Unter den Blättern des Neldoreth

Der Wald liegt südwestlich und erstreckt sich weit in den Osten. Die Zwillingsflüsse Euwin und Auwin schenken dem Wald das Leben. Der Turm der Weisheit und die Ruinen Kosrals verbergen sich in ihm. Angeblich haben die Elfen dort ein Dorf errichtet.
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Rhuna Bláidyaét
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Re: Unter den Blättern des Neldoreth

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Montag 29. August 2022, 22:36

Bei der Böschung angekommen erhellte ein Blitz die Umgebung. Und Rhunas schlimmste Befürchtungen wurden sichtbar, wenn auch nur für einen Moment. Die Erleichterung darüber Yedan endlich gefunden zu haben konnte keine Sekunde einsetzen. Seine blutenden Wunden verhinderten das ersehnte Gefühl und förderten reine Angst in ihr hervor.
Voller Sorge ließ sich Rhuna auf die Knie fallen und rutschte sofort so nah es ging an den Halbelfen heran. Ihre Finger tasteten nach seiner Wange, über die sie sanft eine Hand legte. Er war kühl, doch die Wärme des Lebens war noch immer zu spüren.
“Rhuna…“ Ihren Namen zu hören hätte sie freuen müssen, doch die Elfe erschrak über den Klang seiner sonst so kraftvollen Stimme. Ihre Blicke trafen aufeinander und tapfer lächelte sie ihren Retter liebevoll an, ehe sie versuchte ihn beim Husten zu stützen. Die Angst kroch ihr in jedes Glied.
„Du solltest doch… auf mich warten.“, brachte Yedan noch hervor – bemüht darum einen Scherz zu machen.
„Mir liegt es nicht mich versetzen zu lassen. Aber ruhig jetzt – beweg dich nicht!“, sprach Rhuna so ruhig sie es in ihrem aufegwühlten Zustand vermochte, während ihr Blick bereits abgelenkt, gehetzt über seinen Körper wanderte. Die Elfe war vielleicht keine gelernte Heilerin, doch sie hatte lange assistiert und konnte die schwere von Verletzungen einschätzen. Die ihres Begleiters waren schlimm und sein Zustand war, bereits ohne die lebensfeindlichen Wetterbedingungen, schwerwiegend. Es verlangte der jungen Frau alles ab, ein verzweifeltes Aufschluchzen zu unterdrücken, als ihr das Ausmaß der Wunden bewusst wurde. Seine Hand griff nach ihrer, die sie festhielt und für einen Moment gegen ihre Stirn drückte. Sie musste ruhig bleiben, tapfer bleiben – nicht die Konzentration und Ruhe verlieren.
Er verliert zu viel Blut…!, traf Rhuna gedanklich die Erkenntnis und sie griff hastig nach ihrer Tasche. Ich muss die Wunden…. versorgen und … versuchen die Blutung zu stoppen!!! Die Fläschchen, die sie mit sich herumtrug klimperten gegeneinander, als sie in der Tasche nach einem Mittel suchte, das ihm helfen konnte. Doch hatte sie dieses überhaupt dabei?
Die Elfe spürte neben der Verzweiflung Wut in sich aufsteigen. Yedan hätte das hier nicht passieren dürfen. Nicht ihm! Wieso hatte sie ihn nur alleine losziehen lassen? Wären sie zusammen gegangen, hätte sie vielleicht einen anderen Weg eingeschlagen und er wäre der Bärin nie begegnet!
„Rhuna?“, hörte sie den Halbelfen nach ihrer Aufmerksamkeit suchen, doch Angesprochene war vollends damit beschäftigt einen Ausweg aus diesem Alptraum zu finden. Sie musste ihn retten – irgendwie, doch …
Sie spürte, wie seine Hand ihr Gesicht berührte, doch sie entzog sich der Berührung, um die Kräuter in ihrer Tasche zu überprüfen. Sie hatte doch nicht viel Zeit!
„Rhuna!“, ermahnte Yedan und griff sanft mit Fingern und Daumen um ihr Kinn, damit sie ihn ansah und nicht die Verletzungen.
„Nicht jetzt!!!“, fuhr Rhuna ihn verzweifelt an und richtete ihren Blick wieder in sein Gesicht. Ihre Hand griff zurück zu seiner Hand und umschloss sie mit ihren zittrigen Fingern.
„Du musst das Dorf finden.“, hörte sie ihn sagen, bevor er von einem erneuten Husten geschüttelt wurde. Rhuna schüttelte mit dem Kopf und sah in seine braunen Augen, die ihr stets Trost und Mut geschenkt hatten. Doch nun verschwand langsam das besondere Schimmern aus ihnen, das es stets vermocht hatte, ihren Blick einzufangen und zu fesseln. Ihre Hand drückte fester die seine.
Ich flehe euch an, Florencia und Phaun, bitte lasst Faldor ihn mir nicht wegnehmen! Der Gedanke Yedan zu verlieren war zu nah und zu wahrscheinlich. Rhuna kannte den Sarier erst ein paar Tage, doch er war ihr näher als andere Elfen, die sie ihr Leben lang bereits kannte.
„Das Dorf der Waldmenschen.“, fügte der Halbelf noch hinzu und hob seine Linke von seinem Bauch an, um ihr eine Richtung zu deuten. „Dort lang, immer weiter… du verfehlst es nicht.“, krächzte Yedan schwach und sein Arm fiel geschwächt zurück auf den Waldboden. Rhuna durchzog ein Schreck. Die Bauchwunde war schlimmer, als angenommen. Sein Arm hatte das schlimmste verdeckt und bisher vor ihren Blicken verborgen.
Der Sarier wurde immer bleicher und sie nahm sein Gesicht sanft in ihre Hände. Das Eon war noch immer an ihrer Seite, doch gerade hatte sie keine Augen für ihren kleinen Seelentröster.
„Hör mir zu – bleib wach! Du musst wach bleiben!“, beschwor Rhuna Yedan. Ihre Stimme brach, wie auch ihr Herz. Die Elfe war sich bewusst darüber, dass sie kaum etwas gegen die Wunden tun konnte. Die Lage war ungünstig, das Wetter war eine Katastrophe und nirgends schien Hilfe in erreichbarer Nähe zu sein. Das kleine Eon beugte sich etwas weiter nach vorne, um einen besseren Blick auf Rhunas gefundenen Begleiter zu haben. Die kleine Nase zuckte vom Schnuppern, ehe sich die Ohren anlegten, beim Wahrnehmen des Blutgeruchs.
„Du hast… einen neuen Freund…“ Yedan hatte das kleine Geschöpf auf ihrer Schulter wohl bemerkt und lächelte schwach, kaum noch kraftvoll. Rhuna bemerkte, wie sein Bewusstsein zu kippen begann. Er war zu blass - das erkannte sie bei einem erneuten Blitz.
„Bitte Rhuna…“, begann er und sie hätte ihn am liebsten geohrfeigt. Selbst im Angesicht mit dem Tod dachte er noch immer nur an sie. Er musste an sich denken – kämpfen und…! Es brachte die Elfe fast um den Verstand und förderte Wut ihm gegenüber zu Tage.
„Yedan… ich schwöre dir, wenn du mich jetzt verlässt finde ich Kata Mayan und hole dich eigenhändig wieder zurück! Und wenn ich bis in den Harax klettern muss!!! Ich kann dich… nicht im Stich lassen!“ Und das würde sie auch nicht. Sie verdankte Yedan mehr als einmal ihr Leben, ihren Mut, ihr Lachen. Und er war nur wegen ihr in dieser Situation! Sie würde es sich niemals verzeihen können, würde er hier und jetzt sterben, weil er so dumm gewesen war einer weltfremden Shyáner Elfe das Leben zu retten.
„Das Dorf. Dort findest du… Zuflucht.“, murmelte er, ehe sein Kopf zurücksackte und seine Hand, die ihre zuvor wiedergefunden hatte, kraftlos zu Boden sank. Das Herz der jungen Elfe geriet in Panik und krampfte sich schmerzhaft zusammen, als sie sah, wie er das Bewusstsein verlor.
„Yedan…! Yedan!!!!“, rief sie - schrie ihn fast an, rüttelte ihn kurz, ehe sie ihn losließ, als wäre ein Schalter umschlagen. Eilig wandte sich die Elfe ihrer Tasche zu und suchte Fläschchen für Fläschchen ab.
Ich muss etwas tun. Was habe ich hier? Das Pulver hier würde die Blutung stillen, doch das kann bei solchen Wunden nichts bewirken. Dafür blutet es zu stark. Ich muss die Wunden erst nähen aber ich habe nichts…! Was könnte ich…? Rhunas Gedanken überschlugen sich, während sie in ihrer Tasche wühlte. Dann endlich – fiel ihr etwas ein. Hastig zog sie ihren Umhang hervor und suchte die Naht. Mit Pharus Messer trennte sie eine Stelle auf und zog den langen und robusten Unterfaden heraus. Dann griff sie sich an ihren Hals, umfasste die filigrane Goldkette, die ihre Mutter ihr zum Abschied überlassen hatte und riss sich diese, mit einem Ruck vom Hals. Der Verschluss riss entzwei und die Kette zerfiel in mehrere Einzelteile. Rhuna griff nach dem dünnen und spitzzulaufenden Verschlussteil und befestigte den Faden ihres Umhangs daran. Das war knifflig und es brauchte zwei Anläufe, den Faden so zu befestigen, dass er nicht beim Nähen abrutschen würde. Das Metall wurde gebogen und ein wenig später hatte sie ein provisorischen Nähwerkzeug.
Die Blitze erhellten dankbarerweise immer wieder die Umgebung, so dass Rhuna beginnen konnte die Bauchwunde zu nähen, nachdem sie ihn von einer sitzenden in eine liegende Position gebracht hatte. Schnell waren ihre Hände mit Yedans Blut getränkt und sie musste aufpassen beim Nähen nicht abzurutschen.
Ich muss Ruhe bewahren. Das ist die einzige Chance …., die ich habe. Es war knifflig – nervenaufreibend, doch je mehr sich die Wunde dank der Naht schloss, je einfacher wurde es. Als die Bauchwunde vernäht war streute sie das Rindenpulver auf die Naht, das zusätzlich desinfizierend und blutstillend wirkte. Anschließend kümmerte sie sich um die Halswunde, dann um den Arm. Immer wieder kontrollierte sie seine Atmung. Diese war flach und schwach, doch noch war sein Puls vorhanden.
Ihr zweites Kleid zerriss sie in Streifen, rieb gesammelten Heilkräuter, die sie auf ihrer Reise mit Yedan gesammelt hatte, in den Stoff und verband die Wunden, so gut es ging damit. Ihre Erschöpfung ließ ihre Ohren singen, doch sie erlaubte sich noch keine Schwäche. Dennoch … was sollte sie hiernach tun? Yedan musste aus dem Regen raus. Aus der Kälte – zu einem Heiler.
Das Dorf der Waldmenschen ist zu weit entfernt. Ich würde es niemals schaffen es zu erreichen und mit Hilfe zu ihm zurückkehren, bevor ihn Faldor bereits zu sich geholt hat. Rhuna konnte nicht einmal wissen, ob er die nächste Stunde überleben würde. Mit wackligen Knien erhob sie sich und sah sich um. Sie musste ihn irgendwie schützen – so schnell es ging.
Die junge Elfe zog große Äste heran und lehnte sie an den großen Baumstamm, unter dem ihr Begleiter noch immer ohne Bewusstsein lag. In ihrer Tasche trug sie einige der feinen Lianen mit sich, die Yedan und sie zum Angeln benutzt hatten. Sie knotete damit die Äste zusammen, so dass diese beim nächst größeren Windstoß nicht umfallen würden und sicherte das Konstrukt, indem sie es an einem Seitenast über Yedan befestigte. Der Regen erhielt nun weniger Angriffsfläche, doch war dies genug? Yedan den Umhang umlegend setzte sie das kleine Eon an seine Seite.
„Pass bitte auf ihn auf und melde dich, wenn es ihm noch schlechter geht!“, bat sie das kleine Wesen, das sich an Yedans unverletzter Schulterseite nahe seines Halses kuschelte. Es gab noch einen kleinen pfeifenden Laut von sich, ehe Rhuna noch einmal aus dem Unterstand krabbelte und aus dem lehmigen und durchweichten Boden Moos riss mit dem sie die größeren Löcher ihrer Schutzwand stopfte. Als würde Florencia ihr ein Geschenk machen wollen, fand sie in der Nähe einen Strauch Purpurglocken, dessen rotviolette Beeren nicht nur nahrhaft waren, sondern auch blutbildende Nährstoffe enthielten.
Der Regenschutz war nur eine Notlösung, für die die junge Frau kaum Zeit gehabt hatte, doch er hielt die Tropfen zum großen Teil auf. Mit den Beeren kroch sie zurück zu Yedan und kontrollierte seinen Puls. Sie legte ihm eine Hand auf die Wange und spürte, dass sein Körper, wie auch ihrer ausgekühlt war. Der Umhang war zum Glück ebenfalls ein wenig Wasserabweisend und so hatte er dem Sarier zumindest ein wenig Wärme geben können.
Wie verabreiche ich ihm nun nur die Beeren? Er wird sie nicht kauen, geschweigenden schlucken können. Einen Moment überlegte Rhuna, ehe sie ihre Wasserflasche hervorzog. Sie schüttete ein wenig Wasser hinaus und begann die Beeren darin zu zerquetschen. Der Saft lief hinein und vermischte sich mit dem kleinen Rest Wasser. Dazu gab sie noch eine Kräuterflüssigkeit, die sie ebenfalls in einem ihrer kleinen Fläschchen transportiert hatte. Diese würde eine Heilung ebenfalls unterstützen und möglichem Fieber entgegenwirken. Vorausgesetzt Yedan würde ihr nicht unter den Händen wegsterben.
Ich brauche Hilfe…! Aber ich kann ihn nicht verlassen. Wenn ich ihn nicht warm bekomme, wird er es nicht bis zum Morgen schaffen…! Sie saß in einer Sackgasse und spürte eine quälende Hilflosigkeit. Die Erschöpfung forderte langsam ihren Tribut. Vor Anstrengung zitternd merkte die junge Elfe, wie ihr schwindlig wurde. Rhuna war durch die körperliche Anstrengung des Weges und des Baus zwar ein wenig aufgewärmt, doch ihr Körper würde ebenfalls schnell wieder auskühlen, wenn sie sich nicht mehr groß bewegen würde.
Einen Moment lang lag ihr Violett auf ihrem Lebensretter. Sie konnte gerade nicht mehr viel machen. Nah rutschte Rhuna an ihn heran und nahm vom Kräuter-Beerengemisch einen Schluck in den Mund. Sanft legte sie eine Hand an seine Wange, während sie mit ihrer zweiten, seinen Mund öffnete. Die Elfe beugte sich ohne länger darüber nachzudenken vor und legte ihre Lippen auf seine geöffneten und flößte ihm so in kleinen Schlucken die Flüssigkeit ein. Vorsichtig – bedacht darauf, dass Yedan diese in seinem geschwächten Zustand schlucken konnte, ohne sich zu verschlucken.
Bitte Florencia… ich weiß, dass ich dich an diesem Tag bereits um so viel gebeten habe. Doch bitte… lass ihn überleben. Lass ihn ein wenig zu Kräften kommen, dass ich Hilfe finden kann. Ich flehe dich an, lass ihn leben! Die junge Elfe löste sich von seinen Lippen, nur um die Prozedur noch zwei Mal zu wiederholen, bis die Flasche geleert war.
Liebevoll, erschöpft und sorgenvoll sah sie in Yedans blasses Gesicht, das sie nur schemenhaft wahrnehmen konnte, da ihr Regenschutz auch weiteres Licht abschirmte.
„Yedan…? Bitte kämpfe! Ich weiß nicht, ob du mich überhaupt noch wahrnimmst, aber du musst kämpfen. Ich gebe dich nicht auf also … gib du dich auch nicht auf!“, flüsterte sie leise woraufhin das kleine Eon, das die ganze Zeit über stiller Beobachter gewesen war, einen kleinen Pfeifton von sich gab. Müde lächelnd streichelte sie ihrem Findelkind über den Kopf und bot ihm die letzten Beeren an, ehe sie den Umhang von Yedans Körper entfernte. Vorsichtig legte sich Rhuna so dicht sie konnte und ohne an die Verletzungen zu kommen, an den Körper des Halbelfen und breitete den Umgang über ihnen beiden aus, darauf bedacht, dass er am besten gewärmt wurde. Das kleine Eon krabbelte zurück zu ihr und rollte sich an ihrem Hals und Nackenbereich ein.
„Das vorhin war mein Ernst, Yedan. Ich… lasse nicht zu, dass Faldor dich zu sich holt.“, flüsterte die Elfe noch einmal und spürte wie ihr, vor Erschöpfung und Sorge, Tränen über die Wangen liefen. Vorsichtig strich sie ihm mit einer Hand durch die Haare, ehe sie ihre Hand vorsichtig an seiner Seite zur Ruhe bettete, wo er nicht verletzt war.
Rhunas Körper forderte langsam aber sicher Schlaf, doch sie hielt noch krampfhaft an ihrem Bewusstsein fest, weil sie Angst hatte, dass Yedan in ihren Armen unbemerkt sterben könnte. Sie hatte keine große Zeit gehabt sich genauer Gedanken darüber zu machen, doch sie wusste nun, dass der Halbelf ihr mehr bedeutete, als sie bisher wahrgenommen hatte. Es war vielleicht nur eine kurze Zeit, doch Yedan hatte in dieser, nicht nur einen Weg in ihr Herz gefunden, sondern auch in ihre Seele.

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Re: Unter den Blättern des Neldoreth

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 31. August 2022, 13:31

Der Regen prasselte unablässig auf das Geschehen nieder. Er traf nicht nur die braunen Haare der Frau, sondern suchte sich auch den Weg über die Haut des Mannes, um sich mit seinem Blut zu mischen. Die sich bildende Flüssigkeit lief weiter gen Erdboden und näherte die Erde mit dem Leben. Grell wurde die Szene erhellt, wenn der Blitz Rhuna ein wenig Licht spendete. Sekunden hatte sie dann nur, um sich an das Grauen zu gewöhnen, welches sie erkennen konnte. Ihr Albtraum war zur Wahrheit geworden und auch wenn sie sich wünschte, sie möge endlich aufwachen, tat sie es nicht. Sie musste die Ruhe bewahren, die ihr die Heiler in Shyána Nelle vorgelebt hatten. Sie ließen sich von noch so schrecklichen Zuständen nicht beeindrucken, folgten sachkundig einem Schema und handelten danach. Rhuna kannte das Schema und sie wusste: Kritische Blutungen wurden sofort und als aller erstes behandelt! In ihr legte sich ein Schalter um, der sie handlungsfähig bleiben ließ, selbst im Angesicht ihrer Gefühle, die sie zu übermannen drohten. Sie griff mit verschmierten Fingern nach ihrer Tasche. Dem Sammelsurium an Hoffnung das sie dabeihatte. Hier würde sie doch fündig werden! In dem schlechten Licht war es nicht so einfach das richtige zu finden, aber Rhuna hatte diese Tasche eigenhändig gepackt. Sie wusste was sie dabeihatte und sie kannte die verschiedenen Fläschchen und Pulver sehr gut. Einzig ihr eigenes Adrenalin, welches seit ihrem Fund noch mal heftiger durch ihre Venen trieb, machte ihr einen Moment das Suchen schwer. Und während der Stress, in der Zeit in der sie nicht das fand, was sie brauchte, zu groß werden drohte, war es die Stimme des Halbelfen, die sie zwang durchzuatmen. Ihre Ablehnung stieß auf Hartnäckigkeit, sodass sie einlenken musste. Yedan ließ sie für einen Moment innehalten, schenkte ihr seine wertvolle Lebenszeit, die unablässig aus ihm hinausfloss. Er wollte ihr eine wichtige Information angedeihen lassen, die zumindest ihr Überleben sichern würde. Er ahnte vielleicht, wie es um ihn bestellt war und sorgte sich trotzdem nur um sie. Er wollte sie in Sicherheit wissen, das war es, was ihn in dieser Welt hielt. „Hör mir zu – bleib wach! Du musst wach bleiben!“, flehte sie und spürte die Wut der Machtlosigkeit in sich aufkommen. Der Sarier nickte kaum merklich in ihrem Griff, versuchte ihrem Wunsch zu entsprechen, aber es fiel ihm merklich schwerer. Er lenkte sich durch das Eon ab, versuchte auch die Shyáner etwas leichter zu stimmen. Die Panik in ihrem Blick konnte er nur schwer ertragen. Nicht für sich, sondern für sie. Sie hatte die letzten Tage viel durchmachen müssen und er hätte sich gewünscht, dass sie nicht jetzt vor ihm kniete, um verzweifelt retten zu wollen, was einfach nicht mehr möglich war. Er spürte es. Und sie tat es als sein Kopf kraftlos zurücksank und er die Augen schloss. “ Yedan… ich schwöre dir, wenn du mich jetzt verlässt, finde ich Kata Mayan und hole dich eigenhändig wieder zurück! Und wenn ich bis in den Harax klettern muss!!! Ich kann dich… nicht im Stich lassen!“ stieß sie panisch aus, doch der Elf reagierte nicht mehr. Zu sehr lähmten ihn die fehlenden Tropfen des Lebens. Er hatte durchgehalten, für sie. Aber jetzt, wo er wusste, dass sie seine Worte erreicht hatten, da durfte er endlich loslassen. Rhuna aber kämpfte. Trotzig und stark zeigte sie sich, als sie endlich zu handeln begann.
Als wäre sie plötzlich von jeglichen lähmenden Ängsten befreit, sah sie Möglichkeiten überall um sich herum. Als erstes die Wunde nähen. Dann dafür sorgen, dass er nicht länger dem Regen ausgesetzt würde und Wärme! Er brauchte Wärme. Rhuna machte sich daran ihren Plan zu verfolgen, schuf aus den Nähten ihres Umhanges eine sichere Naht des Lebens. Sie hatte das Nähen gelernt und auch wenn die feuchten Umstände es deutlich erschwerten – es gelang ihr die provisorische Nadel aus den Gliedern ihrer Kette durch das Fleisch zu treiben. Fest war es und zeugte von seinem Lebensstil. Kein Gramm Fett verkürzte ihre Glieder-Nadel, sodass sie binnen einiger Augenblicke endlich eine Naht gesetzt hatte. Das Rindenpulver entfaltete seine Wirkung, während sie sich um die Wunde am Hals bemühte und den Arm verband. Yedan ließ das alles über sich ergehen. Eigene Reaktionen gab es derweil keine mehr und Rhuna spürte die Bewusstlosigkeit des Elfen, sobald sie ihn etwas bewegen wollte. Er war so schwer. Seine Atmung war flach, aber schnell, während sein Puls ebenfalls deutlich geschwächt durch seine Gefäße trieb, aber der Takt sich erhöhte. Der Körper arbeitete gegen den Blutverlust an, doch würde das mit ihrem Tun ausreichen? Nachdem die Wunden von ihr mit ihrem Können versiegelt waren, brauchte sie dringend etwas, um ihn endlich aus dem Nassen herauszubekommen. Angestrengt und ausgelaugt von den Strapazen, raffte sie sich weiter auf, um ihm einen Unterstand zu bauen. Es war provisorisch und mit mehr Zeit oder mehr Kraft, wäre ihr gewiss besseres gelungen, doch Rhuna konnte durchaus zufrieden mit ihrem Geschick sein. Ab und zu tröpfelte Regen durch die nicht ganz abgedichtete Decke, aber sie hielt das Meiste draußen. Nichtsdestotrotz würde es eine Auskühlung nicht gänzlich verhindern können, da der Boden nass und klamm blieb. Das Eon folgte ihren Worten, als verstünde es sie und spendete so gut es dem kleinen Körper war, etwas Wärme. Rhuna indes suchte noch Moos, um das Dach weiter zu flicken, bis sie plötzlich auf einen Strauch aufmerksam wurde. Purpurglocken schienen zu leuchten und sich ihr regelrecht entgegenzustrecken, als sie darauf zuging. Seltsam schien, dass es dort scheinbar trocken war, wo der Strauch stand. Ob sie das in ihrem Zustand überhaupt wahrnahm, blieb fraglich aber um den Strauch herum war der Boden trocken, während das schimmernde Glühen eindrucksvoll war.

“Seit wann mischen wir uns ein, Flor?“, murmelte er und neigte sich etwas seiner Frau entgegen, um ihr einen Kuss auf die Schläfe zu geben. Sie lächelte und hob die anmutigen Schultern ein wenig. „Sieh nur wie sie zu hoffen wagt. Wie ihr die Natur alles darbietet, was sie nun braucht.“, antwortete die liebreizende Stimme und er musste schmunzeln. „Das tut sie, dafür ist sie da. Aber nur für Kundige, die sich auch damit beschäftigen.“, meinte er und betrachtete das Mädchen, welches gerade eilig in den Unterstand zurückkehrte, um die Wirkung der Purpurglocken zu nutzen.

Rhuna gelangte wieder zu Yedan und mischte die Beeren mit ihrem Wasser, um es ihn einzuflößen. Sie konnte spüren, dass das Leben beinahe gänzlich aus ihm gewichen war. Da war keine Muskelspannung mehr, seine Haut gräulich und ohne jegliche Wärme. Kam sie zu spät? Nein! Sie musste es weiter versuchen. Sie durfte nicht aufgeben! Und so nahm sie den heilenden Saft in ihren Mund, um ihre Lippen mit seinen zu versiegeln und langsam die Flüssigkeit seine Kehle hinabrinnen zu lassen…

„Komm, wir sollten uns zurückziehen. Sie wird ihm nicht mehr helfen können und das ist nicht länger unser Einfluss. Er wird einen Platz in den ewigen Hainen finden, aber Tod muss ihn geleiten.“, wollte er seine Frau überzeugen, den Blick abzuwenden. Doch sie rührte sich nicht. „Sie… erinnert mich.“, sagte die Schöne und er seufzte leise. „Ich weiß, mich auch…“, gestand er und traf den Blick seiner Frau, den er bereits so viele Zeitalter liebte. Und er sah in ihrem Blick, dass es nichts geben konnte, was er zu sagen hätte, denn sie hatte sich bereits entschieden. Bitte Florencia… ich weiß, dass ich dich an diesem Tag bereits um so viel gebeten habe. Doch bitte… lass ihn überleben. Lass ihn ein wenig zu Kräften kommen, dass ich Hilfe finden kann. Ich flehe dich an, lass ihn leben!
Die Angesprochene wandte den Blick auf die Szene und sie sah die junge Elfe losgelöst von allem rundherum. Ihr Gebet erreichte sie nicht das erste Mal und meist hörte sie nicht so hingebungsvoll hin. Die meisten baten um Kleinigkeiten, die sie auch ohne ihr Zutun finden konnten, wenn sie nur die Augen öffneten. Dieses Mädchen aber flehte und das auf selbstlose Art und Weise. Außerdem erinnerte sie die Göttin. Ein liebevolles Lächeln erreichte die Elfe, auch wenn sie das nicht sehen konnte. Sie wusste, dass ihr Mann das nicht guthieß. Doch er würde sie nicht aufhalten. Die Göttin der Natur schloss die Augen und atmete tief durch. Als sie die Augen wieder öffnete, erkannte sie eine Lichtgestalt neben sich, die selbst ihr, Wärme zu spenden wusste. „Du rufst mich?“, drang eine liebliche Stimme aus dem Licht heraus. Sie nickte. „Sie?“, Florencia schüttelte den Kopf. „Ihn.“, meinte sie und das Licht blickte auf die beiden in ihrem Unterstand. „Seit wann mischen wir uns ein?“, fragte das Licht und Florencia schmunzelte. „Hast du nicht erst kürzlich für den Tod gehandelt? Dem Mädchen die Chance geben, dass sie den Dieb behalten konnte?“, warf die Göttin der Fruchtbarkeit ein und das Licht ließ ein glockenhelles Lachen verlauten. „Du weißt, wie er ist. Was soll ich sagen?“. Florencia nickte. Das Licht wurde zu einer Frauengestalt und hielt eine Laterne in der Hand. „Warum die beiden, Florencia?“, fragte das Leben und die Naturgöttin hob die Schultern. „Sie erinnern mich…“, sagte sie und das Leben nickte verstehend.


Rhuna war eingeschlafen. Sie hatte sich an Yedan geklammert, versuchte ihn mit ihrem letzten Rest Wärme zu beschützen. Sie hatte alles gegeben, sie hatte alles versucht. Die Natur war eine unbarmherzige Prüferin und sie hatte ihr getrotzt. Der Regen wurde über ihren Schlaf weniger, bis er gänzlich aufhörte. Das Gewitter zog hinaus aufs Meer und würde dort eine Mannschaft ordentlich fordern, während sich neue Erkenntnisse bildeten und in zärtlicher Zweisamkeit mündeten. Nicht alles war durch und durch schlecht und aus vielem wurde Gutes geboren. Die beiden Elfen und das Eon schliefen die grauenvolle Nacht einfach fort und wurden durch ein Knacken geweckt. Die Sonne schien und tauchte den Wald Neldoreth abermals in das magische Grün-Leuchten. Es wurde wärmer, aber nicht stickig wie im Kapayu. Rhuna durfte erkennen, dass sie zwar noch reichlich feucht waren, aber bereits zu trocknen begannen. Yedan lag unverändert neben ihr, hatte die Augen geschlossen, die deutlich eingesunken wirkten. Der Blutverlust hatte ihn an den Rand seines Lebens geführt und das sah man ihm an. Jetzt erkannte sie auch, dass das Blut überall verschmiert war. Doch die Nähte hielten, die Kräuter taten ihr Möglichstes. Sobald Rhuna prüfte, wie es um ihren Sarier bestellt war, durfte sie zweierlei feststellen: Zum einen atmete er ruhiger und der Puls war langsamer. Nicht bedrohlich – sondern entspannter. Zum anderen war seine Haut warm. Der Funke des Lebens war in ihn zurückgekehrt und jetzt musste er nur noch heilen. Hoffentlich würde er das können, denn auch wenn es eine leise Entwarnung gab, schwebte er noch immer in Gefahr. Er brauchte nun Ruhe, Zeit und vor allem Hilfe, dass sein Körper die verlorenen Lebenstropfen auffüllen konnte. Erneut knackte es in ihrer unmittelbaren Umgebung, sodass das Eon die Ohren in die Richtung aufstellte. Es wirkte alarmiert, aber nicht verängstigt.
Plötzlich konnte sie Stimmen hören.
„…Ich sag dir, ich habs gesehen!“
„Unsinn, du hast geträumt. Wieder zu viel Lakii-Beeren genascht, was?!“
„Du isst viel mehr davon als ich!“, wurde sich beschwert.
„Gar nicht!“, kam die Antwort, dann wurde es wieder etwas stiller.
Doch ein beständiges Knirschen und Knacken kündigte Schritte an. Und sobald Rhuna ihren Unterstand verlassen würde, würde sich ihr wunderschönes Violett auf eine Erscheinung unweit ihres Lagers richten. Ein erhabener, wunderschöner Hirsch, ganz in Weiß hatte den Blick direkt auf sie gerichtet und musterte sie. Die Blicke trafen sich, als wäre es keinem Zufall geschuldet. Dann drehte er sich um und verschwand zwischen den Bäumen.
„Ich sage dir, da war ein weißer Hirsch! Er ist hier langgelaufen! Glaub mir doch!“, kamen die Stimmen, einem Mann und einer Frau gehörend, näher und während sie den Weg näher und näher zu Rhuna und ihrem Patienten fanden, segelte eine einzelne Apfelblüte vor die Füße der Shyáner auf den Boden. Ein kleiner Gruß, das alles gut werden würde.
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Re: Unter den Blättern des Neldoreth

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Mittwoch 31. August 2022, 19:59

Eine ganze Weile hatte Rhuna tapfer versucht nicht einzuschlafen. Ihr Blick lag erschöpft, aber voller Sorge auf ihrem Begleiter, der flach atmend, um sein Leben kämpfte. Die Tränen, die der Elfe stumm über den Nasenrücken und die Schläfe liefen, endeten in ihrem nassen braunen Haar und dem durchtränkten Moos. Ihre Lider wippten immer wieder. Die Müdigkeit wollte sie feste umschließen, doch was, wenn es Yedan schlechter gehen würde? Was, wenn sie es nicht mitbekäme? Im Unterbewusstsein wusste Rhuna, dass sie gerade nicht mehr tun konnte. Ihre Mittel und Fähigkeiten in dieser aussichtslosen Situation waren ausgeschöpft. Und ihr blieb nicht mehr als zu ihren Gottheiten zu beten und über den Sarier zu wachen.
Die Anzeichen, dass die Götter ihr, in dieser furchtbarsten Stunde ihres Lebens, zur Seite standen, hatte sie vor lauter Sorge und Arbeit nicht bemerken können. Die trockenen Beeren der Purpurglocke waren der Elfe nicht aufgefallen. Zu sehr funktionierte sie nur noch und war auf den nächsten Schritt konzentriert, den sie gehen musste.
Die Erinnerungen an all die Momente, die sie mit Yedan erlebt hatte, spielten sich noch einmal vor ihrem inneren Auge ab und ihr Herz schmerzte fürchterlich bei dem Gedanken, ihn vielleicht schon so bald zu verlieren. Würde sie sein Lächeln nie wieder zu Gesicht bekommen? Seine amüsierten und teils undefinierbaren Blicke? Ihre Stirn lehnte an seiner kühlen Haut. Sein Geruch, der sie stets beruhigte, trug nun eine schwere und beunruhigende Duftnote von Blut mit sich. Sie rückte noch etwas näher – versuchte ihm so viel Wärme abzugeben, wie sie es in ihrem Zustand vermochte.
Dass sie beobachtet wurde – dass ihre Gebete erhört wurden – davon ahnte Rhuna nichts. Und mit der Zeit tauchte der Schlaf die junge Elfe in seine stille Welt.

Der Sturm legte sich ohne, dass die beiden Elfen und das kleine Eon groß etwas mitbekamen. Die Erschöpfung war für alle Drei groß gewesen.
Mit dem Sonnenaufgang kehrte das rege Leben des Waldes zurück. Vögel zwitscherten und der Wind wehte in wärmeren und sanfteren Böen durch die Äste und ließen die blättergefüllten Baumkronen gemütlich rascheln.
Das Brechen eines Astes - ein Knacken ließ Rhuna aufschrecken. Ihr Kopf ruckte hoch und völlig verschlafen und nur mit halbgeöffneten Augen sah sie sich für einen Moment orientierungslos um. Das Licht brach durch die kleinen Unebenheiten und Löcher ihres Unterstandes und zauberte Lichtflecken, wie kleine Glühwürmchen, an die Rinde des großen Baumes, unter dem sie lagen.
Das kleine Eon, dass sich an sie gekuschelt hatte, war durch ihr Aufschrecken ebenfalls, ein wenig unsanft, geweckt worden und von ihrem Nacken über die, langsam wieder trockenen, braunen Locken gekullert. Pfeifend sah es zu Rhuna empor und zeigte in einem Gähnen seine kleinen spitzen Beißerchen, ehe es sich wieder ablegte und abwartend zu seiner Retterin blickte.
Warme Haut, die die Ihre berührte war das Erste, was die junge Frau wahrnahm und ihr die gestrigen Ereignisse in Erinnerung rief.
„Yedan!!!“, entfuhr es ihr leise und mit einem Mal vollkommen wach sah sie in das blasse Gesicht des jungen Mannes, den sie die Nacht über umarmt und warmgehalten hatte. Sie richtete sich noch etwas mehr auf, strich dem Sarier von der Wange zu seinem Hals und fühlte seinen Puls. Atemlos hielt sie still, ihr eigenes Herz beschleunigte seinen Rhythmus. Da war er! Yedans Herzschlag war stetiger, ein wenig kräftiger – ein Zeichen von Leben. Ein, von einem erleichterten Lachen durchbrochenes Aufschluchzen verließ ihre Kehle. Die Vögel und das Licht bedeuteten, dass der Tag bereits angebrochen war und wenn es der Sarier bis hierhin geschafft hatte, hatte er eine Chance! Es war ein Wunder! Rhuna wusste das, denn der hohe Blutsverlust war lebensbedrohlich gewesen.
Man sah es dem Halbelfen noch immer an. Er war sicher noch nicht außer Gefahr, aber die fast erloschene Flamme der Hoffnung erstrahlte mit ein wenig mehr Kraft.
„Du lebst…! Florencia, ich … ich danke dir!“, sprach Rhuna vollster Dankbarkeit und griff nsch Yedans Hand, die sie sanft drückte - ohne zu wissen, dass ihre Gottheit ihr tatsächlich den Segen der Erfüllung ihres Wunsches erfüllt hatte. Eilig kontrollierte sie seine Wunden, die im Licht des anbrechenden Tages noch viel schlimmer aussahen, als sie es im Blitzgewitter hatte erkennen können. Doch die Wunden sahen gut aus, dafür, dass sie diese nur mit provisorischen Mitteln hatte versorgen können.
Rhunas weißes Unterkleid, das sie trug war getränkt vom langsam trocknenden Blut. Auch klebte es, neben den Spuren von Erde und Schmutz, verschmiert und in einem rotbräunlichen Ton trocknend an ihrer Haut – den Armen, Beinen und in ihrem Gesicht.
„Du hast nicht aufgegeben….!“ Lächelnd strich Rhuna ihrem schlafenden Patienten über die Wange. Das kleine Eon machte auf sich aufmerksam und so schenkte die Elfe auch ihrem kleinen Gefährten ein liebevolles Lächeln und eine Streicheleinheit über das Köpfchen.
Doch so groß die Erleichterung war, dass der Halbelf noch am Leben war – die junge Frau wusste, dass sie noch keine Zeit hatte aufzuatmen. Yedan war noch immer in Gefahr. Sie brauchte Hilfe – er musste an einen Ort, an dem er sich ausruhen und erholen konnte. An dem er fachkundige medizinische Versorgung bekommen würde.
Ein erneutes Knacken erklang und lenkte Rhunas Aufmerksamkeit auf sich. Lauschend setzte sie sich auf. Dann nahm sie den Klang von Stimmen wahr. Stimmen, die abwechselnd in ihrer Muttersprache Lyrintha und auf Celcianisch sprachen.
„…Ich sag dir, ich habs gesehen!“
„Unsinn, du hast geträumt. Wieder zu viel Lakii-Beeren genascht, was?!“
Eilig verließ die junge Elfe den Unterstand und sah sich aufmerksam um. Erneut knackte es - ein Rascheln folgte und als sie sich umdrehte, stand Rhuna einem weißen Hirsch gegenüber. Nur wenige Meter trennte sie vom heiligsten Tier der meisten Elfenvölker. Es war tatsächlich eine Erscheinung, die sie sprachlos und ehrfürchtig innehalten ließ. Für einen Augenblick, traf ihr Blick den des wunderschönen Tieres, dem man nachsagte der gewandelte Gott Phaun höchstpersönlich zu sein.
Es war eine göttliche Erscheinung und die Elfe war im ersten Moment wie gefangen. Konnte es tatsächlich sein…?
„Phaun…?“, löste sich flüsternd der Name der Gottheit von ihren Lippen. Ein Beobachter hätte Rhuna die Verwirrung ansehen können.
„Ich sage dir, da war ein weißer Hirsch! Er ist hier langgelaufen! Glaub mir doch!“, erklang erneut die Stimme, die sie vorhin hoffnungsvoll auf Hilfe hinausgetrieben hatte und holte Rhuna wieder in das Hier und Jetzt zurück. Der Hirsch wandte sich langsam um und verschwand mit fließenden Bewegungen zwischen den Bäumen.
Die Schritte der erhofften Hilfe kamen näher, doch bevor sie sich von ihrem Platz lösen und ihnen entgegenlaufen konnte, segelte in sanften, schwingenden Bewegungen eine Apfelblüte vor ihr zu Boden. Das Herz der jungen Elfe klopfte unbemerkt ein wenig schneller in ihrer Brust. In ihrem Kopf bildete sich die Erkenntnis und ihre Beine gaben für einen Moment nach. Das kleine Eon schaute unter dem Unterstand hervor und stellte neugierig staunend seine Ohren auf.
Rhunas Knie kamen mit dem, noch feuchten und weichen Moos am Boden in Kontakt. Sie nahm die feine Blüte in ihre Hände, verschloss sie vorsichtig und geschützt in diesen und drückte sie an ihr Herz.
„Ich danke euch…! Florencia… Phaun! Danke, dass ihr den Tod aufgehalten habt Yedan mit sich zu nehmen. Danke, dass ihr uns gerettet habt!“ Gebete waren in verzweifelten Momenten schnell gesprochen. Nicht immer wurden sie erhört und nicht immer erhielt man solch deutliche Zeichen, dass die Götter einem tatsächlich eine rettende Hand gereicht haben.
Rhuna zweifelte keine Sekunde daran, dass ihr der Segen zuteilgeworden war, dass das Götterpaar ihr Flehen erhört hatte. Dass sie Yedan retteten und sie dadurch gleich mit. Denn die Elfe war sich sicher, dass sein Tod auch etwas Wichtiges in ihr getötet hätte. Noch wusste sie diesen Teil in sich selbst nicht zu benennen, doch wäre der Halbelf hier unter ihren Händen gestorben, hätte sie sich nur schwer davon erholt.
Sie würde die Hilfe des Götterpaares niemals vergessen und ihnen für ihr Einschreiten auf ewig dankbar sein.
Ein erneutes Rascheln ließ Rhuna aufblicken. In ihr Sichtfeld kramen eine Frau und ein Mann gelaufen, die in einer Diskussion gefangen zu sein schienen. Ihr Herz machte einen Hüpfer. Hilfe…! Sie konnte für Yedan Hilfe bekommen.
„Verzeihung!!!“, rief sie laut und kämpfte sich auf die Beine, lief dem Paar entgegen. „Bitte ich… ich brauche Eure Hilfe.“ Sie stoppte in angemessenen Abstand und sah die beiden Fremden hilfesuchend an. Rhuna versuchte Ruhe zu bewahren. Auf die Wanderer loszustürmen und sich ihnen vor die Füße zu werfen könnte diese auch verschrecken. Ihr Aussehen sprach wohl für sich – das Unwetter hatte ihr zugesetzt und auch das Verarzten hatte deutliche Spuren hinterlassen. Ihr Blick huschte einen Moment zum Unterstand, in dem Yedan noch immer ohne Bewusstsein lag und versuchte seine Kräfte zu erholen.
„Mein Begleiter wurde im gestrigen Unwetter von einem Bären schwer verletzt! Ich bitte Euch, bitte helft mir! Er … er braucht dringend Hilfe!“ Würden die beide Fremden ihnen helfen? Würde der Segen Florenzias und Phaun's weiter auf ihr und ihrem Sarier liegen? In ihrer Hand lag noch immer geschützt die feine Apfelblüte - wie ein Talisman, dass alles gut gehen würde.

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Re: Unter den Blättern des Neldoreth

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 1. September 2022, 09:54

Die Erleichterung über den verbesserten Zustand des Jägers, ließ das Herz der Elfe höherschlagen. Zu wissen, dass der Tag für sie beide angebrochen war, half Rhuna die Strapazen der letzten Stunden für den Moment zu vergessen. Die Freude erhellte ihren Geist, der sich nur darauf konzentrierte und das Wunder in dem geretteten Leben erkannte. Wie sehr sie dem Wunder begegnet war, erfuhr sie erst, als die undeutlichen Stimmen sie aus ihrem Unterstand trieben. Hilfe schien so nah zu sein. Trotzdem wurde sie in ihrer Tat unterbrochen, als sie mit einem Mal einem weißen Hirsch gegenüberstand. Majestätisch und erhaben stand er da. Unverkennbar der Wächter des Waldes, wenn man den Geschichten Glauben schenken wollte. Sicher konnte man sich nicht sein, doch Rhuna verstand in dem Moment, da ihr Blick auf das Tier fiel, wieso die Elfen einhellig glaubten, in Phaun’s irdisches Antlitz zu schauen. Der dunkle Blick ruhte für Sekunden auf der Shyáner, ehe das Tier sich abwandte und verschwand. Die Stimmen wurden lauter, kamen näher, doch offenbar war der Anblick des Hirsches nicht für die Augen der anderen bestimmt. Sie sollten lediglich ihren Weg zu Rhuna finden. Warum? Vielleicht, um helfen zu können? Noch bevor die Braunhaarige auf sich aufmerksam machen konnte, fiel eine Apfelblüte vor ihre Füße. Das war also das zweite Wunder an diesem Morgen. Genauer genommen, das dritte. Ihre Knie hielten die Erkenntnis nicht mehr und so sank sie gen Boden, ehrfürchtig, demütig. Hatte sie es wahrlich verdient, dass die Götter persönlich eingeschritten waren? Sollte es sein? Es war kaum zu verkennen. Auch Rhuna wusste instinktiv, dass sie erhört wurde und die Götter wahrlich entschieden hatten, dass der Sarier nicht verdiente zu sterben. Allerdings war jedes Wunder nur so gut, wie derjenige, dem es zuteilwurde, damit umging. Rhuna entsann sich, dass sie weiter Hilfe brauchen würde, denn Yedan musste heilen. Das würde er hier aber gewiss nicht können. Sie kam auf die Beine, während das Eon mit großen Augen ihre Bewegungen beobachtete und ging in die Richtung, aus der die Stimmen kam. „Verzeihung!!! „Mein Begleiter wurde im gestrigen Unwetter von einem Bären schwer verletzt! Ich bitte Euch, bitte helft mir! Er … er braucht dringend Hilfe!“, sprach sie aus, noch bevor sie wusste, wer sich hinter den Stimmen verbarg. Für einen Moment blieb es ruhig und nur das Leben des Waldes tönte durch die Zweige der Bäume. Dann, in ihrem Augenwinkel, eine Bewegung. Ein rothaariger Schopf schob sich an einem dickeren Baum vorbei und sah sie aus großen Augen an. Dann zog er sich wieder zurück.

„Da steht ´ne halbnackte Elfe!“, hörte Rhuna murmelnd. Dann klang es hektisch.
„Echt?!“, und ein zweiter Schopf, auf der gegenüberliegenden Seite, schob sich hinter dem Stamm hervor. Und verschwand.
„Du hast Recht!“
„Ja was dachtest du denn?! Dass ich mir das ausdenke?! Werd‘ erwachsen!“
„Werd‘ DU doch erwachsen! Du bist älter, oder nicht?! Trotzdem bist du keinen Deut…“
„Psshh! Wollte sie nicht Hilfe?!“
„Oh. Stimmt“

Und schon schoben sich beide Köpfe, einer links, einer rechts vom Stamm in Rhuna’s Sichtfeld. Zögernd traten dann auch die Körper hervor. Der Rotschopf war unverkennbar eine Frau. Dichte Sommersprossen besiedelten ihr Gesicht und bedeckten beinahe vollständig ihre braune Haut. Die roten Haare hatte sie zu einem kunstvollen Zopf mit allerlei Blumenblüten und Gräsern geflochten. Braune Augen ruhten auf der Shyáner, neugierig und vorwitzig schimmernd. Der zweite Schopf gehörte zu dem Mann. Er war groß und schlank, feingliedrig und elegant. Seine Haare waren kurz, die braunen Augen wachsam und prüfend. Er besaß feine, beinahe schon feminine Züge, während sie etwas kantiger wirkte. Beide waren in grün-braune Ledersachen gehüllt und trugen Bögen auf ihren Rücken inklusive Köchern. Beide musterten Rhuna eindringlich. Ihre Erscheinung war wahrlich angsteinflößend, wenn man die Hintergründe nicht kannte. „Ehm.“, machte die Frau und kratzte sich an der Nase. Er hingegen griff bereits nach seinem Bogen – nur zur Vorsicht. Man wusste ja nie. „Du siehst ja schrecklich aus.“, meinte die Rothaarige charmant und ihr Begleiter rollte die Augen. „Du solltest vorsichtiger sein! Sie ist keine von uns und wer weiß was das hier für eine Falle ist!“, schnarrte er in ihre Richtung, was schwierig war, da er sie sicher um 2 Köpfe überragte. Sie dürfte ungefähr so groß sein wie Rhuna, während er noch etwas größer als Yedan sein müsste. „Ach, schnick-schnack! Du bist so ein Baby!“, quäkte sie in seine Richtung, winkte wirsch ab und kam dann auf Rhuna zu. „Sieh‘ sie mal an! Da ist ja gar nichts dran!“, meinte sie und blieb kurz vor der Shyáner stehen, stemmte die Hände in die Hüften und musterte die Braunhaarige. „Ich bin Kaja! Und der übergroße Angsthase dort hinten ist Ajak!“ Sie grinste breit. „Und ja! Du hast richtig geraten, wir sind Geschwister!“ Was nun völlig abwegig war. Denn Kaja und Ajak sahen sich so gar nicht ähnlich. Überhaupt nicht. „Aber jetzt mal Scherz beiseite – geht es dir gut? Du… wirkst lädiert!“, meinte Kaja und ließ den Blick über Rhuna wandern. Plötzlich drang Ajak’s Stimme von hinten zu ihnen herüber. „Frag sie, ob sie einen weißen Hirsch gesehen hat!“. Kaja warf die Hände in die Luft und trat an Rhuna’s Seite. Wie selbstverständlich legte die Rothaarige ihren Arm um die andere und stemmte nun nur noch eine Hand in die Hüfte. „Ajak! Echt jetzt?! Sieh sie dir mal genauer an. Das ist Blut auf ihrem…“, sie machte eine Geste an Rhuna hinunter, um ihren Worten Ausdruck zu verleihen und besah sich die Kleidung der Elfe noch mal eingehender. „Nachthemd?!“, blinzelte sie überrascht, doch dann winkte sie ab. „Du musst echt deine Prioritäten neu sortieren! Wirklich jetzt!“, mahnte sie ihren Bruder und der zog eine Schnute. Ajak’s Blick fiel beim Augenrollen allerdings auf den Unterstand. „He- hast du den gebaut?! Hast du… ETWA Zweige abgerupft?!“, schnaufte Ajak empört und lenkte den Blick seiner Schwester darauf. „Voll gut geworden!“, grinste sie und zeigte auf Ajak. „Hör auf so zu gucken! Sie hat sich sicher angemessen bedankt, du Riesenbaby!“, schnauzte sie, ließ Rhuna dann stehen und ging um den Unterstand, um einen Blick hineinzuwerfen. „Du heilige Hirschkuh! Da ist ja jemand drin!“, stieß Kaja aus und Ajak machte ein rundes Gesicht. „Oh!“, kam er auf sie zu und schaute auch in den Unterstand. Beiden verzogen angewidert das Gesicht. „Ahh… Bären… Nee, also… ich weiß nicht, wieso diese unerfahrenen Waldbesucher immer die kleinen Bärenkinder streicheln wollen. Ich finde, sie haben es nicht anders verdient, wenn sie sich nicht an die Gesetze der Natur halten.“, meinte Ajak hochnäsig und verschränkte kopfschüttelnd die Arme. Kaja seufzte. „Du weißt doch gar nicht, ob er das getan hat!“, knirschte sie mit zusammengepressten Zähnen. „Das liegt doch klar auf der Hand! Er hat Verletzungen, sie sagte etwas von Bären und…“
„Aber du kannst doch nicht anhand von 2 Worten darauf schließen, was dem Mann passiert ist!“, knurrte Kaja genervt zurück.
„Na aber ich bin ja wohl erfahren genug, um das beurteilen zu können!“, hielt Ajak dagegen und schon waren die beiden in einen Streit verwickelt, der sie völlig abbrachte vom Thema. Plötzlich tauchte neben Rhuna eine dritte Person auf. Einfach so trat er aus einem der Bäume hervor. „Kinder!“, gebot eine ruhige, aber nicht minder energische Stimme. Dieser Mann war barfuß, trug eine legere Tunika und ebenso legere Leinenhosen in braun. Er hatte auf dem Kopf einige Äste und Zweige, die alle aus seiner Haut zu kommen schienen und sich wie eine Krone über seine langen, braunen Haare schlängelten. Ajak und Kaja hielten augenblicklich mit ihrem Zanken inne. „Farun!“, stießen sie simultan aus. „Wo kommst du denn her?!“, wollte Ajak wissen, doch Farun hob nur die Hand. „Der Mann braucht Hilfe, und zwar schnell.“, sagte er schlicht, doch hatte seine Präsenz wahrlich viel Tragkraft. Denn sofort verstummten die beiden Geschwister und nickten brav. Farun wandte sich an Rhuna. „Ich bin Farun. Wir werden deinem Freund helfen, Kind.“ Damit wandte er sich den Geschwistern zu und deutete, dass sie Platz machen sollten. "Ajak, sammle bitte genügend Moos, damit unser Patient weich liegt.", wies er an und Ajak machte sich sofort auf den Weg. "Kaja! Tritt bitte zur Seite, ja?", sagte Farun und auch sie erhob keine Einwände. Farun indes senkte sich in die Hocke, legte die Handflächen auf den Boden und schloss die Augen. Er schien zu beten und eine quälende Zeit lang, geschah einfach nichts. Danach erhob er sich und deutete auf den Unterstand. Aus seinem Fingern zuckten grüne Lichter, die sich um das Material schlängelten und Yedan freilegten. Während Kaja den Blick auf den Bewusstlosen richtete, formte Farun aus Rhuna's Unterstand eine Trage. Es mühte den Elfen gar nicht, so schien es, sodass es nur ein paar Augenblicke dauerte, bis aus dem Unterstand eine Unterlage geworden war, die Yedan hoffentlich sicher auf den Weg ins Leben zurück bringen würde.
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Re: Unter den Blättern des Neldoreth

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Donnerstag 1. September 2022, 22:22

Der Anblick des weißen Hirsches war ein Wunder gewesen – ebenfalls das Auftauchen einer Apfelblüte, wo doch weit und breit kein Apfelbaum in der Nähe zu sein schien. Solch eine Begegnung erlebte nicht jeder und Rhuna wurde klar, dass Yedan nur dank Florencias und Phauns Eingreifen noch am Leben war. Das Götterpaar hatte dem Sarier ihre Gunst erwiesen und ihm so ein Weiterleben ermöglicht.
Die junge Elfe saß für einen Moment demütig auf dem langsam trocknenden Moos und sah dem erhabenen König des Waldes dabei zu, wie er im Schutz der Bäume aus ihrer Sicht verschwand. Ihre Dankbarkeit war tatsächlich nicht in Worte zu fassen. Und sie konnte in diesem Moment nicht auf angemessene Art und Weise ihren Dank beweisen, denn das Geschenk des Götterpaares war noch nicht beendet. Hilfe war nah – war ihres Weges gelockt worden und so scheute sich Rhuna auch keine Sekunde den Fremden gegenüberzutreten und sie für ihren Yedan um Hilfe zu bitten.
„Verzeihung!!! Mein Begleiter wurde im gestrigen Unwetter von einem Bären schwer verletzt! Ich bitte Euch, bitte helft mir! Er … er braucht dringend Hilfe!“, sprach sie aus, ohne tatsächlich zu wissen, wen sie da um Hilfe bat. Ihr Unterbewusstsein hatte Elfen vermutet, da zumindest einer der beiden auf Lyrintha gesprochen hatte. Doch das hieß nicht wirklich etwas.
Für einen Moment war, abgesehen der Klänge der anderen Waldbewohner, kein Laut zu vernehmen. Mit klopfendem und nervösem Herzen stand Rhuna vor den beiden Unbekannten, die ihre Gestalten, mit ihrem Auftauchen, vorerst hinter einem Baum verbargen. Nur für den Bruchteil einer Sekunde schob sich ein roter Schopf seitlich der Stammrundung hervor, um einen Blick auf die Hilfesuchende zu werfen.
„Da steht ´ne halbnackte Elfe!“, hörte Rhuna eine weibliche Stimme hinter dem Baum wispern, was sie stutzend dazu brachte ihren Blick an sich hinabgleiten zu lassen. Es war Fakt – doch in ihren Augen derzeit völlig ohne Belang. War es tatsächlich so weit gekommen, dass die Elfe ihre Scham völlig verloren hatte?
„Echt?!“, erklang eine männliche Stimme, deren Besitzer ebenfalls einen kurzen Blick auf die Gestalt der Shyánerin warf. Nur um im nächsten Moment die Feststellung der rothaarigen Frau zu bestätigen.
„Du hast Recht!“
Rhuna verfolgte die kurze Auseinandersetzung und wusste nicht so recht, was sie mit dieser Konversation anfangen sollte. In ihr wuchs die Ungeduld. Und sie wurde schnell unerträglich – denn Yedan lag im Unterstand und kämpfte noch immer um sein Leben! Ihr Mund öffnete sich, um die beiden zu unterbrechen, als diese sich offensichtlich selbst daran erinnerten, dass die ihnen unbekannte und halbnackte Elfe um Hilfe gebeten hatte.
Zwei Elfen traten ihr nun gegenüber und musterten sie teils misstrauisch und skeptisch, teils neugierig und interessiert. Rhuna konnte es den beiden nicht verdenken. Wie hätte sie wohl reagiert, wäre eine wildfremde Elfe in einem blutgetränkten Unterkleid, mitten im Nirgendwo eines Waldes vor ihr aufgetaucht?
Die rothaarige Frau hatte in etwa dieselbe Größe, wie Rhuna und schien ihr weniger misstrauisch gegenüberzustehen, wie der großgewachsene Elf, dessen Blick sie keine Sekunde aus den Augen ließ. Wachsam ruhte sein Blick auf der Shyánerin und seine Hand griff nach seinem Bogen. Trotz der durchaus drohenden Gebärde verspürte Rhuna keine Angst. Sie war lediglich beunruhigt, dass sie kostbare Zeit verlor, ihr Vertrauen zu gewinnen. Zeit, die für ihren Sarier ein kostbares Gut war.
„Ehm… Du siehst ja schrecklich aus.“, brach die Rothaarige das Schweigen und schien von ihrem Anblick …nun, ein wenig aus dem Konzept gebracht zu sein. Und direkt ging das Geplänkel der beiden von vorne los.
„Du solltest vorsichtiger sein! Sie ist keine von uns und wer weiß was das hier für eine Falle ist!“
„Ach, schnick-schnack! Du bist so ein Baby!“ Rhuna’s Hände ballten sich zu Fäusten. Ihr Geduldsfaden wurde stark angespannt. Ihr Zustand war nicht der Ausgeruhteste, die vergangene Nacht hatte sie an ihre Grenzen getrieben und die Sorge um den Halbelfen war das einzige reißfeste Glied, dass sie in diesem Moment noch dazu brachte sich zu beherrschen. Ihre erhoffte Hilfe stritt sich als wären diese Geschwister!
„Entschuldigt….!“
„Sieh‘ sie mal an! Da ist ja gar nichts dran!“, sprach die zankende Elfin zu ihrem Begleiter und machte ein paar Schritte auf Rhuna zu, blieb kurz vor ihr stehen. Sie schien beschlossen zu haben, dass von der Shyáner keine Gefahr zu erwarten war, wofür diese dankbar war – doch..., sie wollte wirklich nicht undankbar sein – Florencia wusste, wie sehr sie es nicht wollte, doch die Ungeduld brannte in ihrem Herzen und ließ einen Funken der Verzweiflung, der vergangenen Nacht, wieder in ihr aufsteigen.
„Ich bin Kaja! Und der übergroße Angsthase dort hinten ist Ajak!“, stellte sich ihre Fürsprecherin und den skeptischen Elfen vor, ehe sie grinsend ihre Gedanken zu lesen schien.
„Und ja! Du hast richtig geraten, wir sind Geschwister!“ Dass die beiden tatsächlich Geschwister waren, war anhand rein optischen Hinweisen nicht herauszufinden gewesen. Denn die beiden Elfen sahen sich nicht allzu ähnlich.
Sie hätten auch ein zankendes Ehepaar sein können…, dachte sich Rhuna noch, ehe Kaja erneut das Wort an sie richtete und die Konversation endlich in die richtige Richtung gelenkt wurde.
„Aber jetzt mal Scherz beiseite – geht es dir gut? Du… wirkst lädiert!“, meinte Kaja und ließ den Blick erneut über Rhuna wandern. Sie schüttelte leicht mit dem Kopf.
„Ich bin nicht verletzt …! Aber mein Begleiter braucht – …“ begann sie, ehe Ajak sie erneut unterbrach und die Shyánerin auf eine harte nervliche Probe stellte. Sie sollte jemanden, von dem sie Hilfe fordern wollte nicht anschreien, oder? Auch nicht, wenn dieser sie nicht im entferntesten ihre Lage erklären, geschweige denn sich anständig vorstellen ließ!?
„Frag sie, ob sie einen weißen Hirsch gesehen hat!“, drängte der großgewachsene Elf und schien glücklicherweise damit auch seiner Schwester an den Nerven zu ziehen. Die Hände in die Luft werfend trat die Rothaarige an ihre Seite und legte ihren Arm um die nervlich angegriffene Frau.
„Ajak! Echt jetzt?! Sieh sie dir mal genauer an. Das ist Blut auf ihrem…“ Die Geste, die sie vollführte brauchte eigentlich keine weiteren Worte mehr. „Nachthemd?!“
„Bitte, können wir mein Äußeres endlich außer Acht lassen. Es gibt Wichtigeres!“, brachte Rhuna hervor und sah verzweifelt zu der gleichgroßen Elfe, die ihr wie eine alte Freundin nah gekommen war. Ajax schien ‚Wichtigeres‘ im selben Atemzug gefunden zu haben.
„He- hast du den gebaut?! Hast du… ETWA Zweige abgerupft?!“, schnaufte Ajak empört und schien mit seinem Blick die Unterstützung seiner Schwester zurückzuerwarten, die jedoch weiterhin ihre Partei ergriff. Kaja war Rhuna durchaus sympathisch…!
„Voll gut geworden!“, grinste diese und zeigte auf Ajak.
„Hör auf so zu gucken! Sie hat sich sicher angemessen bedankt, du Riesenbaby!“ Kaya löste sich von Rhuna und ging um den Unterstand, um einen Blick darunter zu werfen. Und endlich – Rhuna dankte Florencia und Phaun dafür – entdeckten sie Yedan!
"Du heilige Hirschkuh! Da ist ja jemand drin!“, stieß Kaja aus. Die Brünette ging zu ihr, dicht gefolgt von Ajak. Beide betrachteten ihren verletzten Begleiter und schienen das kleine Eon, das sich neben Yedans Kopf gesetzt hatte, nicht zu bemerken. Die Blicke der Geschwister ließen Rhuna schlucken. Ja, sie wusste wie schlimm der Anblick war.
„Ahh… Bären… Nee, also… ich weiß nicht, wieso diese unerfahrenen Waldbesucher immer die kleinen Bärenkinder streicheln wollen. Ich finde, sie haben es nicht anders verdient, wenn sie sich nicht an die Gesetze der Natur halten.“ In den Ohren der Shyánerelfe begann es zu pochen.
„Du weißt doch gar nicht, ob er das getan hat!“ Kaja hatte recht! Ajak wusste nichts – er schien sich ja nicht einmal für das tatsächliche Geschehen zu interessieren!
„Das liegt doch klar auf der Hand! Er hat Verletzungen, sie sagte etwas von Bären und…“ Das Einzige, was auf der Hand lag war, dass der Elf sich auf dünnes Eis begab.
„Aber du kannst doch nicht anhand von 2 Worten darauf schließen, was dem Mann passiert ist!“
„Na aber ich bin ja wohl erfahren genug, um das beurteilen zu können!“ Rhuna konnte es nicht mehr ertragen. Hilfe hin oder her - Ajaks arrogante und voreingenommene Haltung brachte das Fass zum Überlaufen. Sie wandte sich verärgert dem, um die zwei Köpfe größeren und bewaffneten, Elfen zu und taktierte ihn mit wütenden Blicken.
„Yedan ist ein erfahrener Jäger und kennt die Gesetze der Natur scheinbar besser als du, denn er kennt die Definition von der Ehrfrucht vor dem Leben und dem Respekt gegenüber anderen Lebewesen! Er würde sich niemals ein solch vorschnelles Urteil erlauben! Einfach zu behaupten, er hätte es nicht anders verdient ist... grausam…! Er wäre nie auf eine so dumme Idee gekommen einer Bärenmutter mit ihren Kindern absichtlich so nah zu kommen, dass sie sich bedroht fühlen. Yedan nimmt nie etwas ohne sich bei Florencia und Phaun zu bedanken. Er ist … der selbstloseste Elf, dem ich in meinem Leben begegnet bin. Er ist gütig und … er hat verdient zu leben! Du kannst über mich denken, was du willst. Aber wag es nicht… zu behaupten er… er hätte den Tod verdient!!!“ Gegenüber Ajak wirkte Rhuna ziemlich klein, aber gerade war sie wie eine beschützende Löwin. Seine Worte hatten sie erschüttert – verletzt und unsagbar wütend gemacht. Egal, ob der Elf es einfach nur so dahergesagt hatte, er hatte kein Recht dazu ihren Yedan fälschlich zu beschuldigen und zu verurteilen. Ihre Hände, die sich erneut zur Faust geballt hatte, zitterten leicht und in ihren Augen schimmerten Tränen der Wut. Die Apfelblüte war dennoch geschützt im Hohlraum ihrer Faust und nur ihre Fingernagelabdrücke auf ihrer Haut, zeugten von der verkrampften Geste. Die sie augenblicklich öffnete und Ajak ihre Handfläche mit ausgestreckten Arm entgegenhielt.
„Du fragst, ob ich einen weißen Hirsch gesehen habe? Er war hier! Ich habe diese Nacht alles gegeben, um meinem Gefährten das Leben zu retten, aber am Schluss konnte ich nichts mehr tun, als die Götter anzuflehen ihn zu retten! Sie… wussten, dass er es nicht verdient hat so zu sterben.“ Noch bevor Rhuna mehr sagen konnte tauchte plötzlich eine dritte Person neben ihr auf.
„Kinder!“, gebot eine ruhige, aber nicht minder energische Stimme ihnen allen Einhalt. Das Geschwisterpaar schien ebenso überrascht vom Auftauchen des Mannes zu sein, wie die etwas aufgelöste Shyáner Elfe selbst. Ihr Blick wanderte über seine Gestalt – erfasste die Besonderheit der Astkrone auf seinem Kopf, wie auch das veränderte Verhalten der beiden Jäger.
„Der Mann braucht Hilfe, und zwar schnell.“, sprach der brünette Elf und nahm damit die Zügel in seine Hände. Die Streitigkeiten waren sofort ad acta gelegt und mit nur ein paar klaren Ansagen waren Kaja und Ajak dazu gebracht Yedan zu helfen.
Farun wandte sich Rhuna zu, die sich verstohlen die Tränen fortwischte.
„Ich bin Farun. Wir werden deinem Freund helfen, Kind.“, erklangen endlich die lang ersehnten Worte. Der angespannte Blick der Brünetten löste sich ein wenig auf und die Luft, die sie unbewusst angehalten hatte entwich leise ihrer Kehle.
„Ich danke euch… vielen Dank!!!“, sagte sie aufrichtig – bemerkte aber bereits, dass Farun ihr nicht länger seibe Aufmerksamkeit schenkte, sondern Yedans Rettung anleitete. Etwas, was die junge Elfe mehr als begrüßte. Ajak folgte der Anweisung und begann Moos zu sammeln und Kaja, der Rhuna ein schlechtes Gewissen entgegenbrachte, weil sie ihren Bruder so angefahren hatte, wich mit ihr einen Schritt zurück, um dem erfahrenen Elfen seine Arbeit erledigen zu lassen.
„…Kaja es… das vorhin tut mir leid…!“, entschuldigte sich Rhuna leise, während sie Zeuge von Faruns Magie wurde. Es war nicht so, dass sie meinte etwas Falsches gesagt zu haben. Doch die Situation war der Schwester gegenüber nicht ganz gerecht gewesen, denn auch sie hatte Yedan in Schutz genommen…
„Ich heiße Rhuna.“, stellte sie sich verspätet vor, doch wann hätte sie diese Floskel unterbringen sollen?
Während der großgewachsene Elf Moos sammelte, beobachtete Rhuna staunend, wie aus Faruns Fingern grüne Lichter zuckten, die den Unterstand, wie von schwebenden Glühwürmchen oder Funkenfreunden getragen, hochhoben und zu einer Trage formten. Yedan, der nun im Licht des Tages unter dem Baum lag wirkte noch immer … ungewohnt zerbrechlich. Der Blick der Brünetten war sofort von seiner Gestalt gefangen. Sie ging zu ihm, setzte sich, nahm eine Hand in die Ihre während sie mit der anderen, die noch leicht verklebten Haare aus seiner Stirn strich.
„Es wird alles gut! Halt bitte noch etwas durch. In Ordnung?“, sprach sie leise zum bewusstlosen Halbelfen, dem sie ein sanftes Lächeln schenkte, das er jedoch nicht sehen konnte. Einen Augenblick verweilte sie noch. Das kleine Eon nutzte ihre Hand und kletterte auf ihre Schulter und schmuste sich pfeifend gegen ihre Wange, als wolle es die erschöpfte Elfe trösten. Wer nicht die genauen Umstände kannte und nur einen Blick auf die provisorischen Verbände warf, würde wohl zu dem Schluss kommen, dass Rhuna nur noch im Unterkleid war, weil sie alles zerstört hatte, was sie besaß, um die Wunden ihres Begleiters zu verbinden. Die Glieder ihrer Kette lagen im blutdurchtränkten Moos zerstreut. So schwierig die Beziehung zu Celest auch war, die Kette hatte Rhuna viel bedeutet – denn sie liebte ihre Mutter trotz allem, was vorgefallen war. Doch die Brünette würde sich stets für denselben Weg entscheiden und das Schmuckstück zerstören, wenn sie Yedan dadurch retten könnte.
„Es wird alles gut…!“, wiederholte sie noch einmal leise, als wolle sie nicht nur den Halbelf, sondern auch sich selbst beruhigen. Rhuna griff an ihre Schulter und nahm das Eon in ihre Hände. Vorsichtig besah sie sich die Wunden des Kleinen, die glücklicherweise in ein paar Tagen bereits verheilt sein würden. Sie trug eine Tinktur auf die Wunden auf, die die Heilung zusätzlich weiter unterstützten und setzte es sich wieder auf die Schulter. Das kleine Wesen hatte alles brav und vertrauensvoll mit sich machen lassen - es tat Rhuna nur ein wenig leid, dass sie gegen den Riss im Ohr nichts hatte machen können. Jegliches Kettenglied wäre proportional viel zu dick gewesen.
"Entschuldige, dass du das alles mitmachen musstest, obwohl du doch auch verletzt bist...!", sagte Rhuna leise und strich Eon noch mal übers Köpfchen.
Sich erhebend trat sie schweigend zu Ajak und half ihm Moos für die Trage zu sammeln. Sie wollte helfen, damit der Sarier so schnell, wie möglich hier fortgebracht werden konnte. Er brauchte nun Ruhe...!

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Re: Unter den Blättern des Neldoreth

Beitrag von Erzähler » Freitag 2. September 2022, 21:41

Es war schon erstaunlich zu was man alles in der Lage war, wenn das Schicksal entsprechende Umstände schuf. Rhuna war keine Woche in der ‚echten‘ Welt und hatte bereits so einiges geleistet. Allerdings war die Verletzung ihres Begleiters wohl noch schmerzhafter als das langsame Ableben des Santroners. Nicht, dass Rhuna Pharus einfach ausgetauscht hätte, der Mensch würde auf ewig seinen Anteil an ihrem zukünftigen Werdegang haben, aber Yedan war… noch mal anders. Der Elf hatte es binnen kürzester Zeit geschafft, dass er ihr wichtig wurde. Einfach nur, weil er war, wie er war. Es war passiert, solche Dinge gab es. Das führte aber nicht nur dazu, dass Rhuna eine innere Stärke entdeckte, von der sie glaubte, sie nie besessen zu haben, die ihr in dieser brenzligen Lage weitergeholfen hatte, nein sie schürte auch ein inneres Feuer, das sich bald schon entladen sollte. Kaja und Ajak waren von den Göttern zu ihr gesandt worden. Doch waren sie wirklich als Hilfe gedacht? Oder hatte sich das heilige Götterpaar geirrt im Bezug auf die Geschwister? Denn alles was sie taten, war streiten. Und verurteilen. Ajak schien herablassend zu sein und missbilligte die zurzeit unwichtigsten Dinge. Doch war das tatsächlich so? War es nicht viel mehr, dass Rhuna eine andere Sicht auf die Dinge hatte, während Ajak sich ebenso der Natur verbunden fühlte wie sie zu Yedan? Es gab unterschiedliche Ausgangspunkte und jeder von ihnen hatte seine Berechtigung. Allerdings war es für Rhuna deutlich schwieriger, dem Gerede stillschweigend zuzuhören, sodass sie es nicht mehr aufhalten konnte und sich, klein wie sie war, vor dem deutlich Größeren aufbaute: „Yedan ist ein erfahrener Jäger und kennt die Gesetze der Natur scheinbar besser als du, denn er kennt die Definition von der Ehrfrucht vor dem Leben und dem Respekt gegenüber anderen Lebewesen! Er würde sich niemals ein solch vorschnelles Urteil erlauben! Einfach zu behaupten, er hätte es nicht anders verdient ist... grausam…! Er wäre nie auf eine so dumme Idee gekommen einer Bärenmutter mit ihren Kindern absichtlich so nah zu kommen, dass sie sich bedroht fühlen. Yedan nimmt nie etwas, ohne sich bei Florencia und Phaun zu bedanken. Er ist … der selbstloseste Elf, dem ich in meinem Leben begegnet bin. Er ist gütig und … er hat verdient zu leben! Du kannst über mich denken, was du willst. Aber wag es nicht… zu behaupten er… er hätte den Tod verdient!!!“ Ajak sah auf sie herab und blinzelte verblüfft. „Ich eh.… also ich wollte ni“-, setzte er an, doch Rhuna war noch nicht fertig. „Du fragst, ob ich einen weißen Hirsch gesehen habe? Er war hier! Ich habe diese Nacht alles gegeben, um meinem Gefährten das Leben zu retten, aber am Schluss konnte ich nichts mehr tun, als die Götter anzuflehen ihn zu retten! Sie… wussten, dass er es nicht verdient hat so zu sterben.“
Ajak war etwas blass geworden und rieb sich die Nasenspitze. Er wirkte recht pikiert über ihren Ton, doch er räusperte sich verlegen. Ihm fehlten die Worte, bis Farun auftauchte und sie alle um Zurückhaltung bat. Jetzt sollte der Fokus wahrlich auf dem Patienten liegen und alles weitere, konnten sie später klären. Das Auftauchen des neuen Elfen, brachte die Geschwister dazu, sich endlich nützlich zu machen. Beide kümmerten sich darum, dass sie möglichst bald losgehen konnten.

Auch Rhuna wollte nicht bloß tatenlos herumstehen und nutzte einen Moment, um zumindest bei Kaja etwas klarzustellen: „…Kaja es… das vorhin tut mir leid…! Ich heiße Rhuna.“ Die Angesprochene hob den Blick von Yedan, auf die Shyáner. Sie winkte ab und schenkte ihr ein Grinsen, wobei zu erkennen war, dass die Elfe Grübchen besaß. „Hallo Rhuna! Keine Sorge. Ajak ist ein Idiot manchmal. Mach dir darum keine Sorgen. Er spielt sich gerne auf, aber im Grunde ist er ein wirklich Guter. Wirst schon sehen.“, meinte sie gesprächig und wandte den Blick wieder zum Sarier am Boden. „Hm... Sieht wirklich übel aus...“, murmelte sie und zuckte zusammen. „Entschuldige, das war taktlos. Irgendwie kommt er mir bekannt vor, weißt du? Naja, ich werde mal Farun helfen!“, verabschiedete sie sich, als sie wohl erkannte, dass Rhuna der Anblick zusetzte. Sie tätschelte wie alte Freundinnen, ihre Schulter im Vorbeigehen und gesellte sich zum Magier. Rhuna hatte einen Moment allein mit Yedan und stellte fest, dass er noch immer reichlich blass und reichlich bewusstlos war. Er schien von all dem nichts mitzubekommen, befand sich irgendwo zwischen Traumwelt und Delir und hatte alle Mühen, dem Tod von der Schippe zu springen. Rhuna’s sanfte Berührungen spürte er wohl nicht, denn es folgte keine Reaktion darauf. Nur schwer ließen sich die violetten Augen lösen, allerdings fand sie eine dankbare und ebenso wichtige Ablenkung in dem kleinen Eon. Es hatte sich nicht von Yedan’s Seite bewegt und kam erst jetzt, wo er frei lag und der Unterstand weg, zu Rhuna gekrabbelt. Pfeifend kommunizierte es mit ihr und schien ihr etwa Trost spenden zu wollen. Während sie mit ihm sprach, gurrte es zufrieden und schloss die großen, grünen Augen, sobald die Shyáner es berührte.
Es schien sich bei ihr sehr wohlzufühlen und lenkte sie von den größten Sorgen eine Weile ab. Danach aber brauchte sie mehr als Ablenkung und warme Worte. Sie wollte helfen und machte sich, zusammen mit Ajak, nützlich, um genug Moos für eine Sänfte zu sammeln. Der Hochgewachsene warf ihr verstohlene Blicke zu, während sie nebeneinander das weiche Grün rupften. Bis er es nicht mehr aushielt. „Ich wollte nicht damit sagen, dass er es verdient hätte…“, setzte er kleinlaut an und zog eine Schnute. „Ich kenn‘ ihn gar nicht, da hast du schon Recht. Aber… Sie trampeln alles nieder, sind maßlos im Nehmen und Rechtfertigen ihre Taten einfach damit, dass der Wald allen gehört.“, motzte er trotzig. „Ich… - es ist halt ein Thema für sich. Tut mir leid, dass es den falschen traf.“, entschuldigte er sich dann, auch wenn er recht mürrisch dabei klang. „Du hättest aber nicht so schnauzen müssen.“, meinte er noch halblaut und sah sie kurz an. Danach beendeten alle ihre Aufgaben und Kaja, Ajak und Farun, hoben den Verletzten vorsichtig und behutsam auf die Sänfte. Dort schuf Farun einen natürlichen Schutz, sodass Yedan nicht plötzlich herunterfiel. Und schon konnte der Weg endlich in die richtige Richtung gehen. Rhuna hatte nur noch etwas Zeit, zwischen Moos-Sammeln und Aufbruch, um all ihr wichtiges Hab und Gut einzupacken. Dann war es wieder Farun, der seine Magie spielen ließ, um Yedan auf eine eindrucksvolle und äußerst sanfte Methode fortzubewegen: Der Magier ließ die Sänfte durch Wurzeln und Geäst am Boden anheben. Dann setzte er einen Fuß vor den anderen und führte die Trage neben sich, indem er immer vorweg weitere Wurzeln und Äste wie eine Art Rollboden formte, damit die Sänfte schwerelos darauf hinglitt. Immer dem Ziel entgegen. Kaja, Ajak und Rhuna konnten neben der Sänfte hergehen, hatten aber einen strammen Schritt drauf. Es dauerte eine Weile, in der sie einfach nur schweigend nebeneinander hergingen. Bis sich Ajak plötzlich neben Rhuna zurückfallen ließ. Er sah sie eine Weile an und schien sie prüfend zu mustern. „Schaffst du es noch?“, wollte er plötzlich wissen. Ihm war aufgefallen, dass sie müde sein musste. Dann aber sah er geradeaus. „Wir haben noch ein Stück Weg vor uns. Farun wird sicher völlig erledigt sein, sobald wir da sind…“, sinnierte er, bevor er sie wieder ansah. „Ist die Apfelblüte echt? Und hast du wirklich einen weißen Hirsch gesehen?“, fragte er leise, doch erntete er einen tadelnden Blick von Kaja, die ihn offenbar trotz ihrer Position weiter vorne gehört hatte. „Ich frage mich… wieso?“, wollte er wissen, obwohl Rhuna darauf wohl keine Antwort kennen dürfte. So vertrieben sie sich allerdings den Weg und erreichten ohne weitere Vorkommnisse, endlich den ersehnten Wald Sarius.

Rhuna weiter bei Der Zauber, der uns innewohnt
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