Das neue Heim

Die Gebäude hier zeigen deutlich den Stand eines Bürgers in Morgeria. Niedere leben in heruntergekommen Barracken, Krieger & Söldner in bunkerartigen Unterkünften oder Zelten. Mächtige Familien leben in finsteren Anwesen, die kleinen Schlössern gleichen.
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Janay
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Dienstag 14. März 2023, 13:11

Es war erleichternd für sie zu sehen, dass ihre Schwester ein wenig aufzutauen begann. Bei dem Thema Pflanzen grinste sie bei der Erwiderung schief. "Du weißt da mehr als ich.", gab sie unumwunden zu, denn trotz ihrer Reisezeit hatte sie sich mit dem Grünzeug nur insofern beschäftigt, ob es essbar wäre oder nicht. Und es mangels fachkundiger Anleitung meistens ohnehin lieber sein gelassen und sich stattdessen anderweitig Essen gesucht. Um so rasch wie möglich in Städten anzukommen und sich dort dann zu versorgen.
Doch sie konnten diesen Gesprächsfaden nicht wirklich vertiefen, denn Kodiak polterte um die Ecke und wäre beinahe in sie hinein gerannt. Während ihre Schwester hinter ihr erstarrte, war die Jüngere längst an diesen Anblick gewöhnt und da ihr auch nichts passiert war, hatte sie kein Problem damit, den großen Bären kurzerhand anzusprechen. Aber entweder hörte er sie nicht oder er war mit seinen Gedanken ganz wo anders, denn sie erhielt seinerseits keine Reaktion und dann war er auch schon wieder weg.
Merkwürdig... Fast könnte man meinen, er hätte Angst vor ihrer Begleitung gehabt oder... sie hätte ihm die Sprache verschlagen. Nun ja, vielleicht ergäbe sich später eine Gelegenheit, um ihn darauf anzusprechen.
Denn Arina lenkte sofort wieder ihre Aufmerksamkeit auf sie und endlich wirkte es so, als könne sie einen Hauch ihrer alten Kraft und Energie zurück gewinnen. Mehr noch, sie begann, Fragen zu stellen und wurde aktiver. Etwas, worüber sie sich wirklich freuen konnte und das entsprechend auch unterstützen wollte.
Also bot sie an, eine passende Stelle zu suchen, um das Ganze nicht mitten auf dem Weg zu bewältigen. Wer wusste schließlich, wer sonst noch alles hier herum trampeln würde! Anscheinend waren auch noch andere in diesem Anwesen munter... oder schon. Wie spät es eigentlich war? Ob Kazel inzwischen aufgewacht wäre? Wäre Zissus bei ihm, um es ihm zu erklären? Und was dann? Noch wäre es vermutlich zu früh, um nach ihrer Erklärung gleich ihren Liebsten vorzustellen. Vor allem, weil sie ihrer Schwester nicht vor Augen führen wollte, was diese nicht hatte erleben dürfen bisher, um sie nicht zu verletzen. Außerdem wollte sie vorher lieber mit dem Mischling und Zissus ungestört reden und sich beratschlagen, um die Ältere vor zu viel Wahrheit zu schützen.
Jetzt jedoch war es erst einmal an der Zeit, ein paar andere Dinge zu erzählen, das schaffte sie auch selbst. So rollten sie noch ein wenig weiter, bis sie einen guten Ort entdeckten.
Als die andere sich gesetzt hatte, überlegte Janay noch, wo sie am besten anfangen sollte, als diese es von sich aus übernahm und Eigeninitiative ergriff. Lächelnd tasteten sie nach den Händen ihrer Schwester und hielt sie sanft, um neben dem Blickkontakt auch auf diese Weise einen Berührungspunkt zu haben und zu halten. "Er kann und er macht das sogar ganz gut.", erwiderte sie.
Daraufhin zuckte sie leicht mit den Schultern und grinste schief. "Hin und wieder helfen wir ihm, ja. Du wirst staunen, wie schnell ich inzwischen Kartoffeln schälen und klein schneiden kann... ohne meine Finger dabei zu riskieren!", probierte sie es mit einem weiteren kleinen Scherz und einer Verbindung zu ihrer gemeinsamen Vergangenheit.
Ehe sie wieder ernster wurde und dennoch freundlich dabei blieb. "Wenn du willst, gehen wir nachher zu ihm und du kannst dich in der Küche umsehen. Ich bin sicher, du könntest auch mitkochen. Aber du musst es nicht tun, ja? Wirklich nur, wenn du es möchtest." Das war ihr wichtig zu betonen, denn ihre Schwester würde noch genug für sie tun müssen, indem sie ihr Blut spenden würde. Da sollte es davor und danach ihr an nichts mangeln, soweit sie das ermöglichen konnte.
Sobald das Thema abgeschlossen wäre, atmete sie tief durch und suchte nach einem Anfangspunkt, wo sie am besten beginnen sollte. Sie wählte den Offensichtlichen und wollte darum herum alles Stück für Stück ausrollen. "Das hier ist das Anwesen des Sammlers. Ein mächtiger Adeliger, falls du schon von ihm gehört hast.", kam es langsam und mit Bedacht über ihre Lippen. Um rasch hinzu zu fügen:"Aber keine Angst, er ist im Moment nicht da. Er ist auf... Reisen, wegen seiner Sammlung, irgendetwas, was er schon lange sucht, kann er haben, aber das will er vorher sehen, bevor er bezahlt." Das war zumindest eine offizielle Version, die gut zu dem Dunkelelfen passen würde, ohne unnötige Fragen für all jene zu provozieren, die zumindest seinen Ruf kannten.
Etwas gemächlicher fuhr sie nach einer kurzen Pause fort:"Das kann noch Monate dauern, soweit ich gehört habe. Bis dahin hat sein Stellvertreter hier das Sagen, das ist Kazel." Sie zögerte kurz, ob sie auch seinen Nachnamen erwähnen sollte, entschied sich jedoch schließlich dagegen. Falls er ihrer Schwester etwas sagen würde, bekäme sie es womöglich mit der Angst zu tun bei noch einem Hochadeligen, während er ihr selbst gesagt hatte, dass er diesen Namen eben ablegen wollte. Also ließ sie seine Vergangenheit lieber gleich ruhen.
Dafür allerdings konnte sie nichts dagegen tun, dass ein kleines, verräterisches Leuchten in ihre Augen trat und ihr Lächeln eine Spur Verträumtheit annahm, als sie weiter über ihn sprach:"Er hat sich diese Position verdient und macht diesen Ort noch mehr zu einem Heim, als es jemals davor gewesen ist. Wir alle stehen unter seinem Schutz..." Da nahm sie sich selbst nicht aus, obwohl sie einen besonderen Platz bei ihm hatte, das wusste sie. "... aber er beherrscht niemanden. Es ist hier mehr so als... als... als wären wir eine Gruppe, die nur zufällig in einem großen Anwesen lebt und nicht irgendwo im Wald in einem Dorf oder so. Jeder darf immer etwas sagen und wenn es ein Problem gibt, wird gemeinsam versucht, eine Lösung zu finden. Auch, wenn die Lösung heißt, dass jemand gehen und nicht bleiben will."
Sie lachte leise und ginste daraufhin erneut schief. "Ich weiß, das klingt alles wie in einer Geschichte und viel zu schön, aber es ist wirklich so. Ina, hier bist du in Sicherheit... und in Freiheit, versprochen!" Den letzten Teil betonte sie eindringlich, um zu verdeutlichen, dass es in ihren Augen auch der Wirklichkeit entsprach.
Während ihrer gesamten Rede hatte sie sanft die Handrücken ihrer Schwester mit den Daumen gestreichelt. Nun hob sie deren Hände an und hauchte sanft einen Kuss auf jede von ihnen.
Als sie diese wieder sinken, jedoch weiterhin nicht los ließ, seufzte sie leise. "Dass ich hier bin, ist irgendwie... na ja, auch ein Unfall. Besser gesagt, dass Kazel und ich hierher gekommen sind. Ich hab' keine Ahnung, wie das wirklich möglich war, es hatte irgendwas mit Magie zu tun und ist jetzt auch nicht mehr wichtig. Auf jeden Fall habe ich dank ihm und Zissus die Möglichkeit gehabt, dir zu helfen. Und jetzt bist auch du hier."
Damit verstummte sie erst einmal und wollte ihrem Gegenüber die Zeit lassen, um das alles für sich zu sortieren. Ebenso wie sie ihr den Raum für weitere Fragen geben wollte. Denn es würde ihr leichter fallen, anstatt dass sie einfach aus der jüngsten... oder auch weiter zurück liegenden Vergangenheit erzählte und dabei womöglich das ein oder andere ausplauderte, für das sie Arina nicht bereit wähnte. Oder das ihre Beziehung wieder überschatten könnte.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Mittwoch 15. März 2023, 09:58

Mit dem Tod endete es nicht. Er war nur ein Übergang zwischen dem Zustand einer gelebten Seele und einer, die sich neu formen würde. Kazel brachte zurück, was Zeit erhalten hatte, um sie im Leben zu verbringen. Er und der Gevatter teilten diese Erfahren, diese Seele auf, bis sie - ebenfalls mit der Zeit - zerfallen würde, damit sich aus winzigsten Teilen von ihr etwas Neues formen konnte. Überall auf Celcia würden sich Splitter einer Seele finden, zusammengefügt aus Myriaden Seelenpartikeln, um etwas zu schaffen, das vorher nicht existiert hatte. Neues Leben mit neuen Eigenarten, Ängsten, Wünschen, einer neuen Persönlichkeit und im Kern ein kleiner Anteil von etwas, das schon einmal hatte Leben dürfen. So fanden Seelenverwandte zueinander, die einst vielleicht ein Lebewesen ausgemacht hatten, Geliebte oder gar Feinde waren, die nicht ohne den jeweils anderen konnten. Im Grunde war der Tod ein wundervoller Prozess, wenn er all die gemachten Lebenserfahrungen langsam löste und sie als schwarze Körnchen an seinem Strand verteilte, damit sie sich neu finden konnten. So unzählig viele Möglichkeiten. Niemals würde es eine gelebte Seele ein zweites Mal geben, aber man würde Anteile von ihr überall auf Celcia wiederfinden. Deshalb entstanden Sympathien, Affinitäten, aber auch Abneigungen. Sie formten sich aus dem, was sie in Millionen Jahren gesammelt hatten. Und doch ergaben sie im großen Ganzen, das aus Leben geschaffen wurde nur eine Staubkorn eines Staubkorns, das mit allen anderen zusammen im Lebenslicht tanzte.
Kazel sah ihn tanzen, den Sand, aus dem Seelen geschaffen waren. Er sah ihn als ihre verbliebene Zeit, in all den Stundengläsern ihres Seins. Und er nahm sie mit, um sich am Strand auf Kata Mayan auszuruhen, bis sie sich mit anderen ihrer Art zu etwas Neuem zusammentaten. Er lächelte. Für den Bruchteil von Sekunden - für einen Herzschlag oder ein Sandkorn, das seine eigene Lebensuhr herab fiel - da verstand er das Gefüge und fühlte die immense Verantwortung, die der Gevatter auf seinen knochigen Schultern zu tragen hatte. Eine Schwere von höchster Wichtigkeit, die doch so leicht war, dass sie bedeutungslos wurde. Und Kazel durfte in dieser schweren Leichtigkeit, in dieser vollkommen bedeutungslosen Wichtigkeit tanzen. Es machte ihm mehr und mehr Spaß, sich einzufügen. Er sah seine Aufgabe als nichts Schreckliches an, auch wenn er mit nur einem Schnitt - einem Schnippen seines sensenartigen Dolches - so viel für Lebende zerstörte. Aber er hielt das Gleichgewicht, auf eine Weise, wie es die Welt vorsah. Nur wo Unnatürliches eingriff, da drohte alles aus den Fugen zu geraten.
"Wo Leben durch Haraxwesen sterben, da stehlen sie der Waage den Sand."
Kazel nickte. Sein Meister erinnerte ihn indirekt nochmal daran, dass seine Aufgabe in Andunie nicht damit endete, dass er hier und jetzt die Toten in sein Reich überführte. Er würde noch einmal nach Andunie gehen, als Lebender und ohne die Werkzeuge des Gevatters. Er würde das durchstehen müssen, weil er nicht anders konnte. Er konnte nicht zulassen, dass die Waage sich selbst ausglich und Leben nahm oder schuf, wo der Sand von Dämonenheiten gestohlen wurde. Diesen Gedanken ertrug der Mischling nicht. Dazu war er noch zu sehr lebendig.
Sobald es geht, springe ich nach Andunie. Er blickte zum kapuzierten Schädel seines Lehrmeisters auf. Es wird das letzte Mal sein, dass ich diese Gabe außerhalb deiner Befugnis nutze. Tod würde wissen, dass Kazel es nicht um seinetwillen tat oder um sich einen Vorteil für sich selbst zu erschleichen. Er würde aus einer Notwendigkeit heraus springen ... um keine Zeit zu verlieren. Nicht seine eigene, sondern die anderer. Lebenszeit, die gestohlen würde.
Für den Augenblick aber brauchte er sich darüber noch keine Gedanken machen. Jetzt ging es nur noch darum, herauszufinden, wen er mitnehmen würde. Sein Blick huschte über die verbliebenen Gestalten. Wen würde es treffen? Er konnte es nicht vorab sehen. Er würde dicht an sie heran müssen, um ihr Stundenglas des Lebens zu rufen und die Sandkörner anzuschauen. Je mehr Anwesende es gab, desto länger würde es dauern. Kazel entschied sich für einen weniger aufwändigen Weg. Er lernte, Todesgeduld zu entwickeln. Ob ihm das jedes Mal gelänge, würde sich noch zeigen müssen. Jetzt und hier aber wartete er ab, blieb aufmerksam, um keine Seele entwischen zu lassen. Und dann war es soweit. Er sah die Sandkörner fallen, noch ehe das Blut der Feuerhexe in einem roten Funkenreigen aus ihrem Hals schoss.
Sein Blick huschte zu jenem Mann, der selbst vor einiger Zeit noch mit dem Leben am seidenen Faden gehangen hatte. Tod hatte nachgeholfen, damit das innerlich verglühende Mädchen ihn hatte retten können. Nun rettete diese Tat vielleicht ihr Leben. Auf jeden Fall beendete es eines. Die Dunkelelfe, die den Lebenden als Serpentis Mortis bekannt war, stürzte zu Boden.
Kazel löste sich von der Seite seines Meisters und schritt zu dem liegenden Körper herüber. Mit jedem Schritt spürte er, dass sich etwas veränderte. Er schaute auf seine Finger, die kürzer und knubbeliger wurden. Er bemerkte, dass das Gewicht draller Brüste seinen Rücken verkrümmen wollte, weil sie mit ihrer Schwere gen Boden zogen. Seine Bewegungen fühlten sich träger an. Oh, wie schwer und plump er geworden war. Ob der Gevatter das auch fühlte, wenn er die Gestalt zu jemandem oder etwas änderte, das die sterbende Seele als letzten Begleiter haben wollte? Er würde ihn fragen müssen. Jetzt aber hatte er eine andere Aufgabe vor sich. Er hatte Serpentis vor sich. Die Feuerhexe, der auch er nichts abgewinnen konnte. Kazel presste die Lippen zusammen. Das würde ihn viel Selbstbeherrschung kosten ... dachte er. Denn in jenem Moment, da die verstorbene Seele sich langsam aus dem Körper erhob und zu ihm aufschaute, spürte er es. Er fühlte, was diese Lebende für seine Gestalt empfunden hatte. Ihre Amme, die sie gewiesen hatte und ihr einen besseren Weg hätte bescheren können, wäre sie nicht an ihrem eigenen Leiden gestorben, denn in Morgeria war sie nur ein Mensch gewesen. Eine Sklavin, für die niemand Herz oder Auge besessen hatte. Niemand außer der kleinen Serpentis, die in ihren jungen Jahren nicht hatte begreifen und nichts hatte tun können. Jetzt durften sie und ihre Amme einander noch einmal wiedersehen. Kazel fühlte die Trauer, die Erkenntnis der Dunkelelfe, als ihr ihr eigener Tod bewusst wurde. Aber er nahm auch ihre Freude wahr, dass sie ihn sehen konnte. So nahm er die Rolle auf fast natürliche Weise ein und breitete seine schwabbeligen Arme aus. Serpentis schwebte nach vorn, an seinen dicken Busen, zwischen den sie dich drückte und bitterlich zu weinen begann. Er schob ihr eine der Patschehände auf den Rücken, tätschelte den Geist mehrmals und säuselte ihm zu: "Nana, es ist doch alles gut. Ich habe die ganze Zeit über dich gewacht und nun ist es vorbei."
Er glaubte, eine stumme Frage im Raum hängen zu sehen und als er sich dessen gewahr wurde, vermeinte er auch, sie zu hören. Habe ich alles falsch gemacht? Daraufhin tätschelte er in Ammengestalt noch einmal den halb durchsichtigen Rücken und auch wenn es nicht seiner eigenen Vorstellung von Moral entsprach, so empfand er die nun gewählten Worte als weiser und richtiger. Deshalb sprach er: "Du hast Entscheidungen getroffen. Diese sind weder richtig, noch falsch. Sie führen zu einem Resultat und das ist, was zählt. Deine letzte Entscheidung führte dich zu mir, hierher."
Das gab der Seele die Ruhe, die sie brauchte, um loszulassen. Wenn all ihr Tun - so bitter und bösartig es aus anderen Perspektiven gewesen sein mochte - sie zurück in die Arme ihrer Amme geführt hatte, dann war es für sie richtig gewesen. Für sie und nur sie allein. Das war, was zählte. Und nun musste sie einen letzten Pfad einschlagen.
Es schnippte, als Kazel die Seele vom Körper trennte. Dann streichelte er ihr über das Haar und sie schrumpfte wie alle übrigen Seelen zu einem winzigen Ball aus Licht, der sich zum Gevatter hin bewegte. Kazel folgte ihm, bis er wieder vor seinem Meister stand.
"Gut gemacht."
Die frostkalten Worte waren das wärmste Lob, das er je erhalten hatte. Ich möchte mir für jeden, den ich abhole, diese Zeit nehmen. Es ... hilft mir, zu verstehen. Er konnte sich diese Zeit nehmen. Denn für ihn und den Gevatter war sie nicht von Belang. Nicht einmal Manthala hatte bemerkt, dass er ihrem Pakt für die Zeit zwischen zwei Zeitpartikeln entkommen war. Doch dann holte ihn der Sog ein. Hier gab es für den Gesellen nichts mehr zu tun. Kazel kehrte zurück. Schwärze umfing ihn. Stille. Nichts.
Erst als Manthala den Rand des Paktes wie eine Sonne am Horizont aufgehen sah, entließ sie den Mischling aus ihrer stillen Umarmung und Träume umflogen ihn. Sie tanzten um ihn herum wie er zuvor noch um die Lebenden. Doch anstatt ihm auszuweichen, empfingen sie ihn. Kazel träumte von der Rothaarigen mit den Sonderrechten und dem Mädchen mit dem Herzen aus reinster Glut. Er träumte Bilder von Janay, wie sie mit ihrem fahrbaren Untersatz auf eigene Weise tanzte und wie sich ihr Schoß scherenartig öffnete, um die Zungen der Nachtelfenschwestern herzlich zu empfangen. Er träumte von Kuralla, die in Janays Schoß einen Platz gefunden hatte. Sie würde leben. Sie würde ewig leben und noch länger. Aber die kleinen Sterne hinter ihr ... wuchsen sie? Erlosch einer oder war es der Stern einer anderen Mutter, der verschwand?

Kazel regte sich in den Laken. Sein Körper fühlte sich steif an, doch wie schon beim ersten Paktschlaf hielt dieser Zustand nicht lange an. Manthala schenkte ihm Erholung dafür, dass sie ihn für mehrere Stunden einfach ausschaltete. Das war Teil ihrer Vereinbarung und so wich das hölzerne Gefühl seiner Glieder einer energetischen Lebendigkeit, die ihn schwungvoll aus dem Bett springen ließ. Sofort schaute er sich nach seiner Liebsten um. Als er sie jedoch nicht entdecken konnte, dafür aber bereits das Licht des Tages in der fortgeschrittenen Stunde bemerkte, huschte Kazel rasch ins Badezimmer. Er machte sich frisch, suchte sich neue Kleidung heraus. Seit er zum Verwalter von Sademos' Anwesen geworden war, trug er fast ausschließlich schwarz. Oder lag es an seiner Beziehung zum Tod? Wieder waren es schwarze Beinkleider, zusammen mit einer schwarzen Tunika, die ihn umgaben. Nur die winzigen Stickereien auf dem Stoff blitzten Silbern und Blau auf bei jedem Schritt. Sie gefielen ihm, weil sie kleine Sichelmonde und einzelne Sterne zeigten, fast wie bei den Roben zyranischer Magier. Nur an der Tunika waren sie dezenter gesetzt und deutlich sparsamer, so dass man in Kazel keinen Magier vermutete. Vielmehr machte er dadurch den eleganten Eindruck eines adligen Dunkelelfen, der er im Grunde immer noch wäre, hätte er das Erbe seines Hauses angetreten. Stattdessen aber trat er aus dem Schlafgemach, um sich auf die Suche nach Janay, Zissus oder den anderen zu begeben. Sein Weg würde ihn zwangsläufig irgendwann in die kleine Küche führen - das Hybriden-Hauptquartier, das er neben dem Wintergarten zu einem seiner Lieblingsräume des Hauses zählte. Vielleicht wäre Kodiak schon dort, um ihm die Kunde über Janay und Arina zu bringen. Vielleicht traf er vorher aber auch auf jemand anderen oder es geschah etwas Unerwartetes. Was immer kommen mochte, Kazel würde es angehen. Der Paktschlaf unter Manthalas Schutz tat ihm gut und noch hatte er keine der Ank gesehen, was den Morgen noch besser machte.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 16. März 2023, 11:56

Bei Janay:
"Er kann und er macht das sogar ganz gut."
, erwiderte sie.
"Hin und wieder helfen wir ihm, ja. Du wirst staunen, wie schnell ich inzwischen Kartoffeln schälen und klein schneiden kann... ohne meine Finger dabei zu riskieren!"
, probierte sie es mit einem weiteren kleinen Scherz und einer Verbindung zu ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Arinas Blick klärte sich etwas, als sie die Bilder ihrer gemeinsamen Vergangenheit sah, aber war noch weit entfernt von einem Lächeln.
"Wenn du willst, gehen wir nachher zu ihm und du kannst dich in der Küche umsehen. Ich bin sicher, du könntest auch mitkochen. Aber du musst es nicht tun, ja? Wirklich nur, wenn du es möchtest."
Arina nickte in paar mal klein.
„Ich...würde mich gern ...nützlich machen.“
Das Wort 'nützlich' hatte dabei im Satz eine ganz eigene Melodie und Janay bekam das Gefühl, dass Arina in den letzten Jahren nicht bis nur selten sich zu irgendetwas fähig, geschweige denn nützlich gefühlt hatte, oder so betitelt worden war. Sie atmete tief durch und suchte nach einem Anfangspunkt, wo sie am besten beginnen sollte zu erklären, was dieser Ort hier eigentlich war.
"Das hier ist das Anwesen des Sammlers. Ein mächtiger Adeliger, falls du schon von ihm gehört hast."
Arinas Reaktion war weniger heftiger als erwartet, denn sie erstarrte 'nur'. Mit einer kleinen Denkfalte zwischen den Augen sah sie ihre Schwester an, während diese dann weiter berichtete:
"Aber keine Angst, er ist im Moment nicht da. Er ist auf... Reisen, wegen seiner Sammlung, irgendetwas, was er schon lange sucht, kann er haben, aber das will er vorher sehen, bevor er bezahlt."
Arina neigte den Kopf nach links, starrte etwas, aber hörte weiter zu.
"Das kann noch Monate dauern, soweit ich gehört habe. Bis dahin hat sein Stellvertreter hier das Sagen, das ist Kazel... Er hat sich diese Position verdient und macht diesen Ort noch mehr zu einem Heim, als es jemals davor gewesen ist. Wir alle stehen unter seinem Schutz... aber er beherrscht niemanden.“
Arina hob den Kopf wieder in die Senkrechte und schaute ihrer Schwester aufmerksam in die Augen.
„... Es ist hier mehr so als... als... als wären wir eine Gruppe, die nur zufällig in einem großen Anwesen lebt und nicht irgendwo im Wald in einem Dorf oder so. Jeder darf immer etwas sagen und wenn es ein Problem gibt, wird gemeinsam versucht, eine Lösung zu finden. Auch, wenn die Lösung heißt, dass jemand gehen und nicht bleiben will."
Sie lachte leise und grinste daraufhin erneut schief.
"Ich weiß, das klingt alles wie in einer Geschichte und viel zu schön, aber es ist wirklich so. Ina, hier bist du in Sicherheit... und in Freiheit, versprochen!"
Den letzten Teil betonte sie eindringlich, um zu verdeutlichen, dass es in ihren Augen auch der Wirklichkeit entsprach. Während ihrer gesamten Rede hatte sie sanft die Handrücken ihrer Schwester mit den Daumen gestreichelt. Nun hob sie deren Hände an und hauchte sanft einen Kuss auf jede von ihnen. Als sie diese wieder sinken, jedoch weiterhin nicht los ließ, seufzte sie leise.
"Dass ich hier bin, ist irgendwie... na ja, auch ein Unfall. Besser gesagt, dass Kazel und ich hierher gekommen sind. Ich hab' keine Ahnung, wie das wirklich möglich war, es hatte irgendwas mit Magie zu tun und ist jetzt auch nicht mehr wichtig. Auf jeden Fall habe ich dank ihm und Zissus die Möglichkeit gehabt, dir zu helfen. Und jetzt bist auch du hier."
Damit verstummte sie erst einmal.
„Du... du glaubst das alles... Du ...du magst diesen Ort und diesen Kazel, Zissus und ...den Bären, denke ich auch, aber...“
Arina stockte immer wieder und starrte Janay immernoch so merkwürdig an.
„Warum lügst du bei diesem... Sammler? Warum …belügst du ...mich, ...deine Schwester? ...Ich habe meinen ...Mann über einen Sammler reden hören, der sich mit mir wegen etwas treffen wollte...aber er hatte angelehnt... Er muss mächtig sein und mein Mann hat Angst vor ihm... also... Was hast du mit ihm zu tun?“
Ja – warum hatte Janay bezüglich des Sammlers gelogen? Warum eine offizielle Geschichte für ihre Schwester verwenden? Arina sprach weiter und auch wenn die Worte schon fast wieder wie die 'alte' Schwester klangen, so war der Ton noch merkwürdig ...leer:
„Ich habe dir immer an der Nasenspitze angesehen, wenn du flunkerst ...oder etwas verschweigen wolltest... warum lügst du?“
Das Wort 'Lüge' klang hart, aber so musste es Arina empfinden. Auch wenn Janay ihre Schwester nur schonen wollte, warum dann ihr verbergen, dass der Sammler eigentlich schon tot war? Mit diesem kleinen Ausrutscher riskierte sie gerade das Vertrauen ihre Schwester zu verlieren. Es war ein Balance-Akt.

Bei Kazel:
Ein 'gut gemacht' konnte einer Seele neue Kraft gehen, tiefer Schlaf den Geist und auch den Körper heilen und Lieb und Vertrauen ein Herz.
Als Kazel erwachte, fühlte er sich richtig GUT! Schwungvoll sprang er aus dem Bett und schaute sich nach seiner Liebsten um. Sie war nicht da. Kazel huschte rasch ins Badezimmer. Er machte sich frisch, suchte sich neue Kleidung heraus. Seit er zum Verwalter von Sademos' Anwesen geworden war, trug er fast ausschließlich schwarz. Oder lag es an seiner Beziehung zum Tod?
Dann trat er aus dem Schlafgemach, um sich auf die Suche nach Janay, Zissus oder den anderen zu begeben. Sein Weg führte ihn in Richtung der Gesinde Küche - das Hybriden-Hauptquartier, das er neben dem Wintergarten zu einem seiner Lieblingsräume des Hauses zählte. Kodiak war schon dort und kackte Kräuter mit einem großen, in seinen Händen vergleichsweise kleinen Messer. Über die Schulter hinweg brummte er:
„Gut geschlafen?“
Oh ja, der Paktschlaf unter Manthalas Schutz tat ihm gut und noch hatte er keine der Ank gesehen, was den Morgen noch besser machte. Kodiak stellte Kazel einen Teller mit undefinierbarer Pampe hin, die allerdings köstlich duftete.
„Mus aus reifen Winteräpfeln und gerösteten Kartoffel-Stampf. Eigentlich wollte ich sie zu kleinen Tellern braten, aber ich war mit der Form nicht zufrieden.“
Kartoffelpuffer mit Apfelmus hätte es werden sollen, doch war das Gericht ein wenig aus den Fugen geraten. Schmecken tat es trotzdem, denn wenn ein Bär mit seinem 'weltbesten Geruchssinn' kochte, konnte man sich darauf verlassen. Zimtaromen und noch etwas anders verfeinerten das Geschmackserlebnis. Und während Kazel schmauste berichtete der Bär:
„Deine Liebste ist übrigens mit ihrer Schwester im Garten.“
Dabei sah er allerdings nicht sehr glücklich aus, was irritieren konnte. Kazel musste ihn fragend angesehen haben, denn er fuhr fort:
„Ariana ist soweit... nur wenig verletzt. Ähm.. ich hab nur wenig Blut an ihr gerochen, aber...“
Sein Blick huschte etwas unstet hin und her, als suche er nach passenden Worten.
„S...sie ist...krank... im Geist. Also...Sie riecht...nicht richtig. Ich weis das...ist für dich vielleicht nicht verständlich, aber ich versuch es zu erklären.. hm.“
Vielleicht verständlicher als für manch anderen, denn Kazel hatte selbst mal in einer Nervenheilanstalt kurz seine Lebenszeit verbracht. Aber es war doch beeindruckend, dass der Bär so etwas 'riechen' konnte.
„Etwas stimmt mit ihren Hormonen nicht... und die hat sehr viel Angst.“
, fügte Kodiak noch hinzu. Sie hat sich sehr erschreckt, als sie mich gesehen hat... wie das die meisten tun...aber sie hatte ...ich glaube... sie hat MEHR Angst vor etwas anderem, was ...merkwürdig ist.“
Der riesenhafte Mann blinzelte ein paar Mal. Sicher war es für IHN schon gewöhnlich, dass man vor ihm Angst hatte. Das Janays Schwester nun ganz und gar....anders war...irritierte ihn sichtlich. Aber er war durch seine Nase vielleicht auch das einfühlsamste Wesen hier. Da kam Hopp herein und schleppte eine Kiste voller Karotten.
„Die sind gesund! Kodiak, kannst du daraus für uns ...ah Kazel. Gut geschlafen?“
Sie stellte schnaufend die Kiste ab und stützte sich an der Anrichte ab. Sie wirkte erschöpft.
„Ich mach gleich die Betten...und wollte fragen, ob ...ähm... ich irgendwas noch vorbereiten soll ...für später?“
Sie wusste anscheinend noch, dass Kazel beim letzten Gespräch über die 'Nachbehandlung' etwas peinlich berührt gewesen war. Dann fügte sie an:
„Orima meinte, ihr braucht ein Zimmer mit allem, damit ihr so wenig wie möglich 'raus' müsst. Ich dachte, ich sprech mal mit Zissus nachher... ist das in Ordnung? Hast du diesbezüglich irgendwelche Wünsche?“
Es ging zwar um Janays Heilungsprozess, aber ihn hatte bisher dazu noch nicht so richtig jemand befragt. In dieser kleinen, etwas 'gemütlicheren' Runde gerade, konnte er vielleicht freier sprechen als mit allen – oder er ging und suchte Janay im Garten... und ihre Schwester.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Freitag 17. März 2023, 14:14

Ihr war, als bekäme sie im Laufe dieser kurzen Zeit immer mehr Zugang zu ihrer Schwester. Zwar war es noch weit weg von dem Umgang, den sie früher miteinander gepflegt hatten. Allerdings waren sie auch nicht mehr so gänzlich weit voneinander entfernt wie vorhin, als sich Arina so unversehens in einem Moment der Schwäche in ihre Arme geworfen und nur geweint hatte. Es gab ihr Mut und so versuchte sie, das unvorhergesehene Treffen mit dem Bärenhybriden so gut wie möglich zu nutzen.
So nickte sie auch bekräftigend bei dem Wunsch ihrer Schwester. "Das kannst du auch, es gibt immer was zu tun. Aber es wird dir auch keiner böse sein, wenn es dir zu viel wird und du Ruhe brauchst.", stellte sie klar und war absolut überzeugt davon. Und sollte es doch zu Reibereien irgendwelcher Art kommen... so hatte die Jüngere schon jetzt für sich fest beschlossen, dass sie sich jederzeit schützend vor sie stellen würde.
Der anderen war viel angetan worden und sie war nicht da gewesen, um das zu verhindern. Also wollte und würde sie dafür jetzt umso mehr versuchen, es auf ihre Weise wieder gut zu machen. Erst recht, nachdem sie hatte hören müssen, dass es bei ihr nichts zu verzeihen gäbe. Ja, für Arina vielleicht nicht... für sie selbst jedoch eine ganze Menge! Dass dies jedoch ein gehöriges Konfliktpotential in sich barg, war ihr dabei nicht bewusst. Das müsste ihr die Zeit umso deutlicher vor Augen führen.
Jetzt allerdings war sie erst einmal Antworten schuldig und diese wollte sie geben, dosiert und in jener offiziellen Version, auf die sich die Gemeinschaft geeinigt hatte. Dass ihr Gegenüber hingegen nicht verlernt hatte, ihr mehr anzusehen, als sie eigentlich zeigen wollte, musste sie wenig später mit einem gewissen Maß an Unbehagen feststellen.
Schon als ihre Schwester zu reden begann, verblasste ihr Lächeln immer mehr und machte einem irritierten Gesichtsausdruck Platz. Verwirrt und wie, als wäre sie aus ihren eigenen Gedanken oder einem Traum geholt worden, blinzelte sie. "Aber, Ina, ich... ich...", versuchte sie sich noch zu retten und merkte selbst, wie wenig es ihr gelang, sodass sie es nicht weiter ausführte.
Dafür sprach ihre Schwester erneut und endete mit einer konkreten Frage. Einer, die dafür sorgte, dass sie die Lippen fest schloss und sichtbar schluckte, während sie den Blick abwandte. Verdammt, nach all den Jahren, all der Übung, die sie gegenüber anderen gehabt hatte, war die Ältere noch immer in der Lage, sie viel besser zu durchschauen, als sie gedacht hatte.
Warum nur hatte sie sich darauf verlassen, dass sich daran etwas geändert hätte?! Warum hatte sie nicht davor schon mit Kazel und Zissus darüber gesprochen und mit ihnen gemeinsam eine Entscheidung getroffen, wie viel sie Arina anvertrauen konnte? Und vor allem... was sollte sie jetzt tun?!
Sie wusste, dass die andere es nicht leiden konnte, wenn sie nicht die volle Wahrheit sagte. Nicht nur einmal hatte sie, je älter sie geworden war, zu spüren bekommen, wie sehr ihre Schwester sich in solchen Momenten kränkte und ärgerte. Zwar hatte sie es irgendwie immer noch geschafft, dass sie sich danach wieder versöhnt hatten, aber... leicht war es trotzdem nie wirklich gewesen. Doch die Dinge damals waren absolut harmlos gewesen im Vergleich zu dem, was sie jetzt zu verbergen versuchte!
Nicht nur das, es hing ja noch so viel mehr dran an dieser Wahrheit über den Sammler und sie trug ein gewisses Maß an Verantwortung, wenn sie eben nicht bei der offiziellen Version blieb und dadurch die Sicherheit von ihnen allen riskierte! Allerdings... es war schließlich ihre Schwester, ihre geliebte, große Schwester, der sie hier versuchte, eine Geschichte zu erzählen! Konnte sie ihr denn nicht vertrauen, so, wie früher? Was würde passieren, wenn Arina die volle Wahrheit kannte? Sie hatte keinen Grund zu ihrem Mann zurück zu kehren, selbst, wenn er frei gewesen wäre, und auch bestimmt keinen, sie alle zu verraten!
Jedoch... es stand viel auf dem Spiel und dessen war sich die junge Frau bewusst. Es war mehr, als sie auf ihren eigenen Schultern zu tragen vermochte und deswegen konnte sie nicht einfach drauf los plappern, als wäre sie noch ein kleines Kind. Zugleich wollte sie aber auch ihre Schwester nicht verjagen, indem sie ihr offensichtlich weiter ins Gesicht log.
Während sie mit sich haderte und sich die Zeit nahm, ihre Gedanken zu wälzen, hatte sie damit begonnen, auf ihrer Unterlippe zu nagen. Bis sie einen Hautfetzen erwischte und mit den Zähnen daran zog, auf dass eine kleine Wunde entstand. Der plötzliche Schmerz ließ sie leicht zusammen zucken und aufseufzend leckte sie sich über die pochende Stelle, um instinktiv den Blutstropfen fortzuwischen. Es holte sie allerdings auch in die Wirklichkeit zurück und brachte sie dazu, die andere wieder anzusehen. Sie hatte in diesem Moment eine Entscheidung getroffen und sie hoffte inständig, dass es die richtige gewesen war.
"Es tut mir leid, Ina. Ich will dir die Wahrheit sagen, aber sie ist so... so... kompliziert. Viel zu kompliziert, glaube mir! Aber du kannst mir auch glauben, dass du keine Angst vor dem Sammler haben musst, er ist nicht hier." Das stimmte schließlich auch und er würde auch nie wieder kommen. "Ja, wir haben die Nachricht in seinem Namen verfasst, weil wir... weil ich gedacht habe, dass wir dir so schneller helfen können. Keiner von uns hat erwartet, dass dein Mann diese Einladung nicht annimmt."
Sie zuckte leicht mit den Schultern. "Ansonsten habe ich mit dem Sammler nichts zu tun. Ich bin dank Kazel hier..." Unwillkürlich straffte sie ihre Haltung ein wenig und ohne es vermeiden zu können, schlich sich kindlicher Trotz in ihre Stimme, weil sie nun tatsächlich voll und ganz ehrlich war, als sie betonte:"... und das ist auch die Wahrheit!"
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Freitag 17. März 2023, 17:34

Niemals hätte Kazel es für möglich gehalten, dass er einmal gut gelaunt durch Morgeria laufen würde. Nun, im Grunde spazierte er nicht durch die Stadt, sondern durch das Anwesen einer gefürchteten Gestalt, die sich aufgrund ihres Sammeltriebs einen Namen gemacht hatte - und die nicht mehr war. Sademos' Tod mochte gerade für Kazels Gefährten Löcher hinterlassen haben - noch immer hatte er keine Möglichkeit gefunden, Zissus etwas beizustehen und das bedauerte er durchaus - gleichzeitig war seit dem Untergang des unheimlichen Sammlers mit ihm selbst aber so viel Gutes geschehen. Er konnte wieder hoffen. Er konnte hoffen, dass Janay gesunden und vielleicht sogar wieder gehen würde. Er konnte darauf hoffen, dass sie ihre Schwester wiedersah und beide noch einmal zueinander fanden. Oh, wie sehr er sich das für seine Liebste wünschte! Darüber hinaus halfen die Hybriden unter diesem Dach weiterhin eifrig dabei, so vielen verlorenen Seelen wie möglich einen Weg aus Morgeria zu ermöglichen, damit auch jene wieder hoffen konnten.
Es stimmte ihn alles sehr glücklich und wer glücklich war, ging seine Herausforderungen auch positiv an. Hinzu kam, dass er durch den Paktschlaf mit Manthala enorm ausgeruht erwachte. So viel Energie hatte er niemals zuvor in seinem Leben besessen oder zumindest nicht so wahrgenommen. Es fühlte sich an, als könnte er alles erreichen und jede Hürde stämmen. Darüber hinaus schickte die kalte Brise des Todes Aufwind unter die Flügel des Sturmadlers. Nein, das war er nicht mehr. Er war des Gevatters Geselle und jener hatte ihn gelobt.
Gut gemacht.
Diese knappe, aber so wichtige Aussage begleitete Kazels Gedanken noch immer, als er seinen Weg in das Hybridenhauptquartier - die Gesindeküche - fand. "Guten Morgen!", grüßte er mit einem Elan, den die anderen an ihm noch nicht gesehen hatten. Leider wurde Kodiak einziger Zeuge dessen, aber der Bär erwiderte den Gruß herzlich.
"Gut geschlafen?", fragte er, als Kazel sich für sein verspätetes Frühstück niederließ. Anfangs hatte er sich immer noch etwas geziert, es anzunehmen. Die Zeiten, in denen man ihn bekocht hatte, lagen so weit zurück in seiner Vergangenheit, dass er sie in einem anderen Leben glaubte. Er hatte sich so lange stets selbst versorgt. Man konnte nicht behaupten, dass Kazel ein Meisterkoch war, aber es hatte immer genügt, um satt zu werden. Was Kodiak hingegen mit seinen viel zu großen Pranken zauberte, war phänomenal. Und so konnte der Mischling auf lange Zeit hin gar nicht mehr widerstehen, fügte sich in dieses Schicksal und musste zugeben, dass er auch darum glücklich war. Glücklich und dankbar, für jeden Begleiter an seiner Seite.
"Ich werde wohl den Rest meines Lebens gut schlafen", erwiderte er, "und vorerst auch gut essen." Kazel sog den Duft der gestampften Knollen und des darüber gekippten Apfelmuses ein. Die Kombination kannte er nicht, obgleich er sich oftmals bis an die Plantagen vor Andunie gewagt hatte, um dort den einen oder anderen Apfel zu stibitzen. Hier in Morgeria schmeckten sie bei weitem nicht so gut gereift, dennoch hatte der Bär erneut ein leckere Mahlzeit kredenzt.
Kazel probierte. "Es schmeckt wunderbar. Ich danke dir." Das tat er immer. So wie er sich daran hatte gewöhnen müssen, dass er Essen fortan serviert bekam, mussten viele im Haushalt des Sammlers damit umgehen lernen, dass sein Verwalter mehr als dankbar war und das auch stets betonte. Wahrscheinlich wurden schon Gerüchte laut, dass es am Mischblut des nicht ganz so dunklen Elfen liegen musste, dass er so herzensgut mit allen umging. Nur die wenigsten mochten die Aufrichtigkeit dahinter erkennen, denn Kazel war mit jeder Faser seines Körpers dankbar für alles, was sich hier entwickelte. Er wusste es zu schätzen und wollte es nicht mehr loslassen. Irgendwann aber würde die Zeit des Abschieds bevorstehen. Die letzte Nacht, der kleine Ausflug mit seinem Meister, hatten ihn daran erinnert, dass nicht in jeder Ecke Celcias so viel Freude herrschte. Es gab noch immer ein Nest und es lag in Andunie.
Kodiak riss ihn aus seinen Gedanken, als er erwähnte, dass Janay sich im Garten befand. Das überraschte ihn zunächst ein wenig, denn seine Liebste rollte selten allein los und ungern nach draußen. Der Bär erlöste ihn aus diesem Zustand und versetzte ihn sogleich in einen neuen. Janays Schwester war bei ihr.
Kazel verschluckte sich beinahe an seinem Frühstück. "Sie haben Arina wirklich gerettet?" Der Morgen verlief wunderbar. Eine neue Welle aus Glück und Freude für seine Liebste und deren Schwester flutete über ihn hinweg. Nicht einmal die dunkle Warnung des Hybriden konnte sie wieder gänzlich hinfort spülen, trotzdem lauschte Kazel aufmerksam.
"Arina ist soweit ... nur wenig verletzt. Ähm ... ich hab nur wenig Blut an ihr gerochen, aber ... S...sie ist ... krank ... im Geist. Also ... sie riecht ... nicht richtig. Ich weiß, das ... ist für dich vielleicht nicht verständlich, aber ich versuch es zu erklären .... hm."
Kazel schüttelte sacht den Kopf. "Auf deine Schnauze ist Verlass. Ich versuche, darauf zu vertrauen." Die weiteren Informationen nahm er mit viel Ernst auf. Was diesen falschen Geruch und Hormone betraf, würde Kazel sich wohl an Orima und ihren Bruder wenden, sofern er sie noch einmal erreichen konnte. Da war er der Falsche, um eine Entscheidung für die Gerettete zu treffen, aber gegen ihre Angst wollte er vorgehen. Sie würde diese verlieren und er wollte alles tun, dass sie davon loskäme. Obwohl er von Arina bisweilen nur den Namen und die Beziehung zu Janay kannte, wünschte er ihr nur das Beste, allein schon Janay zuliebe.
"Kodiak, kann ich dich um etwas bitten? Würdest du allen sagen, dass sie behutsam mit Arina umgehen sollen? Sie soll im Haus des Sammlers nichts fürchten müssen - wie alle unter diesem Dach. Es wird in diesen Mauern nicht mehr zu Leid kommen, wenn ich es verhindern kann." Es war ihm ernst, denn er umklammerte sein Essbesteck so fest, dass die Adlerkrallen unter den Fingerknöcheln hervor lugten. Nein, hier war so viel Unheil geschehen! Er würde es niemals wieder dazu kommen lassen ... und wenn er außerhalb seiner Rolle als Lehrling des Todes würde einschreiten und Leben nehmen müssen. Als Ausgleich würde andernorts neues Leben geboren werden. Das durfte nur nich in Katakomben unter Andunie passieren. Es war schwer, auf diesem Grat zu wandern, aber Kazel wollte keine von beiden Seiten einfach fallen lassen.
Er musste so sehr mit seinen Gedanken in sich gekehrt gewesen sein, dass nicht einmal Hopp ihn sofort bemerkte, als sie mit einer Kiste runzliger Karotten herein kam. Als sie ihn ebenfalls nach seiner letzten Nacht fragte, zuckte Kazel hoch. Dann jedoch lächelte er. "Ja. Ich schlafe unter Manthalas Schutz und damit sehr gut." Für diese Worte fiel jeglicher dunkle Gedanke von ihm ab. Die Herrin von Nacht, Mond und weißen Eulenfedern wachte wohl wirklich über ihn.
"Ich mach gleich die Betten ... und wollte fragen, ob ... ähm ... ich irgendwas noch vorbereiten soll ... für später?"
"Später?" Er stutzte. "Äh ... ist Janay etwa schon operiert worden? Ist sie soweit? Hab ... hab ich das verpasst? Dann hättet ihr mich doch wecken können!" Er blickte zur Tür, war drauf und dran, aufzustehen. Nun fühlte Kazel sich etwas gehetzt. Hatte er alles verpasst, weil er im Paktschlaf gewesen war? Er wollte Janay das Ganze doch niemals allein durchstehen lassen. Hopp und Kodiak wussten ihn aber schnell zu beruhigen und so senkte er sich auf seinen Stuhl zurück. Die Operation war noch nicht geschehen. Es blieb noch Zeit. Trotzdem bereiteten sich alle auch schon auf das vor, was danach anstand. Und erneut trieb es Kazel Farbe in die Wangen, sowie seine Ohrspitzen. Verlegen blickte er auf seinen Teller mit den letzten zwei Bissen Kartoffelstampf. Hatte er denn Wünsche in Bezug auf die bevorstehende Dauermassage der Genitalien seiner Liebsten? Ja. Er wollte sie nicht teilen. Zissus war die Ausnahme und das wusste der Pfau auch. An ihn hatte er nur eine einzige Bitte geäußert, ansonsten dürfte sein Freund die Geliebte verwöhnen wie er wollte ... und wie sie es wollte, natürlich! Beim Gedanken jeglicher anderen Person, die sich über ihren Leib senken könnte, versetzte es Kazel einen Stich. Er wollte das nicht, wusste aber auch, dass er im Grunde überhaupt kein Anrecht hatte, dass seinem Willen hier Folge geleistet würde. Unabhängig von der Notwendigkeit, dass es Schichtwechsel gäbe, war Janay vollkommen frei. Sie liebte ihn nicht, jedenfalls nicht in dem Ausmaß wie umgekehrt. Sie war auf dem besten Weg dorthin, aber sie konnte es ihm nicht mit Gewissheit sagen. Und sie wollte ihn nicht heiraten. Sie waren vermutlich nicht einmal ein richtiges Paar. Sie war frei und er hatte nicht über ihr Liebesleben zu entscheiden.
Unwohl rieb er sich den Nacken und behielt den Blick auf seinen Teller gerichtet. "Lässt es sich so einrichten, dass ich maximal mit Zissus zusammen ... und nicht dabei bin, wenn andere ...? Ich ... muss das nicht sehen. Ich weiß nicht, ob ich das mit ansehen kann", gestand er. "Aber darüber hinaus habe ich keine Wünsche, nein. Eher ... ein Problem." Er erinnerte sich noch, sich an mehr erinnern zu wollen, was vor seinem Schlaf geschehen war. Und er erinnerte sich nicht, sich darauf vorbereitet zu haben. Er hatte sich nicht zum Schlafen gebettet, sondern war abgeholt worden. Es war Teil des Paktes. Manthala entschied, wann er zu ihr käme. Das hatte Kazel bereits begriffen und nun erkannte er, dass es angesichts der bevorstehenden Aufgabe alles komplizierter machte. Darüber durfte er nicht schweigen. Die anderen mussten es wissen und sich vorbereiten können.
"Ich werde ... irgendwann einschlafen. Ich habe das nicht unter Kontrolle und kann nicht genau sagen, wann und wie lange es anhalten wird. Aber ich werde schlafen. Gut schlafen. Ihr müsst mich beiseite schaffen. Legt mich dann irgendwohin udn sorgt dafür, dass es Janay ... gut geht. Macht euch keine Sorgen um mich. Der Schlaf ist Teil ... äh ... dessen, was ich geworden bin. Ich weiß nicht, ob ich offen überhaupt darüber sprechen kann." Oder ob ihr mich dann alle für endgültig verrückt haltet. Außer Janay wusste schließlich niemand, dass er in der Lehre eines höheren Wesens stand, das die Seelen der Verstorbenen mitnahm. Im Grunde war auch Kazel auf diese Weise zu einer eigenen Interpretation des Sammlers geworden. "Gäbe es denn etwas, das ich mir wünschen sollte?"
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 23. März 2023, 11:20

Bei Janay:
"Es tut mir leid, Ina. Ich will dir die Wahrheit sagen, aber sie ist so... so... kompliziert. Viel zu kompliziert, glaube mir! Aber du kannst mir auch glauben, dass du keine Angst vor dem Sammler haben musst, er ist nicht hier....Ja, wir haben die Nachricht in seinem Namen verfasst, weil wir... weil ich gedacht habe, dass wir dir so schneller helfen können. Keiner von uns hat erwartet, dass dein Mann diese Einladung nicht annimmt."
Sie zuckte leicht mit den Schultern. Arina lauschte ohne jede Regung und sah ihrer Schwester dabei in die Augen.
"Ansonsten habe ich mit dem Sammler nichts zu tun. Ich bin dank Kazel hier..."
Janay straffte sie ihre Haltung und ein gewisser kindlicher Trotz schlich sich in ihre Stimme, weil sie nun tatsächlich voll und ganz ehrlich war, als sie betonte:
"... und das ist auch die Wahrheit!"
Es vergingen ein paar schwere lange Momente, dann blinzelte Arina wieder. Es war ein bisschen wie damals, als sie Kinder waren. Der Trotz der 'kleinen' Schwester gegen die 'Wahrheitsliebe' der größeren. Und doch hatte sich etwas verändert. Arina hatte sie nach ihren kleinen Kabbeleien immer tröstend in die Arme genommen... aber das passierte nicht. Die 'große' Schwester hatte sich verändert.
„Das ist alles wahr...“
Sie sah immernoch Janay an und zog dann die Brauen leicht zusammen. Trotzdem war ihre Stimme weiterhin leise und so merkwürdig tonlos. Oft konnte man ja am Klang einer Stimme Emotionen ableiten, aber das fehlte bei Arina gänzlich. Sie starrte Janay einfach nur an.
„Aber ...du hast meine Frage nicht beantwortet. Noch einmal: … Warum belügst du mich? Ich muss gewiss nicht alle Hintergründe wissen, was in deinem Leben die letzten Jahren, Monaten, Tagen passiert ist, genau sowenig wie du von meinem.“
Autsch. Damit zog sie eine harte Linie. Arina würde Janay also niemals ihre ganze Geschichte erzählen.
„Wenn du mich belügst um mich zu schützen, dann sag mir lieber, dass du es mir nicht offenbaren willst, oder kannst, oder darfst. Das ist für mich in Ordnung. Aber... ich will von dir keine Lügen.“
Arina schluckte. Sie hielt sich auch im Sitzen steif und aufrecht, als könnte sie sich überhaupt nicht entspannen. Aber trotz ihrer inneren unaufhörlich blutenden Wunden hatte sie Janay gezeigt, wie man mit ihr umgehen konnte. Verletzungen des Körpers konnte man heilen... aber jene des Geistes? Arina bebte und hielt ihre Finger ineinander verkrampft. Sie war so blass, als hätte sie seit Jahren nicht mehr das Tageslicht gesehen – was vielleicht auch zutraf. Aber sie presste auch die Lippen zu schmalen Strichen zusammen. Ihre Gegenwart war wie das unangenehmen Gefühl eines irgendwo gekippten Fensters, dessen kalter Hauch man im Nacken spürte, aber doch hatte sie dieses Fenster für Janay geöffnet. Janay hatte es geschafft, dass sie aus ihrem inneren Käfig heraus WOLLTE. Arina schaffte es durch sie, ihre Gefühle wieder auszusprechen, was sie sonst wohl bei keinem getan hätte. Was sie wünschte, was sie wollte oder nicht, was sie nicht mochte, hatte für lange Zeit keine Rolle gespielt. Jetzt aber formulierte sie eine 'Regel' an die Janay sich halten können würde. Es war ihre Art ihr eine Hand zu reichen, damit sie wieder zusammen wachsen und Janay ihr helfen könnte... dafür war nur Wahrhaftigkeit nötig - Wahrheitsliebe - und Liebe.
Sie waren zusammen.
Still saßen sie einen Moment einfach nur da und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Der Wind war manchmal noch kühl um diese Jahreszeit und sie hatten beide nicht an Mäntel gedacht. Wo Arina es kaum zu bemerken schien, da spürte Janay ein unangenehmes Ziehen, dass von ihrer tauben Hüfte in den oberen Rücken zwischen ihre Schulterblätter ausstrahlte.
Plötzlich fühlte Janay etwas an ihrem kleinen Finger. Sie sah hinab und Arina hatte unbemerkt ihre eine Hand neben ihre auf den Holm am Rollstuhl gelegt. Es war eine winzige Geste, aber GEWALTIG, wenn man die Umstände bedachte. Arina suchte von sich aus ihre Nähe...

Bei Kazel:
Die Gerüche der Küche, die Düfte der Kräuter machten seinen Kopf frei. Der erholsame Schlaf gab ihm alles was er brauchte. Voller Energie und gestärkt durch ein ehrliches Lob seines Meisters hatte er den Tag begonnen. Jetzt fehlte nur noch seine Liebe... Janay.
Aber Kazel dachte auch an Zissus und all die anderen Seelen in diesem Haus. So war er nun mal: Immer für alle da. Und er wollte auch für Arina da sein, jetzt da er von ihr erfuhr. Sie und Janay waren also im Garten. Die Antwort auf Hopps Frage nach seinen Wünschen für 'später' wurde mit großen Augen verfolgt.
"Lässt es sich so einrichten, dass ich maximal mit Zissus zusammen ... und nicht dabei bin, wenn andere ...? Ich ... muss das nicht sehen. Ich weiß nicht, ob ich das mit ansehen kann..."
, gestand er deutlich verunsichert bei dem Thema.
"Aber darüber hinaus habe ich keine Wünsche, nein. Eher ... ein Problem... Ich werde ... irgendwann einschlafen. Ich habe das nicht unter Kontrolle und kann nicht genau sagen, wann und wie lange es anhalten wird. Aber ich werde schlafen. Gut schlafen. Ihr müsst mich beiseite schaffen. Legt mich dann irgendwohin und sorgt dafür, dass es Janay ... gut geht. Macht euch keine Sorgen um mich. Der Schlaf ist Teil ... äh ... dessen, was ich geworden bin. Ich weiß nicht, ob ich offen überhaupt darüber sprechen kann."
Es war gut, dass er sie und den Bären informierte, was seinen besonderen Schlafrhythmus anbelangte. Beide nickten und würde sich darum kümmern, wenn es soweit war.
"Gäbe es denn etwas, das ich mir wünschen sollte?"

Hopps Näschen war rötlich umrandet, als sie erwiderte:
„Ich meinte mit meiner Frage eigentlich, ob ihr so etwas wie eine Vorliebe für bestimmte Bettwäsche habt, oder ich Handtücher bereit legen soll... Habt ihr einen Lieblingsduft, den ich in die Massageöle geben soll? Etwas in der Art?“
Ach ja, sie hatte ja erwähnt, dass sie die Betten machen wollte. Aber gut, dass das Thema noch einmal angeschnitten worden war. So hatte Kazel auch seine 'Pakt'-Begleiterscheinungen erwähnen können und es käme zu keinen Überraschungen. Aus dem Hintergrund antwortete Kodiak leise, auch wenn er eigentlich nicht angesprochen worden war:
„Ich mag Erdbeeren.“
und hackte weiter Kräuter. Kazel bekam einen kleinen Zettel und einen Kohlestift von Hopp heran geschoben.
„Schreibt auf was ihr wünscht.“
Dann knickste sie, wollte schon davon huschen und prallte im Türrahmen mit Zissus zusammen, der gerade herein kommen wollte. Um Ecken zu flitzen und Haken zu schlagen barg auch Risiken für ein Kaninchen. Ein Tablett ging scheppernd und klirrend zu Boden, so dass alle zusammen zuckten. Kodiak fluchte laut auf, da er sich in den Finger schnitt und Kazel sah zu Zissus, der instinktiv nach Hopps Schultern gegriffen hatte. Das Geschirr lag jetzt am Boden, denn er hatte es vor dem Bauch getragen, als sie in ihn hinein gerannt war. Eben jenen hielt sie sich und meinte eilig:
„Alles in Ordnung, nichts passiert. Ich hab noch zu tun...“
Kleine Unfälle passierten ständig im Leben...
Doch als Hopp aus der Tür verschwand fühlte Kazel ein merkwürdiges wärmendes Prickeln im Nacken, als wenn eine höhere Entität ihr hinter her sah. Wurden gerade Schicksalsfäden neu verwoben? Gleichzeitig sah er zwei seiner Albtraum-gestalten hinter Hopp her gehen. Nein nur eine... die andere ging in die andere Richtung... Sie... hatten nasse Gesichter. Eine der Frauen mit den metallenen Gliedmaßen hatte leere Augenhöhlen, aus denen unablässig Tränen flossen. Sie hatten ihre Augen aus ihren Höhlen geweint. Ihr Mund war mit einer Metallplatte vernagelt, aber es wirkte als würde sie schreien, auch wenn kein Ton zu hören war. Und noch etwas nahm Kazel in dieser einen Sekunde war:
„Sie ist da.“
Tod hatte ihm versprochen, dass er ihm bescheid sagen würde, wenn der Moment gekommen wäre. Nur wollte Kazel dem 'Leben' begegnen? Wollte er hinter den Schleier der Zeit treten um... etwas zu tun? Etwas zu versuchen? Zu verhandeln? Wenn er jetzt die Zeit anhalten würde, dann könnte er dem Leben begegnen.

Bei Janay:
„Du... d...du …..blutest!!!“
Arina war aufgesprungen und kniete sich dann bebend neben das rollende Gefährt von Janay. Dieser war eigentlich nur etwas kalt, sonst spürte sie nichts, keine Schmerzen. Aber plötzlich war da auch die brennende Sorge.
„Warum blutest du?! Wo...“
Arina kniete neben ihr, hatte unter den Rollstuhl gefasst, dort hin wo das Loch eingearbeitet war und zog nun ihre mit Blut benetzte Hand unter ihr hervor. Ihr Gesichtsausdruck war fast panisch. Ihre Stimme war deutlich lauter geworden, aber jetzt schrie sie:
„HILFEEE!!!“
Es klang schief und falsch und sie klammerte sich an Janays Hand. Beide hatten kalte Hände, aber Janays war doch deutlich kälter.
„Warum blutest du plötzlich? Bist du verletzt? ...HIIILLLLFFEEEE!“
Suchend sah sie sich um und gleichermaßen konnte sie ihre Schwester nicht verlassen.
„Ich kann dich jetzt nicht verlieren! Nicht da wir uns gerade wieder gefunden haben!!“
, keuchte sie. Das ungewohnte Schreien beanspruchte ihre Stimmbänder. Sie krächzte wie ein unglückseliger Rabe. Und Janay? … Ahnte sie, woher das Blut kam?

Bei Kazel:
Eine der Ank war Hopp gefolgt, die andere war abgebogen, quer durch die Küche, den Bären und durch den Herd marschiert und durch das geschlossene Fenster hinaus... Man hörte einen Raben krächzen... oder...
Schrie da jemand leise?
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Donnerstag 23. März 2023, 12:54

Früher hatte sie des Öfteren geflunkert, harmlose Sachen, wie Kinder es eben nun einmal versuchten. Doch sobald ihre Schwester davon Wind bekommen hatte, war sie unerbittlich gewesen und hatte sie stets zur Rede gestellt, sodass sie kleinlaut alles zugegeben hatte und danach wieder alles gut gewesen war. Sie war in den Arm genommen und ihr war verziehen worden.
Dieses Mal allerdings handelte es sich um keine Kleinigkeiten und im Prinzip wollte sie Arina auch alles erzählen. Jedoch ging es nicht allein um sie und außerdem war ihre Angst immens davor, dass die Ältere ihr irgendetwas übel nehmen könnte, weil diese das nicht hatte erleben dürfen. Oder sie verraten könnte...
Dennoch hatte die andere es gemerkt und nun war sie es, die in ihre alte Rolle zurück fiel und wie ein Kind mit einer Spur Trotz reagierte. Sie konnte gar nicht anders, ganz gleich, wie unangenehm ihr diese Situation wurde. Hätte sie es gekonnt, sie hätte sich wahrscheinlich ein wenig gewunden oder mit den Füßen gescharrt oder mit diesen Muster in den Kies gezeichnet, der hier den Untergrund bildete. So blieb ihr lediglich, so still wie möglich zu sitzen und ihren Trotz dafür zu verwenden, ihrem Gegenüber weiterhin in die Augen zu sehen. Unabhängig davon, wie unheimlich ihr deren starrer Blick von Atemzug zu Atemzug wurde.
Als sie fertig war, presste sie die Lippen aufeinander und reckte ihr Kinn eine Spur weit nach vorne, als erwarte sie den nächsten Konter. Der nicht kam... was sie leise aufatmen ließ.
Um im nächsten Moment zusammen zu zucken, als hätte man ihr einen Schlag ins Gesicht verpasst. "Aber, Ina, ich...", begehrte sie auf und brach ab, als die andere fortfuhr.
Fest presste sie ihre Lippen erneut zusammen, bis diese einen dünnen, blutleeren Strich bildeten und wandte nun ihrerseits den Blick ab. Es gefiel ihr nicht, wie ihre Schwester mit ihr sprach. Nicht, weil diese eine Forderung stellte oder sie zur Wahrheit aufforderte. Sondern, weil sie ihr jetzt schon klar machte, dass sie ihr niemals alles aus den letzten Jahren erzählen würde. Das tat weh, denn natürlich wollte sie es wissen. Wollte es von ihr hören, um sie zu trösten, so wie es früher umgekehrt gewesen war.
Und wollte im Gegenzug auch alles erzählen, woran sie sich noch erinnern konnte. Nun ja... fast alles... Trotzdem, im Prinzip wurde sie schon jetzt ausgeschlossen, ohne es noch richtig versucht zu haben! Das kränkte sie, sodass sie einige Momente brauchte, um mit diesem Gefühl klar zu kommen und sich soweit im Griff zu haben, um nicht erneut wie ein kleines Kind zu reagieren.
Früher hätte sie das getan, zweifellos, aber früher waren sie beide andere gewesen, sie war die Jüngere, Unvernünftige gewesen und egal, was sie getan hatte, ihre Schwester hätte ihr früher oder später verziehen. Nun allerdings... war Janay gereift, zumindest ein bisschen, und das weit genug, um auch von sich aus mal auf die Ältere zu achten und auf deren Gefühle.
Leise ließ sie ihren Atem aus ihren Lungen entweichen, als ein merkwürdiges Ziehen ihr einen unangenehmen Schauer über den Rücken jagte. Ihre Augenbraue hob sich leicht an, doch ehe sie dieser Empfindung weiter auf den Grund gehen konnte, gab es eine andere, neue Berührung von außen, die sie davon vorerst abzulenken verstand.
Blinzelnd sah sie auf ihre Hand und bemühte sich, zu begreifen, wie wichtig diese kleine Geste für ihr Gegenüber sein musste. Schließlich seufzte sie und schaffte es, Arina wieder in die Augen zu sehen. "Ich will dich nicht anlügen, wirklich nicht! Aber..." Sie schluckte, seufzte erneut und straffte ihre Schultern, zwischen denen es weiterhin unangenehm zog, um sich gerader zu setzen und auf diese Weise sich selbst die Kraft zu spenden, die sie für ihre nächsten Worte brauchte. "Aber wie gesagt, die ganze Wahrheit ist kompliziert. Und nicht nur meine Entscheidung. Auch wenn es klingt wie aus einer Geschichte, es hängen Leben daran, wie viel jeder von uns erzählt. Deswegen muss ich zuerst mit Kazel und den anderen darüber reden. Aber ich werde dir mehr erzählen, nur eben... nicht jetzt... und... na ja..."
Das Ziehen in ihrem Körper verstärkte sich und wurde allmählich so richtig unangenehm. So sehr, dass sie ihren gedanklichen Faden einen Moment lang verlor.
Als sie danach greifen und ihn wieder aufnehmen wollte, sprang vor ihr die andere plötzlich auf und sagte etwas, das sie nicht einordnen konnte. Verständnislos blinzelnd sah sie zu Arina, unfähig zu einer Antwort, während diese sich neben sie kniete. Langsam, als würde die Zeit träge und zähflüssig werden, folgten ihre Augen der Bewegung der Hand unter ihr Gefährt und wie diese mit Blut an den Fingern wieder sichtbar wurde.
Ein Gedanke... nein, eher ein Gefühl begann, in ihr aufzusteigen, noch diffus und für ihren Geist nicht zu fassen. Dennoch stark genug vorhanden, um ihr Herz schneller schlagen und sie zu zittern beginnen zu lassen. Mit einem Mal wurde ihr so richtig kalt, dass sie ihre eigenen Arme um sich schlang, selbst dann noch, als nach ihrer Hand gegriffen wurde.
Tropfen für Tropfen sickerte dieses eine Gefühl, diese Ahnung, in ihr Bewusstsein und begann dort eine Angst zu nähren, die seit dem Wissen um ihren Zustand lauerte und schon das ein oder andere Mal zugeschlagen hatte. Zeitversetzt weiteten sich ihre Augen und die Tränen kamen ihr. "Nein...", hauchte sie kaum hörbar, gefolgt von einem Wimmern. "Nein... nein, bitte nicht... nicht noch einmal...", murmelte sie und schüttelte den Kopf.
Plötzlich war ihre Schwester wieder in ihrem Blickfeld, sodass sie nach dieser griff, egal, wo auch immer sie sie erwischen mochte. "Die Heilerin! Bring mich zu ihr! Schnell! Und Kazel... nein... bloß nicht Kazel! Bitte, bitte, Ina, ich... ich... ich schaff' das nicht...", bettelte sie und schlug sich die Hände schluchzend vors Gesicht. "Ich schaff' das nicht noch mal...", wimmerte sie und hätte sich ganz klein zusammen gerollt, wenn ihr Körper dazu in der Lage gewesen wäre.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Freitag 24. März 2023, 16:28

Es konnte nur richtig gewesen sein, dass Kazel einen Pakt mit der Göttin von Traum und Schlaf eingegangen war. Auf diese Weise startete er nämlich mehr als erholt in jeden neuen Tag und im Moment brauchte er diese Energie auch. Hopp löcherte ihn förmlich mit Fragen, wie er sich seine Umgebung für die bevorstehende Nachbehandlung seiner Liebsten denn vorstellte. Dass sie dabei gar nicht die Umstände meinte, mit wem, in welcher Konstellation und wie Janay schlussendlich verkehren würde, missverstand der Mischling. Dabei war die Thematik an sich für ihn schon Grund genug, zu erröten. Dass es noch schlimmer werden konnte, erkannte er erst, als ihm sein Fauxpas bewusst wurde. Und schon nahmen seine Wangen ein so tiefes Rot an, dass es fast purpur wirkte. Er wollte im Erdboden versinken!
Wenigstens hatte er durch diesen Irrtum auch noch seinen Zustand angesprochen, in den er zwangsläufig verfallen würde. Dass Manthala ihm da keine andere Möglichkeit mehr ließ, sondern ihn paktgetreu voll in Besitz nahm, ließ sich nun nicht verhindern. Die Gruppe musste darauf vorbereitet sein. Hopp wusste es nun, ebenso wie Kodiak. Kazel konnte auf beide vertrauen. Trotzdem hatte sich die Frage nach seinen Vorlieben noch nicht geklärt - Wünsche nicht sexueller Natur. Hopp würde Handtücher bereit legen, passende Bettwäsche aufziehen und sogar Düfte im Raum verteilen, damit alles angenehm wäre. Derweil musste Kazel erkennen, dass er überhaupt nicht wusste, was Janay in diese Richtung so mochte. Wie sollte er auch, er konnte ja nicht einmal eigene Vorlieben wirklich benennen.
Was mag ich? Er grübelte, aber es half nicht, dass ihn die verlegene Röte wieder verließ, im Gegenteil. Ich kann wohl kaum darum bitten, den Raum kühl zu halten, als wäre mein Meister anwesend. Besaß Tod einen Duft? Verwesung roch, aber darauf konnte selbst Kazel verzichten. Der Gevatter selbst jedoch roch wohl nicht und ansonsten mochte er es eigentlich, wenn er Janays eigene Aromen in die Nase bekam. Es fiel ihm wahrlich schwer, darüber hinaus etwas zu benennen. Natürlich gefiel ihm der Duft von frischen Gräsern an einem neuen Morgen, die Schwere von Waldgrün, Erde und Moosen nach einem Regen oder die sanften Sommergräser, deren von Pollen belasteten Aromen manchmal in der Nase kitzelten. Er konnte sich nur für keinen im Spezifischen entscheiden.
„Ich mag Erdbeeren.“
Kazel schaute auf und musste zwangsläufig schmunzeln. Ein Bär, der Beeren mochte. Das war schon fast zu klischeehaft, aber es gefiel ihm irgendwie. Und was sollte er dann mögen? Gemischtes? Aber meinen Meister mag ich ja... Nur dieser roch offensichtlich nicht. Darüber hinaus bedeutete es auch nicht, dass Janay von einem tödlichen Aroma betört würde.
Hopp reichte ihm Kohlestift und Papier. Kazel schaute betreten, nahezu überfordert auf das blanke Papier. Dennoch wollte er es angehen und griff nach dem Stift. Er setzte sogar zum Schreiben an. Bevor ihm aber überhaupt eine Idee kommen konnte, schepperte es gehörig und er zuckte zusammen. Sein Blick flog hinüber zur Quelle des Lärms. Da stand Zissus mit einem Tablett vor ihm auf dem Boden, sowie einer Menge Geschirr. Ihm gegenüber stand Hopp. Sie hielt sich den Bauch.
"Alles in Ordnung, nichts passiert. Ich hab noch zu tun..."
Kazel blickte dem weißen Fellknäuel nach, das durch die nächste Tür verschwand. Seine Augen wurden groß wie Zissus heruntergefallene Teller. Sein Mund klappte auf. Die zweite Mutter... Da verschwamm das seine Sicht plötzlich und er blinzelte. Das Bildnis zweier Frauen mit metallischen Gliedmaßen nahm den Raum ein. Sie schritten einfach durch die jeweils andere. Eine folgte Hopp in den Gang, während die zweite mit der Nuance eines unsicht- wie gleichermaßen unhörbaren Schreies den Weg Richtung Garten einschlug. Kazels Ohren zuckten. Seine Elfensinne mochten den Hilferuf an sich nicht erfassen, wohl aber, dass jemand in der Ferne schrie.
Alarmiert ließ er den Stift fallen und sprang auf. Seine Augen flackerten den Schatten der beiden Ankgeister nach, von denen nur noch ein Echo im Raum übrig zu sein schien. Es reichte aus, dass sein Herz raste.
Nur einer wusste es normalerweise durch seine bloße Anwesenheit zu beruhigen, doch er war nicht da. Er ließ ihm nur eine Nachricht zukommen: "Sie ist da."
Diese Information legte sich bleischwer auf Kazels Schultern und drohte, ihn zurück auf seinen Platz sinken zu lassen. Seine Gedanken wirbelten wild umher. Leben war da, bereit zum Gespräch. Hopp musste die zweite Schwangere unter dem Dach des Sammlers sein. Das Schicksal ihres Kindes stand auf dem Spiel, ebenso wie das eines der Zwillinge unter Janays Herzen. Janay ... die mit ihrer Schwester im Garten war ... wohin die Ank verschwand und von wo aus er etwas gehört hatte.
Kazel bemerkte gar nicht, dass seine Hände zu schwitzen begannen. Was sollte er jetzt tun? Er war wie paralysiert und sah sich zu keiner Entscheidung fähig. So tat er zunächst nichts als sich wieder zu setzen. Die plötzliche Last auf seinen Schultern presste ihn sprichwörtlich zurück auf seinen Stuhl. Er starrte das Papier an, auf dem nur ein dicker Strich mit dem Kohlestift gezogen worden war, als er sich erschreckt hatte. Ansonsten war es so leer wie er sich fühlte. Leer und schwer, dass ihm die Glieder zum Grund ziehen wollten. Vor allem in seiner Handfläche lag Gewicht. Er fühlte, dass ihm die Zeit davon rann. Nein! Er fühlte ... seine Zeit.
Rasch umfasste er mit den Fingern sein Stundenglas mit Lebenszeit. Noch opferte er aber nichts davon. Er wandte sich stattdessen an Zissus. "Lass das Geschirr liegen. Zissus! Geh Hopp nach ... bring sie zu einem Heilkundigen. Orima, irgendwem ... ich glaube, es ist doch nicht alles in Ordnung." Dann riss er den Kopf herum, wirkte in der Ruhe der Küche völlig fehl am Platz in seiner aufsteigenden Unruhe. "Kodiak, bitte, du musst in den Garten! Schau, ob es Janay und Arina gut geht. Ich hab so ein ... seltsames Gefühl. Ich komme nach. Ich brauche noch etwas ..."
Zeit.
Er dachte den Begriff, bevor er ihn aussprach, aber noch ehe er ihm über die Lippen kommen konnte, griff Kazel auf Teile seines Sandes zurück. Er pickte Körnchen heraus, opferte sie, um den Zeitenlauf zum Stillstand zu bringen. Denn genau das brauchte er nun: Zeit. Es brachte nichts, im Stillstand zu Janay oder Hopp zu gehen. Sie wären wie eingefroren, so könnte er sie unmöglich etwas fragen noch ihnen wirklich helfen. Aber er hatte seine Freunde geschickt. Sie würden gehen, sobald er keine eigene Lebenszeit mehr opferte. Denn er konnte sich ihnen noch nicht anschließen. Jemand wartete darauf, mit ihm ein Gespräch zu führen und Sterbliche ließen höhere Wesen nicht warten, wenn sie sich schon dazu bereit erklärten.
Ich bin soweit. Was ... muss ich tun, um mit ihr zu sprechen?, sandte er seinen Gedanken zum Gevatter aus, da er sonst keine Möglichkeit sah, mit dem Leben selbst in Kontakt zu treten. Aber vielleicht kam sie auch direkt zu ihm, ehe sein Meister antwortete.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Samstag 25. März 2023, 11:50

Bei Kazel und Janay überschlugen sich gerade die Ereignisse und machten es sogar nötig, dass der Geselle des Todes seine Lebenszeit einmal mehr opfern würde. Wie paralysiert verharrte er noch einen Moment und jene Sekunden schienen sich zu dehnen, wie zäher Harz der den Wunden verletzter Bäume rann. Das Leben spielte sein Spiel und man konnte es fühlen. Etwas wichtiges ging vor sich und dann hörte er auch schon die Stimme seines Meisters, die ihm sagte, dass der Moment gekommen war. Ein Moment, der alles verändern könnte – Glück und Leid lagen auf den Waagschalen des Schicksals. Es sponn seine Fäden neu und konnte auch klaffende Löcher hinterlassen.

Bei Janay:
Für Janay fühlte es sich aber kaum anders an, denn auch ihre Wahrnehmung verlangsamte sich, als sie das Blut an den Händen ihrer Schwester sah. Die letzten Tage und Wochen, ja vielleicht sogar Monate waren milde gesagt 'anstrengend' gewesen und gewiss nicht gut für eine werdende Mutter in den frühsten Monaten. Zu viel Drama, zu viel Leid, zu viel Fliehen, zu viel Emotionen, sogar zu viel Liebe hatte sie begleitet und sie nicht zu Ruhe kommen lassen. Seit ihrem Aufbruch aus Leonida war gar nicht so viel Zeit vergangen und doch fühlte es sich wie eine Ewigkeit an. Eine Ewigkeit die sie auf das purpurne Glänzen starrte, das von Arinas Fingerknöcheln tropfte. Die Erkenntnis, dass sie blutete mischte sich mit ihren Erinnerungen der Vergangenheit und ballte eine Faust aus Angst um ihr Herz. Die Ahnung vor dem was geschehen könnte, legte sich wie ein heißes Prickeln auf ihre Haut. Fiebrig starrte sie auf das Rot.
"Nein..."
Janays Stimme war ein leises Wimmern und ähnelte dem ihre Schwester plötzlich sehr. Das Leben - das Leid konnte einen den Atem rauben. Konnte sie noch mehr ertragen? Hatte sie nicht schon genug gelitten?
"Nein... nein, bitte nicht... nicht noch einmal..."
Sie dieser griff nach dem Arm ihrer Schwester, aber nicht dort, wo sie das Blut sah.
"Die Heilerin! Bring mich zu ihr! Schnell! Und Kazel... nein... bloß nicht Kazel! Bitte, bitte, Ina, ich... ich... ich schaff' das nicht..."
, bettelte sie und schlug sich die Hände schluchzend vors Gesicht.
"Ich schaff' das nicht noch mal..."
Arina starrte ebenfalls, wenn vielleicht auch aus anderen Gründen, aber sie handelte auch. Sofort huschte sie hinter das Gefährt und griff nach dem Holm...
Die Welt zog sich zusammen und begleitete Janay mit leisem Knirschen der Räder, die über den Kies rollten, ihrem panischem Atmen und grausamer Stille voller Vorahnungen.
Warum drohte ihr Körper die Frucht des Lebens abstoßen?
Weil das Leben hart und grausam war.
Warum hatte sie das nicht kommen sehen, wenn sie doch wie ihre Mutter war?
Weil sie sich vor dieser Fähigkeit verschlossen hatte und sie nicht wollte.
Warum war ihr erster Gedanke, dass sie Kazel nicht bei sich haben wollte?
Weil ...

Bei Hopp:
Tausend Gedanken schossen Hopp durch den Kopf, aber alles drehte sich nur um diesen einen Moment. Das Brennen war kaum auszuhalten und wollte ihr die Tränen in die Augen treiben. Sie war aufrecht weiter gelaufen...
...bis hinter die nächste Ecke... du schaffst das...
Der kleine Unfall war doch nicht so schlimm gewesen, oder? Was stimmte nicht mit ihr? Das ausgerechnet Zissus in sie rein gerannt war... Sie wollte nicht, dass ausgerechnet er sie so sah.
Niemand kannte ihre Gedanken, niemand ihre Motive oder den tief verborgenen Wunsch in ihrem Herzen. Das Brennen wurde zu einem Dolch, der in ihrem Innern herum gedreht wurde und sie glitt kraftlos an der Wand ab, sackte zu Boden und die Welt verschwamm...

Bei Kazel:
Kazel fühlte, dass ihm die Zeit davon rann. Nein! Er fühlte ... seine Zeit.
Rasch umfasste er mit den Fingern sein Stundenglas mit Lebenszeit. Er wandte sich an Zissus:
"Lass das Geschirr liegen. Zissus! Geh Hopp nach ... bring sie zu einem Heilkundigen. Orima, irgendwem ... ich glaube, es ist doch nicht alles in Ordnung."
Dann riss er den Kopf herum.
"Kodiak, bitte, du musst in den Garten! Schau, ob es Janay und Arina gut geht. Ich hab so ein ... seltsames Gefühl. Ich komme nach. Ich brauche noch etwas ..."
„Es ist Zeit.“
Also griff Kazel auf Teile seines Sandes zurück. Er bemerkte kaum noch das Nicken der beiden Männer, die in sehr kurzer Zeit des Kennens durchaus man Freunde nennen könnte. Er pickte Körnchen aus dem Stundenglas heraus, opferte sie dem Zeitenlauf ihn zum Stillstand zu bringen. Denn genau das brauchte er nun: Zeit.
Er wusste aber auch, es brachte nichts im Stillstand zu Janay oder Hopp zu gehen. Sie wären wie eingefroren, so könnte er sie unmöglich etwas fragen noch ihnen wirklich helfen. Aber er hatte seine Freunde geschickt. Sie würden gehen, sobald er keine eigene Lebenszeit mehr opferte. Erst dann konnte er sich ihnen wieder anschließen, aber er würde ...'nachkommen', wenn es soweit war. Jemand wartete darauf, mit ihm ein Gespräch zu führen und Sterbliche ließen höhere Wesen nicht warten, wenn sie sich schon dazu bereit erklärten.
Ich bin soweit. Was ... muss ich tun, um mit ihr zu sprechen?
Aber wie schon beim ersten Mal, als Tod über Leben gesprochen hatte und es fast so geklungen hatte, als möge er sie nicht besonders, zog sich dieser jetzt zurück. Die beiden waren zwei Seiten einer Münze, aber wie eben jene, sahen sie einander nie in die Augen und blicken in unterschiedliche Richtungen. Wo Tod ein friedliches Ende bedeutete, da prüfte Leben die Sterblichen. Kazel lebte ebenfalls noch und konnte aber diesen Schritt gehen, aber ...er war auf sich gestellt. Er hatte den Sand seiner Zeit los gelassen und die Welt stand still...

...
„So viel ist geschehen, so viel wird noch kommen, so viel zu verlieren um alles zu gewinnen.“
...

bei Kazel - zwischen den Sekunden:
Leben!
Wie sagt man?
Das Leben ist ein der schwersten.
Sterben ist leicht, Leben ist schwer.
Das Leben ist grausam.
Das Leben prüft uns.

Wenn man es wortwörtlich betrachtete, dann war das sogar alles richtig.
Das Leben ist eins der schwersten... Als Kazels die Zeit anhielt war das erste was er empfand eine Erschütterung, wie wenn ein Riese neben ihm aufgestampft hätte. Erschrocken drehte er sich in die Richtung und sah sie.
Sterben ist leicht, Leben ist schwer...Tod war 'schlank' in seiner skelettierten Form und Leben war prall und rund. Aber vielleicht stellte sie sich auch gerade nur so dar? Ihr wogender Busen könnte ein halbes Dutzend Kinder nähren und ihr fleischiger Körper strahlte eine Hitze ab, die sich in jede Pore seines Daseins quetschen wollte. Kazel brach sofort der Schweiß aus. Klebrig und feucht rann er ihm den Rücken hinunter und nicht mal seine kühlende Kutte konnte ihn davor gänzlich schützen. Ihre breite Hüfte senkte sich und sie kniete sich halb durch eine Wand, durch die sie hindurch gegriffen hatte. Ihr Arm war nicht zu sehen, aber ihre Zunge spielt zwischen ihren Lippen, als sie den Arm drehte und dabei leise lachte. Sie lächelte mit glatten weißen Zähnen, die vor Gesundheit zur so strotzen und ihr langer blonder Zopf fiel ihr über eine ihrer Brüste. Da fiel ihr Blick auf Kazel... aber ihre Augen waren... blind. Trotzdem sah sie ihn an und winkte ihn zu sich.
„Da bist du ja...“
Sie hatte ihn erwartet. Ihr Arm drehte noch etwas weiter und Kazel konnte nur vermuten, was sie dort tat. Vermutlich lag Hopp dort in diesem schmalen Seitengang hinter der Küche, wo es zu den Lagerräumen ging. Ob sie schmerzen hatte? Es war nur natürlich, dass Kazel hoffte, dass Zissus noch rechtzeitig kommen würde, aber... hatte er überhaupt Einfluss auf das was geschehen würde? Wenn Leben entschied, dass keines der Kinder geborgen werden würde, dann kam jede Hilfe zu spät. Sie kicherte noch einmal und zog denn Arm aus der Wand. Dass er blutüberströmt war betrachtete sie mit gehobenen Mundwinkeln.
Das Leben ist grausam.
„Kazel nicht wahr? Schön dich kennen zu lernen... Ja das war rhetorisch und eine Floskel, aber so ist es für dich leichter dich mit mir zu unterhalten.“
Sie griff mit der blutigen Hand nach seiner und drückte sie schüttelnd. Prickelnd heiße Energie rann durch seine Finger und verbrühte seine Nerven. Wenn Kuralla sich so die ganze Zeit fühlte, weil sie vom Leben berührt worden war, dann verstand man vielleicht ihre 'Art' besser. Kazels Haut zog und spannte, wie bei einem heftigen Sonnenbrand und die Intension sie schnell in die kühle Kutte zu stecken wurde übermächtig. Zum Glück ließ ihn Leben aber wieder los und schaute etwas pikiert.
„Du bist ihm schon sehr ähnlich geworden.“
Was wohl durchaus aus ihrem Munde als Beleidigung hatte klingen sollen, konnte für Kazel allerdings auch ein Lob sein.
„Wusstest du, dass wir beide um dich gespielt haben?“
Log sie, oder sagte sie die Wahrheit? Alles was aus ihrem Mund kam, klang nach einer …
„Ich war für einen Münzwurf, aber er wollte eine Partie Schach. Nun ja, ...das Ergebnis steht nun vor mir und... will mit mir reden.“
Ihre blinden weißen milchigen Pupillen schauten ihn provozierend an.
„Was also willst du mir sagen bevor ich hier weiter mache... Ah... ja... darum geht es dir. Es geht um die Kinder. Hihi... Ihr Sterblichen seid so versessen, so gierig auf euer Erbe. Ihr meint, es gehöre euch von ersten bis zum letzten Moment an. Eure Kinder gehören euch aber nicht, haben sie nie. Sie sind eigenständige Wesen mit eigenen Schicksalssträngen. Sie werden von euch in diesen kleinen Momenten der Lust gezeugt, aber von da ab... na gut... von Geburt an gehören sie mir. Ich will ja nicht schwindeln, hihi.“
Sie legte sich kichernd wie ein Mädchen die blutige Hand an die Wange, was einen Abdruck hinterließ. Auch ihr Aussehen änderte sich und sie schrumpfte zu einem kindlichen Mädchen zusammen. Sie rieb sich die Hand an ihrem weißen Kleidchen ab und lachte. Dann griff sie durch die Wand und zog ein Stundenglas heraus. Es war hübsch und mit weißen Fellbommeln verziert. Der Sand darin stand noch still und nicht nur, weil die Zeit gerade für Kazel still stand. Es war die Sanduhr eines Ungeborenen.
„Das ist es, was du willst, oder? Der Sand soll anfangen zu laufen, wenn es soweit ist. Und das bei allen, weil ja jedes Leben wichtig ist. Faaaalsch! ...Glaub mir, das ist es nicht. Ja... ich weis. Gedanken auszuspionieren ist nicht fein. Aber es macht sooo vieles einfacher! Nicht fair? Seit wann will ich den fair sein? Hahahhhahaaa...“
Das Lachen des Lebens klang durch den Ether der Zeit hohl, fern und viel zu nah gleichzeitig - einfach gruselig. Reden war gar nicht notwendig. Zumindest noch nicht. Eine Unterhaltung war das nicht, denn Leben...
Das Leben prüft uns.
Sie prüfte gerade nicht nur Kazels Geduld. Da war noch mehr. Sie lauerte. Noch hatte er nicht den Mut aufgebracht sie zu unterbrechen und jedes Mal, wenn er hatte Luft holen wollen, da hatte sie weiter geredet. Sie zupfte sich gerade ihre spontan entstandenen Schleifen im haselnussbraunen Haar zurecht. Ein kleiner lockiger Engel, süß und... gemein. Aber das Schlimmste war ihre ...Arroganz.
„Du willst etwas von mir. Aber was kannst du mir schon bieten?“
Irgendwie schaffte sie es sogar auf Kazel aus ihrer deutlich niedrigeren Position auf ihn herab zu blicken.
„Was könnte ich verlangen... las mich nachdenken.“
Von den Fersen zu den Ballen wippend schaukelte sie vor und zurück, während sie sich mit der beschmierten Hand auf die Lippen tippte.
„Oh!“
Sie hüpfte.
„Ich weis was.“
Aber es wurde schlimmer:
„RATE!“
Das alles war für sie nur ein Spiel.
„Du darfst drei mal raten was ich von dir will! Fragen sind nicht erlaubt. Wenn du es nicht errätst, dann … na du weist was dann passiert.“
Der weiß gefärbte Blick aus ihren hellblauen Augen wurde von Arglist überschattet und sie rieb sich die Hände.
„Dann werfe ich die Münze.“
Diese zeigte sie dann auch mit ausgestreckter Hand. Die runde Scheibe hatte die Größe einer Drachme, war aber nicht aus Gold. Das Material funkelte merkwürdig in sich und war mit nichts zu vergleichen, dass Kazel je gesehen hatte. Sah so das Schicksal aus?

Bei Janay – zwischen den Sekunden:
Janay spürte keinen Schmerz, nur das Ziehen im Rücken war etwas unangenehm. Ihr war auch etwas kalt, aber das war es nicht was sie zwischen zwei Herzschlägen quälte. Es war ihre Angst vor dem Blut und dessen Bedeutung. Würde sie noch ein Kind verlieren? Konnte sie das überstehen? Was wenn Orima nicht helfen konnte? Was wenn sie zu spät kämen? Was wenn Arina sich verfuhr, weil sie den Weg nicht kannte? Was wenn niemand ihr zu Hilfe kam? Was wenn ihre Rückenwunde sie schon zu viel gekostet hatte? Was wenn sie einen erneuten Eingriff nicht überleben würde? Noch war das Wesen in ihr kaum mehr als kein kleiner Zellhaufen, aber es machte sie trotzdem zur Mutter. Hätten die Löwinnen es nicht an ihr gerochen, Janay wüsste es vielleicht nicht einmal bis heute. Im Anwesen der Tenebrées hatte es auch dieses Orkmädchen geschmeckt und Kazel selbst hatte es irgendwie gewusst. Aber vor allem sie wusste es! Es war wahr!
Aber war es zu früh?
Wollte das Schicksal nicht, dass sie jetzt Mutter wurde? Sie selbst war in Elfenjahren doch noch fast ein Kind und war schon einmal viel zu früh schwanger geworden. Wehrte sich ihr Körper gegen den Samen, der in ihr Wuchs? Würde er vielleicht niemals zur Knospe und erblühen? War Janay schon bereit einem kleinen Wesen das Leben zu schenken ...oder hatte sie überhaupt Einfluss darauf? Wäre es ihre Schuld, wenn sie das Kind jetzt verlor?
Schuldgefühle waren etwas mächtiges und … machten es schlimmer.
Zwischen zwei Herzschlägen konnten sie ein Herz zusammen pressen, bis kein Blut mehr floss, einem den Atem rauben und den Körper krampfen lassen. Das alles war nicht gut für ein wachsendes Kind. Janay war immernoch schwer verletzt und hatte so viel Sorgen und Leid in sich. All diese Gefühle rannen wie zähes Gift in diesem Moment durch ihre Adern und konnten schlimmer machen, was gerade geschah.
Und PLÖTZLICH drehte sich ihre Welt!...
Janay wurde schwarz vor Augen und sank in samtene Ohnmacht.

Etwas kratzte an dem Strudel, in dem der Funken ihrer Existenz fest hing. Wie im Zentrum eines Tornados kreiste das Leben um sie herum und ließ Bilder und Eindrücke verschwimmen. Aber da war etwas, dass von außen zu ihr hindurch dringen wollte. Etwas, dass seine Hand nach ihr ausstrecken wollte aber immer wieder vom Strudel mit gerissen wurde.
Janay sah sich in der schwirrenden Oberfläche, wie in einem verzerrten Spiegel und die Konturen wischten immer wieder über ihr Gesicht. Sie sah sich als Kind mit blassem Gesicht und einer weißen Mütze, wie sie über einem Rinnsal aus Feuchtigkeit hing und auf ihr Bild hinab schaute. Ein Kind in einer Stadt wie Morgeria, voller Gefahren und hinter ihr tauchten Schatten aus der Dunkelheit auf. Ihre Finger griffen nach ihr, streichelten sie an Stellen, die sie nicht hätten berühren sollen, drangen ein, wo sie sie nicht haben wollte. Sie roch ihren Atem und fühlte den Ekel. Sie war nicht bereit und doch nahmen sie sich was sie wollten. Sie spielten mit ihr, aber sie mochte das Spiel nicht. Es tat weh. Janay Wahrnehmung dehnte sich noch weiter aus, während der Strudel immer enger rückte. All das Leid der Stadt wollte auf sie eindringen, Erfahrungen und Erlebnisse aus unterschiedlichen Seelen wollten durch sie befreit und gesehen werden. Sie prallte mit der Wange auf eine glatte Oberfläche und ein grollendes Lachen hinter ihm ließ ...sein Herz aussetzen. Janay sah ihren Bart sich in der Pfütze Bier spiegeln, als der Ruck ihre Hose zerriss. Sie hörte wie jemand Schnodder hoch zog und in die Hand spuckte. Janay schrie innerlich auf und die Sicht kam noch näher. Sie würde ersticken unter all diesen Bildern.
„...Janay!“
Das Tosen tobte jetzt bereits direkt vor ihrem Gesicht und drohte ihr die Haut von den Wangen zu reißen. Sie starrte in Fratzen, die wie Metall glänzten und hörte Gedanken die nicht ihre waren. Warum passierte das?
„Janay!!“
Die Geister der Vergangenheit griffen mit ihren Klauen nach ihr, stießen sie in wirre Zukunftsvisionen und zerrten wie wieder zurück in den Abgrund aus Angst und Leid. Wo selige Ohnmacht sein sollte, da fand Janay den tiefsten Punkt des Lebens... ihres Lebens.
„Janay!“
Von hier aus konnte es jedoch nur noch aufwärts gehen.
Eine kleine Hand griff durch den Strudel, kaum größer als die eines Kindes von fünf Jahren. Und plötzlich war es still. ---
Janay sah in klare kindliche Augen, die ihren so ähnlich waren, aber doch nicht ihre. Sie sah die kleine Nase, die niedliche Spitze, die sich immer tröstend an ihrer Wange gerieben hatte, wenn sie geweint hatte. Kleine Hände eines Restbildes, was einst ihre Schwester gewesen war.
„Geh nicht diesen Weg. Mama ist ihn gegangen und nie zurück gekommen. Lass mich nicht allein, ja?!“
, sprach die kindliche Seele flehend in ihrem Unterbewusstsein zu ihr. Einen kleinen Moment hatten sie ganz für sich, so wie nur Schwestern ihn unterbewusst teilen konnten. Einen kostbaren Augenblick, geboren aus Vergangenheit und gegenseitiger Liebe. Und Janay wusste, irgendwo tief in ihrer Schwester da draußen, außerhalb des reißenden Tornados aus Leid und Erfahrungen, irgendwo da war noch dieses kleine Mädchen. Da waren sie. Schwestern die zusammen hielten, die mehr als Blut verband. Kleine Arme drückten sie an sich und streichelten ihr übers Haar. Kleine Lippen küssten ihre Stirn und schmiegten sich an ihre Wange. Dort in diesem Kind wohnte noch all die Zärtlichkeit, die sie füreinander empfunden hatten. Dort war Arina noch gesund und konnte Janay all die Zuwendung geben, die sie jetzt gerade brauchte.
...
Noch wusste sie vielleicht nicht, wie die dieses liebevolle Wesen mit der Figur da draußen wieder verbinden konnte, aber eines war sicher. Janay würde einen Weg finden.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Samstag 25. März 2023, 12:56

Es zeigte sich schnell, wie sehr Leben und Tod als Personifikationen sich doch unterschieden. Der Gevatter hatte Kazel gelehrt, dass er immer in in einer Form bei den sterbenden Seelen auftrat, die sie als Vorstellung von ihm besaßen. Klassisch war das Skelett in Kapuzenkutte, so wie auch Kazel ihn sah. Man konnte sich nun fragen, ob das sein wahres Äußeres war oder er auch nur eine vertraute Form für seinen Schüler annahm. Andere sahen ihn geflügelt, haraxisch oder barmherzig, vielleicht als Freund oder längst verstorbenes Familienmitglied, das einen abholte.
Leben hingegen ... Kazel hatte sie sich nie so üppig vorgestellt. Überhaupt besaß er keine Vorstellung von ihr, bevor der Gevatter ihm erschienen war. Denn Leben war allgegenwärtig und wo man dem Tod eine Persönlichkeit zuschrieb, war sie mehr ein Zustand. Einer, der endete, weil der Tod eingriff und das machte ihn ... greifbarer.
Hätte Kazel sich Leben vorstellen müssen, wäre es ihm schwer gefallen, ihr eine Form zu geben. Für ihn hätte sie dennoch stets etwas Unschuldiges bedeutet. Das Leben war Entdeckung, Freiheit und alles Neue mit großen Augen sehen zu können. Das Gefühl, das er erhalten hatte, als er aus seinem Schicksal in Morgeria ausgebrochen und nach harten Entbehrungen endlich die Stille Ebene erreicht hatte. Oh, was hatte sie ihm bieten können! Weiches Gras unter seinem geschundenen Leib, süße Beeren und nährende Nüsse, einen Himmel, unter dem man die Zeit vergaß. Er hatte das Leben genießen können, als er glaubte, endlich auch für sich seinen Platz darin gefunden zu haben. Natürlich war es auch hart gewesen, vor allem in den kälteren Jahreszeiten. Da war die Nahrung knapp und man musste sich jede Nacht darauf vorbereiten, in der Wildnis nicht zu erfrieren. Aber es hatte auch ein Abenteuer bedeutet. Nie hatte er sich gefühlt, als wäre das Leben gegen ihn. Es spielte mit ihm zusammen, nicht mit ihm...
Und nun war sie ihm erschienen. Groß, üppig, angefüllt von sich selbst. War sie schön? Das lag im Auge des Betrachters. Im ersten Moment fühlte Kazel sich geblendet von ihrem Ausmaß. Auf den zweiten Eindruck hin empfand er sie durchaus als schön, wenngleich auf ihre Weise. Die ausladenden Hüften verhießen weiche Wärme, ihr draller Busen eine reiche Quelle an Nährstoffen und ihre breiten Arme die Geborgenheit einer Mutter. Leben war eine Mutter wie man sie sich wünschte oder vermisst hatte. Doch der zweite Eindruck wich einem weiteren und Kazel musste rasch erkennen, dass Tod mit seiner diplomatischen Bemerkung untertrieben hatte.
Sie war nicht boshafter geworden. Sie war grausam. Selbst wenn das Leben einen stets prüfte, dann doch nicht mit einer Intention, es enden zu lassen. Sie erweckte im Mischling diese Befürchtung. Leben spielte mit ihrer Schöpfung wie ein Meisterschnitzer mit den Marionetten, die er an seine Fäden hing. Doch wo ein solcher Schnitzer die Puppen tanzen ließ, um sie selbst und andere zu begeistern, da machte Kazels Gegenüber eher den Eindruck, sie ließ ihre kleinen Werke aus reinem Vergnügen über Feuer tanzen, weil sie das Holz brennen sehen und riechen wollte. Sie wollte sich an den stummen Schreien ergötzen und sie zusätzlich drehen, damit sich die Fäden verhedderten, bis die Puppen keine Chance mehr hatten, der Situation zu entkommen. Leben war eine Sadistin...
Kazel hatte noch kein Wort zu ihr gesprochen und vielleicht war das auch gut so. Sie unterbrach ihn jedes Mal, wenn ein Gedanke sich in seinem Geist formen wollte. Sie las sogar seine Emotionen, bevor er sich deren selbst bewusst war. So hielt sie einen Monolog, bei dem der Mischling sich langsam fragte, warum er überhaupt hier war. Was half reden, wenn es einseitig blieb? Und langsam verstand er seinen Meister, dass dieser das Leben ... fürchtete?
Nein, das war es nicht. Kazel fürchtete sich nicht vor seinem Gegenüber. Nicht einmal, als sie ihn in ihr Spielchen hineinsog wie ein Blatt, das in einen Strudel geraten war. Ein Blatt hatte keine Chance. Es musste sich hilflos den Windungen hingeben, bis es für immer unterging oder die Kraft der Strömung es zerriss. Es war von Anfang an klar, dass es sich dieser Übermacht in keinster Weise entgegen stellen konnte und doch stand Kazel hier, opferte seine eigene Zeit im kläglichen Versuch, irgendetwas zu bewirken. Leben genoss es, leider auf eine dermaßen perfide Weise, dass ihm das Herz schwer wurde. Wie konnte sie nur ... so sein?
"Du willst etwas von mir. Aber was kannst du mir schon bieten? Was könnte ich verlangen ... lass mich nachdenken. Oh! Ich weiß was. RATE!"
Kazel brauchte für den Moment die Kutte des Gevatters nicht, um gegen die lebendige Hitze anzukommen, denn bei ihrer Forderung und den Bedingungen lief es ihm eiskalt den Rücken herunter. Das war doch nicht Leben! Sie wirkte so ... fremd. Unglaublich abstoßend. Wenn sie so war, wie konnten Sterbliche sich nur mit allem Willen an sie klammern und sich nicht schon beim ersten Atemzug nach dem Tod sehnen, um ihr zu entkommen? Es fiel ihm unendlich schwer, zu akzeptieren, wie sie war. Er wollte es nicht glauben, denn es zerstörte etwas in ihm: Hoffnung.
Aber mit dem Schwinden von Hoffnung fand er das einzige, was er zu bieten hatte. Das Wertvollste, was er besaß und das in ihren blinden Augen doch wertloser nicht hätte sein können.
"Du sagst, du hast mit meinem Meister - mit dem Tod - um mich gespielt. Um ein Leben, das im Grunde doch nicht wichtiger als andere ist. Etwas, das höchstens mir wichtig ist ... und meinem Meister, der mir rät, es auszukosten. Aber ..." Die nächsten Worte fielen ihm nicht leicht. Sie machten ihm selbst klar, wie hoffnungslos seine Situation und überhaupt alles war, was er jemals versucht hatte. Dass nichts zählte und somit auch sein Angebot nicht. Es bedeutete nichts und deshalb konnte er es machen.
"Ich verliere jeglichen Respekt vor dem Leben." Er wollte sie nicht anschauen, denn ihre Gestalt rief unweigerlich eine Enttäuschung in ihm hervor, die seinen letzten Funken Hoffnung erlöschen ließ. Hoffnung an Gutes. Er hatte Leben immer als etwas Gutes gesehen. Er fühlte sich nicht nur betrogen, er fühlte ... Leere. Es war Zeit, sein Angebot zu machen.
"Ohne Respekt vor dem Leben ist es genau das, was du darin siehst: Bedeutungslos und unwichtig. Und deshalb kann ich es geben. Es ist alles, was ich habe und bieten kann ... es ist mir das Wichtigste und gleichzeitig kümmert es mich nicht, es zu verlieren." Er hob den Blick, sah in die milchigen Augen. Diese blinden Augen, die sich vor dem verschlossen hatten, was sie für Kazel bedeutete. Bedeutet hatte. In seinen eigenen tobte ein Sturm, der das Blau aufpeitschte und über die Ränder seiner Lider schwappen ließ. Er hing am Leben, immer noch.
"Nimm es. Du hast darum gespielt, du kannst es haben. Nimm mein unwichtiges, bedeutungsloses, kleines Leben für unwichtige, bedeutungslose, kleine Leben, die erst noch erkennen müssen, was du bist." Er hing an seinem Leben. Er wollte es mit Janay verbringen, mit seinen Kindern und den Freunden, die er gefunden hatte. Er wollte es nutzen, um Celcia ein Stück weit zu verbessern. Er wollte tun, was er für richtig hielt. Und er wollte vom Gevatter lernen, damit er eines Tages seine Arbeit erledigen könnte. Eines Tages, wenn er aufhörte zu leben. Wenn er ein Teil der Ewigkeit würde, die kein Leben brauchte. Sein Meister hatte ihm angedeutet, dass er mit der Zeit dessen Optik annehmen würde und dass er wohl alles und jeden überdauern würde, der lebte. Weil Tod nicht ans Leben gebunden war, jedenfalls nicht auf die Weise wie es Sterbliche waren. Kazel erkannte, dass er sein Leben nicht brauchte, seine Zeit nicht brauchte. Er hatte Zeit im Übermaß. Er könnte sie immer noch mit Janay verbringen, mit seinen Kindern, seinen Freunden. Er würde sie auch noch mit Celcia verbringen, wenn er alle anderen abgeholt und zu Gevatters Strand geleitet hätte. Er würde ewig sein. Ewigkeit brauchte kein Leben, auch wenn alles in ihm danach schrie, sie brauchen zu wollen. Dann aber sah er sie wieder vor sich, groß, fett, üppig, heiß und ... so bösartig. So grausam und sadistisch. So ... nicht am Leben interessiert. Es brach ihm das Herz.
"Ich rate", sprach er, um es formell zu machen. "Du willst mein Leben. Dann nimm es dir. Mir fällt nichts ein, was ich dir ansonsten bieten könnte." Und obwohl er zwischen der Zeit nicht musste, atmete Kazel einmal tief durch. Er verabschiedete sich von sich selbst. Er verabschiedete nicht sein Leben, das er nun nur umso lieber hergab - vor allem, um das anderer zu retten. Er verabschiedete sich von der Hoffnung, die er im Leben besessen hatte. Niemals zuvor hieß er den Tod so Willkommen wie jetzt. Hoffentlich holte er seine zerrüttete, gebrochene Seele hier heraus
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Samstag 25. März 2023, 15:42

Janay hing in einer visionären Verbindung zu Arina fest und Kazel handelte und haderte mit dem Leben.

Bei Kazel:
Das süße Mädchen, welches kurz zuvor die mütterliche Gestalt abgelegt hatte, stampfe einmal mit dem Fuß auf, dass ihr Gewicht noch einmal deutlich wurde. Auch wenn sie nun klein und niedliche war, so wog das Leben manchmal schwer. Es konnte gemein sein und Kazel reagierte entsprechend enttäuscht, da seine Vorstellung eine anderer gewesen war... obwohl er ja eigentlich keine vorher gehabt hatte. Leben schien genau das provoziert haben zu wollen und kreiselte bei seiner ersten Rate - Runde um ihre eigene Achse, ließ das Kleidchen fliegen und die roten Flecken verschwanden wie Tautropfen, die von der Sonne fort geküsst wurden. Dann klatschte sie in die Hände, hob einen Finger und wedelte damit vor Kazels Nase herum.
„Neinneinnein, ganz falsch.“
, war ihre kindlich freche Antwort. Eben noch massig und gemein schrumpfte sie auf dieses unschuldige Kind zusammen, dass so manches Herz könnte höher schlagen, allein schon vor lauter Niedlichkeit. Leben blieb plötzlich still vor ihm stehen und schaute aber in Richtung des Gartens. Dann sah sie wieder ihn an:
„Du gibst schnell dein Leben auf. Nur, weil ich dir nicht gefalle?“
Sie rotierte noch einmal um die eigene Achse und löste sich fast vollständig in einem sanften warmen Leuchten auf.

Fast körperlos und doch noch grade so die Vorstellung einer weiblichen Gestalt erhaltend schwebte sie leicht auf und ab, wie ein Herzschlag, der im chaotischen Wind des Lebens Hoffnung wecken konnte. Leben war wandelbar! SEHR wandelbar und sie demonstrierte Kazel gerade einige Fassetten ihres Daseins, was ihn fast überforderte. Wo sie manchmal willkürlich und grausam sein konnte, da ließ sie ihn nun das Gegenteil spüren. Sie nahm Kazel bei der Hand... auch wenn die Berührung eher einer Vorstellung glich und führte ihn durch die Tür hinaus auf den Gang. Allein schon durch die Bewegung von einem Ort zum anderen, veränderte sich die Situation gänzlich. Vielleicht schlug auch Kazels Herz nun etwas ruhiger, da er sich bewegte, denn sie strahlte ebenfalls jene Gelassenheit aus, der ein Spaziergang inne wohnte. Das Leben konnte leicht sein. Neben ihm her schwebend erblickten sie Zissus, der schon knapp an dem schmalen Gang vorbei war, wo Hopp lag. Kazel sah seinen Freund, wie er in der Bewegung zögerte und in Begriff schien sich umzusehen...
Leben musterte ihn und das Leuchten zeichnete winzige funkelnde Partikel in die Luft wo ihr Gesicht sein könnte, dass es einem Lächeln ähnelte, dass so viel schöner war als noch zuvor. Alles wandelte sich so schnell und ihre Stimme war wie Morgentau, der sich feucht auf wiegende Gräser legte:
„Du bist deinem Meister wirklich schon sehr ähnlich. ...Weist du, am Ende der Zeit sehen wir uns manchmal kurz und ab und an setzen wir uns zusammen an den Strand und betrachten das Werk gemeinsam, was Wille, Glaube und Wissen vereint. Die Geschichten, die wir schreiben... ob mit göttlichem Einfluss, ob mit Hoffnung oder Liebe der Sterblichen, ob mit Blut und Leid, sie haben alles eines gemeinsam. Sie haben einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende. Und du Kazel... bin drauf und dran ein Teil von diesem Kreislauf zu werden.“
Sie legte ihm abermals die Hand auf die Schulter und dieses Mal war die Wärme angenehm, wie ein Bad im Sonnenschein, wo frischer Frühlingswind die Haut kühlte. Leben sprach weiter aus dem 'Nähkästchen' und offenbarte, dass die Beziehungen unter den höheren Wesen noch viel komplexer waren, als Kazel es sich jemals hätte vorstellen können. Es war als schriebe sich jede Seite in der Geschichte ständig neu und auch Leben war nur ein kleiner Tel davon. Sie klang fast ein wenig wehmütig, als sie weiter sprach:
„...Aber sehen uns nie wirklich. Du bist es, der uns ...zusammen bringen kann. Durch dich kann ich seit langem ihm einmal wieder nahe sein. Ich... vermisse ihn manchmal.“
Melancholie schwang zwischen den Silben und tanzte das ein bisschen Liebe in den Zeilen mit? Waren Tod und Leben einst Liebende in der Schöpfungsgeschichte gewesen? Ihre ätherische Gestalt näherte bog in den schmalen Gang ein und zog einer Schleppe gleich ein Funkeln hinter sich her. Dann sahen sie Hopp, die mit Schmerzverzerrtem Gesicht am Boden hockte und sich den Bauch hielt. Auch jetzt handelte Leben willkürlich, denn so war sie. Sie neigte ihren Kopf zu Hopp hinab und streichelte ihr über den Kopf.
Kazel sah im gleichen Augenblick, dass der Umriss der Sanduhr, den er zuvor los gelöst gesehen hatte, wieder mit Hopp verband und in ihr verschwand. Es war nur eine so kleine Geste, aber hatte so große Auswirkungen. Hopps Kind würde geboren werden und damit seine eigene Lebenszeit erhalten.
„So siehst du mich lieber, nicht wahr? Gütig, Hoffnung schenkend und ...gut.“
Sie richtete sich wieder auf und berührte auch kurz Zissus Brust auf Höhe seines Herzens.
„Er ist der Vater und weis es nicht einmal. Ist das nicht traurig...?“
Ihre Finger lösten sich wieder und sie sah zu Kazel, sofern man das obere Wenden eines Schimmers in der Luft so nennen konnte.
„... Dieser fiese kleine Goblin hat wirklich jede Grenze bei seiner Forschung überschritten. Er erschuf Leben, wo keines entstehen sollte. Ich bin darüber genauso erbost wie Tod darüber, dass diese Seelen am Ende nicht bei ihm landeten.“
Sie schwebte wieder auf ihn zu und winkte ihm zu folgen.
„Und wenn du nach Andunie gehst, dann mach dir keine Sorgen über seine Erlaubnis. Wenn er dich nicht schickt, dann tu ich es.“
Dann wandelte sie sich noch einmal.
Leben hatte viele Fassetten und dieses Mal wäre Kazel fast gestolpert, als er ihr folgte und sie wieder kleiner wurde, bis dann eine kleine Goblinoma vor ihm lief. Sie sah Kuralla sehr sehr ähnlich, als könnten sie Schwestern sein. Nur die Haare waren deutlich länger und schleiften in einem langen dicken Zopf über dem Boden hinter ihr her. Jetzt klang ihr Lachen besonders ehrlich, da sie sein Gesichtsausdruck gesehen hatte.
„Ja, so erscheine ich ihr. Dann bin ich ihre verschrobene verstorbene Schwester Rukulla.“
Die alte Frau trug eine Bernsteinbrille und wirkte sehr reinlich, wenn auch mit genauso vielen Stoffschichten bekleidet wie ihr stinkendes Zwillingsbild. Sogar der Duft von Amber und Jasmin passte gut zu ihr. Und so betraten sie gemeinsam den Garten. An der Schwelle, dort wo zwei Stufen hinab auf den Kiesweg führten, blieb sie stehen und wandte sich um. Ihr rindenartig faltiges Gesicht lächelte zu ihm auf:
„Bitte rate noch einmal, was ich von dir will und es wird dich befreien.“
Lag da ein kleines Funkeln hinter den kleinen runden Bernstein-Gläsern? Auch wirkte sie in dieser Gestalt besonders 'plastisch' und verwirrend real, als wäre sie wirklich Rukullas Geist. Natürlich könnte man sich philosophisch fragen, was Geister eigentlich waren? Sie waren Seelen die zu sehr am Leben hingen und deswegen keinen Frieden fanden. So gesehen waren Geister vom Leben 'verflucht'. Das war alles sehr... metaphysisch. Aber in Kazels Ohren klang noch sehr real die Formulierung nach: 'befreien'. Gab es etwas von dem Leben ihn befreien wollte? Etwas von dem er sich lösen... oder befreien wollen würde?
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Samstag 25. März 2023, 18:50

Kazel hatte vorher keine Vorstellung vom Leben als personifizierte Gestalt besessen und so war es ihm nicht wichtig, in welcher Form sie auftrat. Darum ging es nicht. Ansonsten hätte er wohl auch den Gevatter vorab verurteilt, denn jener sah nun wirklich nicht nach jemandem aus, dem man gern haben konnte. Obwohl auch dies im Auge des Betrachters lag, denn nahezu jedes Lebewesen besaß tief im Inneren ein Skelett.
Taten machten jemanden aus, der Umgang miteinander und Leben stellte sich da wirklich als etwas vollkommen Anderes dar als Kazel jemals erwartet hätte. Sie spielte mit ihm. Sie warf ihn hin und her wie das zuvor schon metaphorisch erwähnte Blatt im Fluss, das sich dem Strudel und der Strömung hingeben musste, ohne Chance auf ein Entkommen. Wenn das Wasser es so wollte, musste das kleine Blatt sich fügen. Und Leben wollte etwas von ihm. Sie nahm sich allerdings die Zeit, es zu einem perfiden Spielchen zu machen, das seine Psyche beanspruchte. Er fühlte sich überfordert und hilflos. Vor allem aber wog die Unsicherheit in ihm schwerer als das Leben selbst trotz so kleiner Gestalt auf ihm lasten konnte. Wenn er falsch riet, würde es für unschuldiges, ungeborenes Leben zu Ende sein, bevor es begann. Es stand so viel auf dem Spiel und Leben verhöhnte es, indem sie all ihre Schöpfung als ... unwichtig deklarierte. Sie verspottete aber auch Kazels Angebot. Sein Leben war nicht wert genug, wie es schien. Was könnte sie wollen, das mehr Gewicht besaß?
Sie selbst war es also nicht und das zeigte sie Kazel sofort auch, nachdem sie ihm unterstellte, obferlächlich zu sein. Als hätte ich den Respekt wegen ihres Aussehens vor ihr verloren, dachte er mit einem bitteren Stechen im Herzen. Der Gevatter hatte ihn gewarnt, dass ein Gespräch mit dem Leben ihm viel abverlangen würde und der Mischling hatte nicht auf ihn gehört. Das altbekannte Feld aus Fettnäpfchen breitete sich vor seinem geistigen Auge aus und Kazel schien wie so oft gewillt, jedes einzelne davon mitzunehmen. Gab es überhaupt einen Weg hier heraus, bei dem andere ob seiner Fehler nicht gleich ihr Leben verloren? Ihr ungelebtes Leben? Konnte er eine Lösung finden, die nicht das Leid jener zur Folge hätte, die ihm etwas bedeuteten? Es brachte nichts, darüber nachzudenken, denn er hatte seine erste Chance verspielt. Sein Leben wollte die Gleichnamige nicht. Stattdessen wandelte sie sich, nahm erneut eine andere Form an und führte ihn mit geisterhaft schimmernder Gestalt, die man gerade so noch erkennen konnte, an der Hand fort. Ihre Berührung glitt auf ihn über, versuchte sein Herz zu beruhigen und ihm Gelassenheit zu schenken. Aber sie hatte es zuvor schon gebrochen und die Hoffnung daraus verstoßen. Es war ein bitteres Spiel mit dem Lehrling des Todes, das Zuckerbrot und Peitsche glich. Warum näherte sie sich ihm nun wieder an? Er konnte ihre Motivation nicht finden, sah sich allerdings wieder einmal nur als Spielball von Mächten, gegen die er nicht ankam. Warum nur landete er immer in dieser Position?
Leben versuchte plötzlich, ihn mit einem Lächeln auf andere Gedanken zu bringen. Als hätte sie seine innere Zerrissenheit ihr gegenüber wahrgenommen, erinnerte sie Kazel daran, welche Position er eines Tages innehaben würde. "Die Geschichte, die wir schreiben ... ob mit göttlichem Einfluss, ob mit Hoffnung oder Liebe der Sterblichen, ob mit Blut und Leid, sie haben alles eines gemeinsam. Sie haben einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende. Und du, Kazel, bist drauf und dran, ein Teil von diesem Kreislauf zu werden."
"Es geht also zu Ende mit mir?" Aber mein Leben will sie doch gar nicht... Dass er irgendwie den Gevatter ablösen sollte, war ihm kein Geheimnis mehr. Auch nicht die damit verbundene Erkenntnis, dass er ewig würde und alle überdauerte, die lebten. Deshalb war sein Angebot vielleicht zu wertlos gewesen. Er würde es nicht groß vermissen. Trotzdem war es alles, was er hatte. Was sollte er dem Leben schon bieten? Er konnte unmöglich mehr von sich selbst geben, denn gewissermaßen gehörte er bereits dem Tod. Es war wie mit der alten Kuralla, die niemals seinen endlichen Segen erhalten sollte. Leben gab sie auch nicht frei.
Die Wärme, welche ihre Hand auf seiner Schulter verströmte, schaffte es nicht, ihn einzulullen. Er glaubte, darin durchaus Wehmut zu fühlen oder lag es im Klang der Stimme, die zu ihm sprach? "Aber wir sehen und nie wirklich. Du bist es, der uns ... zusammenbringen kann. Durch dich kann ich seit langem ihm einmal wieder nahe sein. Ich ... vermisse ihn manchmal."
"Dann ... ist es das, was du willst?" Kaum war die Frage gestellt, verzog er den Mund. Er würde keine Antwort erhalten. Leben hatte die Bedingungen festgelegt. Er durfte nur raten, noch zwei Mal. Wenn er wieder falsch riet...
Kazel erkannte Hopp und dass Leben ihr soeben die noch still stehende, kleine Sanduhr zurückgab. Sie pflanzte einen kleinen Samen an Hoffnung zurück in sein Herz, aber er lag so tief und über ihm war die schwere Erde der Erkenntnis. Sie hüllte alles in Dunkelheit, denn Tod hatte ihm offenbart, dass ein Leben würde schwinden müssen. Wenn Hopps Kindchen das Licht Celcias erblicken würde, bedeutete das automatisch...?
Er zuckte zusammen. Warum zeigte sie ihm das?! Er wusste, was auf dem Spiel stand! Niemand schien es sich so sehr zu Herzen zu nehmen wie er. Sie jedenfalls nicht. Für sie war es ein Spiel und Kazel drängte sich die Frage auf, wer von ihnen beiden weniger Respekt vor dem Leben hatte. Er verkniff es sich, diese Frage in seinem Geist zu formen, aber sie stach in seinem Herzen.
"So siehst du mich lieber, nicht wahr? Gütig, Hoffnung schenkend und ... gut."
"Ich hab es angenommen ... wer hält das Leben nicht für gut außer jenen, die es sich nehmen?" Er zuckte mit den Schultern. "Aber ich hab inzwischen auch gelernt, dass mein Meister gut ist. Herzensgut." Und Kazel wäre jetzt lieber bei ihm. Er fühlte sich in seiner Eiseskälte wie ein Freund an, wo Leben eher auf ihn herabschaute mit einer Spur indirekter Gehässigkeit oder Hohn. Selbst den schwarzen Humor des Zeitlosen hätte er jetzt bevorzugt. Stattdessen erfuhr er, wer das Kind in Hopps Leib gezeugt hatte und dass Zissus es offenbar nicht ahnte, ein Schicksal mit Kazel zu teilen. Zwei Väter. Einer würde seinen Nachwuchs bekommen. Der andere ... würden Janay beide Kinder schwinden? Nein. Der Tod hatte nur von einem gesprochen, aber Kazel würde wissen, dass es fehlte.
Er fühlte sich zunehmend unwohler trotz all der Güte, Wärme und Unschuld, die das geisterhafte Wesen ihm zu spenden versuchte. Er konnte es nicht annehmen, weil er nicht das Gefühl von Aufrichtigkeit darin fand. Vielleicht spielten Leben und Tod immer noch Schach und er war nur einer der kleinen Bauern.
Leben veränderte erneut ihre Optik. Jetzt ähnelte sie so sehr Firlefitzens Großmutter, dass Kazel für einen Moment erstarrte. Doch sie klärte ihn rasch auf. "Warum lässt du Kurulla nicht sterben?" Er fragte immer noch. Er würde doch keine Antwort erhalten. Er war nur aus einem Grund hier und nur darauf ließ das Leben sich ein.
"Bitte, rate noch einmal, was ich von dir will und es wird dich befreien." Sie konnte es noch so freundlich formulieren, aber die Bitterkeit stahl sich in sein Herz. Sie setzte sich auf den Platz, den Hoffnung eins eingenommen hatte und drückte mit ihrem breiten Hintern das winzige Samenkorn platt.
Sie hat doch sehr eindeutig vor Augen, was sie möchte und sie wird es sich nehmen. Das oder eines der Kinder. Als hätte ich Einfluss, es zu verhindern ... Wenn sie mich davon befreien will, warum nimmt sie es sich nicht einfach? Ich bin doch bereit, etwas zu opfern. Er schüttelte den Kopf. Der Druck lastete immens auf ihm und der einzige Wunsch in seinem Inneren war gerade, ihm einfach nur zu entkommen. Alles würde er dafür geben. Alles, was ihm gehörte oder ihn ausmachte. Aber was könnte mehr sein als sein Leben? Er fand keine Lösung. Der Druck presste ihn zusammen und schnürte ihm die Kehle zu. Er hielt dem nicht Stand.
"Ich weiß es nicht. Ich kann nicht raten." Kazel senkte den Kopf. Er hatte gerade sein eigenes Erbe verraten, eines von beiden. "Es ... tut mir leid. Ich weiß es einfach nicht."
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Sonntag 26. März 2023, 10:32

Bei Kazel:
Rukulla, bzw. Leben rollte mit den Augen und nickte ein paar Mal.
„Gut... das kann man gelten lassen.“
Wie jetzt?
Was hatte er gesagt?
Er hatte doch nur gemeint, dass er es nicht wisse...
„Ich werde dir etwas nehmen, dass dich ausmacht Sturmadler und das Wissen darüber. Etwas das dich auf diesen Weg geführt hat und du wirst vergessen was es war. Du wirst es vielleicht nie wissen und dich immer fragen was fehlt und was vorher zu dir gehörte.“
Unsterbliche konnten echt ekelhaft kryptisch daher reden!!!
Kein Wunder, dass Kazel sie nicht verstand. Das Leben war zum Kotzen und ne echte 'Zicke'! Leben legte es darauf an ihn nicht nur sprichwörtlich im Unwissen zu lassen. Es war genau DAS worum es ging. Na toll! Hatte Tod nicht sogar so etwas in dieser Richtung erwähnt... na ja, war jetzt auch egal. Kazel lernte gerade etwas: Tod war böse und gut und Leben war gut und böse. Die Götter spielten nicht fair. Warum auch. Sie waren Götter. Leben und Tod waren da nicht so viel anders, auch wenn sie sich an die Regeln des Kreislaufs halten mussten. Sie würde ihm also etwas nehmen... Wissen.
„Als Lebender bist zu voller Erinnerungen. Um deinen Aufgaben in Zukunft gerecht zu werden, muss sozusagen 'Platz' geschaffen werden, für Neues. Dein Verstand brauch eine kleine Reinigung, bevor es weiter gehen kann. Ich bin die Putzfrau, die mit dem Besen... Ach lassen wir die blöden Vergleiche. Ich nehme etwas aus deinem Leben und werde es ungeschehen machen. Du wirst es nicht mal merken, bis... bis du es halt bemerkst. Oder halt auch nie. So ein Heiler in Pelgar nannte es neulich 'Amnemsiese...Amnosigie...' irgendwas in der Art. Die Menschen haben sogar schon Wörter für das Unwissen erfunden! Kurios nicht wahr?!“
Sie sprach sogar ein bisschen wie Kuralla, aber doch anders. Dann stemmte sie die Hände in die Hüften und schaute nachdenklich in den Garten.
„Hm....“
, machte sie lang gezogen.
„Jetzt hast du schon beim zweiten Versuch richtig gelegen... also fast. Aber ich hab ja gesagt, ich lass es gelten, da du ja grundsätzlich richtig lagst.“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
„So gesehen hast du sogar noch einen Versuch frei bei mir! Na gut.. dann stell mir eine Frage und ich werde sie dir beantworten. ...Ooooder... “
Sie drehte sich zu ihm und schielte über die Ränder der Bernsteinbrille zu ihm hinauf.
„Oder du verrätst mir den Namen des Dämons, den Tod so fürchtet. Der Schisser hatte richtig Bammel, dass der als dein Anhängsel bei ihm am Stand auftauchen würde. So ein Wurm mit einem unaussprechlichen Namen... Würmer im Zeitensand, oh das wäre ein Fiasko geworden! Habt ihr aber klasse gelöst, du und deine Freunde. … also... den Namen, damit ich mich etwas anderem Zuwende. Dann wäre ich auch bereit hier zu verschwinden und nicht weiter einzugreifen. Dann kann Zissus sich um die kleine Hopp kümmern, die ihn so sehr liebt, Kodiak mit dem riesigen Herzen und der gewaltigen Nase könnte die sehenden Schwestern retten und du könntest zu Orima rennen und sie wecken, damit sie Zeit hat sich vorzubereiten, bevor es zu spät ist deine Kinder zu retten. Noch kannst du alle retten. Das... oder eine Frage, die dir das Leben beantworten wird. Was wählst du?“
Musste er das wirklich aussprechen? Anscheinend. Leben nervte den armen Gesellen gewaltig. Und Kazel hatte sich mal über Tods schlechte Ausbildungsstechnicken beschwert... es ging wohl immer schlimmer! Jetzt sehnte er ihn herbei, aber wo Leben ging da konnte Tod nicht sein und das gleiche galt auch anders herum. Kazel trug beides in sich und so war Leben... blind für ihn. Bzw. extrem kurzsichtig mit dicker Bernsteinbrille. Sie konnte Tod nicht ansehen, also auch ihn nicht, aber er war noch am Leben, weswegen sie mit ihm noch 'spielen' durfte. Das ihm das nicht gefiel... war klar. Aber so war das Leben. Sie wollte nicht gefallen. Sie war einfach. Und das mit dem Respekt hatte er auf den Tisch gebracht, nicht sie. Kazels Seele war nun mal die eines Sterblichen und noch lange würde er in diesen Bahnen denken. Aber Leben stand am Anfang aller Dinge und hatte noch mehr den Bezug zur Menschlichkeit verloren, als Tod. Trotzdem konnte grausam sein, verwirrend und sie konnte gutes tun, wenn ihr danach war. Sie hatte Hopps Kind gerettet und stellte Kazel vor die Wahl: eine Frage, oder das Leben seiner Kinder. Leichte Entscheidung, sollte man meinen. Und hoffentlich dämmerte ihm langsam, dass Leben zwar mit ihm spielte, er aber in allein Teilen 'gewonnen' hatte! Alle würden leben! Er hatte richtig geraten. Und er würde vergessen, was sie ihm genommen hatte. Hatte sie es etwa schon getan? Wenn ja, hatte er es es nicht bemerkt oder eben schon vergessen. Kazel fühlte sich nicht groß anders, denn dafür müsste er sich ja erinnern, dass er vorher ein Anderer gewesen war. Trotzdem reagierte sein Verstand und sein Instinkt sah an sich suchend herunter, so wie man es halt machte. Er sah auf seine Hände, seine nackten Füße die unter der Robe heraus schauten. Er wackelte kurz mit den runden Zehen und betrachtete seine helle ebenmäßige Haut an den Händen und Knöcheln. Ja.. alles so, wie es schon immer war. Eben Kazel... wie er geboren worden war. Mit den ziehenden Narben auf dem Rücken, die ihn fürs Leben gezeichnet hatten. Sonst nichts. Alles gut. Fühlte sich alles normal an.
Rukulla sah ihm zu und lächelte wartend auf seine Antwort.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Montag 27. März 2023, 17:02

Verwirrt hob Kazel den Blick. Es tat gut, in das halbwegs vertraute Gesicht von Kuralla zu blicken, auch wenn er wusste, dass es nur ihre Schwester war. Nein, nicht einmal das. Es war Leben ... in einer Gestalt, die ihm vertrauter sein mochte. Eine, die er ansehen konnte, ohne dass sich sein Magen verkrampfte, weil er hatte erkennen müssen, dass das Leben Anteile besaß, die er ... verabscheute. Niemals, nicht einmal in seiner Zeit im Kerker seiner Mutter, mit blutenden Wunden und brennendem Rücken, hatte er sich den eigenen Tod gewünscht. Er hatte immer am Leben festgehalten. Es war nichts, das er nicht wollte. Seine Begegnung mit dem höheren Wesen ließ ihn erstmals ein anderes Bedürfnis verspüren und das entsetzte ihn zutiefst. Es nahm ihm die Hoffnung, die er an das Leben selbst gehegt hatte.
Und wenn sie doch ihnehin etwas ganz Bestimmtes von ihm wünschte, um alle Kinder im Haus des Sammlers zu retten - am Leben zu lassen, in dem Zustand, für den er, Kazel, nun gewisse Abneigung verspürte! - dann sollte sie es sich doch einfach nehmen. Er war bereit, es zu geben. Er hatte angeboten, sein eigenes Leben zu geben, aber hier lag vielleicht schon das Problem. Er hielt es für das einzig Wertvolle, das er besaß. Janay mochte ihm gewiss wertvoller sein, ebenso die Frendschaft, die er zu anderen aufbaute, aber es war nichts, was er geben konnte. Janay gehörte ihm nicht. Seine Freunde gehörten ihm nicht. Andere Lebewesen waren kein Besitz. Er hatte nur sich selbst und hatte genau das geben wollen, aber es hatte Leben nicht ausgereicht. Wahrscheinlich, weil er Hoffnung und Respekt ihr gegenüber verlor ... und das Leben, sein Leben, somit wertlos machte.
Umso weniger verstand er, was sie alternativ haben wollte. Er besaß nichts von Wert, absolut nichts. Und er verstand ihre kryptischen Worte ebenso wenig.
„Ich werde dir etwas nehmen, dass dich ausmacht Sturmadler und das Wissen darüber. Etwas das dich auf diesen Weg geführt hat und du wirst vergessen was es war. Du wirst es vielleicht nie wissen und dich immer fragen was fehlt und was vorher zu dir gehörte.“

Angst beschlich ihn. Nun verstand er wenigstens, warum der Gevatter dieses höhere Sen fürchtete. Sie wollte ein Wissen von ihm, das ihn hierher geführt hatte. Das erste, was Kazel hierbei einfiel, war seine Liebe zu Janay. Seine Kinder könnten überleben, aber würde er sie und die Mischlingselfe vergessen? Würde er vergessen, was er für sie empfand? Oder nähme sie ihm, was Zissus als einziger hatte aufbauen können, ohne dass er für ihn eine so tiefe Liebe empfand wie für Janay? Nähme sie ihm das Vertrauen? Es war tatsächlich sehr wertvoll bei einer Seele wie Kazel, die es in ihrer Zeit oft gegeben hatte, nur damit es missbraucht oder ausgenutzt worden war. Es baute sich so schwer auf. Wenn sie ihm das nahm, hätte er keine Erinnerung daran, dass es je Vertrauen zu einem anderen gegeben hätte, der es schätzte.
Und wähend Leben ihr Spiel spielte, weiter schwadronierte als wäre nichts dabei, da wuchs in Kazels Magen ein Kloß von Unbehagen, der sich in Furcht kleidete. Allein dass sie auf so perfide Weise mit ihm so umging, erschreckte ihn gewaltig. Dass er keine Ausnahme darstellte, hatte sie ebenfalls bereits gezeigt, als sie hatte Hopp leiden lassen. Der blutige Abdruck auf ihrer Wange, in Rukallas Gestalt nun nicht mehr sichtbar, schien dennoch durch das Erscheinungsbild zu brennen. Kazel wandte erneut den Blick ab. Ihm war schrecklich übel, aber er war bereit für den Handel. Um Hopps und Janays, sowie seiner Kinder Willen würde er irgendeinen Teil von sich geben und nicht mehr wissen, was es war. Andere würden es wissen, er nicht. Es konnte katastrophale Folgen haben, aber hätte es diese nicht auch, wenn Janay oder Hopp ihren Segen verlören? Wenn Zissus erfuhr, dass es sein Kind wäre, das nicht atmen würde? Wenn Janay vielleicht nie wieder in der Lage wäre, einen neuen Versuch zu wagen? Schließlich stand noch nicht fest, ob ihre Schwester bereit wäre, ihr Blut zu spenden, geschweige denn, ob es ihren Zustand heilte. Nein, er konnte und wollte keiner von beiden Frauen so viel Leid auf ihr Schicksal packen. Leben machte das schon. Sie ergötzte sich am Leid ihrer eigenen Kinder.
Kazel war speiübel...
Leben aber wollte ihn noch nicht aus dieser Qual erlösen. Sie spielte weiter mit ihm. Und so stellte sie ihn vor die Wahl. Er dürfte ihr eine Frage stellen oder aber ... könnte seine und Hopps Kinder retten. War das nicht bereits geklärt? Würde er sie nicht bereits retten, indem er etwas von sich gab, was immer es war und woran er sich wohl bereits jetzt schon nicht mehr erinnerte? Er verstand es nicht, wie das Leben ihn weiterhin diesem seelischen Leid aussetzen konnte? Dass sie es überhaupt tat!
Diese Frage könnte er ihr stellen, aber dann stünde ja erneut das Leben seiner Kinder auf dem Spiel. Anderserseits war das, was Leben nun haben oder wissen wollte eine Sache, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Denn er konnte auf Erfahrungen zurückgreifen. Er wusste, wie es war, mit diesem dämonischen Wurm leben zu müssen, der Zeitensand verdarb. Er wusste noch, wie er gewesen war, als er beinahe den Spiegel erreicht hätte. Das hatte sie ihm also nicht genommen. Sie hätte darüber den Namen haben können, hätte sie ihm all diese Erinnerungen genommen, aber sie schien lieber seine Psyche abstechen zu wollen und nochmal nachzutreten, wenn er am Boden lag.
"Ich hätte Fragen", antwortete Kazel. "Aber ich werde sie nicht auf Kosten des Leben anderer stellen." Selbst der Tod spielte weniger mit dem Leben, mit den Seelen anderer. Was Kazel wohl erschütterte, war wirklich der mangelnde Respekt vor dem Leben - von Leben! Das fehlende Taktgefühl, die Gewissenhaftigkeit, mit Leben umzugehen. Sah dieses Wesen es denn wirklich als so wertlos an, dass es sie nicht kümmerte, was sie tat?
Er würde jede sterbende Seele nur noch inniger umarmen, das nahm er sich insgeheim vor, aber noch lag sein Fokus nicht auf diesem Gedanken. Ihn beschäftigte etwas Anderes. "Ich kann dir seinen Namen nicht nennen. Es hat genügt, ihn in Sademos' Buch zu lesen, damit er mich befiel. Ich ... riskiere nichts. Selbst wenn er wirklich tot ist, werde ich seinen Namen nicht mehr aussprechen, damit er weder noch einmal auf mich übergehen könnte oder..."
Er stockte. Kann ein Dämon das Leben befallen und verderben? Er musterte die kleine Gestalt, die sie gerade darstellte. Er suchte etwas im Blick hinter der Bernsteinbrille. Kuralla hatte den Wurm gefressen. Sie war das, was Kazel für den Tod war. Sie war sein Gegenpart. Tod fürchtete, der Wurm könnte in seine Domäne gelangen, wenn Kazel ihn nur in sich trug und eine Reise zu Gevatters Strand unternahm. Was, wenn...?
Er musste die Fakten noch einmal klären, um sich abzusichern. "Ich gebe dir irgendein Wissen von mir, weil ich anscheinend richtig geraten habe. Ich verliere diesen Teil von mir und werde nur wissen, dass etwas fehlt, sobald ich es feststelle. Im Gegenzug werden sowohl Hopps Nachwuchs als auch meiner überleben. Das steht fest. Nun kann ich dir entweder noch eine Frage stellen oder dir den Namen dieses dämonischen Wurmes nennen, damit ...? Es steht schon fest, dass alle überleben werden. Hier stimmt etwas nicht. Und ich kann dir den Namen nicht sagen, es ist riskant. Ich frage mich also, warum du ihn wissen willst. Das ist noch keine gestellte Frage!" Er fürchtete das Spiel. Er fürchtete sie. Er fürchtete, dass sie sich nicht an Regeln hielt, aber könnte auch das nicht verhindern. Er war nichts.
"Ich habe Angst, das Leben meiner Kinder zu riskieren, das seltsamerweise nochmal auf dem Spiel stehen soll. Da ich dir aber niemals den Namen nennen werde, bleibt mir nur, dir eine Frage zu stellen." Er atmete durch und fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. Er schwitzte, konnte aber nicht sagen, ob es aus Angst war oder durch ihre lebendige Hitze. Dann schüttelte er den Kopf. "Ich kann und werde dir den Namen nicht nennen. Es ist gefährlich!" Er hatte daraus gelernt. Kazel schloss die Augen, schluckte leer. Allein diese beiden Gesten stachen in seinem Herzen. Er hatte Angst, wieder einmal kopfüber in das größte Fettnäpfchen zu tauchen. Und dann stellte er seine tief verschachtelte Frage in der Hoffnung, sie zählte und deckte alles ab, das er nun wissen musste. Gleichzeitig suchte er nach der Gabe seines Meisters. Könnte der Sensendolch eine dämonische Seele lösen?
"Meine Frage lautet: Existiert der Dämonenwurm, den Kuralla gefressen hat, noch immer und steckt in ihr oder hat dich dadurch angesteckt, dass du so ... so ... so bist wie du bist und brauchst du deshalb ... Hilfe?"
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Dienstag 28. März 2023, 16:37

Kazels Kopf war voller Fragen und keine davon hatte sie ihm beantwortet. Leben stellte Regeln auf und hielt sich dann nicht daran. Sie war einfach nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Sie war ...so viel mehr. Und sie war ein Miststück! Tod mochte schon gruselig sein, aber das Leben war es noch mehr. Kazels Meister hatte inzwischen vielleicht durch seinen Gesellen sogar wieder etwas an Einfühlungsvermögen zurück gewonnen, aber … das hier war VERWIRREND! Leben war verwirrend! Und Kazel hinterfragte es. Er suchte nach Motiven, doch das Leben war willkürlich. Er suchte nah dem Wert, aber wonach suchte das Leben? Kazel war sterblich und hatte sich immer an 'sie' geklammert, sogar und vielleicht auch gerade weil er es nicht leicht gehabt hatte. Der Wert eines Lebens war für ihn hoch und er schätzte es – respektierte es. Doch ein Wesen, das so viel Leben hatte, selbst 'Leben' war... was wollte das? Warum sollte Leben Leben von ihm verlangen? Was für ihn wichtig war, war für sie nicht das selbe. Zwei Gegensätze prallten aufeinander und irgendwie hatte sie wohl Recht. Er war seinem Meister schon sehr ähnlich, denn er dachte schon fast so 'gegensätzlich' wie er. Er erkannte, dass das Leben Anteile besaß, die er ... verabscheute. Er hielt Lebne für das einzig Wertvolle, das er besaß und doch widersprach sie ihm auch dort, denn sie wollte sein Leben nicht. Sie wollte seine Erinnerungen, seine Erfahrungen, denn die waren es, die das Leben erst wertvoll machten. Seinen Tod wollte sie nicht. Es wahr wahrlich nicht einfach mit ihr zurecht zu kommen und seine Fragen beantwortete sie ihm auch nicht.
Er fragte sich so viel, dass ihm der Kopf schwirren musste und ihm langsam sogar übel wurde.
Kazel war speiübel...
Leben aber wollte ihn noch nicht aus dieser Qual erlösen. Sie stellte sie ihn vor eine Wahl. Er dürfte ihr eine Frage stellen oder aber ... könnte seine und Hopps Kinder retten. War das nicht bereits geklärt? Das war doch Unsinn! Er hatte einmal falsch gelegen. Die erste Runde hatte er ihr sein Leben geben wollen, doch das wollte sie nicht. Doch in der zweiten hatte richtig geraten und sie hatte es sogar selbst gesagt, dass sie es als richtig anerkannte. Doch kaum fünf Sekunden wandelte sie wieder ihre Richtung und quälte ihn mit erneuten Entscheidungen, die er nicht treffen wollte. Warum sollte er überhaupt retten, was bereits gerettet war?!? Diese Frage blieb hängen und so entwickelte sich das Hin und her in die einzig richtige Richtung. Er verweigerte sich dem Leben. Er verweigerte ihr den Namen des Zeitenwurms zu verraten, oder die Seelen der anderen zu riskieren.
...
"Ich hätte Fragen... Aber ich werde sie nicht auf Kosten des Leben anderer stellen."
Selbst der Tod spielte weniger mit dem Leben, mit den Seelen anderer. Er würde jede sterbende Seele nur noch inniger umarmen, das nahm er sich insgeheim vor, aber noch lag sein Fokus nicht auf diesem Gedanken. Ihn beschäftigte etwas Anderes.
"Ich kann dir seinen Namen nicht nennen. Es hat genügt, ihn in Sademos' Buch zu lesen, damit er mich befiel. Ich ... riskiere nichts. Selbst wenn er wirklich tot ist, werde ich seinen Namen nicht mehr aussprechen, damit er weder noch einmal auf mich übergehen könnte oder..."
Er stockte.
Kann ein Dämon das Leben befallen und verderben?
Kazel sorgte sich... selbst um das Leben. Er musste die Fakten noch einmal klären, um sich abzusichern.
"Ich gebe dir irgendein Wissen von mir, weil ich anscheinend richtig geraten habe. Ich verliere diesen Teil von mir und werde nur wissen, dass etwas fehlt, sobald ich es feststelle. Im Gegenzug werden sowohl Hopps Nachwuchs als auch meiner überleben. Das steht fest.“
Leben nickte.
„Nun kann ich dir entweder noch eine Frage stellen oder dir den Namen dieses dämonischen Wurmes nennen, damit ...? Es steht schon fest, dass alle überleben werden. Hier stimmt etwas nicht.“
Rukulla neigte den Kopf und musterte ihn aufmerksam.
„Und ich kann dir den Namen nicht sagen, es ist riskant. Ich frage mich also, warum du ihn wissen willst. Das ist noch keine gestellte Frage!... Ich habe Angst, das Leben meiner Kinder zu riskieren, das seltsamerweise nochmal auf dem Spiel stehen soll. Da ich dir aber niemals den Namen nennen werde, bleibt mir nur, dir eine Frage zu stellen."
Er atmete durch und fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. Er schwitzte, konnte aber nicht sagen, ob es aus Angst war oder durch ihre lebendige Hitze. Dann schüttelte er den Kopf.
"Ich kann und werde dir den Namen nicht nennen. Es ist gefährlich!... Meine Frage lautet:...“
Die Goblinoma schaute durch ihre Bernsteinbrille zu ihm auf und blinzelte.
„Existiert der Dämonenwurm, den Kuralla gefressen hat, noch immer …“
*blinzeln*
„und steckt in ihr ...“
*blinzeln*
„...oder hat dich dadurch angesteckt, dass du so ...“
*blinzeln*
„...so ... so bist wie du bist und brauchst du deshalb ... Hilfe?"
*blinzeln*
Kazel hatte so viele Fragen in einen Satz gesteckt, dass Kurallas Schwester immer größere Augen bekommen und ihre Hand schon währenddessen gehoben hatte um mitzuzählen. Rukulla rollte nachdenklich mit den Augen machte eine Schnute, die ihr runzeliges Gesicht straffte... na ja nicht wirklich... außer die Ohrläppchen zählte mit. Dann schien sie fertig nachgedacht zu haben und wippte mit dem Kopf, sagte aber:
...
„Nein.“
Dann lächelte sie und verpuffte. Was auch immer dieses 'drei-mal-Spiel' gewesen war, es war vorbei.
...
Ein paar Sekunden musste Kazel vollkommen still da gestanden haben, denn als endlich die kalte Berührung seines Meisters durch seine Kutte und die Hitze seiner Haut drang, da fühlte er sich … gealtert. Nicht um Jahre oder Herzschläge... sondern um Geduld und geistige Stabilität. Die vertraute Kälte neben ihm war eine regelrechte Erlösung und spendete Ruhe. Tod stellte sich neben ihn und starrte hinaus auf den Garten. Er schwieg und gab Kazel die Zeit die er brauchte um das Erlebte zu verarbeiten. Und war für einen Sterblichen SCHWER zu verarbeiten! Tod sah ab und an leicht zu ihm hinüber, was man nur an einem leichten Drehen der Kapuze bemerken konnte, aber ließ ihm Zeit. Sonst betrachtete er nur Sademos Vorgarten. Gepflegte Büsche reihten sich an formschön gezogene Bäume und wurden von kunstvoll angelegten Wegen und Beeten ergänzt. Hier wuchsen Pflanzen, die man sonst nicht in der Toten Ebene fand, aber Zissus hatte ein Händchen für das ganze Grünzeug. Es schenkte ihm Ruhe. So wie Kazel Ruhe an der Seite seines Meisters fand. Aber auch der lernte noch immer dazu und nach einer ganzen Weile fragte er:
„Hätte ich dich irgendwie darauf vorbereiten können?“
...wahrscheinlich nicht.
Tod sah auf die Stelle, wo das Leben so sang und klanglos verschwunden war und schüttelte ganz langsam missbilligend den Kopf. Sein fahles Gesicht lag dabei im Schatten seiner Kutte. Dann wandte er sich seinem Gesellen zu und schaute auf. In seinen leeren Augenhöhlen glomm die Unendlichkeit, wie ein ferner Sternenhimmel.
„Du hast sicher viele Fragen, aber lass mich dir vorab eines sagen! Du hast alles richtig gemacht und ich bin ECHT stolz auf dich!!! ... wenn du das so von mir annehmen kannst. Ich versuchs auch auf meine 'verschrobene' Art zu erklären, wenn du willst...?“
Er neigte den Kopf und 'grinste'.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Mittwoch 29. März 2023, 08:41

Die junge Frau wusste nicht, dass ihr Liebster längst wieder wach war und obendrein davon wusste, welches Schicksal ihr gerade drohte. Dafür war dieses ihr umso klarer, denn schon einmal hatte sie das erleben müssen. Später zwar in der Schwangerschaft und dafür umso bitterer, aber umso mehr fürchtete sie die Wiederholung. Jetzt, nachdem endlich die erhoffte Hilfe in Gestalt ihrer Schwester bei ihr angekommen war, traf sie dieser Rückschlag noch härter und verursachte einen kleinen Panikschub bei ihr. Denn während nach ihrem Erwachen nach der Errettung ihres Liebsten sie lediglich unsagbar große Angst wegen genau dieser Befürchtung verspürt hatte, schien in diesen Momenten unvermittelt ausgerechnet deren Erfüllung im Raum zu stehen.
Noch reagierte sie zwar nicht kopflos, doch wirklich etwas mit ihr anzufangen wäre auch nicht mehr, sobald der Anblick des Blutes den Zusammenhang zur Herkunft hergestellt hatte. Da war es ausnahmsweise einmal von Vorteil, dass sie auf das Gefährt angewiesen war, denn sie hätte unter normalen Umständen keinen einzigen Schritt mehr machen können.
Schluchzend, die Hände vors Gesicht geschlagen, weinte sie schon jetzt um die Leibesfrucht, die sie für verloren glauben musste. Etwas anderes konnte sie nicht mehr tun, denn ihre Bitte war das Letzte gewesen, das sie außer Wimmern und andere Ausdrücke ihres tiefsten Leides von sich geben konnte, in dem kindlichen Urvertrauen, dass ihre große Schwester es zu deuten und zu richten wissen würde.
Ein kleiner Ruck ging durch ihren Körper, als sie angeschoben wurde und dann begleitete das Knirschen von Kies ihr unaufhörliches Schluchzen. Auch war ihr kalt und mit jedem weiteren Herzschlag hatte sie das Gefühl, dass ihr noch kälter wurde. Ein nicht enden wollender Schauer sorgte dafür, dass sich sämtliche ihrer feinen Härchen aufgestellt hatte. Gemeinsam mit ihren strapazierten Nerven sorgte er dafür, dass sie zu zittern begann und sich dadurch noch mehr in das Leid hinein steigerte, das sie zu befallen drohte. Noch war sie von einer Hysterie entfernt, doch sollte dieser Zustand noch länger andauern und vor allem schlimmer werden, war diese nicht auszuschließen.
Tausenderlei Gedanken schossen ihr durch den Kopf und dennoch konnte sie keinen davon greifen, um sich mehr als einen Wimpernschlag womöglich daran zu klammern und den Halt nicht gänzlich zu verlieren. Immer schneller und schneller kreisten sie hinter ihrer Stirn, machten sie schwindelig und nach einer gefühlten Ewigkeit, die seit dem Anblick der blutigen Hand vergangen zu sein schien, paarte es sich dermaßen mit der Kälte und der größer werdenden Panik, dass sie tatsächlich das Bewusstsein verlor.
Plötzlich wurde alles schwarz und einen kurzen Moment lang empfand sie... nichts. Heilendes, absolutes Nichts. Und dann... war der Moment auch schon wieder vorbei. Sie befand sich in etwas, das sie an einen Strudel erinnerte, sie drehte und wendete und dennoch nicht entließ, um irgendwo Fuß fassen zu können.
Stattdessen erlebte und sah sie Situationen, die sie zu kennen glaubte, obwohl ein Teil ihres Inneren wusste, dass dies nicht stimmte. Das hier waren Erinnerungen, das spürte sie, doch obwohl sie so wirkten, als wären dies die ihren, waren sie es nicht. Sie hatte nie eine weiße Mütze getragen, sie war nie auf diese Weise in diesem jungen Alter benutzt worden und trotzdem... je länger diese Szenerie andauerte, desto stärker wurden alle damit verbundenen Emotionen und wollten sich zu den ihren machen. Krampfte sich ihr Herz zusammen, stieg ein Würgen in ihre Kehle hinauf und wollte ihr die Luft zum Atmen nehmen, schmerzte und traumatisierte es sie, auf welche Weise Dinge in ihren Körper geführt wurden, die dort nicht hingehörten. Sie wand sich, wollte sich befreien, war und blieb aber machtlos dagegen. Ja, mehr noch, je mehr sie sich wehrte, desto schlimmer wurde es und allmählich machte sich die lähmende Erkenntnis in ihr breit, dass sie am besten still läge und es über sich ergehen ließe. Vielleicht würde es dann irgendwann... aufhören.
Ihr Platz, ihre Rolle änderten sich, sie wurde zu einem Mann, der nach vorne gepresst wurde. Hinter ihr ruckte jemand an ihrer Hose, spreizte ihre Backen und spuckte geräuschvoll aus. Schon spürte sie ein Ansetzen und obwohl sie sich zu wehren versuchte, konnte sie nicht entkommen, konnte nicht verhindern, dass Druck gegen die Hinterpforte ausgeübt wurde und dieser stärker und stärker wurde, bis es wehzutun begann.
Nein, es geschah nicht derart langsam und beinahe schon rücksichtsvoll, sondern schnell, denn etwas zerriss und ließ sie gurgelnd gegen die Pfütze schreien, auf dass das schale Bier ihre Zunge berührte und die Übelkeit weckte, während sie zugleich um Luft rang. Viel zu fern und leicht zu überhören erklang eine ihr bekannte Stimme, doch sie konnte nichts ausrichten.
Erneut geriet sie in den Strudel, der immer heftiger um sie herum tobte und sie mit sich riss, nein, mehr noch, sie auseinander reißen wollen zu schien. Ein weiteres Mal wurde gerufen und beinahe glaubte sie, dass sie ihren Namen hätte vernehmen können. Doch sie musste sich täuschen, denn plötzlich wurde ihr die Nase zugehalten, sodass sie den Mund öffnen musste für das, was ihr dort hinein gesteckt wurde, während auch zwischen ihren zum Zerreißen gespannten Beinen jemand grob zu Werke ging.
Die Szene änderte sich sofort wieder, noch ehe sie ihr Leid hinaus schreien konnte, ihr Rücken wurde malträtiert und ihre Vorderseite mit allen möglichen Dingen beschmutzt, von denen der Kot noch das Harmloseste war. Dann wurde sie an den Haaren gerissen, ihr Schwanz wurde ihr bei vollem Bewusstsein abgeschnitten und auch vornerum verlor sie Körperteile. Sie wand sich, sie schrie, sie blutete, sie weinte, schluchzte, flehte und hatte dennoch überhaupt keine Stimme, denn kein Laut kam ihr hörbar über die Lippen.
Dafür drang etwas anderes an ihre Ohren. Gerade als sie in eine Situation gestoßen wurde, in der ihr ein Dolch, ein äußerst scharfer Dolch, in ihre Hinterpforte gerammt werden sollte, weil sie es gewagt hatte, einen Tropfen Samen nicht zu schlucken, der ihr direkt in den Rachen geschossen worden war, da erreichte eine Stimme sie endlich, wies sich als ihr Name aus und brachte einen Moment lang alles zum Stillstand.
Plötzlich befand sie sich in einem scheinbar luftleeren, dunklen Raum. Herrliche, heilende Stille umgab sie und das Licht war wohltuend für ihre Augen. Blinzelnd sah sie in ein fremdes und zugleich bekanntes Gesicht. Trotzdem konnte sie es im ersten Augenblick niemandem zuordnen, zu intensiv wirkten all die soeben erlebten Situationen noch in ihr nach.
Lediglich die Worte schafften es, aufgrund der vertrauten Stimme, zu ihr durchzudringen, auf dass sich ihre Augenbraue ein wenig anhob. "Weg...? Welchen Weg? Und...", krächzte sie aus wundgeschrieener Kehle, dass sie selbst fremd klang in ihren Ohren. "Und wer ist... Mama?"
Sie wurde in den Arm genommen, gestreichelt und getröstet... und wusste dennoch nicht wirklich etwas mit sich anzufangen, als gäbe es eine Barriere in ihr, die gerade beide Wege verschloss, die ihr sonst offen wären. Jenen zu ihrem Selbst, ihrer Vergangenheit und zu allem, was sie ausgemacht hatte. Und jenen zurück zu all dem Leid, den Schändungen und was sonst noch an Qual auf sie warten würde.
"Wo... wo bin ich...?", kam es kaum verständlich über ihre Lippen und sie fragte sich, ob sie die Antwort tatsächlich hören wollte. "Wer... bin ich?"
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Mittwoch 29. März 2023, 16:15

Seine Frage war im Grunde mehr als eine, formte sich jedoch zu einem Ganzen, indem Kazel die einzelnen Abschnitte miteinander verknüpfte. Er brach die Regeln nicht, er bog sie sich zurecht. Man konnte eine verschachtelte Frage durchaus als eins ansehen. Wenn Leben mit den Regeln spielte wie mit ihrer eigenen Schöpfung selbst, so sah Kazel keinen Grund darin, es für seine Möglichkeiten nicht auch zu tun. Sie ... lebte es ihm vor.
Hinter seiner Handlung stand jedoch Sorge. Warum interessierte sich diese Wesenheit so sehr für den Dämonenwurm, dessen Namen er nicht einmal mehr denken wollte? Sie wirkte dermaßen versessen darauf, dass es seine Skepsis weckte und anschließend eben auch Sorge. Er fürchtete, dass Kuralla den Wurm vielleicht erfolgreich gefressen haben mochte, aber dass ihr die Mahlzeit nicht wohlbekommen war. Vielleicht kroch er bereits durch Leben selbst, verdarb sie von innen und veränderte sie deshalb zu etwas, das auf Kazel so befremdlich wirkte. Nein, er hatte sich nie zuvor eine Vorstellung gemacht, wie das Leben sein sollte. Er hatte es bisher hingenommen, die guten Dinge darin gesehen und sich von den Schlechten so schnell verabschiedet wie es ihm möglich war. Dass ihm das Leben immer wieder kleine Glücksmomente - zuletzt in Form von Janay, ihrer Schwangerschaft oder neuen Freunden wie Zissus - schenkte, ließ ihn jedoch schlussfolgern, dass Leben grundlegend gut war, sobald er sich damit konfrontiert sah, über ihre Gesinnung nachzudenken. Er schrieb ihr die Grausamkeiten des Lebens nicht zu. Es waren Umstände, die meisten geboren aus dem grausamen Verhalten Sterblicher. Aus Persönlichkeiten, nicht aber aus dem Leben an sich. Das war ... gut? Denn wenn es nicht so war, wollte es doch niemand haben! In diesem Fall müsste sich ein jeder zu seinem Meister, dem Gevatter, in den Tod flüchten wollen. Und zu sterben war leicht als verwundbares, sterbliches Wesen. Es genügte ein präzise durchgeführter Schnitt oder ein kräftiger Schlag auf den Kopf, ein Sprung von einer Klippe. Celcia hielt nahezu unendliche Möglichkeiten bereit, aber die Geschöpfe dieser fantastischen Welt stürzten sich nicht wie Lemminge in ihr Ende. Sie hingen am Leben ... weil es gut war.
Wahrscheinlich würde Kazel es niemals verstehen, aber er wollte auch nicht darüber nachdenken. Es laugte ihn aus. Es machte ihn unglücklich und es hatte ihm bereits die Hoffnung genommen. Der letzte Funken davon schien zu erlöschen, als Leben ihm seine Frage schlicht, aber eindeutig beantwortete.
"Nein."
Dann verpuffte sie, schwand einfach und er war allein. Es war die einzige Antwort, die er erhalten hatte. Wie es nun um seinen Nachwuchs stand, wusste er nicht. Ohnehin konnte er sich doch auch nicht darauf verlassen. Leben hatte ihm gezeigt, dass sie sich nur an ihre eigene Willkür hielt. Sie könnte sich einfach von ihrem Gesagten lösen und anders handeln. Was sollte er dagegen schon ausrichten? Aber warum hatte sie ihn dann so sehr damit gequält?
Obwohl die Kälte bis durch seine Kutte hindurch drang und sich wie ein Balsam auf seine hitzige Haut legte, nahm Kazel die Anwesenheit des Gevatters erst wahr, als jener ihn ansprach. "Hätte ich dich irgendwie darauf vorbereiten können?"
Sein Lehrling antwortete nicht. Er konnte nicht. Die Frage flog an ihm vorüber, ohne dass er etwas dazu hätte sagen können. Er fühlte sich leer. Stattdessen hob er seine Hand an, damit sein göttlich kreiertes Stundenglas darauf erscheinen konnte. Der Sand rieselte Korn für Korn hinab. Durch dieses Opfer stoppte er weiterhin die Zeit. Jedes Sandkorn drei Herzschläge. Er beobachtete, wie sie im Takt des schwer gewordenen Etwas in seiner Brust durch den schmalen Flaschenhals in die untere Hälfte herab fielen. Er achtete nicht darauf, wieviel noch übrig war. Er sah nur zu, wie sie fielen, rieselten und ihm die Zeit stahlen. Kostbare ... wertlose ... Lebenszeit.
"Du hast sicher viele Fragen, aber lass mich dir vorab eines sagen!
Ich hab keine Fragen, dachte er nur. Er konnte nicht sprechen. Seine Lippen gehorchten ihm nicht. Er besaß auch keinen Antrieb dazu.
"Du hast alles richtig gemacht und ich bin ECHT stolz auf dich!!! Wenn du das so von mir annehmen kannst."
Nichts davon fühlte sich richtig an. Leben ... fühlte sich für ihn nicht mehr richtig an. Vielleicht hatte es das nicht und Kazel sich deshalb niemals auf Celcia zugehörig gefühlt. Hoffnung hielt am Leben, aber er besaß keine mehr und vorher war sie ohnehin falsch gewesen. Nein, es fühlte sich kein bisschen richtig an, nur verwirrend.
"Ich versuch's auch, auf meine 'verschrobene' Art zu erklären, wenn du willst...?"
Kazel sah das Grinsen nicht. Seine Augen verfolgten weitere Sandkörner, die ihm seine Zeit auf Celcia zusprachen. Sie fielen auf ihre Geschwister, welche bereits der Vergangenheit angehörten. Er setzte das Stundenglas behutsam auf dem Boden ab, nicht um dessen Inhalt Willen. Das Behältnis war ein Geschenk der Götter. Aller Götter, sogar von jenen, die er gar nicht kannte.
Er ließ es stehen, als er sich der Kälte der Totenkutte zuwandte. Ohne zum grinsenden Schädel seines Trägers aufzuschauen, schob Kazel die schweren Falten des Gewandes beiseite. Er brauchte keinen Mut, dies zu tun. Was sollte schon passieren - dass er sein Leben verlor? Er war der Geselle des Gevatters, durch ein Schachspiel ausgewählt, in seine Fußstapfen zu treten. Nach dem Leben käme nur er und das was alles, was sich diese Seele gerade wünschte.
Kazel verschwand in der Schwärze der Kutte, erreichte ihr Zentrum und legte seine Arme um die Gebeine, die dort verborgen waren. Erst hielt er sie sacht, diese kalten, toten Knochen. Dann umschlang er sie mit aller Kraft. Er presste seine Stirn gegen Tods Schienbeinknochen. Dann weinte er, weinte bitterlich. Es war alles, was er tun konnte. Er wusste sich sonst nicht zu helfen. Wie sollte eine Seele auch mit dem Erlebten umgehen? Es war auch nicht wichtig, ob es half. Er ließ seinen Emotionen freien Lauf, unfähig, sie aufzuhalten. Das wollte er auch nicht. Er wusste nicht mehr, was er wollte, außer hier zu stehen und darauf zu warten, dass eine Hälfte seines Stundenglases keinen Sand mehr besaß. Damit er nie wieder dem Leben ausgesetzt würde ... diesem befremdlichen Zustand, dem er nichts mehr abgewinnen konnte, außer ... Angst.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 30. März 2023, 11:58

bei Janay:
Endlich erreichte eine Stimme sie, wies sich als ihr Name aus und brachte einen Moment lang alles zum Stillstand. Plötzlich befand sie sich in einem scheinbar luftleeren, dunklen Raum. Herrliche, heilende Stille umgab sie und das Licht war wohltuend für ihre Augen. Blinzelnd sah sie in ein fremdes und zugleich bekanntes Gesicht. Trotzdem konnte sie es im ersten Augenblick niemandem zuordnen, zu intensiv wirkten all die soeben erlebten Situationen noch in ihr nach.
Lediglich die Worte schafften es, aufgrund der vertrauten Stimme, zu ihr durchzudringen, auf dass sich ihre Augenbraue ein wenig anhob.
"Weg...? Welchen Weg? Und..."
, krächzte sie aus wund geschriener Kehle, dass sie selbst fremd klang in ihren Ohren.
"Und wer ist... Mama?"
Sie wurde in den Arm genommen, gestreichelt und getröstet... und wusste dennoch nicht wirklich etwas mit sich anzufangen, als gäbe es eine Barriere in ihr, die gerade beide Wege verschloss, die ihr sonst offen wären. Jenen zu ihrem Selbst, ihrer Vergangenheit und zu allem, was sie ausgemacht hatte. Und jenen zurück zu all dem Leid, den Schändungen und was sonst noch an Qual auf sie warten würde.
"Wo... wo bin ich...?"
, kam es kaum verständlich über ihre Lippen und sie fragte sich, ob sie die Antwort tatsächlich hören wollte, aber sie kam:
„Du bist bei mir.“
Janay war bei ihrer Schwester und fühlte mehr als dass sie verstand, was sie meinte. Sie war bei ihr... tief in ihr, war zu ihr durchgedrungen und befand sich in dem kleinen Winkel ihrer Seele, wo es noch still war, wo kein Sturm tobte. Sie war bei Arinas guten Erinnerungen im Innern angekommen. Aber was bedeutete dann der Sturm? Es waren nicht Arinas Erinnerungen gewesen, die da auf sie eingestürmt waren.
"Wer... bin ich?"
„Du bist nicht sie.“

, erwiderte das Mädchen.
„Du kannst sie hören, aber Mama hat dir nie gezeigt, wie du sie schweigen lässt. Mach dass sie still sind. Mach mit, denn auf mich allein hören sie nicht. Mach mit! HILF MIR!“
Und dann öffnete Arina ihren Mund ganz weit, holte tief Luft und schrie dem Sturm entgegen. Sie Schrie so laut, als hätte sie all die leisen Töne in ihrem Leben für diesen Moment aufgespart. Sie hatte die Hände hoch gerissen und mit gespreizten Fingern hielt sie sie dem Sturm entgegen und schrie. Sie schrie sich die Seele aus dem Leib und ein Teil verließ sie wohl wirklich. Janay musste mitmachen, damit es klappte, denn sie sah wie der Sturm ihrer Fähigkeiten sie erneut angreifen wollte. Es war eine einfache Entscheidung: SEHEN oder KAMPF!
Entweder sie würde den Weg einer Seherin gehen,
oder sie würde kämpfen.
Auch wenn sie es noch nicht verstand, so leitete sie abermals ihre 'große' Schwester an. Die Bilder die sie gesehen hatten, die drohten ihr Selbstbild zu zerreißen, sie waren der Sturm der in Morgeria tobte. Diese Stadt war verdorben und gelangweilt, dem Leben überdrüssig und faulte von innen heraus. Um sich von der Wahrnehmung, von ihrer Gabe zu befreien, war sie einmal mehr zu ihrer Schwester geflüchtete und diese hatte sie in ihr Innerstes kleines heiles Herz gelassen. Sie zeigte ihr gerade, dass sie kämpfen musste – dass sie heraus schreien musste was in ihr war und sie lähmte. Vielleicht war immernoch ein kleiner Teil des Giftes in ihr, als der Dolch sie tödlich verletzt hatte. Janays Sinne waren so weit offen, dass das Leid der ganzen Stadt in sie eindringen könnte und das würde sie für immer zerstören. Aber Arina ließ das nicht zu. Sie war da, sie hielt sie an der Hand und schrie! Es musste kein Wort sein. Janay musste einfach nur schreien und ihre Fähigkeit zu sehen los lassen... Gewollt hatte sie sie eh nicht.

Bei Kazel:
"Du hast sicher viele Fragen, aber lass mich dir vorab eines sagen!
Ich hab keine Fragen.

, dachte er nur und mehr brauchte es auch nicht. Tod verstand auch so.
"Du hast alles richtig gemacht und ich bin ECHT stolz auf dich!!! Wenn du das so von mir annehmen kannst. Ich versuch's auch, auf meine 'verschrobene' Art zu erklären, wenn du willst...?"
Kazels Augen verfolgten weitere Sandkörner, die ihm seine Zeit auf Celcia zusprachen. Sie fielen auf ihre Geschwister, welche bereits der Vergangenheit gehörten. Er setzte das Stundenglas behutsam auf dem Boden ab, nicht um dessen Inhalt Willen. Das Behältnis war ein Geschenk der Götter. Aller Götter, sogar von jenen, die er gar nicht kannte.
Er ließ es stehen, als er sich der Kälte der Totenkutte zuwandte. Ohne zum grinsenden Schädel seines Trägers aufzuschauen, schob Kazel die schweren Falten des Gewandes beiseite. Nach dem Leben käme nur er und das was alles, was sich diese Seele gerade wünschte.
Kazel verschwand in der Schwärze der Kutte, erreichte ihr Zentrum und legte seine Arme um die Gebeine, die dort verborgen waren. Erst hielt er sie sacht, diese kalten, toten Knochen. Dann umschlang er sie mit aller Kraft. Er presste seine Stirn gegen Tods Knochen. Dann weinte er, weinte bitterlich. Es war alles, was er tun konnte. Er wusste sich sonst nicht zu helfen. Wie sollte eine Seele auch mit dem Erlebten umgehen? Es war auch nicht wichtig, ob es half. Er ließ seinen Emotionen freien Lauf, unfähig, sie aufzuhalten. Das wollte er auch nicht. Er wusste nicht mehr, was er wollte, außer hier zu stehen und darauf zu warten, dass eine Hälfte seines Stundenglases keinen Sand mehr besaß. Damit er nie wieder dem Leben ausgesetzt würde ... diesem befremdlichen Zustand, dem er nichts mehr abgewinnen konnte, außer ... Angst.
...
Kühle Knochen umarmten ihn und kalte Stille war alles was Tod ihm gerade geben konnte. Er hielt ihn. War da und schenkte ihm alle Zeit die er brauchte. Keine klugen oder dümmlichen Ratschläge kamen über seine lipplosen Kiefer. Kein wildes Herz schlug gegen Kazels Brust und quälte ihn mit seinen Schlägen. Tod war Stille. Er verstand seinen eifrigen Schüler, der ihm schon so ähnlich geworden war, dass er sich jetzt schon nach dem nächsten Schritt sehnte. Seine Arme hielten den lebenden Leib des Sturmadlers, der er eins gewesen war und nun mehr und mehr der Advokat der Endlichkeit wurde. Unbemerkt von seinem Schüler lächelte er sanft auf ihn hinab und streichelte seinen vernarbten Rücken, brachte lindernde Kühle und nahm die Hitze des Lebens von ihm. Stunden mochten vergehen, Tage, sogar Jahre. Es war irrelevant. In seinen Armen hatten sie alle Zeit der Welt.

Kazels Sehnen nach einem Ende wurde nur bedingt erfüllt. Tod empfing ihn mit offenen Armen, aber er nahm ihn auch noch nicht zu sich. Kazels Zeit war einfach noch nicht gekommen, auch wenn er sie hatte verschenken wollen. Irgendwann, nach dem einfach keine Tränen mehr da waren, hatte der Gevatter sie beide auf die Stufen gesetzt und einen Arm locker um seine Schultern geschlungen.
„Das Leben prüft uns auf die härtest Art und Weise... und sie ist und bleibt ein Miststück! ...Sie schenkt Glück und die schönsten Freuden, nur um alles dann wieder zu entreißen.“
Das fasste es ganz gut zusammen. Dann überraschte Tod vielleicht mit seinem nächsten Kommentar, zu den Geschehnissen:
„ ...Außerdem denke ich, ...sie liebt dich wirklich und ist exrteeeem sauer, dass ich dich unter meine Fittiche genommen habe.“
Er zuckte mit den Schultern.
„Aber du bist standhaft geblieben. Das klingt zwar vielleicht ein bisschen makaber, wenn ich das jetzt sage, aber ich bin ...froh, dass du dich für mich entschieden hast.“
Tod musterte seinen Schüler ob er verstand.
„Versuch es mal aus meiner Perspektive zu sehen... Das erste was du geben wolltest, war dein Leben. Sooo sehr kannst du also nicht mehr daran hängen. Das beruhigt mich, denn dann brauche ich kein schlechtes Gewissen zu haben, dass ich dich eines Tages hole... Und!!!...“
Er hob zwei seiner knochigen Finger.
„... du hast ihr nicht den Namen verraten, das zeugt von wahrer Integrität und Seelenstärke. Du bist jetzt schon ein wahrer Beschützer dieser Welt. Ach ja... und dann deine Fragen am Ende... Die hat sie alle wahrheitsgetreu beantwortet und du somit ihre drei Prüfungen bestanden. Vorher wollte sie dich nicht mir überlassen.“
Ein dritter Finger hatte sich zu dem Paar hinzu gesellt. Dann lehnte sich Tod nach hinten und stütze sich auf seine Arme. Dabei sah er in den still stehenden Himmel. Ein Rabe hing wie angepinnt in der Luft.
„Der Umgang mit uns... unsterblichen Entitäten... mit Göttern, mit mir oder mit Leben ist wahrlich nicht einfach!“
Wie wahr!
„Aber du wirst in Zukunft noch mehr Kontakt zu uns haben, wenn du diesen Weg weiter gehen willst. Die Götter fordern die Seelen ihrer Gläubigen ein, wenn diese Sterben und wir müssen aufpassen, dass sie sich nicht zu viele nehmen und das Gleichgewicht gewahrt bleibt. Ich … könnte mir vorstellen, dass eine Begegnung mit Manthala, oder mit Phaun oder seiner Liebsten dir sogar gefallen könnte... aber es gibt auch andere Aspekte der Götter, die dir grausam erscheinen werden. Faldor … ist eben Faldor und echt kein gütiger gnädiger Gott.“
Tod ließ Kazel nicht in den jüngsten Ereignissen zurück, er hob seine Aufmerksamkeit auf die vor ihm liegenden Aufgaben, das was noch kommen würde, was er noch lernen musste um sein Schnitter zu sein. Wenn er bereit wäre, dann würde Tod ihm helfen, aber noch schien Kazel zu sehr in Werten und Normen zu denken, die nicht zu der Welt der Unsterblichen passte. Noch war er nicht so weit zu sterben und sein Leben zu geben. Er hatte hier noch etwas zu tun. Tod hatte es ihm geraten. Er sollte es noch eine Weile genießen, aber seine Vorstellung vom Leben an sich war gerade erschüttert worden. Trotzdem war es SEIN Leben, dass nach ihm rief.
Es schrie regelrecht nach ihm:
„Janay!“
Es schrie den Namen, der für ihn seine Zukunft, Liebe und Leben bedeutete. War das was er jüngst gesehen hatte – war das überhaupt SEIN Leben gewesen? Verallgemeinerte er sie da nicht etwas zu sehr? Jeder Sterbliche hatte eine eigene Seele mit vielen unterschiedlichen Fassetten. So war das Leben. Es war wandelbar, fassettenreich und immer anders. Er hatte sie als eine einzelne Entität wahrgenommen, aber das war nicht richtig. SEIN Leben lag in seinen Händen, so wie sein Zeitensand, den er nicht abstellen konnte. Er war immer da.
„JANAY!“
„Es wird Zeit, dass du weiter machst, mein treuer Geselle. Ich komme bald wieder und bin da wenn du mich brauchst. Aber jetzt braucht dich … dein Leben.“

wieder zusammen:
Kazel spürte den vertrauten Sog und der Rabe am Himmel ruckte und flog weiter. Kurz darauf kam Kodiak hinter ihm aus der Terrassentür gestürmt und brüllte den vertrauten Namen:
„JANAY! JANAY! … ARINA!“
Fast wäre er über Kazel gestolpert und seine Verwirrung, dass der Mischling plötzlich hier draußen war und nicht mehr in der Küche war ihm deutlich anzusehen, aber er fing sich schnell. Kazel saß auf den breiten Stufen und als die Zeit wieder anlief, konnte er Sekunden später sehen, wie der Rollstuhl hinter einer Hecke kaum 20 Schritt vor ihm auftauchte. Janay war ohne Bewusstsein etwas zur Seite gerutscht und dahinter... lief den Stuhl schiebend ihr Ebenbild. Kazels Blick hob sich automatisch in das fremde und doch vertraute Gesicht.
Arina und Janay waren Schwestern und das sah man auf den ersten Blick. Knochenbau, die feinen Gesichtszüge waren einander so ähnlich. Janays Schwester hatte allerdings eine rabenschwarze, glänzende Haarpracht, bei der das direkte Sonnenlicht ein paar Reflexe in Blautönen zum Vorschein brachte. Dunkelblaue fast schwarze Augen hoben sich, sahen dem Rufenden entgegen. Helle Haut, wie Janay sie hatte schimmerte in der Sonne, die die Szene fast verhöhnte, in dem sie wagte jetzt gerade zu scheinen. Passender wäre ein Sturm oder dichter Regen gewesen, aber gerade riss der Himmel auf und sandte sein Licht zur Erde. Arinas schmächtiger Leib schob angestrengt den Stuhl vor sich her und Panik stand ihn ihren ängstlichen Augen. Ihr Mund war geöffnet, wie zu seinem Schrei, aber es kam nichts heraus. Sie wollte schreien, das sah jeder, aber...

...es war nicht ihr Schrei, der den Bann brechen musste.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Donnerstag 30. März 2023, 14:00

Es war furchtbar gewesen, so viel Leid, so viel Schmerz, so viel... sadistische Freude daran, all diese Qualen zu bereiten, ganz gleich, in welcher Form. Und jeder Moment, jeder neue Körper hatte sich dermaßen real angefühlt, als ob sie tatsächlich diese Person wäre, die gefoltert wurde. All das lastete auf ihr und hätte sie erdrückt, wäre nicht dieser eine kurze Augenblick im luftleeren, zeitlosen Raum der Stille eingetreten, der sie durchatmen zu lassen wollen schien.
Doch sie war nicht allein. Ein fremdes und zugleich absolut vertrautes Wesen war bei ihr, hatte nach ihr gerufen, hielt sie tröstend im Arm und schien etwas von ihr zu wollen, das ausnahmsweise nichts mit dem Leid zu tun hatte, das noch in ihr nachhallte und alles aus ihrem eigenen Sein überlagern konnte. Nein, nicht alles, nicht jenes Urvertrauen, das sie diesem anderen Wesen entgegen brachte, seit... ja, seit eigentlich immer!
So gab sie sich auch mit der Antwort zufrieden, nickte leicht und schloss die Augen. "Bei dir...", murmelte sie und fühlte sich tatsächlich geborgen.
Als wisse sie ohne jeglichen Zweifel, dass sie beschützt werden würde von dieser anderen, die sie gerufen hatte. Gerufen mit einem Wort, das ihr im Moment jedoch absolut nichts sagen konnte, weil... weil sie nicht mehr wusste, wer sie war. Dabei war das doch wichtig! Oder...?
Immerhin hatte es genug Bedeutung, dass sie danach fragen konnte und es nicht einfach auf sich beruhen ließ. Und auch die Antwort war nicht so, als dass sie wie zuvor sie einfach nur akzeptierte.
Nein, dieses Mal öffnete sie blinzelnd ihre Augen wieder und sah auf, so, wie sie es all die Jahre lang getan hatte, solange es einen Größenunterschied zwischen ihnen gegeben hatte. Ihnen... den Schwestern! "Nicht... sie? Aber... aber... wer sind... sie?", murmelte sie verwirrt und zuckte leicht zusammen, als erwartete sie, dass man ihr erneut in irgendeiner Form Gewalt antat, weil sie es gewagt hatte, nachzuhaken. Als könne sie es bereits fühlen, noch ehe es stattfand.
Jedoch... kam es nicht, kein Schlag, kein Gegenstand oder Körperteil, der sie quälen sollte. Nein, sie erhielt eine Antwort und auch wenn sie für sie derzeit keinen Sinn ergab, fühlte sie Dankbarkeit. Dankbarkeit für den Halt, der ihr hier geboten wurde, für diesen kleinen Ort der Ruhe und des Zusammenhalts.
Trotzdem erschrak sie, als die andere Luft holte und zu schreien begann. Sie duckte sich, aber sie ließ nicht los, aus Angst, dass sie dann zurück geschleudert werden würde in jene Welt, die sie zuvor zu erdrücken versucht hatte. Am liebsten hätte sie auch ihr Gesicht in der Umarmung verborgen, um nichts mehr zu sehen, um sich zu verstecken und glauben zu können, solange sie nichts vor Augen hätte, wäre sie unsichtbar. So, wie es Kinder, vor allem kleine, gerne taten, wenn sie sich fürchteten.
Nur... die andere hatte ihr gesagt, sie musste mitmachen, sie musste helfen. Ja... konnte sie das denn? Wie sollte sie kleines, schwaches Wesen so etwas zuwege bringen? Sie hatte kaum eine Stimme, lediglich ein leises, fast komplett unverständliches Krächzen. Und die Kraft, den Mut, so laut zu sein wie diejenige, die sie hier beschützend hielt, hatte sie auch nicht! Trotzdem hatte sie ihr gesagt, sie solle helfen... hatte sie aufgefordert zu Unterstützung, ganz so, als würde sie glauben, dass sie das könnte. Und sie...? Sie war überzeugt davon, dass dem nicht so war. Auf der anderen Seite allerdings wollte sie auch niemanden enttäuschen, wollte zeigen, dass sie mehr wert wäre, als sie zu quälen.
Langsam, ganz langsam begann sie damit, sich von ihrem eigenen Klammergriff, den sie bislang gar nicht bewusst wahrgenommen hatte, zu lösen und sich zu drehen, um in dieselbe Richtung zu sehen wie die Größere. Und wie sie sah! Das Unheil, sämtliche sadistischen Wünsche und Ausführungen stürmten auf sie beide zu, einer Welle gleich, die sie überrollen und mitreißen würde, um sie unbarmherzig in dem Strom untergrehen zu lassen.
Sie riss entsetzt ihre Augen auf und keuchte erstickt, krallte sich regelrecht in die andere hinein und war einen furchtbar langen Moment wie gelähmt. Dagegen sollte sie mickriges Wesen ankämpfen, ausgerechnet sie?! Mit einem kaum hörbaren Quietschen versteckte sie ihr Gesicht hastig an der Brust der anderen und schüttelte verzweifelt den Kopf.
"I... ich... ich kann nicht... ich kann das nicht... Ina!", wimmerte sie und stockte plötzlich. Dieser Name... dieser vertraute, vertrauliche Name... sie kannte ihn! Sie hatte ihn nicht das erste Mal ausgesprochen! Als hätte dieses eine, einzelne Wort absolute Sprengkraft besessen, fühlte sie sich plötzlich befreit, sah den Weg zu ihrem eigenen Ich wieder vor sich und könnte ihn gehen, wenn... wenn die Welle an Leid sie nicht mitreißen würde. Sie und Ina, ihre geliebte Ina, ihre große Schwester, die immer, absolut immer für sie da gewesen war in einer Welt, in der dies normalerweise nicht vorhanden war. Und diese Person, die schrie sich hier gerade die Seele aus dem Leib, für sie, um sie zu beschützen, so, wie sie es von Anfang an getan hatte.
Janay... ja, so hieß sie, Janay schluckte schwer und lockerte ihren Griff, löste sich aus der Umarmung, ohne den Kontakt ganz abzubrechen, denn sie griff stattdessen nach der Hand der Älteren. So konnte sie diese spüren, während sie sich drehte und neben sie stellte.
Dann holte sie Luft, einmal... zweimal... Sah der heranstürmenden Welle entgegen, die sie gleich verschlucken und mitreißen würde. Ihr Mund öffnete sich, ihr Herz hämmerte in ihrer Brust und alles in ihr rief danach, wegzulaufen, nicht länger hier stehen zu bleiben, sondern zu fliehen, wohin auch immer. Doch sie tat es nicht. Sie blieb an der Seite ihrer Schwester, atmete noch einmal ein und... begann, aus Leibeskräften gegen das Unheil anzuschreien.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Freitag 31. März 2023, 00:01

Das Leben konnte beängstigend sein. Ohne es zu wollen - denn ein Ungeborenes besaß weder Bewusstsein noch Willen, bis es soweit war - wurde man aus dem warmen, nährreichen Mutterleib hinaus in eine Welt gestoßen, die so groß und fantastisch war, dass es erschrecken konnte. Und alles, was das Leben einem zu Beginn mitgab, war Hilflosigkeit. Ohne die Fürsorge eines erfahrenen Geschöpfes, das schon sehr viel länger gelebt hatte, würde die eigene Zeitspanne nur kurz sein. Ohne eine Mutter endete das Leben, bevor es richtig beginnen könnte. Je nach Zeit, Ort und Umständen wandelte sich das Leben entweder in ein großes, aufregendes Abenteuer voller Farben und Eindrücke oder in eine nicht enden wollende Routine aus Angst, Hass, Schmerz, Hunger oder Leid. Wieviel man diesen Umständen dem Leben selbst zuschreiben konnte, war ungewiss. Faktoren wie der Wille der Götter, die Entscheidungen der Eltern und nicht zuletzt eine weitere Konstante, von der man nicht wusste, ob auch sie ein höheres Wesen, eine Gottheit oder doch nur ein Zustand war, spielte mit. Schicksal mischte sich immer ein oder aber gab die Spielsteine aus Sterblichen an Zufall ab. Eine sterbliche Seele aber sprach viel zu oft einfach nur vom Leben. War es dann gerecht, ihr die Schuld zuzuschieben, wenn alles unglücklich, schwer oder grausam verlief? Wohl nicht, aber Kazel hatte sehr deutlich mitbekommen, dass auch sie ihren Spaß an den Möglichkeiten hatte, die kleinen Seelen auf Celcia nach ihrem Gutdünken von einem Schicksal in das nächste zu werfen. Sie ließ diese Leiden, weil das Leben auch Leid bedeuten konnte. Er würde nicht vergessen, was diese Wesenheit Hopp angetan hatte, nur um ... ja, um was zu tun? Ihn zu begrüßen und ihre Macht zu demonstrieren? Was immer ihre Motive waren, sofern sie überhaupt welche hatte, bei Kazel hinterließ das Leben nur eine bittere Angst. Er verstand nun, warum der Tod sie fürchtete. Er verstand, warum er lieber ihm ähnlicher werden wollte als ihr und er hatte schreckliches Mitleid mit Kuralla, die dieser Berg- und Talfahrt aus Angst, psychischer Belastung und Verwirrung kontinuierlich ausgesetzt war - für immer.
Der Lehrling drückte sich eng an die bleichen Gebeine seines Meisters und beruhigte sich nur schwer. Tatsächlich konnte man auch nicht von Ruhe sprechen, denn sein Geist war auch dann noch nicht friedlich, als die Tränenflüsse versiegten. Er besaß lediglich keine Ressourcen mehr, um noch weiter zu weinen. Er besaß keine Kraft mehr, um weiter zu kämpfen und all seine Hoffnung war angesichts des beängstigenden Lebens zersplittert wie ein geworfenes Glas. Er konnte die Scherben und kleinen Kristalle noch sehen, aber sie würden ihn nur schneiden, wenn er sie berührte. Er betrachtete sie von der Ferne und wusste, sie kämen nicht mehr heil zu ihm zurück. Seine Hoffnung ins Leben war verloren und so suchte er Trost im Tod. Dabei hatte Kazel es nicht darauf abgesehen, zu sterben. Das würde noch früh genug geschehen, wenngleich er sich nun auch fürchtete, sein eigenes Leben wieder aufzunehmen. Er sah darin nichts mehr. Wozu leben? Im Schutzmantel des Gevatters könnte er ebenso weiterhin auf der Welt wandeln, bei seinen Freunden und seiner Liebsten sein. Kazel bezweifelte aktuell, dass er sich lebendig anders fühlen würde als tot. So machte es ihm nichts aus, sein Stundenglas stehen zu lassen oder seinen Sand zu verschwenden, weil er weiterhin im Zustand angehaltener Zeit für eben jene bezahlte.
Auf Celcia verging nicht einmal der Bruchteil vom Bruchteil eines noch so kleinen Zeitfaktors, aber er brauchte Jahre, Jahrzehnte, Äonen, bis der Tränenfluss endete und er nur noch gegen die Knochen seines Meister gelehnt dastand. Die Schwärze, welche ihn umgab, tat gut. Ebenso erfüllten ihn Stille und Kälte, spendeten mehr als Leben es ihm hätte schenken können. Er war ein schwieriger Geselle geworden. Wer zog schon den Tod dem Leben vor? Nur er.
Dass sein Zustand sich änderte, bemerkte Kazel erst, als er feststellte, dass er saß. Die Beine, gegen die er sich gelehnt hatte, wurden nun wieder von der dunklen Kutte des Gevatters bedeckt. Er hatte sie auf den untersten Stufen einer steinernen Treppe abgesetzt, auf der sie beide plötzlich saßen. Kazel erkannte die vielen Ziersträucher, die formschön geschnittenen Hecken und Büsche. Das war Zissus' Werk. Es wirkte alles nur wesentlich farbloser, aber Kazel hatte ohnehin gerade keinen Blick für die Schönheit, die das Leben ebenso bereithalten konnte.
"Das Leben prüft uns auf die härteste Art und Weise ... und sie ist und bleibt ein Miststück! Sie schenkt Glück und die schönsten Freuden, nur um alles dann wieder zu entreißen."
Sie vermisst dich. Kazel war nicht nach reden zumute. Wie gut, dass Tod auch immer ein offenes Ohr für seine Gedanken hatte. Es machte vieles zwischen ihnen einfacher. Es baute Vertrauen auf.
"Außerdem denke ich ... sie liebt dich wirklich und ist extreeem sauer, dass ich dich unter meine Fittiche genommen habe."
Kazel schnaufte. Natürlich liebte sie ihn. Er unterhielt sie schließlich schon Jahre lang recht gut. Wem schaute man nicht gern zu, wie er ohne Vater und ohne Liebe der Mutter aufwuchs, nur um dann zum Folterobjekt Nummer eins der Familie zu werden? Ob das Leben mit ihren Fingern die Striemen auf Kazels Rücken noch einmal nachgezogen und sich sein Blut auch an der Wange entlang geschmiert hatte? Er wollte es nicht wissen. Fest stand, dass er ihr Grund genug gegeben hatte, ihn zu lieben ... oder eher: sich ihn anzuschauen und zu ergötzen wie er Tag um Tag gekämpft hatte.
Sie hat Kuralla. Das musste reichen. Zu viele waren an schon ihm interessiert. Alle Götter schauten auf ihn herab. Sie spielten alle mit ihm, selbst sein Meister, auch wenn es sich besserte. Tod begann zu verstehen, dass Kazel kein Spielball sein wollte, kein Bauer auf einem Brett der Macht mit einem Regelwerk, an das sich niemand zu halten schien. Der Gevatter versuchte es, wenigstens bei Kazel.
"Das klingt zwar vielleicht ein bisschen makaber, wenn ich das jetzt sage, aber ich bin ... froh, dass du dich für mich entschieden hast."
Kazel klammerte sich in die Kutte, dass ... Er blinzelte und schaute auf seine Hand. Irgendetwas war mit seinen Fingerknöcheln. Er schüttelte den Kopf. Nein, sie sahen vollkommen normal aus. Also umklammerte er die Kutte seines Meisters. Du bist gerecht. Vor dir sind alle gleich. Er schätzte es.
Tod hingegen zählte nun die Dinge auf, die er an Kazel schätzte. Sein Schüler verabschiedete sich langsam von der Wichtigkeit des eigenen Lebens. Dass er es seinem Gegenpart nur angeboten hatte, weil es aus seiner Sicht das Wertvollste war, das er ihr hätte darbieten können, ahnte der Gevatter offenbar nicht. Und natürlich war Kazel bereit gewesen, es leichthin herzugeben. Sein Tod wäre nicht das Ende, sondern ein anderer Anfang geworden. Er konnte sein Leben geben und umso lieber tat er es, um andere - wie Janay, Hopp oder deren Kinder - zu retten. Er maß ihrem Leben mehr Wert bei, denn sie würden am Ende nur zu schwarzem Sand werden und sich irgendwann in Anteilen neu bilden.
Auch dass Kazel den Namen des haraxischen Parasiten nicht genannt hatte, kam ihm wie eine Selbstverständlichkeit vor. Es war zu gefährlich eine Personifizierung wie das Leben selbst damit zu konfrontieren. Wahrschienlich hätte sie den Wurm besiegen können. Kuralla, die deutlich weniger Macht als Leben besaß, hatte es auch geschafft. Nur Kazel wäre beinahe daran vergangen. Er war mit der Goblinoma nicht gleichzusetzen und noch viel zu sehr am Anfang seiner Karriere. Umso besonnener musste er mit solchen Aufgaben umgehen. Er durfte keine Fehler machen. Die möglichen Konsequenzen waren einfach zu groß.
"Der Umgang mit uns ... unsterblichen Entitäten ... mit Göttern, mit mir oder mit Leben ist wahrlich nicht einfach! Aber du wirst in Zukunft noch mehr Kontakt zu uns haben, wenn du diesen Weg weiter gehen willst."
Er versteifte sich, lauschte stumm und musste für sich feststellen, dass er es wohl lieber mit Faldor aufnehmen wollen würde als noch einmal mit dem Leben selbst. Ich kenne Faldor. Ich bin in seinem und Manthalas Glauben erzogen worden. Ich weiß, dass Florencia und Phaun über die Wälder herrschen und ich habe einen Einblick in Lysanthors Weisen erhalten, wenn auch nur kurz. Kazel hob den Blick. Welche Götter gibt es noch? Wer könnte mir Kraft ... hierfür geben? Er schaute über den Garten entlang, der kaum mehr Farbe gewonnen zu haben schien. Alles wirkte nach wie vor trostlos und nicht ... lebenswert. Irgendwann würde die Zeit wieder voranschreiten und er müsste sich den Aufgaben stellen, die er im Haus des Sammlers verlassen hatte. Der Morgen hatte so gut begonnen, mit einem leckeren Frühstück und der Hoffnung auf Glück für seine Liebste, die ihre Schwester wiedergefunden hatte. Hoffnung... auf ein besseres Leben. Kazel schluckte leer. Manthala ginge mit ihm sicherlich keinen weiteren Pakt mehr ein und überhaupt konnte er nicht mit jeder Gottheit irgendeine Abmachung treffen! Wie sollte er all das einhalten? Insgeheim war er aber froh, sich für einige Stunden ins Reich der Traumgöttin retten zu können. Dem Leben entkommen durch schwarzen, traumlosen Schlaf. Es spendete keine Hoffnung, aber ein Gefühl, Ruhe und neue Kraft zu finden. Das gleiche Gefühl hatte er auch jetzt, wenn er neben dem Gevatter saß. Er mochte diese Momente, würde sie gern länger auskosten. Was wartete schon auf ihn?
"JANAY!"
Kodiaks Stimme drang dumpf in die still stehende Zeit hinein, denn sie bewegte sich langsam wieder. Tod hob den Stillstand auf. Kazel starrte zu ihm herüber. Nein, noch nicht. Ich möchte nicht zurück! Das wollte er ihm mitteilen, doch noch ehe er den Gedanken formen konnte, hatte der Gevatter ihm keine Wahl mehr gelassen. Er schickte ihn zurück ins Leben. In sein Leben. Es gab noch so viel Zeit, die er aufbrauchen sollte. Zeit, die er füllen sollte mit Dingen und indem er lebte.
Kazel starrte in die geweiteten Augen des Bärenhybriden. Es dauerte nur einen halben Herzschlag lang, ehe Kodiak weiter stürmte. Er rief nach Janay und auch nach Arina, ihrer Schwester. Kazel stand still, wandte nur langsam den Blick. Die Welt besaß Farbe und doch konnte er es nicht so wahrnehmen wie zuvor. Alles wirkte verschwommener. Er rieb sich die Augen und vor ihm klärte sich ein Bild auf, dass ihn eigentlich in Schrecken versetzen müsste.
Janay hing reglos in ihrem fahrbaren Stuhl, der von einer schwarzhaarigen, etwas älter wirkenden Version von ihr selbst geschoben wurde. Sie erinnerte Kazel sofort an das geisterhafte Abbild der Ank mit der Metallplatte vor dem Mund. Man hatte sie nicht schreien sehen und Arina hörte man nun nicht, obwohl ihre Mimik genau dafür ausgelegt zu sein schien. Es sah aus, als schrie sie sich die Seele aus dem Leib, doch kein einziger Laut erreichte Kazel. Zu ihrem Unglück konnte er nichts tun. Er stand nur da und starrte die beiden Schwestern an, sah Kodiak hinterher, der auf sie zu eilte. Sollte er selbst denn etwas tun? Hatte es einen Sinn? Wenn Leben sich einmal an die Regeln hielt, würden seine Kinder gerettet. Er musste nicht an diesem Leben teilhaben. Er konnte beobachten und würde erscheinen, wenn...
Ein Ruck ging durch seinen Körper. Sie wird die Kinder überleben lassen, aber was ist ... mit ... ihr?! Kazel blickte sich um. Er konnte den kalten Hauch des Todes nicht fühlen. Er spürte weder das Frösteln, noch seine Präsenz. Aber Tod hatte ihm auch klar gemacht, dass er manchmal erst im allerletzten Moment erfuhr, dass etwas geschah und wen es träfe. Die Kinder würden gerettet, aber niemand hatte etwas von Janay gesagt.
Er holte Luft. Er atmete tief ein, setzte einen Schritt nach vorn. Es folgte ein zweiter, ein dritter. Er stieg die Stufen auf den Kiesweg herab, dessen Grau immer kräftiger und satter wurde, mit vereinzelnen schwarzen Steinchen darin. Dann ging er zügiger, marschierte und schließlich rannte Kazel - vorbei an den saftig grünen Gwächsen und den bunten Blüten, die Zissus so sorgsam gehegt hatte.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Gevatter Tod » Freitag 31. März 2023, 10:46

an einem anderen Ort:
„Und?“
Er neigte seinen Kopf und stützte ihn dann auf die geballten Fäuste. Langsam schüttelte er den Kopf.
„Du siehst es doch? Er ist noch nicht so weit.“
„Nein, ist er nicht. Du solltest jetzt aber gehen!“
„Sei nicht so mürrisch! Ich kann nichts dafür. Ich wollte dir nur Gesellschaft leisten.“
Tod schnaufte nur leise und sah kurz zu der traumhaften Göttin, die ebenfalls ein Auge auf seinen Gesellen geworfen hatte.
„Aber den Fehler in seinem Denken hast du auch gesehen!“
„Ja, habe ich.“
„Und?“
„Ja, ich werde mit ihm darüber reden. Verschwinde. Ich will jetzt lieber allein sein.“
Sie verblasste wie ein Traum nach dem Erwachen und Tot atmete tief durch. Also nicht wirklich, aber seine Schultern hoben sich einmal bedeutungsschwer in der Erinnerung an diese Fähigkeit. Nachdenklich blickte er auf den wässrigen Spiegel, den Bildschirm den er aus dem Seelenfluss geformt hatte und sah seinem Gesellen zu. Er war sich nicht sicher und tippte sinnend mit dem Zeigefinger gegen seine blanken Kieferknochen, dass ein helles Klicken erklang. Nur zu sich selbst sprach er noch am leeren Sandstrand in die Stille hinein:
„Ich werde mit ihm reden, aber nicht jetzt. Wir haben Zeit und vielleicht ...bemerkt er selbst seinen Denkfehler.“
Reden lag dem alten Griesgram immernoch nicht. Aber er würde seinen Gesellen beschützten und noch lange nicht aufgeben! Sie hatten alle Zeit der Welt und diese spielte FÜR sie. Er grollte gerade dem Leben, denn sie hatte es Kazel wirklich schwer gemacht sie zu mögen. Es war ihr Plan gewesen, nicht seiner. Er hatte ihn einfach noch lange sein Leben leben lassen wollen, aber sie wollte ihn prüfen. Grundsätzlich hatte er alles richtig gemacht, aber während der Prüfung hatte auch Tod erkennen müssen, dass Kazel in jenen kleinen Details noch nicht begriffen hatte, was sein Dienst als Schnitter letztendlich bedeuten würde. Zwar hatte er ihre bescheuerte Rätsel-runde bestanden, aber der Preis war hoch. Kazel glaubte jede Hoffnung aufgegeben. Besorgt sah er zu, wie sein Schüler sich quälte, aber noch war nicht alles verloren. Denn noch gab es die eine Person, die ihm am Leben fest halten ließ.
Janay.
Und Liebe war mächtig. In ihr gab es immer Hoffnung und Kazel hatte gerade eine unbekannte Variable dazu gewonnen: die Schwester. Vielleicht würde sie nicht nur Janay wieder auf den Pfad zurück helfen, sondern auch ...Kazel. Geschwisterliebe war mächtig und etwas das sein Geselle noch nicht kannte, aber hier bekam auch er die Chance daran Erfahrungen zu sammeln, sie zu beobachten, zu wachsen und Tod hoffte mehr als Kazel es derzeit tat, dass er diese Chance auch ergreifen würde. Hoffnung starb zuletzt und Kazel war noch lange nicht an der Reihe zu sterben.

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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Freitag 31. März 2023, 10:48

Kazel rannte! Und wie er rannte! Als die Zeit wieder angelaufen war, war auch seine Kutte verschwunden und er trug wieder seine weite schwarze Robe. Im Wind der Geschwindigkeit flatterte sie hinter ihm her und seine ausgeruhten Muskeln liebten die Bewegung. Seine Beine beugten und streckten sich kraftvoll und seine nackten Füße gruben sich in das Kiesbett aus kleinen runden Steinen. Seine Zehen sanken tief ein und gruben kleine Löcher, wenn er sich zum nächsten weiten Schritt abstieß. Er fühlte es wie er in den Fluss eintauchte und wie Schnelligkeit ein Teil von ihm wurde. Es war... lebendig. Ob es ihm nun gefiel oder nicht.
Sein Körper pumpte prickelndes Blut durch seine Adern, seine Lungen schmeckten süße Luft, angefüllt mit dem Duft des Nektars, als er rannte und überbrückte die Strecke zu seiner Liebe so schnell, dass er am Ende hart abbremsen musste. Er hatte sogar den Bären überholt, der aber zwei Sekunden nach ihm ankam. Aber sein Blick galt nur Janay und der Sorge in seinem Herzen. Er sah ihren schlanken Leib, dem kaum anzusehen war, dass er bereits sein Erbe trug. Doch er sah auch das Blut an Arinas Händen, die den Holm des Rollstuhls hielten. Sie wimmerte keuchend, ließ das Gefährt los und stellte sich tatsächlich schützend vor Janay. Mit riesigen ängstlichen Augen sah sie ihn an, griff aber nach der Hand ihrer Schwester und holte Luft.
Gleichzeitig ging ein Ruck durch Janay und es war als ob der Schrei, der Atem den die Schwester geholt hatte nun jetzt Janays Mund verließ.
...
Janay fühlte die Hand in ihrer, ihre Finger zwischen anderen und ihre Kraft als ihre. Genauso war es aber auch anders herum. So wie Arina für sie kämpfte, so kämpfte Janay nun auch für sie. Der tosende Sturm war fast da und gemeinsam rissen sie ihre Hände hoch. Die Münder weit aufgerissen, die Augen fest zusammen gepresst SCHRIEN sie! Und wie! Eine Druckwelle brach aus ihrer gemeinsamen Liebe füreinander heraus. Sie blähte die rotierende feste Wand aus Leid vor ihnen auf, dehnte sie... es entstanden Risse... dann explodierte etwas und der Schrei drang nach außen!!! Janay wurde mitgerissen...
...
Janay hatte mit ihrer Schwester zusammen die Hände hoch gerissen. Es gab keine bestimmte Richtung der fahrigen Bewegung, aber ihr Körper hatte definitiv eine Bewegung gemacht, die sie bisher nicht machen konnte. Etwas hatte ihre Lähmung gelöst oder durchbrochen und Janay schrie!!! Arina schrie auch, aber kein Ton verließ ihre Lippen. Sie wand sich still, aber man sah die Anstrengung in ihrem Gesicht. Trotzdem klangen da zwei Stimmen aus einer Kehle. Und noch etwas war dabei. Es war ein Geräusch, als würde etwas reißen. Und plötzlich war er da!
DER SCHMERZ!
Wellen aus Schmerz rollten durch Janays Bewusstsein und ersticken den Laut. Arina griff fester nach ihr und hielt ihre Hand. Sie keuchte ebenso auf und hielt sich den Bauch. Irgendwie schienen sie ...verbunden? Nahm Arina ihr etwas ab? Die schwarzhaarige Schwester keuchte leise:
„...Heiler...“
Dann streckte sie fast schüchtern und nach Hilfe flehend ihre Hand aus. Die Haltung war aber nicht geöffnet, wie wenn man etwas nehmen wollte oder suchte, sondern eher, als ob man etwas ...geben würde, wenn man sie berührte. Kodiak dachte nicht nach und griff zu...
...und wurde blass. Er keuchte kurz auf und hatte tatsächlich eine graue Nase unter seinem schwarzen Pelz. Sein schwerer Schädel fiel kurz nach vorne, er sackte auf ein Knie runter und ein dumpfer Schmerzlaut grollte in seiner Brust. Da war aber noch die andere Hand von Janay die fahrig und unkontrolliert nach etwas suchte. Arina sah Kazel flehend an. All der Schmerz, den Janay die letzten Tage nicht hatte spüren können stand in ihren Augen. Kazel überlegte sicher nicht lang und griff auch zu. Ein reißender Schmerz schoss in seinen Unterleib, ließ seine Beine weich werden, aber mit aller Willenskraft konnte er sich aufrecht halten. Gemeinsam hingen sie aneinander und teilten den Schmerz unter sich auf, so dass er … halbwegs erträglich wurde. Kodiak richtete sich auch wieder auf und übernahm das Schieben mit der freien Hand. So schnell es eben ging, arbeiteten sie sich Schritt für Schritt dem Haus entgegen. Sie waren fast da, da kam ihnen schon Orima und ihr Bruder entgegen.
„Hopp geht es gut. Ich wollte...Ach du heilige...“
Mehr sagte sie nicht, denn das Bild was die vier abgaben war mehr als aussagekräftig.
„Folgt mir!“
, befahl sie im echt harschen Ton, der jetzt sogar irgendwie angemessen klang. Oriel musterte mit gerunzelter Stirn die seltsame Handhaltung der vier und machte eine merkwürdige Handbewegung, als würde er zaubern. Dann blinzelte er ein paar mal schnell und rannte vor. Nach im Forteilen rief er seiner Schwester zu:
„Wir brauchen mehr Narkosemittel.“
Orima lotste den Pulk ins Haus. Der Weg schien endlos und auch andere Gesichter gesellten sich hinzu, aber hielten Abstand, da Orima sie sonst sofort anfauchte. Bis auf Zissus hörten auch alle auf sie. Der griff nach Kazels freier Hand und... der Schmerz wurde wieder etwas leichter zu ertragen. Dafür hielt auch er sich jetzt den Unterleib und stöhnte leise auf. Orima schimpfte wie ein Ork, aber ließ ihn gewähren. Dann rückten sie in den Ballsaal vor, der in den letzten Tagen zu einer Art Operationssaal umgebaut worden war. Sie wandte sich an Arina:
„Ihr müsst sie gleich los lassen, aber vorher eins!“
Sie hantierte nebenbei schon mit irgendwelchen Instrumenten und ihr Bruder goss eine milchige Flüssigkeit auf kleine Tücher.
„Ich werde sie gleich in tiefen Schlaf versetzten. Sie blutet und... wenn ich das richtig sehe... nicht aus der Wunde, die ich dachte.“
Orima wirkte nicht glücklich.
„Ich werde dein Blut brauchen. Ist das in Ordnung?“
Arina nickte nur eifrig.
„Sobald die Narkose wirkt, lasst ihr sie los.“
Arina schüttelte den Kopf.
„Na gut, aber nur du und er... alle andern müssen dann raus hier. Ich brauch Ruhe.“
Sie sah zu Kazel.
„Ich brauch jemanden, der mit ihr redet. Eine vertraute Stimme, die ihr wichtig ist. Sie muss am Leben festhalten!“
...
Das schreckliche war, dass Janay das alles irgendwie mitbekam und doch nichts tun konnte. Sie konnte vor Schmerz kaum atmen, geschweige den gerade aus schauen, auch wenn es besser geworden war, seid dem Arina diese seltsame Verbindung hergestellt hatte. Nun aber wurde ihr von Oriel die Sicht genommen, da er ihr ein feuchtes Tuch auf das Gesicht hielt, durch dass sie nur mühsam Luft einsaugen konnte. Einmal...zweimal..... dr...
Janay war weg.
Dunkelheit. Selige Dunkelheit. Niemand da. Kein Schmerz, kein Schrei, keine Träume. Nur Stille. Fast nur Stille, denn ab und an drangen leise Geräusche zu ihr durch, wie dumpfes Klappern oder diese nervige Stimme der unfreundlichen Heilerin...

Dann wurde es erst richtig hektisch. Mit kurzen knappen Befehlen wurden die Hände getrennt und Janay umgebettet. Kazel erhielt am Kopfende einen Platz und Arina von Oriel eine dicke Hohlnadel in den Arm gestochen. Dann begann er eine merkwürdige Apertur zu bedienen und drückte dabei immer wieder einen Hebel gleichmäßig auf und ab. Gleichzeitig Untersuchte Orima Janay und schnitt ihr dafür die Kleider vom Leib. Jeder Handgriff saß und vieles war einfach unverständlich. Doch die beiden waren ein eingespieltes Team und Kazel bekam nach ein paar Sekunden die Aufgabe von Oriel den Hebel weiter zu bewegen.
„Sprich mit ihr.“
, forderte Orima leise, während sie Arinas Blut von einer gläsernen Flasche über merkwürdige Schlauchsysteme in Janays Körper umleitete. Dann sah sie ihren Bruder an. Leise besprachen sie sich:
„Das wird etwas... schwieriger als geplant. Ich werde erst den Riss im Mutterleib reparieren. Dann machen wir uns an die ältere Verletzung. Alles in einem Abwasch... Aber dafür brauche ich deine sicheren Hände zum schneiden. Ich muss in sie hinein greifen und den Wirbelkanal...“
Da wollte man doch eigentlich gar nicht zuhören. Außerdem sollte Kazel ja mit Janay reden und Arina sah auch zu ihm. Sie sah ihm in die Augen und fragte... nein, sie sagte leise:
„...Du liebst sie. Sag ihr warum. Bitte...!“
Arina hielt immernoch Janays Hand und wirkte ein bisschen benebelt, als würde auch sie halb schlafen.
...
„Es gibt nur ein Ding, das sich mehrt, wenn man es teilt, das zurück kommt, wenn man es gibt... und sogar mich überdauert.“
Kazel spürte seine kühle Hand auf seiner Schulter.
„Ich bin nicht wegen ihr hier.“
Beruhigte er seinen Gesellen sofort.
„Halt sie fest. … 'Sie' … ist dein Leben.“
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Montag 3. April 2023, 02:29

So wie sich der Säugling im Mutterleib nach neun Monaten Wachstum auf den Weg ins Leben kämpfte, so erging es gerade auch Kazel. Er streifte den Umhang des Todes von seinen Schultern, als er aus dem Zeitenstillstand zurück in dessen Fluss überging. Zunächst kostete es ihn unglaublich viel Kraft, überhaupt einen Schritt in diese graue Welt zu setzen, deren Leben ihn Willkommen hieß, aber nicht mehr zu erfüllen wusste. Der zweite Schritt war da schon etwas einfacher, denn seine Muskeln reagierten natürlich darauf, wieder teilhaben zu wollen am Strom der Zeit. Beim dritten Schritt schon blähte frische Luft seine Lungen auf und er atmete den Duft der ihn umgebenden Pflanzen. Matt waren ihre Farben, aber mit jeder weiteren Bewegung nahmen sie an Sättigung zu. Ein Säugling arbeitete sich mit Hilfe der werdenden Mutter durch einen engen Geburtskanal und hinein ins Leben, das es mit einem lauten Schrei begrüßte. Kazel schrie nicht, aber er arbeitete sich ebenfalls voran, wurde schneller und schneller. Seine Füße trugen ihn durch den Garten, vorbei an Kodiak und bis hin zu seinem Ziel. Er konnte das Leben überhaupt nicht wahrnehmen, selbst wenn er es gewollt hätte. Seine Augen hafteten an Janay und ihrer Schwester, die ihr so ähnlich schien und doch vollkommen anders war.
Mit dem Knirschen der runden Kieselsteinchen unter seinen nackten Füßen bremste er knapp vor dem Rollstuhl ab. Er atmete schwer. Sein Körper rief alles Ressourcen ab, um auf den Sprint, die Informationsflut aller Sinne - ja, auf das Leben selbst - zu reagieren. Sein Leib war glücklich, wieder ein Teil davon zu sein. Kazel hatte keine Gelegenheit, sich dessen bewusst zu werden. Er tauschte einen knappen Blick mit Arina, die ihren Mund wie zum Schrei aufgerissen hatte und ihn noch einmal auf entsetzliche Weise an das geisterhafte Bild der Ank erinnerte. Mehr Sorge bereitete ihm aber Janay. Sie wirkte leblos in ihrem Stuhl und dass neben ihrem Sitz helles Blut schimmerte, wie gleichzeitig auch an Arinas Fingern behagte ihm ganz und gar nicht.
Da ergriff die eine Schwester bereits die Hand der anderen, so dass ein Ruck durch Janay ging, der sie wie aus einem langen Schlaf zu reißen schien. Kazel zuckte davor zurück. Die Geschwister warfen ihre verbundenen Hände über ihre Köpfe, streckten sie hoch in die Luft und dann schrie seine Liebste. Janay schrie so laut auf, dass dem Mischling sofort die Ohren klingelten. Er sah sich dennoch nicht in der Lage, sie schützend abzudecken. Etwas an diesem Schrei ließ ihn anders handeln. Er kannte solche Art von Schreien. Er hatte sie selbst und in tiefster Pein von sich gegeben, als seine Mutter und Tante ihm mit kräftigen Peitschenhieben die Haut am Rücken gespaltet hatten. Das waren Schmerzensschreie und wo sein Körper trotz all der Bewegung und Sinneseindrücke des Lebens nicht zu ihm hatte durchdringen können, so schaffte es die quälende Erinnerung dieser Schreie und des damit verbundenen Leids. Schmerz bedeutete Leben. Nur im Tode war man davon befreit und das allein hätte ihm von Geburt an bereits aufzeigen müssen, wie schmerzlich das Leben doch war. Aber hätte es ihm nun etwas genützt, diese Erkenntnis zu erhalten? Sein Bild dieser Entität war bereits zerrüttet. Was nützte es ihm nun zu wissen, dass sie wirklich eher schlecht als gut zu sein schien. Es würde ihm nicht helfen, besser mit ihrem Verhalten umzugehen. Er sah nur kurz die Bilder aufflackern, wie sie ihre Faust in Hopps Leib geschoben und blutig wieder hervogeholt hatte, um sich rote Striemen über die Wange zu ziehen. Leben genoss es, schlecht zu sein. Sie genoss es, sich selbst mit Leid und Schmerz zu verbinden. Das waren keine Prüfungen an die Lebenden. Es war ihr blanker Sadismus und dieser hatte zumindest bei Kazel tiefe Wunden hinterlassen.
Jetzt aber war nicht die Zeit, sich um das Leben Gedanken zu machen. Wenn nicht schnell etwas unternommen würde, verlöre Janay das ihre. Die Kinder überlebten, das hatte das Wesen Kazel zugesichert. Oh, er hätte nach Janay fragen sollen. Jetzt durchströmte ihn blanke Angst, sie zu verlieren. Auch Arina schien es so zu ergehen. Ihr leises Flehen schaffte es nicht einmal an Kazels Ohren. Dafür erreichte Kodiak die Seite des Mischlings und im Gegensatz zu ihm handelte er sofort.
Mit seiner gewaltigen Pranke ergriff er die viel zu schmalen Finger von Arina und schon riss er seine Bärenaugen auf. Die Schnauze verlor an Farbe, während ein beängstigendes Grollen in seiner Brust sich einen Weg aus dem Körper suchte. Trotzdem ließ er Arina nicht los. Nur Janays andere Hand hielt niemand. Die Schwester blickte Kazel mit einem Flehen in den Augen an und es war Kodiak zu verdanken, dass es gesehen wurde. Instinktiv ahmte der Mischling die Handlung des Hybriden nach. Er umfasste Janays Hand, hielt sie und ... spürte blanken Schmerz. Es riss ihn beinahe zu Boden, so heftig traf ihn die erste Weile purer Pein. Er strauchelte gegen Kodias haarige Gestalt, konnte sich aber auf den Beinen halten. Gemeinsam nun ertrugen sie alle einen Teil von Janays Schmerzen und diese hatten es auch so schon in sich. Es hätte ihre Seele zerissen, wenn sie das Leid nun nicht untereinander aufgeteilt hätten. Doch es reichte noch nicht. Es tat zu sehr weh. Sie würden alle darunter vergehen!
Ich nicht, dachte Kazel mit tiefster Bitterkeit. Er würde sterben, aber nicht schwinden. Er würde beim Gevatter bleiben, was er akzeptieren konnte. Aber alle anderen hier träfe dieses Schicksal nicht. Sie würden enden. Sie würden zu schwarzem Sand und sich im Laufe der Zeit wieder zu neuen Seelen formen, aus Teilen ihrer alten Existenzen. Dann würden sie neu ins Leben zurückkehren und müssten alles noch einmal durchmachen. All den Schmerz, all das Leiden, all die Prüfungen, über die Leben selbst sich ergötzen würde.
Gefangen in diesem Strudel aus Schmerzen und wirren Gedanken, die ihm Sorge bereiteten, bekam Kazel nur wie durch dicken Samtstoff mit, dass sie sich gemeinsam in Bewegung setzten. Irgendwann meinte er, Orimas Stimme zu hören und das Gesicht ihres Bruders zu entdecken, aber er würde nicht mit Bestimmtheit sagen können, dass er beide wirklich wahrgenommen hätte. Überhaupt gelang es ihm nun nicht mehr, eigenständig zu gehen. Er bewegte sich voran, weil er Janay nicht losließ und weil ihr Untersatz sich bewegte. Er taumelte und stolperte voran, weil Kodiak alle unter Bärenkräften mit sich zog und weil irgendwann eine andere Hand seine freie ergriff, um ihn zu leiten. Er sah nicht, wer ihn festhielt, aber er fühlte den Griff. Er war ihm so vertraut wie Janays Finger.
Zissus...
Er reihte sich ein in den Leidenszug aus Schmerzen. Er würde auch daran vergehen, so glaubte Kazel. Dann aber merkte er, dass es für alle etwas leichter wurde, weil sich die Last noch einmal aufteilte. Das Leben war gemein, unbarmherzig, grausam und stellte jedes ihrer Kinder vor harter Prüfungen, nur um ihnen ihre schlechteste Seite zu zeigen. Gemeinsam aber war es leichter zu ertragen ... bis Leben sich entschied, sie im Tode auseinanderzureißen, ohne die Verantwortung zu übernehmen. Sie ließ den Gevatter die Drecksarbeit machen. Kazel taumelte durch die Gänge des Answesens und durch seine Gedanken. Er war blind für das Geschehen geworden. Er schnappte Wortfetzen von Narkosemitteln und Operationssälen auf, ohne richtig zu verstehen, was vor sich ging. Er wusste nur, dass er Janay nicht loslassen durfte. Die Kinder würden überleben, aber was war mit ihr?!
"Ich brauche jemanden, der mit ihr redet. Eine vertraute Stimme, die ihr wichtig ist. Sie muss am Leben festhalten!"
Kazel hob den Blick. Da, er hatte sich nicht geirrt. Orima war da und bat ihn zu sprechen. Mit Janay. Er schaute zu seiner Liebsten. Sie sah alles andere als gut aus. Und dann drückte man ihr schon irgendetwas ins Gesicht, dass ihr Körper wenig später erschlaffte. Kazel klammerte sich nun nur noch fester an ihre Finger. Nichts und niemand würde ihn von ihr lösen können, aber sprechen? Er keuchte nur auf, froh darüber, dass er seine Lippen hatte auseinanderreißen können. Sprechen, um sie am Leben zu halten. Damit sie weitermachte. Weiterlitt. Damit das Leben sie beobachten konnte, wie sie unter Schmerzen sich an etwas klammerte, das diesem Wesen scheinbar nicht mehr wert war als ein kurzer Zeitvertreib. Besäße Janay ein schönes, ein ruhiges und friedliches Leben, würde die Entität sich von ihr abwenden und gar kein Interesse haben, bis der Tod sie holte. Oh, wäre ihr Leben doch nur voller Langweile, dann hätte sie es nun nicht so schwer. Das wäre etwas, das Kazel ihr sagen könnte. Wenn sie es schaffte, wenn sie nur am Leben bliebe, würde er den Rest ihrer Zeit mit ihr in absoluter Langeweile verbringen! Doch er brachte kein Wort heraus.
Mochte es an all den verwirrenden und zugleich beängstigenden Gedanken liegen, die ihn noch immer zerrütteten. Mochte es die Überforderung gewesen sein, die Leben ihm zugemutet hatte. Mochte es die Tatsache sein, dass er nicht verstand, wie sie so mit ihrer eigenen Schöpfung umgehen und sich so ... faldorisch verhalten konnte. Oder mochte es einfach nur der Tatsache geschuldet sein, dass er Angst um Janay hatte und vorab zu viel erlebt, um sich aus dem immer größer werdenden Schockzustand zu befreien. Es blieb unklar, aber richtig aktiv wurde er nicht. Er nahm am Leben teil, ohne ein Teil davon zu sein. Sein Körper mochte ausgeruht sein, aber sein Geist hatte gelitten. Sein Herz litt. Seine Seele kämpfte damit, irgendetwas zu tun und blockierte sich dadurch nur selbst. Er bildete nicht einmal eine Ausnahme. Vielmehr konnte man staunen, dass er nicht schon vorher einfach zusammengeklappt war. Andere Sterbliche brauchten nur zu sehen, wie eine schreckliche Situation geschah und standen dann tatenlos daneben, starrten ins Leere und konnten nichts tun. Man durfte es keinem von ihnen übel nehmen. Nicht jeder war dazu geboren, in einer solchen Situation das Richtige zu tun und dass Kazel dazu neigte, immer wieder die Fettnäpfchen zu suchen oder bei der Wahl die schlechtere Option mit bestem Wissen und Gewissen zu ergreifen, war bekannt. Es schien, als könnte er gar nichts ansatzweise so machen, dass man ihn nicht im Nachhinein doch noch auf Fehler hinwies. Es war einfach nie richtig und auch jetzt würde er es wieder einmal vermasseln.
Es ging nicht anders. Er ging nicht. Er funktionierte nicht so, wie andere ihn haben wollten. Er kämpfte sich irgendwie durch und stand am Ende nur noch da - machtlos, von einer Ecke in die andere geschoben und dann war es gleich, was er unternahm. Es hatte keine Bedeutung. So wie Janays Überleben für Leben nur dann Bedeutung hätte, solange sie litt.
Jemand drückte seine Hand auf einen Hebel. Wann hatte Zissus ihn losgelassen und wer wollte nun was von ihm? Kazels Blick waberte durch die Realität. Er sah Oriel an, Orimas Bruder. Dieser wies ihn mit großer Eile an, den Hebel in regelmäßigen Abständen zu betätigen. Kazel betrachtete den Heiler. Er verstand und konnte doch nichts tun. Seine Hand ruhte auf dem Griff der Apparatur, ohne dass er eingriff. Er sah es doch. Er wusste nichts, wozu es diente, aber Oriel empfand es als wichtig. Er wollte den Hebel doch herunter- und wieder heraufdrücken. Warum gehorchte sein Körper ihm nicht?
Das musste jemand Anderes übernehmen und irgendwer kam schon zu Hilfe. Zissus erneut? Kazel wusste es nicht. Er spürte nur, dass seine Hand den Hebel verließ und ein anderer sich kümmerte. Er hatte auch keine Möglichkeit mehr zu schauen, wer die Aufgabe nun wirklich übernahm. Orima nahm seinen ganze Fokus ein. "Sprich mit ihr."
Er blinzelte und beobachtete die Heilerin, wie sie mit Schläuchen und Flaschen hantierte. Er verfolgte einen davon, der bis in Janays Arm hinein führte. Daneben stand Arina und auch sie sprach zu ihm.
"... Du liebst sie. Sag ihr, warum. Bitte...!"
Kazel schluckte. Er wollte es tun, aber es ging nicht. Nichts funktionierte mehr. Sein Mund hatte vergessen, wie man die Lippen bewegen musste, um Worte zu formen. Sein Hals war trocken und die Stimmbänder schlaff. Sein Kopf war leer, frei von Worten. Selbst wenn er mechanisch hätte sprechen können, so wären ihm gar keine Begriffe eingefallen, geschweige denn etwas, das für Janay Sinn ergab. Gründe, warum er sie liebte. Einfach nur zu sagen, dass er sie liebte. Warum funktionierte es nicht?! War er schon tot?
Vertraute Kälte. Die hohle Stimme eines leeren Schädels in seinem Kopf, die so endgültig klang ... und so beruhigend. Sie stellte ihm Rätsel und Kazel ließ es geschehen. Er würde einfach wieder raten, wenn er nur den Mund aufbekäme. Falls er nicht wirklich gerade gestorben war.
"Ich bin nicht wegen ihr hier."
Aha. Ja ... dann bin ich doch tot. Und ich hab ihr nicht mal mehr sagen können, warum ich sie liebe. Es machte ihn unglücklich, aber ohne Verzweiflung. Er akzeptierte es. Er konnte es nicht ändern. Es war zu spät. Sie würde jetzt auch sterben, aber niemals wieder bei ihm sein. Sie würde zu Sand.
Für Kazel mochte das eigene Leben auch nur noch so wenig Wert besitzen wie Leben selbst es sah, wenngleich Tod behauptete, sie würde ihn sehr lieben. Es war unerheblich. Sein Leben zu verlieren, war nicht schlimm. Er bestünde weiter. Janay hatte diese Chance nicht. Sie musste leben, auch wenn es ... richtig beschissen war. Sie musste, denn sie hatte nichts Anderes. Und Kazel wollte sie leben sehen. Er wollte sehen, wie sie es genoss. All die kleinen Dinge. Ihre gemeinsame Liebe zueinander, auch wenn sie sich ja noch gar nicht sicher war. Sie würde ihn nicht heiraten. Aber sie sollte leben. Sie sollte doch Dinge tun, die er ihr verwirklichen wollte. Sie sollte umsetzen können, wovon sie träumte. Sie sollte dieses verdammte, furchtbare, leidvolle, schmerzhafte, traurige Leben leben und sich durchkämpfen, um die winzigsten Momente mit ihm und Dingen zu verbringen, die sie mochte. Kazel wollte, dass sie lebte, weil er ihr Leben schön gestalten wollte. Jeden Atemzug sollte sie genießen und nicht an das Leben selbst denken müssen mit all seinen Schrecklichkeiten. Er würde sie ablenken, mit schönen Dingen und er würde selbst auch ein wenig leben, wenn er ihr dabei zuschauen könnte. Wenn er es ihr nur sagen könnte...
"Halt sie fest ... Sie ... ist dein Leben.
Ja... Nur wie? Er hielt sie doch bereits, oder nicht mehr? Kazel blickte auf seine Finger herab. Sie wirkten so blass, weil er mit aller Gewalt Janays Hand hielt. Er klammerte sich noch immer daran, so fest, dass seine eigenen Finger krampften. Die Knöchel traten weiß hervor. Knöchel ohne Zusätze... Noch ehe sich da in irgendeiner Weise ein Gedanke bilden konnte, war er wieder fort. Kazel sah nur seine Hand, die Janay hielt. Er blickte zu ihr auf. Sie reagierte nicht, weil sie nicht konnte. Sie konnte ihn nur hören. Deshalb musste er sprechen. Er musste ihr doch sagen, dass sie leben sollte. Er musste ihr sagen, dass er sie liebte. Er musste ihr all die vielen Gründe nennen, warum sein Herz so sehr an ihr hing.
Er tat es. Seine Lippen spalteten sich und er sprach zu ihr. Er sagte ihr alles. Sein Herz sprach und er plapperte wie wild. Zumindest glaubte er das. Mit trockener, kratziger Stimme brachte er kaum mehr als einen Laut hervor: "Ja...nay..." Er riss sich zusammen. Er versuchte es.
Sprechen, sprechen, sprechen!
"Janay ... leb doch ... bitte..." Es reichte einfach nicht für mehr.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Samstag 8. April 2023, 13:09

Es tat gut zu schreien, überraschend gut. Es war befreiend und lenkte im ersten Moment zugleich von allen anderen Gefühlen ab, von der Angst, dem Erlebten, dem Schmerz. Doch ewig hielt dieser Zustand nicht an, konnte es auch gar nicht, selbst, wenn ihre Kräfte noch lange ausreichen würden, ehe sie ihre Stimme verlieren würde. Stattdessen holte sie die Qual ein, als irgendetwas in ihrem Inneren zu zerreißen schien.
Mit einem Mal war sie wieder da, in der Wirklichkeit, und konnte vor lauter Pein keinen weiteren Ton mehr von sich geben nach einem letzten, abschließenden und zu Tränen rührenden Wimmern. Sie beugte sich instinktiv vor, versuchte, sich so klein wie möglich zu machen, um diesen Schmerz zu lindern, aber ohne Erfolg. Dass sie sich dabei an die Hand ihrer Schwester klammerte, konnte sie unter all diesen Gefühlen nicht einmal spüren.
Es tat weh, alles in ihr tat einfach nur weh! Und wie, um diese Empfindung mit neuem Sinn zu füllen, geschah dies in einem Ausmaß, der ihr von Sekunde zu Sekunde mehr den Atem zu rauben drohte. Sie keuchte bereits abgehakt und ihr Blick irrlichterte herum, ohne etwas tatsächlich wahrnehmen zu können.
Plötzlich wurde einen Moment lang ein kleiner Teil ihres Schmerzes leichter. Warum und wie das mit der Verbindung zu einer Pranke stand, konnte sie nicht erkennen oder sich überhaupt darum kümmern. Ihr Körper nutzte diese kleine Linderung stattdessen, um tief und zittrig Luft in ihre malträtierten Lungen zu saugen.
Dann kehrte die Welle zurück und drohte, sie erneut mit sich zu reißen. Dass ein Teil davon an einer weiteren, mit einem Mal auftauchenden Klippe brach und sie nicht mit voller Wucht treffen konnte, lag an der nächsten Hand, deren Finger sich mit ihren verflochten. Janay wurde schwindelig und ihr Kopf kippte zur Seite, fiel kraft- und haltlos gegen eine Schulter, während ihr ein weiteres, elendiges Wimmern über die Lippen drang.
Sie wurde bewegt, nahm irgendwie auch den kühlenden Fahrtwind wahr, der da gegen ihr erhitztes Gesicht strich und war dennoch zu nichts außer zu leiden fähig. Wohin sie gefahren wurde, sah sie nicht, wer sie alles entdeckte, bemerkte sie nicht, was gesprochen wurde, hörte sie nicht. Sie wand sich nur unter der schlimmsten Pein ihres Lebens.
Und als sich noch jemand zu ihnen gesellte, um ihr irgendwie Erleichterung zu verschaffen, da war es zu viel für ihr Bewusstsein. Die junge Frau spürte noch, wie ein Ruck durch ihren Körper ging, dann sackte sie an der Grenze zur Ohnmacht endgültig in sich zusammen. Wie lange dieser Zustand währte, wusste sie nicht zu sagen. Mit einem Mal allerdings... war alles andere weg, vor allem der Schmerz.
Dunkelheit hüllte sie ein, fast vollkommene Stille und selbst wenn diese durchbrochen wurde von Geräuschen aus weiter Ferne, war ihr, als könne nichts und niemand sie jetzt noch stören. Selig war sie, nicht mehr unter dieser Qual ihres Körpers zu leiden. Nein, sie fühlte gerade gar nichts, schwebte einfach vor sich hin und fühlte sich leicht wie eine Feder.
'Das Paradies...', schoss es ihr durch den Kopf und ein feines Lächeln umspielte ihre unsichtbaren Lippen. Hier ließe es sich aushalten... Schade nur drum, dass sie allein war und niemanden bei sich hatte, um diesen Ort zu teilen, aber... es war allemal besser als irgendwo anders! Bis ihre Ruhe, ihr Frieden ein weiteres Mal durchbrochen wurde.
Es war kein besonders lautes Geräusch, ja, sie konnte nicht einmal wirklich ausmachen, was genau es sein sollte. Aber... irgendetwas war ihr daran... vertraut. Vertraut und wichtig genug, dass ihr Kopf sich in der Dunkelheit drehte und ihre Ohren leicht zuckten.
Noch einmal erklang es, fast schon wie... wie... eine Stimme? Etwas, das von etwas... oder jemandem produziert wurde, das nur dazu gehörte? Es kam ihr so bekannt vor... Sollte sie sich darauf zu bewegen? Nein... nein, eigentlich wollte sie das nicht.
Sie wollte hier bleiben, in der dunklen Schwebe frei von allem anderen. Wer wusste schon, wohin diese Verlockung sie letzten Endes führen würde? Eine ferne Erinnerung an Schmerz kratzte am äußersten Rand ihrer trägen Gedanken und sorgte dafür, dass der Sog in Richtung des Geräusches nicht ausreichte, um sie wirklich zu fassen zu bekommen. Noch nicht zumindest...
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Dienstag 11. April 2023, 08:56

"Halt sie fest ... Sie ... ist dein Leben.“
Ja...

Nur wie? Er hielt sie doch bereits, oder nicht mehr? Kazel blickte auf seine Finger herab. Sie wirkten so blass, weil er mit aller Gewalt Janays Hand hielt. Er klammerte sich noch immer daran, so fest, dass seine eigenen Finger krampften. Die Knöchel traten weiß hervor. Knöchel ohne Zusätze... Noch ehe sich da in irgendeiner Weise ein Gedanke bilden konnte, war er wieder fort, denn Kazel hatte vergessen, dass er diese Veränderung bekommen hatte. Kazel sah nur seine Hand, die Janay hielt. Irgendwann einmal, wenn das Leben ihn nicht in Atem hielt, dann könnte er darüber nachsinnen, dass er sich zwar erinnerte, dass er mit seinen Krallen erst kürzlich einer Dunkelelfe die Kehle aufgerissen hatte, aber wie er dazu gekommen war???... Diese Erinnerung würde er nicht mehr finden, genau sowenig wie die Veränderungen an seinem Körper selbst. Das war alles weg. Aber dies war nicht der Zeitpunkt um in seinen Erinnerungen zu stöbern, auch wenn sein Gehirn gerade jeden Ausweg aus der Situation sicher Dankbar angenommen hätte. Jetzt blickte er auf Janays blasses Gesicht hinab. Sie reagierte nicht, weil sie nicht konnte. Sie konnte ihn nur hören. Deshalb musste er sprechen. Er musste ihr doch sagen, dass sie leben sollte. Er musste ihr sagen, dass er sie liebte. Er musste ihr all die vielen Gründe nennen, warum sein Herz so sehr an ihr hing.
Er tat es. Seine Lippen spalteten sich und er sprach zu ihr. Er sagte ihr alles. Sein Herz sprach und er plapperte wie wild. Zumindest glaubte er das. Mit trockener, kratziger Stimme brachte er kaum mehr als einen Laut hervor:
"Ja...nay..."
Er riss sich zusammen. Er versuchte es.
Sprechen, sprechen, sprechen!
"Janay ... leb doch ... bitte..."

Und nicht nur seine Hand hielt die Janays. Dort wo Kazel mit dem Leben haderte, es gern gegeben hätte, das kämpfte ihre Schwerster um jenen Funken, der flackernd ins Dunkel zu weichen drohte. Selbst Janay hieß die Dunkelheit ein wenig zu sehr willkommen, so angenehm war die Aussucht auf Frieden.... immerwährenden Frieden... der den Tod bedeutete. Aber Arina war nicht bereit, Janay gerade jetzt, da sie sich wieder gefunden hatten gehen zu lassen. Sie schaute auf ihre Schwester, sah die Heilerin an, den Bruder dieser und den Mann, den Janay liebte. Kazel.. so hatte sie ihn genannt. Warum liebte ihr Schwester diesen Mann? Leise begann sie zu flüstern:
„Janay bleib bei uns! Erinnere dich... erinnere dich an ...deinen siebten Geburtstag. Ich hatte auf dem Markt diese fremden Früchte für dich gekauft. Ich weis den Namen bis heute nicht und wusste auch nicht, wie ich sie zubereiten sollte. Ich hab sie angebraten und mit Nüssen auf den Kuchenboden gelegt. Es sah ein bisschen aus wie … es sah scheußlich aus, aber du hast trotzdem gekostet und du warst so begeistert! Du hast gelacht und getanzt und ich war so glücklich dich so zu sehen!...“
Sie sah zu Kazel, als hoffe sie, dass ihm vielleicht eine schöne Erinnerung mit Janay einfiel. Derweil taten Orima und Oriel ihr bestes, um Janays Leben zu retten. Da Kazel die Pumpe nicht betätigt hatte, hatte der Bruder das übernommen, aber nicht lange, denn er musste seiner Schwester assistieren. Eigentlich war sogar er, der Mann mit dem Messer, aber seine Schwester zeigte ihm so und ihre Hand war es die sanft leuchtete und die Heilung vornehmen würde. Für die Pumpe hatten sie nach Hilfe gerufen und Hopp stand nun auch neben dem Bett und konzentrierte sich darauf den Blutfluss gleichmäßig aufrecht zu halten, während die beiden Elfen operierten. Jeder hatte seine Aufgabe, auch die, die scheinbar nichts taten. Kazel und Arina hielten 'nur' Janays Hände und redeten leise mit ihr, aber das war genauso wichtig wie das Handeln der Heiler. Wenn Janay nicht mehr leben WOLLTE, dann würde sie auch nicht mehr erwachen. Manchmal konnten weder Götter, noch Tod oder Leben den Sterblichen helfen. Manchmal konnte nur der eigene Wille das Blatt wenden.

Die nächste Stunde verging so langsam, als hätte jemand jedes Sandkörnchen einzeln gezählt. Orima hatte als erstes den Riss im 'Mutterkuchen' geheilt, der sich ein Stück vor den Geburtskanal gelegt hatte. Sie moserte und schimpfte dabei so viel, dass manch einem die Ohren rot anliefen, aber niemand hörte wirklich hin. Ihr Bruder 'übersetzte' hin und wieder leise wenn Zeit war und verdeutlichte, dass gewisse der Stress der Vergangenheit zu dem Vorfall geführt hatte und dass bei der Geburt, wenn es soweit sein sollte, in jedem Fall eine fähige Heilerin dabei sein sollte. Er empfahl Janay 'vielleicht einen Urlaub' außerhalb zu machen... außerhalb von Morgeria, der Stadt, die doch zu Dramen, Folter und allgemeiner Todesangst bekannt war. Er murmelte sogar einmal eher für sich:
„....kein Wunder, dass hier keiner leben will. Sogar jene die hier geboren sind flüchten in den Krieg oder in die Ferne um wo anders ihr Glück zu finden...“
Das tat er, während seine Schwester sich kurz erholte und auf den Haupteingriff vorbereitete. Dazu drehten sie Janay auf die Seite und Arina und Kazel kamen sich zwangsläufig näher. Die schwarzhaarige Schwester mit den Nachtblauen Augen sah zu ihm und streckte zaghaft auch ihm eine Hand entgegen. Eine kleine Geste, die aber doch enorme Bedeutung hatte, denn sie litten beide und fürchteten um das Leben ihrer Liebsten. Dann öffnete Oriel auch schon Janays Wirbelsäule und durchtrennte die Schichten alten Blutes, bereist zu wuchern begonnenes Gewebe aus Narben, welches auf die Nerven drückte und seine Schwester glitt mit ihrer Magie hinterher. Trotzdem floss viel Blut und ohne Arinas Blut, hätte Janay das vermutlich nicht überstanden. Endlich erreichten sie den Punkt, wo die Klinge, die für Kazel bestimmt gewesen war, das Mark verletzt hatte und Orimas Macht glomm hell in ihrem Innern auf. Janays ganzer Körper wurde kurz ganz warm und was zerschnitten war, wurde wieder ganz. Dann atmeten alle kurz durch und die Heilerin verschloss Janays Körper 'fast' so, als ob nie etwas geschehen wäre.
„Sie ist ...wieder... ganz gesund. Ich... ich muss mich...“
Und schon taumelt sie von der Bare weg, ihr Bruder fing sie auf und legte sie auf eine bereite Matte. Orima würde gewiss ein paar Tage Ruhe brauchen. Genauso auch Arina, denn die wirkte ebenfalls sehr blass. Oriel meinte zu ihr:
„Ihr müsst viel trinken und schlafen. Ich empfehle viel Salat, Spinat, Schwarzwurzel und Linsen zum essen, dann werdet ihr euch bald wieder stärker fühlen. Keine langen Spaziergänge, nicht unbeaufsichtigt und nicht anstrengen.“
Dann sah er auf Janays blassen Körper. Eine feine blasse Linie würde immer ihre Taille zieren, dort wo der Langdolch eingedrungen war. Der Blutfluss von ihrer Schwester wurde eingestellt und die Verbindung unterbrochen. Mit einem feuchten Tuch wischte er den Operationsbereich sauber. Heilmagie war etwas wunderbares!
„Sie ist wieder ganz gesund, aber denkt an die Nachbehandlung. Wenn sie wach wird, wird sie noch viel... 'liegen' müssen. Keine Störung. Sie wird noch ein paar Stunden schlafen.“
Kazel und Hopp übernahmen das umsetzten in den fahrbaren Stuhl/Liege, was hoffentlich das letzte mal notwendig war und brachten Janay in den vorbereiteten Bereich. Zissus übernahm Arina und brachte sie in ihre Gemächer, versorgte sie mit Essen und Getränken und zog sich dann zurück. Auch er sah etwas blass um die Nase aus, was seiner Sorge um alle geschuldet war.

Kazel und Janay blieben die ersten Stunden allein. Nur Zissus klopfte nach zwei Stunden und fragte, ob sie sich schon geregt hätte. Er setzte sich zu Kazel und ihr an den Rand der weitläufigen Spielwiese und betrachtete nachdenklich seinen Freund. Zissus schien zu spüren, dass bei weitem noch nicht alles wieder in 'Ordnung' war, aber ließ Kazel den Raum, den er brauchte. Eine Weile war er einfach nur da...
Dann krabbelte er ein bisschen näher und kniete sich vor Kazel. Er zog ihn an sich, umarmte ihn einmal kräftig, so dass Kazel die Grenzen seines Körpers wieder spüren konnte. Dann nahm er ihr erst bei den Schultern, dann sein Gesicht in beide leicht kühlen Hände. Zissus lächelte nicht, er sagte auch nichts, er beugte sich nur zu ihm, küsste ihm erst einmal sanft auf die Stirn, dann langsam je ein Augenlid und dann ganz zart auf den Mund. Es war ein kleiner Kuss – nur ein Zeichen, dass er da war und es bleiben würde. Er nickte ihm zu und legte sich dann auf die gegenüber liegende Seite von Janay. Er bot seine Hand an, die er gern mit Kazels auf Janays Bauch ineinander verschlungen hätte.

Janay erwachte... ohne Schmerzen und mit einem noch leicht tauben Gefühl in ihrem gesamten Körper. Die Mittel, die sie bekommen hatte, die sie im Schlaf gehalten hatten, bauten sich nur langsam ab. Aber um so wacher sie wurde, um so kribbliger wurde ihr auch... Erst im Gesicht und dann langsam ihren Körper hinab wandernd. Irgendwann würde dieses Gefühl auch jenen Punkt erreichen, der zuvor gelähmt gewesen war und dort intensivierte sich das Kribbeln schnell zu einem unangenehmen Gefühl, wie lauter kleine beißende Ameisen. Nicht so schlimm, als dass sie schreien müsste, aber wo sich die meisten Nerven bündelten, da war es halt eben auch am schlimmsten. Ein eingeschlafener Fuß tat auch am Anfang weh, stach und kribbelte, aber rieb man ihn, dann wurde es schnell besser. Das piksen und kribbeln würde einem summen weichen und letztendlich verschwinden. Manchmal kam es in kleinen Schüben wieder, aber mit guter Behandlung wurden auch diese noch etwas unangenehmen und unwillkürlichen Phasen schnell kürzer und weniger. Binnen zwei Tagen wären sie ganz erloschen und Janay wieder ganz hergestellt.
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