Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand"

Das große Meer ist launisch wie das Wetter. Einmal ist es friedlich und dann wieder die reinste Gefahr. Erfahrene Seemänner befahren es mit ihren großen Schiffen. Alle Reisen sind hier verzeichnet.
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Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand"

Beitrag von Gestalt » Freitag 9. November 2012, 22:56

Rikka kommt von: Der südliche Teil Celcias ‹ Das Königreich Grandessa ‹ Die Hauptstadt Grandea ‹ Der Außenring ‹ Die Schenke "Zum Bettler" ‹ Der Weg der Bluthündin - Ein neuer Auftrag

Die restliche Reise zu dem kleinen Wäldchen verlief ereignislos, Gill unterhielt sich den kompletten Ritt über mit dem Zwerg Grunkbert. Mietz war in ein Gespräch mit den beiden Elfen vertieft und Lor schwieg die ganze Zeit über. Er war anscheinend nicht der Gesprächigste. Man konnte schon von Weitem den kleinen Wald in der sonst überschaubaren Küstenumgebung erkennen. Er wirkte wie eine kleine Insel in dieser grünen Graslandschaft, wo sich nur kniehohe Büsche zeigten. Die Dämmerung hatte schon begonnen und Rikka sah noch, wie die Sonne langsam hinter dem Wald unterging, als sie diesen endlich erreichten.

Salars Truppe agierte jetzt sehr routiniert, die Männer mit den Packpferden liefen voran und der Großteil der Truppe folgte ihnen in den Wald hinein. Fünf von ihnen sprangen von den Pferden ab und kletterten auf die Bäume. Die die beste Übersicht über die Gegend versprachen. Dazu gehörten natürlich auch die Elfen. Ihre Pferde trotteten einfach der Gruppe hinterher.
Als sie einen geeigneten Platz für das Lager gefunden hatten, der genug Freifläche besaß, wurden die Zelte aufgeschlagen. Zwei Männer gingen mit Spaten in den Wald und huben Löcher aus, die nachher als Abort herhalten mussten. Rikka wurde zum Nichtstun verdonnert und konnte sich vorerst um ihr Pferd kümmern. Sofern sie das wollte. Die anderen Pferde liefen einfach frei im Wald herum, entfernten sich aber niemals aus der Sichtweite der Gruppe. Allein diese Herde an Pferden, die Salar besaß, musste ein Vermögen gekostet haben. Denn das sie ihm gehörten war eindeutig klar. Jedes der Pferde hatte ein Brandzeichen auf der Flanke und es war das gleiche Symbol wie auf der Flagge. Zwei Hände dich sich mit den Fingerspitzen berührten und somit ein Dreieck bildeten.

Nachdem die Nacht über den Tag gewonnen hatte, war das Lager errichtet. Die Zelte wurden im Kreis aufgebaut und in der Mitte brodelte ein gemütliches Feuer. Die Männer, die nicht Wache schieben mussten, saßen um das Feuer und unterhielten sich. Rikka hatte nun die Wahl, sie konnte ein Gespräch mit dem Leibwächter Gill und dem Zwerg Grunkbert suchen oder sich in eines der Zelte zurück ziehen. Die Entscheidung lag bei ihr.
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Re: Zu Gast auf der "Niemand"

Beitrag von Rikka » Sonntag 11. November 2012, 20:33

Rikka genoss den wilden Ritt, die im Wind wehenden blonden Haare, den sich durch die Zugluft bauschenden Umhang. Sanft strich sie über die wehende Mähne des rotbraunen Hengstes. Es war schon eine Weile her, seit sie zum letzten Mal auf dem Rücken eines Pferdes gesessen hatte, um so mehr genoss sie nun dieses Gefühl von Wildheit und Freiheit.
Erst nach einer geraumen Weile, in der sie sich eins mit dem herrlichen Tier fühlte und einfach so dahin flog, ohne auf ihre Umgebung oder ihre Begleiter zu achten, nahm sie die Zügel etwas straffer und ließ den Hengst etwas langsamer und ruhiger galoppieren. Dadurch bekamen ihre Begleiter endlich Gelegenheit zu ihr aufzuschließen.
Kurz schaute sie die drei Männer mit einem spitzbübischen Grinsen an, was diese in ähnlicher Weise erwiderten. Auch sie schienen sich auf ihren Tieren pudelwohl zu fühlen.
So ging der Ritt wortlos weiter, jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach. Wahrscheinlich wäre der Ritt auch bis zu besagtem Schiff wortlos vonstatten gegangen und in diesem Tempo hätten sie das Schiff sicher bis zum Einbruch der Dunkelheit erreicht, doch wie es im Leben so ist, es geht nie so vonstatten wie man es geplant hat.
Seitlich hinter ihnen konnten die Reiter eine leichte Staubfahne ausmachen, die sich langsam aber stetig zu einer regelrechten Staubwolke auswuchs. Mit einigermaßen besorgter Miene beobachtete Rikka die Entwicklung, doch noch ließ sich nicht sagen wer oder was diese Staubwolke verursachte. Möglicherweise war es nur ein lokaler Staubsturm, verursacht durch den zunehmend auffrischenden Wind. Es konnte sich aber auch um einen Trupp der Wache Grandeas handeln. Vielleicht hatten die Wachen in der Taverne doch eine Spur entdeckt, die sie verraten hatte. Die Staubwolke konnte aber auch eine völlig andere Ursache haben. Noch war alles reine Spekulation, weswegen die kleine Reiterschar ihren Ritt ununterbrochen fortsetzte. Immer wieder warfen sie einen prüfenden Blick nach hinten, wo sich allmählich eine größere Schar Berittener aus der Staubwolke schälte. Rikka erkannte sofort, dass es keine Wachen waren, denn der Reitertrupp trug keine Rüstungen. Ihr ganzes Erscheinungsbild ließ eher auf eine Schar Strauchdiebe schließen, die es auf einfache Händler und Reisende und deren Habe abgesehen hatten. Vermutlich sahen sie in der kleinen Gruppe vor sich eine leichte Beute. Sie konnten ja nicht ahnen, mit was für einer Sorte Mensch sie im Begriff waren sich anzulegen.
Wortlos und nur mit Blicken verständigten sich die drei Männer bis Mietz schließlich das Schweigen brach.
„Gill! Die gehören nicht zu uns! Greifen wir an, wie immer?“
„Ja wie immer! Du reitest vor und wirfst ihnen deine Dolche entgegen. Lor und ich kümmern uns um den Rest.“

Die Möglichkeit, dass die sie verfolgenden Reiter ebenfalls zu Salar Harlor gehörten hatte Rikka im Grunde sofort ausgeschlossen, denn in diesem Fall wären sie schon früher aufgetaucht oder ganz und gar schon am Höhleneingang gewesen. Immerhin erfuhr sie so nebenbei auch den Namen des letzten ihrer Begleiter, das ehemaligen Leibwächters. Was ihr jedoch vollkommen missfiel war die Ignoranz, mit der sie von den Dreien bedacht wurde.
Ja wer war sie denn? Ein kleines verschrecktes Mädchen, dass man beschützen musste? Oder eine kühl denkende, kalkulierende Kopfgeldjägerin, die sich ihrer Haut durchaus erwehren konnte?
„HemCheem“, mit einem Räuspern lenkte Rikka Gils Aufmerksamkeit auf sich. „Ich weiß ja nicht was ihr für eine Meinung von mir habt, ich möchte aber zu bedenken geben, dass ich durchaus über eine gewisse Erfahrung im Kampf verfüge. Wenn es euch also nicht zu sehr in eurer Ehre kränkt, würde ich es begrüßen, wenn ihr mich in eure Pläne einweihen würdet.“
„Oh, ja natürlich. Ich vergaß völlig, dass ihr keine normale Frau seid.“
Keine normale Frau? Rikka stand kurz davor, Gil gehörig klar zu machen, dass sie sehr wohl eine normale Frau sei, kam aber nicht mehr dazu, da das auserkorene Opfer gerade anfing, sie in die Pläne zur Abwehr der Strauchdiebe einzuweihen. Schnell wurden aus den ersten paar Banditen ihrer zwanzig, weswegen Rikka schließlich meinte:
„Wäre es nicht vernünftiger die Banditen nicht zu beachten und unseren ursprünglichen Ritt wieder zu beschleunigen. Ich denke wir haben die besseren Pferde und können die Verfolger ohne Probleme abhängen.“ Im Grunde war es Rikka egal, was mit den Verfolgern geschah. Es waren Gesetzlose, die es auf ihr Hab und Gut, wenn nicht gar auf ihr Leben abgesehen hatten und es war ihr gutes Recht, sich dieser Banditen mit allem was ihnen zur Verfügung stand, und das war nicht wenig, zu erwehren.
Trotzdem, waren es auch arme Teufel, die unter der Knute des Königs und des Adels und damit auch unter der Knute der Dunkelelfen standen und bis aufs Blut ausgesaugt wurden. Früher, noch weit vor ihrer Zeit als Kopfgeldjägerin, als sie noch im Schoß ihrer Familie lebte, war sie nicht anders zu ihren Bediensteten gewesen. Auch sie hatte das niedere Volk wie Dreck behandelt und sich noch darüber amüsiert, wenn sie bettelnd und winselnd zu ihren Füßen im Schmutz lagen. Inzwischen kannte sie auch das entbehrungsreiche Leben auf der anderen Seite und sah die Menschen mit anderen Augen. Es widerstrebte ihr, diese Menschen unnötigerweise zu töten, nur weil sie reiche Reisende um ihr Geld und ihre Reisevorräte erleichterten. Gil und seine beiden Kumpane sahen dies anscheinend anders und deuteten Rikkas Bedenken dadurch völlig falsch.
„Ihr habt doch wohl nicht Angst vor dem Haufen dort! Ich sehe doch schon von Weitem, dass die so abgemagert sind, dass Mietz die wahrscheinlich im Alleingang erledigt.“
Mit einem Ruck am Zügel brachte Rikka ihren Hengst zum Stehen. Gil, Mietz und Lor, die nicht damit gerechnet hatten, preschten an ihr vorbei und brachten ihre Pferde erst ein gutes Stück weiter zum Stehen. Sofort wendeten sie und ritten zu Rikka zurück, die sie mit vor Zorn funkelnden Augen im Sattel nach vorn gebeugt erwartete. Kaum waren sie heran, brach ein Donnerwetter über Gil herein, das ihm die Ohren klingelten.
„ALLMÄHLICH REICHT ES MIR! IHR MIT EUREM ÜBERHEBLICHEN GEHABE! WAS GLAUBT IHR EIGENTLICH WEN IHR VOR EUCH HABT HE? SEHE ICH WIE EIN PÜPPCHEN AUS; DASS BEI DER KLEINSTEN GEFAHR HEULEND UNTER MUTTIS ROCK SCHLÜPFT? ICH HÄTTE NICHT ÜBEL LUST EUCH DAS WORT ANGST MIT MEINEM DOLCH IN EUER GRINSENDES GESICHT ZU SCHNITZEN. DANN HÄTTET IHR EIN HÜBSCHES ANDENKEN AN MEINE VOR ANGST SCHLOTTERNDE HAND!“
Dabei lenkte sie ihr Pferd dicht an das von Gil und schlug ihren Umhang zurück, auf das der kunstvoll gearbeitete Langdolch zum Vorschein kam. Während ihres Ausbruchs waren die Verfolger bereits gefährlich nah herangekommen. In jedem Fall lagen sie schon in Reichweite ihrer Bögen, denn noch während Rikka ihrem Zorn freien Lauf ließ schlug ein erster verirrter Pfeil direkt vor Rikkas Pferd in den Boden wo er zitternd stecken blieb.
Mietz machte sofort Anstalten, den Verfolgern entgegegenzureiten, als just von der gegenüberliegenden Seite ebenfalls eine Staubwolke sichtbar wurde. Oh ja, das war mal so richtig nach Rikkas Geschmack. So wie es aussah, wurden sie gerade in die Zange genommen, ein schlagender Beweis dafür, dass auch ein Salar Harlor nicht alles wusste und sich irren konnte.
Ein süffisantes Lächeln lag in ihren Mundwinkeln als sie Gil auf die neue Staubwolke hinter ihm aufmerksam machte.
„Nun, was sagt ihr dazu mein lieber Gil? Damit hat euer Herr und Meister wohl nicht gerechnet, dass unsere Flucht von Strauchdieben verhindert wird. Er ist wohl doch nicht so unfehlbar wie ihr dachtet.“
Es war ihr eine Genugtuung, es diesen überheblichen Kerlen endlich einmal heimzahlen zu können. Lange genug hatte sie diesem Harlor und seinen Leuten die Führung überlassen, hatte nur reagiert statt wie es ihre Art war zu agieren. Und überhaupt, gingen ihr diese Typen so langsam mächtig auf die Nerven. Dachten wunder wer sie wären und hielten sich für den Nabel der Welt. Es wurde Zeit, dass sie ihnen zeigte, welche Furie sie sich da ins Nest geholt hatten. Nun, Rikka glaubte endlich Oberwasser zu haben, weshalb sie sich auch wunderte, als sich auf Gils Gesicht ein breites Grinsen zeigte anstatt Besorgnis auszudrücken. Immerhin schälten sich inzwischen aus der neuen Staubwolke die Umrisse mehrerer Reiter, was Gil wohl einigen Anlass zur Sorge geben sollte. Doch wie schon erwähnt brachte es Gil nur zum Grinsen. Die Erklärung erhielt Rikka umgehend.
„Ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber Salar Harlors Pläne scheitern nie!“
Oh wie sie das hasste. Wie sie es hasste, dass dieser impertinente Kerl schon wieder recht hatte. Sie konnte dieses überhebliche Grinsen einfach nicht mehr ertragen und während Mietz und Lor den Banditen entgegenritten, gab sie ihrem Hengst die Fersen und sprengte in die entgegengesetzte Richtung, den neuen Reitern entgegen. Gil folgte ihr umgehend. Das Blatt wendete sich mit jeder Minute die verstrich. Aus zehn Reitern unter der blauen Flagge mit dem weißen Zeichen wurden schnell zwanzig, dann dreißig die schließlich ebenfalls Bogenschussweite erreichten. Gil und Rikka hatten da bereits die Reihen der Verstärkung durchbrochen und ihre Pferde erneut zum Stehen gebracht. Die ersten Pfeile streckten die Vordersten der Banditen nieder, der Rest wendete und sah zu, dass er schnellstens das Weite suchte.
Mietz brach die Verfolgung ab und spuckte auf den Boden, ehe er lautstark seinen Unmut kundtat. Seine Tirade wurde erst unterbrochen, als Lor ihn erreichte und ihm eine ordentliche Kopfnuss verpasste. In der Zwischenzeit hatte sich eine Traube aus Reitern um Gil und Rikka gebildet. So von Männern umringt zu sein, die sie mehr oder minder offen anstarrten, als wollten sie gleich über sie herfallen, bereitete der blonden Kopfgeldjägerin dann doch einiges Unbehagen. Auch wenn es sich um Verbündete handelte, so waren es doch alles Männer, Männer mit Trieben, die sie manchmal nur schwer kontrollieren konnten. Zudem war es in der Vergangenheit schon immer so gewesen, dass jeder Mann, den Rikka kennen lernte, sie am Ende kalt ließ. Egal wie gut gebaut er war oder welch ebenmäßiges Gesicht er hatte, gleich ob er ansehnlich oder gar ein wahrer Adonis war, nie hatte Rikka tiefergehende Gefühle für sie entwickelt. Ja, sie hatte sich mit ihnen abgegeben, sogar bis hin zum Beischlaf, wenn es nur ihren Zielen und Zwecken diente, aber wahre Gefühle hatten sie nie in ihr geweckt. So verwunderte es nicht, dass sie sich inmitten der vielen Männer leicht unbehaglich fühlte. Natürlich zeigte sie dies nicht, sondern saß aufrecht im Sattel und musterte jeden einzelnen von ihnen mit Argusaugen. Da waren neben Menschen auch Vertreter einiger anderer Völker in Harlors Reihen, neben einigen Elfen konnte Rikka auch Zwerge sehen und sicher waren da noch andere. Allen gemein war, dass sie sich einer mehr oder minder langen Haarpracht rühmten. Harlor musste wirklich eine Vorliebe für derartiges haben. Oder es hatte eine andere Bewandtnis, die sich Rikka noch nicht erschloss. Auch so eine Frage, die sie klären wollte, aber wenn, dann erst sehr weit hinten. Anderes hatte Vorrang.

Mietz und Lor waren mittlerweile wieder zurück und gesellten sich zu dem Kreis der Männer. Gil grinste noch immer sein selbstgefälliges Grinsen als er erneut meinte, dass Harlor immer an alles dachte.
„Pfffff“, war alles was Rikka darauf sagte, um eine möglichst gleichgültige und hochmütige Miene bemüht.
Einer der Neuankömmlinge, genauer gesagt einer der Zwerge, der allgemeinen Auffassung über Zwerge zum Trotz ein bartloser, lenkte sein Pferd ein Stück vor musterte die Kopfgeldjägerin, schielte kurz zu Gil und meinte salopp:
„Salar meinte ihr könntet Hilfe gebrauchen, einer seiner speziellen Boten hatte uns das mitgeteilt. Seitdem ihr an Land gegangen seid, sind hier einige dubiose Gestalten entlang gekommen.“ Schon wieder grinste Gil unverschämt was Rikka genervt die Augen verdrehen ließ.
„Ich weiß, Salar und seine Unfehlbarkeit. Aber, ich sage es euch ebenfalls noch einmal Gil, und da könnt ihr soviel grinsen wie ihr wollt, eines Tages wird auch eurem ach so unfehlbaren Salar Halor ein Fehler unterlaufen. Und dann werde ich es sein, die euch angrinst. Verlasst euch drauf.“ Wahrscheinlich hätte Gil wieder seine alte Leier von Salar scheitert nie, Salar bedenkt alles, Salar macht keine Fehler heruntergeleiert, doch der bartlose Zwerg kam dem zuvor.
„Verzeiht, werte Dame, dass ich mich nicht vorgestellt habe, mein Name ist Grunkbert Starkarm. Ihr müsst Rikka von Aurisgaard sein. Rikka neigte wohlwollend den Kopf auf die Verbeugung des Zwergs hin. Endlich mal jemand in diesem Haufen, der wenigstens so etwas wie Manieren hatte. „Wir werden es nicht mehr schaffen das Schiff vor dem Abend zu erreichen, auf unserem Weg haben wir eine Dunkelelfen-Patrouille entdeckt. Die sahen nicht ganz so freundlich aus wie sonst!“ Einige der Männer lachten, andere spuckten angewidert aus, aber allen war gemein, dass sie anscheinend keine gute Meinung von den Dunkelelfen hatten. Rikka nahm das Verhalten still zur Kenntnis, merkte es sich gut. So wie es aussah hielten es Harlors Mannen nicht gerade mit den Verbündeten Grandessas, Das machte sie für Rikka gleich sympathischer. Auch wenn ihr dieser Krieg völlig gleich war, so hieß sie um Warrens Willen das Bündnis zwischen dem Königreich und den Dunkelelfen nicht gut. Von daher waren ihr alle, die es nicht mit den Dunkelelfen hielten willkommen, halfen sie doch damit, Warren zu schützen.
Sie betrachtete den Zwerg daher noch wohlwollender als zuvor als dieser weiter sprach: „Wir müssen einen kleinen Umweg nehmen, in der Nähe gibt es ein kleines Wäldchen, da können wir dann unser Lager aufschlagen. So wie ich Salar Harlor kenne, wird er schon wissen das wir dort sind.“ Alles brach in Gelächter aus, ganz so als hätte der Zwerg einen guten Witz gerissen. Rikka war klar, dass sie auf Salars vermeintliche Allwissenheit und Unfehlbarkeit anspielten. So sagte sie lieber nichts mehr und schloss sich wortlos der antrabenden Gruppe an.
Noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichten sie das besagte Wäldchen und begannen sofort damit ein kleines Lager einzurichten. Der Wald war wie eine Insel in der Heidelandschaft, wo ansonsten nur kleinere Büsche und hie und da ein mannshoher Wacholderstrauch wuchsen. Perfekt, um vor den Augen unliebsamer Gesellen zu verschwinden.
Kaum im Wald agierte die Truppe wie eine gut geölte Kriegsmaschine. Die Späher, unter ihnen die wenigen Elfen, besetzten die Bäume am Rand des Waldes, von wo man einen guten Überblick über die Umgebung hatte. Der Rest suchte einen geeigneten Lagerplatz, den man schnell an einem kleinen Bächlein fand. Der Bach, welcher von dem Hochplateau kam, von dem aus die vierköpfige Gruppe ihren Ritt begonnen hatte, spendete frisches Wasser für die Pferde, die man ansonsten mit leicht zusammengebundenen Vorderhufen, was ihnen nur kurze Schritte erlaubte, frei grasen ließ. Die nähere Umgebung der kleinen Lichtung wurde vom Unterholz befreit, welches für die späteren Lagerfeuer gesammelt wurde, und so noch weiterer freier Platz geschaffen, vornehmlich für die provisorisch errichteten Donnerbalken. Die Zelte wurden auf der Waldlichtung selbst, bis zum Rand des Bachlaufs aufgeschlagen.
Da Rikka im Moment nichts zu tun hatte, beobachtete sie interessiert das Zusammenspiel der Gruppe und machte sich so ihre Gedanken zu Salars Möglichkeiten. Der Kerl musste über ein äußerst beträchtliches Vermögen verfügen, um dies alles zu bezahlen. Rikka konnte sich nicht vorstellen, dass das Vermögen eines Mannes, egal wie hoch auch immer, dafür ausreichen mochte. Viel wahrscheinlicher war es, dass hinter Salar eine größere Organisation mit mehreren Geldgebern stand. Was die Ziele dieser Organisation anging, konnte Rikka im Moment nur spekulieren, hatte da allerdings schon eine vage Vorstellung, wenn sie die Reaktion der Männer auf die Erwähnung der Dunkelelfen betrachtete.
Als das Lager fast vollständig errichtet war, wurde Rikka von Grunkbert Starkarm beiseite genommen und zu einem mit Stangen und zwei daran befestigten Wolldecken als Sichtschutz abgetrennten Teil des Bachlaufs geführt.
„Bitte werte Rikka von Aurisgaard, ich war so frei, euch einen eigenen Waschbereich einzurichten. Ich denke es ist in eurem Sinne, wenn sich die Blicke der Männer nicht zu sehr auf euch richten während ihr .... nun, ihr wisst schon.“
Erfreut betrachtete Rikka den Sichtschutz und Grunkbert stieg um ein gehöriges Stück in ihrer Achtung, was sie ihm auch sogleich damit bewies, dass sie sich vor ihm verneigte und ihm ihren Dank ob seiner weisen Voraussicht aussprach.
Sie verschwand auch gleich hinter ihrem Sichtschutz und nutzte die Gelegenheit, um sich auf dem eigens für sie errichteten Donnerbalken zu erleichtern. Zufrieden stellte sie fest, dass sich ihre Unterwäsche nicht weiter verfärbt hatte, was das Ende ihrer unpässlichen Tage bedeutete. Soweit erleichtert und erfrischt, brachte sie ihre Sachen in eines der Zelte in unmittelbarer Nähe ihres Sichtschutzes und begann damit, die noch verschmutzte Unterwäsche, die Lor doch tatsächlich mit eingepackt hatte, zu reinigen und anschließend an der Zeltleine zum Trocknen aufzuhängen.
Als sich die Dunkelheit über das kleine Zeltlager zu legen begann wurden kleine, nicht zu weit leuchtende Feuer entzündet über denen bald schon erste Kochgeschirre hingen oder an denen Spieße mit Fleisch und Brot in der Erde steckten.
Rikka setzte sich zu ihren drei Begleitern und Grunkbert Starkarm ans Feuer, nahm sich ein Stück Fleisch, welches ihr Gil anbot, steckte es auf einen der von den Männern gefertigten Holzspieße und ließ es gemütlich über dem Feuer brutzeln. Kurz überlegte sie, ob sie ihren Lagerfeuerkameraden die ihr auf der Zunge liegenden Fragen zu Salar Harlor stellen sollte, entschied sich dann aber dagegen, weil sie sie für zu persönlich hielt. Lieber wollte sie diese Salar selbst stellen. Stattdessen meinte sie sinnierend:
„Dieses Banner, was ihr da führt, diese zu einem Dreieck gefalteten Hände vor dem blauen Hintergrund, könnt ihr mir sagen welche Bedeutung sie haben und welche Organisation dahinter steht? Und sagt mir nicht, dass dies allein Salar Harlors Werk ist, das könnt ihr mir nicht erzählen. Um so etwas auf die Beine zu stellen braucht es mehr als nur eines Mannes mit etwas größerem Vermögen.“ So gern sie auch etwas über Salar selbst erfahren würde, was es mit der Organisation auf sich hatte interessierte sie fast ebenso sehr.
Ach ja, was ich mich die ganze Zeit schon frage, warum benötigt Salar Harlor die Dienste einer Kopfgeldjägerin, wenn ihm eine ganze Schar von ergebenen Getreuen zur Seite steht, die so ziemlich alles für ihn machen würden? Nicht dass ich etwas dagegen hätte, der Lohn ist fürstlich und alles andere geht mich nichts an und interessiert mich auch nicht, aber trotzdem, merkwürdig ist es schon.“
Probehalber biss die Kopfgeldjägerin in ihr Fleischstück, um zu sehen, ob es schon gar wäre, musste aber feststellen, dass es noch ein wenig garen musste. Dabei schaute sie von einem zum anderen und wartete was sie zu ihren Fragen zu sagen hatten.

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Re: Zu Gast auf der "Niemand"

Beitrag von Gestalt » Mittwoch 14. November 2012, 22:35

Lagerfeuerromantik war das passende Wort um das provisorische Lager von Salar Harlors Männern zu beschreiben. In dem kleinen Wald hatten sich Grüppchen gebildet, die vor ihren eigenen Feuern saßen und speisten. Natürlich setzte sich Rikka zu den 4 Männern, die sie wenigstens vom Namen her kannte. Sie wurde mit einem kurzen Nicken begrüßt und Gill gab ihr etwas von den Rationen der Truppe. Rikka brannten Fragen auf der Seele und jeder der hier Anwesenden konnte verstehen, dass sie diese hatte. Für jeden von ihnen war das damals auch nicht anders gewesen und Salar war, wie man so schön sagte, ein Buch mit sieben Siegeln.
Der Zwerg hörte sich alle Fragen in Ruhe an und als sie um Antwort bat, genehmigte er sich einen Schluck aus seinem Trinkschlauch bevor er antwortete.
„Paaahhh!“, er wischte sich mit dem Handrücken die Überbleibsel der grünen Flüssigkeit aus dem Gesicht. Danach hielt er Rikka das Trinkgefäß, das aus einer Ziegenblase war, entgegen. Sollte sich die Kopfgeldjägerin trauen die Flüssigkeit zu trinken, würde sie ein unaufhörliches Brennen in der Kehle spüren und den Verlauf der Flüssigkeit, von der Speiseröhre bis hin zum Magen, miterleben. Das Getränk schmeckte leicht nach Minze und einer weiteren Substanz, die man nur einordnen konnte, wenn man sie kannte.
„Das sind viele Fragen, aber ich kann Euch verstehen, dass Ihr sie mir stellt. Bei dir war das damals auch nicht anders, oder Gill?“
Der Leibwächter nickte mit dem Kopf und drehte seinen Fleischspieß weiter im Feuer.
„Die Hände symbolisieren eine Gemeinschaft aus drei Personen. Salar Harlor steht an der Spitze, danach folgt seine linke und rechte Hand. Deswegen wurden als Symbol zwei Hände genommen, die sich mit den Fingerspitzen berühren… Denn jede Hand hat Finger! Tja! Und die Finger sind wir. Manch einer ist ein Zeigefinger, ein Anderer ein Ringfinger und Mietz ist der kleine Finger.“
Der rothaarige Junge lachte kurz auf, Grunkbert zwinkerte ihm zu und erzählte weiter.
„ Der blaue Grund wurde deswegen gewählt, weil diese Personen sich auf dem Meer kennengelernt haben. Was die drei planen ist geheim, auch wir wissen nicht alles und das ist auch besser so.“ Der Zwerg genehmigte sich wieder einen Schluck aus dem Gefäß.
„Falls Euch die Frage auf der Zunge liegt, wer die beiden Hände sind: Die Linke werdet Ihr bald kennenlernen. Die rechte Hand kennt keiner von uns. Sie ist genauso mysteriös wie unser Anführer. Die Beiden kommunizieren ausschließlich über Briefe. Ich weiß schon was Ihr denkt, dass Briefe ziemlich unsicher sind, aber sie haben eine Geheimschrift, die nur die zwei entziffern können. Salar gab uns mal so einen Brief, über ein Jahr haben wir gerätselt, wie man diesen entschlüsseln kann, aber niemand kam darauf. Also haben wir ihn mehreren Gelehrten gegeben, aber auch diese wurden nicht schlau daraus.“
Gill, der ein absoluter Salar-Harlor-Gläubiger war, grinste Rikka zu. Sie konnte sich schon denken, was er zu sagen hatte, aber er schwieg weiter und hörte den Ausführungen von Grunkbert weiter zu.
„Ich weiß nicht was Ihr für ein Bild von unserem Kapitän habt, aber ich kann mir schon vorstellen wie es aussieht. Als ich ihn damals vor 80 Jahren kennengelernt habe. Ging es mir nicht anders.“
Als der bartlose Zwerg in Rikkas Augen kurz das Funkeln entdeckte, was sie sonst hinter ihrer ausdruckslosen Mimik versteckte, grinste Grunkbert kurz.
„Ja über 80 Jahre ist meine Begegnung mit Salar schon her, aber ich bin bei Weitem nicht sein ältester Vasall. Fragt einen von den Spitzohren, sie kennen ihn schon seit, glaube ich, 200 Jahren. Keiner von uns weiß, wie Salar wirklich aussieht und ob dies auch sein wirklicher Name ist. Aber, und das ist das Wichtige, er ist ein gerechter Mann. Alles was er tut, erfüllt einen Zweck, der sich uns nicht gleich erschließt. Wir alle verdanken Salar Harlor eine Menge.“ Dies schien das Stichwort von Gill zu sein. Ohne ein Wort zu sagen, erhob er sich und ging mit dem Fleischspieß in der Hand in den Wald. Mietz blickte ihm kurz nach, klopfte sich auf die Schenkel und sprang auf. Lor blickte ihn noch verwundert an, sagte aber auch nichts, als der Junge den gleichen Weg nahm, wie der ehemalige Leibwächter zuvor. Grunkbert blickte kurz Lor in die Augen, es schien als würden sie sich nur mit den Blicken unterhalten. Genau als die junge Frau diesen Gedankengang hatte, nickte der Verschmutzte, der jetzt sauber war, dem Zwerg zu und dieser redete wieder weiter.
„Gill ist da ein gutes Beispiel. Lor hatte schon für uns gearbeitet bevor Gill eingetreten war. Die Beiden stammen aus Grandea, genau wie Ihr. Nur mit den Unterschied, dass sie zum Fußvolk zählten und nicht viele Rechte hatten. Wie Ihr ja sicherlich wisst. Nun, lange Rede, wenig Brei oder wie ihr Menschen sagt: Gill hatte eine Beziehung mit einer Frau, die Euch nicht unähnlich war, begonnen. Wie es nun mal Sitte bei euch Kurzlebigen ist, sollte es zur Hochzeit kommen. Lor befand sich zu dieser Zeit mit uns auf See, daher erfuhren wir erst ein Jahr später was passiert war. Ein werter Herr Ronarich, ich glaube Euer Vater könnte diese Person gekannt haben, ging auf die Hochzeit von den Beiden. Naja nicht alleine, er hatte ein paar seiner Untergebenen dabei. Es gab ein kurzes Handgemenge im Elternhaus von Gill und Lor, doch der Adelige war der Sieger. Als Preis nahm er sich Gills Frau, ich glaube Loisa hieß sie?“, Lor nickte wieder einmal schweigend, „Er entjungferte sie und gab sie Gill wie ein paar benutzte alte Schuhe wieder. Das Ende dieses traurigen Lieds war, dass sich Loisa, als sie merkte, dass sie schwanger war, selbst umgebracht hat und Gill, er hatte sich dem Alkohol hingegeben und war nicht mehr er selbst. Wie Ihr ja sicherlich wisst, hat das niedere Volk wohl kaum eine Chance auf Gerechtigkeit, wenn der Angeklagte ein Adeliger aus Grandea ist. Als Lor davon erfuhr, bat er Salar um Gerechtigkeit. Dieser heuerte eine gewisse Dame an, namens Morticia die Todesfee. Tja, und um diesem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, hatte Salar die Streitigkeiten zwischen Eurem Vater und diesem Landadeligen ausgenutzt, um Morticia bei Eurem Erzeuger einzuschleusen. Gill bekam von alledem nicht viel mit, wir nahmen ihn mit aufs Schiff und sorgten dafür, dass er vorerst keinen Alkohol mehr anrührte.“
Der Zwerg selbst nahm noch einen kräftigen Schluck aus seinem Trinkschlauch. „Ihr könnt euch gerne noch weiter umhören, jeder der Männer hier wird euch eine ähnliche Geschichte erzählen, warum er Salar Harlor bis in den Tod folgen würde. Ich selbst bilde da keine Ausnahme!“
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Re: Der Weg der Bluthündin - Zu Gast auf der "Niemand"

Beitrag von Rikka » Freitag 16. November 2012, 23:14

Die vier Gesellen hörten sich aufmerksam Rikkas Fragen an, schließlich war es Grunkbert der Zwerg, der nach einem kräftigen Schluck aus seinem Schlauch das Wort ergriff.
Rikka den Schlauch hinhaltend meinte er augenzwinkernd: „Das sind viele Fragen, aber ich kann Euch verstehen, dass Ihr sie mir stellt. Bei dir war das damals auch nicht anders, oder Gill?“ Rikka beäugte den ihr hingehaltenen Schlauch skeptisch. Der alkoholische Geruch, der ihr entgegenschlug ließ sie lieber Abstand nehmen. So versuchte sie so diplomatisch wie möglich ihre Ablehnung an den Zwerg zu bringen:
„Vielen Dank Grunkbert, aber ich möchte morgen lieber einen klaren Kopf haben. Die letzte Nacht hat mir vollauf gereicht.“ Lor und Gil grinsten sich verschwörerisch an, wussten sie doch, wie sich die blonde Kopfgeldjägerin am Morgen gefühlt hatte. Die Auswirkungen der durchzechten Nacht zuvor hatten es Salar Harlor schließlich erleichtert, Rikka zu überrumpeln.
Grunkbert fasste Rikkas Ablehnung nicht als Beleidigung auf sondern grinste sie nur herausfordernd an, was an der Blonden jedoch abprallte. Grunkbert indes erklärte, was es mit dem Banner auf sich hatte.
Die Bedeutung war im Grunde recht einfach, symbolisierten die beiden Hände lediglich die Einheit der drei Führer der Organisation und die Finger stellten sozusagen den Unterbau dar. Interessant dabei war allerdings, dass sie Harlor und seine beiden Hände dereinst auf dem Meer begegnet sein sollen, weswegen der Hintergrund das Blau des Meeres darstellte. Unwillkürlich musste Rikka an ihren Auftrag denken und das ihre Zielperson ein ehemaliger Pirat war. Ihrer Frage zu den beiden Händen kam Grunkbert zuvor, indem er ihr nach einem weiteren Schluck aus seinem Trinkschlauch mitteilte, dass sie die linke Hand bald kennen lernen würde und die rechte Hand niemand von ihnen kannte. Harlor würde nur per Brief mit ihr kommunizieren. Rikkas Verdacht, dass dieser Jagon Ulmson möglicherweise eine der beiden Hände sein könnte verdichtete sich immer mehr. Sie vermutete bei sich, dass er die ominöse geheime rechte Hand Harlors war und dieser ihn nun endlich auch in Persona der Organisation vorstellen wollte. Ihre Vermutung behielt sie für sich, sie wollte Harlors Kumpane nicht unbedingt in alles einweihen, was sie so vermutete. Noch traute sie weder Harlor noch seinen Leuten vollkommen über den Weg.
Auch die Information über den Code war recht interessant, ob sie so eine Nachricht abstauben konnte? Besser nicht, sie wollte sich Harlor nicht zum Feind machen. Gil grinste sie noch einmal breit an, als Grunkbert erwähnte, dass sie den Code nie geknackt hatten, was Rikka nur abwehrend abwinken ließ, ganz so als wollte sie Gil sagen, dass er sich seinen Kommentar sonstwohin stecken sollte.
Dadurch war sie kurzzeitig von Grunkberts Rede abgelenkt, wurde aber sofort wieder hellwach, als der Zwerg unvermittelt, wenn auch nur indirekt auf Harlor selbst zu sprechen kam.
„Ich weiß nicht was Ihr für ein Bild von unserem Kapitän habt, aber ich kann mir schon vorstellen wie es aussieht. Als ich ihn damals vor 80 Jahren kennengelernt habe, ging es mir nicht anders.“
Rikkas Augen leuchteten kurz im Schein des Feuers auf. Na das war ja mal eine Nachricht. Doch es sollte noch besser kommen, denn der Zwerg grinste kurz zu Rikka hinüber und fuhr unbeeindruckt fort:
„Ja über 80 Jahre ist meine Begegnung mit Salar schon her, aber ich bin bei Weitem nicht sein ältester Vasall. Fragt einen von den Spitzohren, sie kennen ihn schon seit, glaube ich, 200 Jahren. Keiner von uns weiß, wie Salar wirklich aussieht und ob dies auch sein wirklicher Name ist. Aber, und das ist das Wichtige, er ist ein gerechter Mann. Alles was er tut, erfüllt einen Zweck, der sich uns nicht gleich erschließt. Wir alle verdanken Salar Harlor eine Menge.“
Jetzt wurde es richtig interessant, allerdings musste Rikka noch einmal nachfragen, denn sie glaubte sich verhört zu haben: „Moment, habt ihr eben wirklich gesagt, dass ihr glaubt, dass Harlor wenigstens 200 Jahre alt ist? Also wenn das stimmt, dann ist er entweder selbst ein Elf und zwar einer mit magischen Fähigkeiten oder er kennt Möglichkeiten sein Leben zu verlängern. Und was seine Motive angeht, so bilde ich mir gern selbst ein Urteil.“ Ganz davon abgesehen, dass Harlors Motive Rikka nicht die Bohne interessierten. Einzig die 15 Drachmen Belohnung waren alles was für sie zählte. Wen er dafür wollte und warum ging sie nichts an.
Was hatte Morticia einst zu ihr gesagt: Stell keine Fragen und halte deine Gefühle aus der Sache raus. Fängst du erst an einen Auftrag zu Hinterfragen ist dein Weg als Kopfgeldjäger schneller beendet als dir lieb sein kann und du liegst sechs Fuß tief unter der Erde. Also lass niemals zu, dass dich ein Auftrag persönlich berührt.
Sie hatte sich bisher immer an diesen Grundsatz gehalten und war sehr gut damit gefahren. Warum sollte sie gerade jetzt damit anfangen, dies zu ändern?
Was sie allerdings verwirrte, Gil schien es bei den letzten Worten des Zwergs auf einmal sehr eilig zu haben, denn fast schon fluchtartig verließ er seinen Platz am Feuer und verschwand in der Dunkelheit des Waldes. Mietz folgte ihm nur einen Augenblick später, während Lor am Feuer sitzen blieb und ihm nur verwundert hinterher sah. Daraufhin folgte ein kurzer Blickwechsel zwischen Lor und Grunkbert, von dem Rikka annahm, dass sie sich ohne Worte verständigten. Allerdings hatte sie keine Ahnung warum und worüber. Erst als Grunkbert meinte, dass Gil ein gutes Beispiel dafür wäre, dass sie alle Harlor viel zu verdanken hätten und ihr die Geschichte der beiden Brüder erzählte, ging Rikka auf, dass Salar Harlors Motive wohl vielschichtiger waren als sie bisher angenommen hatte.
Nicht allein, dass Harlor sich des Schicksals der beiden Brüder angenommen hatte, nein, Rikka musste auch noch schmerzlich erkennen, dass Salar Harlor auf viele Jahre hinaus seine Schachzüge plante. Sie erkannte, dass Salar Harlor sie nicht zufällig ausgewählt hatte, dass ihr Leben schon viel früher mit seinen Planungen verbunden war, ja, dass Salar Harlor im Grunde ihren Lebensweg gezielt gesteuert hatte.
Ihre Begegnung mit Morticia damals in ihrem Elternhaus, war kein Zufall, so wie sie in ihrer kindlichen Naivität angenommen hatte. Nein, Salar Harlor hatte diese Begegnung gezielt arrangiert, hatte somit ihren weiteren Weg beeinflusst, um sie hier und jetzt für sich einzuspannen. Um diese Begegnung mit Morticia herbeizuführen musste er schon damals mehr über sie gewusst haben, als sie selbst.
“Ich hab dir ja gesagt du sollst aufpassen und dass der Kerl mehr von dir weiß als gut für dich ist.
„Leider. Ich hätte dir besser schon früher Glauben schenken sollen. Nun ist es wohl zu spät.“
„Was meint ihr damit?“, neugierig beugte sich Grunkbert zu ihr und nahm noch einen kräftigen Schluck aus seinem Trinkbeutel.
„Ach nichts, ich habe ab und an die leidige Angewohnheit mit mir selbst zu reden. Ich danke euch für diese sehr aufschlussreiche Geschichte und bitte euch mich zu entschuldigen. Es war ein langer Tag und ich denke, ich werde mich nun ebenfalls zurückziehen.“ Sich ihren Fleischspieß nehmend nickte sie Lor und Grunkbert zu und verließ die Feuerstelle in die Richtung ihres Zelts gehend. Auf halbem Weg bog sie jedoch ab und schlug sich ebenfalls in den Wald, der Richtung folgend, in die Gil und Mietz verschwunden waren.
Einerseits interessierte es sie, warum Mietz und nicht Lor Gil gefolgt war, zum anderen hegte sie die Hoffnung, dass sie von Gil noch mehr erfahren konnte. In der eigenartigen Stimmung in der er momentan zu sein schien, mochte er durchaus empfänglich für sie sein. Und zuletzt hatte sie aus ihr unerfindlichen Gründen so eine Ahnung, dass Gil neben Mietz möglicherweise noch jemanden zum Reden brauchte. Denn Salar Harlor hatte es schließlich bewirkt, dass sich ihrer beider Schicksal damals auf verquere Weise verbunden hatte. Ohne sein Zutun würden sie heute nicht gemeinsam in seinem Auftrag nach Rumdett reisen.
Salar Harlor, dieser undurchsichtige Mann wurde mit jedem neuen Detail was Rikka über ihn erfuhr nur noch mysteriöser. Innerlich fieberte sie bereits dem Zeitpunkt entgegen, an dem sie ihm wieder begegnen würde. Sie hatte ja noch so viele Fragen und jede Antwort die sie zu seiner Person bekam warf zehn neuen Fragen auf. So in Gedanken versunken kam sie dem Platz, an dem sich Gil und Mietz aufhielten immer näher.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Gestalt » Montag 19. November 2012, 20:50

Die beiden Männer Grunkbert und Lor blieben noch eine Weile am Feuer sitzen und tranken ohne ein Wort zu sagen das Gesöff des Zwerges aus.
Rikka indes hing ihren Gedanken nach und machte sich dabei an die Verfolgung von Gill und Mietz. Das sie sich wunderte, warum Mietz und nicht Lor, Gill gefolgt war, war durchaus berechtigt. Schließlich waren die Beiden doch Brüder und man half sich untereinander. Nur war die Familiengeschichte bei den beiden ein wenig kompliziert. Das warum sollte aber Rikka bald erfahren.
Salar Harlor schien die junge Kopfgeldjägerin zu faszinieren, genauso wie sie damals von Mortica fasziniert war. Das Beide unter einer Decke standen und Rikkas Lebensweg schon von Salar geplant war, gab ihr ein ungutes Gefühl. Wie konnte man gegen so jemanden vor gehen, falls dieser eines Tages beschloss, sie nicht mehr zu brauchen?
Die attraktive Frau näherte sich immer mehr der Stelle an die sich Gill und Mietz zurück gezogen hatten. Sie befand sich in der Nähe des Waldesrandes. Rikka konnte den ehemaligen Leibwächter auf einem Baumstamm sitzen sehen. Neben ihm stand der Feuerkopf und legte ihm kameradschaftlich die Hand auf die Schulter.
Rikka war vielleicht nur noch 30 Schritte von den Beiden entfernt, als ihr Konfrontationskurs abrupt stoppte. Der Grund: Ein Elfengesicht befand sich keine zwei Zentimeter von ihrem entfernt, nur stand es auf dem Kopf. Der Besitzer dieses Gesichts hing an einem Seil, welches er sich gekonnt um die Beine geschlungen hatte. Wie ein Schausteller wickelte dieser sich in einer fließenden Bewegung aus dem Seil und kam mit den Füßen zuerst auf den Boden. Dabei spreizte er die Arme weit auseinander, der linke Arm verschwand kurz darauf hinter dem Rücken. Der Rechte blieb mit der Hand in Höhe des Herzens an der Brust liegen und der Elf verneigte sich.
Nach dieser kurzen Verbeugung richtete er sich wieder auf und grinste die junge Frau freundlich an. Es war schwer zu sagen, ob dieser Elf männlich oder weiblich war. Bei diesem Volk war das schon immer nicht einfach, aber dieser Vertreter der gerade vor ihr stand, war ein Paradebeispiel für Androgynität. Sein langes, blondes Haar, was zu einem kunstvollen Zopf geflochten war, ging ihm bis zu den Kniekehlen. Bei einer Größe von 1,90 Meter durchaus imposant. Sein Gesicht hatte starke feminine Gesichtzüge, lange Wimpern, feine Lippen, ebene, weiße Haut, die einen leichten Grünschimmer besaß. Nur seine Wangenknochen und das Kinn standen etwas mehr hervor, wie bei einem Mann. Seine schwarze Lederrüstung, die genau wie bei den anderen Männern eng an der Haut lag, betonte seinen trainierten Köper. Die Brust war maskulin geformt, nur sein Becken hatten weibliche Kurven. Alles in allem konnte man den Elf nicht in eine Kategorie packen, es hatte den Anschein dass er beides war. Mann und Frau zugleich, die schönen Eigenschaften des jeweiligen Geschlechts in einem Körper vereint. „ Mann nennt mich Inwë Carnesîr! Es freut mich Fräulein Rikka, eure Bekanntschaft zu machen.“
Er blickte kurz nach hinten zu den beiden Männern und dann wieder zu Rikka.
„Die Beiden möchten nicht gestört werden, sie haben mich gefragt, ob ich dafür sorgen kann. Nun, da ich einen gutaussehenden Mann mit seinen Neffen nichts ausschlagen kann. Muss ich euch bitten, die Beiden in ruhe zu lassen. Ich hoffe ihr könnt das verstehen!“
Aus seinem Gesicht war dieses charmante Grinsen nicht wegzudenken und sein Blick musterte Auffällig seinen Gegenüber.
„Darf ich euch etwas fragen?“, er wartete eine zustimmenden Antwort ab, als Rikka diese von sich gab, nickte er und erhob wieder das Wort.
„Wie fühlt ihr euch eigentlich, umgeben von so vielen gutaussehenden Männern? Ich selber muss mir eingestehen, dass ich meine Gelüste bei diesem Angebot kaum zurückhalten kann. Na gut, eigentlich halte ich sie nie zurück.“
Jetzt kicherte er oder sie, wie ein junges Mädchen.
„Aber ihr seit auch wirklich zum Anbeißen, vielleicht wollt ihr mir meine Wache versüßen. Mein Partner könnte auch noch dazu stoßen. Natürlich nur, wenn ihr möchtet!“ Dabei zwinkerte er/sie der Kopfgeldjägerin zu, hielt aber immer noch Abstand von Rikka und machte keine Anstalten sie zu berühren.
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Rikka » Dienstag 20. November 2012, 22:37

Schon konnte sie die beiden Männer sehen, Gil saß auf einem Baumstumpf unmittelbar in der Nähe des Waldrands und Mietz stand schräg hinter ihm, eine Hand auf Gils Schulter gelegt. Fast in Rufweite wollte Rikka die beiden Männer gerade auf sich aufmerksam machen, als sie unversehens in ihrer Bewegung gestoppt wurde. Direkt vor Ihr tauchte wie aus dem Nichts einer der Elfen sich kopfüber an einem Seil herablassend auf. Rikka, die auf eine derartige Begegnung nicht vorbereitet war, machte einen Satz nach hinten und blieb abwartend stehen. Natürlich wusste sie, dass die Elfen sich in den Bäumen postiert hatten, ging jedoch davon aus, dass sich deren Aufmerksamkeit ausschließlich auf den Bereich außerhalb des Waldstücks konzentrierte. Dass sie jedoch auch auf Bewegungen aus dem Wald kommend achteten, damit hatte sie nicht gerechnet.
Demzufolge war sie auch leicht erschrocken, als der Elf so unvermittelt in ihrem Gesichtsfeld auftauchte und sich schließlich vor sie stellte. Es sah schon sehr akrobatisch und elegant aus, wie er sich abseilte und sich in einer fließenden Bewegung mit der rechten Hand auf dem Herzen vor der Kopfgeldjägerin verbeugte.
Nach der kurzen Schrecksekunde und einer höflichen Verbeugung ihrerseits nahm sich Rikka die Zeit, den Elf genauer zu betrachten. Das Augenscheinlichste was ihr auf Anhieb auffiel, sie konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob es nun ein männlicher oder ein weiblicher Vertreter seiner Art war. Schon immer hatte Rikka Probleme damit gehabt dieses kleine Detail bei Elfen zu unterscheiden. Diese Rasse vereinigte dermaßen viele weibliche Züge in sich, dass selbst die Männer andere Vertreter ihres Geschlechts dazu brachten, ihr Herz an sie zu verlieren. Unangenehm und manchmal auch sehr unschön wurde es meist, wenn das Missverständnis sich später aufklärte und der Mann erkannte, dass er keiner Elfe, sondern einem Elf nachstellte.
An derartige Begebenheiten musste Rikka denken, als sie dem Elf - oder war es eine Elfe? - gegenüberstand.
Hm, er oder sie war auf jeden Fall ein wahrer Leckerbissen. Wäre Rikka auf ein Abenteuer aus, dieser Elf oder diese Elfe wäre eine Sünde wert. Lange blonde Haare, für Elfen typisch zu einem Zopf gebunden. Vielleicht etwas groß für ihren Geschmack, aber mit einem weichen Gesicht, langen schwarzen Wimpern und einem sinnlichen Mund. Wären nicht die eher Männer kennzeichnenden vorstehenden Wangenknochen und das leicht vorstehende Kinn gewesen, Rikka hätte geschworen, es mit einer Frau zu tun zu haben. Der Elf, sie legte sich nun doch fest, dass es sich um einen Mann handelte, vereinigte in sich sowohl männliche als auch weibliche Züge, was ihn irgendwie anziehend machte.
Rikka fragte sich allerdings, was sie an ihm anziehende fand, sein weiches, feminines Gesicht oder seinen eher maskulinen Körper. Es war schlicht verwirrend für sie, dass sie seine weiblichen Züge beinahe mehr ansprachen, als der Rest, denn aus heiterem Himmel überkam sie das Verlangen, diesen sinnlichen Mund in diesem weiblich wirkenden Gesicht zu küssen. Das war alles, von dem Mann selbst wollte sie komischerweise nichts.
Ihre Betrachtung wurde von einer weichen , wohlklingenden Stimme unterbrochen:
„Mann nennt mich Inwë Carnesîr! Es freut mich Fräulein Rikka, eure Bekanntschaft zu machen.“ Inwë? Hm, das klang nun wieder sehr weiblich. Andererseits wusste Rikka aus Erfahrung, dass die Namen der Elfen auch nicht immer eindeutig auf das Geschlecht schließen ließen. Was dann jedoch wieder verärgerte war der Umstand, dass anscheinend jeder von Harlors Leuten wusste wer sie war, sie dagegen so gut wie nichts über diese Männer und Frauen wusste. Sie fühlte sich klar im Nachteil und das ärgerte sie ungemein, was sie gegenüber dem Elfen zum Ausdruck brachte.
„Schön für euch, vor allem, weil hier anscheinend jeder weiß wer ich bin. Wisst ihr was mich ärgert? Dass ich anscheinend die Einzige bin, die hier nicht bescheid weiß. Und so langsam regt mich das ungemein auf. Verzeiht also, wenn ich euch nicht ganz mit der sonst gebotenen Höflichkeit begegne.“
Wie es schien, fühlte sich Inwë nicht allzu sehr gestört, denn nach einem kurzen Blick zu den beiden Männern und sodann wieder zurück zu ihr meinte er charmant grinsend:
„Die Beiden möchten nicht gestört werden, sie haben mich gefragt, ob ich dafür sorgen kann. Nun, da ich einen gutaussehenden Mann mit seinen Neffen nichts ausschlagen kann. Muss ich euch bitten, die Beiden in Ruhe zu lassen. Ich hoffe ihr könnt das verstehen!“
Salar Harlor hatte anscheinend nicht nur einen Narren an langhaarigen Männern mit Zopf gefressen, sondern auch an ewig grinsenden Männern. Seit sie Harlor in der Taverne kennen gelernt hatte, waren ihr, was seine Getreuen anging, nur grinsende Kerle begegnet. Und auch Inwë bildete in dieser langen Reihe keine Ausnahme. Den Wunsch Gils konnte sie jedoch recht gut nachvollziehen. Nach allem was sie im Laufe des Tages erfahren hatte, täte ihr sicher ebenfalls etwas Ruhe zum nachdenken gut. Deswegen meinte sie nun auch etwas versöhnlicher:
„Ja, das verstehe ich gut. Es wäre wohl besser, wenn ich mich ebenfalls zurückzöge. Verzeiht also die Störung, ich begebe mich besser auch zur Ruhe.“
Rikkas Ansinnen stand wie es schien im Gegensatz zu dem, was dem Elf vorschwebte. Zumindest nahm sein Gesicht einen leicht enttäuschten Ausdruck an als er nochmals seine Stimme erhob:
“Bitte wartet. Bereits im Gehen begriffen blieb Rikka stehen und drehte sich fragend zu dem Elfen um.
„Darf ich euch etwas fragen?„Wie fühlt ihr euch eigentlich, umgeben von so vielen gutaussehenden Männern? Ich selber muss mir eingestehen, dass ich meine Gelüste bei diesem Angebot kaum zurückhalten kann. Na gut, eigentlich halte ich sie nie zurück.“ Perplex schaute die blonde Kopfgeldjägerin den Elfen an.
Moment, hat er gerade gesagt, dass er seine Gelüste bei der Auswahl an Männern kaum zurückhalten kann? Und du dachtest er wäre ein Mann.
„Ja, so kann man sich irren.“ Diesmal sprach sie so leise, dass nur sie selbst sich hören konnte, so dass der Elf, den sie nun doch als Elfe einstufte, fortfuhr und sie nun vollends verwirrte:
„Aber ihr seit auch wirklich zum Anbeißen, vielleicht wollt ihr mir meine Wache versüßen. Mein Partner könnte auch noch dazu stoßen. Natürlich nur, wenn ihr möchtet!“
Ja was denn nun? Auch ihr inneres Selbst war inzwischen vollkommen verwirrt. Zumindest die bessere Hälfte. Die dunklere Seite fand es eher amüsant. Für einen kurzen Augenblick musste sich Rikka sammeln, dann jedoch hatte sie sich wieder gefangen. Ihre inneren Dämonen ignorierend setzte sie eine möglichst nichtssagende Miene auf.
„Um der Wahrheit die Ehre zu geben, es mögen ja viele gut aussehende Männer um mich herum sein, doch muss ich gestehen, dass ich nichts dabei fühle. Seht ihr, ich habe einen Auftrag angenommen und der oberste Grundsatz bei meiner Arbeit lautet: Ein Auftrag ist ein Auftrag, persönliche Gefühle haben dabei nichts verloren. Also fragt mich noch einmal wenn mein Auftrag erfüllt ist und ich werde euch Rede und Antwort stehen. Was euer Angebot angeht, so fühle ich mich sehr geehrt, gleich von zwei – Männern? - so begehrt zu werden. Doch muss ich auch hier dankend ablehnen. Wie sich zeigt ist mir nicht an einem Techtelmechtel mit zwei – Männern? - gleichzeitig gelegen.“
Wenn es sich überhaupt um Männer handelt., setzte sie gedanklich hinzu. Sofern du überhaupt an Männern interessiert bist., meldete sich ihr Teufelchen gehässig. Interessanterweise hatte sein Widerpart einmal nichts zu entgegnen, was Rikka wiederum verwirrte. Sie musste dringend über so einige Dinge schlafen, was sie dem Elf oder was auch immer er oder sie nun war sogleich unmissverständlich klar machte.
„War das dann alles? Wenn ja, so würde ich mich nun gern zurückziehen. Es war ein anstrengender Tag und ich möchte morgen ausgeruht sein. Ich wünsche euch noch einen ... angenehmen ... Abend.“
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren wandte sic sich um und ließ den Elf stehen. Seine Frage empfand sie im Nachhinein betrachtet als reichlich ungebührlich und dreist. Wenn sie es recht bedachte, so hatte sie ihm noch sehr höflich ihre Meinung dazu gesagt. Ja wer war sie denn? Oder besser, was dachten die Kerle wer sie war? Ein Flittchen? Weibliches Freiwild ? Frischfleisch? Am liebsten wäre sie umgekehrt und hätte diesem infamen Elfen noch nachträglich eine saftige Backpfeife verpasst. Was bildete der sich überhaupt ein, sie so unverschämt nach einer frivolen Nacht zu fragen.
Als sie ihr Zelt erreichte hatte sich ihr anfänglicher Ärger zu kalter Wut aufgebaut. Wehe demjenigen, der nun in ihre Nähe kam und ein falsches Wort sagte oder etwas falsches tat. Sie konnte gerade für nichts garantieren.
Zum Glück für alle Männer des Lagers hatte Grunkbert den Sichtschutz errichtet, hinter dem Rikka nun verschwand und sich entkleidete. Nach Verrichtung der abendlichen Notdurft und einer ausgiebigen Wäsche im kalten Wasser des Baches und fühlte sich die Kopfgeldjägerin erfrischt und wesentlich wohler. Schnell wusch sie noch ihre Unterwäsche aus und verschwand schließlich in ihrem Zelt. Die gewaschene Wäsche hängte sie an eine Leine, die sie vor dem Zelteingang aufgespannt hatte und wo bereits eine ihrer Unterhosen hing, anschließend verrichtete sie ihre Andacht an Manthala wie sie es jeden Morgen und jeden Abend tat und mummelte sich schließlich in die Decken ihrer Schlafstatt ein. Auch wenn die Nacht kühl und windig zu werden versprach, so wärmten die Wolldecken so gut, dass sie, auch wenn sie nackt schlief, nicht frieren würde.
Lange Zeit lag sie noch wach, fand einfach keinen Schlaf. Zu sehr wühlte sie das, was sie an diesem Tag erlebt hatte auf. Aber noch mehr beschäftigte sie das, was sie in Erfahrung gebracht hatte, über Salar Harlor, über sich selbst und darüber, wie Salar Harlor, ohne dass sie die geringste Ahnung davon hatte, ihr Leben beeinflusste. Wie weit war er neben ihrem Leben auch in das ihrer Familie verstrickt? Hatte sie mit ihrem Brief an Warren unwissentlich vielleicht einen Fehler begangen? Unwillkürlich kroch die Angst um ihren Bruder in ihr hoch. Er war der einzige ihrer Familie, der noch zu ihr stand und sie mit Informationen versorgte. Sie liebte ihn und würde es sich nie verzeihen, wenn er durch ihre Schuld zu Schaden kam.
Mit diesen düsteren Gedanken übermannte sie schließlich die Müdigkeit und sie versank in einen recht unruhigen Schlaf.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Erzähler » Freitag 23. November 2012, 16:15

Der Elf oder die Elfe kicherte wieder wie ein junges Mädel, als sich Rikka entfernte. Dabei den Blick immer auf ihre hin und her schwankenden Hüften gerichtet. Ein Seufzen entrang der Person: „Schade, schade, schade! Ich hatte sie fast!“ Wieder ertönte aus der Kehle der Frau oder des Mannes dieses weiberhafte Lachen. Resigniert zuckte Inwë mit den Schultern und kletterte das Seil hinauf. Innerhalb von Sekunden war sie, oder er, mit dem Seil im Blätterdach verschwunden. Die Kopfgeldjägerin konnte sich in Ruhe nachtfertig machen. Der Großteil der Männer schlief schon und die Feuer glühten nur noch leicht. Das Rikka eine Zeitlang nicht einschlafen konnte, war mehr als verständlich. Dieser Tag war, und das konnte niemand bestreiten, mehr als abwechslungsreich gewesen. Doch irgendwann siegte die Müdigkeit und die junge Frau sank hinab ins Land der Träume.

Das Unterbewusstsein des Menschen war ein komplexer Organismus und Rikka hatte da ein ganz Spezielles. Wenn man an ihre beiden Stimmen dachte, die in ihrem Kopf spukten. Würde man diese Stimmen körperlich darstellen, konnte man wohl einen kleinen Lysanthor auf der linken Schulter und einen kleinen Faldor auf der rechten Schulter sitzen sehen. Doch die Beiden hatten herzlich wenig mit dem Traum, den Rikka heute Nacht erleben würde, zu tun. Wie auch? Sie waren nur Gedanken einer sonst geistig gesunden Frau.


Die Traumwelt

Rikka befand sich in einer alles umfassenden Schwärze, die so finster war, dass sie nicht einmal ihre eigene Hand sehen konnte. Es fühlte sich an, als würde diese Dunkelheit in ihren Körper sickern und sie langsam von Innen verzehren. Panik breitete sich in der Frau aus, sie bekam keine Luft, mit weit aufgerissenen Augen bemerkte sie, dass es keine Luft in dieser Umgebung zum Atmen gab. Sie versuchte weg zu laufen, wohin wusste sie selber nicht. Rikka wollte Atmen, ihrer Lunge die Luft geben, nach der sie schon förmlich schrie. Ihren offenen Mund entrang ein Röcheln, das sich genauso anhörte, wie bei einem Menschen, den man die Kehle zuschnürte und dieser mit alle Macht versuchte zu atmen.
Als das Brennen in der Lunge unerträglich wurde, verlor Rikka den Halt und stürzte. Eigentlich hätte sie auf den Boden schlagen müssen, doch dem war nicht so, sie fiel einfach ins Nichts. Genau in dem Moment in dem die Kopfgeldjägerin dachte, sie würde aufgrund von Sauerstoffmangel sterben, wurden ihre Lungenflügel mit der Essenz des Lebens durchflutet. Keuchend atmete sie ein, tiefe schnelle Züge. In ihrer Brust brannte es noch immer diabolisch, doch langsam beruhigte sich ihr Körper. Weiterhin im Fallen, konnte sie entfernt erkennen, wie die Schwärze von einem weißen Lichtstrahl durchbrochen wurden.
Genau auf diesen Bruch steuerte sie im Sturzflug zu, nur hatte sie keine Möglichkeit ihren Sturz zu lenken. Es war eher ein Ziehen, das ihren dahin strauchelnden Körper in die richtige Richtung zog. Es dauerte eine Weile bis sie das weiße Lichtloch erreichte und durch dieses wie ein Pfeil hindurch schoss. Ihre Augen tränten bei dieser Helligkeit und eine Zeit lang konnte sie nichts sehen. Rikka schloss ihre Augen um sie vor diesem schmerzenden Weiß zu schützen. Doch half dies nicht, dass Licht drang auch durch ihre Lieder und wie bei der Finsternis zuvor, spürte sie wie das Licht in sie eindrang.
Die junge Frau spürte den Kampf in ihren Inneren. Wie sich weiß und schwarz bekämpften, wie alte Feinde, die schon seit Beginn der Zeit im Disput lagen. Sie konnte nicht sagen wer in ihren Inneren gewann, es fühlte sich an, als wäre Beides in ihr. Licht und Finsternis vereint in einem Körper. Doch war das nicht bei allen Menschen so? Das jeder vom Tag seiner Geburt an beide Seiten in sich trug? Ihre Gedanken wurden durch einen lauten Knall abgelenkt. Erschrocken öffnete sie die Augen, die sie bis eben vergebens zum Schutz vor dem Licht geschlossen hatte. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie nicht mehr stürzte. Rikka spürte einen hölzernen Gegenstand an ihrem Gesäß. Als sich ihre Augen an das hier gebotene Zwielicht gewöhnten, erkannte die Frau, dass sie auf einen Stuhl saß. Vor ihr befand sich eine massive, graue Gesteinswand. Die Kopfgeldjägerin wollte aufstehen, sich umschauen, herausfinden wo sie sich befand und wie sie von hier entkommen konnte. Nur der Stuhl machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Gerade als sie sich erheben wollte, wuchsen aus dem Möbelstück Ranken, die sich in Windeseile um ihren Körper wickelten. Alles Rütteln half nichts, je mehr sie sich bewegte, umso fester zurrten sich die Ranken fest. Rikka war gefangen, so gefangen wie alle Ziele, die sie für Kopfgelder vor den Richter gezogen hatte.
Plötzlich bewegte sich etwas auf der Steinwand. Zuerst konnte Rikka nicht erkennen was es war. Sie sah nur einen schwarzen und einen weißen Punkt, die sich aufeinander zu bewegten und wieder von einander weg. Doch mit der Zeit wurden die Punkte größer. Nach einer Weile wurden aus den beiden Punkten zwei Wölfe. Der eine schwarz wie die Nacht, der andere weiß wie frisch gefallener Schnee. Sie belauerten sich und kreisten umeinander, der Geifer lief ihnen aus den hochgezogenen Lefzen. Die Wölfe glichen sich wie ein Ei dem anderen, nur ihre Farbe stand im krassen Gegensatz. Es war unmöglich zu sagen, wer der Stärkere von Beiden war. Hinter den Wölfen gab es ein anderes Szenario zu beobachten. Sie sah sich selbst dort stehen, wie sie einen Sträfling ablieferte und das versprochene Honorar Annahm. Der weiße Wolf wurde größer und griff seinen schwarzen Gegenpart an. Dieser hatte keine Chance und musste mit ansehen, wie ihn ein faustgroßes Stück Fleisch aus den Rippen gerissen wurde.
Das Bild im Hintergrund änderte sich wieder. Diesmal bekam Rikka Geld für eine abgelieferte Frau. Die Kopfgeldjägerin erinnerte sich, diese Person war eine bekannte Diebin in Grandea gewesen. Diesmal wuchs der schwarze Wolf und überragte den weißen Wolf. Er riss diesmal seinem weißen Bruder Fleisch vom Körper.
Ständig wechselten die Bilder im Hintergrund und je nachdem, wen sie ablieferte, wuchs einer der Wölfe und verletzte den Anderen. Am Ende waren die Beiden nur noch Knochen mit Hautfetzen, aber sie gaben den Kampf gegeneinander nicht auf.
Diesmal sah Rikka wie sie von Salar Harlor den Geldbeutel ergriff. Nur wuchs diesmal keiner der beiden Wölfe und griff den anderen an. Nein, jetzt drehten sie zum ersten Mal ihren Kopf in die Richtung der Kopfgeldjägerin! Die Caniden bekamen blaue Augen, sie funkelten genauso wie die von Salar. Die junge Frau bekam es mit der Angst zu tun und wollte sich von ihren Fesseln befreien, doch dazu hatte sie keine Zeit mehr. Die Wölfe sprangen ihr mit weit geöffneten Mäulern entgegen.

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


Rikka bemerkte ein Rütteln an ihrer nackten Schulter. Sofort aktivierte sich ihr Selbstschutz. Sie stieß den Rüttler mit geschlossenen Augen von sich weg und zog instinktiv die Armbrust, die neben ihr lag, an sich. Als sie ihre Augen öffnete und eine schwarze Gestalt vor sich sah, musste sie sofort an den Wolf denken. Ihr Finger betätigte den Abzug und der Bolzen surrte seinem Ziel entgegen. Man konnte nur ein dumpfes „mhhhrmh“ hören. Endlich löste sich der Schleier vor den Augen der Kopfgeldjägerin und sie erkannte Mietz im Eingang stehen. Die Unterwäsche von Rikka lag auf seinen Kopf und in der rechten Hand hielt er den Bolzen fest.
Er stotterte auch gleich los, als er erkannte, dass Rikka wach war. „Ich…ich..ich..“ Kurz schüttelte er den Kopf und endlich fing er sich wieder. „Verzeiht Rikka, ihr hattet geschrien und ich wollte nachsehen ob es euch gut geht. Ich glaube ihr hattet einen Alptraum!“
Wie es den Anschein hatte, war der Junge noch zu durcheinander, durch seinen Beinahe -Tot. Denn erst jetzt bemerkte er, dass die Kopfgeldjägerin nackt war! Die Decke verdeckte nur den unteren Leib und er hatte eine grandiose Aussicht auf ihren Oberkörper, der mit feinen Schweißperlen übersäht war. Durch die kühle Morgenluft traten die Brustwarzen der Frau deutlich hervor.
Mietz` Gesicht wurde so rot wie sein Haar und er rannte förmlich aus dem Zelt. Dabei vergaß er völlig, dass Rikkas Unterhose noch immer auf seinem Kopf war und ein surreales Bild einer Mütze darstellte. Ein paar Sekunden später hörte man das laute, kehlige Lachen von mehreren Männern. Erst die Stimme von Grunkbert brachte sie alle zum Schweigen. „Was lacht ihr so dämlich! Baut das Lager ab!“
Im Lager herrschte jetzt reges Treiben. Jeder hatte seine Aufgabe und alle kamen dieser durch die Ermahnung des Zwerges zügig nach. Doch von Rikkas Zelt hielt man gebührenden Abstand. Auch der Sichtschutz für Rikkas Notdurft würde erst abgebaut werden, wenn die ehemalige Adelige ihr Einverständnis dazu gab.
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Rikka » Freitag 23. November 2012, 23:13

Anfangs war Rikkas Schlaf, wenn auch recht unruhig, so doch traumlos. Erst gegen Morgen änderte sich dies und die Kopfgeldjägerin glitt in die für den Körper so wichtige Traumwelt. Doch statt angenehmer Träume sollte Rikka sich ihren inneren Dämonen stellen. Ob sie später, wenn sie aufwachte, sich daran erinnern würde?
Ein Rütteln an ihrer Schulter ließ sie aus ihren Träumen hochfahren. Reflexartig stieß sie denjenigen, der an ihrer Schulter rüttelte von sich. Ein Griff, die bereitliegende Armbrust ruckte hoch und der Pfeil sirrte von der sich entspannenden Sehne auf die dunkle Gestalt zu, welche sie unangenehm an ihren Traum erinnerte. Erst als sie ein undeutliches Brummen hörte öffnete sie ihre Augen und erkannte Mietz, der am Fußende ihrer Schlafstatt stand. Sein Anblick war urkomisch, denn durch ihren Stoß war er unkontrolliert nach hinten getaumelt und mit dem Kopf in die auf der Leine über dem Zelteingang hängende Unterwäsche geraten. Dabei hatte er eine ihrer Unterhosen heruntergerissen und trug sie nun als Ohrenschützer auf seinem Kopf. In der rechten Hand indess hielt er den von Rikka abgeschossenen Pfeil umklammert. Sein Blick war alles andere als intelligent, so dass Rikka beinahe laut losgelacht hätte. Doch ihr Verstand ließ sie sich nur darüber wundern, warum Mietz sie so verdattert anstarrte, anstatt sich, wie sie es erwartet hätte, die Unterhose vom Kopf zu ziehen.
Erst ein Blick an sich herab ließ sie ahnen, was in seinem Kopf wohl gerade vor sich ging, da er auch noch zu stottern anfing:
„Ich…ich..ich.. Verzeiht Rikka, ihr hattet geschrieen und ich wollte nachsehen ob es euch gut geht. Ich glaube ihr hattet einen Alptraum!“ Plötzlich stockte er, so als würde erst jetzt richtig realisieren was er da so unverhüllt erblickte. Rikkas entblößter Oberkörper, mit feinen Schweißperlen bedeckt, das blonde Haar locker über die Schultern fallend und die von der Kälte aufgerichteten Brustwarzen musste für ihn ein sicher ungewöhnlicher Anblick sein. Bestimmt hatte er in seinem noch jungen Leben nicht viele Frauen so unbekleidet gesehen, wenn Rikka nicht sogar seine erste Erfahrung in dieser Hinsicht war. Seine Jugend war sein Glück, denn jeden anderen hätte Rikka nun aus dem Zelt geworfen, Mietz jedoch lächelte sie nur freundlich an. Gerade wollte sie ihn fragen, ob er nicht seine ungewöhnliche Kopfbedeckung absetzen wollte, doch da rannte der Junge bereits panisch aus dem Zelt. Ihre Nacktheit hatte ihn anscheinend so sehr verwirrt, dass er Hals über Kopf davon stürmte, dabei sogar die Unterhose auf seinem Kopf vergessend.
Das hämische Lachen seiner Kameraden erinnerte ihn nur Sekunden später daran, dass er da etwas vergessen hatte. Grunkberts befehlende Stimme setzte dem Gelächter schnell ein Ende und das unterbrochene hektische Treiben des Lagerabbaus setzte wieder ein.

So wurde es auch für Rikka Zeit, aufzustehen und sich für den Tag herzurichten. Sie wollte nicht diejenige sein, die den Trupp vom Aufbruch abhielt. Also schälte sie sich vollständig aus den Decken, reckte und streckte sich gähnend und holte ihre letzte trockene Unterwäsche aus dem Rucksack. Sich ein Tuch um die Hüften wickelnd trat sie aus dem Zelt und verschwand hinter ihrem noch aufgebauten Sichtschutz.
Das morgendliche Geschäft war schnell erledigt, dann stieg sie in den Bach und wusch sich den Schweiß mit dem klaren, aber auch sehr kalten Wasser vom Körper. Dabei dachte sie über den Traum nach, an den sie sich, als Mietz es erwähnte, wieder erinnerte.
Der Anfang war ihr nur noch undeutlich in Erinnerung, lediglich ein sehr beklemmendes Gefühl war ihr im Gedächtnis haften geblieben. Ein Gefühl, ganz so, als würde der Tod nach einem greifen und man schaffte es in allerletzter Sekunde, gerade noch so davon zu kommen. Dafür erinnerte sie sich aber geradezu überdeutlich an den zweiten Teil. Der Teil, bei dem sie auf einen Stuhl gefesselt vor den zwei übergroßen Wölfen saß, die sich nur durch ihr gänzlich gegensätzliches Fell unterschieden. Der Teil, bei dem sie all ihre Opfer sah, die sie jemals abgeliefert hatte. Angefangen bei ihrem allerersten Opfer. Borgward Halef, ein Mörder und Frauenschänder, dem auch sie fast zum Opfer gefallen wäre, nachdem er sie in eine Falle gelockt hatte. Es war seine Absicht, sie erst zu schänden und dann zu töten, allein er war zu selbstsicher und hatte sie unterschätzt. Am Ende bezahlte er seine Selbstüberschätzung mit dem Leben. Er war der Einzige, den Rikka nicht lebend übergab. Man fand sie damals nackt und blutbesudelt unter seinem mit einem Pfeil durchbohrten Körper. Sie hatte nicht mehr die Kraft besessen, sich unter seinem massigen Körper hervorzuwinden. Er hatte es jedenfalls verdient, was wohl auch dadurch symbolisiert wurde, dass der weiße Wolf, der anscheinend ihre gute und gerechte Seite darstellte, dem schwarzen Wolf ein Stück Fleisch herausbiss. Dies geschah bei jedem, den sie einmal gefangen hatte, immer abwechselnd je nachdem, ob sie nach Ansicht ihrer Gewissenssymbole recht oder unrecht gehandelt hatte. Der Traum sollte ihr anscheinend vor Augen führen, was ihr Gewissen davon hielt, dass es ihr egal war, ob sie einen guten oder einen schlechten Menschen überstellte. Hauptsache der Preis stimmte.
Die Szenerie änderte sich erst, als Salar Harlors Gesicht auftauchte. Er stellte ihren aktuellen Auftrag dar und anders als vorher gingen die Wölfe diesmal nicht aufeinander los, sondern sprangen mit aufgerissenen Mäulern auf Rikka selbst zu. Das war der Punkt, an dem Mietz sie geweckt hatte.

Die Frage war nun, was bedeutete es und bedeutete es überhaupt etwas. Nachdenklich hielt die kühle Blonde in ihrer Körperpflege inne. Alles lief auf Salar Harlor hinaus. Nur war es nun gut, dass sie diesen Auftrag angenommen hatte oder war es schlecht für sie? Hätte sie ihn besser ablehnen sollen? Und wenn die beiden Wölfe ihr Gewissen symbolisierten, fraß sie dann ihr Gewissen auf, wenn sie diesen Auftrag zu Ende brachte?
Der kalte Wind ließ sie frösteln und so brachte sie geschwind ihre Reinigung zum Abschluss.
Wieder im Zelt kleidete sie sich an, band ihre Haare zu einem Zopf zusammen, der ihr lang in den Rücken fiel und verstaute ihre Ausrüstung. Zum Schluss kniete sie sich in die Mitte des Zeltes und zelebrierte ihre Morgenandacht:

„Führe uns Manthala, lehre uns Manthala, beschütze uns Manthala. In deinem Licht werden wir gedeihen, deine Gnade gewährt uns Schutz. Deine Weisheit beschämt uns. Wir leben, um dir zu dienen, unser Leben gehört dir.“

Die Gebetsformel wiederholend fühlte sie wieder, wie ihre Zuversicht wuchs, wie neue Kraft sie durchströmte und die dunklen Gedanken vertrieb. Wie sie mit jedem Wort ruhiger und gefestigter wurde. Am Ende, als sie sich erhob strahlte sie eine Ruhe und Kraft aus, die sie so vorher nicht in sich fühlte. Wenn sie ihre Andacht sprach, so war es ihr immer, als würde Manthala selbst etwas ihrer göttlichen Kraft in sie fließen lassen.
So gestärkt verließ sie das Zelt. Der Sichtschutz war schon abgebaut und noch während sie auf Grunkbert zuhielt begannen die Männer auch ihr Zelt, es war das letzte, das noch stand, abzubauen.
Grunkbert spitzbübisch angrinsend erkundigte sie sich nach Mietz. „Ihr wisst nicht zufällig wohin er so schnell verschwunden ist? Ich glaube er hat noch etwas, was mir gehört und ich hätte es gerne wieder. Wenn ihr ihn also seht, dann seid so gut und richtet ihm aus, dass er mir die Kopfbedeckung, die er sich von mir ausgeliehen hat, doch bitte wieder zurückgeben möchte.“
Bei dem Wort Kopfbedeckung stahl sich zum ersten Mal ein Lachen auf Grunkberts Gesicht, was den Zwerg völlig anders erscheinen ließ. Rikka fand, dass es ihm recht gut stand und er doch öfter lachen könnte.
„Ach ja ...“, fiel ihr dann noch etwas ein. „Ist Salar Harlor inzwischen eingetroffen? Ihr sagtet gestern, dass er hier zu uns stoßen würde. Wenn ja, könnt ihr mir sagen wo ich ihn finde? Oder besser, richtet ihm aus, dass ich ihn zu sprechen wünsche.“
Ein Windstoß fuhr über die Lichtung und ließ ihren Zopf hin und her schaukeln. Die Wipfel der Bäume bogen sich im Wind, knarrten und ächzten, so als würden sie sich über diese Behandlung beschweren. Wie es aussah würden sie heute noch einen kräftigen Sturm bekommen, was Rikkas Freude auf den bevorstehenden Ritt erheblich dämpfte. Sie hoffte Salar Harlor noch zu treffen bevor sie auf dem Schiff anlangten. Danach wäre sie wahrscheinlich kaum noch in der Lage dazu. Zumindest wenn diese Seefahrt wie die Vorherigen ablief.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 29. November 2012, 22:05

„Hab ich das?“ Grunkbert überlegte kurz. „Stimmt, jetzt wo Ihr es erwähnt, erinnere ich mich! Es tut mir leid, aber Salar traf in der Nacht ein, als ihr schon geschlafen habt. Er ist mit einigen Männern schon in der frühen Morgenstunde aufgebrochen!“, Grunkbert stand neben seinem braunen Pony und griff in die Satteltasche. „ Aber er hat mir etwas für Euch gegeben.“ Er überreichte der Kopfgeldjägerin ein Bündel Kräuter. Als er ihren verwirrten Gesichtsaudruck bemerkte, erwiderte der Zwerg: „Salar meinte, Ihr hättet so Eure Probleme mit der Schifffahrt. Ihr sollt jeden Tag ein Blatt nach dem Aufstehen davon kauen!“ Das Kraut hatte Ähnlichkeit mit Kleeblättern, nur war es wesentlich größer und die Ränder der Pflanze hatten Zacken. „Es nennt sich Übergib dich nicht, eine sehr bekannte Heilpflanze gegen Seekrankheit. Ich selbst hatte die erste Zeit einiges davon zu mir genommen, bis ich mich an das Schaukeln gewöhnt hatte. Wirklich gutes Zeug, nur schmeckt es scheußlich!“ Dabei verzog der Zwerg leicht das Gesicht und ein paar Grübchen bildeten sich um seine Augen. „Ach und bevor ich es vergesse…“, er kramte wieder in der Tasche und nach kurzer Zeit holte er die Unterhose von Rikka hervor. „Eure Unterwäsche, Mietz war so frei und hat sie mir gegeben.“ Wir brechen gleich zum Schiff auf, es ist nicht mehr so weit.“ Grunkbert nickte der jungen Frau kurz zu und schwang sich auf sein Pony. „Los, schneller ihr Pack oder wollt ihr, dass das Schiff ohne uns ablegt?!“ Bei diesen Worten begann die Truppe noch rasanter zusammenzupacken. Als die blonde Frau ihr Pferd erreichte war dieses schon mit ihren Habseligkeiten gepackt. Gill stand neben ihm und reichte Rikka die Zügel.
„Ich wollte mich bei Euch entschuldigen, Ihr wisst schon wie ich euch behandelt habe.“ Kurz blickte er auf den Boden. „Ihr erinnert mich schmerzlich an meine verstorbene Frau, Ihr wart euch sogar etwas ähnlich.“ Der Mann ging darauf mit gesenktem Haupt zu seinem Pferd und schwang sich auf seinen Sattel. Sein Bruder kam, wie aus dem Nichts, angeritten und gesellte sich zu ihm. Dann ritten die Beiden zum Sammelpunkt. Grunkbert hielt neben der Kopfgeldjägerin, die mittlerweile auch im Sattel saß.
„Na dann lasst uns mal zur Niemand reiten.“ Er gab seinem Pony einen kurzen Tritt und trottete aus dem Wald. Rikka folgte dem kleinen Mann und verließ das Waldstück, das ihr diesen seltsamen Traum beschert hatte. Außerhalb des Waldes hatte sich die Truppe, die jetzt nur noch halb so stark war, versammelt. Sie standen wieder in Kreisformation. Es gab eine kleine Lücke, die Grunkbert und die ehemalige Adelige schlossen. Der Zwerg erhob sogleich auch das Wort: „Männer und Frauen, wir werden, wie besprochen, heute die Niemand erreichen. Die Reise an Bord wird einige Tage dauern. Unser Ziel ist Rumdett! Wir setzen dort unsere neue Begleiterin Rikka ab. Wir werden dort keinen Landgang haben, unser Ziel ist ein anderes. Der Kapitän wird euch, wenn es soweit ist, Bescheid geben.“ Ein paar Männer nickten, andere gaben ein kurzes „Aye!“ von sich. Dann löste sich der Kreis auf und Grunkbert und Rikka führten die Männer an. Erst jetzt fiel ihr auf, dass Mietz fehlte.
Doch keiner der Anwesenden schien das zu verwundern, als sie den Zwerg darauf ansprach, erwiderte dieser nur kurz: „Er hat eine Aufgabe.“ Sein Ton gab der Frau auch gleich zu verstehen, dass sie nicht weiter nachfragen brauchte. Er würde ihr nichts erzählen.
Der Ritt verlief lange Zeit unspektakulär, sie kamen der Küste immer näher und somit veränderte sich auch der Geruch der Luft. Es roch typisch nach Meer und Rikkas Magen begann langsam zu rebellieren. Anscheinend wusste er, was bald auf ihn zukam. Hoffentlich würden die Kräuter helfen, sonst würde die Unterhaltung mit Salar Harlor sehr anstrengend werden.
Je weiter sie ritten, umso mehr Vögel konnte man am Horizont erkennen. Zum Anfang dachte die Kopfgeldjägerin noch, dass es Möwen waren. Doch diese Vermutung wurde, je näher sie kamen, immer mehr zum Trugschluss, denn anstatt Möwen, kreisten Raben um einen bestimmten Fleck auf der überschaubaren Ebene. Als sie den Ort erreichten, den die Vögel heimsuchten, wurde klar, dass die Tiere nach Aas suchten. Zwei Dutzend tote Dunkelelfen lagen auf dem Boden. Ihre Körper waren mit Löchern übersät, Gliedmaßen fehlten, die Gesichter vor Schmerz verzogen. Der Boden war blutgetränkt. Jeden der Männer huschte ein Lächeln übers Gesicht als sie die entstellten Körper erblickten. Von weiter hinten rief jemand: „Ha! Da hat unser Käpt’n aber kurzen Prozess mit diesen dunkelhäutigen Bastarden gemacht.“ Ein anderer erwiderte: „Diese Spitzohren taugen auch nur dafür den Boden zu düngen! Nichts für ungut.“ Anscheinend galt der letzte Satz den Elfen in der Truppe. Einer oder Eine von ihnen, Rikka war sofort klar wessen Stimme das war, meinte darauf. „Selbst ich würde mit denen nicht ins Bett gehen!“ Auf einen Schlag lachte die ganze Truppe. Auch auf Grunkberts Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab. Ein andere stieg darauf ein: „Und das soll schon was heißen!“ Wieder ein paar Lacher. Den Anwesenden schien es wohl den Tag zu versüßen, abgeschlachtete Dunkelelfen zu erblicken. Keiner kam auch nur auf die Idee anzuhalten. Einige steuerten ihre Reittiere mit Absicht über die toten Körper, um sie noch weiter zu schänden. Das geschulte Auge der Kopfgeldjägerin erkannte sofort, dass den Leichen ihr Hab und Gut genommen wurden. Nur einige besaßen noch ihre Rüstung und Waffen fand man nirgends auf dem Schlachtfeld. Genauso interessant war, dass kein vermutlicher Angreifer unter den Toten lag. Entweder hatte Salars Gruppe sie überrascht oder unter seinem Kommando standen wirklich herausragende Kämpfer. Wenn die Angreifer überhaupt zu dem Mann gehörten. Aber wer sollte es sonst gewesen sein? Das Dunkle Volk war mit Grandea verbündet und ein paar Banditen hatten wohl kaum eine Chance gegen Dunkelelfenkrieger.
Die letzte Leiche, die Rikka passierte, brannte sich in ihren Kopf. Der Mann besaß weder Arme noch Beine. Er lag splitterfasernackt auf dem Boden. Sein Genital war abgeschnitten worden und in seinen Mund gestopft. Doch das war nicht das Widerlichste an diesem Szenario, sein komplettes Gesicht fehlte, als hätte man ihn gehäutet und einen blanken Schädel mit dem Symbol seiner Männlichkeit im Mund zurückgelassen. Was auch immer dies zu bedeuten hatte. Grunkbert schien es nicht weiter zu kümmern und er lenkte sein Pony weiter Richtung Küste. Einer der Männer meinte, als er die Leiche erblickte: „Inwë! Der dort ist doch ganz nach deinem Geschmack!“ Darauf gab es auch prompt eine Erwiderung. „Was soll ich denn mit dem?! Ich mag es lieber, wenn alles am richtigen Platz ist und ich was im Mund habe!“ Wieder einmal ging ein Lachen durch die Truppe. Nach diesem kurzen Intermezzo ging es dann wieder weiter.

Zur Mittagszeit erreichte die Gruppe die Küste, sie ritten eine Senke hinab um an das Ufer zu gelangen. Neben ihnen türmte sich eine Felsformation auf, sie ritten jetzt alle hintereinander und nach kurzer Zeit erreichten sie den Strand, an dem schon einige Beiboote lagen. In der Ferne konnte man ein Schiff erkennen. Es würde nicht mehr lange dauern und Rikka konnte Salar endlich all die Fragen stellen, die sich mittlerweile angesammelt hatten.
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Rikka » Sonntag 2. Dezember 2012, 23:33

Grunkberts Mitteilung, dass Salar Harlor zwar kurz im Lager gewesen, aber schon früh wieder aufgebrochen war, ließ Rikka enttäuscht drein blicken. Ihre Enttäuschung schlug schließlich in leichten Ärger um, als sie etwas lauter als beabsichtigt meinte:
„Ach, und da konntet ihr mich nicht früher wecken? Ihr wusstet doch, dass ich Salar Harlor noch sprechen wollte. Ich kann für euch nur hoffen, dass er später an Bord sein wird und ich ihm noch die eine oder andere Frage stellen kann. Denn auch wenn die Reise ein paar Tage dauern sollte, so weiß ich schon jetzt, dass ich später auf See nicht mehr in der Lage sein werde, Fragen zu stellen.“
Grunkbert nahm ihren kleinen Ausbruch gelassen auf. Mit einem Griff in seine Satteltasche zog er ein Leinensäckchen heraus, das einen intensiven Geruch nach Kräutern verströmte und hielt es Rikka entgegen. Auf Rikkas fragenden Blick, da sie mit dem Leinensäckchen nicht viel anfangen konnte, meinte er schmunzelnd:
„Nun, wenn ihr auf eure Seekrankheit anspielt, so hat er mir etwas für euch gegeben. Salar meinte, Ihr hättet so Eure Probleme mit der Schifffahrt. Ihr sollt jeden Tag ein Blatt nach dem Aufstehen davon kauen!“ Er ließ das Leinensäckchen in ihre offene Hand fallen, wo es von der Kopfgeldjägerin sogleich geöffnet wurde. Darin befand sich ein Kraut, das Ähnlichkeit mit Kleeblättern hatte, nur war es wesentlich größer und die Ränder der Pflanze hatten Zacken. „Es nennt sich Übergib dich nicht, eine sehr bekannte Heilpflanze gegen Seekrankheit. Ich selbst hatte die erste Zeit einiges davon zu mir genommen, bis ich mich an das Schaukeln gewöhnt hatte. Wirklich gutes Zeug, nur schmeckt es scheußlich!“
Dabei zog er ein Gesicht, als hätte er gerade ein Fass Essigwasser getrunken. Rikka verschloss das Säckchen und befestigte es an ihrem Waffengürtel. Sich innerlich schüttelnd dachte sie daran, was für einen scheußlichen Geschmack das Zeug haben musste wenn selbst Grunkbert angewidert das Gesicht verzog. Aber besser ein scheußlicher Geschmack, als tagelange Übelkeit und ständiges Kotzen. Ihre Laune besserte sich sogleich und sie schlug dem Zwerg Abbitte leistend auf die Schulter. „Nun Grunkbert, so sei euch eure kleine Nachlässigkeit verziehen und entschuldigt bitte, sollte ich euch mit meiner Verärgerung gekränkt haben. Ich war nur enttäuscht darüber, dass mir diese Gelegenheit durch eure Entscheidung durch die Lappen ging. Wenn dieses Kraut jedoch hält was ihr soeben verspracht, dann will ich euch gern Abbitte leisten.“
Grunkbert winkte nur ab und kramte erneut in der Satteltasche. „Ach und bevor ich es vergesse…“, eine für Frauen gedachte Unterhose kam zum Vorschein, die Rikka sofort als diejenige Erkannte, welche Mietz als Ohrenschützer gedient hatte. „Eure Unterwäsche, Mietz war so frei und hat sie mir gegeben. Wir brechen gleich zum Schiff auf, es ist nicht mehr so weit.“
Mit lautem Ruf blies Grunkbert zum Aufbruch. In aller Eile wurden die letzten Sachen verpackt und auf die Pferde gebunden. Für Rikka war dies das Signal, ebenfalls ihr Pferd zu satteln und ihre Habseligkeiten zu verstauen. Bei ihrem rotbraunen Hengst angekommen stellte sie jedoch erstaunt fest, dass bereits alles zu ihrer Zufriedenheit erledigt war. Ihr Reiserucksack hing gepackt am Sattel des Hengstes. Dolch, Köcher und Armbrust hatte sie bereits beim Ankleiden am Waffengürtel verstaut. Sie fragte sich noch wer wohl ihre Sachen bereits auf das Pferd gepackt hatte, als Gil hinter dem Rücken des Pferds hervortrat und ihr die Zügel in die Hand legte:
„Ich wollte mich bei Euch entschuldigen, Ihr wisst schon, wie ich euch behandelt habe.“ Den Blick zu Boden gerichtet, ganz wie ein reuiger Sünder fuhr er fort: „Ihr erinnert mich schmerzlich an meine verstorbene Frau, Ihr wart euch sogar etwas ähnlich.“
Nun, da Rikka seine Geschichte kannte, verstand sie ihn ein wenig besser als noch am gestrigen Morgen, als er es gemeinsam mit ein paar anderen Salar Harlor ermöglichte, sie für Harlors Zwecke zu gewinnen. Rikka wusste nur nicht, wofür er sich zu entschuldigen gedachte. Er hatte sie doch in keiner Weise schlecht behandelt. Zugegeben, vielleicht ein wenig selbstgefällig und von oben herab, aber wenn man, so wie er, Harlor einiges zu verdanken hatte und wenn es nur die Rache war, musste man wohl so werden. Da Gil bereits aufsaß, tat es Rikka ihm gleich und lenkte ihren Hengst an seine Seite. Eine Hand auf seine Schulter legend entgegnete sie ihm mitfühlend:
„Hört zu Gil, ich weiß was euch geschehen ist. Ihr müsst nicht um Verzeihung bitten. Ihr mögt in Salar Harlor den Mann sehen, der euren Verlust gerächt hat, oder euch wenigstens die Rache ermöglichte. Ich kann verstehen, dass ihr ihm deswegen blind vertraut. Aber auch ich habe gestern etwas über mich erfahren, was ich vorher nicht wusste und nun frage ich mich, wessen Leben Salar Harlor noch beeinflusste. Seht ihr Gil, bei mir ist es anders als bei euch. Mein Leben hat Harlor auf andere Weise beeinflusst und ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm nun vertrauen oder vielleicht doch besser noch mehr misstrauen sollte. Nicht dass ich ihm nicht dankbar wäre, doch wie sagtet ihr gestern: Salar Harlor tut nichts ohne Grund. Und dies Gil glaube ich euch unbesehen. Allein, ich zweifle an der Lauterkeit seiner Gründe. Was ich euch damit sagen will Gil: Vertraut ihm nicht blind. Fangt an, seine Gründe zu hinterfragen.“
Sie wartete nicht ab, ob Gil ihr darauf antworten würde sondern gab ihrem Hengst die Ferse.
Kurz darauf schlossen Gil und Lor zu ihr auf und zu dritt trabten sie zu Grunkbert und den anderen, die sich bereits zum Aufbruch formiert hatten.
Grunkbert hielt eine kleine Ansprache, dass sie das Schiff, welches den so wohlklingenden Namen „Niemand“ hatte heute noch erreichen würden, dass die Reise nach Rumdett ging und noch so einiges mehr. Nachdem alle seine Ansprache lautstark und begeistert aufgenommen hatten, ging es endlich los und die um die Hälfte geschrupfte Truppe setzte sich in Bewegung. Die andere Hälfte hatte Harlor bereits mitgenommen. Auch Mietz fehlte und auf ihre Frage beschied ihr Grunkbert nur, dass er eine Aufgabe habe. Die Art wie er dies sagte war für Rikka Grund genug, nicht weiter nachzufragen.

Der Ritt ging zügig voran. Kein Wort fiel, jeder konzentrierte sich auf sein Pferd und die Umgegend. Ging es anfangs noch durch die dominierende Heidelandschaft mit ihren vielfältigen Farben, so ging diese schließlich mehr und mehr in eine flache Graslandschaft über. Die Luft roch salziger und kündete von der immer näher rückenden Küste und auch am Himmel sah man nun häufiger Möwen kreisen und ihre lachenden Rufe hallten über die Ebene. Es ging bereits auf Mittag und Rikka hatte gerade etwas von ihrem Proviant gegessen, als sich am Horizont eine größere Schar Vögel abzeichnete, die über einer ganz bestimmten Stelle kreiste. Zuerst dachte Rikka es wäre eine Schar Möwen, die sich um Fisch zankten, doch beim Näherkommen entpuppten sie sich als Raben, die über einem kleinen Schlachtfeld kreisten und sich an den Toten, die den Ort in eine unheimliche Aura hüllten, labten.
Die Leichen waren ausschließlich Dunkelelfen und die Art wie man sie zugerichtet hatte ließ Rikka einen Schauer nach dem anderen über den Rücken laufen. Sie hatte schon viel gesehen und selbst viele unschöne Dinge gemacht, doch das was sie hier sah sprengte den Rahmen dessen was sie zu ertragen bereit war. Was ihr jedoch noch viel saurer aufstieß war die Art, wie Harlors Männer das grausame Gemetzel sahen und kommentierten. Ja, die Dunkelelfen waren eine grausame und durch und durch verdorbene Rasse, aber wie bei allen anderen Rassen, gab es diejenigen mit Finsternis im Herzen aber auch solche, die Licht in sich trugen. Auch wenn sie noch so finster waren, eine solch grausame Art zu sterben hatten sie nicht verdient. Und dies hier hatten Menschen getan, Menschen so wie jene, mit denen sie gerade ritt und die sich so abfällig über die verstümmelten Toten ausließen, ja, sie sogar noch im Tode schändeten indem sie einfach über sie hinweg ritten, anstatt ihren Körpern auszuweichen.
Der Anblick des letzten Dunkelelfen brannte sich ihr besonders ins Gedächtnis ein, denn die Art wie er dalag, sein abgeschnittenes Geschlechtsteil in seinen Mund gestopft, und die Witze der Männer zeugten von einer derartigen Verachtung des Lebens an sich, dass Rikka die Galle hochkam. Aufsteigende Magensäfte sammelten sich in ihrer Kehle und sie hatte Mühe sie wieder herunterzuwürgen.

Dieses grausame Gemetzel von Salar Harlors Männern bestärkte sie immer mehr darin, dass diese Leute, nicht alle, aber viele von ihnen, nicht viel besser als die Dunkelelfen waren. Wie auf ein geheimes Zeichen sah sie zu Gil hinüber, der im selben Augenblick zu ihr herüber sah. Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke und Rikka legte all ihre Verachtung für das, was sie gerade sahen in den ihren. Ihre kalten Augen ließen Gil deutlich spüren, was sie von Salar Harlor hielt. Gil beendete als erster das Blickduell und wandte sich nach vorn. Seine Gesichtsausdruck war nichtssagend.
Kurz überlegte die Kopfgeldjägerin ob sie Grunkbert auf die Toten ansprechen sollte, ließ es aber bleiben. Auch wenn Grunkbert einer der wenigen in diesem Haufen war, der so etwas wie Manieren hatte, war er trotzdem ein überzeugter Gefolgsmann Harlors. Wahrscheinlich würde er die Einwände der Blonden nur mit einem Schulterzucken abtun.
So machte sie sich nur ihre eigenen Gedanken zu der Begebenheit und unweigerlich kamen ihr die beiden Wölfe in den Sinn, die sich am Ende ihres Traums in davor nicht gesehener Harmonie auf sie stürzten.
Fast wartete sie auf die Einmischung ihrer inneren Dämonen, doch diesmal hielten sie unerwartet ihre Klappe. Verwundert schüttelte Rikka den Kopf, bedeutete das meist, dass ihre Gedanken in der Wahrheit recht nahe kamen. Oder aber ihre Dämonen ihr in seltener Einmütigkeit zustimmten. Es würde sie nicht verwundern, wenn die beiden Wölfe nicht ihre innere Zerrissenheit widerspiegelten, sondern Salar Harlors Masken. Für Rikka war er nicht der gute und verständnisvolle Freund. Nein, die soeben gesehenen Toten legten Zeugnis darüber ab, dass Salar Harlor genauso gut eine Bestie in Menschengestalt war. Die Warnungen ihrer inneren Stimme wurden immer greifbarer.

Es ging bereits auf Mittag als sie endlich die Steilküste im Osten Grandessas erreichten. Einem schmalen Pfad folgend ging es wieder hintereinander in Serpentinen, die Felsen der Küste rechts und links steil emporragend zum Strand hinunter. Unten angekommen verluden die Männer sämtliche Ausrüstung in die bereit liegenden Boote auf die sich am Ende die Männer selbst verteilten. Rikka belegte zusammen mit Grunkbert, Gil, Lor und noch ein paar weiteren Männern, darunter auch der Elf vom Vorabend, welcher ihr eindeutige Andeutungen gemacht hatte eines der Boote, die nun einem vor der Küste ankernden Dreimaster entgegenruderten.
Die Schiffsreise ins Ungewisse hatte begonnen.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 5. Dezember 2012, 21:32

Zwischenpost
Das Beiboot bot Platz für zehn Personen, das Boot der Kopfgeldjägerin wurde von Grunkbert, Lor, Gill, Inwë und fünf weiteren Männer besetzt, dessen Namen Rikka nicht wusste. Lor und Gill übernahmen das Rudern und steuerten den Dreimaster in der Ferne an. Das zweite Beiboot war etwas kleiner und bot gerade mal Platz für sechs Mann. Drei Mann saßen schon in dem Gefährt, die anderen Zwei waren bei den zurück gelassenen Pferden und führten sie von der Küste weg. In der Ferne erkannte die Kopfgeldjägerin einen Reiter, der sich dem Boot, das noch am Strand lag, näherte. Als er das wartende Beiboot erreichte, erkannte die Frau, dass es sich um Mietz handelte. Er gab seinem Pferd einen Klaps auf die Flanke und es lief zu den anderen Pferden und reihte sich in die Herde ein. Danach setzte auch das zweite Beiboot ab und wurde in Richtung Niemand gerudert.

Es dauerte noch einige Minuten, bis Rikka und die anderen das Schiff von Salar Harlor erreichten. Zum Glück war heute ein ruhiger Tag auf See. Es war zwar bitterlich kalt, aber das Boot wackelte nicht mehr als nötig. Trotzdem spürte die ehemalige Adelige wie es langsam in ihrem Magen zu brodeln begann. Gunkbert bemerkte schnell ihre veränderte Körperhaltung und deutete auf das Kraut. Rikka nahm sich auch sogleich ein Blatt davon und musste sich bei dem bitteren Geschmack mehr denn je anstrengen sich nicht zu übergeben. Aber als sie die grüne Paste herunter schluckte, setzte die Wirkung des Krauts auch sofort ein. Eine wohlige Wärme breitete sich in den Gedärmen der Frau aus und ersetzte die Übelkeit.
Wieder Herr über ihren Körper, konnte Rikka das Schiff, was jetzt klar erkennbar war, unter die Lupe nehmen. Es handelte sich um einen Dreimaster, wie sie richtig aus der Ferne erkannt hatte. Am Hauptmast fand man in schwindelerregender Höhe ein Ausguck vor. Die Kapitänskajüte war sofort zu erkennen. Sie erhob sich vom Heck des Schiffs und war mit Blattgold verziert. Die Gallionsfigur war, wie üblich, eine nackte Frau. Nur, dass diese einen Verband um die Augen trug und den Kopf eines toten Dunkelelfen in der Hand hielt.
Eine Strickleiter wurde herabgelassen als das Beiboot von Rikka das Schiff erreichte. Grunkbert bestieg als erstes die wackelige Leiter. Danach war die Kopfgeldjägerin dran und dann der Rest der Mannschaft. Das Beiboot von Mietz war auch schon in Sicht, als die junge Frau die Reling erreichte.
Auf dem Deck waren einige Männer, die sie aus der Übernachtung vom Rastplatz kannte, schon eifrig an der Arbeit das Schiff bereit zum Ablegen zu machen. Auch einige neue Gesichter fielen ihren geübten Augen auf und, wie üblich, besaßen auch sie die langen Haare, wie alle Männer, die sie von Salar kennengelernt hatte. Ihr Blick schweifte noch einige Male über das rege Treiben, als ihr eine Frau auffiel! Hatte sie richtig gesehen? Stand dort in der Nähe der Kapitänskajüte wirklich eine Frau? Sie musterte die Person eingehend, es gab keinen Zweifel, dass es sich um eine menschliche Frau handelte. Sie trug einen weißen, pelzgesäumten Überwurf, darunter befand sich die gleiche schwarze Lederrüstung, wie sie hier alle trugen. Nur, dass es bei ihr eine deutliche Öffnung am Oberkörper gab, die einen eindeutigen Blick auf ihr üppiges Dekolleté ermöglichte. Die Rüstung lag, wie bei den Männern, eng an und ließ keinen Spielraum für die Fantasie. Diese Dame beobachtete einige Matrosen, die mit freiem Oberkörper die Kurbel für den Anker bewegten. Das verschwitze Gesicht, was sie dabei zeigte, ließ Rikka sofort erkennen, dass ihr gefiel, was sie da sah. Genau in diesen Moment blickte die unbekannte Frau die Kopfgeldjägerin an und zwinkerte ihr zu. Kurz darauf verschwand sie in die Kapitänskajüte. Die Aura, die von dieser Frau ausging, hatte etwas Gefährliches und doch Sinnliches an sich, genau wie bei Mortica damals.
Das Interesse von Rikka war geweckt und sie fragte Gill, wer die Frau gewesen sei. Dieser lächelte kurz und sprach dann zu ihr: „Diese Dame, werte Rikka, ist Maria Santana Fredericka Alveratschow, oder kurz genannt: Die Nadel! Sie ist die persönliche Leibwächterin von Salar Harlor. Dazu gesellt sich noch Borendal Ogertod, oder Der Stille, und Siegfried Freitod, auch genannt Der Laute! Ihr werdet sie, denke ich, bald kennen lernen.“, wie aufs Stichwort, erschien die Nadel wieder aus der Kajüte begleitet von einem Zwerg und einem Hünen von einem Mensch, der mindestens 2,10 groß war. Er musste sich ducken um durch die Tür zu kommen.
Die Frau stand an der Spitze, zur ihrer Linken stand der Mensch, zur Rechten der Zwerg.
Der Herr zu ihrer Linken war ein muskelbepacktes Monstrum. Sein blondes, verfilztes Haar trug er zu einem Zopf gebunden. Er trug die übliche Salar Harlor Lederrüstung, an der Mann peinlich genau jeden Muskelstrang erkennen konnte. Auf seinem Rücken war das Symbol der Truppe zu erkennen. Der Mann zur Rechten war nicht weniger schmächtig, nur war er nicht besonders groß. Was natürlich an seiner Abstammung lag. Denn dieser Herr war ein Zwerg, sein Gesicht wurde durch einen braunen Bart verdeckt, der vom Kinn an zu einem Zopf geflochten war und ihm bis zur Brust reichte. Sein langes Haar wurde mit einem Zopf im Zaum gehalten. Beide Männer trugen eine Streitaxt auf dem Rücken, in deren Kopf das gleiche Symbol wie auf ihren Rüstungen eingraviert war. Grunkbert flüsterte Rikka zu, dass der Große der Laute und der Zwerg der Stille war. Dann erhob kurz darauf die Frau das Wort. „Käpt´n an Deck!“ Die Mannschaft ließ sofort alles stehen und liegen und formte einen Halbkreis um die drei Leibwächter. Rikka und Grunkbert standen in der Mitte der Formation. Aus den Augenwinkeln heraus konnte sie beobachten, wie Mietz und die anderen Nachzügler sich schnell einreihten. Dann erschien auch Salar Harlor in der Gestalt, in welcher sie ihn am Anfang in der Taverne kennengelernt hatte. Der einzige Unterschied war das jetzt auf seiner linken Schulter ein kleiner Affe saß, der gekleidet wie ein Pirat war. Der Affe trug ein schwarzes Kopftuch und ein rot-weiß gestreiftes Hemd und eine zerrissene, schwarze Hose, die nur seine kleinen Oberschenkel bedeckte. Sein Fell war Schneeweiß, nur am Kopf gab es schwarze Abzeichen, die sein Gesicht aussehen ließen wie einen Totenschädel.
Salars Blick glitt über die Mannschaft und blieb mit seinen eisblauen Augen an Rikka hängen. Innerlich musste sie sofort wieder an die zwei Wölfe denken. Der Anführer schenkte ihr ein kurzes Lächeln, bevor er sich wieder den restlichen Anwesenden zuwandt:
„Männer! Wie ihr sicherlich schon bemerkt habt, haben wir einen Gast an Bord der Niemand. Wir werden Rikka von Aurisgaard nach Rumdett bringen, wo sie eine Aufgabe für mich erfüllen soll. Während ihres ganzen Aufenthalts am Bord will ich keine Beschwerden über euch hören…aus ihrem Mund! Und glaubt mir, ihr wollt es euch nicht mit ihr verscherzen!
Wenn Rikka von Bord gegangen ist werden wir den Amazonen ein Besuch abstatten.“
Das Gegröle der Männer machte eindeutig klar, was sie sich dort erhofften, Salar grinste kurz.
„Setzt die Segel, ich möchte so schnell wie möglich Rumdett erreichen!“ Das war wohl das Zeichen für die Mannschaft. Die Formation löste sich auf und die Männer machten das Schiff bereit zum Ablegen. Salar verschwand wieder in seiner Kajüte, Rikka wollte schon auf ihn zugehen, als die Leibwächterin ihr den Weg abschnitt, mit einer leicht rauchigen Stimme, die ihre Attraktivität nur noch steigerte, sprach sie zu der Kopfgeldjägerin:
„Salar wird euch gleich Empfangen, aber folgt mir bitte zuerst in eure Kabine. Anweisung des Käpt`n!“ Dabei zwinkerte sie ihr wieder zu und ging zu einer Treppe, die hinab ins Schiff führte. Rikka blieb wohl nichts anderes übrig, als der Frau und ihren hin und her schwankendem Gesäß zu folgen, denn vor der Kajüte von Salar Harlor standen seine beiden anderen Leibwächter und versperrten den Weg.
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Rikka » Sonntag 9. Dezember 2012, 22:47

Die Überfahrt zur Niemand, wie der stolze Dreimaster hieß, verlief unspektakulär. Die meisten der Männer ruderten und nur Inwë warf Rikka hin und wider einen Blick zu als wollte er oder sie die Adlige zu einem Stelldichein einladen. Rikka ignorierte Inwës Blicke geflissentlich und konzentrierte sich auf das Schiff. Lediglich als sie sich einmal nach hinten drehte, sah sie, dass ihnen ein Boot mit einem einzelnen Insassen folgte. Es war Mietz, der wohl von seinem Auftrag zurück kam.
Dann richtete sie ihren Blick wieder auf das Schiff, dass nun immer deutlichere Konturen annahm. Doch nicht lange und ihre Empfindlichkeit in Bezug auf die Seefahrt begann ihr zu schaffen zu machen. Grunkbert deutete auf das Kräutersäckchen und Rikka entnahm schnell ein paar Blätter, welche sie sogleich zerkaute. Der Geschmack war dermaßen „auserlesen“, dass sie sich im ersten Moment nicht sicher war, ob die aufsteigende Übelkeit vom Wellengang oder von den Kräutern herrührte. Erst nachdem sie das Kraut herunterschluckte setzte die Wirkung ein. Ein wohliges Gefühl breitete sich vom Magen ausgehend in ihrem Körper aus und vertrieb die Übelkeit. Nun erst nahm sich Rikka die Zeit, das Schiff genauer zu betrachten.
Wie sie von der Küste aus schon erkannt hatte, war es ein schlanker Dreimaster.
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Der Rumpf war in blau gehalten, ganz so wie auch der Hintergrund von Harlors Flagge, die munter an der Spitze des mittleren Mastes flatterte. Sonst sah das Schiff aus wie alle anderen, deren Rikka bereits ansichtig wurde. Die Kapitänskajüte befand sich im prunkvoll gestalteten Achterdeck, wo auch die großen Fackeln zur Beleuchtung bei Dunkelheit angebracht waren. Die Mannschaftsquartiere lagen wie bei fast allen Schiffen Mittschiffs und am Bug unter dem Spriet prangte eine propere Galionsfigur. Einziger Unterschied zu allen anderen Figuren, die Rikka schon gesehen hatte, hielt diese Figur einen abgetrennten Kopf eines Dunkelelfen in ihrer Hand.
Am Boot angekommen wurde eine Strickleiter herabgelassen und die Männer samt der Kopfgeldjägerin kletterten an Bord. Die Boote wurden mit Winden hochgezogen und an Bord vertäut. Grunkberts Männer brachten ihre Sachen sogleich in die Mannschaftsquartiere unter Deck während Rikka auf dem Deck darauf wartete, dass man ihr auch ein Quartier zuwies. Sie nutzte die Zeit, um sich ein wenig umzusehen. Die meisten der Schiffsbesatzung waren bereits dabei, die Segel zu setzen, um so schnell wie möglich Fahrt aufzunehmen. Grunkberts Männer gesellten sich, nachdem sie ihre Sachen verstaut hatten ebenfalls dazu und kletterten eifrig in den Wanten herum, lösten hier Taue, refften dort ein Segel oder machten sich anderweitig nützlich. Nachdem sie genug gesehen hatte, lenkte Rikka ihren Blick zur Kapitänskajüte, die sich im Achterkastell befand. Oberhalb des Achterkastells stand der Steuermann am Ruder und dirigierte das Schiff.
Vor dem kunstvoll gestalteten Zugang stand – sah sie richtig oder trogen sie ihre Augen? - eine Frau? Tatsächlich – und was für ein Weib! Alle Wetter, die schwarze Rüstung unter ihrem mit Pelz besetzten Überwurf lag dermaßen hauteng an, Rikka hätte es beinahe einen Pfiff entlockt. Sie selbst bevorzugte ja auch eng anliegende Sachen, allein schon wegen der Beweglichkeit, aber das! Und dann noch dieses Dekollete! Es war ein Wunder, dass nicht alle Männer geifernd um sie herum standen. Ihre Aura jedoch, als sie kurz zu Rikka sah und ihr zuzwinkerte, ehe sie in der Kapitänskajüte verschwand, erinnerte die Blonde sehr an die Morticias. Bei Morticia schrie jede ihrer Bewegungen förmlich nach Kampf und Tod. Auch diese Frau verbreitete eine tödliche Aura. Interessiert wandte sich Rikka an Gil, der soeben zu ihr trat und ihren Blick wohl bemerkt hatte.
„Wisst ihr wer das war? Sie erinnerte mich gerade an jemanden, den ich ein paar mal traf und der ihr sehr ähnelte.“
„Diese Dame, werte Rikka, ist Maria Santana Fredericka Alveratschow, oder kurz genannt: Die Nadel! Sie ist die persönliche Leibwächterin von Salar Harlor. Dazu gesellt sich noch Borendal Ogertod, oder Der Stille, und Siegfried Freitod, auch genannt Der Laute! Ihr werdet sie, denke ich, bald kennen lernen.“
Leibwächter? Ja, das sah Salar Harlor ähnlich. Nur kein Risiko eingehen. Anscheinend traute er seinen Männern doch erheblich weniger, als diese ihm trauten. Jedenfalls passte es zu Gils Aussage, dass sich Harlor immer absichern würde.
Sie sprach Gil lieber nicht darauf an, sie würde wahrscheinlich nur ein Grinsen als Erwiderung bekommen. Es war auch nicht nötig, denn kaum war das Vollblutweib in der Kajüte verschwunden, kam sie, flankiert von einem blonden Riesen und einem Zwerg wieder zum Vorschein. Beide trugen eine schwere Streitaxt als Waffe auf dem Rücken. Rikka erkannte sofort, dass es sich bei den beiden um Männer der Sorte, mit der man sich besser nicht anlegte, handelte. Grunkbert flüsterte ihr zu, dass der Große der Laute und der Stille der Zwerg war.
„Ah, ich hatte es fast vermutet.“, meinte Rikka süffisant. Zwerge mochten zwar auch laut sein, aber irgendwie schien das Attribut laut eher zu dem Riesen zu passen.
Hinter den Dreien folgte schließlich Salar Harlor. Nachdem die aufreizende Dame laut verkündete, dass der Käpt'n an Deck sei, gruppierte sich augenblicklich die Mannschaft im Halbkreis um das Trio. Mietz war der Letzte, der eintrudelte. Dann wandte sie sich wieder Salar Harlor zu, der seinen Blick im selben Moment auch auf sie richtete. Jeder andere hätte sich wahrscheinlich von dem Affen auf Harlors Schulter ablenken lassen, doch Rikka sah nur seine kalten blauen Augen, eisblau wie die Gletscher in den Höhen des Drachengebirges. Sie strahlten eine derartige Kälte aus, dass Rikka augenblicklich wieder an ihren Traum erinnert wurde.
Die verstümmelten Dunkelelfen, die Galionsfigur des Schiffes, und Harlors eiskalter Blick, er musste einen unbändigen Hass auf alle Dunkelelfen haben. Ein Hass, der so tief saß, dass ihm jede Greueltat recht war, um sich an diesem Volk zu rächen. Vielleicht war er aber auch nur ein wahnsinniger Sadist, dem es Spaß machte andere Menschen, egal welcher Rasse, zu quälen und zu morden. Sollte sie dies zu ergründen suchen?
Erledige den Auftrag und trenne dich danach sofort von ihm. Besser du hast so wenig wie möglich mit ihm zu tun.
Zum wiederholten Mal waren sich ihre inneren Dämonen einig und Rikka fiel dabei auf, dass dies immer dann der Fall war, wenn es um Salar Harlor ging. Zum weiteren Nachdenken kam sie nicht, denn nun begann Salar Harlor mit seiner kleinen Ansprache an die Mannschaft in der er die Reise kurz umriss. Warum, weswegen die Reise stattfand ließ er dabei im Nebel. Lediglich darauf, wie sie mit Rikka umzugehen hätten, wies er noch einmal ausdrücklich hin. Unwillkürlich blickten nun alle zu ihr und manch einer stellte, seinen Blicken nach zu urteilen, auch gedanklich einen Vergleich zwischen ihr und dieser Maria Santa wie auch immer an.
Mit einem „Setzt die Segel, ich möchte so schnell wie möglich Rumdett erreichen!“ beendete Harlor seine Ansprache an die Mannschaft und verschwand wieder in seiner Kajüte. Die Menge zerstreute sich und geschäftiges Treiben setzte ein. Segel wurden gesetzt und vertäut, der Anker gelichtet und der Steuermann drehte den Dreimaster in den Wind mit Kurs nach Süden.
Rikka hingegen machte Anstalten Salar Harlor in seine Kapitänskajüte zu folgen, sie wollte endlich über ein paar Fragen Gewissheit haben und es drängte sich ihr so langsam der Eindruck auf, dass er ihr mit Absicht aus dem Weg ging. Aber auch diesmal gelang es ihr nicht, weil sich ihr dieses Mordsweib von Leibwächterin in den Weg stellte.
„Salar wird euch gleich Empfangen, aber folgt mir bitte zuerst in eure Kabine. Anweisung des Käpt`n!“ Die Stimme der „spitzen Nadel“ ließ Rikka beinahe erschauern. Nicht vor Furcht, nein, es waren andere Schauer, die ihr den Rücken hinab liefen. Dass sie ihr erneut zuzwinkerte, ging an der Blonden vorbei, da sie gerade überlegte, ob sie dem wippenden Hinterteil Marias folgen oder versuchen sollte, doch noch zu Salar vorzudringen. Ein prüfender Blick aus zu Schlitzen verengten Augen ließ sie zu dem Schluss kommen, dass der wiegende Gang Marias für den Moment ungefährlicher war als die beiden Leibwächter vor der Tür. Also folgte sie schulterzuckend der aufreizenden Leibwächterin, die gerade mittschiffs eine Treppe hinab in den Schiffsrumpf stieg. So wie es aussah, lag Rikkas Kajüte anscheinend in dem Teil des Schiffes, in dem sich auch die Mannschaftsunterkünfte befanden.
Ihre Vermutung wurde bestätigt, als sie sich hinter Maria unter Deck begab. Sie folgten einem breiten Gang längs der Schiffswand an dessen rechter Seite Türen zu den Quartieren führten.
Die Nadel öffnete gleich die erste Tür nach der Treppe und machte eine einladende Handbewegung.
„Eure Kajüte werte Dame.“
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Bei der Unterkunft handelte es sich um eine Mannschaftskajüte, die normalerweise vier Matrosen Platz bot. Rechts und links unmittelbar an der Kabinenwand waren jeweils zwei Hängematten als Schlafstatt befestigt, darunter je eine Truhe, um die eigenen Habseligkeiten zu verstauen. Zwischen den beiden Hängematten ließ sich ein Klapptisch, der mit einem Scharnier an der Wand befestigt war hochklappen und mit einem von der Decke hängenden Tau fixieren. Der Tisch diente sowohl als Ess- als auch als Schreibtisch.
„Verzeiht, dass wir euch nur eines der Mannschaftsquartiere zur Verfügung stellen können, aber wir sind normalerweise nicht auf reisende Gäste eingestellt.“
Rikka winkte nur großzügig ab, war es doch schon eine großzügige Geste, dass man ihr eines dieser Quartiere für sich allein zubilligte. Sie konnte sich gut vorstellen, dass die Mannschaft dafür um so enger zusammenrücken musste.
„Danke, es ist völlig ausreichend. Ich habe schon schlechter genächtigt. Was mich viel mehr interessiert, wann darf ich denn damit rechnen, von Salar Harlor empfangen zu werden?“
„Nun, ich werde es euch rechtzeitig wissen lassen. Soweit ich weiß, werdet ihr als sein Gast mit ihm in der Kapitänskajüte speisen. Wenn es sonst nichts weiter gibt, so lasse ich euch vorerst wieder allein. Die Pflicht ruft, wenn ihr versteht.“ Zum wiederholten Mal zwinkerte sie Rikka zu und stieg über die Treppe wieder an Deck, wo man sie kurz darauf Befehle rufen hörte.
„Nun denn, dann wollen wir mal Quartier beziehen.“, sprach die blonde Kopfgeldjägerin zu sich selbst und betrat die Kajüte. Rucksack, Armbrust und Köcher waren schnell einer der Truhen verstaut und Rikka legte sich probehalber in die über der Truhe befestigte Hängematte. Bequem war es nicht gerade und auch ihre Schlafgewohnheit würde sie für die Dauer der Reise ändern müssen. Sie würde wenigstens in Unterwäsche schlafen müssen. In der Hängematte liegend und leicht schaukelnd sah sie sich weiter in der Kajüte um als ihr ein Pergament auf dem Tisch ins Auge fiel. Neugierig schwang sie sich von ihrer Liegestatt, ging zum Tisch und betrachtete den Brief, denn nichts anderes war es. Ein Blick auf das Siegel sagte ihr, dass es sich um eine Nachricht von Warren handelte. Kein anderer aus ihrer Familie würde sich die Mühe machen, ihr zu schreiben. Farig brach sie das Siegel und entfaltete das Pergament:
Liebste Schwester,

du hast einen Auftrag von Salar Harlor? Wenn das wirklich stimmt, sollte deine Armbrust immer geladen sein. Dieser Mann gehört zum Glück nicht zum Adel Grandeas, denn ansonsten würden wir alle nicht mehr leben und er wäre König. Salar wird von den Dunkelelfen gesucht, für etliche Vergehen gegen sie, wobei Mord nur eine Kleinigkeit dieser Verbrechen gegen dieses Volk ist. Passe bitte auf dich auf und schreibe mir sofort, wenn dich mein Brief erreicht. Du kannst ihn in die Kaserne schicken, meine Kompanie muss bis jetzt noch nicht ausrücken. Entschuldige, dass ich mich so kurz fasse, aber meine Anwesenheit wird in der Schenke zum Bettler gefordert. Es geht wohl um einen Ritualmord und eine Frau, die ihn ausgeübt hat.
Anscheinend taugt die Stadtwache jeden Tag weniger.

In Liebe,
Warren
Es war nicht viel, rundete aber das Bild, was sie bis jetzt von Salar Harlor gewonnen hatte ab. Warren bestätigte mehr oder weniger ihren Verdacht, dass Harlor einen tiefen Groll gegen die Dunkelelfen hegte. Auch sagte er nicht mehr und nicht weniger, als dass Salar Harlor nicht vertrauenswürdig war. Der Hinweis auf die geladene Armbrust beschwor vor ihrem inneren Auge das Bild der beiden Wölfe. Sie würde Warrens Rat beherzigen und stets ein wachsames Auge auf Harlor und seine Leibwächter haben. So wie es aussah, konnte sie nur sich selbst trauen. Alle anderen auf dem Schiff waren Harlor zu ergeben. Vielleicht Gil ausgenommen. Mit etwas Glück konnte sie Gil davon überzeugen, dass Salar Harlor nicht der Wohltäter war, als den er sich sich gerne gab.
Mit ihrer Zunderbüchse eine Kerzen entzündend verbrannte sie Warrens Brief, so dass nur ein kleines Häuflein Asche blieb.
Ihm antworten würde sie erst, wenn sie in Rumdett ankerten und sie von Bord ging. So lange würde Warren eben warten müssen, auch wenn sie seiner Aufforderung, ihm sofort zu schreiben, gern nachgekommen wäre. Zumindest ging es Warren gut und er musste sich nicht am Feldzug gegen Sarma beteiligen. Sollte ihr König jedoch beschließen in Jorsan einzufallen, würde dies anders aussehen. Gebs Manthala, dass dies nie geschah.
Da sie Salar Harlor frühestens zum Abendessen sehen würde und es bis dahin noch etwas Zeit war, blieben ihr zwei Möglichkeiten, diese bis dahin totzuschlagen. Sie entschied sich dazu, die Zeit zu nutzen und noch ein wenig in der Hängematte zu dösen. Die gespannte Armbrust auf dem Bauch schloss sie die Augen und dämmerte langsam vor sich hin.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Gestalt » Freitag 21. Dezember 2012, 08:07

Währendessen Rikka ihr Quartier bezog setzte die „Niemand“ Segel und fuhr Richtung Rumdett. Das Wetter war gut und die See war ruhig. Das Schiff würde nicht mehr Schaukeln als nötig. Jeder der Männer von Salar hatte seine Aufgabe und kam dieser nach. Die Kopfgeldjägerin war nicht vergessen, nur lies man sie in ruhe, jedenfalls bis zum Abend!

Rikka lag in der Hängematte und durch das ruhige Geschaukel wurde sie wie ein Neugeborenes in den Schlaf gewiegt. Auch diesmal wollte sie ihr Unterbewusstsein nicht in ruhe lassen und brachte ihr einen erneuten kurzen Traum.

Dieser drehte sich aber diesmal nicht um sie, die junge Frau war jetzt die Beobachterin und flog wie ein Vogel durch die Lüfte. Als sie abermals nach unten zum Erdboden blickte, erkannte sie dass sie Krallen hatte. Die genauso aussahen wie bei einer Elster und in diesen Krallen hielt sie einen Spiegel fest umschlungen. Das Gewicht beeinträchtigte nicht ihren Flug und die Umgebung veränderte sich. Unter sich konnte sie einen Wagenkonvoi sehen, einige der Transportgeräte standen in Flammen und Personen versuchten zu retten was zu retten war. Weiter vor den Konvoi kämpften nach den Klang und den Geruch zu urteilen, Wesen gegeneinander. Die Elster-Rikka wollte sich den Kampf näher anschauen als ein Pfeil direkt auf sie zuflog.
Sie hatte keine Chance mehr, das Geschoss traf sie Frontal in den Oberkörper und ihr Leib raste den Erboden entgegen. Der Spiegel hatte sich schon vorher verabschiedet und zerbarst im verbrannten Gerüst eines Wagens. Kurz bevor die Kopfgeldjägerin aufschlug wachte sie ruckartig auf. Die Armbrust fiel dabei zu Boden und der Abzug betätigte sich von selbst. Der Bolzen schlug zittern in die Holztür ein.

Kurze Zeit später konnte man genau aus dieser Richtung ein zartes Klopfen vernehmen. Als Rikka die Tür öffnete, stand die Nadel direkt vor ihr. Sie versprühte einen Geruch von frischen Regen. Diese Duftnuance kribbelte ganz leicht in der Nase der Kopfgeldjägerin.
„Der Käpt´n würde Sie gerne zum Essen einladen und er hat mir dieses Geschenk für Euch übergeben. Ganz nützlich wenn man das Wetter was gerade herrscht betrachtet!“ Als Rikka das Stück Stoff von Maria entgegen nahm berührten sich ihre Fingerspitzen und die Nadel lächelte sie kurz an. Hatte sie bewusst Rikka anfassen wollen?
Fernab von dieser Überlegung betrachtete die junge Frau das Geschenk. Es handelte sich um eine Kapuze die man an seinen Umhang befestigen konnte. Der Verschluss war Mondförmig und erst jetzt bemerkte die sonst so achtsame Frau, dass dieser leicht leuchtete im Dunklen der Kajüte.
„Wenn Ihr dann soweit wärt“ Die Nadel drehte Rikka den Rücken zu und ging die Treppe wieder nach oben aufs Deck.

Die Beiden befanden sich jetzt wieder oben und der Kopfgeldjägerin wehte ein leichter Wind entgegen, gepaart mit ein paar vereinzelten vereisten Regentropfen. Das Schiff hielt direkt auf eine Sturmfront zu, wahrscheinlich würde die Fahrt bald nicht mehr so ruhig sein, wie sie es jetzt war! In weiser Voraussicht war nur einen Notbesatzung auf dem Deck, damit alle für den kommenden Sturm gut ausgeruht waren.
Die Zwei Leibwächter standen immer noch wie Staturen vor den Eingang zu Salars Räumlichkeiten. Die Nadel musste nichts sagen, die beiden Wächter machten ohne umschweife platz. Maria hielt Rikka noch die Tür auf und lies sie durchgehen. Die Tür war so schmal das die junge Frau den Körper der Leibwächterin so oder so berührt hätte. Rikkas Ellbogen streifte dabei an der Oberweite der Nadel, diese zwinkerte nur kurz bei diesem Kontakt und schloss die Tür. Die Kopfgeldjägerin war alleine mit Salar, anscheinend glaubte man nicht dass sie den Kapitän etwas antun konnte oder wollte.
Der Raum wurde nur spärlich beleuchtet. Zwei Lampen hingen am Ende des Raumes und warfen ihr Licht auf einen massiven Schreibtisch auf den sich einige Unterlagen befanden. Der Affe der vor einigen Stunden noch auf der Schulter von Salar Harlor saß, befand sich nun auf den Schreibtisch und wie es den Anschein hatte las er gerade ein Dokument und kratzte sich dabei den Kopf mit der freien Pfote. Ein surreales Bild, als Rikka ihren Blick nach links und rechts schwenkte, bekam sie sofort Gänsehaut. Auf der rechten Seite befand sich ein langgezogenes Regal wo dutzende Marionetten saßen und die Kopfgeldjägerin wie es schien anstarrten. Die linke Seite wirkte noch etwas abartiger, hier befanden sich Holzköpfe die mit eindeutig menschlicher Haut überzogen waren. Die junge Frau erkannte ein frisch abgeschnittenes Gesicht von einen Dunkelelfen und man musste nun nicht wirklich eins und eins zusammen zählen können, um zu Wissen wen dieses Gesicht vorher gehört hatte.
Wie von Geisterhand erschien Salar auf den schwarzen Stuhl hinter dem Schreibtisch, wo vorher definitiv keiner Gesäßen hatte. Er las in einen Buch das den Titel trug, Orkische Kochkünste. Ein sehr makaberer Gedanken beschlich die attraktive Frau, kannte sie doch die Gerüchte das Orks auch gerne Menschen aßen.
Der Kapitän legte das Buch beiseite und lächelte Rikka entgegen. Seine eisblauen Augen zeigten jedoch diese Freundlichkeit nicht. Es war ein Lachen das nicht die Augen erreichte und als Kopfgeldjägerin wusste man dass dies gespielt war.
„Werte Rikka nehmen Sie doch platz!“ Er gab seinen Affen einen Stoß mit der linken Hand und dieser sprang wie von der Tarantel gestochen auf und verschwand in einen neben Zimmer das mit einen Vorhang vor neugierigen Augen abgeschirmt war. Als die junge Frau schon erwidern wollte dass sich kein weiterer Stuhl hier befand, rutschte das besagte Möbelstück wie aus dem nichts aus dem Nebenraum und hielt direkt vor Rikka.
Salar wartete noch bis sie Platz genommen hatte, bevor er wieder das Wort erhob.
„Wie ich weiß habt ihr Fragen, die ich euch beantworten soll und sofern es mir möglich ist werde ich dies tun!“ Er blickte die junge Frau jetzt anders an, sein Gesicht zeigte kein lächeln mehr und unter seinen Augen bildete sich schwarze Schatten und das Licht schien auch schwächer zu werden. Das brachte seine Iris nur noch mehr dazu in einen kalten blau zu leuchten.
„Aber ich dulde es nicht, wenn ihr meinen Männern Flausen in den Kopf setzt. Wenn ihr von mir Antworten wollt solltet ihr euch daran halten, ansonsten muss ich mir die Antworten wieder zurück holen!“
Diese letzte Aussage war schon sehr verwirrend, wie wollte man sich Antworten zurück hohlen. Nur sollte Rikka vielleicht nicht fragen wie er das anstellen wollte. Wenn man sich überlegte das sie sich gerade in einen Raum befand wo menschliche Gesichter zur Show ausgestellt wurden. Erst jetzt bemerkte sie dass die Marionetten sie immer noch anstarrten obwohl sie sich jetzt nicht mehr an der Tür befand.
Das Licht im Raum nahm wieder zu und auch Salars Miene hellte sich etwas auf. Er formte mit seiner Hand das gleiche Symbol wie auf seiner Flagge.
„Jetzt wo das geklärt ist, fragt ruhig was euch auf der Seele liegt und danach essen wir etwas und ich werde Euch noch ein paar Informationen zu Euren Auftrag geben.“
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(eine Kapuze mit mondförmigem Verschluss, der im Dunkeln leuchtet)
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Rikka » Mittwoch 26. Dezember 2012, 22:41

Die steife Brise blähte die Segel der Niemand und durch die südliche Strömung von der Insel Sar in die kalten Regionen des Südens bis nach Arderis kam das Schiff gut voran. Die See war gemäßigt und der Wellengang verursachte nur ein leichtes Schaukeln, welches nach kurzer Zeit einschläfernd auf Rikka wirkte.
Ihr Schlaf war, wie schon so oft in letzter Zeit, nicht gerade als ruhig zu bezeichnen. Wieder suchten sie Träume heim, doch diesmal war es anders als die Nächte vorher. Diesmal war es ihr so, als würde sie fliegen und aus der Luft eine Schlacht beobachten. Als sie von einem Pfeil getroffen zu Boden stürzte, fuhr sie ruckartig aus dem Schlaf hoch. Die auf ihrem Bauch liegende Armbrust knallte dabei auf den Boden und der eingelegte Pfeil flog davon und schlug zitternd in die Kajütentür ein. Nicht auszudenken, wenn gerade jetzt jemand die Kajüte betreten hätte. Rikka wollte sich lieber nicht ausmalen, wie sich der Tod eines seiner Männer auf ihr Verhältnis zu Salar Harlor ausgewirkt hätte. Wie es aussah, musste sie sich für die Armbrust unter dem Kopfkissen wohl etwas anderes ausdenken. Den Traum hatte sie bereits wieder vergessen. Nun, da sie schon einmal wach war, schwang sie sich aus der Hängematte und legte ihre Armbrust in diese. Gerade als sie den Pfeil aus der Kajütentür zog, wurde von draußen an selbige geklopft. Den Pfeil noch in der Hand öffnete Rikka und sah sich dem Prachtweib aus Salar Harlors Leibwache gegenüber. Einen skeptischen Blick auf den Pfeil in der Hand der Kopfgeldjägerin werfend meinte sie:„Der Käpt´n würde Sie gerne zum Essen einladen und er hat mir dieses Geschenk für Euch übergeben. Ganz nützlich wenn man das Wetter was gerade herrscht betrachtet!“ Nun bemerkte auch Rikka den Geruch von Regen im Haar der Nadel und als sie das Stück Stoff aus der Hand der Leibwächterin entgegen nahm, berührten sich für einen Moment beider Fingerspitzen, was der Nadel ein feines Lächeln entlockte. Ob nun Zufall oder Absicht, hinterließ es bei Rikka wieder diesen leichten Schauer, den sie sich wie schon zuvor nicht erklären konnte.
Um sich abzulenken, betrachtete Rikka das Geschenk nun genauer. Es handelte sich um eine Kapuze, welche sie an ihrem Umhang befestigen konnte. Der Verschluss war mondförmig und leuchtete leicht im Dunkeln. Dies konnte sie aber erst sehen, als sie die Kapuze zu den anderen Sachen in die Truhe legte. Den Pfeil verstaute sie bei der Gelegenheit auch gleich im Köcher. Die Nadel wurde derweil anscheinend ungeduldig, als sie sich kurz räusperte:
„Wenn Ihr dann soweit wärt“
„Aber gerne.“, nuschelte die Blonde vor sich hin, während die Nadel bereits nach oben auf Deck unterwegs war. Die Kajütentür verschließend folgte sie der Leibwächterin auf Deck. Dort herrschte geschäftiges Treiben und in der Ferne sah man dunkle Wolken drohend aufragen. Erste eisige Tropfen fielen auf Rikkas Winterjacke, die sie sich übergezogen hatte. Die Temperaturen waren inszwischen so weit gesunken, dass der Umhang allein kaum noch Wärme vor dem eisigen Regen spendete. Die gefütterte Lederjacke war da wesentlich besser geeignet. Salars Leibwächtering hielt Rikka noch die Tür auf. Sie stand dabei, natürlich rein zufällig, so, dass Rikka im Vorbeigehen mit dem Ellenbogen deren pralle Rundungen streifte. Wobei, so langsam glaubte die Kopfgeldjägerin nicht mehr an Zufälle. Vielleicht sollte sie diese spitze Nadel einmal fragen, ob sie nicht Lust auf ein kleines Schäferstündchen hätte. Allein bei dem Gedanken stahl sich ein feines Lächeln auf das Gesicht der Adligen von Aurisgaard. Das Lächeln verging ihr jedoch recht schnell, als sie sich in der Kapitänskajüte umsah.
Das schummrige Licht, welches zwei Lampen im hinteren Teil der Kajüte in den Raum warfen, passte zu dem was sich Rikka an Einrichtung darbot. Unterhalb der beiden Lampen stand ein massiver Schreibtisch auf dem allerlei Pergamente lagen. Eines davon schien Salars Affe gerade intensiv zu studieren. Doch das war es nicht, was die adlige Frau so schockierte. Der Affe war zwar wunderlich, aber die restliche Einrichtung der Kajüte war schon beinahe schaurig zu nennen. In Anbetracht der Dinge, die sie inzwischen über Salar Harlor in Erfahrung gebracht hatte, passte es jedoch gut zu seinem Wesen. Linker Hand erstreckte sich ein Regal entlang der Kajütenwandung auf dem sich Marionetten aneinander reihten. Wenn sie es nicht besser wüsste, so würde sie schwören, dass sie von den Marionetten mit Blicken verfolgt wurde. Die andere Seite jagte ihr beinahe noch kältere Schauer über den Rücken. Hier reihten sich mit menschlicher Haut bespannte Holzköpfe aneinander. Den letzten Holzkopf zierte die Haut des Dunkelelfen, den sie noch vor Kurzem auf der Heideebene gefunden hatten.
Fröstelnd zog die Kopfgeldjägerin die Schultern hoch und trat weiter in den Raum hinein. Kurz rieb sie sich die Augen. Wo um alles in der Welt kam auf einmal Salar Harlor her, welcher, wie auch dem Nichts erschienen, urplötzlich auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch saß.
Bei Manthala, der Stuhl war vorher leer. Ich könnte schwören ... Wenn sie sich sein Auftauchen auch nicht erklären konnte, er war nun einmal da und so beschloss sie mit der Konversation auch gleich zu beginnen.
„Orkische Kochkünste?“, fragend deutete Rikka dabei auf den Titel des Buches, welches ihr dämonischer Gegenüber gerade las. „Ihr gedenkt doch nicht etwa einen der Dunkelelfen zu servieren, die ihr heute Morgen habt abschlachten lassen?“ Harlor senkte das Buch und folgte dem Blick der Kopfgeldjägerin zu dem mit der Haut des Dunkelelfen bespannten Holzkopf. „Ah, und vielen Dank für das Geschenk. Ich finde es äußerst praktisch. Wobei, einen kleinen, nicht ganz uneigennützigen Hintergedanken hattet ihr bestimmt dabei.“
„Es freut mich, dass euch meine unbedeutende Gabe gefällt.“ Mit keinem Wort ging er auf den letzten Teil und auf ihre Frage vorher ein.
„Aber bitte werte Rikka, nehmen Sie doch Platz!“ Mit einer herrischen Handbewegung den Affen verscheuchend nahm Harlor nicht eher Platz, als bis Rikka saß, erst dann ergriff er wieder das Wort:
„Wie ich weiß habt ihr Fragen, die ich euch beantworten soll und sofern es mir möglich ist werde ich dies tun! Aber ich dulde es nicht, wenn ihr meinen Männern Flausen in den Kopf setzt. Wenn ihr von mir Antworten wollt solltet ihr euch daran halten, ansonsten muss ich mir die Antworten wieder zurück holen!“
Seine Miene verdüsterte sich und auch das Licht in der Kajüte schien um einiges dunkler zu werden. Doch auch Rikkas Miene verhärtete sich bei seinen Worten und aus ihren wasserblauen Augen schlug Salar Harlor eine Kälte entgegen, die sich mit der seinigen durchaus messen konnte. Was dachte der Kerl eigentlich wen er hier vor sich hatte? Eine seiner Marionetten, die alles für ihn tun würden? Nein! Sie gehörte nicht ihm und sie ließ auch nicht in einem solchen Ton mit sich umspringen. Er wollte schließlich etwas von ihr und nicht umgekehrt und das machte Rikka ihm, Warrens Warnung zum Trotz, nun auch mehr als deutlich, als sie ihm mit frostiger Stimme entgegnete:
„Ihr wollt mir drohen Harlor? Vergesst nicht, ihr seid zu mir gekommen! Ihr wolltet etwas von mir, nicht ich von euch. Also wenn ihr noch immer wollt, dass ich den Auftrag für euch erledige, dann rate ich euch, mir nicht noch einmal in diesem Ton zu begegnen. Was glaubt ihr wohl wen ihr vor euch habt? Nur weil ihr meint, dass ihr mein Leben in eine euch genehme Richtung beeinflusst habt so bin ich noch lange keine euch ergebene Dienerin. Also kommt mir nicht noch einmal so oder ihr könnt euren Auftrag gern selbst erledigen. Euer Geld ist wohl verwahrt, ich gebe es euch mit Freuden zurück und unsere Wege trennen sich. Eure Entscheidung Harlor!“
Nicht klug Kind. Garnicht klug!, meldete sich ihre besonnene Stimme, während die andere, die gehässige und dunkle Seite in ihr begeistert war. Ach papperlapapp, dem hast du es ordentlich gegeben. Genau so muss man mit dem Kerl umspringen.
Ja, wenn man Todessehnsucht hat,
Quatsch!
Kein Quatsch
Doch Quatsch du übervorsichtiger Weichling.

Den inneren Kleinkrieg ignorierend beobachtete Rikka wie es zuerst schien, als würde Salar Harlors düsteres Gesicht in Wut umschlagen, doch nur für einen kurzen Augenblick verzerrten sich seine Gesichtszüge, dann kehrte sein unverbindliches Lächeln zurück. Mit keinem Wort ging er auf ihren Ausbruch ein, meinte stattdessen nur:
„Gut, da dies jetzt geklärt ist, fragt ruhig was euch auf der Seele liegt und danach essen wir etwas und ich werde Euch noch ein paar Informationen zu Euren Auftrag geben.“
Aha, er wollte es also bei ihrem Auftrag belassen, demnach war es also wirklich so, dass er ihr Leben dahingehend beeinflusst hatte, weil er sich später etwas davon versprach. Gut, sie würde schon bald sehen, in welcher Weise ihre Worte auf ihn gewirkt hatten. Eins war ihr dabei wichtig, Harlor sollte ganz klar wissen, dass sie nicht zu seinen Befehlsempfängern gehörte. Sie waren lediglich Geschäftspartner. Doch würde sie sich auch seine Worte künftig zu Herzen nehmen und sich so weit es ging von seinen Leuten fern halten. Dies schloss die in mancherlei Hinsicht so spitze Nadel mit ein.
„Richtig, da dies nun geklärt ist, kommen wir wieder zu meinen Fragen zurück.“, zeigte Rikka ebenfalls deutlich, dass sie gern bereit war die Wogen wieder zu glätten. Nichts lag ihr ferner als eine offene Konfrontation mir ihrem Auftraggeber.
„Nun werter Salar Harlor, da ich davon ausgehe, dass auch ihr mir nicht sagen werdet wer ihr wirklich seid, sind es nur wenige Fragen, die ich an euch habe. Wie ihr sicher schon erfahren habt, habe ich mich ein wenig umgehört. Es ist nun einmal eine Eigenart von mir, bei freien Aufträgen immer gern zu wissen für wen ich arbeite. Wie dem auch sei, bei meinen Erkundigungen kam mir zu Ohren, dass ich damals, als unsere Familie einige Probleme mit einem Landadligen hatte, den Besuch Morticias oder besser meine Begegnung mit ihr euch zu verdanken habe. Wie es aussieht besteht euer Interesse an mir also schon eine recht lange Zeit. Ich frage mich allerdings warum? Also Salar Harlor, woher rührt euer Interesse an mir und warum habt ihr euch in mein Leben eingemischt, warum habt ihr meinen Lebensweg aus dem Hintergrund gesteuert? Und sagt mir nicht, dass dies nicht eure Absicht gewesen wäre.
Womit wir auch schon bei meiner zweiten Frage wären, wobei ich denke, dass ihr mir darauf sowieso gleich etwas sagen wolltet. Warum braucht ihr mich, um diesen Jagon Ulmson in eure Finger zu bekommen? Nicht dass ich mich darüber nicht geschmeichelt fühlen würde, aber ihr habt genug euch ergebene Leute und Mittel, um dies auch selbst zu bewerkstelligen. Also warum dann ausgerechnet ein Kopfgeldjäger und warum gerade ich?“
Im Grunde waren es diese beiden Fragen, die sie am meisten bewegten. Alles andere, sein Hass auf Dunkelelfen oder sein Alter und der anderen Dinge mehr waren zwar auch interessant, beschäftigten sie aber nur am Rande. Diese beiden Fragen jedoch wollte sie unbedingt beantwortet wissen und sie würde nicht eher ruhen, als bis er sie ihr beantwortet hatte.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Gestalt » Mittwoch 9. Januar 2013, 08:33

Salar Harlor blickte Rikka eine Zeit lang stumm an, als sie Antworten auf ihre Fragen erhoffte. Dieses Blickduell endete abrupt als es an der Eingangstür klopfte. Der Kapitän brauchte nichts zu sagen, die Tür wurde geöffnet und mehrer Männer traten ein. Harlor lächelte Rikka kurz an und verstaute seine Unterlagen in den Fächern seines Schreibtisches.
Über den nun lehren Tisch wurde eine weiße Tischdecke gespannt. Zwei von den vier Matrosen stellten Geschirr und Besteck ab, die anderen servierten das Essen.
Es gab eine Schale mit Obst, eine Platte mit unterschiedlich kalten Fleischsorten und dazu zwei Laibe Brot. Die Männer verschwanden so schnell wie sie gekommen waren. Salar bemerkte den Blick von Rikka und erhob sich. „Ich weiß normaler weise erwartet man eine Pompöses Mahl wenn man mit den Kapitän eines Schiffes speist, aber man bleibt nicht lange Käpt´n wenn man selbst speist wie ein Adeliger, aber der Rest der Mannschaft hungern muss. Deswegen wird auch meine Kost rationiert, der Gleichberechtigung wegen!“
Er verschwand kurz in das Separée und nach ein paar Sekunden kam er mit einer Flasche Roten wieder. Diesen stellte er auf den Tisch ab und setzte sich wieder, dabei nahm Salar den Blickkontakt mit der jungen Frau wieder auf. „Ihr kennt doch das Sprichwort wo gehobelt wird da fallen späne! Glaubt mir oder nicht, dass ihr diesen Weg einschlagt war nun wirklich nicht mein Plan. Ich streite nicht ab das ich vieles mit einberechne um auf mögliche Konsequenzen vorbereitet zu sein, aber gegen das Schicksal bin auch ich wehrlos. Damals hatte mich nur die Rache für ein Mitglied meiner Mannschaft interessiert und natürlich die Dankbarkeit eueres Vaters. Dieser kennt mich aber unter einen anderen Namen!“
Geschickt öffnete er die Flasche und goss Rika ohne zu fragen etwas Rotwein ins Glas, danach wiederholte er den Vorgang bei sich selbst.
„ Aber ich muss gestehen, dass ich eure Familie sehr interessant finde, vor allen die Geschichte eures Adelshaus, ein Wunder das darüber noch kein Buch geschrieben wurde.“
Salar erhob sein Glas und nippte kurz an diesen, dabei schloss er genießerisch die Augen.
„Das waren noch Zeiten!“ Er sagte dies mit etwas Wehmut in der Stimme mehr zu sich selbst als zu sein Gegenüber.
Mit dem Glas in der Hand fuhr er mit dem Gespräch fort. „Warum ich euch brauche ist eigentlich leicht erklärt!
Jagon war lange Zeit ein Geschäftspartner von mir und kennt deswegen fast jeden meiner Männer. Ich selbst bin wie ihr wisst ein Meister der Verkleidung, aber ich gebe mich niemals als Frau aus. Deswegen brauchte ich jemand den mein alter Freund nicht kennt und der geschickt genug ist ihn lebend gefangen zu nehmen!“
Er nahm sich eine Weintraube und lies sie in seinen Mund verschwinden.
„Die meisten eurer Kollegen sind bekannt dafür ihre Ziele eher Tot als Lebendig ab zu liefern und da ihr einen Gewissen ruf in euren Berufszweig genießt, bin ich auf euch Aufmerksam geworden. Natürlich habe ich mich dann noch ein wenig über euch informiert!“
Diesmal zwinkerte ihr Salar Harlor zu und packte sich etwas gepökeltes Schweinefleisch auf den Teller.
Von draußen hörte man den Wind pfeifen und das Schiff wurde immer unruhiger, wahrscheinlich würde es nicht mehr lange dauern bis die Niemand in einen Heftigen Sturm geriet. Der Käpt`n lies sich davon nicht einschüchtern und nahm in ruhe etwas von den Speisen zu sich. „Wären damit eure Fragen zu meinem Interesse an euch gestillt oder liegt euch noch etwas auf der Seele?
Wenn ihr keine Fragen mehr habt könnte ich euch in die Einzelheiten eures Auftrages einweihen. Ganz wie ihr wünscht?!
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Rikka » Mittwoch 23. Januar 2013, 17:48

Salar Harlor antwortete nicht sofort auf die Fragen der blonden Kopfgeldjägerin. Nachdenklich blickte er zu ihr hinüber, ganz so als überlege er wie er beginnen sollte. Rikka konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieser Mann bei ihren zwei einfachen Fragen erst überlegen musste wie er beginnen sollte. Vielmehr sah es für sie so aus als überlege er nur, was er ihr darauf sagen sollte, ohne ihr zuviel über sich und seine Absichten zu verraten. Die Zeit kroch dahin und allmählich wurde das Warten der adligen Frau zu lang. Sie war nicht hier in dieser Kabine, um sich einfach so abspeisen zu lassen. Auch Salar Harlor schien zu merken, dass Rikka langsam unruhig wurde und so holten beide gleichzeitig Luft, um das Schweigen zu brechen. Keiner von beiden kam dazu, den Mund zu öffnen, denn alles was geöffnet wurde war die Tür der Kajüte nachdem kurz irgendwer vorher daran klopfte.
Entschuldigend lächelte Salar Harlor die griesgrämig dreinschauende Kopfgeldjägerin an und räumte seine Unterlagen vom Schreibtisch. Rikka sah sich um den Augenblick betrogen, ihr knurrender Magen versöhnte sie aber sogleich wieder. Schnell breitete der Schiffseigner eine weiße Tischdecke über den Schreibtisch und die Männerdie inzwischen die Kajüte betraten, deckten ihn ein.
Für reine Schiffskost war das Mahl ein ausnehmend fürstliches. Neben verschiedenen kalten Fleischsorten und Brot gab es auch eine Schale mit teils exotischen Früchten. In Rikkas Augen war das Essen weitaus köstlicher, als so manche Speise, die sie in den Tavernen Celcias zu sich genommen hatte. Allein wenn sie an die Hafergrütze der letzten Tage im Bettler in Grandessa dachte. Brrrrrrrr, schüttelte sie sich innerlich.
Der Blick mit dem sie die Speisen bedachte musste wohl ein sehr verstörender sein, denn sonst hätte sich Salar Harlor wohl nicht zu der folgenden Erklärung hinreißen lassen:
„Ich weiß normaler weise erwartet man eine Pompöses Mahl wenn man mit den Kapitän eines Schiffes speist, aber man bleibt nicht lange Käpt´n wenn man selbst speist wie ein Adeliger, aber der Rest der Mannschaft hungern muss. Deswegen wird auch meine Kost rationiert, der Gleichberechtigung wegen!“
Verblüfft über seine Worte schaute Rikka vom Essen zu Salar Harlor auf, der ihr gegenüber stand. Im ersten Moment konnte sie sich keinen Reim darauf machen warum er sich für das Essen entschuldigte. Erst als ihr aufging, dass er ihren Blick auf die Tafel falsch interpretierte, lächelte sie maliziös und entgegnete ihm :
„Ihr missversteht mich. Na gut, ich war tatsächlich über das Essen verblüfft, aber nicht weil ich es als kärglich empfinde. Ganz im Gegenteil, ich empfinde es als eher fürstlich. Ich habe nicht damit gerechnet, auf einem Schiff so gut bewirtet zu werden. Glaubt mir, Fleisch, Brot und Obst, es gibt nicht viele Tage, an denen ich mir solche Köstlichkeiten leisten kann. Ja, wenn ich einen guten Auftrag, so wie euren, erfüllt habe, dann kann ich mir für eine Weile auch mal etwas besseres als schäbige Tavernen gönnen, doch im Grunde ist mein Leben ein sehr einfaches. Ich bin schon für jeden Tag dankbar, an dem ich ein Dach über dem Kopf und ein frugales Mal auf dem Teller habe. Ihr seht also, es ist keine Entschuldigung vonnöten.“
Mit einem leisen Lachen des Verstehens verschwand Salar Harlor in einem Séparée im hinteren Teil der Kajüte und kam kurz darauf mit einer Flasche Rotwein zurück.
„Dann wollen wir unser Mal auch mit einem guten Tropfen krönen, dabei kann ich auch gleich auf eure Fragen antworten. Ihr kennt doch das Sprichwort wo gehobelt wird da fallen Späne! Glaubt mir oder nicht, dass ihr diesen Weg einschlagt war nun wirklich nicht mein Plan. Ich streite nicht ab, dass ich vieles mit einberechne, um auf mögliche Konsequenzen vorbereitet zu sein, aber gegen das Schicksal bin auch ich wehrlos. Damals hatte mich nur die Rache für ein Mitglied meiner Mannschaft interessiert und natürlich die Dankbarkeit eueres Vaters. Dieser kennt mich aber unter einen anderen Namen!“ Dass er die Dankbarkeit ihres Vaters wollte, glaubte sie ihm unbesehen. Der Name von Aurisgaard war in Grandessa ein sehr wohlklingender und ihre Familie hatte keinen geringen Einfluss. Sich der Dankbarkeit dieses Adelshauses zu versichern war bestimmt keine schlechte Sache und Harlor war eindeutig der Mann, der sich keine Gelegenheit entgehen ließ, daraus seinen Vorteil zu ziehen. Was seinen Einfluss auf ihr eigenes Leben anging, sagen wir es so, Rikka wollte ihm gern glauben doch bewahrte sie sich hier lieber ihre Skepsis.
Harlor entkorkte derweil die Flasche und füllte ihrer beider Gläser ehe er sich ihr gegenüber wieder setzte. „Ein wirklich hervorragender Tropfen von den Hängen Dessarias. An den Südhängen des Drachengebirges wachsen die besten Reben. Nun, ich muss gestehen, dass ich eure Familie sehr interessant finde, vor allen die Geschichte eures Adelshaus, ein Wunder das darüber noch kein Buch geschrieben wurde.“
Salar setzte sich, nachdem er eingeschenkt hatte, erneut Rikka gegenüber, nahm sich etwas von dem Braten und schnitt sowohl sich als auch Rikka etwas Brot ab.
„Hier bitte Verehrteste, greift zu.“ Rikka nahm das Brot dankend an und tat sich ebenfalls von dem Braten auf den Teller. Dazu angelte sie sich noch zwei Tomaten und etwas Obst.
Schließlich erhob Salar das Glas und prostete Rikka zu, nippte kurz daran und schloss genießerisch die Augen. Dabei schwärmte er von den alten Zeiten.
Die blonde Adlige hätte ihn am liebsten gefragt, was er an ihrem Adelshaus denn so faszinierend fand und was er alles über ihre Familie wusste, ließ es dann aber bleiben und hörte ihm nur kauend zu.
„Warum ich euch brauche ist eigentlich leicht erklärt!
Jagon war lange Zeit ein Geschäftspartner von mir und kennt deswegen fast jeden meiner Männer. Ich selbst bin wie ihr wisst ein Meister der Verkleidung, aber ich gebe mich niemals als Frau aus. Deswegen brauchte ich jemand, den mein alter Freund nicht kennt und der geschickt genug ist, ihn lebend gefangen zu nehmen!“

„Hm.“, war alles was Rikka dazu sagte, da sie gerade mit einem Stück Rinderlende zwischen ihren Zähnen beschäftigt war. Das war zwar eine schöne Geschichte, aber sie konnte einfach nicht glauben, dass dieser Jagon wirklich alle Mitglieder von Harlors Bande kannte. Es musste wenigstens ein oder zwei Frauen darunter geben, die sich dieser Sache annehmen konnten. Da steckte mit Sicherheit etwas anderes dahinter. Vielleicht fand es Salar Halor an der Zeit, sich von Rikkas Qualitäten zu überzeugen. Na jedenfalls hatte er sich seine Antwort gut überlegt, nur entsprach sie unter Garantie nicht der Wahrheit, fand Rikka während sie ihm nur unter intensiven Kaubewegungen zunickte.
Seine folgenden Worte: Die meisten eurer Kollegen sind bekannt dafür ihre Ziele eher Tot als Lebendig ab zu liefern und da ihr einen Gewissen ruf in euren Berufszweig genießt, bin ich auf euch Aufmerksam geworden. Natürlich habe ich mich dann noch ein wenig über euch informiert!“, klangen da schon überzeugender. Denn es traf in der Tat zu, dass fast alle anderen Kopfgeldjäger den Satz „Lebend oder tot“ dahingehend auslegten, dass „tot“ mit weniger Problemen behaftet sei. Auch Rikka musste zugestehen, dass der Transport eines Toten einfacher war als der eines lebenden Gefangenen, doch fand sich die blonde Jägerin nicht zur Henkerin berufen. Sie war und blieb eine Jägerin, ihr ging es nur um die Jagd nach der Beute. Was später mit den armen Teufeln geschah war ihr egal.
Wenn man also jemanden lebendig gefangen nehmen wollte, dann war sie selbst natürlich die erste Wahl. Und dass Salar Harlor sich über sie informiert hatte, nun, in Anbetracht der Tatsache, dass er sich generell für ihre Familie interessierte war dies wohl unumgänglich.
Sein Zwinkern, als er sich noch etwas von dem Fleisch nahm sagte ihr alles.
Wahrscheinlich würde sie auch nicht viel mehr erfahren was auch seine nächste Frage vermuten ließ.
„Wären damit eure Fragen zu meinem Interesse an euch gestillt oder liegt euch noch etwas auf der Seele?
Wenn ihr keine Fragen mehr habt könnte ich euch in die Einzelheiten eures Auftrages einweihen. Ganz wie ihr wünscht?!“

Allmählich wurde die See recht unruhig was Rikka etwas Anlass zur Sorge gab. Die ersten Vorboten des nahenden Unwetters ließen das Schiff ordentlich schlingern und das Essen auf dem Tisch kam dabei gefährlich ins Rutschen. Zwar hätte die Blonde noch einige Fragen gehabt, leider war es ihr bei dem kommenden Sturm jedoch lieber, wenn Harlor sich um Schiff und Mannschaft kümmerte. Deswegen meinte sie dann auch:
„Oh, so ganz zu meiner Zufriedenheit habt ihr meine Fragen noch nicht beantwortet, aber in Anbetracht des aufziehenden Unwetters sollten wir es für diesmal dabei belassen. Ich werde aber bei sich bietender Gelegenheit noch einmal darauf zurück kommen. Also schön, kommen wir zu meinem Auftrag. Wenn ihr mir dazu noch Informationen geben könnt, so bin ich ganz Ohr. Ihr entschuldigt, wenn ich mich nebenbei noch etwas an dem Braten bediene, er ist wirklich köstlich. Übermittelt dem Koch meine Hochachtung.“
Sich noch etwas Braten auf den Teller legend und ein Stück Brot von den zweiten Laib brechend richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf Salar Harlor.
„Übrigens, der Wein ist wirklich gut. Ihr müsst mir unbedingt verraten woher ihr ihn bezieht.“, und damit prostete sie nun ihrerseits dem Kapitän der Niemand zu.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Gestalt » Freitag 25. Januar 2013, 10:07

Salar erwiderte die Geste von Rikka und erhob kurz sein Glas. Nach einen weiteren Schluck und einen leichten aufbäumen des Schiffes, antwortete der Kapitän.
„Wo fangen wir am besten an. Jagon ist ein sehr… wie sagt man am besten?“ Kurz überlegte er und sein Glas machte anstallten vom Tisch zu rutschen. Doch Harlor stoppte die Rotweinkatastrophe mit einer sehr schnellen und präzisen Handbewegung. Den normalen Bürger wer dies sehr wahrscheinlich nicht einmal aufgefallen, aber jemand wir Rikka wurde sofort klar das solche Reflexe nicht rein von einen Leben auf dem Schiff stammten. „Verschlossen ja das trifft es gut!“ Dabei lächelte Salar und nahm noch ein Schluck, doch diesmal ließ er das Glas in der Hand und stellte es nicht ab.
„Er ist eine kleine Größe in Rumdett, nicht so besonders wie Finn oder die andern Beiden. Aber man kennt und respektiert ihn. Und das soll schon was heißen!“
Ein Ruck durchzog die Niemand und auf dem Deck wurde eine Glocke geläutet. Salar lauschte kurz und erzählte dann weiter. „Er besitzt ein Anwesen am Rand der Stadt, es grenzt direkt an die Stadtmauer und ist teilweise azurblau angemalt. Fragt einfach nach der blauen Hütte, irgendein Saufbold der sich eine besondere Belohnung von euch verspricht, wird euch den Weg dorthin gerne zeigen.“ Ein leicht sarkastisches Grinsen umspielte die Gesichtszüge von Salar Harlor.
„Zurzeit sucht er neue Angestellte für sein Anwesen und da kommt ihr ins Spiel. Er hat eine vorliebe für kleinere Frauen, aber sie sollten brünett sein. Wenn ihr also leichtes spiel haben wollt könnte ich euch ein Mittel geben damit eure Haare ein sattes braun annehmen. Ganz so wie es der alten Steinfaust gefällt. Ihn selbst werdet ihr sofort erkennen. Ein riesiger Mann, mit einen beträchtlichen Bauch und Hände die einen Kopf zu Pulver zermalmen können.“ Der Affe des Kapitäns, der sich die ganze Zeit im Hinterzimmer verkrochen hatte, kam nun wieder hervor und sprang auf die Schulter seines Besitzers, dieser gab ihn beiläufig eine exotische kleine runde Frucht, die die Kopfgeldjägerin noch nicht einmal kannte.
„Soweit ich weiß sucht er einen Aufseher für seine Sklavinnen, er kauft nur Frauen und junge Mädchen. Die wahrscheinlich neben ihren alltäglichen Aufgaben noch sein Bett wärmen müssen.“
Salar streichelte kurz den Affen über den Kopf und dieser lies ein Geräusch dabei von sich was an das wilde schnattern von Enten erinnerte.
„Seit dem die Dunkelelfen Krieg führen, ist der Sklavenhandel explosionsartig gestiegen und es gibt wirklich für jeden Geschmack etwas zu kaufen. Versteht mich nicht falsch, ich verachte diesen Handel, aber das Angebot hat sich deutlich verbessert! Es ist also für Jagon gerade die schönste Zeit in seinen Leben und als seine Aufpasserin für seine Lieblingsschätze werdet ihr wahrscheinlich schneller in seiner Gunst steigen. Aber das wird dauern, denn so wie ich ihn kenne werdet ihr ihn die erste Zeit gar nicht zu Gesicht bekommen, sondern nur seinen Spießgesellen Frederick!“ Rikka konnte eindeutig hören das Salar nur Verachtung für diesen Frederick empfand.
„Kommen wir zu seinen Haus, das Gebäude ist in 3 Abschnitte unterteil. Im Keller befinden sich die Gefängnisse der Sklavinnen. Im Erdgeschoss befinden sich die Alltagsräume wie Küche, Empfangszimmer, Arbeitszimmer und so weiter. Im Obersten Stockwerk lebt Jagon Ulmson, es führt nur eine Treppe in sein Gemach und diese befindet sich auf dem Hof des Anwesens und wird bewacht.“
Mit seiner freien Hand öffnete er eine Schublade und zog ein Pergament hervor. „Wie ihr sicherlich bemerkt habt, wird der Auftrag nicht all zu einfach sein. Solltet ihr zuschlagen wollen oder braucht Unterstützung, ist dieser Mann der richtige Ansprechpartner für euch!“
Er übergab ihr den Zettel, auf dem ein Mann abgebildet war der Aussah wie der klassische Bandit aus der Wüstenstadt Sarma.


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„Ihr werdet ihn häufig in der Nähe des Hafen finden, nur achtet darauf, das euch keiner sieht, wenn ihr mit der Nachtigall redet. Das wäre auch schon alles, womit ich euch Momentan helfen kann.“
Die Information die Rikka gerade erzählt bekommen hatte, waren mehr als nur ausreichend. Meistens war die einzige Information die sie für einen Auftrag erhielt, der Standort an den man ihn zuletzt gesehen hatte und wie dieser Aussah. Aber mit all diesen Informationen war sie für den Anfang erst einmal gut vorbereitet. Trotzdem würde ihr Auftrag länger dauern als vielleicht Gedacht. Sollte Rikka noch fragen haben, müsste sie diese gleich stellen, da das Schiff immer mehr ins Wanken geriet und schon die ersten Teller begannen sich dem Ende der Tischplatte entgegen zu bewegen. Die Glocke auf dem Deck wurde jetzt heftig geläutet und die Rufe der Mannschaft nahmen zu.
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Rikka » Sonntag 17. Februar 2013, 23:16

Der Sturm kam rasch näher und der Wellengang erschwerte das Essen in Salars Kabine erheblich. Zwar rutschten die schwereren Geschirrteile wie Teller und Platten nur ein wenig auf dem Tisch herum, auf die Weingläser wirkte es sich jedoch schon um einiges mehr aus. Als eine besonders hohe Welle die Niemand gehörig ins Schlingern brachte, drohte Salars Glas über die Tischkante zu rutschen und am Boden zu zerschellen. Reflexartig fing der Schiffseigner das Glas jedoch gekonnt ab und führte es mit eleganter Bewegung an den Mund. Nachdem er einen Schluck Wein genommen hatte, behielt er das Glas nun, wie Rikka es bereits tat, zur Sicherheit in der Hand.
„Wo fangen wir am besten an. Jagon ist ein sehr… wie sagt man am besten? Hm, verschlossen ja das trifft es gut. Er ist eine kleine Größe in Rumdett, nicht so besonders wie Finn oder die anderen Beiden. Aber man kennt und respektiert ihn. Und das soll schon was heißen!“
Eine weitere Welle ließ das Schiff erzittern und an Deck läutete eine Glocke. Wahrscheinlich wurde die Freiwache an Deck gerufen, um die gerade diensthabende Mannschaft zu unterstützen. Auch Salar lauschte kurz, was Rikka Zeit gab, das eben Gehörte zu reflektieren.
Jagon lebte also keineswegs so zurückgezogen wie die Kopfgeldjägerin nach Salars ersten Andeutungen angenommen hatte. Ganz im Gegenteil spielte er in Rumdett keine geringe Rolle, was ihren Auftrag nicht vereinfachte. Da würde sie erst einmal sehen müssen, wie sie an ihn heran kam.
Anscheinend hatte Salar Harlor genau darauf bereits eine Antwort. Überhaupt schien er die ganze Sache wieder einmal, wie sie so oft schon gehört hatte, bis ins Detail geplant zu haben, worauf seine nächsten Worte zumindest schließen ließen.
„Er besitzt ein Anwesen am Rand der Stadt, es grenzt direkt an die Stadtmauer und ist teilweise azurblau angemalt. Fragt einfach nach der blauen Hütte, irgendein Saufbold der sich eine besondere Belohnung von euch verspricht, wird euch den Weg dorthin gerne zeigen. Zurzeit sucht er neue Angestellte für sein Anwesen, und da kommt ihr ins Spiel. Er hat eine Vorliebe für kleinere Frauen, aber sie sollten brünett sein. Wenn ihr also leichtes Spiel haben wollt, könnte ich euch ein Mittel geben, damit eure Haare ein sattes Braun annehmen. Ganz so wie es der alten Steinfaust gefällt. Ihn selbst werdet ihr sofort erkennen. Ein riesiger Mann, mit einem beträchtlichen Bauch und Händen, die einen Kopf zu Pulver zermalmen können.“
Hm, nachdenklich wiegte Rikka ihren Kopf und nahm einen Schluck des köstlichen Weins. Salar mochte Recht haben, was das Haarfärbemittel anging, aber ...
„Danke, aber ich würde es lieber ohne das Färbemittel versuchen. Mag sein, dass es dann schwieriger ist, aber so brauche ich mir keine Legende ausdenken, sollte Jagon dahinter kommen, dass ich mir die Haare färbe. Außerdem könnte es sein Misstrauen schüren, sollte er heraus bekommen, dass ich so seine Schwäche ausnutze.“
Inzwischen turnte der kleine Affe wieder auf Salars Schulter und ließ sich von seinem Herrn mit Früchten füttern. Salar Harlor nickte: „Nun gut, wie ihr meint. Soweit ich weiß sucht Jagon gerade einen Aufseher für seine Sklavinnen. Er kauft nur Frauen und junge Mädchen, die wahrscheinlich neben ihren alltäglichen Aufgaben noch sein Bett wärmen müssen. Seit dem die Dunkelelfen Krieg führen, ist der Sklavenhandel explosionsartig gestiegen und es gibt wirklich für jeden Geschmack etwas zu kaufen. Versteht mich nicht falsch, ich verachte diesen Handel, aber das Angebot hat sich deutlich verbessert! Es ist also für Jagon gerade die schönste Zeit in seinen Leben und als seine Aufpasserin für seine Lieblingsschätze werdet ihr wahrscheinlich schneller in seiner Gunst steigen. Aber das wird dauern, denn so wie ich ihn kenne werdet ihr ihn die erste Zeit gar nicht zu Gesicht bekommen, sondern nur seinen Spießgesellen Frederick!“
Na ganz toll. Die Sache wurde immer besser. Nicht genug, dass sich der Auftrag schwieriger gestaltete als zuerst angenommen, sollte Rikka nun auch noch das Kindermädchen für Jagons Gespielinnen machen. Als ob sie dafür geeignet wäre. Aber so wie sie Harlor inzwischen kannte, würde es der einfachste Weg sein, an Jagon Ulmson heran zu kommen. Aufseufzend lehnte sie sich zurück, was Salar dazu bewog, die Augenbraue ein wenig anzuheben.
“Ihr habt etwas dagegen einzuwenden?“ Kurz streichelte er dem Affen über den Kopf, während die ihm gegenüber sitzende Blonde nachdenklich den Kopf schüttelte. „Nicht unbedingt, es behagt mir nur nicht, dass ich Sklavenaufseherin spielen soll. Ich eigne mich nicht besonders gut als Aufpasserin, zumal der Zeitraum nicht klar abzuschätzen ist. Ihr wisst selbst, dass das Risiko einer Entlarvung steigt, je länger man eine bestimmte Rolle spielt. Und dieser Frederick scheint mir kein sehr umgänglicher Mensch zu sein, wie ich eurem abfälligen Ton entnehme. Er wäre ein nicht kalkulierbares Risiko.“
“Da mögt ihr recht haben, aber nur so werdet ihr nah genug an Jagon heran kommen, um ihn lebend zu fassen. Ihr müsst eben sehr überzeugend sein.“
Ja, das musste sie wohl. Nur gut, dass sie in vielen Fällen vorher ähnliche Situationen gemeistert hatte. Diesmal jedoch war es ungleich schwerer, denn mehr denn je hing ihr Leben davon ab, wie gut sie sich verstellen konnte. Aber gut, das war ihr Problem und sie würde es auch diesmal lösen.
“Kommen wir zu seinen Haus. Das Gebäude ist in 3 Abschnitte unterteil. Im Keller befinden sich die Gefängnisse der Sklavinnen. Im Erdgeschoss befinden sich die Alltagsräume wie Küche, Empfangszimmer, Arbeitszimmer und so weiter. Im Obersten Stockwerk lebt Jagon Ulmson, es führt nur eine Treppe in sein Gemach und diese befindet sich auf dem Hof des Anwesens und wird bewacht.“ Salar Harlor griff in eine Schubade des Tisches und zog ein Papier daraus hervor. “Wie ihr sicherlich bemerkt habt, wird der Auftrag nicht all zu einfach sein.“
Na das war ja mal eine Erkenntnis. Natürlich hatte sie dies bereits bemerkt. Manchmal fragte sich Rikka, ob Salar Harlor sie wirklich ernst nahm. Zumindest bei solchen lapidaren Mitteilungen wie der soeben, hatte sie nicht geringe Zweifel daran.
“Solltet ihr zuschlagen wollen oder braucht Unterstützung, ist dieser Mann der richtige Ansprechpartner für euch!“
Er schob ihr das Papier mit der Zeichnung eines Mannes in der Kleidung der Wüstensöhne Sarmas über den Tisch zu.
„Ihr werdet ihn häufig in der Nähe des Hafens finden, nur achtet darauf, dass euch keiner sieht wenn ihr mit der Nachtigall redet. Das wäre auch schon alles womit ich euch Momentan helfen kann.“
Gut, immerhin war sie in Rumdett nicht ganz auf sich allein gestellt. Auch wenn dies kein unüberwindliches Problem für sie dargestellt hätte, so war ihr jede Unterstützung, die ihr Sakar Harlor bieten konnte recht.
„Nein, eure Informationen zum Auftrag waren mehr als ich erwarten durfte und sehr aufschlussreich. Ich möchte euch nicht über Gebühr aufhalten. Der Sturm ist bereits recht nahe und ihr solltet euch besser um das Schiff kümmern. Das Essen war sehr gut und ich danke euch für die Gunst, mit euch speisen zu dürfen. Wenn ihr erlaubt, würde ich mich nun gern in meine Kajüte zurückziehen und die Details durchdenken. Auch wenn ihr alles gut geplant habt, gibt es immer nicht vorhersehbare Unwägbarkeiten.“
Ja, auch wenn Salar Harlor den Auftrag gut vorbereitet hatte, so wusste Rikka aus Erfahrung vieler vorheriger Aufträge, dass es nie so kam wie man es geplant hatte. Das Leben hielt einfach zu viele Überraschungen bereit, um alle Möglichkeiten ausschließen zu können. Unter diesen Umständen galt es nun die gewonnenen Informationen zu ihrem Vorteil zu durchdenken. Dies konnte sie am besten in der Ruhe und Abgeschiedenheit ihrer Kajüte.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Erzähler » Dienstag 19. Februar 2013, 13:03

Salar erhob sich kur darauf und machte eine Geste das Rikka ihn folgen sollte. Der Kapitän hatte beide Arme auf den Rücken verschränkt und schlenderte zur Tür. Dabei viel der Kopfgeldjägerin wieder auf, dass die Pupen ihr hinterher blickten. Eine ihrer inneren Stimme sagte ihr dass diese Marionetten höchst wahrscheinlich nicht nur hölzerne Puppen waren. Aber war das bei einem Mann wie Salar Harlor den nicht normal?
Seine Hand hatte sich um den Knauf der Tür gelegt als er sie noch einmal kurz ansprach.
„Ihr könnt natürlich auch eine andere Vorgehensweise einschlagen, um ans Ziel zu kommen. Das überlasse ich euch. Bringt mir einfach Jagon lebend und die Belohnung ist euer!“
Anscheinend wollte er keine Antwort, denn er öffnete sogleich die Tür und der Sturm der draußen wütete machte jede Unterhaltung in Zimmerlautstärke unmöglich.
Die beiden nickten sich kurz zu und dann schloss Salar die Tür wieder und Rikka stand zwischen einen Riesen und einen Zwerg. Von der Nadel fehlte jeder Spur. Ein kurzer blick in die Gesichter der beiden Leibwächter verriet das diese sich keinen deut für die junge Frau interessierten. Ihre Blicke waren stur nach vorne gerichtet, aber Rikka konnte sich bestimmt denken dass diese Männer reagieren würden, sollte sie irgendetwas Ungewolltes anstellen.

Auf den Deck herrschte reges treiben. Die ganze Besatzung befand sich auf dem Deck und kämpfte gegen den Sturm an. Einige Männer hingen in der Takelage, ein Mann war immer noch im Krähennest und hielt Ausschau, wonach auch immer. Mehrere der Matrosen kümmerten sich um die Taue und überprüften die Knoten.
Zwischen all dieser Hektik, bebte ein Sturm der einen das Atmen schwer machte. Das Deck war mittlerweile gefährlich rutschig und der Wellengang nahm dramatisch zu.
Der Kopfgeldjägerin war klar dass sie hier die Landratte war und schleunigst in ihre Kabine gehen sollte. Bevor sie den Männern noch im Weg stand.
Das Schaukeln des Schiffes machte es Rikka schwer den Weg zurück zur Treppe zu nehmen, aber irgendwie schaffte sie es mit einer Mischung aus Rutschen und krampfhaften Festhalten an allem was Halt versprach, die Treppe zu erreichen. Es war ihr schleierhaft wie die beiden Leibwächter so ohne Probleme auf einer Stelle stehen konnten, aber sie hatte jetzt andere Sorgen. Kaum hatte sie die ersten Stufen nach unten genommen, wurde sie von einer Wasserwelle erwischt, die sie die restlichen Stufen auf dem Gesäß hinabrutschen ließ. Einer der Matrosen hatte mitbekommen das Wasser in die unteren Kabinen gelaufen war und schloss schnell die Luke auf dem Deck, damit nicht noch mehr Wasser ins Schiff lief. Von Rikka nahm er überhaupt keine Notiz, vielleicht hätte es ihn auch nicht interessiert, dass ihr etwas passiert war. Schließlich hatte er andere Sorgen.

Rikka saß auf ihren Hosenbund, von eiskaltem Wasser durchtränkt und mit wahrscheinlich einigen neuen blauen Flecken gezeichnet, auf den Holzdielen. Eine einzelne Lampe die mächtig gegen die hölzerne Wand donnerte, probierte hier noch so etwas wie Licht zu spenden. Als sie sich gerade aufrichten wollte, traf eine weitere Welle die Niemand und lies sie ordentlich durch schaukeln. Über sich hörte sie die donnernde Stimme von Salar.
„Los ihr faulen Hunde! Sonst lagt ihr das letzte Mal zwischen den feuchten Schenkeln einer Hure!“
Die Männer brüllten ihren Käpt’n irgendwas entgegen, doch achtete Rikka nicht mehr darauf, sie wollte sich jetzt erheben, ohne wieder das Gleichgewicht zu verlieren. Als eine feingliedrige Hand ihr entgegen kam und der jungen Frau dabei half wieder auf die Beine zu kommen.

Vielleicht hatte sie gehofft dass es Maria gewesen war die ihr die Hand gereicht hatte, aber als die blonde Dame wieder aufrecht stand, bemerkte sie das diese weibliche Hand zu Inwë Carnesîr gehörte. Diese Elfe oder Elf dessen Geschlechterrolle einfach nicht zu erkennen war, sagte mit einen grinsen im Gesicht:
„Ich hoffe euren knackigen Körper geht es noch gut, einige der Anderen hätte es bestimmt ausgenutzt, eine so schöne Frau wie ihr es seit zu begrabschen, wen sie hilflos auf den Boden liegt.“
Es erklang ein Kichern wie es bei diesen dümmlichen Hofdamen in Grandessa üblich war. Rikka kannte sich mit diesen weibischen Lachen aus. Schließlich gehörte sie selbst früher zu diesen Edlen kreisen.
Er, sie, es zwinkerte ihr nach dem lachen kurz zu und ging dann ohne ein weiteres Wort zu sagen die Treppe hinauf. Wieder einmal wurde Rikka von einer kleinen Welle getroffen als Inwë die Luke öffnete und heraustrat.
Doch danach war sie dann wirklich allein und kein Wasser stürzte sich mehr die Treppen hinab, da die Luke wieder von der Elf/e geschlossen wurde.

Sobald sie ihre Kabine erreicht hatte, konnte sie sich alle Zeit der Welt nehmen, um sich Gedanken über ihren Auftrag zu machen oder vielleicht noch einmal eine runde schlafen.
Wenn sie den Hafen von Rumdett erreicht hatten, würde sie wahrscheinlich nicht mehr „sicher“ schlafen können. Aber zuerst sollte sie vielleicht ihre Kleidung wechseln, wenn sie nicht eine fiese Erkältung riskieren wollte.
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Rikka » Samstag 27. April 2013, 16:05

Salar Harlor nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Kurz darauf erhob er sich und winkte Rikka, ihm zu folgen. Für die adlige Kopfgeldjägerin war dies das Zeichen, dass ihr Gespräch beendet war. So erhob sie sich ebenfalls, leerte noch ihr Glas, denn den wirklich guten Tropfen wollte sie nicht vergeuden, dafür war sie eine zu exzellente Weinkennerin und folgte schließlich ihrem Gastgeber zur Tür der Kapitänskajüte. Auf dem Weg dorthin überkam sie wiederholt das Gefühl, als würde sie von den Puppen auf den Regalreihen beobachtet.
“Unheimlich!“, raunte ihre innere Stimme, wobei sie nicht zu sagen vermochte welche der beiden dies sagte. Anscheinend fürchteten sich beide gleichermaßen vor diesen Dingern und es gab nicht viel, was ihre inneren Stimmen zu solch einer Reaktion bewegen konnte.
“Als ob sie leben würden, als ob die Seele eines Menschen in ihnen gefangen wäre. Und während Salar Harlor schon die Hand an den Türknauf legte fuhr ein Schauer von innen heraus durch ihren Körper. Erst die Stimme des Kapitäns der Niemand ließ sie wieder aufmerken:
„Ihr könnt natürlich auch eine andere Vorgehensweise einschlagen, um ans Ziel zu kommen. Das überlasse ich euch. Bringt mir einfach Jagon lebend und die Belohnung ist euer!“
„Gewiss doch, gewiss. Bis zum Augenblick gelang es mir noch immer, mich der Situation anzupassen. Mir wird schon etwas einfallen, wenn es soweit ist. Bis dahin scheint mir euer Plan am vielversprechendsten.“
Mit diesen Worten trat sie an Salar Harlor vorbei und durch die von ihm geöffnete Kajütentür. Fauchend fuhr der Sturm durch diese in die Kajüte und Rikka war sich nicht sicher, ob Salar Harlor ihre Worte bei diesem ohrenbetäubenden Krach auch wirklich verstanden hatte. Wie es aussah war es dem Eigner und Kapitän des Seglers auch egal, denn ohne ein weiteres Wort zu verlieren schloss er die Tür und ließ Rikka mitten in dem tobenden Sturm stehen.
„Danke, euch auch eine Gute Nacht.“, grummelte Rikka zu der geschlossenen Kajütentür und griff blitzschnell nach dem Türknauf als eine hohe Welle über das Deck rollte und sie fortzuspülen drohte. Harlors Leibwächter hingegen standen wie ein Baum, ohne zu wanken und ein kurzer Blick der Adligen in deren Gesichter verriet ihr, dass sie sich nicht die Bohne darum scherten, ob sie von den Wellen nun über Bord gespült wurde oder nicht.
„Herzig, wirklich herzig. Anscheinend ist es hier jedem egal was mit mir passiert. Dabei sollte man doch meinen, dass sich der Auftraggeber um das Wohl seines Beauftragten sorgen würde.“
Kopfschüttelnd tastete sich Rikka über das Deck des schwer schlingernden Schiffes, immer darauf bedacht, dass sie sich, sobald eine Welle über das Deck rollte, irgendwo festkrallen konnte. Dabei verfluchte sie innerlich den Tag, an dem Salar Harlor in ihr Leben getreten war und zählte schon jetzt die Stunden, bis sich ihre Wege endlich wieder trennen würden.
Irgendwie schaffte sie es, unbeschadet bis zu der Luke zu kommen, die unter Deck zu ihrer Kabine führte. Allerdings hatte es sich damit auch schon, den kaum hatte sie die ersten beiden Stufen der Holztreppe genommen rollte eine besonders schwere Welle über das Deck. Unglücklicherweise bekam Rikka nicht schnell genug das Halteseil an der Treppenwandung zu fassen und wurde von der Welle kurzerhand unsanft unter Deck gespült. Triefend nass fand sie sich im Kajütengang auf dem nassen Holzboden wieder, während über ihr die Luke hastig zugeschlagen wurde, damit nicht noch mehr Wasser in das Schiffsinnere gelangte.
„Himmel Arsch und Wolkenbruch, so eine verdammte Scheiße!“ Entschieden undamenhaft fluchend rappelte sich die blonde Jägerin auf, zumindest wollte sie das, doch eine weitere Welle warf sie gegen die gegenüberliegende Gangwand von wo sie anschließend wieder in die Mitte des Gangs zurückrollte, was eine erneute Schimpf- und Fluchkanonade zur Folge hatte, welche der Salar Harlors, dessen Stimme über ihr an Deck erschallte, in nichts nachstand und jedem sarmaischen Waschweib zur Ehre gereichte.
Noch immer fluchend befühlte sie die Prellungen an ihrem Oberschenkel, als sich ihr eine Hand helfend entgegenstreckte. Im ersten Moment dachte sie noch, dass es Harlors spitze Nadel wäre, von der sie annahm, dass diese ihr insgeheim nachstellte, doch die darauf erklingende Stimme ließ sie nur genervt aufstöhnen:
„Ich hoffe eurem knackigen Körper geht es noch gut? Eurem undamenhaften Gefluche zufolge sollte man es zumindest annehmen. Einige der Anderen hätte es bestimmt ausgenutzt, eine so schöne Frau wie ihr es seit zu begrabschen, wenn sie hilflos auf den Boden liegt.“
Inwë!, war alles was Rikka die Augen verdrehend denken konnte. Die hatte ihr zu ihrem Glück noch gefehlt. Wenn es noch etwas schlimmeres gab als die Nadel, dann war es diese Elfe. Rikka beschloss für sich Inwë einfach mal als Frau zu betrachten, wobei ihr nicht so recht klar war, warum sie das tat, denn Inwë als Mann zu betrachten wäre für rikka, die doch selbst eine Frau war, logischer gewesen. Glücklicherweise ging die Elfe, nachdem sie der Kopfgeldjägerin aufgeholfen hatte, einfach wortlos ihres Wegs, so dass Rikka den derben Fluch, den sie schon auf den Lippen hatte herunter schluckte und lediglich ein leises „Ach leck mich doch!“ der Elfe hinterher murmelte. Im selben Moment schlug sie sich mit der Hand vor den Mund, ging ihr doch auf, dass Inwë dies durchaus wörtlich nehmen und als Einladung auffassen mochte. Zum Glück schien sie es nicht gehört zu haben, denn kurz darauf stand Rikka wieder allein unter Deck.
Eilend sah sie nun zu, dass sie ihre Kajüte erreichte, wo sie sich zuerst der nassen Kleider entledigte, diese zum Trocknen auf eine entlang der Kajütenwand gespannte Leine hängte und sich trockene Unterwäsche aus ihrem Reiserucksack anzog. Darüber zog sie ihr schwarzes langärmliges Wollhemd, so dass sie zumindest bis knapp über den Po warm eingepackt war. Dummerweise hatte sie nur diese eine Hose, welche vollkommen durchnässt auf der Leine hing, so dass ihre Beine unbedeckt blieben. Im Grunde störte sich Rikka aber nicht daran, denn zum einen war sie allein in der Kajüte und zum anderen rollte sie sich sogleich in ihre Decke in der Hängematte, so dass es ihr rundherum wohlig warm wurde.
Eine Weile dachte sie noch über ihren Auftrag und die Art wie sich Harlor das Ganze vorstellte nach, doch dann wurde sie von der wärmenden Decke in einen angenehme Schlaf gelullt während über ihr der Sturm tobte.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Erzähler » Dienstag 21. Mai 2013, 16:51

Als Rikka in den wohlverdienten Schlaf viel war der Sturm noch angenehm gewesen (zu mindestens für einen Seemann). Doch mit der Zeit wurde aus dem Sturm eine wahre Naturkatastrophe. Die Männer auf der Niemand kämpft ums überleben. Meter hoch ragten die Wellen auf und drohten das Schiff zu verschlingen, aber Salar Harlor, der jetzt selbst auf dem Deck stand und das Steuerrad übernommen hatte, navigierte geschickt den Kahn durch den Sturm. Das die Kopfgeldjägerin nichts von dieser Naturgewalt während ihres Schlafes mitbekommen hatte, lag vielleicht an den Kräuter die sie zu sich genommen hatte oder sie hatte einfach einen übernatürlichen festen Schlaf.
Denn als sie aufwachte lag das Schiff ruhig auf der offenen See. Doch diese ruhe war trügerisch. Denn es war zu still auf den Kahn!
Das einzige was man hören konnte war das knarren der Planken. Nicht einmal einen Seemann fluchte, was eigentlich eine übliche Geräuschkulisse war. Jeden würde klar werden das etwas nicht stimmte.
Die Kopfgeldjägerin spitzte die Ohren, doch konnte sie keinen Laut hören. Sie musste wohl ans Deck gehen um zu erfahren was der Auslöser dieser Grabesstille war. Gerade als sie ihre Kabine verlassen wollte klopfte es zaghaft an ihrer Tür. So als wolle der Verursacher so wenig wie möglich Lärm machen. Was beim anklopfen an sich wenig Sinn machte.
Trotz dem unguten Gefühl das Rikka beschlich, öffnete sie die Tür und zum Vorschein kam die Nadel. Sie trug wie schon bei ihrer ersten Begegnung die viel zu enge Lederkombi. Maria hob den Zeigerfinger an den Mund und gab der ehemaligen Adligen zu verstehen ihr so leise wie möglich zu folgen.
Während ihres Weges aufs Deck sprach die Beiden kein Wort miteinander uns als sie aufs Deck kamen wurde klar warum.
Ein Großteil der Mannschaft hatte sich versammelt und hielt Langbögen in der Hand. Jeder von ihnen hatte einen Köcher der zum bersten mit Pfeilen gefüllt war auf den Rücken geschnallt und sie alle blickten zu zwei Schiffen die sich nur noch wenige Seemeilen von ihnen entfernt befanden.
Die Nadel durchbrach die angespannte Stille indem sie sich an Rikka wendete.
„ Wir werden diese beiden Schiffe kapern und danach versenken. Es liegt euch frei auf dem Deck zu bleiben oder euch wieder in eure Kabine zurück zu ziehen, bis das schlimmste überstanden ist. Solltet ihr bei uns bleiben, würde es mich freuen wenn eure Armbrust ein paar dieser dunkelhäutigen Bastarde mit Bolzen durchlöchern würde. Die Wahl liegt bei euch! Falls ihr den Kapitän noch einmal sprechen wollt, muss ich euch leider enttäuschen. Er bereitet einige Zauber für den Angriff vor und wird erst nach den Sieg wieder für Gespräche zu Verfügung stehen!“
Man könnte es für arrogant halten noch vor der Schlacht von einen Sieg zu sprechen. Aber Maria sprach diese Worte mit einer solchen absoluten Gewissheit aus das man gar nicht auf die Idee kam das die Niemand nach diesen Gefecht auf Grund liegen könnte.
So wie man Salar Harlor einschätzen musste, hatte er wohl schon viele solcher Gefechte geführt.
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Erzähler » Montag 9. März 2015, 09:14

Darna kommt von: http://www.celcia.he-hosting.de/phpbb3/ ... 091#p61091
Darna wusste nicht, wie lange sie weggetreten war. Sie wusste nur, dass sie mörderische Kopfschmerzen hatte und sich ihr Kopf anfühlte als wäre er auseinandergebrochen und wieder zusammengesetzt worden.
Langsam öffnete sie die Augen, doch sie sah noch immer nichts. Ihre Augen waren verklebt sie musste erst mehrmals blinzeln und sich die Augen reiben, bis sie diese wider, richtig freibekam. Zu allen Überfluss hatte sie das Gefühl, das sich der Boden unter ihr bewegte, wahrscheinlich ein Überbleibsel des Kopftreffers.

Wo war sie?

Als sich der Schleier um die Augen der jungen Frau wieder gelichtet hatte, realisierte sie das sie sich in einer kleinen Kammer befand und in einer Hängematte lag. Das erklärte wahrscheinlich auch warum ihr leicht schwindlig war, denn die Liegestätte bewegte sich auch ohne das sie etwas tat.
Auf der anderen Seite des karg eingerichteten Zimmers hing eine weitere Hängematte und unter dieser befand sich eine längere Truhe und das war auch schon die Einrichtung des komplett aus Holz vertäfelten Raumes. Wenn man die kleine Glaslampe mit der Kerze innen drin ignorierte, die an der Wand hing.

Als Darna die Decke von ihrem Körper nahm musste sie feststellen, dass sie splitterfasernackt war und von ihrer Kleidung fehlte jegliche Spur. Wer sie wohl ausgezogen hatte?
Aber die Frage war jetzt nicht wirklich wichtig, schließlich war es wichtiger, wo sie war?

Irgendwann entschloss sich Darna aufzustehen, das war leichter gesagt als getan, denn so eine Hängematte machte doch manchmal gerne, was sie wollte. So kam es auch das sie beim Versuch sich aus der Liege zu erheben sofort nach vorne überfiel und wiedereinmal den Boden küsste.

Tja und wie jeder weis ist das Schicksal manchmal echt ein Miststück den als Darna sich gerade auf allen Vieren befand betrat Wolle das Zimmer und konnte ihre Hinteransicht begutachten.
„So bin ich ja auch noch nie empfangen worden!“ Sagte der Mann mit einen leichten lächeln im Gesicht und schloss eilig die Tür. Damit niemand Anderes das gleiche sah wie er.

„BEWEGEN DA OBEN!“
„AYE AYE!“

Die Geräusche kamen eindeutig von oben. War Darna vielleicht auf einen Schiff? Aber das würde ja Bedeuten das sie die Reise durch Grandessa quasi verschlafen hatte. Oder gab es wieder eine Planänderung? War sie vielleicht daran Schuld gewesen?
Wobei schuldig konnte sie ja nicht sein, schließlich hatte ja Grinsi ihr die lichter ausgeknipst!

Aber das waren alles Fragen auf die sie früh oder lang eine Antwort bekommen würde. Jetzt war es erst mal wichtig nicht mehr wie eine läufige Hündin vor Wolle zu knien. Der anscheinend von diesem Anblick ein wenig belustigt war.

Konnte man es ihn denn auch verübeln?
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Darna von Eibenau » Montag 9. März 2015, 21:28

„So bin ich ja auch noch nie empfangen worden!“
Oh du grüne Neune. Jetzt hatte irgend jemand auch noch den Raum betreten! Ihr tanzten noch Sterne von dem Aufprall und ihrer allgemeinen Benommenheit vor den Augen, als sie sich das erstbeste - und einzige - Stück Stoff holte, das in erreichbarer Weite war: sie griff in den Rand der Hängematte und die Decke rollte ihr entgegen.
"Verzeihung."

Hatte SIE allen Ernstes gerade dieses Wort gesagt? Es war offenbar so. Sie hüllte sich so zügig und anständig, wie es ihr Zustand erlaubte, in das große Tuch und stützte sich gegen die nächste Wand. Die drei vollständig taumeligen Schritte, die sie dabei machte, gaben im Prinzip eine ausreichende Auskunft darüber, wie es ihr ging. Ihre Hand fuhr gequält langsam über ihr Gesicht - wenn man darauf achtete, konnte man dabei beobachten, dass sie selber kaum ihre Narben berührte - und erst jetzt drehte sie den Kopf zu Wolle und fixierte ihn mühsam.

Das schien einige Herzschläge lang schon Aufgabe genug.
"Was sollte das?", entkam es ihr schließlich brummig, fast mit einem fauchenden Unterton und es schien sich eine allgemeine schlechte Laune bei ihr einzustellen - konnte man es ihr denn auch verübeln?

Einen Moment später schien ihr selber klar zu werden, dass das eine ziemlich indifferenzierte Frage war, und so wurde sie genauer: "Wozu habt ihr mich bewusstlos geschlagen?

Und welchen Hafen haben wir benutzt?"
Sie brauchte wohl noch immer keine Fragen bezüglich ihrer Ziele zu stellen, aber Wolle konnte ihr hoffentlich wenigstens Auskunft über zurückliegende Etappen geben, wenn man sie diese schon nicht einmal mehr selber mitkriegen ließ. Sie vermutete Serna. Es wäre, wenn ihre geographischen Kenntnisse sie nicht trogen, von Jersa aus die kürzeste Strecke zu einem Hafen gewesen, und wozu sollte man dafür durch Feindesland? Trotzdem wäre selbst das immernoch eine ganz schöne Distanz gewesen, und sie bezweifelte, dass sie diesen ganzen Weg nur durch einen Schlag gegen den Kopf "verschlafen" hätte. Hatte man sie etwa noch länger willentlich bewusstlos gehalten? Jetzt, wo sie konkreter so darüber nachdachte, wurde ihre Laune noch mieser. "Was ist dieser ganze Unfug hier eigentlich, ein militärischer Auftrag oder eine Entführung meiner Person durch eine Bande von anstandslosen Ganoven?"
Ihre Augen verengten sich.
Beim Harax, es gehörte schon einiges dazu, als Frau nackt nur mit einer Decke bekleidet noch gefährlich "aus der Wäsche" zu schauen, aber die Knappin war auf einem guten Weg, das hinzukriegen!

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Gestalt » Mittwoch 15. April 2015, 18:11

Wolle lehnte sich an die Holztüre. Sein schwarzer Mantel stand in einem herben Kontrast zu seiner blonden Mähne. Doch war er nicht mehr so ausgepolstert wie noch im Wald. Daraus liess sich schliessen, dass er wohl seine Rüstung abgelegt hatte und nur noch leichte Kleidung trug. In seiner Linken hielt er einen Leinenbeutel. Er lächelte schelmisch und strich sich durch seinen dunkelbraunen Bart, als sie ihn doch tatsächlich um Verzeihung bat. „Ich habe nichts gesehen, wofür man sich entschuldigen müsste.“ Meinte er unschuldig und machte auch keine Anstalten sich umzudrehen. Hatte Wolle ihr gerade mitgeteilt, dass er sie attraktiv fand? Warum nicht? Darna war in der Blüte ihrer Jahre und besass einen sehr athletischen und trainierten Körper. Vielleicht gab es Männer, die sich durch ihre Körpergrösse abschrecken liessen, doch Wolle war ebenfalls ziemlich gross gewachsen, so dass dies bei ihm wohl keine Rolle spielen dürfte. Zumindest gab er keine Hinweise darauf, dass es ihn irgendwie störte. Der Einzige offensichtliche Makel war wohl die Entstellung ihres Gesichts durch Gernots Rapier. Narben galten bei Männern nicht selten als anziehend, verrucht und irgendwie heldenhaft. Bei Frauen waren sie aber nichts, was zum gängigen Schönheitsideal gehörte. Eine Frau hatte zierlich, fein, rein und makellos zu sein. Nun diesem Ideal entsprach Darna wohl in vielen Punkten nicht, aber zum Glück waren ja die Geschmäcker dieser Welt ohnehin verschieden. Sein Blick wurde ernst.
Wie fühlst du dich? Woohh wohh!

Reflexartig drückte er sich von der Wand ab, als er sie taumeln sah und machte ein paar Schritte auf sie zu, hielt sich aber zurück, als sich Darna von selbst fing. Warum hatte Grinsi es auch derart übertreiben müssen? Tatsächlich hatte dieser Vollidiot in seiner Wut derart fest zugeschlagen, dass sie für einen Moment befürchtet hatten, sie würde bleibende Schäden davontragen. Sie hatte nicht schnell genug wieder das Bewusstsein erlangt, so dass man einen Heiler zugezogen hatte. Dieser hatte sie darauf für einige Tage mit Mohnblumensaft ruhiggestellt damit sich ihr Körper vom Hieb hatte erholen können, vor zwei Tagen hatte er damit begonnen das Heilmittel wieder langsam abzusetzen. Darna konnte sich teilweise an einzelne völlig unzusammenhängende Fetzen erinnern:

Ihr Kopf an die stählerne Schulter eines Mannes in Schwarz gelehnt, hin und her wankend. Eine starke Hand um ihren Körper geschlungen. Ein Pferdekopf vor sich. Flüche. Wüste Flüche. Viele Flüche. Der Mann auf dem Pferd hatte ständig geflucht, oh ja das war ihr selbst im halbwachen Zustand aufgefallen. Ein Ritter sollte nicht Fluchen…. Und Eisenfaust war doch ein Ritter? Oder? Schritte, Stimmen, das Weinen eines Jungen, vielleicht. Ein Lager? Fackeln, Feuer, Pferde. Ein Stimmengewirr. Fragen, so viele Fragen. Wohin bringt ihr uns? Was ist das hier? Wut… einer war wütend. Kampfgeräusche. Der dumpfe Aufprall eines Körpes und das ächzen eines jungen Mannes als man ihn überwältigte. Darna kannte diese Stimme. Dann der Geruch des Meeres. Schreiende Möwen. Der Geschmack von Gerstensuppe in ihrem Mund. Immer wieder ein Mann der an ihren Augenliedern herumzupfte und sie mit einer Kerze anleuchtete. Ein bitterer Geschmack in ihrem Gaumen vom Mohn und dazwischen? Dunkelheit. Nichts.

Ihr Zustand hatte einiges an Umdisponierungen erfordert und dies war auch der Grund, warum sie den seltenen Luxus eines Einzelzimmers genoss. Dies waren jedoch alles Dinge, von denen Darna nichts wusste. Vermutlich wusste sie nicht einmal, wie viele Tage seither schon ins Land gegangen waren.
„Sachte. Du hast einem ordentlichen Rum auf den Schädel gekriegt. Der übrigens erstaunlich Dick ist.“ Ermahnte er sie und breitete abwehrend seine Hände aus, als sie wissen wollte was die ganze Sache eigentlich sollte. Eine durchaus berechtigte Frage. Man mutete Darna schliesslich ziemlich viel zu. Man hatte sie von einem Moment aus dem anderen aus ihrem Leben gerissen, sie ihrer Habseligkeiten und Identität beraubt, sie in einen üblen „Übungskampf“ vermittelt und ihr schliesslich eins über die Rübe gezogen. Wenn man all diese Punkte berücksichtigte, konnte Wolle froh sein, dass sie ihm nicht gleich an die Gurgel ging.
"Wozu habt ihr mich bewusstlos geschlagen?
Für einen kurzen Augenblick wich Wolle ihrem Blick aus und strich sich unbewusst mit seiner Pranke über den rechten Arm. Er wirkte weit weniger Souverän als sonst.

“Das war ein Unfall. Er hätte nicht so fest zuschlagen sollen.“ Was letztendlich jedoch hiess, dass der Niederschlag durchaus Teil eines seltsamen Kalküls gewesen sein musste. Er haderte für einen Moment und biss sich auf die Lippen. Es wird sich alles klären Darna, wirklich. Es…tut mir leid, dass ich dir nicht mehr sagen kann.“ Seine Stimme klang etwas nervös, so als hätte er ihr nun gerade ein unglaubliches Geheimnis verraten. Seine Augen schrien geradezu: „Ich bin nicht dein Feind“. Er strich sich durch seine Haare und sein Blick verirrte sich kurz in ihrem Ausschnitt, als sie das Tuch für einen Moment nicht so stramm gegen ihren Körper zog. Er bemerkte es nach einigen Sekunden selbst und schaute wieder zu ihr hin. Bei ihrer Frage nach dem Hafen schaute er sie verdutzt an. Er hätte vieles Erwartet: Vorwürfe, Beschuldigungen, Verwünschungen oder vielleicht doch eher wachsende Verzweiflung, Angst, Wut, aber nicht eine nüchterne Frage wie diese.

Ähm…das darf ich dir auch nicht sagen. In der Sorge, dass sie nun doch bald die Geduld verlieren würde erhob er wieder abwehrend die Hände. Warum verhielt sich Wolle ihr gegenüber plötzlich so Respektvoll? Nun… er hatte sie kämpfen gesehen. Hier. Zieh das an. Er streckte ihr den Leinenbeutel entgegen, worin sich ihre frischgewaschene, schwarze Kleidung befand. Wolle wich etwas zurück, als sie ihn nochmals fragte, was dieser ganze Affenzirkus hier eigentlich sollte. “Hör zu. Ich kann es dir wirklich noch nicht sagen Darna, ich wurde von Eisenfaust hergeschickt um nach dir zu sehen.“

Darna konnte sich dunkel erinnern, dass Wolle nicht ihr erster Besucher war heute: Schemenhaft konnte sie die Gesichter von Eisenfaust und eine Unbekannten sich in Erinnerung rufen, die sich über sie gebeugt hatten. Der Unbekannte hatte sie getätschelt und an ihren Augenlidern rumgezupft. „Sie wacht langsam auf, schaut am Mittag zu ihr.“

Wolle ahnte wohl, dass sie sich mit seiner Antwort diesmal wohl kaum zufrieden geben würde. „Sobald du dich besser fühlst…kannst du mit mir nach Oben kommen, etwas Essen und etwas Trinken, danach erwartet dich Zunge. Bitte… du musst der Sache nicht vertrauen, aber vielleicht vertraust du ja mir. Es gibt für alles eine Erklärung. Für den Moment sind wir alle nur froh, dass es dir gut geht… und du wieder auf den Beinen bist…aber das weisst du nicht von mir!“

Er schaute sie wieder forschend an. Ich warte sonst draussen, wenn du gleich mitkommen magst, ansonsten komme ich später nochmals, falls du doch noch ein wenig liegen bleiben möchtest...
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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 2 Zu Gast auf der "Niemand

Beitrag von Darna von Eibenau » Donnerstag 16. April 2015, 01:05

"Ich habe nichts gesehen, wofür man sich entschuldigen müsste." Meinte Wolle unschuldig und machte auch keine Anstalten sich umzudrehen.

Hatte dieser Bursche keine Manieren, oder wollte er sie ärgern? Das Chaos in ihrem Kopf und die mangelhafte Kontrolle über ihre Glieder waren der Hauptgrund für ihre schlechte Laune. Sie hasste es, keine Kontrolle zu haben. Sie hasste es zum Beispiel, getragen zu werden. Und sie war viel getragen worden, wie es ihr zähflüssig langsam durch die Erinnerung sickerte.
Während sie ihn fixierte und dadurch versuchte, den Blick klar zu bekommen, fiel ihr bei seiner arglosen Haltung eine dritte Interpretationsmöglichkeit ein, die an allen Umständen gemessen schon ungemein gnädig war: Nahm er gerade Rücksicht auf sie? "Ich habe nichts gesehen...", sprich: er würde vergessen, in welch entwürdigendem Zustand er sie hier gerade angetroffen hatte. Gut.
Nein, nicht gut. Sie würde sich auf diese Interpretation nicht verlassen. Blinzeln. Durchatmen.

Auf den Gedanken, dass ihr unverstellter Anblick Wolle vielleicht gefallen könnte, kam sie überhaupt nicht.
"Wenn du dir übrigens je mal einbildest, dass DICH ein Mann mögen könnte, Darna, sag bescheid! Dann schenk ich dir ein einziges Mal in meinem Leben etwas: einen Spiegel!" - Gernots Worte, als es begann, dass die Knappen in Minne geschult werden sollten.
Es war natürlich nicht der einzige verbale Hieb von ihm.
"Wenn es bis heute den Brauch der Aussteuer nicht geben würde - wegen Darna müsste man ihn erfinden! Wer würde die schon nehmen, ohne fürstlich dafür bezahlt zu werden? Eigentlich kann sich ihr Vater das doch gar nicht leisten? Deswegen heißt es wohl 'Meine Teure'! ... Man muss wohl dankbar sein, dass sie also als alte Jungfer enden wird."
Zum Glück dachte sie im Moment an all das nicht; ihre Wangen hätten sonst noch immer vor Scham wegen des Gelächters der Jungs und vor Zorn gebrannt.
Dazu all die hübschen Fräulein, die den ganzen Tag nichts als ihr makelloses Aussehen im Kopf hatten und trotzdem fast vor Angst starben, dass sie einsam bleiben könnten - jedem normalen Menschen wäre die Absurdität dieses Gehabes klar gewesen, aber nicht einer jungen Frau, die in mancherlei Dingen ohnehin seltsam schien und voller Ernst solche Reden als den einzigen Maßstab nahm, den sie hatte bekommen können.
Und für das fleischliche Vergnügen einer Nacht oder einer kurzen Liebelei den eigenen Körper einem Kerl zum Fraß vor werfen, der sich um ihr Aussehen kaum scherte, solange sie weiblichen Geschlechts war? Sie sich womöglich auch noch "schön trank"? Sünde. Hurerei. Ehrlos. Tief unter aller Würde einer von Eibenau, und sollte ihre Weiblichkeit tatsächlich als alte Jungfer verdorren.
Sie hatte in ihren eigenen Augen nicht viel zu bieten, was sie als Frau ausgezeichnet hätte - aber ihre Ehre, die war unbefleckt.

Die Knappin fasste sich an den dröhnenden Kopf, den Wolle scheinbar gerade auch zu erklären versuchte: "Sachte. Du hast einem ordentlichen Rum auf den Schädel gekriegt. Der übrigens erstaunlich Dick ist." Na fantastisch. Das war nicht gerade schmeichelhaft, und so viel hatte sie auch noch mitbekommen.
"Wozu habt ihr mich bewusstlos geschlagen?"
Sie hatte sich doch ergeben?! "Du hast gut gekämpft" - war das gesagt worden? Oder hatte das diesem Jungen gegolten, der... der... verflixt, sie hatte doch irgendwen gehört, oder bildete sie sich das jetzt gerade ein? Ihre Verwirrung wuchs, auch wenn ihr immer klarer wurde, dass sie sich im Moment keinen Deut auf ihre eigenen Zuordnungen verlassen konnte, was die Zeit oder währenddessen geschehene Ereignisse betraf. Wie lange war sie 'weg' gewesen? Das war noch eine Frage, die sie ihm stellen würde.
Waren sie etwa doch irgendwie durch Grandea gereist?! Kurz verursachte diese Vorstellung einen kalten Klumpen in ihrer Magengrube. Ihr wurde etwas übel. Oder hatte das einen anderen Grund? Es gab genügend naheliegende. Wenn ich mich hier drin übergebe, wird das die ganze Zeit stinken.
Ihre Verstand versuchte mit allen Mitteln, die Oberhand zurück zu gewinnen.

"Das war ein Unfall. Er hätte nicht so fest zuschlagen sollen." Na wunderbar, er hatte also tatsächlich Order gehabt, eine Wehrlose auf die Bretter zu schicken, die sich bereits ergeben hatte! Ehrloses Pack! Das waren keine Kameraden. Nicht nur in ihrem Magen wurde etwas zu Eis.
"Es wird sich alles klären Darna, wirklich. Es…tut mir leid, dass ich dir nicht mehr sagen kann."
Nein, er konnte das nicht. Das glaubte sie ihm sogar und sah ihn nachdenklich an, doch mit herunter gezogenen Mundwinkeln und wieder einem Ernst im Blick, dass es entsetzlich ungnädig wirkte. Ich bin nicht dein Feind - diesmal schien er es zu sein, der keinen Groll zwischen ihnen beiden wollte. Die Situation mit ihrem Ring kam ihr wieder vor Augen.
Darna.

Moment.
Er hatte sie gerade Darna genannt. Mit einem sich selbst scheltenden Schließen der Augen registrierte sie ihren Fehler. Das war leichtfertig von ihr gewesen. Er hat in meinen Ring gesehen. Natürlich weiß er jetzt meinen Namen. Sie schaute auf die gegenüberliegende Kante zwischen Decke und Kajütenwand und atmete einmal durch. Ach ja, sie waren ja auf einem Schiff. Wo? Und von wo?
"Ähm…das darf ich dir auch nicht sagen." Nicht mal das?! Wolle hatte recht mit seiner Sorge, dass sie bald die Geduld verlieren würde und hob abwehrend die Hände. Dieses Herumgedruckse von ihm riss sie hin und her zwischen dem Drang, wütend auf ihn zu werden, und dem Mitleid, dass er als Knappe die geringste Position inne hatte, um ihren Zorn zu verdienen. Von IHM sollte sie alles Nötige erfahren, dabei durfte ER noch am wenigsten sagen!
Gnade dir, Eisenfaust, dass ich noch nichts zu sagen habe, sonst könntest du von mir was zu hören kriegen! Wieder dieser Zweifel, ob der Mensch überhaupt Ritter war.
Aber die gesiegelten Befehle! Die Billigung Talarions! Und der Ritter des Königs!

Sie nahm den Leinenbeutel entgegen und hielt noch mit einer Hand grob die Decke fest, was auch der Grund war, dass sie den Beutel schnell los werden und ihn in die Hängematte werfen wollte - er fiel daneben. Ihr Kopf wurde zwar klarer, aber das Gefühl von Übelkeit nahm beständig zu. Der Versuch, sich anzuziehen, konnte ja was werden... würde sie sich dafür auf den Boden setzen müssen bei dem ganzen Geschwanke?!
Und wahrscheinlich würde Wolle nicht mal raus gehen, wenn sie sich umziehen wollte?!
Das "... anstandlosen Ganoven" fauchte sie, aber dass Wolle zurück wich, statt in seiner Ehre gekränkt zu protestieren, überraschte nun sie wiederum. Sie war Gernot gewöhnt, der sofort darauf angesprungen wäre - und sie ebenfalls.
"Hör zu. Ich kann es dir wirklich noch nicht sagen Darna, ich wurde von Eisenfaust hergeschickt um nach dir zu sehen." Noch nicht - das registrierte sie. Und dass er sie schon wieder beim Namen nannte.

"Sobald du dich besser fühlst…kannst du mit mir nach Oben kommen, etwas Essen und etwas Trinken, danach erwartet dich Zunge."
Der Lügen-Lehrer, fuhr es ihr verächtlich durch den Sinn. Sollte etwa stur eine weitere Prüfung beginnen? Sollte 'Zunge' ihr etwa irgend etwas erklären? Einem Mann, der bei dem Gedanken, anderen das Lügen beizubringen, schon vorfreudig grinste, würde sie nicht einmal glauben, dass das Meerwasser salzig war, ohne es selber wirklich probiert zu haben.
Ach ja, sie waren ja auf dem Meer! Sie war noch nie am Meer gewesen...
Für einen Moment abgelenkt hörte sie Wolles Erklärungen weiter zu und sah ihn mit einem Blick an, der nicht wirklich ihn ansah - das war für ihr bisheriges Verhalten ungewöhnlich.
"Bitte… du musst der Sache nicht vertrauen, aber vielleicht vertraust du ja mir."
Ihr Blick fokussierte sich wieder auf ihn. Warum sollte sie? Weil er Knappe war? Und auch das nur 'vermutlich'? Weil er eher harmlos wirkte neben diesen ganzen seltsamen Gestalten? Irgendwie sympathisch schien? Nein. Sie beschloss, sich auf diese Masche gar nicht erst einzulassen. Womöglich war das sogar gnadenloses Kalkül, neben Figuren wie Eisenfaust und Zunge durch jemanden wie 'Wolle' ihr Vertrauen zu gewinnen. Sie hatte nicht vor, am Ende ausgelacht zu werden und würde wachsam bleiben.
"... Es gibt für alles eine Erklärung. Für den Moment sind wir alle nur froh, dass es dir gut geht… und du wieder auf den Beinen bist…aber das weisst du nicht von mir!"
Es spielt keine Rolle. Das soll also ein großes Geheimnis sein? Ich traue dir nicht. Ich glaube dir nicht.

Es war nicht schwer, in ihrem vernarbten Gesicht zu lesen. Ihre Miene war nichtssagend kühl, wirkte durch die Narben grimmiger, als sie eigentlich gewesen wäre, doch vor allem Blick und Haltung waren gerade völlig unnahbar.
Stein, ja... da traf es wieder zu. Eine Statue mit einer improvisierten Toga.

"Ich warte sonst draussen, wenn du gleich mitkommen magst, ansonsten komme ich später nochmals, falls du doch noch ein wenig liegen bleiben möchtest..."
Liegen bleiben?! Das wäre das Letzte, was ihr jetzt in den Sinn käme! Sie zog ihre Toga fester.
Raus!, schnauzte sie ihn in Gedanken an und musste sich wirklich zusammenreißen, um dieser zutiefst unhöflichen Silbe vor ihren Stimmbändern Einhalt zu gebieten. "Ich komme gleich mit." - das war nun einer jener Momente, in denen ihre Stimme widerlich knöchern klang. Und eigentlich war sie dabei noch nett. Ohne einen weiteren Ton zu sagen oder sich zu bewegen, jagte alles an ihrer Ausstrahlung ihn gerade nach draußen vor die Tür.

Dass sie ihm damit womöglich auch noch einen Korb verpasste, der sich gewaschen hatte, war ihr dabei noch nicht mal klar...

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