hervor. Ihre Spitzen waren aufgerichtet und dass sie nicht das einzig Nackte an der Adligen waren, musste er ebenso entdecken, als ihr Bein bis zum Strumpfband unter der Decke hervor blitzte.
"Du? Aber wie...?", raunte Caleb, dass Corax die Stimme zu hassen begann und nie wieder selbst nutzen wollte. Außerdem sprach er gar nicht jedes Mal Sendli! Was für ein verachtenswerter, hassenswerter, wiederwärtiger, zum Tode verurteilter ... Mann!
Der Dunkelelf wich zurück. Der Wüstendieb arbeitete sich so gut es ging unter Azura heraus. Sie murmelte ein garmisches Nein und regte sich leicht, konnte ihr Ruhekissen aber nicht daran hindern, sie allein im Bett zurückzulassen. Caleb trat Corax entgegen. Jener musterte ihn, sah das zerknitterte Hemd, vor allem aber den verräterischen Fleck im Schritt. Er wich noch einen weiteren Schritt zurück, nahm allerdings eine angriffslustige Haltung an und bleckte die Zähne. In seiner Handfläche blitzte eine von schwarzem Faden umgarnte Nadel hervor.

Als Azura die Augen aufschlug, nahm sie nicht nur eine Veränderung ihrer Position wahr, sondern auch die Kälte, die durch den Mangel eines anderen Körpers entstand. Sie lehnte nicht mehr länger an Caleb, aber er hatte ihr ja mitgeteilt, nach Madiha sehen zu wollen, sobald sie eingeschlafen wäre. Das Gör. Selbst im Wachzustand schwebte es wie ein Dolch über ihr und hinderte sie daran, Frieden zu finden. Die Bilder ihres Traumes hingen noch schwer auf ihrer Seele und so fand Azura sich nicht gleich sofort zurecht. Trotzdem erregte etwas ihre Aufmerksamkeit. Nicht nur, weil sie es aufblitzen sah, sondern weil es sie auch in die Haut des nackten Schenkels piekte. Eine Nadel lag zwischen den Bergen aus Stoff von Kleidung und Laken. Sie hing immer noch an einem schwarzen Faden, der zwischen einigen Lagen der Decke zu verschwinden schien.
Sofort entstanden neue Bilder vor ihrem geistigen Auge. Erinnerungen an den Dunkelelfen. Dieses Mal ohne die Göre, aber mit einem düsteren Ausdruck im Gesicht und einem Grinsen, das Azura erschauern ließ. Erinnerungen an seine Worte drangen in ihren Geist ein. Worte über einstige Herrinnen, eine im Besonderen. Eine Schneiderin, die ihm das Handwerk beigebracht und ihn anschließend verstoßen hatte. Erinnerungen an seinen Racheakt ... an zugenähte Körperöffnungen, dass sie den Mund nicht einmal zum Schreien öffnen konnte. Dafür klangen Corax' Worte in ihrem Gehörgang, als hätte er sie frisch ausgesprochen: Ich hab ihr Lächeln verschlossen - oben und unten.
Die aufkommende Panik ließ sich kaum zurückhalten. Azura musste allerdings rasch feststellen, dass ihre Lippen nicht von der Nadel durchstochen und von schwarzem Garn zusammengezogen worden waren und auch als sie an sich herunter und in ihren Schritt griff, war alles in Ordnung. Sofern sie noch nach der Quelle des schwarzen Garns suchte, würde sich nach ein wenig Wühlen in den Decken fündig. Knapp unterhalb des Saumes der Bettdecke war etwas eingenäht worden. Ein Herz, aus schwarzem Garn. Mehr nicht. Aber wie war das möglich? Woher wusste Caleb von diesem dunklen Geheimnis ihres verlorenen Schufts und wie war es ihm gelungen, ausgerechnet ein Herz in den Stoff einzunähen? Besaß auch er das Talent für die Schneiderei?
Sobald Azuras Blick oder sie selbst das Bett verließen, würde sie auf die Gestalt im Zimmer aufmerksam werden und sei es nur, weil sie mit dem Fuß gegen ihn stieß. Vor dem Bett, auf den Planken war er in sich zusammengesunken. Er war wieder zurück und hatte sie nicht wecken wollen, indem er sich wieder zu ihr unter die Decken kuschelte. Caleb ruhte friedlich gegen den Bettkasten gelehnt, den Kopf auf seinem Unterarm platziert, die Augen geschlossen. Noch immer zierte ihn ein Fleck an der Hose, aber jener schien inzwischen getrocknet zu sein. Azura hatte also eine ganze Weile geschlafen.

Madiha:
Ein Aufatmen ging durch die Reihe der Versammelten. Jakub Tauwetter war es nicht, der die Stufen zu ihnen empor kam, auch wenn sich beide von der Statur her nicht unähnlich waren. Letztendlich konnte Caleb aber mit deutlich mehr Haar protzen, dafür war er nicht dermaßen hochgewachsen wie der selbsternannte Kapitän, den es nun zu stürzen galt.
Der Wüstendieb hob eine Hand zum Gruß und als er Madiha entdeckte, blitzten seine Augen auf. Still trat er an ihre Seite, um ihr sofort eine Hand auf die Schulter zu legen. Er nickte den Matrosen zu, damit sie fortfahren konnten mit dem, wobei er sie unterbrochen hatte. Surt klärte ihn dennoch rasch auf, denn auch ein Nachzügler musste Bescheid wissen: "Wir sind uns einig. Jakub Tauwetter kann nicht länger Kapitän der Blauen Möwe sein. Sofern er bereit ist, zu reden, würde ich ihm sogar noch den Posten des Ersten Maats geben. Keiner von uns kann abstreiten, dass seine Kenntnisse auf dieser Position die besten sind. Als Maat machte er sich immer gut, nur als Kapitän ist er einfach ... unbrauchbar."
Eifriges Nicken in den Reihen der Mannschaft. Surt fuhr fort: "Zeigt er sich widerspenstig, sperren wir ihn unter Deck und beraten uns, ob sein Opfer an Ventha gerechtfertigt wäre." Er seufzte. "Versuchen wir, das zu vermeiden."
"Wir sollten den Bastard am Mast aufknüpfen", raunte Caleb düster und sein Griff um Madihas Schulter festigte sich etwas.
"Das sehen wir dann. Nun gut. Wir sind bewaffnet und bereit, seine Kabine zu stürmen. Wie sieht es mit euch aus?" Surt schaute Caleb und Madiha an. "Hat die Furie von einer Adligen sich beruhigen können über den Tod ihres Elfenzauberers?"
"Tod?" Caleb stutzte. "Nun, eigentlich ..." Er sah zu Madiha herunter und dann wieder zu Surt. "Das besprechen wir später. Sag uns, was wir nun tun sollen."
"Gegen mich antreten, würde ich sagen!" Dieses Mal hatten die Stufen nicht geknarrt. Der Mann kannte das Schiff wie seinen eigenen Körper und wusste selbst in der Dunkelheit, wo er hinzutreten hatte, um kein Geräusch zu erzeugen, wenn er lautlos bleiben wollte. Mit gezogenem Entermesser in der Hand blickte er in die Runde hinein, bereit, jeden Angreifer sofort abzuwehren. Das Mondlicht spiegelte sich auf seiner Glatze wider und verpasste den strengen Augen eine eigene, unheimliche Aura. "Eine Meuterei, was?", knurrte Jakub. "So dankt ihr es mir, dass ich euch vor dem Wahn eines dunkelelfischen Möchtegernzauberers bewahrt habe und ihn als sein neuer Herr unter Kontrolle halte?"
"Achwas, du wolltest ihn einfach nur benutzen - so wie sie!", knurrte Caleb ihm entgegen, nickte in Madihas Richtung und war dieses Mal kaum zu halten. Erst als zwei Matrosen inm in den Weg traten, hielt er sich im Zaum. Jakub hatte nicht einmal einen Blick für ihn übrig. Er hob die Schultern an. "Na und? Er hat die halbe Mannschaft auf dem Gewissen. Als Mörder ist er nichts wert. Er kann froh sein, sich nur bücken zu müssen, dafür aber noch am Leben zu bleiben. Aber dass ihr euch mit eurer Meuterei hinter einen wie ihn stellen wollt ... werde ich nicht zulassen."
Er brachte sich in Kampfhaltung. Die Matrosen erwiderten es, doch noch wagte keiner anzugreifen. Keiner, außer Caleb. Madiha konnte spüren, dass er gespannt war wie ein Flitzebogen und bereits plante, welchem Seefahrer er die Klinge netreißen würde, um sie Jakub ins Herz zu stoßen. Wenn niemand eingriff, würde er einen Mord begehen.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 2. Oktober 2022, 12:31

Wie machte er das nur? Wie nur konnte Corax den echten Caleb so imitieren, dass Madiha ganz weiche Knie bekam? Warum quälte er das Mädchen so? "Im Moment sieht es ganz danach aus.", antwortete er in Sendli auf ihren Widerspruch. Madiha presste die Lippen aufeinander. Ihre Augen wollten sehen und wollten ihr weismachen, dass es der echte Caleb wäre. In ihr wuchs eine schlimme Sehnsucht, dass es wahr wäre. Fühlte sich so diese Verheißung an, nach der sich die Harems-Mädchen verzehrten? Von der sie heimlich träumten, wenn sie benutzt wurden? Madiha wurde wieder rot bei seinem Anblick. Wenn sie nur für einen Moment… sie könnte spüren, wie es wäre, wenn …. Doch Madiha’s misstrauischer Verstand schaltete sich dazwischen. Wie ein kleiner General, gebot er Libido und Vorstellungskraft Einhalt und holte das Mädchen zurück zur Wahrheit. Es war nicht Caleb. Und sich das einzureden, würde ihre Lage sicher nicht verbessern. Und überhaupt… sie dachte ja nur so, weil der echte Caleb ihr plötzlich solche Flausen in den Kopf gesetzt hatte. Spielte auch er mit ihr, wie Corax sich gerade entfaltete? War es für den Dieb denn vielleicht auch ein gewisser Anreiz, sich auf diese Weise unvergessen zu machen? Madiha kam nicht mehr dazu, sich näher Gedanken zu machen, als Caleb-Corax plötzlich eine gewisse Sanftheit an den Tag legte. Und sich zurück verwandelte. Sie atmete erleichtert ein und nickte zum Zeichen, dass ihr das wesentlich besser gefiel. Einfach, weil sie so viel mehr die Lage beherrschte. Jedenfalls dachte sie das, denn Corax behielt sich ein klein Wenig von dem Wüstendieb bei, sodass sie noch mal stutzen musste. "Wenn das dein Wunsch ist, erfülle ich ihn - Herrin. Da war er wieder. ‚Nur‘ Corax. Damit konnte Madiha umgehen, denn er verwirrte sie längst nicht so sehr, wie der Dieb. Obwohl das nicht ganz stimmte. Denn Corax verstand es hervorragend, zu verwirren. Eben auf eine andere Art und Weise. „Danke…“, murmelte sie sichtlich erleichtert und wollte ihm die Möglichkeit geben, sich ihr anzuschließen. Er missverstand sie. "Wie soll ich denn dann aussehen?" Schon änderten sich seine Konturen und sie schüttelte den Kopf, ehe der Zauber zerplatzte. Auf einmal wurde er regelrecht enthusiastisch und schien sich der Aufgabe gern anzunehmen. Madiha beobachtete ihn dabei und war ein wenig überrumpelt, bevor er innehielt. Er ging vor ihr auf die Knie. Was denn nun?! Madiha ließ ihn. Corax war für sie auf seine Art faszinierend und seine Sprunghaftigkeit, verlangte ihr einiges ab. Sie blieb an Ort und Stelle, ließ sich dann von ihm berühren und nahm ihre Hände das erste Mal richtig wahr. Madiha staunte und bewegte leicht die Finger. Seine Berührung löste ein sanftes Kribbeln aus und als sie die nasse Zunge spürte, blinzelte sie nach Luft japsend. Sie fühlte! Sie fühlte zum einen ihre Hände, die längst nicht mehr so verbrannt aussahen,… sie fühlte aber auch etwas anderes: Eine sanfte Behandlung durch jemand anderes.
Madiha beobachtete Corax dabei, wie er sich ihren Handflächen widmete und wurde abermals rot. Fasziniert hielt sie ihren Blick starr auf ihn gerichtet. Das furchtbar verwirrte Mädchen begann die Eindrücke miteinander zu vermischen. Übernahm Corax denn auch in seiner wahren Gestalt, Eigenheiten derer, die er kopierte? Oder war er es nun, der sich dazu entschloss, ihr sanft zu begegnen?! Konnten denn diese blöden, verwirrenden Gefühle mal allesamt aufhören? Madiha hatte den Eindruck, nicht mehr zu wissen, was sie eigentlich fühlen und denken sollte. Ihr schwirrte der Kopf, sicher auch, wegen ihrer Magie, die sie nach wie vor ordentlich ausgelaugt hatte. Er richtete sich auf und entließ das Mädchen aus seiner Fürsorge. Sie atmete instinktiv auf und rieb sich vorsichtig die beiden Hände. Es war also wahr… irgendwie. Er hatte sie geheilt… Madiha betrachtete ihre Handflächen und strich erneut über sie. Ein Kribbeln folgte ihren Fingern. Das war keine Illusion. Offenbar hatte Corax mit seiner Magie die Heilung beschleunigt. Sie lächelte erleichtert und dankte ihm stumm aber nicht minder ehrlich, für seine Hilfe. „Wir sammeln uns beim Steuerrad.“, antwortete sie ihm noch auf seine zuvor gestellte Frage. Dann sah sie ihm nach als er sich murmelnd auf die Suche machte.

Madiha aber blieb noch einen Moment stehen. Jetzt, wo sie allein war, konnte sie einmal mehr durchatmen. Das alles war doch reichlich verwirrend und unfassbar anstrengend gewesen. Zumal sie immer noch nicht ausreichend geschlafen hatte. Dennoch fühlte sie sich irgendwie… beschwingt? Auch wenn Corax ihre Scham ordentlich gefordert hatte, musste sie beim Gedanken an Caleb – den echten – leicht lächeln. Ein Gefühl der Einfachheit glitt durch ihr Herz und ließ sie dann zuversichtlich auf das Deck gelangen. Hier wurde sie jedoch von einer Kälte umweht, die sie sofort die Miene verziehen ließ. Es war eiskalt! Madiha fror und presste ihre Arme um sich, bis sie den Weg über das Deck und hinauf zum erhöhten Hinterdeck geschafft hatte. Sie hatte die Stimmen bereits vernommen, konnte jetzt aber aktiv ins Gespräch eintauchen. Niemand nahm Notiz von ihr und so machte sie sich ihre antrainierte Eigenschaft des stummen Zuhörens zu eigen: “ "... und deshalb müssen wir dem Einhalt gebieten. Ihr alle habt bemerkt, dass er sich verändert hat. Er mag ein perfekter Erster Maat sein, aber die Rolle des Kapitäns ist ihm zu Kopf gestiegen.
Wohl eher der schwarze Schwanz seines neuesten Lieblings."
Die Umstehenden lachten hämisch, Madiha verzog unsicher das Gesicht. Lustig war das in keiner Weise… Aber sie sagte nichts. Sie beobachtete die Männer genauer und musste feststellen, dass beinahe die gesamte, verbliebene Crew anwesend war. Offenbar hielten sie zusammen, was ihr Vorhaben sicher erfolgreicher werden ließ.
"Wir sind mehr und sein Zauberfreund kann ihm nun auch nicht mehr helfen."
"So? Warum nicht? Hat er ihn handlungsunfähig gemacht, weil er nun nicht mehr sitzen kann?"
"Hast du's vorhin nicht mitbekommen? Der Kerl wurde tot am Bugspriet gefunden. Blutüberströmt und absolut leblos, in den Armen der Hysterischen. Schätze, sie hat es zu Ende gebracht."
"Nej, die hat geweint, war vollkommen aufgelöst. Sie ist jetzt beim Smutje."
"Also ist der Elfenzauberer tot?"

Madiha runzelte plötzlich die Stirn und blinzelte. Was?! Was war das? Hatte sie richtig gehört? Ihre Gedanken drifteten zu Corax, dem sie eben noch äußerst lebendig nachgesehen hatte. Wieso gingen die davon aus, dass er tot wäre? Sie war verwirrt und man las es auch in ihrem Gesicht, wenn jemand nur auf sie aufmerksam würde. "Damit hat Jakub nur noch sich selbst, um gegen eine ganze .. eine halbe Mannschaft anzukommen. Wir sollten ihn leicht und ohne großes Blutvergießen überwältigen können. Anschließend werden wir sehen, ob er mit sich reden lässt, wir ihn einfach nur unter Deck sperren oder über die Planke jagen."
"Nicht noch ein Toter, Surt."
"Mir wär's auch lieber, er kooperiert, aber niemand von uns kann in ihn hineinsehen."
"Solange er nicht in uns hineinsieht ... mit seinem Mast."

Madiha beobachtete den neuen Sprecher und fröstelte gleich noch mal. Nicht nur, weil er offenbar keine Kälte empfand mit seinem offenen Hemd, sondern, weil sie die Unterhaltung nicht nachvollziehen konnte. Irgendwie legte sich eine seltsame Ahnung um ihr Herz, ohne dass sie sie hätte benennen können.
Das Mädchen wollte gerade nachhaken, damit sie das alles auch richtig verstehen konnte, da hörte auch sie die Schritte. Das alarmierte Verhalten der anderen, ging auch auf sie über, sodass sie den Rücken zu den anderen drehte und sich wappnete, für ein Entdecken durch Jakub Tauwetter. Doch schon bei ersten Anzeichen der braunen Haare, entkam ihr ein furchtbar erleichtertes „Caleb!“, dass sie zurückzuckte und puterrot anlief, weil es doch reichlich enthusiastisch klang und sie das gar nicht beabsichtigt hatte. Madiha duckte sich etwas und hoffte inständig, dass keiner der anderen auch nur im Ansatz merkte, wie sehr sie sich freute, den Dieb zu sehen. Hatte Corax ihn also gefunden! Sie lächelte dem Andunier entgegen, als er sich zu ihr gesellte. Seine Hand legte sich warm auf ihre Schulter und das Mädchen schloss, sich leicht abwendend, die Augen. Oh die Erinnerungen waren viel zu frisch. Sie brauchte einen Moment, um sich zu sammeln, dann konzentrierte sie sich umso angestrengter, auf die Worte von Surt. Ablenkung war alles! Wir sind uns einig. Jakub Tauwetter kann nicht länger Kapitän der Blauen Möwe sein. Sofern er bereit ist, zu reden, würde ich ihm sogar noch den Posten des Ersten Maats geben. Keiner von uns kann abstreiten, dass seine Kenntnisse auf dieser Position die besten sind. Als Maat machte er sich immer gut, nur als Kapitän ist er einfach ... unbrauchbar. Zeigt er sich widerspenstig, sperren wir ihn unter Deck und beraten uns, ob sein Opfer an Ventha gerechtfertigt wäre. Versuchen wir, das zu vermeiden." Auch Madiha war dafür, dass man nicht noch mehr Blut vergoss. Doch Caleb’s Raunen machte der Sarmaerin klar, dass das nicht jeder so sah. Fragend blickte sie zu Caleb auf, während sein Griff sich verstärkte. "Hat die Furie von einer Adligen sich beruhigen können über den Tod ihres Elfenzauberers?" Madiha sah zu Surt. Auch sie runzelte wieder verwirrt die Stirn, doch Caleb sprach aus, was sie dachte und dann doch anzumerken versuchte: „Wieso denkt ihr, dass er tot…-“, weiter kam sie nicht. Denn plötzlich ertönte die Stimme des Kapitäns hinter ihnen und Madiha wirbelte erschrocken herum. Jakub war auf jeden Fall in Kampflaune und er würde sich nicht einfach so absetzen lassen, das strahlte er aus. „Eine Meuterei, was?", knurrte Jakub. "So dankt ihr es mir, dass ich euch vor dem Wahn eines dunkelelfischen Möchtegernzauberers bewahrt habe und ihn als sein neuer Herr unter Kontrolle halte?"
"Achwas, du wolltest ihn einfach nur benutzen - so wie sie!"
, konterte Caleb sofort und Madiha sah besorgt zwischen den Männern hin und her.

Sie spürte, dass Caleb vor Wut schäumte. Hatten sie das nicht eigentlich geklärt? "Na und? Er hat die halbe Mannschaft auf dem Gewissen. Als Mörder ist er nichts wert. Er kann froh sein, sich nur bücken zu müssen, dafür aber noch am Leben zu bleiben. Aber dass ihr euch mit eurer Meuterei hinter einen wie ihn stellen wollt ... werde ich nicht zulassen." Wie hungrige Löwen standen sich die Männer gegenüber und das Kind der Wüste mittendrin. Madiha sah besorgt in die Gesichter der Umstehenden, blieb dann als letztes an Caleb’s hängen. Das Mädchen zog die Augenbrauen zusammen und konnte in sich keine Wut finden. Ja, Jakub musste abgesetzt werden… doch nicht indem wieder Männer ihr Leben verloren. Ha! Dass ihr die Männerwelt mal so wichtig sein würde, dass sie bereit war, ihre Leben zu schützen? Grotesk, aber wahr. Madiha löste sich aus dem Griff an ihrer Schulter und schob sich und ihren kleinen, dürren Leib zwischen Jakub und die Meuterer. Sie stand seitlich zu jeder Partei und sah Caleb an. Sie versuchte seinen Blick in ihrem zu halten, dann lächelte sie ihm zu und hob beschwichtigend die Hände in Richtung Crew und Jakub. Sie blickte auch zum Kapitän und nichts an ihrer Haltung deutete auf Angriff hin. Im Gegenteil. „Es ist genug!“, krächzte ihre Stimme heiser los und sie räusperte sich. Es musste besser klingen! „Genug!“, wiederholte sie bedeutend stärker und sah jeden eindringlich an. Auch Caleb. „Es ist nicht wichtig, wer wie viele Seelen auf dem Gewissen hat! Es gab genug Verluste. Ihr wart mal eine Mannschaft.“, setzte sie an die Crew gewandt an und schloss Jakub mit ein. „Ihr habt einander vertraut und wusstet euch aufeinander zu verlassen. Ihr wart…“, sie blickte zu Jakub, „Freunde…“ und spielte natürlich auf Fischauge und dem Schmerz an, den sie in Jakub’s Augen erkannt hatte. „Sie wollen nicht deinen Tod, Jakub..“, sprach sie ihn direkt an. „Sie wollen dich vor dir selbst bewahren! Du… du hast dich verändert!“, sagte sie ihm auf den Kopf zu und wusste im Grunde gar nicht, was sie da eigentlich tat. Nur, dass ein weiterer Kampf verhindert werden musste! „Wir machen alle Fehler.“, offenbarte sie und konnte die Bilder, die sie für Fehler hielt, nur mit Mühe wegblinzeln. „Aber ist es nicht natürlich, dass man aus diesen auch lernen darf?“, fragte sie ehrlich und sah zurück zu der Mannschaft. Bis sie Caleb’s Blick auffing. „Und manchmal sollten wir davon abrücken, einen Fehler zu begehen. Weil wir schon im Vorfeld wissen, dass er uns ein Leben lang begleiten wird… und bereuen lässt.“, spielte sie auf sein Geständnis an, dass er sich schuldig an ihrem Leben fühlte. Madiha lächelte ihm – ihrem Caleb – entgegen. Warm und voller Zuneigung für den Mann, den sie gewiss nicht jetzt verlieren wollte. „Wir wollen alle diese Reise beenden… und unsere Wunden…“ sie sah kurz auf ihre Hände und spürte ein Kratzen im Hals „heilen… Egal welcher Art sie sein mögen“, schloss sie alle wieder mit ihrem Blick ein und sah schlussendlich zu Jakub zurück. Auch er musste Fehler eingestehen. Und Wunden heilen. Jeder auf seine Weise, aber gewiss nicht durch weiteres Blutvergießen. Madiha wusste nichts darüber, ob das, was sie tat nun gut oder schlecht war. Aber sie wollte es zumindest versucht haben. Und das vor allem aus der Intention heraus, Caleb davor zu bewahren, einen schrecklichen Fehler zu begehen.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Sonntag 2. Oktober 2022, 13:54

Während die tiefe, volltönende, männliche Stimme sie in den Schlaf gesprochen hatte, ahnte sie nicht, was um sie herum geschah. Sie bekam nichts davon mit, dass sich ein heimlicher Besucher zu ihnen hinein schlich, der eigentlich gar nicht mehr hier sein sollte. Ihr entging vollkommen, wie erschrocken beide Männer waren und welchen Eindruck wohl sie in dem ganzen Spiel hinterlassen würde. Auch blieb ihr verborgen, was danach geschah, welche Erkenntnisse gewonnen oder welche Empfindungen zerstört werden mochten.
Nein, Azura war der Welt entrückt und erlebte dafür etwas, das sie nicht minder entsetzte. Dieser Traum war seltsam, gespeist von der Erzählung und entwickelte dennoch sein Eigenleben. Während sie in der Wirklichkeit verlassen wurde, so wurde sie auch in ihrem Hirngespinst zurück gewiesen und Männern überlassen, die vieles mit ihr vorhaben mochten, aber wohl kaum etwas, das in ihrem Sinne wäre.
Noch von diesem letzten Bild gefangen, schlug sie die Augen auf und zitterte wie Espenlaub. Ihr war kalt, eisig kalt, und zugleich auch übel, denn der Traum hatte an einer Erinnerung in ihr gekratzt, die sie lieber tief verschüttet beließ, um sich ihr niemals stellen zu müssen. Dagegen wollte sie jetzt ankämpfen, instinktiv, und hätte diesen Kampf sicherlich verloren, wenn... ja, wenn sie da nicht etwas gepiekst hätte!
Auf eine Art und Weise, die ihr bekannt vorkam. Oh, was hatte sie sich oft in den Finger gestochen bei ihren kläglichen Versuchen in der weiblichen Tugend des Nähens und Stickens! Doch nicht diese Bilder ihrer Vergangenheit wurden damit geweckt, sondern eine Erzählung, die in ihr noch immer eine gewisse Angst zu schüren vermochte. Etwas von Nadel und Faden, die Öffnungen verschlossen, die dafür eigentlich nicht gedacht waren...
Schlagartig war die junge Frau wach und tastete hektisch zuerst nach ihrem Mund. Mit einem lautlosen Aufatmen konnte sie feststellen, dass es ihren Lippen gut ging, dort nichts war, was nicht sein sollte.
Nur, um dann mit einem leisen Schrecken sofort jene andere Öffnung zu suchen, die er sich hätte vornehmen können. Aber auch dort wirkte alles so wie sonst... sah man einmal von dem leicht klebrigen Gefühl getrockneter Flüssigkeit ab, die sicherlich auch den seidigen Stoff ihrer langen Unterhose ruiniert hatte. Sei's drum...
Erst jetzt konnte sie sich wieder etwas entspannen und sich zugleich eine hysterische Närrin schimpfen. Wie sollte er, ausgerechnet er, so etwas jetzt noch tun?! Er war tot, in ihren Armen gestorben, nachdem er... er...
Ihre Sicht, die sich auf den Himmel des Bettes gerichtet hatte, verschwamm ein wenig durch den minimalen Tränenfilm, der sich inzwischen in ihrem Körper wieder bilden konnte. Ein kleines, verräterisches Schniefen entkam ihr und sie drehte sich wieder zur Seite, um die Augen zu zukneifen und in die Dunkelheit zurück zu flüchten, mochte ein Traum auch noch so grausam sein.
Nur... da piekste schon wieder etwas! Azura konnte es nicht länger ignorieren, sondern schlug die Decke zurück, richtete sich halb auf, um nachzusehen... und hatte das Gefühl, zu Eis zu gefrieren. Ihr Herzschlag setzte einen Moment lang aus, um in doppelter und dreifacher Geschwindigkeit wieder weiter zu machen. Gleichzeitig weiteten sich ihre Augen und sie wurde blass wie ein frisches, sündhaft teures Leichentuch.
Ein schwarzes Herz... Was hatte das zu bedeuten? Wer tat so etwas? Wer wollte sie hier noch weiter quälen, als wenn die Realität nicht schon schlimm genug für sie wäre?! Sie musste weg hier, definitiv!
Mit weiterhin heftig klopfendem Herzen und butterweichen Knien raffte sie eine der dünnen Decken an sich und wickelte sich darin ein, in dem Versuch, wenigstens ein Mindesmaß an Kälte dadurch besiegen zu können. Dann rückte sie zum Bettrand, den Blick noch immer auf das schwarze Herz geheftet, als könne es lebendig werden und neues Unheil wecken.
Sie rutschte und rutschte und... griff plötzlich ins Leere. Mit einem kleinen Aufschrei fiel sie aus dem Bett, in dem sie bis vor kurzem noch geschlafen hatte, und landete unsanft auf dem Boden. Wobei... nicht jeder ihrer Körperteile berührte die Planken durch die Lagen von Stoff hindurch. Ein paar, ein Bein, eine Hand mitsamt Unterarm und spitzem Ellenbogen und ihr halber Rücken, kamen auf etwas Weicherem auf.
Erschrocken erstarrte sie und brauchte einige hektische Atemzüge, um den Mut zu fassen, den Kopf zu drehen und nachzusehen, auf was sie hier geplumpst war. Als sie den Schiffskoch erkannte, wollte sie im ersten Moment ausatmen. Doch dann wurde sie misstrauisch und in ihrem Kopf schrillten die Alarmsignale.
Warum war er hier und nicht mehr bei ihr im Bett? Wieso hatte er sie nicht länger gehalten? Hatte womöglich er dieses Herz in das Laken genäht? Oder sonst jemanden geholt, der das in seinem Auftrag täte? Und aus welchem Grund?! Eine kleine Rache dafür, dass sie nicht in der Lage gewesen war, ihn zu befriedigen? Aber wieso war er dann bei ihr geblieben, zumindest bis sie eingeschlafen war?
Verwirrung mischte sich mit dem Misstrauen und machte sie taumeln, als sie sich halbwegs aufrappelte und versuchte, ein paar Schritte Abstand zwischen sie beide zu bringen. Das Blut rauschte ihr dabei in den Ohren... oder war es die Meeresbrise? War das Fenster noch immer geöffnet?
Hatte sie ihn eigentlich geweckt? Was sollte sie tun, wenn er sich als Wolf im Schafspelz erweisen würde? Einen feinen Tränenfilm hatte ihr Körper nun wieder bilden können. Was war mit ihrer Magie? Würde sie diese zur Verteidigung einsetzen können... im äußersten Notfall? Wäre das notwendig?!
Ängstlich, verwirrt, misstrauisch und noch immer seelisch höchst mitgenommen, wich sie weiter vor ihm zurück, bis sie den Tisch spürte, an dessen Kante sie sich unsanft die Hüfte stieß. Instinktiv griff sie mit einer Hand nach hinten, um sich abzustützen, während sie mit der anderen die dünne Decke weiterhin fest vor ihrer Brust zusammen gerafft hielt, als könne dies einen schützenden Umhang bilden.
War ihr Dekolleté eigentlich wieder in Ordnung gebracht worden? Da Azura nicht einmal etwas von der zu großzügigen Offenheit bemerkt hatte, kam sie auch nicht auf die Idee, dort nachzusehen. Und wie sah es mit dem Rest ihrer Kleidung aus?
Stattdessen starrte sie auf den Mann und wusste nicht, was sie als nächstes erwartete... und was ihr mehr Schrecken einjagen würde. Wenn er aufgewacht wäre... oder wenn er so bliebe, wie er vorhin gewesen war.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Sonntag 2. Oktober 2022, 19:51

Azura:
Sie begriff das Herz nicht. Natürlich erkannte sie es als Symbol der Zungeigung, vielleicht sogar der Liebe, aber warum hatte sich jemand die Mühe gemacht, es in den Stoff der Decke zu sticken? Caleb besaß keinen Grund dazu, es sei denn, Azura hatte ihn nun doch noch verführt. Dass er letztenldich auf sie ansprang, hatte sie schließlich zu spüren bekommen und selbst Rückstände ihrer körperlichen Reaktion an sich entdeckt. Es musste passiert sein, als sie über seine göttergleiche Größe nachgedacht hatte, wie sie nach und nach ihren Leib ausfüllen könnte. Vielleicht entstand hier etwas Neues. Gleichzeitig gingen ihre Gedanken auch in eine schmerzliche Richtung, denn Gefühle ließen sich nicht einfach so abschalten und auch wenn Corax nicht mehr unter ihnen weilte, so schlug ihr Herz noch immer für ihn. Ein Herz, wie das schwarze auf dem Laken. Möglich war es ebenso, dass sie jemand verhöhnte. Caleb nicht, das hätte nicht gepasst. Vielleicht befand sich noch immer eines der Stockmännchen in diesem Raum und versuchte nun irgendwelche Tricks bei ihr. So wie vor kurzem, als sie dem Dunkelelfen ihren Dolch vor die Füße werfen wollte und im letzten Moment diesen tiefen Hass auf ihn spürte ... dieses Bedürfnis, ihn zu treffen, das ihr die Mundwinkel zu einem bestialischen Grinsen verzogen hatte. Allein die Erinnerung jagte kalte Schauer über den Rücken, aber auch die Nacht mochte daran Schuld sein. Jemand hatte das Fenster geschlossen, trotzdem fühlte der Raum sich klamm und wenig einladend an.
Azura schlang die Decke um ihre Hüften und wollte aus dem Bett heraus. Das gestickte Herz bereitete ihr Unbehagen. Außerdem fühlte sie sich unsicher, weil Caleb nicht mehr da war. Sicherlich kuschelte er mit der Göre nun in ihrem Bett und sie würde wahrscheinlich sogar von seiner Mächtigkeit beglückt werden! Während Azura hier im kalten Halbdunkel alleingelassen worden war - dachte sie. Denn just als sie aus dem Bett heraus stieg, verhedderte sie sich in den Laken und stolperte. Sie fiel, aber nicht alle Körperteile machten Bekanntschaft mit dem harten Dielenboden. Sie landete sogar relativ weich, was neben dem typischen Geräusch eines Aufpralls auch noch ein unterdrücktes Schnaufen erzeugte. Eines, das nicht aus ihrer Kehle stammte. Rasch blickte sie sich um und entdeckte Caleb, wie er neben dem Bett im Sitzen lehnte, den Kopf auf dem Unterarm gebettet. War ihm etwas geschehen? Nein, er atmete und er rührte sich.
Azura wirkte dennoch erschreckt und wich zurück. Der Tisch in ihrem Rücken dankte es mit einem schmerzhaften Zusammenstoß. Ihre Hüfte pochte, als sich vor ihr endlich der Mann streckte und den Kopf anhob. Sein erster Blick fiel auf das leere Bett. "Azura?" Verwirrt blickte Caleb auf die Laken. Dann packte er ein Kissen, hob es an und warf es in eine hintere Ecke der Schlafstatt. Mürrisch brummte er auf. Hatte er denn wirklich gehofft, sie unter einem einzelnen Kissen zu finden. Langsam rappelte er sich auf. "Wo steckt sie?" Er kratzte sich am Hinterkopf, brachte seine braune Mähne durcheinander und wandte sich erst im Anschluss um. Da kreuzten sich ihre Blicke. Seiner begann zu leuchten, zu funkeln wie ein blaugrüner Edelstein. Rubine wären Azura wohl lieber gewesen, aber hier stand nur Caleb. Trotzdem lächelte er überglücklich, sie zu sehen und das lag dieses Mal nicht nur an ihrem nach wie vor offenherzigen Dekolletée. Oh, er sah sogar nur ganz kurz auf die hochgedrückten Rundungen, die von der Decke umwickelt wurden. Seine Aufmerksamkeit galt ihrem Gesicht.
Mit zwei langen Schritten war er bei ihr, streckte sich ihr entgegen und küsste sie ohne Vorwarnung, aber mit sehnsüchtiger Leidenschaft, wie er es bislang nicht gezeigt hatte. "Ich will mit dir schlafen ... jetzt. Mir ist egal, dass du mit..." Dann stutzte er, wich so rasch zurück wie er sich ihr genähert hatte und blickte auf seine großen, prankenhaften Hände hinab, deren sonnengebräunte Haut sie dunkler erscheinen ließ als man es von einem Andunier gewohnt war. So ging er auch noch halbwegs gut als Misch-Sarmaer durch. Trotzdem schien ihn etwas zu stören oder bewusst zu werden. Er schnaufte, schüttelte den Kopf und schaute dann wieder Azura an. "Vergiss es ... ich meine ... ach! Was soll's!" So seltsam hatte er sich die ganze Zeit nicht benommen. Es war dem Smutje der Blauen Möwe erschreckend fremd. Das mochte aber auch daran liegen, dass er gar nicht der Schiffskoch war. Plötzlich fielen die braunen Haare von ihm ab, ebenso die Farbe seiner Haut und die kräftige Statur. Er wurde schmaler, etwas kleiner und deutlich dunkler. Nicht nur die Haut, auch die Strähnen nahmen ein schimmerndes Schwarz an. Und seine Augen! Blaugrün tröpfelte fast aus ihnen heraus, hinterließen blutrote Seelenspiegel, die sehnsüchtig und liebevoll zugleich Azura entgegen schauten.
"Die halten mich alle für tot. Caleb meinte, ich solle mich erst einmal nicht zeigen und so tun als wäre ich er. Aber ich will dir nicht in seiner Gestalt nahe sein! Erst Recht nicht, nachdem du mit ihm deinen Spaß hattest." Er langte nach ihrer Hand, um sie an sich heranzuziehen. Zweifelsfrei handelte es sich um ihren widerlichen Schuft. Seine Lippen suchten nach ihren. "Ich beweise dir, dass ich dir mehr geben kann. Dann wird dir egal sein, wie groß er ist. Lass mich dich verwöhnen, hier und jetzt."

Madiha:
Sowohl in der Kabine unter ihren Füßen als auch hier oben auf dem erhöhten zweiten Heck-Deck ging es heiß her. Leider fand sich in der Gruppe der Versammelten nicht die lüsterne Leidenschaft, wie sie vom enttarnten Caleb in der Kapitänskajüte ausging. Dafür konnte man nun mit Sicherheit sagen, dass jener Caleb, der hier gerade Madiha verteidigen wollte, indem er bereit war, sich auf Jakub zu stürzen, der Echte sein musste. Das Mädchen ging ohnehin davon aus. Corax hätte sich mit ihr an dieser Stelle aber auch einen bösen Scherz erlauben können. Er hatte es nicht getan und so wäre es Calebs eigener Fehler, den er bereit war, hier zu begehen. Dabei hatten sie doch darüber gesprochen. Er würde zum Mörder wären, nicht besser als Jakub und verdarb im schlimmsten Fall seine eigene Seele. Sie hatten sich geeinigt, dass Corax diese Aufgabe übernehmen würde, wenn es überhaupt dazu kommen musste. Madiha hoffte wie der Großteil der Mannschaft auch, dass es ohne Blutvergießen vonstatten gehen könnte. Jakubs provokante Worte und nicht zuletzt seine Haltung gegenüber seinem eigenen Sklaven - der längst nicht mehr ihm diente - waren es aber, die das Blut des Anduniers zum Kochen brachten. Eine Tatsache, die seltsam war. Caleb hatte bislang nämlich auch kein allzu gutes Haar an Corax gelassen und sah in ihm nach wie vor einen eiskalten Mörder. Irgendetwas hatte sich verändert. Hatten die beiden Männer Gelegenheit gehabt, miteinander zu sprechen und einander besser zu verstehen? Wenn ja, ließ dieser Scheit eines aufkeimenden Bündnisses Calebs Blut nun nur noch mehr brodeln.
Madiha konnte nicht zulassen, dass er diesen Fehler beging. Es musste einen anderen Weg geben. Sie war selten diejenige, die Aufmerksamkeit auf diese Weise auf sich zog, aber sie konnte man als jene bezeichnen, welche noch am ehesten als Außenstehende galt. Natürlich hätte Jakub auch ihr beinahe angetan, was Corax widerfahren war. Natürlich war sie Betroffen. Aber in ihr kochte kein Zorn und sie war längst nicht so angespannt, ob der ertappten Meutereipläne wie die übrige Mannschaft. So stellte sie sich sowohl den Seemännern als auch Jakub und Caleb in den Weg. Selbst als sie sich erst räusperte, genügte es, dass die Anwesenden ihre Haltung etwas lockerten. Jeder, sogar Jakub, schien auf jemanden gewartet zu haben, der die Situation schlichten wollte. Und sie hörten zu. Sie alle hörten Madiha zu. Niemand rief einen Kommentar dazwischen. Niemand hielt sie auf. Niemand wurde laut oder ließ die Waffen klirren. Sie lauschten ihr wachsam, bis zum Ende.
Dann war es recht still an Bord. Keiner sprach ein Wort, aber sie alle senkten ihre Waffen. Sogar Jakub. Er schaute in die Runde der Matrosen. Er blickte nacheinander jeden einzelnen von ihnen an und sie schauten zurück. Die Seeleute erwiderten es mit geradezu traurigen Ausdrücken. Madiha hatte Recht. Diese Gruppe war fester miteinander verbunden als sie es offen aussprachen. Niemand wollte Jakub bewusst stürzen, um ihn aus dem Weg zu räumen. Sie wollten nur ihren alten Ersten Maat zurück, auf den sie sich verlassen konnten. Sie wollten keinen Diktator an Bord. Er musste den Posten als Kapitän aufgeben.
"Wir machen alle Fehler. Aber ist es nicht natürlich, dass man aus diesen auch lernen darf?", warf Madiha ein. Caleb trat an ihre Seite, nicht an ihr vorbei. Seine warme Hand fand wieder ihren Platz auf der schmalen Schulter des Mädchens. Er sprach zur Mannschaft: "Jakub hat als Kapitän Fehler begangen, aber wir alle haben auch welche gemacht. Sei es nur der eine, der ihn einstimmig in die Position erhoben hat, mit der er selbst nicht zurecht kommt."
Die Matrosen tauschten Blicke aus. Surt ergriff das Wort: "Der Smutje hat Recht. Sollen wir unseren Maat dafür strafen, dass wir ihm zu viel aufgebürdet haben?" Zustimmendes Murmeln übertönte das Meeresrauschen. Surt löste sich aus der Reihe der Matrosen. Er trat offen an Jakub heran. Dann streckte er ihm die offene Hand entgegen. "Du bist noch nicht soweit, Jakub und wir brauchen wieder einen Ersten Maat. Komm zu uns zurück und mach gefällgist deine Arbeit."
"Jau!", rief ein anderer von hinten und weitere Männer stimmten durch aufforderndes Klatschen mit ein. Jakub schaute über Surts Schulter zu den Männern hin. Dann warf er Caleb einen Blick zu, der zwar nicht allzu glücklich schien, aber die Schultern anhob. "Lass die Finger von den Jüngeren und ich trag dir nichts nach", meinte er. Jakubs Augen wanderten zu Madiha. "Ich ... habe mich mitreißen lassen", sagte er. Dann kratzte er sich am Hinterkopf, von wo aus eine schwarze Motte davonflog, Richtung Schiffsmast. Der Glatzköpfige wirkte mit einem Mal entspannter. Er schob sein Entermesser zurück in den Gürtel, um anschließend Surts Hand zu ergreifen. "Es ist wohl besser so. Ich hab nicht umsonst meine alte Kajüte nicht aufgegeben. Da fühle ich mich eben wohler."
Die Matrosen jubelten, doch ehe sie in lautere Feierlaune ausbrachen, rief Jakub über sie alle hinweg: "Trotzdem brauchen wir einen Kapitän!" Schon verstummte man. Die Mannschaft tauschte erneut Blicke aus. Niemand schien sich diese Position zuzutrauen. Die Verbliebenen kannten ihre Aufgaben und darin waren sie gut. Keiner von ihnen hatte jemals den Posten eines Kapitäns in Erwägung gezogen.
"He", erhob Caleb die Stimme. "Die Blaue Möwe sollten wir doch auch ohne Käpt'n in den nächstbesten Hafen bekommen und dort heuert ihr einfach einen neuen an. Einen, der nicht durch das Fenster seiner Kabine verschwindet, wenn's brenzlig wird. Bis dahin entscheidet ihr einfach gemeinsam."
"Nein", erwiderte Surt und schüttelte den Kopf. "Wir entscheiden gemeinsam und ich hab direkt eine Frage zu klären: Wer ist dafür dass wir unseren Smutje zum Käpt'n machen?"
"W-was?!" Caleb stutzte, doch seine Frage ging in begeisterten Rufen der Zustimmung unter. Jakub beteiligte sich nicht daran. Er musterte den Andunier dafür lange, mischte sich aber nicht ein. Er hatte den Posten des Kapitäns nicht sinnvoll besetzen können und sah sich selbst nun nicht in der Gewalt, über diese Entscheidung kommentieren zu dürfen. Caleb jedoch fühlte sich nicht wohl damit. Er hob beschwichtigend beide Hände: "Glaubt mir, ich eigne mich nicht für Verantwortung. Ihr macht das schon ohne mich. Ich kenne mich mit all dem Schiffskram auch gar nicht aus."
"Lügner", entgegnete Briggs mit einem Grinsen. "Als ich bei dir in der Kombüse war, hast'e mehr von diesen Seefahrerbegriffen benutzt als ich in den letzten 15 Jahren auf See! Du kennst dich verdammt gut aus. Würde glatt behaupen, du hast einiges drauf. Es scheint nur am Praktischen zu mangeln."
"Ich ..."
"Aye", warf ein anderer Matrose ein und trat vor. "Mir hat er sogar einen besseren Seemannsknoten gezeigt als ich ihn all die Jahre genutzt hab. Außerdem schwankst du nicht wie die Kleine hier bei jedem Schritt an Deck. Du konntest sogar problemlos zum Krakenmann rennen und ihm einen Tentakel abhauen. Entermesser schwingen sich anders als Schwerter. Du hast Erfahrung auf See, mach uns nichts vor."
Caleb griff sich in den Nacken. Er schaute fast beschämt zu Madiha. Dann murmelte er in die Runde: "Aber Käpt'n?"
"Nur bis wir Andunie erreichen", schlug Surt vor.
"Aye", stimmte Briggs mit ein. "Wenn der Wind uns weiterhin so gewogen ist, sind wir sogar bald in Küstennähe."
"Du kannst uns auch weiterhin mit deinem Gift versorgen, wenn dir die Kombüse so fehlt. Auf einen Smutje können wir ebenfalls nicht verzichten", lachte ein weiterer Matrose. Caleb hatte überhaupt keine Chance. Er wurde schlichtweg überstimmt. Trotzdem schaute er Hilfe suchend zu Madiha. "Ich gehe mit dir von Bord, sobald wir einen Hafen erreichen", teilte er ihr mit. Also nahm er seine neue Position an. Kapitän Caleb - auf Zeit.
"Schön!" Surt klatschte in die Hände. "Dann können wir die Runde ja friedlich auflösen. Oder gibt es noch Dinge zu klären, Maat?" Er schaute Jakub an. Dieser verzog grimmig das Gesicht und hakte nach: "Wo steckt mein Sklave?" Seine Augen wanderten zu Caleb und Madiha, von denen er eine Antwort erwartete.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Sonntag 2. Oktober 2022, 21:16

Was ging hier nur vor sich? Wer trieb hier seinen Schabernack mit ihr, die sich mit gebrochenem Herzen zuerst einem fremden Mann in die Arme geworfen und sich danach aus Verzweiflung am liebsten in die Wellen gestürzt hätte? Das war nicht witzig! Im Gegenteil, es jagte ihr Angst ein vor dieser Grausamkeit, sie an ihren Verlust zu erinnern, der noch viel zu frisch war, um sich mit verklärter Sehnsucht der schönen, aufregenden Zeit zu entsinnen.
So wollte sie einfach nur weg von diesem schwarzen Herzen, das die Farbe jener Seele haben musste, die sie dermaßen quälen wollte damit. Ob es dieser vermaledeite Kapitän gewesen war? Aber woher sollte er...? Und wie wäre er unbemerkt in diese Kajüte...? Nein, das würde viel eher zu einem dieser hässlichen Wichte passen, die sich ständig in den Schatten herum getrieben hatten. Nur... es war doch keiner mehr hier, oder?
Die Angst wurde noch größer und ihr Fluchtinstinkt sorgte dafür, dass sie rückwärts aus dem Bett krabbeln wollte. Ohne dabei daran zu denken, dass ihre Unterlage irgendwann ein Ende hatte. Mit einem Laut der Überrschaung kippte sie nach hinten und fiel.
Wobei sie neben den Planken noch etwas anderes traf, das sie dort nicht erwartet hatte. Erschrocken sah sie sich um und musste feststellen, dass es der Schiffskoch war, der neben dem Bett ruhte, anstatt sie weiterhin im Arm zu halten. Dieser Lump! Wahrscheinlich hatte er die Gelegenheit genutzt, sobald sie eingeschlafen war, zu der vermaledeiten Göre zu schleichen und sich mit ihr zu vergnügen! Bestimmt küsste er sie viel lieber und berührte sie an sämtlichen Stellen und... und nähte schwarze Herzen ein?
Das Herz schlug ihr regelrecht im Halse und mit weichen Knien, die nur wie durch ein Wunder ihr Gewicht halten konnten, wich sie zurück, bis der Tisch sie stoppte. Zitternd und mit bebender Brust stand sie dort und starrte auf den Mann, der sich anfangs nicht rührte.
Doch sie hatte etwas gehört vorhin, als sie auf ihn geplumpst war, oder? Hatte sie sich das womöglich nur eingebildet? Erst vor kurzem hatte sie einen Mann in den Armen gehalten, der darin gestorben war. Wen verwunderte es, dass sie mit ihrem aufgewühlten Inneren erneut das Schlimmste befürchtete?
Aber halt, da rührte er sich, das bildete sie sich nicht ein! Ihr fiel ein wahrer Felsbrocken vom Herzen und zugleich war sie unschlüssig, ob sie wirklich mit ihm reden wollte. Was sollte sie auch sagen? Wie ihm klar machen, dass dieses schwarze Gebilde in den Laken nicht lustig war, sondern ihr Angst einjagte, ohne, dass er sich darüber lächerlich machen würde?
Plötzlich bewegte er sich, sprach ihren Namen aus und... suchte sie unter dem Kopfkissen? Irritiert blinzelte sie und schob es auf ihren seelischen Zustand, dass es ihr merkwürdig vorkam. Nicht so sehr die Suche, er schien ebenfalls geschlafen zu haben und noch nicht ganz in die Wirklichkeit zurück gekehrt zu sein.
Nein, es war vielmehr die Tatsache, dass er ihren Namen ausgesprochen hatte. Hatte sie ihm diesen überhaupt verraten? Und wieso kam ihr diese Betonung so... so... vertraut vor? Nicht in Garmisch, in dem sie sich zuletzt unterhalten hatten, sondern in jener allgemeinen Sprache, die auch jemand anderes ihr gegenüber verwendet hatte. Jemand, der...
Schon wieder schnürte es ihr die Kehle zu. Während sie mit ihrer aufsteigenden Trauer ringen musste, kehrte er allmählich in die Realität zurück, wandte den Kopf in ihre Richtung... und sah sie direkt an. Es leuchtete in seinen Augen auf und auch das passte zu diesem Puzzle, das sich in ihrem Kopf Stück für Stück zusammen fügte, ohne, dass sie das darstellende Bild bereits kennen würde.
Irgendetwas war hier... falsch. Es war so seltsam... Jedoch sollte es noch viel merkwürdiger werden.
Plötzlich näherte er sich ihr mit großen Schritten und stahl ihr einen Kuss, der ihr Herz zum heftig Wummern brachte. Voller Leidenschaft, ganz so, wie sie es kannte... aber gewiss nicht von ihm! Während etwas in ihrem Schoß zu jubilieren schien, konnte sie nur stumm dastehen und ihn verständnislos anstarren.
Damit nicht genug, gab er mit einem Mal Worte von sich, die so gar nicht zu ihm zu passen schienen. "Was...?", entkam es ihr nur wie ein Hauch, Ausdruck vollen Unglaubens. So lange hatte er sich dagegen gesträubt, hatte sie zwar immer wieder gehalten und berührt, allerdings nie derart... zielstrebig und so fordernd, fast schon verhungernd.
Instinktiv versuchte sie, zurück zu weichen, obwohl der Tisch längst jeden weiteren Millimeter verhinderte. Leicht schüttelte sie den Kopf. "Wa... was... was soll das...?", wisperte sie und zog, wie zum Selbstschutz, die Decke noch eine Spur enger um ihr volles Dekolleté.
Doch er blickte bereits an sich selbst herab und schien mit einem Mal viel eher mit sich selbst, denn mit ihr zu sprechen. Azura konnte das nicht begreifen und war selbst viel zu mitgenommen, als dass ihre flinke Zunge darauf hätte reagieren können. Doch es sollte noch viel schlimmer kommen!
Auf einmal ging hier etwas vor sich, etwas, das ihr den Boden unter den Füßen wegzureißen drohte. Ihre Augen weiteten sich, ihr entkam ein Ächzen und hätte sie sich nicht an der Kante in ihrem Rücken festgehalten, sie wäre wohl auf die Planken gesunken. "Bei Ventha...", keuchte sie und wollte nicht glauben, was sie da zu sehen bekam.
Er war es, wahrlich er!
Unbewusst ließ sie die Decke fallen, denn diese gab ihr weniger Halt als das Holz in ihren anderen Fingern, und sie musste sich einfach die Augen reiben. Und dennoch... das Bild blieb!
Mehr noch... er berührte sie! Er ergriff ihre Hand und zog sie zu sich heran, dass sie ihm regelrecht entgegen stolperte und zu spüren bekam, dass er kein Geist war. Viel zu sehr mit ihrem Entsetzen beschäftigt, den dieser durchaus lebendige Anblick ihr bescherte, überhörte sie vorerst seine Worte und seine Unterstellungen. Die Reaktion würde dem schon noch folgen, darauf konnte er Gift nehmen!
Zuerst allerdings... "Du... du... du...", stammelte sie und spürte, wie eine Woge der Wut in ihr hochschoss wie eine gewaltige Flutwelle. Sie sah zu ihm hoch, dass sich genau in diesem Moment ihrer beider Lippen trafen. Aber ihr war gerade definitiv nicht nach küssen!
So wehrte sie sich dagegen und würde sogar gegen seinen Oberkörper schlagen, sollte er ihr weder ausweichen, noch ihre zarten Hände, die sie zu Fäusten geballt hatte, rechtzeitig abfangen. "Du Schuft! Du widerlicher Schuft! Wie kannst du es wagen?! Stehst hier, obwohl ich dich vorhin noch gehalten habe, leblos, absolut leblos und... und..." Sie sackte schluchzend in seinen Armen in sich zusammen und brachte jenes eine, absolut klare Wort nicht über die Lippen.
Stattdessen klammerte sie sich nun an seine Kleidung und verbarg schluchzend das Gesicht an seiner Brust, versuchte, seinen so typischen Duft in sich einzusaugen und ihn tatsächlich nie wieder zu vergessen. "Das kannst du mir nicht antun! Es... es war so furchtbar... all das Blut... dein kraftloser Körper... Verdammt noch mal, ich wollte mich in die Wellen stürzen deswegen! Wie kannst du es wagen, jetzt einfach so vor mir zu stehen, als wäre nichts gewesen!", schimpfte sie weiter mit ihm, doch jedes folgende Wort verlor an Kraft, bis sie nur noch an ihm hing, als würde sie bereits ertrinken und er wäre der letzte, rutschige Felsen, der sie davor bewahren würde. "Wäre dieser Koch nicht gewesen, ich... ich wäre jetzt..."
Sie brach ab, da sie sich just in diesem Moment dessen bewusst wurde, was er ihr unterstellt hatte. Plötzlich hob sie ihren Kopf und funkelte ihn wütend an. Würde er es nicht verhindern, würde sie erneut gegen seinen Oberkörper schlagen, mehrfach, womöglich sogar in ihrer Gefühlsaufwallung ihn wegstoßen versuchen. "Sag mal, was glaubst du eigentlich, was ich bin?! Ich bin keine von diesen Flittchen, die dauernd in fremden Betten herum hüpfen, kaum, dass der eine sich weggedreht hat!", protestierte sie im Inbrunst der Überzeugung und voller gerechter Empörung.
Gut, dass sie in ihrer Verzweiflung genau das vorgehabt hatte, sollte er besser niemals erfahren! Oder hatte der Koch etwa...?
Ihr wurde heiß und kalt zugleich und sie stieß ein leises Keuchen des Schreckens aus, als würde sie schon jetzt davon ausgehen, dass er ihr Beisammensein ausgeschmückt hätte, um damit zu prahlen. Nur... würde das zu ihm passen? Oder würde er es nicht eher auch für sich behalten, allein schon, weil er so sehr an der Göre hing?
Oder... saß sie hier schon wieder einer Illusion auf? Es konnte nicht sein, dass er wieder lebte, sie hatte es deutlich gespürt, dass es vorbei gewesen war mit ihm! Ob seine Magie trotz allem noch wirken könnte...? Oder wäre es eines dieser fürchterlichen Wesen, das sich einen unglaublich widerwärtigen Scherz mit ihr erlaubte...?
Mit einem Mal wurde ihr schlecht bei dieser Möglichkeit und sie bräuchte dringend einen Beweis seiner Echtheit, um nicht an ihrem Verstand zu zweifeln anzufangen! Nur... würde er ihr das liefern? Und wenn ja... wie?
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Madiha Al'Sarma
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 3. Oktober 2022, 07:32

In ihrer Naivität ging Madiha tatsächlich davon aus, dass es Corax gelungen war, Caleb zu ihr zu lotsen. Wie käme sie auch dazu, etwas anderes zu glauben? Sie wusste schließlich nicht, was sich in der Kapitänskajüte abgespielt hatte und wie nahe sich Azura und der Dieb gekommen waren. Auch wusste sie nichts über den vermeintlichen Todesfall, den Corax erlitten haben soll. Madiha fehlte ein ganzer Teil der Geschichte und somit glaubte sie nur daran, dass sich der Rabe wirklich die Mühe gemacht hatte, ihr zu helfen. Und sie war erleichtert, dass sie ihn sah. Was sie auch lautstark zeigte, nur um sich im nächsten Moment vor sich selbst zu verstecken und kleinlaut beiseitezutreten. Madiha lächelte dem Smutje zu und seine Hand fand ihren Platz auf ihrer Schulter. Durch ihre Erinnerungen an das was er ihr eingeflüstert hatte und das, was sie beinahe hätte haben können, wog die Hand schwerer als er es vermutlich ahnte. Dennoch riss sich Madiha zusammen und fand langsam wieder eine gewisse Distanz zu ihren außer Rand und Band geratenen Gefühlen. Das Mädchen stand, die Arme um ihren Leib verschränkt neben dem Andunier und hörte schweigsam weiter zu, was die Männer beredeten. Bis sie alle von eben jenem aufgescheucht wurden, um den es ging. Doch Madiha spürte in sich nicht gleich die überschäumende Wut, die Calebs Hand ihr durch festen Griff suggerierte. Sie hatte keinen Bedarf mehr an Rachegelüste und Blutvergießen. Jetzt musste nur noch ein Wunder geschehen, damit auch die hungrigen Kampflustigen aufgaben. Und mit einem Mal, wider ihrer Natur, handelte Madiha instinktiv. Sie stellte sich zwischen Raubtiere und Beute und bot lediglich einen viel zu dürren Leib als Prellbock. Und ihre Stimme, die einfach nicht gemacht war für heißblütige Reden und große Worte. Doch war sie zu Beginn ihrer Ansprache noch unsicher und leise, gaben ihr das Schweigen und die sich entspannenden Körperhaltungen Auftrieb. Madiha sagte, was sie zu sagen hatte und konnte selbst kaum glauben, dass keiner sie unterbrach oder sie zurechtwies. Geschweigedenn auf ihren Platz verwies. Das Mädchen atmete etwas schneller, weil das Herz die Aufregung weiterpumpen musste und sie fühlte sich beflügelt, da ihre Rede offenbar Früchte trug. Und sie hatte Caleb an ihrer Seite. Er pflichtete ihr bei, griff ihren Faden auf und vollendete ihn, sodass die Matrosen erkannten, dass sie Jakub nicht missen wollten. Madiha lächelte sachte bei dem Anblick.
Sie hatte nicht vergessen, dass Jakub sich an ihr vergehen wollte. Und sie konnte sich lebhaft vorstellen, was gewesen wäre, wenn sie tatsächlich ein Junge wäre. Doch es war nicht geschehen. Und Corax? Corax war auch in Sicherheit. Es musste gut sein jetzt mit den Schrecken. Sie alle hatten wohl genug für zwei Leben erlebt.

Während die Matrosen sich dessen einig wurden und zustimmend klatschten, lächelte das Mädchen noch immer. Bis sich Caleb und Jakub einander anzunähern versuchten. Madiha erwiderte den Blick des Kapitäns und beobachtete ihn. Seiner Geste folgte ein Flattern, welches kurz ihre Aufmerksamkeit erregte, weil so schwarze Falter irgendwie besonders aussahen. Kurz runzelte sie die Stirn und sah dem Insekt nach.. konnte es möglich sein…? Doch die Versöhnung riss auch ihre Aufmerksamkeit wieder davon, sodass sie beim Jubel der Männer leise und für sich auflachte. Sie hatte die Männer irgendwie ins Herz geschlossen. Der Zusammenhalt faszinierte sie und das Gefühl, zu etwas dazuzugehören, spornte Madiha nur mehr an. Erleichtert atmete sie auf. Es war gut ausgegangen- endlich mal. Dann aber donnerte Jakub’s Stimme über ihre Köpfe hinweg. Sie brauchten einen Kapitän. Calebs Einwand kam prompt, doch mit einem Mal überschlugen sich die Ereignisse. Und noch ehe Madiha begreifen konnte, worauf die folgenden Worte abzielten, waren sie offenbar auch schon gegeben. Sie hob den Blick und ein feines Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen. Sie hatte weiter die Arme verschränkt und lauschte den Männern, die Caleb’s Reputation emporhoben. War es wahr? Hatte er wirklich Ahnung und verbarg dieses Talent lediglich? Sie hob beide Augenbrauen als er hilfesuchend zu ihr sah. "Ich gehe mit dir von Bord, sobald wir einen Hafen erreichen", versprach er, doch Madiha konnte nichts anderes tun, als Stolz zu empfinden. Da war er nun und wurde beinahe einstimmig als Kapitän berufen. Er, der sich meist versteckt hielt hinter lockeren Sprüchen und Sorglosigkeit. Die Männer der Blauen Möwe hatten aber erkannt, welchen Wert Caleb besaß. Und das führte bei dem Mädchen dazu, dass sie insgeheim noch mehr Zuneigung empfand. Er verdiente die Anerkennung. Für diesen Moment, hegte sie keine Sorge darüber, ob sie Caleb verlieren könnte. Ob er sich an diesen Posten gewöhnte und ihn vielleicht zu sehr ausfüllen konnte. Sodass sie in Andunie würde allein zurechtkommen müssen.
Diese Gedanken waren begraben unter dem Gefühl, dass er der richtige Mann am richtigen Platz war. Während die Matrosen noch jubilierten und Caleb sich seinem neuen Schicksal fügte, beobachtete Madiha die Szene weiter und trat ein wenig beiseite. Sie musste darüber lächeln, wie alles gekommen war. Erstaunlich, wie sich ein Schicksal doch ändern konnte, wenn die Umstände günstig waren. Caleb’s neue Position, war auch heilsam für Madiha. So sehr sie noch geglaubt hatte, dass Corax ihre eigene, düstere Zukunft widerspiegelt, so sah sie in Caleb‘s Schicksal ein gutes Omen. Vielleicht… ganz vielleicht, würde alles gut werden können. Selbst für jemanden, wie sie. "Wo steckt mein Sklave?", kroch Jakub’s Stimme zu ihr und holte sie von ihrem kleinen Hügel der Hoffnung herunter. Madiha löste ihr Lächeln auf und sah den gescheiterten Kapitän an. „Er ist nicht dein Sklave.“, stellte sie richtig und versuchte sich, lächerlicher Weise, etwas größer zu machen. „Er…“ Madiha verstummte. Die Männer hielten Corax für tot… warum sie das glaubten, wusste sie nicht. Ihr Blick glitt zu Caleb. Sollten sie auch Jakub in dem Glauben lassen? Konnte das funktionieren? Vermutlich nicht. Caleb hatte nun eine Position inne, die viel zu wichtig war, als dass er von Corax kopiert werden dürfte. Wie sollte sich der Elf auf dem Schiff bewegen? Madiha grübelte. Vielleicht, wenn er als sie… Madiha… war das zu abwegig? Oder reichte es, wenn Jakub wusste, dass Corax nicht länger ihm diente. Und wenn der Kapitän ein Machtwort aussprach? Nun war sie es, die hilfesuchend zu Caleb sah.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Dienstag 4. Oktober 2022, 23:27

Azura:
Azura mochte Caleb niemals offen ihren Namen genannt haben, doch er hatte ihn bereits gehört. Nicht damals, als er an Deck gewesen war und sie versucht hatte, sich durch ihren Namen bei Jakub mehr Respekt zu verschaffen, aber auch zu ihm war durchgekommen, dass sie die Tochter van Ikaris war. Schließlich hatte er sie auch bereits auf ihren Vater angesprochen. Er kannte sich offensichtlich sogar besser aus als die meisten Matrosen an Bord, inklusive ihres sturen Kapitäns! Caleb war der Einzige bisher gewesen, der die Adlige ihrem Titel entsprechend behandelt hatte: höflich, hilfsbereit und stets bemüht, es ihr so angenehm wie möglich zu bereiten. Vor allem aber hatte er auch genug Manieren besessen, sie eben nicht sofort vertraulich beim Vornamen anzusprechen. Das Du kam ihm überhaupt erst über die Lippen, nachdem Azura versucht hatte, ihn zu küssen. Aber selbst dann hatte Caleb darauf verzichtet, sie direkt mit ihrem Rufnamen anzusprechen. Man konnte sich kaum vorstellen, dass er nur der Schiffskoch war.
Doch der Mann, welcher nun vor ihr stand, war gar nicht Caleb. Ein Umstand, der die ganze Situation noch bizarrer erscheinen ließ, denn Corax Rabenschrey war niemals auch nur ansatzweise höflich zu ihr gewesen! Er hatte seine Momente, in denen er mit einer devoten Haltung ihre Wünsche erfüllte, teilweise sogar ohne Aufforderung. Dann war sogar jemand wie er zuvorkommend, ja beinahe schon sanft. Und dass er mit ihr liebevoll umzugehen verstand, wusste sie nur zu gut. Die Erinnerungen an die heißen Quellen hatten sich tief in ihr Herz geprägt und würde niemals vergessen. Aber er konnte unmöglich die ganze Zeit hier gewesen sein, sie gehalten und so scheu auf ihre verzweifelten Annäherungsversuche reagiert haben. Doch wo kam er plötzlich her?! Er war doch gestorben, in ihren Armen. Azura hatte sich das nicht eingebildet. Den Beweis lieferten die Matrosen, welche seinen toten Körper aus ihren Armen gehoben und fortgetragen hatten, während sein Blut auf das Deck getropft war. Es war unmöglich, dass er nun so lebensecht wieder vor ihr stand und doch sehnte sich ihr Herz danach, seinem fordernden Verlangen ebenfalls nachzugeben. Nur so wie Corax durch eingenähte schwarze Herzen und andere fragwürdige Methoden seine Zuneigung ausdrückte, so zeigte eine Azura van Ikari auf ihre Weise, wie sehr ihr Herz unter seinem beinahen Verlust gelitten hatte und wie erleichtert sie im Grunde war, ihn wiederzusehen.
Mit ihren zierlichen Fäusten hämmerte sie ihm all ihr Gefühlschaos entgegen, dass sie ein wahres Trommelfeuer gegen seinen Brustkorb veranstaltete. Corax hielt sie weder fest, noch hielt er sie auf. Im ersten Moment schien er gar vollkommen perplex ob ihrer Reaktion. Seine beschränkte sich auf ein verwirrtes Blinzeln. Den langsam anwachsenden Schmerz durch ihre Hiebe bemerkte er kaum. Eine Braue fuhr in die Höhe, während in seinen Rubinen Ratlosigkeit funkelte. Er stand nicht nur so da, als wäre nichts geschehen, er benahm sich auch so. Als wäre all der Schrecken an Deck einem Traum entsprungen! Oder Wahnsinn... Schluchzend verbarg Azura ihr Gesicht nun an seiner Brust. Das hinderte sie aber nicht daran, ihm weiter mitzuteilen, wie groß ihre Angst um ihn gewesen war - auf ihre Art. Das bedeutete, dass sie es ihm vorwarf und ihr eigenes Leid über alles erhob. Corax störte sich nicht daran. Er starrte noch immer mit einer Spur Unglauben auf Azura herab, als sei sie es, die dem Grab entstiegen war. Vor allem ihre Andeutung darüber, dass Caleb sie aufgehalten hatte, in ihrer Verzweiflung das eigene Leben zu beenden, ließ ihn zur Salzsäule erstarren. Schon wollte er gar ein paar gute Worte über den Smutje loswerden, da blieben sie ihm auch schon im Halse stecken.
Nachdem Azura ihrem Kummer endlich hatte Luft machen können, fand auch der Zorn einen Weg an die Oberfläche. Corax' Unterstellung, sie sei mit Caleb unzüchtig geworden, schürte das Feuer gehörig an. Ein Feuer, das durchaus auch mit einer Flamme der Wahrheit brannte, denn hätte sich der Koch nur einen Moment leidenschaftlicher gezeigt, wäre wahrscheinlich wesentlich mehr passiert als ein unter roten Wangen ausgetauschter Undschuldskuss.
Und schon prasselten wieder Schläge auf ihn ein. Dieses Mal packte Corax jedoch nach einem ihrer Handgelenke, um Azura zumindest bei ihren körperlichen Aktivitäten aufzuhalten. Ihre Worte sprudelten weiterhin aus ihr heraus. Erst als sie eine Pause zum Luftholen brauchte, nutzte auch Corax seine Chance, um ihr noch einmal eines klar zu machen: "Es ist mir gleich!", schäumte er ihr entgegen und ebenfalls mit einer Inbrunst der Überzeugung über seine eigenen Fähigkeiten setzte er nach, "Er kann mir nicht das Wasser reichen und ich bin nur ein halber Mann! Du weißt, wie sehr ich dich befriedigen kann!"
Aus Corax' Worten wurde für Azura nicht ersichtlich, ob er nur glaubte, sie habe mit Caleb die Grenze überschritten oder ob jener vor ihrem widerlichen Schuft nicht geprahlt hatte. Sie war in Manthalas Reich abgetaucht und hatte nichts zwischen beiden Männern mitbekommen, insofern sie überhaupt aufeinander getroffen waren. Sie wusste ja nicht einmal, ob Caleb nicht bereits den Raum verlassen hatte, ehe Corax hier eingetroffen war. Langsam stieg die Skepsis in ihr hoch. War es wirklich Corax oder wurde sie nicht erneut hinter's Licht geführt? In einer viel zu kurzen Zeit war viel zu viel geschehen, als dass es sie nicht hätte misstrauisch werden lassen müssen. Zumal viele Ereignisse davon einfach nur einen scheußlichen Charakter besessen hatten. Noch mehr davon hatten ihr Angst eingejagt und am Ende hatte sich das meiste doch nur als illusion herausgestellt. Wer sagte ihr nun, dass nicht wieder falsche Spiele mit ihr getrieben wurden? Eine düstere Vorahnung kroch in ihr hoch, dass es sich nicht einmal um Corax handelte. Es war immer noch möglich, dass die schaurigen Stockmännchen es nun auf sie abgesehen hatten. Waren sie es doch gewesen, die ihr den Dolch in die Hände gedrängt hatten. Diese kleinen Wesen standen hinter ihr, als sie die Klinge warf und dabei einen Willen geformt hatte, den echten Corax zu treffen. Sie versuchten, Azura zu manipulieren und sie erinnerte sich, wie wenig sie sich hatte dagegen wehren können.
Die bloße Annahme, dass es sich bei dem Mann vor ihr nicht doch nur um eine Illusion handeln könnte, stand ihr als Zeichen des Schreckens ins Gesicht geschrieben. Dass sie längst wieder zurückgewichen war, bemerkte sie erst jetzt. Zwischen ihr und Corax hatte sich eine kleine Kluft gebildet. Eine Grenze, die er mit nur einem Schritt übertreten könnte, wenn er nur wollte. Wenn er nur echt war. Wenn er nur einen Beweis dafür hätte, dass er noch lebte. Aber er ahnte nicht, mit welcher Angst sie zu kämpfen hatte. Er verstand nicht wirklich, starrte sie nur an und schüttelte dann den Kopf.
"Für jemanden wie mich ist es nicht leicht, manche Dinge offen anzusprechen." Seine eigene Stimme hörte sich in seinen Ohren wie ein heiseres Krächzen an. "Ich hab dir trotzdem gesagt, was ich empfinde und ... Argh, was ist nur los mit dir?!" Er blaffte sie eine Spur zu forsch an, aber auch Corax überforderte die Situation immer mehr. "Du behauptest, du bist nicht so eine, aber ich finde dich halbnackt in seinen Armen, gemeinsam in einem Bett! Hab wenigstens den Mut, mir zu sagen, dass ... dass ..." Mit einem Schlag traf ihn eine Erkenntnis, die Corax ins Taumeln brachte. Eine Erkenntnis, die er längst haben müsste. Sie hatte ihn doch schon verstoßen. Ihn, den sie nicht besitzen wollte. Aber jetzt stellte er fest, dass Azura auch nach seinem Geständnis nicht bereit war, ihn wenigstens in ihrer Nähe tolerieren zu wollen. Stattdessen behaupteten sowohl sie als auch Caleb, er sei ... tot? Er wich ebenfalls etwas zurück.
Seine Hände ballten sich zu Fäusten, dass es im ersten Anschein den Eindruck machte, er wollte gleich auf sie einprügeln. Seine Arme bebten. Dann aber ging es auf seine Schultern über. Er kniff die Augen zusammen, um den Tränen keine Gelegenheit zu geben, sich zu zeigen. Falls sie seinen Augenwinkeln doch entkamen, senkte er vorsichtshalber noch den Kopf und drehte ihn von Azura weg. Trotzdem zitterte er. Seine Stimme jedoch nicht. Sie klang belegt, als er leise aussprach, was er glaubte, schon wieder erleben zu müssen: Leid.
"Ich hab deine Erwartungen nicht erfüllen können. Entschuldigungen und meine Fähigkeiten können es nicht wiedergutmachen. Nicht einmal meine Worte erreichen dich noch." Er schluckte, ehe eine seltsame Ruhe in ihn einkehrte. Es war nicht das erste Mal für ihn - bei weitem nicht. "Deshalb willst du nicht, dass ich dein bin. Ich bin dir zuwider." Wie oft schon hatte er das von Herren und Herrinnen seiner Vergangenheit gehört? Zu oft. So oft, dass er selbst bei Azura davon ausging, dass es nur diesen Grund geben konnte, weshalb sie ihn nun nicht mit offenen Armen empfing. Er hatte ja keine Ahnung ... Und er handelte wie er es immer tat. Beinahe. Dieses Mal kam keine versteckte Klinge, keine Fackel, kein glühender Kochtopf und auch ebenso wenig Nadel und Faden zum Einsatz. Denn seine Worte an Deck hatte er nicht nur so dahin gesagt. Azura war die Erste, die er verschonen würde. Trotzdem ertrug er ihre Ablehnung nicht und so entschied Corax sich für einen anderen Weg.
Ohne Schrei und ohne großen Schauerauftritt legte er das schwarze Federkleid an, schrumpfte zu einem ausgewachsenen Raben und stieß sich vom Boden ab. Mit eiligen Flügelschlägen preschte er auf die Fensterfront zu. Er schlug dagegen, dass er dabei einige schwarze Federn ließ. Jemand hatte das Fenster angelehnt. Er selbst! Er erinnerte sich. Jetzt versperrte es seinen Weg fort von Azura. Sie wollte ihn nicht und er hatte ihr immer alle Wünsche erfüllt. Jetzt würde er auch diesen befolgen. Mit zwei kräftigen Schnabelhieben zertrümmerte er einen kleinen Teil des Glases, gerade groß genug für ihn. Dann quetschte er sich hinaus, stieß sich erneut ab und flatterte in einem Bogen in den Nachthimmel davon. Lautlos, ohne Schrei. Nur das Rauschen seiner Federn war noch zu hören, ehe es vom lauteren Gesang der Wellen verschluckt wurde.

Madiha:
Es schien zu schön, um wahr zu sein. Endlich, endlich einmal funktionierte etwas, ohne weitere Probleme zu verursachen. Madihas Worte hatten tatsächlich ausgereicht, den Konflikt zu lösen. Nicht nur das. Auf einmal stand sie nebem dem neu erklärten Kapitän der Blauen Möwe, welcher das Schiff in den sicheren Hafen Andunies einfahren lassen sollte. Sie stand neben Caleb, der noch immer seine Hand auf ihrer Schulter platziert hielt. Was anfangs dazu hatte dienen sollen, ihr Halt zu geben, erwies sich nun als Festhalten. Caleb nahm die Rolle an, die die Matrosen von ihm sehen wollten, aber er strahlte nicht die Freude aus, die man erwarten könnte. Andererseits lag nun auch eine Menge Verantwortung auf seinen Schultern. Er rieb sich wieder den Nacken, grinste verschmitzt, aber nur Madiha konnte die seichte Unsicherheit sehen, die er damit zu kaschieren versuchte. Sie bemerkte es daran, dass er sich mit dem Finger unter der Nase entlang fuhr und zwischen seinem Lächeln immer wieder in ein ungläubiges Lachen hinein schnaubte. Außerdem huschte sein Blick viel zu unstet umher. Endlich fand er sich bei Madiha ein. "Was sagst du, hm? Käpt'n van Tjenn ..." Er stutzte und rieb sich dann unter einem Lachen wieder den Nacken. "Was rede ich da? Käpt'n Caleb natürlich ... natürlich..." Seine Stimme wurde nachdenklicher. Er richtete den Blick in die Ferne. Da runzelte er die Stirn, als aus der Schwärze der Nacht ein noch dunklerer Punkt mit großer Geschwindigkeit näher kam.
"Was ist das?", schaffte Caleb noch zu fragen, schon rauschte etwas an ihm vorbei und direkt auf Madiha zu. Sie spürte etwas Weiches, das ihre narbige Wange streifte. Im nächsten Moment fühlte sich einen kleinen, warmen Körper an ihrer Halsbeuge. Unter ihrem gekürzten Haar lugte der schlanke Kopf eines Raben hervor. Ein Rabe mit roten Augen und einer fehlenden Kralle. Selbst Caleb erkannte, um wen es sich handelte, sobald er das Tier ausmachte.
"Was machst du hier?", zischte er ihm zu, so dass nur der Gefiederte und Madiha ihn hören konnten. Ohnehin nahm keiner mehr von den dreien Notiz. Die Matrosen hatten sich aufgelöst und wer keine Nachtschicht im Krähennest oder am Ruder übernahm, der verkroch sich unter Deck. Es war spät, Morgen wollte man die Details zum neuen Kapitän klären. Selbst Jakub hatte sich ohne große Worte aus dem Staub gemacht, nachdem Madiha ihn auf den Verlust seines Sklaven hingewiesen hatte. Die übrigen Matrosen waren auch schnell dabei, die Sache aufzuklären. So erfuhr Jakub vom plötzlichen Ableben des Elfenzauberers. Er hörte es sich an, ohne eine Miene zu verziehen. Nur dass er einmal kurz den Kopf gen Meer drehte, wo Fischauge von Ventha in Empfang genommen worden war, zeugte davon, dass ihn Corax' Tod auch nicht vollkommen kalt ließ.
Er verließ das erhöhte Heck in Begleitung von Briggs und Surt. Die drei Männer würden sich in der Kabine des nun wieder Ersten Maats wohl noch eine Weile aussprechen, auch über das Geschehene in Abwesenheit Tauwetters. Tatsächlich schien Jakub wie ausgewechselt, kaum dass er die Rolle des Kapitäns wieder hatte abgeben können. Eine Last schien ihm von den Schultern genommen worden zu sein.
Dafür saß nun eine auf Madihas und drückte das Gefieder dicht ans ihren Hals. Corax konnte tatsächlich sehr kuschelig und weich sein. Und auch wenn der Schnabel scharf wirkte, stellte er keine Gefahr dar. Der Vogel schob ihn nämlich unter einen Flügel, als wollte er sich vor Caleb verstecken. Jener wirkte aufgrund von Corax' Auftauchen auch nicht gerade begeistert. "Ich habe dir gesagt, du sollst in der Kapitänskajüte bleiben, vor allem aber in meiner Gestalt, damit niemand Verdacht schöpft. Hast du nicht zugehört?", knurrte er ihm entgegen. "Die halten dich alle für tot! Und mir hast du auch noch nicht erklärt, warum du plötzlich wieder munter umher wanderst."
"Du hast auch nicht gefragt", krächzte der Rabe. Corax konnte also auch in dieser Gestalt zu ihnen sprechen.
"Dafür war keine Zeit. Ich war viel zu spät dran für die Meuterei." Er fuhr sich mit einer Hand durch das braune Haar und seufzte. "Lassen wir das. Wie geht es deiner Schönen? Warum bist du nicht bei ihr? Du hattest es sehr eilig, sie zuzudecken, mir eine zu kleben und mich aus der Kabine zu schmeißen. Und jetzt hockst du hier auf Madis Schulter..."
Corax ließ den Schnabel hängen. "Ich muss nach meiner Herrin sehen und nicht nach ... sonstwem", ließ er vernehmen und wäre er nicht ein Rabe, hätte er es wohl gemurmelt. So jedoch klang es mehr nach einem leisen Tschirpen mit kratzigem Unterton. Es ließ Caleb erneut seufzen. Er suchte Madihas Blick. "Ich schätze, hier besteht Redebedarf. Kümmern wir uns darum, ehe die wirklichen Pflichten auf mich zukommen?" Er hob einen Mundwinkel an. Man sah ihm jedoch an, dass er jetzt am liebsten einfach nur der Smutje wäre, der sich Gedanken um das bevorstehende Frühstück zu machen hatte. Doch bis dahin blieb noch viel Zeit. Caleb würde sie nicht mit Schlaf verbringen. Er würde Corax aber auch nicht an der Hand nehmen und für ihn die Probleme lösen. Dass er ihn zurück zu Azura brächte, wäre das höchste der Gefühle und auch nur dann, wenn Madiha ihn begleitete. Offenbar wollte er sich nicht noch einmal eine "kleben" lassen, wie er es formuliert hatte. Zwischen den Männern war irgendetwas vorgefallen. Sie sprachen anders miteinander und ihr Verhältnis hatte sich verschoben. Caleb zeigte sich nicht mehr so abfällig, aber er hatte den Dunkelelfen auch tot am Boden liegen sehen ... und seinen Schwarm geküsst! Das erzählte er besser nicht. Calebs Blick huschte mit einem seltsamen Ausdruck von Schuld über Madihas Züge.
Ehe die Gruppe aber aufbrechen konnte, wurden sie unterbrochen. Der Matrose, der Dienst im Krähennest hatte und sich zuvor noch aus der Kombüse mit einem Heißgetränk versorgt hatte, trat nun an die Gruppe heran. Caleb grüßte ihn knapp: "Kerf."
"Käpt'n", erwiderte Kerf den Gruß, ging aber nicht weiter. Er deutete auf Madiha. "Ist das einer von den Raben, die den Elfenzauberer zerhacken wollten? Ist der jetzt brav, wo das Spitzohr tot ist oder soll ich ihn rupfen? Gäb eine tolle Zierde für deinen Hut, Käpt'n."
"Hut?"
"Aye. Jakub wollte ihn nicht tragen, aber er hat die Reise bislang überstanden. Als Käpt'n solltest du ihn aufsetzen, Käpt'n."
Caleb rieb sich wieder über den Nacken. Er schaute zu Madiha und Corax und wusste erstmals nichts zu sagen. Seine neue Rolle bürdete ihm gerade eine ganze Schiffsfracht an Dingen auf, mit denen er sich erst einmal auseinandersetzen musste ... und dann war da ja noch die Tatsache, dass der mutmaßlich tote Dunkeelf am Leben, aber nicht bei seiner Azura war.
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