Das neue Heim

Die Gebäude hier zeigen deutlich den Stand eines Bürgers in Morgeria. Niedere leben in heruntergekommen Barracken, Krieger & Söldner in bunkerartigen Unterkünften oder Zelten. Mächtige Familien leben in finsteren Anwesen, die kleinen Schlössern gleichen.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 14. April 2022, 12:08

Janay...
...spürte sehr wohl das Gefühl, dass Kazel wieder zurück in jene Rolle schlüpfte, vor der selbst seine Tante Furcht verspürt hatte. Janay sank eine Spur tiefer ins Wasser und musste schlucken. Instinktiv fragte sie noch:
"Können wir nicht über etwas anderes reden?"
Das war naiv und eigentlich nicht ihre Art. Es klang fast wie die Stimme eines Kindes?
Langsam kam sie zum Beckenrand und entstieg, mit etwas Abstand zu den Männern, der Wanne, um sich ebenfalls ein Handtuch, um den Körper zu schlingen.
"Kazel, ich möchte hier weg."
, murmelte sie in jenem Moment der Schwäche und wagte es trotzdem nicht, in seine Umarmung zu flüchten, um dort in Geborgenheit, ganz gleich, ob tatsächlicher oder nur geglaubter, wieder zu sich finden zu können. Denn durch ihre Position fiel ihr etwas unter der Decke auf, ein Ring, der mit einem Mal aufleuchtete. Es war eigentlich eher Zufall, dass sie es wahrnahm, aber es war plötzlich genug, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Daraus trat etwas hervor, das sie nicht benennen konnte, und wanderte zu dem Dunkelelf, in dessen Hülle ihr Liebster steckte. Sie erstarrte für kurze Zeit, ihr Herz schien regelrecht auszusetzen, ehe es mit viel mehr Wucht weiter schlug.
Ein lautloses Keuchen kam ihr über die Lippen und sie wich instinktiv zurück. Dabei bedachte sie nicht ihre Umgebung und durch den eigenen Schwung, mit dem sie gegen den Rand der Wanne stieß... verlor sie den Halt und kippte nach hinten, um wieder im Wasser zu landen, dem sie gerade erst entstiegen war. Dadurch war sie einen Moment lang von dem Geschehen im sie herum vollkommen getrennt. Sie sah nichts, hörte nichts, bekam nichts mit. Sie hatte sich durch ihre Unachtsamkeit aus der Gleichung genommen und nun drang Wasser in ihre Atemwege. Leider war sie auch rücklings in das Becken gefallen und hatte nicht bedacht - nicht das sie das wirklich bewusst berücksichtigen hätte können - dass ihr Sturz auch schief gehen konnte. Nicht nur Wasser erwartete sie im rückwärts Fallen. Auch die unter den Blubberblasen verborgenen Sitzbänke und ihre Kanten...

„Herrje! Nicht mal in Ruhe... ah! Du bist es. Reich mir mal meine Kutte.“
Da war sie wieder. -Tot-
Janay stand am 'Strand' des Gevatters, dort wo jedes Zeitkörnchen hin kam, wenn das Leben erlosch oder ins Stocken geriet. Ihre geisterhafte Gestalt war einmal mehr nackt, aber der Tot war definitiv gerade sehr viel 'NACKTER'!!!
Ohne seine Kutte badete er gerade in einer kleinen Quelle im steinigen Boden und erhob sich auf ihr Erscheinen hin aus dem silbrig schimmernden Wasser. Die Tropfen sickerten einfach in seine Knochen ein, wie ein Schwamm. War das überhaupt Wasser? Egal. Ihr ätherisches Abbild sah seine Kutte neben ihm liegen und sicher reichte sie ihm nur zu gern, denn der Anblick seines nackten Gerippes war sicher nicht sehr erbaulich. Hohl grinsend nahm er sie entgegen und verhüllte seine maximal schlanke Gestalt vor ihrem Blick.
„Tolpatschig.“
War seine schlichte Analyse.
„...und das in den denkbar schlechtesten Momenten.“
, schalt sie seine knöcherne Stimme und er schüttelte leicht den Kopf. Dann drehte er sich um und hinter ihr waren zwei Sitzkissen erschienen, von der er ihr eines anbot.
„Da du schon mal hier bist, setzt dich einen Moment.“
Ob sie es tat oder nicht, er redete weiter:
„Janay, du könntest dich meinem Gesellen gegenüber nützlich machen, aber du stolperst durch die Geschichte und bringst dich auch noch selbst um.“
Er schüttelte abermals leicht den Kopf, wie ein Großvater, der ein Enkelkind belehrte. Seine Stimme klang zwar wie immer hohl in wie aus weiter Ferne, aber nicht unfreundlich, als er sich dann an sie wandte:
„Der Wille jedes Lebens ist so lange ungebrochen, wie er einen Grund zum Leben hat und DU bist dieser Grund für Kazel, so wie dein Kind für dich. Die Liebe ist eine mächtige Waffe... Du kannst ihm helfen diesen Dämon in sich still zu halten, solange ihr noch keine Lösung gefunden habt ihn los zu werden und langsam wird es Zeit das zu tun, denn sieh...“
Sein knöcherner Finger hob abermals aus den Fluten des nahen Seelenflusses eine spiegelnde Wasserwand herauf und ein Bild zeigte sich: ...
Kazel, bzw. Sademos biss
Zissus!
...um seine Seele zu fressen und Janay sah aus einer vogelähnlichen Perspektive auf das Szenario hinab. Die Dunkelheit aus dem Ring, der Dämon hatte sie alle in einem Moment der Unachtsamkeit in seinen Hinterhalt gelockt...
Er hatte geduldig auf seinen großen Auftritt gewartet, lauerte die ganze Zeit im Dunkeln. Er hatte sich sogar ausgeruht und nun war er präsent: stark und hungrig.
"Du wirst uns munden..."
Es waren nicht Kazels Worte. Es war nicht seine Stimme. Diese gehörte Sademos, doch auch er sprach hier nicht. Der Dämon hatte die Macht übernommen, leckte sich die Lippen seines Wirts und stürzte dann vor. Seine Hände packten Zissus mit aller Gewalt, während ein gieriges Funkeln in seinen Blick trat, begleitet von einem abgrundtief haraxischen Grinsen. Sademos bleckte die Zähne, ehe er sie zum Liebeskuss eines Dämons an Zissus' Hals versenken wollte. Die Haltung besaß etwas Brachiales und eigentlich hätte man dieses Vorgehen eher einem Vampir zugemutet anstelle eines Besessenen. Aber Nebhasmhorachd schien genau zu wissen, dass er mit einem Biss tief in die Halsschlagader sehr schnell an den kostbaren Lebenssaft heran käme ... und wenn dieser erst einmal sprudelte, würde auch Zissus' Zeitensand aus ihm heraus rieseln, ob nun genutzt oder vergeudet.
„Siehst du?! Dein Liebster verliert mehr und mehr die Kontrolle. Das nächste mal wird es vielleicht nicht so glimpflich ausgehen. Ich lass dich wieder zurück zu ihm, denn er braucht dich, aber langsam solltet ihr mal euer Sitzfleisch zusammen kneifen und euch meiner ihm gestellten Aufgabe widmen! Und DU... mit dir habe ich keinen Vertrag. Also pass auf, dass du nicht noch mal stirbst, sonst schicke ich dich da hin, wo alle Seelen hin gehen!“
Der Tod wedelte mit der Hand und die Wasseroberfläche brach wieder in sich zusammen. Seine leeren Augenhöhlen blickten hinaus auf den breiten Fluss und er murmelte fast ein wenig wütend klingend:
„Mir ist egal WIE Kazel mir die Seelen beschafft, die Sademos mir gestohlen hat. Meinetwegen kann er durch die Gegend ziehen und jede einzeln umbringen, die mir vorenthalten wurde. Nur... Sademos zu töten wird sie mit einem Schlag alle her bringen. Er hätte vor sehr langer Zeit sterben sollen, doch er stiehlt sich mit Hilfe dieses Dämons Zeitensand und verdirbt ihn. Die Zeit die er zurück gibt ist faul und vergoren, sie verrinnt nicht in meinen Stundengläsern und er kann sie dadurch kontrollieren. Die Hybriden sind halt leider nur nicht alle Opfer, an denen er sich vergangen hat... Sie sind die meisten... aber Kazel muss sie mir 'alle' bringen! Sademos muss sterben! - Solange kann ich nicht eingreifen.“
Damit sah er wieder zu Janay und sein Blick drang ihr bis tief in die Seele.
„...solange kann ich ihm nicht helfen. Und damit das jetzt auch ganz deutlich wird: In dem Moment, in dem Sademos stirbt bin ich wieder bei euch! Das verspreche ich! Darauf kann Kazel vertrauen! Sag ihm das!“
Hatte der Gevatter gerade Janay hier einen versteckten Hinweis gegeben, wie man vielleicht die ganze Problematik abkürzen könnte? Er gab ihr aber leider keine Zeit darüber nachzudenken, schnippte ihr gegen die Stirn und katapultierte sie zurück...

...ins Wasser. WASSER! Viel zu viel Wasser! Überall! In ihren Augen, in ihren Ohren, in ihrem Mund! Als läge sie auf dem Grund des Meeres... Dann näherte sich ein dunkler Fleck von oben und Hände griffen nach ihr...

...

Zu Kazels...
... Glück hatte der Wurm an die falschen Zweifel appelliert, um Kazels Seele abzulenken. Er hatte ihm Worte in den Kopf gesetzt, die bei liebenden Paaren er hätte erfolgreich ausnutzen können. Er stellte Zissus als Janays neuen Liebhaber hin. Er versuchte, Eifersucht und Hass auf diesen Mann zu schüren, weil er glaubte, Kazels Liebe zu Janay sei größer. Hier mochte er gewiss Recht haben, aber er irrte sich, als er auf seine Eifersucht spekulierte. Vollkommen befreit davon war zwar auch der Mischling nicht, aber er hatte den Großteil seines Lebens keine Liebe dieser Art erfahren. Im Umkehrschluss hatte Kazel hatte hier zu wenig Eifersucht ausgebildet. Er war einfach nur glücklich, überhaupt geliebt zu werden, dass er dafür sogar nahezu bedingungslos bereit war, dieses Wenige an Liebe in seinem Leben auch noch zu teilen. Dass er seine eigenen Grenzen besaß, ahnte er hierbei nur bedingt. Die letzten Stunden hatten es aber deutlich gezeigt: Ihr Liebesspiel hatte den Wurm ruhig gehalten und so reichte es einfach nicht für echte Eifersucht. Der Mischlings kehrte zurück an die Oberfläche. Er wusste, dass er langsam die Kontrolle zurückgewann, als er Zissus' vom Rosenwasser weich und rein gewaschene Haut schmeckte ... und die Spur Blut. Seine Zähne versenkten sich in sein Fleisch. Noch aber reichte es nicht, um sich loszureißen. Das gelang erst, als er Janays Worte vernahm:
"Kazel, ich möchte hier weg."
Ihnen folgte ein unterdrückter Aufschrei, sowie spritzendes Wasser, als seine Liebste den Halt verlor und samt umschlungenen Handtuch zurück in das Badewasser fiel. Es platschte, dass Kazel sich einbildete, die Kälte eines Bergbachs zu durchbrechen, als er wieder die Oberhand über Sademos' Körper errang. Er tauchte aus der Unterdrückung auf.
"Zurück!"
Sademos' Lippen formten, was sein Geist im Inneren dachte. Der Befehl galt seinem Parasiten und zugleich auch dem Körper selbst, den sie beide als Wirt nutzten. Endlich gelang es ihm, durch den Ausruf die Zähne von Zissus' Hals zu lösen und auch Zissus wich auf den Befehl hin zurück. Ein schneller Blick genügte, um festzustellen, dass er zwar zugebissen hatte, aber nicht tief genug gedrungen war. Kazel schwankte zurück und fing sich. Er starrte Zissus an, dann sah er zum Becken, in das Janay gefallen war. Zissus hatte sich schon umgedreht und kam Janay zu Hilfe.
"Bring sie weg."
, keuchte Kazel, als hätte er einen Dauerlauf hinter sich.
"Ich muss Rasputin folgen ... ich muss fressen..."
Zissus nickte, nicht glücklich, aber er nickte.
Er umschlang mit beiden Armen Sademos Leib, presste sie eng daran, um zu verhindern, dass sie sich noch einmal selbstständig machten. Er war wider da, aber die Erfahrung hatte sich tief in Kazels nicht vorhandene Knochen gefressen. Wahrhaft besessen zu sein war kein Zuckerschlecken. Der Wurm musste gefüttert werden, damit er nicht noch einmal die Kontrolle an sich riss! Er kam nicht drum herum!
Hast du zugehört? Wir fressen. Aber nicht ihn! Du wirst Zissus oder Janay niemals so angehen!
Ach, er hätte sicher nichts dagegen. Der würde sicher gern für dich sterben... und genau genommen würde er das nicht einmal und du müsstest dir nie wieder sein Gejammer anhören. Er wäre immer ganz brav.
, kommentierte der dämonische Untermieter süffisant. Kazel versuchte, sich aufzurichten.
… und deine Janay wäre auch nie wieder widerborstig...
Das hätte er sicher besser nicht angedeutet, denn die Vorstellung, dass Kazel Janay ein Leid antun könnte, brachte ihn schneller hier weg, als er sich noch einmal umwenden konnte. Zissus würde sich um sie kümmern, da war er sich sicher, aber der Wurm in ihm war inzwischen zu einer echten Gefahr geworden! Also wahrte er Haltung, egal was da in seinem Innern tobte. Sademos strahlte stets eine dunkle Erhabenheit und Würde aus, die Ehrfurcht gebot. Kazel konnte sich nicht selbst umarmen und halb gekrümmt wie ein geschlagenes Tier durch sein Haus wandeln. Er musste hier weg und das schnell – um Janay und Zissus zu schützen! Er sorgte sich, doch es war schwer, denn so konnte Kazel sich nicht vollends auf den Dämon konzentrieren.
Wir gehen Rasputin nach. Gib mir genug Zeit, die Situation dort unten einzuschätzen. Dann ... überlasse ich ihn dir. Aber erstmal nur ihn, verstanden? Das muss für den Anfang reichen.
Vielleicht gelänge es so für eine Weile, mit Nebhasmhorachd auszukommen.
Rasputin ist alt und zäh...immer schlecht gelaunt und dir doch sowieso ergeben wie ein Hund. Wollen wir nicht lieber ein paar junge frische Hybriden von ihm fressen? Die sind saftig und schmackhaft. Sehr LECKER!
In Sademos Mund war der Speichel zusammen gelaufen und er musste schlucken.
Wenn Kazel nur den Zeitensand von Personen fraß, die er als absolute Gefahr für Unschuldige ansah, könnte er es sich vielleicht selbst verzeihen. Ob sein Lehrmeister der Gevatter dazu auch in der Lage wäre, würde sich zeigen müssen. Im Moment konnte Kazel keine Rücksicht auf ihn nehmen. Er fürchtete, sein Wurm würde ansonsten wirklich noch einmal auf Zissus oder sogar Janay losgehen. Und Kazel befürchtete, dass er ihn kein zweites Mal aufhalten könnte.

(Kazel weiter bei: Die neun Keller des Sademos)

...

Wasser! Zurück an der Wasseroberfläche schüttelte etwas ihren Leib und drückte dann auf ihre Brust. Wasser rang sich ihre Kehle empor und dann schüttelte sie ein heftiger Husten. Wasser kämpfte sich aus ihren Bronchen und auch aus ihrem Magen – gleichzeitig. Der dunkle Fleck, den sie gesehen hatte, war bei ihr, aber noch immer war er verschwommen, denn Wasser war in ihren Augen und ihre Haare klebten über ihrem Gesicht.
"Janay! Atme!"
, befahl eine Stimme und ihr Körper gehorchte nur zu gern. Dann kam leider der Kopfschmerz hinzu und das Husten dröhnte heftig in ihrem Schädel nach. Japsend und hechelnd hing sie kopfüber über ihrgendetwas und kämpfte sich ins Leben zurück. Hände und Arme hielten sie und Finger streichelten nun sanfter ihr die nassen Haare aus dem Gesicht. Jetzt konnte sie sich das Wasser aus dem Augen wischen und blinzelnd erkannte sie Zissus Gesicht über sich. Sie lag in seinen Armen. Zuvor musste er sie wohl über sein Knie gelegt haben um das Wasser aus ihren Lungen zu pressen. Jetzt hielt er sie aber beschützend und schaute sehr besorgt drein.
"Schhh...atme...langsam... alles wieder gut...ganz ruhig."
Seine Stimme war warm und samtig und er versuchte sich an einem etwas schiefen Lächeln um ihr Kraft zu spenden, bis sie ihre wieder fand.
"Was machst du nur für Sachen. Hattest wohl noch nicht genug gebadet was?"
Er erwartete keine Antwort und griff neben sich um Janay in ein neues weiches Handtuch zu wickeln. Mit langsamen aber kräftigen Bewegungen streichelte er sie weiter, die Arme, den Rücken, sogar mal ihre Beine um den Kreislauf wieder anzuregen.
"Geht es wieder?"
Janay konnte sich nach einer Weile auch wieder umsehen. Sie waren immernoch in dem Baderaum. Nur...jemand fehlte.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Montag 25. April 2022, 15:19

Die ganze Szenerie entwickelte sich in eine Richtung, die ihr nichts anderes als Angst einjagte und ihren Fluchtimpuls weckte. Das Problem dabei allerdings war, dass sie hinten keine Augen besaß, sodass sie nicht darauf achten konnte, was sich in ihrem Rücken befand. Zwar hätte sie es noch wissen müssen, doch die Furcht war zu groß.
So passierte das Unglück, von dem ihr Schrei kündete, ehe sich ihre wahrgenommene Umgebung plötzlich änderte. Den Aufprall spürte sie nicht einmal richtig, als es schon geschehen war.
Eine Stimme, die sie schon einmal gehört hatte, drang an ihre Ohren, als sie noch blinzelnd zu begreifen versuchte, warum sie sich auf einem Strand befand. Was war geschehen? Wieso war hier ein vollkommen anderes Licht? Und ein... lebendiges Gerippe?!
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, die passender zu diesem zeitlosen Ort nicht sein konnte, bis ihr Verstand den Sinn der Aufforderung verarbeitet hatte. Dann kam in ihren geisterhaften Leib rasch Bewegung, denn so unheimlich dieses Wesen in seiner Kutte schon wirkte, ohne dieser war es noch viel, viel schlimmer.
Waren das seine Knochen bei seinen Regungen oder ihre Zähne, die sie hier gerade klappern hören glaubte? Sie wusste es nicht zu sagen und wandte sich lieber ab, um sich erst einmal fassen zu können.
Dabei half es ihr nicht sonderlich, dass die Stimme erneut erklang und sich irgendwie unpassende Sitzkissen auf dem Sand befanden, von denen ihr eins angeboten wurde. Wie an Fäden gezogen, ging sie tatsächlich hin und setzte sich.
Während der Tod neben ihr bereits in seinen Redefluss verfiel, starrte sie vor sich hin und verstand mal wieder... gar nichts. "Was ist passiert?", murmelte sie, schüttelte den Kopf und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. Es war einfach zu viel, viel zu viel! Tief versuchte sie durchzuatmen, obwohl sie gerade keinen Leib besaß, der Sauerstoff benötigte, um sich zu beruhigen.
Schließlich sanken langsam ihre Hände herab und sie starrte blicklos vor sich hin, bis sie die Kraft fand, ihren Kopf zu drehen. "Was kann eine wie ich schon tun...?", murmelte sie in einem Moment absoluter Schwäche und Hilflosigkeit. Und das gegenüber einem Fremden! Nun ja... sofern man den leibhaftigen Tod zu seinem Bekanntenkreis überhaupt zählen wollte.
Aber was sollte sie sonst tun? Die Überforderung drang mächtig in ihr Bewusstsein zurück und sie fühlte sich so nutzlos. Allein die Tatsache, dass sie hier an diesem Strand war, war doch schon Beweis genug dafür, dass sie nicht die Richtige für irgendetwas außerhalb des Bettes war!
Im Augenwinkel nahm sie eine Veränderung wahr und obwohl sie es nicht wollte, sah sie hin. Und was sie zu sehen bekam! Ihre Augen weiteten sich und sie keuchte vor Entsetzen auf. "Nein!", entkam es ihrer Kehle und sie hielt sich hastig die Hand vor den Mund.
Diese Szenerie war... grotesk! Anders wusste sie diese nicht zu beschreiben. Es war, als wisse sie darum, dass dieser Biss kein Liebesbeweis war, sondern ein äußerst gefährlicher Angriff. Etwas, zu dem sie Kazel nicht für fähig gehalten hätte! Obwohl sie schon erfahren hatte, dass er töten sollte und es vermutlich auch schon getan hatte, obwohl er die Seele des Sammlers ausgelöscht hatte und noch einige Anzeichen für die Fähigkeit zum Kampf gezeigt hatte, war es irgendwie immer nur ein abstrakter Gedanke gewesen. Etwas, das sie zwar in der Theorie wusste, sich jedoch geweigert hatte, als wirklich und vor allem gefährlich ansehen zu wollen. Nur jetzt...?
Ihr wurde ein wenig übel und sie kniff die Augen zusammen, um nicht länger zusehen zu müssen, wie brutal er bei Zissus agierte. Ein trockenes Schluchzen entrang sich dabei ihrer Kehle. In diesem Moment erklang erneut die Stimme neben ihr.
Abrupt sah sie ihn wieder an, mit Tränen in den Augen, zumindest hatte sie dieses Gefühl des verschwommenen Sehens. "Aber was soll ich denn tun? Was kann ich tun?! Ich bin doch nur nutzlos, ohne magische Begabung!", protestierte sie ehrlich verzweifelt.
Sie wollte Kazel helfen, unbedingt! Wollte, dass er endlich wieder seinen eigenen Körper hätte und leben dürfte! Allerdings war sie machtlos und empfand sich als schlichtweg unfähig, etwas anderes als Ärger zu verursachen, neben all ihren anderen Gefühlen.
Der Tod indes sprach weiter, wenngleich scheinbar nicht direkt zu ihr. Bis sich das änderte. Und gerade, als der Sinn seiner Worte in ihrem Geist anzukommen begann, sie den Mund zu einem Nachhaken öffnen wollte,... war alles schon wieder anders!
Hatte sie gerade eben noch keinen Sauerstoff benötigt, schrie ihre Lunge jetzt umso mehr danach. Ehe jedoch die Panik sie erfassen konnte, waren da schon Hände, die dafür sorgten, dass sie wieder an die Oberfläche gelangte. Kaum war sie dort, wurde an ihr herumgedrückt, bis sie mit einem lauten, gierigen Atemzug den Mund aufriss und die nächsten Sekunden nicht in der Lage war, etwas anderes zu tun, als zu husten, würgen und Luft in ihre Lungen zu saugen, während das Wasser an ihr herab rann.
Wie lange das dauerte, wusste sie nicht zu sagen, geschweige denn, dass eine warme, vertraut gewordene Stimme versuchte, ihr mit sanften Anweisungen Halt und Richtung zu geben. Noch weniger verband sie den gekrächzten Laut mit ihrer eigenen Stimme, als sie kaum verständlich einen Namen formulierte:"Kazel!" Doch es war nicht ihr Liebster, der sie gerettet hatte.
Langsam, viel zu langsam, klarte sie auf und gemeinsam mit dem Kopfschmerz konnte sie allmählich auch ihre Umgebung wieder wahrnehmen. Der Pfauenmann hielt sie im Arm und hatte sie mehr oder weniger zurück ins Leben geholt. Auch jetzt umsorgte er sie, wickelte sie in ein frisches Tuch, wärmte sie und hielt sie, während ihr gesamter Körper zu zittern begann von dem Schock.
Es dauerte lange, bis sie schließlich klar genug wurde, um ein wenig zu nicken. Nein, es ging eigentlich nicht wieder, nur... sie hatte das Gefühl, dass etwas ganz dringliches wartete, von ihr ausgesprochen zu werden. Noch war sie viel zu sehr damit beschäftigt, ihre Lungen mit Sauerstoff zu füllen, aber auch das wurde allmählich ruhiger und gewohnter, bis sie nicht mehr japste. Nur der Kopfschmerz, der blieb vorerst.
Mit einem leisen Seufzen schloss sie die Augen und verspürte Müdigkeit, der sie nur zu gerne nachgegeben hätte. Wenn da nicht ein Bild von Strand und einem nackten, sprechenden Gerippe in ihrem Geist aufgeblitzt wäre. Dieses schreckte sie auf, sodass sie die Augen aufriss und sich hastig umsah.
"Kazel? Kazel?! Wo ist Kazel?!", entkam es ihr und mit einem Mal begann sie zu zappeln, um sich zu befreien und dadurch hoffentlich freie Sicht auf ihren Liebsten haben zu können. Wieso beugte er sich nicht über sie und war ebenso besorgt um ihr Wohlergehen wie Zissus? Oder hatte er bereits einen anderen Hals gefunden, um...
Ein trockenes Würgen krampfte ihre Kehle zusammen und ihre Hand tastete suchend nach Halt, während die Gedanken in ihrem Kopf zu rasen begonnen hatten.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Montag 25. April 2022, 18:30

Zeit.
Zeit und deren Unabhängigkeit davon war schon etwas schönes.
Und so saß Gevatter Tod an seinem endlosen Sandstrand und spielte mit den Fingern im Zeitensand, ließ ihn über die knochigen Kuppen rieseln und betrachtete sich die Welt, die sich im Gegensatz zu ihm in ständigem Fluss befand. Gedankenverloren sinnierte er halb laut vor sich hin:
„Was für eine seltsame Begleiterin mein Lehrling sich da ausgesucht hat... aber wo die Liebe halt hinfällt.“
Er grinste fahl, wie er es immer tat und wog den kahlen Schädel hin und her.
„Dieses Mädchen ist gefährlich. Sie vermag es die Rettung und den Untergang in sich zu vereinen. Bleibt zu hoffen, dass sie den Weg nicht fürchtet, den sie gehen muss. Ich hasse Sterbliche die schon im Vornherein nur ihr Scheitern sehen und deshalb nicht mal den ersten Schritt wagen.“
Noch einmal fand sein hohles Auge Janays Abbild in den Fluten. Dann zuckte er mit den Schultern.
„Nun...ist nicht meine Aufgabe ihr Mut zuzusprechen.“
Damit verblasste seine Gestalt. Er hatte heute noch etwas vor und auch wenn er ewig Zeit hatte, so waren manche Dinge doch wichtiger als andere.


"Kazel!"
Doch es war nicht Janays Liebster, der sie gerettet hatte.
Langsam, viel zu langsam, klarte sie auf und gemeinsam mit dem Kopfschmerz konnte sie allmählich auch ihre Umgebung wieder wahrnehmen. Der Pfauenmann hielt sie im Arm und hatte sie mehr oder weniger zurück ins Leben geholt. Auch jetzt umsorgte er sie, wickelte sie in ein frisches Tuch, wärmte sie und hielt sie, während ihr gesamter Körper zu zittern begann von dem Schock. Es dauerte lange, bis sie schließlich klar genug wurde, um ein wenig zu nicken. Nein, es ging eigentlich nicht wieder, nur... sie hatte das Gefühl, dass etwas ganz dringliches wartete, von ihr ausgesprochen zu werden. Noch war sie viel zu sehr damit beschäftigt, ihre Lungen mit Sauerstoff zu füllen, aber auch das wurde allmählich ruhiger und gewohnter, bis sie nicht mehr japste. Nur der Kopfschmerz, der blieb vorerst. Mit einem leisen Seufzen schloss sie die Augen und verspürte Müdigkeit, der sie nur zu gerne nachgegeben hätte. Wenn da nicht ein Bild von Strand und einem nackten, sprechenden Gerippe in ihrem Geist aufgeblitzt wäre. Hätte sie wieder die Augen geschlossen, wäre sie vielleicht wieder an diesem Sandstrand aufgewacht...und vielleicht dieses Mal endgültig. Dieser Gedanke schreckte sie auf, sodass sie die Augen aufriss und sich hastig umsah.
"Kazel? Kazel?! Wo ist Kazel?!"
, entkam es ihr und mit einem Mal begann sie zu zappeln, um sich zu befreien und dadurch hoffentlich freie Sicht auf ihren Liebsten haben zu können. Wieso beugte er sich nicht über sie und war ebenso besorgt um ihr Wohlergehen wie Zissus? Oder hatte er bereits einen anderen Hals gefunden, um... Ein trockenes Würgen krampfte ihre Kehle zusammen und ihre Hand tastete suchend nach Halt, während die Gedanken in ihrem Kopf zu rasen begonnen hatten.
„Schhhh.... alles gut. Atme ganz ruhig. Kazel ist mit Rasputin gegangen. Es war...nötig. Bestimmt besser, wenn er ihn... also besser als mich...“
Nar'Zissus wirkte fast ein wenig beklommen, was ihm nicht wirklich zu Gesicht stand. Allerdings war auch eine deutliche Bisswunde an seinem Hals zu sehen, die noch zum Glück nur noch leicht blutete und nicht tief war. Zum Glück hatten Dunkelelfen keine Reißzähne. Der hübsche Dunkelelf würde wohl in nächster Zeit breite kostbare Halsbänder oder teure Seidenschals tragen müssen.
„Kazel wird bestimmt da unten zurecht kommen. Er ist mit Rasputin allein dort, also droht ihm keine Gefahr.“
...zumindest keine körperliche.
„Geht es dir wieder gut? Für einen Moment hab ich geglaubt, ich hätte dich verloren!“
Eine Mischung aus ehrlicher Sorge und Angst huschte über seine feinen Züge, dann gesellte sich ein schiefes kleines Schmunzeln dazu:
„Wenn dir was passiert wäre, würde Kazel mir das sicher nicht verzeihen. Also mach sowas nicht noch mal, oder... oder reservier mir einen Platz im Himmel neben dir, ja?!“
Der Subtext lautete: ...oder Kazel bringt mich gleich mit um. Zissus riss keine Witze, aber er versuchte Janays Panik etwas zu mildern. Er setzte sich mit ihr im Arm auch etwas aufrechter hin und rubbelte immer noch ihre Arme.
„Wenn es wieder geht, dann können wir hoch gehen und auf ihn warten...“
Doch wollte sie das? Seinen Worten klang irgendwie noch ein offenes Ende nach. Wenn sie sich sträubte, würde er sie nicht abhalten oder sich in den Weg stellen. Er äußerte nur, was er aus seiner Perspektive für das beste hielt.
„Vielleicht können wir was essen? Bist du hungrig? Oder müde?“
Zissus würde sich mit größter Sicherheit um alle ihre Wünsche kümmern, solange Kazel nicht da war, das konnte sie spüren.
„Vielleicht haben die Anderen auch schon was heraus gefunden, was euch helfen kann. Die alte Schildkröte drückt sich zwar meistens eher kryptisch aus, aber irgendwann macht das meiste was sie sagt auch Sinn. Und Hopp ist eine liebe Seele. Ich glaub, sie mag dich. Vielleicht... weil ich dich mag.“
Der Pfau zwinkerte ihr ein bisschen keck zu.
„Nun...die Anderen...“
Er zuckte leicht mit den Schultern, da er gerade nicht zu viel sinnlos herum spekulieren wollte.
„Aber... Was möchtest du?“
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Sonntag 1. Mai 2022, 10:39

Da sie nicht die Macht zum Verbleiben hatte, bekam sie nicht mehr mit, was der Tod noch vor sich hinmurmelte. Dabei wäre es äußerst interessant für sie gewesen und hätte unzählige Fragen dazu aufgeworfen. Vor allem jene, warum ihr jemand Mut zusprechen müsste, was da genau vor ihr lag. Denn allein die Geburt, sollte es jemals dazu kommen, wäre es sicherlich nicht. Obwohl auch das, im besten Falle, in Verbindung mit Kazel stehen würde.
Doch jetzt musste sie erst einmal zurück in ein alles andere als einfaches Leben finden, als sie aus dem Wasser gerettet und ihr geholfen wurde, wieder zu atmen. Langsam klärte sich ihre Sicht und beruhigten sich ihre Lungen, sodass sie immer besser Luft holen konnte. Trotzdem brauchten ihre Nerven etwas länger, bis sie keine Panik mehr verspürte, den nächsten Atemzug eben nicht machen zu können.
Zurück blieb die Erinnerung an ein unschönes Gefühl, Kopfschmerzen und die Überzeugung, etwas absolut Überlebenswichtiges gehört zu haben. Nur... was?
Sie drohte durch Erschöpfung wieder wegzudämmern und das öffnete die Verbindung zu ihrem Unterbewusstsein. Dabei war es zu kurz, um alle Informationen zurück an die Oberfläche zu holen, aber den Kern erreichte sie damit, nämlich jene Person, um die es ging.
Schlagartig war sie aufmerksam und suchte nach ihrem Liebsten. Schon drohte Angst in ihr aufzusteigen, sich zu erheben wie eine überschwappende Welle, als Zissus sie auffing und begütigend auf sie einsprach. Es dauerte einen Moment länger als gewöhnlich, dann verstand sie seine Worte. Wenngleich diese nicht gerade zu ihrer Beruhigung angetan waren.
"In... in... in den Keller...?!", wisperte sie und schauderte unwillkürlich. Sie schlang die Arme um sich, als bekäme sie nur auf diese Weise etwas Wärme ab. Ihr Blick wanderte zu dem Hals des Pfauenmannes und sie schluckte schwer, als sie die wenigen Reste von Blut erkennen musste.
Rasch sah sie weg und zog unbehaglich die Schultern hoch. "Ich dachte, er solle nicht dorthin.", murmelte sie und seufzte leise.
Dann schüttelte sie den Kopf und nickte in einem, um am Ende noch mal den Kopf zu schütteln. "Ich... ich weiß nicht. Mein Kopf dröhnt und ich bin mir sicher, dass ich irgendetwas Wichtiges vergessen habe.", erwiderte sie ehrlich und ungewöhnlich offen für ihre Verhältnisse.
Dabei lag es weniger daran, in wessen Gesellschaft sie sich befand, als vielmehr an ihrem noch nicht völlig wiederhergestellten Zustand vollen Bewusstseins. Auch wenn sie Zissus mochte und er etwas an sich hatte, das ihn ihr ziemlich sympathisch machte, musste sie in Morgeria höchst vorsichtig sein, selbst bei jemandem, der sich so ihr gegenüber verhielt wie er. Leider...
"Was ist mit dir?" Sie deutete mit dem Kinn in Richtung seines Halses und grinste einen Moment lang schief. "Aber nicht aus meinem Kleid einen Schal machen!", versuchte sie das ungute Gefühl zu überspielen, das ihr die Herkunft der Wunde bescherte.
Genauso wie sein Bemühen, ihren Unfall zu verharmlosen. Sie schenkte ihm ein weiteres, schiefes Grinsen. "Eher im Harax. Dort wird es wenigstens schön warm sein. Obwohl ich dich auch ohne Hitze zum Schwitzen bringen würde.", ging sie darauf ein. Trotzdem war die Situation und ihre Sorge alles andere als dazu angetan, mit einem Mann zu tändeln oder gar noch weiter zu gehen.
Jedoch zeigte es, dass sie allmählich zu ihrer alten Form zurück zu finden begann. Wenngleich sie bei weitem noch nicht dort angelangt war. Stattdessen schmiegte sie sich bereitwillig in seine Umarmung, während er ihre Arme rieb, und schloss noch einmal die Augen.
Ihr Kopf dröhnte weiterhin und ihr war klar, dass noch irgendetwas in ihrer Erinnerung fehlte. Also versuchte sie es erneut und hörte lediglich mit einem halben Ohr zu, ohne sich zu rühren. Appetit verspürte sie keinen und schlafen könnte sie jetzt sowieso nicht. Sie musste zu Kazel, das spürte sie, nur... da war eben noch etwas. Etwas Wichtiges, etwas mit Leben und Tod, etwas...
Plötzlich schreckte sie auf. "Das war's!", stieß sie keuchend aus, die Augen weit geöffnet und den Blick des Pfauenmannes suchend. "Der Tod, das hat er gesagt! Kazel muss den Körper umbringen, dann ist er wieder da und will das Problem mit dem Parasiten lösen! Ich muss zu ihm, sofort!"
Sie befreite sich eilig aus der Umarmung und lief in Richtung der Tür, durch die sie vorhin hierher gekommen waren. Dabei verlor sie allerdings ihre Bekleidung, auch wenn sie das bei der warmen Umgebungsluft und ihrem Eifer im ersten Moment nicht bemerkte. Dafür aber drehte sie sich um und winkte aufgeregt Zissus, ihr zu folgen.
"Was ist? Worauf wartest du? Ich weiß nicht, wo er steckt!", plapperte sie hastig und wäre tatsächlich drauf und dran, nackt diesen Raum zu verlassen.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Dienstag 3. Mai 2022, 11:01

Janay mit Zissus:
"In... in... in den Keller...?!"
, wisperte Janay.
"Ich dachte, er solle nicht dorthin."
, murmelte sie und seufzte leise. Sollen, Wollen und Müssen waren sehr unterschiedliche Motivationen etwas zu tun.
"Ich... ich weiß nicht. Mein Kopf dröhnt und ich bin mir sicher, dass ich irgendetwas Wichtiges vergessen habe."
, erwiderte sie ehrlich und ungewöhnlich offen für ihre Verhältnisse. Janay hatte echte 'Anlaufschwierigkeiten. Was hatte sie vergessen? Es drängte an die Oberfläche...
"Was ist mit dir?"
Sie deutete mit dem Kinn in Richtung seines Halses und grinste einen Moment lang schief.
"Aber nicht aus meinem Kleid einen Schal machen!"
, versuchte sie das ungute Gefühl zu überspielen, das ihr die Herkunft der Wunde bescherte.
Genauso wie sein Bemühen, ihren Unfall zu verharmlosen. Sie schenkte ihm ein weiteres, schiefes Grinsen.
"Eher im Harax. Dort wird es wenigstens schön warm sein. Obwohl ich dich auch ohne Hitze zum Schwitzen bringen würde."
, ging sie darauf ein. Die Reaktion auf den Wortwitz zum Harax blieb jedoch aus. Zissus sah kurz etwas besorgt zur Seite. Die Situation und ihre gemeinsame Sorge war alles andere als dazu geeignet, mit einem Mann zu tändeln oder gar noch weiter zu gehen. Jedoch zeigte Janay so, dass sie allmählich zu ihrer alten Form zurück zu finden begann, wenngleich sie bei weitem noch nicht dort angelangt war. Sie musste zu Kazel, das spürte sie, nur... da war eben noch etwas. Etwas Wichtiges, etwas mit Leben und Tod, etwas...
Plötzlich schreckte sie auf.
"Das war's!"
, stieß sie keuchend aus, die Augen weit geöffnet und den Blick des Pfauenmannes suchend.
"Der Tod, das hat er gesagt! Kazel muss den Körper umbringen, dann ist er wieder da und will das Problem mit dem Parasiten lösen! Ich muss zu ihm, sofort!"
Sie befreite sich eilig aus der Umarmung und lief in Richtung der Tür, durch die sie vorhin hierher gekommen waren. Dabei verlor sie allerdings ihr Handtuch, auch wenn sie das bei der warmen Umgebungsluft und ihrem Eifer im ersten Moment nicht bemerkte. Dafür aber drehte sie sich um und winkte aufgeregt Zissus, ihr zu folgen.
"Was ist? Worauf wartest du? Ich weiß nicht, wo er steckt!"
, plapperte sie hastig und wäre tatsächlich drauf und dran, nackt diesen Raum zu verlassen, was in diesem Haushalt womöglich nicht einmal das ungewöhnlichste oder gar das Schlimmste gewesen wäre. Zissus zugewandt, aber weiter dem Drängen folgend, ging sie rückwärts und plötzlich hob der Pfauenmann warnend seine Hand und öffnete den Mund:
„Wa...“
*BONG*
Schon wieder! Janay sollte sich wirklich abgewöhnen rückwärts durch ihr Leben zu stolpern. Dieses Mal war aber nicht sie es die stürzte. Sie hatte etwas hartes im Rücken gefühlt, dann plumpste es zu Boden. Als sie sich umdrehte, sah sie die Hybridin 'Hopp' mit gerötetem Gesicht und scharlachroten Ohrinnenseiten da stehen. Das große Buch, was sie wahrscheinlich vorher in den Armen gehalten hatte, lag nun auf dem nassen Boden. Mit erschrockenem und gleichzeitig beschämten Gesicht starrte sie auf Janays Brüste, denn dafür musste sie nicht mal den Blick senken. Sie waren auf Augenhöhe. Sofort mit den Händen fuchteln, als ob sie sich nicht entscheiden konnte, ob sie das Buch aufheben oder sich die Augen zu halten sollte, stand sie da und stotterte:
„Ent...Entschuldigung! T... Tut mir leid! V...Verzeihung! I... Ich wollt nicht lauschen...“
Zissus war endlich dem heißen Becken entkommen und tauchte neben Janay auf... wie ihn die Götter erschaffen hatten. DAS war offenbar zu viel des Guten! Hopp quiekte leise auf und verfiel in – wie konnte es anders sein – in Kaninchen-Starre. Ein Wimpernschlag und sie hockte am Boden. Reglos, die Schultern fast bis hoch an die Ohren gezogen, mit in den Nacken gelegtem Kopf und starr blickenden Augen.
Zissus sah besorgt zu ihr, schüttelte leicht den Kopf und erklärte:
„Hm...schade... Das passiert leider immer, wenn sie mich nackt sieht...“
Er zuckte kurz mit den Schultern.
„...sonst wären wir vielleicht schon längst ein Paar.“
Sein Blick war fast liebevoll und vielleicht erinnerte sich Janay kurz an den verliebten Blick des Mädchens, als sie die beiden das erste Mal zusammen gesehen hatte? Aber im Moment hatten sie andere Sorgen. Hopp hatte das Ritualbuch fallen gelassen. Mehrere Zettel mit handschriftlichen Notizen waren heraus gerutscht und bei einigen verflüssigte sich gerade das Schriftbild. Das Buch selbst war zum Glück in dicke Haut gebunden, da konnte nicht passieren. Auf dem Rücken liegend gab es eine Doppelseite preis, wo es einiges zu Dämonen zu lesen gab. Interessierte sich Janay dafür? Zissus sorgte sich gerade mehr um Hopp und hockte sich vor sie um sie sanft bei den Schultern zu schütteln. - half nix.
Plötzlich grinste er und zog sie mit einem Ruck näher. Ein stürmischer Kuss folgte in dem das Mädchen wieder leise zu wimmern begann und dann blinzelnd die Augen aufriss. Prompt stieß sie Zissus erstaunlich kraftvoll von sich und dieser landete auf seinem nackten Hintern. Hopp starrte einen Augenblick auf seine Blöße und drehte sich dann eilig um.
„...DU!!! ...S ..Sowas!!! Sowas darfst du doch NICHT MACHEN!“
, schimpfte sie und hielt sich jetzt doch die Hände vors Gesicht. Das alles wäre furchtbar niedlich gewesen, wenn Janay nicht dieses 'Drängeln' gefühlt hätte. Aber warum war Hopp überhaupt hier her gekommen? Noch dazu mit dem wertvollen Ritualbuch? Endlich fand sie ihre Sprache wieder und stotterte 'fast' nicht mehr:
„Wo...wo ist der Herr? Ich soll ihm zeigen, was wir gefunden haben! Ist wichtig!“
Sie deutete auf das Buch, dass sie jetzt nun eilig wieder aufhob und dabei tunlichst versuchte Zissus NICHT anzusehen! Dieser Antwortete:
„Er ist bei Rasputin...im Keller.“
Das war wohl Antwort genug. Hopps Ohreninnenseite wurde fast so weiß wie der Rest ihres Fells drum herum. Hoffentlich wurde sie nicht ohnmächtig. Selbst wenn das Mädchen nicht wusste, was dort unten lauerte, eines wusste sie doch:
„...niemand kommt aus dem Keller zurück.“
Das galt hoffentlich nicht für Kazel.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Dienstag 3. Mai 2022, 15:01

Wäre sie nicht so damit beschäftig gewesen, wieder Fuß unter den Lebenden zu fassen und sich zugleich daran zu erinnern, was sie Kazel unbedingt sagen musste, hätte sie sich wohl auch noch darum Gedanken gemacht, warum Zissus nicht wirklich auf ihre kläglichen Versuche reagierte. Doch so drehte es sich in ihrem Kopf schon ausreichend, um nicht noch mehr hinzufügen zu können.
Und dann, schlagartig, war die Erkenntnis da. Da und überwältigend und allumfassend, dass sie ihre Umgebung und ihre eigenen Befindlichkeiten noch stärker ausblendete. Also wollte sie so, vollkommen bloß, hinaus stürmen.
Allerdings kannte sie den Weg nicht und somit sollte der Pfauenmann sich endlich in Bewegung setzen. Dabei sah sie mal wieder nicht, wo sie hinlief, und erhielt dafür prompt die nächste Quittung.
Wenigstens fand sie sich daraufhin nicht erneut am Strand mit dem nackten Gerippe wieder. Trotzdem war es alles andere als angenehm, als ein weiterer Körper gegen sie prallte. Diesmal jedoch dauerte es nur kurz, bis sie ihr Gleichgewicht zurück gefunden hatte und sich umdrehen konnte. Es dauerte ein paar endlos lange Sekunden, bis ihr ein wenig geistreiches "Oh!" entkam.
Blinzelnd starrte sie auf das Hybridenmädchen herab, das einer reifen Tomate äußerst starke Konkurrenz machen konnte. Wenngleich diese Farbe gepaart mit dem Gestammel nicht ausreichten, um Janay auf ihre eigene Blöße aufmerksam zu machen. Stattdessen wollte sie rasch herum hirschen und endlich in den Keller eilen.
Indes platschte es hinter ihr und im nächsten Atemzug stand Zissus neben ihr. Mit dem Ergebnis, dass das Mädchen beinahe ihrerseits am Strand der Zeit gelandet wäre. Die junge Frau hob eine Augenbraue an und schüttelte leicht den Kopf, wollte sich jedoch nicht weiter damit aufhalten. Ganz so, als spürte sie, dass jede Sekunde zählte und sie hier nichts davon weiter verschwenden sollte.
Schon wollte sie nach seiner Hand greifen und ihn mit sich ziehen, obwohl sie den Weg gar nicht kannte, da ließ seine Stimme sie innehalten. Einen Moment lang sah sie ihn von der Seite aus an, ehe sie erneut ein Kopfschütteln andeutete. "Ich bezweifle, dass das gesund für euch gewesen wäre.", bemerkte sie und konnte sich diese Konstellation äußerst schwer vorstellen.
Nicht, weil sie einen der Beiden für sich beanspruchen würde oder es ihnen nicht gönnen würde. Aber sie glaubte nicht daran, dass ein Dunkelelf wie Sademos eine derartige Liaison zugelassen hatte. Und sie war sich alles andere als sicher, ob alles aufrichtig abgelaufen wäre, so stark, wie seine Gefühle für den Hausherren gewesen waren. Jetzt hingegen...
Doch was dachte sie da? Sie musste endlich zu Kazel!
Es war reiner Zufall, dass ihr Blick seiner Bewegung folgte und dadurch auch das Buch in dessen Sichtweite geriet. Es arbeitete in ihrem Kopf und dennoch handelte sie nicht bewusst, als sie danach griff und es aus der direkten Feuchtigkeit holte. Sogar nach den Zetteln griff sie, ohne wirklich etwas damit anfangen zu können oder gar darauf zu achten, ob sie den Schaden damit wenigstens begrenzen würde. Lediglich eine leise Stimme der Erinnerung steuerte ihr Handeln, denn dieses Werk war Kazel wichtig gewesen. Das Warum und Wieso konnte sie später noch ergründen, denn eigentlich hatte sie dafür jetzt keine Zeit.
Genauso wenig für die Tändelei, die neben ihr geschah und die sie gerade nicht interessierte. Nein, sie wollte in den Keller und ihren Liebsten versuchen zu retten. Sofern das noch möglich wäre...
Also drehte sie sich um und hob ihre Augenbraue ein weiteres Mal an. Während sie widerstandslos zuließ, dass ihr das Buch wieder abgenommen wurde, schimpfte sie ihrerseits ebenfalls mit dem Pfauenmann:"Was sitzt du hier rum und hältst Maulaffen feil?! Wir müssen los!"
Doch eine leise, weibliche Stimme ließ sie innehalten. Zissus kam ihr allerdings zuvor mit der Antwort und am Ende des kurzen Wortwechsels schauderte es Janay gewaltig. Trotzdem... sie musste einfach hinunter und durfte über nichts anderes nachdenken!
"So ein Unsinn, wir gehen da jetzt hin und holen ihn da raus!", gab sie erstaunlich entschlossen von sich und sah diesmal hin, wohin sie ihre Schritte setzte.
An der Tür drehte sie sich um und sah zuerst das Mädchen und dann den Pfauenmann auffordend an. "Was ist jetzt? Wo bleibst du?! Ich kenn den Weg nicht!", drängte sie und hatte sichtlich die Panik von gerade eben abgelegt, um umso ungeduldiger und fordernder zu werden. Sie durfte schließlich nicht wieder vergessen, was sie Kazel ausrichten sollte!
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Montag 16. Mai 2022, 19:00

Es war ganz so, als spürte Janay, dass jede Sekunde zählte und sie hier nichts davon weiter verschwenden sollte. Einen Moment lang hielt sie die fast süß oder romantisch anmutende Szenerie noch aus und sah Zissus und Hopp von der Seite aus an, ehe sie erneut ein Kopfschütteln andeutete.
"Ich bezweifle, dass das gesund für euch gewesen wäre."
, bemerkte sie und konnte sich diese Konstellation äußerst schwer vorstellen. Doch war 'gesund' dafür das rechte Wort gewesen? Nar'Zissus de Quis hob leicht eine Braue, ob ihrer Äußerung, sagte aber nichts. Was Janay da sagte, war zwar bestimmt richtig, wenn vielleicht auch auf mehrere Arten auszulegen oder zu deuten. Anatomisch könnten die beiden schon zusammen kommen...mit etwas Übung, aber 'ungesund' könnte auch eine Zuwiderhandlung von Befehlen sein, oder gar das Herauf beschwören von Eifersüchteleien oder Streit in diese ohnehin schon angeknacksten Haushalt. Sie wollte sicher keinen der Beiden für sich selbst beanspruchen, aber sie glaubte nicht daran, dass ein Dunkelelf wie Sademos eine derartige Liaison zugelassen hatte. Ein derart SÜSSES Mädchen wie Hopp behielt ein Mann wie Sademos sich für besondere Momente auf und und sie war sich alles andere als sicher, ob eine Verbindung von Seiten des Pfauenmanns aufrichtig abgelaufen wäre, so stark, wie seine Gefühle für den Hausherren gewesen waren. Kurz war Janay abgelenkt vom Grübeln, dann holten sie ihre eigenen Probleme wieder ein. Sie musste endlich zu Kazel!
Es war reiner Zufall, dass ihr Blick einer Bewegung folgte und dadurch auch das Buch in ihre Sichtweite geriet. Es arbeitete in ihrem Kopf und dennoch handelte sie nicht bewusst, als sie danach griff und es aus der direkten Feuchtigkeit holte. Sogar nach den Zetteln griff sie, ohne wirklich etwas damit anfangen zu können oder gar darauf zu achten, ob sie den Schaden damit wenigstens begrenzen würde. Lediglich eine leise Stimme der Erinnerung steuerte ihr Handeln, denn dieses ganz offensichtlich monströs okkulte Werk war Kazel wichtig gewesen. Das Warum und Wieso konnte sie später noch ergründen, denn eigentlich hatte sie dafür jetzt keine Zeit. Sie wollte in den Keller und ihren Liebsten versuchen zu retten. Sofern das noch möglich wäre...
Also drehte sie sich um und hob ihre Augenbraue ein weiteres Mal an. Während sie widerstandslos zugelassen hätte, dass ihr das Buch wieder abgenommen wurde, was jedoch gerade niemand tat. Janay schimpfte mit dem Pfauenmann:
"Was sitzt du hier rum und hältst Maulaffen feil?! Wir müssen los!"
Eine leise, weibliche Stimme ließ sie innehalten. Zissus kam ihr allerdings zuvor mit der Antwort und am Ende des kurzen Wortwechsels schauderte es Janay gewaltig. Trotzdem... sie musste einfach hinunter und durfte über nichts anderes nachdenken!
"So ein Unsinn, wir gehen da jetzt hin und holen ihn da raus!"
, gab sie erstaunlich entschlossen von sich und sah diesmal hin, wohin sie ihre Schritte setzte.
An der Tür drehte sie sich um und sah zuerst das Mädchen und dann den Pfauenmann auffordernd an.
"Was ist jetzt? Wo bleibst du?! Ich kenn den Weg nicht!"
, drängte sie und hatte sichtlich die Panik von gerade eben abgelegt, um umso ungeduldiger und fordernder zu werden. Sie durfte schließlich nicht wieder vergessen, was sie Kazel ausrichten sollte!
Zissus schien eine Sekunde lang hin und her gerissen zwischen seiner Gewohnheit Befehlen folge zu leisten und dem was gerade jetzt gut für seinen Herrn und ebenso nun auch seine Liebste war. Vielleicht hätte er sich sogar einfach verweigert und Janay dort stehen lassen. Es war unwahrscheinlich, dass sie alleine den Weg finden würde... oder sie würde Sademos eben erst deutlich später finden, doch es war Hopp, die seine Hand ergriff und leise meinte:
„Sie macht sich doch solche Sorgen...“
Ihre dunklen Kulleraugen, schauten zu ihm auf und Ja, das tat Janay tatsächlich. Sie bat nicht um Hilfe, sie nörgelte, befahl und drängelte, aber sie machte sich wahrhaftig und aufrichtig Sorgen. Ein emphatisches Wesen wie Hopp konnte das sofort hinter der Schale aus Wut erkennen. Zissus sah auf die kleine Hand in seiner.
„Hilf ihr. Bitte!“
, erklang noch einmal die weiche weibliche Stimme und er nickte. Ob es nun daran lag, das sie ihn bat, er einfach ein Mann war, oder ein Dunkelelf, eben der Rasse angehörte die weiche Untertöne nicht zu verstehen vermochten, es war wie es war. Zissus blinzelte und nickte. Dann löste er seine Hand aus der des Mädchens und nickte Janay zu. Er griff sich ebenfalls ein Handtuch, band es sich fest um die Hüften und marschierte voraus...
Hopp blieb zurück.

...

Zissus ging voraus. Seine langen Beine nötigten Janay einen leichten Trab ab um ihm zu folgen. Irgendwo erklang ein metallischer Krach, ein Schlag und dann noch mal, nur stärker. Zissus beschleunigte seine Schritte. Janay folgte dem Anblick seiner nassen auf dem Rücken klebenden Haare. Sie sah weder links noch rechts, zu drängend war das Gefühl, dass Kazel sich in Schwierigkeiten befand. Sie musste zu ihm – ihn retten – irgendwie! Was hatte der Tod ihr noch mal aufgetragen? Manchmal neigte sie nun mal dazu einfach wichtige Dinge zu vergessen, oder verirrte sich in ihren eigenen Gedanken. Schon ein paar mal waren ihr wichtige Details entgangen, wie die Bedeutung des Buches in ihren Armen. Oder hatte sie es doch zurück gelassen? Nein, sie trug es vor ihre Brust gepresst wie ein Schutzschild, als könnte sie damit vielleicht die Erinnerung an die Worte des Gevatters fest halten.
Dann bogen sie in einen Gang und Zissus blieb so abrupt stehen, dass sie unwillkürlich gegen seinen Rücken prallte. Er atmete scharf aus und sie spähte an seinem Arm vorbei...
BLUT!
Blutige nackte Fußabdrücke führten aus dem Kellergewölbe die von den Jahrhunderten abgeschliffenen Stufen hinauf und bogen in die entgegen gesetzte Richtung ab. Zissus schluckte hörbar und stöhnte einmal leise auf.
„...hoffentlich ist es noch nicht zu spät...“
Er griff nach Janay. Fast hätte sie das Buch fallen lassen. Ein kurzes Gerangel entstand, in dem er das klobige schwere Buch an sich nahm und sie bei der Hand fasste. Dann rannte er los. Janays Schulter schrie leise auf unter dem plötzlichen Ruck, aber es war nichts gegen die brennende Sorge in ihrem Herzen. Zissus sprach nicht zu ihr, keuchte eher im Laufen, aber er flehte wohl irgendetwas, eine höhere Macht, oder Sademos Geist an:
„...warte...“
und zog sie hinter sich her.

(Kazel kommt von: Die neun Keller des Sademos)

...Der Kristall wartete. Der Spiegel wartete. Seine Herrlichkeit wartete.
Seine Herrlichkeit, M...
Es musste enden.
Mer...
Es war Zeit. Zeit für...
Merserin...
Ein Ruck ging durch den Wurm, als Körper und Geist für einen Gedanken lang dem gleichen Drängen nachgegeben hatten. Noch war es nur ein Gedanke und nicht mal bewusst entstanden... Sademos hatte sich einfach nur an den Klang des Namens erinnert, wie seine Zunge die Silben geformt hatten, das R gerollt und die Zähne ein scharfes S gezischt hatten in dem Versuch das haraxische Wort in Celcianisch auszusprechen. Es schmeckte widernatürlich und ließ ihn erneut würgen. Jetzt war es da. Jetzt musste Sademos ihn nur noch rufen, IHN der so viele Namen hatte. Nebhasmhorachd war plötzlich hellwach, kämpfte sich aus seiner Lethargie und Fressfäule:
Mein Meister?!!! - Wir rufen ihn?!!! Jetzt?!!! - Merserin Jaldabaoth - ...Merserin Jaldabaoth...
Das **GLÜHEN** seines Namens in Kazels Gedanken war kaum zu ertragen. Zu seinem Schreck hörte der Wurm auch nicht auf und steigerte sich regelrecht in einen Lobgesang hinein:
… Der Seelen-Sammler, der Menschen in seiner Welt gefangen hält, Anführer der Mächte des Bösen… Samael – Das Gift der Götter, der das Paradies Celcia am Anfang der Zeit als blinde Schlange besuchte und dort den Keim pflanzte die erste Seele zum Sündenfall verführte. Der blinde Engel oder Fürst der Dunkelheit und des Bösen eine Manifestation, die „andere Seite“ des Lebensbaums. Belial – 12 flügliger geschuppter Engel des letzten Gerichts, Schlangen-GOTT ohne Augen, der zu seinem schlafenden Körper gebracht werden will um neu zu erwachen. Übernimm Sademos Körper und mach Janay zu deiner Lilith auf dass ihr eingeborener Sohn ihren Leib aufreiße und das Tor zum HARAX ÖFFNE!!!!! - JARHELUJAAAAAA!!!
Gen Ende waren die Worte des Dämon in Sademos zu einer Art Gesang heran gereift. Das durfte einfach nicht alles wahr sein! Der Lobgesang, Choral der Verderbnis, ein verfluchter Reigen aus Klängen schwoll wie eine eiternde Wunde in ihm heran und wuchs in alle Richtungen seine Adern entlang. Die Töne überschlugen sich falsch und 'rochen' wie vergorenes Obst in Kazels Gedanken. So widerwärtig es auch war, so informativ war plötzlich sein Parasit in seinem Gesang gewesen. Vielleicht weil er sich in Sicherheit wähnte, dass es nun kein Zurück mehr gab?
Gab es noch ein... zurück?
Jetzt herrschte gerade Atem holende Stille. Kazel musste sich fühlen, als wäre er noch tiefer in die Kreise des Harax hinab gestiegen und war nur noch zwei Schritt von jeglichem Ende entfernt. Er fühlte ein Beben in sich, gleich dem Wunsch, die Zeit zurück drehen zu können, doch er konnte sie nur verlangsamen, bestenfalls eine Weile still stehen lassen, oder?... Vielleicht fragte er sogar nach einem 'Was wäre wenn'... ?
Was wenn er immer …
Was wenn er jetzt …
Was wenn er niemals …
Der Wurm in ihm summte und lachte in einem Fort. Voll gefressen wie er war, konnte er Kazel nicht auch noch auf der Seele herum tanzen, was ihn sonst sicher umgeworfen hätte. Glückseligkeit flutete Sademos Körper und ließ ihn nun doch lachen... ein 'wahnsinniges' Lachen, denn Körper und Geist waren nicht im Einklang. Endlich war es soweit.
Endlich ist es soweit! Der Meister wird kommen und seinen schlafenden Körper beanspruchen! Wir schenken ihm immerwährendes Leben, du und ich! Nebhasmhorachd gibt die Unsterblichkeit und Sademos gibt die Seelen... Ganz wie es abgemacht war. Hihiihiiii...
Sademos Erinnerungen tanzten im Reigen mit der Vorfreude, doch Kazel hörte einen Missklang in den Worten versteckt. Lauerte hier ein BETRUG? Was war Wahrheit, was Lüge? Sagte man Dämonen nicht auch nach, besonders gut zu lügen, damit sie bekamen, was sie wollten? Kazel sah auf seine mit Blut benetzten Füße... seine tatsächlich blutigen Füße, die eine sichtbare Spur des Grauens hinter sich ließen. Das hier war real! Hatte er den Wurm richtig verstanden? Sademos sollte M. in sich aufnehmen um ihn zu seinem schlafenden Leib zu bringen? Es war von einer schuppigen Schlange die Rede gewesen... und Janay sollte seine Braut werden?!? Ihr gemeinsames Kind sollte die Pforte in den Harax öffnen? Aber sie war doch schon schwanger... wie... Logik war wohl nicht unbedingt angebracht in diesem Augenblick. Wahrheit verblasste im Dunst der Lüge. Wo lag der Betrug zwischen den Zeilen und wo konnte man sich drauf verlassen? Zweifel fraßen sich durch Kazels Gedärme und wollte ihn warnen, gleich dem Gefühl, dass an seinem Stundenglas rüttelte. Ein Bild drängte sich in Kazels Gedanken und sein Schritt verharrte auf weichem Teppich. Es war ein Gemälde, dass er einst unter Einfluss des Paktes gemalt hatte. Er stand davor. Es zeigte einen gewaltigen Krater inmitten scharfer Gebirgsmassive. Zu Land nicht erreichbar, nur... durch die Luft auf 12 schuppigen hoch aufgerichteten Schwingen, die den Rahmen des Bildes zu beiden Seiten eingrenzten. Er spürte den Nachhall von VERRAT in sich, denn man hatte ihm diese Flügel geraubt, ihm seinen Körper geraubt und seine Seele in den Harax verbannt. Man hatte seinen Leib, nutzlos und unwürdig in der Tiefe zurück gelassen – verbannt zu ewigem Schlaf, nur mit dem Nachhall seiner einstigen Macht ausgestattet – ein armseliger Abklatsch seiner selbst. Angewidert und gleichzeitig angezogen betrachteten Sademos Augen das Meisterwerk. Sehnsucht und Argwohn stiegen in ihm auf. Dort wollte er hin und dort durfte er niemals sein! Sein Blick glitt zur Tür daneben und er erkannte, dass sein Weg zurück zum blauen Salon geführt hatte. Zwei Türen trennten ihn nur noch von jedwedem Ende. Hier und heute würde es enden – auf die ein oder andere Weise.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Donnerstag 19. Mai 2022, 09:54

So schön und niedlich und was auch immer es sein mochte, dass sich hier die Möglichkeit einer neuen Beziehungskonstellation auftat, bei der sie in einem guten Moment auch geneigt wäre zu helfen, jetzt war definitiv nicht die Zeit dafür. Nein, sie wollte und musste zu Kazel, ehe es zu spät wäre und sie ihn womöglich sogar verlöre.
Und wenn ihr Begleiter nicht in die Gänge kam, musste sie ihm eben Feuer unter seine nackte Kehrseite machen! Das tat sie auch mit ihren Worten, wartete allerdings nicht länger als notwendig, ehe sie schnurstracks und ebenfalls absolut unbekleidet den Baderaum verlassen wollte. Lediglich das Buch mit den Notizen hielt sie so, als wolle sie damit ihren Bauch und das darin sich entwickelnde Leben verhüllen. Oder als täte es ihr schlichtweg gut in ihrem Gefühlsdurcheinander, sich an etwas festhalten zu können.
Von Zissus' Zögern und Hopps gutem Zureden bekam sie dabei nichts mit, besser gesagt, sie wollte es gar nicht. Stattdessen wälzte sie immer und immer wieder die Botschaft in ihrem Kopf, um sie ja nicht zu vergessen!
Trotzdem seufzte sie ein wenig erleichtert auf, als er die Führung übernahm und an ihr vorbei voraus ging. Wobei er im Gegensatz zu vorhin sich nicht gemütlich bewegte und Rücksicht auf ihren kleineren Körperbau nahm, sondern ein derartiges Tempo an den Tag legte, dass sie schneller als gehen musste, um mit ihm Schritt halten zu können. Wie gut, dass ihre Füße nicht mehr in den sündigen Stiefeln steckten, sondern sie einen guten Tritt hatte!
Den Blick hielt sie fest auf das nasse Haar ihres Vordermannes gerichtet und drehte ihre Gedanken weiterhin, ohne sich umzusehen, wohin er sie führte. War dieses Vertrauen, dass er sie an den rechten Ort führte, berechtigt? Oder ging sie zu weit und täte besser daran, ihrer Umgebung mehr Aufmerksamkeit zu schenken?
Plötzlich erklang ein metallisches Geräusch, laut genug, um ihre Konzentration zu durchdringen und sie zusammen zucken zu lassen. Aber sie würgte ihre aufsteigende Angst hinunter und lief weiter,... um im nächsten Atemzug gegen den Pfauenmann zu stoßen. Verwirrt blinzelnd taumelte sie ein paar Schritte zurück, dann hatte sie sich wieder gefangen.
"Was ist los?", fragte sie in einer Mischung aus Unbehagen und Unwillen, als sie an ihm vorbei spähte. Und während er leise flüsterte, wurde sie blass, als sie das Blut entdeckte. Ein trockenes Würgen engte ihre Kehle ein und sie brachte keinen Laut mehr hervor. Auch die Knie wurden ihr weich, wenngleich in ihr das Bedüfrnis, sich zu beeilen, stärker wurde und sie aufrecht hielt.
Trotzdem war sie nicht auf seine Reaktion vorbereitet, sodass er leichtes Spiel mit ihr hatte. Leise schrie sie auf, als er ihre Hand packte und sogleich mit sich zog, und sie benötigte einige stolpernde Schritte, bis sie den Rhythmus fand und mit ihm lief. Wobei ihr seine plötzliche Eile durchaus recht war...
Den Atem fürs Reden sparte sie sich lieber und so würde sie später danach fragen, was los wäre und was er vor sich hin murmelte. Oder eben auch nicht, das würde sich zeigen.
Der Weg indes führte sie nicht tiefer hinab in Richtung des Kellers, sondern wieder hinauf zu den privaten Räumen, denn sie folgten den blutigen Spuren. Ein paar Mal stieß sich Janay ihre bloßen Zehen, vor allem, wenn eine Kurve etwas zu eng ausfiel oder sie nicht auf die genaue Höhe der Stufen achtete.
Schließlich aber war es fast geschafft, denn nach einer weiteren Ecke entdeckte sie eine dunkle, hochgewachsene Gestalt, deren Körper jene Seele beherbergte, die ihr in kurzer Zeit ungewöhnlich wichtig geworden war. "Kazel...", wisperte sie keuchend, entwand ihrem Begleiter ihre Hand und lief so schnell, wie ihre Beine sie zu tragen vermochten.
"Kazel!", wiederholte sie dabei seinen Namen, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, um mit jedem weiteren Mal lauter zu werden.
Und kurz, bevor sie ihn endlich erreichen konnte, abrupt stehen zu bleiben. Sie hatte das Gefühl, als wäre sie gegen eine unsichtbare Wand geprallt, ohne es wirklich begreifen zu können. Es war nicht nur das Blut, dessen Spur sie beide gefolgt waren, das sie abschreckte, es war noch irgendetwas... anderes, eine Ausstrahlung, die sie mehr als schaudern und ihren eigenen Lebenssaft in ihren Adern gefrieren ließ. Was war nur geschehen?
"Kazel...", formte sie noch einmal seinen Namen, wenngleich dieses Mal mit einem erstickten Flüstern und aufsteigenden Tränen in den Augen. War er noch da? Oder hatte sie ihn in den letzten Minuten verloren...?
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Sonntag 22. Mai 2022, 07:35

Der Spur, die Kazel hinterließ, musste leicht zu folgen sein. Nebst den zum Tode verurteilten Leichen stachen die blutigen Fußabdrücke deutlich auf den sonst so reinlich gepflegten Bodenplatten heraus. Wenn das Blut dunkler wurde oder die Abdrücke langsam etwas brüchiger, wechselte es mit jeder toten Wache zu einer frischen und helleren Farbe. Immer dann, wenn Kazel im Vorbeigehen den Befehl gab, dass eine seiner Hüllen es endlich beenden sollte. Sein Fortkommen war dabei so langsam, dass er wiederholt durch neue Lachen des vergossenen Lebenssaftes trat. Tatsächlich hatte er Schwierigkeiten, sein Ziel zu erreichen. Er taumelte und das nicht nur, weil es ihm misslang, die Bilder aus den Kerkergewölben abzuschütteln. In seinem Inneren spürte auch Nebhasmhorachd, dass es enden sollte. Der Wurm interpretierte es nur ganz anders. Sein Entzücken und die ausgesprochene Erinnerung eines Namens ließen Sademos' Körper zusammenzucken. Kazel spürte förmlich, wie sich jede einzelne Faser den Buchstaben hingab.
Merserin...
Wo das M mit sanfter und doch Unheil verkündenter Ruhe herangeschlichen kam, donnerte das gerollte R über sein Empfinden hinweg. Es hinterließ etwas Bitteres, das ihm im Hals steckenblieb. Doch schon beim Zischen des S-Lautes in seinem Kopf spülte Nebhasmhorachd es sprichwörtlich hinfort. Saure Galle stieg Kazel erneut empor. Sie brannte in Hals und Rachenbereich. Er hatte Mühe, sie überhaupt wieder herunter zu schlucken. Und als es vollbracht war, trat die nächste Welle aus Bitterkeit, Trockenheit, Gift und Galle an die Oberfläche. Dieses Mal sogar noch etwas intensiver.
... Merserin Jaldabaoth ... Merserin Jaldabaoth...
Der Wurm frohlockte. Er wand sich mit einer Euphorie hin und her, dass sein vollgefressener Leib krachend gegen Kazels Wände des Verstandes donnerten. Er durfte sie nicht einstürzen lassen, sonst übergab er dem Dämon endgültig die Kontrolle. Das wusste er und das durfte nicht geschehehn. Bereits jetzt war er kaum noch in der Lage, Sademos' Körper- und Selbstbeherrschung zu leiten. Zu angeschlagen war sein eigener Geist ob der Erkenntnis, dass er in den Kellerräumen so viele Leben hatte nehmen müssen. Da half es auch zunächst nicht, es als Akt der Gnade zu verbuchen. All die Frauen. Nein, all die Leiber. All diese zu Werkzeugen verkommenen Seelen. Werkzeuge, wie er selbst hatte eines werden sollen. Werkzeuge, wie er selbst nun eines war, denn "Seine Herrlichkeit", mit der Nebhasmhorachd wiederholt den Meister mit den vielen Namen betitelte, nutzte Kazel genau so. Er erwartete, dass jener nun den Salon erreichte, einen Spiegel enthüllte und anschließend wohl seinen ganzen Namen aussprach, um ihn zu rufen. Was geschehen sollte, das erzählte der Wurmdämon nur zu bereitwillig. Bemerkte er überhaupt, wie redselig er geworden war? Anscheinend nicht, denn er ignorierte Kazels Präsenz gänzlich. Stattdessen walzte er im Geiste von einer Seite auf die andere, ungeachtet seines vielwulstigen Wurmleibes. Er summte, sang und kicherte. Aber er erzählte auch, was sein Meister für Celcia geplant hätte und es bescherte Sademos' gesamten Körper eine Gänsehaut.
Kazel verstand nicht vollkommen. Die von Nebhasmhorachd heraufbeschworene Prophezeiung widersprach sich sogar an einigen Stellen. Sovlel er davon jedoch mitnahm, war, dass er den Pakt nun erfüllen und den Meister herbei rufen würde. Er brächte den gesammelten Zeitensand so vieler Seelen, der im großen Kristall des Salons wartete. Die Zeit aller Hybriden und Hüllen des Sademos würde an Merserin gehen, damit er ewig lebte. Und es sollte wohl so weitergehen. Sein Wurm brächte den Sand, Sademos die Seelen. Darüber hinaus aber wollte Merserin sich eines Körpers bemöchtigen. Ein Schlafender. Damit konnte nur Kazels Hülle gemeint sein, aber wie wollte der Dämonenmeister es schaffen, sie länger als eine Sekunde auf Celcia zu belassen. Ganz einfach: Er war ein Haraxwesen. Er starb nicht so wie Kazel sich das vorstellte. Er würde nicht in die Domäne des Gevatters geschickt. Er würde seinen Wirtskörper - Kazels Körper! - mit dem Zeitensand aus dem Kristall versorgen. Und er würde mit diesem Körper über Janay herfallen, sie schwängern und ein Kind der absoluten Bosheit erschaffen.
Vor Kazels geistigem Auge erschienen auf's Neue die Bilder der blinden, von Gliedmaßen befreiten Frauen, die zu nichts Anderem mehr imstande gewesen waren als zu gebären, zu leiden und am Ende schließlich zu sterben. Janay stünde ein noch schlimmeres Schicksal bevor, wenn Kazel den Dämonenmeister nicht aufhielt.
Noch zwei Türen, dann wäre es zu spät. Auch Nebhasmhorachd war sich dessen bewusst. Sein Jauchzen wuchs ins Unermessliche, dass jeder einzelne Summton sich wie ein glühendes Messer in Kazels Geist bohrte. Er konnte kaum mehr denken, geschweige denn laufen. Er warf den Körper in kleinen, ruckartigen Schüben nach vorn. Wenn er stürzte, rappelte er sich ungelenk wieder auf. Dass er die Kontrolle über Sademos' Blase bereits gänzlich verloren hatte, war ihm nicht bewusst. Sie war nicht so wichtig wie die Gliedmaßen. Jene mussten den Paktleib voran bringen, damit er den Salon erreichte. Den Kristall. Den Spiegel. Kazels Körpers für ...
... Merserin...
Endlich ist es soweit! Der Meister wird kommen und seinen schlafenden Körper beanspruchen! Wir schenken ihm immerwährendes Leben, du und ich! Nebhasmhorachd gibt die Unsterblichkeit und Sademos gibt die Seelen ... ganz wie es abgemacht war. Hihihihihi...

"ARRRRRHHH!" Mit einem lauten Brüllen warf Kazel den Leib des Dunkelelfen zur Seite, so dass er mit der Stirn gegen die nächstbeste Wand schlug. Die Haut platzte auf, der physische Schmerz überbrückte für jenen Augenblick den dämonischen Lobgesang im Geiste. Endlich war es still. Bittere Stille, in der Zweifel sich einen Weg bahnten und Kazel einlullten. Sie löcherten ihn mit Fragen, von denen jede einzelne sich wie ein glühender Nagel durch sein Fleisch trieb. Erneut brüllte er. Er schrie, dass es durch die Hallen und Korridore zu hören sein musste. Mit den in bereits sichtbares Blut getauchten Händen des Sammlers berührte Kazel seinen Kopf. Er hielt ihn und wand sich, als hätte er vollends den Verstand verloren. Dann schrie er gegen die Stille an: "Ruhe, Wurm! Hast du es denn vergessen?!"
Er keuchte, spuckte aus, dass ein dicker Klumpen Speichel auf den Platten vor seinen Füßen landete. In Kazels Augen besaß er die Farbe von giftiger Galle, schlug Blasen und ätzte sich durch den Stein. Der Wahnsinns kratzte an der Haustür seines Verstandes und Kazel hatte ihn bereits hereingelassen. Doch er war wie eine Katze und so trat er mit chaotischer Selbstsicherheit über die Schwelle, maunzte auf, dass es in den Ohren des Mischlings brachial klingelte und dann wollte er wieder hinaus gelassen werden. Kazel tat ihm den Gefallen nur zu gern, denn mit diesem Vieh konnte und wollte er sich nun nicht befassen. Einmal draußen aber drehte sich der Wahnsinn erneut um, kratzte wiederholt an der Tür und verlangte Einlass. Das Spiel ging ein paar Mal hin und her, ehe es dem Geist gelang, die Tür zu verrammeln. Der Wahnsinn war nahe, aber für den Moment aufgehalten. Nun ging es daran, sich der eigentlichen Aufgabe zu widmen. Kazel musste es beenden.
Ihm fiel eine Lücke im scheinbar unabwendbaren Plan Nebhasmhorachds und seines Meisters Merserin auf. Der Pakt war zwischen ihnen und Sademos geschlossen worden. Kazel lebte nur derzeit in den letzten Resten dieses abartigen Dunkelelfen und er wünschte sich nichts sehnlicher, als sich von diesem Leib zu befreien. Er wollte ausbrechen, hinaus aus dem Körper, der so viele Opfer verursacht hatte. Ein Wesen, das Kazel zum Mörder von so vielen Frauen gemacht hatte! Raus, raus, raus! Der Wahnsinn lauerte nun an einem gekippten Fenster und streckte seine Pfote hindurch. Derweil durchschritt Kazel eine der Pforten. Er erreichte einen Raum, der für ihn vollkommen ausgeblendet war. Alles, was er sah und was die Aufmerksamkeit von Sademos' Augen auf ich zog, war ein Bild. Er hatte es selbst gemalt, vor langer Zeit. Kazel betrachtete es durch die fremden Augen. Er erkannte den Krater. Er sah den Rahmen aus geschuppten Schwingen. Er konnte nichts mit diesem Bildnis anfangen. Einzig die Sehnsucht irgendeines Größeren spürte er. Der Wunsch, sich den Geschuppten anzuschließen und zu fliegen.
Unwillkürlich führte Kazel seine rechte Hand zur Brust und kratzte die Haut dort, wo die seltsamen Elfen ihm das Bild der Rabenfeder verpasst hatten. Auch er war geflogen, als er das Jucken hatte wegkratzen wollen. Doch halt! Er blickte hinab. Schwarze Haut, wie obsidian. Blutige Finger, die mit ihren Nägeln rötliche Spuren auf der Haut hinterlassen hatten. Keine tätowierte Rabenfeder. Das hier war nicht sein Körper. Das hier war Sademos. Ihm kam ein Gedanke.
Wurm. Du hast etwas in deiner Freude vergessen... Er stand im Gang, wartete auf die Neugier des Wurmes. Auf eine Frage, was dieser vergessen haben mochte. Er wartete darauf, seinen eigenen Plan einzuleiten. Zugleich kämpfte er gegen die Katze, die sich bereits durch den Fensterspalt presste. Sein Augenlid zuckte, aber er stand still. So fanden ihn Janay und Zissus. Eine hochgewachsene Gestalt, die allerdings etwas in sich zusammengesunken war. Das mochte daran liegen, dass er fast x-beinig auf seinen Füßen stand. Die Knie pressten sich aneinander, stützten den Körper gerade so. Er wankte leicht, die Arme etwas von sich gestreckt, dass die Hände achtlos hin und her schwangen. Summte er das Lobliedchen seines Wurmes oder waren es einfach nur bedeutungslose Laute, die ihm entkamen, damit der Wahnsinn einen Weg fand. Einen Weg hinaus. Auch Kazel wollte hier heraus!
"Kazel..."
Das Schwingen der Arme ließ nach. Der Körper zuckte nicht zusammen. Er hielt die Bewegung einfach an und lauschte. Er lauschte dem sanften Wispern eines Namens, getragen von einer Stimme, die mit scharfer Schneide einen Weg in seinen Geist suchte und der Katze des Wahnsinns mit erhobenem Besen drohte. Kazel spürte, wie das Biest unter einem Fauchen in die Ecke gedrängt wurde.
"Kazel!"
Er schloss Sademos' Augen, schaffte es sich zu voller Größe aufzurichten und den Kopf wie bei einem erbaulichen Sommerschauer unter Genuss in den Nacken zu legen. Jetzt fiel das lange Haar wieder seidig den Rücken herab. Er lauschte, genoss es, seinen Namen zu hören. Er lauschte den Schritten, die sich in vertrauten Bewegungen näherten. Dann kniff er die Augen zusammen. Warum hörte es abrupt auf? Nein! Sie musste ihn doch ruhig halten. Sie musste ihn aus dem Wahnsinn holen. Die Katze entblößte Zähne und Krallen, doch ein letztes Mal...
"Kazel..."
Mit einer einzigen, fließenden Bewegung, aber gemächlich wie Honig wandte die hochgewachsene Gestalt sich um. Sie richtete den Kopf wieder nach vorn. Sie öffnete die Augen, violett und fremd. Darunter ein von Speichel, Galle und Blut besudeltes Gesicht. Ein Mund, der sie nicht anlächelte. Die Mimik zeugte nicht von kalter Selbstbeherrschung mehr, sondern eher von diesem unterdrückten Wahn, der den Verstand zu befallen haben schien. Ein Lid zuckte, aber in den Tiefen der violetten Augen konnte Janay sich der vertrauten Liebe gewiss sein. Freude über ihr Erscheinen strahlte nach außen. Erleichterung, dass er den Weg nicht allein gehen musste. Aber auch Furcht, denn Kazel wusste, was Merserin mit ihr vor hatte. Er musste es beenden, bevor es zu spät wäre. Er bemerkte gar nicht, dass er laut sprach, als er sich zeitgleich auch in seinem Kopf mit dem Wurm unterhielt. Er machte ihn endlich auf dessen Denkfehler aufmerksam:
"Ich bin nicht Sademos." Ich bin nicht Sademos.
Aber du könntest es sein. Beides. Nebhasmhorachd und Sademos. Ich ... will hier raus! Er zuckte auf. Der Wahnsinn biss in seinen Zeh. Überlass mir meinen Körper mit genug Zeit, die Aufgabe zu beenden und ich überlasse dir Sademos. Für dich ganz allein. Deine Fähigkeiten und seine. Wir wissen beide, dass ich nicht zurückkehren werde. Tu es. Lass mich raus ... raus ... raus!
"Ich muss hier raus." Sademos riss die Augen auf und aus ihnen starrte Kazel Janay mit Furcht und Vorsicht an. Er hob die Hände in einer Warnung, nicht näher zu kommen. "Fass ihn nicht an. Berühre nicht diesen ... dieses ..." Er starrte auf die Finger. Blutig. Jetzt sogar nicht nur in seiner Vorstellung, denn wie vielen der Hüllen hatte er im Vorgang des Sterbens beiseite gestanden und ihr Blut berührt? Wie oft hatte er sich damit berührt? Nein, das war nicht wichtig. Eine andere Erkenntnis traf ihn jetzt und sie ließ ihn sich erneut verkrampfen.
"Ich hab dich berührt. ER hat dich berührt. Hiermit!" Kazel riss beide Hände empor und streckte sie gleichzeitig von sich. Dann zog er sie wieder heran, damit Janay bloß nicht in die Nähe dieser bösartigen Klauen kam. "Ich hab ... mit dir geschlafen ... hiermit!" Er begann zu zittern. Es traf ihn wie ein Blitzschlag.
"Ich muss hier raus. Hörst du?! Raus, raus, RAUS!"
Ich muss hier raus. Hörst du?! Raus, raus, RAUS!
Wenn Nebhasmhorachd es verneinte oder einfach nur etwas Zeit brauchte, um Kazels Angebot vielleicht sogar nachzugehen, so musste jener sich eben selbst von Sademos befreien. Der Wahnsinn streifte seine Beine mit einem Fell aus spitzen Giftnadeln. Er stach sich und er spürte das betäubende Kribbeln seine Gliedmaßen empor klettern. Ja. Er musste heraus. Notfalls musste er es selbst tun.
Kazel presste die zu Krallen gebogenen Hände Sademos' auf die Brust und riss sie seitlich von sich. Er hinterließ Striemen auf dem ebenen Schwarz. Dann wiederholte er es. Dieses Mal drückten sich die Nägel tiefer hinein. Ein erneutes Reißen. Haut gab teilweise nach und nebst Striemen setzte er nun auch Kratzer auf dem Körper ab. Er würde sich einfach in die Freiheit kratzen.
Vom Rande seines Verstandes beobachtete ihn der Wahnsinn und leckte das giftige Fell.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Dienstag 24. Mai 2022, 09:29

Endlich!
...

Wer Sademos aus der Ferne beobachtete, der musste sich wohl unweigerlich fragen, ob er wahnsinnig geworden war. Wo auch immer er auf Diener traf, stürzten diese sich in ihre Schwerter oder nahmen sich anderweitig das Leben. Hier und da half er auch durch eigene Hand nach und manchmal erschien es so, als würde er plötzlich verschwinden, nur um an anderer Stelle wieder aufzutauchen um seinen blutigen Pfad fortzusetzen. Kazels Zeitmagie ließ es so wirken und einzig die Augen des Todes selbst konnten nachvollziehen, was er tat und dass er sich nur unglaublich schnell durch die Zeit bewegte. Eben jener Gevatter beobachtete aus der Ferne im Spiegel des Seelenflusses sein Handeln. Und auch wenn der Tod bekannt dafür war einen schwarzen Humor zu besitzen, immerwährend zu grinsen, so schien es doch, als wäre er seit langem einmal ernsthaft … besorgt.

So viel Blut!
So viele Leichen!
Warum schlug niemand Alarm?
Warum wunderte sich niemand darüber was vor sich ging?
Überall waren die Spuren von offensichtlichem Tod zu finden und ...vermehrtem Selbstmord.
Janay kam mit Zissus gerade um die Ecke, als sie in der Ferne des langen Flurs noch einen Kampf ausmachen konnten. Dieser wurde jedoch nicht mit Waffen geführt und war auch kein Gegner zu sehen. Der hoch gewachsene wunderschöne Hausherr taumelte, benetzt von Blut über den Gang, erstarrte und warf sich dann mit Wucht gegen eine Wand.

Endlich ist es soweit! Der Meister wird kommen und seinen schlafenden Körper beanspruchen! Wir schenken ihm immerwährendes Leben, du und ich! Nebhasmhorachd gibt die Unsterblichkeit und Sademos gibt die Seelen ... ganz wie es abgemacht war. Hihihihihi...
"ARRRRRHHH!"

Mit einem lauten Brüllen warf Kazel den Leib des Dunkelelfen zur Seite, so dass er mit der Stirn gegen die nächstbeste Wand schlug. Die Haut platzte auf, der physische Schmerz überbrückte für jenen Augenblick den dämonischen Lobgesang im Geiste. Er hielt sich den Kopf und wand sich, als hätte er vollends den Verstand verloren. Dann schrie er gegen die Stille an:
"Ruhe, Wurm! Hast du es denn vergessen?!"
Er keuchte, spuckte aus, dass ein dicker Klumpen Speichel auf den Platten vor seinen Füßen landete. Der Wahnsinns kratzte an der Haustür seines Verstandes und Kazel hatte ihn bereits hereingelassen. Doch er war wie eine Katze und so trat er mit chaotischer Selbstsicherheit über die Schwelle, maunzte auf, dass es in den Ohren des Mischlings brachial klingelte und dann wollte er wieder hinaus gelassen werden. Kazel tat ihm den Gefallen nur zu gern, denn mit diesem Vieh konnte und wollte er sich nun nicht befassen. Einmal draußen aber drehte sich der Wahnsinn erneut um, kratzte wiederholt an der Tür und verlangte Einlass. Das Spiel ging ein paar Mal hin und her, ehe es dem Geist gelang, die Tür zu verrammeln. Der Wahnsinn war nahe, aber für den Moment aufgehalten. Nun ging es daran, sich der eigentlichen Aufgabe zu widmen. Kazel musste es beenden.
Er erreichte einen Raum, der für ihn vollkommen ausgeblendet war. Alles, was er sah und was die Aufmerksamkeit von Sademos' Augen auf ich zog, war ein Bild. Er hatte es selbst gemalt, vor langer Zeit. Kazel betrachtete es durch die fremden Augen. Sademos erkannte den abgebildeten Krater. Kazel jedoch konnte nichts mit diesem Bildnis anfangen. Einzig die Sehnsucht irgendeines Größeren spürte er. Der Wunsch, sich den Geschuppten anzuschließen und zu fliegen.
Unwillkürlich führte Kazel seine rechte Hand zur Brust und kratzte die Haut dort, wo die seltsamen Elfen ihm das Bild der Rabenfeder verpasst hatten. Auch er war geflogen, als er das Jucken hatte wegkratzen wollen. Er blickte hinab. Da war keine Feder, nur schwarze Haut, wie Obsidian. Blutige Finger, die mit ihren Nägeln rötliche Spuren auf der Haut hinterlassen hatten. Das hier war nicht sein Körper. Das hier war Sademos. Ihm kam ein Gedanke.
Wurm. Du hast etwas in deiner Freude vergessen...
Er stand im Gang, wartete auf die Neugier des Wurmes und bekam sie:
Was hab ich vergessen?
Sein Augenlid zuckte, aber er stand still. So fanden ihn Janay und Zissus, als sie näher kamen. Eine hochgewachsene Gestalt, die allerdings etwas in sich zusammengesunken war. Das mochte daran liegen, dass er fast x-beinig auf seinen Füßen stand. Die Knie pressten sich aneinander, stützten den Körper gerade so. Er wankte leicht, die Arme etwas von sich gestreckt, dass die Hände achtlos hin und her schwangen.
"Kazel..."
Das Schwingen der Arme ließ nach. Der Körper zuckte nicht zusammen. Er hielt die Bewegung einfach an und lauschte. Er lauschte dem sanften Wispern eines Namens, getragen von einer Stimme, die mit scharfer Schneide einen Weg in seinen Geist suchte und der Katze des Wahnsinns mit erhobenem Besen drohte. Kazel spürte, wie das Biest unter einem Fauchen in die Ecke gedrängt wurde.
"Kazel!"
Er schloss Sademos' Augen, schaffte es sich zu voller Größe aufzurichten und den Kopf wie bei einem erbaulichen Sommerschauer unter Genuss in den Nacken zu legen. Jetzt fiel das lange Haar wieder seidig den Rücken herab.
"Kazel..."
Mit einer einzigen, fließenden Bewegung, aber gemächlich wie Honig wandte die hochgewachsene Gestalt sich um. Sie richtete den Kopf wieder nach vorn. Sie öffnete die Augen, violett und fremd. Darunter ein von Speichel, Galle und Blut besudeltes Gesicht. Ein Mund, der sie nicht anlächelte. Die Mimik zeugte nicht von kalter Selbstbeherrschung mehr, sondern eher von diesem unterdrückten Wahn, der den Verstand zu befallen haben schien. Ein Lid zuckte, aber in den Tiefen der violetten Augen konnte Janay sich der vertrauten Liebe gewiss sein. Freude über ihr Erscheinen strahlte nach außen. Erleichterung, dass er den Weg nicht allein gehen musste. Aber auch Furcht, denn Kazel wusste, was Merserin mit ihr vor hatte. Er musste es beenden, bevor es zu spät wäre. Er bemerkte gar nicht, dass er laut sprach, als er sich zeitgleich auch in seinem Kopf mit dem Wurm unterhielt. Er machte ihn endlich auf dessen Denkfehler aufmerksam:
"Ich bin nicht Sademos."
Ich bin nicht Sademos. Aber du könntest es sein. Beides. Nebhasmhorachd und Sademos. Ich ... will hier raus!
Er zuckte auf.
Das geht nicht. Nebhasmhorachd ist ein Teil des Paktes, die Unsterblichkeit, die gewährt wurde, bis der Preis bezahlt...
Der Wahnsinn biss in seinen Zeh. Gab es denn keinen Ausweg?
Überlass mir meinen Körper mit genug Zeit, die Aufgabe zu beenden und ich überlasse dir Sademos. Für dich ganz allein.
Der Wurm antwortete nicht. Kazel spürte mehr sein Zögern und dass er die Idee schon grundsätzlich großartig fand, doch es war nicht in der Position mit zu verhandeln. Der Wurm war was er war... ein Wurm. Ein Parasit, ein Anhängsel in diesem haraxischen Gebilde aus Geben und Nehmen. Es brauchte eine celcianische Seele und Kazel hatte sich gegen die von Sademos ausgetauscht, als er sein Stundenglas zerstört hatte.
Deine Fähigkeiten und seine.
, versuchte Kazel ihn noch einmal zu verführen und der dick gefressene Wurm wand sich.
Wir wissen beide, dass ich nicht zurückkehren werde.
Sein dämonischer Parasit dachte nach und war dabei erstaunlich still, wo er doch eben noch gesunden hatte.
Tu es. Lass mich raus ... raus ... raus!
"Ich muss hier raus."
Er spürte eine ihm wichtige Präsenz näher kommen. Sademos riss die Augen auf und aus ihnen starrte Kazel Janay mit Furcht und Vorsicht an. Er hob die Hände in einer Warnung, nicht näher zu kommen.
"Fass ihn nicht an. Berühre nicht diesen ... dieses ..."
Er starrte auf die Finger. Blutig.
"Ich hab dich berührt. ER hat dich berührt. Hiermit!"
Kazel riss beide Hände empor und streckte sie gleichzeitig von sich. Dann zog er sie wieder heran, damit Janay bloß nicht in die Nähe dieser bösartigen Klauen kam.
"Ich hab ... mit dir geschlafen ... hiermit!"
Er begann zu zittern. Es traf ihn wie ein Blitzschlag.
"Ich muss hier raus. Hörst du?! Raus, raus, RAUS!"
Ich muss hier raus. Hörst du?! Raus, raus, RAUS!
Nebhasmhorachd brauchte wohl etwas Zeit, um Kazels Angebot zu überdenken, aber er tat es still und lauernd, wie ein Kind, dass über etwas verbotenes nachdachte. Er beobachtete seinen Wirt und Kazel fühlte Misstrauen in sich aufsteigen. Warum schwieg er so plötzlich? Eben hatte er noch jubiliert, war sich so sicher gewesen, dass seine 'Herrlichkeit' ihn nun endlich aus diesem Schattendasein entlassen würde und nun...? Die dicken Falten des massigen Leibes walzten an seinen inneren Wänden entlang. Der Wurm wälzte Argumente hin und her und dachte vielleicht sogar an...
VERRAT!
Kazel wusste nur eins! ER musste hier raus.
VERRAT! DU bist ein VERRÄTER! DU willst den Pakt gar nicht erfüllen! - V E R R A T !!!
Diesen Körper ertrug er nicht mehr! Alles fühlte sich plötzlich falsch an!
Du brichst die Treue! Du hast mein Vertrauen missbraucht! Du Täuscher! Du VERRÄTER!
Er musste sich eben selbst von Sademos befreien. Und das schnell, denn Kazel spürte das Aufbegehren seines Parasiten wie eine Aufwallung von Hitze. Dieser bereitete sich auf die Übernahme vor.
VERRAT!
Er musste heraus. Notfalls musste er es selbst tun. Kazel presste die zu Krallen gebogenen Hände Sademos' auf die Brust und riss sie seitlich von sich. Er hinterließ Striemen auf dem ebenen Schwarz. Dann wiederholte er es. Dieses Mal drückten sich die Nägel tiefer hinein. Ein erneutes Reißen. Haut gab teilweise nach und nebst Striemen setzte er nun auch Kratzer auf dem Körper ab. Er würde sich einfach in die Freiheit kratzen.

Zissus war da! Verdammt! Er war bei dem Anblick seines sich selbst schändenden Herrn vorgesprungen und wollte es verhindern. Er griff nach seinen Armen, drehte sie Sademos auf den Rücken und hielt sie dort fest. So standen sie Janay zugewandt vor einem großartigen in ledrige Flügel gerahmten Bild, nahe der Tür zum Salon, wo alles begonnen hatte. Und nur eine weitere Tür weiter, wartete der von der Deck hängende Kristall, sowie die letzten noch unverdorbenen Seelen dieses Haushaltes und ein paar Gäste. Gerade in diesem Augenblick ging die Tür auf und Rukulla sah blinzelnd zu Sademos verschmiertem Gesicht auf. Gleichzeitig kam Hopp von hinten den Flur entlang. Ein Blick zur Seite würde auch Schlange zeigen, der in Sademos Sessel lungerte, ein Buch in den Händen. Die gegenüberliegende Tür zum Arbeitszimmer war noch geschlossen.
„Was geht den hier vor?“
, fragte die kleine stinkende Frau und entließ eine Wolke Mief aus ihrem Munde.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Freitag 27. Mai 2022, 14:03

So unendlich erleichtert, wie sie war, Kazel am Ende der schrecklichen Spur gefunden zu haben, so sehr schockierte sie sein Anblick auch. Gut, im Prinzip war es noch immer nicht er selbst, nicht äußerlich, und dennoch entsetzte es sie, dass der dunkelelfische Körper offenkundige Verletzungen aufwies. Ob es sich bei den blutigen Spuren ausschließlich um fremdes gehandelt hatte oder war auch seines hineingemischt?
Sein Gesicht wies auf jede Fall eine blutige Wunde auf und auch an anderen Stellen wirkte er getroffen. Doch das war es nicht, was ihr regelrecht den Atem nahm vor Schreck, vielmehr war es sein Blick.
Auf der einen Seite hatte sie das Gefühl, hinter diesen fremden Augen ihren Liebsten ausmachen zu können und zu erkennen, dass er noch da war, sie nicht zu spät kam. Aber auf der anderen war da auch ein Funkeln in den Pupillen, ein unheilkündender Ausdruck, der es ihr eiskalt den Rücken hinunter laufen ließ. Was war nur mit ihm geschehen?! Und... wollte sie das wirklich wissen...?
Einen Moment lang zögerte sie, schluckte schwer und befand sich tatsächlich vor der Entscheidung, ob sie bleiben oder lieber vor dem Unglück weglaufen sollte. Am Ende jedoch siegten ihre Vernunft und ihre Gefühl für den Mischling, den sie endlich befreien wollte. Hatte nicht der Tod ihr eine Botschaft mitgegeben, die sie unbedingt weitergeben musste? Das sollte nicht umsonst gewesen sein! Außerdem empfand sie das bloße, plappernde Skelett, das sie das letzte Mal bei ihrem Besuch am Strand jenseits dieser Welt als beängstigender als die Tatsache, dass Kazel blutete und sein Gesicht von verschiedenen Flüssigkeiten verunziert war, deren Herkunft sie lieber nicht wissen wollte.
Dann allerdings ergriff er das Wort und sein Tonfall ließ sie erneut erschauern. Doch es gab ihr zugleich auch die Kraft und den Mut, einen Schritt näher zu kommen. So, als ahne sie, was in ihm vorginge und was er gerade benötigte, machte sie nicht kehrt, sondern wollte ihm zeigen, dass sie da war.
Leicht hob sie ihre Hände und ihre Stimme war leise, wenngleich sanft und bewusst beruhigend, als sie erwiderte:"Nein, das bist du nicht und das musst du auch nicht sein."
Aber als hätte sie damit das Gegenteil bewirkt, brauste er plötzlich auf, sodass sie tatsächlich stehen blieb. Ihre Augen weiteten sich ein wenig und die Angst kehrte zu ihr zurück. Es fehlte nicht mehr viel und sie würde wahrscheinlich wirklich weglaufen, denn Heldenmut hatte noch nie zu ihren Stärken gehört. Jedoch noch nicht jetzt, solange ihr Herz noch die Oberhand über ihr Handeln hatte.
Leicht zuckte sie zusammen bei seiner Erkenntnis, als hätte er die Hand gegen sie erhoben, ehe sie sich wieder im Griff hatte und einen neuerlichen Versuch wagte, ihn zu beruhigen. Sie wollte ihm bewusst machen, dass es trotz allem er gewesen war, der ihr und sich dieses Vergnügen bereitet hatte. Außerdem war sie es schließlich gewohnt, von fremden Körper berührt zu werden, obwohl sie nicht glaubte, dass dieser Hinweis ihm helfen würde.
"Aber es war dein Wille, dass wir es getan haben, nicht seiner. Ich..." Mehr konnte sie nicht dazu sagen, denn sein nächster Ausbruch kam. Wahrscheinlich war es auch ganz gut so, denn sie handelte in diesen Momenten nicht gerade sonderlich überlegt und wer wusste, ob sie diplomatisch genug geblieben wäre, um die richtigen Worte zu wählen. Es war ohnehin schon schwer genug für sie, hier zu bleiben und nicht wegzulaufen!
Es wurde noch schlimmer, als Kazel plötzlich mit seinen Fingern seine Haut zu zerkratzen. Das war eine Spur zu viel für sie, sodass sie aufschrie und die Augen zusammenkniff, um diese brutale Selbstverletzung nicht mitansehen zu müssen. Ihre Tapferkeit fand hier ihr Ende und so oblag es Zissus, etwas zu unternehmen.
Damit nicht genug, wurde unbemerkt von ihr eine Tür geöffnet. Heraus kam jemand, der indes alles andere als zu übersehen war. Nicht wegen ihrer Größe, im Vergleich zu ausgewachsenen, reinrassigen Elfen war sie schließlich winzig. Ihr Gestank allerdings...
Noch ehe Janay die Stimme zuordnen und die Lider anheben konnte, trafen sie die ersten wabernden Ausläufer aus dem Mund des Weibes und sie spürte, wie sich ihr die Kehle zusammenzog. Wenigstens behielt sie ihren Mageninhalt für sich, während sie die Augen aufriss und die Hand vor ihren Mund schlug. Es dauerte ein wenig, bis sich ihre von den aufgestiegenen Tränen verschleierte Sicht schärfen und sie die Situation begreifen konnte.
Da war ihr Liebster, in diesem fremden, geschundenen Leib, gefesselt von den erstaunlich starken Armen des Pfauenmannes, der das Wüten unterbrochen hatte. Im Augenwinkel bemerkte sie eine Bewegung, obwohl sie sich dazu zwang, den Blick von Kazel nicht abzuwenden, und hinter den Männern war der Grund allen Gestanks auf zwei Beinen. Plötzlich hatte die junge Frau das drängende Gefühl, als hätte sie nicht viel Zeit und als käme es darauf an, dass sie diese dennoch so gut wie möglich nutzte.
Es war ein innerlicher Kraftakt, ihre Ängste beiseite zu drängen und ihre Entschlossenheit gemeinsam mit der Erinnerung vorbei zu zwängen. Rasch machte sie ein paar Schritte vor, reckte sich und überwand den Ekel, als sie nach seinem Kinn griff, wenn er es zuließ. So fest sie konnte, würde sie ihn halten und gleichzeitig dazu zwingen, sie anzusehen. Und wenn nicht... Nun, ihre Worte konnte er damit auch nicht verhindern. Sie hoffte nur inständig, dass er ihr auch zuhörte!
"Kazel, sieh mich an! Ich war dort... Vorhin, ich war noch einmal dort, bei diesem Strand. Und er hat mir etwas gesagt, für dich etwas gesagt. Hörst du mich? Er sagte, er ist da, wenn dieser Körper..." Unwillkürlich hielt sie inne und schauderte.
Eigentlich war sie vor all der Kälte, dem Üblen und dem Tod weggelaufen, als sie damals Morgeria verlassen hatte, weil sie damit nichts zu tun haben wollte. Und nun? Nun war sie wieder hier, sah Dinge, die sie sich in ihren Alpträumen niemals hatte vorstellen können! Dennoch...
Janay schluckte schwer, straffte sich und versuchte, ihn mit einem ernsten, eindringlichen Blick zu fixieren. "Er ist da, wenn dieser Körper stirbt! Das soll ich dir sagen! Kazel, bitte!" Waren die ersten Worte noch entschlossen gewesen, klangen vor allem die letzten beiden mehr als bettelnd.
Sollte sie ihn bis dahin gehalten haben, würde sie ihren Griff nun lösen und die Hand sanft auf seine Wange legen, während ihr die Tränen erneut in die Augen stiegen. Sollte die alte Vettel sie ruhig heulen sehen, sie konnte nicht anders! "Ich will dich zurück, Kazel.", wisperte sie so leise, dass vermutlich nur Elfenohren sie würden verstehen können.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Freitag 3. Juni 2022, 07:22

VERRAT!
Das Wort hämmerte sich in seinen Kopf. Es umklammerte seine Seele und versuchte, ihn zu zerquetschen. Nebhasmhorachd brach sich Bahn. Kazel konnte spüren, wie sein ganzer wulstiger und von der Zeit anderer fett gefressener Leib mit aller Wucht gegen seine Existenz preschte. Er taumelte, denn schon einmal war er als Verräter bezeichnet worden. Damals jedoch hatte es mehr Gewicht gehabt. Denn es war Janay gewesen, die ihm Verrat unterstellt hatte. Dieses Mal war es nicht die Schuld einer Tat, die auf ihm lastete, sondern die wütende Masse einer dämonischen Made.
VERRAT! DU bist ein VERRÄTER! DU willst den Pakt gar nicht erfüllen!
Beinahe wäre Kazel unter der Last eingebrochen. Sogar das katzenartige Biest des Wahnsinns zog sich davor zurück. Es fauchte und machte einen Buckel, aber es verteidigte sein jüngstes Opfer nicht. Warum auch? Das wäre ja ... Wahnsinn! Dem Zufall war es geschuldet, dass Kazel sich seinen eigenen Fluchtweg schuf. Schmerz durchflutete ihn, riss die Made von ihm wie er sich mit den Fingernägeln die Haut von der Brust. Er spürte das Brennen in den hinterlassenen Striemen, fühlte wie das Blut die Schluchten versuchte, auszufüllen und als roter Kontrast zwischen der ansonsten schwarzen Haut glitzerte. Es drohte, über den zerklüfteten Rand zu schwappen und sich zu einem Rinnsal über seinen Leib zu ergießen. Ein kleiner, zähflüssiger Quell. Nicht lebensgefährlich, sondern im Gegenteil. Der Schmerz verhinderte, dass Kazel sich sowohl dem Wahnsinn als auch Nebhasmhorachd unterwarf.
Verräter?! Ich bin ein Verräter?! HA! "Verräter?! Ich bin ein Verräter?! HA!", fauchte er, sowohl pyhsisch als auch im Geiste. Doch in Letzterem war es, wo er dem Satz noch etwas hinzufügte, das ihm so nicht über die Lippen kam. Es fiel ihm ohnehin immer schwerer, diesen Körper zu führen. Den Pakt verraten kann nur, wer ihn schloss. Ich bin nicht Sademos! Es ist nicht mein Pakt und ich habe weder dir noch deinem Meister jemals etwas geschworen.
Er lachte, dass es die irr blickende Katze in seinem Geist wieder anlockte. Als hätte er eine Vorratsdose mit Thunfisch geöffnet und sie in einen Napf für das Biest gekippt stürmte es herbei, maunzte in aller Zufriedenheit und schaute zu ihm auf. In ihren leuchtenden Augen spiegelte sich sein eigenes Bild wider. Nicht Sademos sah er dort, sondern sich selbst. Aber sein Bildnis war verzerrt, wie vom Wahn.
Er lachte. Kazel lachte auf, just als Zissus ihn endlich erreichte, die dunklen Arme packte und auf dem Rücken überkreuzte, um ihn an der Selbstverletzung zu hindern. Kazel warf den Rest von Sademos Leib der Kraft entgegen. Er konnte sich nicht befreien, aber er konnte etwas Widerstand leisten. So zappelte er, wand sich und warf den Kopf umher, dass das Blut von seiner Stirnwunde kleine Tröpfchen verteilte. Er lachte immer lauter, ausladender und obwohl es nach außen hin wie der pure Wahnsinn klang, so entsprang diesem Gebaren doch reines Glück. Kazel war davon überzeugt, dass der Pakt ihn nicht treffen konnte. Er hatte ihn nie geschlossen und nur weil er diesen toten, von einem Dämon besessenen Leib führte, sah er sich nicht an die Pflichten der Seele gebunden, die ihn einst bewohnt hatte. Dennoch wusste er, dass er den Körper zerstören müsste. Jedes noch so kleine Quäntchen von Sademos musste endgültig von Celcia getilgt werden, um den Pakt zu einem vergessenen, unwirksamen Vertrag zerfallen zu lassen.
Allein würde ihm das niemals gelingen.
Kazel entdeckte Janay, die ihm gegenüber stand. Seine erfolglosen Versuche, sich aus dem harten Griff des Pfauenelfen zu befreien, endeten fast abrupt. Er starrte die Frau an, für die sein Herz schlug - schlagen würde, wäre es seines. Aber das war es nicht. Nichts Organisches, das er aktuell nutzte, gehörte ihm. Es war das letzte Vermächtnis des Sammlers. Ein Mann, der all das Schreckliche und Böse verkörperte, mit dem Kazel seine Heimat Morgeria selbst verglich. Er ächzte auf, versuchte erneut, gegen Zissus' Griff anzukämpfen, allerdings war sein Widerstand mehr als halbherzig.
"Wie kannst du ihn nur lieben? Er ist ein Mörder! Und noch mehr ... wie kannst du für ihn überhaupt etwas Anderes als blanken hass und Abscheu empfinden?" Wem diese verzweifelt ausgespienen Worte nun wirklich galten, blieb ungewiss. Kazel ließ den Kopf und die Schultern hängen. Er sackte im Griff des Gärtners etwas zusammen, fühlte sich schwach und leer. Er fühlte wieder die Schwere des Dämons auf seiner Seele. Die Last und das Drängen, sich zu befreien, um den Pakt zu erfüllen.
Er bekam nicht mit, dass bereits weitere Augenpaare die Szenerie musterten. Er nahm nicht einmal den Gestank wahr, der wie eine eigenständige Person zusammen mit der ihn tragenden Goblin-Oma einen Nebenraum verließ und sich nun langsam auch im Gang ausbreitete. Es musste also schwer um Kazel stehen, wenn er selbst diese Note aus Moschus und unidentifizierbaren Mixturen von Körperausdünstungen ausblenden konnte. Aber es gab ohnehin so vieles, auf das er eigentlich achten musste, allem voran, nicht endgültig verrückt zu werden, weil er es nicht länger ertrug, im Körper einer so abgrundtief bösen Person zu stecken. Warum nur half Zissus ihm nicht, sich frei zu kratzen? Warum schnitt Janay ihm nicht den Brustkorb auf?
Zum wiederholten Mal ächzte er, stämmte sich etwas gegen die kraftvolle Arme, die seine eigenen umfassten. Natürlich misslang der Befreiungsversuch erneut. Er besaß keine Kraft mehr und hätte sich vielleicht auch vorher nicht gegen Zissus zur Wehr setzen können. Letztendlich war es gut. So hatte Janay Gelegenheit, zu ihm durchzudringen.
Wie ängstlich sie ihn anschaute. Wie erschreckt sie die Hand vor den Mund schlug. Tränen glitzerten in ihren Augen. Dass die meisten Reaktionen Kurallas Eigenaroma geschuldet waren, bemerkte er nicht. Aber Kazel ertrug den Anblick nicht länger. So senkte er den Kopf, ließ ihn einfach hängen. Es war Janay, die ihn am Kinn berührte, um seinen Kopf wieder zu heben. Zunächst versuchte Kazel, der Geste auszuweichen, doch dann ließ er sich leiten. Trotzdem spürte er ein tiefes Stechen im Herzen, als Sademos' violette Augen erneut auf das Glänzen in Janays Gesicht trafen.
Sacht nickte er. Ja, er hörte zu. Es fiel ihm nur schwer, ihre Worte zu deuten.
Strand? Er verstand langsam. Ein Strand aus Zeit. Er wird da sein, wenn ... aber er sagte doch, dass ich nicht sterben darf. Hatte der Gevatter seine Meinung geändert? Hatte er einen Weg gefunden, dieses Unheil aufzuhalten oder hatte er Kazel aufgegeben und wäre bereit, seinen Lehrling zum Wohl Celcias zu opfern? Kazel erwiderte Janays Blick. Zu ihrem Wohl.
"Dann muss er sterben. Du musst ihn töten, Janay. Du musst mich töten. Jetzt, bevor es zu spät ist." Kazel kniff die Augen zusammen. Er wollte ihre Reaktion nicht sehen. Er wollte nicht sehen, dass sie litt und deshalb entschied er sich für diesen Weg. Ihr Flehen, dass sie ihn zurück wollte, trümmerte mehr Risse in seine Seele als es Nebhasmhorachds fett gefressener Körper jemals gekonnt hätte.
"Janay ... mir bleibt nur ein Wimpernschlag in meinem Körper. Bitte, sei da, wenn dieses ... Ding hier stirbt. Ich will mein letztes Körnchen Zeit mit dir verbringen." Kazel war bereit zu gehen. Er konnte nur hoffen, dass es richtig war. Er konnte nur hoffen, dass er die Botschaft des Gevatters, überbracht von seiner Liebsten, richtig deutete. Wenn er und der Körper, in dem er sich gerade noch aufhielt, starben, würde vielleicht auch mit Sademos alles sterben, was seine Welt und seine Liebste bedrohte. Und das war es doch wert, ein letztes Sandkorn in der Wüste der Zeit aufzugeben, oder?
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Montag 6. Juni 2022, 12:06

Gerade wenn man dachte, es könne nicht mehr schlimmer werden...
... wurde es noch schlimmer!

Kazel riss mit seinen Fingernägeln tiefe Wunden in seine Haut, ganz als könne er sich damit aus diesem Körper heraus graben. Der Anblick seiner Selbstzerstörung war eine Spur zu viel für Janany, sodass sie aufschrie und die Augen zusammenkniff. Ihre Tapferkeit fand hier ihr Ende und so oblag es Zissus, etwas zu unternehmen.
Damit nicht genug, wurde unbemerkt von ihr, aber sicher ausgelöst von ihrem Schrei, eine Tür geöffnet. Kuralla tapste herbei und versuchte die Szene zu erfassen.
Da war Sademos, gefesselt von den erstaunlich starken Armen des Pfauenmannes, der das Wüten unterbrochen hatte. Janay machte sie ein paar Schritte vor, reckte sich, als sie nach seinem Kinn griff und zwang ihn sie anzusehen.
"Kazel, sieh mich an! Ich war dort... Vorhin, ich war noch einmal dort, bei diesem Strand. Und er hat mir etwas gesagt, für dich etwas gesagt. Hörst du mich? Er sagte, er ist da, wenn dieser Körper..."
Unwillkürlich hielt sie inne und schauderte. Janay schluckte schwer, straffte sich und versuchte, ihn mit einem ernsten, eindringlichen Blick zu fixieren.
"Er ist da, wenn dieser Körper stirbt! Das soll ich dir sagen! Kazel, bitte!"
Waren die ersten Worte noch entschlossen gewesen, klangen vor allem die letzten beiden mehr als bettelnd. Ihr Griff löste sich, während ihr die Tränen erneut in die Augen stiegen.
"Ich will dich zurück, Kazel."
, wisperte sie so leise, dass vermutlich nur Elfenohren sie würden verstehen können.
...
VERRAT! DU bist ein VERRÄTER! DU willst den Pakt gar nicht erfüllen!
Beinahe wäre Kazel unter der Last eingebrochen. Sogar das katzenartige Biest des Wahnsinns zog sich davor zurück, so dass Kazel plötzlich ganz klar sah. Dem Zufall war es geschuldet, dass Kazel sich seinen eigenen Fluchtweg schuf. Schmerz durchflutete ihn, riss die Made von ihm wie er sich mit den Fingernägeln die Haut von der Brust. Der Schmerz verhinderte, dass Kazel sich sowohl dem Wahnsinn als auch Nebhasmhorachd unterwarf.
Verräter?! Ich bin ein Verräter?! HA!
"Verräter?! Ich bin ein Verräter?! HA!"
, fauchte er, sowohl pyhsisch als auch im Geiste.
Den Pakt verraten kann nur, wer ihn schloss. Ich bin nicht Sademos! Es ist nicht mein Pakt und ich habe weder dir noch deinem Meister jemals etwas geschworen.
Er lachte, dass es die irr blickende Katze in seinem Geist wieder anlockte und dieses Mal war es wohl wirklich der Wahnsinn, der ihm zuraunte, ... dass ER zwar nicht den Pakt geschlossen, aber WOHL den Körper übernommen hatte um selbst nicht zu vergehen. Um bei Janay zu bleiben, um am Leben zu bleiben und aus vielen anderen Gründen hatte Kazel sein Stundenglas zerbrochen und war in Sademos Leben und damit in seinen Körper hinüber geschlüpft. Auch Nebhasmhorachd schrie dieses kleine aber wohl schwer wiegende Detail in seine Ohren und ließ seine Nerven brennen:
DAS IST EGAAAL! HARRRRRRRR! DU VERRÄTER! DER PAKT MUSS ERFÜLLT WERDEN! ICH HABE DIESES GEFÄSS FÜR DEN MEISTER AM LEBEN GEHALTEN! WIR HABEN IHN GEFÜTTERT BIS ES... JETZT SOWEIT IST...
Es ist soweit. Komm.
Das deutlich leisere Raunen der Stimme aus dem Harax, das einzig für Kazel hörbar aus dem Arbeitszimmer dröhnte, war so viel leiser als das Geschrei des dämonischen Wurmleibes. Aber doch löste es Sademos Beine vom Boden und ließ ihn schwanken. Der innere Kampf begann!
Er lachte. Kazel lachte auf, just als Zissus ihn endlich erreichte, die dunklen Arme packte und auf dem Rücken überkreuzte, um ihn an der Selbstverletzung zu hindern. Kazel warf den Rest von Sademos Leib der Kraft entgegen. Er konnte sich nicht befreien, aber er konnte etwas Widerstand leisten. So zappelte er, wand sich und warf den Kopf umher, dass das Blut von seiner Stirnwunde kleine Tröpfchen verteilte. Er lachte immer lauter, ausladender und obwohl es nach außen hin wie der pure Wahnsinn klang, so entsprang diesem Gebaren doch reines Glück. Kazel war davon überzeugt, dass der Pakt ihn nicht treffen konnte. Er hatte ihn nie geschlossen und nur weil er diesen toten, von einem Dämon besessenen Leib führte, sah er sich nicht an die Pflichten der Seele gebunden, die ihn einst bewohnt hatte. Leider war Nebhasmhorachd da gänzlich anderer Meinung!
VÄRRÄÄÄTERRR!
, kreischte er, als hielte er ihm all diese ungeborenen Leben aus dem Kellergewölbe vor sein Ohr und ließ sie ihren ersten Schrei erleben. Nebhasmhorachd ließ seinen Leib erzittern, beben als könnte er jeden einzelnen Knochen ausrenken um ihn doch noch zum Weitergehen zu bewegen. …
Da war es doch gut, dass Nar'Zissus ihn gerade fest hielt.
Kazel wusste nur noch eins: Dass er den Körper zerstören müsste! Jedes noch so kleine Quäntchen von Sademos musste endgültig von Celcia getilgt werden, um den Pakt zu einem vergessenen, unwirksamen Vertrag zerfallen zu lassen. Dies war der Kern und die Lösung. Das war ihm klar. Aber er steckte fest...
Allein würde ihm das niemals gelingen. Er riss die Augen auf.
Kazel entdeckte Janay, die ihm gegenüber stand. Seine erfolglosen Versuche, sich aus dem harten Griff des Pfauenelfen zu befreien, endeten fast abrupt.
NEEEIIIIIIIIIIIIIINNN! NIIICHT SIIIEEEE!
Er starrte die Frau an, für die sein Herz schlug - schlagen würde, wäre es seines. Aber das war es nicht. Nichts Organisches, das er aktuell nutzte, gehörte ihm. Es war das letzte Vermächtnis des Sammlers, ihn in diesem Körper gefangen zu halten. Ein Mann, der all das Schreckliche und Böse verkörperte, mit dem Kazel seine Heimat Morgeria verglich. Er ächzte auf, versuchte erneut, gegen Zissus' Griff anzukämpfen, allerdings war sein Widerstand mehr als halbherzig. Erst jetzt spürte er auch Janays Hand an seiner Wange.
"Wie kannst du ihn nur lieben? Er ist ein Mörder! Und noch mehr ... wie kannst du für ihn überhaupt etwas Anderes als blanken Hass und Abscheu empfinden?"
Wem diese verzweifelt aus gespienen Worte nun wirklich galten, blieb ungewiss. Kazel ließ den Kopf und die Schultern hängen und hinter ihm erklang ein Laut wie ein unterdrücktes Schluchzen. Zissus presste seine Stirn an seinen Hinterkopf. Tränen rannen ihm aus den Augenwinkeln und benetzten Sademos Schultern, wo sie Streifen in sein Blut malten. Ja – wie konnte jemand ein Wesen wie Sademos lieben?! Warum liebte ein Kind seinen Vater oder seine Mutter, auch wenn es von ihnen misshandelt wurde?! Warum liebte eine Frau ihren Mann, auch wenn er sie schlug?!
Warum liebte man überhaupt?
Gab es überhaupt einen vernünftigen Grund zu lieben?
Kazel sackte im Griff des Gärtners etwas zusammen, fühlte sich schwach und leer. Er liebte! ...
Er liebte!
Er liebte!
Er liebte!
Daran musste er sich fest halten! Er fühlte wieder die Schwere des Dämons auf seiner Seele, wie er sich versuchte dazwischen zu wälzten und dieses Mal gelang es ihm ...fast. Die Last und das Drängen, sich zu befreien, um den Pakt zu erfüllen, war so gewaltig, dass es fast Kazels Liebe auslöschte... fast. Er hatte Janays Liebe hinterfragt. Wie sollte sie ihn auch lieben? Dieses Monster, dass er war. Dieser Mann, dieser Körper in dem er steckte! Sie hatte sich von ihm … Er hatte sie … und Zissus auch... gemeinsam! Wie konnte Zissus einen Mann wie Sademos nur lieben?!
Die Bilder ihrer Lust bereiteten ihm nun Ekel.
Er bekam nicht mit, dass bereits weitere Augenpaare die Szenerie musterten, weil er es nicht länger ertrug, im Körper einer so abgrundtief bösen Person zu stecken. Warum nur half Zissus ihm nicht, sich frei zu kratzen? Warum schnitt Janay ihm nicht den Brustkorb auf?
Zum wiederholten Mal ächzte er, stemmte sich etwas gegen die kraftvolle Arme, die seine eigenen umfassten. Natürlich misslang der Befreiungsversuch erneut, da er noch 11 Minuten zuvor...nein Stundenlang schwerste Arbeit für den Tod geleistet hatte... Er besaß einfach keine Kraft mehr und fühlt sich unendlich schlapp. Letztendlich war es gut. So hatte Janay Gelegenheit, zu ihm durchzudringen.
Wie ängstlich sie ihn anschaute. Wie erschreckt sie die Hand vor den Mund schlug. Tränen glitzerten in ihren Augen. Er spürte er ein tiefes Stechen im Herzen, als Sademos' violette Augen auf das Glänzen in Janays Gesicht trafen. Sacht nickte er. Ja, er hörte zu. Es fiel ihm nur schwer, ihre Worte zu deuten.
Strand?
Er verstand langsam.
Ein Strand aus Zeit. Er wird da sein, wenn ... aber er sagte doch, dass ich nicht sterben darf.
Hatte der Gevatter seine Meinung geändert? Hatte er einen Weg gefunden, dieses Unheil aufzuhalten oder hatte er Kazel aufgegeben und wäre bereit, seinen Lehrling zum Wohl Celcias zu opfern? Kazel erwiderte Janays Blick.
Zu ihrem Wohl.
"Dann muss er sterben. Du musst ihn töten, Janay. Du musst mich töten. Jetzt, bevor es zu spät ist."
Kazel kniff die Augen zusammen. Er wollte ihre Reaktion nicht sehen. Er wollte nicht sehen, dass sie litt und deshalb entschied er sich für diesen Weg. Ihr Flehen, dass sie ihn zurück wollte, trümmerte mehr Risse in seine Seele als es Nebhasmhorachds fett gefressener Körper jemals gekonnt hätte.
"Janay ... mir bleibt nur ein Wimpernschlag in meinem Körper. Bitte, sei da, wenn dieses ... Ding hier stirbt. Ich will mein letztes Körnchen Zeit mit dir verbringen."
Kazel war bereit zu gehen.
Es ist soweit.
Seine Beine wollten los laufen, allerdings in eine Richtung, in die Kazel auf keinen Fall Wollte. Zissus hielt ihn zum Glück fest. Er konnte nur hoffen, dass es richtig war. Er konnte nur hoffen, dass er die Botschaft des Gevatters, überbracht von seiner Liebsten, richtig deutete. Wenn er und der Körper, in dem er sich gerade noch aufhielt, starben, würde vielleicht auch mit Sademos alles sterben, was seine Welt und seine Liebste bedrohte. Und das war es doch wert, ein letztes Sandkorn in der Wüste der Zeit aufzugeben, oder?
...
„Mach schon Kindchen! Hier...kannst mein Küchenmesser haben.“
erklangen Kurallas Worte und sie hielt einen kleine kleine Dolchartige Klinge hoch. Der Griff zeigte zu Janay und sah etwas ...nein... er sah sehr klebrig aus. Die Schneide war von einem speckigen Lappen umhüllt, der wer weis wo gesteckt haben musste. Man dachte bei der alten Goblinfrau besser nicht über solche Dinge nach. Aber bei all dem Ekel, den sie auslösen konnte, waren es ihre warmen, sanften Augen, die Janay nun ansahen und ihr Mut zu sprachen, mehr als ihr Mund es konnte:
„Ich hab ihn schön häufiger sterben sehen. Tu es einfach! Er kommt schon zu dir zurück.“
Zissus sah voller Entsetzen auf das kleine Instrument.
„WAS?“
Sicher verstand er nicht, was hier vor sich ging. Er konnte es nicht fassen und begriff auch das Konzept des 'Wiederkommens' nicht. Wie auch?! Instinktiv wich er sogar mit Sademos in den Armen ein bisschen nach hinten aus und meinte:
„A...aber... ihr wolltet doch einen Weg... Das Buch... der Plan... Wieso jetzt... Es muss doch einen andern Weg geben!!!“
Er klang verzweifelt und Tränen rannen ihm über die Wangen.
„Nicht...bitte...!“
Er schmiegte sein Gesicht in Sademos Halsbeuge und bot damit einen kurzen Moment, wo er nichts sah. ...Auch hier spürte Kazel Liebe.
Igitt!

Aus dem Salon waren weitere Schritte langsam näher an die Tür gekommen und die Zeit schien sich zu dehnen, langsamer zu werden, als wäre jede Sekunde kostbar und entscheidend für das was nun geschehen sollte.

Es! ist! soweit!
Nebhasmhorachd wand sich und bäumte sich auf und ließ sich wie ein aus dem Wasser geschossener Wahl in Kazels Verstand klatschen. Die Flutwelle riss ihn mit. Auch der Wahnsinn war fort. Sademos Körper tat es ihm gleich und Zissus wurde nach hinten gestoßen. Einen Moment stand er frei, frei von Kazels Beeinflussung, Herr dieses Hauses, Herr über so viele versklavte Seelen, Herr über seinen Körper.
Es ist soweit! Nebhasmhorachd kommt, Meister! Jetzt ist es soweit!
Nebhasmhorachd hatte übernommen.
Sademos Kopf ruckte zur Tür und sein Fuß hob sich und der Körper würde folgen... auf dem Weg zu seinem Herrn.
Ich komme und bringe euch euer Gefäß, Meister! Bin gleich da. ...Bitte nehmt ihn von mir!
Kazel spürte, dass auch Nebhasmhorachd wieder frei sein wollte. Ein merkwürdiges Gefühl, was fast...fast so etwas wie Mitleid in seine Gedanken speisen könnte...fast. Auch er war gefangen in diesem Pakt, aber er konnte nur entkommen, wenn er den Körper seinem Meister übergab. Er war so winzig gegen seinen Meister, ein Floh im Pelz des Wolfes, der diese Welt verschlingen wollte.
Nehmt ihn von mir und tragt ihn hin zu eurem schlafendem Leib, der zwölfflügligen Schlange. Oh mein Meister, Merserin Jaldabaoth, Anführer der Mächte des Bösen, Samael, das Gift der Götter, der einst Celcia als blinde Schlange besuchte es zum Sündenfall verführte, blinder Engel, Fürst der Dunkelheit und des Bösen, Belial, 12 flügliger Engel des letzten Gerichts, Schlangen-GOTT ohne Augen, der zu seinem schlafenden Körper gebracht werden will, übernimm Sademos Körper und macht Janay zu eurer Lilith...
Kazel spürte, wie Sademos Kiefer sich zu bewegen begonnen hatte. ER murmelte! Er bereitete sich vor, den Namen ...oder auch nur einen seiner Namen laut auszusprechen und es fehlte nur noch ein Blick! Ein Blick in den Spiegel, dann wäre alles vorbei. Das hier hatte das Potenzial ein Weltereignis zu werden, dass einiges verändern und durcheinander werfen könnte. Also hatte der Tod beschlossen ihn zu opfern? Dies war einer von Kazels Gedanken gewesen und sicher war er nicht ganz abwegig. Ein Opfer musste es geben um zu verhindern, dass dieser 'Schlangen-GOTT' sich Sademos bemächtigte und dann ...etwas wecken würde, dass tief unter einem Krater in Celcia schlief.
Es ist nicht tot, was ewig liegt, bis dass die Zeit den Tod besiegt.
Und ja, Kazel hatte Zweifel.
So viel konnte noch schief gehen!
Was wenn alles falsch war?
Was wenn er starb und Nebhasmhorachd mit an den Zeiten-Sandstrand brachte?!?
So viel Zeit in der Hand eines Dämon der diese vergiften konnte?
Könnte das selbst den Tod besiegen?
Nebhasmhorachd bedeutete Unsterblichkeit.
Und hatte Janay die Nachricht richtig überbracht?
Hatte Kazel sie richtig verstanden?
Oder bohrte einfach der Wurm seinen zweifelnden Dorn in Kazels Gedanken, um Zeit zu gewinnen? Flüsterte er ihm Lügen ein, damit er zu seinem Meister gelangen konnte?
...
Was würde nun geschehen?
Was hatte ihn hier her gebracht?
Wann hatte das alles begonnen?
War es als er sie dieses Anwesen betreten hatten?
Oder schon viel früher?
Kazels Gedanken huschten über eine schwarze Feder, die von kleinen Fingern zerkratzt wurde. Das Lachen von Hochelfen drang in sein Ohr. Hatten sie ihn hier her geschickt, weil er ihr noch etwas zu erledigen hatte? War das alles nur ein wirrer Traum unter Einfluss dieses Elfenschnaps? So wirr konnte man doch gar nicht träumen, oder? Sicher nicht - oder?
Oder war es schon davor der Gevatter mit seinem Auftrag gewesen, als er ihn in seine Lehre nahm? Das war kurz bevor er sich von den Leoniden-Trupp getrennt hatte geschehen. Auch hier war er schon in seinen Diensten gewesen. Seine Knochenhand hatte ihn schon viel früher den Weg gewiesen. Mit seiner geliehenen Macht hatte Kazel die Zeit zu verändern gelernt. Er hatte sie angehalten, sie gedehnt, sie genutzt um Untote zurück zu schicken, um Verletzungen ungeschehen zu machen und seinem Lehrmeister dafür seine Gefolgschaft und seine Dienste versprochen. Er hatte Janays und sein Kind gerettet. Er hatte ihr Leben gerettet. Er war gestorben und wieder gekommen. Nicht Kazels GANZES Leben zog an ihm vorüber, wohl aber alles, was er an der Seite seines Lehrmeisters erlebt hatte. Viele seiner Entscheidungen hatten ihn in der Geschichte hin und her geworfen. Was wäre geschehen, wenn er damals nicht dem Leonidenprinz Rhudos gefolgt wäre? Was wenn er weiter Vflex, dem Anführer des Leoniedentrupps gefolgt wäre? Hätte er dann Raxtian Tausendtod eingeholt und andere Fäden der Geschichte verändert? Hätte er den Eh-Eh-Mann dann noch retten können?
Das Schicksal war ein Geflecht, ein Teppich, dessen Muster kaum jemand verstand. Vielleicht wäre er Janay nicht wieder begegnet. Vielleicht wäre sie dann in Sicherheit in bei den Leoniden geblieben. Vielleicht hätte er dann eine Chance gehabt, sein Kind aufwachsen zu sehen. Was wenn jetzt alles wirklich vorbei sein würde, wenn er jetzt für alle Gefallen, die der Gevatter ihm gegeben hatte, bezahlen musste? Bezahlen mit den letzten zwei Sandkörnern seines Lebens.
Kazel wusste vielleicht nicht einmal mehr, wer genau es gesagt hatte, aber die Worte klangen in seinem Geiste nach:
Es muss ein Opfer geben.
Zwei Herzschläge blieben ihm noch!
ZWEI!
So wenig Zeit wie man schnell zwei mal hintereinander Siebenundzwanzig sagen konnte. Und noch etwas wusste er! Eine Sekunde von diesen zwei kleinen Momenten seines Lebens würde er für das STERBEN verbrauchen, denn auch das kostete Zeit. Wenn Sademos Körper also starb und Kazel in seinem eigenen Körper wieder erwachte, dann starb er eine Sekunde später. Statt 'Siebenundzwanzig' konnte er also etwas anderes sagen, was maximal fünf Silben hatte. Vielleicht konnte er im 'Sterben' noch eine Empfindung mit hinüber nehmen, aber dann musste er sich dem Tod stellen - und dieses Mal würde er gewiss nicht ganz so erfreut sein ihn zu sehen, denn Kazel könnte unter Umständen - nicht - allein - kommen.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Donnerstag 9. Juni 2022, 09:33

Die gesamte Szenerie war nicht nur grotesk, sondern auch äußerst nervenaufreibend. Zwar war die junge Frau in Morgeria geboren und aufgewachsen und schon ein wenig in der Welt unterwegs gewesen, aber wirklicher Brutalität war sie bislang noch kaum gegenüber gestanden. Ja, auf ihren Reisewegen hatte sie nicht einmal jagen müssen!
Somit war sie nur äußerst selten mit blutenden Wunden konfrontiert gewesen und mit Waffen hatte sie erst recht nichts am Hut. Auch Wahnsinn hatte sie bislang nicht erleben müssen. Umso stolzer konnte sie im Prinzip sein, dass sie noch nicht die Flucht ergriffen hatte, sondern darum kämpfte, von Kazel noch gehört zu werden. Nur... lange würde auch sie das nicht mehr durchhalten, denn ihr Mut hatte seine Grenzen.
Das Lachen kratzte schon sehr stark daran. Da war es gut, dass Zissus reagierte und durch seinen Griff diesen irren Laut unterbrach, ehe sie sich die Ohren zuhalten und damit womöglich das labile Vertrauen zwischen sich und ihrem Liebsten stören würde.
Plötzlich war es vorbei und er starrte sie an auf eine durchdringende Weise, die ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Ihre Augen weiteten sich und sie konnte den Schrecken, der sie erfasste, kaum verbergen. Doch noch blieb sie...
Ja, konnte sogar klar genug denken, um seine Worte zu verstehen und zu beantworten, denn natürlich bezog sie diese Aussage auf sich und nicht auf den Pfauenmann. Langsam schüttelte sie den Kopf. "Das ist nicht er, das ist nur eine Hülle. Für ihn empfinde ich gar nichts." Was auch der Wahrheit entsprach.
Daraufhin gesellten sich weitere Personen zu ihnen, allen voran ausgerechnet jene hunzelige Alte, deren Gestank in jede Pore einzudringen und sie zu beschmutzen schien. Janays Magen begann zu rebellieren und zog einige Momente lang ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Wenngleich zum Glück nicht zu lange, denn sie musste sich zusammen reißen.
All ihren Mut sammelte sie zusammen und trat auf Kazel zu, schaffte es sogar, sich zu überwinden und sein Kinn zu fassen. Er ließ es zu, nach einer kurzen Gegenwehr, und endlich konnte sie ihre Botschaft überbringen. Die Reaktion darauf jedoch...
Die junge Frau fuhr zurück, als hätte sie sich verbrannt, und starrte ihn aus regelrecht tellergroßen Augen an. "Was?!", entfuhr es ihr keuchend. Allein die Vorstellung, sie könnte eine Waffe führen, ganz egal, wie groß diese wäre, und obendrein in einen Körper stoßen, sorgte dafür, dass ihr sämtliche Farbe aus dem Gesicht entwich. Ihre Finger begannen zu zittern und ihre Knie wurden weich.
Aber das war noch nicht alles. Umso schockierender war für ihn, was der Mischling im falschen Körper danach hinzufügte. "Wa... was meinst du damit...?", hauchte sie und spürte, wie ihr erneut die Tränen in die Augen stiegen. Plötzlich gesellte sich auch aufkeimende Wut zu der Angst und Verzweiflung, sodass sich ein immer explosiveres Gemisch in ihrem Inneren zusammenbraute.
Ein Vorbote davon war wohl in ihrer Mimik zu erkennen, denn diese wurde finsterer. "Was willst du damit sagen?! Wenn dieser Körper weg ist, wirst du leben! Bist du endlich wieder du!", wurde sie lauter und energischer, um mit einem kleinen, kicksenden Schluchzer abzubrechen. "Oder...?", wisperte sie und hatte das Gefühl, als würde sich die Welt um sie herum zu drehen beginnen bei der Erkenntnis, dass sie Kazel verloren hatte.
Dass er nie wieder so an ihrer Seite wäre, wie sie es sich gewünscht hätte, mit seinem eigenen Körper und endlich in einer Atmosphäre, in der sie sich tatsächlich kennen lernen könnten, ohne irgendwelche Probleme. Angst... nein, regelrechte Panik drohte sie zu erfassen und schickte als Vorbote eine schlagartige Leere in ihrem Inneren voraus, ehe die wahre Explosion käme.
In dieser Phase steckte sie noch, als ihr etwas vor die Nase gehalten wurde, das sie anfangs überhaupt nicht erfassen konnte, was das war und was sie damit tun sollte. Zwar bewegte sich ihre Hand wie von alleine und ihre Finger schlossen sich allmählich um den Griff. Wobei es sicherlich von Vorteil war, dass sie im Moment noch nicht verstand, wie ekelhaft das war, was ihre Haut nun berührte.
Stattdessen starrte sie auf ihre zierliche Faust. "A... aber... das Gerippe... es sagte... es sagte doch...", murmelte sie und als sie zurück zu Kazel sah, erkannte sie sein Gesicht nur schemenhaft, so sehr standen ihr die Tränen in den Augen.
"Du kommst zu mir..." Instinktiv legte sich ihre Hand auf ihren noch flachen Bauch und es war ihr gar nicht bewusst, dass sie bereits so viel Hoffnung in das Überleben des Würmchens setzte, trotz ihrer negativen Erfahrungen. "... zu uns zurück... oder...?"
Ihre Stimme wurde immer leiser und war auch so schon kaum zu verstehen, wenn nicht Zissus zur selben Zeit panisch reagiert und sie mühelos übertönt hätte. Er zog den Körper seines Herrn ein Stück weit von ihr weg, als hätte sie den Angriff bereits gestartet. Den sie ohnehin nicht wirklich ausführen könnte, sie war keine Kämpferin... und erst recht keine Mörderin! Während der Pfauenmann also noch um Aufschub bettelte, war sie wie gelähmt und spürte nicht einmal die salzige Flüssigkeit, die ihr die Wangen hinunter lief.
Bis der Dunkelelf vor ihr sich plötzlich aufbäumte und abrupt befreite. Damit nicht genug, bewegte er sich weiter und das auf eine derart seltsame, eckige Weise, als wäre er zu einer Marionette degradiert worden und würde fremdgesteuert werden.
Janay verstand das nicht, wusste schließlich kaum etwas von den inneren Kämpfen, die die ganze Zeit über geführt worden waren. Aber etwas in ihr schien zu spüren, dass das nicht natürlich war und sie das verhindern musste. "Nein!", schrie sie auf und sprang zu ihm, ihn aufzuhalten. Mit einem Haken, sie hielt noch immer das Messer in den Fingern und irgendwie schaffte sie das Kunststück, es unabsichtlich als Waffe einzusetzen, da sie in ihrer plötzlichen Eile über ihre eigenen Füße stolperte.
Sie spürte einen Treffer und erstarrte, wagte es kaum, den Blick zu senken, aus Angst vor dem, was sie angerichtet hätte. Nur langsam, zögerlich bewegten sich ihre Augen zu jener Stelle und sie musste schwer schlucken. Was hatte sie getan?!
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Beruf: Des Gevatters Geselle
Fähigkeiten: Dolche (durchschnittlich)
Adlerkrallen (rudimentär)
Zeitmanipulation
Flinkheit
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: gehäkelter Wollbeutel (blau)
Sademos' Amethyst-Ring (keine Fähigkeiten mehr)
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Donnerstag 9. Juni 2022, 21:33

Nebhasmhorachd tobte. Er warf seinen Madenkörper hin und her, dass die wulstigen Ringe wie ein fleischiger Rammbock gegen die Mauern prallten, die Kazels Verstand bildeten. Und jener war ohnehin bereits angekratzt. Der Mischling taumelte durch sein eigenes Selbst, konnte kaum noch unterscheiden, wo er anfing und Sademos aufhörte. Was war noch richtig, was falsch? Der Schmerz war ihm ein hilfreicher Stecken, mit dem er durch den pfuhligen Dreck waten konnte. Mehr noch aber half ihm das kleine Licht, das mit Tränen gefüllten Augen vor ihm stand und ihn anflehte, zu sich zurück zu finden. Janay. Sie zählte und nur sie in dieser wirren Welt, in die sich sein Geist immer mehr verstrickte.
DU VERRÄTER! DER PAKT MUSS ERFÜLLT WERDEN!
Der Pakt. Verräter. Janay hatte ihn auch einmal so genannt, weil er sie nicht als Mischling wahrgenommen hatte. Es hatte gedauert, bis Kazel sich dessen überhaupt bewusst geworden war. Bis er mehr in ihr gesehen hatte als die verführerische Versuchung, die ihn ins Wasser gelockt und umgarnt hatte, bis sie sich vereint hatten. Aber mit der Erkenntnis kam mehr als die anfängliche Lust. Kazel hatte sich verliebt und dass sie beide doch irgendwie Ausgestoßene in ihren Zwischenwelten aus Mischblut waren, hatte seine Gefühle nur noch gefestigt. Jetzt waren sie so ausgeprägt, dass sie für ihn zum rettenden Hoffnungsschimmer wurden, an den sein Verstand sich so verbissen klammerte.
Was kümmerte ihn schon der Pakt? Trotzdem ... das Bedürfnis, Sademos' Leib in den nächsten Raum und zum verdeckten Spiegel zu schleppen, war immer noch da. Es stach ihn, piesackte ihn und drohte, sich diesem Willen ohne Widerstand zu unterwerfen. Nebhasmhorachd drängte ebenfalls in die Richtung. In seiner Wut ließ der Dämon allerdings durchblicken, worum es ging: ICH HABE DIESES GEFÄSS FÜR DEN MEISTER AM LEBEN GEHALTEN! WIR HABEN IHN GEFÜTTERT BIS ES ... JETZT SOWEIT IST...
Kazel spürte die Präsenz des Meisters. Jede Silbe erinnerte an das grollige Atmen einer gigantischen Kreatur, die ihn beim Verschlingen nicht einmal wahrnehmen würde. Aber sein Timbre reichte aus, um Kazel einen Schauer über die Seele zu jagen. Seine Stimme, allgegenwärtig und durchdringend, atmete. Er atmete mit ihr und er spürte den Impuls, ihr zu folgen. Sein Fuß zuckte nach vorn, um einen Schritt zu tun. Trotzdem...
Wie wichtig war der Pakt für ihn, für Kazel selbst? Wichtiger als Janay? Er hob den Blick zu ihrem Gesicht. Seine Sicht wahr verschwommen, aber nicht von Tränen oder einer Trübung seiner Augen. Das Atmen des Meisters verdunkelte in regelmäßigen Abständen seine Wahrnehmung. Es lenkte ihn und versuchte, ihn nur sehen zu lassen, was er sehen sollte. Der Spiegel. Kazel glaubte, die Konturen des Gegenstandes durch die Wand schimmern zu sehen. Der Pakt. Er musste den Pakt erfüllen. Für Nebhasmhorachd. Für den Meister. Für ihn würde er das Gefäß ... für ihn. Nicht für Janay. Sie war nicht an dem Gefäß interessiert. Sie wollte es nicht. Sie wollte Sademos nicht. Sie wollte Kazel. Es war ihr gleich, ob der dunkelelfische Körper überlebte. Nur Nebhasmhorachd sträubte sich. Er hatte dieses boshafte Etwas, in das Kazel sich hüllte, am Leben gehalten. Demnach musste es sterben. Sademos musste sterben.
Klarheit durchflutete den Leib, vertrieb für einen Moment die wasserscheue Katze des Wahnsinns und erreichte endlich den Verstand der Mischlingsseele. Lang genug, um Janay den Auftrag zu erteilen. Kazel konnte dabei nicht nachdenken, was er von ihr verlangte und was es für sie bedeuten könnte. Mord. Schlimmer noch: Sie sollte nicht nur Sademos ermorden, sondern auch ihn, ihren Liebsten. Dieses Mal für immer...?
Kazel teilte ihr den Plan mit. Nein, er bat sie. Nein, er verlangte. Er wusste es nicht. Die Klarheit verschwamm wieder zwischen den dämonischen Impulsen, welche seine Sicht in blutrote Düsternis tauchte. Immer wieder ebbte Janays Gesicht ab, tauchte daraus wieder hervor. Er klammerte sich an ihren Anblick. Es war das Letzte, was er sehen wollte, bevor...
Schwere legte sich um seinen Körper. Zissus! Er hielt ihn fest. Kazel konnte sich dessen nicht erwehren. Dankbar war er nicht für die mangelnde Kraft. Er hatte den Körper geschwächt, weil er die Zeit verlangsamt und über vierhundert Morde begangen hatte. Vierzig Reihen mit jeweils zehn Frauen ohne Augen und ohne Gliedmaßen, aber schwanger und mit mehr Leid angefüllt als sein eigenes Herz ertragen konnte. Es hatte so viel Kraft gekostet. Genug, dass Sademos' Widerstand nicht erwähnt werden musste. Zissus konnte ihn aufhalten. Janay könnte ihn töten.
Nebhasmhorachd und Merserin hatten verloren. Kazel atmete im Geiste durch. Er bereitete sich auf das Ende vor. Auf ein hoffentlich gutes Ende. Ruhe kehrte ein. Er fühlte sich unsagbar ruhig und bereit, sein ohnehin wenig wertvolles Leben zu geben, um dieses Grauen enden zu lassen. Es fehlte nur noch ein Stich ins Herz oder ein Schlag, der den Kopf von den Schultern riss. Ein Genickbruch. Irgendetwas. Und danach...
"Was willst du damit sagen?! Wenn dieser Körper weg ist, wirst du leben! Bist du endlich wieder du! Oder...?"
Er war nicht in der Lage, den Kopf zu schütteln. Dieser fühlte sich so schwer an, so leicht und so fremd. Er wusste gerade nicht, wie man es anstellen musste. Er sprach nur zu ihr. Tat er es wirklich oder waren die Worte nur in seinem Kopf? Für den Dämonenwurm?
Nein. Ich werde sterben. Alles muss sterben und es wird geschehen. "Nein. Ich werde ... sterben .... alles ... muss ... und wird geschehen ... Du musst es tun. Jetzt, Janay. Töte. Du musst ... ich kann ... nicht..."
Janay konnte ebenfalls nicht. Wie sollte sie es auch tun? Kuralla kam ihr zu Hilfe. Sie reichte ihr eine Klinge. Kazel sah es nicht. Wenn er überhaupt noch mehr als blutige Schemen erkannte, so waren es Janays Konturen. Sie leuchteten aus der Finsternis heraus, immer wieder. Eine kleine Flamme, die seiner Seele Hoffnung und Frieden schenkte und deshalb nicht verlöschen würde. So sehr der Wurm auch versuchte, sie mit seinem Gewicht platt zu drücken und zu ersticken, ein winziger Funken blieb immer zurück und entfachte die Glut, die Kazels Herz erwärmte, um es zum Schlagen zu bringen. Ein Herz, das nur in seiner Seele noch existierte. Das echte Herz stand still, wie der Rest von ihm. Es wartete auf seine Rückkehr. Er würde zurückkehren, sobald Sademos tot wäre. Er würde es tun ... für ein Körnchen Zeit. Dann wäre es vorbei.
Hatte er sich fallen lassen? Irgendetwas zog ihn zurück. Aber die Beine wollten doch nach vorn, zum Spiegel. Den Pakt erfüllen. Er spürte Wärme, dicht an seinem Hals. Sanfter Atem streichelte die Haut dort. Ein so gutes Gefühl. Er würde es vermissen, ganz gleich, von wem es kam. Am meisten würde es ihm von Janay fehlen, denn mit ihr war er auch emotional fester verwoben als mit jedem anderen auf Celcia. Aber Sademos' Körper machte das gleiche mit Zissus durch. Er reagierte. Dagegen konnte auch der Wurm nichts tun. Sademos' Erinnerungen ... Kazel hatte keinen Zugriff mehr darauf, aber sie waren noch existent. Solange der Leib noch existent war, liebte er in seinen Fasern auch weiterhin den Pfauenelfen.
"... liebt..." Mehr brachte Kazel nicht hervor. Er wollte doch verkünden, wie sehr Sademos ihn noch liebte. Dass es wohl das einzig Positive an dieser abgrundtief hassenswerten Kreatur wäre! Das Einzige, was man ihm zugute sprechen konnte: Dass er irgendwann in seinem nicht enden wollenden Leben tatsächlich einmal Liebe entdeckt hatte. Und verwahrt. Auch Zissus würde diese Liebe nun verwahren müssen. Er musste Abschied nehmen.
Er muss sterben. Alles ... "... muss ... sterben... Er muss. Ich ... muss..."
"A... aber... das Gerippe... es sagte... es sagte doch... Du kommst zu mir..." Janays Stimme wurde immer leiser. Versagten ihm die dunkelelfischen Spitzohren? Zu ihr kommen? Zu ihr kommen. Nein. Zu ihm. Zum Spiegel.
Es! ist! soweit!
Nebhasmhorachd hatte nur darauf gewartet. Sein Meister wartete und langsam nagte es an seiner Geduld. Das Drängen stürmte auf Kazels Mauern ein und endlich wurden sie durchbrochen. Er schrie auf, weil es schmerzte. Zugleich fühlte er es nicht. Es war nur eine Wucht, die Sademos' Leib Kraft verlieh. Er sprengte Zissus von sich. Brach er ihm dabei die Arme? Er drängte nach vorn. Er sah Janay. Nein, nicht sie. Sie würde er nicht zersprengen.
Obgleich Nebhasmhorachd den Körper in Besitz nahm und nun lenkte, gelang es Kazel irgendwie - er wusste selbst nicht, wie er es anstellte - einen halben Schritt zur Seite zu wanken. So stürmte er Kazel in seinen zackigen, unnatürlichen Bewegungen nicht um. Er schwankte und taumelte an ihr vorbei. Es sah reichlich bizarr aus. Kein Schritt wirkte lebendig. Alles sah hölzern aus wie bei einer Puppe, deren Gelenke man schlecht miteinander verbunden hatte und nun mit Gewalt versuchte, sie Schritte gehen zu lassen. Er hatte Zissus nicht zerbrochen. Er würde seine Beine zerbrechen! Und dann würde er mit den Armen nach vorn schlurfen. Zum Spiegel.
Zum Spiegel.
Zum Spiegel.
Zu Merserin.
Ich komme und bringe euch euer Gefäß, Meister! Bin gleich da. ...Bitte nehmt ihn von mir!
NEIN! "NEIN! Töten ... tötet ... es!"
Kazel hatte die Kontrolle über den Körper verloren. Er wusste, er würde sie auch nicht mehr zurückgewinnen. Es war zu spät. Er konnte nur noch versuchen, sich bemerkbar zu machen. Und er konnte nur darauf hoffen, dass irgendjemand ihn aufhielt. Sie mussten es tun. Janay, Zissus, wer auch immer. Ein Stück der Decke, das auf Sademos krachte. Alles war ihm recht, solange es aufgehalten würde. Es, das Monster. Er, das Monster. Sie beide. Für immer.
Nebhasmhorachd. Aufhalten. Nebhasmhorachd. Unsterblichkeit.
Unsterblich, aber nicht unverwundbar. Was wohl mit ihm geschähe, wenn sein Gefäß und die Ersatzseele tot wären?
"Tötet ... ALLES!" Kazel keuchte. Der Körper brannte, weil Nebhasmhorachd sämtliche Muskeln überstrapazierte, um ihn endlich zum Spiegel und somit zu seinem Meister zu bewegen. Schrie Kazel? Schrie er mit Sademos' Stimme? Er wusste es nicht. Er konnte nichts mehr hören. Alles rauschte in seinem Kopf. Alles außer dem leisen Glühen, das sich nun auch ohne Worte tief in seine Seele brennen wollte. Er würde zu ihm kommen. Er würde sich ihm darbieten. Für den Meister.
"Nein!"
Er hörte Janay nicht mehr. Er nahm nur irgendetwas wahr, das nicht der Meister war. Neugier keimte auf. Neugier, die nicht dem Meister gehörte. War es seine? War er überhaupt noch ... er? Bald nicht mehr. Es würde enden. Es war soweit. Er würde ...
Ein stechender Schmerz durchflutete ihn, schickte Blitze aus, die jenseits von Sademos sogar etwas Anderes erreichten. Jemand Anderen. Die Klinge, mit der Janay gegen den Dunkelelfen gestolpert war, trieb sich tief in dessen Fleisch. Sie durchtrennte Gewebe, als sie sich durch makellose, schöne, schwarze Haut trieb. Aber die Erinnerung an ihre Position gehörte einer anderen Seele. Eine, die in ihrem Leben mit viel Schmerz an dieser Stelle Erfahrung gemacht hatte. So sehr, dass es sich in ihm verfestigt hatte wie die Liebe zu Zissus in Sademos' Körperfasern. Kazel erinnerte sich ... an den Schmerz. An die peinigenden Peitschenhiebe, die ihm die Haut auf dem Rücken über Monate hinweg immer wieder gespalten hatten, dass sie ihm in Fetzen vom Leib hing wie alte, blutige Lumpen. Er erinnerte sich an das Brennen, wenn er sich auf dem Steinbroden in der Hoffnung drehte, die Kühle am Rücken spüren zu können und dann in seinem eigenen Urin hatte liegen müssen. Es brannte. Es entzündete sich, schmerzte noch mehr und schlug fortan bei den Peitschenhieben nicht nur Haut von ihm, sondern auch Eiter. All diese Tortur war verwantortlich für das Blitzgewitter aus Narben auf seinem Rücken. Ja, seinem. Von seinem Körper. Seine Erinnerungen, die mit dem Eindringen von Kurallas Dolch in Sademos Leib nun weckten, was gar nicht da sein dürfte. Es waren Kazels Erinnerungen um das Wissen, dass ihn Verletzungen auf dem vernarbten Gewebe besondere Pein bereiteten. Man sollte meinen, dass sich dort alles taub anfühlen musste, verhärtet und er somit bewegungsloser wäre, aber vielmehr schienen die Narben nur eine dünne Schicht zwischen ihm und der Außenwelt gebildet zu haben. Es schmerzte immer und jetzt besonders ... weil er sich erinnerte.
"AAAAARRRRHHHHH!" Kazel schrie auf. Die Erinnerung zerriss ihn. Es geschah wieder. Er war ja wieder in Morgeria. Seine Tante. Er hatte sie gesehen. Sie hatte Sademos gegenüber gestanden, aber plötzlich war Kazel davon überzeugt, dass sie genau wusste, wer dahinter steckte. Und nun bestrafte sie ihn dafür. In seinem Wahn nahm der Dolch in seinem Rücken die Form einer Peitsche an. Er glaubte, der pulsierende Schmerz wandelte sich in knallende Peitschenhiebe. Er spürte jeden einzelnen davon. Er zählte die Narbenblitze, die mit blutigen Spritzern erneut aufrissen. Der Schmerz breitete sich von der Dolchwunde über Sademos' gesamten Rücken aus. Sie legte sich wie ein Film über ihn. Sie nahm ihn gänzlich ein. Mehr noch als es ein Dämon konnte.
Kazel kreischte. Er schrie sich die Seele aus dem Leib. Oh, wenn das nur möglich wäre. Aber er schrie nur Sademos' Stimmbänder heiser und er stahl ihm jegliche Kraft, die den Leib noch auf den Beinen hielt. Der Sammler klappte zusammen. Der Spiegel ... weit fort. Zwischen den Schreien lachte Kazel auf. Nicht im Wahn, sondern voller Glück. Schmerzendem, peinigendem Glück. Er würde es nicht schaffen. Er würde den Spiegel nicht erreichen.
Wir sterben. Hahahahaha! WIR STERBEN, DU DRECKIGER BASTARD! Dass er sich bereits auf der Schwelle befand, seine letzten Körnchen Zeit zu nutzen, spürte er nicht mehr. Er dachte nur noch an den Segen, es doch noch geschafft zu haben. Sademos würde sterben. Nebhasmhorachd würde sterben. Merserin würde sterben. Kazel ... starb.
Eine Sekunde brauchte er. Ein tiefes Ein- und Ausatmen, plötzlich war er wieder in seinem eigenen Körper. Er hatte Janays Wunsch erfüllt. Er war zurückgekommen. Er war wieder in sich selbst zurückgekehrt. Oder bildete er es sich nur ein? Wo war sein Körper? Schwebte er noch immer oder stürzte er schon zu Boden? Kazel blieb nur eine weitere Sekunde. Er würde den Aufprall nicht mehr erleben. Er würde seinen letzten Rest Zeit vorher verbraucht haben. Konnte er seine eigene Zeit beeinflussen? Konnte er sein eigenes Stundenglas noch verlangsamen, indem er opferte, was er verlangsamte? Nein. Er besaß kein Stundenglas mehr. Er besaß auch keinen Lebenssand mehr. Er besaß nicht einmal mehr eine Sekunde. Es blieb nur noch Zeit für fünf Silben. Ne-bhas-mho-rachd. Vier. Aber er wollte sie gar nicht aussprechen. Er wollte den Wurm nicht in seinen Körper holen und ihm mit seinem Tod den Weg in des Gevatters Reich öffnen. Und der Meister? Mer-se-rin. Drei Silben. Nein. Sicher würde er ihn nicht nennen. Er würde ihn nicht aus dem Spiegel holen, um ihn in ein Reich zu führen, in dem die Zeit den Tod besiegen könnte.
Fünf Silben. Was war noch wichtig, das er mitteilen musste? Und würde es gehört werden? Wer war ihm noch wichtig?
"Ver-brennt ... ihn .... Ja-nay..." Ich liebe dich. Vergiss mich nicht.
Zu viele Silben. Was hatte er zuletzt gesagt? Seine letzte Spur von Wahrnehmung trübte sich. Der Schmerz ließ langsam nach oder konnte er ihn einfach nicht mehr empfinden? Was konnte er noch? Sterben. Ja. Genau das. Ein letztes Mal.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Gevatter Tod » Freitag 10. Juni 2022, 12:54

„SCHEISSE, DAS WAR KNAPP!“
Neben ihm räusperte sich eine leise weibliche Stimme und er winkte ab. Es kam Bewegung an den Sandstrand der Zeit. Nicht nur das fahle Gerippe hatte gebannt vor dem Wasserspiegel des Seelenflusses gesessen. Weitere Gestalten erhoben sich aus Stühlen, Sesseln oder vom Boden, stellten ihre Knabbereien und Getränke beiseite.
„Na dann... Ich muss gleich los.“
Der Flussspiegel sank auf einen Fingerzeig des Todes in sich zusammen und die merkwürdige Gesellschaft strebte auseinander. Ein extrem breiter Zwerg winkte dem Kuttenträger zu und ließ einen kleinen Beutel fallen. Vermutlich ein Wetteinsatz? Ein atemberaubend schöner Mann mit lichtblondem Haar verabschiedete sich mit einem strahlenden Lächeln, eine dunkelhaarige Schönheit löste sich in Schattenschleiern auf und ein Paar, dass sich an den Händen hielt schlenderte mit einem Kind im Arm davon. Im Hintergrund versank eine düstere Gestalt in einer Pfütze aus Blut und zurück blieb noch ein Säckchen. Ein Eichhörnchen und ein Tiger machten sich von dannen und sogar ein uralter Wurm vergrub sich wieder im tiefen Sand, bis alles wieder still war. Zurück blieb der Gevatter. Er bückte sich zu dem Säckchen, dass der handwerklich begabte Zwerg zurück gelassen hatte und schaute hinein.
„Danke, … ist wirklich gut gelungen.“
Dann ging er zu dem anderen Säckchen und hob es auf.
„Na wenigstens, bezahlt er seine Schulden. Das waren dann die letzten Komponenten...“
Die beiden Beutel wurden zusammen gepresst, verbanden sich zu einem und verschwand dann unsichtbar zwischen den Fingerknochen.
„Na dann...“

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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Freitag 10. Juni 2022, 12:56

Janay riss es von den Füßen! Wie immer stolperte sie durchs Leben. Dabei hielt sie noch immer das Messer in den Fingern und irgendwie schaffte sie das Kunststück, es unabsichtlich als Waffe einzusetzen. Sie spürte einen Treffer und erstarrte, wagte es kaum, den Blick zu senken, aus Angst vor dem, was sie angerichtet hätte. Nur langsam, zögerlich bewegten sich ihre Augen zu jener Stelle und sie musste schwer schlucken. Was hatte sie getan?! Der klebrige Griff des kleinen Dolches ragte aus Sademos Rücken und die hässliche, kleine, verrostete, oder von etwas anderem bräunlich verkrustete Schneide, war vollständig in seinem Körper versunken, so wie nun in sie die Erkenntnis einsickerte. Sie hatte ihn umgebracht!



Kazel durchflutete Schmerz, schickte Blitze aus, die jenseits von Sademos sogar etwas Anderes in ihm erreichten. Die Klinge, mit der Janay gegen den Dunkelelfen gestolpert war, trieb sich tief in dessen Fleisch. Sie durchtrennte Gewebe, als sie sich durch makellose, schöne, schwarze Haut trieb. Aber die Erinnerung an ihre Position gehörte einer anderen Seele. Kazel erinnerte sich ... an den Schmerz! Es war wie eine Erleichterung! DAS WAR ER! Unter all dem falschen Fleisch hatte Janay genau den richtigen Punkt getroffen um ihren Liebsten vor der Verdammnis zu retten. Die Erinnerung an diesen alles überdeckenden Schmerz spaltete Kazel von Sademos Empfindungen und gab ihm seine eigene kleine Blase zum Denken innerhalb dieses wütenden und brodelnden Chaos. Er erinnerte sich an die peinigenden Peitschenhiebe, die ihm die Haut auf dem Rücken über Monate hinweg immer wieder gespalten hatten, dass sie ihm in Fetzen vom Leib hing wie alte, blutige Lumpen. Er erinnerte sich an das Brennen, wenn er sich auf dem Steinbroden in der Hoffnung drehte, die Kühle am Rücken spüren zu können und dann in seinem eigenen Urin hatte liegen müssen. Es brannte. Es entzündete sich, schmerzte noch mehr und schlug fortan bei den Peitschenhieben nicht nur Haut von ihm, sondern auch Eiter. All diese Tortur war verantwortlich für das Blitzgewitter aus Narben auf seinem Rücken. Ja, seinem. Von seinem Körper. Es waren SEINE Erinnerungen, die mit dem Eindringen von Kurallas Dolch in Sademos Leib nun weckten, was gar nicht da sein dürfte! ER wurde ER selbst, weil er litt, weil er sich an seinen ursprünglichsten Moment erinnerte.
"AAAAARRRRHHHHH!"
Kazel schrie auf und für alle deutlich hörbar, hallte da eine weitere, nein sogar zwei weitere Stimmen aus seiner Kehle. Sademos Stimmbänder hielten den Frequenzen kaum stand, aber es klang, als würde Kazels Stimme aus ihm heraus brechen und gleichzeitig schrie da auch noch etwas anderes! Es klang wie aus einer anderen Dimension, ein Dämon, der frustriert erkannte, dass er seinen Auftrag nicht beenden würde können.
AAAAARRRRHHHHH!
Sie schrien sich die Seele aus dem Leib und das kam der Wahrheit schon sehr nahe. Kazel war fast da, aber noch nicht ganz. Zwischen den Schreien lachte Kazel auf und das Lachen war ganz und gar das seine. Nicht im Wahn, sondern voller Glück. Schmerzendem, peinigendem Glück. Er würde es nicht schaffen. Er würde den Spiegel nicht erreichen.
Wir sterben. Hahahahaha! WIR STERBEN, DU DRECKIGER BASTARD!
Dass er sich bereits auf der Schwelle befand, seine letzten Körnchen Zeit zu nutzen, spürte er nicht mehr. Er dachte nur noch an den Segen, es doch noch geschafft zu haben. Sademos würde sterben. Nebhasmhorachd würde sterben. Kazel ... starb.
Eine Sekunde brauchte er zum sterben.
Ein tiefes Ein- und Ausatmen, plötzlich war er wieder in seinem eigenen Körper. Er hatte Janays Wunsch erfüllt. Er war zurückgekommen. Er war wieder in sich selbst zurückgekehrt. Er spürte das vertraute schwere Gefühl seiner eigenen Grenzen, jede alte Narbe, das Zucken seiner Muskeln, da sie schmerzten. Er schwebte, ...
Er besaß kein Stundenglas mehr. Er besaß auch keinen Lebenssand mehr, keine Kontrolle über die Zeit. Es blieb nur noch Zeit für maximal fünf Silben.
"Ver-brennt ... ihn .... Ja-nay..."
Ich liebe dich. Vergiss mich nicht.
Zu viele Silben. Was hatte er zuletzt gesagt? Seine letzte Spur von Wahrnehmung trübte sich. Der Schmerz ließ langsam nach oder konnte er ihn einfach nicht mehr empfinden? Was konnte er noch? Sterben. Ja. Genau das. Ein letztes Mal.
Sterben!



Janay lag halb auf einem Bein des nieder gestreckten Sammlers und hatte noch die Hand am Dolch. Eine Sekunde konnte lang sein, aber war auch viel zu wenig um irgendetwas zu tun. Aber ihre Wahrnehmung dehnte sich aus. Sademos Leib hatte geschrien, wie sie es noch nie zuvor gehört hatte und ihre Verstand wollte es auch nicht begreifen! Die Wahrnehmung eines Individuums war darauf geschult, eine Person auch als eins anzusehen, aber das hier war... surreal! Ihre Gehirnwindung krampften sich um die Erkenntnis, dass sie jemanden getötet hatte! Und nicht nur irgendwen! Sie hatte Sademos umgebracht! Und ihren Liebsten Kazel! Aber dann hatte sich der Schrei verändert und sie hatte Kazel zwischen diesen anderen Frequenzen lachen hören...glücklich!
Hatten sie es geschafft?
War es endlich vorbei?
Das etwas hier geendet hatte, ein Leben, eine Geschichte, eine Legende..., das war klar, aber... wie ging es weiter? Janays Augen konnten kaum etwas klar erkennen, denn sie schwammen vor Tränen des Entsetzen. Sie war gerade zur wichtigsten Mörderin der Welt geworden, ohne es zu ahnen. Vielleicht wurde sie auch niemals ganz verstehen, was hier vor sich ging, aber DAS sie ein wichtiger Teil davon war, das konnte sie tief in sich spüren! Wie kleine Zahnräder griffen die einzelnen Episoden ihrer beider Geschichten ineinander und hatten sie beide an diesen Punkt geführt. Puzzleteile fügten sich zusammen und ergaben ein Bild...
...ein Bild, dass sie vor sich sah. Hatte sie eine prophetische Ader von ihrer Mutter geerbt? Gewiss. Auch wenn sie nicht gelernt hatte diese zu nutzen oder sie überhaupt wahrzunehmen, war alles so gekommen, wie es hatte kommen müssen! Visionen waren immer schwer zu deuten und ihr Liebster war in dieser fremdartigen Hülle mit einer Maske vor dem Gesicht gestorben. Es mochte manchmal den Eindruck haben, dass sie nicht viel mitbekam, auch nicht richtig zuhörte oder durchs Leben stolperte. Aber dieses Opfer hatte SIE vollbracht. Sie war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und hatte das richtige getan.
...egal wie sehr diese Erkenntnis schmerzte!...
Dann nahmen ihren Elfenohren Kazels Stimme wahr:
"Ver-brennt ... ihn .... Ja-nay..."



„Na endlich!“
Etwas riss Kazel an seinem sehr realen Kragen hoch und stellte ihn auf seine wackligen Beine. Dann schloss sich auch schon eine knochige Hand um Kazels Schulter. Er wurde seitlich an die leise knarrenden Rippen des Todes gedrückt. Nein, das war nicht das Totenreich! Kein Sand unter den Füßen! Es ging ein paar Schritte durch das Arbeitszimmer des Sammlers in den benachbarten Raum wo der Tod wie immer lipplos grinsend, auf Sademos Leib hinunter starrte.
„Wurde ja auch Zeit.“
Kazel sah sich genauer um und erkannte an den still stehenden Kerzenflammen, an den regungslosen Gestalten hier und da, dass der Tod die Zeit angehalten hatte und das in einer Perfektion, dass er hier wohl Jahrhunderte verbringen könnte. Als sein Lehrling spürte er es einfach und was einerseits erst einmal beruhigend war und einem den Druck nahm, war gleichzeitig auch extrem gruselig. Was wenn der Gevatter ihn nun hier ließ? So gefangen im ewigen Moment seines Todes? Ohne Zeit, ohne Stundenglas, ohne Möglichkeit je wieder mit Janay zu sprechen, oder ihr zu sagen, wie sehr er sie liebte?! Hatte er die Chance verpasst? Fünf Silben maximal, aber vier hätten es auch getan und die letzte hätte die Intension nur noch unterstrichen wie das Ausrufezeichen am Ende eines Satzes es tat! Er und Janay waren schon ein seltsames Paar, aber darin passten sie perfekt zueinander. Seine letzten Worte waren eine Anweisung gewesen.
„Nun schau nicht so bedrüppelt. Hat zwar etwas gedauert, aber letztendlich hast du meinen Auftrag doch erfüllt.“
Der Tot kratzte sich an seiner hohlen Nase, hatte gerade keine tiefer gehende Empathie für den Frischverstorbenen übrig und klopfte ihm auf die Schulter. Seine Aufmerksamkeit lag eher bei dem Leichnam.
„Der Mistkerl ist jetzt endlich richtig tot. Hat sich wirklich lange meinem Zugriff entzogen. Aber ein kleines Problem haben wir noch.“
Er wies auf Sademos Leib, der trotz der Zeit-starre plötzlich heftig zuckte. Etwas wölbte sich unter seinem Rücken, kroch unter seiner Haut entlang und drückte den Dolch aus seiner Verletzung.
„Na na! So nicht!“
Der Gevatter machte zwei schnelle Schritte, stellte einen Fuß auf das stumpfe Ende des Messers und drückte so die Klinge wieder in den Leib hinein.
„Da ist noch ein ungebetener Gast, der leider nicht sterben kann.“
Er sah Kazel an und deutete mit dem Finger auf ihn.
„Dir ist klar, dass wir den jetzt an der Backe haben, oder?!“
Dann trat er noch einmal kräftiger nach, damit der Dolch auch stecken blieb wo er war.
„Gibt zwei Möglichkeiten. ...Na ja, eigentlich nur eine. Die erste wäre, ich nehme ihn mit zu mir und du fütterst ihn dafür zwei mal täglich mit deiner Zeit, gehst mit ihm Gassi und kümmerst dich um ihn, dass er nirgendwo Häufchen hinterlässt. Wir könnten ihn als eine Art Haustier ansehen... vielleicht lässt er sich ja sogar erziehen?“
Er sah Kazel grinsend an. Der Tod hatte manchmal ein Art Humor, die nur er verstand. Die Vorstellung einen Zeit-fressenden Dämon an seinem Sandstrand auszusetzen, war schlichter Wahnsinn, aber damit kannte sich Kazel ja nun aus. Dann schüttelte der bekuttete den Kopf.
„Nein. Es darf an diesem Stand nur einen einzigen Wurm geben und das ist nicht dieser Dämon!“
Vielleicht verstand Kazel den Gevatter nicht mal. Sein Hinweis war zu subtil und auch gewiss verwirrend gewesen – ein echter Insider. Wer kannte auch schon alle Götter Celcias?!
Der Tod hob seine Hand und wies unter sich auf Sademos zuckenden Leib.
„Ooooder du kehrst in deinen Körper zurück, bindest diesen Störenfried an Sademos Leib und schickst ihn wieder zu sich nach Hause, wo er eigentlich hin gehört. Dafür brauchst du wohl die Hilfe des Vogels und ...wo ist eigentlich dieses Buch abgeblieben?“
Er sah sich suchend um. Vermutlich hatte Janay es irgendwann einfach irgendwo fallen lassen, als sich die Ereignisse zu überschlagen begonnen hatten.
„Wenn sie ihn jetzt einfach nur verbrennen, wird es passieren, dass er sich einen neuen Wirt sucht und das wollen wir doch nicht. Später verbrennen, wenn der da weg ist.“
Der Tod sah von Sademos zu Janay...nein ...zu ihrem Bauch! Dort wohnte zur Zeit die kleinste, aber auch reinste Seele, die ein leichtes Opfer darstellen konnte, sollte der Wurm entwischen. Kazels Kind hatte den meisten Zeitensand und wäre ein gefundenes Fressen für den Dämon.
„Also schlage ich vor...“
Er zog aus dem Raum zwischen seinen Fingern jenen Beutel, den er zuvor in seinen Gefilden geformt hatte und hielt ihn Kazel hin.
„...du nimmst das hier und versuchst mal eine Weile nicht zu sterben. Ich will meinen Strand mal wieder für mich und in letzter Zeit tummeln sich da viel zu viele Gestalten! Versteh mich nicht falsch, aber ich brauch auch mal meine Ruhe!“
Kazel hatte den Beutel ergriffen und dieser löste sich sofort in seinen Händen auf. Darunter kam eine Sanduhr zum Vorschein!!! Aber was für eine?!
Der Standboden war nicht ganz rund, so wie er es kannte, sondern hatte eine achteckige metallisch wirkende Bodenplatte. Das Metall erinnerte... an gepressten, gehämmerten Mondstaub? Wie kam er nur darauf?! Das Glas war leicht geädert und winzige krickelige Risse durchzogen die dicke Oberfläche, die dadurch aber nicht weniger stabil anmutete. Man konnte dadurch nicht ganz so gut das Innere an allen Stellen erkennen, aber was man darin sah, war auch erstaunlich. Auf der einen Seite des Kelches zuckten winzige Blitze über den schwarzen Sand und auf der anderen Seite ...nein oder?...bewegte sich der Sand, als würde dort ein Wurm wohnen. Das war wieder typisch schwarzer Humor, oder?! An der Oberfläche des Glases war kein einziger Riss zu spüren, fuhr Kazel mit dem Finger darüber. Das war nicht brüchig! Ganz im Gegenteil, dieses Ding wirkte sehr robust! Auf der einen Unterseite war eine schwarze, auf der Anderen eine goldene Sonne und die Verbindungsstränge, die wie kleine Säulen alles zusammen hielten waren hier und da mit kleinen bildhaften Ornamenten verziert. Einhörner, Hirsche, Tigeraugen und Eicheln verzierten das Kunstwerk. Sogar ein buntes geflochtenes Band wand sich um eine der Streben.
Diese Sanduhr sah doch 'etwas' anders aus, als seine alte. Sie wirkte irgendwie alt und gebraucht, war aber nicht minder wertvoll! Kazel erhielt hier eine zweite Chance! Das hier war kein Spiel mit der Zeit, keine geliehene Magie, die ihn vor dem Sterben bewahrte ...das hier war ECHT! Kazel hatte seine Sanduhr zerbrochen, sein Leben gegeben und hielt ein neues in den Händen. Sand gab es viel, den man hin und her schieben konnte, aber eine Sanduhr gab es immer nur eine für jede Seele. Das Kribbeln, dass von dem hoch göttlichen Gegenstand ausging, übertrug sich bereits auf seinen ganzen Körper und erweckte ihn zum LEBEN! Der mit Runen verzierte Standboden begann bereits in seine Handfläche einzusinken, als Tod noch einmal seine Knochenhand auf Kazels Schulter legte und feierlich seine durch die Zeit hallende Stimme erhob:
„Du hast mich sehr stolz gemacht! ...ICH ERHEBE DICH VOM LEHRLING ZUM GESELLEN!“
, dann lächelte er breit und klopfte ihm den Rücken. Kazel kannte das schon, aber es war jedes Mal immer etwas unangenehm, zurück in den Fluss der Zeit gestoßen zu werden. Ein Ruck ging durch ihn und alles kam wieder in Bewegung. Die Sanduhr in seiner Hand war verschwunden, aber er spürte, dass sie da war.
Dann schlug er auf dem Boden auf.



RUMS!
Etwas krachte im Arbeitszimmer und alle Köpfe drehten sich in die Richtung des Lärms. Auch Janay hatte es gehört. Ein Stöhnen und leichte rumpelnde Laute folgten, als Kazel wieder auf die Beine kam. Der 'Geselle des Todes', wie man ihn nun nennen konnte, war etwas unsanft in seinem neuen Leben gelandet. Sofort griff eine kleine Hand nach ihm und drückte ihn nach oben. Nessaja hatte anscheinend genau hier auf ihn gewartet. Die Schildkröten-Hybridin lächelt ihn wissend an.
„Willkommen zurück.“
Da schaute auch schon der Kopf eines verschlafenden Bären zwischen zwei Regalen hervor. Anscheinend hatte sich Kodiak dort für ein Nickerchen hingelegt. Die runzligen Knopfaugen der uralten Kröte neben ihm musterten Kazel und sie fragte:
„Ich glaube, mein Weg ist hier zu Ende. Ich weis tatsächlich nicht, wie es jetzt weiter geht. Ich habe mein ganzes Leben lang immer nur bis zu diesem Punkt gesehen. Erstaunlich! …Was hast du jetzt vor?“



Im Nebenraum, dem blauen Salon des Anwesens begann es ebenfalls sich wieder zu regen, bzw. hatte ja nie aufgehört. Janay war gestürzt, hatte Sademos erdolcht und dann rumpelte es schon im Arbeitszimmer nebenan. Schlange sprang vom thronartigen Sessel des Sammlers auf und lief auf die Zwischentür zu, zischte Kazels Namen als er ihn dort quicklebendig stehen sah, während Vranyk und Dry’ol den gefallenen Hausherren anstarrten. Zissus kam schluchzend näher und kniete sich neben Sademos und war gerade nicht ansprechbar. Kuralla und Hopp standen auf dem Flur und spähten neugierig in den Raum. Hopp stand beim Anblick des Pfauenmannes ebenfalls die Tränen in den Augen und die stinkende Goblinoma hatte anscheinend irgendwo das Buch gefunden. Ihre kurzen Arme umklammerten es und sie starrte mit großen Augen den Leichnam des Sammlers an. Ein paar Sekunden war alles still, dann rief sie laut:
„... HIMMEL! Hätte nie gedacht, dass ich mich mal so freuen würde, jemand tot zu sehen!“
Sie klopfte begeistert auf den Buchrücken und tänzelte sogar einmal um die eigene Achse. Das nahm dann auch Zissus wahr und starrte sie finster an. Vielleicht war das gerade nicht der beste Zeitpunkt für ein Freudentänzchen. Der Pfauenmann trauerte um seine Liebe. Auch er wusste, dass Sademos Seele eigentlich schon lange fort war, aber ihn jetzt so da liegen zu sehen, hatte nun mal etwas endgültiges. Er zog den Dolch aus seinem Rücken, drehte ihn um, schloss seinem Liebsten mit zwei Küssen auf die Lider die Augen und atmete tief durch.
„Janay?...“
Er sah ihr tief in die Augen. Sie hatten ihre Liebe geteilt und er wirkte erschöpft. Der Mann hier vor ihr, der brauchte jetzt eine Pause. Aber war es schon soweit? Konnten sie durchatmen? Irgendetwas kribbelte in ihrem Nacken. Es war wie das Gefühl, das sie überwältigt hatte, kurz bevor sie von einem Tagtraum, einer Vision bekommen hatte...
Aber das schlimmste war wohl überstanden.
Jetzt begannen sozusagen die Aufräumarbeiten.
Oder kam da noch etwas?
Janay spürte die Aura einer nahenden Ohnmacht. Das war sicher alles ein bisschen viel für sie gewesen, aber durfte sie jetzt einfach das Bewusstsein verlieren und ...träumen? Irgendetwas fühlte sich daran gefährlich an.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Freitag 10. Juni 2022, 14:04

Während in dem Körper des Sammlers ein wahrer Machtkampf tobte, war auch ihr Innerstes aufgewühlt wie noch nie. All das waren Dinge, die sie niemals auch nur zu träumen gewagt hatte. Und das nicht gerade auf die positive Art und Weise! Dennoch war es die Realität und sie hatte keine Möglichkeit, davor wegzulaufen.
Sie könnte flüchten und ihren Liebsten im Stich lassen, worauf es früher oder später hinaus zu laufen drohte, wenn das hier so weiter ging. Ja, aber am Ende würde es das Ganze für sie keineswegs besser machen. Also blieb sie... noch und hatte es tatsächlich geschafft, die Botschaft des Todes zu überbringen, ehe sie ihr gänzlich entfallen wäre.
Die Reaktion jedoch fiel auf eine Art und Weise aus, die schlichtweg zu viel für sie war. Panik drohte sie zu erfassen. Allein bei dem Gedanken daran, Kazel etwas anzutun, wurde ihr speiübel. Gepaart mit dem plötzlichen, durchdringenden, reellen Gestank kam es einem Wunder gleich, dass sie sich nicht tatsächlich auch übergab. Ihr Magen war ohnehin empfindlicher geworden und rumorte bereits.
Zugleich fühlte sie sich einige Momente lang komplett leer, als sich die Ruhe vor dem Sturm in ihr ausbreitete. In diese hinein wurde ihr die Klinge gedrückt, die noch verhängnisvoll werden würde. Janays Denken lief auf absoluter Sparflamme und so begriff sie nicht wirklich, was da in ihrer Hand lag.
Was sicherlich von Vorteil war, schließlich hätte der Anblick und das klebrige Gefühl sonst ihrem Magen noch viel mehr zugesetzt. Sehen konnte sie auch kaum noch etwas durch den Tränenschleier, der sich in ihren Augen gesammelt hatte, bereit, überzulaufen und ihre Wangen zu nässen.
Bis plötzlich der Dunkelelf sich aus dem Griff seines ehemaligen Liebhabers abrupt befreite und auf eine Art und Weise an ihr vorbei taumelte, dass selbst bis zu ihr durchdrang, dass da etwas nicht stimmen konnte. Mit einem Ausruf der Verzweiflung stürzte sie sich auf ihn, wollte ihn lediglich aufhalten und eine Lösung von ihm, die nicht beinhaltete, dass sie zur Mörderin wurde.
Das Problem war nur... wieder einmal war sie tollpatschig und stolperte über ihre eigenen Füße. Wann war sie eigentlich so schusselig und ungelenk geworden? Das konnte doch nicht von der Schwangerschaft herrühren! Und das noch dazu bloß, ohne Schuhe, denen man die Schuld hätte zuschieben können!
Während sie noch um ihr Gleichgewicht kämpfte, passierte das Unfassbare. Sie prallte gegen den Körper, mit dem sie so viel geteilt hatte, in dem sich die Seele ihres Liebsten befand und um den Tod bettelte. Das wäre ja bei weitem nicht so tragisch gewesen, wenn da nicht das Messer in ihrer Hand wie festgeklebt gewesen wäre. Durch den Schwung und dem richtigen Winkel drang die Klinge wie durch Butter bis zum Heft ins Fleisch ein.
Keuchend, weil auch ihr die Luft aus der Lunge gepresst worden war, hielt sie sich mit der freien Hand an seinem Oberarm fest, die Augen weit aufgerissen und nicht in der Lage zu begreifen, was gerade passiert war. Solange, bis der Körper, an den sie sich klammerte, in schierer Agonie zu schreien begann.
Als hätte sie sich an ihm und der Waffe verbrannt, lösten sich ihre Finger und sie taumelte zurück. Und während ihn die Lebensgeister endgültig verließen, gaben auch ihre Beine nach, konnten nicht länger ihr eigenes Gewicht tragen. Mit weit aufgerissenen, tränenfeuchten Augen starrte sie blicklos auf den dunklen Leib vor sich und begriff es trotzdem noch nicht.
Was war gerade geschehen? Was hatte sie getan?!
Vor ihr wurde das Schreien lauter, wandelte sich in ein regelrechtes Kreischen und quälte ihre Ohren so sehr, dass sie diese zuhalten musste. Auch kniff sie die Augen zusammen, in dem Versuch, die Szenerie, in der sie steckte, auszublenden. Und plötzlich war es still.
Ihre Ohren klingelten noch, sodass es seine Zeit dauerte, bis sie wahrnahm, dass die Stimme endlich verklungen war. Und noch länger benötigte sie, um den Mut zu finden nachzusehen, was tatsächlich geschehen war. Was sie schon wieder angestellt hatte!
Vor sich, halb unter ihrem eigenen Körper, der ebenfalls zu Boden gegangen war, lag er, leblos und nicht in der Lage jemals wieder aufzustehen. Sie hatte ihn getötet! Dass Kazel sich dazu aufgefordert hatte, dass es notwendig gewesen war, warum auch immer, war unbedeutend. Sie war zum ersten Mal in ihrem Leben zur Mörderin geworden! Und dieses Mal war es kein namen- und gesichtsloses kleines Würmchen, dem ihr Leib nicht lange genug ein Zuhause bieten konnte, auf dass es von alleine leben könnte. Nein, sie hatte eine Existenz beendet, durch ein Stolpern und mit einer Waffe!
Janay war, als würde sich die Zeit um sich herum verlangsamen, als würden alle Reaktionen um sie herum wie durch eine zähe Flüssigkeit gebremst ablaufen. Da waren jene, die sie nicht sehen konnte, weil sie in ihrem Rücken geschahen, und jene, die sie nicht sehen wollte, weil sie nur auf den Dunkelelfenkörper starrte.
Bis sich bei diesem etwas tat, eine Hand griff nach dem Messer und zog es heraus, bewegte dann die Leiche und irgendwie wurde auch sie herunter geschoben. Der vertraute Klang ihres Namens ließ ihre Ohren zucken, ohne es wirklich verstehen und auf sich beziehen zu können. Besorgt und müde wirkende Augen schoben sich in ihr Sichtfeld und schienen versuchen zu wollen, sie wieder in die Wirklichkeit zurück zu holen. Stumm starrte sie ihn an, verständnislos und zugleich nicht so, als würde sie ihn tatsächlich wahrnehmen.
Dann, unendlich langsam, senkten sich ihre Augen und fanden, wie von unsichtbaren Fäden gezogen, die Waffe, von deren Klinge frisches Blut tropfte. Und mit einem Mal war die Ruhe vor dem Sturm vorbei. Ihr Mund öffnete sich noch gemächlich, die Farbe wich ebenso geruhsam aus ihrem Gesicht... und dann begannen ihre Stimmbänder zu vibrieren. Janay begann zu schreien, von leise zu laut und immer lauter, bis sie regelrecht hysterisch wurde und sogar damit anfing, um sich zu schlagen.
Würde sie Zissus dabei unabsichtlich treffen? Oder die Waffe? Sich womöglich daran schneiden und ihr eigenes Blut mit jenem von Sademos vermischen? Oder hatte sie gar keinen echten Lebenssaft an der Schneide gesehen, sondern war ihr von ihren Sinnen ein besonders übler Streich gespielt worden? Würde sie sich anderweitig verletzen? Wie lange konnte sie eigentlich noch weiter so kreischen, ehe ihre Stimme ihr den Dienst versagen wurde? Das Zeitgefühl war ihr längst verloren gegangen.
Doch plötzlich brach sie ab, als hätte ihr jemand eine Ohrfeige verpasst oder ihr einen Schwall kalten Wassers ins Gesicht geklatscht. Aber das Unheil war damit nicht abgewehrt, sondern ging lediglich in eine andere Phase über. Denn zwei oder drei hektische Atemzüge später verdrehte die junge Frau die Augen und sackte bewusstlos in sich zusammen.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Donnerstag 16. Juni 2022, 12:45

Tot zu sein, war nicht unangenehm. Das Ende nach dem Ende gestaltete sich auf emotionaler Ebene eigentlich friedlich. Man war frei von Bedürfnissen wie Schlaf oder Hunger und auch körperliche Schmerzen verschwanden einfach. Sterben war der unangenehme Teil an der Thematik der Endlichkeit. So hatte es Kazel bisher immer empfunden. Er mochte es nicht zu sterben. Im Anschluss aber tot zu sein, war keine große Sache mehr, nicht für ihn. Doch dieses Mal fühlte es sich anders an. Nicht nur, weil er geglaubt hatte, dass es sein absolut letztes Mal sein würde, dass es ihn ins Reich des Todes riss. Schließlich besaß sein Körper nun kein einziges Krümelchen Lebenszeit mehr. Es war vorbei. Kazel hatte damit abgeschlossen und war mit dem Gedanken übergewechselt, dass er so wenigstens Celcia vor dem großen Übel in Form von Nebhasmhorachd und seinem Meister Merserin bewahrt hätte. Zumindest hoffte er das. Sein letzter Gedanke vor dem Tod war bei Janay gewesen. Ob sie ihn vermissen würde? Ob sie sich an ihn erinnern würde? Es bereitete ihm mehr Kummer, sie und eine mögliche Zukunft mit ihr loszulassen als sein eigenes Leben. Sie war zu seinem Leben geworden.
Den Kummer schien er mit hinüber ins jenseitige Reich genommen zu haben, denn das Gefühl riss so sehr an ihm, dass er glaubte, am Kragen empor gezogen zu werden. Nein! Etwas stimmte hier nicht. Er fühlte sich wirklich so, als zerrte jemand an ihm und dann hallte diese unheimlich Hohlstimme durch seinen Geist.
"Na endlich! Wurde ja auch Zeit."
Kazels Seele stand auf wackligen Beinen. Er hatte kaum Zeit, sich zu orientieren, da prasselten Eindrücke bereits wie ein Platzregen auf ihn nieder. Jemand bewegte ihn, presste ihn an harte Knochenrippen. Kazel konnte die Todeskälte der Gebeine durch den Stoff der schwarzen Kutte fühlen, die der andere trug. Er kannte ihn inzwischen und wo andere sich vielleicht gefürchtet hätten, da fühlte die Seele des Mischlings sich plötzlich ungemein erleichtert. Der Tod war hier, an seiner Seite. Er fühlte ihn und es beruhigte ungemein, dass dieser nicht panisch reagierte.
Instinktiv streckte Kazel seine Finger aus, um nach dem Kuttenstoff zu fassen. Erst zögerlich, dann klammerte er sich daran wie ein furchtsames Kind an den Rockzipfel der Mutter. Und schließlich hielt er ihn so fest, dass der Gevatter vermutlich Welten in Bewegung setzen müsste, um seinen Lehrling wieder von sich zu trennen. Nicht einmal das Zittern, das seinen Geistkörper erfasst hatte, hinderte ihn daran, Halt bei der personifizierten Figur des Todes zu suchen. Irrational, bedachte man, dass er als Seele im Totenreich nun doch weder Kälte noch Furcht empfinden musste. Trotzdem konnte Kazel nicht damit aufhören.
"Ist es vorbei?", fragte er. Sein Hals fühlte sich kratzig an. Seine Stimme war nicht mehr als ein Wispern, mit einem wimmernden Flehen im Unterton. Er betete im Stillen zu Manthala, sie mochte für alle ein gutes Ende geschaffen haben. Für alle, die noch lebten! Sein Ende war hier. Warum er aber immer noch als Geistergestalt neben dem Gevatter stand und diesen im Schraubstockgriff seiner Finger hielt, war Kazel vollkommen unbegreiflich. Er war gestorben, dieses eine letzte Mal. Es war vorbei. Was kümmerte den Tod nun noch die Seele eines entbehrlichen Lehrlings?
Dann wurde es dem Mischling langsam bewusst. Er befand sich nicht am endlosen Zeitenstrand seines Lehrmeisters. Er spürte keinen Sand unter den halb durchsichtigen Füßen und die Umgebung wirkte auch nicht so vertraut auf ihn wie er glaubte. Er kannte sie, hatte aber nicht damit gerechnet, sie nach seinem Tod noch sehen zu müssen. Er und der Gevatter befanden sich in Sademos' Arbeitszimmer. Der Zeitlose nahm ihn mit in den Nachbarraum. Dort lag der Leichnam des Sammlers. Er zog Kazels ganze Aufmerksamkeit auf sich und das so stark, dass er glaubte, diese leblose Gestalt am Boden umhüllte eine Aura. So bekam er nur flüchtig mit, dass die Zeit wieder einmal still stand.
Mit zittrigen Gliedern begleitete er den Gevatter. Er hatte keine Wahl, wenn er ihn nicht loslassen wollte und das stand absolut nicht in seinem Sinn. Das Einzige, was ihm gerade Halt bot, war doch dieses unheimliche Riesenskelett.
"Nun schau nicht so bedröppelt. Hat zwar etwas gedauert, aber letztendlich hast du meinen Auftrag doch erfüllt."
"Dann ... ist es wirklich vorbei?" Hoffnung keimte in ihm auf. Keine, die ein gutes Schicksal für ihn selbst beinhaltete. Kazel war sich sehr bewusst, dass er kein Stundenglas mehr besaß. Selbst wenn der Tod ihm mehr Zeit auf Celcia gewährte, so hatte er kein Gefäß mehr um sie unterzubringen. Er wusste, dass es kein Zurück mehr gab. Seine Hoffnung bestand darin, dass es Janay - dem ungeborenen Kind - und allen anderen gut ging, die er so kurz vor seinem Ende noch hatte kennen lernen dürfen. Dafür hatte er sich geopfert. Er wollte nicht, dass es umsonst gewesen war. Und auf einmal hämmerte der Gevatter Risse in die aufgebaute Mauer seiner Hoffnungen: "Der Mistkerl ist jetzt endlich richtig tot. Hat sich wirklich lange meinem Zugriff entzogen, aber ein kleines Problem haben wir noch."
Kazel schwieg. Er horchte in sich hinein, suchte das Problem. Kein Wurm antwortete ihm. So schaute er sich hastig um, ob er die fette Made entdeckte, in die Nebhasmhorachd sich zuletzt verwandelt hatte. Entdeckte er vielleicht sogar einen Kokon oder einen unheilvollen Dämonenschmetterling? Wobei Kazel aufgrund des haraxischen Charakters eher auf eine ziemlich hässliche Motte oder ein unheimliches Käferinsekt setzte. Doch nichts von alledem tauchte in der Umgebung auf. Stattdessen lenkte sein Fokus ihn wieder zurück zu Sademos' Überresten. Unter der Haut bewegte sich etwas. Eine Wölbung kroch auf den Dolch zu, der im Rücken des Dunkelelfen steckte. Janays Dolch. Kazel erinnerte sich an den ruckartigen Schmerz, als sie die Klinge durch die Haut des Sammlers getrieben hatte. Ein Schmerz, der ihm die Erinnerung an seinen eigenen Körper zurückgebracht und ihn letztendlich hatte übersiedeln lassen für fünf endgültige Silben, bevor das Leben aus ihm verschwunden war. Glaubte der Wurm etwa, den Körper nutzen zu können, wenn er ihn nur von der Klinge befreite?
Die Antwort würde nicht geklärt, denn der Gevatter Tod verhinderte es, indem er seinen knochigen Fuß auf den Rücken stellte. Der Dolch schob sich einfach zwischen zwei Knochen hindurch, war so aber nun gut verhakt, so dass Nebhasmhorachd keine Chance hatte, ihn zu lockern.
"Da ist noch ein ungebetener Gast, der leider nicht sterben kann."
"Ne-" Kazel brach schon bei der ersten Silbe ab. Der Wurm schien noch immer in der realen Welt zu stecken. Er wollte ihn unter keinen Umständen in die Gefilde seines Lehrmeisters reißen. Aber was sollte man mit einem Dämon anstellen, der nicht sterben konnte? Nicht sterben durfte, um den Zeitensand der Ewigkeit vor ihm zu schützen? Auch der Gevatter machte sich so seine Gedanken. Er scherzte sogar, Nebhasmhorachd als Haustier für Kazel auszusuchen. Dieser würde ihn dann füttern und ausführen müssen. Unter anderen Umständen hätte der Mischling vielleicht verächtlich geschnaubt oder über den Scherz gelacht. Aktuell fühlte er sich aber so müde. Es war auf Celcia nur eine Nacht vergangen, aber sie hatte ihn so viel gekostet. Kraft, beinahe seinen Verstand und letztendlich sogar sein Leben. Und obwohl sich Kazel nun in einem Zustand befand, in dem Zeit keine Rolle mehr spielte, sehnte er sich danach, genug zu haben, um das Erlebte verarbeiten zu können. Warum hörte er nicht auf zu zittern?! Würde das ewig so anhalten oder zerstörte der Gevatter nun endlich seine Seele, damit er ewigen Frieden fände?
Nein, das würde dieser nicht tun. Nicht, solange das Problem mit Nebhasmhorachd noch nicht geklärt war. Er erlöste seinen Lehrling nicht, solange dessen Aufgabe noch nicht erfüllt war. Der Abschnitt über Sademos mochte abgeschlossen sein, aber das Buch um die ganze Dämonengeschichte besaß offenbar noch mindestens ein Kapitel.
Kazel schüttelte den Kopf. Er weigerte sich nicht, die Aufgabe anzunehmen. Er wollte nur den Wurm nicht zu seinem Haustier machen. Er wollte ihn los sein. Er hatte erlebt, wie Nebhasmhorachd zu ihm stand. Dieser hatte ihn benutzt und Verräter geschimpft, sobald er sich benachteiligt gefühlt hatte. Dabei war an Kazel Verrat begangen worden, jedenfalls aus seiner eigenen Sicht. Er hatte nichts mit dem Harax-Pakt zu tun gehabt. Er hatte keinen Vertrag mit einem Dämon abgeschlossen, hing aber nun selbst nach seinem Ableben noch immer tief drin. Er würde sich mit Nebhasmhorachd nicht verbünden. Das konnte unmöglich gut ausgehen. Das musste doch auch der Tod einsehen!
Kazel blickte mit gemischten Gefühlen zu dem bleichen Schädel auf. Jener grinste ihn unter der schwarzen Kutte heraus an.
Anschließend teilte er Kazel eine neue Aufgabe zu. Im Grunde war es eine Alte, aber sie klebte an dem Mischling wie jener an seinem Meister. Noch immer hielt er die schwarze Kutte fest zwischen seinen geisterhaften Fingern. Das milderte das Zittern dort wenigstens etwas ab. Er lauschte dem Tod, versuchte sich auf die neue Aufgabe zu konzentrieren. Es fiel ihm schwer, denn es bedeutete...
Bilder huschten durch Kazels Geist. Weibliche Torsi, die in Kettenaufhängungen zappelten. Er sah leere Augenhöhlen. Er hörte das Wimmern, die Schreie, das Flehen nach dem Tod. Kazel ächzte Luft ein, die er nicht mehr atmen musste. Er rückte näher an den Gevatter heran. Wieviel Wahnsinn wartete auf ihn, während er Nebhasmhorachd irgendwie loswerden musste? Immer noch.
Der Gevatter ahnte nicht, dass sich Kazel bereits ein Haustier auf die Türschwelle geholt hatte. Es lauerte im Dunkeln und maunzte nach Futter. Bei der nächsten Gelegenheit würde es vorschnellen, um durch einen Spalt in der Tür in Kazels Verstand zu huschen. Dort würde es Vorhänge aus Erinnerungen herunterreißen und sämtliche Möbel zerfetzen, die sein Denken und seine Gesinnung ausmachten. Vielleicht warf es auch einige Gläser von Tischen oder andere Keramiken zu Boden, bis Kazel endgültig nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Er schauderte.
Der Gevatter setzte allerdings mit seinem Monolog fort. Er gab seinem Lehrling keine ruhige Minute. Tod zu sein hieß für ihn nicht ewigen Frieden zu haben! Schon zückte das Skelett einen Beutel, enthüllte ein Geschenk für seinen Lehrling. Kazel begriff zunächst gar nicht, was er da in die Hand gedrückt bekam - die linke Hand, denn seine Rechte würde den Kuttenstoff niemals loslassen!
Wie durch einen Schleier schaute Kazel auf den Gegenstand in seinen Fingern. Die Sanduhr sah ganz anders aus als alle, die der Tod ihm bisher präsentiert hatte. Noch ehe er etwas erwidern konnte, wanderte das Stundenglas bereits in seine Handfläche hinein. Kazel spürte die Schwere, die mit ihm einher ging. Es war die Schwere es Lebens, das Gewicht der Endlichkeit. Der Tod schenkte ihm wieder eine Frist. Er war wieder Teil des Endlichen. Er würde enden, aber nicht jetzt und nicht hier. Irgendwann. Sobald das letzte Sandkorn durch sein neues Gefäß gerieselt wäre.
Das Leben, das ihm erneut geschenkt wurde, kribbelte von seiner Handfläche aus in seinen Geisterleib hinein. Es breitete sich aus und hinterließ dort die Schwere, die er vermisst hatte. Keine haraxisch veränderte Schwere, die ihren eigenen Tribut forderte. Es war die unbekümmerte Schwere von Leben, welche ihn erfüllte. Sie machte ihn schwer.
Schwer war auf das Klopfen der Knochenhand, die auf seine Schulter schlug. "Du hast mich sehr stolz gemacht! ... ICH ERHEBE DICH VOM LEHRLING ZUM GESELLEN!" Er wusste, was der Tod hier unternahm. Er ließ physikalische Kräfte wirken, die seine Schwere zurück ins Leben werfen würden.
"War-" Zu spät. Das höhere Wesen, das mehr Zeit als alle anderen besaß, sie manipulierte und verteilte, schien für sich selbst immer zu wenig zu besitzen. Es gab seinem Lehrling - seinem Gesellen! - nicht die Möglichkeit, sich davon noch einmal etwas zu stibitzen. Kazel konnte seine Bitte nicht ausformulieren. Schon spürte er wieder das Gewicht des Lebens. Es unterwarf sich den physikalischen Gesetzen und so zog es den Körper aus der Schwebe und schleuderte ihn geradewegs zurück in den Fluss der Existenzen.
Kazel kam hart auf dem Steinboden in Sademos' Arbeitszimmer auf. "-te!", presste es die zweite Silbe des Wortes zusammen mit seinem ersten Atem aus den Lungen. Als er jene wieder füllte, spürte er das Leben. Leben war nicht nur schwer, es schmerzte auch. Zum Glück war er nicht auf seinen Rücken gefallen. Die Erinnerungen an Janays Dolchstoß in seinen geliehenen Körper hätten sich durch die Narben seines echten Leibes gezogen und ihm garantiert vor Pein aufschreien lassen. Dazu fehlte ihm die Kraft. Leben war unbarmherzig. Es wollte zeigen, dass man noch jenseits der Ewigkeit des Ruhens war. Es erinnerte mit jedem Puls daran, dass es nicht leicht war.
Kazel spürte seinen Körper wieder. Diesen von Makeln geradezu übersäten, alles andere als perfekten Körper. Er war nicht zu vergleichen mit der Perfektion, die Sademos aus seinem physischen Dasein geschaffen hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde empfand Kazel sein eigenes Seelengefäß als beengt und schrecklich fragil. Wer konnte in dieser Bruchbude eines Körpers nur leben?! Dann floss das Blut durch seine Adern, verteilte das Vertraute. Es war so alt wie er selbst, denn seit seiner Geburt hatte er sich mit dem Körper, den er trug, auseinandergesetzt. Er kannte die Eigenheiten, die Marotten und all das Unperfekte. Es war genau richtig. Jede Narbe, jedes Haar und jede noch so winzige Pore hatte ihn zu dem gemacht, was er jetzt war und was er in Sademos' Leib so sehr vermisst hatte. Kazel atmete mit seinen unperfekten Lungen aus. Er bewegte seine unperfekten Glieder, wandte den unperfekten Kopf und schaute durch die unperf... sein Blick war klar. Messerscharf wie der eines Raubvogels!
Vorsichtig betrachtete er die rechte Hand. Sie war noch immer zur Faust geballt, hatte selbst im letzten Moment versucht, den Kuttenstoff des Gevatters zu halten. Sehnsucht nach der Sicherheit des Todes erfüllte sein Herz. Dann aber erblickte Kazel die Adlerkrallen, die zwischen seinen Fingerknöcheln heraus lugten. Der unperfekte Versuch, ihn zur perfekten Tötungsmaschine zu machen. Anfangs abgelehnt beruhigte ihn der Anblick nun. Er akzeptierte es und war froh, dass sich anscheinend nichts an ihm verändert hatte. Er war immer noch der Mischlingself, der durch so viele Höhen und Tiefen gegangen war, die ihn geformt hatten. Er war wieder er selbst. Und er lebte.
Trotzdem erfüllte ein kleiner Teil in ihm etwas Neues. Gern hätte er noch mit dem Gevatter gesprochen, denn es gab etwas, das ihm auf dem Herzen lag. Etwas, das es schwer machte. Etwas, das er allerdings verdrängen wollte und zwar in die hinterste Ecke seines Seins. Etwas, von dem er fürchtete, es könnte herausbrechen, wenn er nur zu lange darüber nachdachte. Etwas, das ihn selbst jetzt noch einmal kurz zittern ließ.
"Willkommen zurück."
Kazel schreckte auf und fuhr wieder zusammen. Sein Körper war lange Zeit ohne ihn gewesen. Er rächte sich nun mit steifen, schmerzenden Gliedern für all die Vernachlässigung. Der Mischling krümmte sich am Boden und musste den Kopf recken, damit er zur Quelle der Sprechenden schauen konnte. Ein Schildkrötenkopf blickte ihm mit bunt schillernden Augen entgegen, aus denen ihn das Schicksal bereits angelächelt hatte. Jetzt lächelte nur Nessaja, reichte ihm eine kleine reptilienhafte Hand. Zögernd legte Kazel seine eigene hinein und ließ sich aufhelfen. Wie kräftig diese runzlige Hand doch war, wie stark der Griff! Er selbst fühlte sich schwach und ausgelaugt.
Sein Blick wanderte über Nessaja und hinüber zu Kodiak. Er kehrte zur Schildkröte zurück. Kazel brauchte immer noch Zeit, sich zu orientieren. Er kämpfte mit dem Hin und Her von Tod und Leben, sowie den Nachwirkungen, die all die Zeit in Sademos' Leib auf seiner Seele hinterlassen hatte. Er verdrängte das Wissen an eine Erinnerung und Bilder von Leid in endlosen Reihen aus Frauenkörpern. Gerade, um diese von sich zu schütteln, konzentrierte er sich stattdessen darauf, seinen Körper zu benutzen. Langsam kam er zurück auf die Beine. Sein Stand war noch etwas wacklig. Nicht, weil er keine Kontrolle über seinen Leib hatte, sondern weil seine Seele sich erst wieder mit dem Vertrauten auseinandersetzen musste. Und weil er müde war, ohne unausgeschlafen zu sein.
"Ich glaube, mein Weg ist hier zu Ende", sprach Nessaja ihn an. Kazel erwiderte ihren Blick. War das ein Abschied? "Ich weiß tatsächlich nicht, wie es jetzt weiter geht. Ich habe mein ganzes Leben lang immer nur bis zu diesem Punkt gesehen. Erstaunlich! ... Was hast du jetzt vor?"
Kazel konnte sich die Frage nicht wirklich durch den Kop gehen lassen und vermutlich hätte er auch keine einfache Antwort geben können. Sein Weg lag vor ihm. Es gab noch immer so schrecklich viel zu tun und das bezog auch Nessajas Schicksal mit ein. Die Hybriden brauchten nach wie vor seine Hilfe. Sie alle mussten irgendwie sicher aus Morgeria hinaus oder - falls sie bleiben wollten - ein würdevolleres Leben genießen dürfen. Eines, in dem sie weder leblose Hüllen noch Futter für wahnsinnige Experimente anderer wären. Außerdem gab es immer noch den Kristall in Sademos' Räumlichkeiten. Zeitensand befand sich darin. Könnte man diesen befreien und wenn nicht zu ihren Eigentümern zurückgeben, dann wenigstens an den Tod überführen? Wo steckte der gefährliche Spiegel, in den Kazel hatte sehen müssen? Ließ er sich zerstören? Vebrennen wäre nicht möglich, aber vielleicht konnte man das Spiegelglas einschmelzen. Beim Stichwort Verbrennen huschte Sademos' Schicksal durch Kazels Kopf. Er musste Nebhasmhorachd aufhalten. Er musste verhindern, dass dieser sich einen neuen Wirt suchte. Und plötzlich lag die Antwort auf Nessajas Frage so simpel vor ihm.
Ein Schrei, der erst schwach und dann immer lauter, ja geradezu panisch laut durch das Anwesen des Sammlers hallte, obwohl er nur vom Nebenraum her rühren konnte, erschütterte alles. Die Stimme war dem Mischling vertraut wie keine andere. Sie weckte alle Lebensgeister in ihm, versetzte sie aber zugleich auch in alarmierte Sorge.
"Ich muss zu Janay." Eine Antwort an Nessaja und ein Befehl an seinen Körper, ihm zu gehorchen. Obgleich er sich gehetzt fühlte, ihr sofort zu Hilfe zu eilen, ging es nur langsam voran. Jeder Schritt schmerzte, fühlte sich hölzern und steif an. Er musste erst wieder richtig in Betrieb nehmen, was so lange keinen Anteil am Leben genommen hatte. Langsam, aber bereit zu helfen, schlurfte Kazel in den Nebenraum.

Dort angekommen fiel ihm zuerst die Traube aus Hybriden auf, die um Sademos' Leichnam standen, knieten oder einfach nur auf ihn herab schauten. Im Zentrum befand sich der tote Körper, gehalten von Zissus, der bitterlich um ihn trauerte. Man sah es nicht, aber Kazel spürte es einfach. Das Ende nun so real zu erleben, hinterließ tiefe Spuren in Zissus' Seele. Er wirkte so müde, wie Kazel sich fühlte. Der Mischling blieb für den Moment in der Tür stehen. Seine Augen - die alten, die tiefblauen Sturmgewitter über einem weiten Meer - suchten den Raum ab. Sie suchten...
"Janay." Er wollte besorgt ihren Namen rufen, brachte es aber nur monoton und in Zimmerlautstärke über die Lippen. So sehr sein Innerstes nach ihr schrie und sie sofort schützend in die Arme ziehen wollte, so langsam kam er in der Realität voran. Schritt um Schritt trottete er auf sie zu. Sie war längst von ihrem Schrei in eine Ohnmacht gesunken, so schien es. Dass sie eben noch wild und hysterisch um sich geschlagen hatte, um ihrem Entsetzen und dem Verlust Ausdruck zu verleihen, davon sah Kazel nichts. Er erkannte nur, dass sie hilflos am Boden lag und nichts besorgte ihn mehr.
Er schlurfte an den Hybriden vorbei. Er kümmerte sich nicht um sie. Er kümmerte sich nicht um Zissus und auch nicht um Sademos' Leichnam. War der Gevatter immer noch stolz auf ihn? Er sollte sich doch um Nebhasmhorachd kümmern. Stattdessen erreichte Kazel diejenige, die ihn in seinem besessenen Wahnsinn ein Anker gewesen war. Die Frau, aus der er seine Stärke bezog und die zugleich seine größte Schwäche war. Er ging an Janays Seite auf die Knie und zog ihren Körper auf seine Schenkel. Es dauerte ewig und es fühlte sich nach einem enormen Kraftakt an, den er in Zeitlupe beging. Kazel ließ sich davon dennoch nicht abhalten. Behutsam schlang er seine Arme um seine Liebste, hielt sie an sich und wog sie beide. Ihr Name war das Einzige, was ihm, bislang wirklich über die Lippen gekommen war.
So hatten die Übrigen wenigstens Gelegenheit, die Situation einzuschätzen. Kuralla wäre gewiss nicht überrascht. Sie hatte ja bereits damit gerechnet, dass Kazel zurückkehrte. Und auch Vranyk und Dry'ol würden vielleicht nicht gänzlich verwirrt sein. Sie waren Zeugen gewesen, als Kazel sich damals vor Sademos die Klinge in den Leib gerammt hatte, um zu demonstrieren, dass er nicht sterben konnte. Die Hybriden Schlange und Hopp wussten zumindest wie er aussah. Woher er nun so einfach aufgetaucht war, könnten sie sich wohl kaum beantworten. Aber was war mit Zissus? Er kannte Kazel nur als mutmaßlich fremde Seele, die den Körper des Herrn in Anspruch genommen hatte. Dabei kam es genau jetzt auf ihn an. Der er war der Ritualmagie fähig. Vielleicht ahnte er bereits, welche Gefahr ihnen allen drohte.
"Weg", murmelte Kazel und hob den Kopf an. Oh, er musste seine Stimme viel kräftiger klingen lassen. Mit Sademos' Körper war es so einfach gewesen, weil dieser so perfekt beherrscht und auf sich abgestimmt gewesen war. Sein eigener kam ihm nun wie eine minderwertige Schöpfung vor. Aber es war seiner. Kazel gab sich Mühe. Er wiederholte: "Weg!" Endlich klang es kraftvoller.
"Ihr müsst von ihm weg. Der Dämon ist noch da drin ... und er braucht einen neuen Körper. Geht weg, sonst endet ihr wie ich - wie Sademos - bis eben noch gewesen ist." Er hatte die Warnung ausgesprochen. Nun schluckte er leer, weil die eigene Erinnerung ihn einholte und mit kaltem Wasser überschüttete. Seine Finger schlossen sich enger um Janay. Er hatte Angst, dass das Zittern ihn überwältigen könnte. "Ihr wollt das nicht", murmelte Kazel. "Geht weg da. Zissus ... kann man ihn irgendwie einsperren? Vorerst? In keinem Körper, sondern ... ich weiß nicht ... einen Glaskäfig? Oder lässt er sich zurückschicken?" Er wusste es doch nicht! Kazel kannte sich mit Magie nicht aus, erst Recht nicht mit ritueller Haraxmagie. Wie sollte er die Situation unter Kontrolle bringen. Er wusste nur eins: Er wollte keinen Wurm als Haustier.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 16. Juni 2022, 20:39

Janays Ohnmacht mit vorangegangenem wirklich krassen hysterischen Schrei und Gestrampel, bei dem sie zu ihrem Glück sich nicht auch noch an dem von Zissus aus dem Rücken des Sammlers gezogenen Dolch verletzte, glich auch einer Flucht – eine Flucht vor weiteren Empfindungen. So bekam sie einmal mehr in ihrem Leben ein kleines, wenn auch wichtiges Details einfach nicht mit – In diesem Fall, dass ihr Geliebter gerade in seinem eigenen Körper (mit neuer Sanduhr) auferstanden war. Janays Verstand war schlicht überlastet mit der Flut an Gefühlen und schaltete sich im denkbar ungünstigsten und falschen Moment ab, wenn auch durchaus verständlicher Weise. Sie machte es vielleicht sogar richtig, könnte man meinen. Ihr Verstand schütze sie vor dem kleinen sich anpirschenden Wahnsinn, der vielleicht auch sie sonst bemächtigt hätte und ihr Schrei hatte das Poltern nebenan für sie übertönt. Sie sackte in sich zusammen, noch bevor ihr jemand helfen konnte...
...
Friedlich war es hier...
Angenehme Dunkelheit umfing sie
und bette sie in schwarzen Samt.
Endlich war es still.
Endlich war es vorbei.
Es hatte nur einen Nachteil:
...es geschah nichts weiter.

Zumindest nichts, von dem sie auch nur ahnte oder wusste.

Kazel hingegen wurde ins Leben quasi zurück gestoßen und eilte dann auch so schnell er konnte zu seiner Liebsten. Sein Körper gehorchte ihm, doch die Umgewöhnung machte es ihm schwer. Sollte er sich nicht um Nebhasmhorachd kümmern?
Stattdessen erreichte Kazel diejenige, die ihn in seinem besessenen Wahnsinn ein Anker gewesen war. Er ging an Janays Seite auf die Knie und zog ihren Körper auf seine Schenkel. Es dauerte ewig und es fühlte sich nach einem enormen Kraftakt an, den er für sich gefühlt in Zeitlupe beging. Wo war die Kraft und die fast überirdische Agilität seines Körpers hin? Ach ja... das war nicht sein Körper gewesen. Er war nur wieder ganz er selbst und damit eben nicht - perfekt.
Doch Kazel ließ sich davon dennoch nicht abhalten. Wer brauchte Perfektion, wenn er Liebe hatte?! Behutsam schlang er seine Arme um seine Liebste, hielt sie an sich und wog sie beide hin und her. Ihr Name war das Einzige, was ihm, bislang wirklich über die Lippen gekommen war. Nicht alle hatten bisher sein Erscheinen bemerkt, aber jetzt sah man ihn an. Kuralla grinste wenig überrascht, ob seiner Ankunft. Sie hatte ihn ja schon öfter sterben sehen und - NEIN; er verweste immernoch nicht! - was ihr Blick natürlich gleich fragte. Auch Vranyk und Dry'ol waren nicht gänzlich verwirrt, aber musterten ihn schweigsam. Sie waren Zeugen gewesen, als Kazel sich damals vor Sademos die Klinge in den Leib gerammt hatte, um zu demonstrieren, dass er nicht sterben konnte. Die Hybriden Schlange und Hopp wussten zumindest wie er aussah und er hatte auch ihnen aus Sademos Leib heraus die Situation erklärt. Trotzdem war sein Anblick in diesem Augenblick etwas besonderes. Woher er nun so einfach aufgetaucht war, könnten sie sich nicht beantworten. Schlange fasste sich als erstes und raunte grob in seine Richtung:
„Ist es vorbei?“
Die junge Hasenhybridin flüsterte ihm etwas ins Ohr, was im allgemeinen Geraune unter ging. Alle sprachen jetzt leise durcheinander. Ein fast jaulendes Schluchzen, gefolgt von gebrochenen Lauten tiefster Trauer zerriss die Szene und Hopp schlug sich mitfühlend die Hände vors Gesicht. Was war mit Zissus? Er kannte Kazel nur als mutmaßlich fremde Seele, die den Körper des Herrn in Anspruch genommen hatte. Dabei kam es genau jetzt auf ihn an, denn er war der Ritualmagie fähig. Vielleicht ahnte er bereits, welche Gefahr ihnen allen drohte. Aber nein... Zissus trauerte und dachte gerade nicht über die Folgen nach, die sie hier alle bedrohten! Er litt aus tiefster Seele...
"Weg."
, murmelte Kazel und hob den Kopf an. Oh, er musste seine Stimme viel kräftiger klingen lassen! Irgendjemand, vermutlich Nessaja murmelte:
„Seid doch mal leise.“
Mit Sademos' Körper war alles so einfach gewesen, weil dieser so perfekt beherrscht und auf sich abgestimmt gewesen war. Sein eigener kam ihm nun wie eine minderwertige Schöpfung vor. Aber es war seiner und das fühlte sich gut an. Kazel gab sich Mühe. Er wiederholte:
"Weg!"
Endlich klang es kraftvoller und ein paar Köpfe hoben sich.
"Ihr müsst von ihm weg. Der Dämon ist noch da drin ... und er braucht einen neuen Körper. Geht weg, sonst endet ihr wie ich - wie Sademos - bis eben noch gewesen ist."
Und im Gegensatz zu ihm hatten die anderen keinen Gevatter als Meister, der ihnen helfen würde. Kazel hatte die Warnung kaum ausgesprochen, da rückten schon die meisten von ihnen ab.
"Ihr wollt das nicht"
, murmelte Kazel.
"Geht weg da. Zissus ... kann man ihn irgendwie einsperren? Vorerst? In keinem Körper, sondern ... ich weiß nicht ... einen Glaskäfig? Oder lässt er sich zurückschicken?"
Er wusste es doch nicht! Kazel kannte sich mit Magie nicht aus, erst Recht nicht mit ritueller Haraxmagie. Wie sollte er die Situation unter Kontrolle bringen. Er wusste nur eins: Er wollte keinen Wurm als Haustier...


Nicht? - Wie wäre es denn mit einem Sohn statt eines Haustiers?
Nebhasmhorachd grinste still in sich hinein. Das Gefäß was er gerade erspäht hatte, war noch etwas klein... eng, aber es bot viel Energie, an der er sich laben würde, sobald der Sand zu fließen beginnen würde. Außerdem gab es hier in direkter Umgebung sogar zwei davon. Zwei kleine Gefäße, von denen er sich eines aussuchen könnte... und im 'Spiel auf Zeit' war er Meister.
Ich kann warten... Nehm ich das links...oder nehm ich das rechts...
Dann er öffnete sich eine weitere Möglichkeit und sein Speichel begann zu fließen. 'Lilith', die mögliche Frau des Meisters, oder auch Janay, wie Kazel sie genannt hatte war ohnmächtig geworden. Eine weitere Türschwelle öffnete sich hiermit für ihn. Ihr Geist lag ungeschützt vor ihm. Doch sie liebte ebenfalls und leider auch noch denjenigen, der Verrat an Pakt und ihm, Nebhasmhorachd begangen hatte!
Und dabei hätten wir so gute Freunde werden können... hmmm... So könnte ich mich rächen...
Janay lud ihn förmlich ein, aber als Liebste von Kazel?
Würg...
Und dann war da noch Zissus ganz nah, aber der … diese Frequenzen von seiner ehrlichen Trauer um seinen Liebsten machten ihn ebenso unappetitlich. Nein, die beiden kleinen ungeborenen Seelen waren die beste Wahl! Er würde sich einfach einnisten und sich ganz still verhalten, so das keiner merkte, dass er noch da war!


Zissus hob träge seinen Kopf, als Kazel ihn ansprach und schien ihn kaum zu sehen, trotz dass sein Blick sich an ihn gehaftet hatte. Funkelnde Bahnen zogen sich über seine wunderschöne Haut und machten den Pfauenmann in seiner Trauer fast noch schöner, als er ohnehin schon war. Man konnte regelrecht melancholisch bei seinem Anblick werden.
„Einsperren...?Ja ...man braucht... einen lebenden...“
Weiter kam er nicht, denn dann trat Kuralla in den inneren Kreis und schob ihn einfach unwirsch an der Schulter beiseite.
„Wo ist mein Dolch?!... Ah da...“
Sie nahm ihn auf, schnitt sich in die Handfläche und murmelte:
„Blut von seinem Blut, Blut zu meinem Blut. Ich Kuralla nehme dich an, Dämon mit Namen: ...“
Dann sah sie Zissus an und sagte:
„Wie ist der Name des Dämons?“
Zissus sah sich wie in Trance suchend um. Zum Glück wusste er trotz seiner Trauer, dass er den Namen besser nicht laut aussprach. Ohne jedoch groß weiter sonst über etwaige Risiken nachzudenken, oder die stinkende Oma zu hinterfragen, winkte er Hopp zu sich, die auch sofort Folge leistete. In den Armen hielt sie DAS Buch. Zissus blätterte darin.
„...was willst du denn...?“
„Ist das sein Name?!?“
Kuralla tippte mit einem halb abgekauten Fingernagel auf die aufgeschlagene Seite und Zissus nickte geistesabwesend...

...
NEEEEEEIIIIIIEEEEEENNNNNNN!!! ALLES! ABER! NICHT! SIE!
Sademos Körper bäumte sich plötzlich auf. Ach ja, der Dolch war raus, da war ja was. Nur leider war ein toter Körper echt schwer zu bewegen. Nebhasmhorachd wand den Leib des Dunkelelfen über den Boden. Es war, als hätten Beine und Arme keine Funktion und der einst so elegante Sammler robbte wie eine untote fette Raupe in Richtung Arbeitszimmer. Anscheinend wollte der Dämon nun doch nicht mehr still halten.
HHHHIIIIIIEEEEEEELLLLFFFEEEEEE! MEISTER! HELFT! MIR! MEEEERRRSSSEEEE...


Ein Donnern erschütterte Morgeria!
Die Erde bebte, Staub viel von der Decke, Glas knirschte, Schreie ertönten aus unterschiedlichen Richtungen, teils wie durch hundert Dimensionen, teils sehr real...

„Nebhasmhorachd!“

Dann war es auch schon wieder vorbei. Ein... kleines Beben! Kaum der Rede wert und erst recht kein Weltereignis, das jemals in den Geschichtsbüchern Erwähnung finden würde ...wenn, dann war es nur ein lokales in und um Morgeria gewesen. Einmal alle wach geschüttelt, dann war es auch schon vergessen. Nur...
Nur dieser kleine Kreis um Kazel und Janay, DIE würden es wohl nicht so schnell vergessen, denn die alte Goblinoma, schlucke einmal heftig, an dem Wort, was sie sich da gerade einverleibt hatte... rieb sich dann den Bauch, öffnete den Mund und …
„RRRÜÜÜÜÜÜÜAAAAALLLLPPPPSS!“
Nein, das war kein Name, das war ein Laut-Gemisch. Genauer gesagt ein Gemisch aus unverdautem Pesthauch und halb vergorenen Speiseresten, ätzendem Speichel, ein bisschen Eiter aus einer tiefen Zahntasche und ein Stück Schneidezahn, der tatsächlich nicht dem Ansturm aus der hinteren Kehle stand gehalten hatte.

Kuralla hielt sich sogleich die Hand beschämt vor den Mund und kicherte leise ein:
„Tschuldigung!“
Alle in ihrer Nähe mussten sich zusammen reißen sich nicht spontan zu übergeben, nur Janay nicht, denn die schlief in seliger Ruh. Zissus robbte etwas von ihr weg, aber fragte dann:
„Was... wie... WAS hat sie GETAN?!“
Er stemmte sich am Stuhl des Sammlers hoch.
„Wie... warte... Fühlst du ihn? Ist es...ist er in dir?“
Kuralla nickte hoch amüsiert, nahm ihre Hand wieder runter und meinte nach ein paar nachdenklichen Sekunden:
„Ich glaube, ...er mag mich nicht.“


ICH MAG DICH NICHT?! ICH HASSE DICH! LASS MICH RAUS DU VER...


Kuralla machte eine kleine Abwinkende Geste und rieb sich den geblähten Bauch. Oh oh... bahnte sich da die nächste Apokalypse an? Zissus sah von Kazel zu der Goblinfrau.
„Äh... also... eigentlich sollte das anders laufen, oder? Ich wollte...mit einem Ritual aus dem Buch... und dann den Namen auf … auf ...“
Er sah zurück zu Sademos und kam erst nach dem dritten Stocken weiter:
„...auf seinen Körper schreiben. Dann hätten wir ihn darin bannen... und durch das Spiegelportal sicher zurück in den Harax schicken können.“
Mit jedem Satz fing sich Zissus etwas mehr... zumindest solange er seinen Liebsten nicht ansehen musste. Kuralla zuckte nur mit den Schultern und meinte:
„Ist nicht nötig.“
Dann grinste sie vor sich hin, als amüsierte sie sich über jede Menge neue Schimpfworte, die sie gerade lernte... Nebhasmhorachd schien sehr wütend zu sein, aber die Alte 'juckte' es nicht. Sie setzte sich auf die Couch, die danach definitiv verbrannt gehörte, und streckte die Füße aus.
„Keine Sorge, Jüngelchen. Ich könnte dir ja zeigen, warum ich in der Lage bin, Dämonen zu ..heheh...ja zu fressen passt janz jut.... hhihiiiihihi, oh wie witzig!“
Kuralla brach in Gelächter aus, dass einem schon ein bisschen Angst machen konnte. Dann japste sie nach Luft, tätschelte sich die geröteten Wangen und grinste.
„Ich denke mal, ich wollt sicher nicht den nackigen Bauch einer alten Frau sehen, deshalb glaubt mir einfach. Ich hab genug Zeichen und Magie in meinem Leben gesammelt, ich krieg den kleinen schon verdaut.“
Der Ausdruck 'verdaut' machte die Vorstellung vielleicht auch nicht besser, aber Kuralla strahlte eine Selbstsicherheit aus, was es einfach unmöglich machte an ihren Worten zu zweifeln – geschweige denn, wollte sicher NIEMAND NIEMALS ihren Bauch sehen!!! Die Gefahr, dass sie ihr Kleid anheben könnte, war greifbar und keiner wollte sich auch nur vorstellen, was sie darunter vor finden würden! Die Goblinoma ließ ihre Beine baumeln und allein DAS verbreitete schon einen Geruch, der Schlange sofort alle Fenster öffnen ließ.
„Naaa, habt euch mal nicht so! Hihii... ist alles gut jetzt. Ich denke, ich hab mir jetzt ein Päuschen verdient. Wenn ihr nichts dagegen habt, dann würde ich gern nach Hause...“
Sie sah zu Kazel und Janay und hob etwas mitleidig die Bauen.
„Entschuldige...DA kann ich nichts machen. Weist ja. Heilen ist nicht so mein Ding.“
Damit rutschte sie von der Sitz-kannte und ganz kurz hob sich ihr Rocksaum....


HHHIIIIIIIEEEEEEEELLLLLLFFFEEEEEEEEE!!!!
...
((nicht lesen, wenn ihr noch Appetit haben wollt.))
Versteckt:Versteckten Text anzeigen
Was hatte ich mir nur dabei gedacht...?!?
Das war es gewöhnlich, was man sich fragte, was einen zu einer besonders großen Dummheit getrieben hatte. Aber in diesem Fall...
...kam unter dem Rocksaum der Goblinoma... eine kleine...haarige ...Muschi zum Vorschein. Na ja, nicht wirklich, aber der Wahnsinn in Form einer Katze hatte sich in sein Gehirn geschlichen und hatte nur darauf gelauert, dass Kazel einen Fehler machte. Die schnurrende Muschi, oder woher auch immer dieses komische Geräusch in seinen Ohren stammte, schlängelte sich um Kurallas Knöchel und hinterließ dort Teile ihres Fellkleides...Haare...Fellstücke... Fleischstücke...Fetzen aus Fleisch, die an ihren borstigen Beinen hingen blieben, wie an Widerhaken. Aber das war noch bei weitem nicht das schlimmste! An den Innenseiten lief etwas... Götter, lasst es mich wieder vergessen! ... schleimiges ihre Beine hinunter. Der entsetzliche Geruch musste wohl von ihrem grau-grünlichen Ausfluss stammen, der weiter oben seinen Ursprung hatte. Die Vorstellung reichte! Das Grauen nahm seinen Lauf, denn unter den verklebten Haaren war ihre gelbliche Haut zu erkennen die wie versprochen, schon an den Knöcheln allerhand 'lustige' Zeichen trug. Verflucht! ...warum waren es meist die schrecklichsten Bilder die der Geist verstehen wollte? Warum sah man einem Unfall zu? Warum starrte man groteskes an? Die Abnormität der Dinge war es, die den Verstand aus schickte um den Eindruck zu erforschen, zu verstehen, also sah man weiter hin, anstatt sich abzuwenden, was definitiv gesünder gewesen wäre. Einmal hingesehen tanzte der Verstand jedoch weiter die Spirale hinab in den Wahnsinn. Schauder, kalt und klebrig krochen dem Betrachter in alle Ritzen und Winkel, würden sich nie wieder fort waschen lassen und einen bis in die Träume verfolgen. Schaurig war allein die Tatsache, dass Kuralla unter Deformationen zu leiden hatte, denn ihre Beine verliefen nicht gerade oder parallel, wie man es doch hatte erwarten sollen. Schon der Anblick der Knöchel ließ erkennen, das beide Beine sich mal im 45 Grad Winkel nach links und zwangsläufig also auch weiter oben im gleichen Winkel wieder nach Rechts verschoben, als würden sie etwas seitlich ausweichen. Der grauenerregende Schleim musste also eine Kurve gelaufen sein und hatte auf seinem Weg einiges an Schimmel, Maden und vielleicht sogar die ein oder andere Körperausscheidung mitgenommen. Auch der Geruch passte gut zu dem Bild. Die erste und heftigste Attacke gegen den Geruchssinn war der starke Dunst von Aceton. Dann ließ Schwefel einen an faulig eingelegte Eier denken, die diese Verrückte wer weis wo unter ihren Röcken hortete. Es folgte ein Hauch von ranzigem Fett und einer Käsesorte, die noch nicht erfunden war. Letztendlich legte sich fast angenehm lähmend eine süßliche Fäulnis auf die Sinnes-knospen und ...erdrückte jeglichen Lebenswillen und Worte, selbst Gedanken drohten sich selbst in diesem Dunst zu vergiften...
Argehjloilnneeeeiundantibuskaputtnixschlürfniewiederessen...!!!
Dann brach der Fluchtinstinkt hervor!
„ICH MUSS HIER RAUS!“
Zissus hatte es gesagt, aber alle dachten es! Schlagartig kam Bewegung in den Raum. Kodiak war trotz seiner Masse erstaunlich schnell und ebnete den Weg für alle. Er riss die Tür aus den Angeln und nahm auf seiner Flucht noch einen Teil des Türrahmens und der Wand mit. Dabei hatte er nicht einmal hingesehen, aber die Nase eines Bären war noch um ein vielfaches feiner als z.B. die eines Wolfes. Wie musste er leiden! Hinter ihm rannte Schlange und direkt darauf folgte Dry'ol. Vranyk taumelte leicht gegen eine Wand des Flurs, so benommen war er. Zissus hatte Kazel geholfen Janay zu packen und sie fort zu schleifen. Hopp weinte, weil ihr die Augen brannten und hielt sich aber tapfer in der Nähe des Pfaus. Waren das alle? Hatten sie jemanden vergessen?
Egal!

„Ihr übertreibt maßlos.“
, beschwerte Kuralla sich leise schmollend.
„Da hilft man ihnen und so danken sie es einen.“
Sie wandte ihren Kopf der Person zu, die neben ihr auf dem Sofa Platz genommen hatte.
„Alles in Ordnung?“
Nessaja nickte langsam.
„Ja ja, ich... Ich bin nur ein bisschen müde. Ich werd mich mal bei dir anlehnen und ein Nickerchen machen.“
„Na gut... schlaf gut.“
Nessaja schloss die kleinen von Sternenlicht erfüllten Augen für ihre letzte Prophezeiung. Leider hatte sie nicht mehr Zeit um Janay in ihrer Gabe zu unterrichten. Diese würde sich nun alleine da durch boxen müssen. Ihr Weg endete hier. Kuralla streichelte ihr über die zerknautschte Wange und flüsterte:
„Hab dich lieb, alte Freundin.“

Das Anwesen des Sammlers bot genug Platz um Raum zwischen sich und die Goblinoma zu bringen. Wo auch immer Kazel und Janay hin flohen, sie würden einen Raum finden, der ihnen zusagte.

((ooc: Vielleicht kann Kazel dieses Mal zu erst Antworten, da Janay ja ohnmächtig geworden ist und mitgetragen wird? Nur als Vorschlag, kein muss. ;) ))
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Sonntag 19. Juni 2022, 15:08

„Ist es vorbei?“ Schlanges Frage drang nur als leises Zischen durch den Raum, aber auch wenn Kazels eigener Körper nicht so perfektioniert war wie Sademos', so nahmen seine Spitzohren die Frage dennoch wahr. Sie lenkte ihn von seiner Sorge um Janay ab. Er hielt sie zwar immer noch im Arm, halb auf seine Schenkel gebettet, aber er schaute endlich auf und suchte dabei auch den Blick des geschuppten Hybriden. Kazel presste die Lippen fest aufeinander, sah dann zu Sademos' Leichnam und schüttelte sacht den Kopf. Nein, es war noch nicht vorbei. Der Sammler mochte tot sein und sobald der Körper verbrannt wäre auch endgültig vernichtet, aber der Störenfried von Dämonenwurm existierte immer noch.
Beinahe hätte Kazel seinen Namen ausgesprochen. Im letzten Moment hielt er sich zurück. Das durfte nicht passieren, denn er erinnerte sich, dass er genau diesen Namen aus dem Buch gelesen hatte. Damit hatte alles überhaupt erst angefangen. Es war besser, wenn möglichst niemand ihn laut aussprach.
So befahl Kazel, allen Anwesenden Distanz zur Leiche aufzubauen. Nebhasmhorachd durfte keine Gelegenheit erhalten, sich einen neuen Wirt zu suchen. Dass er seine Verbündeten daran erinnerte, wie der Sammler sich in seinen letzten Momenten auf Celcia gegeben hatte, half mehr als seine Forderung zurückzutreten. Niemand wollte hölzern und ungelenk umher stolpern. Niemand wollte sabbern und sich selbst einnässen. Niemand wollte dem Wahnsinn verfallen. Kazel atmete durch. Er wollte sich nicht einmal mehr daran erinnern, obwohl diese Gedankenbilder für ihn erträglicher waren. Woran er überhaupt nicht mehr denken wollte, waren Frauenleiber ohne Gliedmaßen. Ein Schaudern wanderte seine Wirbelsäule empor. Dann erstarrte er, aber der Grund war ein anderer.
Nicht? - Wie wäre es denn mit einem Sohn statt eines Haustiers?
"W-was?" Vielleicht trat die Gruppe nun noch weiter zurück, denn Kazel wirkte auch in seinem Körper nicht ganz klar im Kopf. Er hörte den Dämon. Er konnte ihn in seinen Gedanken hören! Aber wie? Mit vor Schreck geweiteten Augen suchte Kazel sein Innerstes ab. Fühlte es sich wie in Sademos an? Hatte er den Eindruck seinen Körper mit jemandem zu teilen? Versuchte jemand, die Kontrolle zu übernehmen?!
Nein, aber dass er Nebhasmhorachd immer noch hören konnte, bereitete ihm Unbehagen.
Ich kann warten ... Nehm ich das links ... oder nehm ich das rechts...?
Refelxartig schlang Kazel die Arme enger um Janay, wobei er seine Hand auf ihren flachen Bauch ablegte. Er schluckte leer, verarbeitete nur langsam die Informationen, die der Dämon zusätzlich zu seinem noch immer bestehenden Gedankenkontakt mit dem Mischling preisgab.
Und dabei hätten wir so gute Freunde werden können ... hmmm ... So könnte ich mich rächen...
"Gar nichts werden wir. Wir schicken dich in deine Heimat zurück und dann lässt du uns in Frieden! Uns alle!" Kazel sprach mit der Umgebung. Er starrte vor sich ins Nichts, sah durch die anderen hindurch, aber die Furcht türmte dunkle Wolken in seinem Meerblau der Iriden auf. Was musste er noch alles durchstehen? Was sollte er jetzt unternehmen? Die wachsende Verzweiflung blockierte ihn gänzlich. Alles, was er tun konnte, war es, Janay zu halten und dennoch zu wissen, dass dies den Dämon nicht aufhalten würde. Er würde sich ihrer bemächtigen ... oder seinem Kind ... links und rechts ... zwei Kindern?! Einem Sohn?
Zum Glück befand er sich nicht allein in der Situation. Der Gevatter hatte Zissus erwähnt. Er könnte helfen, aber der Pfauenmann hatte für den Moment sein schillerndes Strahlen verloren. Das einzige, was glänzte, waren die Tränenspuren auf seinen Wangen. Er machte einen bedauernswerten Eindruck und konnte sich kaum konzentrieren. Niemand würde es ihm verübeln, am allerwenigsten Kazel, aber er brauchte jetzt seinen Rat. Er beherrschte doch keinerlei Magie - jedenfalls keine, die sich nach celcianischen Maßstäben beschreiben ließ. Die Macht, die er durch den Gevatter erhalten hatte, war eine ganz andere Geschichte und mit der Manipulation der Zeit konnte er nun überhaupt nichts erreichen.
Da schwappte eine Welle der Hoffnung mit dem Gestank aller Pestilenzebenen des Harax über ihn hinweg. Dieses Aroma konnte Tote aufwecken, sie wieder umbringen und das in einem endlosen Kreislauf der Folter des Geruchssinns fortführen. Tod durch Gestank auf ewig. Und Kuralla hatte bislang nur den Mund aufgemacht! Was immer sie plapperte, verstand Kazel nicht. Er interpretierte es als die goblinische Muttersprache, aber sie war ihm noch weniger geläufig als das orkische Krz'ner. Allenfalls konnte er die Laute erahnen, weil er sie vereinzelt schon in Morgeria wahrgenommen hatte, aber das war Jahre her und die Erinnerungen in seinem Kopf wurden von frischeren Traumata überschattet. Das jüngste davon war der Dunst, den Kuralla ausstieß. Sie hatte ihren Dolch gepackt und sich eine Schnittwunde verpasst. Kazel bildete sich automatisch ein, dass auch ihr Blut bestialisch stinken musste. Er wollte nicht näher an die Alte heran.
Diese war ohnehin mit ihrem eigenen Tun beschäftigt. Sie wandte sich jetzt an Zissus und es schien, als nähme sie nun das Zepter in die Hand, um Nebhasmhorachd einen Ritt nach Hause zu ermöglichen. Aber da irrte sich der Mischling Kuralla hatte etwas ganz Anderes im Sinn. Kazel würde nicht entscheiden können, ob sie oder der Dämon dadurch das härtere Schicksal ereilte. Dass es dem Wurm nicht gefiel, spürte er aber, denn sein Geschrei dröhnte auch in Kazels Kopf. Erstmals seit seiner Ankunft in der Gruppe löste er die Hände von Janay. Er hielt sich den Schädel und krümmte sich über seine Liebste.
"Hör auf", knurrte er, meinte damit aber nicht die Goblin-Oma, sondern den Dämon. Sein Geplärre klingelte schmerzhaft in Kazels Gedanken. Er konnte nur hoffen, dass Kuralla das Richtige tat und dass seine Verbindung mit Nebhasmhorachd dadurch endgültig abbrach. Er hielt den Dämon nicht mehr aus. Wie konnten Ritualmagier nur freiwillig eine Besessenheit eingehen?! Aber genau dies strebte die alte Schrulle gerade an. Wie auch immer sie es anstellte - Kazel war wirklich absolut ungeübt auf dem Gebiet der Magie - sie schaffte es, Nebhasmhorachd aus Sademos' Leib zu ziehen und verschluckte ihn wahrlich. Der anschließende Rülpser war der Beweis. Er ließ die Fenster erzittern und legte eine dünne Schicht kondensierten, grünen Speichels auf die inneren Scheiben. Mit einem Mal schien das Mondlicht etwas kotzgrün bis gelblich gefiltert in den Raum hinein. Überall roch es nach allen widerlichen Ausscheidungen, die man sich nur vorstellen konnte und zwar gleichzeitig. Ein Gemisch aus Abscheu, Ekel, Erbrochenem und unidentifizierbaren wie gleichermaßen Unaussprechlichem füllte jede noch so freie Stelle im Archiv der zu meidenden Gerüche Celcias, die ein jedes Lebewesen durch seine Erfahrung für sich selbst geistig anlegte. Es stankd so abartig, dass die Seiten des Archivs teilweise zerfielen. Nie wieder würde man gewisse Dinge ohne die Erinnerung an Kuralla riechen können.
Kazel mocht nicht der Einzige sein, der ein Würgen zu unterdrücken versuchte. Er mied es konsequent, den ausgespuckten Zahn anzuschauen, der von ihnen allen über längere Zeit die schlimmste Folter erlitten hatte. Denn dieser Zahn hatte in Kurallas Mund gehaust. Nun war er frei und konnte in Frieden vor sich hin faulen.
Die übrigen Versammelten waren noch nicht erlöst, im Gegenteil. Zissus begriff wohl als Erster, was Kuralla getan hatte. Sofort sprang er auf und wandte sich an die Alte, aber diese wirkte überraschend gelassen. Hingegen lauschte Kazel in sich hinein, ob er Nebhasmhorachd noch immer hören konnte. War es vorbei? War dieses Kapitel nun wenigstens geschlossen worden oder müsste er das Jammern des Wurmes nach wie vor wahrnehmen, sich damit arrangieren und sich dran gewöhnen, während sein Kind - seine Kinder! - aufwuchsen? Er schaute auf Janays Bauch herab.
Ein Sohn ... und zwei ... links und rechts ... Es war vollkommen irrational, in dieser Situation nun gerade einen Gedanken festzuhalten, von dem er nicht einmal wusste, wieviel Wahrheit dahinter steckte. Aber es war gut, dass Kazel es tat. Es gab ihm Kraft. Seine kleine Familie.
Inzwischen musste der dämonische Wurm Kuralla als Teil seiner eigenen neuen Familie anerkennen. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, aber die Alte würde es nicht ungeschehen machen. Das Problem schien ... gelöst zu sein? Jedenfalls gab Kuralla es so vor. Kazel hingegen blieb skeptisch. Als auch er seine Gedanken endlich etwas geordnet hatte und wieder in die Szenerie aufsah, heftete sich sein Blick misstrauisch auf die alte Goblinfrau. Dann jedoch wanderte er weiter zu Zissus, der gerade seine eigentlichen Pläne offenlegte. Er sprach nicht nur sein Vorhaben an, Nebhasmhorachd in Sademos' Körper zu bannen, sondern er erwähnte auch ein Spiegelportal.
Meint er jenen Spiegel? Aber das hieße ja...
Erneut lenkte die Alte ab, dieses Mal aber nicht durch ihre Ausdünstungen. "Naaa, habt euch mal nicht so! Hihi .. ist alles gut jetzt. Ich denke, ich hab mir jetzt ein Päuschen verdient. Wenn ihr nichts dagegen habt, dann würde ich gern nach Hause..."
"Ich habe was dagegen", murmelte Kazel. Wahrscheinlich zog er damit erneut Aufmerksamkeit auf sich. Falls nicht, wiederholte er die Worte, fester und etwas lauter. "Bleib bitte hier. Alle sollten noch hier im Anwesen bleiben, bis ... bis wir wissen, was weiter zu tun ist." Und bis ich weiß, dass ich deiner Dämonenfress-Aktion trauen kann. Kuralla und Kazel hatten vor einiger Zeit zwar vereinbart, Freunde sein zu wollen, aber der Mischlingself blieb skeptisch. Es lag in seiner Natur. Das hier war Morgeria und die Stadt hatte ihn nach all den Jahren nicht vertrauenserweckender empfangen. Er wusste nicht, was im Kopf der Alten vor sich ging und nun auch in ihrem Bauch. Wichtig war, dass Nebhasmhorachd niemals wieder würde Schaden anrichten können. Erneut wanderten Kazels Augen zu Zissus herüber.
Durch das Spiegelportal...
Er runzelte die Stirn. Dann wurde alles schwarz. Kazel würde sich nicht an diese Sekunden in seinem Leben erinnern. Irgendwann setzte nun einmal der Selbsterhaltungstrieb des Gehirns ein und seines hatte genug Bilder für ein ganzes Leben binnen einer Nacht abspeichern müssen. Wissen über das, was unterhalb von Kurallas Rocksäumen vor sich ging, schaltete nun alles aus. Das Gehirn verweigerte seinen Dienst, schob einen Riegel vor Kazels Erinnerungen und schickte Nachricht an den gesamten, unperfekten Körper, für einige Momente zu streiken. Der Mischling sackte über Janay zusammen. Er wusste nicht, was sich in den nächsten Minuten abspielte und ob überhaupt jemand seine Ohnmacht bemerkte. Vielleicht waren sie alle zeitweise bewusstlos, bis die stinkende Oma den reinen Horror wieder unter ihre Stoffe verbannt hätte. Kazel wusste nur, dass er irgendwann wieder die Augen aufschlug. Er blinzelte und musste feststellen, dass Kurallas ureigenes Dunstgemisch noch immer in der Luft hing, aber wengistens hingen die Rockstoffe nun wieder über dem Tor zum Harax des Harax.
Für einen Herzschlag hatte der Mischling sogar Mitleid mit Nebhasmhorachd. Dann war es auch schon wieder vorüber. Dem Wurm würde er nicht verzeihen. Bei anderen ... musste er zunächst mehr Informationen einholen. Sein Blick glitt über Zissus, der sich nun bereit erklärte, mit ihm zusammen Janay an einen sicheren Ort zu bringen. Im Grunde forderte er es, ebenso wie alle anderen. Sie wollten nur noch weg von der Oma des Schreckens.
Die Gruppe verteilte sich und solange alle im Anwesen blieben, war Kazel damit einverstanden. Er wollte niemanden durch Morgerias Straßen laufen wissen. Nicht ohne Absprache, aber dazu war er gerade nicht in der Lage.
Gemeinsam mit Zissus trug er somit Janay aus dem Salon. Das war eine Aufgabe, die er bewältigen konnte. Außerdem war er so mit dem Pfauenmann mehr oder weniger allein. Beide beschlossen, Janay in den Wintergarten des Sammlers zu bringen. Sademos hatte ihn selten genutzt, aber er zählte zu einem von Zissus liebsten Orten, den er als hauseigener Gärtner natürlich hegte und pflegte wie eine Mutter ihr Kind. Auf dem Weg dorthin erhielt Kazel Gelegenheit, sich mit dem anderen Elfen zu unterhalten. Es würde kein angenehmes Gespräch, das ahnte er, aber es war ein Notwendiges.

"Zissus?" Kazel suchte nach Worten. Womit sollte er anfangen? Sie trugen Janay einen Korridor entlang. Blutflecken und leblose Körper zeugten von Kazels mordlüsternem Lauf, um die Hüllen aus ihrem Schicksal zu befreien. Jemand müsste hier aufräumen. Nicht er. Nicht jetzt.
"Hast du es gewusst? Was da unten in den Kellern vor sich geht? Hast du ... bitte, sag mir die Wahrheit." Davon würde vieles abhängen und Kazel fürchtete, er könne Nar'Zissus de Quis vielleicht nicht verzeihen. Er wollte es, denn er hatte den Elfen als freundlich und hilfsbereit kennen gelernt. Er sah in ihm einen Verbündeten. Er hatte mit ihm ... Janay geteilt. Kazel atmete tief durch, als ihm nochmals klar wurde, dass er diese Freuden in Sademos' Körper genossen hatte. Im Leib dieses ... grausamen Geschöpfes. Wie würde er Zissus sehen, sobald dieser geantwortet hätte?
Kazel mied den Blick zu jenem Mann. Er versuchte, die wenigen positiven Dinge zu finden, die ihm Halt gaben. Janay. Ein Sohn. Zwei ... links und rechts. Er sagte es in Gedanken wie ein Mantra auf. So ging es Schritt um Schritt weiter, aber noch war nicht alles geklärt.
"Zissus?" Erneut leitete er Unangenehmes mit dem Namen des Dunkelelfen ein. Erneut brauchte er einen Moment, bis er die Worte über die Lippen bringen konnte. "Woher weißt du von dem Spiegel und seinem Nutzen? Der ... Dämon wollte Sademos' Leib ebenfalls dorthin bringen. Er wollte, dass ich in den Spiegel sehe und den Körper an seinen Meister übergebe. Du ... hattest nun Ähnliches vor." Diese Erkenntnis wog schwer, aber vielleicht war es nur ein Missverständnis und Zissus war selbst nicht klar, wie knapp er durch Kurallas Einschreiten einem möglichen Unheil entgangen war. "Sag mir die Wahrheit. Ich will die Schreibfeder nicht nutzen müssen, aber ich werde es tun, um sicher zu gehen. Also lüge mich mit deinen Antworten nicht an. Das ... würde es schwer machen."
Janay wurde ebenfalls langsam schwer. Glücklicherweise erreichten Pfau und Mischling den Wintergarten gerade rechtzeitig, ehe Kazels Glieder zu sehr schmerzten. Er durchschritt die große Glastür, die einen Blick auf das überraschend heimelige Fleckchen des Anwesens bot. Wände aus Buntglas-Mosaiken, die Schmetterlinge, farbige Libellen und Blüten aller Art abbildeten, ließen das spärliche Mondlicht in den gläsernen Raum scheinen. Es legte einen milchig-bunten Schatten auf all die Pflanzen, die in Töpfen, länglichen Steingefäßen oder sogar in Halterungen an der Wand ihr Leben genossen. Sie verwandelten den Raum in ein Stück friedliches Grün inmitten der schlimmsten Stadt Celcias, die Kazel sich nur ausmalen konnte. Im Zentrum des Wintergartens befand sich eine Sitzgruppe. Aus Rattan gefertigte Webstühle verteilten sich um einen oktagonen Kaffeetisch, während zwischen einigen großen Topfpflanzen eine Zweisitzerschaukel stand, deren metallene Standbeine von Ranken umwachsen war. Dort legten Kazel und Zissus Janay ab. Der Mischling kniete sich vor der Schaukel auf den kalten Steinboden des Gartens. Er betrachtete seine Liebste und hoffte, sie würde bald erwachen. Er betrachtete ihren Bauch, suchte erneut Halt in dem Wissen, das der Dämon preisgegeben hatte. Und er wartete darauf, dass Zissus auf seine Fragen reagierte.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Montag 20. Juni 2022, 13:54

Am Ende war es einfach zu viel für sie gewesen. Zu viel und zu schnell für sie, die trotz allem und trotz ihres Berufes bislang ein relativ... harmloses Leben geführt hatte. Das war inzwischen vorbei, sie war wieder in ihrer Geburtsstadt und hatte dort Dinge erlebt, die sie niemals für möglich gehalten hätte.
Doch der Gipfel war letzten Endes ihre eigene Tollpatschigkeit mit dem tödlichen Ausgang. Ihre Hand führte jenes Messer, dass schließlich in dem dunklen Körper feststeckte und dafür sorgte, dass diese Hülle endgültig ihre Daseinsberechtigung verlor.
Als dies allmählich in ihren Geist durchsickerte, während der Leib des Hausherrn zusammen sackte, begannen ihre Nerven wie Saiten zu schwingen. Es war, als wenn sich ein Knoten in ihr löste, sie begann zu schreien und irgendwann sagte ihr eigener Körper, dass es nun reichte.
Ihr gingen die Lichter aus und sie klappte ebenfalls zusammen. Ob und wie sie am Boden aufschlug, ob sie sich dabei verletzte oder sonst etwas, das bekam sie nicht mehr mit. Auch, was danach in ihrer unmittelbaren Nähe geschah, ging an ihr vorüber, selbst der bestialische Gestank der alten Vettel.
Wobei letzteres vermutlich ein Segen für ihr Riechorgan war... oder der Grund dafür, dass sie bislang nicht aufgewacht war? Möglich wäre beides, ohne, dass sie auch nur den geringsten Einfluss darauf hätte haben können. Um sie herum gab es stattdessen nichts weiter als unendliche, zeitlose Schwärze mit einer Stille, die wohltuend und angsteinflößend zugleich war.
Somit war sie wehrlos, als sie beschützend in männliche Arme gezogen und zugleich von einem dämonischen Wurm inspiziert wurde. Bevor allerdings das Unheil passieren konnte, geschah ein anderes, ebenso ekelerregendes Übel, wenngleich sie von diesem Anblick verschont wurde. Später, sie war weiterhin nicht bei Sinnen, wurde sie angehoben und nackt, wie sie war, durch das Haus getragen, um anderswo gebettet zu werden.
Schließlich wurde sie in eine Schaukel gelegt und das sanfte Wiegen, mit dem sie bewegt wurde, drang allmählich bis zu ihrem Geist durch. Es löste ein wohliges Gefühl in ihr aus und war gleichzeitig dazu angetan, sie allmählich wieder in die Wirklichkeit zurück gleiten zu lassen. Leise seufzte ihr Körper und ihre Lider fingen an zu flattern, bis es Sekunden später soweit war, dass sie diese langsam anhob.
Sanftes, gedämmtes Licht empfing sie und blendete sie nicht, obwohl es dazu angetan war, die Schatten in ihrer Umgebung länger und unheimlicher werden zu lassen. Doch noch war sie viel zu verwirrt über diese Änderung, da sie ihren Transport ja nicht mitbekommen hatte, sodass ihre trägen Gedanken erst einmal darum kreisten, wo sie hier war.
Irgendwann, Zeitgefühl besaß sie noch keines, sackte ihr Kopf langsam zur Seite und ihr Blick fiel als erstes auf Zissus, diesen trauernden Pfauenmann, der selbst in diesem schlechten Licht all sein Leid und seinen Schmerz verströmte wie einen speziellen Blütenduft. Dazu angetan, ihre Überlegungen hin zu jenen Erinnerungen zu leiten, die erst zu ihrer Ohnmacht geführt hatten.
Bilder von Blut und einer Klinge blitzten vor ihrem inneren Auge auf, sodass sich das Entsetzen zurück in ihre Mimik verirrte. Schon öffnete sich ihr Mund zu einem neuerlichen Schrei, weiteten sich ihre Augen, verließ jegliche Farbe ihr Gesicht, als... ein Antlitz in ihr Blickfeld geriet, das den hysterischen Laut zu einem verirrten Kicksen in ihrer Kehle verdörren ließ.
"Ka... Kazel...?", hauchte sie ungläubig und hob ihre zitternden Finger, um nach ihm zu greifen. Und als ihre Spitzen seine Haut berühren konnten, brachen alle Dämme in ihr.
Tränen der Freude schossen ihr in die Augen und ließen ihre Umgebung verschwimmen. "Du lebst!", stieß sie lautstark aus und warf ihre Arme in die Höhe, um sie daraufhin um ihn schlingen zu können.
Dabei bewies sie einmal mehr ihre Ungeschicklichkeit, denn durch die plötzliche Bewegung bekam die Schaukel einen dermaßen heftigen Stoß, dass sie kurzerhand herunter purzelte. Ob auf sie dabei auf ihrem Liebsten landete oder doch eher mal wieder auf dem Boden, konnte sie nicht beeinflussen. Es war ihr gerade auch vollkommen egal, denn er lebte und sie wollte ihn festhalten, seine warme Haut genießen, seinen Duft tief in ihre Lungen...
"Bäh, du stinkst schlimmer als dieses krummbeinige Runzelgesicht!", stieß sie voller Ekel hervor und brachte hastig Abstand zwischen sie beide, während sie sich die Nase zuhielt in dem sinnlosen Versuch, den Gestank aus ihren Sinnen zu vertreiben. Zugleich begann ihr Magen zu rebellieren und das war kein gutes Zeichen.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Dienstag 21. Juni 2022, 16:52

Gemeinsam mit Zissus trug Kazel, nun wieder wirklich und wahrhaftig der Sturmadler, Janay aus dem Salon. Seinen eigenen Körper wieder zu haben, war zwar eine Umstellung, aber doch irgendwie schön und seine Seele genoss still das passende Gefäß. In einem anderen Körper zu leben war in etwa, als liefe man in viel zu engen oder auch viel zu weiten Kleidern herum. Sie störten, ziepten, schlackerten und scheuerten an Stellen, die man nicht mochte, aber jetzt war Kazel wieder ganz er selbst. Es konnte also nur besser werden...
Nur wurde es erst einmal schlimmer! Sehr viel schlimmer! Besonders für seine Nase. Die Flucht war somit die einzige Option, denn in Kurallas Nähe konnte und wollte man nicht existieren, wenn sie ihre Röcke hob. Alle flohen... alle bis auf eine, aber das blieb vorerst unbemerkt.
Kazel konzentrierte sich auf die eine Aufgabe, die er bewältigen konnte. Außerdem war er so mit dem Pfauenmann mehr oder weniger allein. Beide beschlossen, Janay in den Wintergarten des Sammlers zu bringen. Sademos hatte ihn selten genutzt, aber er zählte zu einem von Zissus liebsten Orten, den er als hauseigener Gärtner natürlich hegte und pflegte wie eine Mutter ihr Kind. Auf dem Weg dorthin erhielt Kazel Gelegenheit, sich mit dem anderen Elfen zu unterhalten. Es würde kein angenehmes Gespräch, das ahnte er, aber es war ein Notwendiges.
"Zissus?"
Kazel suchte nach Worten und der Pfauenmann sah ihn aus seinen von Trauer verklärten Augen an. Sie trugen Janay einen Korridor entlang. Blutflecken und leblose Körper zeugten von Kazels tödlichem Weg, um diese Hüllen aus ihrem Schicksal zu befreien. Jemand müsste hier später unbedingt aufräumen, aber nicht er und nicht jetzt.
"Hast du es gewusst? Was da unten in den Kellern vor sich geht? Hast du ... bitte, sag mir die Wahrheit."
Zissus senkte nachdenklich den Blick und wagte einen Moment lang Kazel nicht anzusehen, was kein gutes Zeichen war. Erst einmal ging es Schritt um Schritt weiter, aber noch war nicht alles geklärt. Der Mann neben ihm hatte gerade einiges zu verarbeiten.
"Zissus?"
Erneut leitete er Unangenehmes mit dem Namen des Dunkelelfen ein. Erneut brauchte er einen Moment, bis er die Worte über die Lippen bringen konnte.
"Woher weißt du von dem Spiegel und seinem Nutzen? Der ... Dämon wollte Sademos' Leib ebenfalls dorthin bringen. Er wollte, dass ich in den Spiegel sehe und den Körper an seinen Meister übergebe. Du ... hattest nun Ähnliches vor."
Diese Erkenntnis wog schwer, aber vielleicht war es nur ein Missverständnis und Zissus war selbst nicht klar, wie knapp er durch Kurallas Einschreiten einem möglichen Unheil entgangen war.
"Sag mir die Wahrheit. Ich will die Schreibfeder nicht nutzen müssen, aber ich werde es tun, um sicher zu gehen. Also lüge mich mit deinen Antworten nicht an. Das ... würde es schwer machen."
Janay wurde ebenfalls langsam schwer. Glücklicherweise erreichten Pfau und Mischling den Wintergarten gerade rechtzeitig, ehe Kazels Glieder zu sehr schmerzten. Er durchschritt die große Glastür, die einen Blick auf das überraschend heimelige Fleckchen des Anwesens bot. Im Zentrum des immergrünen Wintergartens befand sich eine gemütliche Sitzgruppe, während zwischen einigen großen Topfpflanzen eine Zweisitzer-Schaukel stand. Dort legten Kazel und Zissus Janay ab. Der Mischling kniete sich vor der Schaukel auf den kalten Steinboden des Gartens. Er betrachtete seine Liebste und hoffte, sie würde bald erwachen. Er betrachtete ihren Bauch, suchte erneut Halt in dem Wissen, das der Dämon preisgegeben hatte. Und er wartete darauf, dass Zissus auf seine Fragen reagierte. Dieser stand einige Momente vollkommen reglos hinter Kazel und rang nach Worten:
„Es würde mir nichts bringen, jetzt noch zu lügen. Außerdem... gehört die Kunst der Lügengespinnste nicht zu meinen besten Fähigkeiten. Ich war ...immer zu weich, zu ehrlich, zu ...anders und zu ...niedrig für diese Gesellschaft, weswegen Sademos irgendetwas in mir gesehen hatte, dass ihm fehlte, denke ich. Während...“
Er schluckte und ließ sich in einen Sessel fallen. Es knirschte leise und er legte den Kopf in den Nacken, schaute hinauf zu der mit floralen Motiven bemalten kuppelartigen Decke und atemete einmal tief durch.
„Um ehrlich zu sein, ist mir egal... alles egal. Ob du mir mit oder ohne Feder glaubst, ist mir egal! Ob ich noch lebe, ist mir egal. Irgendwie hat die Welt ihre Farben verloren...“
Zissus litt sehr poetisch, aber er senkte den Blick dann wieder und sah in Kazels fragendes Gesicht.
„Ich werde dir alle Fragen beantworten, so gut ich kann und so wahrheitsgemäß, wie ich um die Abläufe in diesem Anwesen weis. ...Und danach, ...werde ich gehen!“
Zissus wirkte nun irgendwie kälter als vor Sademos Tod, als sei mit ihm auch etwas von ihm gestorben.
„Um deine Frage zu beantworten, ob ich von den Vorgängen im Keller wusste...“
Er schloss die Augen, als wenn er selbst sich davor am liebsten verschließen würde.
„Sademos hat mich von dort immer fern gehalten, aber... aber man kann nicht Jahrzehnte zusammen leben und nicht zwangsläufig die Geheimnisse des anderen erfahren. Also ja, ich wusste, dass dieser Gnom dort unten für ihn Experimente abhält und dass er dafür immer wieder neue Opfer sammelte. Er war schließlich ...der Sammler.“
Zissus zitterte leicht.
„Du fragst dich vielleicht, wie man solch ein Monster lieben kann...“
Seine Finger, die die Armlehnen um krallt hatten, lösten sich und streckten sich ein paar Mal.
„Ich tat es. Ich liebte den letzten Rest in ihm, der ihn am Leben hielt. Ich liebte ihn... einfach nur so – weil man sich das nicht aussuchen kann! Ich liebte ihn, auch wenn er Menschen in Hybriden verwandelte, wenn er sie tötete, wenn er sie schwängern ließ um zu sehen, was heraus kam... Ich liebte ihn, als er sich immer mehr zurück zog und mich immer weiter weg stieß.“
Er wischte sich mit der Handfläche übers Gesicht und öffnete wieder die schönen tränennassen Augen.
„Also ja, ich wusste, dass er ein Monster war und liebte ihn trotzdem, wusste um viele seiner Geheimnisse und ahnte vielleicht, dass es noch mehr gab... vielleicht ...gab es Geheimnisse in den Katakomben, die mich dazu gebracht hätten, ihn nicht mehr zu lieben, aber ...nein... Ich denke, wenn es so wäre, dann hätte ich ihn trotzdem nicht verlassen. Deshalb warnte ich dich, dass gewisse Bereiche in diesem Haus nicht von anderen als ihm betreten werden dürfen. DU trugst seinen Körper und warst dort unten, wo er mich niemals haben wollte... aber ja, ich wusste, dass dort unten neben den Experimenten noch etwas lauern musste, dass er nicht wollte, dass ich es sah. Und so wie du mich jetzt gerade anblickst, habe ich recht daran getan, niemals den Weg bis zum Ende zu gehen.“
Zissus sah in Kazels Augen nur die Erinnerung an das Grauen und nickte trüb.
„...Ja, so kann ich wenigstens als einzige Seele in dieser Stadt weiter behaupten, dass ich den Sammler geliebt habe... und er mich...beschützt hat...vor sich.“
Tränen brachten über den Rand seiner Lieder und ergossen sich über die schimmernden Wangen. Wie man um solch ein Monster weinen konnte, war gewiss nicht einfach nachzuvollziehen. Aber wie auch Dry'ol und Vranyk, so war auch Zissus quasi inmitten dieser Abgründe aufgewachsen. Sie kannten einander nicht anders, wussten es nicht besser. Für sie gab es kein anderes Leben. Liebe war oft auch leid, aber trotzdem wahrhaftig, selbst wenn es schmerzte. Entweder man hatte sie, akzeptierte dann auch alle Seiten, oder eben nicht. Das Zissus liebe von vielen als 'krank' bezeichnet werden würde, stand außer Frage, aber in Morgeria gab es vieles, dass sich so nennen konnte.
„...und was den Spiegel angeht...“
Zissus lehnte sich vor und stützte sich müde auf seinen Ellenbogen ab.
„Spiegel sind hervorragende Foki wenn es um Portale oder Tore zu nahen Dimensionen oder Ebenen geht. Man kann Magie an sie binden und auch Sinneseindrücke durch sie hindurch senden. Ich hatte Sademos ein paar mal vor einem Spiegel im Arbeitszimmer mit jemanden sprechen hören. Ich wusste, dass es dort einen gab. Ich hatte mich einmal hinein geschlichen, als er nicht da war und ihn enthüllt, aber nicht darin gesehen... also wirklich NICHTS! Es war... nichts...“
Zissus wirkte merkwürdig abwesend, während er von diesem Erlebnis berichtete.
„Es war, als würde etwas am mir saugen... mich hinüber ziehen wollen. Ich glaube, Sademos hatte da mit Magie experimentiert, die weit über mein Verständnis hinaus ging. Ich war zwar zu Beginn unserer ...Beziehung ein Mitkommilitone, aber ich verstand schnell, dass das alles für ihn nie genug war. Seine... ja... seine Gier war immer viel größer als meine. Ich begnügte mich stehts mit dem was ich konnte, aber er...“
Zissus schüttelte traurig den Kopf.
„Er verbarg diese Art von Hunger vor mir, wo er konnte, aber seine Taten hier an der Oberfläche waren so grausam, dass ich nicht... in die Tiefe schauen WOLLTE!“
Schuld, Mitleid und Trauer standen dem Pfauen ins Gesicht geschrieben. Eine Weile verstummte er und hing wohl irgendwelchen Erinnerungen nach. Hatte er Kazels Fragen ausreichend beantwortet? Zumindest fühlte es sich nicht so an, als ob Zissus ihn belog. Dafür war er viel zu erschüttert von den letzten Geschehnissen. Er schloss auch bald seine Augen wieder und atmete flach. Sein wunderschöner Körper wirkte, als hätte man ihm die Kraft entzogen. Zusammen gesunken lungerte er in dem hübschen Korbsessel herum, den er vielleicht sogar selbst gemacht hatte, und wirkte wie nicht mehr in diese Welt gehörig. Sein Lebenswille hatte mit dem Leben des Sammlers geendet.
Gab es eine Chance ihm einen neuen zu geben?
Zumindest Kazels Fragen schienen ihn noch immer zu erreichen und vielleicht auch gerade das Leid, was sie beide teilten, die Erinnerungen, die Zissus an den Sturmadler banden. Doch was würde aus ihm, wenn Kazel ging? Oder was, wenn er selbst ging, so wie er angekündigt hatte? Mit Sademos Tod war sein Schicksalsfaden von dem von Kazel und Janay getrennt worden. Wollten sie ihn neu knüpfen, so mussten sie wohl aktiv werden und dies war der Moment, in dem Janay auch wieder aktiver wurde. Schon öffnete sich ihr Mund zu einem neuerlichen Schrei, weiteten sich ihre Augen, verließ jegliche Farbe ihr Gesicht, als... ein Antlitz in ihr Blickfeld geriet, das den hysterischen Laut zu einem verirrten Kicksen in ihrer Kehle verdorren ließ. Zissus und Kazel sahen erschrocken zu ihr hinüber.
"Ka... Kazel...?"
, hauchte sie ungläubig und hob ihre zitternden Finger, um nach ihm zu greifen. Und als ihre Spitzen seine Haut berühren konnten, brachen alle Dämme in ihr. Tränen der Freude schossen ihr in die Augen und ließen ihre Umgebung verschwimmen.
"Du lebst!"
, stieß sie lautstark aus und warf ihre Arme in die Höhe, um sie daraufhin um ihn schlingen zu können. Dabei bewies sie einmal mehr ihre Ungeschicklichkeit, denn durch die plötzliche Bewegung bekam die Schaukel einen dermaßen heftigen Stoß, dass sie kurzerhand herunter purzelte und auf ihrem Liebsten landete. Der erste Enthusiasmus wandelte sich jedoch sehr schnell in angeekelte Abscheu.
"Bäh, du stinkst schlimmer als dieses krummbeinige Runzelgesicht!"
, stieß sie voller Ekel hervor und brachte hastig Abstand zwischen sie beide, während sie sich die Nase zuhielt in dem sinnlosen Versuch, den Gestank aus ihren Sinnen zu vertreiben. Zugleich begann ihr Magen zu rebellieren und das war kein gutes Zeichen. Zissus stand auf, ging zu einem Schränkchen, dass man in diesem kunstvollen Dschungel kaum gesehen hatte und kramte darin. Einen Atemzug später hielt er eine Dose in der Hand, nahm daraus eine kleine schwarze Bohne und steckte sie sich in den Mund. Kauend kam er zu Janay und sagte:
„Hier... Kau das und dann...“
Er griff nach dem Blatt eines kleinen Baumes neben sich und schob es sich zwischen die Lippen.
„...dann das hier.“
Man sah, dass es nicht wirklich gut schmeckte, aber was auch immer es war, es schien zu helfen. Dann reichte er die Dose und noch ein Blatt auch an Kazel weiter:
„Keine Sorge, es ist nur Kaffee und Eukalyptus. Grässliche Mischung, aber damit bekommt ihr den Geruch in Griff.“
Nachdem er sein Angebot gemacht hatte, ließ er wieder etwas Abstand zwischen sich und den beiden Liebenden und zog sich in seine Korb-Ecke zurück. Anscheinend war dies hier wirklich sein ganz persönliches Reich gewesen. Alles hier schien seine Handschrift zu tragen. Auch die Pfauenfedern, die in Büscheln gleich wie Blumen-Arrangements in Vasen standen, wiesen darauf hin. Zissus verfielt erst einmal in Schweigen...
Janay hatte durch ihre Ohnmacht von dem ganzen Gespräch nichts mitbekommen, aber vielleicht war das auch besser so. Vielleicht galt es ihren Verstand vor dem Grauen zu schützen, das Kazel allein schultern musste? Vielleicht würde sie auch irgendwann Antworten verlangen, auf die vielen offenen Fragen zwischen ihnen. Auf jeden Fall schien sich die Welt jetzt erst einmal wieder etwas langsamer zu drehen. Das drängende Gefühl, sofort wieder eine Katastrophe abwenden zu müssen, hatte sich verflüchtigt. Zurück blieb eine merkwürdige Stille, eine melancholische Ruhe und Zeit zum heilen...
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Mittwoch 22. Juni 2022, 08:55

Dass Zissus ihm nicht sofort auf seine Fragen antwortete und sogar seinem Blick auswich, während sie Janay in den Wintergarten geschleppt hatten, bereitete Kazel Unbehagen. Er mochte den Pfau. Von Liebe konnte man hier nicht sprechen. Er kannte ihn ja noch weniger als Janay und nur weil sie ein dreifaches Stelldichein hatten - das Kazel nicht einmal im eigenen Körper erlebt hatte - musste daraus noch lange nichts entstehen. Er hatte ihn ohnehin vorgewarnt, dass er ihn nicht würde so lieben können wie Sademos es getan hatte. Dennoch hegte der Mischling Sympathie für den extravaganten Dunkelelfen. Umso schwerer traf es ihn, dass es Anzeichen für sein Wissen um die Geschehnisse in den Kellerkatakomben gab. Doch Kazel musste sich weiterhin gedulden. Janays Wohlergehen stand zunächst im Vordergrund. So drängte er auch dann noch nicht zu einer Antwort, als sie die Bewusstlose bereits auf der breiten Sitzfläche der Gartenschaukel abgelegt hatten. Gern hätte Kazel sie mit etwas zugedeckt, fand auf Anhieb aber nichts. Sicher wüsste Zissus als Gärtner des Anwesens, wo sich ein Überwurf oder Ähnliches finden ließe, doch er hatte gerade eigene Probleme. Kazel wandte den Kopf um, als er ihn fast schon schwerfällig in einen der Rattansessel sinken hören konnte. Das Gewebe knarrte unter seinem Gewicht, aber mehr noch hatte er das tonlose Seufzen vernommen. Besorgt musterte der Mischling den anderen Elfen. Besorgt um seine Trauer, aber auch um die Antworten, die er ihm noch schuldig war.
Endlich setzte Zissus zum Sprechen an. Er hatte Schwierigkeiten, eine Formulierung zu finden. Die Worte kamen ihm nicht so federnd leicht über die Lippen wie üblich, aber wer konnte es ihm verübeln? Er hatte seine große Liebe verloren. Kazel wusste es vorher schon. Nun aber hörte er dieses Empfinden und den großen Verlust aus der Art heraus wie Zissus über Sademos sprach. Garantiert fand niemand ähnlich Worte für einen Mann - eine Bestie - wie den Sammler, wüsste man um dessen Geheimnisse. Umso aufrichtiger wirkte alles, was Zissus über ihn zu sagen hatte. Kazel lauschte stumm.
Erst als Zissus sich selbst kritisch betrachtete und für seine Mildtätigkeit als Schandfleck der morgerianischen Gesellschaft verurteilte, zuckte die Hand des Mischlingselfen empor. Hätte der andere in unmittelbarer Nähe zu ihm gesessen, Kazel hätte seine Finger mit den anderen verflochten, die Hand auf die Schulter gelegt oder Zissus einfach mal sanft am Arm gedrückt. Doch der Dunkelelf hing schwermütig in seinem Korbsessel, während sein Zuhörer noch immer auf dem kalten Boden neben der Sitzschaukel saß. Seine Hand lag an Janays Unterarm in der Hoffnung, durch eine Regung sofort auf sie aufmerksam zu werden. Doch wäre seine Liebste jetzt erwacht, Kazel hätte nicht einmal hingeschaut. Er war voll auf Zissus fixiert, gebannt von dessen Worten und empathisch für dessen Gefühle. Es festigte das Band zwischen ihnen und dennoch verwirrte es ihn. Er erinnerte sich an sein eigenes Gefühlschaos, die Abscheu und den blanken Ekel, einfach nur in der Hülle des Sammlers gesteckt zu haben. Nach wie weckte es in ihm schieren Brechreiz, konzentrierte er sich nur intensiver auf Sademos und vor allem auf die Taten, die er aufgedeckt hatte. Zissus Worte standen in so starken Widerspruch und doch ... er verstand ihn, ein wenig. Liebe setzte nicht nur rosarote Brillen auf. Für die Liebe war man bereit, Opfer zu geben und sei es, dass man all das Schlechte bewusst ignorierte. Denn man vergötterte, was man liebte. Da gab es keinen Platz für eine düstere Vergangenheit, eine boshafte Gegenwart oder das eigene Verderben in einer gemeinsamen Zukunft. Kazels Blick huschte flüchtig zu Janay herüber. Ja, er verstand Zissus. Auch er würde wohl über einiges hinwegsehen, solange Janay nur bereit wäre, ihn nicht von sich zu stoßen.
Dann wiederum flackerte die Erinnerung an all die Frauenkörper mit ihren ungeborenen Kindern im Leib auf und er musste ein Schaudern unterdrücken, um Zissus nicht zu unterbrechen. Es war schweirig, wenn es um Sademos ging. Es war noch schwieriger, wenn man Zeuge seiner Machenschaften geworden war und die Bilder hatten sich quasi in Kazels geistige Netzhaut gebrannt. Ihn fröstelte. Er zwang sich trotzdem, einfach still weiter zuzuhören.
Zissus war nie unten in den Katakomben gewesen. Fast erleichterte Kazel diese Erkenntnis. Der Pfau hatte nicht gesehen, was er gesehen hatte. Vielleicht mochte er die Schreie wahrgenommen haben, falls er wirklich einmal weit genug unten gewesen war. Gewiss wusste er um Experimente seines Geliebten. Ohja, er wusste es. Gerade erwähnte er sie. Aber Zissus hatte nichts davon gesehen. Er hatte die Frauen nicht gesehen. Sademos hatte ihn von all dem bewusst ferngehalten.
"Du fragst dich vielleicht, wie man solch ein Monster lieben kann..."
"Das habe ich bereits", erwiderte Kazel. Er hatte es rausgeschrien, Janay direkt ins Gesicht und sie hatte die Worte vielleicht auf sich gemünzt interpretiert. Tatsächlich aber waren sie doch an Zissus gegangen.
"Ich tat es. Ich liebte den letzten Rest in ihm, der ihn am Leben hielt. Ich liebe ihn ... einfach nur so - weil man sich das nicht aussuchen kann! Ich liebte ihn, auch wenn er Menschen in Hybriden verwandelte, wenn er sie tötete, wenn er sie schwängern ließ um zu sehen, was heraus kam ... Ich liebe ihn, als er sich immer mehr zurück zog und mich immer weiter weg stieß."
"Er hat dich auch geliebt. Und das ist das einzig gute Haar, das ich an ihm lassen kann." Kazel brauchte sich nicht einmal die Erinnerungen des Sammlers zurück in sein eigenes Gedächtnis zu rufen. Allein das Wissen, dass er Zissus niemals hatte sehen lassen, wie die Experimente wirklich abliefen, verriet es schon. Er hatte seinen Gärtner, Pfau und Liebsten vor seiner eigenen Finsternis ferngehalten. Entweder, um ihn wirklich davor zu bewahren oder aber aus Scham. Letztendlich tat er es jedoch, um die Gefühle, die sie füreinander hegten, dadurch nicht zu beflecken. Der letzte Funke eines Gewissens galt Zissus.
"Ich wusste, dass dort unten neben den Experimenten noch etwas lauern musste, dass er nicht wollte, dass ich es sah. Und so wie du mich jetzt gerade anblickst, habe ich Recht daran getan, niemals den Weg bis zum Ende zu gehen." Kazel konnte daraufhin nur nicken. Er stimmte Zissus vollends zu. Dann glitzerten die Tränen nicht nur länger als verräterische Diamantsplitter an den Wimpern des Pfauenelfen, sondern brachen sich Bahn. Sie flossen, benetzten seine dunkle Haut, dass sie glänzte und sie weckten in Kazel den Impuls, aufzuspringen, um nun doch zu ihm an den Korbstuhl zu gelangen. Sein Impuls kam einen Atemzug zu spät.
"Ka... Kazel...? Du lebst!"
Sein Kopf fuhr herum, ehe sein Körper sich hatte erheben können. Ihre Stimme war nur ein schwaches Wispern gewesen, es hatte die spitzen Ohren dennoch erreicht und nichts Anderes alarmierte ihn so schnell als das. Sofort traf Kazels Blick auf Janay. Endlich schaute er sie wieder aus seinen eigenen Augen an. Müde und derzeit traurige Augen, die Zissus' Schwere teilten, doch inmitten der dunkelblauen Wogen glitzerte ein helles Schaumkrönchen aus Liebe, das pure Freude darüber zeigte, dass Janay ihn ansah. Schon stürzte sie von der Gartenschaukel, direkt in seine Arme und hätte ihn beinahe umgerissen. Kazel handelte instinktiv, stützte sie beide ab, indem er seine Hände als Widerstand gegen den Boden stämmte, anstelle Janay zu umarmen. Das würde gleich gehen. Gleich, sobald sie ...
"Bäh, du stinkst schlimmer als dieses krummbeinige Runzelgesicht!"
Sie zog sich zurück, ohne zu merken, dass auch sie Opfer von Kurallas Pestwolke des niederharaxischen Mundgeruchs von Äonen vernachlässigter Mundhygiene geworden war. Sie alle stanken bestialisch. Doch es war genau diese direkte Art, auf ihn zu reagieren, die Kazel jetzt weiter strahlen ließ. Während Zissus im Hintergrund schon aufsprang, um ein bislang unentdecktes Schränkchen zu durchsuchen, da begann Kazel seine Geliebte immer breiter anzulächeln. Er gluckste und schließlich lachte er, frei und aus offenem Herzen heraus. Wann hatte das Haus des Sammlers zum letzten Mal einen derartigen Laut von seinen Wänden widerhallen lassen?
Kazel kicherte frei und ungeniert. Er störte sich nicht an der Verwirrung, die möglicherweise ausgekommen war. Aber er erklärte sich bereit, sie zu vertreiben: "Wenn das dein einziges Problem ist, dann bin ich unendlich glücklich." Und das stimmte. Er hatte schon befürchtet, Janay wäre über seinen eigenen Wahnsinn oder seinen möglichen Opferungstod der Verzweiflung zum Opfer gefallen. Er hatte blanke Angst um sie gehabt und nun saß sie ihm gegenüber und echauffierte sich über seinen Geruch. Ihr gemeinsames Baden war vollkommen umsonst gewesen! Sie würden es wiederholen müssen. Das waren Probleme, die Kazel nur allzu gern angehen wollte. Kleinigkeiten, alltäglicher Stress. Janays Bredouille lenkte ihn für den Augenblick von all den Düsteren ab, mit dem er sich bald schon wieder würde beschäftigen müssen. Er fühlte sich verantwortlich, sowohl für die befreiten Hybridenverbündeten als auch die armen Seelen im Dienste des Sammlers. Sie hatten alle vor Kurallas Todesrülpser Reißaus genommen und sich nun wohl im Anwesen verstreut. Kazel würde sie sammeln und gemeinsam besprechen müssen, wie ihre Zukunft aussähe. Außerdem lagen überall noch die blutigen Überreste der leblosen Hüllen herum. Auch in den Kellerkatakomben ... und dort warteten noch ein fiebriger Elf und ein tollwütiger Hybrid darauf, von ihrem Schicksal erlöst oder befreit zu werden. Es war noch lange nicht vorbei. Für den Moment allerdings rückte alles in den Hintergrund. Wenigstens für eine Weile. Es endete, als sich die von Trauer fast schon gekrümmte Gestalt des Pfauenelfen in den Vordergrund schob und ihnen allen eine kleine, schwarze Bohne, sowie ein intensiv duftendes Blatt reichte. Letzteres hatte Kazel in seinem Leben noch nicht gerochen. Die Bohne kannte er, zumindest deren sanften Duft. Das war Kaffee.
Er nahm beides entgegen, schloss jedoch nur seine Hand darum. Mit der anderen holte er rasch aus, ehe Zissus sich wieder auf seinen Korbsessel zurückziehen konnte. Kazel umfasste das dunkle Handgelenk und hielt ihn auf.
"Ich glaube dir", sagte er und sah zu Nar'Zissus empor, der eigene Blick so ernst, dass auch der andere Elf ihm einfach glauben musste. "Bleib hier", bat er ihn anschließend und es war klar, dass er nicht nur die direkte, aktuelle Nähe zu ihm und Janay meinte. "Du bist zu freundlich für Morgeria. Zu weich für eine Gesellschaft, in der es vielleicht noch Dutzende Seelen wie Sademos gibt. Verzeih, aber ich kann wirklich kein Haar mehr an ihm lassen. Ich ... habe ein anderes Bild von ihm gewinnen können. Eines, das ich dir niemals zeigen werde. Denn du bist das einzig Gute, das er der Welt hinterlassen hat. Und selbst jetzt liebst du ihn immer noch." Kazels Griff um das Handgelenk festigte sich etwas. Er wusste um Zissus' Stärke. Wenn dieser wollte, könnte er sich garantiert mühelos entziehen. Trotzdem versuchte der Mischling ihn näher an sich heran zu führen und dazu zu bringen, sich zu ihm und Janay auf den Boden zu setzen. Sollte es gelingen, fände Nar'Zissus de Quis sich in einer ehrlichen Umarmung des Mitgefühls wieder. Ansonsten musste er diese aus Kazels Worten heraus interpretieren, die er auf jeden Fall an den Pfau richtete. "Du gehörst nicht hierher, denn du bist anders - genau wie wir. Bitte, ich möchte nicht, dass du gehst. Und wenn, dann gehen wir alle gemeinsam. Sobald hier alles geregelt ist. Aber jetzt bitte ich dich: Bleib ... mein Freund." Gerade die Titulierung fiel ihm schwer. Nicht, weil Kazel es nicht ernst meinte. Er hatte das Gefühl, Zissus vertrauen zu können. Endlich! Der Dunkelelf hatte ihn und Janay von Beginn an freundlich empfangen, ja sogar vorurteilslos, obwohl sie beide doch keine reinblütigen Dunkelelfen waren. Er war stets an ihrer Seite gewesen, hatte ausgeholfen und sogar körperliche Freuden mit ihnen auf eine Weise geteilt, die Kazel sich bis dato nicht hatte ausmalen können. Er war es gewesen, der ihn in Sademos Leib gepackt und vom Unheil aufgehalten hatte, das er ohne seine Hilfe wohl über Celcia gebracht hätte. Und jetzt hatte er ihnen Kaffee und Eukalyptus gereicht. Wenn er Zissus nicht zu vertrauen lernte, dann würde es bei keinem mehr funktionieren. Nicht einmal Kuralla genoss aktuell einen so hohen Stellenwert.
"Es tut mir wirklich Leid um deinen Verlust."
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Donnerstag 23. Juni 2022, 13:56

Wie viel Zeit sie verpasst hatte, wusste sie mal wieder nicht zu sagen. Oder auch, was in diesen Minuten passiert war. Oder waren es gar Stunden gewesen?! Nein, das hoffte sie ja doch nicht! Jedenfalls war die Erinnerung an den gewaltvollen Tod des Sammlers noch nicht gut genug verdaut, als sie erwachte.
Das Grauen drohte sie erneut zu ergreifen, als... sie die befreiende Entdeckung machte. Kazel befand sich nicht nur wieder in seinem eigenen Körper, nein, er hockte auch an ihrer Seite. Ihre Wiedersehensfreude war groß und echt... und sorgte dafür, dass sie mal wieder tollpatschig reagierte.
Unwissend, in welchem Möbelstück sie sich befand, bewegte sie sich zu heftig und purzelte glatt heraus, direkt in seine Arme. Dass sie sich dabei das Knie stieß, wie auch immer ihr das gelang, und später ein blauer Fleck das würde bezeugen können, ging in ihrem Freudentaumel unter.
Ihrer Nase und ihrem Magen hingegen war dieses Glück nicht beschieden. Viel zu deutlich nahm sie seinen Gestank wahr und hatte dabei das Gefühl, als würde er ihr sämtliche Sinneszellen verätzen wollen, sodass sie hastig zurück wich und das auch unmissverständlich kommentierte.
Seine Reaktion indes war... ja, verwirrend traf es durchaus. Zuerst, als er allmählich immer breiter zu grinsen begann, hob sie eine Augenbraue zweifelnd an, dann verschränkte sie die Arme vor der nackten Brust und als dann das erste Glucksen seine Kehle verließ, schnaubte sie beleidigt. "Also, ich finde das überhaupt nicht witzig!", beschwerte sie sich und machte dabei den Fehler, etwas zu scharf durch die Nase einzuatmen.
Erneut kam eine Geruchswolke und brachte sie zum Würgen. Wie gut, dass Zissus geistesgegenwärtig gehandelt hatte, denn während sie noch gegen Reiz ankämpfte und dadurch Kazels Worte nur nebenbei hörte, trat er mit einer kleinen Bohne zu ihr. Es widerstrebte Janay, jetzt etwas zu kauen oder überhaupt in den Mund zu nehmen, doch der Duft dieses kleinen Dings war auf eine positive Art und Weise dermaßen intensiv, dass sie dem Rat tatsächlich folgte.
Zuerst kaute sie an der Bohne herum, die ungewöhnlich bitter schmeckte, und nahm dann auch noch das angebotene Blatt. Zwar vertrieb diese Mischung nicht die Wahrnehmung des Gestanks, jedoch beruhigte sich ihr Magen weit genug, dass der restliche Inhalt, sofern es diesen überhaupt noch gab, drin blieb. Vorerst zumindest!
Sie schenkte dem Pfau ein dankbares Nicken, ehe sie seufzend die Augen schloss und sich zurück lehnte. Wie gut, dass sie sich ein wenig bewegt hatte zuvor, denn sie erwischte mit ihrem Rücken nicht die Sitzfläche der Schaukel, sondern das Gestell, das ihr ein wenig Halt bieten konnte. Somit kämpfte sie noch mit ihrem eigenen Leib, während Kazel sich wieder ihrem neugewonnenen Freund widmete.
Ihr war, als wären die Beiden mitten in einem Gespräch und sie würde da nicht hinein passen. Drum hielt sie im ersten Moment wenigstens den Mund und kämpfte mit sich. Aber je weiter ihr Liebster sprach, desto aufmerksamer konnte sie zuhören und schließlich sogar ihre Augen wieder öffnen, um fragend zwischen den Männern hin und her zu sehen. Bis eine Bemerkung fiel, die sogar ihr einen leisen Schrecken einjagte.
"Wie gehen?", entkam es ihr leise und zurückhaltend, als hätte sie trotz allem Angst davor, sich einzumischen. Dennoch konnte sie nicht länger schweigen und sah nun auch direkt zu Zissus, merklich irritiert.
"Du kannst jetzt nicht gehen!", folgte es schon etwas kräftiger und sie setzte sich gerader auf. Natürlich hätte sie auch aufstehen können, doch ihe Knie fühlten sich noch etwas zu wabbelig an, als dass sie ihnen ihr gesamtes Gewicht aufbürden wollten. Außerdem... hätte es an ihrem Blickwinkel nur wenig geändert, denn sie hätte so oder so zu ihm aufsehen müssen.
Allerdings konnte sie etwas anderes tun und wie ihr Liebster griff auch sie nach ihm und versuchte, seine Finger zu erhaschen, um sie mit den ihren zu verflechten. Dabei wurde ihr Blick ehrlich bittend und zugleich kam ihr eine Idee, wie sie ihm vielleicht etwas helfen konnte, ihrer beider Wunsch zu entsprechen.
"Wer soll denn sonst mein Kleid tragen, das du haben wolltest?", bemühte sie sich um einen leichten Tonfall, um die betrübte Stimmung in diesem Raum ein bisschen anheben zu können. Ob es ihr gelingen würde? Sie wusste es nicht. Doch immerhin lenkten sie das und der Nachgeschmack in ihrem Mund sie von dem Gestank ab, der nicht aufhören wollte, um ihre Nase zu wehen.
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