Das neue Heim

Die Gebäude hier zeigen deutlich den Stand eines Bürgers in Morgeria. Niedere leben in heruntergekommen Barracken, Krieger & Söldner in bunkerartigen Unterkünften oder Zelten. Mächtige Familien leben in finsteren Anwesen, die kleinen Schlössern gleichen.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Freitag 24. Juni 2022, 11:03

Zissus erbebte bei Kazels Worten und starrte dabei lauschend auf die Hand die ihn zurück hielt. Zitternd stand er da. Kazels Finger wurden in diesem Augenblick vielleicht zu jener Wurzel, die es brauchte um Zissus in dieser Welt zu halten. Der Sinn des Gesagten sickerte nur langsam in sein Bewusstsein, aber wie es mit Gedanken war, einmal gesät, gruben sie sich tief in die verdorrte Erde seiner Seele und suchten darin Halt. Es fehlte nur noch ein bisschen Feuchtigkeit und Liebe. Kazel zog Zissus zu sich und Janay auf den Boden und redete weiter auf ihn ein. Sein Arm legte sich um seine Schultern. Was zuvor schon wie ein Dammbruch gewirkt hatte wurde nun zu einer Sturmflut. Zissus konnte sich nicht mehr zusammen reißen. Er schluchzte laut auf, rang zwischen gequältem Stöhnen nach Luft und weinte so bitterlich, dass es seinen zusammen gesunkenen Körper schüttelte. Er war überhaupt nicht in der Lage zu antworten, aber das musste er auch nicht. Dieser weiche, andersartige und doch liebenswerte Mann, der sogar einem Monster sein Herz geschenkt hatte, der würde in nächster Zeit nirgends wo hingehen. Er war dazu auch gerade körperlich gar nicht in der Lage. Seine Trauer schüttelte ihn, aber es war nicht nur das. Die gesamte gemeinsame Zeit mit seinem Sammler, das Wissen um seine Grausamkeiten schienen sich in einem Schwall zu lösen. Es brach aus ihm heraus und überschwemmte seine Augen. Tränen strömten unaufhaltsam über seine Wangen und er verbarg, wie ein kleiner Junge, in Kazels Kleidung knallend sein Gesicht an seiner Brust. Dabei griff auch Janay nach dem untröstlichen Pfauenmann.
"Wie gehen?"
, entkam es ihr leise und zurückhaltend, als hätte sie trotz allem Angst davor, sich einzumischen. Das war auch zu natürlich. Die Situation war extrem emotionsgeladen. Dennoch konnte sie nicht länger schweigen und sah nun auch direkt zu Zissus, merklich irritiert.
"Du kannst jetzt nicht gehen!"
, folgte es schon etwas kräftiger und sie setzte sich gerader auf. Ihre Veränderung der Haltung spiegelte sich zum Teil in seiner und er zwang sich wenigstens den Kopf zu heben. Wie ihr Liebster griff auch sie nach ihm und versuchte, seine Finger zu erhaschen, um sie mit den ihren zu verflechten. Zissus stöhnte dabei leise. Janays Blick wurde ehrlich bittend und zugleich kam ihr eine Idee, wie sie ihm vielleicht etwas helfen konnte, ihrer beider Wunsch zu entsprechen.
"Wer soll denn sonst mein Kleid tragen, das du haben wolltest?"
, bemühte sie sich um einen leichten Tonfall, um die betrübte Stimmung in diesem Raum ein bisschen anheben zu können.
--- Süße, kleine --- Banalitäten!
Es waren manchmal die kleinsten Banalitäten, die eine Seele daran erinnern konnten, dass es Gründe gab weiter zu leben. Kazel umarmte den Mann, während Janay sich mit seinen Fingern verflocht und beide wollten ihn nicht gehen lassen. Janays kleine Anspielung auf seine Forderung für seine Hilfe, war wie etwas, dass er noch zu tun hatte in dieser Welt – etwas dass er gewollt hatte. Zissus atmete stoßweise und wischte sich dann Unbeholfenheit mit dem Unterarm über die Augen. Er rückte noch näher zwischen ihre Körperwärme und badete in ihrer Zuneigung. Auch wenn diese den Gestank nicht abwaschen konnte, so konnte sie durch Kaffee und Eukalyptus ignoriert werden. Bei diesen beiden Wesen konnte er sich für diesen Moment geliebt fühlen und so knüpfte sich ein Band zwischen den Dreien. Sie hatten in kürzester Zeit sehr viel gemeinsam erlebt. Schlimmes war dabei gewesen, was sie tief in ihrer Seele teilten, aber auch wunderschönes. Zissus sah Janay an und ein Mundwinkel versuchte in die Höhe zu wandern, zuckte und es wirkte fast NOCH trauriger.
„...das Kleid...“
Er rang noch nach Atem, weswegen alles sehr stockend kam:
„...ach ja...“
Banalitäten waren auch eine gute Ablenkung für einen geschundenen Geist. Janay hatte es mit einer kleinen süßen und genau richtig platzierten Banalität geschafft, dass sich sein Herz zögerlich öffnete. Vielleicht wusste der Pfauenmann auch um ihren Versuch und vielleicht ahnte auch ihr Motiv ihm etwas gutes zu tun. Sie hatte sich gemerkt, was er liebte und für ihn verwendet. Aus der kleinen Bemerkung sprach Zuneigung und sein trauriger Blick antwortet mit einem kleinen dankbaren Funken. Vielleicht würden sie ihn beide wieder 'entzünden' können?
Zissus wandte seinen Kopf zu dem etwas näher sitzenden Sturmadler und lehnte seine Stirn an seine Schläfe. Er wirkte sehr erschöpft in diesem Moment.
„Kazel, … ich... ich weis im Moment gar nichts mehr. Ich fühle mich so leer ohne ihn...“
Er atmete, als hätte er einen Dauerlauf hingelegt. Dann redete er einfach weiter, was ihm gerade in den Sinn kam:
„Ich habe ...so viele Erinnerungen in mir... Manche davon... machen mir immernoch Angst ...und andere machen mich glücklich. Aber... aber ich bin euch wirklich dankbar, dass ihr ihn ...'befreit' habt! Das... das war kein Leben mehr die letzten... letzten 10 Jahre. Er hatte sich immer mehr in diese Dunkelheit zurück gezogen und sah mich kaum noch an. Ich drang nicht mehr zu ihm durch und nur ganz selten gab es noch diese Momente...“
Zissus Stimme versagte und ertrank zwischen seinen Erinnerungen. Neue Tränen drangen hervor, aber diese waren jetzt langsam mehr befreiend. Es würde dauern, bis Zissus wieder ein wunderschöner strahlender Pfau sein würde, aber er war noch da. Er blieb. Bei ihnen.
Egal was es jetzt noch alles zu tun gab, sie mussten sich erst einmal wieder sammeln... zusammen raufen und dann vielleicht schauen, was noch zu tun war. Aber die größte Bedrohung, die Beschwörung eines 12flügligen Dämonenkönigs, war vorerst abgewendet. Jetzt galt es noch die Scherben drum herum zu beseitigen. Einige Ideen hatten sie dazu schon zuvor gehabt. Unter anderem stand an einer der ersten Plätze auf dieser To-Do-Liste, die Zerstörung des Sammel-Kristalls im Arbeitszimmer. Die darin enthaltene Energie musste wieder frei gelassen werden. Ob sie dann zu ihren ursprünglichen Spendern zurück kehren würde, oder einfach 'verpuffen' würde, war noch fraglich. Dafür bräuchten sie wahrscheinlich tatsächlich Zissus Wissen. Dieser war aber im Moment noch nicht in der Lage sich um hoch diffizile Rituale zu kümmern. Auch Kuralla musste noch ein Weilchen beobachtet werden und wie es um ihre 'Verdauung' stand. Schließlich hatte sie einen Dämonen gefressen. Kazel konnte nur eines mit Sicherheit sagen: Seid dem er aus ihrem Dunstkreis entkommen war, hatte er auch nicht mehr Nebhasmhorachd Stimme gehört. Sie hatte ihn also wirklich von ihm befreit und damit einen wahren Freundschaftsdienst erwiesen. Nur in ihrer Nähe war er noch in der Lage die Gedanken des Parasitären Wurmes zu hören. Dann waren da noch die überlebenden Hybriden, die Sademos nicht in Marionetten verwandelt hatte. Alle die korrumpiert worden waren, hatte Kazel auf seinem Amoklauf ganz nebenbei getötet... oder fast alle... das blieb noch zu untersuchen. Ihr Ende hing auch gewiss mit der Zerstörung des Kristalls zusammen. Da schloss sich der Kreis wieder. Eine Untersuchung des Kristalls war wohl wichtig, aber zuvor... würde mal wieder ein Bad sehr gut tun. Solange man sich selbst 'nicht riechen' konnte, war konzentriertes Nachdenken kaum möglich. Ein bisschen Entspannungszeit würde ihnen allen ganz gut tun. Nahrung stand nach Sauberkeit auch auf der Wunschliste ihrer Körper... und SCHLAF!
Kazel und Janay waren frei zu tun was auch immer sie wollten. Das Anwesen des Sammlers gehörte ihnen und selbst wenn Kazels Tante am nicht mehr all zu fernen Morgen auftauchen würde um Janay abzuholen, so würde sie erst einmal nichts gegen verschlossene Tore tun können. Sie konnten sich Zeit nehmen, planen und zu Ruhe kommen. Das was alles hier in einer Nacht geschehen war, das würde sie noch lange verfolgen. Um so wichtiger war es jetzt sich Zeit für sich zu nehmen.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Montag 27. Juni 2022, 20:47

Es stimmte: Das Beste, was Sademos dieser Welt hinterlassen hatte, war Nar'Zissus de Quis. Selbst unter seinem aktuellen Zusammenbruch konnte man nämlich nur eines über den Dunkelelfen mit der Sehnsucht eines Pfauendaseins sagen. Er war einfach nur schön. Die Tränen, die sich Bahn brachen, schimmerten flüssigen Silbers gleich auf seinen Wangen. Sie glitzerten wie Tautropfen in seinen Wimpern die hauchzart geröteten Ränder um seine Augen verliehen ihm eine fast schon verführerische Frische. Dass er nun Schwäche in Form seiner Trauer zeigte, machte ihn auf einer ganz anderen Ebene attraktiv. Er strahlte einen Hilferuf auf, dem man nur zu gern bereit war, zu folgen. Er weckte Beschützerinstinkte, Mitleid und Zuneigung. Jedenfalls gelang es, all das in Kazel wach zu rufen. Er legte seinen Arm um den anderen Elfen, zog ihn an sich heran und hielt ihn, während dieser bitterlich weinte. Er selbst lächelte schwach, aber stolz, denn auch er hate Janays Versuch vernommen, Zissus zum Bleiben zu bewegen. Sie sagte es natürlich auf ihre Weise und damit hatte sie schon das eine ums andere Mal bei Kazel erreicht, dass dieser nachgab. Er lächelte ihr zu, während er zuließ, dass der Pfauenelf sich eng an sie beide schmiegte. So saßen sie eine Weile da, lauschten nur der dumpfen Geräuschkulisse des nächtlichen Morgerias und Zissus' Schluchzen. Selbst das klang harmonisch! Dieser Mann besaß seinen ganz eigenen Zauber.
Irgendwann erzählte er leise und immer wieder von einem Seufzen oder Schluchzen unterbrochen. Er teilte die Last, die bereits seit Jahren auf seinem Herzen lag und nun endlich heraus durfte. Wie lange hatte Zissus sie mit sich getragen, ohne mit jemandem darüber reden zu können? Nicht einmal Sademos war ihm ein Ansprechpartner gewesen, denn es ging ja um ihn.
Kazel ließ ihn ausreden. Er wartete geduldig, bis eine Pause entstand, ehe er etwas auf die Worte erwiderte. "Zehn Jahre", wiederholte er. Sein Blick glitt an Zissus und Janay vorbei. Er betrachtete sich den Wintergarten, entdeckte hier und da die liebevollen Details, mit denen der Gärtner ihn voll von Herzblut geschmückt hatte. Zehn lange Jahre hatte er sich der Wahrheit verschlossen und alles - vielleicht sogar einen Großteil von sich selbst - aufgegeben, um die Illusion weiterleben zu können. "Du hast ihn also bereits vor einem Jahrzehnt verloren ... und findest jetzt erst die Möglichkeit zu trauern." Kazel zog Zissus noch etwas dichter an sich heran. Er wollte ihm Halt und die Wärme spenden, zu der Sademos in all der letzten Zeit offenbar nicht mehr in der Lage gewesen war. Dabei schuldeten Janay und er dem Pfauenmann nahezu nichts. Jedenfalls nichts auf dieser Ebene. Trotzdem war es Kazel mehr als ein Bedürfnis. "Der Dämon, der ihn befallen hatte, hat sein Herz verdunkelt. Ich hoffe, ich trage keine Schäden davon, weil ich auch Zeit mit ihm verbracht habe." Kazel stockte. "Und Kuralla. Wir müssen die alte Goblinfrau in der nächsten Zeit im Auge behalten. Ich habe bereits einmal auf ihre heilerischen Kräfte vertraut ... und kann von Glück sagen, der Lehrling des Gevatters zu sein, der mich zurückgebracht hat. Es kann sein, dass die Alte sich auch mit Ne... mit dem Dämon verschätzt hat." Doch das würde er später angehen. Jetzt wollte er ohnehin nicht wieder los. Auch Kazel war am Ende seiner Kräfte, obgleich sich sein Körper nicht so erschöpft anfühlte. Eher wirkte er auf ihn hölzern und steif. Vielleicht, weil er so lange in der nutzlosen Schwebe zwischen Leben und Tod verbracht hatte. Vielleicht hatte sich der Mischling auch noch nicht wieder vollkommen an seinen Makel behafteten Leib gewöhnt. Es würde einfach etwas Zeit brauchen. Zeit, die er jetzt gerade mit Janay und Zissus verbringen wollte. Die Pflichten kämen noch früh genug wieder auf ihn zu.

Geraume Zeit saßen sie beisammen und hielten einander. Kazel wusste nicht genau zu sagen, wieviel Zeit verging. Er konnte es nur anhand der Kälte erahnen, die durch das Bodengestein in seine Glieder drang und dass Zissus irgendwann weniger heftig schluchzte. Er unterbrach die Trauerphase auch nur ein einziges Mal, um den Pfau nach einer Decke für sie alle oder wenigstens Janay zu fragen. Die Arme war noch immer nackt und musste deutlich stärker frösteln als die beiden Männer. Auch erkundigte Kazel sich nach einem Schlafplatz direkt in der Nähe. Er wollte irgendwie nicht zu weit vom Wintergarten weg. Dieser Ort strahlte Frieden und mehr Wärme aus als er in Sademos' Anwesen erwartet hätte. Trotzdem musste er ihn früher oder später verlassen. Es ließ sich nämlich nicht leugnen, dass sie allesamt nach wie vor erbärmlich stanken. Irgendwann halfen auch Kaffee und Eukalyptus nicht mehr. Sie würden zum zweiten Mal ein Bad nehmen müssen.
Dieses Mal gab es keine Diener mehr, die ihnen alles vorbereiten konnten, also dauerte es etwas länger. Sie alle wuschen sich auch nur - natürlich erneut gemeinsan, jedoch ohne größeren erotischen Austausch. Dazu fühlten sie sich wohl alle inzwischen zu ausgelaugt. Es gäbe noch Gelegenheiten, versprach Kazel gerade seiner Liebsten. Er wusste ja, wie sehr sie es genoss. Aber er behielt dabei auch einen Blick auf Zissus. War das ein Angebot? Der Mischling wusste es selbst nicht so recht zu sagen. In Sademos' Körper hatte er ihren dreifachen Akt mehr als genossen. Wie aber sein eigener Leib und seine Begierden auf einen Mann anspielen würden, müsste er neu herausfinden. Nie zuvor hatte er sich Gedanken über die Ausweitung des sexuellen Spektrums gemacht. Er fand Zissus ansehnlich, nein sogar schön und er fühlte sich ihm zugeneigt, aber das nur, weil es Zissus war. Er konnte sich nicht erinnern, je bei anderen Männern eine körperliche Zuneigung entwickelt zu haben. Darüber dachte er nach, während er sich reinigte und sich anschließend vom Pfau die Ankleidekammer des einstigen Sammlers zeigen ließ.
Ob für Janay hier auch etwas hing? Ansonsten würde sie sich wohl mit den Roben des Verstorbenen zufriedengeben müssen. Kazel hatte deutlich größere Auswahl, aber auch er blieb eingeschränkt. Sademos schien kein Freund von schützender oder robuster Kleidung zu sein. Er trug offensichtlich am liebsten weite und luftige Gewänder ... und keine Schuhe. Kazel entdeckte jedenfalls keine, so dass er weiterhin barfuß unterwegs war. Dafür streifte er sich zum Schlafen ein langes Nachtgewand für Männer über, dessen schwarze Seide bei jeder Bewegung seine Haut streichelte. Für den kommenden Tag legte er sich dann doch eine schwarze Hose und eine tief lilane Tunika zurecht.
Er schlug den beiden anderen vor, ein gemeinsames Schlafzimmer zu nutzen. Er hatte kein Problem damit, wenn Zissus neben Janay und ihm ebenfalls im Bett schlief. Sie hatten bereits mehr miteinander geteilt und der Pfauenelf fühlte sich dann vielleicht nicht so allein. Einzig an einem Ort wollte Kazel ungestört sein.
"Gibt es einen Manthalaschrein im Anwesen?", fragte er Zissus in einem ruhigen Moment. Sofern dieser es bejahen konnte, suchte Kazel den Schrein auf und bat darum, wenigstens einige Zeit zum Beten für sich zu sein. Existierte kein Schrein, so genügte ihm einfach ein ruhiges Zimmer und eine halbe Stunde für sich. Er betete. Er tat es wirklich, obgleich er niemals zu den gläubigsten der Göttin gezählt hatte. Natürlich schickte er hin und wieder in Gedanken Worte an sie, aber nun wollte er aus tiefem Glauben heraus beten. Er war der Geselle eines höheren Wesens. Der Tod existierte und er besaß einen seltsamen Humor. Wenn er aber echt war, so konnten es auch die celcianischen Götter sein. Kazels Glaube war durch seinen neuen Karriereweg bestärkt worden. Er kniete sich hin und faltete in manthalagefälliger Geste die Hände. Dann senkte er den Kopf zum Gebet.
"Ich habe Angst zu schlafen", murmelte er, denn er fühlte sich allein und unbeobachtet. Es war nicht auszuschließen, dass Zissus oder Janay ihn doch belauschten, aber er achtete nicht darauf. "Diese Bilder sind nich im Kopf des Sammlers geblieben. Sie ... haben sich in mein Gedächtnis gebrannt. Es ist gut, all die Frauen nicht zu vergessen, aber..." Kazel musste einmal durchatmen und sich sammeln. Allein es auszusprechen kostete ihn Kraft und vor allem Selbstbeherrschung, auf diese Weise nicht erneut die Bilder in Erinnerung zu rufen. Die fehlenden Gliedmaßen. Die entfernten Augen. Die Schreie und das Flehen nach dem Ende. Er schauderte und presste die Hände fester in die göttliche Geste hinein. "Manthala, ich bitte dich, lass mich traumlos schlafen. Ich brauche Kraft für den neuen Tag." Und für weitere. Er wollte diese Bilder niemals in seinen Träumen sehen und erleben müssen. Er fürchtete sich, aber zugleich wollte er von einer Göttin nicht zu viel verlangen. Vor allem nicht von der Göttin, die auch für den Handel stand. "Ich weiß nicht, was ich dir anbieten könnte. Vielleicht schickst du mir ein Zeichen." Er senkte die Hände und erhob sich wieder. Halb im Stand stockte er, kniete sich nochmal rasch hin. "D-Danke!" Dann verließ er die Ruhe seines Gebets, um sich weiteren Dingen zu widmen. Darunter fiel auch Essen, aber zuvor schaute er nach den übrigen Verbündeten. Er wollte sichergehen, dass auch sie die gleichen Annehmlichkeiten erhalten konnten, die Zissus, Janay und er nun genossen. Gab es noch leblose Hüllen in Sademos' Anwesen? Es widerstrebte Kazel, ihre Dienste zu nutzen - sie zu benutzen! - aber er sah keine andere Möglichkeit. Wann hatte er das letzte Mal in seinem Leben richtig gekocht? In der Stillen Ebene wurde seine Beute maximal über einem dürftigen Feuer gebraten. Damit konnte er keine mehrköpfige Gruppe versorgen. Wenn es nicht anders ging, würde er Hopp oder die anderen Hybriden bitten. Irgendjemand - hoffentlich nicht Kuralla! - würde schon etwas zu Essen für alle zaubern können. Gesättigt kehrte er dann zu dem auserkorenen Schlafsalon zurück. Die Anweisungen oder eher Empfehlungen an die übrigen Mitglieder seiner kleinen Truppe waren simpel: Ruht euch aus. Seid frei, im Anwesen umher zu gehen. Nur sucht nicht die Kellerräume auf!
Er selbst wagte sich dennoch ein weiteres Mal mit Vranyk und Dry'ol dorthin. Auch das widerstrebte ihm. Er wollte beiden nicht den Anblick zumuten, den er selbst auf sich genommen hatte. Janay und Zissus verbat er, mitzukommen. Beim Pfauenmann war Kazel sich sicher, dass jener auf ihn hören würde. Bei Janay ... nun, er versuchte es. Ohnehin ging er nur bis zu den Kerkern, wo noch immer der fiebrige Dunkelelfenjunge und der Dachs eingesperrt waren. Bei letzterem versuchte Kazel es erneut mit Konversation. Er versuchte, dem Hybriden klar zu machen, dass Sademos Geschichte und er nun frei wäre. Wenn aber nichts Intelligentes mehr in dem Wesen zurückgeblieben war und nur noch tödliche Instinkte ihn trieben, so musste er ihm ein Ende machen. Gemeinsam mit Vranyk und Dry'ol würde es wohl gelingen ... und vielleicht müsste er dann noch einmal das Bad aufsuchen. Die Jungen aber wollte er nach oben und in die Obhut von jemandem bringen lassen, der sich seiner annehmen könnte. Nessaja fiel ihm auf Anhieb ein. Es wäre dann wohl an Kazel, die Tränen zurückzuhalten, sobald er von ihrem Schicksal erfuhr. Das machte es nicht leichter und die Nachricht traf ihn wohl mit Entsetzen. Warum nur hatte er sich nicht eher der alten Schildkröte angenommen? Bestürzt kehrte er endlich in die Schlafgemächer zurück, nachdem er Dry'ol und Vranyk noch den heimlichen Auftrag gegeben hatte, tiefer in die Katakomben vorzudringen, um dortige ... Leichen zu bergen. Die beiden sollten jeden begraben, auch Rasputin. Sofern es ihnen möglich war, natürlich. Wenn sie es nicht könnten, würde Kazel sie nicht zwingen. Dann aber müsste er selbst noch einmal am Folgetag dorthin. Für heute sollte es genug sein.
Er verbrachte die restliche Nacht damit, mit Zissus und Janay im Bett zu liegen. Er ging auf beide ein, verwöhnte sie und kuschelte mit ihnen. Nur auf eine wilde Liebschaft müssten sie verzichten. Dazu war er mental nicht in der Lage. Ihm kreisten zu viele Gedanken durch den Kopf und er wusste noch immer nicht, ob Manthala seine Bitte erhört hatte. Die Furcht vor dem Einschlafen war es dann auch, die ihn bis früh in den Morgen wach hielt.
Heimlich, still und leise schlich er sich aus dem Bett und suchte erneut Zissus' Wintergarten auf. Bei Nacht war der Ort noch beruhigender. Er wirkte kein bisschen unheimlich auf den Elfen, der Jahre in der Wildnis verbracht hatte. Er sehnte sich nach Natur zurück. Morgeria war ihm ein Schatten auf der Seele. So stand Kazel barfuß vor der riesigen Fensterwand des Gartens, spielte mit den Fingern an einigen Pflanzen herum, nur um ihre Blätter zu spüren und starrte auf die bunten Flecken, die das Mondlicht durch die Fenster hindurch warf. Irgendwann würde er schlafen müssen, das wusste er. Aber ganz gleich, ob Manthala ihm holf wäre oder nicht, er hatte bereits zu lange wach gelegen, als dass er vollends erholt in den neuen Morgen starten würde. Und dass an jenem Tag seine Verwandte den Sammler aufsuchen wollte, um ihm Janay wieder zu entreißen, das hatte der Mischling angesicht all der vorherigen Erlebnisse längst vergessen.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Dienstag 28. Juni 2022, 10:20

Auf der einen Seite tat ihr Zissus leid und sie wollte ihn definitiv nicht gehen lassen, denn irgendwie... ja, mochte sie ihn. Auf eine freundschaftliche Weise, die sie sonst so gut wie nie empfunden hatte. Und vielleicht mit dem ein oder anderen an Mehr, in dessen Genuss sie schon gekommen war, ohne jene Zurückhaltung, die sie noch im Zelt dieses komischen Elfs verspürt hatte.
Denn irgendwie war es mit ihm... anders, ohne, dass sie benennen konnte, warum. Dieses Erlebnis zu dritt war wie eine Art Erlaubnis, dass sie unter gewissen Umständen mit ihm Spaß haben durfte, auch außerhalb ihres Berufs.
Die andere Seite indes, die er ihnen gerade zeigte, war für sie wiederum eine Spur zu viel. Sie fühlte sich peinlich berührt von seiner starken Trauer und den vielen Tränen, aber auch unbeholfen, weil sie ihm helfen wollte, jedoch nicht recht wusste, wie sie das anstellen sollte. Also handelte sie instinktiv, griff ebenfalls nach ihm und sagte das Erste, was ihr einfiel.
Dass es genau das Richtige zu sein schien... nun, das ließ sie innerlich aufatmen. Zugleich rührte es allerdings auch an ihren Erinnerungen, die sie tief in sich vergraben hatte, um die Sehnsucht nach der damit verbundenen Person in Schach zu halten. Auch jetzt brach es nicht sofort hervor, ja, war nicht einmal wirklich greifbar für sie und dennoch lauerte es, um sie früher oder später damit heimzusuchen.
Indes drückte sich der Pfauenmann noch mehr an sie beide und auch Janay rutschte eine Spur näher zum Kuscheln. Dabei sah sie, wie er sich über die Augen wischte und bemerkte auch sein Bemühen um ein Lächeln, das sie ihm mit einem auf ihren Lippen vergelten wollte.
Auch das ihre war alles andere als leicht und groß, dafür aber umso echter und wärmer. "Genau, das Kleid!", bekräftigte sie.
Danach aber wurde sie ruhiger, weil er sich dem Mischling zuwandte und mit ihm über Dinge sprach, die sie so nicht nachvollziehen konnte. Ihr war das Herz einmal gebrochen worden und das hatte sie tief in sich eingeschlossen, weil sie allein damit hatte zurecht kommen müssen. Somit fände sie jetzt nicht die richtigen Worte und um nicht zu riskieren, das Falsche zu sagen, zog sie es vor zu schweigen. Denn sie wollte weder Zissus verletzen, noch sich selbst neue Wunden zufügen.
Stattdessen lehnte sie sich an den Dunkelelf, nahm eine seiner langen Haarsträhnen und spielte ein wenig damit, als wäre es das ihre. Dabei hörte sie zwar zu, hielt sich ansonsten lieber raus. Zehn Jahre... das war in ihrer Vorstellung aufgrund ihres Alters noch immer eine lange Zeit. Selbst die vier letzten Jahre, in denen sie herumgereist war, um ihren Körper zu verkaufen, erschien ihr wie eine Ewigkeit.
Wie es nun mit ihr weiter gehen würde? Um das Finanzielle brauchte sie sich dank Kazels Herkunft keine Gedanken mehr zu machen, ja, müsste nicht einmal mehr arbeiten für viele, viele Jahre. Nur... wollte sie das tatsächlich? Nicht allein wegen der möglichen Eintönigkeit, keine Aufgabe zu haben, abgesehen von dem Krümel in ihr, wäre sie absolut abhängig von ihm und seinem Wohlwollen.
Nein, das wäre nichts für sie! Da konnten ihre Gefühle noch so groß für ihn sein, sie hatte ihre Familie verlassen, um selbst Entscheidungen treffen zu können und das wollte sie nicht aufgeben für etwas Instabiles wie die Liebe. Nicht, dass sie erwartete, dass seine Gefühle für sie verblassen würden, jedoch konnte und wollte sie sich nicht darauf verlassen, dass sie ewig vorhanden wären. Dazu kannten sie sich zu wenig... und außerdem lag ihre Herkunft viel zu weit auseinander. Dieses Wissen und diese Unsicherheit würde sie nie wieder ablegen können.
Allerdings könnte sie mit seiner Hilfe die nächste Zeit dazu nutzen, einen anderen Beruf zu erlernen, mit dem sie sich am Ende auch allein würde ernähren können. So, wie sie diese Idee schon bei seiner Tante gehabt hatte.
Bei jener Frau, die sie in wenigen Stunden wieder abholen kommen wollen würde, die sie gnadenlos opfern würde, sobald es ihren Interessen zupass käme... Und Kazel? Wie viel Adel steckte tatsächlich noch in ihm? Selbst Zissus war durch und durch aristokratisch, ganz egal, wie weich er in seinem Inneren sein mochte. Wie könnte sie da einen dauerhaften Platz finden können...?
Während der Pfauenmann mit ihrem Liebsten seine Trauer teilte, taten sich bei ihr somit Fragen und Unsicherheiten auf, mit denen sie sich eigentlich gar nicht befassen wollte. Und doch würde sie es früher oder später tun müssen.
Unwillkürlich fröstelte es sie in ihrem Inneren, als der Mischling den anderen zum Trost enger zog, während sie außen vor blieb. Wobei... sie hatte einen Trumpf, den Zissus ihr rein anatomisch niemals würde wegnehmen können. Ihre Hand wanderte zu ihrem Bauch und innerlich seufzte sie, während sie die Augen schloss und gedanklich den Kopf schüttelte.
Nein, niemals würde sie ihr Kind für ihre eigenen Zwecke missbrauchen wollen, sonst wäre sie nicht besser als ihre Eltern... oder Kazels Tante. Aber vielleicht... vielleicht durfte es sie hoffen lassen, dass dadurch seine Gefühle etwas beständiger bleiben würden, bis sie erneut auf eigenen Beinen zu stehen bereit wäre. Diese und weitere Gedanken wälzte sie und beteiligte sich nur mäßig an dem Gespräch der Männer, sofern sich eines abseits von dem Herzschmerz ergab.
Dass sie indes fröstelte, wurde ihr erst bewusst, als ihr Liebster daran dachte, eine Decke für sie zu organisieren. Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln und zog den Stoff fest um die Schultern, auch wenn es die beunruhigende Kühle in ihrem Inneren nicht vertreiben konnte. Doch wenigstens körperlich würde sie sich hoffentlich nicht verkühlen.
Ihre Knie schmerzten leicht und ihr Körper fühlte sich steif an, als sie nach einer wahren Ewigkeit gemeinsam ins Bad aufbrachen, um endlich den penetranten Gestank los zu werden. Im Gegensatz zum ersten Mal mussten sie sich nun selbst um alles kümmern, wobei sie dank Zissus' Wissen einen Vorteil hatten und somit nicht suchend die ganzen Schränke durchwühlen mussten. Allerdings war ihnen allen nicht recht nach neuen körperlichen Aktivitäten, die über die reine Körperpflege hinaus gingen.
Dass Kazel ihr dabei versprach, dass sie diese Freuden später nachholen würden, ließ sie mit einem Hauch Müdigkeit lächeln, denn in ihrer derzeitigen Laune konnte sie das nicht als Kompliment annehmen oder als Entgegenkommen für ihre Genüsse. Viel eher empfand sie es als vorhersehbar, da Männer in ihrem Leben bislang fast ausschließlich ihre Talente nur in diesem Bereich gesehen hatten. Und je reicher und hochranginger, desto stärker war diese Meinung gewesen. Der Mischling reihte sich also für sie im Moment in diese Reihe ein, ohne, dass es sie ernsthaft gekränkt hätte. Dazu war sie auch viel zu erschöpft von den ganzen Ereignissen und Informationen in diesem Anwesen.
Sauber und halbwegs wohl duftend verließen sie schließlich zu dritt das Bad und gingen zu der Kleidersammlung des ehemaligen Hausherrn. Dass sie darin kein Kleid oder sonst passendes für sich finden würde, war ihr von vornherein klar. Trotzdem nahm sie sich eine Robe heraus und hüllte sich darin ein, um ihre Blöße nicht länger zur Schau zu tragen. Wenngleich sie ihr viel zu lang war, doch im Raffen von Stoff hatte sie ja inzwischen Übung und es war wärmend genug, um damit erst einmal zufrieden zu sein.
Vielleicht könnten sie ja die Besucherin mit dem Auftrag am Morgen wieder wegschicken, etwas angemessenes zum Anziehen zu besorgen? Schließlich war sie für ihren Körpereinsatz hier gelassen worden. Da könnte ein Kleid, vor allem wenn Geld keine Rolle spielte, schon mal schnell kaputt gehen. Den Gedanken erwähnte sie auch gegenüber den Männern, würde es allerdings am Ende Kazel überlassen, ob diese Botschaft weiter geleitet werden würde, sobald die Person anwesend wäre, oder eben nicht.
Danach sonderte sich ihr Liebster von ihnen ab, was sie doch etwas überrascht die Augenbraue heben ließ. Bislang hatte sie ihn noch nicht besonders gläubig erlebt, wobei... sie wusste generell viel zu wenig über ihn!
Sie selbst hingegen empfand kein Bedürfnis zu beten. Viel lieber wollte sie Ruhe finden und die Augen schließen, ohne noch sonst etwas tun zu müssen. Auch auf die Idee zu lauschen kam sie nicht, denn dafür hätte sie sich mehr konzentrieren müssen und das wollte sie gerade nicht. Sie wollte sich einfach treiben lassen, auch wenn sie dadurch Unangenehmes in ihrem Inneren an die Oberfläche dringen lassen könnte.
Also nutzte sie seine Abwesenheit, um in dem Schlafraum, den sie später nutzen würden, sich auf die gepolsterte Fensterbank in der Nische zu setzen und blicklos hinaus zu starren in den Garten hinein. Es war sowieso Nacht, somit konnte sie bis auf dichtere und weniger dunkle Schatten nichts erkennen. Aber das wollte sie auch gar nicht.
So saß sie eine Zeit lang, während es in ihrem Inneren arbeitete und ohne der Kraft, sich um Zissus zu kümmern, der ihr das hoffentlich nicht übel nahm. Aber das brauchte sie einfach jetzt!
Irgendwann fand ein kleiner Korb mit Backwaren den Weg in ihre Nische und sie griff sich davon ein Stück, um daran herum zu kauen. Ob und wie frisch es wäre, fiel ihr nicht auf, und auch nicht, dass sie kaum mehr als ein paar Mausbissen davon nahm. Wirklichen Appetit verspürte sie nicht und ihre Gedanken wie Gefühle nahmen viel zu viel Aufmerksamkeit für sich.
So legte sie nach einiger Zeit das kaum kleiner gewordene Stück zurück, lehnte mit dem Kopf gegen die Fensterscheibe und starrte weiterhin hinaus. Doch so allmählich wurden ihre Lider schwer und irgendwann dämmerte sie in Richtung Schlaf. In diesem Zustand befand sie sich auch, als sie ins Bett gebracht wurde und sich dort an jene Wärmequelle kuschelte, die sich ihr als erstes darbot.

Sie lag in einem kleineren, schlichteren Bett, das sie schon immer nur so kannte. Hier und dort stach eine Feder, wenn man im falschen Winkel auf der Matratze lag. Sobald man auch nur sich ein wenig streckte, knarrte es auch schon. Und wirklich gut riechen tat alles auch nicht mehr. Trotzdem war es für sie stets der schönste und heimeligste Ort im ganzen Haus gewesen, denn ihre wichtigste Wärme- und Trostquelle schlief dort und lud immer zum Kuscheln ein.
Doch dieses Mal war etwas anders. Leises, oftmals unterdrücktes Schniefen ließ sie einfach nicht einschlafen. Jedoch dauerte es, bis sie in ihrem zarten Alter von fünf oder sechs Jahren bei all ihrer Müdigkeit verstand, was da neben ihr passierte.
Müde hob sie ihre Augen und rieb darüber, um dann den Kopf zu heben, ohne sich aus der schönen Umarmung zu lösen. "Was ist los?", nuschelte sie verschlafen.
Ein verhaltenes Schniefen folgte und rasch wurde ihr Gesicht wieder runter geschoben, um nichts sehen zu können. ""Sch, alles gut. Schlaf jetzt! Morgen müssen wir ausgeschlafen sein!", murmelte ihre große Schwester, die ja eigentlich nur ein Jahr älter und somit ebenfalls noch ein Kind war.
Eigentlich wollte Janay das nicht, sondern wollte nachfragen und helfen, aber es war einfach schon zu spät und sie viel zu müde. So schlief sie trotz allem ein...


Die junge Frau schreckte aus dieser geträumten Erinnerung auf, indem sie schlagartig die Augen öffnete. "Arina...", wisperte sie beinahe lautlos und spürte, dass ihre Wange ein wenig nass war. Hatte sie geweint? Sah so aus.
Ob es die Männer bemerkt hatten? Sie sah sich um, Zissus schlief neben ihr und das machte ihr erst bewusst, dass sie in dem Bett lag. Kazel hingegen...
Blinzelnd richtete sie sich ein wenig auf, doch auch hinter dem Pfauenmann konnte sie ihn nicht entdecken. Warum?! Wieso war er um diese Zeit nicht mehr da? War womöglich seine Tante schon gekommen?! Denn durch das Fenster konnte sie erkennen, dass der Morgen zu grauen begonnen hatte.
Das half ihr auch dabei zu entdecken, dass die Tür nicht vollkommen geschlossen war. Nach einem absichernden Blick zu Zissus, schlich auch sie sich aus dem Bett, um ihn nicht zu wecken, und tappste lautlos auf bloßen Sohlen hinaus. Durch die Nähe zum Wintergarten kam ihr die Idee, dort nachzusehen. Wäre er nicht dort, müsste sie erst einmal überlegen, wohin es sie als nächstes verschlagen würde.
Doch die Götter waren ihr gewogen, tatsächlich konnte sie seine schärfer werdende Silhouette erkennen, als sie in den Raum hinein spähte. So leise wie möglich drückte sie sich durch die angelehnte Tür und schlich sich zu ihm hin, nachdem sie ihn einige lange Momente lang beobachtet hatte.
Schließlich erreichte sie ihn und würde ihn von hinten umarmen, sollte er ihr nicht ausweichen, um sich an seinen Rücken zu schmiegen. "Du solltest schlafen.", flüsterte sie.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Freitag 1. Juli 2022, 00:50

Der Anblick des langsam hereinbrechenden Morgens erzeugte eine innere Ruhe bei Kazel. Er beobachtete, wie sich der Verlauf von nächtlichem Blauschwarz lansgsam zu einem Grau ausbreitete. Bald würde das Tageslicht erste gelbe Nuancen hinzufügen, die je nach Tagesform immer stärker ins Orange, Rot und Gold gingen, bis die Sonne sich über Morgeria erhob. Es war irgendwie seltsam, dass ihr Licht auch auf eine so finstere Stadt fiel. Aber es beruhigte Kazel. Der Morgen besaß Routine und brachte die Sicherheit des Alltags zu jeden von ihnen. Die Sonne würde immer über Celcia aufgehen, ganz gleich, welchen Schrecknisse geschahen.
Ein weiteres wollte sich hinzugesellen, aber ohne böse Absicht. Kazel hörte Janays Schritte auf dem kalten Stein nicht. Zu sanft tappten ihre Füße über den Boden, zu grazil war ihre Gestalt. Außerdem hing der Mischlingself seinen Gedanken nach. Es gab noch so viel zu tun. Er lenkte sich ab, indem er seine kostbare Schlafenszeit damit vergeudete, den Himmel durch das zauberhafte Muster der Wintergartenfenster zu beobachten.
Kazel erschreckte sich nicht allzu sehr, als plötzlich Arme sich von beiden Seiten um seinen Körper schlangen. Er spannte sich eher an, bereit sich zu wehren, bis ihm die angenehme Körperwärme in Verbindung mit einem vertrauten Duft bewusst wurden. Seine Muskeln lockerten sich. Er lehnte sich sogar ein wenig gegen Janays weichen Körper, ohne sich zunächst zu ihr umzudrehen.
"Du solltest schlafen."
"Das sollte ich", stimmte er zu. "Ich bekomme kein Auge zu." Das war eine Lüge. Er spürte die Müdigkeit in seinen Gliedern und das Bedürfnis, sich hinzulegen, treiben zu lassen. Er wollte die Steifheit aus seinem Leib heraus bekommen und sich leichter fühlen. Vielleicht steckte hier sogar noch ein wenig Sehnsucht an einen perfekt aufeinander abgestimmten Körper wie den von Sademos in ihm, trotzdem täte es Kazel gut, auf die Signale seines eigenen Körpers zu hören. Dass er sie hörte, war unumstritten! Er ignorierte sie nur und zwar nicht, weil ihm Schlafen unmöglich war. Er hatte Angst zu träumen. Er befürchtete, dass Manthala ihm keine ruhige Nacht gewähren würde, warum auch immer er glaubte, ihren Segen nicht verdient zu haben.
Janay machte es ihm jedoch nicht leichter, sich gegen körperliche Erholung zu wehren. Sie war so weich, so kuschlig warm und sie hielt ihn so liebevoll umschlungen! Er spürte, dass er selbst ganz weich wurde. Seine Hände schoben sich wie von selbst über ihre. Er hielt sie, streichelte ihre Handrücken. Dann drehte er sich endlich in ihrer Umarmung und neigte sich etwas tiefer, um einen Kuss von ihren Lippen zu stehlen. Kurallas Rülpswolke, die Gestank vollkommen neu definiert hatte, war nur noch eine Erinnerung. Janay, Zissus und er hatten alle Register an Badezusätzen genutzt, um ihn zu vertreiben und sich sogar mit einer Kräuterpaste die Zähne geschrubbt. Entsprechend angenehm musste es nun auch für sie beide sein, einander wieder zu küssen. Kazel leckte zärtlich über Janays Lippen. Er mochte ihren Geschmack, aber da war noch etwas Anderes.
Salzig?
Im fahlen Mondlicht, das durch die Fenster des Gartens schien, waren die Tränenspuren auf ihren Wangen kaum zu erkennen. Vielleicht bildete Kazel es sich auch nur ein und nichts deutete mehr auf Tränen hin. Trotzdem spürte er, dass irgendetwas nicht stimmte. Noch ehe er genauer über diese Entdeckung nachdenken konnte, entkam ihm schon eine Frage. Janay war ihm einfach eine zu große Vertrauensperson geworden, so dass er sich in ihrer Nähe dermaßen sicher fühlte, dass er direkt von Herzen sprach.
"Hast du geweint? Ist alles in Ordnung? Ich meine, natürlich ist es das nicht. Wir haben viel erlebt, aber ..." Er schluckte. "Bedrückt dich etwas? Wegen dem, was ich gesagt oder getan habe? Kann ich etwas tun?" Er drückte ihre Hände in wachsender Sorge um sie. Warum Janay eigentlich nicht schlief, kam ihm jetzt nicht mehr in den Sinn, obwohl ihm diese Frage eigentlich auf der Zunge gelegen hatte. Er ärgerte sich einen Moment über sich selbst. Er war so mit seinen Problemen beschäftigt gewesen udn sie beide dann mit Zissus' Trauer, dass er seine Liebste vollkommen vernachlässigt hatte. Was mochte in ihrem Kopf vor sich gehen? Auch sie hatte einiges zu verarbeiten! Zwar wusste sie glücklicherweise immer noch nichts von den Katakomben des Sammlers - wenn es nach Kazel ging, sollte das auch so bleiben - und dennoch war genug passiert, dass es auch sie nicht unberührt hatte lassen können. Allein sein Ausruf, wie sie diesen Mörder nur lieben könnte, musste doch noch in ihrer Erinnerung stecken. Sie ahnte ja nicht, dass die Worte eigentlich an Zissus gerichtet worden waren.
"Janay ... lass mich dir helfen. Ich bin für dich da. Ich liebe dich doch."
Nicht nur der Morgen war etwas, das sich nicht änderte. Auch Kazels Gefühle schienen trotz aller Umstände nicht abebben zu wollen. Hätte er in den Kopf seiner Geliebten schauen können, hätte er ihre Zweifel wohl blitzschnell zerstreut. Er dachte nicht über unterschiedliche Stände nach. Allerdings wusste auch Kazel so wenig von ihr. Dass sie ihren Körper verkaufte und dies auch fortführen wollte, dürfte noch die größte Information sein, die er über Janay hatte. Umso echter waren seine Gefühle für sie, denn sie zeigten sich unvoreingenommen. Sie mussten gegen nichts Negatives ankämpfen, weil er nichts davon kannte. Er kannte nur Janay, so wie sie hier vor ihm stand und so hatte er sich in sie verliebt.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Sonntag 3. Juli 2022, 21:12

Wann hatte sie eigentlich das letzte Mal auf einen Sonnenaufgang gewartet und dessen Farbenspiel auch genießen können? Die junge Frau wusste es nicht zu sagen, denn durch ihre Arbeit war sie meistens froh gewesen, um diese Zeit endlich in Ruhe schlafen zu können. Und davor und danach hatte sie dasselbe getan.
Auch jetzt hatte sie weniger einen Blick für den heller werdenden Himmel hinter der kostbaren Glasscheibe. Ihre Augen richteten sich ausschließlich auf die einsam wirkende Gestalt, die endlich wieder im eigenen Körper steckte.
So lautlos wie möglich schlich sie sich an, um ihn nicht vorzuwarnen und ihm die ernsthafte Chance zu geben, sich ihrem Vorhaben zu entziehen. Dennoch würde sie ihn nicht zu der Umarmung zwingen, als sie vorsichtig ihre Arme an seiner Seite entlang bis vor zu seinem Bauch schob.
Sie spürte, wie er sich versteifte, jedoch nicht sofort ihre Gliedmaßen löste, sodass sie es sogar wagte, sich behutsam mit der Wange an sein Schulterblatt zu lehnen. Wenig später konnte sie bereits fühlen, wie er ihre Geste erwiderte und atmete leise aus. Dass sie die Luft angehalten hatte, war ihr dabei gar nicht bewusst gewesen.
Jetzt indes schloss sie die Augen und wollte diesen kostbaren Moment nur genießen, ehe sie ihn mit ihrer Stimme durchbrach. Seine Erwiderung ließ sie flüchtig schief grinsen. "So laut schnarcht Zissus auch wieder nicht. Und ich habe dir nicht die gesamte Decke geklaut.", neckte sie ihn leise raunend und betont harmlos, als Zeichen, dass sie nichts weiter als seine Nähe wollte.
Wie sehr sie das nach dem aufwühlenden Traum mit den Bildern aus der Vergangenheit brauchte, wollte sie sich nicht wirklich eingestehen. Aber das Bedürfnis nach Halt und harmloser Worte war zu groß, als dass sie darauf jetzt hätte verzichten können. Erst recht, als er es immer mehr zu erwidern begann und sie seine Hände auf den ihren fühlte, seine Wärme und seinen sanften Griff, den sie noch viel zu selten hatte erleben dürfen.
Ohne es zu wollen, drohte die Erinnerung erneut an die Oberfläche zu drängen und ließ ihre Augen hinter den geschlossenen Lidern feucht werden. Noch konnte sich die Träne nicht hindurch drücken, doch viel würde nicht mehr fehlen.
Zuvor allerdings drehte er sich zu ihr um, ohne sich zu befreien, sodass sie instinktiv den Kopf anhob und zu ihm hochsah, wobei das Licht noch zu schlecht war, um dem gewöhnlichen Blick das verstärkte Glänzen zu offenbaren. Sie merkte es lediglich daran, dass sein Antlitz etwas verschwommen wirkte. Jedoch ließ er sie gar nicht zur Flucht kommen, um diesen Umstand zu verbergen, da er sich zu ihr herunter beugte und sie sanft küsste.
Schon senkten sich ihre Lider wieder und sie sank weich in seine Liebkosung. Es fühlte sich gut an und wenn er das Bedürfnis nach mehr hätte, sie würde sich nicht sträuben, obwohl ihr Körper noch längst genug von sexuellen Eskapaden hatte, einfach, um weiterhin so von ihm berührt zu werden.
Als er mit seiner Zunge über ihre Lippen strich, seufzte sie wohlig auf und hätte das noch viel länger genießen wollen. Leider hörte er viel zu rasch damit auf. Nein, schlimmer noch, er stellte eine Frage, die sie innerlich zusammen zucken und rasch den Blick abwenden ließ.
Dann sah sie zurück und trotzdem war der Schaden an ihrer Glaubwürdigkeit angerichtet. Aber sie konnte nicht sofort über ihren Schatten springen, weswegen sie es vorerst noch schlimmer machte. "Nein, ich hab nicht... Ich meine, es ist alles in... Also, was ich sagen will...", druckste sie herum und merkte selbst, dass sie diese instinktive Lüge einfach nicht über die Lippen brachte. Nicht bei dieser wohligen Nähe und nicht bei... Kazel.
Seufzend senkte sie den Blick und lehnte sich mit der Stirn gegen seinen Oberkörper. Ein weiterer Vorteil, dass er endlich wieder in seiner eigenen Gestalt war, war der Umstand, dass er sie nicht mehr um gefühlt mehrere Meter überragte.
Es dauerte einige weitere, lange Sekunden, bis sie mit geschlossenen Lidern bereit zum Sprechen war. "I... ich... ich hatte einen Traum... Nein, eigentlich war es kein Traum, es war eine Erinnerung... an früher...", begann sie stockend und rang mit den Tränen, die auch ihre Stimme zu ersticken drohten. "Ich habe... habe eine Schwester, Arina.", wisperte sie tonlos und schluckte schwer.
Es kostete sie unsagbar viel Mut gerade, diese wenigen Worte auszusprechen. Mehrmals musste sie sich die Lippen befeuchten, ehe sie die Kraft fand, fortzufahren. "Sie ist damals mit mir weggelaufen, aber sie war nicht dafür gemacht. Wir haben uns getrennt umd... und..." Eine Träne lief langsam und einsam ihre Wange hinunter und glitzerte in dem heller werdenden Licht.
"Ich wüsste so gerne, was aus ihr geworden ist... und habe aber auch so viel Angst davor." Ihre Stimme erstarb regelrecht, dafür war deutlich zu hören, wie sie erneut schluckte.
Nun war es geraußen und konnte nie wieder ungesagt sein. Sie hatte sich ihm anvertraut und konnte nur hoffen, dass er sie dafür nicht verspottete, derart rührselig bei jemanden zu sein, der aus Morgeria stammte. Denn auch Familie war schließlich vieles hier, allerdings so gut wie niemals herzlich. Umso mehr war Arina die positive Ausnahme gewesen, die sie so vermisste.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Montag 4. Juli 2022, 12:15

Mit ihrem beiläufigen Scherz entlockte Janay Kazel ein kurzes Auflachen. Wenn es nur ein schnarchender Zissus wäre, der ihn vom Schlafen abhielt, wäre das wunderbar. Dagegen könnte man schließlich etwas unternehmen. Die unterschwellige Angst vor Albträumen jedoch war ein Problem, dessen er sich nicht aktiv annehmen konnte. Wie sollte man Träume von sich fernhalten? Er hatte bereits zu Manthala gebetet, doch ohne ihr einen passenden Handel vorzuschlagen. Ob die Göttin von Nacht und Nebel dann überhaupt auf ihn einging, war fraglich.
Aber auch Janay plagten offenbar Träume. Im Gegensatz zu ihrem Liebsten hatte sie es aber immerhin gewagt, sich ihnen im Schlaf entgegen zu stellen. Kazel wich der Konfrontation lieber damit aus, seinen Körper an die Grenzen zu treiben, indem er auf erholsamen Schlaf verzichtete. Dass es Janay mit ihrem Wagnis allerdings auch nicht besser ging, zeigte sich jetzt. Er hatte sich nicht geirrt. Er hatte das Salz von Tränen geschmeckt und nun, da in seinem Rücken der Himmel gemächlich an Farbe annahm, erkannte er auch das verräterische Schimmern ihrer Augen. Fast erinnerten sie an das Glas der Wintergartenfenster, durch die er die halbe Nacht hindurch beobachtet hatte. Der jetzige Anblick erregte Kazels Sorge und so hakte er nach, was Janay in diesen Zustand der Unglückseligkeit geführt hatte.
Sie zögerte zunächst, doch es zeigte sich, dass auch sie begonnen hatte, ihrem Gegenüber zu vertrauen. Beiden rang dieser Schritt viel ab, aber beide hatten bereits an sich gearbeitet und waren aufeinander zugegangen. Janay tat es erneut, als sie sich Kazel endlich anvertraute. Er lauschte ihren Worten, stand weiterhin in ihrer Umarmung und legte seine Hände schließlich auch um ihre Hüften, noch während sie sprach. Langsam schob er sie an seinen Körper heran, dass sie sich an der Brust anlehnen und bei bedarf das Gesicht verbergen konnte.
Kazel schaute auf sie herab. Müde sah er aus und das schenkte seinem Ausdruck den nötigen Ernst, dieser Offenbarung zu begegnen. "Es muss schön sein, Geschwister zu haben", erwiderte er zunächst. Ein bisschen Neid kam auf, vor allem, weil es sich anhörte, als hätten diese Arina und Janay sich mehr als nah gestanden. Etwas, das Kazel in seinem Leben nicht vergönnt gewesen war. Umso intensiver waren Strafe und Versuch ausgefallen, ihm das sichtbare Erbe eines Mischblütigen vom Körper zu peitschen. Auf seinen Unterarmen richteten sich die Härchen auf. Er konnte den unangenehme Schauer aber unterdrücken. Stattdessen schob er seine Finger in Janays Nacken, um sie dort zu streicheln und die Haarsträhnen sanft zu teilen.
"Was, glaubst du, könnte aus deiner Schwester geworden sein? Ist sie umgekehrt ... hierher zurück nach Morgeria?" Kazel ging ohne weiteres Wissen einfach davon aus, dass Janay ebenfalls aus der Metropole der dunklen Völker stammte und folglich auch ein Heim mit ihrer Schwester hier besessen haben musste. Sie sprach von einer Flucht und dass das Leben unter Verfolgung nichts für Arina gewesen sein. Er schlussfolgerte, dass sie nach Hause, nach Morgeria, zurückgekehrt sein könnte. Natürlich war das alles nur Spekulation, aber Janay würde ihn schon korrigieren, wenn er sich irrte. Wichtiger war ihm die Klärung einer anderen Frage: "Würdest du sie wiedererkennen, wenn sie vor dir stünde? Vielleicht finden wir sie ja. Der Sammler mag Geschichte sein, aber nicht seine Kontakte. Wenn Zissus oder Vranyk helfen, könnten wir unter seinem Deckmantel eine Suchaktion starten, die Arina - sofern sie sich in Morgeria aufhält - hierher beordern lässt. Würdest du das wollen?" Es stand längst fest, dass Kazel alles für Janay tun würde. Er hatte ihr immerhin auch schon einen Antrag gemacht, warum dann nicht auch die verlorene Schwester suchen. Es hing nun alles von ihr ab. Wenn sie sich gegen den Vorschlag sträubte, würde er sie nicht weiter bedrängen. Zumindest nicht vordergründig. Er könnte sicherlich jemanden ausschicken, der nach Arina suchte. Vielleicht würde es Janay schon genügen zu wissen, dass es ihrer Schwester gut ging, ohne dass sie diese treffen müsste. Aber das hing alles von ihr allein ab.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Montag 4. Juli 2022, 16:19

(Andernorts)
Der nächste Tag brach an und ließ die Erinnerungen in der Vergangenheit zurück. Der Pfauenmann erwachte allein in dem großen Bett. Manch einer mochte sich wünschen, dass dies alles nur ein böser Traum gewesen wäre, doch dafür war das Geschehene zu wichtig gewesen. Zissus war die einzige Seele, die sich den Sammler zurück wünschte. Er spürte den Verlust, breitete seine Arme aus und tastete nach den Körpern die ihm Trost gespendet hatten, doch da war nur glatte Seide. Mühselig hoben sich seine Lider und gaben die schillernden grün-blauen Iriden frei. Langsam blinzelnd sah er sich um und sein Blick hefte sich auf den Abdruck neben ihm im Kissen. Die Leere entsprach derer, die er in seinem Herzen fühlte.
„...natürlich sind sie gegangen.“
, hauchten seine Lippen die Tatsache im Missverständnis des Augenblicks aus, eingehüllt im Gefühl der Trostlosigkeit. Seine Hand griff nach der Leere und zerstörte das Bild der Erinnerung. Eine gefühlte Ewigkeit konnte er sich nicht aufraffen sich zu bewegen. Wozu auch. Alles was ihm einen Sinn gegeben hatte war gegangen. Vielleicht sollte er selbst gehen...

Schritte vor der Tür - , es klopfte und Hopp kam nach kurzem Warten ohne Antwort mit einem Tablett balancierend herein. Als sie Zissus nackt und aufgefächert auf dem Bett liegen sah, wie er starr nach oben an die Decke blickte, ließ sie vor Schreck das Tablett fallen.
**SCHEPPER!**
Sie war sofort bei ihm.
„Zissus! Zissus!...“
, schüttelte sie seine ergriffene Hand. Warum war sie so feucht? Mit der anderen Hand griff sie nach seinem Gesicht. Warum war die schwarze Seide seines Kissens so feucht?
„...Zissus?!“

Träge hob sich sein anderer Arm und zog sie über sich. Ihr kleiner Körper folgte. Seine obsidianfarbene Haut schmiegte sich an das weiße Fell ihrer langen Ohren.
„Alles in Ordnung, Hopp. Ich bin noch da. Entschuldige...“
Er streichelte ihren Rücken, während er sie an sich presste.
„Wollte dir keinen Schreck einjagen... Ich ...habe viel geweint... Ich bin... so traurig... so leer.“
Hopp flüsterte an seiner Brust, in deren Tiefe noch immer ein großartiges Herz schlug:
„...mach das nie wieder!... Wir brauchen dich! ...Ich... brauche dich!“
Zissus lächelte traurig, aber er lächelte.
„Wie geht es dem Würmchen?“
Hopp wurde rot.
„Du weist es?“
Zissus nickte langsam und legte seine Handfläche auf ihren unteren Rücken.
„Ich weis, was er getan hat.“
Hopp zitterte.
„Hab keine Angst, ich lass dich nicht allein.“
Die Hybridin hob ihren Kopf ein wenig, ohne ihre Wange von seiner Haut zu lösen. Große schwarze Kulleraugen schauten zu ihm auf.
„Werde ich es verlieren, so wie die anderen?“
Zissus sah sie an und wischte ihr mit dem Daumen eine Träne von der Wange.
„... Ich weis es nicht.“
Dann weinten sie beide noch lange Zeit...



(bei Janay und Kazel im Wintergarten)
So sicher wie alles endete, so begann auch wieder ein neuer Morgen über Morgeria.
Umgeben von blühenden Pflanzen und sanften Düften hielt sich das Paar umschlungen. Gemeinsam konnten sie alles schaffen, selbst wenn da immer wieder Zweifel in ihren Herzen gärten und das Glück vergiften wollten. Sie hatten ein grausames Kapitel ihrer Geschichte überlebt... mehrfach verstorben und auch wieder nicht. Kazel hatte eine neue Chance bekommen und war zum Gesellen des Todes erhoben worden. Janay trug immernoch ihr Kind unterm Herzen, hatte es trotz aller Umstände nicht verloren und durfte sich auf eine Zukunft an Kazels Seite freuen, so wenn sie denn wollte. Ihre Gedanken über Geburtsstand, Adel und Rang verdarben ihr viel, doch nicht den reinen Moment der Zweisamkeit. Kazel ahnte, dass diese Geschichte noch einen Epilog haben würde und sehr bald seine Tante hier erscheinen würde. Es gab noch einiges zu regeln, bevor sie wieder an ihr gemeinsames Leben denken konnten. Da gab es die zurück gebliebenen Seelen dieses Hauses, die nun ohne den Sammler zurecht kommen mussten. Einige würden auch diese Aufgabe meistern, aber gewiss nicht alle. Kazel fühlte sich für sie verantwortlich und man musste sie vor der Außenwelt schützen... nur wie? Konnte man sie von hier fort bringen? Wohin? Oder war es besser sie vor aller Augen hier im Schutz vorn Sademos Namen zu verstecken? Pläne mussten geschmiedet werden.
Das Aufräumen nach einer wie auch immer gearteten Schlacht brauchte auch seine Zeit -
Zeit, die kostbar war.

Das Paar hatte noch Zeit – Zeit für sich, doch sie ging zu Ende. Ein flüchtiger Blick enthüllte, dass zwei Wächter vor den Fenstern des Wintergartens vorbei liefen und die Plätze auf der Mauer mit ihren Kollegen tauschten. Der Tag brach an und damit auch ein neues Kapitel ihres Abenteuers.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Mittwoch 6. Juli 2022, 09:05

Dass sie ihn zum Lachen brachte, entlockte auch ihr ein kurzes, kleines Lächeln. Immerhin, das Kokettieren konnte sie scheinbar noch nach all der Zeit und den Erlebnissen der letzten Stunden. Dennoch war sie nicht in Stimmung, das weiter zu verfolgen. Zu wohl fühlte sie sich in seiner Umarmung und zu sehr hing ihr gleichzeitig die geträumte Erinnerung nach, die die Sehnsucht nach ihrer Schwester geweckt hatte.
Allerdings hatte sie nicht bedacht, dass sie scheinbar stärker geweint hatte im Schlaf, sodass Kazel es merken würde. Sonst hätte sie sich mehr darum bemüht, die Spuren zu beseitigen, denn eigentlich wollte sie ihre Gedanken und Probleme für sich behalten, um keine unnötige Schwäche zu zeigen.
Doch nun war es zu spät und nachdem es ihr, warum auch immer, nicht gelang, glaubhaft zu leugnen, fasste sie sich ein Herz, um ihm ein paar Stichworte zu geben. Für die er sie hoffentlich nicht verdammen würde...
Ihre Sorge schien unberechtigt zu sein, denn er zog sie etwas enger an sich und sie konnte nicht anders, als sich an ihn zu schmiegen. Bereitwillig verbarg sie sein Gesicht an seiner Brust und versuchte auf diese Weise, die Welt um sich herum auszusperren. Was nur bedingt gelang und trotzdem eine wahre Wohltat war.
Bei seiner ersten Erwiderung musste sie widerwillig grinsen und leicht schnauben. "Kommt drauf an. Brüder sind doof.", nuschelte sie in seltener Kindlichkeit und biss sich im nächsten Moment auf die Lippen, während sie sich fester gegen den Stoff seiner Kleidung drückte, damit er auf keinen Fall den Hauch Rot in ihren Wangen erkannte.
Warum nur hatte sie das gesagt?! Vielleicht... vielleicht hatte er es auch gar nicht gehört? Oh, hoffentlich!
Er indes fuhr fort und stellte jene Fragen, die sie selbst so oft zu quälen drohten, wenn sie sich nicht dagegen sträuben konnte. Leise seufzte sie und drehte ihren Kopf, um sich mit der Wange gegen ihn lehnen und blicklos zur Seite starren zu können. "Ich weiß es nicht...", gestand sie flüsternd.
"Sie ist zurück gegangen, ja, das hat sie damals gesagt. Aber... aber ich weiß nicht, ob sie es... überlebt hat... auf die ein oder andere... Art.", fuhr sie fort und schauderte bei der Vorstellung der ersten Begegnung nach der Flucht mit ihren Eltern. Körperlich hätte es Arina vermutlich überstanden, jedoch war es fraglich, wie es um ihr Innerstes bestellt wäre. Es gab viel zu viele Möglichkeiten zur Bestrafung und selbst ein Auszug hinein in eine erzwungene Ehe wäre vieles, aber sicherlich kein Ausweg in dieser Stadt.
Dann folgte Kazels Vorschlag, der ihr Herz schneller klopfen ließ. Natürlich würde sie nichts lieber tun, als ihre Schwester wieder zu sehen, sie zu umarmen und nie wieder los zu lassen! Zugleich hatte sie große Angst davor, wie solch eine Begegnung ausgehen würde. Leicht deutete sie ein Kopfschütteln an. "Nein... nein, ich glaube nicht, dass es gut wäre, wenn ich sie... treffe...", murmelte sie, schluckte schwer und atmete tief durch, um den Mut zu finden, ihn wieder anzusehen. "Ich... weißt du, ich möchte nur wissen, ob... ob sie noch lebt und... ob es ihr... gut geht."
Erneut musste sie schlucken und sah verlegen wieder zu Boden. "Was, wenn sie mich gar nicht mehr sehen will? Wenn sie sich in ihr Leben eingefunden hat und ich sie da nur rausreißen würde... sie an etwas erinnern würde, was sie vielleicht gar nicht mehr haben will?", gestand sie ihre Zweifel und Unsicherheiten.
Und dann fiel ihr noch etwas ein, siedend heiß und so plötzlich, dass sie leicht zusammen zuckte. Oh nein, wenn er tatsächlich herausfinden würde, wo ihre Schwester wäre, würde er auch ihre Herkunft kennen lernen und wissen, aus welch niederen Schicht sie stammte! Nun ja, ihre Familie war zwar gutes Bürgertum gewesen, doch im Vergleich zu der seinen...
Janays Gesicht färbte sich tiefrot und sie schüttelte hastig den Kopf. "Vergiss es, ja? Such nicht nach ihr. Lass... lass uns Vergangenes vergangen sein lassen...", sprach sie hastig und wurde unruhig in seinen Armen.
Denn noch ein beängstigender Gedanke breitete sich in ihr aus. Hatte sie seiner Tante eigentlich ihren Nachnamen verraten? Oder wäre es ihr anhand ihres Vornamens allein möglich, etwas herauszufinden? Hatte sie die Stunden der Nacht für Erkundigungen genutzt oder... war sie noch einmal glimpflich davongekommen?!
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Donnerstag 7. Juli 2022, 07:09

Hätte Kazel auch nur ansatzweise mitbekommen, was derzeit im gemeinsamen Schlafzimmer nicht nur mit Zissus, sondern auch Hopp vor sich ging, er hätte das Bett wohl nie verlassen. Lieber wäre er die ganze Nacht tatenlos liegengeblieben, nur um jetzt für den Pfauenmann und auch die Hasenhybridin da zu sein. Aber er wusste es nicht. Er hatte mit eigenen Gedanken und Ängsten zu kämpfen gehabt und ging natürlich davon aus, dass Zissus nach wie vor schlief. Der Elf konnte es gebrauchen, nachdem er so lang mit leisen Tränen getrauern hatte, bis er endlich einen Weg in Manthalas Reich fand. Für diesen Umstand beneidete Kazel ihn und zugleich war er froh, dass es nicht so weit gekommen war. Janay hatte nicht erlebt, was er gesehen hatte. Sie wusste zum Glück nicht, was er getan hatte. Dennoch war sie von Träumen heimgesucht worden. Es bereitete ihm eine Gänsehaut bei dem Gedanken, was ihm noch bevorstünde, sollte sein Körper nicht mehr die Kraft haben, gegen die Müdigkeit anzukämpfen. Bereits jetzt machte sie sich bemerkbar. Seine Glieder fühlten sich fast so schwer an wie sein Kopf. Er nahm die Welt durch einen seichten Schleier der Benommenheit war, welcher gelegentlich drohte, sich über seinen Verstand zu legen. Bis eben hatte es noch gut funktioniert. Das matte Licht eines neuen Tages, kombiniert mit der frischen Luft, die durch einige der offenen Fenstermosaike in den Wintergarten hinein strömte, reichten aus, um ihn klar und halbwegs wach zu halten. Nun aber fand er sich in der weichen, kuscheligen Umarmung mit Janay wieder. Sie lockte ihn auf ganz unbewusste Weise, sich hinzulegen. Neben ihr, einen Arm um sie geschlungen, den Duft ihres zarten Körpers in seiner Nase, während er langsam in den Schlaf übergleiten würde.
Kazel blinzelte. Er unterdrückte ein Gähnen, auch um gegenüber seiner Liebsten nicht unhöflich zu wirken. Sie schüttete ihm gerade ihr Herz aus, vertraute sich ihm offener an als jemals zuvor. Das durfte er nicht mit einer mutmaßlichen Geste der Langeweile kommentieren! Langweilig war ihm dabei gar nicht. Er konzentrierte sich, um gegen die Müdigkeit anzukommen. Vor den Aufgaben des neuen Tages würde er seinen Kopf unter kaltes Wasser halten müssen. Das half immer, um wenigstens noch ein paar Stunden aufmerksam zu bleiben. Er würde sie brauchen.
Noch konnte Kazel sich aber der Illusion von Frieden hingeben. Niemals war sie so sehr gegeben wie wenn die Welt noch schlief. Morgeria strahlte beinahe eine harmonische Ruhe aus. Man hörte kaum etwas auf den Straßen. Allein die Luft wirkte sauberer, Celcia einen Deut weniger verkommen, nur weil alles so friedlich da lag.
Und irgendwo in dieser düsteren Idylle der Toten Ebene musste Janays Schwester stecken. Arina hatte sich der Flucht nur kurzzeitig angeschlossen. Es war keine Lebensweise für sie gewesen, also hatte sie umgedreht. Wohin hätte man gehen können, wenn man sich nicht fluchtartig in der Toten Ebene verstecken wollte? Kazel wusste es. Er war den gleichen Weg gegangen. Es gab zwei Richtungen: Auf die Berge zu, um jenseits von ihnen ein neues Leben zu beginnen oder zurück in die finstere Stadt, aus der man entkommen war.
Janay und ihm schien die Flucht gelungen zu sein, auch wenn sie sich erneut in Morgeria befanden. Arina hatte einen anderen Pfad gewählt. Er vermutete sie hier. Die Frage war, ob sie noch lebte. Auch Janay stellte diese Überlegung an. Kazel spürte ihre wachsende Unsicherheit. So drückte er sie etwas dichter an sich, streichelte erneut ihren Nacken und küsste einmal den wohl duftenden Scheitelpunkt ihres Schopfes.
Ob Arina Hilfe von einem großen Bruder bekommen hat oder war das nur eine leere Aussage von Janay gewesen? Kazel wollte nicht nachfragen. Vielleicht bei einer anderen Gelegenheit. Jetzt ging es um die Schwester. Sie stand im Vordergrund und der Mischling wollte das Thema zunächst nicht auf noch mehr Verwandte ausweiten. Wenn Arina wirklich zu ihrer Familie zurückgekehrt war, würde man diese zwangsläufig kennen lernen, sollte man sie finden. Und Kazel wollte sie finden. Für Janay wollte er es tun. Wie überrascht er dann doch war, als sie sich dagegen entschied.
"Ich ... weißt du, ich möchte nur wissen, ob ... ob sie noch lebt und ... ob es ihr ... gut geht." Er nickte, antwortete nicht auf die Zweifel, welche in Janay aufkamen. Das lag vor allem daran, dass Kazel sich an dieser Stelle nur schwer in sie hinein denken konnte. Es gab niemanden, der ihn je hatte sehen wollen. Nicht in seiner Familie! Da war er anfangs nichts weiter als ein Schatten im Hause Tenebrée gewesen. Ein vergessenes Kind, weil er zu jung war, um sich am Ränkespiel von Politik und Macht zu beteiligen. Aber es hatte auch Spaß gemacht, unbeachtet geblieben zu sein. Als Kind hatte er viele Freiheiten besessen, seine eigenen Spielplätze auszusuchen. Er hatte gelernt, sich mit sich allein zu beschäftigen. Als er dann älter geworden war, hatte sich zunächst nicht viel geändert. Nur der Spielplatz war verlagert worden, vom Anwesen seiner Familie auf Teile Morgerias. Wahrscheinlich wäre dies noch einige Jahre so weitergegangen, bis man ihn für reif genug befunden hätte, um ihn in den Pfuhl der Macht zu werfen. Dann wären Hochzeitskandidatinnen angekarrt worden und Kazel hätte sich das kleinste Übel unter ihnen ausgesucht, während man ihm - den einzigen Erben seiner Mutter - Attentäter auf den Hals gehetzt hätte, um die Blutlinie der Tenebrées auszudünnen. Vielleicht hätte er in dieser Parallelwelt ansatzweise erfahren, wie es war, wenn andere jemanden sehen wollten. Es wäre nur dem Zweck geschuldet gewesen, aber er hätte Aufmerksamkeit seitens seiner Blutsverwandten erhalten. Sein Mischblut hatte das verhindert. Da hatte man sich plötzlich für sein Äußeres geschämt und einen schlechten Ruf befürchtet, weshalb er weggesperrt und bestraft worden war. Niemand wollte wissen, ob es ihm gut ging.
Kazel dachte nach wie vor nicht daran, dass zumindest seine Tante noch immer Interesse an ihm hatte. Er dachte an Janay. Er schaute sie auf sie herunter.
"Lass ... lass uns Vergangenes vergangen sein lassen..."
"Wenn es das ist, was du möchtest." Er ließ seine Hand von Janays Nacken aus an ihrem Hals entlang nach vorn wandern. Er streichelte ihre Wange, legte die Handfläche schließlich wie eine schützende Mantelung darum. "Schauen wir nach vorn, auf unsere eigene kleine Familie, die sich immer mehr formt. Und lass uns für unsere Kinder da sein." Das war es, was Kazel wollte. Er wünschte sich sein eigenes Schicksal für niemanden. Er wollte seinen Kindern - beiden, links und rechts! - ein guter Vater sein. Er wollte sie mit Liebe überschütten, damit sie niemals Zweifel daran hätten, ob sie erwünscht wären oder nicht. Er wollte es richtig machen. Wenn es dazu nötig wäre, auch Janays Vergangenheit hinter sich zu lassen, so würde er das tun. Obwohl er nicht viel von ihr wusste. Plötzlich fiel ihm etwas ein: "Ich kenne nicht einmal deinen Familiennamen. Aus welchem Haus stammst du?"
Da war er, der Schritt, den sie wohl fürchtete wie keinen anderen. Die ganze Zeit hatte Janay sich um die Klärung dieser Frage perfekt herum winden können. Und nun musste Kazel sie direkt stellen, einfach so. Es gab kein Ausweichen mehr, wenn nun nicht etwas geschah, das beide aus ihrer ruhigen Zweisamkeit heraus riss.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Samstag 9. Juli 2022, 10:10

Auch die junge Frau wäre vermutlich im Bett geblieben, um dem Pfauenmann beizustehen und ihm zu zeigen, dass er nicht allein war. Allerdings hatte sie den Eindruck gehabt, als würde er noch tief schlafen, und sie hatte nach Kazel sehen wollen. Dass sie ihn auch gefunden hatte, war vermutlich mit viel Glück geschehen, denn sie hatte ja nicht einmal mitbekommen, wie sie ins Bett gelangt war.
Letzten Endes schlich sie in den Wintergarten, fand dort ihren Liebsten und suchte seine körperliche Nähe. Doch erst, als er es erwiderte, wurde ihr bewusst, wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, nach dieser Wärme und dem Halt, den sie darin finden konnte. Es war nur äußerst selten in ihrem Leben geschehen und noch seltener hatte sie sich darauf einlassen können und wollen.
Dass er hingegen bemerkte, dass sie geweint hatte, hatte sie eigentlich nicht erreichen wollen. Trotzdem war es nun geschehen und nachdem sie sich nicht glaubhaft herauswinden konnte, gab sie sich einen starken inneren Ruck und vertraute sich ihm an. Im Prinzip war es auch ein wenig ein Ausgleich dafür, dass sie etwas über seine Herkunft herausgefunden hatte.
Er indes musste mit der Müdigkeit kämpfen und gab sich alle Mühen dabei, ihr zu zuhören und nicht das Gefühl zu geben, sie würde ihn langweilen. Das bekam sie nicht einmal mit, weil sie ihr Gesicht so an seiner Brust verbarg. Es war schließlich die eine Sache, über etwas Persönliches zu sprechen, jedoch eine ganz andere, den Zuhörer dabei ansehen zu müssen. So würde sie erst mit seiner Reaktion konfrontiert werden, wenn sie fertig wäre und es nicht mehr zurücknehmen könnte.
Hätte sie im Gegensatz aber gewusst, wie sehr er gegen seine körperlichen Bedürfnisse ankämpfte, hätte sie wahrscheinlich dafür sorgen wollen, dass er damit aufhörte. Er brauchte ebenfalls Schlaf! Doch so wie er konnte sie nicht in seinen Kopf schauen, weswegen sie sich nun mit ihren Sorgen beschäftigten.
Am Ende verlachte er sie nicht für ihre Sentimentalität und ihre Gefühle, sondern nahm das Thema ernst und wirkte sogar so, als wolle er sie trösten, neben der Hilfe, die er in Aussicht stellte. Beinahe war es ihr etwas unangenehm, weil es dermaßen ungewohnt war, dass sie Angst davor hatte, das anzunehmen. So etwas kannte sie nicht wirklich und fürchtete, dass es sich rasch als Trug herausstellen könnte. Und dennoch... es tat so ungemein gut, dass ihr ganz warm wurde!
Zugleich wollte sie nicht zu viel Staub aufwirbeln. Was, wenn Arina, wider Erwarten, ihr Glück gefunden hatte? Oder wenigstens soweit überlebt hatte, dass sie sich mit ihrem neuen Alltag abgefunden hatte? Da würde sie nur stören, Erinnerungen und sonstige Gefühle wecken, wenn sie so plötzlich auftauchte oder dafür sorgte, dass sie hier ihrer Schwester begegnete. Oder sie könnte ihr eigenes Bild von dem ein Jahr älteren Mädchen zerstören, das sich früher statt der Mutter um sie gekümmert hatte.
Es gab so viele und noch mehr Risiken, dass sie viel zu viel Angst vor einer Begegnung hatte. Aber wissen, dass ihre Schwester noch lebte... und keine Hilfe benötigte, das wäre ihr durchaus ein Anliegen. Ob sie die andere überhaupt in Morgeria finden könnte? Sie wusste ja nicht einmal, wo sie hingegangen war damals, vor vier Jahren, als sie sich getrennt hatten!
Was, wenn sie gar nicht hierher zurück gekehrt wäre? Wohin hätte sie sich sonst wenden können... und das Ziel auch erreicht? Sie konnte schließlich nicht ganz Celcia absuchen!
Entmutigt wollte sie das gesamte Thema lieber beenden. Seine Reaktion ließ sie anfangs innerlich aufatmen und dann leicht erschauen, als er sie so zärtlich streichelte.
Nachdem sich seine Hand auf ihre Wange gelegt hatte, konnte sie endlich wieder in sein Gesicht sehen und schenkte ihm, unbewusst, ein kleines, verlegenes Lächeln. Das sich zu einem feinen, leicht spöttischen Grinsen wandelte und auch ihre Augenbraue hob sich etwas an. "Langsam, langsam!", versuchte sie ihn zu bremsen und war zugleich amüsiert über diesen, in ihren Augen niedlich-kindlichen, Eifer. "Erst einmal kümmern wir uns um dieses eine Kind, das in mir wachsen soll.", neckte sie ihn und ahnte ja nichts von dem, was Kazel längst erfahren hatte.
Zugleich wärmte es sie wieder, wie positiv und engagiert er über eine gemeinsame Zeit sprach. Ganz so, als würde er sie nicht sofort fallen lassen wollen, weil er tatsächlich etwas mehr für sie empfand.
Dann jedoch stürzte er sie in die Bedrouille, vor der sie sich die ganze Zeit über so gefürchtet hatte. Sie biss sich auf die Unterlippe und spürte, wie ihre Wangen zu brennen begannen. Rasch sah sie weg und wand sich in seiner Umarmung. "Ach, mein Name...", murmelte sie und schüttelte leicht den Kopf.
"Ach der... der ist nicht... nicht wichtig... Mein... mein... meine Familie ist nicht sehr groß...", nuschelte sie und wusste dabei ehrlicherweise nicht, ob sie damit die Wahrheit sagte oder nicht. Sie war mit ihren Eltern und zwei Geschwistern aufgewachsen, über sonstige Verwandte aus der Vergangenheit... oder inzwischen geborene wusste sie tatsächlich nichts.
Ihr war nur klar, dass sie aus der mittleren Schicht stammte, weit unter seinem Stand war und ihm niemals ebenbürtig werden könnte. Und sobald er das erfahren würde...
Sie schluckte schwer und schüttelte erneut den Kopf. "Es ist ja auch nicht wichtig, nicht wahr? Wir wollen ja beide nicht..." Laut und vernehmlich mischte sich ihr Magen in ihre Ausflüchte ein und machte deutlich, dass er nach Füllung verlangte. In der Nacht hatte sie ja kaum etwas zu sich genommen, sodass sich der Hunger jetzt umso stärker meldete.
Ein kleines Grinsen auf den Lippen zwang sie sich dazu, ihn wieder direkt anzusehen. Rasch nahm sie seine Hände in die ihren und startete ihr willkommenes Ablenkungsmanöver. "Komm, es ist Zeit fürs Frühstück, oder? Solange wir das noch ungestört tun können." Damit wollte sie an ihm ziehen und somit weg vom Ort der Fragerunde weg führen, ohne zu wissen, wo sie eigentlich dieses Essbare herbekommen könnte. Vor ihrem Einschlafen hatte sie sich schließlich nicht wirklich daran beteiligt.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Montag 11. Juli 2022, 07:39

Es lag Kazel schon auf den Lippen. Es brannte auf seiner Zunge und unter seinen Fingernägeln, dieses Bedürfnis, Janay die große Neuigkeiten zu erzählen. Normalerweise passierten derlei Ereignisse umgekehrt. Üblicherweise war es dir werdende Mutter, die von ihren Umständen berichtete. Jetzt wollte Kazel nicht nur ihre Schwangerschaft bestätigen, sondern ihr auch noch mitteilen, dass ihr Glück gleich doppelt von Manthala gesegnet worden war. Was ließ ihn also zögern?
Er schaute in ihr Gesicht, erkannte die leichte Belustigung über seine Worte darin und dennoch das Strahlen. Sie wirkte ... erleichtert? Geborgen? Sicher? So ganz wusste er ihre Miene nicht zu deuten. Vielleicht interpretierte er sie auch vollkommen falsch, doch irgendetwas darin hinderte ihn, es ihr zu sagen.
Oder es liegt daran, dass du die Information von einem dämonischen Wurm hast, für den Lug und Trug zum Überleben gehört. Er nickte den Gedanken ab. Daran lag es wohl. Nur weil sein einstiger Untermieter Behauptungen aufstellte, musste er sich nicht darauf versteifen. Wenn sie sich als weitere Lüge entpuppten, wäre die Enttäuschung groß und sowohl er als auch Janay freuten sich auf den Nachwuchs. Kazel entschied sich um.
"Möchtest du mehr als ein Kind haben?", fragte er stattdessen, hielt es allgemein. Er stellte sich in seiner Frage nicht einmal als den möglichen Vater dar. Das minderte aber nicht sein Interesse. Ob Janay wirklich eine Familie haben wollte, stand für ihn schließlich auch noch in den Sternen. "Ich ... hab uns ja mehr oder weniger in diese Position hineingedrängt. Aber ich freue mich darauf, Vater zu sein." Zweifel kamen hier ausnahmsweise einmal nicht auf. Kazel war überzeugt, dass er nicht so handeln würde wie seine Eltern - wie beide! Sein Vater hatte sich versklaven lassen und niemals für die Freiheit und das Recht seines Sohnes gekämpft. Kazel hielt es ihm nicht vor. Er war bereits vor seiner Geburt ein gebrochener Mann gewesen. Der Mischling wusste nur, dass er für sein Kind - seine Kinder - da sein wollte. Für sie würde er immer kämpfen und ebenso für ihre Mutter.
Sein Blick wanderte erneut über Janays Züge. Er merkte gar nicht, dass er fast jedes Mal mit einem Lächeln reagierte, wenn er sie anschauen durfte. Viel zu sehr hing sein Herz bereits an ihr. So wollte er möglichst viel von ihr erfahren, damit er auch alles richtig anstellte. Janay war nicht seine erste Beziehung, aber die erste, mit der er sich eine langfristige Existenz vorstellen konnte. Bei Shantih damals war es Schwärmerei gewesen, der erste Kuss, die erste Liebe ... sein erster Mord an jemanden, für den er Gefühle besaß. Obgleich es ein Unfall war, übernahm er im Stillen doch noch immer die Verantwortung für ihren unglücklichen Tod. Niemals hatte er den Gevatter nach ihr gefragt und würde es auch nicht mehr tun. Jetzt nicht mehr, da er mit Janay so glücklich war. Sie hatte Recht. Vergangenes sollte man versuchen hinter sich zu lassen. Dennoch wollte er zumindest die Chance seiner derzeitigen Beziehungen nutzen, herauszufinden, ob es Arina auch gut erging. Das würde leichter sein, wenn er den Familiennamen kannte. Es wäre ein Anfang, um die Spur der verlorenen Schwester aufzunehmen. So fragte Kazel recht arglos, ohne weiteren Hintergedanken. Janays Reaktion überraschte ihn.
Warum weicht sie der Frage aus? Er runzelte die Stirn auf ihr Gestammel hin. Wer ist sie? Ein unterschwelliger Zweifel suchte sich einen Weg ans Licht. Er brachte düstere Gedanken mit sich, in denen Janay log und ihn betrog wie sein Dämonenwurm es getan hatte. Aber was bezweckte sie damit? Wollte sie sich einen Vorteil verschaffen? Nein, das passte nicht so ganz! Sicherlich, sie wusste nun, dass er ein Tenebrée war und seine Familie offenbar in den Jahren seiner Abwesenheit und durch den Tod seiner Mutter einige neue Strippen hatte ziehen können. Wichtige Strippen, welche nah an die Fäden des dunklen Herrschers reichten und sich mit ihnen verflechten wollten. Allerdings hatte Kazel von Janay niemals den Eindruck gewonnen, dass sie einen solchen Weg anstrebte, zumindest nicht in Morgeria. Außerdem hatte sie ihn bereits verführt und war ihm sogar in Leonidenreich und weiter gefolgt, ohne von seiner Familie zu wissen. Sie liebte ihn. Es passte nicht, dass sie ihn hinter's Licht führen wollte.
"Es ist nicht wichtig", bestätigte er. "Nicht für uns. Mich kümmert die Herkunft nicht und ich ... hoffe, dich stört es auch nicht, da du jetzt weißt, aus welchem Haus ich ursprünglich stamme. Aber es würde bei der Suche nach Arina helfen. Ob du sie dann letztendlich aufsuchst, wenn wir wissen, wo sie steckt und wie es ihr geht, überlasse ich dir. Aber ich möchte dir einfach die Möglichkeit einer Entscheidung geben und dafür bräuchte ich zumindest einen Anhaltspunkt." Es kümmerte ihn nicht, ob sie ihn belog und aus welchem Grund, auch wenn Kazel Letzteres dann gern erfahren hätte. Was machte er falsch, dass sie nicht ehrlich mit ihm sein konnte? Dass sie seinen Fragen auswich? Umso ehrlicher wollte er ihr gegenüber sein, obgleich auch er an gewisser Stelle ... nein, er log nicht. Er verschwieg nur einige Dinge. Was in den Kellerkatakomben vor sich gegangen war, sollte Janay niemals erfahren. Er tat es, um sie zu schützen.
Ob sie deshalb eine Antwort meidet? Will sie mich vor der Wahrheit bewahren?
Seine Gedanken kreisten, ohne dass Kazel sie richtig zu fassen bekam. Er schob es auf den Schlafmangel und beschloss, nicht weiter darauf einzugehen. Man konnte Dinge auch zerdenken und dafür war er zu müde. Hungrig nicht, aber Janay knurrte ganz eindeutig der Magen. Er schmunzelte sacht. "Ein Frühstück klingt gut. Du musst ordentlich essen." Er behielt einen Arm um sie gelegt und beide machten sich auf den Weg hinaus aus dem Wintergarten. Kazel hatte mehr Gelegenheit erhalten, um zumindest zu wissen, wie er an eine Mahlzeit herankommen würde. Wo Sademos' Speisezimmer lag, hatte er noch nicht ergründen können, aber er würde ein Frühstüc organisieren. Vielleicht im Bett? Er hatte Zissus nicht vergessen.
"Du willst ungestört sein? Ich dachte, wir wecken Zissus. Es wird ihm ebenfalls gut tun, etwas zu essen. Wir sollten ihn nicht allein lassen, solange er es nicht ausdrücklich möchte." Kazel wusste nicht, was hier das Beste für den Pfauenmann wäre. Das hing von dessen Persönlichkeit ab. Jeder verarbeitete Verlust auf andere Art und Weise. Der Mischling stellte fest, dass er seine Gefühle bislang mit aller Gewalt ignoriert und verdrängt hatte. Über all die Verluste in seinem Leben dachte er nicht nach, sondern stürzte sich in Aufgaben, um sich den Emotionen nicht stellen zu müssen. Außer als Janay gestorben war - mehrere Male. Das riss ihm immer den Boden unter den Füßen weg und hinterließ eine einsame Leere in ihm. Wenn Zissus auch nur ansatzweise so fühlte, würde er Nähe brauchen. "Lass uns mit ihm zusammen frühstücken. Später sollten wir uns dann mit den Hybriden absprechen und uns um die unangenehmen Dinge kümmern, die noch vor mir liegen." Nach wie vor kam ihm seine Tante nicht in den Sinn. Natürlich war der Gedanke an sie noch immer vorhanden, aber angesichts all der Dinge, die Kazel bevorstanden, hatte er vergessen, dass Starle heute wieder hier aufschlagen wollte. Das mochte an seinem Zeitgefühl liegen. Die vielen Sprünge ins Reich des Gevatters und die unzähligen Ereignisse, die alle in nur einer Nacht unter seinem Dach geschehen waren, kamen ihm wie eine Ewigkeit vor. Da verlor man den Blick für die Realität gern einmal aus den Augen. Er konzentrierte sich nun eher auf die Frage, wie sie den Kristall in Sademos' Salon endlich zerstören könnten und welche seiner unheimlichen Artefakte man vernichten oder fortschaffen müsste, um Celcia vor dem Untergang zu bewahren. Außerdem wollte er einen Statusbericht über die Sklaven und Hybriden im Haushalt erfahren, sowie wer von ihnen bleiben und wer Morgeria so schnell wie möglich verlassen wollte. Sie durftne nicht überstürzt handeln, allerdings wollte er keine einzige Seele im Stich lassen, die gerettet werden könnte.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Montag 11. Juli 2022, 09:27

Das Paar erlebte nach der aufreibenden Nacht einen fast stillen Morgen. Kein Wunder, den über die Hälfte der Wachen und viele der Dienerschaft waren heute Nacht gestorben.... und mehr.
Der Hausherr war gleich zwei mal gestorben, einmal sein Geist und einmal sein Körper. Es blieb immernoch viel zu tun, aber eine kleine Pause zum Luft holen hatten sie sich verdient. Das derzeitige Problem war nur, dass das Atmen in den Gängen langsam nicht ganz so angenehm wurde. Der Geruch von Blut und Tod lag überall in der Luft. Noch immer lagen Leichen herum und niemand hatte den Befehl gegeben aufzuräumen. Was sollten sie auch mit den ganzen Leichen machen? Wie schaffte man so viele Körper unauffällig weg, ohne dass die Stadt davon Wind bekam.
Sie hatten sich gerade von den letzten Ereignissen so knapp erholt, da drohte schon das nächste Problem sich anzukündigen. -
Natürlich kamen sie an einigen toten Körpern vorbei auf ihrem Weg zur Küche. Das Schlafzimmer hatten sie leer vorgefunden, als sie nach Zissus sehen wollten, aber fanden ihn dafür mit einigen anderen Personen zusammen in der Küche, wo Hopp ihn mehr oder weniger nötigte, etwas zu essen. Schlange stand am Herd und kochte, während er sich leise mit Kodiak über die Zutaten für ein perfektes Omelett stritt. Vor der Küche auf dem Flur waren sie Dry'ol begegnet, der meinte:
„Diese stinkende Frau muss auf dem Haus.“
Sein Bruder hingegen:
„Jemand sollte ihr zumindest ein Frühstück bringen.“
Zissus sah auf, als Kazel und Janay den Raum betraten. Die Lidränder seine Augen waren stark gerötet und auch sonst wirkte er etwas eingefallen. Als ihn Kazels Blick traf und er darunter leicht zusammen zuckte wurde deutlich, dass der Verlust noch sehr nah unter der Oberfläche lauerte. In Anwesenheit der anderen nahm sich Zissus zusammen, aber der Anblick des Sturmadlers reichte um die Fassade bröckeln zu lassen. Die nächsten Stunden und Tage würden zeigen, ob ein Zusammensein mit ihm, Zissus eher half die Trauer zu bewältigen, oder ob sie ihn nur immer wieder daran erinnerte, was er verloren hatte. Jeder ging anders mit Verlust um.
„Hey Cheffe, hol mir mal die Pilze.“
Schlange hielt Kazel einen Korb leeren Korb in und deutete auf eine Tür.
„Da hinten ist das Lager. Uns fehlen ein paar Leute, da muss sich jeder nützlich machen.“
Das Gewusel in der Küche wirkte seltsam belebend und fast normal, ganz im Gegensatz zu dem Anblick, den man sonst im Haus gewann. Kodiak zog gerade mit einer kleinen Verbeugung für Janay einen Stuhl zurück, was sehr höflich wirkte und stellte ihr dann grinsend ein Brett, Messer und frische Kräuter zum klein schnippeln hin. Hopp kniete auf ihren Unterschenkeln neben Zissus auf der Bank und legte ihm bei jedem Löffel Porridge eine kleine Blaubeere oben auf. Ab und an schob sie sich selbst so eine Frucht in den Mund, was ihre Lippen schon leicht violett verfärbt hatte. Im Grunde wirkte alles recht anheimelnd und vertraut. Die beiden Dunkelelfen an der Tür hielten sich anscheinend nur zurück, weil sie halt in noch nicht all zu fernen Zeiten für viel Leid verantwortlich gewesen waren. Jetzt einen freien Bärenhybrideden in der Küche werkeln zu sehen, war wohl etwas gewöhnungsbedürftig. Aber bisher fand man keine bösen Blicke oder Rachegelüste in den Gesichtern. Der Sammler war tot und eine Art 'Patt-Situation' herrschte. Keiner wollte an das Vergangene denken. Man lenkte sich ab, aß und kümmerte sich um andere.
Nach einer Weile der stillen Zusammenkunft, meinte dann Zissus zwischen zwei Löffeln:
„Wir müssen die ...die Spuren beseitigten.“
Alles hielt inne. Die Stille im Raum war fast unerträglich. Dann sprach er endlich weiter:
„Jemand... ich kann das nicht! … Jemand anders muss ein Grab ausheben... Ich weis wo. Das Gewächshaus, wo wir... Ich... ich muss... ihn begraben.“
Er kämpft mit jedem Wort. Hopp legte ihm eine Hand auf seinen Unterarm und sprach für ihn weiter:
„Wir kümmern uns darum, Zissus. Ich bleibe bei dir, wenn du das möchtest.“
Er sah sie an und nickte dann langsam.
„Ja...“
Kodiak nickte ebenfalls und schien damit sich selbst für das Grabausheben einzuteilen. Schlange nahm schnell die Pfanne von der Feuerstelle und rettete das Frühstück. Er war es dann, der vorschlug:
„Wir anderen kümmern uns um den Rest.“
Der Bärenwandler meinte noch brummend:
„Ich komme dann später euch helfen.“
Er nahm sich noch ein halbes Brot, riss es in der Mitte auf und schaufelte etwas von dem Omelett hinein. Dann verließ er brummend die Küche. Kaum war er draußen, erschien einer der Wächter vom Haupttor und sah sich in der Runde um:
„Wo ist der Herr? Eine Dame Tenebrée verlangt ihn zu sehen.“
...und überall lagen noch Leichen herum. Nun ja, nicht überall. Es gab Bereiche, die Kazel auf seinem Amoklauf nicht besucht hatte. Zissus sah Kazel und Janay fragend an, dann übernahm er einfach, da er sich am besten auskannte und befahl dem Wächter:
„Bringt sie über den westlichen Seiteneingang hinauf in den Ballsaal.“
Der Wächter nickte knapp und verschwand. Zissus wandte sich an Hopp:
„Kannst du ihr etwas zu trinken servieren, während Kazel und Janay sich vorbereiten?“
Auch sie nickte und hopste von der Bank neben ihm. Ein kleines Lächeln zweigte, dass sie glücklich war. Zissus schien Ablenkung gut zu tun und das freute sie. Der Pfauenmann sah das Paar an.
„Ihr werdet euch mit ihr auseinander setzen müssen. Sie nicht herein zu lassen würde noch mehr Fragen aufwerfen, als uns gerade gut tun würde. Sie paktiert mit dem Herrscherhaus. Binnen kürzester Zeit würden Ermittler hier auftauchen. ...Ich... ich könnte so tun, als ob ich ...*schluck* den Sammler vertrete, aber besser wäre es, ihr fändet eine andere Lösung. Der Ballsaal ist im Westflügel und ihr könntet behaupten ihn ihr für eine bevorstehende Hochzeit ihr zeigen zu wollen.“
Zissus wusste ja nichts von dem unerwiderten Antrag seitens Kazel an Janay, als er dies vorschlug. Setzte er sich damit in ein Fettnäpfchen? Allerdings hatte ja Starle Janay mit Sademos verheiraten und so ein Bündnis der Häuser anstreben wollen. Lies sich das vielleicht nutzen? Aber als erstes musste Kazel entscheiden, ob er seiner Tante begegnen oder Zissus vorschicken und auf Zeit spielen wollte.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Donnerstag 14. Juli 2022, 13:49

Im Gegensatz zu ihm ahnte sie nicht im Geringsten, wie viel Glück... oder auch nicht da in ihrem Bauch heranwachsen sollte. Überhaupt merkte sie noch nichts von ihrer Schwangerschaft und wüsste auch noch nichts davon, wenn nicht feine Leonidennasen es ihr verraten hätten. Woher also hätte sie wissen sollen, dass da mehr als ein Kind leben wollte?
Sofern ihr Körper es lange genug versorgen könnte... Diese Angst war schließlich noch immer in ihr nach dem, was sie schon einmal hatte erleben müssen.
Im Moment jedoch machte sie sich bei weitem um ganz anderes Gedanken, vor allem um jemand anderes. Trotzdem kam das Thema kurz auf zwischen ihnen und seine Reaktion ließ ihr ganz warm ums Herz werden, auch wenn es sie zugleich amüsierte.
Seine Frage indes ließ sie kurz blinzeln. Dann färbten sich ihre Wangen leicht und sie biss sich verlegen auf die Unterlippe, um daraufhin mit den Schultern zu zucken. "Darüber hab ich noch nie nachgedacht.", gestand sie ehrlich.
Wie und wann denn auch? Ihr Leben war im Prinzip bislang nicht dafür geeignet gewesen. Von all den Schwierigkeiten, die ihr rund um die Geburt bevorstehen könnten, ganz zu schweigen! Und dennoch... sie wäre nicht ganz abgeneigt, schließlich würde sie ihrem Kind auch so eine Geschwisterliebe wünschen, wie sie und Arina sie stets gehabt hatten. Doch nicht jetzt, dafür war es noch viel zu früh.
Seine nächste Bemerkung indes sorgte dafür, dass ihr Tränen der Rührung in die Augen stiegen. Wie anders war Kazels Verhalten zu jenem Pelgarer damals!
Als Dank und Ausdruck ihrer Zuneigung schmiegte sie sich enger an ihn. "Dann stell dich auf viele schlaflose Nächte ein!", neckte sie ihn, da sie von anderen Frauen wusste, wie wenig diese zur Ruhe kamen nach der Geburt. Das wäre bei ihr sicherlich nicht anders, doch sie könnte es ja versuchen, diese Aufgabe ein wenig auf ihn zu übertragen. Soweit das eben möglich wäre!
Wären sie bloß bei diesem Thema und ihrer gemeinsamen Zukunft geblieben! Stattdessen erzählte sie ihm von ihrer Schwester und er kam auf jenen Gedanken, vor dem sie sich so sehr gefürchtet hatte. Bislang hatte er sich für sie interessiert, ja, ihr sogar einen Antrag gemacht, ohne viel von ihr zu wissen! Wie unwichtig, wie unbedeutend würde sie werden, sobald er von ihrer Herkunft erführe?
Sie hatte es schon mehrfach angedeutet, immer dann, wenn die Angst zu groß geworden war, und sich sicherlich bereits öfter daneben benommen, ohne es zu merken. In seinen Kreisen waren Familienbande und deren Bedeutung alles! Wie sollte sie, aus der einfachen Bürgerschicht, da mithalten können?
Instinktiv versuchte sie, ihm auszuweichen, ohne ihn zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Er gab allerdings nicht auf und brachte sie damit in die Bedrouille. Auf der einen Seite war da ihre Sorge vor seiner Ablehnung, sobald er es wusste und wie er darauf reagieren würde. Auf der anderen jedoch war da auch ihr Wunsch nach Wissen über ihre Schwester und die Hoffnung, ihr etwas Gutes tun zu können, sollte sie überhaupt noch leben... und in der Nähe sein. Und seine Argumente waren nicht ganz von der Hand zu weisen.
Janay begann an ihrer Unterlippe zu kauen und zu überlegen, was sie tun sollte. Daraufhin allerdings mischte sich ihr eigener Körper ein und machte mit einem lauten Grummeln deutlich, was sein Begehr war.
Seine Reaktion sorgte dafür, dass sich ihre Augenbraue leicht anhob, wenngleich sie ebenfalls ein wenig schmunzeln musste. "Komm mir jetzt aber nicht damit, dass ich für zwei essen soll! Ich will am Ende nicht zu sehr rollen!", frotzelte sie ihn und schmiegte sich noch einmal an ihn, ehe sie sich in Richtung Ausgang führen ließ.
Dabei machte er einen Vorschlag, der sie innehalten ließ. Lautlos seufzte sie und wäre die Trauer des Pfauenmannes nicht derart tief und ergreifend gewesen, sie hätte den Wunsch nach Zweisamkeit mit dem Mischling nicht hinuntergeschluckt, um stattdessen zustimmend zu nicken. Im selben Moment fasste sie aber auch einen Entschluss und setzte ihn in die Tat um, noch ehe Zweifel sie zurück halten konnten.
Sie griff nach seiner Hand und hielt ihn noch kurz zurück, ruckelte leicht an ihm, damit er sie ansah. Erst, wenn er das tun würde, würde sie selbst den Blick senken und beinahe lautlos nuscheln:"Maclyn." Mehr sagte sie nicht, während sich ihre Wangen knallrot färbten und sie ein Stoßgebet zu den Göttern sandte, dass er sie nun deswegen nicht verstoßen würde. Oder spätestens dann, wenn er erführe, aus welchem Umfeld sie stammte.
Daraufhin folgte sie ihm mit weichen Knien und hoffte, dass sich alles zum Guten wenden und sie ihre Offenbarung nicht bereuen würde. Sobald sie jedoch den ersten, toten Körper auf ihrem Weg sah, musste sie schwer schlucken und klammerte sich fester an ihn, sofern er sie nicht wegstoßen würde. In der Nacht hatte sie die Spuren, auf die sie und Zissus gestoßen waren, kaum geachtet, ja, sie regelrecht ignoriert. Jetzt aber...
Ihr wurde schlecht und der Gedanke an Frühstück verging ihr wieder. Selbst, als sie in der Küche ankamen und die ganzen Gerüche nach frischem Essen an ihre Nase drangen, hatte sie ihren Appetit noch nicht wieder gefunden. Wobei sie auch noch gar nicht dazu kommen würde, sich den Bauch vollzuschlagen, wie sich gleich zeigen würde.
Sie nickte dem Bärenmann, der ihr allein schon mit seiner Erscheinung ein wenig Angst einjagen konnte, dankbar zu, als er ihr mit dem Stuhl half. Doch statt eines Tellers oder einer Schüssel, die sie hätte ablehnen wollen, bekam sie ein Brett mit Messer und Grünzeug vorgsetzt, das sie schneiden sollte. "Äh...?", machte sie etwas irritiert und nach einem Moment schob sie alles mit einem kleinen, unsicheren Grinsen von sich.
"Ich fürchte, das ist keine gute Idee.", gestand sie und nutzte unbewusst weiterhin Lerium, anstatt das allgemeine Celcianisch. Die junge Frau war noch nie gerne in der Küche gewesen, wenn es nicht ums Essen gegangen war, und als begabt in den Aufgaben darin konnte man im Vergleich zu ihr eher einen Stein nennen!
Da war sie sich nicht sonderlich sicher, ob das Sinn machte, dass sie sich ans Schneiden setzte. Im besten Falle wäre das Ergebnis zu grob und erst in Stunden fertig, da sie vor allem darauf achten müsste, sich nicht aus Versehen zu verletzen. Ob die anderen das gelten lassen würden? Oder sollte sie es trotzdem tun? Gäbe es womöglich etwas anderes, das mehr im Bereich des Möglichen für sie lag? Janay wusste es nicht und musste es auf sich zukommen lassen.
Bis dann der Pfauenmann aussprach, was ihnen wohl allen irgendwie im Kopf herum spukte. Sofort musste sie an die wenigen Leichen denken, die sie auf dem Weg hierher hatte sehen müssen, und sie spürte, wie sie grau im Gesicht wurde. Ihr Magen verkrampfte sich und sie wusste, dass sie dafür definitiv nicht infrage käme!
Das Thema war noch nicht einmal wirklich verklungen, als sich schon das nächste Problem ankündigte. Kazels Tante! Die junge Frau zuckte leicht zusammen und überließ es anderen, die Entscheidungen zu treffen. Obwohl sie sich nicht ganz verkneifen konnte zu murmeln:"Ich dachte, wir lassen sie ein neues Kleid für mich holen, um Zeit zu schinden."
Ob es einer der anderen hörte? Elfenohren waren empfindlich und dennoch legte sie es gerade nicht darauf an. Viel zu unsicher fühlte sie sich noch immer wegen des Geständnisses ihres Familiennamens gegenüber Kazel.
Unsicher sah sie zu ihm hin und würde es ebenfalls ihm überlassen, wie sie nun weiter vorgehen würden. Sofern er sie noch an seiner Seite haben wollte...
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Freitag 15. Juli 2022, 10:58

Kazel entschied sich dagegen, Janay von seinem Geheimnis bezüglich der Kinderzahl zu erzählen. Sie hatte noch nicht einmal über das Elterndasein nachgedacht - ebenso wenig wie er bisher! - und er wollte sie nicht damit überfallen, dass es einen doppelten Segen für sie beide geben könnte. Dass sie sich über ihr Schicksal freuten, stand außer Frage, wenngleich sie es beide wohl noch mehr verinnerlichen mussten. Kazel sah es da durch eine viel zu rosarote Brille. Er wusste im Grunde auch nur, was er seinen Nachkommen alles nicht zumuten wollte. Das allein würde ihn im Herzen zumindest zu einem guten Vater machen. Die Umsetzung sähe noch etwas anders aus. Vor allem aber drehten sich seine Gedanken noch lange nicht um Schlafmangel, volle Babyhöschen, noch mehr Schlafmangel, Geschrei, noch viel mehr Schlafmangel und die Tatsache, dass er in seinem jetzigen Zustand noch von einer erholsamen Nacht sprechen würde. Meistens war es aber ohnehin so, dass Männer sich etwas aus der Verantwortung ziehen konnten. Sie waren schließlich nicht in der Lage, die eigenen Kinder an die Brust zu nehmen und konnten so nur bedingt aushelfen. Es würde sich noch zeigen, welchen Weg ihr gemeinsames Leben nähme. Dass Kazel es auf jeden Fall zusammen mit Janay fortführen wollte, stand außer Frage. Immerhin hatte er ihr bereits einen Antrag gemacht!
Sie sorgte sich, dass dieses Luftschloss wie eine Seifenblase platzen könnte, sobald ihr Liebster von ihrer Herkunft erfuhr und so druckste sie um die Beantwortung seiner Frage herum. Ihr Magen schritt als Retter in der Not ein. Eine Mahlzeit für die Schwangere zu finden rückte in den Vordergrund und so machte Kazel sich mit Janay an der Hand auf den Weg Richtung Küche.
Noch immer lagen die Leichen in den Gängen. Es roch bereits jetzt nach Tod, sobald sie aber zu faulen begännen, würde man selbst von außen den Gestank nicht mehr ignorieren können. Dennoch blickte der Mischling nicht mit Abscheu auf seine Tat nieder, als sie weitere der toten Leiber passierten. Es war der einzig richtige Weg gewesen. Er hätte diese seelenlosen Hüllen nicht so zurücklassen können. Jetzt könnte der Gevatter sich um sie kümmern.
Nein. Noch nicht. Erst müssen wir noch irgendwie den Krista-
Seine Gedanken zersprangen wie Glas, als Janay an seiner Hand zog. Er blickte über die Schulter hinweg zurück zu ihr, fragend. Und dann schaute er sie im Stand eine ganze Weile lang an. Ihre Antwort, dieses einzelne Wort, musste von ihm erst einmal verarbeitet werden. Langsam sickerte die Klarheit in seinen Verstand.
Maclyn.
Kazel blinzelte. Dann nickte er sacht und drückte die Hand der Namensträgerin. Ohne einen Kommentar über ihren Familiennamen zu verlieren ging er weiter. In seinem Kopf kreisten die Gedanken auch nicht allzu lang über den Namen. Er kannte kein Haus Maclyn, also war es im Laufe der dunkelelfischen Geschichte entweder bereits ausgelöscht worden oder aber nicht auf der Ebene seiner eigenen Familie, so dass er es gar nicht kennen konnte. Ersteres schloss Kazel nicht vollends aus. Janay und ihre Schwester Arina schienen aus Morgeria geflohen zu sein, wobei die andere letztendich wohl umkehrte. Grund dafür konnte auch ein Attentat auf die gesamte Familie gewesen sein und beide Schwestern sahen nur in der Flucht Rettung vor irgendeinem Feindbild, das ihre gesamte Blutlinie auslöschen wollte. Demnach wäre Janay mehr als in Gefahr, wenn ihr Name in der Öffentlichkeit fiel. Kazel entschied, dies zu vermeiden, nur für den Fall.
Die andere Möglichkeit war, dass sie aus einfacheren Verhältnissen stammte als er selbst. Das wäre leicht. Dann wäre sie in Morgeria sicherer, wenn niemand von ihr Notiz nähme. Und das war auch alles, worüber der Mischlng sinnierte. Der Unterschied ihrer Herkunft war nicht einen Moment lang Teil seiner Überlegungen. Was Janay in ihrer Furcht nämlich übersah, war auch seine Herkunft. Er mochte ein Tenebrée sein, aber Kazel war ein Mischblut wie sie. Er war kein bisschen angesehen im eigenen Heim, andernfalls hätten sie ihn keiner mehrere Monate anhaltenden Tortur unterzogen. Er sah sich selbst nicht als Teil der Tenebrées und eher als Ausgestoßener der Familie. Er war nicht mehr wert als Janay selbst, vielleicht sogar noch weniger. Aber es kümmerte ihn auch nicht, denn Kazel hatte nicht vor, wieder ein angesehner Part der Familie zu werden. Wenn es nach ihm ginge, wollte er so schnell wie nur möglich Morgeria und allen Dunkelelfen darin den Rücken kehren.
Ohne eine ordentliche Stärkung konnte man das aber nicht angehen. Außerdem wollte er wissen, wie es den übrigen Gefährten so ging, allen voran Zissus. Ihn fanden Janay und er zusammen mit den anderen in der Küche vor. Das Bild, das er bot, versetzte Kazel einen Stich. Sein Zustand war sein Werk. Dennoch wusste er, dass es so hatte enden müssen. Sademos war endgültig tot. So musste es bleiben. Jetzt konnte er nur für den Pfau da sein, um ihn diese Zeit überstehen zu lassen, aber Zissus schaffte es nicht einmal Kazel anzusehen.
Noch ehe Kazel ihn überhaupt begrüßen konnte, wurde er von Dr'yol und Vranyk aufgehalten. Mit der stinkenden Frau, die der brachialere Bruder unbedingt aus dem Haus haben wollte, konnte er nur Kuralla meinen. Kazel nickte beiden zu und fragte Vranyk: "Würdest du ihr ein Frühstück bringen und für mich nach ihrem Zustand schauen? Wenn sie keine ... dämonischen Auffälligkeiten zeigt, kann sie gehen. Firlefitz macht sich bestimmt schon Sorgen um sie." Und Kazel wusste, wo die Goblin-Oma wohnte. Er könnte sie aufsuchen, falls er ihre Hilfe noch brauchte. Hoffentlich beging er hier bezüglich des verschlungenen Haraxwurmes keinen Fehler.
Das war erledigt. Zeit, sich Zissus zu widmen und ...
"Hey, Cheffe, hol mir mal die Pilze." Kazel blinzelte erneut, dieses Mal in Schlanges Richtung. Schon drückte jener ihm einen Korb in die Hände, so dass er Janay loslassen musste. Sie wurde aber ohnehin gerade von Kodiak in manierlicher Weise auf einen Stuhl gesetzt. "Da hinten ist das Lager. Uns fehlen ein paar Leute, da muss sich jeder nützlich machen."
Er nickte. Dennoch reichte er den Korb an Janay weiter, da diese sich mit dem Schneiden von Kräutern unsicher fühlte. Pilze holen könnte jeder. Er würde mit ihr einfach tauschen. Mit Messern wusste Kazel schließlich ganz gut umzugehen. Während er also - im Stehen - die grünen Stängel hackte und die kleinen Blätter von ihnen trennte, meinte er in die Runde: "Ich bin niemandes Anführer. Wir sind alle gleich gestellt mit gleichen Rechten für alle." Er sah die Hybriden nacheinander an. Es war ihm wichtig, dass die das verinnerlichten. Es würde keine Sklavschaft mehr unter Sademos' Dach geben! Obwohl er sich selbst aber nicht als Anführer der Gruppe sah, erkundigte er sich doch pflichtbewusst nach Informationen, die eine solche Position haben musste: "Sind noch mehr am Leben, außer unserer Gruppe. Jemand muss ihnen mitteilen, dass sie nun genauso frei sind wie jeder von uns hier. Wer so schnell wie möglich Morgeria verlassen will, müssen wir auch in Erfahrung bringen. Alle, die noch etwas bleiben wollen, sollen so gut sie können im Haus mithelfen. Wir müssen die Toten begraben." Sein Blick fiel auf Zissus, der bereits jene Bitte für den Sammler geäußert hatte. Kazel nickte. "Er bekommt ein Grab wie alle anderen auch, aber ich möchte ihn verbrennen. Auf diese Weise kann sich kein Dämon mehr seiner bemächtigen." Es war eine Ausrede, die Zissus beruhigen sollte. Insgeheim erhoffte Kazel sich vor allem die Sicherheit, dass ein Haufen Asche nie wieder Celcia in so große Gefahr bringen und anderem Leben so viel Leid antun könnte. Kurz blitzten die Bilder aus den Katakomben vor seinem inneren Auge und er schnitt sich in den Finger. Zischend legte er das Messer beiseite, um sich die kleine Wundstelle in den Mund zu stecken.
Anschließend wurde gefrühstückt. Kazel aß nicht allzu viel. Sein Hunger hielt sich in Grenzen. Schlaf war es, wonach sein Körper sich sehnte, aber dafür war nun keine Zeit. Er würde sich nicht hinlegen zum Ruhen, während die anderen um ihn herum bereits die Aufgaben verteilten. Sie alle waren bereit, anzupacken. "Ich danke euch", sagte er zwischendurch einfach in die Runde hinein. Trotzdem meinte er es ernst. Ohne die Hybriden käme er kaum einen Schritt weit und es gab noch so viel zu tun!
Als sie sich alle ein wenig gestärkt hatten und die ersten aufbruchbereit waren, tauchte plötzlich ein Gerüsteter in der Tür auf. Es war ein Wächter, dem Sademos offensichtlich nicht die Seele geraubt hatte. Er brachte eine Hiobsbotschaft, die Kazel erstarren ließ.
"Wo ist der Herr? Eine Dame Tenebrée verlangt, ihn zu sehen."
Der Mischling hatte seine Tante vollkommen vergessen und jetzt stand sie vor den Toren. Die Information brach wie ein kalter Prasselregen über ihn herein. Das sorgte wenigstens dafür, dass Kazel für den Moment hellwach war. Trotzdem war er ob der Nachricht ein wenig blass um die Nase geworden. Zissus, der im Grunde alles Recht darauf hatte sich zurückzunehmen, übernahm die Organisation. Eilig wies er den Wächter an, Tante Starle in den Ballsaal bringen zu lassen. Das würde ihnen etwas Zeit verschaffen, doch wie sollte es nun weitergehen?
Zissus warnte: "Ihr werde euch mit ihr auseinandersetzen müssen. Sie nicht herein zu lassen, würde noch mehr Fragen aufwerden als uns gerade gut tun würde. Sie paktiert mit dem Herrscherhaus. Binnen kürzester Zeit würden Ermittler hier auftauchen ..."
Er schlug anschließend vor, sie in Empfang zu nehmen und mit einer Ausrede etwas hinzuhalten. Auch Janay beteiligte sich. Sie warf die Idee ein, Starle mit der Beschaffung eines Kleides zu beauftragen, das die mutmaßliche Braut des Sademos tragen sollte. Kazel schwieg über den Austausch von Ideen hinweg eine Weile. Nicht, weil er keine hatte, sondern weil sein müder Kopf die Informationen noch immer verarbeiten musste, während er gleichzeitig versuchte, eine Lösung zu finden.
Plötzlich erhob er sich. Ob wirklich Stille eintrat, nahm er nicht so ganz wahr. Es fühlte sich zusammen mit seinem Aufstehen so an, als sank auch die Geräuschkulisse zurück auf ihren Platz. Vielleicht schwebte sein Kopf auch gerade über allem, was ein Geräusch verursachte. Er konnte später schlafen, schalt er sich im Stillen. Jetzt war keine Zeit mehr dafür. Sein Blick wanderte zu Zissus herüber. Er zwang sich ihm quasi auf. Der andere Elf musste ihn ansehen!
"Ich lass dich das nicht machen", sagte Kazel. "Du kannst mitkommen, wenn du magst, aber ich liefere dich ihr nicht aus. Du trauerst." Seine Augen suchten den Raum nach Janay ab. "Das gilt auch für dich. Wenn du mitkommen möchtest, gäbe mir das Sicherheit. Aber ich lass dich nicht zurück zu ihr. Niemals." Er klang mehr als entschlossen. Gerade hatten sie einen übermächtigen Feind überwunden und mehr gerettet als Kazel es sich überhaupt ausmalen könnte. Auch mit der Spur aus Leichen in den Gängen, all den gepeinigten Seelen in den Gemäuern, fühlte es sich doch nach einem Schritt nach vorn an. Sie hatten etwas Gutes erreicht. Es lief ... gut. Das würde er sich von Starle nicht zerstören lassen!
Er löste sich vom Tisch. "Ich rede mit ihr. Und dann ..." Töte ich sie. Ich mache dem Hause Tenebrée ein Ende. Ich befreie mich endgültig von der Altlast meiner Vergangenheit. Er schluckte und wusste zugleich, dass er nicht so weit gehen konnte. Wenn sein Haus so eng mit dem des dunklen Herrschers in Verbindung stand, würde man ihn ob einer solchen Tat auch über Morgeria hinaus verfolgen. Er brächte nicht nur sich damit in unnötige Gefahr. Er nähme Janay auch die Möglichkeit, ihre Schwester zu finden. Er nähme Zissus die Zeit, um seinen Verlust zu trauern. Er nähme den Hybriden die Chance, sicher von hier zu entkommen.
Kazel schüttelte den Kopf. Er durfte nicht so blind handeln wie bisher. Er hatte sich entwickelt. Dann musste er auch besonnene Entscheidungen treffen. "ich stelle mich ihr. Ich werde mit ihr reden. Alles andere ergibt sich dann." Ihm war schlecht. Er hätte nichts essen und letzte Nacht schlafen sollen. Seine Tante, ausgerechnet jetzt. Das konnte nicht gut ausgehen.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Samstag 16. Juli 2022, 09:52

Maclyn...
Ein Name er nichts bedeutete und doch so viel!
Nichts – weil er in der Heraldik Morgerias keinen Platz hatte und
ALLES – weil dieses kleine Wort Vertrauen bedeutete. Vertrauen, das Janay endlich Kazel schenkte, mit Glitzerpapier und Schleife drum herum!

Leider endete, bzw. wurde die 'Entspannungszeit' jäh unterbrochen, als der Wächter von der Ankunft Starles berichtete. Nun konnten sie maximal eine viertel Stunde warten lassen. Alles andere wäre ein Affront gegen das Haus Tenebrée gewesen. Es musste also schnell eine Entscheidung her. Zissus bot trotz seiner Trauer, oder vielleicht gerade deswegen, einen Ausweg an, den Kazel jedoch ablehnte. Und das war gut so, denn in den schillernden Iriden stand Dankbarkeit, als sich Kazel dem Problem selbst stellen wollte. Und nicht nur dort fand der Sturmadler diesen Gesichtsausdruck. Hopp sah ihn ebenso an und hätte vielleicht sogar protestiert, wenn die Entscheidung anders ausgefallen wäre, allein um Zissus zu schützen. Dieser war wirklich noch nicht wieder in Höchstform und starrte dann auf das Omelett vor sich. So verführerisch der Duft auch sein mochte, genau wie seinem neuen Freund, stand das Essen ihm wohl ein wenig 'vorm Magen'. Bei Kazel war es die Müdigkeit, bei Zissus die Trauer und bei Janay der vergangene Appetit beim Anblick der Leichen. Darum mussten sie sich auch noch kümmern, aber dankbarer Weise übernahmen das andere.
Nur als Kazel vorschlug, die Leiche von Sademos zu verbrennen, da zuckte Zissus kurz und eine Falte bildete sich auf seiner Stirn.
„Nein.“
, lautete die schlichte Antwort und wenn Kazel den 'Cheffe' nun doch annehmen wollen würde, so musste er sich gegen Zissus Wunsch stellen.
„Ich kümmer mich um seine... Überreste. Niemand sonst soll ihn jetzt noch berühren. Er wird in seiner heimatlichen Erde ruhen.“
Kazels Sorge, dass sich dieser Leib noch einmal erheben könnte, stand gegen Zissus Willen seinen Herrn die letzte Ehre zu erweisen.
„Sadmos wird nicht mit allen anderen zusammen begraben!“
Ihn zusammen mit seinen ihn nun hassenden 'Spielzeugen' in ein Loch zu werfen, war ein Gedanke, den Zissus nicht ertrug. Er war vielleicht der einzige, der hier so dachte, also war er auch der einzige, der ihn beerdigen durfte. Er war zu gut ...um nach seinem Tod nun auch noch seine sterblichen Überreste nicht standesgemäß zu behandeln. Zissus stand auf bevor das Frühstück beendet war und wenn ihn niemand aufhielt, würde er tun was seiner Meinung nach richtig war. Und Kazel? - Sein Wunsch nach Verbrennung stand dem entgegen, doch wer könnte sich sicherer sein als ER, dass der Sammler nun endgültig tot war!?! Der Gevatter würde niemals zulassen, dass sich diese Geschichte wiederholte! Dafür hatte er seinen Gesellen nach Morgeria gesandt! Kazel hatte gesiegt, hatte seine Aufgabe erfüllt und doch hallten natürlich die Geschehnisse in ihm nach. Sorgen waren natürlich und angemessen, doch hier stand ihm eine trauernde Seele gegenüber, die diesen letzten Akt der Liebe für einen sauberen Abschluss brauchte. Zissus sah ihn noch einmal kurz über die Schulter an und ging dann. Hopp folgte ihm wie ein Schatten.
Dann hatte Kazel ganz andere Probleme!
Starle wartete im Ballsaal, von dem er nicht mal genau wusste, wo dieser war. Vranyk war mit einem Teller Ei losgezogen um Kuralla zu füttern und so war nur noch Dry'ol hier, der das Haus kannte. Die anderen Hybriden hatten zwar ab und an zur Belustigung der Gäste des Sammlers wohl gewisse Bereiche besucht, aber erkundeten auch gerade erst das Anwesen. So würde wohl der ehemalige Foltermeister sie begleiten müssen... was in Anbetracht zu Kazels Vorgeschichte mit seiner Verwandtschaft schon fast prophetisch anmutete. Starle hatte zwar nie selbst Hand an ihn gelegt, nur zugesehen, wie seine Mutter ihm das Fleisch von den Knochen peitschte, aber sie hatte ihm auch nie geholfen. Kazel wusste, dass sie in ihrem Innern eiskalt war. Sie war wie ein lauernder Hund gewesen, doch was ihre Ziele waren, war nie klar gewesen. Jetzt, Jahre später, nach dem Tod seiner Eltern und neuen Banden zum Herrscherhaus, war klar, dass sie immer nur drauf gewartet hatte die Stellung ihrer Schwester einzunehmen. Irgendwie hatte sie sich anscheinend zum Oberhaupt der Familie aufgeschwungen... oder gab es noch andere Verwandte???
Um diese Frage zu beantworten musste sich Kazel mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen – und mit Starle.
Genauso wie Janay sich vor ihrem Familiennamen fürchtete. Doch hier lauerte vielleicht auch noch ein Geheimnis umwobener Weg. Sie wusste nicht, was aus ihrer Schwester Arina geworden war, aus ihren Eltern, oder aus ihrem Bruder Václav. Das alles lag im Schatten. Janay war heute eine erwachsene Frau, hatte sich sehr verändert durch ihre Erfahrungen und das Leben und sicher hatten sich auch ihre Geschwister verändert. Manchmal veränderten sich Wesen so sehr, dass man sie kaum noch wieder erkannte. Vielleicht lebten sie auch nicht mehr. Es lag an Janay, ob sie Licht in dieses Dunkel bringen wollte oder nicht, jetzt da sie schon mal in Morgeria waren. Wie wichtig war es für sie zu erfahren, was aus ihnen geworden war. Und wenn es ihr nicht gefiel was sie fand?
Doch das alles waren Fragen die sie nicht laut stellte, sondern tief in sich verborgen hielt. Bis auf ihren Namen, den sie nun Kazel verraten hatte. Damit hatte sie ihm einen Teil Macht über sich gegeben und das Vertrauen, dass damit einher ging.

Was also nun tun?
Begleitete Janay Kazel zu dem Treffen mit seiner Vergangenheit? Es war anzunehmen. Er klang mehr als entschlossen. Gerade hatten sie einen übermächtigen Feind überwunden und mehr gerettet als Kazel es sich überhaupt ausmalen könnte. Auch mit der Spur aus Leichen in den Gängen, all den gepeinigten Seelen in den Gemäuern, fühlte es sich doch nach einem Schritt nach vorn an. Sie hatten etwas Gutes erreicht. Kazel löste sich vom Tisch.
"Ich rede mit ihr. Und dann ..."
Er schluckte und schüttelte den Kopf.
"Ich stelle mich ihr. Ich werde mit ihr reden. Alles andere ergibt sich dann."
Ihm war schlecht. Unter seinem Brustbein brannte es sauer. Er hätte nichts essen und letzte Nacht schlafen sollen. Seine Tante, ausgerechnet jetzt. Der Stress ließ seine Hände zittern. Das hier war fast schlimmer, als jeden Tod, den er gebracht hatte, denn das hier war --- persönlich!
Mit flauem Gefühl, zitternden Gliedmaßen, brennendem Magen und unguten Gedanken – aber voller Entschlossenheit machten sie sich auf den Weg zum Westflügel.

Dry'ol stellte sich als angenehm ruhig heraus. Er führte Janay und Kazel schweigend durch die Gänge des Hauses und nahm sogar einmal eine Abkürzung durch eine geheime Tür hinter einem Wandteppich. Durch schmale Dienstbotengänge in den dicken Wänden, wo man nur hintereinander laufen konnte, gelangten sie in einen zum Ballsaal benachbarten kleineren Raum, der einem kleinem Lager glich. Bestimmt 50 Stühle waren hier übereinander gestapelt und Tische lehnten auf die Seite gestellt an den Wänden. In Seidenpapier eingeschlagene Tischtücher aus schwarzem Damast ruhten in Regalen zwischen silbernen Leuchtern und blutroten Kerzen. Der Sammler hatte also alles da um rauschende Feste zu feiern.
Dry'ol deutete auf die schmale hohe Doppeltür, wo man nach Bedarf das Mobiliar hinein und hinaus tragen konnte und fragte mit gedämpfter Stimme:
„Soll ich mit rein kommen? So als... Leibwächter?“
So richtig wusste er anscheinend mit seiner neue gewonnenen Freiheit noch nicht umzugehen.
Drei gegen eine Starle. Das könnte knapp für sie werden... für die drei – denn Starle hatte die geballte Macht Kazels schlimmer Kindheitserfahrungen auf ihrer Seite, die ihn immer mehr in die Knie zwingen wollten. Sie war ohne es zu wissen, einfach im Vorteil. Diesen musste er ihr nehmen. Sie durfte keine Macht über ihn haben! Er musste die Bilder aus seinem Kopf verbannen... irgendwie. Und plötzlich war es ausgerechnet der Foltermeister, der eine Lösung anbot:
„Hier... nimm das und leg es an.“
Der brachial und grausam aussehende Mann reichte Kazel eine kleine schmale Klinge, die er von seinem Unterarm los band und Kazel genauso an seinem unter der Robe des Sammlers verbergen konnte. Allein das Gefühl nicht wehrlos zu sein, ließ sofort den Magensäurespiegel etwas sinken. Ob Kazel sie benutzte oder nicht, sie gab ihm etwas Selbstbewusstsein zurück.
„Und wenn du willst, dann bring ich sie um. Ich hab damit kein Problem.“
Dry'ol zwinkerte Kazel düster zu. Dies war sein ganz eigener Humor und doch vollkommen ernst gemeint. Der Folterer dachte nicht an Spätfolgen.
„Es sind schon ganz andere in diesen Mauern für immer verschwunden.“
, sprach er ihnen auf seine eigene Art Mut zu. Dann stellte er sich an die Tür, bereit sie zu öffnen. Waren sie soweit? War Kazel soweit seiner Tante gegenüber zu treten? Janay bekam nun die Möglichkeit an seiner Seite zu glänzen und ihre Idee mit dem Kleid vielleicht selbst vorzutragen. Noch hatten sie ein paar Minuten um sich ggf. abzusprechen. Dry'ol wartete nur auf das: 'Los!'.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Dienstag 19. Juli 2022, 13:46

Ja, auch die junge Frau musste sich noch viel mit ihrem körperlichen Zustand beschäftigen und sich darauf einstellen, welch große Veränderung ihres Lebens da bevorstehen sollte. Doch dafür hatte sie noch viele Wochen Zeit und es gab vor allem ein großes Hindernis: ihre Angst vor dem Verlust.
Auf der einen Seite wollte sie Kazel so schnell nicht verlieren, dazu hatte er schon zu viel Platz in ihrem Herzen eingenommen. Dennoch fürchtete sie sich vor seiner Ablehnung wegen ihrer Herkunft, ihrer Vergangenheit... und einfach wegen allem, da sie noch nie das Glück hatte erleben dürfen, aufrichtig und ohne Hintergedanken geliebt zu werden, abgesehen von ihrer Schwester. Die sie eben auch nicht mehr an ihrer Seite hatte...
Doch viel größer war ihre Angst davor, wie damals in Pelgar diese Leibesfrucht zu verlieren und kein Leben schenken zu können. Dagegen war sie machtlos, denn dieses Erlebnis hatte sie geprägt, und erst mit der Zeit, mit den dahinziehenden Tagen würde sie an Sicherheit gewinnen können.
Und zu guter Letzt war da auch noch die Furcht vor der Geburt mit all ihren Schmerzen und Gefahren. Aber mit dieser würde sie sich frühestens kurz vor der Niederkunft auseinander setzen und wollte lieber gar nicht so viel im Vorfeld darüber wissen. Es würde so oder so qualvoll genug werden...
Ohnehin war die Gegenwart ausreichend, um ihre Konzentration zu fesseln und obwohl sie große Angst davor hatte, gab sie sich letzten Endes einen Ruck. Ohne Kazel direkt anzusehen und gerade einmal so leise wie ein Hauch verriet sie ihm ihren Nachnamen, ehe der Moment endgültig vorüber war.
Wie würde er darauf reagieren? Würde er sie sofort verstoßen? Einen bangen Atemzug lang, den sie auch anhielt, harrte sie darauf. Anfangs geschah... nichts. Sie spürte lediglich seinen Blick auf ihr ruhen und wie ihr immer elender zumute wurde, während sich die Sekunden zu wahren Ewigkeiten dehnten.
Schon musste sie gegen verräterische Tränen ankämpfen, in der Annahme, dass nun endgültig alles zwischen ihnen vorbei wäre. Wie gut, dass sie sowieso bereits auf den Boden starrte! Alles in ihr begann durcheinander zu wirbeln und drängte zeitgleich an die Oberfläche, wollte beschwichtigen, dass sie ihn nur hatte prüfen wollen und dieser Name lediglich ein Scherz gewesen wäre. Oder dass er endlich etwas sagen und es hinter sich bringen sollte, sie zu verstoßen. Egal, nur irgendetwas anderes als dieses elendige Schweigen!
Jedoch waren es zu viele Möglichkeiten, Wünsche und Sorgen auf einmal, sodass sie selbst noch nicht soweit war, eine Reaktion einzuforden, als diese bereits von alleine kam. Er... drückte ihre Hand? Nein, mehr noch, er ließ sie nicht los, als er sich wieder in Bewegung setzte.
Janay folgte ihm, sah auf seinen Hinterkopf und rang die Tränen nieder, um dann den Blick erneut zu senken, als müsse sie aufpassen, wohin sie trat. Bis zu einem gewissen Maße stimmte das ja auch, wenn man außer Acht ließ, dass der Mischling sie ja führte und schon nicht zulassen würde, dass sie einer der Leichen zu nahe käme.
Was er jetzt wohl von ihr dachte? War ihm schon bewusst, mit welch unbedeutender Person er sich eingelassen hatte? Oder maß er ihrem Vertrauensbeweis zu wenig Bedeutung bei, sodass er sich bereits mit ganz anderem beschäftigte? Jetzt, wo er wusste, dass sie im Vergleich zu seiner Herkunft nichts aufzuweisen hatte? Nichts, außer dem wachsenden Leben in ihrem Bauch, zu dem auch er beigetragen hatte...
Ebenso wie ihr Liebster wälzte sie ihre Gedanken, bis sie zur Küche gelangten und dort einige Personen antrafen. Die sie auch prompt zur Arbeit einteilten. Was vermutlich auch gut wäre, um die junge Frau von ihrem Innenleben abzulenken und dazu zu bringen, nicht zu tief darin zu versinken. Das Problem war nur... sie war noch nie gut im Kochen, ganz gleich bei welchem Arbeitsschritt, gewesen!
Ja, mehr noch, sie hatte in ihrem Elternhaus das Verbot bekommen, jemals wieder in der Küche mitzuhelfen, nachdem sie Václav einmal unabsichtlich beinahe ein Fingerglied abgeschnitten hätte. Oh, was hatte das damals für hässliche Stunden gegeben, als ihr dieses Missgeschick passiert war! Nein, sie wollte lieber nicht an dieser Erinnerung rühren.
Ob ihr Bruder eigentlich dafür gesorgt hatte, dass es Arina nicht zu schlecht ergehen würde...? Und was war wohl aus ihm geworden?
Janay blinzelte leicht und zwang sich, endlich in die Wirklichkeit zurück zu kehren, als ihr ein Stuhl angeboten wurde, auf den sie sich auch setzte, ehe sie ihren Einwand erheben konnte. Prompt griff Kazel ein und bot ihr einen Ausweg, sodass sie ihm den Korb abnahm.
Unsicher sah sie einen Moment lang zu ihm, suchte seinen Blick und ein Zeichen, irgendeines, dafür, dass er sich emotional noch nicht von ihr abgewandt hatte, bevor sie sich um das Gewünschte kümmerte. Was sollte sie noch mal holen?
Ach ja, irgendein Gemüse, irgendwas mit P... P wie... wie... Paprika? Nein, das war es nicht gewesen.
Die junge Frau begann, auf ihrer Unterlippe herum zu nagen, während sie sich im Lager umsah und auf einen Geistesblitz hoffte. Pastinaken? Nein, zu lang. Petersilie? Nein, dafür bräuchte sie keinen derartigen Korb. War das nicht eigentich ein Gewürz? Nein, nein, nein, das war etwas anderes gewesen! P... P... Pi...
Ihr Blick fiel auf ein paar weiße, leicht schrumpelige kleine Dinger und ein erleichtertes Grinsen huschte über ihre Lippen. Pilze! Ja, das sollte sie holen!
Beherzt griff sie zu und füllte den Korb, ohne darauf zu achten, ob in dieser Sammlung auch keine giftigen Exemplare drin waren und ob sie eine zu große Menge holte.
Mit ihrer Ausbeute kehrte sie in den anderen Raum zurück und stellte sie neben Schlange auf die Anrichte. Ob sie nun noch etwas tun sollte? Wenn nicht, würde sie sich einfach hinsetzen, warten... und dann wieder nur äußerst kleine Bissen machen, sobald das Frühstück fertig wäre.
Hier war nicht der richtige Ort, um mit Kazel über ihre Herkunft und seine Meinung dazu zu sprechen. Und dennoch war es dieses Thema, das sie noch immer beschäftigte und ihr den Appetit nahm.
Die nächste Nachricht war nicht gerade dazu angetan, ihre Stimmung zu heben, doch würde sie sich zurück halten. Fragend sah sie zu dem Mischling und wartete auf seine Reaktion.
Sie ließ auf sich warten und zuerst galt sie Zissus. Ein kleiner Stich von Eifersucht drohte in ihr aufzuflackern, doch sie zwang sich, ihn zu ignorieren.
Dann wandte er sich auch schon an sie und sie nickte. "Natürlich komme ich mit.", erwiderte sie, ohne überlegen zu müssen und griff nach seiner Hand. Sie wollte ihm zeigen, dass sie an seiner Seite wäre... sofern er das wünschte.
Daraufhin erhob sie sich, ebenfalls mit einem leicht flauen Gefühl im Magen, wenngleich dieses eher daher rührte, dass sie im Prinzip schon wieder so gut wie nichts gegessen hatte. Leicht nickte sie bei seiner Offenbarung und folgte ihm dann hinaus in Richtung der Herrin.
Sie wurden von einem der wenigen, anwesenden Dunkelelfen geführt, jenem, der am Vorabend beinahe mit zurück in das Haus Tenebree geschickt werden sollte. Der die Haushälterin so angesehen hatte, als hätte er sich in diese wehrhafte Frau sofort... verliebt? Die Szenerie vom Vorabend kam ihr vor, als wäre sie eine Ewigkeit her! Dabei handelte es sich lediglich um ein paar Stunden...
Würde Kazel es zulassen, würde sie erneut nach seiner Hand greifen und sie nicht wieder loslassen. Ansonsten schwieg sie auf dem Weg. Was hätte sie auch sagen sollen? Oder können?
Schließlich gelangten sie ans Ziel, in eine Raum, in dem gefühlt mehr Mobiliar herum stand, als ihre ganze Familie besessen hatte. Erneut wurde ihr schlecht und sie musste mit sich ringen, um sich wieder konzentrieren zu können.
Da fiel ihr tatsächlich etwas ein und sie fasste nach Kazels Schulter, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. "Sie hat keinen Erben, drum wollte sie dich unbedingt finden. Darum..." Sie senkte den Blick und seufzte leise, zwang sich dann aber, ihre Erkenntnis fortzuführen. "Darum wollte sie mich und unser Kind opfern, um dich zurück zu bekommen."
Denn sie wäre in dieser Hinsicht nur ein Gefäß, jederzeit ersetzbar. In Kazel hingegen floss das Blut dieser Adelsfamilie, das machte ihn viel kostbarer. Nur... war ihm das ebenfalls klar? Würde ihre Bemerkung ihm helfen?
Janay wurde wieder unsicher, ob sie das Richtige gesagt hatte und während sich ihre Wangen leicht färbten, senkte sie ihren Blick wieder. "Ich wollte nur, dass du das weißt. Vielleicht hilft es dir ja...", murmelte sie abschließend.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Sonntag 24. Juli 2022, 09:06

Kazel erwiderte nichts. Weder sprach er bei Zissus die Dankbarkeit in seinem Blick an noch bei Hopp, denn eigentlich war er es doch, der ihnen allen gegenüber dankbar sein müsste. Sie unterstützten ihn, selbst jetzt noch. Die meisten kannten ihn überhaupt nicht und schlossen sich dennoch an. Selbst Vranyk und Dr'yol hatten einen Platz in der Gruppe gefunden.
So nickte er Pfau und Hase nur zu, damit sie wussten, dass er ihre Dankbarkeit erkannt und zur Kenntnis genommen hatte. Je weniger er nun darauf einging, desto mehr würde dieses Gefühl noch heranwachsen, so glaubte es der Mischling. Sie bekam einzig dann einen leichten Knacks, als sich ein Konflikt aufzubauen drohte. Kazel war nach wie vor der Meinung, Sademos' Überreste zu verbrennen wäre der einzig richtige Pfad. Dagegen hatte Zissus anscheinend auch nichts einzuwenden, solange er und nur er das übernehmen konnte. Niemand sollte den Verstorbenen mehr berühren.
Er ist Ritualmagier wie Sademos... Dieser Gedanke blitzte für einen knappen Moment in Kazels Geist auf. Eine letzte Spur Misstrauen, die er aufgrund seiner Vergangenheit wohl selbst beim größten Vertrauen in einen anderen niemals würde ablegen können. Es war eine innere Furcht, von jenen betrogen zu werden, denen er sich geöffnet hatte. Er wischte den Gedanken allerdings recht schnell beiseite, als er mitbekam, was Zissus so störte. Und beinahe hätte sich ein Schmunzeln auf seine Lippen gestohlen. Sacht schüttelte er den Kopf.
"Du hast mich missverstanden", entgegnete er und sah dann in die verbliebene Runde. "Wir werden jeden Toten behandeln wie alle anderen. Das heißt nicht, dass ich an ein Massengrab gedacht habe, in das auch der Sammler geworfen wird. Wir schenken jedem von ihnen die letzte Ehre." Seine Augen wanderten zu Zissus zurück und sollte dieser immer noch Einwände haben, würden sich beide Fronten verhärten, denn Kazel wollte nicht von seinem Vorhaben abrücken. Dazu musste er kein Anführer sein, es war ihm ein persönliches Bedürfnis. "Es wird eine Menge Arbeit bedeuten, aber wir schulden es jedem, den wir nicht haben retten können - auch ihm. Jeder erhält sein eigenes Grab. Wenn wir sie alle nach und nach verbrennen und ihre Asche in Gefäße füllen, muss kein mannsgroßes Loch ausgehoben werden. Mir wäre dennoch wichtig, sie nicht alle in eines zu werfen wie ... wie Abfall. Und sofern ihr ihre Namen kennt, lasst uns etwas machen, damit man sich daran erinnern kann."
Sademos' Anwesen würde sich in einen Friedhof verwandeln. Aus Kazels Sicht war dies sogar ein guter Nutzen für diesen Schreckensort. Endlich wäre es ein Platz der Ruhe. Ein Ort, an dem alle Anwesenden ewigen Frieden finden könnten. Er schloss Sademos nicht einmal aus. Er konnte ihm nicht die gleichen Gefühle entgegenbringen wie Zissus es tat. Der Sammler trug große Schuld an allem, was passiert war, allein weil er sich auf die Dämonenpakte eingelassen hatte und weil er sich für einen Keller voll Geburten...maschinen entschieden hatte. Das würde der Mischling niemals vergessen und konnte Sademos somit auch niemals verzeihen. Dennoch wäre es falsch, ihn deshalb nicht den Frieden zu gönnen, nach dem seine Seele sich möglicherweise schon länger gesehent hatte. Er war einfach zu tief gefangen gewesen. Jetzt hatte auch er entkommen können, ob er wollte oder nicht.
Es war nun an Kazel zu entkommen. Nein! Weiteres Weglaufen stand nun nicht zur Debatte. Er musste sich stellen, es gab keine andere Option. Es war Zeit, seiner Blutsverwandten entgegen zu treten. Er durfte Starle Tenebrée nicht länger warten lassen. Weil Dry'ol der Letzte war, der ihnen den Weg zum Ballsaal zeigen konnte, mussten Kazel und Janay sich von ihm führen lassen. Natürlich nahm der Spross der Tenebrées seine Liebste mit! Er griff nur nicht mehr von sich aus nach ihrer Hand, als sie loszogen. Seine eigenen Finger waren verschwitzt. Er merkte zudem, dass er zitterte, wollte aber keine Fäuste formen. Dann hätten sich die Adlerkrallen wieder aus seinen Fingerknöcheln geschoben. Er durfte nicht riskieren, dass Starle es zufällig vorzeitig sah. Vielleicht würde es im entscheidenden Moment Kazels letzter Trumpf sein. So presste er die Hände flach gegen seine Seite, was ihn steifer erschienen ließ als er sich fühlte. Seine Bewegungen waren bei weitem nicht mehr so hölzern wie in Sademos' Leib und schon halb dem Wahnsinn verfallen, aber er hatte das Gefühl, sich zu jedem Schritt in Starles Richtung zwingen zu müssen.
Janay nahm ihm einen Teil dieser Last, als sie nach seiner Hand griff und ihn festhielt. Es war etwas Anderes, wenn er nicht der Initiator der Handlung sein musste. Es fühlte sich um so vieles besser an. Sie wollte an seiner Seite sein und ihn unterstützen. Was kümmerte sie beide da eine verschwitzte Handfläche? Kazel umschloss Janays Finger voller Dankbarkeit. Er spähte zu ihr zurück.
Maclyn...
Seine Liebste ahnte nicht, welch Anker sie im Meer all seiner Probleme darstellte! Oder etwa doch? Denn just, als Dry'ol sie beide zum Ende des Weges und durch einen eher schlichten Eingang in den Abstellbereich für das Mobiliar des Ballsaales führte, berührte Janay Kazels Schulter.
"Sie hat keinen Erben, drum wollte sie dich unbedingt finden. Darum ... Darum wollte sie mich und unser Kind opfern, um dich zurück zu bekommen." Also ist sie an keinem Mischlingskind interessiert. Was will sie dann von mir? Ich bin kein besserer Erbe als mein eigen Fleisch und Blut, das in Janay heranwächst ... zwei ... links uns rechts. Seine Emotionen wirbelten umher. Er verspürte abgrundtiefe Verachtung für seine Tante, die bereit gewesen war, Janay und seinen Nachwuchs an den Sammler auszuhändigen. Er fühlte Verwirrung darüber, wie wichtig er für Starle doch zu sein schien. Natürlich konnte das niemals auf Zuneigung fußen. Für sie war auch er nur irgendein Vorteil, ein Mittel um gewisse Zwecke zu erreichen, aber genau das machte ihn kostbar in ihren Augen.
"Ich wollte nur, dass du das weißt. Vielleicht hilft es dir ja..." Kazel zog Janays Hand bis zu seinen Lippen empor, um ihre Fingerknöchel nacheinander zu küssen. "Ich liebe dich", war seine Antwort. Er ließ ihre Hand nicht los. Sofern sie nicht mit auf die große Bühne treten wollte, um sich der Tante zu stellen, würde Kazel sie wie einen Talisman bei sich tragen und mitnehmen. Er brauchte ihre mentale Kraft jetzt mehr denn je.
Dry'ol unterbrach diesen intimen Moment: "Soll ich mit rein kommen? So als ... Leibwächter?"
Kazel zögerte. Niemand wäre so einschüchternd wie Dry'ol. Allein seine Erscheinung strahlte diese Foltermeister-Art aus. Wieviel er damit bei einer Frau wie Starle bewirkte, blieb ungewiss. Zudem hatte er sehr stark für deren Begleitung geschwärmt, was möglicherweise jetzt ein Nachteil sein konnte, falls sie erneut mitgekommen war. Dann stünde der Dunkelelf eventuell auf der Gegenseite. "Halte dich im Hintergrund bereit. Wenn ich dich rufe oder etwas Unvorhergesehenes geschieht, musst du Janay in Sicherheit bringen."
Janay, nicht ihn. Keine Sekunde lang dachte er an seine eigene Unversehrtheit. Das führte sogar bei Dry'ol dazu, Kazel lieber etwas Hilfe an die Hand zu geben und er bot ihm eine Klinge an, die zuvor perfekt an seinem Unterarm verborgen geblieben war. Erneut zögerte der Mischling. Er brauchte sie nicht. Er hatte sich an die Adlerkrallen gewöhnt und sie konnte man noch mehr als Hinterhaltwaffe einsetzen als jedes Stück Metall. Andererseits könnte es Verdacht schöpfen, wenn er auftrat, ohne dass man ihn mit einer sichtbaren Waffe sah. So griff er zu, dankte Dry'ol leise und schob sich die Klinge am Rücken unter den Gürtel. Dort erwartete man eine solche Waffe. Sie lenkte wunderbar von seinen unnatürlichen Erweiterungen ab, mit denen er sich im Notfall um Starle kümmern würde. Doch zuerst hatte er wirklich das Bedürfnis mit ihr zu sprechen. Er verstand so wenig. Er verstand nicht, weshalb sie einen so großen Aufwand betrieb, ihn wiederzusehen. Ihn, das wertlose Mischblut und Schandfleck der Tenebrées, sobald seine Haut eine andere Farbe aufgewiesen hatte als jene vom Rest der Familie. Was kümmerte es sie, dass er noch lebte?
Janay hatte es bereits angesprochen. Sie besaß keinen Erben. Aber war Starle bereit, unreines Blut einzusetzen, um überhaupt einen Erben zu haben? Gab es sonst niemanden mehr in der Familie, der diesen Posten übernehmen könnte. Sie konnte Kazel unmöglich mehr Vertrauen schenken als all den anderen, die er damals zurückgelassen hatte. Natürlich besaß er mehr Familie. Die wenigsten davon kannte er und inwieweit sie sich vermehrt hatten, würde Kazel wohl auch nicht mehr erfahren. Die Tenebrées hatten nicht nur aus seinen Eltern und Starle bestanden. Was wohl aus dem alten Oberhaupt geworden war, wenn jetzt seine Tante das Haus führte? Wie viele Meuchelmörder hatte sie anheuern müssen, um den Posten zu erlangen?
Dry'ol riss ihn aus dem Meer an unbeantwortbaren Fragen. "Und wenn du willst, dann bring ich sie um. Ich hab damit kein Problem."
"Aber ich", entgegnete er. "Das will ich selbst tun, wenn es keinen anderen Weg gibt." Beinahe hoffte Kazel auf diese letzte Option. Durfte er das überhaupt, so als Geselle des Todes? Durfte er Richter und Henker sein? Der Gevatter hatte ihm in dieser Hinsicht keine Verbote oder anderweitige Regeln erteilt. Daher ging Kazel davon aus, dass auch er Leben nehmen konnte. Vor allem, wenn es sich um ein so verhasstes Leben wie das seiner Tante handelte. So wertlos... Er atmete ein letztes Mal durch. "Dry'ol, schreite wirklich nur ein, wenn du erkennst, dass ich mir nicht selbst helfen kann ... oder wenn Janay in Gefahr schwebt." Er schaute in ihre Richtung. War sie bereit?
Ganz gleich wie ihre Antwort ausfiel, Kazel konnte Starle Tenebrée nicht länger warten lassen. Er gab Dy'rol ein Zeichen, damit dieser die Doppeltür öffnete. Er selbst sollte im Hintergrund bleiben. Kazel schritt in den Ballsaal, wenig pompös zurechtgemacht. Tatsächlich trug er immer noch die Tunika vom Vorabend. Sie war etwas zerknittert, genauso wie sein Verstand. Er hätte schlafen sollen, aber er riss sich zusammen, nun so aufmerksam wie möglich zu sein. So trat er in den großen Saal und bis auf die Tanzfläche. Heute würde hier aber gewiss eine andere Form des Tanzes geführt werden. Seine Augen suchten nach Starle und er fragte schlicht und ihne Gruß: "Was willst du?"
Allein schon, weil jemand wie Kazel auf Formalitäten verzichtete und sich trotz seiner Position für eine Frau wie Janay entschied, unterschied er sich von seinen übrigen Verwandten. Es war nicht nur das Blut.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Sonntag 24. Juli 2022, 17:40

Auch Zissus hatte sich wieder entspannt, als klar wurde, dass ER und niemand sonst Sademos zu Ruhe betten würde. Ob Feuerbestattung oder nicht, dass machte für ihn im Grunde genommen keinen Unterschied. Das Missverständnis ward aus der Situation geboren und schnell aufgeklärt. Trauer hatte seine Wahrnehmung vernebelt und ihn nur Schmerz sehen lassen. Er wollte ihm nur die letzte Ehre erweisen... ob der Sammler sie nun verdient hatte oder nicht.
Kaum da Kazel, Janay und Dry'ol sich dann auf ihren schweren Gang zum Ballsaal gemacht hatten, widmete sich der Pfauenmann genau diesem Ziel und verschwand in die entgegen gesetzte Richtung. Hopp wurde dabei zu seinem Schatten und blieb die ganze Zeit nah bei ihm, als fürchtete sie, dass er sonst noch etwas dummes anstellen könnte. Sie nahm wie selbstverständlich die Position an seiner Seite ein, an die sonst wohl Kazel oder Janay hätten gehört. Aber die beiden hatten gerade genug eigene Probleme und Zissus war froh sie dabei mit seiner eigenen Trauer nicht noch weiter hinunter zu ziehen. Etwas abseits stand er und sah durch einen Alkoven, hinüber wie Kazel mit Janay an der Hand, über Eck des Anwesens an einem Fenster sichtbar im Innern vorbei gingen.
„Ich vermisse ihn...“
, sprach er wie zu sich selbst und Hopp schob ihre kleinen Finger in seine einsame Handfläche. Er sah wie in Trance zu ihr hinunter und aus seinen Augen lösten sich zwei Tränen. Er nickte ihr dankbar zu. Dann richtete er seinen Blick in die Ferne und mit der Hasenhybridin an der Hand, so wie Janay an Kazels, gingen sie in den schwersten Weg... zum Leichnam des Sammlers.

Janay fühlte Kazels Zögern vor seiner nächsten Aufgabe, ohne dass sie danach suchen hätte müssen. Würde er das hier alleine überhaupt überstehen können? Der Verbund ihrer Herzen war in den letzten Tagen?...Stunden?... in sehr kurzer Zeit zu einem festen Band geworden. Natürlich konnte auch dies noch reißen, stellten sie sich dumm an, aber hier und jetzt waren sie füreinander da. In Janays Herz wohnte noch immer der Zweifel, ob Kazel sie ob ihrer Herkunft nicht lieben und vielleicht sogar verstoßen könnte. Ihr Verstand schien regelrecht nach einem Grund für seine Zurückweisung zu suchen, mochte man meinen, dabei war sie es doch gewesen, die ihm einen Korb gegeben hatte. Nun... es war wie es war und das Herz ließ sich nicht beeinflussen... oder?

Kazels Weg hatte ihn zurück in seine Vergangenheit geführt. Einem 'Flug' gleich einer Krähe hatte es ihn und Janay über die Drachenberge nach Morgeria gebracht und nun hatte er die einmalige Möglichkeit sich seinen Erinnerungen zu stellen. Schwer war es trotzdem! Sehr schwer und das spürte sogar Dry'ol, als er ihm seine Klinge überließ, die er hinten in den Gürtel der Robe steckte.
Kazel ging davon aus, dass auch er Leben nehmen konnte und nicht nur Geselle des Todes war. So recht hatte er darüber noch gar nicht nachgedacht, aber im Moment kam ihm auch nicht dieser Gedanke. Ob nun Henker, oder Richter, ...Starle hatte in seinen Augen, jedes Recht verwirkt zu leben. Natürlich kam er nicht auf die Idee, mal nach ihrer Sanduhr zu sehen... oder?
So wertlos...
Er atmete ein letztes Mal durch. Es war soweit.
"Dry'ol, schreite wirklich nur ein, wenn du erkennst, dass ich mir nicht selbst helfen kann ... oder wenn Janay in Gefahr schwebt."
Der Angesprochene nickte nur ernst. Sie konnten Starle Tenebrée nicht länger warten lassen. Er gab Dry'ol ein Zeichen, damit dieser die Doppeltür öffnete. Er selbst sollte im Hintergrund bleiben und behielt seinen Posten neben der Tür, als die beiden hindurch getreten waren. Ein Ballsaal lag vor ihnen, so groß und geräumig, wie es eben sein musste, wollte man rauschende Feste darin feiern. Nur war die Leere in diesem Raum fast erdrückend. Insgesamt fünf riesige Kronleuchter hingen hoch oben unter der Decke. Der Raum an sich war durch Vorhänge zu einem Rund geformt und die vorherrschenden dunklen Farben spiegelten das düstere Leben wieder, dass hier über Jahrhunderte 'gefeiert' worden war. Kunstvolle Mosaike umrahmten in Dreiecke gefasste Parkettflächen. Die Anordnung wäre sicher bemerkenswert gewesen, wenn das Paar nicht einen anderen Augenmerk gehabt hätte.
Kazel schritt in den Ballsaal, wenig pompös zurechtgemacht. Tatsächlich trug er immer noch die Tunika vom Vorabend und auch Janay hatte keine Zeit gehabt sich nach etwas anderem, als eine von Sademos Roben umzusehen. Sie wirkten beide etwas zerknittert, als wären sie gerade erst dem Bett entstiegen, was mehr oder weniger sogar stimmte. Was einem anderen gegenüber als Affront ausgelegt werden konnte, reduzierte Kazels Respekt gegenüber seiner Tante auf ein Minimum. Absicht? Nein, aber durchaus passend! Sein Aussehen sagte: 'Ich schätze dich nicht genug um mich für dich auszustaffieren.' So trat er in den großen Saal und bis auf die zentrale fünfeckige Tanzfläche. Sein Körper erinnerte sich dabei sogar ein klein wenig an den Stolz, den der Sammler kultiviert hatte. Heute würde hier getanzt werden, aber gewiss anderes, als der wartende Gast es sich vorgestellt hatte. Kazels Augen suchten nach Starle und fanden das alt vertraute und verhasste Gesicht gegenüber vor einem der Dreiecke am Boden. Sie war wie bei Elfen üblich um keinen Tag gealtert, nur ihr Blick... war... verändert. Hatte sie nicht geglaubt, ihn hier wahrhaftig anzutreffen?

Wo Kazel nur in die überraschten Augen seiner Tante starrte, da nahm Janay noch andere Details wahr. Sie trug wieder einmal ein Kleid, welches sicher ein ganzes Dorf ein Jahr lang ernähren könnte. Der Schritt ähnelte dem, das sie schon einmal in ihrem Anwesen getragen hatte. Es bestand nur aus zwei langen überlappenden Stoffbahnen, gehalten von zierlichen Ketten und klaffte bei jeder Bewegung auf um viel Bein zu zeigen und den Betrachter wissen zu lassen, dass es unmöglich darunter so etwas wie Unterwäsche geben konnte. Trotzdem war es eigentlich schlicht, wenn der Stoff nicht an sich so beeindruckend gewesen wäre. An Hals, Bauch und in den Längen war er fast durchsichtig, schimmerte nur silbern und nur an den 'schamhaften' Stellen bedeckten feinste Stickereien aus silber- und kobaltblauen Fäden, jene Stellen die ein Geheimnis bleiben sollten. An den bloßen Armen trug sie viele dunkle Armbänder... oder ein langes?... und an den Unterarmen lange dunkelblaue Handschuhe. Die Füße steckten in hohen silbernen Stiefeln, die ihr bis über die Knie reichten.... irgendetwas an dem Anblick ließ Janay an eine Kriegerin denken, die sich 'verkleidet' hatte. Die Spannung im Saal war dick und zäh wie Gelatine und fast genauso schwer war es zu atmen.
Kazel fragte schlicht und ohne Gruß in die Stille hinein:
"Was willst du?"
Allein schon, weil jemand wie Kazel auf Formalitäten verzichtete wurde deutlich, wie sehr er sich von seiner Verwandtschaft unterschied. Vielleicht hatte Starle angenommen, dass Janay ihr etwas vorgeschwindelt hatte, vielleicht erschütterte sie einfach der Anblick ihres lang verschollenen Neffen, vielleicht lagen auch ganz andere Gründe in ihrem Blick verborgen, der starr auf Kazel ruhte. Ihre Stimme war nur ein Hauch, ein Ausatmen, wähnend ihre dunkelblau geschminkten Lippen seinen Namen kosteten:
„...k...Kazel...“
Dann blinzelte sie einmal langsam und in diesem Moment wandelte sich die Situation vollkommen. Ihre Hand wanderte wie in Zeitlupe ihren Arm hinauf, wie als müsste sie eine unsichtbare Kälte abstreifen. Starle zitterte. Warum?
„Kazel... du siehst ihr so ähnlich...! Die Augen deiner...“
Sie machte ein paar langsame Schritte auf ihn zu und Kazels Blick heftete sich an die Bewegungen ihrer Finger...
Dann ergriff ihn die ERINNERUNG! Starre fiel in seinen Körper wie Eis. Das Band, dass dort auf dunkler Haut ruhte, das war kein Band, kein Armreif, kein Schmuck... Es war die Peitsche seiner Mutter! Und genau in diesem Moment flog etwas auf ihn zu...

Janay hatte es ... kommen sehen... irgendwie... Starles Eindruck auf Kazel war unübersehbar. Die beiden gingen aufeinander zu und die Frau, die Janay zuvor noch als 'sich um ihre Mädchen sorgende Person' kennen gelernt hatte, verwandelte sich vor ihren Augen in … einen Albtraum?!
Starles Hand war langsam zu ihrer Schulter hinauf gewandert, ganz als müsste sie sich selbst beruhigen, jetzt da ihr Neffe leibhaftig vor ihr stand, doch Janay fühlte, dass etwas nicht stimmte. Einen Atemzug bevor es wirklich geschah, sah sie eine matt silbrige Nadel durch die Luft fliegen und sich in Kazels Hals bohren. Kazel stockte der Atem, er röchelte und sank auf mit einem Keuchen auf die Knie. Janay versuchte ihn noch aufzufangen. Vergeblich... Starle kam näher und sah kalt auf ihn kalt hinab. In jede Zelle ihres Körpers schien Aristokratie gemeißelt zu sein, so wie er es von ihr kannte. Kazel stöhnte. Ihre Haltung, das leichte Neigen ihres stolz erhobenen Kopfes, der silberne Schimmer von Puder auf ihrer pechschwarzen Haut, alles verriet sie! Gleich einem Schwan richtete sie sich nach dem Schritt wieder auf und sah auf die beiden hinab. Diese Frau war groß, fast einen Kopf größer als Janay. Ihr schneeweißes Haar fiel ihr von silbernen und blauen Bändern gehalten lang im Rücken hinunter und ihre Augen waren so blau wie der Sommerhimmel. Was noch gleich ins Auge fiel, waren die weißen Tätowierungen auf ihrer Haut, die sich fast über ihren ganzen Körper zu ziehen schienen. Die kannte Kazel noch nicht. Filigrane Muster voller Schönheit und Vollkommenheit, die nur bedeckt wurden von einem Geflecht aus silbernen Ketten.
„Du stirbt, kleiner Kazel - ein Fehltritt wie eh und je. Das ist Gift, ja ja. Ein sehr tödliches, aber es bindet auch die Seele an den Körper, du Dummerchen. Nekromantie ist seit ein paar Jahrzehnten meine Passion. Du wirst ein guter Diener sein. Dumm und leicht zu beeinflussen. Zu süß und kalt die Rache... und endlich endet mit dir unsere Blutlinie!“
Sie lachte und sah in seine fragenden Augen:
„Was?! ...Fragst du dich warum? Du bist außer mir der letzte der Tenebrées. Es hat mich so viel gekostet sie alle zu finden! So viel! Was? Verstehst du immernoch nicht? Denkst du, du bist der einzige Fehltritt, oder der erste? Deine Großmutter war fleißig in den Betten Morgerias unterwegs! Sie ist ebenso schuldig an unserem verunreinigtem Blut wie du! Aber ICH bin ein Spross, der Herrscherfamilie! HAHAhaha... nur das Blut der Tenebrées muss enden! Selbst wenn es so unrein ist wie deines.“
Sie betrachtete finster den noch flachen Bauch seiner Liebsten und Janay Unterleib krampfte mit einem Mal heftig.
„... Oh schau nicht so. Hast du Angst um dein Liebchen? Um dein Kind? Ach, kleine Talimée... ach nein ...Janay. Sorge dich nicht, es ist gleich vorbei mit ihm. Für DICH habe schon einen Käufer! Du gehst nach Andunie zu einer Freundin. Die hat sicher für dein fruchtbares Becken Verwendung, sobald es wieder frei ist. Sademos hat sicher nichts dagegen, hat er doch soweit ich weis diese Idee mitfinanziert... Wo ist er eigentlich?“
Wovon sprach sie da...? Sie hörte noch irgendetwas krachen und Klingen die irgendwo aufeinander trafen. Anscheinend war Dry'ol erfolgreich abgelenkt worden.

Janay blinzelte entsetzt... dunkle Punkte tanzten vor ihren Augen und drohten sie einmal mehr in eine Ohnmacht zu schicken... doch NEIN! Das dufte nicht geschehen und die Hand der Tante war nur noch einen Finger breit von der Stelle entfernt, wo der nadelspitze Hinterhalt mit seinem nekromantischem Gift verborgen lag.

edit: ((War vielleicht nicht deutlich genug ;) ))

In einem Moment flog etwas auf ihn zu...

Janay hatte es ... kommen sehen... irgendwie... und sah auch was geschah, sie reagierte und wurde von ihren Gefühlen übermannt... bis sie abermals blinzelte...

Janay blinzelte entsetzt... dunkle Punkte tanzten vor ihren Augen und drohten sie einmal mehr in eine Ohnmacht zu schicken... doch NEIN! Das dufte nicht geschehen und die Hand der Tante war nur noch einen Finger breit von der Stelle entfernt, wo der nadelspitze Hinterhalt mit seinem nekromantischem Gift verborgen lag. Kazel stand noch neben ihr. Noch war nichts geschehen. Janay hatte etwas gesehen... etwas, das gleich passieren würde.
Der Finger der Tante erreichte sein Ziel, die kleine Tasche, wo die vergiftete Nadel auf ihren Einsatz wartete und Janay WUSSTE was gleich passieren würde, was Starle nach ihrer Tat sagen und offenbaren würde. Diese verdammten 'Tagträume' schienen häufiger zu werden. Ob das an ihrer Schwangerschaft lag? Spielen ihre Sinne ihr Streiche oder verwirrten sie die Hormone? Ganz gleich! Starle hatte eben in Janays Vison ihre bösen Absichten offenbart. Sie hatte wie alle siegreichen Bösewichte gelacht und sich in ihrem Sieg gesonnt. Sie hatte viel zu viel geredet und wenig war bei Janay hängen geblieben, was sich noch rächen könnte, doch eines WUSSTE Janay:
Das alles war noch nicht geschehen!
Es geschah JETZ!
Starle griff nach der Nadel!
Gleich würde Kazel tödlich getroffen werden... Wenn sie nichts tat!
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Montag 25. Juli 2022, 10:31

Als in der Küche die nächsten Schritte besprochen wurden, vor allem in Bezug auf die zahlreichen Toten und deren Gräber, hielt Janay sich weitestgehend heraus. Was hätte sie auch dazu zu sagen gehabt? Sie hatte bisher kaum Berührungspunkte mit diesem Abschnitt des Lebens gehabt und wollte daran eigentlich nichts ändern.
Also stocherte sie weiterhin in ihrem Frühstück herum und brachte kaum einen Bissen herunter. Obwohl sie Hunger hatte, wie ihr Magen lautstark verkündet hatte, aber der Appetit war ihr hinlänglich vergangen auf ihrem Weg bis in die Küche. Und das Gesprächsthema half nicht sonderlich dabei, an diesem Umstand etwas zu ändern.
Wenig später wurde es noch ernster, dieses Mal auch für sie, denn Kazels Tante hatte ihr Erscheinen angekündigt. Nun war es also soweit... und es war für Janay selbstverständlich, dass sie ihn begleiten würde, solange er das wollte. Sofern der Mischling sie nicht verstieß, würde sie an seiner Seite bleiben und ihm helfen, so gut sie konnte und sich nützlich machen. Sie wollte für ihn da sein und mit ihm etwas aufbauen, das an so etwas wie eine richtige Familie heranreichte, wenn sie beide dazu in der Lage wären.
Denn sie beide mochten nicht reinrassig sein, geprägt waren sie dennoch von der dunkelelfischen Herkunft. Wie es erst werden würde, wenn ihr gemeinsames Kind geboren worden wäre und sie das auch überleben würde...?
Instinktiv suchte sie seine Nähe und griff auch nach seiner Hand, die er ihr, zu ihrer inneren Erleichterung, nicht entzog. Dass sie ihm dadurch schon etwas half, ahnte sie nicht, hätte es aber so oder so getan, weil auch sie diese Berührung brauchte. Einfach als Bestätigung dafür, dass er sie noch nicht verstieß wegen ihrer Herkunft.
Im Gegenteil, er erwiderte ihren Griff, als wolle er ihr damit zeigen, dass er einverstanden war, und sah auch zu ihr zurück. Und so unpassend es auch sein mochte, dieser eine Moment gehörte ihr und das spürte sie, so sehr, dass ihr Herz einen freudigen Hüpfer tat, ihre Wangen einen rosigen Schimmer erhielten und sie sich auf die Unterlippe biss, um ihr kleines, verlegenes Grinsen zu unterdrücken.
Bedauerlicherweise war der Weg viel zu rasch zu Ende. Dennoch fiel ihr, ehe sie durch die Tür treten konnten, etwas Wichtiges ein, auch wenn sie die Botschaft dahinter anders interpretierte als er.
Für sie war es klar, ein empfangendes Gefäß konnte jederzeit ersetzt werden, erst recht, weil es bei der Geburt auch für die werdende Mutter lebensgefährlich ausgehen konnte. Da war es nur logisch, dass der Träger des richtigen Blutes weitaus mehr Wert besaß als sie, ganz unabhängig von ihrer viel niederen Herkunft. Hätte sie also von seinen Gedanken gewusst, hätte sie vermutlich noch rasch ihre eigenen ausgebreitet, um ihn aufzuklären. Dass die dabei nicht weiter von der Wahrheit entfernt liegen konnte, ahnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Doch es war keine Zeit mehr für lange Unterhaltungen, denn sie konnten die Adelige nicht länger warten lassen. Stattdessen zeigte er ihr auf andere Art etwas, das ihr Herz schon wieder hüpfen ließ vor Freude und ein kleines Leuchten in ihre Augen trieb, während die Berührung seiner Lippen leichte Schauer durch ihren noch viel zu gesättigten Körper jagten. Zwar konnte sie seine Worte nicht direkt erwidern, dazu waren sie ihr viel zu gewichtig, aber sie musste ihm einfach auf andere Weise zeigen, dass sie seine Gefühle teilte.
Ehe er sich von ihr abwenden konnte, reckte sie sich ihm entgegen und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. "Wir schaffen das!", raunte sie ihm in diesem Moment der verliebten Euphorie zu und deutete ein bekräftigendes Nicken an, dass sie bereit wäre, ihn zu begleiten.
Dass er davor noch für ihren Schutz sorgte, war für sie recht logisch, denn sie traute ihm ohne weiteres zu, sich selbst zu verteidigen. Schließlich hatte er sie beide bereits erfolgreich beschützt, während sie damit absolut keine Erfahrung hatte. Und ein bisschen kratzen und beißen würde im Ernstfall wahrscheinlich nicht ausreichen. Da war es beruhigend zu wissen, dass er das richtig einschätzte und sie auch jetzt vor Leid bewahren wollte.
Leicht drückte sie seine Hand als Zeichen, dass sie verstanden hatte. Blieb nur zu hoffen, dass dies nicht notwendig werden würde! Wie sehr sie sich irren sollte...
Die Tür wurde ihnen schließlich geöffnet und an seiner Hand trat sie ein, um die Frau wieder zu sehen, die sie im Prinzip nur als Ware betrachtete. Nun ja, das war an sich nichts Neues für sie, sodass sie davon wenig gekränkt war. Trotzdem musste sie schlucken, als sie die Dunkelelfe wieder sah und wie diese sich zurecht gemacht hatte, wodurch sogar die prunkvolle Umgebung in den Hintergrund rückte, die sie sonst ebenfalls staunend und eingeschüchtert bewundert hätte.
Dieses Kleid, diese Haltung, diese Figur... alles an ihr war elegant, extavagant und vor allem so, dass jemand wie Janay sich stets minderwertig im Vergleich zu ihr vorkommen musste. Waren alle dunkelelfischen Adelsfrauen derart wunderschön und begehrenswert? Was fand Kazel nur an ihr selbst, dass sie ihm im Vergleich zu dieser Klasse überhaupt gefallen konnte?
Von ihren eigenen Gedanken abgelenkt, hatte sie wenig Aufmerksamkeit für die drohende Gefahr, die im Geheimen bereits lauerte. So fiel ihr die angespannte Atmosphäre anfangs kaum auf und erst, als ihr Liebster das Wort ergriff, horchte sie auf und kehrte in die Wirklichkeit zurück. Es erstaunte und erschreckte sie, wie feindselig und unhöflich er wirkte, als er direkt zur Sprache brachte, was er wissen wollte.
Janay schluckte leicht und mit leiser Unsicherheit im Blick sah sie zu der Angesprochenen zurück. Wobei ihr dieses Mal mehr auffiel, dass sie zwar trotz allem elegant und verführerisch wirkte, aber irgendwie auch... kampfbereit? Warum? Irgendetwas stimmte hier nicht, diese Erkenntnis stieg in ihr hoch, ohne sie greifen oder sonst wie deuten zu können.
Ihr war, als würde ihr schwarz vor Augen werden und obwohl sie nicht richtig sah, was ihre unverhoffte Gabe ihr zu zeigen versuchte, hatte sie das Gefühl es plötzlich zu wissen. Nicht zu begreifen, davon war sie noch meilenweit entfernt. Aber ihr war mit einem Mal klar, dass etwas Schlimmes im Gange war, das all die abgrundtiefe Boshaftigkeit dieser Dunkelelfe offenbaren sollte.
Die junge Frau hätte es wissen müssen, sie hätte sich nicht einlullen lassen dürfen! Schon einmal hatte die andere ihr wahres Gesicht gezeigt und erst aufgehört,als Kazels Name gefallen war. Wie hatte sie nur so blind sein können? Wie hatte sie... hoffen können, dass gerade eine Person wie ihr Gegenüber, dem höchsten Adel Morgerias zugerechnet, anders und weniger böse sein könnte als der Rest ihrer Rasse?!
Und dann passierte es... oder sollte passieren. Sie sah die Hand der Adeligen zu jenem silbernen Ding wandern und wusste, dass davon Übles ausging. "Nein!", entkam es ihr wie ein Hauch. Zugleich ruckte sie instinktiv heftig an Kazels Hand, in der Hoffnung, ihn so aus dem Gleichgewicht und der direkten Gefahrensituation zu bringen.
Um im nächsten Atemzug das einzige zu tun, was sie vermutlich wirklich konnte. Sie begann aus voller Kehle zu brüllen, dass es ihr selbst in den Ohren schrillte:"Hilfe! Hört mich jemand?! Hilfe! HILFEEE!!! ICH BRAUCHE HILFEEEEEEEE!!!!!!!!!"
Wo war eigentlich dieser Dunkelelf, der sie hierher gebracht hatte? Wieso erschien er nicht sofort, obwohl das ausgemacht gewesen war? Was sollte sie jetzt nur tun?!
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Donnerstag 28. Juli 2022, 10:39

Kazel kam nicht in den Sinn, sich die Lebensuhr seiner Tante anzuschauen. Warum auch? Er ging nicht einmal davon aus, dass dies Teil seiner Gabe war. Bisher hatte er nur seinen Lehrmeister, den Gevatter, die kleinen Sanduhren anderer hervorholen und betrachten sehen. Einzig seine eigene Lebenszeit hinter Glas war ihm zugänglich - nahm er an! Respektive die Zeit einer Sanduhr, die er nutzte, um am Leben zu bleiben. Als er sich in Sademos' Körper befunden hatte, war seine Uhr schließlich auch nur die des Sammlers gewesen. Es lag somit nicht an der vorherrschenden Müdigkeit, dass er diesen Schritt nicht in Erwägung zog. Dabei wäre es vielleicht hilfreich gewesen, auf seine Gabe zurückzugreifen. Nicht umsonst hatte der Gevatter sie ihm gewährt. Dann wäre ihm vielleicht auch irgendeine Abnormalität an seiner eigenen, neuen Uhr aufgefallen. Vielleicht ein Kratzer im Glas, ein Blitzen in der Lebenszeit oder Sandkörner, die drohten, schneller durch den schmalen Hals zu rieseln.
Natürlich war er alarmiert. Er würde mit seiner verhassten Tante sprechen, jener Frau, die mit einem zufriedenen Ausdruck zugesehen hatte wie seine eigene Mutter ihm die helleren Hautpigmente vom Leib gepeitscht hatte. Er sah in Starle keinen Funken Empathie. Sie war egoistisch und nicht minder bösartig als Sademos. Er versuchte demnach, wachsam zu bleiben. Die Klinge, die er von Dry'ol erhalten hatte, wog schwer. Sie zog den Gürtel ein wenig tiefer, aber vor allem spürte Kazel Klinge und Griff gegen seinen Steiß drücken. Es gab ihm Sicherheit, die nicht von der Waffe ausging, denn er würde sie nur als letzten Notfall ziehen. Inzwischen war er mit seinen ungewollten, tierischen Waffen mehr vertraut. Er ging im Kopf sogar schon die Planung durch, wie er sich gegen Starle zu verteidigen wüsste, würde sie ihn attackieren. Er rechnete damit, letztendlich aber nicht so sehr, dass er geglaubt hätte, erneut so dicht an der Schwelle des Todes zu stehen. Nein, insgeheim hatte er nicht einmal von Starle so viel erwartet. Sie konnte ja auch nicht ahnen, dass er ihr plötzlich präsentiert wurde oder eher: sich selbst präsentierte. Und das tat Kazel mit aller mangelnden Höflichkeit, die er aufbringen konnte. Er verneigte sich nicht vor der älteren Verwandten. Er titulierte sie nicht richtig, ja, er sprach sie nicht einmal mit der höflich distanzierten Art und Weise an, die man in seinen Kreisen verwendete. Er zählte sich nicht zu ihresgleichen. Das hatte er nie und würde er niemals tun.
Dafür sah seine Tante umso mehr Tenebrée in ihm. Genug, dass sie ihn auslöschen wollte, aber der Mischling rechnete nicht damit. Er besaß keine Hellsicht wie Janay und konnte nur mutmaßen, dass Starle etwas im Schilde führte. Dass sie mit einer vergifteten Nadel auf ihn losgehen könnte, zog er keine Sekunde lang in Erwägung. So wie er Starle während seiner Kindheit und Jugend erlebt hatte, machte diese Frau sich nicht die Finger schmutzig. Sie ließ arbeiten. Selbst ihre Schwester hatte sie nicht überreden können, die Peitsche zu schwingen, die...
Kazel erstarrte. Es lag nicht daran, dass Starle seinen Namen wisperte. Es lag nicht daran, dass sie überrascht tat oder es mit der Freude kaschierte, die man für einen verschollen geglaubten Verwandten hegen könnte. Solche Gefühle besaß sie ohnehin nicht. Kazels tiefblaue Augen hefteten sich auf Starles Arm. In seinen Iriden blitzte Erkenntnis auf, dass man kurz den Eindruck gewinnen konnte, ein Geist erhöbe sich aus den Fluten seiner Seelenspiegel, nur um an der Wasseroberfläche und in Starles Angesicht zu verpuffen. Sein Körper selbst zuckte nicht zusammen. Er verlor nur an Farbe, dass seine Wangen sich noch stärker von dem klassisch dunkelelfischen Äußeren abhoben. Selbst wenn er in diesem Moment wach und auch wachsam genug gewesen wäre, hätte er keinen Angriff der dunkelelfischen Verwandten verhindern können. Zu sehr war er auf ihren Arm fokussiert, wo schon das Material der mutmaßlichen Bänder das kalte Entsetzen des Vertrauten in ihm auslösten. Eine Gänsehaut des Unbehagens breitete sich auf Kazels Unterarmen aus, während heiße und kalte Schauer im Wechsel über seinen Rücken jagten. Am liebsten hätte er sich geschüttelt, um sie loszuwerden, aber in diesem kleinen Herzschlag-Moment konnte er sich nicht rühren. Er stand zur Salzsäule erstarrt da, den Blick nur auf das Schmuckwerk gerichtet, das Starle Tenebrée ganz bewusst ausgewählt haben musste. Und obgleich die ledernen Enden der Peitsche mit Garantie mehr als einmal gerinigt worden waren, sah Kazel dort nur sein eigenes Blut. Es tropfte vor seinen Augen von dem Leder wie es aus seiner Erinnerung in das Hier und Jetzt fiel. Er konnte es schmecken, als läge eine Kupermünze auf seiner Zunge. Er roch seinen eigenen Schweiß und andere Körperflüssigkeiten, in denen er unter Schmerzen gelegen und um Gnade gewimmert hatte. Oh, er hörte sich! Er vernahm seine eigene, jugendliche Stimme, so voller Angst und Unverständnis über die Taten der eigenen Mutter. Noch einmal spürte er den Schmerz der Erkenntnis, als sie ihn nur ob seines Äußeren für wertlos befunden hatte. Niemals hätte er gedacht, diese Emotionen noch einmal durchmachen zu müssen. Sie brachen sich als verräterisches Glitzern in seinen Augenwinkeln Bahn und hätte er Kontrolle über seinen Leib gehabt, wäre er geflohen, um sich wie ein scheues Reh in der dunkelsten Schutzecke zu verstecken, die er hätte finden können. Keine Angst der Welt konnte es mit dem Gefühl aufnehmen, das wie Gift nun durch Kazels Körper strömte - mit Ausnahme von richtigem Gift vielleicht.
Etwas flog auf ihn zu ...

Oh, der Gevatter würde ihn schelten. Er würde ihn vielleicht auch endgültig aufgeben und in sein Reich aufnehmen. Denn dass Kazel nun sterben sollte, stand im Grunde bereits fest. Er hätte es nicht verhindern können. Zu sehr war er in dem Schrecken gefangen, den der Anblick der Peitsche an Tante Starles Arm allein hatte auslösen können. Er stand vor ihr wie das Kaninchen vor der Schlange, hypnotisiert und terrorisiert von ihrem Anblick, aber unfähig, etwas zu unternehmen. Es war der Moment, in dem man nicht einmal mehr über den eintretenden Tod nachdenken konnte und der allein aufgrund dieser Unfähigkeit mit höherer Wahrscheinlichkeit eintreffen würde.
Aber das Kaninchen, das Kazel hieß, war nicht allein und das sollte vielleicht seine Rettung bedeuten. Janays Gabe war es zu verdanken, dass sie das Ende voraussehen und entsprechend darauf reagieren konnte. Instinktiv riss sie an Kazels Hand. Es reichte nicht aus, ihn aus der Reichweite des Angriff zu ziehen, aber es genügte, dass er endlich reagierte. Sein Blick zuckte, wollte sich auf die Liebste richten und erhaschte im letzten Moment das silberne Blitzen der giftigen Nadel. Nun waren auch seine Instinkte geweckt und als frisch beförderter Geselle des Gevatters nutzte er die Fähigkeiten seiner Position endlich einmal aus. Fast schon refelxartig rief er seine eigene, seine neue und besonders aussschauende Sanduhr in die Innenfläche der linken Hand. Er spürte ihr Gewicht und die Kälte des Glases. Er fühlte die sanften Impulse der Zeitenkörner, wenn sie durch die enge Halsmündung tropften. Und er spürte, wie dieses Herabrieseln endete.
Es endete nicht, weil sein Leben nun verwirkt war. Er stoppte die Zeit. Er opferte Teile seines Lebenssandes, um alles so zu verlangsamen, dass sowohl Janay als auch Starle vor ihm stillstanden. Nun hätte er Zeit zum Durchatmen. Jeder Herzschlag forderte ein Körnchen. Kazel wagte es nicht, verschwenderisch vorzugehen. Er brauchte nur zwei ganze Herzschläge, um die Situation zu deuten. Er sah den Hass in den Augen seiner Tante. Er entdeckte die spitze Nadel. Er sah Janay im Versuch, alles zu verhindern. Und er sah seine Zeit gekommen...
"So endet es nicht", zischte er trotz allen Wissens, dass Starle es nicht hören konnte. Wie sollte sie auch? Aus Janays Kehle drangen im Moment des Stillstandes die Hilferufe. Sie schwebten im Raum und schufen ein seltsamtes Dröhnen, weil der Schall sich ebenso wenig fortbewegte wie alles andere. Nur Kazel bewegte sich durch die Zeit.
Er ließ Janays Hand nicht los, als er seine Position verließ. Binnen eines weiteren Herzschlages stellte er sich so an die Seite, dass er Starles Nadelstich ins Leere nicht nur aus bester Position heraus beobachten konnte, sondern seinerseits ein Attentat würde vollziehen können. Jedenfalls hoffte er, dass es gelang. Er hob die andere Faust, dass die spitzen Adlerkrallen aus den Fingerknöcheln lugten. Einen Herzschlag würde er sich und ihr noch gönnen, ehe die Zeit weiterlaufen sollte. Dann wollte er ihr die Krallen direkt seitlich in den Hals rammen. Er wollte es wirklich tun. Er wollte sie töten, so wie sie es gerade mit ihm versuchte. Er wollte sich endgültig von ihr befreien, sie auslöschen mitsamt all den schlechten Erinnerungen. Er wollte...
...nicht so werden wie sie.
Kazel senkte die Faust in einen weiteren Herzschlag des Stillstandes hinein. Sie zitterte vor Wut darüber, dass er diesen Schritt nicht gehen konnte. Er war kein Mörder - nicht in dem Sinn, wie man es Dunkelelfen zuschrieb. Er tötete nicht aus Rache und Blutdurst. Das hatte er ein einziges Mal aus freien Stücken und eigenem Willen heraus getan, als er seine Mutter in ihrem Schlafgemach erdolchte. Jetzt konnte er es nicht tun. Er war Henker, kein Richter. Er wusste nicht, ob Starles Zeit gekommen war und ob ihr Ende durch ihn kommen sollte. Nach wie vor ging er davon aus, dass er keinen Einblick auf ihre Sanduhr besaß. Vielmehr hielt er daran fest, dass der Gevatter ihm schon einen Hinweis gegeben hätte, dass er sich um die Seele seiner eigenen Tante würde kümmern müssen. Er hatte das Gefühl, nicht befugt zu sein, seinem eigenen Bedürfnis nach ihrem Ende hier nun nachzugeben. Es schmerzte, machte ihn fast rasend und zugleich klammerte er sich an dieses Wissen, weil es der letzte Schritt zwischen seinem Leben und ihrem wäre. Er wollte nicht sein wie sie!
Das Ende des Herzschlags bahnte sich an. Was sollte er nun unternehmen? Oder sollte er es in Janays Hände geben? Nein! Er durfte sie nicht tiefer mit hineinziehen als sie bereits schon drin steckte. Er wollte sie schützen und nicht für Handlungen benutzen, zu denen er selbst nicht fähig war. Also opferte er weitere Sandkörner, um im Stillstand der Zeit und mit zittrigen Fingern - jetzt musste er sich von seiner Liebsten lösen - die Peitsche von Starles Arm zu binden. Sollte ihr Kleid dadurch herabsinken, es wäre ihm gleich. Er wollte Distanz zwischen sie und diese Waffe bringen. Und auch die Nadel wollte er weiterreichen. Janay sollte sie bekommen. Hoffentlich erschrak sie nicht, dass sie das gefährlich blitzende Ding plötzlich in den Fingern hätte. Er selbst entrollte das Folterwerkzeug, um es anschließend von hinten um Starles Hals zu legen. Sobald die Zeit weiterlief, bräuchte er nur etwas zuzuziehen, damit er ihr das Atmen erschwerte. Es wäre kein Mord, wenn er aufpasste, aber es wäre die Möglichkeit, Antworten auf Fragen zu erhalten. Aber vor allem gäbe es ihm die Antwort darauf, ob er sie einsperrte oder letztendlich doch noch dem dunkelfischen Anteil in seinem Blut nachgeben müsste, um endlich frei zu sein - ob er wollte oder nicht. Vielleicht tauchte sein Lehrmeister für einen Rat oder Tadel noch rechtzeitig auf ... in jedem Fall mit blanken Nerven, schon wieder durch seinen Lehrling gestört worden zu sein. Warum war nur immer alles so kompliziert? Und warum musste alles mit dem Tod enden? Dabei war die wichtigere Frage: Mit wessen Tod würde diese Szene den Vorhang fallen lassen?
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Gevatter Tod » Donnerstag 28. Juli 2022, 17:27

(ganz wo anders summt jemand:)

„Wer *schnipp* hat an der Uhr gedreht?
Ist es wirklich schon zu spät?
Ist *schnipp* nicht so, dass mich das freut,
trotzdem ist nun Schluss für heut.

Kazel, Kazel stimm mich heiter,
dreh die Sanduhr noch mal weiter,
reib und wende deine Hände
treibe Späße bis zum Ende.

Machst ja manchmal schlimme Sachen
über die kann ich auch lachen,
denn du bist ich kenne dich,
doch ein rechter Wüterich.

Hast *schnipp* nun an der Uhr gedreht?
Ist es wirklich nun so spät.
Fragst dich - ob es jetzt so sein muss?
Ist für sie nun wirklich Schluss?“

(Stimmändernung von Singen in Sprechen:)

„Heute ist nicht aller Tage, ich komm wieder, keine Frage!“

„Herje... heut ist nicht aller Tage... Du kommt IMMER wieder! Jeder Sterbliche sieht dich am Ende seiner Tage, egal wie lange er oder sie lebt! Lass dir mal was neues einfallen.“
, erklang eine andere grummelige Stimme und 'Tod' lachte hohl.
„Du magst es ja nur nicht, wenn ich singe.“
„STIMMT! Stimmt ausnehmend! Du klingst absolut ...TÖDLICH!“
Der Gevatter lachte weiter hohl und die langen Schritte seines Gastes entfernten sich um im weiten Sand der Zeit zu verhallen.

...

„Du kannst jetzt raus kommen.“
Eine andere Gestalt schälte sich aus ihrem Versteck und setzte sich neben 'Tod' auf den nun frei gewordenen Platz.
„Wie geht es jetzt weiter?“
Neugierde sprach aus jeder Silbe.
„Ich denke, er wird ein neues Kapitel seines Lebens aufschlagen.“
Das wässrige Bild klarte wieder ein wenig auf und die Zeit lief weiter.

---
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 28. Juli 2022, 17:28

(bei Kazel und Janay)
Grauenhaft!
Es war einfach nur grauenhaft! Das Gefühl er Starre, dass sich in Kazels Muskeln geschlichen hatte, lähmte ihn, doch so reglos er war, so wild entschlossen war seine Liebste, ihn nicht noch einmal zu verlieren! Ihr Schrei hing noch in der Luft, als eben jener Kazel zurück riss und er es schaffte seine Innere Starre nach außen zu verlegen. Zeit... sie war seine ganz eigene Macht.
Während Janay sich noch fragte wo Dry'ol abgeblieben war, hielt ihr Gesichtsausdruck inne, verzerrt von dem Entsetzen ihres Schreis – nicht ihr hübschester Moment, aber doch einer, den Kazel nie vergessen würde. Sie hatte ihn gerettet!

Die kurz vor seiner Halsschlagader in der Luft stehende Nadel war mattiert, so dass nicht mal eine Lichtreflektion sie verraten hätte. An ihrer Spitze klebte in einer hauchdünnen Rinne eine dunkle Flüssigkeit. Woher wusste Janay eigentlich von diesem Hinterhalt?

Kazel nutzte den still stehenden Moment und verbrauchte ein paar Herzschläge seiner 'neuen' Zeit. Dabei fiel sein Blick auch vielleicht auf das Kunstwerk, welches er nun sein Eigen nennen durfte. Darüber konnte und wollte er sich aber gewiss gerade keine Gedanken machen, denn all seine Aufmerksamkeit wurde von der Frau gebündelt, die dort vor ihm stand und ihn ganz offensichtlich hatte ermorden wollen. Ein paar Herzschläge später fand die Nadel, natürlich mit der ungiftigen Seite, ihren Weg in Janays Hand. Ob sie dort sicher war, blieb abzuwarten, bei ihrer Tolpatschigkeit.
Kazel selbst widmete sich nun ganz seiner Rache...
Nein, doch nicht.
Aber die Intension war da gewesen! Trotzdem war er tatsächlich BESSER als seine Blutsverwandtschaft. Kurz waren seine Klauen sehr nahe daran die Leben spendenden Adern seiner Tante zu zerreißen, doch er besann sich. Nicht nur, dass er nicht so recht wusste, ob er auch im Sinne des Gevatters handeln würde, wenn er sie tötete, Kazel wollte sich mit einer solchen Tat nicht mit ihr auf eine Stufe stellen. Das er damit ein fernes, zufriedenes, lipplos grinsendes Nicken erntete, ahnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Kazel war damit beschäftigt die Peitsche von Starles Arm zu binden. Er entrollte das Folterwerkzeug, um es anschließend von hinten um Starles Hals zu legen. Sobald die Zeit weiterlief, bräuchte er nur etwas zuzuziehen, damit er ihr das Atmen erschwerte. Ob und mit wessen Tod würde diese Szene den Vorhang fallen lassen?

*budum*
Die Zeit lief wieder an und der Sog riss Starle nach vorne. Doch so flink sie die Nadel geworfen hatte so abrupt endete ihre Bewegung, denn etwas ruckte gegen ihre Hals und ließ sie keuchen. Sofort griff eine Hand an das Leder an ihrem Hals und die andere Hand nach eine der Ketten, die sich um ihren Körper schlangen. Janay wusste, dass manche dieser Ketten dem Lustgewinn dienten, aber andere sicher einem ganz anderen Zweck. Noch war Starle nicht gänzlich überwältigt, auch wenn der plötzliche Druck an ihrer Kehle und das Verschwinden ihres Neffen aus ihrem Sichtfeld sie sichtlich irritierte. Ihre weit aufgerissenen Augen sprachen Bände. Sicher wäre das 'Was...' aus ihrer abgeschnürten Kehle deutlicher ausgefallen, wenn der Druck nicht wäre, aber Kazel ließ auf keinen Fall zu, dass sie sich so einfach befreite. Trotzdem war sie immernoch eine nicht zu unterschätzende Gegnerin mit freien Armen und Beinen. Und dass sie einen Gegner plötzlich hinter sich hatte, wurde ihr binnen eines Wimpernschlages klar.
Auch wenn man denken konnte, so eine Aristokratin würde sich nicht der Kriegskunst widmen, so täuschte man sich. Starle war durchaus fähig sich zu wehren und das tat sie. Ein heftiger Tritt ihrer mit Metall besetzen Stiefel traf Kazels ungeschütztes Schienbein und ließ gleißenden Schmerz in seinen Nervenbahnen explodieren. Ihr Absatz riss sofort eine klaffende Wunde. Dann kam es wieder auf Kazel an, wie er im Nahkampf reagierte. Seine Hände hielten die Enden der Peitsche zusammen. Sein Kopf war ihrem sehr nahe. Seine Instinkte rieten im sie schnell zu überwältigen, denn sonst würde ihre nächste Aktion vielleicht mit ihrer Befreiung enden. War das auch eine Option? Sie los lassen? Damit sie sich vom Schreck des Angriffs erholen und fangen konnte um dann ihre Fragen zu beantworten? Hier im Anwesen war sie definitiv in der 'Unterzahl'. Oder doch lieber ausschalten, da man sie schwer einschätzen konnte? Sollte man sie zu Atem kommen lassen und damit zum reden?

Janay sah sich nun, mit einer giftigen Nadel in der Hand, einer wütenden Aristokratin gegenüber, die ordentlich austeilte. Weder Kazel, noch sie hatten Starle je kämpfen sehen und so wussten sie nichts über ihren Gegner. Eines war jedoch klar. Starle kämpfte nicht ehrenhaft! Sollte man sie zum sprechen kommen lassen?
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Janay » Freitag 29. Juli 2022, 20:52

Die junge Frau war der Aristokratin auf den Leim gegangen und zwar vollständig. Sie hatte zwar einige, grauenvolle Momente der wahren Starle Tenebrée erlebt, doch alles davor und danach hatte sie ausreichend eingelullt, um sie nicht direkt als eine Gefahr wahrzunehmen. Stattdessen ermunterte sie Kazel auch noch, seiner Tante gegenüber zu treten und sich mit ihr... auszusprechen.
Trotzdem war sie an seiner Seite, solange er es denn wollte. Und das war gut so, da sich ihre Gabe unvermittelt meldete. Ihr war, als würde sich über die Wirklichkeit eine Art bewegliches Buch legen, das zum Leben erwachte und ihr innerhalb eines Lidschlags verriet, was ohne ihr Eingreifen geschehen würde.
Janay war nicht darauf vorbereitet, noch konnte sie es steuern. Weswegen ihr auch die Worte für das Gesehene fehlten. Was wiederum nur von Vorteil war, weil sie dadurch anderweitig reagieren musste. Nicht, dass sie sich einbildete, auf diese Weise tatsächlich rettend genug eingreifen zu können. Aber... sie konnte auch nicht nichts tun!
Also zog sie an der Hand des Mischlings und löste damit etwas aus, von dem sie noch weniger eine Ahnung hatte als von dieser Gabe, die sich in letzter Zeit erstaunlich oft meldete. Während er die Zeit verlangsamte und ihr eigenes Handeln auf diese Weise wie in Zeitlupe ablief, spürte sie nur unbewusst kurzfristig so etwas wie einen gewissen, zähen Widerstand, der sie allerdings nicht aufhalten konnte. So laut sie konnte, schrie die junge Frau um Hilfe und begriff nicht so recht, warum der Dunkelelf, der sie hergebracht hatte, nicht endlich auftauchte.
Und noch weniger verstand sie es, wieso diese unauffällige, hundsgemeine, silbrige Mordwaffe plötzlich in ihrer Hand lag. Als hätte sie noch nie ihre eigene Rechte gesehen, starrte sie auf ihre Finger, die dieses fremde Ding so hielten, dass sie sich daran nicht selbst verletzte. Nun ja... zumindest nicht, solange sie so dastand. Während in ihrer unmittelbaren Umgebung gekämpft wurde und ihre Hilfe durchaus notwendig gewesen wäre.
Es dauerte wahre Ewigkeiten, bis sie heftig zusammen zuckte und begriff, dass sie nun die Nadel in der Hand hielt. Wie sie dahin gekommen war... davon hatte sie keine Ahnung! Aber der Angriff war abgewehrt worden und Kazel gerettet... oder?
Endlich sah Janay auf und wurde blass, als sie die beiden kämpfenden Verwandten miteinander sah. Instinktiv wich sie zurück, anstatt unterstützend mitzumischen, die Nadel wie eine lautlose Drohung mit der giftigen Spitze von sich weg zeigend.
Langsam schüttelte sie den Kopf und warf einen Blick über die Schulter zurück. War da endlich Unterstützung? Hatte sie jemand gehört und eilte nun zur Hilfe? Oder drohte ihr von dort aus ebenfalls Gefahr, weil die adelige Dunkelelfe nicht allein hierher gekommen war?
Da fiel Janay siedend heiß die Haushofmeisterin ein. Die, die dem anderen Dunkelelfen gestern so gut gefallen hatte, dass die Strafversetzung in ihre Nähe keine gewesen wäre. Jetzt endlich drangen auch weitere Kampfgeräusche an ihre empfindlichen Ohren, sodass sie schwer schluckte.
Wieder sah sie zurück zu Kazel und merkte, wie ihr die Knie unnatürlich weich wurden. Was sollte sie tun? Sie war keine Kämpferin und es ließ ihr Herz jetzt schon wahrlich aussetzen, allein zu zusehen, wie ihr Liebster mit seiner Tante rang, der er die Lederschnur vom Oberarm entfernt und um den Hals geschlungen hatte.
Während die hochgewachsene Frau mit ihrem Schuhwerk umzugehen und Schmerzen zu bereiten verstand. Die Augen der Schwangeren hefteten sich auf die leicht blutende Wunde an Kazels Schienbein und wurden größer. Oh nein, auch das noch!
Erneut fragte sie sich, was sie tun sollte und dachte zugleich nicht an die vergiftete Waffe, die sie noch immer eigentlich einsatzbereit vor sich herhielt. Nur... anstatt die Gelegenheit zu nutzen, während die beiden anderen miteinander beschäftigt waren, und Starle damit unschädlich zu machen, wich sie weiterhin zurück... bis die Wand diesem Weg ein jähes Ende setzte.
Leise quiekte sie auf, aus Furcht, einem Feind in die Arme gelaufen zu sein, bis sie feststellte, dass dem nicht so war. Das half ihr nur nicht bei der Antwortfindung. Was, bei den Göttern, sollte... und konnte sie jetzt tun?!
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Kazel Tenebrée » Montag 1. August 2022, 10:41

Man konnte sich fragen, wofür ein höheres Wesen wie der Tod selbst einen Lehrling braucht? Viel gelehrt hatte er Kazel bisher nicht, dennoch verdankte jener ihm mehr als sein Leben. Seine Seele hätte schon viel zu oft in die Domäne des Todes übergehen sollen. Sein Lehrmeister schickte ihn stets zurück. Dabei warf er ihn allerdings ständig ins kalte Wasser, indem er ihm Aufgaben zuwies, ohne ihm seine eigene Vorgehensweise zu vermitteln. Sicherlich, er bereicherte Kazels Fähigkeiten um übercelcianische Gaben, aber auch deren korrekter Einsatz musste der Mischling auf die harte Art und Weise lernen.
Man konnte glauben, der Gevatter Tod habe sich nur einen Lehrling gesucht, um zum einen einige Pflichten auf ihn abwälzen zu können, darüber hinaus aber zum anderen ein wenig Entspannung und Belustigung zu genießen. Seit Kazel in seinem Dienst stand, saß sich der alte Kuttenknochen selbige doch wund, weil er kaum noch aus seinem Lehnstuhl heraus kam. Der Schädel musste bal viereckige Augen bekommen, weil er nur noch in seinen magischen Weltenspiegel schaute und Kazels Bewältigungsversuche beobachtete, bis er letztendlich doch einschreiten musste. Wenigstens bekam er durch seine neue Freizeitbeschäftigung etwas auf die Knochen, so viel gepufften Mais wie er verdrückte! Dennoch blieb die Frage, warum Gevatterchen überhaupt einen Schützling benötigte - erst Recht, wenn er stets im letzten Moment eingreifen musste.
Auch jetzt schien die Situation wieder einmal aussichtslos. Kazel hatte zwar die Lederpeitsche seiner Mutter um den Hals deren Schwester gelegt, doch in seinem übermüdeten Zustand nicht eine Sekunde daran gedacht, auch ihre kampferfahrenen Gliedmaßen zu berücksichtigen. Er ächzte der Tante Speichel in den Nacken, als ihre Verse sein Schienbein mit einer Vehemenz traf, dass sie dort eine blutige Wunde hinterließ.
Er knickte ein. Die Peitschenstränge lockerten sich etwas und gaben Starle die Gelegenheit zu atmen. Kazel hingegen rappelte sich langsam zurück in einen sicheren Stand. Sein Schienbein brannte haraxisch. Er fühlte, dass er blutete, weil etwas warm über seine Haut Richtung Fuß rann. Mehr aus Reflex sich festzuhalten als aus schierem Rachedurst zog Kazel an Griff und Enden der Lederbänder. Starles Atempause währte nur kurz. Schon musste sich ihre Kehle wieder zusammenschnüren lassen. Sie konnte froh sein, keinen Ork als Neffen zu haben, ansonsten wäre ihr Kopf vielleicht durch die schiere Kraft einfach vom Rumpf getrennt worden. Kazel besaß nicht solche Kraft. Er hangelte sich nur zurück in den Stand und lockerte erst dann die Peitsche weit genug, damit seine Tante einen wiederholten Atemzug machen konnte. Dieses Mal schob er sein verletztes Schienbein etwas schräg nach hinten, um einem erneuten Angriff nicht hilflos ausgesetzt zu sein.
"Hör auf damit", knurrte er Starle harsch an und setzte dann alles auf eine Karte. Wenn sie anschließend noch immer nicht zum Reden bereit wäre, blieb ihm wohl keine andere Möglichkeit mehr. So ungern er ohne Auftrag seines Meisters einen Mord beging, ihm fiel keine Lösung für das derzeitige Tantenproblem ein, wenn sie nicht nachgab. Also versuchte er es mit den typisch dunkelelfischen Methoden in brenzligen Situation: Furcht und Drohung. Wie ernst Starle seine Worte nehmen würde, blieb abzuwarten.
"Ich kann durch den Raum springen, wenn ich will", log er. Ein Körnchen Wahrheit steckte dennoch darin. Selbst für Janay musste es ausgesehen haben, als sei Kazel einfach von einem Ort zum anderen ... teleportiert, ohne dorthin laufen zu müssen. Dass es nur an der Manipulation der Zeit lag, ahnte seine Liebste im Gegensatz zur Blutsverwandten aber vielleicht. Ihr würde er nicht das Geheimnis seiner Gabe preisgeben. Nicht so. "Ich kann dir immer wieder entkommen ... oder ... dich töten, wie ich es mit dem Sammler getan habe. Willst du zu ihm? Ein weiterer Angriff genügt und ich erfülle deine Wunsch! Oder wir reden. Mein letztes Angebot. Nutze deinen Atemzug klug ... Tante." Um seine Worte zu unterstreichen, zog Kazel die lederne Schlinge noch einmal fester herum. Dieses Mal rechnete er sogar mit Gegenwehr und würde notfalls noch mehr Lebenszeit opfern, um einem wiederholten Hackenschlag oder einer Attacke mit den Händen zu entkommen. Käme es dazu, würde er wieder vor Starle auftauchen und sie zwar nicht töten, aber anstandslos genug sein, ihr eine Ohrfeige zu verpassen. Das bedeutete dann zwar, die Peitsche beiseite zu werfen, aber der Weg wäre dann ohnehin von ihr entschieden worden ... und ihr Ende, wenn es nach ihm ging.
Vielleicht aber agierte Janay auch. Er hatte ihr nicht umsonst die Nadel gegeben. Er vertraute ihr! Dass sie mit dem Dolch damals nicht mutwillig angegriffen hatte, sondern nur gestolpert war, hatte er in Sademos' Gestalt nicht erkennen können. Selbst der Sammler besaß keine Augen im Hinterkopf. Für ihn war Janay eine Trumpfkarte, die jederzeit das Gift in die Tante jagen konnte, das für ihn bestimmt gewesen war. Außerdem musste Dry'ol doch noch irgendwo stecken oder aber jemand hatte die Schreie seiner Liebsten gehört. Kazels Ohren klingelten noch immer etwas nach von ihrer Stimme.
Wie es auch käme, etwas würde geschehen. Er war so vorbereitet wie er sein konnte. Für Kazel gab es nur noch zwei Optionen. Keine konnte er bewusst entscheiden, sondern musste sie von Starles Reaktion abhängig machen. Für die Tenebrée aber ging es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben oder Tod.
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Re: Das neue Heim

Beitrag von Erzähler » Dienstag 2. August 2022, 11:10

Janay sah zurück zu Kazel und merkte, wie ihr die Knie unnatürlich weich wurden. Ihr Liebster kämpfte mit seiner Blutsverwandten. Gab es einen größeren Beweis, dass er nichts mit ihr zu tun haben wollte? Aber was sollte sie jetzt tun? Janay war keine Kämpferin und es ließ ihr Herz jetzt schon aussetzen, allein zu zusehen, wie ihr Liebster die Lederschnur vom Oberarm entfernt und Starle um den Hals geschlungen hatte, während die hochgewachsene Frau mit ihrem Schuhwerk und den scharfen Absätzen daran umzugehen und Schmerzen zu bereiten verstand. Die Augen der Schwangeren hefteten sich auf die leicht blutende Wunde an Kazels Schienbein und wurden größer.
Erneut fragte sie sich, was sie tun sollte und dachte zugleich nicht an die vergiftete Waffe, die sie noch immer eigentlich einsatzbereit vor sich herhielt. Nur... anstatt die Gelegenheit zu nutzen, während die beiden anderen miteinander beschäftigt waren, und Starle damit unschädlich zu machen, wich sie weiterhin zurück... bis die Wand diesem Weg ein jähes Ende setzte. Leise quiekte sie auf, aus Furcht, einem Feind in die Arme gelaufen zu sein, bis sie feststellte, dass dem nicht so war. Das half ihr nur nicht bei der Antwortfindung. Was, bei den Göttern, sollte... und konnte sie jetzt tun?! Der harte kühle Druck an ihren Schulterblättern bot fast so etwas wie Halt und Trost in dieser chaotisch Situation und einen Moment sah sie einfach nur still und vom Geschehen gefesselt zu.

Kazel hingegen war mittendrin statt nur dabei! Der Schmerz ließ ihn kurz einknicken. Die Peitschenstränge lockerten sich etwas und gaben Starle kurz die Gelegenheit zu atmen. Keuchend sog sie Luft in die Lungen. Kazel hingegen rappelte sich langsam zurück in einen sicheren Stand. Sein Schienbein brannte haraxisch. Er fühlte, dass er blutete, weil etwas warm über seine Haut Richtung Fuß rann. Mehr aus Reflex sich festzuhalten zog er an Griff und Enden der Lederbänder. Starles Atempause währte nur kurz. Schon musste sich ihre Kehle wieder zusammenschnüren lassen. Sie konnte froh sein, keinen Ork als Neffen zu haben, ansonsten wäre ihr Kopf vielleicht durch die schiere Kraft einfach vom Rumpf getrennt worden. Das Keuchen erstarb, unterbrochen vom Druck des Leders. Kazel hangelte sich nur zurück in den Stand und lockerte erst dann die Peitsche weit genug, damit seine Tante einen wiederholten Atemzug machen konnte. Rasselnd drang der Atem in sie ein und sie versuchte sich sofort erneut zu wehren. Dieses Mal schob er sein verletztes Schienbein etwas schräg nach hinten, um einem erneuten Angriff nicht hilflos ausgesetzt zu sein, was gut war, sonst hätte sie ihn erneut erwischt. Der nächste Tritt ging ins Leere. Ihre Hände versuchten verzweifelt das Leder von ihrem Hals zu kratzen und vermutlich verletzte sie sich mit ihren Nägeln dabei selbst auch ein bisschen.
"Hör auf damit!"
, knurrte er Starle harsch an und setzte dann alles auf eine Karte und versuchte es mit den typisch dunkelelfischen Methoden in brenzligen Situation: Furcht und Drohung.
"Ich kann durch den Raum springen, wenn ich will"
, log er.
"Ich kann dir immer wieder entkommen ... oder ... dich töten, wie ich es mit dem Sammler getan habe. Willst du zu ihm? Ein weiterer Angriff genügt und ich erfülle deine Wunsch! Oder wir reden. Mein letztes Angebot. Nutze deinen Atemzug klug ... Tante."
Um seine Worte zu unterstreichen, zog Kazel die lederne Schlinge noch einmal fester herum. Dieses Mal rechnete er sogar mit Gegenwehr, was nur zu logisch war, denn er drehte ihr immer mehr den Luftstrom ab. Sie kämpfte um ihr Leben. Einen verzweifelten Moment lang bäumte sie sich auf und Kazel erkannte was folgen würde. Er würde genauso handeln. Einen Angreifer im Rücken konnte man mit dem eigenen Schädel ausschalten, wenn man sich mit Schwung zurück warf. Auf eine solche Attacke war er vorbereitet. Er verschwand einfach hinter ihr und sie stürzte ins Leere. Zwei weitere Herzschläge verschwanden von seiner Sanduhr. Krachend landete Starle auf dem Rücken und keuchte. Die Peitsche war fort und ihr Neffe stand vor ihr. Ungläubig zu ihm auf starrend hielt sie sich die Kehle und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Kazel stand nun mit dem Rücken zu Janay, die knapp an ihm vorbei auch Starle sehen konnte.

Die Wand hinter Janay hatte sie erst erschreckt und bot nun Schutz. Neben ihr stand eine hohe Uhr, die teilweise aus fahlen Knochen gefertigt worden war. Ein leises Klicken ging von ihr aus.
...klick..klick...klick...klick...KLICK...klick...
Das Geräusch war so surreal in dieser Situation, dass Janay das eine lautere Geräusch darin fast nicht aufgefallen wäre, wäre nicht einen Moment später eine langsame Bewegung in ihrem Augenwinkel aufgetaucht.
Keona...
Janay befand sich im 'toten Winkel' an die Wand gepresst halb durch die Knochenuhr verborgen, als die Hausdame die Tür geöffnet hatte und langsam leicht geduckt auf Kazel zu schlich. In ihren Händen trug sie jeweils zwei dünne scharfe dornen- artige Gabel-Klingen. Kannte Janay die Waffenbezeichnung 'Sai'? An der einen Spitze war eindeutig Blut – vielleicht eine Erklärung, warum Dry'ol nicht zu Hilfe kam. Der arme Tropf hatte sich womöglich in die Falsche verguckt, sowie Janay in die Falsche Hoffnung gesetzt hatte.

Kasel nahm nichts von der drohenden Gefahr in seinem Rücken war, denn Starle band seine ganze Aufmerksamkeit.
„Kazel...*räusper*...warte...“
Ihre sonst so einschmeichelnde, ja fast liebliche Stimme klang rau und hässlich.
„Du willst reden, also reden wir...*räusper*... Lass mich nur einen Moment zu Atem kommen.“
Starles Blick hing fest an ihm und sie machte nicht den Fehler, an ihm vorbei nach ihrer treuen Gehilfin zu sehen. Starle war gut und so perfekt falsch, das ihr das Lügen zur zweiten Haut geworden war.
„Ich... ich habe wirklich nicht geglaubt dich hier zu sehen! Du... du bist echt oder? Wirklich? Bist du mein Neffe? Ich...“
Nichts von dem was Janay in ihrer Vision gesehen oder gehört hatte wusste Kazel. Noch ahnte er nichts von ihrem Verrat an seiner ganzen Familie. Starle sprach nun schneller:
„Ich dachte, er... der Sammler will mich reinlegen! Ich dachte, du bist schon lange tot und er will nur meinen Einfluss. Ich glaubte, du …du wärst ein Attentäter, den er mir vorsetzt. Einer der dir ähnlich sieht... Du... Das könntest du immernoch sein! Wie soll ich sicher sein, dass du wirklich der Sohn meiner Schwester bist?! Beweise! Ich brauch einen Beweis! Zeig mir etwas, dass nur mein Blut … mein Kazel wissen kann! *hust*...“
Sie hatte abwehrend die Handfläche gegen ihn erhoben, als könnte sie ihn damit auf Abstand halten. Die größte Art von Falschheit, ist vorgespielte Ehrlichkeit, so sagte man. War Starle ehrlich in ihrer Bestürzung? Hatte sie wirklich nicht geglaubt den echten Kazel hier vorzufinden? Vielleicht lag sogar ein Körnchen Wahrheit in ihren Lügen...

Keona hatte ihn fast erreicht.
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