Janay:
Sollten sich Eltern nicht um einen Säugling kümmern? Zumindest im ersten Lebensjahr, aber diese waren in dieser Nacht nicht zu Hause. Den Grund hatten sie ihren Kindern nicht mitgeteilt, nur den Auftrag, keine Dummheit anzustellen, die sie sonst bereuen würden und daran hielten sie sich ...meistens.
Vaclav brummte nach der viel zu kurzen Nacht, sah jedoch ein, dass es kein Entrinnen gäbe, wenn Arina diesen Tonfall anschlug. Genervt und wütend rieb er sich den Schlaf aus den Augen. Dafür, dass Arina nur zwei Jahre älter war als dieser 'sabbernde Klumpen nervtötendes Fleisches', konnte sie echt schon richtig herrisch sein! Sie besaß jetzt schon einen starken Willen. Eines Tages würde seine mittlere Schwester mal einem Mann gehörig den Harax heiß machen, dass wusste er jetzt schon. So zierlich wie sie war, so stur war sie auch... aber … das sollte nicht immer so bleiben. Noch ahnten die Kinder nicht wie die Welt um sie herum sie verändern würde. Das Herz des Jungen würde verhärten, die Seele seiner Schwester unter dem Druck der kommenden Ereignisse sich biegen und dann zerbrechen und der kleine Fleischklos würde...
...noch wachsen müssen. Dafür brauchte sie Essen, also stand er notgedrungen auf und schlurfte schlecht gelaunt hinaus aus dem warmen Zimmer um den Brei aufzuwärmen. Das kleine Mädchen indes nahm die noch kleinere Schwester hoch und seufzte tief.
"Du hättest ruhig noch länger schlafen können."
, maulte sie und schnüffelte.
"Iiiieeeh! Du stinkst! Auch das noch..."
, murrte sie und wechselte die Position, sodass Janay, die freudig lachend gegen ihre Wange patschte, über ihre Schulter zurück sehen konnte. Im Moment war sie wohl die einzig glückliche in dieser Welt. Der Blick drehte sich zum Fenster hin, in dessen Ausschnitt gerade ein faszinierender roter Schimmer erschien, der freundliches Licht für einen neuen Tag versprach. Sie quietschte vor Vergnügen bei diesem Anblick! Dann wurde sie auf den Rücken gelegt und das Gesicht der Schwester erschien über ihr. Das lustigste des Tages stand an und Janay probierte gerade ihre erste Kontrolle über diesen Körper aus. Noch konnte sie es nicht lange halten.
Pipi!
Just, als die alte stinkende Windel weg war, ließ sie es laufen.
„Ooooch neieiiiiin!“
Das Gesicht der Schwestern verzog sich so lustig und Janay lachte. Einen kleinen Moment drehte sich die Szenerie und Janay sah auf ein Baby hinab. Sie sah auf sich hinab ...und spürte einen Nachhall von Wut. Wut darüber, dass ihr diese Aufgabe zuwider war, dass sie nicht raus gehen konnte um mit ihren Freundinnen zu spielen, Wut, dass ihre Eltern sie einfach ihr aufgedrückt hatten,Wut, dass Ihr Bruder meinte, Windeln wechseln sei Mädchensache. Sie sah ihre Hand, wie sie zur neuen sauberen Windel wanderte, die letzte die sie noch hatten, denn jetzt musste sie wieder Windeln abkochen, dabei reichte sie kaum an den Herd heran... Wut, dass auch dies sie tun musste und niemand half ihr. Sie ergriff die Windel und Wut ließ das Wolltuch von Wut geführt großflächig auf Janays kleinen Körper fallen. Wie ein Leichentuch breitete es sich über dem kleinen Körper aus. Darunter gluckste und zappelte glücklich ihre kleine Schwester... Würde die Wut vergehen, wenn das Sabbern und pinkeln, das Quäken und Quengeln aufhören würde? Janays Blick ruhte auf dem Stoff. Wenn das Zappeln endlich aufhören würde, dann könnte sie spielen gehen.
„Warum darf ich nicht Kind sein?“
, rannen leise Silben zu Worten sich verbindend über ihre Lippen. Dann zerrann die Wut, denn das Baby hatte aufgehört zu strampeln...
Kazel:
Kazel drückte sich eng an sie, versuchte dabei, zu ihr durchzudringen.
"Janay! Hör zu! Was immer du glaubst, ist nur in deiner Vorstellung. Hör zu! Es geht allen gut. Wir haben es überstanden. Du wirst es auch schaffen. Wir alle schaffen es, aber bitte, beruhige dich. ...Ich möchte nicht den Auftrag erhalten, dich oder die Kinder zu ihm bringen zu müssen. Bitte, halt still."
Janay reagierte auf ihn. Sie spuckte eine Abart aus Schaum und Speichel hervor. Einiges davon verteilte sich über die Laken. Genug tropfte von Kazels Gesicht und Kinn. Sie hatte ihn voll erwischt.
"Das ist schlecht."
Oriel meinte natürlich nicht die Plörre auf Kazels Haut. Selbst er hatte den blutigen Fleck an Janays Flanke bemerkt.
"Sie schafft es!"
, erwiderte er mit der unverrückbaren Gewissheit. Kazel besaß auch ein Wissen, auf das niemand sonst Zugriff besaß und das gab ihm jetzt Kraft. Janay würde leben. Die Heilerin war sich indess nicht ganz so sicher. Orima schien das ganze Blut nicht zu gefallen. Wut schnaubend schmiss sie sowohl Kazel als auch Zissus hinaus. Nun, nicht ganz. Sie vertrieb beide nur und fauchte nach Blut.
Dann stand er wieder mit Speichel und Schaum besudelt und erneut neben Zissus. Kazel wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht, ehe er den anderen Elfen anblickte.
"Wir müssen Arina finden."
, sagte er. Doch wie sollte es vonstatten gehen und wo war eigentlich der Wächter hin mit den Glitzeraugen? Ach ja... Er hatte ihm Janays vollen Namen genannt, dann hatte diese sich im Trubel der Ereignisse zurück gezogen. Man hatte ihn in einem Sessel bugsiert und gab ihm Essen, während aus der Ferne ein Leuchten zu ihnen durchdrang, als Orima magische Mittel einsetzte, um Janay zu retten.
"Zissus"
, rief Kazel den Pfau zu sich und dieser ergriff neben ihm sich nieder kniend seine Hand.
„Was? … Ich bin da.“
Der Gedanke in seinem Inneren hatte sich endlich geformt. Seine Hand fuhr zur eigenen Brust, die andere legte sich an Zissus' Unterarm.
"Es tut mir leid. Ich weiß, du bist müde - auch seelisch. Aber ich brauche dich jetzt an meiner Seite."
„Natürlich...“
Kazel zupfte so lange am Stoff seiner, bzw. Sademos Tunika, bis er sich soweit löste, dass er seine eigene Brust berühren konnte, inklusive der leicht fremden Textur des Hautbildes darauf.
"Arina Maclyn!"
, wiederholt er und dachte so fest an Janays Schwester, wie er konnte. Zissus neben ihm verstand den Sinn nicht und öffnete gerade den Mund um Kazel zu beruhigen.
„Ja, Rinal ist los und...“
Da verzerrten sich seine Lippen, seine Worte erstarrten in der Luft wie gefrorene Eisblumen an einem Fenster. Kazel und Zissus waren fort...
Janay:
Die Wut war fort. ...Sorge um ihr Schwesterchen ließ sie das Windeltuch anheben und in das kleine grienende Gesicht sehen … Janays glückliches Gesicht. Arina flüsterte lächelnd, während sich Wut in Trotz verwandelte:
„Ich pass auf dich auf. Mama und Papa tun es nicht.“
Genau in diesem Moment begriff das nur unwesentlich älter Mädchen etwas und stellte damit die Weichen für ihre Zukunft, für ihr Verhältnis mit Janay. Denn nicht ihre kleine Schwester war daran schuld, dass sie kein Kind sein durfte. Arina redete weiter leise mit dem kleinen Wesen, so wie es viele Leute taten, wenn ihr gegenüber sie nicht verstand. Sie vertraute Janay ihre Gedanken an, in dem Wissen, dass sie sie nicht weiter tragen konnte:
„Ich werd Mama sagen, dass ich Hilfe brauche...! Ich ...schaff das nicht allein. Ich werd ihr das sagen und wenn sie 'Nein' sagt, dann werd ich Papa ihr Geheimnis erzählen...“
Die aufgehende Sonne schien in ihr Gesicht und malte lustige Bilder an die Wände ihres Zimmers. Arina kitzelte Janays Seite... ihre Finger waren warm und die Sonne so schön hell.
…
Janay war gewachsen, war größer geworden, war an diesem Morgen nicht unter einem Windeltuch erstickt, aber eine Amme oder Hilfe hatten die Mädchen nie bekommen und auch in den folgenden Jahren hatten die Geschwister nur einander gehabt. Nur Arina hatte sich nach diesem Tag verändert und war ...'brav' geworden.
Als Janay dieses Mal die Augen kurz aufriss, an die Decke des umgebauten Flurs starrte, fühlte sie die warmen sonnigen Hände ihrer Schwestern wieder auf sich, aber... es war anders und die Hand war irgendwie tiefer... in ihr. Nein.. das fühlte sich falsch an. Trotz der Wärme fühlte sich etwas falsch an. Und sie war soooo müde! Sie wollte schlafen... für immer schlafen... aber so müde sie war, nahm sie doch war, dass etwas fehlte. Es fehlte eine Empfindung. Die Sonne schien in ihren Körper, streichelte den Schmerz fort und reparierte, das was ihr den Lebenswillen rauben wollte. Doch trotzdem war da etwas verloren gegangen... Janay konnte es in ihrem Misch aus Vision und Traum, Wahn und Gedanke noch nicht fassen.
„Verdammt...ich komm so nicht ran... sie...VERDAMMT! Komm schon! Lebe! Du wirst geliebt und gebraucht! Lebe!“
Beschwor die Heilerin Janay, ohne dass diese die Worte bewusst wahrnahm. Dann zog sich das Licht aus ihr zurück und hinterließ fast angenehme Stille die zum weiterschlafen animierte.
„Sie ist zu schwach. Ich kann jetzt nicht weiter machen Oriel, sonst stirbt sie mir weg. Wir müssen eine Pause machen und ich muss schlafen. Sie ist stabil, auch wenn... sie viel Blut verloren hat. Die Verletzung ist tief und hat ihr Rückenmark verletzt. Sie … ich weis nicht, ob sie je wieder laufen wird. Wir müssen abwarten.“
Eine männliche Stimme erwiderte:
„Geh dich ausruhen! Ich wechsel inzwischen die Laken. Sie hat unter sich gemacht.“
„Mach das. Und danke.“
Kazel:
Er hatte nicht nachgedacht sondern all seine Hoffnung für Janay in diese eine Idee gesetzt. Grob riss er seine Fingernägel über die Feder, die seine Brust zierte und hielt dabei Zissus Hand. Eine Welle an Glück überrollte sein Herz, als er merkte, dass es klappte...
Der Sog setzte ein und …
Mist!
MIST MIST MIST!
Kazel saß auf einem Felsen im Flussbett, stand mit den nackten Füßen im Wasser und Zissus kniete neben ihm. Sein Mitreisender sprang auf und verlor vor Schreck das Gleichgewicht. Zissus fiel nach hinten und landete mit dem Hintern planschend im flachen Nass des Baches, in dem Tage zuvor Janay und Kazel auf ihr Abenteuer aufgebrochen waren.
„WAS??? Was ist …. Wo? Warum?...“
Zissus war verständlicher Weise vollkommen durch den Wind. Dann fiel sein Blick auf eine bekuttete Gestalt und sein Arm hob sich wie ein Hinweis auf den stillen Beobachter:
„Wer? ...“
Zissus erstarrte. Aber nein, der Gevatter fror die Zeit nicht ein. Er saß einfach ein paar Felsen weiter am Flussbett und badete seine knochigen Füße darin. JETZT hatte Kazel einiges zu erklären, bevor er seinen Meister mit Fragen löchern konnte, warum seine Idee nicht geklappt hatte... aber... Moment... der Tod hatte ihm ja gesagt, dass die Feder von den Hochelfen stammt und nicht von ihm. Er hatte ihm auch offeriert, dass die meisterlichen Mächte über Zeit UND RAUM bald Kazel gehören könnten...doch noch taten sie es offensichtlich nicht und Kazel hatte sich und Zissus an einen Meilenweit von Janay entfernten Ort versetzt.
MIST!
Zissus saß noch immer zitternd halb im Flussbett und starrte den Tod an. Seine eine Hand wies in jene Richtung während seine andere Hand nach der von Kazel suchte.
„Bin... bin ich... tot? Ist das hier Kata M...“
Seine Stimme stolperte über ein aufkommendes Schluchzen.
„Kazel, was... was ist hier los?“
Die Kapuze des Gevatters drehte sich ein wenig in Richtung der beiden Männer und Tod...verwandelte sich. Er nahm die Gestalt eines Elfen an, den Kazel hier schon einmal gesehen hatte und der einen nicht sofort das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ellashar – einer der elf Hochelfen, mit denen er hier gefeiert hatte. Im Nachhinein mochte man sich vielleicht fragen, ob Tod schon vorher diese Gestalt während der Feier angenommen hatte? Möglich war es wohl. Ellashar stand auf und kam zu ihnen herüber, während Zissus noch immer halb im Bach badete und jetzt aber langsam die vor Angst zitternde Hand senkte. Ein wandelndes Skelett war nun mal ein vollkommen anderer Anblick als ein überirdisch schöner Elf in Kutte.
„So ist es besser.“
, meinte Tod in Elfengestalt und setzte sich neben Kazel, wobei er ihn lächelnd leicht zur Seite schob.
„Hallo Zissus. Ich muss kurz mit meinem Freund hier reden. Bitte gedulde dich kurz.“
Damit legte er Kazel einen Arm locker um die Schulter und Zissus schwieg. Aus der Nähe betrachtet war der Hochelf noch schöner. Das weiße Haar trug den Glanz der Sterne in sich und die helle Haut war wie Alabaster so klar und rein. Die mandelförmigen Augen waren leicht schräg gestellt und in ihnen wohnte das Wissen der Welt. Keine Farbe konnte diesen Anblick auch nur annähernd beschreiben, denn dem Universum wohnten alle Farben inne und auch keine. Aus der Ferne waren sie einfach nur schwarz gewesen, aber so nah waren es eben doch noch die endlos leeren Höhlen mit denen Tod jede Seele sah.
„Also Kazel... wie gesagt...
Der Gevatter hatte Kazel auf dessen Tätowierung aufmerksam gemacht und legte ihm nun in fast väterlicher Geste die flache Hand auf das Zeichen. Er erläuterte ihm in knappen, knochigen Worten noch einmal die Gabe, die er von den Hochelfen erhalten hatte. Durch ein sanftes Kratzen über die in die Haut gestochene Feder sollte er in der Lage sein, DIESEN Zielort erreichen zu können.
„Ich glaube, ich erwähnte bereits, dass nicht JEDER Ort anfänglich in diese Magie eingebettet wurde. Ich erinnere dich, dass es Ellashar war, der im Suff die Nadel führte und dir diesen Herzenswunsch gewährte. “
Tod grinste aus dem Gesicht des erwähnten Elfen heraus seinen Gesellen an.
„Aber wie mir scheint, hast du nun gewählt und willst den Weg des Meisters beschreiten.“
'Herzenswunsch' nach Morgeria zurück zu kommen, aber ja – sah man es so, hatte Kazel dort noch etwas zu erledigen gehabt.
„Ich glaube, ich war an dem Tag wirklich zu betrunken. Aber die Idee gefällt mir immer besser! Ein kleiner Kratzer und du probierst dich nicht nur an den Mächten der Zeit aus, sondern auch noch an denen des Raumes...“
Tod im Ellashar-Kostüm lehnte sich noch einmal näher und betrachtete die Feder.
„Kannst du dich noch daran erinnern, dass ich sagte: NOCH nicht... aber was nicht ist, könnte ich dir geben und dass es eigentlich die Macht eines Meisters ist? Du willst dich also doch schon jetzt daran versuchen.“
Kazel hatte sich schon damals gefragt, wo der Haken sein musste. Tods Reaktion hatte Kazel gewarnt zu viel zu wollen. Der nächste Fettnapf war nicht weit entfernt, wenn er diesen Weg beschritt und jetzt saß er wohl mitten drin... mit Zissus zusammen, den er mitgenommen hatte, anstatt Janay. Kazel hatte es sich so schön vorgestellt:
Herr über Raum und Zeit... WAHNSINN!
Er könnte durch Celcia springen, hatte er sich vorgestellt und Tod hatte es nicht dementiert, aber... Es musste auf Kosten von etwas gehen! Kosten die der Gevatter nicht erwähnt hatte. Doch jetzt saßen sie hier – zu dritt. Kazel der Überlebenskünstler, Kazel der Geselle des Todes, Kazel der Liebende. Er musste sich zerrissen fühlen.
„Du sagtest, du
hast nicht vor, aufzuhören den Lebenden zu helfen, wenn ich dich da richtig verstanden habe.
Es sei etwas, dass du tun kannst..."
Ja, er hatte gesehen, was er bewirken konnte. Es war mehr als sich in der Stillen Ebene vor der Welt zu verstecken. Er bewirkte etwas in dieser Welt. Wie allen Lernenden, ging es ihm nur eben nicht schnell genug und so hatte er auch hier gerade versucht eine 'Abkürzung' zu nehmen. Doch wenn Tod etwas hatte, dann war es Zeit. Auch wenn Kazel es als frustrierend empfand, Tod ließ sich nicht hetzen. Er kam wenn es Zeit war. Der Gevatter bremste ihn wieder einmal aus, gerade als es Kazel am aller dringlichsten war zu handeln:
"Willst du mir nun sagen, was du willst? Ich muss es hören.“
Ellashar hob seine fein-kantigen Brauen und wirkte fast androgyn und einem Engel gleich in seiner Schönheit. Auch wenn Kazel wusste, dass da das Gerippe vor ihm saß, war diese Gestalt von ihm das absolute Gegenteil, von allem was Tod sonst darstellte. Vielleicht machte das Knochengerüst aber auch gerade mal wieder einen seiner düsteren Scherze? Der Mann neben Kazel auf dem Stein, sprühte vor Leben und vereinte so Anfang und Ende in sich. Nein, gerade machte Tod keine Scherze, sondern sprach ruhig mit seinem Freund:
„Ich muss wissen, dass du dich der Konsequenzen bewusst bist. Ein Meister zu sein, bringt vor allem Verantwortung mit sich. Unsere Macht über Zeit und Raum verpflichtet uns zu Uneigennützigkeit und ...du mein Freund... bist gerade im Begriff etwas sehr eigennütziges mit diesen Mächten anzufangen, oder? Du wünschst dich zu ihrer Schwester um den Weg deiner Geliebten zu begradigen. Das ist es aber nicht, was ein Gevatter tut. Du willst sie nicht leiden sehen. Ich verstehe das, aber … Ich bin kein Romantiker... war ich nie. Wer behauptet, Liebe überdauert den Tod, der hat keine Ahnung. Ja sie hält an... eine Weile, aber dann verblasst sie, weil sie es muss um neuer Liebe platz zu machen, denn niemand darf ewig leiden. Das Leben muss weiter gehen!“
Er machte eine kurze Atempause, betrachtete das Glitzern des kleinen Baches zu ihren Füßen.
„Janay wird gerettet werden, ob du nun da bist oder nicht und auch deine Kinder werden leben.“
Tod im Ellashar-Kostüm sah etwas traurig aus. Seine Mimik war jetzt deutlich leichter zu lesen, da er Fleisch und Haut im Gesicht hatte.
„Du vertraust mir immernoch nicht. Nicht gänzlich. Ich sagte sie lebt und du zweifelst. Du greifst nach den Mächten, die ich dir anbot, nur um sie zu retten, obwohl ich dir sagte, dass dies nicht nötig ist.“
Die wundervollen Augen senkten sich und silbernes Licht fing sich in seinen langen Wimpern. Tod überlegte eine kleine Weile, sann darüber nach, wie es mit seinem Gesellen weiter gehen sollte.
„Ich bin zwar kein Romantiker, aber ich bin auch nicht herzlos... also im sprichwörtlichen Sinne. Ein Herz habe ich nicht, aber... egal! Was ich meine, ich kann dich verstehen und du hast ein noch immer sterbliches Herz und eine liebende Seele. Demnach kann ich vielleicht auch kein vollkommenes Vertrauen in mich verlangen. Deshalb habe ich eine Idee...“
Das Ellashar-Kostüm strich sich mit einer zum daniederknienden Geste eine lichte Haarsträhne über die Schulter und fuhr fort:
„Wenn das hier vorbei ist, schicke ich dich zurück. Zurück an den Punkt der Entscheidung. Es ist dann eigentlich ganz einfach: ENTWEDER du vertraust und bleibst bei deiner Janay, oder du nimmt den Weg der Meisterschaft, greifst nach den Mächten und bist fortan ein Gevatter... Gevatter Kazel...„
Er gluckste kurz.
„Klingt gar nicht so schlecht, finde ich. Mir ist beides recht, auch wenn ich glaube der zweite Weg ist noch etwas früh für dich. Du solltest noch ein bisschen das 'Leben' genießen, bevor du in meine Fußstapfen trittst. Für dich wird es ein Weg voller Entbehrungen, denn dein Leben ist dann vorbei! Nicht nur sprichwörtlich. Du wirst tot sein. So richtig! Kein Puls, keine Atmung und nach einer Weile...nun ja...ein Skelett. Aber das dauert. Und bevor du fragst... Ja, du wirst verwesen... magisch... nicht so wie Kuralla, diese.... Ach, egal.“
Damit erinnerte er Kazel kurz an jenen Moment, in dem die Goblinoma ihn gefragte hatte, ob er schon verwese. Aber nein, dem konnte Tod den Schrecken nehmen.
„Mit meinen Mächten kannst du natürlich auch jene Gestalten annehmen, die den Lebenden den Übergang leichter machen... so wie diese hier zum Beispiel.“
Dabei strich er sich selbst kurz über die straffe Brust, so dass unter der Kutte elegante durchaus sehr lebendig wirkende Muskelstränge zu erahnen waren.
„Ich will dir nur ein Bild deiner möglichen Zukunft malen, damit du weist, worauf du dich einlässt. Macht über Zeit und Raum mag etwas erstrebenswertes im Moment für dich sein, da du nur eins im Kopf hast und deine Liebe retten willst, aber sie verpflichten dich auch, jene zu besuchen die uns brauchen. Jede sterbende Seele wird dich zu sich rufen und du wirst zu ihr müssen, ob du willst oder nicht. Glaub mir, kein leichter Job. Du wirst all ihr Leid miterleben, all ihre Sehnsüchte und die Verzweiflung vor dem, was sie glauben zu verpassen, wenn sie sterben. Du wirst ihr Leben sehen, ihre Geschichten, die Liebe und das Leid. Du wirst sie beruhigen müssen, ihnen beistehen und sie hinüber geleiten, bis ihre Götter sich ihnen annehmen... oder auch nicht. Wenn das nicht passiert, dann musst du sie in den Fluss gehen lassen. Und manchmal werden sie sich wehren, dann werden sie zu Geistern, unfähig Frieden zu finden. Auch dann musst du sie los lassen. Dein Klammern an Leben wird dann enden. Dann wirst du sein wie ich. Ein Gevatter.“
Er sah Kazel aufmerksam an und hob einen mahnenden Finger. Eine kleine blaue Libelle fühlte sich spontan animiert sich auf dem perfekt geformten Nagel nieder zu lassen und schillerte mit dem Wasser um die Wette.
„Ich verlange keine sofortige Entscheidung. Ich schicke dich wie versprochen 'zurück' zum Punkt der Entscheidung. Sieh das hier als eine Reise in die Welt der Möglichkeiten, die du wählen kannst. Lass dir Zeit. Ich höre deinen Gedanken zu, wenn du sie gezielt an mich richtest. Wenn du dich erneut kratzt, dann landest du das letzte Mal hier. Ich werde dann auch da sein und du wirst dich entscheiden müssen. Entweder wir lassen alles beim alten und du bleibst Geselle des Todes mit eingeschränkten Mächten über die Zeit - keine Raummanipulation - und ...gelegentlichen Aufträgen von mir – oder du wirst dann ein eigenständiger Gevatter mit allem was dazu gehört. Letzteres wird dich aber definitiv töten und... sehr wahrscheinlich sehr einsam machen.“
Tod schmunzelte kurz, was im Ellashar-Kostüm einfach zauberhaft wirkte. Der Charme dieses Wesens war licht, bunt und hell wie ein Regenbogen, wie der Schimmer einer Muschel, wie der Glanz des Morgenstaus auf einer Rose. Sein Lächeln war der Zauber des Lebens und die Erfüllung aller Wünsche. Sogar Tods Stimme wirkte in dieser Hülle weniger hohl und von Kälte war keine Spur zu fühlen. Nur das Wasser des Baches kühlte angenehm Kazels Füße. Dann sah der Gevatter zu Zissus, der nach wie vor im Wasser saß und mit offenem Mund gelauscht hatte. Das Ellashar-Kostüm schenkte dem Pfauenmann ein Lächeln, dass ihn leise aufseufzen ließ. Zissus streckte instinktiv seine Hand nach Tod aus, aber dieser nahm Kazels am Handgelenk und streckte ihm so die des Gesellen entgegen. So kehrten sie in die gleiche Position ihrer Ankunft hier zurück und Zissus kniete an Kazels Seite, der plötzlich alleine auf dem Felsen saß. Die kleine blaue Libelle schwebte noch einen Moment in der Luft und sie hörten noch Ellashars Worte:
„Es wird Zeit.“
Zissus wollte noch etwas sagen, aber wieder zerrannen seine Worte im Sog und im nächsten Moment waren sie wieder im Flur und Kazel und der Pfauenmann hielten Händchen.
Janay:
Endlich war der Schmerz vergangen, aber etwas fehlte...
Panik, drohte sie wider zu erfassen... doch sie konnte sich nicht bewegen. Etwas stimmte nicht!
Janay konnte nichts fühlen... Warum fühlte sie nichts mehr... Halt doch...
...da war ihr Nacken,
ihr Hals,
ihr Gesicht,
ihr trockener Mund,
ihre Ohren,
ihre schweren Augenlider,
ihre Schultern dort wo sie auf einem harten Kissenkeil auflagen,
ihre Oberarme,
die Ellenbogen,
Handgelenke,
die Außenkante ihrer Hand und die kleinen Finger...
Sie wanderte mit ihrer Aufmerksamkeit wieder nach oben zum Hals,
dann den Rücken hinab...
… bis sich das Gefühl in einer unbestimmten Leere verlor.
WAS?!
Da war nichts.
Ihr Rücken hörte auf!
Alles unterhalb eines bestimmten Punktes war... WEG!
Wo waren ihre Hüften, ihre Beine?
NICHTS!
Sie fühlte nichts!
((ooc: Janay ist 'nur' noch:
))
Es bedürfte einiges an Anstrengung um überhaupt die Augen zu öffnen, aber es war schaffbar. So leicht ließ Janay sich nicht unter kriegen! Aber was war mit ihren Beinen los? Sie musste nachsehen, doch da lag ein frisches sauberes Laken über ihr, dass den Bereich bedeckte. Dann könnte sie sich umsehen und bei ihr saß ein Mann mit dem Rücken halb zu ihr gewandt, der gerade etwas auf einem flachen Tisch hantierte, was sie nicht sehen konnte.
Der Schmerz war weg... nur das Gefühl fehlte... Was war passiert?
Zusammen:
„WAS ZUM HARAX WAR DAS?!?!?!“
Zissus hatte aufspringen wollen, aber seine Beine waren ihm wohl eingeschlafen und er kippte einfach nach hinten. Das hatte auch Janay gehört. Der Flur war mit einem dünnen Sichtschutz abgehangen und Kazel saß immernoch --- oder schon wieder --- in dem Sessel dahinter. Zissus leicht gräulichem Gesichtsausdruck nach, konnte er sich an alles erinnern und seine nasse Hose war ein weiterer Beweis, dass das alles wirklich passiert war. Auch Kazels Füße waren nass.