Unter Venthas Willkür

Das große Meer ist launisch wie das Wetter. Einmal ist es friedlich und dann wieder die reinste Gefahr. Erfahrene Seemänner befahren es mit ihren großen Schiffen. Alle Reisen sind hier verzeichnet.
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Madiha Al'Sarma
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 31. Mai 2022, 09:22

Das Abschneiden der Haare ging erstaunlich leicht. Also der eigentliche Akt des Schneidens, denn Madiha spürte fast körperlich mit jedem Haar, das seine Länge verlor, dass sie etwas gewichtiges tat. Im Eifer des Gefechts hatte sie sich entschieden, ohne genauer darüber nachgedacht zu haben. Die Zeit war einfach nicht dafür da gewesen, sodass sie nun auf ihre herabrieselnden Haarsträhnen starrte und den Ersten Maat ausblendete. Es war wie das Ende von etwas, das sie nicht hatte wirklich begreifen können. Sie war frei. Frei zu tun was auch immer ihr in den Sinn kam. Noch immer hatte ihr jemand gesagt, wie sie auszusehen oder was sie zu tragen hatte. Seit sie als Mädchen in die Fänge der Sklaverei geriet hatte sie keine echte Entscheidungsgewalt mehr. Einzige Entscheidung ihres ärmlichen Daseins: Überleben oder nicht. Viele Mädchen hatten sich für das ‚oder nicht‘ entschieden, wählten den Freitod und setzten dem Leid somit ein Ende. Madiha nicht. Sie kämpfte und kämpfte, klammerte sich an dem Leben fest, als würde es ihr irgendwann dafür ein Geschenk machen. Nun, sie klammerte immer noch aber dieses Mal, in diesem Moment, war sie wirklich frei. Sie verstand es nun. Sie begriff sicherlich nicht das gesamte Ausmaß, allerdings verstand sie, dass sie endlich einmal eine Entscheidung treffen durfte und diese vor allem akzeptiert und, wie sie mit einem Blick in Jakub’s Augen erkennen konnte, gutgeheißen wurde. Madiha fühlte sich bestärkt in ihrer Handlung und griff nach dem Zopfgummi, um sich die kinnlangen Haare nun noch nach hinten binden zu können. Den Wink zur speckigen Kappe registrierte sie und setzte sie kommentarlos auf. Sie fühlte sich stark, mutig und überlegen. Sie hatte endlich eine Vereinbarung, die nicht darauf abzielte, sie für das zu benutzen, worauf sie keinerlei Einfluss hatte und das machte sie unheimlich stolz. Madiha streckte den Rücken durch und ließ sich von dem Tumult gar nicht groß in die Suppe spucken. Sie stand hinter Jakub, der allerdings alarmiert wirkte und folgte dem Hünen in seinem Rücken durch den Bauch des Schiffes.
Kurz blickte sie über ihre Schulter, als ihr Caleb einfiel. Ob der Dieb entdeckt wurde? Hatte er sich erwischen lassen? Sie hoffte es inständig nicht, denn dann wäre ihre neu gewonnene Freiheit sicher ganz schnell wieder vorbei. Doch auch wenn sich Madiha vordergründig um sich sorgte, spielte auch eine Nuance Sorge für den Dieb mit. Und das ärgerte sie, sodass ihre Miene doch etwas finsterer wurde. Das Mädchen verließ in einigen Sekunden Abstand den Schatten des unteren Decks und musste sich an Jakub vorbeimogeln, um überhaupt etwas erkennen zu können. Und auf einmal klappte dem Mädchen die Kinnlade hinunter, als sie das schwarze Ungetüm erblickte und ihr Verstand versuchte zu ergründen, was das genau war.

Die blutroten Saugnäpfe starrten ihnen entgegen, während die schwarzen Arme zappelten. Es war schaurig. Madiha wich instinktiv einen Schritt zurück und konnte ihre Augen nicht von dem Fang lassen. Was zur sengenden Wüstensonne war das?! Das Blaugrau wanderte den Oberkörper entlang und besah sich das Gesicht des Fischmannes. Madiha hatte nicht mal ein Wort für so eine Kreation der Natur, sodass sie tatsächlich kurz darüber nachdenken musste, ob Fischmann das richtige Wort dafür wäre. Was sie allerdings völlig außer Acht ließ war die angespannte Situation an Bord. Die Männer schienen ebenso erschrocken, Jakub in höchster Alarmbereitschaft und der Fisch…Mann…Dings, der war alles andere als begeistert. So merkte das Mädchen nicht, dass sich die Situation plötzlich hochschaukelte. Wie gebannt klebten ihre Augen auf dem Mann im Netz und stand nur reglos da, während sich andere bereits um etwas weiteres im Wasser kümmerten. Das bekam sie gar nicht mit. Plötzlich riss das Netz, sodass der Mann der Länge nach hinfiel. Lasst sie in Ruhe? Madiha’s Hirn waberte und mechanisch wandte sie den Kopf zur Wasserseite. Wen denn? Das Ganze war so surreal und beängstigend, dass sie das Bedürfnis hatte sich in die Schatten zu drücken, wie Caleb es tat. Wo war der eigentlich? Plötzlich schrie einer der Matrosen auf, als ihn die Muschel am Kopf traf. Madiha quietschte und schlug sich die Hände vor den Mund, weil sie glaubte, jemand könnte ausgerechnet JETZT auf sie achten und herausfinden, dass sie weitaus weiblicher war als gedacht. Doch ein kurzer Blick in die Runde versprach ihre Sicherheit, denn niemand achtete auf sie. Dafür wurde die Mannschaft sehr viel hektischer, der Fang hatte gerade einen der ihren verletzt. Madiha’s Herz überschlug sich vor Adrenalin. Auch ohne solche Dinge je erlebt zu haben, wusste sie, dass das der Beginn von etwas hässlichem werden konnte. Und tatsächlich brüllte jemand das Kommando, dem Fisch-Mann-Ding habhaft zu werden, sodass sich selbst Fischauge bewaffnete und seine Kochmütze in Sicherheit brachte. Madiha wusste gar nicht wie ihr geschah, als plötzlich mit Kraft auf ihre Schulter geklopft wurde. Sie zuckte ertappt zusammen, starrte dann aber in Jakub’s Gesicht, der ihr auftrug eine Waffe zu besorgen. Sie nickte langsam und runzelte dann die Stirn. „Was?“, wollte sie fragen, blinzelte danach und schüttelte sich. Sie löste sich aus ihrer Starre und sah sich um. Sie musste sich erstmal orientieren, denn alles war mit schwarzen Klecksen besudelt und sie hatte gehörig damit zu tun, sich nicht der Länge nach hinzulegen. Madiha schaffte es, sich an der Reling festzuhalten und schaute kurz hinüber ins Wasser. Dort versuchten die beiden Matrosen tatsächlich eine Frau aus dem Wasser zu ziehen. Dem Mädchen klappte abermals der Mund auf, als sie sich fragte, wie zum Geier die Frau ins Wasser geriet. Hier war doch kein Schiff gewesen – oder hatte sie das einfach nur nicht mitbekommen? Ihr blieb keine Zeit sich darüber genauere Gedanken zu machen. Madiha löste sich von dem Anblick, schob ihren Kopf zurück über die Reling und suchte dann das Säbel für Jakub.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Mittwoch 1. Juni 2022, 13:51

Sie wusste nicht recht, was sie tun sollte, um ihm zu helfen. Trotzdem blieb sie nicht tatenlos, sondern unternahm, was ihr gerade einfiel. Also versuchte sie zuerst, einen scharfen Stein zu finden, mit dem sie die Seile aufschneiden könnte. Das gelang ihr bedauerlicherweise nicht, denn einerseits drängte die Zeit und andererseits wirbelten viel zu viele Flossen den Schlamm und Kies des Meeresgrundes auf, sodass sie fast nichts mehr sah.
Mit den Händen indes hatte sie erst recht keine Chance, außer dass sie sich selbst verletzte. Blieb ihr also nicht mehr viel, außer... die Muscheln! Schiffsrümpfe waren meist von allem möglichen besetzt, das an dem Holz freiwillig wie unfreiwillig kleben blieb und mit auf die Reise genommen wurde.
Also schwamm sie hin und gab ihr Bestes, um eine scharfe Kante in die Hand zu bekommen, inklusive einer leichten Verletzung. Gerade noch rechtzeitig konnte sie dafür sorgen, dass Corax die Muschel zu fassen bekam, ehe auch sie auftauchte und hilflos mitansehen musste, wie er und all die anderen Fische in dem Netz hochgezogen wurden.
Was nun? Er würde etwas Zeit benötigen, die er nicht hatte, dessen war sie sich bewusst. Entsprechend ging sie ein großes Risiko ein, indem sie sich selbst als Ablenkung verwendete und laut zum Schiff hinauf rief, was ihr gerade einfiel. Das war zwar nicht das allerklügste oder gar eloquenteste, das sie je in ihrem Leben über die Lippen gebracht hatte, aber... ihr Lehrer mochte ihr verzeihen, denn es war Eile geboten und ihre Situation alles andere als geeignet für spitzfindige Reden.
Tatsächlich erreichte sie, dass ihr einige Kerle von oben entgegen starrten, jedoch bedeutete das nicht, dass der Fang nicht auf die Planken geholt wurde, geschweige denn, wieder im Meer landete. Innerlich fluchte sie und überlegte fieberhaft, was sie noch tun könnte, um ihrem Begleiter zu helfen. Dadurch entgingen ihr vorläufig die gierigen Blicke und erst recht die Worte.
Stattdessen horchte sie auf, weil es an Deck des Schiffes lauter wurde. Schon wollte sie nach Corax rufen, als etwas neben ihr ins Wasser klatschte. Wie bei einem Fisch klappte ihr Mund wieder zu und sie starrte neben sich voller Unverständnis, als sich der Ring aus den Wellen wieder erhob und an ihrer Seite schwamm.
Was sollte sie denn damit? Sie wollte ihrem Begleiter helfen! Schwimmen konnte sie schließlich allein.
Plötzlich zerriss Angriffsgebrüll die Luft und ließ sie abrupt hochsehen. Das Herz sackte ihr gefühlt mehrere Meter tief und sie wurde blass im Gesicht. "Nein!", kreischte sie auf und schlug mit den Händen hilflos gegen die Wasseroberfläche. Hektisch sah sie sich nach etwas um, das sie hochwerfen könnte, um zu helfen, doch da war nichts, absolut gar nichts, das dafür geeignet gewesen wäre. "Tut ihm nichts!", entkam es ihr wimmernd vor Verzweiflung.
Was nur sollte sie tun? Was konnte sie tun?! Auch wenn sie davon träumte, ein Mensch zu sein... oder es einmal gewesen war, im Moment wäre sie außerhalb des Wassers leichte Beute für... nun ja, das wollte sie sich lieber gar nicht erst ausmalen. Im Gegensatz zu ihm könnte sie sich nur mittels ihrer beiden Arme im Trockenen vorwärts bewegen und wäre ihm vielmehr eine Last als eine Hilfe.
Somit müsste sie in der See bleiben und von dort aus agieren. Aber... wie? Der Schiffsrumpf ragte viel zu hoch über ihr auf! Sie müsste schon Wellen entstehen lassen, um ihn fortspülen zu können!
Azura hielt einen Atemzug lang inne und starrte gegen das Holz. Wellen... hohe Wellen... Konnte sie das denn?! Bei diesem Gedanken begann eine Saite in ihrem Inneren zu schwingen, die sie nicht wirklich greifen konnte. Bilder von heißen Quellen, die durch ein Klatschen von ihr übermäßig stark aus einem Becken schwappten, blitzten vor ihrem inneren Auge auf. Und auch ihre Umgebung selbst wurde gerade etwas unruhiger, wenngleich dies noch nicht ausreichte, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Oder gar eine Verbindung zu sich herstellen zu können.
Wenn ihr nur endlich die zündende Idee käme!
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Freitag 3. Juni 2022, 14:38

Noch hatte keiner der Mannschaft der Blauen Möwe ihn angegriffen, wohingegen Corax bereits seine scharfkantige Muschelschale erfolgreich geworfen hatte. Der Matrose würde künftig wohl eine Augenklappe nutzen müssen. Die Sehkraft wäre nur noch einseitig, aber das musste der Bordmedicus entscheiden, sofern das Schiff überhaupt einen besaß. Madiha kannte die einzelnen Mitglieder der Besatzung nicht, so hielt sie sich weiterhin an den Ersten Maat. Jakub Tauwetter aber hatte wenig Zeit, sich nun um seinen "Schiffsjungen" zu kümmern. Er erteilte ihr lediglich die Order, ihm so schnell es ging einen Säbel zu besorgen. Der Mann würde sich der mehrarmigen schwarzen Bestie stellen. Jene hatte sich inzwischen aus dem Wust von Fischen und Fangnetz befreit. Die Tentakel schlängelten sich in reptilihaften Bewegungen zwischen den Meeresbewohnern hindurch, welche wippten und um ihr Überleben kämpften. In dieser Hinsicht hatten sie mit Corax etwas gemein, denn der Halbkraken sah sich ebenfalls bedroht. Und so richtete er seine gesamte Gestalt auf, machte sich größer als er war, indem er seinen Oberkörper mit den drei stärksten Tentakeln seines Unterleibes in die Luft anhob. Die übrigen fünf Fangarme züngelten wie fleischige, schwarzrote Flammen empor, umwaberten ihn und hinterließen so nur einen noch gefährlicheren Eindruck. Aber Corax hatte es im Moment nicht auf die Matrosen abgesehen. Seine Aufmerksamkeit galt nur wenigen von ihnen, nämlich den Männern an der Reling. Jene, die soeben einen ledernen Rettungsring an einem Tau über Bord geworfen hatten. Den Nutzen erkannte der Oktopusmann nicht. Er stieß eine düstere Warnung aus. Madiha ging diese durch Mark und Bein. Niemals zuvor hatte sie ein Wesen wie Corax gesehen. Natürlich hätte sie in Sarma die Möglichkeit gehabt, am Hafen umher zu streunen und der eine oder andere Fang von einem Fischkutter beinhaltete gewiss auch mal einen Achtarmigen. Aber die dort gefangenen Kraken waren stets klein und bei dem Wüstenvolk nicht so beliebt, weshalb sie den Weg auch noch seltener als Delikatesse auf die Märkte der Stadt schafften. Vielmehr verscherbelte ein Fischer die Kraken an die Akademie der Feuerhexe Cassandra. Die Schüler dort konnten die Tinte immer gut gebrauchen und was aus dem Rest des Meerestieres wurde, wussten nur jene, die ihn verarbeiteten. Madiha hatte keine Gelegenheit erhalten, sich näher damit zu befassen. Zu schnell hatte sie der Akademie den Rücken gekehrt und auch jetzt zeigte sie ihre Rückseite, als sie sich den Männern an der Reling zuwandte. Ob es die Hoffnung war, dort an einen Säbel zu gelangen, weil die Männer mit irgendetwas im Wasser beschäftigt waren oder ob da nicht doch die eigene Neugier mitspielte, blieb eine ungeklärte Frage. Der falsche Schiffsjunge wurde ohnehin abgelenkt. Nun konnte sie nämlich sehen, was sowohl sie als auch alle anderen an Bord aus Sicht des Krakenwesens in Frieden lassen sollten.

Schön und viel zu zauberhaft, als dass man sie zwischen den Wellen in den Weiten des Meeres erwarten würde, schwamm dort doch tatsächlich eine Frau im Wasser. Obgleich ihre rotblonden Locken klatschnass wie sie selbst waren, umrahmten sie ihre Gestalt doch auf eine so außergewöhnliche Weise, als hätte sie diese frisch frisiert. Voll und wild schimmerten sie in einem magischen Bronzeton in der Sonne, während winzige Schaumkronen einen Saum aus weißem Bausch um die Strähnen legten, die halb auf der Wasseroberfläche schwammen. Das besorgte Gesicht unter der Mähne besaß eine natürliche Schönheit. Es bräuchte keine kosmetische Zuwendung, um einfach atemberaubend genannt zu werden. Fachkundige würden dennoch ein wenig Rouge und einen dunklen Lidstrich um die Augen empfehlen wie es Sarmaer Männer gern taten, um ihre Sicht vor Wüstensand zu schützen. Auch etwas Rot auf den Lippen würde die Grazie nur untermalen, mit der die Fremde sich präsentierte. In einem dieser viel zu knappen Sarmaer Bauchtanzkostümen mit all den goldenen Kettchen, klimpernden Glöckchen, Mond- und Sternbändern, sowie halbdurchsichtigen Schleiern sähe diese Frau gewiss wie eine Märchenprinzessin aus! Sie trug ja bereist jetzt ein Gewand, das zwischen den Wellen im Sonnenlicht glitzerte. Dass es sich dabei nur um die auf ihrer Haut befindlichen Schuppen handelte, wussten nur Corax und Azura selbst.
Letztere sorgte sich um ihren Begleiter und irgendwo in ihrem Hinterkopf wuchs diese Sorge zu wahrer Angst heran. Bilder lauerten in den Schatten. Erinnerungen an ein anderes Leben oder eine andere Realität. Sie hatte sich schon einmal um ihn sorgen müssen, als ... wie war das noch? Ein Dutzend kleiner, bärtiger Männer hatte ihn so lange getreten und auf ihn eingeschlagen, dass er Tage lang fiebrig in einem Bett verbracht hatte. Und dann war da noch dieser unheimlich Traum von einer jüngeren Version ihres Begleiters - ohne Fangarme, dafür inmitten eines Leichenfeldes, umgeben von den Aas fressenden Todesboten mit den schwarzen Schwingen, deren Schreie dieser kleine Junge als verzweifelte Hilferufe ausgestoßen hatte, bis Dunkelelfen ihn endlich fanden und in die Heimat brachten. Aber auch andere Erinnerungen blitzten durch ihren Kopf, legte sich kurz darauf wie einzelne Wassertropfen, die das Meer in ihr Gesicht spritzte. Azura sah das Blitzen von Nadel und Faden, was ihr immer noch Unbehagen bereiten konnte. Es gab allen Grund zur Sorge. Die Frage blieb nur: Um wen musste sie sich Sorgen machen?
Wie auch immer, die Panik stieg in ihr hoch, ebenso aber auch der Wille, Corax nicht an Bord des Menschenschiffes zurückzulassen. Sie musste etwas unternehmen. In ihrem Inneren staute sich die wachsende Furcht mit einem anderen Gefühl an. Eines, das sie so bisher nicht kannte. Nie zuvor war es so immens und ... ungestüm aus ihr hervorgebrochen. Oder lag es an ihrem Begleiter? Es war so einfach, ihm die Schuld an allem zu geben, deshalb durfte er dort oben nun nicht zu Calamari verarbeitet werden! Sie brauchte ihn. Die Sehnsucht schwappte über sie hinweg wie die erste von mehreren Wellen, welche sich auftümten. Nicht einmal ein Meerwesen wie Azura konnte sich dieser Kraft erwehren. Selbst wenn sie gegen ihre eigenen Mächte anschwamm, besaß sie keine Chance mehr, als das Unerwartete geschah.

Madiha sah es zuerst. Obwohl sie die Augen eigentlich auf einen der Säbel am Gürtel der Matrosen gerichtet und ihre Finger schon danach ausgestreckt hatte, fiel es ihr zuerst auf. Einen Herzschlag später gesellten sich panische Rufe an der Reling hinzu.
"Flutwelle!" "Flutwelle!" "Flutwelle!"
Mehrere Männer brüllten die Warnung in mehreren Sprachen zugleich. Jakub und ein anderer Seefahrer erwiderten die Rufe. Der Erste Maat bellte daraufhin erneut Befehle, doch gegen die Natur konnte der Mensch nichts unternehmen, wenn sie erst einmal erzürnt. Oder lag der Ursprung in etwas - oder jemand - Anderem?
Corax' Augen funkelten Rubinen gleich zu Madiha herüber, aber er schaute durch sie hindurch. Ihr Blick schien ohnehin wie der seine auf das Meer gerichtet zu sein. Im Gegensatz zu ihr baute sich in seinem aber ein breites Grinsen aus. "Jaaaahr", raunte er genüsslich, leckte sich die Lippen und kicherte dann. Er sah den Schatten, welchen die Wellen auf das Deck warfen. Sie waren nun schon fast so hoch wie der Mast, bauten sich aber noch weiter auf und in ihrer Mitte ritt seine Gefährtin mit ihrem blaugrün schimmernden Schuppenleib darauf wie Göttin Ventha persönlich. Das Wasser peitschte ihr Haar, dass es wild in alle Richtungen geschlagen wurde und wie ein brennendes Unheil inmitten all der bläulichen Fluten loderte.
Eine erste, kleinere, aber dadurch nicht minder gefährliche Welle brach sich Bahn. Sie schwappte über die Reling hinweg, um die dort Befindlichen von den Beinen zu reißen. Madiha war auch darunter. Nicht nur der Säbel entglitt ihr, sondern auch das eigene Gleichgewicht. Die Naturgewalt war stärker, schleuderte sie über das Deck und jetzt konnte sie von Glück sagen, ihr Haar abgeschnitten zu haben. Die speckige Kappe wurde Opfer der Fluten und auf der anderen Seite des Schiffes über die dortige Reling gespült. Ein Matrose teilte das Schicksal.
"Mann über Bord!", brüllte jemand gegen das Wellenrauschen an, doch seine Stimme verging in der Kakophonie des Elements. Plötzlich war Jakub wieder an Madihas Seite. Sein haarloser, kräftiger Arm hielt sie umschlungen, riss sie Momente später herum und brachte sie so zurück auf die Beine. "TAUE!", schnauzte er sie geradezu forsch an, aber in seinem Blick stand auch nur alarmierte Sorge. "Binde so viele fest wie du kannst! Dich zuerst!" Er selbst schnappte sich ein am Boden liegendes Seil, dessen Ende mit einem Metallring am unteren Schiffsmast verbunden war. Schon knotete er sich das offene Ende um die Hüfte, demonstrierte Madiha auf diese Weise, was er von ihr erwartete. Dann rief er wieder den übrigen Männern zu: "Sichern! Jemand muss dem Käpt'n Bescheid geben! Weicht einem Kampf auf und geht nicht über Bord. Die Fluten sind nun gefährlicher."
"Ach, glaubst du das?" Mit einem Grinsen so düster wie seine Haut reckte der Krakenmann seinen Leib noch etwas höher empor. Die Wellen, die auch ihn umschwappten, schienen ihn weder zu beeindrucken, noch die gleiche Wirkung auf ihn zu haben wie bei der Mannschaft. Beinahe war es so, als sei Zauberei im Spiel. Corax streckte Arme und einen Teil seiner Tentakel aus. Dann rief er in den Wirbel sich auftürmender Wellen, welche nun sogar schon den Himmel zu verdunkeln schienen: "Erzittert vor der Herrin der Meere!"

Die Welle, auf der Azura ritt, ragte nun fast über das ganze Schiff hinaus. Sie befand sich so hoch oben. Sie konnte den zitternden Matrosen im Krähennest sehen, der eilig versuchte, sich an einem der Seile festzubinden. Die Menschen an Deck wirkten plötzlich klein und ... entbehrlich. So musste Ventha selbst sich fühlen, wenn sie mit einem stürmischen Gemüt Unwetter über Reisende schickte, um ihre Seelen in die Teifen zu reißen. Gottgleiche Macht durchflutete Azura mehr als es die Nässe der Wellen konnte. Und dann überschlug sich ihr elementares Reittier. Ihr Körper musste den Schwung mitnehmen, als die Flutwelle auf das Deck klatschte.
Schreie wurden laut und ebenso schnell vom Wasser erstickt. Nicht wenige riss es über Bord. Wen auch immer die Mannschaft der Blauen Möwe verlor, könnte man erst später herausfinden. Vorausgesetzt, die Herrin der Meere nahm nicht gleich das ganze Schiff als Tribut mit auf den Meeresgrund. Aber es gab auch Einzelne, die dem Wasser standhalten konnten. Corax beispielsweise wurde lediglich von den Fluten umspült. Wo er stand, schien das Wasser nicht einmal halbherzig zu fließen. Es macht sogar einen Bogen um ihn herum, während er die Hände immer höher riss und mit einer Boshaftigkeit lachte, dass es einem eiskalt den Rücken herunterlaufen konnte. Er ergötzte sich an dem Leid der Seemänner, jauchzte auf, wenn wieder jemand von Bord ging und lachte jene aus, die mit aller Kraft versuchten, nicht fortgespült zu werden.
"Erzittert und sterbt!", rief er es gewittergleich in den Himmel hinaus. Spätestens jetzt musste Azura klar werden, dass es nicht nur ihre Wassermagie war, die hier wirkte. Und spätestens sobald sie es merkte, würden ihr und auch den übrigen auffallen, dass die Wellen sich in Blut verwandelt hatten. Tiefrot färbten sie das Deck, die Mannschaft, einfach alle. Und aus ihnen heraus ragte eine Version eines Krakenmannes, der um einiges größer geworden war als zuvor. Seine Fangarme könnten ein kleines Ruderboot umschlingen. Einer davon packte nun sogar einen Seemann, ließ ihn in der Luft baumeln und zappeln, ehe Corax ausholte und ihn wie einen alten Lappen ins Meer schleuderte. Dann züngelten die Tentakel auf's Neue los, um sich weitere Opfer zu suchen. Einer erreichte Madiha Bein und legte sich kalt, aber nicht glitschig, sondern mit enormer Kraft um ihren linken Knöchel.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 6. Juni 2022, 13:56

Angst. Madiha ist früh in ihrem Leben damit konfrontiert worden. Als erstes, als ihre Mutter starb. Als sie als 5-Jährige von ihrem ‚Einkauf‘ vom Markt wiederkehrte, stolz ihren Apfel aß und ihn ihrer Mutter präsentieren wollte. Und sie mitansehen musste, wie ihr Unbekannte den leblosen Körper ihrer Mutter aus der Gasse auf einen Karren verluden, voll mit anderen Leblosen. Madiha sah die Bilder vor ihrem geistigen Auge, als wäre es erst einen Tag her. Der Karren mit ihrer Mutter darauf, der sich unweigerlich von ihr entfernte und schlussendlich ein Ziel fand, das sie nicht kannte. Von jetzt auf gleich war ihre Mutter fort und sie allein. Die Angst konnte sie nicht in Worte fassen, doch seither begleitete sie das Mädchen auf ihrem Weg. Das nächste Mal war, als sie von Caleb abgegeben wurde und in unfreiwillige Dienste trat. Die Angst machte ihnen allen das Leben erheblich schwerer und Madiha brauchte lange, bis sie sich überhaupt an die neuen Umstände gewöhnt hatte. Bis sie dann zu Khasib kam und dort das erste Mal zu ihm gerufen wurde. Die Angst, als sie die Leiche ihrer schwangeren Leidensgenossin sehen musste, als sie zu Khasib kam und dort die Angst übermächtig wurde. Gepaart mit Wut und Verzweiflung, die sich in einen Brand entluden. Madiha wusste was Angst war, als sie Caleb sterben sah und erneut heftete sich die Verzweiflung an sie, wie klebriger Teer. Der Übergriff durch die Männer der Diebesgilde… Sie kannte jede Facette von Angst, glaubte sie und musste doch feststellen, dass sie sich vollkommen geirrt hatte.

Nachdem sie sich von der wunderschönen Erscheinung im Wasser gelöst hatte, fanden die umherhuschenden Augen endlich, was sie suchten: Ein Säbel. Madiha starrte direkt darauf, während der Inhaber dessen sich einzig und allein auf die Frau im Wasser konzentrierte. Kurz überlegte Madiha ob das so klug war, was sie vorhatte, zuckte dann aber die Schultern und streckte die Hand nach der Waffe aus. Mitten in ihrer Bewegung hielt sie inne und blinzelte. Ein Schatten verdeckte ihre Hand und sie glaubte schon, dass es sich dabei um den Träger der Waffe handelte, der sie auf frischer Tat ertappte. Doch Madiha sollte sich irren. Das was da die Schatten warf, war kein zahnloser Matrose… es war eine unverstellbare Flutwelle. Ihre Augen brannten sich regelrecht in das sich auftürmende Wasser, und ihr Herz setzte wirklich für Sekunden aus. Angst. Reine, ungefilterte Angst durchströmte ihren Körper, denn Wasser war etwas, was ihr ohnehin nicht geheuer war. Sie wusste, dass sie nicht schwimmen konnte und auch ohne je etwas über Schiffsunglücke gelernt zu haben, wusste Madiha in diesem Moment, dass die Welle sie alle ins Verderben reißen würde. Vergessen war der Säbel, vergessen der Auftrag. Hier ging es um ihr Überleben! Und um ihre Panik perfekt zu machen, schrien die Matrosen bereits alarmierend ihre Entdeckung. Madiha schaute erschrocken zu den Rufern, sah am Rande nur diese grässlich roten Augen des Krakenmannes, hatte aber keine Zeit davor jetzt auch noch Angst zu haben. Das alles war skurril und ging so schnell, dass sie nicht mal dazu kam, sich wahren Halt zu suchen, als sie auch schon unschön auf ihrer Hüfte landete und ein dumpfer Schmerz sie für Sekunden lähmte. Madiha ignorierte diesen, denn sie ruderte panisch mit ihren Armen, als sie völlig durchnässt am Boden lag. Sie wollte sich zügig auf die Beine stellen, wollte wieder Herr ihrer Lage werden, doch konnte sie nur sehen, wie ihre Kappe sich für immer dem Wasser anvertraute. Ihre Augen waren weit geöffnet, ihr Mund ebenso, was sich gleich als Nachteil erwies, als sie das salzige Wasser einatmete. Sie hustete. Ihr Herz beschleunigte sich noch mal, während das schaurige Lachen des Mannes in der Mitte ihr für immer im Gedächtnis bleiben würde, sollte sie das hier überhaupt überleben. Noch in ihrer Panik gefangen, spürte sie Jakubs Arm, der sie mit Kraft wieder auf die Beine hievte. Sein Schnauzen in ihre Richtung schaffte es, dass Madiha sofort begriff was er wollte. Sie sah ihm zu, als er es ihr vormachte und suchte sich dann ebenfalls ein Tauende. Das Mädchen umschling ihre Hüfte mit dem rauen Seil und versuchte mit fahrigen, zittrigen Fingern einen festen Knoten zu machen. Ihr Herz bebte vor der Angst hier und heute ihr Leben auszuhauchen.

Als sie es endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, geschafft hatte sich das Tau, um die nicht weiter nennenswerten Hüften zu binden, Sah sie sich um und entdeckte die beiden Matrose von der Reling. Nun lagen sie wie zappelnde Fische an Deck und sie griff ein weiteres Tau, um ihnen dieses zu reichen. Wie Jakub ihr aufgetragen hatte, versuchte sie trotz ihrer Angst zu helfen und musste feststellen, dass sie nicht die Einzige war, die Panik hatte. Als neben Jakub’s Stimme noch jemand sprach, hielt Madiha inne und wandte sich dem Krakenmann zu. Er war ein wahres Monster, das sich in all dem Leid ergötzte und schadenfroh auf sie niederblickte. Madiha Angst wuchs und auch ohne die kalte See, hätte sie nun erheblich gefroren. Allerdings fiel ihr just in dem Moment auf, dass er von den Fluten verschont blieb. Madiha stutzte. Doch ehe sie ihrer Erkenntnis eine Tat folgen lassen konnte, ergoss sich die immense Flutwelle über das Schiff und tauchte alle an Deck befindliche Seelen in ein kaltes Grab. Madiha schrie auf, was von den schier endlos wirkenden Wassermassen erstickt wurde. Sie schrie und machte sich klein, als könne das ihr Leben retten, bis sie erneut an Deck gedrückt und von den Fluten umhergewirbelt wurde. Ihr Knoten hielt jedoch und während das Wasser über sie alle hinwegspülte, ruderte sie verzweifelt mit ihren Armen, bis sie mit panisch weitaufgerissenen Augen einige Matrosen verschwinden sah. Dann färbte sich ihre Sicht tiefrot und der Schrecken nahm einfach kein Ende. Blut. Madiha starrte das Ungetüm an und konnte nicht begreifen was hier eigentlich passierte. Wer waren die beiden, die einfach so eine gesamte Mannschaft den Erdboden gleich machten? Und er lachte. Das Monster lachte auf eine Weise wie sie es nie gehört hatte. Das Mädchen kannte die Schrecken, aber das übertraf wirklich alles. Hustend und prustend kniete sie auf dem besudelten Deck, ihre Hände von Blut umspült und musste aufpassen, dass sie nicht erbrach. Der Geruch war widerlich, metallisch und ekelerregend. Und bevor sie sich auch nur einen Moment erholt hatte, nur einen Moment Luft geholt hatte, spürte sie einen gemeinen Druck an ihrem linken Knöchel. Sofort war sie alarmiert und panisch sah sie zurück, um die Ursache dafür zu finden. Als sie erkannte, dass es einer der Fangarme war, der sie da umschlang, setzte der absolute Selbsterhaltungstrieb ein. Sofort begann Madiha nach dem Arm zu treten, sich dagegen zu wehren. Sie setzte sich trotz der fließenden Blutmassen auf den Hosenboden und packte zu, versuchte die Schlinge zu lösen. Das Mädchen bestand nur noch aus Angst. Verzweifelt hielt sie Ausschau nach einer Waffe, doch alles in ihrer unmittelbaren Umgebung war unbrauchbar oder tot. Wo war Jakub? Oder Caleb? Wo war der Dieb? Ob es ihm gut ging? Und als sie spürte, wie sich der Fangarm langsam zurückzog und sie sich mit ihm, schlängelte sich in ihr etwas ihre Kehle hoch, was sie bereits gespürt hatte. Es hatte sich bereits bei der Überflutung angebahnt, doch es ging viel zu schnell. Madiha spürte den Knoten in sich und er würde jeden Augenblick platzen, wenn sie nicht eine Möglichkeit fand, sich zu befreien.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Donnerstag 9. Juni 2022, 14:11

Sie machte sich große Sorgen um ihren Begleiter, obwohl sie davon überzeugt war, dass er durchaus in der Lage war, sich selbst zu verteidigen. Und trotzdem... sie wollte ihm helfen und fühlte sich zugleich absolut machtlos, denn er war auf dem Schiff, sie unten im Wasser und auf den Planken hätte sie vielmehr einen Ballast dargestellt, da sie sich nicht wirklich fortbewegen konnte im Trockenen.
Mit Worten hatte es nicht sonderlich gut funktioniert und doch hatte sie keine rechte Idee, was sie sonst tun könnte. Somit brachte ihr auch das Tau mit der Schwimmhilfe daran nichts, wenn sie diesem einmal einen Sinn hätte zuschreiben können.
Dabei hätte sie den Zauber ihres Aussehens durchaus nutzen können, um die Aufmerksamkeit solange von Corax abzulenken, bis dieser über Bord gegangen wäre. Doch dieser Option war sie sich nicht bewusst, ebenso wenig wie ihrer derzeitigen, optischen Wirkung. War da nicht einmal was gewesen mit schönen, zauberhaften Frauen, die darauf lauerten, unachtsame Matrosen in die Tiefen der See zu ziehen? Ach, alter Seemannsgarn! Obwohl...
Nein, Azura konnte den Gedanken weder vollkommen greifen, noch in Ruhe zu Ende spinnen, um auf halbwegs friedliche Weise ihrem Begleiter endlich zu Hilfe eilen zu können. Stattdessen regte sich etwas anderes, viel unkontrollierbareres in ihr, das wellenartig in Richtung Oberfläche strebte.
Wobei... halt! Nein, es war nicht nur in ihrem Inneren, dass es wie bei einem aufsteigenden Unwetter zu rumoren begann. Auch um sie herum wurde das Wasser unruhiger und schien sich auf etwas vorzubereiten, von dem sie noch keine Ahnung hatte. Sie bemerkte es anfangs noch gar nicht wirklich, zu sehr war sie in ihren Gedanken und versuchte immer verzweifelter, endlich eine Lösung aus ihrem Gehirn herauszukitzeln. Dass sie dabei nicht anfing unterzugehen oder gegen die Bordwand gedrückt wurde, war ihrem derzeitigen Fischinstinkt geschuldet, da sie sich unbewusst so bewegte mit ihrer großen Flosse, dass sie halbwegs an Ort und Stelle blieb.
Solange, bis das Rumoren jene Grenze überschritt, an der die Wellen von aufgebrachter See zu Schlimmeren wechselten. Plötzlich spürte sie eine Kraft, die sie vollkommen unvorbereitet traf und wie die Flut mit sich riss. Azura schrie leise auf und sah sich verwirrt um, während sie höher und höher stieg, als würde sie das Wasser wie eine überdimensional große Hand hoch heben wollen.
Instinktiv griffen ihren Finger zu, um sich festzuhalten, und obwohl das physisch eigentlich nicht möglich sein durfte, hatte sie das Gefühl, als hielte sie Zügel in der Hand, während sie ihre fischige Kehrseite in einer Art Damensattel platziert hatte. Was auch immer hier vor sich ging, es hatte unbestreitbar das Zeug dazu, die gesamte Aufmerksamkeit auf sie und weg von ihrem Begleiter zu ziehen!
Trotzdem hieß das nicht, dass die junge Frau sich sonderlich wohl fühlte oder gar die Kontrolle über diese Welle hätte gewinnen können. Nein, sie empfand sich eher wie eine unfreiwillige Mitschwimmerin, die in eine Strömung gelangt war und sich nun mittragen lassen musste, bis sie einen Ausweg daraus finden könnte... oder der Schwung erlahmte.
Gerade hörte sie Corax' Stimme und wurde von einer wahren, ungezähmten Macht durchströmt, als es auch schon wieder vorbei war. Ein Keuchen entrang sich ihrer Kehle, während sich noch etwas anderes in ihr meldete und mit einem Mal ging es schwungvoll bergab, als die Welle ihren Zenit erreicht hatte und in sich zusammenbrach.
Unsanft war ihre Landung auf den harten Planken und obwohl sie noch Wasser um sich herum hatte, wurde ihr sämtliche Luft aus den Lungen gepresst... oder eher aus der Schwimmblase? Was besaß sie als Mischwesen eigentlich? Womöglich gar beides, da sie sowohl über als auch unter Wasser hatte atmen können?
Nun ja, im Moment konnte sie nichts von beidem, denn der Aufprall war definitiv hart gewesen und aus einer Höhe, bei der auch schon mitunter schlimme Verletzungen passieren konnten. Dabei kam es fast einem Wunder gleich, dass sie sich an keinem anderen Gegenstand stieß oder gar selbst schwerere Wunden zufügte.
Kurzfristig war sie sogar orientierungslos und zappelte hilflos wie jeder Fisch auf dem Trockenen, während sie um Atem rang. Irgendetwas in ihrem Inneren stimmte nicht, das konnte sie spüren, ganz so, als gäbe es da etwas, das dieses viele Wasser, das sie soeben aufgetürmt hatte, nicht vertrug, das im regelrechten Widerstreit damit stand. Ihr war schwindelig und das lag nicht an dem heftigen Schwanken des Schiffes.
Wie auf einer kleinen Insel fühlte sie sich, die Umgebung drang nur gedämpft bis zu ihr durch. Solange, bis sich um sie herum erneut etwas veränderte. Azura konnte es nicht benennen, aber ihr war, als könne sie spüren, dass das Wasser des Meeres eine andere Nuance bekam, noch ehe es sichtbar wurde. Blinzelnd setzte sie sich auf und starrte einen Moment lang verständnislos auf all das Rot um sie herum.
Bis ein Schrei, der abrupt endete, endlich an ihre Ohren dringen konnte und sie aufsehen ließ. Es war vermutlich Zufall, dass sie so gefallen war, dass sie nun ihren Begleiter direkt ansehen konnte und nicht mit dem Rücken zu ihm saß.
Dennoch dauerte es, bis sie zu begreifen begann, dass hier etwas nicht stimmte, dass er zu weit ging. "Hör auf!", wisperte sie und ihre Augen weiteten sich, als sie all das Blut um sich herum wahrnahm, in dem sie beinahe schon schwomm. Seine Größe jagte ihr keine Angst ein, aber sehr wohl das Unheil, in dem sie gerade unfreiwillig badete.
Das gab ihr auch die Kraft, den Kopf zu heben und lauter zu rufen:"Hör auf!" Um tief Luft in ihre malträtierte Lunge/Schwimmblase zu saugen und sich so lange zu wiederholen, bis er sie hören würde:"Hör auf, hör auf, hör auf!"
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Sonntag 12. Juni 2022, 16:27

Schreie erfüllten das Deck der Blauen Möwe. Einige enstanden aus Angst, weil Wellen oder übergroße Tentakel die Rufenden über Bord und in einen qualvollen Tod schleuderten. Wenn das Übermaß an Salzwasser die Matrosen nicht umbrachte, würden es die Kälte der See oder spätestens ihre Kraftlosigkeit tun, wenn sie mit letzten, halbherzigen Schwimmversuchen langsam, aber unter höchsten Qualen ertrinken würden. Kaum eine Todesart konnte man als schlimmer beschreiben, denn selbst Ersticken endete schneller. Lediglich ein Mangel an Wasser wäre ähnlich grausam, denn zu Verdursten fiel ebenfalls unter ein langsames Sterben.
Niemand wünschte sich das. Deshalb schrien nicht nur die, die Angst hatten, sondern auch jene, die noch immer zu kämpfen bereit waren. Sie stellten sich der Bestie aus der Tiefe. Das Oktopus-Ungeheuer musste aufgehalten werden, denn mit jedem Herzschlag, der verstrich, schien es zu wachsen. Sein bösartiges Gelächter übertönte bereits das Rauschen des Meeres und das Donnern der Wellen, die sich wie Gewitterwolken auftürmten, um dann mit voller Wucht über das Schiff herein zu brechen. Dass das Wasser die Farbe von Blut annahm, konnte nur einen magischen oder gar göttlichen Ursprung haben. Aber würde Ventha ihr liebstes Element in einen Fluss aus Blut verwandeln oder war sie gar eine Zusammenarbeit mit dem mordlüsternen Faldor eingegangen? Was hier mit der Besatzung der Blauen Möwe geschah, erinnerte doch eher an Merkmale des düsteren Gottes.
Laut dem prophetenartigen Verkünden der Tentakelbestie war jedoch kein Gott beteiligt. Er machte seine Herrin dafür verantwortlich, die geradezu grazil im Hintergrund auf den Wellenbergen ritt. Ihre Schuppen schillerten, ihr Haar brannte feuerrot, doch niemand konnte die Ästhetik dieses Moments genießen. Nicht, wenn man um sein und das Leben seiner Mannschaft kämpfte.
Auch Madiha befand sich in einem Gefecht. Von Tauwetter, den sie nirgends mehr ausmachen konnte, aufgefordert, so viele Matrosen wie möglich mit Tauen zu sichern, hatten die Wellen sie von den Füßen gerissen. Das war aber nicht einmal das Schlimmste. Ein weicher, dennoch kraftvoller Tentakelarm legte sich um ihr Fußgelenk, um sie näher zu Corax zu ziehen. Es fühlte sich nicht halb so glitschig an wie das blutige Wasser, das sie umschwappte. Madiha befand sich inmitten eines Albtraums. Nichts, was sie all die Jahre in Sarma hatte durchmachen müssen, nicht einmal die Misshandlungen durch Khasib oder seine geladenen Gäste, konnten es mit diesem Schrecken aufnehmen. Und in ihrem Unterbewusstsein flackerte die Gewissheit, dass es hier enden würde. Sie würde sterben. Was sollte sie, das dürre Mädchen ohne nennenswerte Fähigkeiten, schon gegen eine achtarmige Riesenbestie ausrichten? Die Angst fraß sich mit dem metallischen Geschmack der Blutsee in ihre Seele.
Ein vertrauter Schrei weit rechts von ihr lenkte kurz die Aufmerksamkeit auf sich. Der eingebildete Geruch von Zwiebeln drang in ihre Nase, nur um dann von den Wellen zerrissen zu werden - ebenso wie Fischauge. Madiha sah nur noch seine Gestalt, die zwischen den Wellen verschwand. Dann wirbelte das Meer nur noch Teile weißen Stoffes umher. Seine Schürze. Der Smutje war verloren. Der Tentakelarm um ihr Fußgelenk zerrte sie unaufhaltsam über das Deck. Nun war sie an der Reihe.
Angst durchflutete sie. Sie war so rein und ursprünglich wie ihre Instinkte und sie strömte zusammen mit Adrenalin und Blut durch ihre Adern. Aber sie weckte auch etwas in ihr. Wenn ihre reinste Form von Angst ein Funke in ihrem Inneren war, so entfachte er gerade eine unkontrollierte Gabe, die nur auf solche Momente zu warten schien. Jetzt konnte sie ausbrechen, sich entfalten und bedenkenlos wüten, denn schlimmer machen könnte es ihr Überlebenswille in Form elementaren Feuers nun auch nicht mehr. Wie falsch man doch liegen konnte!
Flammen züngelten von Madihas Körper empor. Sie versengten die feinen Härchen auf ihren Unterarmen und züngelten an ihrer Kleidung entlang, um dort Brandflecken und -löcher zu hinterlassen. Kurz nahm sie den Geruch verbrannter Haare wahr, ehe eine neue Welle Salzwasser sie erfasste und es sogar dem Tentakelarm schwer machte, sie festzuhalten. Er schlang sich enger um ihr Bein, denn Madihas magische Hitze hatte ihn noch nicht erreicht. Stattdessen kämpfte elementares Feuer gegen eine Übermacht aus Wasser an. Um das Mädchen herum löste veränderte das feuchte Element seinen Zustand. Eine Blase raus Dampf umhüllte Madiha. Sie befand sich in einem Schutzball aus Nebel und Wasserdampf, der mal kalt und mal heiß über sie hinweg strömte. Ihre Narben schmerzten. Dann ging ein Ruck durch ihren Körper, als ihr Feuer das Tau mit gierigen Flammen auflöste. Nichts widersetzte sich nun mehr dem Zug des Tentakels. Die Bestie holte sie ein wie eine Angel den Fisch. Madiha zappelte zwischen den Wellen, denn ihre Dampfaura ließ nach. Das Feuer ebbte ab, hinterließ sie nur noch erschöpfter als zuvor. Jetzt hatte sie sich sogar auf magischer Ebene verausgabt, obwohl sie es gar nicht wollte. Sie hatte alles eingesetzt, was ihr zur Verfügung stand. Es nutzte nichts. Noch immer rutschte sie über das Deck, wurde Atemzug um Atemzug näher an ihr Ende gebracht. Nichts konnte das Ungetüm noch aufhalten. Es war vorbei.
Madiha sah das aus ihrer Sicht unnütze, sinnfreie Leben ihrer selbst schon vor dem inneren Auge vorbei ziehen. Für einen Moment glaubte sie gar, eine bleiche Knochengestalt in schwarzem Umhang auf den Wellen zu sehen. Die Einbildung hielt sich perfekt auf einem Stück Treibgut und surfte zwischen den überschwappenden Wellen hindurch, wobei sie das Wasser mit einer silbernen Sense teilte. Ein totenbleicher Schädel grinste ihr zu.
Dann verpuffte das Bild, wurde durch neuerliche Schreie zerrissen, die immer energischer und lauter über das Wellenrauschen hinweg brandeten. Die Herrin der See forderte Gehorsam.

Corax genoss den Wechsel der Situation, denn nun saß er am längeren Hebel und zwar mit allen acht Fangarmen. Wie der düstere Herold der Tiefsee verkündete er die Übermacht seiner Herrin und präsentierte sie als das Unheil, das zusammen mit den Wellen über diese wertlosen Menschen hereinbrechen würde. Er betrachtete die bedauernswerten Seelen, wie sie im Wasser um ihr Leben rangen. Es erfüllte ihn mit tiefster Befriedigung, ließ ihn auflachen und nur noch mehr Schaden anrichten. Seine größten Fangarme umfassten den Schiffsmast und einen Teil der Reling. Letztere riss er entzwei, so dass das Wasser noch ungehinderter auf das Deck preschen konnte.
Dass seine Herrin bereits auch auf das Holz gespült worden war, interessierte ihn gerade nicht. Er hatte ihre Herrlichkeit ausgerufen und ihren - oder seinen persönlichen - Feinden das Ende verkündet. Nun badete er in den Fluten, die genauso blutrot wie seine Augen schimmerten und ihn doch nicht berührten. Das Blutwasser zog weite Bögen um den immer massigeren Körper der Oktopuskreatur. Corax spielt mit Leben. Er packte Matrosen mit seinen Tentakeln, hob sie in die Luft und schleuderte sie dann von sich wie ein übermütiges Kleinkind, das seine ersten Wurfkünste ausprobierte. Gerade hatte er sein jüngstes Opfer gepackt - einen Jungen oder Mädchen, dürr und mit halb vernarbtem Gesicht. Er zog es mit einem seiner Tentakel zu sich heran. Widerstand bot nur ein dickes Tau, das dieses armselige Ding um die Hüfte gebunden hatte. Es würde nichts nutzen. Corax würde es mit einem mächtigen Ruck zerreißen. Er jauchzte. Warum nicht das Gleiche mit dem Kind tun?
Sein Innerstes flammte vor Verzückung auf. Dann stutzte er. Auch der Junge - oder war es doch ein Mädchen? - umzüngelten nun feurige Schlangen. Sie wanderten ihre Arme empor, ließen die See verdampfen und verbrannten schließlich ihr Rettungsseil. Corax riss den Kopf zurück. Er lachte. "So dumm, so unsagbar dumm!" Andere Tentakel hoben sich und wanden sich zwischen den Wellen. Amüsiert wollte er sich dem Mädchen erneut widmen, denn was immer sie eben noch entzündet hatte, die Wellen seiner Herrin hatten es erlöschen lassen. Bald würde das Kind Teil der blutigen Gewässer sein und Corax würde seine spitzen Zähne in ihr Fleisch treiben. Mensch schmeckte vielleicht sogar besser als Meeresfrüchte. Er leckte sich bereits die Lippen.
Dann ging ein Schrei über das Deck, der ihn erstarren ließ. Es lag nicht einmal an der Vertrautheit der Stimme oder den Worten selbst. Es war die Tatsache, dass er sich in seinem tiefsten Inneren dazu entschieden hatte, sich der Eigentümerin dieser Stimme nicht zu widersetzen. Ihr Wort war Gesetz. Sie war die Herrin und er ihr ewiger Diener. Ihr Sklave. Ihr Eigentum.
"Hör auf!"
Ihr Befehl überraschte ihn dennoch. Corax senkte einige Tentakel und schaute zu Azura herüber. Seine Herrin lag auf den Planken, nackt und schön in ihrem Schuppenkleid, den Fischschwanz mit seinen halb durchsichtigen Finnen auf dem Deck ausgebreitet wie die Ballkleider, die sie so gern trug. Das Bild einer Prinzessin in einem solchen Kleid mit reichlich Pailletten und einer hochgesteckten, ebenso reich geschmückten Lockenfrisur blitzte durch seinen Geist. Er sah einen goldenen Faden an ihrem Handgelenk, der bis zu ihm hin führte. Er sah sie nackt, menschlich, unter ihm in einem steinernen Becken, gefüllt mit heißem Wasser und ihrer gemeinsamen Lust.
"W-was?", murmelte Corax verwirrt. Er blinzelte. Und dann schrie er vor Schmerz auf.

Kaum dass die Wellen über das Deck hereinbrachen und sich sogar einen Weg durch die Gitterluken in den Laderaum suchten, war bereits ein weiteres, unentdecktes Mitglied des Schiffes auf dem Weg an Deck. Zuvor hatte er sich an einigen Kisten bedient. Zumindest an jenen, die man ohne Werkzeug hatte öffnen können. Leider war bis auf ein Seil nichts Nützliches dabei, von dem er glaubte, dass es ihm an Deck helfen würde. Und eigentlich hatte er gar nich emporsteigen wollen. Er wollte nicht entdeckt werden. Er wollte aber auch nicht, dass ein ganz bestimmter Mensch von Bord ging. Selbst dann nicht, wenn sie ihm klar gemacht hatte, auf seine ständigen Rettungsaktionen verzichten zu können. Sie war ihre eigene Herrin. Sie brauchte ihn nicht. Er hätte in Sarma bleiben sollen, bei einer Frau, die ihn angeblich so sehr vermisste, dass er ihr mit seiner Flucht das Herz gebrochen hatte.
Er eilte die schmalen Stufen nach oben. Er wollte nicht bereuen, sich wie üblich versteckt zu haben, um den Problemen zu entkommen. Er würde ... zunächst einmal von den Wellen zurückgespült. Damit hatte der Wüstendieb nicht gerechnet. Blutiges Wasser! Nach dem ersten Schrecken schaffte er es, sich zurück auf die Beine zu hieven, aber gegen die Flut, die in den Laderaum strömte, kam er nicht an. Selbst wenn er niemandem außer sich selbst helfen wollte, müsste er an Deck. Hier unten würde er zu ertrinken drohen. Das Seil half ihm. Er zückte ein Messer, wickelte es irgendwie darum und warf es mit aller Kraft nach oben. Er brauchte mehrere Versuche, bis es sich an einem nicht sichtbaren Punkt einhakte. Es reichte aus, dass er sich am Seil entlang an Deck hangeln konnte. Was er oben sah, ließ ihn erstarren.
Niemals zuvor hatte er eine Flucht so sehr bereut. Wäre er doch nur in Sarma geblieben und hätte sich dort den Männern gestellt, denen er mehr als ein Dutzend Gefallen schuldig war. Wie sollte er es mit einem Monster aufnehmen, das so riesig, schwarz und inmitten eines Meeres aus Blut war?!
Dann entdeckte er Madiha. Sie hing an einem der Fangarme, wurde stetig von diesem Tentakel über das Deck und auf die Bestie hin gezerrt. Ein Schaudern erfasste ihn. Das war seine Schuld. Er setzte sich in Bewegung.

Der Augenblick war günstig. Die Bestie war durch das Schreien seiner Herrin, den Befehl aufzuhören, abgelenkt. Sie wandte den Kopf um, schaute zu der Fischfrau an Deck und blickte sie fragend an. Dann schrie die Bestie auf, als Corax den zufällig aufgeschnappten Säbel wie ein Hackmesser in das Fleisch des Tentakels trieb, der Madihas Fußgelenk umfasst hielt. Zwei Mal rammte er ihn hinein, ehe sich das Gewebe gänzlich löste. Tentakel besaßen keine Knochen. Er durchtrennte Fleisch und Muskeln einfach. Schwarzes Oktopusblut mischte sich mit dem Rot der See, aber Madiha war frei. Der Wüstendieb Caleb ließ den Säbel fallen, griff unter das Mädchen und hob sie aus dem blutigen Wasser. Im Hintergrund schrie die Bestie vor Schmerz, riss alle Tentakel empor und wirbelte so schwarzes Blut aus seinem Stumpf über Deck.
Caleb lief. Er dachte nicht daran, jetzt anzuhalten, so sehr Madiha sich auch sträuben könnte. Die Wellen rissen ihn nicht mehr von Bord. Ihre Kraft verebbte mit dem Schmerz, der im abgetrennten Tentakel des Ungeheuers anstieg. So schaffte Caleb es, sich und das Mädchen in eine schützende Ecke unterhalb der schmalen Treppe zu bugsieren, die zum erhobenen Heckbereich und dem Ruder führte. Dort quetschte er sich hinen, legte einen Arm um eine der Stufen, damit er nicht plötzlich von einer Welle fortgerissen werden könnte und ließ auch Madiha ab. Er hielt sich aber weiterhin an ihr fest.
"Du hast deine Haare abgeschnitten", war das erste, das er ihr mitteilte. Er grinste nicht. Dafür war die Situation dann doch noch zu brenzlig. "Tut mir leid, ich kann nicht aus meiner Haut. Ich werde dich jedes Mal retten, wenn ich glaube, dass ich es muss. Damit musst du leben." Dann verstummte er, als sich an Deck schon wieder etwas tat.

Corax schrie. Er starrte auf den abgetrennten Fangarm, der an Deck zappelte wie ein Fisch. Dann sah er zu Azura herüber, Tränen in den blurtoten Augen. Er riss den Kopf zurück, schrie erneut und knäuelte sich zu einem Ball aus schwarzen Tentakeln und roten Schuppen zusammen. Dann schrie er erneut auf und stob auseinander. Die Tentakel ließ Corax zurück. Sie explodierten in einem Regen aus schwarzen Federn und heraus flatterte eine Krähe mit rubinroten Augen. Sie schwankte im Flug, konnte sich aber auf den Mast retten. Von dort spähte sie auf das Deck herunter. Nichts deutete mehr darauf hin, dass das Schiff eben noch in einem Meer aus Blut gefahren war. Die Gewässer hatten ihre ursprüngliche Farbe angenommen. Die Wellen schaukelten die Blaue Möwe wieder gemächlich über das Wasser hinweg. Einzig die Zerstörung an Bord und die verlorenen Besatzungsmitglieder zeugten vom Schrecken, der sich ereignet hatte.

"Wer seid Ihr? Was war das?" Jakub Tauwetter. Der Erste Maat des Schiffes, der kräftig, haarlos und streng auf Azura herab blickte, hatte überlebt. Er blutete zwar an der Schulter und seine Kleidung war von den Wellen zerrissen worden, aber er lebte. Ob er Azura das gleiche Schicksal vergönnen würde, stand noch aus. Denn im Moment richtete er einen Säbel auf ihre Gestalt.
Ihre Gestalt. Sie war frei von Fischschuppen. Sie besaß keine Kiemen mehr, keinen Schwanz, keine Finnen. Aber sie war auch frei von Kleidung. Nackt und wieder in ihrer menschlichen Gestalt lag sie an Deck, das nasse Haar bedeckte gerade so ihre weiblichen Attribute. Und Corax konnte ihr nun nicht helfen. Die Krähe mit den Rubinaugen hockte auf dem Quermast, starrte zu Azura herunter und breitete bereits die Flügel aus, um Jakub im Sturzflug attackieren zu wollen, als sie erstarrte. Die Rabenschreie kamen nicht von ihm. Das Kreischen drang aus den Wolken und schon stoben gut ein halbes Dutzend weiterer Krähen auf ihn zu. Sie umflatterten ihren Gefährten, landeten neben ihm auf dem Mast und kreischten ihn an. Zwei von ihnen piekten ihn mit ihren Schnäbeln, während eine dritte Krähe an seinem Flügel zerrte.
Was ging hier nur vor sich? Wenigstens schienen die schlimmsten Schrecken auf Azuras Befehl gehört zu haben.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 12. Juni 2022, 23:35

Nie hätte sich Madiha träumen lassen, dass sie sich irgendwann mal in einer Situation wie dieser befinden würde. Ihr fehlte schlicht die Fantasie für derlei Schauerstücke. Nie hatte sie wirklich viele Geschichten gehört, nie wurde ihr eine Welt eröffnet, die ihre Gedanken auf wilde Reisen schickten. Sie ahnte ja nicht mal, dass es Dinge gab, die eben nicht nur rein praktischer Natur waren. Dass es weitaus mehr in der Welt gab. Weitaus schlimmeres, als das was sie erleben musste. Madiha hielt sich gewiss nicht für den Nabel der Welt oder meinte, ihr Schicksal wäre das Maß aller Dinge, doch ihre Welt war bisher furchtbar klein und eng gewesen. Und sie hatte darin weder Entfaltung noch Offenbarung erfahren, weshalb sie auch nicht ahnen konnte, was es in der Welt um sie herum noch für unwirkliche Schrecken geben konnte. Aber jetzt. Ihr blieb zeitweise nichts anderes, als auf das Untier zu starren. Bewegungslos, von Angst gelähmt und die Augen auf das schwarze Ungetüm heftend. Ihr Verstand begriff nicht. Bis die Wassermassen nicht nur ihren Stand in Nichts auflösten, sondern auch ihre Starre. Madiha landete auf dem Deck und prustete, als ihr etwas Salzwasser in die Lungen geriet. Doch als wäre das nicht bereits genug, spürte sie nur winzige Augenblicke später, dass sich etwas Kaltes, schleimiges um ihren Unterschenkel legte. Die Panik, die das auslöste, konnte sie niemandem beschreiben, es war nackte Angst. Sie spürte den Zug an ihrem Bein, an ihr selbst und sofort versuchte sie sich dagegen zu wehren. Allerdings waren ihre Hände, ihre Beine ihre Kleidung allesamt mit Blut getränkt. Es stank ekelerregend und sie hustete immer wieder. Panisch und den Tränen vor Angst nahe, glitt sie immer wieder von dem Tentakel ab, richtete nichts aus. Dann gellte ein Schrei an ihr Ohr, der sie den Kopf drehen ließ. Ihre Augen weiteten sich abermals, als sie Fischauge in den Fluten verschwinden sah. Ein Stich bohrte sich durch ihr Herz, denn auch wenn sie kaum 3 Sätze mit ihm gesprochen hatte, war es gerade das Vertraute, was ihr schmerzlich entrissen wurde. Sie sah der fleckigen Wäsche des Smutjes nach und konnte nicht verhindern, dass ihr die Tränen plötzlich flossen. Erneut wurde sie daran erinnert, dass sie in aller höchster Lebensgefahr schwebte, als sich ihr dürrer Körper erneut über das Deck bewegte.
Sie spürte das Tau um ihre Hüften und es schnitt sich mehr und mehr ein. Madiha keuchte und spürte den Knoten in sich, der mit jedem Millimeter näher an das Monster heran, zu zerplatzen drohte. Madiha sah ihr Ende gekommen, dieses Mal unwiderruflich und niemand würde es verhindern können. Wie sollte auch jemand sich ihrem Schicksal annehmen, wenn hier jeder selbst zusehen musste, wie er überlebte?! Das Mädchen schüttelte es und sie versuchte sich die aufkommenden Tränen der Panik aus den Augen zu wischen, verschmierte aber lediglich das Blut an ihren Händen. Die Panik wurde zur Hysterie und plötzlich spürte sie, wie sich der Knoten auflöste und etwas in ihr sich befreit anfühlte.
Madiha keuchte auf als sie die Flammen an ihren Armen sehen und vor allem spüren konnte. Sie starrte darauf, roch den verbrannten Geruch, der sich in ihrer Nase festbiss und dort mit der metallischen Blutnote vereinte. Tonlos entkam ein Schrei ihrer Kehle, während sie die neuerliche Welle zu spät kommen sah. Sie duckte sich nur noch dilettantisch, ehe sie erneut umspült wurde und den Halt verlor, sodass sich der Tentakel weiter um ihr Bein legte, um sie festzuhalten. Diese Beute wollte das Ungetüm nicht verlieren. Sie war auserkoren. Doch was Madiha in erster Linie fesselte war diese seltsame Blase um sich herum. Sie starrte auf den dampfenden Nebel um sich herum in dem sie kaum mehr als einige Tropfen Blutwasser abbekam. Sie war so gebannt, dass sie kaum merkte, wie ihre eigene Magie in eine paradoxe Wirkung wirkte: Sollte sie doch beschützen, verbrannte Madiha jedoch das schützende Seil um ihre Hüften und schaffte somit den letzten Rest aus der Welt, der ihr eventuell noch etwas Zeit erkauft hätte. Das Gelächter des Monsters in Schwarz erreichte Madiha’s Seele und sie erschauderte. Egal was er sagte, sie war sich sicher, dass er sie meinte. Dann holte er sie ein, als wäre sie der Fisch, den er sich für das Abendessen mit nach Hause nahm. Diese glühenden Rubine als Augen gaben seiner ganzen Erscheinung noch mal den unheimlichen Schliff. Madiha hatte versagt. Sie spürte das deutlich und so wehrte sie sich einen kleinen Moment nicht mal mehr, als er sie übers Deck weiter auf sich zu zog. Das Mädchen ließ den Blick kampflos wandern und starrte dann auf eine Erscheinung auf See. Sie blinzelte und versuchte tatsächlich zu erkennen, ob sie sich das Gerippe einbildete oder ob dies ein Vorbote ihres Unterganges war.
Das Bild des grinsenden Kopfes weckte in ihr den Kampfwillen. Nein! So schnell nicht. Also kehrte sie wieder zurück an Deck und suchte sich fieberhaft etwas zum Halten.

Egal was es war, und wenn sie einem Toten ans Bein packen musste. Sie wollte sie festkrallen, wollte ihm zeigen, dass dieser Fisch zu zäh wäre, als dass er ihn fressen sollte. Aber Madiha hatte verkannt, welche Wirkung unkontrollierter Einsatz der Magie hatte. Sie fühlte sich mit einem Mal müde und ausgelaugt. Nicht nur weil sie diesem Schrecken ausgesetzt war, sondern auch, weil das Feuer ihr innerstes ausgebrannt hatte. Madiha lag auf dem Rücken und ließ sich durch das blutige Wasser ziehen, kraftlos sich dagegen wahrhaftig zu wehren. Urplötzlich drangen auch an ihren ermüdeten Geist die Worte, die die Meerjungfrau ausrief. Sie wandte langsam den Kopf, versuchte sie zu erhaschen. Madiha lächelte seltsam. Sie war wunderschön und sie schaffte es allein durch ihre Stimme dem Ungetüm Einhalt zu gebieten. Zumindest zog er nicht mehr an ihr, das spürte sie deutlich. Madiha wandte den Kopf wieder ab, schaute in den Himmel und kämpfte sich zurück auf die Ellenbogen, dann auf ihre vier Buchstaben. Kraftlos saß sie einen Moment da, ehe sie die Unterbrechung eigentlich abermals nutzen wollte, um sich irgendwie zu befreien. Doch noch ehe Madiha sich etwas hätte überlegen können, sah sie vor sich den braunhaarigen Schopf des Diebes. „Caleb!“, keuchte sie heiser und zuckte abermals zusammen, als der Dieb in die gummiartige Schlange hackte und das Ungetüm gequält aufschrie. Sofort war wieder Leben in Madiha und sie erkannte den Rettungsversuch. „Caleb!“, rief sie leise und trotzdem glücklich ihn zu sehen. Madiha ließ sich von ihm aufheben und schlang die Arme um seinen Hals. Sie vergrub ihr Gesicht in seiner Schulter und starrte zurück zum Tentakelmann. Der Schrecken saß ihr in den Knochen, das Erlebte nistete sich so sehr in ihrer Seele ein, als dass sie sich ausgerechnet jetzt gegen Caleb wehrte. Nein, sie war froh und sie war dankbar für sein Einschreiten. Sie selbst hätte es nicht geschafft. Sie hatte bereits alles versucht. Madiha ließ sich von ihm absetzen und blickte zu ihm hoch, während er sich gehetzt umsah.
Dann traf sie sein Blick und die ersten Worte ließen ihre Starre des Schreckens klirren. Kurz deutete sich so etwas wie ein versöhnliches Lächeln an, bevor sie wieder ernst wurde und ihm zuhörte. Madiha wollte gerade etwas erwidern, doch die Aufmerksamkeit wurde woanders verlangt: Das Monster schrie auf und Blut spritzte über Deck. Madiha schauderte bei dem was sich abspielte. Sie sah wie gebannt wie sich der Kraken verflüchtigte und nur eine kleine Krähe geradeso auf den Mast fliegen konnte. Man sah ihr deutlich an, dass sie dem ganzen nicht wirklich folgen konnte. Dass sie nicht wusste, wie sie das verarbeiten und bewerten sollte. Sie hatte sich derweil, ohne es wirklich zu merken, in Calebs Handgelenk gekrallt, während sie dem Schauspiel beiwohnte, welches sich bot. Plötzlich war alles vorbei und sie blinzelte. Vorbei war Schauergestalt, tosende Fluten und Gebrüll. Nur die Blaue Möwe schaukelte lädiert von einer zur anderen Seite und stumm lagen die Zeugnisse des soeben geschehenen da. Madiha ließ den Blick langsam wandern. So viele Tote… so viel Zerstörung. Sie spürte einen Knoten in sich, der nichts mit dem Vormaligen zu tun hatte. Die Schockstarre löste sich leicht und sie wurde blass. Ihr Verstand schonte sie dieses Mal nicht, dafür war es zu viel Schrecken, zu viel Leid und zu viel Absurdität. Während ihre Augen noch über das Deck wanderten, sprach Jakub Tauwetter bereits mit der Frau an Deck die maßgeblich an dem ganzen beteiligt gewesen war. Er richtete sogar ein Säbel auf sie und Madiha rutschte in ihrem Versteck etwas näher an die Stufen zum Oberdeck, sodass sie besser sehen konnte. Caleb hatte sie inzwischen losgelassen. „Sie ist ja.. ein Mensch…“, flüsterte sie erstaunt und beobachtete die Szene weiter. Dann krähten hoch oben die Vögel und sie richtete ihren Blick darauf. Stirnrunzelnd betrachtete sie das Gehacke und Gemecker, ehe sie den Vogel mit den roten Augen erkannte. „Wie ist das… das ist doch … er?“, murmelte sie abermals in ihrem Versteck und äußerst leise. Madiha verstand überhaupt nichts.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Mittwoch 15. Juni 2022, 09:23

Das Ganze lief gerade völlig aus dem Ruder. Eigentlich hatte sie lediglich ein Schiff und Hilfe suchen wollen, um endlich wieder ein Mensch werden zu können und aus diesem Traum aufzuwachen, ohne dabei elendig ertrinken zu müssen.
Doch nachdem ihr Begleiter ins Netz von Fischern gegangen war und ihre Worte nichts geholfen hatten, passierten Dinge, die sie lieber niemals erlebt hätte. Dabei hätte das Reiten auf der riesigen Welle für sie durchaus schön sein können, wenn sie nicht dabei das Gefühl gehabt hätte, innerlich zu verdampfen und am Ende äußerst unsanft auf den Planken landete.
Am schlimmsten war es dann allerdings, als sich das Wasser um sie herum blutrot verfärbte. Nein, nicht verfärbte... Ein paar Spritzer gelangten in ihren Mund und hatten einen ungewöhnlich metallischen Nachgeschmack, der ihr die Kehle zuschnürte und ihren Ekel weckte. Hinzu kam dieses schaurige Gelächter eines übergroß gewordenen Krakenmannes, das selbst ihr angst und bange zu werden drohte.
Doch nicht so sehr um sich, schließlich war sie gerade nicht in seinem Fokus, sondern um all die anderen Personen an Deck. Die sie weder kannte, noch unbedingt retten wollte. Aber etwas in ihrem Inneren, eine Erinnerung, machte ihr klar, dass ihr dieses Schiff absolut nichts bringen würde, wenn die gesamte Besatzung im Meer versinken würde. Dann hätten sie umsonst gesucht und Unheil über ihren Fund gebracht. Das und sicherlich noch vieles mehr, denn im Prinzip war sie lediglich verwöhnt, jedoch weder grausam, noch mordlüstern, sorgte dafür, dass sie ein Ende der Qualen forderte.
Trotzdem befürchtete sie, dass er sie nicht hören würde... oder eher, es nicht wollen könnte, sodass sie sich mehrmals wiederholte und mit ihrer Stimme das Tosen der aufgewühlten See erst einmal übertönen musste. Umso überraschter war sie, als es tatsächlich funktionierte, sodass ihr letzter Ruf eigentlich unnötig gewesen war.
Inzwischen hatte sie sich in eine halb sitzende Position aufgerichtet, trotz ihres schmerzenden Körpers, der ihr den Fall aufs Holz nicht sofort verzeihen wollte, und ihn mit ihren Augen zu fixieren versucht. Was bei dem ganzen Drumherum gar nicht so einfach war!
Schon holte sie erneut Luft, um weiter zu sprechen, als sie das nächste Unheil kommen sah. Zwar begriff sie die Gefahr erst im Nachhinein, der verzweifelte, schockierte Ausruf kam ihr dennoch einen Tick für dem Treffer über die Lippen. "Nein!!!"
Doch es war zu spät, sie konnte nicht verhindern, dass ihrem Begleiter Leid zugefügt wurde. Ja, nicht einmal das Hochschwappen des Blutwassers, das ihr unbewusst gelang, war imstande dazu.
So musste sie hilflos mitansehen, wie ihm ein Tentakel abgetrennt wurde, und wandte würgend den Blick ab. Das war dann trotz allem wahrlich zu viel für sie!
Wenngleich es noch nicht das Ende war, denn seine Schreie wurden immer klagender und... schriller? Jedenfalls taten sie ihr gehörig in den Ohren weh, trieben ihr, gepaart mit ihren Gefühlen für ihn, Tränen in die Augen und sorgten dafür, dass sie versuchte, sich davor zu schützen, indem sie sich die Ohren zuhielt. Nur... es half nichts!
Plötzlich hatte sie das Gefühl, als würde sich in ihrem Magen etwas kräftig zusammen knoten und ihr wurde einen Moment lang schwarz vor Augen. Erneut landete ihr Körper unsanft auf den Planken, als seine Magie regelrecht verpuffte.
Das extreme Schreien verstummte zwar, doch ihr schienen immer noch die Ohren zu klingeln, sodass sie die fordernden Fragen nicht wirklich wahrnahm. Wobei... das lag nicht allein an ihrer Hörfähigkeit, sondern auch an dem Umstand, dass sie plötzlich ihre Beine wieder bewegen konnte. Nun ja, diese noch nicht, dazu wäre sie ohnehin kaum in der Lage, so weich vor Angst waren all ihre Gliedmaßen geworden. Aber sie spürte die Kälte über ihre Haut krabbeln wie hunderte kleine Ameisen und wackelte unwillkürlich mit den Zehen dadurch.
Ungläubig richtete sie sich erneut halb auf, obwohl ihr noch immer schwindelte, und starrte auf ihren nackten Körper. War es vorbei? Aber... warum? Und was nun?
Nicht gerade freundliches Gekrächze ließ sie instinktiv den Kopf heben, während sie den Mann mit dem Säbel noch immer nicht wahrgenommen hatte durch ihren Tunnelblick, und musste mitansehen, wie Corax schon wieder in Bedrängnis geriet. "Nein...", wisperte sie und spürte in sich erneut den Drang, ihren Begleiter zu beschützen.
Schließlich war er wegen ihr verletzt worden... oder? Eigentlich hätte er sich bei weitem nicht so aufführen müssen, dann wäre das ja alles nicht passiert! Und dennoch...
"Lasst ihn in Ruhe!", rief sie und obwohl es ihr Schmerzen in ihrem Inneren bereitete, raffte sie ihre verbliebenen magischen Kräfte zusammen, um mit einigen dünnen, halbwegs gezielten Strahlen die feindlichen Vögel anzugreifen.
Doch damit verausgabte sie sich endgültig und sackte danach zurück auf das Deck. So blieb sie auf der rechten Seite liegen, nackt, nass und immer mehr frierend, die geschlossenen Beine angezogen, sodass ihre Blöße nicht sofort sichtbar wäre, und den linken Arm so über ihre Brüste gelegt, dass er gemeinsam mit ihrem Haar hier ebenfalls einen Sichtschutz bot.
Keuchend schloss sie die Augen und musste gegen eine drohende Ohnmacht ankämpfen. Und das, ohne die drohende Säbelspitze vor ihrer Nase bislang überhaupt bemerkt zu haben!
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Samstag 18. Juni 2022, 16:37

Binnen kürzester Zeit war so viel geschehen und nichts davon würde jemand glauben, der nicht Teil des Passierten gewesen ist. Die Wahrheit klang oftmals einfach zu skurril, um sie ernst zu nehmen. Jeder täte das Erzählte garantiert als extrem kreatives Seemannsgarn ab, dabei war es Realität. Tatsächlich hockte der bis eben noch als von einem Blutmeer umtoste Riesenkrakenmann nun in Form einer kleinen Krähe auf dem Quermast der Blauen Möwe. Raben umringten und piekten ihn oder zupften grob an senem Gefieder. Wo die nicht seetauglichen Vögel nun plötzlich herkamen, ließ sich nicht beantworten. Fest stand, dass sie die Krähe in ihrer Mitte nicht besonders gut leiden konnten und allein deshalb musste Azura etwas unternehmen. Statt sich also dem Ersten Maat und seinem gezogenen Säbel zu stellen, schickte sie mit letzter Kraft einige scharfe Wasserpfeile den Mast empor. Die meistne verfehlten den schwarzen Vogelschwarm, aber einige trafen letztenldich doch. Die Raben ließen sich davon nur wenig beeindrucken. Lediglich zwei von ihnen krächzten verärgert auf, legten die Köpfe schief und starrten zu Azura herunter. Dann hackte ein Dritter der rotäugigen Krähe auf den Kopf und sie flatterten allesamt unter heftigem Gekreisch auf. Wie Aasgeier drehten sie ihre Runden über dem Schiff und stießen mehr als tierische Schreie aus. Wer genau hin hörte, vermeinte aus dem Gekrächze das Wort "Hure" heraus zu hören. Die Vögel wiederholten es unablässig und die kleine Krähe reagierte mit motzigem Klackern des Schnabels darauf. Schließlich reichte es dem Tierchen. Es verließ seinen Rettungsbalken, der vor den Raben ohnehin keinen Schutz geboten hatte. Wie ein winziger, schwarzer Schatten stob die Krähe wieder an Deck und huschte unter Azuras rechte Armbeuge, wo sie sich aufplustert und nun wütend den Säbel ankrächzte, der auf die nackte Schönheit gerichtet war.
Azura hatte ihre Kräfte zu sehr beansprucht und sich in eine Ohnmacht gerettet. Bewusstlosigkeit löste nur ihre Probleme nicht. Sie konnte nicht vor ihnen davon laufen. Im Gegenteil, nun war sie Jakub Tauwetter hilflos ausgeliefert. Dieser blickte finster auf sie herunter, ohne auch nur einen Funken Aufmerksamkeit an ihre weibliche Optik zu verschwenden. Mit der Säbelspitze tippte er ihren Arm an.
"Antworte", forderte er sie im Befehlston eines Mannes auf, der es gewohnt war, dass man ihm keinerlei Widerstand leistete. Aber Azura zeigte sich ja nicht einmal rebellisch. Sie war ohne Bewusstsein. Nur die Krähe verteidigte sie mit wildem Gekrächze. Blitzschnell griff Jakub zu. Er packte das kleine Federbündel, hielt es in festem Griff und betrachtete es. "Bist du die Bestie, die einen Großteil der Mannschaft auf dem Gewissen hat?" Er knurrte den Vogel an. Jeder, der den Ersten Maat nun beobachtete, könnte erwarten, dass er der Krähe gleich den Kopf abbiss. Für einen Moment glaubte selbst das Tier daran und zappelte nutzlos mit den Füßen.
Jakub hatte aber eine bessere Idee. Sein Blick wanderte an seiner gefangenen Beute vorbei und zurück auf Azuras Leib. "Du hast sie als deine Herrin des Meeres vorgestellt. Demnach ist sie der Kern der Mächte, die unsere Mannschaft dezimiert haben." Jakub holte aus. Mit reichlich Schwung schleuderte er die Krähe weit über die Reling hinaus. Es waren bestimmt um die 30 oder 40 Meter, die das Vögelchen fortgeworfen wurde, ehe es in der Lage war, die Flügel auszubreiten und mit reichlich Geflatter das Gleichgewicht in der Luft zurückzufinden. In der Zeit hatte Jakub schon zwei Überlebende zu sich gerufen.
"Dogmar, du findest heraus, wen wir verloren haben und ob die verbliebene Mannschaft ausreicht, das Schiff sicher in einen Hafen zu bringen."
"Aye!" Der Ältere der beiden Matrosen schlurfte sofort über das Deck, um nach seinen Kameraden zu schauen. Der andere, ein stämmiger Kerl, wartete artig auf seinen Befehl. Doch zunächst rief Jakub andererorts nach Hilfe.
"BURSCHE!", brüllte er zu der Treppe herüber, unter der Madiha und Caleb sich verschanzt hatten. Er nickte auffordernd. "An meine Seite und den blinden Passagier kannst du auch gleich mitbringen." Jakubs Ton nahm neue Ebenen der Strenge an. Selbst Caleb bemerkte, dass es in dem Ersten Maat mehr als brodelte.
"Selbst unter diesen Umständen hat er bemerkt, dass ich nicht Teil der Mannschaft bin." Er schluckte leer. "Ich bin geliefert..."
"Wird's bald?!" Jakubs Geduld hing an einem seidenen Faden. Caleb gab Madiha einen sehr sachten Stoß, damit sie vor ihm unter der Treppe hervor kam. Er folgte ihr anschließend. Vermutlich wäre er auch jetzt lieber geflohen, doch da gäbe es nur den Weg vom Schiff herunter und diesen hatten schon zu viele Seefahrer in den vergangenen Momenten getan. Einige Tote trieben zusammen mit Fetzen des Segels oder verlorener Fracht auf den nunmehr friedlich Wellen. Niemand, der sich im Wasser befand, rief um Hilfe. Das Blutmeer hatte sie geholt.

Sobald Madiha an Jakubs Seite war, sprach er sie an. Dabei ging er nicht einen Moment auf ihre Erscheinung ein, wenngleich sie ohne Mütze auch mit den gekürzten Haaren nun wenig burschikos aussah. Ihre Gesichtszüge waren zu fein. Nicht einmal die Narben konnten etwas daran ändern. Der fremde Matrose aber war zu geschafft vom Erlebten, um sich darüber nun den Kopf zu zerbrechen und wahrscheinlich würde es allen anderen ebenso ergehen.
"Diese Fischfrau, die nun wieder Beine hat", begann der Erste Maat und deutete mit einem Rucken seines Kinns auf die bewusstlose Azura. "Du wirst dich um sie kümmern. Matrose Briggs bringt sie für dich unter Deck." Jakub pausierte, um dann langsam aber sehr tief durchzuatmen. "Fischauges Kabine steht frei." Er hegte keinen Zweifel daran, dass der Smutje in den Wellen umgekommen war. Um sich nicht von seinen Gefühlen übermannen zu lassen, konzentrierte Jakub sich auf die Aufgabenverteilung. "Briggs bleibt vor der Tür und du bleibst in der Kabine, bis ich hinzustoße. Ich muss mir erst eine Übersicht über das Schiff machen." Er knurrte und ließ den Blick schweifen. "Wo ist der Kapitän?" Jakub erwartete keine Antwort von den Umstehenden. Er fuhr fort: "Falls sie verletzt ist, behandle das. Fischauge dürfte in seinen Schränken sicher ein paar Dinge haben, um jemanden zu versorgen - auch mit Kleidung. Das Weib soll sich anziehen. Ich habe keine Lust, nachher ständig ihre nassen Titten umher wackeln zu sehen."
Caleb unterdrückte ein Prusten. Dafür erntete er den finstersten Blick, den Jakub zu verteilen wusste. Es half. Der ungebetene Passagier verstummte sofort. "Um dich kümmere ich mich gleich. Glaub nicht, dass du so leicht davon kommst, Fremder." Er deutete mit dem Finger über das Deck. "Schiffsjunge." Nach wie vor hielt er sich an Madihas falsche Identität. "Such dir ein paar Seile. Ich will, dass die Fischfrau gefesselt wird, sobald sie angezogen ist. Sie wird die Kabine nicht verlassen. Und kneble sie notfalls, falls sie erneut irgendeinen ... Zauber ... was weiß ich ... falls es gefährlich wird! Und hier zu deiner Verteidigung."
Er griff an seinen Gürtel, zückte ein schmales Messer in einer ledernen Scheide und reichte es Madiha. Den Säbel behielt er. "Hast du schonmal jemanden getötet?"
"Das könnt Ihr nicht von ihr verlang-"
"RUHE!" Jakub zögerte nicht. Erneut holte er aus und verpasste Caleb eine schallende Ohrfeige. Man sah den Abdruck der Seemannspranke über seiner kompletten Wange als rot brennende Konsequenz seiner Aufmüpfigkeit. "Abmarsch", forderte er Madiha auf. Der Matrose Briggs hob unterdessen Azura auf seine haarigen Arme. Er würde dem falschen Schiffsjungen folgen, um die Bewusstlose in Fischauges Kabine zu bringen. Madiha blieb keine Wahl, wenn sie sich nicht auch von Jakub eine einfangen wollte. Eine mögliche Versöhnung mit Caleb musste ebenfalls verschoben werden, denn er blieb an der Seite des Ersten Maats zurück. Sein Schicksal würde das Wüstenmädchen wohl erst später erfahren, wenn überhaupt. Für sie ging es nun erst einmal unter Deck.

Fischauges Kabine war nicht viel größer als jene von Jakub Tauwetter. Tatsächlich ähnelte sie der des Ersten Maats sehr stark. Auch hier gab es eine Nische, in der sich die Schlafkoje des Smutjes befand. Das Bett war nicht so ordentlich gemacht wie bei Jakub, was nun aber auch dem blutigen Sturm von eben geschuldet sein konnte. Wieder gegenüber der Schlafnische existierte eine Wand aus gut verriegelbaren Schränken und Schubladen. Darin bewahrte Fischauge all seine Habseligkeiten auf. Sie gehörten nun niemandem mehr.
Ein an den Boden genagelter Tisch und Stuhl fehlten in der Kabine jedoch. Stattdessen gab es nur einen breiten Sack, der als Sitzkissen dienen konnte. Weich war er nicht und roch streng nach Zwiebeln, dass es die ganze Kabine ausfüllte. Dafür war er schwer genug, dass man ihn nicht festnageln musste. Er befand sich immer noch an seinem Platz unterhalb eines Bullauges. Außen klebte etwas Tang am Glas.
Matrose Briggs ließ Azura auf die Koje nieder. Er deckte sie allerdings nicht zu. Sein Blick für ihre weiblichen Formen war deutlich aufmerksamer als der des Ersten Maats. Allerdings gab er sich der Augenfreude auch nicht so intensiv hin wie man es von einem einsamen Seefahrer hätte annehmen können. Er hatte einen Teil seiner Leute verloren. Er hatte überlebt. Es gab viel zu verarbeiten.
"Sag mir, wenn'de Hilfe beim Fesseln brauchst, Junge. Ich warte draußen." Er tippte sich mit zwei Fingern an die Stirn und verschwand durch die halb ovale Tür. Man hörte, wie er sich außen davor postierte. Nun war Madiha gänzlich allein mit der ominösen Fischfrau, die im Augenblick keine war und die erst einmal wieder zu Bewusstsein kommen musste.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 21. Juni 2022, 08:55

Die Szene wurde nicht besser, als die rotäugige Krähe von ihrem Mast hinuntersegelte und bei der Frau ankam. Madiha’s Augen folgten dem Flug und sie konnte kaum ihre Augen abwenden, so skurril mutete das alles an. Offenbar war die Frau verletzt oder ähnliches, denn sie rührte sich nicht. Doch der Vogel rührte sich an ihrerseits. Als könne er gegen den Hünen von Ersten Maat etwas ausrichten, pickte er nach dem Säbel. Allerdings war Jakub Tauwetter nicht ohne Grund erster Maat. Er war es gewohnt die Dinge im Griff zu haben und das spürte auch das Federvieh. Madiha hielt unbewusst die Luft an, als Jakub den Vogel ergriff. Sie erwartete bereits das Schlimmste, dass sich die Kräfte entfesselten oder wie auch immer das ganze funktionierte, doch alles was entfesselt wurde, war die Krähe von diesem Ort. Jakub schleuderte sie so weit, dass Madiha glaubte, sie würde noch ewig fliegen. Dann kehrte sie jedoch mit ihrer Aufmerksamkeit zurück an Deck. Sie sah dem Matrosen Dogmar dabei zu, wie er begann die Crew zu zählen und erschrak so heftig, als Jakub nach ihr brüllte, dass sie sich den Kopf an der Treppe stieß. Sie rieb sich missmutig den Schädel, als Jakub auch Caleb zu sich bestellte. Madiha wurde blass. Sie wandte ihren Blick dem Dieb zu und sah ihn an, als hätte sie jetzt erst begriffen, dass er hier bei ihr an Deck war. „Caleb…“, schaffte sie gerade noch, als der erste Maat auch schon drängelte. Hätte Caleb sie nicht geschoben, sie hätte vermutlich noch immer stillgestanden. So jedoch ließ sie sich von ihm bewegen und überbrückte die viel zu geringe Distanz zu Jakub. Ihr rauschten die Ohren und der Kopf tat weh. Trotzdem hörte sie angestrengt zu, als er ihr Anweisungen gab. Ihr fiel auf, dass sich Jakub weiterhin an ihre Abmachung hielt und ein kleiner Teil war erleichtert, auch wenn das in Anbetracht der Lage irgendwie deplatziert wirkte. Die Sarmaerin runzelte jedoch die Stirn, als ihr Blick auf die Frau fiel. „Ich..?“, wollte sie ihn fragen, bekam aber nur ein Husten heraus.
Jakub Tauwetter wirkte derzeit nicht wie jemand, der sich gerne unterhalten würde. Dennoch fiel Madiha auf, wie er eine längere Pause einlegen musste, um ihr Fischauge’s Kabine zu überlassen. Madiha empfand tatsächlich kurz Mitleid mit dem Hünen. Sie ahnte, dass Jakub diesen Angriff, nicht nur auf sein Leben, sondern auch auf seine Mannschaft, erstmal verdauen musste. Leider blieb dafür keine Zeit. Sie nickte stumm, zum Zeichen, dass sie alles bis hierher verstanden hatte. Erneut fiel ihr Blick auf die Frau, dann auf Briggs, der offenbar selber noch völlig unter Schock stand. Und was war mit ihr? Madiha schob die Frage in ihrem Innern beiseite, denn plötzlich herrschte Jakub Caleb an, der augenblicklich verstummte.
Madiha sah zu Caleb hoch, sagte aber nichts weiter, denn erneut gab Jakub ihr Anweisungen. Jetzt aber hob sie zweifelnd beide Augenbrauen, als er ihr das Messer entgegenstreckte. Es war Caleb der ihre Gedanken laut aussprach und dafür eine knallende Ohrfeige kassierte. Madiha zuckte unter der Heftigkeit zusammen, als wäre sie Jakub’s Hand selber zum Opfer gefallen. Verstummt glitt ihr Blick zum Dieb empor und sie litt mit ihm mit. Bevor Jakub sie fortschickte, wandte sie sich noch mal an Caleb und wollte ihm etwas sagen als sie auch schon angetrieben von Jakub’s herrischen Laune fortgescheucht wurde. Madiha musste sich geschlagen geben, als sie sich, das Messer in ihrer Hand, umwandte und an Deck nach Seilen Ausschau hielt, um die Bewusstlose zu fesseln. Trotzdem wandte sie sich immer wieder zum Braunhaarigen um und warf ihm sorgenvolle Blicke zu. Sie spürte, dass sie Angst um ihn hatte und das sie gar nicht so wütend sein konnte, als dass ihr sein Schicksal egal wäre. Doch es half nichts, denn Briggs trieb sie weiter und nachdem sie ausreichend Seil gefunden hatte, nahm sie auch schon die Stufen unter Deck.

Hier angekommen stieg ihr gleich ein eigenartiges Gemisch aus Salzwasser, Blut und Zwiebeln in die Nase. Madiha presste sich den Handrücken auf den Mund und versuchte den Geruch auszublenden. Sie wartete gehorsam, bis Briggs die Frau ins Bett gelegt und die Kabine wieder verlassen hatte, ehe sie mit zögerndem Blick im Eingang stand. Die Kabine war der von Jakub nicht unähnlich, das erkannte sie gleich. Allerdings hing hier ein beißender Gestank in der Luft, der sie sofort an den schrulligen Koch erinnerte. Madiha seufzte leise und erinnerte sich dann, dass sie nicht alleine war. Sie räusperte sich, ehe sie sich dem Matrosen zuwandte. Junge…. Er hatte sie Junge genannt, Caleb aber hatte sie als Mädchen beinahe enttarnt, als er Jakub widersprechen wollte. Madiha überlegte, ob er deshalb die Ohrfeige bekommen hatte. Oder vielleicht zusätzlich. Briggs bot ihr seine Hilfe an und sie nickte minimalistisch. „Ich schätze… danke?“, murmelte sie unsicher und sah wieder zweifelnd in die Kabine zurück. Warum sie ausgesucht worden war? Madiha konnte sich gegen zynische Gedanken nicht wehren und wusste, dass sie von allen am Entbehrlichsten war. Wenn die Unbekannte also etwas versuchte, dann wäre der Rest der Mannschaft durch Madiha’s Schaden gewarnt. Es lag nicht in der Natur des Wüstenmädchens, sich irgendwelchen Illusionen hinzugeben und ganz sicher kannte sie ihren Wert in der Welt. Briggs verabschiedete sich stumm und die Tür fiel hinter Madiha ins Schloss. Gefangen… - wir beide, dachte sie noch und schüttelte diesen Pfad ihrer Gedanken wieder ab. Einen Augenblick stand das Mädchen hilflos vor der Frau. Sie war wohl bewusstlos, das hatte auch sie inzwischen erkannt. Madiha konnte nicht anders, als ihre Augen wandern zu lassen. Sie musterte das rote Haar, das vor wenigen Augenblicken noch unwirklich im Wasser aufgeflammt war. Erinnerungen durchzuckten ihren Geist und sie wandte den Blick vorerst ab. Die Sarmaerin versuchte sich abzulenken von den schrecklichen Bildern und widmete sich den Schränken. Jakub sagte, Fischauge hätte etwas zum Anziehen dahaben müssen. Madiha grinste mit einem Mal, denn ihr verarbeitender Verstand gaukelte ihr Unbeschwertheit vor, als er ihr ein Bild von Fischauge in Frauenkleidern zeigte. Dann wurde sie wieder trübsinnig und erinnerte sich daran, was aus dem Smutje geworden war. Allmählich durfrostete sie die Schränke und fand tatsächlich ein einfaches Hemd, so wie eine wenig schmeichelnde Hose.
Es würde sie verhüllen, kleiden aber wohl eher nicht. Madiha erinnerte sich an die viel zu große Hose bei Dunia, als sie der Wanne entstieg. So würde sich die Frau sicherlich auch fühlen. Viel zu weit, viel zu groß. Obwohl… Madiha blickte abermals zur Koje. Ihr graublauer Blick tastete sich langsam von den Haaren zu dem Rest ihres Körpers. Die Rundungen waren ganz anders als bei ihr selbst. Diese Frau war… schön. Schlicht und ergreifend besaß sie neben den weiblichen Attributen eine ganz selbstverständliche Apartheit, die Madiha nie haben würde. Das Mädchen neidete der Schlafenden das nicht. Sie wusste, dass eben jene mit ‚mehr‘ von allem, auch schneller benutzt werden konnten. All die schönen Frauen im Harem von Khasib und all den anderen in Sarma waren das nicht sehr lange. Sie waren beliebt. Beliebt bedeutete aber auch, dass sie sehr schnell verbrannt wurden. Madiha schüttelte sich und somit ihre Gedanken ab. Sie durfte nicht abdriften in ihre Vergangenheit, denn wer wusste, was diese Frau alles anrichten wollte, wenn sie erstmal erwachte. Madiha blickte auf das Seil, welches sie zuvor mitgenommen hatte. Wie um alles in der Welt glaubte Jakub, dass das die Frau aufhalten könnte? Nach allem, was sie soeben gesehen hatten? Das Mädchen blickte auf die Kleidung in ihrer Hand, dann fiel ihr das Messer auf. Sie hatte es noch immer festumklammert und schielte erneut zur Rothaarigen. Eilig ließ sie es verschwinden, indem sie das Messer hinten in ihre Hose steckte und das Hemd, welches leicht lädiert aussah und locker über ihren Körper hing, darüber zog. Dann trat sie näher, zögerlich und vorsichtig. Sie hatte die Kleidung in der Hand und versuchte einen Blick auf das Gesicht der Fremden zu erhaschen. Sie räusperte sich. „Ent... ehm... Hallo?“, machte sie auf sich aufmerksam. Madiha streckte die Hand aus und sah, wie sie zitterte, als sie die Unbekannte sachte an der Schulter berührte. „Ich... ich hab‘ hier Kleidung für dich!“, sprach sie weiter in der Hoffnung, sie würde sie einfach hören. Falls die Meeresschönheit nicht einfach durch ihr Gestammel aus dem Land der Träume gerissen würde, würde Madiha sie selbst anziehen, sodass sie wenigstens nicht mehr nackt dalag.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Dienstag 21. Juni 2022, 13:53

Welches Schicksal Caleb erwartete, würde Madiha nicht oder erst später herausfinden. Derzeit ging es um ihr eigenes, das sich plötzlich mit dieser fremden Frau verband. Nackt und umrahmt von ihrem Haar, das an manchen Stellen gülden zwischen all dem roten Kupfer schimmerte, lag sie noch immer bewusstlos auf dem Bett. Sie fröstelte offensichtlich etwas. Vielleicht würde die Kühle sie ja wecken, aber vielleicht wäre es auch besser, ihre Blöße endlich zu bedecken.
Da Madiha sich selbst ebenso als Gefangene in Fischauges ehemaliger Kabine ansah wie die Fremde, wollte sie sich wenigstens nützlich machen. Es war besser als nichts zu tun. Es lenkte sie von den düsteren Bildern in ihrem Kopf ab, brachte Routine und fast schon Alltag zurück in ihr Leben. Denn in Sarma, als Sklavin, hatte sie ihre "Freizeit" auch immer genutzt, um zu arbeiten. Da konnte man vorgeben, etwas für den Hausherren zu tun, das dringend erledigt werden musste. Somit war man nicht jederzeit abrufbar und er überlegte es sich zwei Mal, ob er nicht eine andere arme Frau zu sich ins Bett zog. Hier würde niemand über Madiha herfallen. Trotz Calebs unglücklicher Formulierung, weil er entsetzt über Jakubs Entscheidung war, schien jeder auf dem Schiff sie nach wie vor als Burschen zu sehen. Der Erste Maat hatte sie nicht verraten. Dafür hatte er sie auserwählt, sich um die unheimliche Frau zu kümmern. Madiha konnte nur hoffen, dass sie beim Erwachen nicht die Kabine unter Wasser setzte. Oder schlimmer noch: Blut.
Vielleicht wäre sie gnädiger zu ihr, wenn sie etwas gegen ihre Nacktheit unternahm. Sie besaß nun Menschenbeine, also bräuchte sie auch einen Rock oder eine Hose. Ihrer grazilen Statur, der feinen Haut und fehlenden Schwielen an den Fingern nach zu urteilen wäre elegante, gehobene Kleidung passender gewesen, aber hier waren sie beide nun einmal. Sie befanden sich auf einem Schiff, auf dem man keine noble Kleidung erwarten konnte. Weiterhin befanden sie sich in der Kabine des einstigen Schiffskoches. Madiha konnte von Glück behaupten, dass sie saubere Kleidung fand, die nicht nach Fett oder Zwiebeln roch. Tatsächlich hatte sie Erfolg. Hemd und Hose waren schlicht, der Schnitt auf einen Mann geprägt, aber um sich zu verhüllen würde es ausreichen. Jetzt blieb nur noch die Frage im Raum stehen, ob sie die Fremde anrühren und anziehen sollte oder lieber wecken. Madiha versuchte es mit vorsichtigen Worten. Sie erhielt eine Reaktion darauf, allerdings kam diese nicht sofort und nicht von der Frau. Etwas Anderes geschah.

Tock. Tock. Tock.
Es kam seitlich von ihr. Es war ein sachtes Hämmern, als klopfte jemand mit einem stumpfen Nagel auf Glas. Dann drang es wieder an ihre Ohren, dieses Mal etwas energischer.
Tock! Tock! Tock!
Es nahm an Geschwindigkeit zu, bis es sich in ein nervtötendes, stetiges Klackern verwandelte, das sie unmöglich ignorieren konnte. Ein Blick zum Bullauge gab Aufschluss, was hier geschah. Es war die kleine Krähe mit den blutroten Augen. Jene Krähe, die zuvor ein gruseliger Riesenkrakenmann gewesen war, der mordlüstern aufgelacht hatte, während Fischauge von den Fluten verschlungen worden war. Jener Mann, der seine Herrin angekündigt und angepriesen hatte wie das Letzte, was der Mannschaft der Blauen Möwe vor ihrem Ende noch gezeigt würde. Für einige hatte es sich als die Wahrheit entpuppt und wäre Caleb nicht eingeschritten, hätte dieser Mann auch Madiha in den sicheren Tod geschleudert.
Die Krähe hämmerte noch immer gegen das Glas des Bullauges. Sie selbst hockte auf dem breiten Außenring des Rahmens. Madiha konnte sehen, dass dem Vogel die Federn ordentlich zerrupft worden waren. Außerdem fehlte ihm am rechten Fuß eine Kralle. Das Tier blutete. Trotzdem achtete es nicht darauf. Es klopfte fordernd gegen das Glas und würde wohl keine Ruhe geben, solange Madiha das runde Guckfenster nicht öffnete.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Dienstag 21. Juni 2022, 14:33

Bewusstlos zu sein, in die alles schluckende Schwärze gehüllt zu werden, kannte sie bereits. Es war nicht das erste Mal und schon gar nicht in der letzten Zeit und dennoch war es jedes Mal etwas anderes. Immerhin hatte sie ihr letztes gegeben, um ihrem Begleiter ein wenig helfen zu können, nachdem er von einer Überzahl an Raben angegriffen worden war.
Viel war es nicht mehr gewesen und so sank sie geschwächt in sich zusammen, die Bedrohung auf zwei Beinen vor ihr blieb unbemerkt. Schutz- und hüllenlos lag sie an Deck und musste geschehen lassen, was immer man mit ihr vorhatte. Sie bekam weder Corax' klägliche Versuche, sie zu verteidigen, mit, noch den Umstand, dass sie weggeschafft wurde.
Na, immerhin warf man sie nicht über Bord, sodass sie elendig ertrinken würde! Stattdessen wurde sie eine Treppe hinunter gebracht in einen kleinen Raum, der Beklemmungen in einem wachrufen könnte. Sofern nicht zuvor der Ekel über den Geruch und die Unsauberkeit alle Sinne erfassen würde.
Noch wurde Azura davon verschont, denn ihr Geist weigerte sich kurzerhand, in die Wirklichkeit zurück zu kehren. Stattdessen quälte er sie damit, indem er sich noch einmal an einige Momente in ihrer nahen Vergangenheit erinnerte, die sie erst durchstanden hatte.
Da waren Szenen aus Andunie, von ihrer Flucht, von einem anderen... Schiff. Oder besser gesagt, von zweien, dem einen mit der unglaublichen Sicht auf die Unterwasserwelt und dem anderen mit dem furchtbarsten, was einer Frau passieren konnte. Dann wiederum erlebte sie sich erneut mitten durchs Meer schwimmen, durch Wasserblasenstrudel tauchen und schlussendlich einem überdimensionalen Kraken, dessen Lachen ihr durch Mark und Bein ging.
Bis ihre Erinnerungen anachronistisch zurück kehrten zu einem Becken, gefüllt mit heißem, dampfenden Wasser, das durch zwei glühende Leiber in Bewegung versetzt wurden, um schlussendlich einem Geysir ähnlich zu explodieren. Als das hochschießende Nass in sich zusammen sank, wurde es dunkel um sie herum, bis nur noch ein goldener Faden samt Nadel übrig blieben, als wollten sie nie wieder verblassen und für ewig ihren Blick bannen.
Während ihre Seele sich mit solchen inneren Bildern und deren Bedeutung auseinander setzen musste, weil sie nicht mehr dank Ablenkung davor fliehen konnte, wurde ihr Körper zusehends unruhiger. Ihr Kopf rollte hin und her, sie gab mal leisere, mal lautere Geräusche von sich, schmatzte hin und wieder gar, und auch ihre Gliedmaßen zuckten.
Es wurde stärker und irgendwann war es sogar ein Stöhnen, das ihr über die Lippen kam, just in dem Moment, in dem ein fremdes Mädchen versuchte, ihren Leib in Kleidung zu stecken. Das hätte sie besser nicht so rasch getan, denn Azura drehte sich und würde, sofern die andere nicht rasch genug auswich, einen Arm zwischen ihren Oberschenkeln gefangen nehmen. Zeitgleich würde ihr eigener, oberer Arm sich ausstrecken und sich um einen weiteren Körperteil schlingen, um die Wärme gegen ihre noch bloßen Brüste zu drücken und so mehr davon aufnehmen zu können.
Nur aufwachen, das würde sie noch immer nicht. Was vermutlich auch besser wäre...
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 21. Juni 2022, 21:57

Ihre Worte halfen nichts. Madiha blickte auf die zarte Frau und biss sich auf die Unterlippe. Unsicher trat sie von einem auf den anderen Fuß und haderte noch mit der Frage, ob sie sie einfach anziehen sollte. Doch bevor sich Madiha darüber im Klaren werden oder anderweitig Abhilfe gegen die Kälte schaffen konnte, wurde ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt. Madiha, die Kleidung verkrampft in der Hand, sah über ihre Schulter zur ovalen Tür. Klopfte Briggs? Oder war es bereits Jakub, der sich noch zu ihnen gesellen wollte, laut seiner eigenen Worte. Stirnrunzelnd zuckte das Wüstenkind zusammen, denn sie hatte ja noch nicht mal die Hälfte seiner Anweisungen befolgt! Ihr Herz klopfte, bis sie erkannte, dass das leise Klicken nicht von dem Zugang zum Reich des einstigen Koches kam. Madiha hatte dem Fenster den Rücken zugewandt und blieb unschlüssig, woher das Geräusch kam. Plötzlich aber raschelt es neben ihr und sofort ruckte ihr verkürzter Schopf zur Koje zurück. Die Frau bewegte sich, was Madiha einen Schritt zurückweichen ließ. Ihr Herz begann wieder zu klopfen und als könnte die Kleidung in ihren Händen auch nur ansatzweise etwas schlimmes verhindern, hielt sie sie höher als wäre sie ein Schild gegen Schwerthiebe. Dann klackerte es abermals und erst jetzt bemerkte sie, dass es sehr viel feiner als ein Klopfen klang. Tock. Tock. Tock. Madiha stutzte.
Sie erstarrte in ihrer Bewegung und blinzelte einige Male zur Fischfrau, die sie dennoch nicht richtig sah. In ihr stieg eine beängstigende Vermutung empor und nur langsam wandte sie den Kopf, um in Richtung des Bullauges zu sehen. Das Mädchen zuckte so heftig unter den roten Augen der Krähe zusammen, dass sie doch tatsächlich über den Sitzsack stolperte und hinfiel. Angsterfüllt starrte sie zum Fenster und hatte kurz das Gefühl, dass das Glas des Ausguckes Risse bekam. Ihr Blick rutschte zur Frau im Bett, die sich erneut rührte. Madiha’s Herz klopfte wie wild. Was wenn sie erwachte, was wenn er hereinkam?! Ihre Ohren rauschten zum tausendsten Mal in ihrer kurzen Zeit in Freiheit. Madiha starrte erneut zur Krähe die unablässig gegen das Glas pickte. Wollte sie etwa rein?! Natürlich… Sie wollte zu ihrer Herrin, der Göttin des Meeres, oder wie war das?! Madiha schluckte trocken und wagte es nicht, aufzustehen. Noch immer saß sie auf dem Hosenboden, die Kleidung auf der Erde, nach wie vor festhaltend und sich mit beiden Händen links und rechts ihres Pos abstützend. Dann zuckte das Bild der Krähe vor ihrem geistigen Auge auf, wie sie versuchte die Bewusstlose vor Jakub zu schützen. Es ging ihr nahe, denn auch die Frau hatte versucht, dem Wesen die Haut – oder besser die Federn – zu retten, bevor sie erschöpft zusammengebrochen war. Unschlüssig sah Madiha zwischen Frau und Vogel hin und her. Was war es, dass sie einander nicht aus dem Weg gingen? Und was würde geschehen, wenn sie die beiden vereinen würde? Madiha hatte keine blasse Ahnung von Magie. Dass sie selbst welche besaß, wusste sie nicht wirklich oder glaubte besser gesagt nicht daran.

Doch sie hatte kein gutes Gefühl dabei, die beiden jetzt zu vereinen. Das Mädchen schüttelte auf einmal den Kopf, als würde die Krähe auf eine Antwort von ihr warten. „Nee.“, machte sie schlicht und schüttelte abermals den Kopf. „Nee, das wird nichts.“, sagte sie abermals, als würde es jemand interessieren. Damit rappelte sie sich umständlich auf und hob die Kleidung auf. Sie ignorierte die Krähe am Fenster einfach, ging entschlossen zur Koje und begann, der Frau die Hose anzuziehen. Sie schmatzte plötzlich, sodass Madiha kurz innehielt und sich nur binnen Sekunden in einer äußerst seltsamen Situation wiederfand. Noch seltsamer, als von einer Krähe gebeten zu werden, ihr das Fenster zu öffnen. Die Rothaarige hatte sich so gedreht, dass Madiha plötzlich mit ihrem Arm zwischen ihren Oberschenkeln festsaß. „Was zum…?!“, stieß das Mädchen aus und zog an ihrem Arm. Sie wurde energischer, doch plötzlich griff die junge Frau in ihrem Schlaf nach dem Mädchen, erwischte unglücklicherweise ihre Schulter und zog Madiha beinahe mit in die Koje. Diese wehrte sich jedoch dagegen und so hing sie, irgendwie an die Brust der Meeresschönheit gedrückt und mit dem Arm eingeklemmt auf dem Boden vor dem Bett. Madiha blinzelte. „Ich glaube ich spinne?!“, stieß sie aus und ruckte noch mal, um sich von der Anderen zu befreien. Ihr Blick glitt zum Fenster und sie seufzte leise. Wieso eigentlich sie? Doch Madiha war es so gewohnt, keine Hilfe zu erhalten, dass sie den Matrosen vor der Tür völlig vergessen hatte. Sie zerrte und zog an ihrem Arm und ihrem Körper, bis sie sich endlich von der Frau befreien konnte und erstmal durchatmen musste. Noch immer klopfte der Vogel gegen das Glas. Sie schloss die Augen, bis sie auf die Beine kam und zum Fenster ging. „Hör auf damit! Ich lass dich nicht rein! Ich bin doch nicht lebensmüde!“, herrschte sie ihn an, ohne zu wissen, ob er sie hören oder gar verstehen konnte.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Freitag 24. Juni 2022, 06:04

Die kleine Krähe hockte auf dem äußeren Fenstersims des Bullauges. Energisch pickte sie immer wieder gegen das Glas. Es half nichts. Das Mädchen im Inneren der Schiffskabine ignorierte sie. Verärgert hämmerte der Vogel nur noch kräftiger mit der Schnabelspitze gegen das Fenster. Bullaugen besaßen sehr massives, dickes Glas. Des Weiteren unterstützte ihre Form das Material zusätzlich. Es konnte sehr vielem Stand halten und das musste es auch. Wellen schlugen oftmals mit sehr brachialer Gewalt gegen ein Schiff, wenn Sturm herrschte. Einen wütenden Vogel hielt das Material folglich mehr als mit Leichtigkeit aus. Das machte die Krähe beinahe wahnsinnig.
Plötzlich aber unterbrach sie ihr tockendes Gehämmere. Sie verharrte. Dann neigte sie den Kopf, um mit einem ihrer tiefroten Augen besser in das Innere des engen Raumes zu schauen. Dabei presste das Tier den Kopf so dicht gegen das Glas, dass es einige der zerzausten Kopffedern wieder in Form drückte. Es schaute genau hin, was in der Kabine vor sich ging.
Da lag das Subjekt ihrer Begierde, nackt und schön wie die celcianischen Götter sie geschaffen hatten. Seine Herrin der Meere, so hatte die Krähe Azura bezeichnet. Soeben spreizte sie einmal die Schenkel ein wenig, aber das war nicht der Grund, dass sich ihr gefiederter Ergebener beinahe den Schnabel platt drückte. Vielmehr war es, was folgte. Azura klemmte den Arm der fremden Gestalt - Junge oder Mädchen, fragte sich die Krähe - zwischen ihren Beinen fest. Ein Schaudern ging durch das Gefieder. Der Arm wäre nun sicher ganz warm, vielleicht hinterließ seine Herrin sogar eine Spur glänzender Feuchtigkeit auf der fremden Haut. Wäre die Krähe ein Hund gewesen, sie hätte sich die Schnauze geleckt und anschließend mal probehalber geschnuppert. So aber glotzte sie nur durchdringend in den Raum hinein.
Die Fremde versuchte, sich zu befreien. Sie schabte mit dem Arm an Azuras Schoß entlang. Der Krähe entkam ein Japsen. Dann schoss das Blut der Eifersucht durch ihren kleinen Vogelleib. Sie breitete die Flügel aus, hüpfte und sprang auf dem Sims umher und krächzte wie eine ganze Schar ihrer Artgenossen. Dazwischen klopfte sie wiederholt gegen das Glas des Bullauges.
Tock. Tock. Tock. Tock! Tock! Tock! TOCK! TOCK! TOCK!
Sie konnte sich gar nicht beruhigen. Was fiel dieser fremden Schnepfe oder diesem unbekannten Burschen bloß ein, seine Herrin dort zu berühren?! Und warum ließ sie/er das Vögelchen nicht hinein? Die Krähe musste an die Seite ihrer Herrin! Sie musste! Das Krächzen hob weiter an. Wie Wellen toste es nun gegen die Fensterfront der Schiffskabine. Das Glas hielt weiterhin Stand, aber was draußen vor sich ging, nahm an Intensität weiter zu. Außerdem bewies der Vogel, dass er mehr als laut sein konnte. Wo sich nämlich niemand auf Madihas Worte bisher gemeldet hatte, da tönte Briggs' kräftige Stimme nun von der anderen Seite der Kabine durch das dicke Holz der Tür.
"Heda, Junge! Ist alles in Ordnung da drin? Brauchst du Hilfe?"
Eine knappe Pause entstand, in der Madiha antworten konnte. Dann drangen wieder Geräusche von der anderen Seite ihrer Kabine an ihre Ohren. Dieses Mal war es so laut, dass es wohl selbst Azura aus der Bewusstlosigkeit reißen könnte, falls dies nichts längst geschehen war. Vor dem Bullauge hatten sich neben der Krähe nun einige schwarze Ratten auf den Sims verirrt. Statt aber mit ihren Pfoten unterstützend gegen das Glas zu hämmern, griffen die Tiere die kleine Krähe an. Sie bissen und zerrten an ihr, dass ein schwarzes Knäuel aus Federn und Fell entstand. Das Krächzen des Vogels wandelte sich von aggressiv zu Hilfe suchend. Da schien das Bullauge nun doch nachzugeben. Zwar brach das Glas nicht, aber wie durch Zauberhand zerbarst die Verriegelung und das Fenster schwang nach innen auf. Mit lautem Getöse sauste die Krähe in den Raum hinein, flog eine Runde und dotzte dann mit voller Wucht gegen das Fensterglas, um das Bullauge wieder zu schließen. Die Ratten auf dem Sims quiekten, stoben auseinander und eine sprang sogar ins Meer. Im nächsten Moment waren sie verschwunden. Das Fenster klappte langsam wieder auf, ließ einige Tröpfchen der Wellen in den Raum hinein.
Die Krähe trippelte mit wankenden Schrittchen über den Kabinenboden, bis die Benommenheit nachließ. Anschließend flatterte sie mit einem beherzten Sprung in die Luft und flog unter Azuras Armbeuge, wo sie unter leisem Krächzen den Kopf gegen ihre Brust drückte. Doch das war noch nicht alles. Die Krähe wuchs. Sie wurde größer und länger, verlor Federn und plötzlich lag in Azuras Armen ein kleiner Junge, die Haut schwarz wie Obsidian, aber die Augen nach wie vor blutend rot. Spitze Ohren ließen auf die elfische Herkunft schließen. Das Kind klammerte sich an Azuras Leib, umarmte sie und suchte nach Schutz. Dabei wimmerte es Herz zerreißend: "Mama. Mama!"
Dieses Bild hielt sich einige Wimperschläge. Schließlich fiel auch die Gestalt des Kindes von dem Rotauge ab und übrig blieb, was Azura zumindest oberhalb der Gürtellinie schon einmal so gesehen hatte. Der Halbkrakenmann war wieder da. Jetzt hatte auch er vollends eine humanoide Form. Seine Beine hingen halb aus dem Bett, aber er weigerte sich, den Körper seiner Herrin loszulassen. Er schmiegte sich an sie, vergrub sein Gesicht an ihrer Brust und ignoriert dabei völlig, dass Blut von dem fehlenden kleinen Zeh seines rechten Fußes auf den Dielenboden tropfte.
"Soll ich nun reinkommen oder nich', Junge?", rief Briggs von jenseit der Tür wieder.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Samstag 25. Juni 2022, 10:00

Zwar war ihre Ohnmacht mittlerweile nicht mehr ganz so tief wie an Deck, jedoch bedeutete das zugleich nicht, dass sie bereits aufgewacht wäre. Stattdessen arbeitete ihr Unterbewusstsein eifrig und ließ sie wie in einer raschen Bilderabfolge noch einmal teilweise erleben, was sie hinter sich hatte seit dem Überfall auf ihre Heimatstadt.
Zuerst noch chronologisch, bis es ausgerechnet dort endete, was sie am meisten beschäftigte, weil so viele intensive Gefühle damit verbunden waren. Zu dieser Zeit wurde auch ihr Körper aktiv, der sich ebenfalls nach Berührungen zu sehnen begann. Und es war jemand in der Nähe. Als ob sie es spüren würde... oder ob es lediglich dem Zufall geschuldet war, es war unerheblich, denn das Ergebnis blieb das Gleiche.
Zuerst klemmten ihre Beine einen schmalen, langen Arm ein und dann zog sie die nahe Wärmequelle an ihre nackte Brust. Aber im Gegensatz zu ihrer Erinnerung wehrte sich der Leib und durch diese ruckartigen Zuckungen begann das Bild vor ihrem inneren Auge zu verblassen.
Allmählich wachte sie auf, als auch ein forderndes Klopfen immer mehr bis zu ihrem Geist durchdringen konnte. Und als dann eine Mädchenstimme erklang, war es mit Azuras Wegtreten endgültig vorbei.
Mit einem leisen, gequälten Stöhnen fingen ihre Lider an zu flattern und eine gute Sekunde später hoben sie sich langsam an. Noch war ihr Blick verschwommen, wie als würde sie durch Milchglas sehen müssen, sodass sie ein paar Mal blinzelte, um diesen Umstand zu korrigieren. Das klappte auch allmählich, dennoch fand sie sich erst einmal nicht zurecht.
"Wo...?", murmelte sie fragend und wollte sich aufstützen, um sich in eine sitzende Position zu drücken. Was gar nicht so einfach war, denn der Untergrund gab durch diese Belastung etwas nach und spannte dafür an anderen Enden. Das verwirrte sie, wodurch sie sich erst einmal darauf konzentrierte herauszufinden, wo sie sich nun befand. Denn die Holzplanken des Decks waren das definitiv nicht!
Ihr Geist arbeitete noch relativ langsam, weswegen es dauerte, bis sich ihr Kopf zu drehen begann, hin zu dem Lärm, der vom Bullauge kam. Dort befand sich ein mageres Bürschchen und verdeckte mit seiner Gestalt den Blick hin zu der Geräuschquelle. Hinter ihrer Stirn arbeitete es und sie versuchte, ihre Position so zu verändern, um endlich etwas entdecken zu können.
Gerade kam ihr der Gedanke, dass es sinnlos war und sie womöglich besser daran täte, einfach aufzustehen, als das Bullauge aufsprang. Gemeinsam mit viel Getöse kam auch kalte Luft und Wasser herein, wovon sie einige Spritzer trafen. Fröstelnd zog sie die Schultern hoch und schlang die Arme um ihren nackten Oberkörper.
Das Gefühl von Stoff fehlte und während ihr Begleiter, den sie bislang nicht entdeckt hatte, noch taumelnd nach seinem Gleichgewicht suchte, sah sie an sich herab. Die Erkenntnis, dass sie vollkommen nackt war, traf sie wie ein Schlag. Zuerst wurde sie blass, dann lief sie puterrot an und japste nach Luft. In diesem Moment drängte sich ein gefiederter Leib in ihre Armbeuge, doch das nahm sie kaum wahr.
Stattdessen hob sich ihr Kopf und sie fixierte den Burschen mit einem Blick voller echter Empörung. "Was hast du...?", setzte sie zu ihrer Beschwerde an, da sie davon ausging, dass dieser fremde Bengel diesen Umstand bislang nicht korrigiert hatte, sondern glotzen und sonst was mit ihr tun wollte.
Doch sie brach verwirrt ab, als sie das Gewicht in ihrem Arm spürte und fremd klingende Laute an ihr Ohr drangen. Irritiert blinzelnd sah sie an sich herab auf das Kind, das sie plötzlich hielt.
"Was zum...?!", murmelte sie und entdeckte die so vertrauten, roten Augen. Bevor ihr allerdings die Erkenntnis kommen konnte, wuchs dieses Wesen weiter heran zu jenem Mann, den sie kannte und der ihr trotz aller Widrigkeiten das Herz gestohlen hatte. Dieses wummerte jetzt auch heftig, während er sich an sie klammerte, als wäre sie die Einzige, die ihn jetzt retten könnte.
Und war es nicht so...? Hatte sie sich nicht bis zum Letzten verausgabt, um ihm auf die Entfernung hin zu helfen? Ja, nachdem er...
Die Erinnerung kehrte mit voller Wucht zurück und fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube. Alles krampfte sich in ihr zusammen, inklusive ihrer Kehle, was vermutlich ganz gut so war. Denn dadurch konnte sie im ersten Moment nichts sagen, keine Vorwürfe machen und ihn somit nicht sofort wieder provozieren.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 26. Juni 2022, 01:24

Sie saß fest. Madiha starrte der nackten Brust der Fremden entgegen, als jene sich so unglücklich gerührt hatte, dass sie plötzlich eingeklemmt war. Die Sarmaerin hielt im ersten Moment die Luft an und starrte auf die nackten Tatsachen. Ihr Herz sank ihr in die Hose. Instinktiv versuchte sie sich zu befreien und zerrte an ihrem eigenen Arm. Das schrille Klicken gegen das Bullauge wurde lauter, drängender. Madiha warf einen Blick über die Schulter und zog weiter an ihrem Arm. Sie wollte sich befreien, wollte die seltsame Szene auflösen, doch plötzlich wurde sie noch enger an die junge Frau gedrückt und erneut erstarrte Madiha. Draußen herrschte inzwischen massiver Lärm, als die Krähe anderweitig auf sich aufmerksam machte. Mit einem gequälten Seitenblick sah Madiha voller Schrecken, dass sich inzwischen Ratten zum Vogel gesellt hatten und diesen attackierten. Stummes Entsetzen stand ihr im Gesicht. Dabei ging es nicht mal um die Tiere denn mit Ratten hatte sie hinlänglich Bekanntschaft gemacht. Es war nur so grotesk was sich vor dem Fenster abspielte. Madiha’s Wunsch, sich zu befreien, wurde stärker und so zerrte sie abermals an ihren eigenen Extremitäten, bis sie endlich frei war und durch den Ruck der plötzlichen Widerstandslosigkeit erneut auf dem Hosenboden landete. Ihre gestammelten Worte brachten die Andere zum Aufwachen.
Gleichzeitig jedoch ertönte mit einem Mal die Stimme des Matrosen vor der Kabine. Madiha starrte auf die erwachende Frau, dann auf den Vogel. „Ehm… nein?“, antwortete sie reichlich verzögert und irgendwie auch nicht gerade glaubwürdig, da sie es als Frage formulierte. Und als hätte jemand persönliches Interesse daran, Madiha’s Nervenkostüm ordentlich auf die Probe zu stellen, zerbarst mit einem Mal die Verriegelung vom Bullauge und panisch sah die Sarmaerin auf den Vogel, der plötzlich hineinsauste, eine Runde flog in der Madiha die Hände über den Kopf schlug, aus Angst, die Krähe könnte sie angreifen und dann gegen das Glas flog, um es zu schließen. Sprachlos und mit offenem Mund starrte sie auf den wankenden Vogel am Boden.

Madiha saß derweil ebenso auf den harten Dielen und konnte nichts weiter, als dem Grauen vor ihren Augen beizuwohnen. Bewegungsunfähig saß sie da, starrte und wusste nicht wie ihr geschah, als die Krähe zu ihrer Herrin flatterte, nur um im nächsten Moment zu einem Jungen zu werden. Ungläubig dachte sie bereits, dass das ein schlechter Scherz war, als sich die Form des einstigen Krakenmannes erneut änderte. Nun lag da kein Kind mehr, sondern ein Mann. Und auch wenn ihm die acht Arme fehlten- Madiha erkannte sofort die Ähnlichkeit. Ein Schauder rieselte ihr über den gesamten Körper. Ihr Mund wurde trocken.
Da hockte sie nun mit den beiden seltsamen Wesen, die vor nicht all zu langer Zeit die halbe Crew ausgelöscht hatten. Madiha wagte es kaum zu atmen. Flach presste sich die Luft in und aus ihren Lungen. Der Mann schien gar keine Notiz von ihr zu nehmen, während die Frau aussah, als wolle sie sich gleich übergeben. Plötzlich ertönte abermals die Stimme von Briggs hinter ihr durch das Holz. Madiha’s Ohren rauschten erneut. Hektisch blickte sie sich in der Kabine um. Was sollte sie tun? Briggs um Hilfe bitten?! Was würden die beiden dann mit ihr machen? Käme sie überhaupt dazu, so schnell zu handeln?! Oder würden sie sie hier und jetzt sofort in Stücke reißen. So wie er es getan hatte. Madiha fixierte den Mann, der sich seltsam benahm. Ihr fiel das Blut auf, welches offenbar von seiner Verletzung am Zeh stammte. Kurz durchzuckte sie das Bild von Caleb, als er ihr zur Hilfe eilte. Dann räusperte sie ihre Stimme. Sie wollte Briggs nicht so lange warten lassen: „N…ein, alles ok.“, versuchte sie so echt wie möglich zu klingen. Die Entscheidung lag nahe: Madiha wollte sicher nicht riskieren, dass sich das seltsame Gespann erneut auflehnte und womöglich das gesamte Schiff versenkte.

Plötzlich spürte sie in ihrem Rücken das Messer, welches sie sich zur Seite gelegt hatte. Sollte sie es ziehen? War das der rechte Moment? Woher sollte sie so etwas wissen? Auch wenn sie oft und in vielen Facetten über Khasib’s Tod nachgedacht hatte, so war sie nie in die Verlegenheit gekommen, so etwas zu entscheiden. Jetzt entschied sie sich gegen die Waffe. Ihr Herz hämmerte und nur mühsam kam sie wieder auf die Beine. Sie starrte noch immer das Gespann an. „Wer… seid ihr? Was wollt ihr? Und…“, die graublauen Augen des falschen Schiffsjungen richteten sich auf den Mann an ihrer Brust: „Was ist er nun genau? Kraken? Krähe? Kind oder Mann?!“, wollte sie noch wissen. Dennoch blieb sie auf Abstand und wartete an der Kojentür. Nur für den Fall, wollte sie zumindest den Hauch einer Chance zur Flucht haben. Wenn Madiha aber ehrlich war, dann wirkte die Szene vor ihr ganz und gar nicht angsteinflößend. Ganz im Gegenteil, es wirkte eher… erbärmlich? Wie er sich versteckte. Madiha kannte das so in der Art nicht. In ihrer Heimat waren die Männer zwangsweise stark und es prägte ihre Welt. Jemanden so zu sehen, hinterließ Fragen bei ihr. „Und wie zur sengenden Sonne hat er das gemacht?!“, wollte sie plötzlich wissen und offenbarte ihre Unerfahrenheit in Sachen Magie.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Dienstag 28. Juni 2022, 01:26

"Hast'e nicht eben noch nach deiner Mama gerufen?", hallte es von der anderen Seite der Kabinentür aus. Man hörte deutlich den Spott aus Briggs' Stimme. "Na, ruf einfach, wenn du Hilfe brauchst, Junge. Nicht, dass das Weib da drin wieder zaubert ... oder was immer 's war da draußen." Aus Spott wurde Ernst. Die Lage hatte sich noch nicht vollends entspannt. Natürlich nicht! An Deck verschaffte sich Jakub Tauwetter immer noch eine Übersicht über die Verluste. Den Smutje Fischauge hatte die Blaue Möwe verloren, aber er war bei weitem nicht der einzige gewesen. Madiha hatte so viele über Bord gehen sehen. Einige von ihnen waren von den gruseligen Tentakeln des Krakenmannes sogar ins Wasser geschleudert worden. Jetzt lag besagter Mann ohne Tentakel und allem Anschein nach nicht einmal besonders gefährlich wirkend am Busen der Fremden, kuschelte sich an und tropfte mit seinem fehlenden Zeh eine winzige Pfütze mitten in den Raum.
Die nackte Schönheit war inzwischen erwacht. Sie brauchte etwas Zeit, um sich zu orientieren. Zeit, in der Madiha mehr Magie gesehen hatte als bislang in ihrem ganzen Leben. Erst war der Mann eine kleine Krähe gewesen, die sich gegen wilde Ratten hatte wehren müssen. Wo steckten die Nager eigentlich? Ein Blick zum Bullauge zeigte, dass sie nicht mehr auf dem äußeren Sims saßen. Sie mussten sich wieder verkrochen haben, nachdem ihnen der Weg in die Kabine versperrt worden war. Ob sich dahinter auch Männer mit spitzen Ohren und schwarzer Haut verbargen? Aber die Augen der Ratten hatten nicht wie feuriges Blut geglüht. Die des Fremden glitzerten selbst jetzt, obwohl sie in seiner Elfenform eher an Rubine erinnerten und nicht mehr so unheimlich an Blut. Das war übrigens ein gutes Stichwort. Der Kraken-Krähen-Junge-Elfen-Mann würde an seiner Verletzung zwar nicht verbluten, aber er bräuchte wenigstens einen Verband und etwas, damit er nicht weitere Flecke auf dem Holz verursachte. Von allein kümmerte er sich bisweilen gar nicht darum. Er hing an der fremden Frau, hatte einen Arm um ihre Hüfte geschlungen und zupfte mit der anderen, freien Hand an ihren Strähnen, um ihre Sicht von dem schönen Haar zu befreien.
Sie blickte immer noch reichlich verwirrt drein. Außerdem sprach sie in für Madiha fremden Zungen. Natürlich hatte sie in Sarma schon den einen oder anderen Händler Garmisch sprechen gehört. Das bedeutete aber nicht, dass sie es verstand. Von ihren gelegentlichen Treffen auf den sandigen Straßen mochte sie höchstens einmal einen garmischen Fluch oder den Ruf nach Ordnungshütern aufgeschnappt haben. Allein an der Mimik der anderen Frau könnte sie erahnen, was diese von sich gab.

Längst war Azura wieder erwacht. Auch sie hatte Corax in Krähenform in die Kabine flattern und anschließend gegen das Bullauge klatschen sehen. Doch sie war noch zu verwirrt gewesen, um das Ausmaß des Geschehens richtig fassen zu können. Ihr war nicht enmal aufgefallen, dass er in seiner gefiederten Form in ihre Armbeuge geflohen war und sich dort erneut verwandelt hatte. Erst das Gewicht des Kindes in ihren Armen und dessen Rufe nach seiner Mutter - welche auch Azura nicht verstand, denn sie beherrschte kein Lerium - lenkten ihre Aufmerksamkeit auf sich. Noch konnte sie die dürre, nahezu unterernährte Statur des dunkelelfischen Kindes ausmachen, das nicht älter als vier oder fünf Jahre sein konnte. Doch noch ehe sie sich damit näher auseinandersetzen konnte, nahm Corax seine ursprüngliche Mannsform wieder an. So kannte sie ihn. Groß, schlank und durchaus auch mit Muskeln versehen, wenngleich es bei Elfen irgendwie nie so ausgeprägt schien. Das schwarze Haar verdeckte seine Augen, in die sie sonst immer so gern geschaut hatte. Auf den ersten Blick war er nicht verletzt. Azura erkannte sogar, dass er unterhalb der Hüfte auch nicht länger ein Krakenwesen war, so wie sie nicht mehr die halbe Fischform besaß. Dafür dürfte auch ihr Blick schnell auf den fehlenden kleinen Zeh am rechten Fuß fallen, von deren Stumpf noch immer das Blut sickerte.
Corax machte keine Anstalten, nach sich zu sehen. Sobald er die Kleinkindform verlassen hatte, machte er auch einen weniger bedauernswerten Eindruck. Trotzdem schmiegte er sich immer noch an Azuras Brüste, dass sein warmer Atem auf ihre nackten Spitzen traf. Der Halt suchende Griff um ihre Hüfte veränderte sich allerdings in den eines Leibwächters, der bereit war, sein kostbarstes Gut zu verteidigen. Halb drehte er den Kopf, so dass er über die Schulter und zu dem fremden Bengel blicken konnte, der beide sofort mit Fragen löcherte.
Der Bursche strahlte etwas Feminines aus. Das könnte daran liegen, dass auch er nicht unbedingt viel auf den Rippen hatte. Sein Haar hing ihm bis knapp zu den Schultern, war tropfnass wie seine Kleidung, die ob der Kraft der Wellen einige Risse erhalten hatte. Narben verunstalteten sein halbes Gesicht, das ansonsten wirklich etwas Ansehnliches besaß. Man hätte den Schiffsburschen beinahe für ein Mädchen halten können, wäre im Blick nicht dieser kampfeslustige Trotz zu sehen, der durchaus auch aus Verunsicherung geboren sein konnte.

Noch ehe jemand auf die Fragen im Raum reagieren konnte, spürten beide anwesenden Frauen, dass etwas merkwürdig war. Azura mochte es besser auffallen, denn sie war in der Nutzung ihrer magischen Fähigkeiten etwas besser bewandert als Madiha, bei der sich die Kräfte wenn überhaupt nur unkontrolliert zeigten. Aber beide fühlten eine gewisse Spannung in der Luft. Etwas blitzte zwischen ihnen und wäre es wirklich sichtbar gewesen, hätte man es wohl als sprühende Funken beschrieben. Azura hatte zudem das Gefühl, sich an dem fremden, mutmaßlichen Jungen versengen zu können, wenn sie ihm nur zu nahe käme. Bei Madiha war das Gegenteil der Fall oder lag das Reißen noch immer an ihren Empfindungen des bis vor kurzem erlebten Wellengangs? Etwas zog an ihr, wollte sie von den Füßen heben und sie wie ein Blatt in einem reißenden Strom umher wirbeln.
Was immer beide Frauen an Magie bei der jeweils anderen spürten, Corax bekam davon nichts mit. Überhaupt spürten sie von ihm aus gar nichts, obwohl Azura ja wusste, dass er begabt war. Aber nie zuvor hatte sie in seiner Gegenwart überhaupt etwas gespürt - nichts Magisches jedenfalls. Dass er ihre Quelle zum Fließen bringen konnte, musste sie sich eingestehen. Aber jetzt? Nein, sie fühlte nichts aus seiner Richtung, abgesehen von seiner angenehmen Körperwärme.
Er war es daher auch, der als erstes hinaus aus seiner Starre fand. Mochte es sein, dass er weder Azuras noch Madihas magische Kraft wahrnahm oder weil er sich direkt angesprochen fühlte, er richtete den rubinartigen Blick auf den falschen Schiffsjungen und dann auch das Wort an ihn.
"Pass auf, was du in Gegenwart einer Göttin sagst!" Da war es heraus und ohne jegliches Zögern. Corax löste sich ein bisschen von Azura, um sich aufzusetzen und auch, damit sie Schutz hinter seinem Rücken suchen konnte. Er blickte Madiha fast schon böse an. "Ich gehöre der Herrin und werde sie vor allem schützen, vor dem sie sich nicht verteidigen kann. Mit allen Mitteln." Unbeantwortet blieb hierbei, ob die als Göttin bezeichnete Azura nun für seine Verwandlungen verantwortlich war. Macht dazu hätte sie, wenn es stimmte, was Corax Madiha hier auftischte. Aus seinen Worten war keine Spur herauszuhören, dass er selbst daran zweifelte. Im Gegenteil. Um seine Aussage zu untermauern, verschränkte er die Arme vor der nackten Brust. Oh, auch er war nackt. Splitterfasernackt und Madiha würde sogar noch mehr sehen, falls sie einen Blick riskierte. Corax versuchte erst gar nicht, seine Blöße zu verdecken ... oder den Umstand, dass er nicht mehr ganz so viel Mann zu sein schien wie man hätte erwarten können. Man hatte ihm etwas abgetrennt, das jegliche Fortpflanzungspläne mit ihm zunichte mächten. Ob die mutmaßliche Göttin für sein Eunuchen-Dasein verantwortlich war?
"Ich?", hakte er unter einem spöttischen Schnauben nach. "Ich habe überhaupt nichts getan. Die Macht der Göttin der Meere war es, die due gesehen hast. Und ich warte nur darauf, dass sie mir befiehlt, dir den nötigen Respekt vor ihr einzubläuen. Vor der Göttin Venthazura hat man niederzknien!"
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 28. Juni 2022, 22:14

Stirnrunzelnd sah Madiha über ihre Schulter und zu der geschlossenen Tür. Was hatte sie? Wieso sollte sie nach ihrer… Madiha stutzte und wandte sich wieder dem seltsamen Pärchen in der Koje vor ihr zu. Sie ignorierte Brigg’s, wenn auch nicht absichtlich. Viel zu sehr wurde ihre Aufmerksamkeit von dem gefesselt, was sich da abspielte. Der Mann war unverkennbar derjenige, der sich mit brachialer Gewalt der Crew bemächtigt hatte. Er hatte die Seemänner über Bord geworfen, als wären sie Spielzeuge und dabei hämisch gelacht. Und er hatte es auch bei ihr versucht. Ihr Blick fiel auf die blutende Wunde am Fuß. Dort war mal eine Zehe gewesen, jetzt nur noch der Stumpf davon. Caleb hatte ihn offenbar abgetrennt, als er Madiha rettete, sonst wäre sie sicherlich bereits Teil des kalten Meeresgrabes. Ihr Magen rumorte seltsam bei dem Gedanken, wie viel Glück sie gehabt hatte, dass Caleb eingeschritten war. Das Graublau flatterte zurück zu der jungen Frau. Sie war inzwischen deutlich wacher, schien sich aber der Situation noch nicht klar zu sein. Zögerlich wirkten ihre Versuche zu reden oder auch zu verstehen. Madiha hatte nichts von ihren Worten verstanden, erkannte die Sprache aber teilweise als die von Caleb. Es waren nur Fragmente und sicher war sie sich auch nicht, aber sie meinte Ähnlichkeiten herausgehört zu haben. Nach einem kurzen Moment der Schockstarre ob der immensen Magie in kürzester Zeit, derer sie Zeugin wurde, sprudelten auch schon so einige Fragen aus ihr hervor und ließen sie mutiger wirken, als sie es tatsächlich war. Madiha hatte Angst, richtige Angst und doch führte das eher dazu, dass sie trotzig reagierte und vermutlich eher dem Tod die Tür aufhielt, als sie ihm vor der Nase zu zuschlagen. Und sie erreichte sogar etwas damit: Plötzlich richteten sich diese roten Rubine auf sie, sodass ihr ein kalter Schauer über den Körper fuhr. Sie trat instinktiv noch einen Schritt zurück. Was musterte er sie eigentlich so?! Nun, vermutlich starrte Madiha ebenso und es war vielleicht nur natürlich so zu reagieren.
Das Mädchen hielt dem roten Blick nicht stand, sondern ließ ihren zur Frau wandern. Plötzlich fiel Madiha auf, dass sie unsicher auf den Beinen stand. Dabei war der Sturm vorbei und das Schiff wog sich nur unschuldig hin und her. Extremer Wellengang war seit dem Ende des Zaubers jedenfalls nicht mehr und doch… Hatte sie sich verletzt? Madiha horchte in sich hinein und konnte aber keine Schmerzen feststellen. Ihr Knöchel am Fuß war etwas lädiert, aber überhaupt nichts, um sich irgendwelche Gedanken darum zu machen. Nein… irgendwie wirkten die überdimensionalen Wellen nach, das musste es sein. Sie hatte mal davon gehört, dass wenn man längere Zeit Wellengang ausgesetzt war, dass dieser auch noch nachhallen konnte und man den Eindruck gewann, nach wie vor von Wellen bewegt zu werden. Jedenfalls hatte das Hila mal erzählt, wenn sie sich recht erinnerte. Trotzdem war es seltsam. Zumal es sich anfühlte, als hätte jemand ihren Körper fest im Griff und würde sie hin und her stoßen nur sehr viel subtiler und … irgendwie unheilvoller. Madiha war für einen Moment auf dieses Gefühl fixiert und vergaß den Mann, der sie so unvermittelt anstarrte, bis er sich für Madiha völlig plötzlich bewegte und aufsetzte.

Erschrocken griff das als Junge getarnte Mädchen nach dem Messer an ihrem Rücken und hielt es abwehrend dem Krähen-Kraken-Mann entgegen. Mit ihrem Rücken presste sie sich gegen die Tür und ihr Atem beschleunigte sich. Sie hatte angenommen, dass er sie angreifen wollte, weil sie kurz abgelenkt gewesen war. Jetzt begriff sie, dass er ihr lediglich – wenn auch auf unhöfliche Weise – Fragen beantwortete, die sie selbst gestellt hatte. Blinzelnd sah sie ihm ins Gesicht, seine Blöße nahm sie überhaupt nicht wahr und das was er sagte beruhigte sie in keiner Weise. Madiha schluckte trocken. Wenn es stimmte, was er sagte, dann war ihr kleines, schartiges Messerchen doch äußerst lächerlich. Ihr Blick glitt zu der als Göttin Angepriesenen und Unsicherheit mischte sich ihrem Blick aus Trotz bei. „Ist das wahr?!“, fragte sie die Frau. „Hast du sie alle getötet?“, wollte sie wissen und hielt das Messer immer noch nach vorne gestreckt, festumklammert. Damit umgehen könnte sie nicht, aber irgendwie hatte sie auch keine andere Möglichkeit sich zu verteidigen. Wieso hatte sie Briggs nicht hereingerufen? Alles passierte so wahnsinnig schnell und auch bei Madiha lagen die Nerven deutlich freier da, seit sie nur äußerst knapp dem Tod entkommen war. Rational handeln oder denken war schwierig und sie ohnehin so unerfahren, als dass sie stets die richtige Entscheidung hätte treffen können. „Wieso…?“, wollte Madiha dann aber doch flüsternd wissen und sah beide nacheinander an. Das Messer sank etwas und sie spürte in sich wie die schiere Flut an dem Erlebten sie übermannen wollte. Ihr Blick glitt für eine Sekunde zur Seite, während sich ihr Geist erinnern wollte, bevor sie das Messer wieder stärker umklammerte und sie es den beiden im Bett entgegenstreckte. Verbissener wurde ihr Gesicht und sie funkelte den Mann und die Frau an. „So viele Tote! Euretwegen!“, warf sie ihnen vor und ihr Atem wurde schneller. Sie spürte plötzlich, dass sie noch immer die Kleidung in der anderen Hand hielt. Ihr Blick fiel darauf und sie warf sie anklagend der Frau zu. „Es waren Unschuldige!“ Natürlich wusste Madiha das nicht mit Sicherheit und sie kannte die Crew nicht wirklich, allerdings fühlte sie sich plötzlich mit der Mannschaft und ihrem Verlust solidarisiert. Sie hatte kurz zuvor mit Jakub eine Vereinbarung getroffen, die ihr hätte, eine ehrliche – nun, halbwegs ehrliche – Überfahrt bescheren können. Es hätte der Beginn eines neuen Lebens sein sollen. Nun war alles anders, der Schrecken saß ihr in den jungen Knochen und das Verständnis, was genau passiert war, fehlte ihr einfach. Zudem wurde Caleb dadurch enttarnt und würde jetzt vielleicht ein Schicksal erwarten, dem er hätte, ohne das Zutun der Fremden, entgehen können. Egal wie – dieser seltsame Mann und die Frau waren die Wurzel ihres Ärgers.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Samstag 2. Juli 2022, 14:25

Vermutlich war es der gesamten Situation geschuldet, dass ihre Reaktionen recht... träge ausfielen. Ja, sie fand anfangs sogar nicht einmal wirklich die passenden Worte, um endlich ein paar Dinge klar zu stellen, die hier definitiv verkehrt liefen. Stattdessen war sie noch immer nackt und musste damit zurecht kommen, welche Spielarten seiner Magie sie gerade binnen kürzester Zeit miterleben musste.
Und als wäre das schon nicht genug, war ihr, als täte ihr allein die Anwesenheit dieses Bengels in dem kleinen Raum weh und wäre dazu angetan sie regelrecht verdampfen zu lassen. Ohne, dass sie die wirkliche Ursache für diese Empfindung benennen konnte.
Dadurch blieb sie stumm, gab weder Antwort, noch irgendeine Form von Erklärung, weil sie es gerade schlichtweg nicht konnte. Was, im Nachhinein betrachtet, jedoch keine gute Idee war, denn es gab ihrem Begleiter somit die Gelegenheit, sich vor dem Bengel erneut aufzuplustern. Beinahe sah sie das Gefieder von vorhin noch an ihm, wie es sich sträubte, während er sie beide größer und mächtiger machte, als sie jemals sein würden. Noch dazu auf eine Art und Weise, die absolut gelogen war!
Das war im Prinzip ihr Stichwort und sie hätte auch gerne eingesetzt, wenn... ja, wenn sie in diesem Moment nicht die blutende Wunde aufgrund eines fehlenden Zehs entdeckt hätte. Sie starrte darauf, eine Sekunde, zwei... und merkte, wie sich ihr Magen verkrampfte, da sie mit Verstümmelungen jeglicher Art bislang so gut wie nie in Verbindung gekommen war.
Nun hingegen musste sie den Blick abwenden und die Augen kurz schließen, um durchzuatmen und diesen Anblick soweit wie möglich zu verdrängen, um sich wieder sammeln zu können. Das gab dem Schiffsjungen die Gelegenheit zu einer Reaktion seinerseits. Und als wäre es genau das, was sie noch gebraucht hätte, konnte sie sich endlich aus ihrem erstarrten Schweigen lösen.
"Jetzt reicht es aber!", herrschte sie plötzlich beide an und ihre Augen funkelten böse von einem zum anderen, um am Ende an dem Burschen hängen zu bleiben, der sie allein durch seine Nähe zu versengen und zugleich zu reizen schien.
Fast schon bedauerlich, dass sie sich nicht an die Beschreibung der Elfe erinnerte, die als magisches Gegenteil ihres Begleiters selbst formuliert hatte, wie sich das anfühlte. Sonst hätte sie womöglich eine Idee für ihre jetzigen Empfindungen gehabt. Sofern sie das überhaupt bei all dem Durcheinander und gerade erst Erlebtem beachtet hätte.
"Ich bin keine Göttin und wäre es nach mir gegangen, wäre hier niemand umgebracht worden!" Ihr zorniger Blick suchte den des Dunkelelfen. Hätte er seinen Griff von ihr nicht bereits gelöst, sie hätte sich nun spätestens von ihm frei gemacht. "Und du hör endlich auf mit diesem Blödsinn! Du weißt ganz genau, dass du das mit deiner Magie warst! Und was sollte dieser Unfug überhaupt mit diesem Kampf? Wieso hast du diese Männer umgebracht?! Hättest du deinen Zauber gleich aufgelöst, hätte uns niemand angegriffen und hätte keiner über Bord gehen müssen!", schimpfte sie weiter und blendete dabei unbewusst aus, dass die Flutwelle indirekt von ihrer, außer Kontrolle geratenen, Magie gekommen war.
Dann sah sie wieder zu dem Bengel zurück, der ihr endlich die Kleidung zugeworfen hatte. Zielen wäre da noch ein wenig zu üben, aber immerhin war der kratzige Stoff in Reichweite, sobald sie sich etwas danach reckte. "Und du nimm dieses Ding da weg! Ich hab keine Lust, mir von dir auch nur einen Kratzer zufügen zu lassen, weil du gerade durchdrehst! Du hättest mir längst helfen können, als mich nur anzustarren!", zeterte sie weiter und verzog angewidert das Gesicht, als sie das Oberteil erwischt hatte. Doch es half nichts, wollte sie nicht länger nackt herum laufen, musste sie nehmen, was sie kriegen konnte.
Mit einem vernehmlichen Klagelaut streifte sie das Ding über und schlüpfte dann in die noch weniger kleidsame Hose. Es kratzte überall und würde bei einem langen Fußmarsch sicherlich unangenehm in ihrem Schritt scheuern, aber im Moment musste es reichen. Gleichzeitig würde sie es tragen, als wäre es eine ganz gewöhnliche Tagesgarderobe, das war ihr längt in Fleisch und Blut übergegangen, sodass sie trotz der ärmlichen Erscheinung das Auftreten und die Haltung einer wahren Adeligen besaß.
Endlich befand sie sich nun auch auf den Beinen und nach dem kurzen Schwindel, der sie erfasst hatte, fühlte sie sich auch kräftig genug, um sich zu bewegen. Und zwar in Richtung Tür! Wo sich weiterhin der Bengel befand. "Jetzt geh mir aus dem Weg, ich will zum Kapitän und mit ihm reden, wenn er vernünftig ist!", fuhr sie den Schiffsjungen scharf an.
Über was sie mit dem Mann, dem dieses Schiff und seine Crew unterstellt war, sprechen wollte? Azura hatte, noch, überhaupt gar keine Ahnung. Sie spürte nur mit jeder Faser ihres Körpers, dass sie raus musste, raus aus dieser Situation und raus aus diesem viel zu winzigen Raum!
Also herrschte sie voller Ungeduld den armen Knilch vor sich an:"Wird's bald?!"
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Samstag 2. Juli 2022, 20:32

Madihas Reaktion auf Corax, der nur den Blick auf sie richtete, ließ ihn fast schon strahlen. Ihr halber Schritt zurück reichte aus, dass es in seinen Augen aufblitzte. Wäre die Erfahrung mit ihm nicht derart traumatisch gewesen, das Mädchen hätte sich glatt darin verlieren können. Denn eines musste man dem Dunkelelfen lassen: Er besaß unvergleichlich schöne Juwelen als Seelenspiegel und aus anderer Perspektive waren es keine blutigen Edelsteine, sondern zauberhafte Brillantfacetten, mehrfach geschliffen und mit winzigen Splittern ihrer selbst gefüllt, die erneut das Licht zu reflektieren wussten. Azura hatte sich in diesen Blick verliebt, aber wie es nun wohl darum stand? Jetzt hatte auch sie zum ersten Mal richtig erlebt, dass Corax tötete, wenn er es wollte. Den Mord am übergriffigen Kapitän Gilles von ihrem ersten Schiff hatte sie aufgrund von dessen Tat ja gar nicht mitbekommen. Da war der Schock einfach zu groß gewesen. Jener fuhr nun auch in Madihas Adern, ließ das Blut darin gefrieren, sie aber nicht gänzlich handlungsunfähig zurück.
Kurz nachdem der Elf sich erhob, reagierte sie. Madiha zückte ihr Messer und hielt es fast schon wie ein zu kurzes Schwert vor sich. Den Umgang mit der Klinge beherrschte sie nicht, aber sie würde sich wehren. Calebs Eingreifen sollte nicht umsonst gewesen sein. Dieser unflätige Kerl würde es schwer mit ihr haben!
Corax hingegen fühlte sich dadurch nur angespornt. Seine Mundwinkel zuckten freudig erregt empor. Zum Glück waren sie das einzige an seinem Körper, das dieser Umschreibung folgte, denn nach wie vor war er nackt und genierte sich dessen ebenso wenig wie der Tatsache, dass ihm ein Mannesmerkmal fehlte. Aber was kümmerte es ihn schon? Er war der Herold einer Göttin. Venthazura nannte er sie und die rothaarige Schönheit blickte hinter ihm auf, just als Madiha mit erstickter Stimme fragte: "Hast du sie alle getötet? Wieso...? So viele Tote! Euretwegen! Es waren Unschuldige!"
Sie erreichte ein breites Grinsen bei ihrem Gegenüber. Jetzt leuchteten die Rubine seiner Augen wirklich in blutiger Mordlust. Sie beantworteten die Frage bereits mit stillem Funkeln. Dennoch wollte er offensichtlich aussprechen, was sein Blick bereits verriet. Gerade öffnete Corax den Mund, um ihr zu antworten, da erfüllte eine andere Stimme die enge Kabine.
"Jetzt reicht es aber!"
Corax blickte erneut über seine Schulter zurück, dieses Mal aber in die andere Richtung und somit zu Azura, Ursprung des Ausrufs. Er schaute sie triumphal an, fühlte er sich doch durch ihre Wut überhaupt nicht angesprochen, sondern vermutete, dass sie den lästigen Schiffsjungen zur Ruhe gemahnte. Als sie aber vollkommen ungefiltert die Wahrheit aussprach und seine Titulierung einer Göttin dementierte, wich der Triumph aus seinen Zügen. Corax' Mundwinkel senkten sich. In seinen Blick legte sich zwar kein Ärger, aber eine seltsame Form der Enttäuschung. Kindlich, trotzig war sie und ähnelte damit ein wenig Madihas verteidigendem Ausdruck. Bei Corax ließ es sich jedoch mehr mit dem Blick eines Kindes vergleichen, dem man sein Spielzeug - einen spitzen Stock, mit dem es ein Tier anging - weggenommen hatte. Das gefiel dem Dunkelelfen ganz und gar nicht. Natürlich nicht, Azura scholt ihn schließlich gerade aus und das zudem vor den Augen und Ohren dieses fremden Bengels!
Corax ließ es über sich ergehen. Während der kleinen Tirade schwieg er mit versteinerter, aber missmutiger Miene. Er schob den verletzten Fuß dabei gelegentlich hinter den anderen, um den Blutfluss durch Druck gegen seine Wadenmuskeln zu stoppen. Es gelang nur spärlich.
Erst als Azura geendet hatte, damit er ihr Rede und Antwort stehen konnte, folgte er ihrem Wunsch, wenn auch sicher nicht mit der Reaktion, mit der sie gerechnet hätte. Er grinste nämlich wieder auf. Boshaftigkeit lag darin, irgendetwas Düsteres, das er ihr gegenüber schon lange nicht mehr gezeigt hatte. Dieser Ausdruck lag lange zurück, damals, als er in ihr noch nichts weiter als eine Gefangene und lästiges Anhängsel gesehen hatte. Damals hatte er sie diffarmiert, klein gehalten, angeschnauzt und mit ihr gespielt. Damals war er ein widerlicher Schuft gewesen. Inzwischen hatte sich doch so viel geändert ... oder nicht?
"Du fragst nach dem Grund?" Er grinste und ignorierte mit seiner direkten Anrede in Azuras Richtung gänzlich, dass Madiha ihm die gleiche Frage gestellt hatte. Hier antwortete er nur der rothaarigen Adelstocher. "Weil es unglaublich viel Spaß gemacht hat. All das Leid, all der Schrecken." Ihm lief sichtbar das Wasser im Munde zusammen. Seine Augen glänzten.
Vor dem Bullauge versammelten sich wieder die schwarzen Ratten auf dem schmalen Sims. Sie kletterten übereinander, aber selbst die Bewegung hätte nicht auf sie aufmerksam gemacht. Es waren ihre Laute. Sie quiekten nicht, sie schrien, aber es klang irgendwie begeistert, jedoch auf eine fast schon dämonische Art und Weise. Die wurmartigen Schwänze zuckten dabei schlangengleich in die Luft, ehe sie wieder durcheinander stoben, um sich neu am kleinen Fenster zu platzieren.
Corax bemerkte die Rattenschar. Er zuckte zusammen, biss sich dabei auf die Unterlippe und ... Azura konnte es sehen, dass diese Finsternis aus seinen Zügen schwand. Sie fiel ab wie das billige Rüschenkleid von einer nur allzu willigen Hafenhure. Zurück blieben geweitete Augen und eine Sekunde Ehrlichkeit, in der sie Furcht in seinem Blick entdecken konnte. Dann senkte er den Kopf und wandte sich halb ab.
"Tut mir leid", murmelte er, für Azura deutlich hörbar. Er hoffte jedoch, dass zumindest der dämliche Bengel mit dem Messer ihn nicht verstand. Aber die Kabine war klein und das Rattenquieken in dem Moment verstummt, in dem Corax seinen Blick auf die Pelzbande gerichtet hatte. Als hätte seine Entschuldigung sie beleidigt, huschten die kleinen Biester wieder aus dem Sichtfeld, das das Bullauge bot.
Azura nutzte die Zeit, um die zugeworfene Kleidung zu inspizieren. Sie entsprach allem, nur nicht den Ansprüchen einer Adligen. Schon während sie die Sachen in Händen hielt, fühlte sie das schlichte Material. Alt und verwaschen war es, außerdem kratzte es schon, noch bevor sie es am Leib trug. Dennoch war es die bessere Option. Nackt wollte sie sich nicht weiter auf dem Schiff bewegen, geschweige denn von dem Burschen angestarrt werden. Sie ahnte noch nicht, wer hinter Madiha steckte.
Als sie sich allerdings anziehen wollte, kam Corax ihr zu Hilfe. Schweigend, überraschend unterwürfig sogar, half er ihr in das billige Hemd und die kratzige Hose. Bei Letzterer ging er sogar auf die Knie, um ihre Beine sanft in die der Kleidung zu schieben. Azura kannte die Haltung nur zu gut noch von ihrer damaligen Dienerschaft. Auch jene hatten nur zu ihr aufgesehen, wenn sie ein halbherziges Lob für deren Arbeit übrig hatte. Ansonsten waren sie Schatten, nur dazu da, ihr zu dienen. Corax zeigte deutliche Parallelen. Die Szenerie erinnerte an damals, als sie beide schon auf dem Zwergenschiff gewesen waren, das urplötzlich in Nogrogts Hafen angekommen war, obgleich es Wochen hätte brauchen müssen! Wieviel Zeit war jetzt schon vergangen?
Azura wurde es plötzlich zu eng in der Kabine. Sie brauchte Luft, wollte hinaus. Allein der Schiffsjunge stand ihr noch im Weg. Corax hingegen war bereit ihr zu folgen. Mehr als das, er würde ihre Befehle ausführen, ohne dass sie diese offen an ihn richten musste. Noch ehe Madiha auf ihre Forderung den Weg frei zu machen reagieren konnte, kam der Dunkelelf an sie heran, um sie forsch beiseite zu zerren. Wenn sie sich wehrte, würde er nicht loslassen, sondern erst, sobald ihr dürrer Körper aus dem Weg war. Nun brauchte Azura nur noch die Tür zu öffnen und ... festzustellen, dass sie von außen verriegelt worden war.
"Willst'e raus, Junge?", rief Briggs von der anderen Seite, als er den Tumult an der Tür bewusst wahrnahm.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Samstag 2. Juli 2022, 22:04

Wären die Dinge anders gelaufen, hätte Madiha überhaupt erkennen können, wie schön die roten Augen des Mannes im Bett der Rothaarigen waren? Es blieb wohl eine offene Frage, denn Madiha sah nichts weiter als Blutlust. Nichts an dem Dunkelhäutigen konnte ihr ein Gefühl der Entzückung entlocken, sondern lediglich Entsetzen. Auch jetzt, während er sich offenbar an ihrer Angst ergötzte, blieb das kalte Gefühl in ihren Eingeweiden bestehen und vergrößerte sich noch. Die junge Samaerin blieb noch Sekunden in dem Blick gefangen, bevor sie ihm nicht mehr standhalten konnte. Zu groß war der Schrecken, den er sie hatte erleben lassen. Zu präsent die Gräueltaten und die Schreie zu vordergründig, die die sterbende Crew in die Wassermassen entsendet hatten. Das abrupte Aufstehen des Mannes hatte zur Folge, dass Madiha sich wie ein eingesperrtes Tier zur Wehr setzen wollte. Sie hielt dem Todes-Pärchen die rostige Klinge unter die Nase und funkelte kampflustig auf. Der Mann war deutlich derjenige der das Böse innewohnen hatte. Sie kannte dieses amüsierte Grinsen, wenn schreckliche Männer auf ihre Opfer blickten. Es war nicht immer die Mordlust darin, aber durchaus der Wille zu quälen – auf welche Art auch immer. Ihr stockte das Herz bei seinem Zucken der Mundwinkel und erwartete bereits voller Grauen, was er ihr im nächsten Moment zu sagen hätte. Doch Madiha kam nicht in den zweifelhaften Genuss, die Worte von ihm zu hören, sondern wurde durch die Stimme der Frau abgelenkt. Ihr Blick rutschte von der Mannesfratze zur Schönheit und ihre empörte Ansprache ließen Madiha’s Ohren klingeln. Offenbar besaß ihr Wort einiges an Gewicht, denn mit jeder Silbe, die sie über die Lippen brachte, wurde der Mann neben ihr kleiner und kleiner. Es lag etwas seltsam Faszinierendes darin, wie Madiha erkennen musste. Die beiden mussten eine für sie unerkennbare Verbindung haben, dass er sich von ihren Worten so ablenken ließ.
Darüber hätte die Verkleidete beinahe vergessen, der anderen Frau zuzuhören, sodass sie blinzelte und sich wieder auf die Worte, statt auf die Mimik konzentrierte. Sie dementierte jede Anschuldigung und Madiha konnte nicht anders, als zu schnauben. Als wenn… Das Mädchen hielt noch immer das Messer in die Richtung der beiden, doch vorerst waren sie einander genug, wie sie feststellte. All das was gesagt wurde, ließ Madiha zweifelnd zurück. Spielten die beiden ein Spiel? Wollten sie sie ablenken mit ihrem Hin und Her?

Das Wüstenkind beobachtete das Schaustück vor sich. Bis der Mann plötzlich wieder seine Boshaftigkeit wiederfand und ihr endlich antwortete. Dass er sie selbst, Madiha, dabei ignorierte, war ihr eigentlich ganz recht. Sie erhielt dennoch ihre Antwort und die fiel deutlich ehrlicher aus, als sie das hätte erwarten können. Erneut durchzuckte sie ein Schauer von Eiseskälte. Wie er darüber redete… Wie er das Leid genoss, welches er heraufbeschworen hatte. Wie er sich darüber freuen konnte. Ihr Blick glitt zur Seite bei all der Schwärze seiner Seele und sie erhaschte den Blick auf die Ratten am Bullauge. Ihre Stirn runzelte sich und erneut wollte sich ein Grauen ihrer Seele bemächtigen. Was war das für eine seltsame Begebenheit, dass die Tiere so auf ihn reagierten? Erst die Raben, hoch oben auf dem Mast. Jetzt die Ratten, die unheimliche Laute von sich gaben und sich wider ihrer Fluchtnatur verhielten. Madiha blinzelte ratlos, bevor sich ihre Aufmerksamkeit ruckartig wieder auf die Rothaarige lenkte. Gerade murmelte der Mann etwas, was sie nicht verstehen konnte, dafür war sie gedanklich noch bei den Ratten, als er sich bemüßigt fühlte ihr in die Kleidung von Fischauge zu helfen. Verwirrt begleitete Madiha das Gehabe vor sich mit ihrem graublauen Blick. Sie hatte bisher nichts gesagt. Selbst dann nicht, als die Frau sie so angefahren hatte. Zu sehr war sie von der Skurrilität überrumpelt, als dass sie sich hätte dagegen verbal wehren können. Die Frau schien verrückt zu sein! Sie verkannte die Lage, in der sie alle sich befanden! Offenbar hatte sie einen ordentlichen Schlag gegen ihren Kopf bekommen, denn sie verhielt sich, als wäre sie nicht diejenige, die soeben in Verbindung mit einem schwarzen Magier -etwas anderes konnte er nicht sein- mehrere Leben einfach so beendet hatte. Als wäre sie nicht die helfende Kraft gewesen. Madiha’s Finger klammerten sich stärker um den kleinen Schaft des Messers. Nachdem sie endlich in Kleidung gehüllt war, erhob sie sich und kam auf Madiha zu. Mit jedem Schritt aber, den sie in ihre Richtung machte, hatte die Samaerin das Gefühl, stärker und stärker zu wanken. Madiha hielt sich mit einer Hand an dem Rahmen der Tür fest, um den Halt nicht zu verlieren.
Das Zerren an ihrem Körper wurde stärker, bis sie vor ihr stand. “ "Jetzt geh mir aus dem Weg, ich will zum Kapitän und mit ihm reden, wenn er vernünftig ist! Wird’s bald?!" Madiha holte tief Luft. Sie blinzelte die Rothaarige an und brauchte zwei Sekunden länger, um die Worte zu verstehen. Ihr war als würde sie sie nur durch ein gedämpftes Rauschen verstehen. Das war allerdings schlagartig vorbei, als der Griff des Mannes sie erreichte. Als würden seine Finger Blitze durch ihren Arm jagen, war sie schlagartig hellwach und ihr Blick funkelte zu ihm. „Pfoten weg!“, schnauzte sie ihn herrisch an und fuchtelte mit ihrem Messer herum. Madiha wehrte sich. Oh, und wie sie sich wehrte. Sie versuchte den Mann wegzustoßen und gleichzeitig die Frau mit von der Tür zu halten. „Was glaubt ihr, wer ihr seid?!“, fuhr sie die beiden lautstark an und plötzlich mischte sich Brigg’s Stimme dazu. Madiha antwortete beinahe auf dem Fuße: „Briggs! Lauf und hol Unterstützung, die beiden wollen fliehen!!“, warnte sie den Matrosen vor und klang durchaus gehetzt dabei. Der Dunkle zerrte ohne Unterlass an ihr und versuchte ihren dürren aber sowas von sturem Körper zur Seite zu bewegen. Madiha spürte die Wut über dieses Handeln in sich aufkeimen. „Ich lasse euch nicht durch!!“, versuchte sie klarzumachen und rangelte weiter mit dem Rotauge. Die Frau ließ sie dabei außer Acht, denn er war es, der sie körperlich anging. Madiha spürte seine Kraft und wusste, dass sie nicht lange würde standhalten können. Warum tat sie das eigentlich?! Wieso setzte sie ihr Leben aufs Spiel? Es lag wohl an der Tatsache, dass sie es satthatte, ständig herumgeschubst zu werden. Allerdings brachte die unbekannte Magie der anderen ihre Standfestigkeit deutlich ins Wanken und auch das Messer in ihrer Hand kam nicht nur ihm gefährlich nahe, sondern auch ihr selbst. Madiha hätte ihm das Messer immer mal wieder entgegenrecken können, doch im Grunde hatte sie es nur zur Verteidigung, nicht aber zum Angriff. Sie würde zwar nicht klein beigeben, aber sie würde auch nicht mutwillig verletzen wollen. Trotzdem war das Messer scheinbar mit ihren Fingern verschmolzen, denn fallenlassen tat sie es trotz Gerangel auch nicht.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Dienstag 5. Juli 2022, 14:07

Was ihre Gefühle betraf, war das ein definitiv eigenes, unvorstellbar chaotisches Kapitel, dem sie sich im Moment nicht einmal im Ansatz widmen konnte... und wollte. Ob sich dennoch etwas an ihrer Haltung zu ihrem Begleiter geändert hatte? Ja, definitiv. Sie wusste es nur noch nicht, denn viel zu sehr würgte sie alles in sich gerade instinktiv ab, um weitermachen zu können, nachdem sie endlich wieder erwacht war.
Darum, dass er vor ihren Augen und mit größtem Vergnügen absolut unnötig gemordet hatte, durfte sie sich auch nicht kümmern, sonst wäre sie vermutlich erstmal in Panik verfallen. Und wie das die Situation beeinflusst hätte... nun ja, die junge Frau wollte es lieber gar nicht wissen. Ohnehin beschäftigte sie sich nicht damit, sondern wollte aus diesem Raum heraus und mit dem hiesigen Kapitän reden. Über was auch immer...
Vielleicht würde sie wenigstens erfahren, wohin die Reise gehen sollte, sofern man sie aus Rache nicht über Bord warf. Oder schlimmeres... Nein, auch daran durfte sie nicht denken!
Da kam ihr ihre eigene, aufbrodelnde Wut zur Hilfe, um wenigstens zum Teil zu alter Stärke zurück zu finden. Mit entschiedener Stimme forderte sie Aufmerksamkeit ein und erhielt sie auch pflichtschuldig. Wenngleich sie, in alter Manier, die Reaktion in seinem Blick ignorierte und sich davon nicht beirren ließ. Ob sie besser anders gehandelt hätte... Nun, die Frage musste offen bleiben.
Jedenfalls hatte sie das ganze Schauspiel satt, denn sie war keine Göttin und hatte auch nie darum gebeten, in ein halbes Fischwesen verwandelt zu werden, auch wenn es ihr das Leben gerettet hatte. Dafür war sie ihm durchaus dankbar. Doch so, wie das Ganze geendet hatte...
Rasch verdrängte sie die aufkeimende Erinnerung an die Schreie der hilflosen Männer, als diese über Bord gingen. Woran sie sicherlich gut tat, denn es hätte viel zu sehr zu seiner Miene gepasst, die er ihr nun zeigte und die etwas in ihr zerstörte. Ganz still und leise ging da etwas zu Bruch, das sich in den letzten Tagen aufgebaut hatte.
Natürlich keimte da auch Angst in ihr hoch, obwohl sie weiterhin der Meinung war, dass er ihr eigentlich nichts anhaben durfte. Ja, erst recht nicht nach dem, was sie alles schon gemeinsam durchgemacht hatten! Und da waren auch noch seine Worte, die die Scherben nur noch zahlreicher machten.
Aber im Gegensatz zu dem Bengel ließ sie sich davon nicht einschüchtern, denn so etwas war ihr bedauerlicherweise nicht völlig fremd. Stattdessen verspürte sie Traurigkeit in sich aufsteigen, so, als ahne sie, was da gerade in ihrem Herzen geschah, obwohl sie sich dafür entschied, nicht hinzuhören. "So was nennst du also Spaß?", fragte sie und schüttelte leicht den Kopf. Dabei wandte sie den Blick ab, jedoch nicht zum Bullauge, sondern zur Schiffswand, sodass ihr die Anwesenheit dieser seltsamen Ratten weiterhin entging.
"Und was kommt als nächstes?", murmelte sie betroffen und wechselte unbewusst in ihre Muttersprache. Es fröstelte sie leicht und ihr war, als entstünde allmählich eine Leere in ihrem Inneren, die all das Schöne mit ihm zu verschlingen drohte.
Plötzlich trat ein Wandel bei ihm ein, den sie nur durch seine Entschuldigung zu hören bekam, weil sie noch immer wegsah. Jetzt kehrte ihr Blick zwar zurück und auch der ehrliche Versuch, ihm zu glauben. Nur... es fiel ihr schwer. Nach allem, was sie zusammen erlebt hatten, fiel es ihr unsagbar schwer, ihm noch vollständig glauben zu können... und es zu wollen.
Trotzdem deutete sie ein Nicken an und akzeptierte es erst einmal. Der Schaden in ihrem Inneren war dennoch angerichtet.
Plötzlich wollte sie sich bewusst mit etwas anderem beschäftigen und sich anzuziehen war dabei das Naheliegendste. Dass er ihr dabei ungefragt, wie ein eifriger Diener, half, war ihr unangenehm. Nicht, weil es ihrem Stand nicht entsprechen würde, dazu hatte sie viel zu viele Jahre unter dem Dach ihres Stiefvaters leben können. Sondern weil es Erinnerungen an eine andere, ähnliche Szene weckte, die damals der Beginn etwas vollkommen anderes, schöneres gewesen war. Umso mehr verkrampfte sich ihr Magen bei dem Gedanken daran, sodass sie lediglich ein kaum hörbares "Danke!" murmelte und lautlos aufatmete, als sie fertig waren.
Dann sah sie wieder den Bengel bei der Tür an und als würde das ausreichen, kehrte ihre Wut zurück. Warum, das konnte sie sich nicht erklären, aber sie war innerlich dankbar dafür und stürzte sich mit wahrem Eifer darauf. Was alles andere als schwer war, denn mit jedem Schritt, den sie näher an den Schiffsjungen heran trat, schien dieses Gefühl wie von allein stärker zu werden. Ähnlich einer Flutwelle, die sich allmählich aufbaute, um mit Wucht schließlich anzugreifen.
Warum das so war... Azura wusste es nicht und wollte sich damit jetzt auch nicht beschäftigen. Genauso wenig wie mit dem stärker werdenden Gefühl, innerlich zu verdampfen, ähnlich dem, das sie hatte, wenn sie ihre Magie zu stark einsetzte. Stattdessen wollte und musste sie hier raus!
Dass ihr Begleiter helfend eingriff, ließ sie kommentarlos geschehen, solange er keinen weiteren Mord zu begehen dachte. So konnte sie die empörten Worte ignorieren und zugleich zur Klinke greifen, als von draußen eine Männerstimme erklang.
Erschrocken sah sie auf und ehe sie etwas dagegen tun konnte, rief der Bengel eine Warnung. Einen Moment lang starrte sie ihn ungläubig an. "Was für ein Blödsinn!", beschwerte sie sich.
Sie und fliehen? Selbst wenn sie einen gehörigen Grund dazu hätte, wie sollte das gehen? Sie waren auf einem Schiff und solange sie keinen Hafen anlaufen oder einem anderen Gefährt begegnen würden, hätte sie ohnehin keine Möglichkeit lebend zu entkommen.
Schließlich schüttelte sie den Kopf und drückte endlich die Klinke hinunter. Mit dem Ergebnis... dass sich nichts tat? Verwirrt starrte sie einen Atemzug lang auf ihre Hand, dann versuchte sie es noch ein paar Mal mit demselben Resultat. Sie versuchte es sogar mit ihrem Körper gegen das Türblatt, was nur zu einer schmerzenden Schulter führte.
Schließlich gab sie es notgedrungen auf und sah zu den Rangelnden. Dabei entdeckte sie das Messer und ahnte, dass das noch ein böses Ende nehmen würde. Warum sie daraufhin also eingriff? Die junge Frau wusste es später auch nicht zu sagen, außer, dass sie dumm handelte, unsagbar dumm.
"Genug jetzt!", rief sie und wollte nach dem Handgelenk des Bengels greifen. Was sich als keine gute Idee erwies, denn in diesem Moment folgte eine ruckartige Bewegung und mit einem Schmerzenslaut zog sie ihre Hand hastig zurück.
Mit den zitternden Fingern der anderen umklammerte sie Gelenk und sah auf den blutenden Schnitt, der sich quer über die Innenseite zog. Tränen schossen ihr in die Augen und sie hob den Blick. "Hört jetzt endlich auf!", verlangte sie schniefend und dennoch befehlsgewohnt.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 6. Juli 2022, 09:06

Nur Madiha hatte die wild quiekenden Ratten bemerkt, ehe sie ihren Zuschauerplatz auf der anderen Seite des Bullauges fluchtartig verließen. Aber sowohl sie als auch Azura sahen stattdessen etwas Anderes: Corax präsentierte seine wahre Natur, jedenfalls schien es so, und sie war nicht schön. Wo für die Adelstochter ein behutsam und mit Vertrauen aufgebauter Teil ihres Inneren plötzlich zerbrach, da lernte Madiha ein Wesen kennen, das noch abgrundtief böser war als sie es jemals für möglich gehalten hätte. Bisweilen hatte ihr alter Besitzer und Frauenschänder Khasib diesen Platz eingenommen. Corax' boshaftes Grinsen nun aber zu sehen und die verachtenswerten Worte zu hören, die all die Tode ihrer Mannschaft zu einer Banalität verkommen ließen, erzeugten bei beiden Frauen die Erinnerung an einen Brechreiz.
Madihas freie Hand glitt zum Türrahmen. Es war zu viel. Wie hatte dieser Fremde ihr und all ihren Mitmenschen nur so etwas antun können? Selbst seine ... Göttin? Nein, das war sie nicht, sie dementierte all seine Worte! Aber selbst die einstige Fischfrau war strikt gegen sein Handeln gewesen. Daraus ließ sich schlussfolgern, dass die Mordlust allein im schwarzen Herzen des ebenso dunklen Elfen geboren worden sein musste.
Was sich in Azuras Innerstem nun aber entwickelte, hatte nichts mit der unheilvollen Tat an Deck zu tun. Einzig, dass sie an Deck wollte, konnte man damit gleichsetzen. Sie brauchte frische Luft nach Corax' Offenbarung! Außerdem wollte sie versuchen, ein Wort mit dem Kapitän des Schiffes zu wechseln. Dass tief in ihrem Unterbewusstsein ein Warnsignal losgetreten wurde, konnte sie bislang noch ignorieren. Ihre Erinnerung suchte einen Weg an die Oberfläche und dass Kapitäne ebenfalls grauenhafte Absichten haben konnten, doch Corax überwog derzeit alles. In seiner Nähe zu sein war ihr Segen und Fluch. Vielleicht hätte Azura auf die Buntschelmin Méllyn Kicherklang hören sollen. Sie hatte Corax als das erkannt, was er war: Ein Grauschelm, der jedem in seiner unmittelbaren Umgebung Leid und Verderben brächte. Sie hatte nicht mit ihm reisen können. Seine bloße Nähe hatte bei der gegensätzlich magisch Begabten für Unruhe gesorgt. Und auch hier wäre es von Vorteil, wenn Azura tiefer in sich hinein horchte. Dann hätte sie möglicherweise eine Erklärung für dieses seltsame Gefühl des Widerwillens gefunden, das sich in der Nähe Madihas ausbreitete. Auch der falsche Schiffsjunge spürte etwas und es kam nicht aus dem flauen Magen heraus, den die Worte des Elfen verursacht hatte.
Es war ihnen allen zu viel. Lediglich Corax schien auf perfide Weise die Ruhe zu bewahren. Auf seine Art, denn dadurch senkte sich nicht sein Aggressionspotenzial. Er versuchte mit brachialer Gewalt, Madiha von der Tür weg zu zerren, damit seine Begleiterin den Raum verlassen konnte. Dieses Mal aber entschied sich das Kind der Wüste für die Rebellion. Sie durfte beide nicht an Deck lassen. Dort war so viel Chaos und Leid geschehen. Die Mannschaft und auch sie selbst erholten sich gerade erst davon. Nein, die beiden mussten sicher verwahrt bleiben. So unternahm Madiha das einzige Richtige, das ihr in der Situation in den Sinn kam. Sie rief um Hilfe - auf ihre Art. Sie bat Briggs nicht, die Tür zu öffnen. Sie forderte ihn nicht auf, gegen die beiden Fremden vorzugehen. Sie warnte ihn, damit er Jakub und die übrigen Mitglieder der Blauen Möwe mobilisieren könnte. Aus ihrer Sicht war es klug. Für Corax und Azura bedeutete es mehr Ärger, zumal die in den Adel eingelebte junge Frau die Tür gar nicht aufbekam.
Derweil hatte Corax sich den mutmaßlichen Burschen geschnappt. Beide rangelten und zwischen ihnen blitzte die Klinge des kleinen Messers immer wieder auf.
Corax schien das Ganze auch noch zu genießen. Er grinste wieder. Seine Augen blitzten blutrot auf vor Vergnügen und er war drauf und dran, Madiha zu überwältigen. "Du willst uns aufhalten, achja? Nun, dann zeig ich dir mal, wozu ich fähig-" Weiter kam er nicht.
"Genug jetzt!", rief Azura und weil sie an der Tür nicht voran kam, wandte sie sich den Streitenden zu. Ohne die Situation genauer zu überblicken, griff sie ein. Im wahrsten Sinne des Wortes griff sie ein, denn etwas strich an ihrer Handinnenfläche entlang. Es fühlte sich kalt und glatt an. Erst den Bruchteil von Sekunden später spürte sie den Schmerz. Ihm folgte die klebrige Wärme von Blut, das aus der geschnittenen Wunde hervortrat. Es füllte ihre Handinnenfläche, rann in die Lebenslinie und andere Runzeln ihrer Haut, so dass sich dort ein rotes Muster bildete, ehe die ersten Tropfen den Boden suchten.
Azura begann zu zittern, umfasste ihr eigenes Handgelenk und betrachtete die Quelle des Schmerzes. Wie tief der Schnitt war, konnte sie nicht sagen. Überall war nur Blut. Es strömte mit nicht enden wollende Intensität aus ihr heraus und ließ ihre Haut so rot schimmern wie Corax' Augen. Jener starrte ebenfalls auf die Verletzung. Dies wäre genug Zeit für Madiha, auch gegen ihn vorzugehen, doch noch ehe sie wirklich Größeres anrichten konnte, wirbelte er auch schon wieder zu ihr herum. Für einen Moment schien sein Blick einen roten Schleier des Hasses hinter sich herzuziehen.
"Waaaas hast du getan?! Verfickter, kleiner Bengel! Dafür wirst du büßen! Meine Herrin zu verletzen! Schmore in Faldors Reich aus Qualen! Du wirst leiden. LEIDEN! Ich bringe dich um!" Er geriet in einen solchen Rausch blanker Wut, dass er überhaupt nicht bemerkte wie er ständig zwischen den Sprachen umher wechselte. Sogar Garmisch war dabei, aber wo es für Azura mehr als vertraut klang, war es für Madiha erneut nur eine Erinnerung an Caleb. Jedoch eine düstere, denn die Worte sprudelten mit so viel Hass aus Corax heraus, das hätte Caleb niemals so zu ihr gesagt!
Schon stürzte Corax sich auf das Mädchen. Ihn kümmerte nicht, dass ihr blutiges Messer nun auch ihn traf, dass die Klinge einen Schnitt an seinem Oberarm verursachte. Er würde glatt hineingreifen, wenn sie noch einmal zustechen sollte. Ihn kümmerte nur noch der Rachedurst. Als hätte Azura ihm mit ihrer Bluthand ein rotes Tuch vor die Augen gehalten, gab er sich voll und ganz seinem Zorn hin. Es fehlte nur noch, dass er Dampf aus der Nase schnaubte. Es geschah!
Aus Corax' Nase und Ohren stieg Rauch auf. Er brüllte und attackierte Madiha mit aller Kraft, die er besaß. Er ignorierte den Schmerz, den ein Messer in seinem Körper verursachen konnte. Was kümmerte es ihn schon, wenn er starb? Er würde das Mädchen mitnehmen! Seine Finger erreichten ihren Hals. Er legte die Hände eng darum, bemerkte gar nicht die Weichheit der Haut oder den viel zu kleinen Adamsapfel, der Aufschluss auf Madihas wahre Identität gegeben hätte. Wenn es nach Corax ging, würde er das niemals erfahren. Denn was interessierten ihn schon die Leichen, die seinen Weg pflasterten?
Er legte beide Hände um den Hals des Mädchens und begann zuzudrücken. Er wollte es schnell beenden. Sie sollte sterben, sofort! Aber jemand hatte etwas dagegen. Dieser Jemand war nicht Azura, obwohl auch sie sich in den Kreis hätte mit einreihen können.

Außerhalb des Schiffes, auf dem schmalen Sims vor dem kleinen runden Guckfenster versammelte sich erneut eine Schar pelziger Nager. Ihr schwarzes Fell war struppig und borstiger als bei normalen Ratten. Die Füße wirkten knotig wie die Zweige alter Bäume. Ihren Schnauzen waren länger, die Tasthaare dicker und die Augen bösartiger. Außerdem quiekten sie nicht, sie keckerten.
"Nein, nein, nein, was macht es denn?"
"So macht das Ganze keinen Spaß, nein nein."
"Was haben wir davon, wenn er das verunstaltete Ding sofort umbringt."
"Nein, nein ... nicht lustig, ganz und gar nicht lustig."

Die Ratten gaben ihre seltsamen Schreie von sich. Sie kreischten, allerdings eben nur in Rattenlautstärke, so dass nicht einmal die Gischt Notiz davon nahm. Eine von ihnen krabbelte am Außenrumpf des Schiffes entlang und hinterließ mit ihren kleinen Krallen tiefe Kratzspuren. Sie war die fetteste der Ratten und ihr Fell nahm an den Enden eine gräuliche Melierung an. Als sie den Kopf umwandte, wirkte das Gesicht holzig und der Pelz erinnerte an Dornengestrüpp, das sich langsam durch das Holz des Schiffes fraß. "Das ist langweilig. Wir sollten einschreiten, wenn niemand etwas unternimmt."
"Aber dann verderben wir uns den ganzen Spaß!"
"Nicht lustig, wenn wir selbst handeln müssen. Ganz und gar nicht lustig."
"Ich will sehen, wie er ihr einen Finger abschneidet!"
"Ja, abschneiden. Abschneiden, hahahaha!"

Das Keckern wurde etwas lauter. Noch immer bemerkte es niemand. Dann verließ die Rattenschar ihren Platz am Fenster. Sie folgten dem dicken Anführer, der immer kleiner wurde. Das Fell fiel von ihm ab, während er winzige Flügel unter einem Chitinpanzer bildete. Schon suchte sich die Gruppe schwarzer Kakerlaken ein Schlupfloch ins Innere des Schiffes.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Mittwoch 6. Juli 2022, 14:42

Hätte Madiha früher in ihrem Leben gewusst, wie viel Trotz in ihren Venen floss, wären die Dinge vielleicht anders gelaufen. Sie hätte vielleicht schon früher mal versucht sich so stark gegen etwas aufzulehnen, wie jetzt in dieser Kabine. Der beengte Raum war für sie alle zu viel. Nun, zumindest für sie und die Frau, denn die bezeichnete Göttin wollte offenbar nichts weiter als weg. Aber genau das hatte Jakub Madiha aufgetragen zu verhindern. Er hatte ihr sogar ein Messer dafür gegeben. Und auch wenn das als Junge verkleidete Mädchen nicht wusste, wieso ausgerechnet ihr diese Aufgabe übertragen wurde, nahm sie sich dieser an. Bis alles aus dem Ruder lief. Bis die Göttin der Meere Hilfe in Form eines mordlüsternden Dunkelelfen bekam und Madiha sich plötzlich einer Überzahl gegenübersah. Zudem war die Tür abgesperrt und das alles schaffte eine Atmosphäre, die nur in einem fulminanten Finale enden konnte. Doch bis es so weit wäre, versuchte das dürre Mädchen ihr Bestes, um die beiden Fremden daran zu hindern, mit ihr das gleiche anzustellen, was sie mit Fischauge und den anderen Mitgliedern der Crew getan hatten. Die Anspannung in ihr führte dazu, dass sie das Messer zu ihrem Schutz doch noch zog. Es war eine Impulshandlung und Madiha wusste nicht mal, wie sie das Messer am besten einsetzte, damit sie heil aus der Sache kam. Allerdings wurde sie abgelenkt, als der Dunkle mit seltsamer Mimik zu sprechen begann und ihr das nackte Grauen bescherte. Seine Augen waren so düster. So etwas hatte Madiha noch nicht gesehen. Gleiches galt für die Ratten am Bullauge, die sich beinahe schon vorwitzig davor drängten, als wollten sie den Ausgang dessen was im Innenraum geschah nicht verpassen. Leider waren die Sekunden, in denen Madiha nach ihnen sah, so wertvoll gewesen. Und als sie die Bewegung wahrnahm, war es bereits zu spät. Die Rothaarige hatte sich erhoben und hielt auf die Tür in Madiha’s Rücken zu. Sie wollte raus, wollte den Kapitän sprechen und ihr Begleiter folgte auf dem Fuße. Madiha versperrte zwar den Durchgang, allerdings griff der Rotäugige nach ihr und zerrte mit Entschlossenheit an ihrem schmalen Körper. Madiha’s Trotz begann zu köcheln, was sie zudem lautstark protestieren ließ, als sie die schraubstockartige Behandlung erfuhr. Funkelnd betrachtete sie den Dunklen, während die andere versuchte die Tür zu öffnen.
Madiha hatte Brigg’s gewarnt. Sie hatte ihn gewarnt und hoffte inständig, dass er Hilfe holte. Madiha ahnte, dass sie das sonst nicht überleben würde. Die Situation schaukelte sich weiter hoch und während die Göttin versuchte die Tür mit ihrem Körper zu öffnen, rangelte Madiha mit dem Mann der sich auch noch einen Spaß aus ihrer Gegenwehr zu machen schien. Aus ihrem Trotz wurde Wut. Dieser Mann verhöhnte sie und ihre Bemühungen sich zu wehren und es machte ihm einfach nur Spaß. Als die Frau ihre Stimme erhob und mahnend um Einhalt rief, wandte Madiha ihr Gesicht ihr zu. Die Anstrengung stand dem Wüstenkind ins Gesicht geschrieben. Zumal sie spürte wie ihr schwindelig wurde. Die Nähe der Fremden hatte irgendwie Einfluss auf ihren Stand. Madiha hatte keine Ahnung von derlei Dingen und doch spürte sie instinktiv, dass es von ihr ausging. War das ein fauler Zauber? Ihre Magie schien grenzenlos zu sein. Doch noch ehe sie ihre Gedanken aufräumen und wieder fokussieren konnte, griff die Frau nach ihr. Madiha zuckte erschrocken und …. Verletzte sie. Für einen Moment stand die Zeit im Raum still. Ungläubig starrte die Sarmaerin auf die Handfläche die sich mit Blut zu füllen begann. Den schniefenden Ausspruch nahm sie gar nicht mehr zur Kenntnis. Verdutzt starrte sie die Hand an und spürte sofort ein Bedauern. Es tat ihr leid, sie hatte das nicht gewollt. Doch noch bevor sie weiter reagieren konnte, spürte sie eine Heftigkeit, die sich ihren Körper bemächtigte:

Madiha wurde wie wild gegen die Wand des Zimmers gedrückt und ihr blieb die Luft weg. Ihre Augen fanden den Ursprung dessen und was sie sah, ließ ihr sofort die nackte Angst in den Körper schießen. Das was sie da sah war purer, blanker Hass. Und ein unbändiger Wille, sie auf der Stelle zu zermalmen. Vergessen war die Verletzung der anderen. Vergessen, dass Madiha sich nur verteidigen wollte. Die blanke Angst bemächtigte sich ihrer und brachte sie dazu sich mit allem was sie hatte gegen die Gewalt des Dunklen zu stellen. Sie schrie sogar auf, versuchte dadurch mehr Kraft zu mobilisieren, allerdings war er einfach viel zu stark. Was konnte sie denn ausrichten? Rein körperlich war er bereits überlegen. Und jetzt schien er in regelrechter Raserei zu sein, sodass Madiha nur spürte, wie er sie wieder und wieder gegen die Wand nagelte. Es schmerzte. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass sich das Messer in den Oberarm bohrte. Es hing inzwischen völlig ungesehen in ihrer Hand, bis es scheppernd zu Boden fiel. Sie brauchte ihre Finger, um ihn wegzudrücken. Sie stemmte sich mit allem was sie aufbringen konnte gegen ihn. Bis er seine Hände um ihren Hals legte und augenblicklich zudrückte. Erschrocken riss sie die Augen auf. Ihre Hände verließen seine Oberarme und legten sich auf seine Handgelenke. Madiha kratzte. Sie schlug und hämmerte gegen ihn. Sie zappelte wie eine Irre in einer Zwangsjacke. „Nein! NEIN!! NEIN!“, schrie sie erstickt und achtete überhaupt nicht mehr darauf, als Junge durchzugehen. Sie japste nach Luft. Während er blanken Hass verspürte, war es ihre Angst, die beinahe greifbar im Raum wurde. Madiha versuchte ihre Angst in ihre Hände zu legen. Versuchte ihn wegzustoßen. Den Knoten in diesem Moment zu beschwören, dass er verbrennen würde oder sonst etwas. Doch es half nichts, er war zu stark. Sie konnte, nach allem was sie aufbringen wollte, spüren wie die Kraft sie verließ. Wie das Leben sie verließ. Madiha’s Augen, vor Angst geweitet, liefen über und Tränen rannen über ihr Gesicht. Ihr Blick verschwamm, doch sie hämmerte weiter gegen seine Hände. Immer wieder klappte ihr Mund auf und zu, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Bis sie nicht mehr konnte. Hämmern und Wehren wurden weniger. Der Blick wurde trüber und doch versuchte sie dem scheinbar Unausweichlichem Einhalt zu gebieten. „Bi… bitt…e“, krächzte sie unter der Last seiner Hände, die ihre Kehle zusammendrückten, hervor. Sie japste noch mal nach Luft, dann gaben ihre Beine nach und er würde sie, um sein Werk zu vollenden, halten müssen, wenn sie nicht zu Boden gleiten sollte.
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Re: Unter Venthas Willkür

Beitrag von Azura » Freitag 8. Juli 2022, 14:50

Sie hatte gedacht... nein, gehofft, dass sie beide endlich über diesen einen dunklen, angsteinflößenden und verachtenswerten Charakterzug ihres Begleiters hinweg gekommen wären. Dass ihre Zuneigung dazu führte, dass er sich auf Dauer bessern würde.
Nun jedoch zu erleben, dass diese Gefühle und ihr Bemühen vergebens gewesen waren... Etwas in ihr zersprang in winzig kleine Teilchen und würde nie wieder ganz zu kitten sein, selbst dann nicht, wenn er sich tatsächlich auf immer bessern würde.
Ob es wohl sinnvoller gewesen wäre, mit der Buntschelmin mitzugehen? Nein, denn so hätte sie ihn im Stich gelassen und sich vermutlich, wider besseren Wissens, stets die Frage gestellt, was gewesen wäre wenn. Vielleicht musste sie eben auf diese Weise lernen, um sich von ihm am Ende trennen zu können. Obwohl sie das eigentlich nicht gewollt hätte... und auch jetzt noch nicht wollte.
Stattdessen musste sie raus, raus an die frische Luft und am besten so weit weg von diesem Schiffsjungen wie nur möglich! Wie nur könnte sie den Kapitän für sich gewinnen, damit er sie nicht in hohen Bogen gleich wieder über Bord warf? Oder schlimmeres täte...? Azura hatte noch keine Idee und trotzdem wollte sie sich davon nichts anmerken lassen.
Zu ihrem Leidwesen war die Tür jedoch verschlossen und der Bengel verhielt sich dermaßen dumm, dass sich alles schon wieder hochzuschaukeln begann. Dass sich die junge Frau im Folgenden ebenfalls äußerst unklug benahm, würde sie selbstverständlich niemals zugeben!
Die Folgen hingegen bekam sie schmerzhaft zu spüren, als sie in die Klinge griff. Mit Tränen in den Augen und zitternden Fingern stand sie da und starrte ungläubig auf die schmerzende, blutende Stelle, die der Schnitt in ihrer Handinnenfläche hinterlassen hatte. Es brannte wie Feuer! Und beanspruchte in den nächsten Momenten all ihre Aufmerksamkeit, sodass sie erstaunlicherweise nur am Rande und ganz weit weg mitbekam, wie ihr Begleiter ausrastete.
Stattdessen sah sie das Blut, all das viele, hellrote, frische Blut, das aus der Wunde austrat, zusammen lief und irgendwann überging, als wäre das Gefäß zu klein für diese Menge. Während die ersten Tropfen hinunter fielen, wurde das Zittern ihrer Glieder stärker, die Knie wurden ihr weich und weiterhin auf die Verletzung starrend, sank sie zu Boden.
So starrte sie weiterhin auf das, was sie niemals für möglich gehalten hatte. Gezeichnet, von einem kleinen Bengel mit einem Messer geritzt und vermutlich für den Rest ihres Lebens mit einer verunzierenden Narbe versehen. Wo der Dunkelelf ihr bislang lediglich etwas genommen hatte, um ihr so viele neue Empfindungen zu schenken, das niemand wirklich sehen konnte und das sie gekonnt würde verbergen können, so hätte sie nun ein Andenken, das sich nicht auf Dauer verbergen lassen würde.
In ihrem Kopf begannen sich die Gedanken zu jagen und zu drehen, dass ihr schwindelig wurde. Ihr Magen verkrampfte sich und fing ebenfalls an zu schmerzen.
Indes bekam sie noch immer nichts von dem Todeskampf in ihrer unmittelbaren Umgebung mit. Erst langsam, mit tränenverschleiertem Blick konnte sie aufsehen und wollte in echter, weinerlicher Empörung nach dem Grund für dieses Verschandeln ihres Körpers fragen.
Doch anstatt jetzt endlich den Kampf zu bemerken und womöglich noch helfend eingreifen zu können, entdeckte sie etwas anderes. Etwas... schwarzes, mit vielen Beinen versehen und äußerst flink, wie es sich in immer größer werdender Zahl in den kleinen Raum drängte. Und das etwas war, das bei vielen Frauen jene Reaktion auslöste, die auch Azura nun zeigte.
Beim Anblick der Kakerlaken weiteten sich zuerst ihre Augen, vergaß sie einen Moment lang den Schmerz in ihrer verwundeten Hand, sogar das Blut und der Urheber mit der kleinen Klinge wurde unwichtig. Ihr Mund öffnete sich langsam, ihre Lungen sogen sich mit Luft voll... und sie begann zu schreien. Nein, nicht wirklich zu schreien, viel eher kreischte sie hysterisch los, dass es nur so in den Ohren gellte.
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