Noch immer spürte Kazel diese leichte Übelkeit, wenn er durch Zeit und Raum gerissen wurde. Tod achtete da auch nicht sonderlich auf sein Befinden. Das würde wohl vergehen, wenn Kazel einmal eines Tages auch so richtig tot war. Aber als er jetzt wieder klar sehen konnte, da standen sie inmitten einer Taverne, die übersät war von Leichen. Eine stand sogar mehr oder wenige aufrecht und kam Kazel entfernt bekannt vor, mit den auffallend roten Haaren. Als hätte er sie schon mal in diesem Wasserbild am Strand des Gevatters gesehen. Jetzt aber stand die Zeit still und es sah so aus, als ob sie gerade stürzen würde und ein Mann sah aus, als ob er sie gleich auffangen könnte. Trotzdem hatte sie schon mal besser ausgesehen. Kazel sah aber auch sofort, dass etwas an ihr nicht stimmte. Tod wies mit einer Hand auf sie und meinte:
„Die da nicht. Die hat ne Sondergenehmigung hier zu sein.“
Damit wandte er sich den Leichen am Boden zu und schritt dabei an einer jungen noch stehenden Frau mit einigen markanten Narben im Gesicht vorbei. Sie war eine der Lebenden hier und genauso eingefroren, wie der Mann und alles andere drum herum.
„Nimm du den da.“
, und wies auf einen der Leichen, dem der Kopf fehlte. Es herrschte einen Moment lang Stille. Wo warnen sie hier eigentlich? Die Welt war wie in Watte gepackt und über ihr hing ein Schleier aus Bedrückung, der alles irgendwie in Schatten tauchte. Lediglich die Blutlachen stachen merkwürdigintensiv mit ihrer Farbe heraus, als trügen sie die Erinnerungen an Leben in sich. Sie hatten sich von den Körpern der Getöteten immer weiter im Raum ausgebreitet. Das Blut von Orks war dunkler als das anderer Völker. Jetzt hatte es sich mit dem der hingerichteten Elfen vermischt, als es zähflüssig vom Tisch zu Boden tropfte und die kleinen purpurnen Perlen in der Luft hängen geblieben waren. Kazel fand den weg gerollten Schädel und die toten Augen von Ignis', der mit starrer Todesmiene unter einem der Barhocker und somit ein ganzes Stück weit entfernt von ihrem Körper lag. Das er Ignis' hieß, wusste er einfach, nachdem Tod ihn ihm zugewiesen hatte. Daneben lag sein Mordwerkzeug. Die lange Klinge lag neben ihm am Boden und die Spur nackter Füße war zu sehen, wie sie von Schauplatz weg führten. Kaum trat Kazel näher, da löste sich wie von seiner bloßen Erscheinung angezogen die Seele von der Leiche. Der 'Geist' hing noch am Körper, aber da materialisierte sich eine Sichel in Kazels Hand.
"Schneid ihn los und halt ihn gut fest."
, meinte Tod von der anderen Seite des Tresens, wo er sich gerade einen Krug Wein einschenkte. Da Kazels Nase noch sehr lebendig war, konnte er das Aroma von süßen frischen Äpfeln erkennen. Tod trank und die Flüssigkeit verschwand ins Nichts. Dabei behielt er seinen Lehrling im Auge. Die nackte Seele des Verstorbenen vor ihm begann sich nervös umzusehen und fragte prompt:
"Was ist passiert."
"Du bist gestorben."
, antwortete der Gevatter. Tod wedelte mit dem Finger, als Kazel wie geheißen tat.
"Aber..."
**SCHNIPP**
Das Band zum Leichnahm war durchtrennt und die Geistergestalt bündelte sich in einem kleinen Leuchten, dass Kazel dann in seiner Hand hielt.
"Wenn du sie nicht rechtzeitig los schneidest, oder sie dir entwischen, dann werden sie zu ruhelosen Geistern und quälen die Lebenden."
Tod wandte sich an die nächste Leiche und hob allein durch sein Heran-Treten die Seele aus dem Körper und durchnitt fast gleichzeitig die Verbindung zum Körper. So ging es schell und rutiniert weiter, bis alle eingesamelt waren, dann trat er wieder zu Kazel nahm ihm die einzelne Seele ab, die sein Geselle geschnitten hatte und grinste.
"Das wars eigentlich schon. So läuft es meistens ab. Manchmal ist es auch komplizierter, aber das bring ich dir ein andern mal bei. Ich bring sie jetzt noch rüber zum Strand und wenn die Götter wollen, dann holen sie sich den braven Teil."
Er sah sich kurz um und breitete die Arme aus.
"Das ist es schon. Mehr mach ich nicht. Einsammeln und weiter leiten. Aufpassen, dass so wenig wie möglich entwischen, oder keiner mit ihnen Schindluder treibt, wie zum Beispiel: irgendwelche Dämonen."
Tod ließ die Arme sinken.
"Is nicht schwer, oder?"
Er grinste immernoch.
"Das nächste mal können wir uns etwas mehr Zeit nehmen. Manchmal unterhalte ich mich auch noch ein bisschen mit ihnen, aber ich muss jetzt leider weiter. Du kommst ja jetzt allein nach Hause."
Nein!!! Nicht!!...
Weg war er.
Allein gelassen stand Kazel in der Taverne und fühlte, dass sein Leben ganz wo anders jetzt weiter laufen sollte. Er war schließlich noch am Leben und das hier fühlte sich merkwürdig an. Nicht gänzlich falsch, aber auch nicht ganz richtig. Die Zeit lief auch nicht weiter, selbst wenn er sich bemühte sie wieder in Gang zu setzten. Er war in diesem Moment gefangen. Also was tun? Sein Blick fiel von einem diffusen Lichtstrahl angezogen zu einem der Fenster und so ging er dort hin. Es war nur angelehnt und so konnte er es aufdrücken. Er sah nach draußen, Kopfsteinpflaster und dann... sah er das Meer. Ein Pier mit Schiffen und still stehenden Leuten, auf den ersten Blick hauptsächlich Dunkelelfen und Menschen und auf einem aufgestellten Schild unter dem Fenster stand mit Kreide geschrieben:
** Heute im Angebot: Fischgericht 3F Fischsuppe 2F heimische Getränke: Andunischer Apfelbrand 1F Seefahrers Braut (Rum) 6F Rübenschnaps 3F ** |
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„Jaja... gern geschehen.“
Er war in Andunie gewesen! Er könnte wieder dort hin springen!
Dann riss es ihn zurück.
(Kazel weiter bei: Das neue Heim)