Liam

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Beitrag von Liam » Montag 19. Juli 2021, 03:16

Liams Steckbrief
Name: Liam

Rasse: Mensch, Grandessaner

Alter: Liam ist wohl zwischen 25 und 30 Jahren alt. Das Datum seiner Geburt und somit sein genaues Alter ist ihm nicht bekannt.

Geschlecht: Männlich

Beruf: Faustkämpfer, Geldeintreiber, Schläger, Leibwächter

Heimat: Der Außenring der Stadt Grandea, Grandessas Hauptstadt

Gesinnung: Neutral - Liam wurde in eine Welt hineingeboren, in der die Schwachen verenden und sich nur die Starken behaupten können. In solch einem Umfeld ist die klare Teilung in "Gut" und "Böse" nicht immer sinnvoll und selten einfach. Zweifellos hat Liam sein kriminelles Leben hindurch sehr viel Leid verursacht und Dinge getan, die moralisch verwerflich sind. Der Grund dafür ist jedoch viel mehr in pragmatischem Selbsterhalt als in sadistischer Freude an Unrecht zu suchen. Liams wahre Gesinnung zeigt sich am besten anhand des Umstands, dass er Gedanken an die Folgen seiner Taten verdrängt und zugleich aktiv nach Lösungen sucht, unnötiges Blutvergießen zu vermeiden. Wenn er sich somit auch immer selbst der Nächste ist, so leitet ihn dabei stets eine Stimme der Vernunft, die auch zum Ausdruck von Gefühlen wie Empathie und Ehre fähig ist.

Magie: Liam zeigte nie auch nur einen Funken magischer Begabung. Aufgrund eines traumatischen Erlebnisses in seiner Jugend fürchtet und verachtet er die Magie und ist der festen Überzeugung, dass ausnahmslos alle Magier mit bösen Kräften im Bunde sein müssen.

Sprache: Liams Muttersprache ist Garmisch, nur ungern wechselt er ins Celcianische. Das sich seit längerem in Grandessa verbreitende Lerium erkennt er am Klang, versteht jedoch kein einziges Wort davon. Im Allgemeinen ist Liams Sprachgebrauch sehr direkt und häufig garniert mit diversen Kraftausdrücken, kann jedoch auch beizeiten sanfte Züge annehmen. Gemäß seiner fehlenden Bildung verwendet er selten komplizierte Begriffe oder lange Sätze und neigt zu Äußerungen im Verbalstil ohne Subjekt. Zur Illustration komplizierter Sachlagen greift er gerne auf Gleichnisse zurück, welche seine Sicht der Dinge mal treffend, mal weniger treffend darstellen.

Religion/Glaube: Was den Glauben betrifft, ist Liam gewissermaßen ein Zyniker. Gebete sind in seinen Augen reine Zeitverschwendung, da die Götter entweder nicht existieren oder die Belange der Sterblichen von ihren jenseitigen Gefilden vollkommen unbewegt beobachten. Liam ist der festen Überzeugung, dass sein Schicksal in seinen eigenen Händen liegt - die Götter können ihm somit gestohlen bleiben!

Aussehen: Liam ist ein stämmiger und hochgewachsener Mann in seinen besten Jahren. Er hat mittellanges, rotbraunes Haar und trägt einen kurz gehaltenen Vollbart. Kantige Züge und Spuren einstiger Kämpfe geben seinem Gesicht ein sehr maskulines, wenn nicht gar einschüchterndes Erscheinungsbild. Die unter dichten Brauen sitzenden Augen sind stahlgrau und undurchdringlich, wenn nicht gerade der seltene Funke eines Lächelns von ihnen ausgeht. Die in der Vergangenheit mehrmals gebrochene Nase ist zwar halbwegs gerade, doch am Nasenansatz deutlich eingedellt. Liams Ohrmuscheln sind aufgrund häufiger Erschütterungen durch Schläge merkwürdig verformt und leicht nach außen gestülpt. Zudem steht an der Stelle seiner hintersten zwei linken Backenzähne eine goldene Brücke, die bei richtigem Lichteinfall matt schimmert, wenn Liam spricht. Wer aus all diesen Anzeichen immer noch nicht klug wird, errät die Art von Liams Broterwerb mit nur einem Blick auf seine Hände. Sie sind geschwollen und an den Knöcheln mit feinen Narben übersät, weshalb sie meist in fingerlosen Handschuhen stecken. Ebenfalls verdeckt sind die vernarbten Spuren eines dämonischen Klauenhiebs, die sich von seiner linken hinteren Hüfte über große Teile seines Rückens bis hin zu seinem Kragenansatz ziehen. Spricht ihn jemand darauf an, gibt er einsilbig zur Antwort, er sei in seiner Kindheit von einem Bären verwundet worden. Dabei hilft es nicht, dass Liam keine wirkliche Vorstellung hat, wie Bären eigentlich aussehen...

Persönlichkeit: Entgegen erster Trugschlüssen ist Liam mehr als nur ein brutaler Schlägertyp und ruchloser Handlanger. Obwohl er bei weitem kein Idealist ist, vertritt er durchaus Wertvorstellungen, für die er bereit ist einzutreten. Entgegen vieler seiner Kameraden hat Liams Opportunismus somit Grenzen, die für ihn schlicht unverhandelbar sind. Das macht ihn jedoch keinesfalls zu einem Heiligen, sondern bestenfalls zu einem Schurken mit Gewissen. Sein ausgeprägter Lebenswille ist Liams Triebkraft: Er verspürt einen andauernden Drang nach Selbstverbesserung, der mit der Bereitschaft einhergeht, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Die Anerkennung seiner Umwelt spielt hierbei wohl eine größere Rolle, als er sich selbst eingestehen möchte und erklärt zentrale Schritte in seiner Entwicklung. Schwächen und Unsicherheiten versteckt er dabei hinter einer Maske, die sich jedoch in der Regel schnell durchschauen lässt. Häufige Albträume und damit verbundene Schlafprobleme haben Liam zu einem recht unangenehmen Zeitgenossen werden lassen: Er ist impulsiv, nachtragend und neigt dazu an diversen Vorurteilen lange festzuhalten. Fremden begegnet er grundsätzlich mit Misstrauen - Respekt oder gar Vertrauen ist ihm nur schwer abzuringen. Besteht jedoch einmal ein gewisser Grad an Vertrautheit, so erweist sich der Grandessaner als recht verlässlicher Verbündeter.

Stärken: Ein zutiefst waghalsiger Lebensstil hat Liams Körper und Geist deutlich abgehärtet. Seine Kraft und Konzentration kann er somit außergewöhnlich lange aufrechterhalten, selbst wenn Schmerzen und Stress ihn in die Mangel nehmen. Als geübter Faustkämpfer hat er sich eine beachtliche Reaktionszeit antrainiert und gelernt, sein Gegenüber genau zu lesen. Liam kennt daher die Schwachstellen des Körpers und weiß diese mit gezielten Hieben zu traktieren. Zugleich hat er beim Geld eintreiben früh zu schätzen gelernt, dass subtile Drohungen und intensives Zusprechen oftmals schneller ans Ziel führen, als rohe Gewalt. Somit kann Liam äußerst überzeugend wirken, zumal selbst in Situationen, in denen eine Tracht Prügel gänzlich außer Frage stehen. Von seiner Vergangenheit als Bandenführer doch auch als Vertrauensperson seines neuen Bosses ist Liam geübt darin, Menschen anzuführen, Befehle zu erteilen und Gehorsam einzufordern. Als Krimineller besitzt er zudem noch einige zu erwartende Talente wie das Knacken von Schlössern und das Beutelschneiden - beides Fähigkeiten, die mit der Zeit jedoch etwas eingerostet sind.

Fähigkeiten:

Faustkampf (Gut)
Diebesfähigkeiten (Überdurchschnittlich)
Dolch (Durchschnittlich)

Schwächen: Seiner Schwachstellen wird sich Liam nur ungern bewusst, was man wohl selbst bereits als Schwäche zählen mag. Nicht zu leugnen ist, dass er beizeiten ein ziemlicher Hitzkopf sein kann: Aufgestaute Frustration entlädt sich schnell in Wut, welche wiederum zu einem schlechten Urteilsvermögen und daraus entstehender Selbstüberschätzung führen kann. Liams Körper ist dabei oft leidtragend, was mittlerweile nicht mehr ganz unbedenklich ist. Neben seinen stets sirrenden Ohren zählt das magische Fluchmal auf Liams Rücken wohl zu den folgenschwersten Verletzungen seines Lebens. Bei körperlicher Überanstrengung beginnt es zu brennen und zu stechen, was anfangs seine Laune, im weiteren Verlauf seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Beizeiten leuchtet das unsägliche Ding gar matt im Dunkeln, was in manchen Situationen weitere Probleme mit sich bringen kann. Und dann sind da noch die Albträume, die ebenfalls mit den Ereignissen derselben Nacht verbunden sind. Weitere Schwächen teilt Liam mit wohl vielen Menschen seiner Umwelt: So hat er nie gelernt zu schwimmen und würde in tieferen Gewässern kläglich untergehen wie ein Sack Kartoffeln. Er hat Höhenangst, welche sich in entsprechenden Umgebungen in einem leichten Zittern der Glieder äußert. Zwar kann er ziemlich gut rechnen, doch das Lesen bereitet ihm noch einige Probleme. Dem Alkohol und Glücksspiel spricht Liam öfters zu und scheint daraus partout keine Lehren zu ziehen. Und wie es bei so vielen junge Männern der Fall ist, sind es die Frauen, die den testosterongeladenen Grandessaner nur allzu leicht jegliche Vernunft über Bord werfen lassen.

Lebensgeschichte: Nur wenige Erinnerungsfetzen sind Liam von seiner frühen Kindheit geblieben, da er das meiste längst vergessen oder gut verdrängt hat. Ursprünglich ein Findelkind, verbrachte er seine ersten Lebensjahre in einem der vielen heillos überfüllten Waisenhäuser Grandeas. Naive Träume von zu ihm zurückkehrenden Eltern oder einer liebevollen Familie, welche ihm schon bald ein neues Zuhause bieten würde, gingen im ernüchternden Alltag der Anstalt bald gänzlich unter. "Wertlose Taugenichtse" hieß man sie, die auf Kosten der Gesellschaft mit Widerwillen am Leben gehalten wurden - zumindest für eine Weile. Auf den Tag genau sechs Jahre nach seiner Ankunft im Waisenhaus wurde Liam schließlich für wenige Silbermünzen an einen alten Gerber verkauft. Tagsüber schuftete er wie ein Sklave in der allzeit stinkenden Gerberei, nur um in der Nacht von dem ebenso stinkenden Alten missbraucht zu werden. Schwach und wehrlos fügte sich das Kind dem Willen des Mannes und hoffe vergebens auf ein Ende der Übergriffe. Es kam wie aus heiterem Himmel, als der Gerber eines Tages während der Arbeit aufstöhnte, sich an die Brust griff und schwerfällig vornüber in einen Bottich heißer Lauge fiel. Liam sah mit großen Augen dabei zu, wie der zuckende Leib immer träger wurde und die Luftbläschen allmählich versiegten. Erst dann, als sich nichts mehr regte und plötzlich Stille einkehrte, dämmerte dem Kind, was vorgefallen war. Zögerlich ließ es die präparierten Häute fallen und trat auf den reglosen Körper zu. Ein leichter Stoß blieb ohne Reaktion. Ein weiterer ebenfalls. Dann folgte ein erster Hieb, ein vorsichtiger Tritt. Es dauerte nicht lange, bis alle Hemmungen fielen und sich die durch jahrelangen Missbrauch angestaute Hilflosigkeit und Frustration wie ein Sommergewitter entluden. Als Liam nach geraumer Zeit wieder zu sich kam und auf die Überresten des Gerbers vor sich herabblickte, war alle Kindlichkeit aus ihm gewichen. Nachdem er den mit Blut und Hautfetzen besudelten Scherdegen aus den Händen legte und ein letztes Mal in das zerfetzte Gesicht des Alten blickte, gab er sich selbst ein Versprechen. Es war simpel und leicht zu merken, sodass es für den Rest seines Lebens hängen bleiben würde: „Nie mehr schwach sein.“

Dem verhassten Haus den Rücken kehrend, lebte der Junge daraufhin einige Wochen allein auf der Straße. Er musste damals zwischen zehn und zwölf Jahre alt gewesen sein. Das Geld von den verhökerten Wertgegenständen aus der Gerberei war bald zur Neige gegangen. Der Hunger wurde somit schnell zu einem ständigem Begleiter und das Betteln erwies sich als vergebliche Mühe, ihn sich vom Leib zu halten. Es war in dieser Zeit, in der Liam auf eine Gruppe älterer Jungen aufmerksam wurde. Sie nannten sich die "Mauerwölfe" und waren eine der vielen Jugendbanden Grandeas, die sich ihr tägliches Brot mit Taschendiebstahl, Überfällen, Einbrüchen und Schutzgelderpressung verdienten. Es war ihre Freiheit, welche Liam sofort in den Bann zog und ihn dazu bewegte, sich ihnen anzuschließen.

Was ihm gegenüber den anderen Straßenjungen an Erfahrung und Talent fehlte, suchte er mit beeindruckender Entschlossenheit wettzumachen. Liam lernte schnell: Er lernte zu stehlen, zu klauen, zu mopsen – sich das zu holen, was immer man brauchte. Er lernte aus erster Hand, wie man Türen aufbrach, Gitter verbog und Fenster einschlug. Und er lernte, wie man durch Drohung und Einschüchterung allein die wenigen Haber der Stadt dazu bringen konnte, sich von ihrer Habe zu trennen. Neben Diebstahl, Einbrüchen und Überfällen standen zudem gewaltsame Auseinandersetzungen mit konkurrierenden Banden auf der Tagesordnung. Es war hier, wo sich Liam hervortun sollte: Nur wenige Monate, nachdem er sich den Mauerwölfen angeschlossen hatte, hatte an ihm der Wandel vom Knaben zum Mann begonnen. Sein Körper veränderte sich, wurde stämmiger und schoss in die Höhe. Seine Schultern wurden breiter, die Arme stärker und sein Griff fester. Gesteigerte Aggressionsbereitschaft und sein stets in Ehren gehaltenes Motto führten ihn dazu, sich abseits der Bandenaktivitäten selbst das Kämpfen beizubringen. Als es ihm schließlich eines Tages gelang, den deutlich älteren Anführer einer verfeindeten Bande in einem Zweikampf zu bezwingen, war ihm der Respekt der Mauerwölfe gewiss. Seine Ambitionen mussten für die anderen Jungen ansteckend gewirkt haben, denn bald daraufhin wählten sie ihn zu ihren Anführer.

Die Bande machte sich in den folgenden Jahren unter Liams Führung einerseits durch besonders waghalsige Verbrechen, doch auch aufgrund ihrer untypisch effizienten Organisation schon bald in großen Teilen des Außenrings einen Namen. Obwohl noch kein einziges Barthaar seine Wangen zierte, verhandelte Liam eigenmächtig mit Hehlern, erpresste Schutzgeld von Kleinbetrieben, schmierte die Wache und bot den kriminellen Organisationen der umliegenden Viertel selbstbewusst ihre Dienste an. Vor allem letzteres war von großer Wichtigkeit: Trotz ihrem sich stetig steigernden Ruf waren die Mauerwölfe doch nur eine Bande halbstarker Jugendlicher - kleine Fische in einem weiten und äußerst gefährlichem Ozean. Sich die Gunst der großen Spieler von Grandeas Unterwelt zu sichern, war somit nichts anderes als überlebensnotwendig. Zu schnell verschwanden Banden wie ihre spurlos über nachts, wenn sie jemandem von Rang und Namen in die Quere kamen – jemandem wie dem Mann, der allen nur als Jasper bekannt war. Unzählige Gerüchte rankten sich über diesen dubiosen Bandenchef, sodass es schwerfiel, Wahrheit von Fiktion zu trennen. Es hieß, dass er einst wie sie von ganz unten begonnen habe, als Straßenjunge in einer der vielen Jugendbanden des Außenrings. Angeblich war sein Aufstieg an die Spitze der Nahrungskette von skrupelloser Gerissenheit gezeichnet und von den Leichen seiner Kontrahenten gepflastert. Seine Autorität schien wie ein Schatten über die Schurken des Außenrings zu schweben und ohne sich es selbst bewusst zu sein, begann Liam den Mann insgeheim zu bewundern.

Das Schicksal sollte sie beide bald zusammenführen: Nicht lange nachdem er Anführer der Mauerwölfe geworden war, hatte Liam begonnen, als Faustkämpfer alle paar Wochen in den Ring im Hinterzimmer der Schenke "Zum Bettler" zu steigen. Er war nicht älter als 15, als er nach zahlreichen Niederlagen allmählich eine respektable Reihe an Siegen etablieren konnte. Seine Kämpfe lockten ab diesem Zeitpunkt immer mehr Zuschauer an, darunter bald auch einen älteren, silberhaarigen Mann, der Liam von einem Tisch abseits der Menge stets in Begleitung großgewachsener Rohlinge interessiert beobachtete. Eines Abends, nach einem besonders hartem Kampf, winkte er den Jungen zu sich. Argwöhnisch, mit blutender Nase und schmerzenden Rippen setzte sich Liam zu ihm. Der Unbekannte gratulierte ihm überschwänglich, schenkte ihm ein Bier ein, nannte ihn seinen „Goldjungen“ und zeigte ihm das Geld, welches er bei seiner Wette gewonnen hatte. Und dann stellte er sich vor. Jasper. Er erklärte Liam, dass er ihn schon länger beobachten würde und von ihm beeindruckt war. Er fand üppiges Lob für die Mauerwölfe und Liams Art sie zu führen, bedankte sich gar für die an der üblichen Stelle deponierten Zahlungen, ganz so als handle es sich nicht um Schutzgeld, sondern aufrichtige Geschenke. Jedes seiner Worte floss wie warmer Honig in Liams Ohr, schmeichelte seinem durch den gegenwärtigen Siegesrausch bereits erheblich gesteigertem Ego. Der berüchtigte Jasper sah etwas in ihm, schien gar sein wahres Ich zu erkennen. Stolz wuchs in Liams Brust und er spürte mit einem Schlag eine Verbindung zu dem Mann, welche der elternlose Junge nie zuvor verspürt hatte. Bald schon fraß er Jasper aus der Hand und warf jegliche Vorsicht über Bord. Und dann, nach einem weiteren Humpen Bier, kam der Auftrag.

Wie die Schrecken seiner früheste Kindheit, sind die Ereignisse jener folgenschweren Nacht für Liam nach all den vergangenen Jahren nicht mehr einwandfrei rekonstruierbar. Zu viele Albträume hatten sich mittlerweile mit den schemenhaften Erinnerungen vermischt – vermischt zu einem Wirrwarr aus schrillen Eindrücken. Gänzlich klar war hingegen noch Jaspers Auftrag oder „Bitte“, wie er es nannte: Ein Einbruch in die Hallen des Zirkels der Ritualmagier, einem Ort, an dem sich „alte wehrlose Männer in Kutten“ trafen und sich mit „okkulten Spielchen“ ihre Zeit vertrieben. Die Mauerwölfe sollten die Mauer zum Innenring erklimmen, in deren Hallen eindringen und ein magisches Artefakt erbeuten. Soviel Liam verstand, handelte es sich um eine Art rote Kristallkugel, eingelassen in einer edlen Metallfassung. Ein Sammler würde für sie gutes Geld bezahlen – Geld an dem Jasper sie großzügig beteiligen wollte. Es klang zu gut, um wahr zu sein, doch Liam hatte an der charismatischen Art des Bandenchefs einen Narren gefressen und schien jegliche Vernunft über Bord geworfen zu haben. Er bewunderte Jasper, sah sich gar insgeheim selbst in ihm und hatte nicht vor, ihn zu enttäuschen.

Liam erinnert sich noch dunkel daran, wie sie über ihren üblichen Weg in den Innenring eingedrungen und an der Mauerstraße entlang zu dem bedrohlichen Gebäude des Zirkels geschlichen waren. Das Portal war unbewacht und schnell aufgebrochen, die ersten Hallen dahinter bald geplündert und ihre mitgebrachten Säcke mit verschiedensten magischen Utensilien gefüllt. Ein goldener Rubinring gefiel Liam so gut, dass er ihn einfach überstreifte. Dann hatten sie auf einmal Stimmen vernommen, die Sprechgesänge in einer fremdartigen Sprache anstimmten. Vorsichtig gingen sie der Sache nach. Grelles Licht grüßte sie, als sie in einen hohen, deckenlosen Raum traten, in deren Mitte eine Gruppe von Gestalten in Roben mit ineinander verschränkten Händen um ein in roter Farbe auf den Boden gemaltes Pentagramm versammelt standen. Jeden einzelnen der Männer umgab ein helles Flimmern, das sich wie ein weiterer Mantel um sie legte. In der Mitte des Pentagramms brannte ein helles Feuer, dass sich allem Anschein nach aus sich selbst heraus nährte. Es wirkte unnatürlich, wie alles in diesem verfluchten Ort. Dunkle Konturen schienen in den Flammen auf, verfestigten sich jeweils für einen kurzen Augenblick zu Schemen von Fratzen und Gliedmaßen, nur um bei genauerer Betrachtung wieder zu formlosen Nebel zu verwabern. Es waren die ratlosen und teils verstörten Blicke seiner Kumpanen, die Liam nicht vergessen würde. Er hätte damals sofort zum Rückzug blasen können, doch er hatte gezögert, innegehalten. Da hatten sich die Flammen inmitten des Pentagramms auf einmal aufgetan. Mit einem Mal waren die Gesänge der Männer verstummt. Alle Augen waren auf die Flammen gerichtet, die sich zu einem ovalen Portal formten. Quälend langsam schob sich eine Klaue aus dem Feuer. Eine zweite folgte. Spindeldürre Finger mit Nägeln wie Rasiermesser woben sich um die beiden Ränder des Portals, stützten sich ab. Und dann schob sich ein Kopf aus den lodernden Flammen, der nicht von dieser Welt war. Den missgestalteten Schädel umhüllte eine Haut wie rotes Pergament. An der Stirn prangten gewundene Hörner, die in dunkeln Spitzen endeten. Das Maul war zu einer grotesken Fratze verzogen, welches die gespaltene Zunge und die Reihen scharfer Zähne entblößte. Das Schlimmste waren jedoch die leuchtend gelben Augen, deren Blick rollend durch den Raum wanderte. Das monströse Geschöpf sah auf die Magier mit ihren flimmernden Schemen vor sich herab, fauchte. Dann hielt es inne, nur um mit einem nervenaufreibenden Knacken ruckartig den Kopf zu heben und in die Dunkelheit jenseits des Beschwörungskreises zu starren. Liams Blut gefror in seinen Adern, als sich die Augen des Wesens in seine eigenen bohrten. Er hörte, wie einer seiner Jungs neben ihm wimmerte und klirrend den Sack mit Beutegut zu Boden fallen ließ. Die Magier wandten sich zu ihnen um, doch Liam beachtete sie nicht. Er hatte nur Augen für das Wesen, dessen Maul sich wie in der grotesken Nachahmung eines Grinsens zu verzerren begann. Ein armlanger Finger streckte sich in seine Richtung, als das Monster direkt auf ihn deutete und in einer Sprache zu brüllen begann, deren Worte sich wie Fleischhaken in seinen Verstand rammten. Liam schrie und seine Kameraden stimmten in seinen Schrei mit ein. Er wich zurück, stolperte, fiel, rappelte sich hektisch auf und wandte sich zur Flucht. Da brach bereits die Hölle um sie los. Innerhalb von Sekundenbruchteilen sah Liam, wie drei seiner Bandenmitglieder fielen. Einer ging in Flammen auf, ein anderer zerbarst wie ein zu Boden krachendes Weinglas. Der letzte rannte auf den Ausgang zu, verlor jedoch den Halt, als seine Beine unter ihm zu Staub zerfielen. Schluchzend wand er sich auf den blutbespritzten Fliesen, bis auch der Rest von ihm verwehte. Liam sprintete zum Ausgang, duckte sich unter krachenden Blitzen und Feuerbällen hinweg, die seine Haut versengten. Neben sich sah er, wie seine beiden verbliebenen Freunde niedergestreckt wurden – er war allein. Wenige Schritte trennten ihn noch vom Ausgang, er sprang. Da spürte er einen brennenden Schmerz an seinem Rücken. Zeitgleich zersprang der Ring an seiner Hand in scheinbar tausend Stücke. Liam schrie auf und warf im Flug einen Blick über die aufgerissene Schulter. Er sah den vollends aus dem Portal gestiegenen Körper des Wesens in all seiner unnatürlichen Perversion. Auf groteske Weise verbogen hatte es sich über die Außenlinie des Pentagramms geneigt und hatte den langen Arm mit den in merkwürdigem Licht leuchtenden Klauen nach ihm ausgestreckt. Es hatte ihn lebend haben wollen, hatte ihn greifen wollen. Das Wesen schrie vor Wut, erhob erneut die mit Liams Blut getränkten Klauen zum Hieb. Doch da war Liam bereits in der Dunkelheit verschwunden.

Liam wusste nicht, wie er es in Blut gebadet und mit zerfetztem Rücken zurück in den Außenring geschafft hatte. Er wusste auch nicht, wie ihn seine erschwachenden Beine zum verabredeten Treffpunkt geschleppt hatten. Jaspers Männer hatten ihn gefunden, fast verblutet und wie ein Irrer vor sich hin stammelnd, an die Tür des Unterschlupfs gelehnt. Am Rande seines Bewusstseins bekam Liam noch mit, wie sie ihn vor Jasper brachten, der seinen Kopf am Kinn angehoben und ihn lange ins Gesicht gesehen hatte - wie am Prüfstand. Dann verlor er das Bewusstsein und sollte es für mehrere Tage nicht mehr wiedererlangen.

In den folgenden Wochen begann Liam einiges zu begreifen. Er begriff, dass die Mauerwölfe für eine einfache Jugendbande zu erfolgreich geworden waren, um von den größeren Banden weiterhin geduldet zu werden. Jaspers Auftrag war eine Falle gewesen, die sie alle mit einem Schlag hätte beseitigen sollen. Der Bandenchef selbst hatte es Liam innerhalb der ersten Woche, nachdem dieser wieder zu Bewusstsein gekommen war, erklärt. Nachdem er sich mit einem väterlichen Augenzwinkern an sein Bett gesetzt und ihn nach seinem Wohlbefinden befragt hatte, begann er alle von Liams Fragen zu beantworten. Seine Worte waren frei von Reue oder dem Anschein eines schlechten Gewissens, als er seine Absichten gestand. Was er getan hatte, war "rein geschäftlich" gewesen und sicherlich "nicht persönlich" gemeint. Den Tod von Liams Kameraden bezeichnete er als "bedauerlich, doch notwendig", wenn er sich auch glücklich schätzte, dass Liam selbst überlebt hatte. Er tat gar so, als wäre dies geplant und nicht reiner Zufall gewesen."Du hast schließlich Potenzial, Goldjunge" hatte er ihm mit einem behutsamen Klaps auf die bandagierte Schulter mitgeteilt. "Sobald du wieder fit bist, kannst du für mich arbeiten. Du bist dann einer von uns." Daraufhin hatte Jasper ihm ermutigend zugenickt, war sich die Kleidung richtend aufgestanden und aus dem verdunkelten Zimmer gegangen. Als Liam wieder allein war und an die Decke über sich starrte, wusste er nicht, was er fühlen sollte. Wut, wegen dem Verrat Jaspers? Trauer, aufgrund des Todes seiner Freunde? Angst, im Hinblick auf die Zukunft? Die Wahrheit war, dass Liam zu diesem Zeitpunkt überhaupt nichts fühlte - er fühlte sich einfach leer. Wären da nicht die Albträume und das ständige Pochen seines Rückens gewesen, so hätte er sich womöglich selbst davon überzeugen können, dass er gemeinsam mit dem Rest der Mauerwölfe gestorben war. Doch dem war nicht so. Er lebte noch. Tat einen Atemzug nach dem anderen. Harrte die schmerzerfüllten Tage aus und durchstand die albtraumgebeutelten Nächte. Bis er eines Tages die Kraft fand, die Decke zurückzuwerfen und vom Bett aufzustehen.

Liam rächte sich nicht an Jasper. Ebenso wenig sprach er auch nur ein einziges Wort über die Ereignisse jener Nacht, die er fortan verdrängte. Stattdessen fand er allmählich in einen neuen Alltag hinein, der seinem alten Leben nicht so unähnlich war. Schutzgeld und Diebstahl waren immer noch Schutzgeld und Diebstahl, wenn die Ausbeute nun auch in deutlich größeren Mengen eingenommen wurde. Die Kämpfe mit anderen Banden blieben ebenfalls eine Konstante, wenn sie nun auch meist deutlich blutiger und zumal mit dem einen oder anderen Toten endeten. Zu Beginn rechnete Liam insgeheim fest damit, dass der alte Mann seine Meinung schnell ändern und sich ihm wie den Rest seiner ehemaligen Bande auf irgendeine raffinierte Weise entledigen würde. Doch das Gegenteil war der Fall: Jasper behielt den Jungen stets in seiner Nähe, ließ ihn häufig an seinen Plänen teilhaben und lehrte ihm freizügig Dinge, die ihm das Leben auf der Straße einst selbst beigebracht hatte. Er unterstützte ihn ebenfalls bei der Wiederaufnahme des Faustkampfes und saß nicht selten unter den Zuschauern, die Liam vom Schankraum des "Bettlers" anfeuerten. Liam war nicht naiv - zumindest nicht mehr nach den Ereignissen, die er in jener Nacht erlebt hatte. Er hatte ein gutes Verständnis dafür, warum Jasper ihn förderte und ihn als seine rechte Hand bei sich hielt: Wenn auch ein kleiner Teil von Liam sich wünschte, dass dahinter aufrichtige väterliche Gefühle stünden, so waren Jaspers Beweggründe wohl deutlich pragmatischer. Der Ganovenboss sah Liam wie eine lebende Trophäe - er war sein "Goldjunge" mit den flinken Fäusten. Fäuste, die natürlich auch außerhalb des Rings zum Einsatz kamen. Wann immer Gläubiger nicht zahlen wollten, ein Disput geklärt oder einfach nur ein paar Schädel eingeschlagen werden mussten, war Liam zur Stelle. Als Leibwächter Jaspers sorgte er für dessen Schutz und diente zugleich als lebendes Aushängeschild seines Einflusses. Wieder und wieder erprobte Liam seine Loyalität und wurde dafür im Ausgleich reichlich belohnt. Als ihm eines Tages in einem Handgemenge der Kiefer ausgerenkt wurde und er zwei seiner Backenzähne verlor, scheute Jasper keine Kosten, ihn von einem Fachmann des Innenrings behandeln zu lassen und die verlorenen Zähne durch den ansonsten nur für vermögende Adelige üblichen goldenen Zahnersatz zu ersetzen. "Mein Goldjunge muss schließlich gut aussehen", meinte er. Fast hätte Liam protestiert und darauf verwiesen, dass das offene Tragen von Gold in den Gassen des Außenrings dem Tragen einer Zielscheibe gleichkam. Dann besann er sich eines besseren. Jeder wusste, dass er zu einer Art rechten Hand Jaspers geworden war. Und Angst war und blieb immer noch der beste Schutz...

In den seltenen stillen Momenten hatte Liam in sich hineingehorcht und seine Gefühle erforscht. Hatte er ein schlechtes Gewissen, wegen dem Schicksal der Mauerwölfe? Fühlte er sich schuldig, für den Mann zu arbeiten, der für ihren Tod verantwortlich war und den seinen gebilligt hätte? Empfand er Scham, wenn er Jaspers Geld annahm? Er horchte und horchte. Doch die Antwort blieb stets die selbe. Nein. Wem half ein schlechtes Gewissen wegen Dingen, die man nicht mehr ändern konnte? Warum schuldig für ein Leben fühlen, das man sich mit Schweiß und Blut erarbeitet hatte? Und wieso sollte man sich dafür schämen, eben jenes Leben in vollen Zügen auszukosten? Liam blieb nach wie vor sich selbst und seinem Motto treu - und sein Blick blieb nach vorne gerichtet. Sein neues Leben war abwechslungsreich, gefüllt von Gewalt und Nervenkitzel, von mit Brutalität erworbenem Respekt und dem Komfort fremden Geldes, von schönen Frauen und vollen Gläsern. Die Tage unter den Mauerwölfen waren bald vergessen, verbleibende Erinnerungen wurden bedeutungslos.

Dies änderte sich auch nicht in einer Zeit, in der sich in der Stadt und wohl im ganzen Königreich ein Wandel bemerkbar machte. Es waren die Ganoven, die den Einfluss des dunklen Volkes wohl am frühesten spürten. Handelskarawanen blieben aus. Zahlungen verspäteten sich. Wohlhabende Geschäfte schlossen nacheinander. Und dann waren sie bereits unter ihnen, patrouillierten durch die Straßen, in ihren dunklen Rüstungen und mit ihren fremdartigen Bewegungen, wie eine Meute Raubtiere, die durch ein Gatter von Nutzvieh schlich. Alle Hoffnungen waren auf Jasper gerichtet, welcher seine Bande mit seiner gewohnt charismatischen Art zu beschwichtigen suchte. "So wie es gute Zeiten gibt, gibt es auch schlechte Zeiten", meinte er. "Haltet euch bedeckt. Bis aufs nächste gibt es keine Pläne in eigener Sache, ist das klar?." Bis aufs nächste wurde zu Wochen und schon bald zu Monaten. Viele Bandenmitglieder wurden unruhig, Liam war unter ihnen. Jasper gab immer weniger Aufträge frei, das Geld wurde knapp und der lasterhafte Lebensstil, den er genossen hatte, wurde immer schwieriger aufrecht zu erhalten. Es war, als hielte das dunkle Volk die Stadt in ihrem eisernen Griff und drückte immer fester zu. Dabei ging es Liam und seinesgleichen noch am besten, lebten sie doch im Schatten der Gesellschaft. Aber wenn eben diese Gesellschaft litt - noch mehr als sonst verstand sich - so litten auch sie. Liam, der keinen Kopf für die politischen Hintergründe all dieser Entwicklungen hatte, wandte sich immer mehr dem Faustkampf zu. Es störte ihm dabei nicht allzu sehr, dass die Menge an Zuseher immer kleiner wurde und das Wetten auf fast belanglose Beträge herabsank. Der Kampf war stets sein Rückzugsort gewesen und das blieb er auch in diesen Tagen. Bis ein Abend dies ändern sollte.

Inventar:
  • Ein gefüllter Münzbeutel (0D/3L/12F)
  • Einfache und unauffällige Kleidung
  • Ein Kapuzenmantel
  • Ein Paar fingerlose Handschuhe
  • Zwei mit Spitzen versehene Schlagringe aus Messing
  • Ein einfacher Dolch
Tierische Begleiter:

Keine
(Flöhe, Bettwanzen, Milben, ...)

Einstiegspost:
Grandea -> Grandessa -> Außenring -> Schenke zum Bettler -> Schweiß und Blut
Zuletzt geändert von Liam am Samstag 31. Juli 2021, 16:48, insgesamt 8-mal geändert.

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