Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Kein Marktplatz ist schöner und lebhafter als der Andunies. Hier findet man alles, was das Herz begehrt. Leider treiben sich auch ab und an kleine Diebe herum, doch das mindert die Kauflaune der Bürger wenig.
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Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 24. November 2022, 18:12

(Nell kommt von: Der geschändete Tempel)

Die nächste nackte Haut die Nell sich präsentierte, war leider das rückwärtige 'Arsch-Dekolletee' eines Orks. Der grau-grün-häutige Kerl beugte sich zu der sehr viel kleineren Rubin hinunter und ...bäh...küsste sie auf die Stirn. Hä? Von liebevollem Umgang dieser Riesen hatte Nell noch nie was gehört. Rubin lachte und tätschelte die Wange des Orks:
„Tuff, schön, dass ich dich hier treffe. Nimm doch bitte Bramo da drüben...“
Bramos Augen wurden groß.
„...meine Tasche ab. Er muss sich ein Instrument aussuchen... Ach und Nell?“
Ja, auch sie wurde angesprochen:
„Brauchst du auch was?“
Der Ladenbesitzer kniete immernoch neben seinem Tresen und hielt den Blick gesenkt. Seit dem sie die Baustelle verlassen hatten, schien jeder in ihrer Umgebung zu ...kuschen. Rubin strahlte wohl etwas wie 'Ehrfurcht' aus... oder was anderes. Sogar die Dunkelelfen nickten freundlich, wenn sie vorbei kamen. Und Nell und Bramo ging es in ihrem Fahrwasser richtig gut. Den Weg durch die Gassen hatten sie ohne Zwischenfall überstanden und hatten den kleinen Laden erreicht.
Rubin sah sich in der Auslage um, als suchte sie etwas bestimmtes. Der Ork nahm Nells Freund die Tasche ab, zwinkerte ihm grinsend zu, dass Bramos Augen noch größer wurden und stellte sich dann an den Eingang. Das Geschäft lag näher zu den gehobenen Vierteln der Stadt und hatte im Krieg nur wenig Schaden genommen. Eine Mauer war von außen geschwärzt, aber sonst hatte der Besitzer wohl Glück gehabt. Der gebürtige Andunier wagte nicht aufzusehen und Rubin verhielt sich, als hätten sie die freie Auswahl.
„Bramo, schau... diese Laute wäre das was für dich?“
Sie hielt eine zehn-seitige Laute im Arm. Das Holz war edel und Dunkel, die Saiten aus Einhornhaar, mochte man meinen und feinste Schnitzereien verzierten den Klangkörper. Sogar ein wenig Goldfarbe war an den Rändern aufgetragen und verhießen, dass das Instrument wohl unbezahlbar war.

(Inspiration)

Bramo konnte nur starren. Rubin ging auf ihn zu und drückte es ihm einfach in die Hand, so dass er, wollte er das Kunstwerk nicht fallen lassen, zugreifen musste. Dann schienen ihm die Knie zu zittern, denn er setze sich spontan im Schneidersitz auf den Boden und...
begann zu spielen! Um so länger die Pause nach dem ersten Anschlagen der Seite geworden war, um so mehr füllte sich die Stille. Es brauchte ein klein bisschen Geduld um den Geist zu leeren, bereit zu sein, die Leere mit Klang zu füllen und das Herz zu öffnen, aber Bramos Musik verstand es einen an die Hand zu nehmen und jedermann auf diesen Weg mitzunehmen. Nell schloss wie immer, wenn er spielte die Augen und lauschte...

(Inspiration)

Bramos Finger waren länger geworden, stellte Nell schnell fest. Er konnte nun mehr Akkorde greifen und hatte sein Spiel verbessert. Es hatte an Emotionen gewonnen. Auch das war neu, oder? Oder hatte sie ihm länger nicht zugehört? Rubin und auch der Ladenbesitzer lauschten ergriffen. Ein paar Passanten blieben unwillkürlich vor dem Eingang stehen, den der weichherzige Ork mit Namen 'Tuff' bewachte, der weiches Gestein beschrieb. Alles war still um sie herum geworden und als er endete, glitzerte eine Träne im Augenwinkel der Heilerin.
„Du spielst wirklich wunderschön. Meine Herrin wird begeistert sein.“
Rubin hatte die Hände auf ihren wogenden Busen gefaltet und atmete noch einmal ergriffen durch, bevor sie sich an die Elfe wandte:
„Und hast du etwas gefunden?“

((ooc: Suche dir gern ein Musikinstrument aus und beschreibe es. Ggf Bild per pm an mich ;) ))
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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Naella Federfall » Freitag 2. Dezember 2022, 15:45

In ihrem Leben war Naella Federfall noch immer ‚irgendwie‘ davongekommen. Ihr Handeln hatte zwar Konsequenzen, doch diese blieben seit über 70 Jahren weitestgehend folgenlos. Zumindest aus ihrer Sicht. Nell war kein schlechter Charakter – ganz im Gegenteil. Doch dass sie wie ein zu groß geratenes Trampeltier über so manche zarten Pflänzchen namens Gefühle hinwegtrabte, das übersah sie mitunter. In ihrer Erinnerung herrschte eine wahre Flut an Unschuld und auch wenn sie nicht auf den Mund gefallen war, so war sie doch jungfräulich im Bereich der Liebe. Bramo hatte sich jemanden ausgesucht, der ohne Hilfe gewiss nicht darauf kommen würde, dass es mehr geben könnte als nur ein Pfeifen auf den Lippen und ein freches Lächeln für jede Situation. So gab es in ihrer Erinnerung auch nur Karli…Kalli… Kalle – wie auch immer-, der an dem einen Morgen aussah wie immer und seiner Arbeit nachkam, wie immer. Und am Abend deutliche Spuren einer Auseinandersetzung gehabt hatte. Und Bramo, der mit der Sprache nicht wirklich herausrückte. Sie jedenfalls wusste nichts von dem ‚Gespräch‘ zwischen ihnen und demnach beließ sie es auch nur mit einem Schulterzucken dabei. Ohnehin hatte sie sich mit Bramo dann verkrümmelt – er war ihr schon immer der liebste Zeitvertreib gewesen, wenn sie nicht auftreten mussten. Warum ausgerechnet der mürrische Apfelmensch ihre Sympathie so hervorlockte, wo doch nichts in ihrem Leben reichhaltigen Bestand hatte, ergründete Nell sicher nicht. Dazu müsste sie ja in sich gehen und würde doch nur von unzähligen, losen Gedankenfäden abgelenkt werden. So wie jetzt, als sie seinen Blick nicht bemerkte, während sie Mikk anschaute, der zu viel Apfel gegessen hatte. Erst als sie aufschaute, um ihre Aufmerksamkeit wieder der Heilerin zu widmen, traf sie seinen Blick. Für einen Moment blieb sie fragend darin hängen, bis sie ihm ein typisches Lächeln schenkte und ihn anleuchtete. Ihre Antwort kam, wie sie kommen musste: Nell war dabei! Bisschen Unterhaltung, das bekam sie mühelos hin. Dass sich das Publikum hier aber etwas anders gestalten könnte, darauf kam sie nicht. Wieso auch – ein schwieriges Publikum forderte die Schaustellertruppe nur im besonderen Maße. Andere würden sich vielleicht Gedanken machen, was angebracht wäre, was spielbar wäre oder was sie beeindrucken würde. Nell war das gleich. Sie zeigte, was sie zeigte und Schluss. Bisher hatte sie noch jeden Mund zum Lachen gebracht. Wenn manchmal vielleicht auch unfreiwillig!

Die Tatsache aber, dass sie sich doch auch unwohl gefühlt hatte, als es den Anschein gehabt hatte, dass sie anderweitig für Vergnügen sorgen sollte, hatte Nell bereits wieder vergessen. Sie selbst war sich nicht mal bewusst gewesen, doch da hatte etwas in ihren Augen gelegen, das zumindest dem aufmerksamen Betrachter deutlich hätte zeigen können, dass sie das nicht gewollt hätte. Dass aber ihr Naturell manchmal auch Dinge auf die leichte Schulter nahm, die man nicht leichtfertig hinnehmen sollte. Nell’s Art war nicht nur für ihre Freunde ein Kreuz. Auch für sie selbst und vermutlich würde sie in dieser von Dunkelelfen dominierten Stadt noch gehörig auf die Nase fallen. Aber das waren keine Gedanken, die ihr durch den hübschen Kopf schwirrten. Nell wandte sich schwungvoll um, griff sich ihre eigene Tasche und stopfte Mikk da rein, ehe sie Rubin folgte. Dem schmatzenden Abschied betrachtete sie mit unverhohlener Neugierde, ehe sie einen Blick auf Bramo zurückwarf. Während er hinterher hinkte, fiel ihr aber dennoch auf, wie er die Tasche locker flockig aus der Hüfte trug und sich dabei spannte, was sich ‚gestern‘ noch nicht gespannt hatte. Sie blinzelte. Wann war denn das alles passiert? Und wieso konnte sie das erst jetzt erkennen, DASS das alles passiert war? Ihr kam die Situation während ihres Lauschangriffs in den Sinn und sie hustete. Die Bilder waren gerade in einem Kopf wie Nell’s viel zu lebhaft und bunt gespeichert. Sie vergaß so schnell nicht. Und ihre Magie hatte auch einen Großteil äußerst echt in ihr verankert, sodass sie in einen Tagtraum verfiel, der ihr noch mal die Nähe zu ihm bewusstgemacht hatte. Wie er wohl ohne Hemd aussieht? Ob er mich mal anfassen lassen würde? Ich muss ihn wirklich fragen, wann er denn diese Muskeln bekommen hat. Hat er mir gar nicht erzählt! Und harte Arbeit… naja. Waren wir irgendwann mal getrennt? Kann mich gar nicht daran erinnern… Wie alt war er noch gleich? Achja… 16… Aber - … na warte mal… er war…16 als wir uns kennengelernt hatten.. das ist aber schon… ewig her?!Nell träumte… und rannte prompt in das Zelt am Eingang. Erschrocken quiekte sie, ehe sie sich verhedderte und schlussendlich doch noch irgendwie ins Freie taumelte.
Mit leicht wilden Haaren schaute sie sich erschrocken um, ehe sie schnaufte, sich die Haare mehr schlecht als recht richtete und dem kleinen Tross folgte. Noch immer grübelte sie ein wenig über ihre Neuentdeckung, dass Bramo inzwischen älter war, nach, ehe sie jedoch von einem Anblick abgelenkt wurde, der augenblicklich sämtliche Gedanken wegwischte. Nell verzog wenig damenhaft das Gesicht und rümpfte die Nase, dann lachte sie aber und deutete mit dem Daumen auf das Gesäß des Orks, ehe sie Bramo darauf aufmerksam machen wollte. „Tuff, schön, dass ich dich hier treffe. Nimm doch bitte Bramo da drüben...“ – Nell zog die Brauen hoch, als sich der Ork vorneigte und Rubin auf die Stirn küsste. Sie wich einen Schritt zurück – brauchte er bei ihr gar nicht erst zu versuchen! Ihgitt. Als sie allerdings Bramo erwähnte, wanderte der gelbe Blick zu ihrem Freund und sie blinzelte überrascht, ehe die Auflösung folgte: „...meine Tasche ab. Er muss sich ein Instrument aussuchen... Ach und Nell?“ „Hier!“, antwortete sie nickend „Brauchst du auch was?“, wurde sie gefragt und in ihrem Gesicht war eine kurze Verständnislosigkeit offenbar. „Öhm.“, machte sie wenig geistreich, ehe sie ihren Blick schweifen ließ. Naella betrachtete die Musikinstrumente und bekam das Gespräch zwischen Bramo und Rubin gar nicht wirklich mit. Ihre Augen tasteten das schöne Holz von Bratsche, Leier und Harfe ab. Hier und dort ließ sie eine Saite anklingen oder strich einfach nur ehrfürchtig mit ihren Fingerspitzen darüber. Nell war ein wahres Trampeltier, wenn sie wollte. Aber sie erkannte durchaus auch den Wert schöner, handwerklicher Arbeit. Ihr Blick fiel auf den knienden Besitzer. „Habt ihr das alles gebaut?“, fragte sie ihn lächelnd und scherte sich nicht weiter um Gepflogenheiten. Ihr war aufgefallen, wie sehr die Leute ihnen Platz gemacht hatten, die Köpfe gesenkt und gehalten hatten, bis sie vorübergegangen waren. Sie hatte es registriert, aber sich nicht weiter Gedanken dazu gemacht. Nell wartete ab, ob der Ladenbesitzer ihr antworten würde, ehe ihre Aufmerksamkeit von sanften Tönen beansprucht wurde.

Sie wandte sich um und sah Bramo, wie er auf dem Boden saß und die Laute anstimmte. Ihr Fokus änderte sich. Sie sah ihn, wie er sich der Musik hingab und jeder Ton sie fortführte auf unbekannte Pfade. Nell sah nur in das Gesicht ihres Freundes dabei. Sie lächelte jedoch im Gegensatz zu den anderen. Sie kannte sein Talent, wusste, dass er spielen konnte, auch wenn das von ihm gewählte Stück doch äußerst berührend war. Und unbekannt. Sie meinte, dass er das noch nie gespielt hatte und legte den Kopf etwas schief. Naella lehnte sich an den Tresen des Verkäufers und tauchte weiter hinab in das sinnliche Bild, welches sich ihr bot. Moment mal… sinnlich?! Wieso sinnlich. Ist doch nur Bramo mit ner Laute…., brummte sie in Gedanken und spürte, wie ihr die Wangen wieder glühten. Nell schaffte es trotzdem nicht, sich dem Zauber zu entziehen. Etwas in ihr klang anders dabei. Ruhiger… nachdenklicher. Und es machte sie kribbelig, wenn sie versuchte zu ergründen, wieso der Mann plötzlich ein anderer war. Nach so vielen Jahren gemeinsam unterwegs, waren da plötzlich neue Töne in ihrer Symphonie der Freundschaft! Wie gemein! „Du spielst wirklich wunderschön. Meine Herrin wird begeistert sein. „Und hast du etwas gefunden?“ „Was?!“, krächzte Nell, die nur mühsam aus der Trance, die Bramo heraufbeschworen hatte aufwachen konnte. Sie blinzelte, wandte den Blick von dem Spielenden ab und starrte Rubin mit leerem Blick an. Sie war ungewöhnlich ernst dabei. War sie etwa ergriffen von den Emotionen?! Doch nicht Nell… ! Sie räusperte sich und fand wieder zu sich zurück. „Ehm… - also.. ich hab‘ meine Geige. Die würde mir reichen.“, meinte sie schulterzuckend. Ihr Blick glitt noch mal kurz zu Bramo. Wieso hat er ihr das Stück nie gezeigt? Oder hatte er, aber sie hörte nicht zu? Nein… bei Musik und Kunst war Nell meist konzentriert. Ihr Leben bestand daraus und somit wusste sie durchaus ein gutes Spiel oder einen gemeinen Streich wertzuschätzen. Daran lag es nicht… es musste neu sein, denn auch seine Haltung, sein ureigenes Spiel hatte sich verändert. Sie waren länger nicht aufgetreten, das stimmte. Immerhin zerschlug sich ihre Gruppe, durch den Krieg. Und sie beide… sie waren nach Andunie aufgebrochen. Und da waren sie. Naella kramte ihre Geige hervor. Sie war nichts Besonderes und konnte unter all den Schönheiten in diesem Laden nicht glänzen. Doch das machte nichts. Es war die Geige ihrer Mutter und die Patina auf ihr, hatte Geschichte. Nell hatte sie hier und dort mal ausgebessert und neue Saiten gezogen, doch ansonsten…
Die Elfe fand ihre lockere Art wieder und legte die Geige gekonnt an. „Wie wäre es damit?!“, grinste sie und man sah ihr die Schaustellerin durchaus an. Nell stimmte ein äußerst frohes und schnelles Lied an, ließ sich mitreißen von ihrer liebsten Beschäftigung: Unterhaltung. Naella spielte leidenschaftlich und verlor sich derweil darin. Denn plötzlich gab es kein Halten mehr: Die Shyáner Elfe befand sich leichtfüßig mit einem Satz auf dem Verkaufstresen und wechselte das zu spielende Stück: Wirbelnd und mit einem rhythmischen Stampfen ihres Fußes, untermalte sie das fröhliche Geigenspiel. Sie wog sich hin und her und man sah ihr die Frohnatur an. Es war lange her, dass sie so hatte spielen können und sie verlor sich weiter und weiter. Mit geschlossenen Augen wurde ihr Spiel etwas lieblicher, ehe es wieder aufbrandete und dazu angetan war, dass man nicht ruhig an Ort und Stelle stehen bleiben wollte! Nell lachte jedem ins Gesicht, ehe sie in einer kurzen Pause vom Tresen sprang und um Bramo herumtanzte, sich drehte und wieder lachte, ehe sie Rubin, Tuff und dem Verkäufer einheizte. Als es endete, hielt sie Geige und Bogen in den Händen hoch und strahlte über das gesamte Gesicht mit hebender Brust. Sie leuchtete beinahe und ihre Wangen glühten. Das war pure Freude! Bis sie sich offenbar entsann, wo sie eigentlich war und langsam die Arme sinken ließ. Sie räusperte sich, ehe sie noch mal ansetzte: „Ich kann aber auch ruhiger…“, murmelte sie und stimmte einen etwas anderen Ton an. Auch hierbei war Nell leidenschaftlich. Auch hier glühten die Augen und ihr wurde ein eigenes Leuchten zuteil, das ihre Natur nur umso mehr unterstrich. Sie war die geborene Darstellerin und dennoch… Immer wieder glitt ihr Blick zu Bramo, der sie dann von ihrem kleinen Walzer ablenkte und in eine andere Melodie driften ließ. Nell spielte einfach und starrte Bramo dabei an. Ob sie das nun selbst tat oder ihre Magie ihr wieder mal einen Streich spielte, war unerheblich dabei. Sie vergaß die anderen und spielte einfach, wie sie es zuvor getan hatte, mit dem Unterschied, dass sie für ihn spielte und es nicht mal selbst merkte. Bis sie stolperte und augenblicklich der Zauber unterbrochen wurde. Naella blinzelte und sah etwas selten dämlich in die Runde, ehe sie dann mit roten Wangen die Schultern zuckte und sich die Nase wischte. „Naja so halt – wie ihr wollt.“, meinte sie salopp und verstaute auffällig bemüht ihre Geige wieder in ihrer viel zu chaoshaltigen Tasche.

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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Erzähler » Dienstag 6. Dezember 2022, 18:24

Der Traum aus Musik und Noten endete...
„Und hast du etwas gefunden?“
„Was?!“
, krächzte Nell, die nur mühsam aus der Trance, die Bramo heraufbeschworen hatte aufwachen konnte. Sie blinzelte, wandte den Blick von dem Spielenden ab und starrte Rubin mit leerem Blick an. Sie war ungewöhnlich ernst dabei. Sie räusperte sich und fand wieder zu sich zurück.
„Ehm… - also.. ich hab‘ meine Geige. Die würde mir reichen.“
, meinte sie schulterzuckend. Ihr Blick glitt noch mal kurz zu Bramo. Wieso hat er ihr das Stück nie gezeigt? Sie waren länger nicht aufgetreten, das stimmte. Immerhin zerschlug sich ihre Gruppe, durch den Krieg. Und sie beide… sie waren nach Andunie aufgebrochen. Naella kramte ihre Geige hervor, wobei einige andere kleine Dinge auch auf chaotischem Wege ihre Tasche verließen, herum rollten und das Weite suchten... Etwas versteckte sich unter dem Tresen, etwas unter einem Stuhl und ein anderes kullerte hinter eine formschöne Harfe. Aber Nells Geige war groß genug, dass sie sie dann doch recht bald in ihrem Rucksack fand.
„Wie wäre es damit?!“
, grinste sie und man sah ihr die Schaustellerin durchaus an. Nell stimmte ein äußerst frohes und schnelles Lied an, spielte leidenschaftlich und verlor sich derweil darin. Denn plötzlich gab es kein Halten mehr! Die Shyáner Elfe befand sich leichtfüßig mit einem Satz auf dem Verkaufstresen und wechselte das zu spielende Stück, zu dem man sofort Tanzen wollte. Nell lachte jedem ins Gesicht, ehe sie in einer kurzen Pause vom Tresen sprang und um Bramo herumtanzte, sich drehte und wieder lachte, ehe sie Rubin, Tuff und dem Verkäufer einheizte. Besonders Tuff ließ sich leicht mitreißen und der grünhäutige Riese begann schnell mit dem ganzen Körper mit zu wackeln, auch wenn man das nicht tanzen nennen konnte. Als Nells Stück endete, hielt sie Geige und Bogen in den Händen hoch und strahlte über das gesamte Gesicht mit hebender Brust. Tuff klatschte begeistert in die Hände. Nell räusperte sich, ehe sie noch mal ansetzte:
„Ich kann aber auch ruhiger…“
, murmelte sie und stimmte einen etwas anderen Ton an, der vor allem bei Rubin sehr Anklang fand. Sie nickte mehrmals und schien sehr zufrieden mit diesem Stil, der einerseits Nells Freude, aber auch eine Spur Theatralik inne hatte und gut zu einigen anderen Arten von Schauspiel passen würde, sogar zu etwas gruseligem. Auch hierbei war Nell leidenschaftlich. Auch hier glühten die Augen und ihr wurde ein eigenes Leuchten zuteil, das ihre Natur nur umso mehr unterstrich. Sie war die geborene Darstellerin und dennoch… immer wieder glitt ihr Blick zu Bramo, der sie dann von ihrem kleinen Walzer ablenkte und in eine andere Melodie driften ließ. Nell spielte einfach und starrte Bramo dabei an. Er saß nur still da und sein Blick bekam etwas melancholisches... Sehnsucht... ein Wunsch lag darin, nach etwas, das Nell nicht greifen konnte. Dieser Blick ließ die Welt um sie herum zerfließen und wenn auch nur für einen Moment, da wähnte sich Nell mit ihm ganz wo anders... an einem Ort, an dem sie beide zuletzt glücklich gewesen waren, wo Bramo sie das erste mal so angesehen hatte... vorgestern, oder vor einem Jahr? Vor 10? Sie sah nur ihn, doch da waren etwas in den Winkeln, am Rande ihres Blickfeldes, etwas das sie nicht erkennen konnte und nur ihr Herz sich vielleicht eingebildet hatte...
Dann senkte Bramo den Blick und der Zauber war vorbei. Warum sah er einen Moment so traurig aus? Hatte sie was falsch gemacht? Sie stolperte und augenblicklich wurde der Zauber unterbrochen. Naella blinzelte und sah etwas selten dämlich in die Runde, ehe sie dann mit roten Wangen die Schultern zuckte und sich die Nase wischte. Rubin, der Ork und auch der Ladenbesitzer starrten sie an. Nur Bramo nicht. Der betrachtete den Boden. War irgendetwas passiert?
„Naja so halt – wie ihr wollt.“
, meinte sie salopp und verstaute auffällig bemüht ihre Geige wieder in ihrer viel zu chaoshaltigen Tasche. Rubin trat näher an sie heran, wollte anscheinend etwas sagen, aber hielt dann doch inne. Sie zuckte ebenfalls die Schultern und klatschte dann in die Hände. Alle zuckte leicht zusammen.
„Das letzte Stück war... war auch schön, aber ich denke das davor passt besser zu den Wünschen der Herrin. Vielleicht finden wir noch eine etwas andere Melodie, aber ihr beide könnt wirklich etwas! Das ist gut. Könnt ihr auch tanzen?“
Bramo erhob sich mit seinem neuen Instrument an der Seite und nickte knapp. Nell versuchte sich spontan zu erinnern, wann sie ihn hatte tanzen sehen, aber ihr fiel gerade nichts ein. Sie waren auch nicht immer zusammen aufgetreten, also gab es vielleicht noch Dinge, die sie überraschen könnten.
„Na dann?“
, meinte Rubin und lächelte.
„Dann lasst uns euch mal Amandin vorstellen.“

(weiter bei: Das Anwesen der Familie Beylal Sinth)

...
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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Erzähler » Dienstag 6. Februar 2024, 14:36

(Nell und Kazel kommen von: XXX)

Manchmal ging man um eine Ecke und hatte das Gefühl in eine andere Welt einzutauchen. Bramos hatte trotz langer Abwesenheit doch den Weg zum Marktplatz der Stadt gefunden. Hier trotzten kleine Stände mit Vordächern und Zelten dem anhaltenden Regen und man sah so man Dame, der ein Schirmträger dicht folgte. Herren mit großen Hüten stolzierten in gewachsen Mänteln vorneweg und kauften ihren Geliebten süße Kleinigkeiten. Insgesamt mochte der Platz ein wenig zu groß sein, für die wenigen Leute, aber stellte man sich vor, wie es bei gutem Wetter und ohne Eroberer hier zugegangen sein musste, dann konnte man den Lärm fast hören.
„Einst drängten sich hier Händler aus dem ganzen Land dicht an dicht, Zuschauer, Kunden und natürlich auch Diebe, die sich in die Menge schlichen und manch Beutel schnitten, waren hier zuhause. Menschenmassen aller Farben und Rassen kamen früher nach Andunie um Handel zu treiben. Es gab nichts, was man nicht kaufen konnte.“
, sprach Bramo leise und schien dabei in der Vergangenheit verhaftet.
„Ah, sieh mal. Da ist der Laden, den Rubin uns gezeigt hatte. Die haben bestimmt Geigenseiten.“
Schnell wurde klar, dass sie sich dieses Mal von der anderen Seite aus dem kleinen Laden näherten, in dem sie zuvor sich ihre Instrumente für das 'Vorspiel' hatten aussuchen dürfen. Das Geschäft lag näher zu den gehobenen Vierteln der Stadt und hatte im Krieg nur wenig Schaden genommen. Eine Mauer war von außen geschwärzt, aber sonst hatte der Besitzer wohl Glück gehabt. Die Auslagen waren gefüllt mit Kostbarkeiten und im Innern...
„OOOoooH! Meine liebsten Gäste!! Ihr seid doch die Musikanten von Rubin, richtig? Der Herr mit der Laute und die Dame mit der Geige... oh!“
, jubilierend begrüßter der Inhaber die Kundschaft. Doch dann war der Blick des Mannes auf Nells Geigenkoffer gefallen und er war verstummt.
„D..dd..das...“
Sein Zeigefinger zitterte wie Espenlaub im Wind.
„Ist d..ddas...eine Stridavira?“
Niemand hatte auf diese Frage eine Antwort, aber der Geigenbauer wohl eine Ahnung. Erst wurde er ein bisschen rot, dann blass, dann wieder rot.
„Dd...darf ich?“
Kuralla gab Nell einen kleinen Schubser und der Mann nahm ihr den Koffer ab. Ehrfürchtig legte er ihn auf den Tresen, musterte seine Kundschaft kurz, ob er fortfahren durfte und holte ein Samttuch aus einer Schublade. Dieses breitete er dann neben dem Koffer aus und öffnete die kleinen Schließen und atmete tief durch. Erst dann hob er den Deckel.
Es war ein bisschen wie in dieser Geschichte von ein kleines gnubbliges Wesen einen Ring fand, der Zauberkräfte hatte und ihn fortan 'mein Schatz' nannte. Die Augen des Geigenbauers leuchteten auf, als wären sie von innen beleuchtet.
„Heiliger Feylin!“
Das traf es irgendwie ganz gut. Bramo stand dabei und fragte:
„Haben sie Saiten, die diese ersetzten könnten?“
„Ersetzen?...“
Erst jetzt sah der Mann, dass eine der Saiten fehlte und Bramo reichte ihm den Rest, den er aus seiner Hosentasche holte.
„Ja ich denke... vielleicht... ich muss...“
Der Mann war sichtlich überfordert und verschwand im Hinterzimmer. Bramo sah Nell an und hob zuckend die Schultern.
„Ein bisschen komisch verhält er sich schon, finde ich. Regelrecht verzückt. Aber uns soll's Recht sein. Vielleicht reicht ihm dann ja ein Lied als Bezahlung?“
Bramo grinste. Kurz darauf kam der Geigenbauer zurück und hatte einen länglichen polierten Holzkasten dabei, der an sich schon teurer als manch Instrument hier aussah. Er legte ihn ab und darin kamen fünf Saiten zum Vorschein. Jede schimmerte in einem anderen Farbton, aber alle waren in der Grundfarbe weiß. Eine war zart rosa, eine leicht gelben, eine lindgrün und eine hellblau. Die letzte schimmerten silbern.
„Sie habe alle einen besonderen Klang, aber ich kann nicht sagen, welche passen wird... bitte... probiert es aus. Bramo nickte ihr zu. Nell sollte wählen:
„Welche zuerst?“
Dann spannte er sie in das Instrument, prüfte mit dem Finger die Spannung auf dem Steg und reichte sie weiter an Nell. Die Feinjustierung, das Stimmen musste sie selbst übernehmen. Gebannt sah der Meister der Instrumente zu und hielt die Hände gefaltet vor seinem Herzen fest auf die Brust gepresst. Alle warteten darauf die ersten Töne zu hören und mitten in die Stille hinein knarrte Kuralls Stimme:
„Spiel was lustiges, was mit Spannung... und für Schokolade.“
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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Naella Federfall » Dienstag 6. Februar 2024, 21:02

Was Nell wohl dazu gesagt hätte, wenn sie wüsste, wie Kazel über sie dachte? Sicherlich, sie war flatterhaft, unaufmerksam und unstet. Aber waren das Eigenschaften, die sie zu jemanden machten, der sich nicht Problemen anderer im gebührenden Maße annahm? Nell mochte nicht immer den direkten Weg einschlagen und viel lieber links und rechts am Wegesrand den Blumen beim Wachsen zuschauen, doch das bedeutete gewiss nicht, dass sie sich nicht helfend in die Brust warf, wenn irgendwo Unrecht drohte. Und das, was Kazel ihr beschrieben hatte, war wohl eines der größten Übel überhaupt. Nell aber hätte den Weg, wie Kazel ihn beschritt, nicht ohne weiteres gehen können. Sie vertrug zu viel Negativität oder Unheil einfach nicht. Allein seine Erzählungen hatten schon dafür gesorgt, dass sie sich übergeben musste. Dass sie ihre Stimme nicht mehr hatte. Konnte sie eigentlich wieder singen? Oder war ihre Stimme nun auf ewig geraubt? Nell musste dieses Leben auf ihre Weise leben, sonst würde sie eingehen wie die Blumen ohne Wasser und Sonne. Es war reine Überlebenstaktik als Buntschelmin. Und eben jene wurde gerade angesprochen, als sich die Dekorationen des Schiffes der ‚Blauen Möwe‘ plötzlich auflösten. Nell stutzte und blinzelte. Sie sah sich um, ob sie das gewesen sein könnte – manchmal hatte ihre Magie ja ein Eigenleben – aber ihre Herzchen suggerierten ihr, dass das nicht der Fall war. Sie applaudierten begeistert dem Meister jener Magie und auch Nell grinste kurz auf. Irgendetwas an jener Magie erinnerte sie an sich selbst, aber sie achtete nun mehr darauf, dass sich ihre Herzchen auflösten. Sie blickte ihre Arme entlang und sah gewiss etwas seltsam aus dabei, doch das störte Nell bekannterweise nicht. Erst nachdem das letzte Herzchen sich verabschiedet hatte, schaute sie wieder auf und konnte nur noch die Tristesse des Hafens erkennen.
Ihre Frage an Bramo wurde seitens Kazel gleich aufgegriffen und sie musterte den Elfen von der Seite. Er brachte die Frage so trocken rüber, dass Nell aufgrinste und begeistert nickte. Diese Art von Humor konnte sie auch sehr gut haben! „Klar... Ich liebe abgeschnittene Hände und die Aura von Tod und Gefahr in den Schatten. Wer hängt sich nicht gern die Ohren seiner Opfer um den Hals, wie der da...“… glaubte sie zumindest. Nell verzog das Gesicht und blickte von dem Schild oberhalb der Tavernentür zu dem Ork, den Bramo entdeckte. Die Elfe blinzelte und starrte den massigen Kerl an. Nell spürte einen Kloß in ihrem Innern. Sie konnte ihn nicht recht ausmachen, aber er war da. Er wog schwer und sie legte eine Hand mit Leidensmiene auf ihren Bauch. „Abscheulich…“, keuchte sie und versuchte ihre Magie zu bemühen. Sie stellte sich vor, wie die abgetrennten Hände hübsche Blumen hielten. Wie die Ohren schöne Ohrringe trugen, wie die Finger ein letztes Lied trommelten. Es war ihre Art mit dem Schrecken umzugehen. Ob ihre Magie wirkte oder nicht – vor ihrem geistigen Auge tat sie das und verschönerte das skurrile Bild, das ihrer Seele nicht bekam. „Oh ja ...und Fledermäuse sind ja reinste Kuscheltiere... oder waren das Vampire? Wer malt sich bitte geflügelte Mäuse auf sein Banner! Fehlen nur noch Skelette, Ritualmagier mit ihren beschworen Dämonen, Nekromanten die mit ihren lebenden Leichen Gassi gehen...“ Bramo kam derweil richtig in Fahrt.

Nell aber wurde ruhiger und folgte den Männern und Kuralla weiter durch die Stadt. Sie wollte zum Markt, glaubte, dass es dort nicht so dunkel zuging. Hier und dort berührte sie eine leicht schäbige Hauswand und versuchte bunte Farbklekse zu hinterlassen. Dann sah sie in den regnerischen Himmel und wünschte sich, die Sonne würde sich mal zeigen. Sie wollte ihre Seele daran wärmen und Hoffnung darin finden. Aber Ventha hatte offenbar etwas dagegen dieser Tage. Irgendwann, nachdem sie einige Schergen gesehen hatten, die nicht das Zeichen der Priesterin trugen, fragte Nell noch mal nach dem Weg zum Markt. Sie wollte dorthin, glaubte daran, dass sie dort etwas Seelenheil finden konnten. Hier konnte nicht alles derart düster sein. Hier konnte nicht alles vollkommen hoffnungslos sein… das durfte nicht sein! Bramo schien sich wieder an den Weg zu erinnern und Nell folgte aufgeregt, fast schon drängelnd. Sie war still geworden und trottete meist nur neben den anderen her. Ihr schlug das alles aufs Gemüt. Als sie um die nächste Ecke bogen aber, da lichtete sich der dunkle Schleier ein wenig. Nell’s gelbe Augen glommen auf und sie hörte wenigstens etwas Leben aus der Gasse vor ihnen schallen. „Einst drängten sich hier Händler aus dem ganzen Land dicht an dicht, Zuschauer, Kunden und natürlich auch Diebe, die sich in die Menge schlichen und manch Beutel schnitten, waren hier zuhause. Menschenmassen aller Farben und Rassen kamen früher nach Andunie um Handel zu treiben. Es gab nichts, was man nicht kaufen konnte.“, murmelte Bramo und Naella’s Gesicht begann zu strahlen. Sie sah es.
Sie konnte es vor ihrem geistigen Auge sehen, wie sich allerlei Leute hier tummelten, schwatzten, lachten und einkauften. Nell trieb es vorwärts und so erreichte sie beinahe schon als erste den Markplatz. Es war nicht mehr so, wie Bramo es beschrieb, aber das machte nichts. Hier gab es… „Leben…“, flüsterte sie und drehte sich einige Male lächelnd um sich. Sie sah die Menschen an und fand in ihrer Vorstellungskraft das bunte Treiben, das Andunie’s Markt einst zu bieten gehabt hatte. „Ah, sieh mal. Da ist der Laden, den Rubin uns gezeigt hatte. Die haben bestimmt Geigenseiten.“ Nell folgte seinem Fingerzeig und auch das erhellte ihre Miene. Naella jauchzte lachend auf, klatschte in die Hände und zog an Bramo’s und Kazel’s Ärmel, um sie zu dem Musikladen zu ziehen. Schon beim Betreten, erinnerte sich der Geigenbauer an sie. Nell strahlte ihn an, schritt auf ihn zu und umarmte ihn einfach so salopp. Sie war erleichtert. Wirklich erleichtert, dass sie das Leben und das Schöne doch noch gefunden hatten. Es belebte ihre Seele wieder und Nell fühlte sich sofort wohl.

„OOOoooH! Meine liebsten Gäste!! Ihr seid doch die Musikanten von Rubin, richtig? Der Herr mit der Laute und die Dame mit der Geige... oh!“ Nell feixte breit und nickte. „Nell und Bramo! Und Kazel und Kuralla!“, stellte sie alle einfach mal vor und zeigte dem Alten daraufhin ihre außergewöhnliche Geige. Die Elfe giggelte, weil der alte Mann offenbar sehr wohl wusste, welchen Schatz sie dort mitgebracht hatte. Aufgeregt nickte sie, bei seinem Gestottere und „D..dd..das...“ „Ich WEIß!“, jauchzte sie mindestens ebenso aufgeregt und biss sich mit glühendem Blick auf die Unterlippe. „Ist d..ddas...eine Stridavira?“ „Keine AHNUNG, aber sie ist das Wundervollste, das ich je sah!“, träumte Naella. „Dd...darf ich?“ Den Schubser seitens Kuralla hätte es wohl nicht gebraucht, aber Nell tänzelte auf den Alten zu und überließ ihm die Geige. Dabei stellte sie sich allerdings neben ihn und konnte es kaum abwarten, dass er den Kasten öffnete und den wundervollen Inhalt erblickte. Dabei glitt ihr Blick immer wieder von ihm zum Kasten und zurück um ja keine Reaktion zu verpassen. „Heiliger Feylin!“ „Bin mir sicher, DER hat da seine Knubbelfinger im Spiel!“, nickte sie eifrig, als führte der Alte ein Gespräch mit ihr. Was er nicht tat. Aber das war ja egal. „Haben sie Saiten, die diese ersetzten könnten?“
„Ersetzen?...“ „Ja ich denke... vielleicht... ich muss...“ „Ein bisschen komisch verhält er sich schon, finde ich. Regelrecht verzückt. Aber uns soll's recht sein. Vielleicht reicht ihm dann ja ein Lied als Bezahlung?“
, plapperten alle und Nell nickte immer wieder, schüttelte den Kopf, nickte und blickte dann Bramo an. „Na aber hallo ist der verzückt! Ist doch auch klar – die Geige ist ‚ne Wucht!“, kommentierte sie salopp und wusste das auch. Die Geige war… göttlich. „Sie habe alle einen besonderen Klang, aber ich kann nicht sagen, welche passen wird... bitte... probiert es aus.“ Nell’s Augen leuchteten erneut. Dann trat sie an den anderen Geigenkasten heran und beugte sich darüber. Sie blickte zu der Geige, dann zu den Saiten. Ihre Finger glitten ehrfürchtig darüber, bevor sie sich für die rosafarbene entschied. „Rosa…“, wählte sie mit fester Stimme. „es verstärkt alles Positive… besänftigt Gewaltbereitschaft… passend für diese Zeit… findet ihr nicht?“, murmelte sie in den Raum, ohne wirklich mit jemandem zu sprechen. Der Bauer baute sie ein und Nell nahm ihm neugierig die Geige aus der Hand. Dann schloss sie die Augen, zupfte vorsichtig an der Saite und lauschte dem Klang. Sie stimmte sie und nutzte das feine Gehör einer reinrassigen Elfe dafür, bevor sie auch die anderen Saiten dazu klingen, ließ, um eine feine Melodie anzustimmen, die ihr direkt aus dem Herzen auf die Saiten sprang. „Spiel was lustiges, was mit Spannung... und für Schokolade.“ Nell hörte auf zu zupfen und blickte Kuralla an. Die liebliche Melodie versiegte. Dann feixte Nell mit einem Schimmern in den gelben Augen. „Wie Ihr wünscht, edle Dame!“, verneigte sie sich theatralisch – das konnte sie gut! – und ließ ihre Fingern daraufhin schneller über die Saiten fliegen, um ein flottes und lebensfrohes Lied anzustimmen.

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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Kazel Tenebrée » Montag 12. Februar 2024, 04:12

Sie waren schon ein recht seltsamer Trupp, der da durch die vom Regen ausgewaschenen Straßen marschierte. Am auffälligsten blieb dabei Naella, die allein schon mit ihrem farbenfrohen Äußeren die Blicke auf sich zog. Kuralla stand ihr optisch allerdings nur in wenig nach mit ihrem neuen Blümchenkleid. Ob man sich ihr jedoch trotz des Bades nähern wollte? Kazel hatte wenig Scheu. Er kannte die Alte schließlich inzwischen und schätzte sie auch über ihre Erscheinung hinaus. Gerade weil er sie kannte und nachvollziehen konnte, welches Schicksal sie auf ihren verpustelten Schultern mit sich umher trug, wandte er sich nicht am. Im Gegenteil, er behielt die runzlige Goblinhand fest in seiner und als ihm auffiel, dass Kuralla sich überhaupt nicht mit einem Mantel oder ähnlichem Schutz ausgestattet hatte, hob er den seinen an, um sie wenigstens etwas vor dem Regen zu schützen. Bramo würde hinsichtlich Nell seinen eigenen Teil erfüllen müssen, wobei der Andunier weniger den Eindruck machte, ihn störte eine gehörige Ladung Regen. Er wirkte so ... piratig! Und obwohl Kazel niemals zuvor einem echten Piraten begegnet war, passte Bramo sehr gut in das Bild, das man aus Erzählungen kannte.
Kommen ein Pirat, ein laufender Farbblecks von Elfe, eine Goblin-Oma im Blümchenkleid und mit einer Todesaura gekleidete Mischling auf den Markt von Andunie ... es klang entweder nach einem überaus ausschweifenden Witz, dessen Pointe das Vorspiel nicht wert war oder aber nach einem ziemlich spannenden Auftakt einer Geschichte, bei der man gewillt war, dran zu bleiben. Letzteres klang interessanter, doch bis auf die Protagonisten dieses Märchens nahm keiner so wirklich das Geschehen wahr. Obwohl immer wieder Patrouillen aus Dunkelelfen die Straßen unsicher machten, wurden Kazel und die anderen nicht behelligt. Innerlich atmete er auf dafür. Sie hatten schon genug Probleme, bei denen es eine Lösung zu erarbeiten galt. Darunter zählte er inzwischen auf Nells Wunsch, unbedingt eine gemütliche Einkaufstour zu unternehmen, aber der Mischling ergab sich schweigend in sein Schicksal. Wo gerade die Frauen vollkommen angefixt von der Idee zu sein schienen, da taten sich die Männer unabgesprochen zusammen und folgten, ohne ein Wort der Klage. Sowohl Bramo als auch Kazel ahnten, bei einer Diskussion definitiv den Kürzeren zu ziehen.
Stattdessen unterhielten sich die beiden auf eine doch sehr eigenwillige Art und Weise. Bramo nahm Kazels leicht sarkastische Ader zu scherzen direkt auf und legte vielleicht eine Portion zu viel drauf. Als er so weit ging, die Ohrenkette eines vorbei stiefelnden Orks zu komplimentieren, verschlug es sogar dem Mischling etwas die Sprache. Er räusperte sich und ließ Bramo reden.
Schließlich erreichte man den Markt. Er war trotz der morgerianischen Atmosphäre, gepaart mit dem Wetter ansehnlich. Selbst der kümmerlichste Stand auf dem Platz strahlte das Andunische aus. Es stand für Gastfreundschaft und händlerische Vielfalt. Man mochte hier zwar keinen derart exotischen Kaufmann erblicken, dass man den Kontakt zu einem Echsenmenschen befürchten musste, aber alles in allem zeigte Andunie sich auch jetzt überraschend ... bunt. Vor allem fiel Kazel auf, dass Dunkelelfen und Menschen teilweise beeinander standen. Sie feilschten um den Preis, ohne dass der eine Angst haben musste, vom anderen mit der Klinge aufgespießt zu werden. Es hatte sich eine gewisse Form des Zusammenlebens etabliert, die nicht so schrecklich düster wie in Morgeria war. Wären die Umstände anders und wären die dunklen Völker nicht Eroberer dieses kleinen Landflecks, so hätte man durchaus das Zusammenkommen unterschiedlicher Kulturen feiern können. Als Mischling, der stets zwischen den Fronten zweier Rassen stand, fiel es Kazel sofort auf. So wie Nell einen Blick für Geschäfte hatte, in denen sie auf Spaß, Fröhlichkeit oder Schokolade hoffen konnte. Sie entdeckte schnell den kleinen Laden eines Geigenbauers, möglicherweise, weil sie bereits dort gewesen waren und sie nun den Weg zu ihm wiedergefunden hatte. Kazel hingegen bestaunte noch eine Weile die Stände, auch wenn es nur wenige waren. Er hatte sich lange nicht mehr auf einem Marktplatz befunden. Zuletzt war es in Pelgar gewesen und auch dort hatte die Zeitspanne nicht lange betragen. Mehr Zeit hatte er in deren Kerkern verbracht.
"War das vor oder nachdem die dunkle Armee die Hauptstadt eingenommen hatte?", fragte Bramo, der offenbar einen Scherz machen wollte. Dieses Mal war es am Mischling, ihn mit der gehörigen Portion Sarkasmus zu erwidern. Trocken meinte Kazel nur: "Davor. Während die dunklere Hälfte meines Bluterbes Pelgar attackierte, befand ich mich in der örtlichen Irrenanstalt." Er legte eine Kunstpause ein, die er nutzte, um Bramos Reaktion zu studieren. Dann zuckte er mit den Schultern. "Keine Sorge. Ich bin ja wieder draußen. Die Bruderschaft des Lichts hat mich und ein paar andere Verrückte mitgenommen, warum auch immer. Äh ... die Bruderschaft ist irgendeine Gruppierung, die einem Gott namens Lysanthor folgt. Schon einmal von dem gehört? Er ist ein Lichtgott." Kazel blickte nach oben in den von Gewitterwolken verhangenen Himmel. Hier hatte Lysanthor offenbar keine Macht. "Beinahe wäre ich einer von ihnen geworden...", murmelte der Mischling. Aber er hatte sich vom Licht abgewandt, ebenso wie von der Dunkelheit. Er war zu seiner Neutralität zurückgekehrt, sollte man zumindest meinen. Denn als Geselle von Gevatter Tod müsste er neutral genug sein, jede Seele nach Kata Mayan überzuführen. Ob Kind, ob Greis, arm oder reich, verdorben oder herzensgut. Ihnen allen musste er in der letzten Stunde begegnen, ihre Seele vom Körper trennen und mit sich nehmen. Allzu neutral war Kazel aber schon lange nicht mehr. Zu viele Umstände hatten sein Herz berührt und es wieder mit Emotionen gefüllt. Janay hatte ihm mit ihrer Liebe den Lebensmut zurückgegeben und Zissus zeigte ihm mit seinem Urvertrauen, wie gut es war, sich auf andere verlassen zu können. Nein, Kazel war schon lange nicht mehr neutral. Das konnte er gar nicht sein. Blieb zu hoffen, dass es die Arbeit des Gevatters in Zukunft nicht erschwerte. Jetzt jedoch, solange er selbst noch lebte, war es vollkommen in Ordnung, die eigenen Gefühle auszuleben.
Auch Nell tat dies, weshalb sie ihre Trippelschritte schnell zum Laden des Geigenbauers führten. Dort gab es zwar keine Schokolade, aber die Reparatur dieses Zauberinstruments stand in Aussicht und auch darauf wollte die Rothaarige nicht verzichten. Kazel folgte ihr schweigend, Kuralla noch immer an der Hand.
Umso ausschweifender wurde die gesamte Gruppe vom Ladeninhaber begrüßt. Auch er erwähnte den Namen Rubin und während er beinahe die Stimme über das feylin'sche Instrument in Nells Besitz verlor, wandte Kazel sich erneut an Bramo. Er raunte ihm in einem passenden Moment zu: "Ihr habt von einer Frau namens Rubin gesprochen und der Mann hier kennt sie ebenfalls. Ist sie so wichtig, dass wir sie nicht außer Acht lassen sollten? Es missfiel Kazel, noch mehr Personen ins Boot zu holen, aber Rubin schien ständig in aller Munde zu sein. Bramo und Nell hatten sie ja bereits erwähnt. Letzterer wollte sogar mit ihr sprechen. Kazel wäre es lieber, das zu vermeiden. Er wollte so wenig Kontakt wie möglich zu anderen aufnehmen, bevorzugte er doch heimlichere Methoden aus Beobachten, Eindringen, Schleichen und wieder Verschwinden. Er blieb lieber ungesehen. Neben Nell funktionierte das gut. Sie war so munter und farbenfroh, dass kaum jemand Notiz von dem nahezu schwarz Gekleideten nahm. Er hielt sich aber auch zurück, hatte in Bezug auf die Reparatur der Geige ohnehin nicht vlel zu sagen. So schaute er sich die Waren und Kusntwerke an, die man im Laden erstehen konnte, während die anderen über das Intrument berieten. Nicht einmal die präsentierten, schillernd bunten Saiten konnten seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Kazel war einfach selbst nicht musikalisch genug, um Interesse zu besitzen. Er lauschte gern, was andere imstande waren, auf Instrumenten zu spielen, da endete es aber auch schon. Doch wenn jemand wie Nell auf einer Geige wie dieser Feylin'schen Stridaveri - oder wie immer man sie nannte - spielte, da konnte auch er die Wirkung der Musik nicht ignorieren.
"Spiel was Lustiges, was mit Spannung ... und für Schokolade", forderte Kuralla, nachdem Nell sich für die rosafarbene Saite entschieden hatte und sie auf das Intrument gespannt worden war. Sie schimmerte, wenn die Elfe die Geige in der Hand drehte und sie erzeugte einen wunderbaren Klang, gleich als Nell den Bogen darüber gleiten ließ. Nein, nicht einmal Kazel konnte sich dessen entziehen. Er wandte den Blick von einigen ausgestellten Celli ab und zu Nell herüber. Erneut packte ihn eine wonnige Gänsehaut, obwohl sie noch gar nicht richtig zu spielen begonnen hatte. Er beobachtete sie, verfolgte jede ihrer Bewegungen und lauschte dem Spiel, das sie nach und nach intensiver anstimmte. Ruhe legte sich auf seine Züge. Er lächelte, während ihm die Lider ein wenig herab fielen. Es war wie in diesem Märchen, nur dass dort ein Musikant die Flöte gespielt und damit Ratten in ein Hafenbecken gelockt hatte, um sie zu ersäufen. Doch die Tierchen waren seiner Musik gänzlich verfallen. Hier und jetzt schien Nells Darbietung Kazel vollkommen in den Bann zu schlagen. Ob es nun am Talent der Elfe lag oder an einem mutmaßlichen Zauber, der in das Holz und die Saiten der Geige gewoben worden war, musste nicht ergründet werden. Es besaß Wirkung auf Kazel und er verhedderte sich sichtlich im Geflecht der Melodie. Und noch während die kunterbunte Elfe ein Liedchen zum Besten gab, das musikalisch zu ihrer Optik passte, erschien Kazel wie ein dunkler Schatten am Verkaufstresen des Geigenbauers. Er lehnte sich leicht dagegen, während er Kurallas Hand losließ. Schon glitt seine eigene unter den Saum des Mantels und an die Gürteltasche. Zissus hatte ihm reichlich Münzen mitgegeben, so dass Kazel sich wenig sorgen musste. Wieviel die Reparatur einer Geige wie Nells allerdings kosten könnte, wusste auch er nicht einzuschätzen. Trotzdem wollte er sich großzügig gegen und fuchtelte gleich mehrere silbern glänzende Lysanthemer auf den Tisch. "Ich bezahle für die Saite", murmelte er gerade laut genug, um das Geigenspiel zum einen nicht zu stören und zum anderen hoffentlich nur den Verkäufer mit seinen Worten zu erreichen. Er wollte das Ganze unauffällig über die Bühne bringen, ohne dass Bramo oder Nell sich in irgendeiner Schuld bei ihm fühlten, weil er mit mehr als einem Liedchen zahlen wollte.
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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Erzähler » Montag 12. Februar 2024, 20:07

Der Weg zum Markt brachte Raum und Zeit für kurze Gespräche. Bramo fragte Kazel nach dessen Aufenthalt in Pelgar:
"War das vor oder nachdem die dunkle Armee die Hauptstadt eingenommen hatte?"
Kazel meinte nur:
"Davor. Während die dunklere Hälfte meines Bluterbes Pelgar attackierte, befand ich mich in der örtlichen Irrenanstalt."
Er legte eine Kunstpause ein, die er nutzte, um Bramos Reaktion zu studieren. Dessen Brauen waren ein gutes Stück nach oben gewandert und dann musterte er den Mischling noch einmal intensiv:
„Bluterbe... aha. Viel sieht man dir aber nicht davon an.“
An Kazels Aufenthalt in einer Irrenanstalt schien er sich nicht zu stören.
„Nell und ich hatten bisher nicht viel Kontakt zum dunklen Volk, also ...“
Er zuckte mit den Schultern, ein Zeichen der Entschuldigung, falls er unwissentlich Kazel auf die Füße getreten haben sollte mit seinem Kommentar, bzw. dem 'Nicht- Erkennen' seiner dunklen Wurzeln. Bramo nahm das Leben fast so locker wie Nell, wobei er jedoch konzentrierter wirkte als sie.
„Wir sind Schausteller und hatten bisher das Glück ihnen nicht über den Weg zu laufen. Das hier...“
Sein Zeigefinger kreiste und schloss damit ganz Andunie ein.
„...DAS ist mal wirklich ...“
Abermals bezeichnete ein Schulterzucken die Situation recht gut. Für manches gab es keine passenden Worte. Der Ork mit der Ohrenkette war außer Sicht und sie wanderten weiter durch Andunies schmutzige Gassen. Auch Kazel zuckte gern mal mit den Schultern und berichtete von der Bruderschaft des Lichts und Lysanthor.
„Schon einmal von dem gehört? Er ist ein Lichtgott."
„Na ja, wer hat nicht schon mal von dem ein oder anderen Gott gehört.“
Kazel blickte nach oben in den von Gewitterwolken verhangenen Himmel.
„Zeigen tun sie sich nur selten.“
"Beinahe wäre ich einer von ihnen geworden..."
, murmelte der Mischling.
„Ein Gott?“
Bramo lachte, aber winkte ab. Er hatte Kazel mit Absicht falsch verstanden und grinste nun. Der Gevatter war kein Gott aber doch war er davon nicht all zu weit entfernt. Dass Bramos Scherz dem schon sehr nah gekommen war, konnte dieser nicht ahnen. Dann mussten sie sich aber ran halten um die beiden Frauen nicht aus den Augen zu verlieren, denn sie hatten den Marktplatz erreicht.
Bramo schritt etwas schneller voran und an Nells Seite. Seine Worte beschrieben ihr die Vergangenheit und Nell konnte es vor ihrem geistigen Auge sehen, wie sich allerlei Leute hier tummelten, schwatzten, lachten und einkauften. Einmal mehr verselbständigte sich Nells Magie auf wundersame Weise und malte bewegte Bilder von flanierenden Paaren, Kindern, Bauern und Reisenden zwischen die deutlich weniger wirkenden Passanten die tatsächlich anwesend waren. Die Leute, die sie trafen, zogen ihren Hut vor Nell, lachten und Kinder huschten durch die Menge. Nell trieb es vorwärts und so erreichte sie beinahe schon als erste den Markplatz. Es war nicht mehr so, wie Bramo es beschrieb, aber das machte nichts. Hier gab es…
„Leben…“
, flüsterte sie und drehte sich einige Male lächelnd um sich. Ihre Phantasiegestalten bildeten einen Kreis um sie und klatschten in die Hände, als wenn sie um einen Tanz oder ein Lied bitten würden. Die Imaginären wurden auch von einer unsichtbaren Sonne beschienen und trugen bunte Sommerkleider. Kuralla sah Nell an und lächelte sanft. Das rothaarige Mädchen sah die Menschen an und fand in ihrer Vorstellungskraft das bunte Treiben, das Andunie’s Markt einst zu bieten gehabt hatte, selbst jetzt, da sie vergangen waren. Die bunten Schatten der Vergangenheit konnten nicht ganz verblasst sein, wenn eine Nell sie sehen konnte, ...oder? Handelnde Dunkelelfen, die sich nicht einfach nahmen, was sie wollten waren ein gutes Zeichen.
„Ah, sieh mal. Da ist der Laden, den Rubin uns gezeigt hatte. Die haben bestimmt Geigenseiten.“
Naella jauchzte lachend auf, klatschte in die Hände und zog an Bramo’s und Kazel’s Ärmel, um sie zu dem Musikladen zu ziehen. Kuralla wackelte eilig hinterher. Schon beim Betreten, erinnerte sich der Geigenbauer an sie. Nell strahlte ihn an, schritt auf ihn zu und umarmte ihn einfach so salopp, so dass der Mann leicht errötete.
Die Reparatur des Zauberinstruments rückte in greifbare Nähe. Die gesamte Gruppe wurde vom Ladeninhaber begrüßt. Auch er erwähnte den Namen Rubin und während er beinahe die Stimme über das feylin'sche Instrument in Nells Besitz verlor, wandte Kazel sich erneut an Bramo. Er raunte ihm in einem passenden Moment zu:
"Ihr habt von einer Frau namens Rubin gesprochen und der Mann hier kennt sie ebenfalls. Ist sie so wichtig, dass wir sie nicht außer Acht lassen sollten?“
Bramo lehnte sich leicht zu dem Mischling rüber und sprach ebenfalls leise mit gedämpfter Stimme, während Nell die neuen Saiten vor sich ausgebreitet bekam
„Rubin ist eine Heilerin, die für Amandin arbeitet... oder zu ihrem Haus gehört. So viel wissen wir auch noch nicht über die ganze Situation hier. Aber sie ist sehr nett und ...zugänglich. Sie hat uns durch einen Teil ihres Anwesens geführt und uns willkommen geheißen. Sie … ist nur so ein Bauchgefühl... aber ich würde sagen, sie ist eine von den Guten.“
Bramo hatte schon von ihrem Treffen auf der Baustelle erzählt, wie Rubin sich dort um den Architekten auf mehr als nur eine Weise gekümmert hatte. Anscheinend trieb sich die Heilerin ganz schön rum.
„Sie könnte uns vielleicht Türen öffnen, wo wir sonst nicht weiter kommen würden.“
, theoretisierte Bramo weiter und zuckte mit den breiten Schultern. Die Stimme des Geigenbauers unterbrach das Gespräch:
„Sie habe alle einen besonderen Klang, aber ich kann nicht sagen, welche passen wird... bitte... probiert es aus.“
Nell’s Augen leuchteten. Sie blickte zu der Geige, dann zu den Saiten. Ihre Finger glitten ehrfürchtig darüber, bevor sie sich für die rosafarbene entschied.
„Rosa…“
, wählte sie mit fester Stimme. Bramo schmunzelte und flüsterte Kazel zu:
„Sie würde sogar einen Troll rosa anmalen, wenn sie die Farbe dafür hätte.“
Rosa war einfach eine wunderbare Farbe! Sie mochte nicht jedem in jeder Form gefallen aber wer liebte nicht die Kirschblüten im Frühling, oder das sanfte Rose auf den Wangen der Geliebten.
„Es verstärkt alles Positive… besänftigt Gewaltbereitschaft… passend für diese Zeit… findet ihr nicht?“
, murmelte die Elfe in den Raum, ohne wirklich mit jemandem zu sprechen. Der Bauer baute sie ein und Nell nahm ihm neugierig die Geige aus der Hand. Dann schloss sie die Augen, zupfte vorsichtig an der Saite und lauschte dem Klang. Sie stimmte sie und nutzte das feine Gehör einer reinrassigen Elfe dafür, bevor sie auch die anderen Saiten dazu erklingen ließ.
„Spiel was lustiges, was mit Spannung... und für Schokolade.“
Nell hörte auf zu zupfen und blickte Kuralla an. Die liebliche Melodie versiegte. Dann feixte Nell mit einem Schimmern in den gelben Augen.
„Wie Ihr wünscht, edle Dame!“
, verneigte sie sich theatralisch – das konnte sie gut! – und ließ ihre Fingern daraufhin schneller über die Saiten fliegen, um ein flottes und lebensfrohes Lied anzustimmen. Schon bei den ersten Klängen zauberte das Instrument in Nells Händen einen Schauer auf die Haut seiner Zuhörer. Die winzigen Härchen auf den Körpern standen auf und klatschen Beifall. Nur Musik konnte so unter die Haut gehen und Stimmungen beeinflussen. Wer kannte nicht den 'Zauber', einer warmen Stimme zu lauschen die melodisch erklang und einen in diese Art von ganz eigener Welt entführte. Nicht mal der steifste Soldat vermochte bei einem guten Lied gänzlich still zu stehen und schon bald zuckte hier und da ein kleiner Finger, oder klopfte unbewusst ein Fuß den Takt mit. Nun mochte man meinen, Musik sein Geschmackssache...
Aber was geschah wenn ein kindlicher Gott seine kleinen knuddeligen Finger im Spiel hatte? Dann hörte jeder seine ganz eigene Musik, die ihn fröhlich stimmte, mitnahm und für ein paar Momente die Last des Lebens leichter machte. Für einen mochte das ein lautes starkes Stück mit vielen Bässen sein, für den andern eine leichte luftige Melodie, oder ein regelrechter Rausch der laut und klangvoll durchs Leben rauschte.
Und besonders wurde es, wenn man dieses Gefühl teilen konnte. Wenn Menschen zu einem traten und den individuellen Klang verstanden, mitsummten, mitsangen...
Ein leises Pfeifen mischte sich harmonisch in die tanzenden Noten und hielt noch ein paar Töne länger an, als Nell schon geendet hatte.
...
Der Ladeninhaber hielt ganz ergriffen sein Herz und wirkte regelrecht selig als Kazel sich zu ihm lehnte und gleich mehrere silbern glänzende Lysanthemer auf den Tisch legte.
"Ich bezahle für die Saite."
, murmelte er gerade laut genug, um das verklingende Geigenspiel zum einen nicht zu stören und zum anderen hoffentlich nur den Verkäufer mit seinen Worten zu erreichen. Der Geigenbauer schaute die Münzen an, zählte für sich etwas ab, und schob zwei wieder zurück. Vielleicht hätte er nicht mal auf eine Bezahlung bestanden, so abwesend wirkte er. Bramo hatte sich ganz auf Nell konzentriert und von dem kleinen Handel nichts mitbekommen. Auch Kuralla summte noch ihre eigene Melodie und strahlte von einem Ohr zum anderen, dass ihr Gesicht fast auseinander zu fallen drohte, ähnelte es doch gerade sehr einer alten verrosteten Klinge. Ihre Zähne waren genauso schartig und die Patina bröckelte von ihren Wangen, als sie die Hand hob und aus dem Fenster zeigte:
„Schaut mal, da hat sich eine richtige Menschentraube vor dem Laden gebildet!“
Wenn sie nicht hier den Frühling abwarten wollten, mussten sie da durch, oder den Ladenbesitzer fragen, ob es einen Hinterausgang gab.
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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Kazel Tenebrée » Donnerstag 15. Februar 2024, 14:05

Kazel hatte es darauf angelegt, eine überraschte Reaktion bei Bramo zu provozieren. Nun war jedoch er es, dessen Brauen empor wanderten. Nicht, weil sein Nebenmann überhaupt keine Reaktion zeigte, denn auch Bramos Brauen wanderten fast bis zum oberen Haaransatz. Es waren vielmehr seine Worte, die den Mischling stutzen ließen. Dass jener nämlich in einer Unterbringung für geistig Eingeschränkte oder gar Wahnsinnige untergebracht worden war, störte den Mann offensichtlich kein Stück. Vielmehr dachte jener über den Begriff des Bluterbes nach.
"Bluterbe ... aha. Viel sieht man dir aber nicht davon an."
"Es reicht, um mich foltern und tot sehen zu wollen", erwiderte Kazel bitter. Er hatte die Schattenseiten Morgerias am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er hatte erfahren müssen, wie es war, in den Augen anderer wertlos zu sein, nur weil man nicht deren optischen Erwartungen entsprach. Er wusste, warum Dunkelelfen von anderen Völkern als grausam und bösartig angesehen wurden. Der Grund war, weil viele von ihnen dieses Gerücht befeuerten, um es zu einer Wahrheit werden zu lassen. Vor allem jene, die glaubten, nur reines Blut machte einen Elfen wertvoll. Personen wie seine Tante glaubten dies, aber sie war fortan kein Problem mehr. Seine gesamte Familie stellte keines mehr dar. Sein Name ... weggewischt aus den morgerianischen Geschichtsbüchern. Mit Starle würde die Linie der Tenebrées sterben und wenn Kazel sich richtig Mühe gab, würde Janay seinen Antrag irgendwann annehmen. Dann wäre er ein Maclyn. Ein Name, den er mit Stolz tragen wollte. Bis dahin blieb er Kazel, Geselle des Gevatters. Auch das klang nicht schlecht. "Ich schätze, ich wurde auf der falschen Seite des Drachengebirges geboren", witzelte er. Bramo und Kazel näherten sich an. Langsam entstand wohl doch eine kleine Männerfreundschaft zwischen den beiden. Nicht so intensiv wie zwischen ihm und Zissus, aber dazu müsste Bramo sich auch mehr hereinhängen. Zissus stellte eine Ausnahme dar. Hoffentlich geht es ihm gut. Und Janay. Und Arina. Hoffentlich geht es allen in Morgeria gut. Ich bin bald zurück.
Bald sollte sich hier als relativer Begriff herausstellen, denn allein Naellas kleiner Ausflug verzögerte seine eigenen Pläne. Dass er sich letztendlich aber in sein Schicksal ergab und mitging, zeugte von seinem Versuch, diplomatisch mit den neuen Verbündeten zu sein. Außerdem schenkte Nell ihm immer wieder einen Grund, neue Zuversicht zu finden. Jedes Mal, wenn sie auf der feylin'schen Geige spielte, erfüllte Kazel eine innere Zufriedenheit, zusammen mit der Hoffnung, dass seine selbst auferlegte Mission auch dann gelingen könnte, wenn er einen Moment lang die Seele baumeln ließ. Wie alle anderen ließ er sich in den Bann der Melodie ziehen.
Kazel lehnte am Verkaufstresen, das Gewicht auf einen Unterarm abgestützt und vergaß fast, die vom Geigenbauer zurückgeschobenen Münzen wieder anzunehmen. Er beobachtete seine Begleiterin, wie sie einem Paradiesvogel gleich durch den Raum tänzelte und mit jedem Streich ihres Bogens der Geige neue Töne entlockte. Die Musik reichte bis nach draußen, zog Schaulustige und Neugierige an. Als Kazel die Blicke der Fremden bemerkte, die sich vor den Schaufenstern tummelten, um sich daran schon beinahe die Nasen plattzudrücken, rutschte er wie von selbst ein Stück weit in die Schatten zurück. Vorsicht legte sich einem Mantel gleich über sein Gemüt, ließ die Sorglosigkeit abflauen udn tauschte sie gegen Wachsamkeit ein. Er durfte nicht vergessen, dass auch diese Stadt von den dunklen Völkern beherrscht wurde - jedenfalls schien es inzwischen so zu sein. Ein falscher Schritt und sie könnten alle in Gefahr schweben. Nells Violinspiel zog zu viele Blicke auf sich.
Andererseits...
Kazel schob sich an Kuralla vorbei, die eifrig im Takt mit klatschte. Er griff nach ihrer Hand, berührte Bramo am Arm und zog beide zu sich, während Nell weiterhin ihrer Leidenschaft frönte. Geradezu verschwörerisch steckte er mit der Goblinin und dem Andunier die Köpfe zusammen. "Nell zieht sämtliche Blicke auf sich. Alle schauen nur nach ihr und dem Geigenspiel. Könnte man so für Ablenkung irgendwo sorgen, dass wir uns Zutritt verschaffen könnten oder wäre es zu verdächtig, wenn sie als Schaustellerin irgendwo bei diesen Gärten aufspielt?" Er stutzte, schüttelte den Kopf. Die Melodie hatte nicht nur seine Sorgen hinfort gewaschen, sondern auch seine eigene Planung. "Äh...", gab er wenig geistreich von sich und glotzte sowohl Bramo als auch Kuralla etwas irritiert an. "Wohin wollten wir nun eigentlich gehen?" Bramo hatte viele Orte genannt und Kazel den Überblick verloren, ohne sich überhaupt einen verschafft zu haben. Es gab diese Gärten, von denen er gesprochen hatte. Dort seien die Schwangeren gewandelt. Dann war eine Baustelle erwähnt worden und eben Rubin, die Heilerin. Jene, die laut Bramos Bauchgefühl eine weitere Verbündete darstellen könnte. Aber wie vielen wollten sie noch vertrauen? Gerade Kazel tat sich schwer damit. Er ging nicht noch einmal auf Rubin ein, wusste nun aber schon nicht mehr, wohin sie eigentlich wollten. Vorderst stand ja ohnehin erst einmal Schokolade auf dem Plan. Also reckte er den Kopf und rief Nell zu: "Ist die Geige repariert? Dann sollten wir nun deine Schokolade suchen gehen. Hast du dein Ziel vor Augen?" Und als wollte er sich mit Bramo und Kuralla erneut darüber beraten, raunte er ihnen zu: "Was ist das eigentliche Ziel? Von wo aus gelangen wir am besten dorthin, wo diese Experimente mit den Frauen durchgeführt werden?" Irgendwie hatte Kazel den Faden verloren. Das war schlecht, wenn man unterwegs war, um ein grausiges Nest auszuheben, bei dem erneut ein Dämon seine Finger im Spiel haben konnte. Er hoffte nun auf ein besseres Gedächtnis bei seinen Begleitern.
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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Naella Federfall » Samstag 17. Februar 2024, 12:33

Das Geigenspiel war etwas, das Nell durchaus zu begeistern wusste. Jene Begeisterung floss in die unterschiedlichen Noten und die Elfe verlor sich darin. Sie spielte und wenn Musik erklang, dann fühlte Nell sich freier denn und unbeschwerter als es ihr Gemüt je könnte. Die Tristesse der Stadt Andunie hatte sie ein wenig hinuntergezogen und das, obwohl sie sich so sehr dagegen gewehrt hatte. Vielleicht war das auch der Grund und gleichzeitig Nährboden für weiteres, dass sie so auf Kazel’s Erzählungen reagiert hatte. Der Mischling hatte tatsächlich einiges miterleben müssen und Nell wollte ihm etwas Gutes tun. Allerdings musste sie selbst erstmal einen vernünftigen Weg finden, nicht alles hier so furchtbar düster zu sehen. So hatte sie auf dem Weg zum Markt hier und dort einige illusionäre Blumen erschaffen. Hatte grau und schwarz gegen bunt getauscht. Sie hatte versucht die Sonne zu sehen, wo es nur Regenwolken gab.
Die Geister der Vergangenheit, die ihre Magie erschaffen hatte, waren für sie ein wahrer Lichtblick gewesen. Sie hatte sich über die Bilder, die nur sie sehen konnte, amüsiert und musste dabei reichlich lächerlich ausgesehen haben. Das aber war nichts, was Naella stören würde. Sie machte sich zum Clown und das mit vollem Elan, wenn das die Laune hob. Nun spielte Nell auf und erreichte nicht nur die Herzen ihrer Begleiter. Sie wirbelte durch den kleinen Instrumentenladen und war geschickt genug, nirgendwo gegenzustoßen. Sie hatte die Augen geschlossen, ihr Herz geöffnet und legte alles hinein. Es sollte ihren Zuhörern gutgehen. Bramo sollte vergessen, dass seine Heimat so dunkel geworden ist. Kazel sollte die Last auf seinen Schultern für einen Moment ablegen können. Der Geigebauer sollte sich entspannen dürfen, er wirkte etwas angespannt. Und Kuralla sollte merken, dass sie in Nell eine Freundin gefunden hatte. Naella spielte für ihre Freunde und scheinbar für mehr: Das Publikum erweiterte sich und als sie mal kurz linste, öffnete sie die Tür, damit sie alle der Musik besser lauschen konnten. Niemand wurde von ihr ausgeschlossen. Jeder, der es gebrauchen konnte, sollte sich an ihrer Musik erfreuen! Das war ihr größter Lohn. Sie bemerkte nicht, dass Kazel ihre Reparatur bezahlte. Oder dass er mit Bramo und Kuralla bereits neue Pläne schmiedete. Sie bemerkte nicht mal, dass er sie nutzen wollte, um als Ablenkung herzuhalten. Sie würde wohl einfach zustimmen, wenn er sie fragen würde, ohne darüber nachzudenken, was aus ihr würde. Immerhin läge der Fokus auf ihr und die anderen wären in Sicherheit. Aber sie würde es tun. Für ihre Freunde. Die flippige Elfe strahlte dem neuen Publikum entgegen und spielte eine kleine Extrarunde. Sie freute sich darüber, dass sie so viele Herzen erreichen konnte. Das näherte ihre Seele auf unbeschreibliche Weise und reicherte das übergroße Herz mit Liebe, Freude und Gemeinschaftssinn an. Am Ende ihres Spiels ließ sie die Töne verklingen, hielt dabei die Arme emporgehoben und die Augen geschlossen, bis auch das letzte, feine Tönchen verschwand. Erst dann strahlte Nell bis über beide Ohren und verneigte sich vor den Fremden, die dort gelauscht hatten. Sie trat sogar vor und lächelte den Menschen offen ins Gesicht. Sie merkte nicht, dass sie aus dem Laden heraustrat, die Geige fest in der Hand und sich ihren Applause abholte. Sie badete nicht wirklich in der Anerkennung, als viel mehr in all den zufriedenen und fröhlichen Gesichtern. Sie schaute in jedes von ihnen, blickte in eingefallene, plusterige, narbige, glatte, dicke, dünne, helle, dunkle Gesichter und sah dennoch überall nur Freude. Ihr quoll das Herz über. „Das ist viel besser als Schokolade!“, rief Nell lachend und fiedelte noch mal zackig einen kleinen Jingle, bevor sie strahlend sich umdrehte und erkannte, dass sie mitten in der Traube stand.Sie blickte zum Laden zurück und suchte nach ihren Begleitern. Oder waren die inzwischen durch einen Hinterausgang verschwunden? Stand sie nun allein vor dem Laden oder wartete drinnen noch jemand auf sie? Und was war mit den Menschen? Nell wurde von fröhlichen Gesichtern förmlich angezogen. Sie gaben ihr die Zuversicht, die sie brauchte, auch ohne Schokolade. Aber ließen sie sie überhaupt wieder gehen? War die Stimmung nachhaltig gut oder bedrängte man sie jetzt, mehr zu spielen?

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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Erzähler » Samstag 17. Februar 2024, 18:25

"Nell zieht sämtliche Blicke auf sich. Alle schauen nur nach ihr und dem Geigenspiel. Könnte man so für Ablenkung irgendwo sorgen, dass wir uns Zutritt verschaffen könnten oder wäre es zu verdächtig, wenn sie als Schaustellerin irgendwo bei diesen Gärten aufspielt?"
Bramo sah eher stolz zu seiner Elfe, als sich irgendwelche Sorgen oder Pläne zu machen. Aber als Kazel es erwähnte zuckten seine Mundwinkel.
„Keine schlechte Idee.“
, meinte er nur.
"Äh...Wohin wollten wir nun eigentlich gehen?"
Es gab diese Gärten oder eine Baustelle, oder und eben jene Rubin, die Heilerin, die laut Bramos Bauchgefühl eine weitere Verbündete darstellen könnte. Zu Forderst stand ja ohnehin erst einmal Schokolade auf dem Plan.
"Ist die Geige repariert? Dann sollten wir nun deine Schokolade suchen gehen. Hast du dein Ziel vor Augen?"
Nell war aber abgelenkt und badete im Lächeln ihrer Zuhörer. Kazel raunte Bramo und Kuralla zu:
"Was ist das eigentliche Ziel? Von wo aus gelangen wir am besten dorthin, wo diese Experimente mit den Frauen durchgeführt werden?"
„Das wären dann wohl das Anwesen. Aber da brauchen wir eine gute Geschichte für euch beide, damit ihr nicht auffallt.“
Kuralla kratzte sich die Schläfe und hinterließ dabei eine kleine Spur aus Schuppen auf ihrer Schulter.
„Wie wäre es, wenn ihr uns als eure Schausteller-Kollegen vorstellt? Ich könnte ganz klasse ein Zimbel schlagen und Kazel vielleicht die Trommel?“
Kuralla war vielleicht noch von der Musik ein bisschen 'high' und wippte mit den Füßen. Bramo ließ Nell nicht aus dem Augen, aber antwortete:
„Hm. Das ginge, wenn wir irgendwie an passende Kleidung für den Auftritt heran kommen würden. Dafür müssten wir aber in jedem Fall ins Anwesen zurück. Nell und ich konnten uns da quasi frei bewegen. Sie nannten uns nur die Regel, dass geschlossene Türen geschlossen bleiben und offene halt... eine Einladung sind, was echt wörtlich zu verstehen war. Die sind da echt freizügig und offen. Aber auch ...irgendwie nett. Sogar die Orks waren hilfsbereit und der Haushofmeister... ähm... ich glaub der steht auf Männer, aber alle wirkten nicht …versklavt, wenn ihr wisst was ich meine. Auch nicht...besessen, wie du das mit den Dämonen beschrieben hattest, Kazel. Die schienen gern da zu sein. Wir saßen zusammen mit ihnen in der Küche und haben gefuttert... alles ganz zwanglos und uns normal unterhalten. Diese Amandin scheint vielleicht nicht so schlimm zu sein...zumindest nicht zu ihren Leuten. Ihre Schwester war da anders. Vor der haben sich die anderen ...fast versteckt und sind immer schnell in anderen Gängen verschwunden. Die beiden wohnen auch nicht zusammen. Es gibt zwei Häuser und ein altes Bediensteten Gebäude... eine Art Wachhaus. Dann die alten Stallungen und ein Gewächshaus mit Scheune. In der Scheune haben wir die Frauen gesehen. Aber wir hatten gehört, dass sie da nur so lange untergebracht sind wie es regnet. Irgend ein Keller soll voll Wasser gelaufen sein. Wenn das Wetter sich bessern sollte... finden wir sie vielleicht nicht wieder.“
Bramo warf einen Blick gen Himmel aber die Chancen, dass es bald aufhören würde zu regnen, waren eher gering. Ventha war sauer. Nur auf dem Marktplatz über Nells Schauspiel schien der Himmel ein klein wenig heller zu sein.
...
Es wirkte!
Und wie es wirkte!
Celcia war eine Welt voller Phantasie, die Nell zum Leben erwecken konnte. Diese Welt war auch trist, mit bösen Ecken und Kanten, aber sie war auch wunderschön, wenn man mit dem bunten Pinsel der Phantasie darüber ging und mit Noten ihren Klang veränderte. Andunie hatte sich verändert, aber der Nachhall der kunterbunten Vergangenheit, Nells Spiel und die Freude die jeder Ton von der gesegneten Geige verbreitete, veränderte das Stadtbild. Menschen, Elfen und andere Rassen standen zusammen, schunkelten unter ihren teils sehr provisorischen Schirmen im Takt der Musik und erinnerten sich an buntere Tage. Hoffnung keimte in ihren Herzen und lächelnde Gesichter waren der Dank für diese kleine aber bedeutende Tat. Musik war in diesen Zeiten selten und wertvoller als es anderswo war. Ein Musikant vollbrachte es die Massen zu fesseln, Herzen zu berühren und Kinder zum Lachen zu bringen, wie es kaum etwas anderes in dieser Welt tat. Es gab auch keine irgendwie anders geartete Ablenkung neben dem Tagewerk. Es war eine Zeit in der Musik der pure Luxus war und nicht jeder konnte sich so etwas leisten. Eine Geige war ein teures Kunstwerk, jemand der darauf spielen konnte selten. So war Nell jemand besonderes und wurde wertgeschätzt von all den Gesichtern, den Seelen und Herzen die ihr Spiel vernommen hatten. Kleine und große Hände klatschten eifrig ineinander und Stimmen riefen:
„Brava! Brava!“
Aber das schönste für Nell war das Strahlen in den Gesichtern vor ihr, um sie herum und überall. Sie drehte sich um die eigene Achse und ihr Herz badete in dem Lächeln, dass sie verbreitet hatte. Dankbarkeit war es, die ihr entgegen blickte, keine Gier nach mehr. Dann fiel ihr Blick auf ein junges Wesen, dem sie nicht gleich ein Geschlecht zuordnen konnte. Ob Mädchen oder Junge, sagen wir mal Mädchen, es hielt einen dunkelbraunen Lolli am Stiel in ihren Händen und biss von der Schokolade ab. Kleine dunkle Punkte auf dem bunten Papier drum herum verrieten das das Stück einst größer gewesen war und schon viel davon im Bauch des androgynen Wesens verschwunden war. Sie stand still mit großen Augen in der Menge, aber nah genug, dass Nell sie komplett sehen konnte. Ihr Haar war unter einer gestrickten bunten Mütze verborgen, die schon bessere Zeiten gesehen hatte. Langes schwarzes Haar wallte darunter hervor und ergoss sich in weichen langen Wellen über ihre flache Brust. Ein braun getupfter, oder sehr dreckiger Kittel rundete das Bild ab. Ihr Gesicht war fast noch dunkler als das der Schokolade, aber sie war keine Elfe und er oder sie war sehr klein. Als ihre Blicke sich trafen, da zuckten die Mundwinkel nach oben und sie kam näher. Den Schokololli aus dem Mund nehmend stellte es sich vor Nell und streckte eine dunkelbraune Hand entgegen:
„Ich bin Geluka Suerte, das hiesige Schokoladenmädchen. Danke, dass du so schön gespielt hast!“
Ah, sie war also wirklich ein Mädchen. Sie wirkte zumindest so, auch wenn die Stimme schon etwas erwachsener klang. Auf jeden Fall wirkte sie sehr jung, aber das könnte täuschen.
„Möchtest du etwas Schokolade?“
Sie hatte in ihre Tasche gegriffen und hielt Nell einen in Wachspapier gewickelten Schokoladenlolli mit bunten Streifen hin. Wie ein Rattenfänger hatte Nell das Glück angelockt und bekam ganz von selbst ihren Wunsch erfüllt.
„Ich hab auch Pralinen, aber die sind in meinem Laden. Willst du ihn vielleicht sehen? Ist nicht weit weg.“
Irgendjemand hatte mal gesagt, man solle keine Süßigkeiten von Fremden annehmen... derjenige musste ne Vollmeise gehabt haben, denn Geluka war einfach zuckersüß. Da schob sich von hinten ein Schatten über Nells Schulter und kurz darauf trat Bramo an ihre Seite.
„Luka?“
Das Mädchen hob den Blick zu Bramo und ein Funkeln trat in ihre dunklen Augen.
„Bramo!“
Sie streckte beide Arme nach ihm aus und er hob sie einfach hoch. Nell stand daneben und beobachtete das sonderbare Spiel der Wiedersehensfreude. Bramo lachte ausgelassen, wirbelte sie herum und setzte sie dann wieder ab. Dann sah er Nells fragenden Blick.
„Das ist Luca!“
Super, das erklärte alles.
„Sie... sie hat meiner Familie früher immer Schokolade geliefert.“
Er sah wieder zu ihr.
„Du hast dich kein Stück verändert.“
„Ja ja, für euch sehen wir alle gleich und immer unverändert aus. Das liegt an der guten Ernährung. Schokolade macht glücklich. Wo bist du denn all die Jahre gewesen?“
„Ich war... unterwegs mit Schaustellern. Ich hab es Zuhause nicht mehr ausgehalten.“
„Hm...“
„Ich freu mich aber, dass du ...dass dir nichts passiert ist.“
Geluka grinste.
„Na klar geht’s mir gut. Schokolade will jeder, auch die Dunklen.“
Bramo wurde kurz ein wenig ruhiger und beobachtete die Menge, die sich inzwischen schon fast zerstreut hatte. Ein Mädchen zog an Ärmel seiner Mutter und verlangte 'mehr Musi', aber seine Mutter nahm es auf den Arm, lächelte Nell noch einmal an und ging ihres Weges. Auch Kuralla und Kazel hatten sich inzwischen im Türrahmen des Geigenbauers eingefunden und sahen Nell, Bramo und dem kleinen Schokoladenfarbenen Geschöpf zu. Bramo fragte gerade:
„Weist du, wie es meinen Eltern geht?“
„Du weist es nicht?“
Bramo schüttelte den Kopf.
„Wir sind gerade erst angekommen und es gab Komplikationen. Ich konnte noch nicht nach Hause.“
„Das solltest du auch nicht. Euer Haus steht leer. Ich habe es gerade erst vor ein paar Tagen bei einer Lieferung gesehen. Dort wohnt niemand mehr. Es ist... abgebrannt. Aber ich weis, deine Eltern sind geflohen. Bevor es hier zu heiß wurde, haben sie alles zusammen gepackt und sind fort. Tut mir leid. Ich weis nicht wo hin. Das Viertel hat es schwer getroffen, als sie kamen. Aber … sie bauen es langsam wieder auf.“
Die junge Frau sah sich nach ein paar Dunkelelfen um, die auf dem Markt flanierten, wie jeder andere Bürger.
„Es ist nicht so schlimm, wie noch vor ein paar Wochen. Die Herrscherfamilie hat wohl einen 'Wieder-Aufbau-Plan'.“
Sie zuckte mit den Schultern, was sehr an Bramos Geste erinnerte. Das die beiden sich kannten war klar. Das Mädchen rieb sich kurz nachdenklich die Schläfe.
„Also wenn du und deine … „
„Das ist Nell, meine Freundin.“
Bramo schmunzelte leicht.
„Ah. Also wenn ihr eine Bleibe braucht, dann kann ich meinen Dachboden vielleicht...“
Das war der Moment, in dem Kuralla mit Kazel an der Hand noch hinzu trat.
„Oh, hier duftet es nach Schokolade.“
„Das bin dann wohl ich. Geluka Suerte, der Name. Gehört ihr auch zu Bramo und Nell?“
Kuralla nickte.
„Oh... hm. Dann könnte mein Dachboden etwas eng werden. Aber in meiner Werkstatt wäre reichlich Platz. Das Lager ist fast leer.“
Bramo lächelte, als erinnerte er sich positiv an diesen Ort.
„Danke für dein Angebot, wir haben zwar eine Unterkunft, aber vielleicht kommen wir auf das Angebot zurück, wenn wir dürfen.“
Geluka nickte. Bramo hatte bewusst nicht für die Anderen der neu gebildeten Gruppe entschieden und ließ ihnen damit die Wahl.
„Aber wenn du Hilfe brauchst, sag es. Deine Familie war gut zu mir in meinen ersten Tagen hier in Andunie. Das hab ich nicht vergessen.“
Bramo lächelte warm das Mädchen an, das vielleicht doch älter war als es aussah. Kuralla murmelte irgendwas von:
„...ein kleines Stück vom Glück...“
, aber so leise dass es nur Elfenohren und auch nur Kazel gerade so hören konnte, da er neben ihr stand.
„Bramo, willst du mir deine Freund nicht vorstellen?“
Der angesprochene nickte.
„Darf ich vorstellen, dass ist Geluka Suerte, seit ...sieben Jahren Schokoladenhändlerin in Andunie. Und das sind Kuralla und Kazel.“
Ob und was Kazel noch zu seiner Vorstellung sagen wollte, blieb ihm überlassen. Kuralla trat vor und reichte dem nur wenig größeren Geschöpf die Hand. So nah blinzelte Geluka plötzlich und wich etwas mit dem Kopf zurück. Ihre feine Nase hatte wohl den Gestank, der trotz Baden wohl nie ganz weg ging, aufgenommen. Dann war Kazel und Nell dran.

„Schön euch kennen zu lernen.“
Gelukas Lächeln war durch und durch ehrlich.
„Ich will euch auch nicht noch länger aufhalten, aber seid gewiss, ihr habt bei mir immer einen sicheren Ort, wenn ihr ihn braucht. Die Patrouillen dürfen bei mir nicht mehr ohne Erlaubnis herein. Habt ihr es noch nicht bemerkt? Die Läden mit dem kleinen 'A' auf den Schildern? Wir stehen unter ihrem Schutz und beliefern auch die Baustelle mit Essen und allem notwendigen.“
Da sie noch in der Nähe des Geigenbauers standen und nun darauf hingewiesen worden waren, sahen sie auch an seinem Ladenschild ein kleine eingeritztes 'A'.
„Bramo, ich würde mich freuen, wenn du bald vorbei schaust, auch mit deinen neuen Freunden.“
Sie schien sich wieder auf den Weg machen zu wollen, aber wartete noch kurz höflich, ob Nell, Kuralla oder Kazel etwas fragen wollten. Alle hatten aber während des Gesprächs irgendwann einen dieser Schokoladenlollis in die Hand gedrückt bekommen.
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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Naella Federfall » Montag 19. Februar 2024, 10:25

Was auch immer die Geige genau war und woher sie in Nell’s Leben getreten war: Nell liebte sie. Sie liebte auch jedes andere ‚normale‘ Instrument, aber diese Geige ließ ihre musikalische Ader nur so pulsieren. Es war, als würde sie sich mit der Geige verbinden und jedem Zuhörer ein Geschenk machen. Die Elfe hatte niemals viel besessen, denn sie war zufrieden mit allem, was sie einfach nur irgendwie dabeihatte. Dabei war ihr niemals wichtig gewesen, wirklich etwas zu besitzen, denn sie nahm alles was kam und akzeptierte, wenn es ging. Diese Geige, so glaubte Nell, war zu ihr gekommen, damit sie ein wenig mehr Freude produzieren konnte und solange sie ihren Weg begleitete, würde sie gut darauf achten. So spielte Nell für das wachsende Publikum und kehrte mit einem seligen Lächeln in das Hier und Jetzt zurück. Die Zuschauer wirkten zufrieden und die Buntschelmin beobachtete die kleinen Anzeichen von Glück in den Gesichtern. Sie sah das feine Leuchten in den unterschiedlichen Pupillen, erkannte die kleinen oder größeren Lachfalten an den Augen oder Mündern. Sie sah einen erhobenen Mundwinkel und verschmitzte Grübchen. Oh, es war herrlich, wenn sie das Publikum zufrieden stimmen konnte. Und diese Menschen oder Elfen hier, hatten genug erlebt. Andunie war gebeutelt und Nell war gekommen, diese Beulen zu glätten! Zufrieden mit sich und ihrem Aufspielen, drehte sie sich um sich selbst, bis ihr Blick auf ein kleineres Mädchen…Junge…Kind…Erwachsenen fiel. Jenes hatte einen großen, runden Schokoladenlolli in der Hand und Nell richtete ihr Gelb darauf aus. Sofort erwiderte das Mädchen und Nell’s Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen. Sofort ergriff sie die ausgestreckte Hand und schüttelte diese. „Ich bin Geluka Suerte, das hiesige Schokoladenmädchen. Danke, dass du so schön gespielt hast!“ „Naella Federfall, danke, dass DU so schön zugehört hast!“, feixte sie und blickte auf den Lolli. „Ist das tatsächlich Schokolade?“, fragte sie und grinste freudig. „Möchtest du etwas Schokolade?“ „Na aber sicher! Ich habe schon danach gesucht!“, lachte Nell und nickte noch mal, falls das ‚Ja‘ nicht deutlich genug war. Nell griff den Lolli ohne darüber nachzudenken, ob sie gerade gelockt wurde. Sie wickelte den Leckerbissen aus und roch daran, bevor sie genüsslich daran leckte. „Ohh…“, entfuhr es ihr seufzend. „Ist das lecker…“, keuchte sie und schloss die Augen. „Endlich…“, seufzte sie abermals, wie ein Verdurstender in der Wüste, der Wasser fand. „Ich hab auch Pralinen, aber die sind in meinem Laden. Willst du ihn vielleicht sehen? Ist nicht weit weg.“ Nell, im Schokoladenhimmel, nickte verzückt und wäre sofort mitgegangen, als sie plötzlich daran erinnert wurde, dass da noch andere waren.

Also hatten sich Bramo, Kazel und Kuralla doch nicht aus dem Staub gemacht. Sie schaute ihnen freudestrahlend entgegen und deutete für Kuralla auf die Schokolade. „Ich habe Schoki gefunden!“, rief sie entzückt aus und kam auf Kuralla und Kazel zu, während Bramo offenbar eine alte Bekannte wiedergefunden hatte. Nell hielt Kazel ihren Lolli entgegen und nickte ihm auffordernd zu. „Probier mal. Dir wird es besser gehen, wenn du da erstmal reinbeißt!“, beschwor sie ihn zuversichtlich und hielt ihm den Lolli abwartend entgegen. Nell warf einen Blick über die Schulter, als Bramo und Geluka sich umarmten. Kurz wanderten ihre Augenbrauen fragend empor, was Bramo gleich auffing: „Das ist Luca!“ Sie nickte. „Dachte ich mir!“, feixte sie frech. „Sie... sie hat meiner Familie früher immer Schokolade geliefert.“ Nun wirkte sie überrascht. „Deine Familie wurde mit Schoki beliefert?!“, fragte sie und ihre Augen bekamen einen Glanz. Ob Kazel nun an ihrem Lolli geleckt hatte, oder nicht, sie nahm ihn geistesabwesend wieder und lutschte daran, bevor sie ihn Kuralla hinhielt. „Auch mal?“, fragte sie die Oma, bevor sich Bramo und ‚Luka‘ weiterunterhielten. „Du hast dich kein Stück verändert.“
„Ja ja, für euch sehen wir alle gleich und immer unverändert aus. Das liegt an der guten Ernährung. Schokolade macht glücklich. Wo bist du denn all die Jahre gewesen?“
„Ich war... unterwegs mit Schaustellern. Ich hab es Zuhause nicht mehr ausgehalten.“
„Hm...“
„Ich freu mich aber, dass du ...dass dir nichts passiert ist.“
Nell beobachtete die beiden miteinander und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass da war zwischen den beiden war. Sie aber stand zwischen Kazel und Kuralla und beobachtete die beiden Andunier genau so, wie die zwei Nicht-Andunier. Dabei ließ sie ihren Schokololli immer mal wieder herumwandern, falls jemand wollte. Sie war da nicht so. „weißt du, wie es meinen Eltern geht?“
„Du weist es nicht?“
„Wir sind gerade erst angekommen und es gab Komplikationen. Ich konnte noch nicht nach Hause.“
„Das solltest du auch nicht. Euer Haus steht leer. Ich habe es gerade erst vor ein paar Tagen bei einer Lieferung gesehen. Dort wohnt niemand mehr. Es ist... abgebrannt. Aber ich weiß, deine Eltern sind geflohen. Bevor es hier zu heiß wurde, haben sie alles zusammengepackt und sind fort. Tut mir leid. Ich weiß nicht wo hin. Das Viertel hat es schwer getroffen, als sie kamen. Aber … sie bauen es langsam wieder auf.“ „Es ist nicht so schlimm, wie noch vor ein paar Wochen. Die Herrscherfamilie hat wohl einen 'Wieder-Aufbau-Plan'.“ „Also wenn du und deine … „
„Das ist Nell, meine Freundin.“


Nell hatte dem ganzen Gespräch eher semi-gut zugehört. Sie war abgelenkt von ihrem Lolli und dann war da plötzlich ein Schmetterling aufgetaucht, der ihre Aufmerksamkeit erregte, weil er so hübsch aussah. Jetzt aber wandte sie den Kopf zurück zu Bramo und Luka. „Hm? Oh! Ja, genau das bin ich!“, feixte sie stolz wie Bolle, ehe sie auf ihren Lolli schaute, der bereits erheblich kleiner geworden war. Kuralla und Kazel traten etwas näher heran und Kuralla fiel auf, dass es in der Nähe von Luka nach Schokolade roch. „Oh, hier duftet es nach Schokolade.“
„Das bin dann wohl ich. Geluka Suerte, der Name. Gehört ihr auch zu Bramo und Nell? Oh... hm. Dann könnte mein Dachboden etwas eng werden. Aber in meiner Werkstatt wäre reichlich Platz. Das Lager ist fast leer.“ „Danke für dein Angebot, wir haben zwar eine Unterkunft, aber vielleicht kommen wir auf das Angebot zurück, wenn wir dürfen.“ „Aber wenn du Hilfe brauchst, sag es. Deine Familie war gut zu mir in meinen ersten Tagen hier in Andunie. Das hab ich nicht vergessen.“
Das warme Lächeln von Bramo ließ Nell zwischen ihm und Luka hin und herblicken. Dann murmelte Kuralla noch etwas vom kleinen Stück des Glücks und Nell kaute nachdenklich den letzten Rest ihres Lollis ab. Den Stiel steckte sie in ihre Manteltasche. Sie blickte zu Kazel an ihrer Seite und musterte ihn. „Findest du auch, dass das ein kleines Stück vom Glück ist? Bramo und Geluka scheinen sich gerne zu mögen.“, überlegte sie und musterte die beiden wieder. „Darf ich vorstellen, dass ist Geluka Suerte, seit ...sieben Jahren Schokoladenhändlerin in Andunie. Und das sind Kuralla und Kazel.“ „Kuralla ist die beste Oma, die man sich denken kann und Kazel ist auf der Suche nach den schönen Seiten des Lebens! Deine Schokolade ist da schon mal ein hervorragender Einstieg!“, feixte Nell und mischte sich einfach mal ein. „Ich will euch auch nicht noch länger aufhalten, aber seid gewiss, ihr habt bei mir immer einen sicheren Ort, wenn ihr ihn braucht. Die Patrouillen dürfen bei mir nicht mehr ohne Erlaubnis herein. Habt ihr es noch nicht bemerkt? Die Läden mit dem kleinen 'A' auf den Schildern? Wir stehen unter ihrem Schutz und beliefern auch die Baustelle mit Essen und allem notwendigen.“ Nell blickte zum Schild des Geigenbauers. „Furchtbar elitär, dass nur jene Schutz erhalten, die dieses A haben und die anderen sind zum Abschuss freigegeben“, murmelte sie nachdenklich und bewies erneut, dass sie gar nicht so unfokussiert war, wie man meinen könnte.
„Ungerecht ist das.“, meinte sie noch und seufzte. Sie leckte sich über die Lippen, weil da noch Schokolade war und seufzte zufrieden. „Das war richtig nötig…“, „Bramo, ich würde mich freuen, wenn du bald vorbei schaust, auch mit deinen neuen Freunden.“ Nell hob eine Augenbraue. ‘auch mit deinen neuen Freunden‘ – ist ja nett. Lieber wäre ihr wohl ‚ohne‘…, dachte sie etwas zynisch und zog kurz eine Schnute. Irgendwie hatte sie den Eindruck bekommen, dass Luka und Bramo enger verbunden waren, als sie jetzt zugeben wollten. Und das kitzelte etwas in ihrem Nacken. Auch Kuralla hatte etwas von Glück gebrabbelt. Stand Nell einem Glück etwa im Weg? Weil er Andunie verlassen und einen anderen Weg gewählt hatte? Nachdenklich betrachtete sie Bramo und seufzte. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Dann aber trat sie in die Runde und stemmte die Hände in die Hüften. „Vielen Dank, Schoko-Luka, aber wir haben dringend etwas zu erledigen. Ich …“, sie warf Bramo einen Blick zu. Eigentlich wollte sie die Krallen ausfahren, doch dann schmeckte sie wieder die Schokolade und fühlte sich deutlich leichter, also lächelte sie, anstatt grimmig dreinzuschauen: „Ich bin mir sicher, dass später Zeit für euch beide ist, in Erinnerungen zu schwelgen. Aber vorher haben wir diese… Sache da…“, sie nickte entschieden. Ihr Blick huschte erneut zu Bramo. „Es sei denn, du willst natürlich jetzt… also…“, sie deutete auf Luka.

„Kazel, Kuralla und Ich können auch schon mal.. los“, sie räusperte sich. Irgendwie fiel ihr das nicht so leicht zu sagen, obwohl sie es durchaus anfangs ernst meinte. Sie wollte nichts dagegen haben, aber etwas in ihr sprach darauf nicht so gut an, dass die beiden sich gut verstanden. Nell aber ignorierte diese negativen Gefühle. Sie hatte Menschen glücklich gemacht und sie hatte Schokolade gegessen. Und sogar noch einen Lolli in der Hand, den sie behutsam verstaute. Für später. Sie war sich sicher, dass sie später noch Schokolade gebrauchen konnten. Fürs erste aber war sie zufrieden und blickte daraufhin Kazel und die anderen an. „Also, ich bin bereit. Lasst uns zu den Gärten gehen und diesem… ‚Ihgitt-was-auch-immer-es-ist‘ den Garaus machen. Ich bin viel zu gut gelaunt, um mich langfristig damit zu beschäftigen. Sie sah zu Bramo, wie er sich entschieden hatte. „Wir können auch einfach durch dass Haupttor gehen. Immerhin waren wir schon mal drin. Und Kuralla und Kazel…“, sie betrachtete die beiden eingehend. „Kazel braucht noch mal ein Kostüm…“, murmelte sie. „Kuralla sieht super aus..“, dachte sie nach. Dann klemmte sie sich zwei Haarspangen ab und trat auf Kazel zu. Sie steckte ihm eine der bunten Blumen-Klammern an seinen Mantel und die zweite neckisch an sein Elfenohr. „hmm…“, stand sie überlegend vor ihm und blinzelte, als wäre sie eine Mode-Elfe. „Geht das da an deinem Ohr? Oder tut es weh? Siehst fetzig aus!“, grinste sie dann und hatte dem dunklen Kazel einfach mal zwei Farbtupfer verpasst. „Auf! Retten wir Andunie!“, rief sie heroisch und klatschte in die Hände, bevor sie die Geige wieder griff und in die Kasten legte, den der Geigenbauer auf den Armen trug. Sie schnallte sich die Geige wieder um und blickte den Bauer an. „Was kostet die Saite denn?“, wollte sie dann wissen und hatte ihn tatsächlich nicht vergessen.

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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Kazel Tenebrée » Sonntag 25. Februar 2024, 11:28

Naella war bewusst losgezogen, nicht nur für Schokolade und die Reparatur ihrer Geige, sondern auch um ihren viel zu ernsten neuen Reisegefährten ein wenig die Last von den Schultern zu nehmen. Das gelang ihr zwar wunderbar durch ihr Violinenspiel, aber nicht gut genug. Man konnte es ihr nicht zum Vorwurf machen, dass Kazel selbst unter ihrer Melodie schon wieder neue Pläne schmiedete. Er schaltete nicht ab. Er nahm die Lage viel zu ernst, um das zu können. So viele waren auf ihn angewiesen, da konnte er nicht verantwortungslos die Seele baumeln lassen. Er nicht. Das hatte Janay schon zu spüren bekommen und jetzt war Nell dran. Die Elfe bekam davon allerdings nicht allzu viel mit. Sie war voll und ganz in ihr Spiel vertieft und Bramo? Nun, der stellte sich tatsächlich auf Kazels Seite, wenigstens teilweise. Er hielt seine Idee für gut, sich als Schausteller auszugeben und in das Anwesen zu schleichen, in dem es galt, mehr herauszufinden. Mehr über die Frauen, die Schwangeren und nicht zuletzt den Aufenthaltsort des Nestes, das der Mischling ausheben wollte. Er sah das Haus der Bellial Synths für geeignet an. Dort wollte er beginnen. Dabei mit dieser Heilerin Rubin zu sprechen, nur weil sie laut Bramos Bauchgefühl eine Verbündete sein könnte, schloss er kategorisch aus. Er hatte nun schon den Andunier und seine Gefährtin ins Boot geholt. Das genügte. Darüber hinaus kannte er Bramo trotz allem nicht. Er konnte sich nicht auf dessen Bauchgefühl verlassen. Nein, seine Entscheidung hatte Kazel diesbezüglich getroffen. Zu Rubin wollte er nicht. Sie würden schon einen Weg ohne sie ins Innere finden.
Sein Blick wanderte zu Kuralla und er hob sacht die Mundwinkel an über die Freude, die er im Gesicht der Alten wiederfand. Wenigstens eine konnte sich vollends fallen lassen. Sie sah gut aus, genoss es ihr Kleidchen zu tragen, sauber zu sein und der Musik zu lauschen. Zu Letzterem gesellte Kazel sich nur allzu gern hinzu. Auch er hörte Nell zu, denn er konnte nicht anders. Sie spielte harmonische Melodien, die ihn beruhigten. Ein wenig schaltete also sogar er ab. Leider bei weitem nicht so viel, wie die rothaarige Elfe es sich wohl gewünscht hätte. Sie dachte aber gerade nicht vordergründig daran. Ihre Mission beinhaltete noch immer die Suche nach Schokolade und sie sollte fündig werden.
Unter den Zuschauern befand sich ein scheinbar geschlechtsloses Wesen mit einer kunterbunten Strickmütze auf dem wallend schwarzen Haar. Es schaute mit riesigen Augen gebannt zu Nell, auch als ihr Spiel schon verklungen war. Nell schaute zurück, denn das kindliche Geschöpf lutschte an einem Lolli aus Schokolade herum. Es dauerte nicht lang und schon näherten beide - Zuschauer und Musikantin - sich an.
Kazel schnappte noch den Namen Geluka Suerte auf und dass sie als Schokoladenmädchen der Stadt offensichtlich weiblich war. Dem weiteren Wortaustausch hörte er nur bedingt zu. Seine Aufmerksamkeit galt Bramo, denn er hatte aus seiner Sicht weitaus Spannenderes zu berichten. Er erzählte, dass es zwei Anwesen gab und eines von der Schwester der ungebliebteren des Hauses Belial Synth geführt wurde. Amadin war ihr Name. Kazel schlussfolgerte, dass er über ihren offener gehaltenen Haushalt vielleicht auch in das Anwesen der Schwester eindringen könnte. Die Kaltherzigere schien sein Ziel zu sein. Ihr traute man doch zu, zahllose Frauen zu missbrauchen, um sich eine längere Lebenszeit zu bescheren. Bramos Ausführungen des Gebäudekomplexes ließ ihn an seiner ersten Annahme zweifeln. Neben dem Haupthaus des Anwesens existierten also auch ein Wachhaus, Stallungen, ein Gewächshaus und eine Scheune.
"In der Scheune haben wir die Frauen gesehen. Aber wir hatten gehört, dass sie da nur so lange untergebracht sind wie es regnet. Irgendein Keller soll voll Wasser gelaufen sein. Wenn das Wetter sich bessern sollte ... finden wir sie vielleicht nicht wieder." Kazel stutzte. Sein Blick huschte sofort zu Kuralla und er musterte sie. Erwiderte sie ihn. Hatte sie ebenfalls den Strohhalm erkannt, nach dem sie nun nur greifen mussten? Falls nicht, kommentierte der Mischling vielleicht ein wenig kryptisch: "Erinnerst du dich, wo dein Enkel Firlefitz Janay und mich gefunden hat, Kuralla?" Fitz hatte sie aus den Abwasserkanälen unterhalb des tenebrée'schen Anwesens geholt. Denn er war eine Kanalratte, jemand, der sich um die Wartung dieser Anlagen kümmerte. Er war wenig bunt gekleidet, schmutzig und auch nicht unbedingt attraktiv. Das musst er auch nicht sein. Er sollte nur seine Arbeit machen - beispielsweise dafür sorgen, dass übergelaufene Keller wieder frei wurden. In Kazel braute sich eine Idee zusammen. Ehe er sie jedoch ausführen konnte, verließ Bramo den Platz an seiner Seite.
"Luka?"
"Bramo!"

Der Andunier und das Schokoladenmädchen kannten einander und erhielten hier einen Moment des Wiedersehens. Die Freude war auf beiden Seiten groß. Das wollte nicht einmal Kazel unterbrechen. Im Gegenteil, er lächelte sogar leicht darüber, dass zwei verlorene Seelen wieder zueinander fanden. Ob er sich auch so freuen könnte, wenn er zurück in Morgeria wäre? Seine Heimat vermisste er nicht, wohl aber jene, die er dort zurückgelassen hatte. Janay ... Zissus ... aber auch die übrigen Hybriden wie Schlange oder Kodiak, der ein Auge auf Janays Schwester Arina hatte. Ohja, auch ein Kazel würde sich freuen zu seinen Liebsten zurückzukommen. Er drückte Kurallas Hand und gab Bramo still den Moment, den er brauchte. Einzig Naella schien von dem Wiedersehen ihres Gefährten ein wenig ... pikiert? Die blauen Augen des Mischlings fokussierten die Elfe. Nell nuckelte an ihrem Schokoladenlolli herum. Sie hatte ihr Ziel erreicht und genoss den Geschmack sogar. Trotzdem stimmte etwas nicht. Kazel spürte es fast wie eine Aura, die sie umgab, vor allem, nachdem sie sich neben ihm und Kuralla positioniert hatte. Erstmals strahlte sie nicht diese arglose Heiterkeit aus. Auch ihre bunte Weste besaß Flecken. Man erkannte sie vielleicht nicht immer zwischen all den Farben, aber sobald man sie erst gefunden hatte, stachen sie heraus. Kazel beobachtete Nell eine Weile. Er hatte sich selbst aber über Jahre aus der Gesellschaft ferngehalten und war davor auch nicht gerade unter Dunkelelfen gewesen - in den Kerkern hatte ihn niemand besucht. Er konnte Nells veränderte Miene somit erkennen, doch die Spur Eifersucht darin nicht herauslesen. Er bemerkte nur, dass ihr irgendetwas an Luka missfiel. Doch ganz Naella, wie er sie bisher kennen gelernt hatte, überspielte sie alles, was ihr widerstrebte, mit Heiterkeit und Gelassenheit. Sie wich aus, konzentrierte sich auf die schönen Dinge und das Schönste, was ihr kürzlich geschehen war, hielt sie ihm nun vor die Nase.
"Probier mal. Dir wird es besser gehen, wenn du da erstmal reinbeißt!"
Kazel zögerte. Seine Augen hüpften von dem Dunkel der Schokolade zum hellen Gelb von Nells Augen und zurück. Weniger aus Appetit denn aus Höflichkeit, leckte er an einer Ecke des Lollis und biss dann sogar hinein. Schokolade konnte eben niemand widerstehen. Er brach mit den Zähnen ein kleines Stück ab, auf dem er anschließend herum lutschte. Kazel nickte. "Das ist gut", bemerkte er, ganz überrascht davon, selbst nicht auf die Idee gekommen zu sein, sich eine Süßigkeit zu suchen. Oh, wie lange hatte er einen derartigen Luxus nicht genossen? Er konnte es nicht sagen. In Morgeria wurde er zwar durch Kodiaks Kochkünste bestens versorgt, aber der Bärenhybrid konnte auch nur das zubereiten, was die Küche ihm bot. Schokolade zählte nicht dazu. Dem Mischling brannten Tränen heiß in den Augenwinkeln, so gut schmeckte ihm dieser kleine Bissen. Bevor die salzige Flüssigkeit über die Ränder seiner Lider schwappen konnte, wischte er sich mit dem Ärmel seiner Tunika über die Augen. "Sehr gut", lächelte er Nell entgegen. Sie hatte gleich zwei Punkte ihrer Mission erfüllt: Schokolade gefunden und Kazels Seele doch ein wenig zum Baumeln gebracht. Schokolade war ein kurzer Genuss, so wie Glück im Allgemeinen, aber diesen Moment konnte der Mischling ausleben. Darauf kam es an.
Auch Nell ließ sich diese Momente nicht nehmen. Sie schüttelte das aufkommende Gefühl von Eifersucht ab und kleidete sich in den Stolz, den Titel der Freundin zu tragen, als die Bramo sie nun vorstellte. Aber auch Kuralla und Kazel blieben nicht im Schatten stehen. Die Goblin-Oma zog ihren Begleiter mit sich, als sie etwas nach vorn trat und Bramo sie beide vorstellte. Kazel nickte nur stumm. Warum sollte er auch seinen Namen wiederholen, wenn ein anderer ihn schon nannte? Er hatte nicht mehr dazu zu sagen. Außerdem lutschte er jetzt auf dem Stück Schokolade herum, genoss dieses kleine Glück und konnte so ein Stück Verantwortung abgeben. Das hier war nicht sein Gespräch. Er ließ die anderen Reden, bis der Fokus auf seine eigene, persönliche Mission zurückkehren würde.
Luka berichtete vom Haus von Bramos Eltern und dass es einem Brand zum Opfer gefallen, seine Erzeuger aber scheinbar unversehrt waren. Sie lud alle kurzerhand ein, bei ihr zu nächtigen. Hier hätte Kazel sich vielleicht eingemischt, doch Bramo war schneller. Sie hatten eine Unterkunft. Nun, Kazel und Kuralla nicht, aber er würde sich diesem fremden Schokoladenmädchen auch nicht aufdrängen. Es fände sich schon ein Unterschlupf. Einer, bei dem er nicht von anderen abhängig wäre und sie unnötig in Gefahr brächte. Wenn es gut lief, kam er im Anwesen der führenden Dunkelelfen unter. Seine Gedanken kehrten zum Fundament seines neuen Plans zurück.
"Ich will euch auch nicht noch länger aufhalten...", leitete Luka ihren Abschied schließlich ein. Das ließ Kazels Ohren zucken. Seine Aufmerksamkeit kehrte in die Umgebung zurück. So bekam er noch den Hinweis der Schilder mit, was ihn sofort zum Laden des Geigenbauers schauen ließ. Es war ein schönes, sehr filigran eingeritztes A und dennoch fiel es kaum auf, wenn man nicht wusste, wo man danach schauen musste. An wie vielen dieser Zeichen war seine Gruppe wohl schon vorbei gekommen? Kazel betrachtete den Buchstaben. Ihn zu fälschen würde schwierig. Jemand hatte sich Mühe gegeben, ihn so fein wie möglich und dadurch komplizierter als nötig zu gestalten. Es war ein wichtiger Schutz, der funktionierte. Kazel könnte unmöglich irgendwo ein solches A einritzen und darauf hoffen, dass er damit durchkäme. Aber vielleicht war es nicht nötig.
Sobald Luka sich verabschiedet hatte, wandte er sich an die Gruppe. "Hört mal, ich..." Er wurde unterbrochen. "Kazel, Kuralla und ich können auch schon mal ... los." Erneut wirkte Nells Verhalten anders als so wie er sie bisweilen kennen gelernt hatte. Irgendetwas Spitzes spickte ihre Worte und es stach mehr in ihr Herz als es andere traf. "Also, ich bin bereit. Lasst uns zu den Gärten gehen und diesen ... 'Igitt-was-auch-immer-es-ist' den Garuas machen. Ich bin viel zu gut gelaunt, um mich langfristig damit zu beschäftigen. Wir können auch einfach durch das Haupttor gehen. Immerhin waren wir schonmal da drin. Und Kurall und Kazel ... Kazel brauch noch mal ein Kostüm..."
"Äh... ich glaube, das ist nicht nötig, ich hab da diese ... I- ... dee..." Nell war schneller und je näher sie Kazel kam, desto mehr verloren sich seine Worte. Er beäugte die Elfe verwirrt, blinzlete als sie eine Hand anhob und schielt zu seinem Ohr, kaum dass er einen sanften Druck dort spürte. Er konnte die Spange nicht sehen, wohl aber deren Schwester am Revers seines Mantels. Er schaute darauf herab. Nun besaß auch er ein Blümchen.
"Geht das da an deinem Ohr? Oder tut es weh? Siehst fetzig aus!"
"... fetzig...", wiederholte Kazel vollkommen perplex. Dann berührte er sein Ohr, tastete die Klammer ab und löste sie, um sie sich stattdessen an einigen Haarsträhnen zu befestigen. Dafür war sie eher gedacht. Er nahm sie nicht ab, trotz seiner nachfolgenden Worte. "Es ist vielleicht nicht nötig, Kuralla und uns einzukleiden." Sein Blick suchte jenen von Bramo. "Du hast erwähnt, dass dort Keller übergelaufen sind. Nun, Kurallas Enkel ist eine morgerianische Kanalratte. Die kümmern sich darum. Vielleicht hat sie einen ... Kameraden ihres Enkels hierher gebracht, weil jener keine Zeit hat, sich das Porblem anzusehen. Kuralla, was meinst du? Gehen du und ich als Großmutter eines Kanalarbeiters und dessen Kollege durch? Feine, bunte Schaustellerkleidung würde da nur stören, hm?" Und im besten Falle käme er ganz offiziell in das Anwesen hinein, sogar in die Keller. Er durfte im Wasser nur weder absaufen noch sich anmerken lassen, dass er nicht einen Handgriff in Sachen Kanalarbeiten beherrschte. Vielleicht hätte Kazel Firlefitz dazu ausfragen sollen. Jetzt war es zu spät, zumindest heute. Wenn er hingegen wieder nach Morgeria sprang ...
"Ich könnte Fitz zur Not sogar her holen, aber ich will ihn nicht in Gefahr bringen."
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Re: Ein muskalischer Fleck im tristen Schweigen des Krieges.

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 28. Februar 2024, 15:29

Geluka Suerte hatte sich nach ihrem Angebot zur Unterkunft in ihrem geräumigen Lager verabschiedet. Dass Kazel und Kuralla keine hätte, dass stimmte nicht so ganz, denn sie waren in einer geschlossenen Taverne mit vielen Gästezimmern und Betten angekommen. Es war durchaus möglich, sich diesen Ort mit Bramo und Nell zu teilen und jeder hätte sogar ein eigenes Zimmer. Das einzige Problem war der Zugang, aber auch das war nicht unmöglich. Der alten Dame in ihrer Runde müsste nur jedes Mal übers Dach geholfen werden.
Sie hatten ein gutes Versteck hier in Andunie, wo so schnell niemand mehr auftauchen würde. Der Krieg hatte Opfer gefordert und viele Geschäfte und Häuser standen einfach leer. Für Nell und Bramo gab es sogar ein luxuriöses Zimmer im Anwesen der Belyal Sinths, wenn man es genau nahm. Ein Plätzchen zum ausruhen würde es für sie also immer geben. Aber wie brachte man nun Kazel und Kuralla dort hinein?
„Geht das da an deinem Ohr? Oder tut es weh? Siehst fetzig aus!
Nell hatte dem dunklen Kazel einfach mal zwei Farbtupfer verpasst, aber so richtig wie ein Schausteller sah er damit noch nicht aus. Dafür trug Kazel einfach zu viel schwarz. Es wirkte eher, als würde ein Friedhofswärter zum Kindergeburtstag geben. Nell war trotzdem begeistert.
„Auf! Retten wir Andunie!“
, rief sie heroisch und klatschte in die Hände, bevor sie die Geige wieder griff und in die Kasten legte, den der Geigenbauer auf den Armen trug. Der Mann war ihnen anscheinend nach draußen gefolgt und ein Weilchen hinterher gelaufen. Nell schnallte sich die Geige wieder um und blickte ihn an.
„Was kostet die Saite denn?“
, wollte sie dann wissen und hatte ihn tatsächlich nicht vergessen. Der Mann lächelte aber nur, winkte ab und murmelte:
„Ist schon beglichen.“
Dann verschwand er wieder in Richtung seines Ladens. Kazel stand neben Nell und hatte sich den einen Farbkeks vom Ohr ins Haar transferiert.
"... fetzig..."
, wiederholte Kazel vollkommen perplex, aber äußerte dann seine Idee:
"Es ist vielleicht nicht nötig, Kuralla und uns einzukleiden."
Sein Blick suchte jenen von Bramo. Bei ihm, aber vor allem bei Kuralla hatte er zuvor schon die Idee geäußert hatte. Die Alte hatte nachdenklich genickt, war aber ebenfalls von Schokolade abgelenkt worden, an der sie jetzt noch nuckelte. An ihren Wangen hatten sich braune Flecken gebildet und der Lolli verhinderte jeden Kommentar von ihr. Jetzt sah sie ihn aber nickend an, auffordernd, dass er weiter redete und hob mit der freien Hand einen Daumen in die Höhe. Kazels Blick huschte wieder zu Bramo.
"Du hast erwähnt, dass dort Keller übergelaufen sind. Nun, Kurallas Enkel ist eine morgerianische Kanalratte. Die kümmern sich darum. Vielleicht hat sie einen ... Kameraden ihres Enkels hierher gebracht, weil jener keine Zeit hat, sich das Problem anzusehen. Kuralla, was meinst du? Gehen du und ich als Großmutter eines Kanalarbeiters und dessen Kollege durch? Feine, bunte Schaustellerkleidung würde da nur stören, hm?"
Die Alte nickte eifrig. Im besten Falle kämen sie ganz offiziell in das Anwesen hinein, sogar in die Keller. Er durfte im Wasser nur weder absaufen noch sich anmerken lassen, dass er nicht einen Handgriff in Sachen Kanalarbeiten beherrschte. Vielleicht hätte Kazel Firlefitz dazu ausfragen sollen. Jetzt war es zu spät, zumindest heute. Wenn er hingegen wieder nach Morgeria sprang ...
"Ich könnte Fitz zur Not sogar her holen, aber ich will ihn nicht in Gefahr bringen."
Kuralla war ferig mit ihrer Nascherei, wischte sich übers Gesicht und verteilte so einen braunen Streifen auf ihrer linken Wange.
„Fitz zu holen wird nicht nötig sein, aber die Idee ist klasse!“
Sie grinste zu Kazel hinauf. Auch wenn er manchmal von sich glaubte, er hätte keinen Plan, so kamen ihm doch dabei die besten Ideen. Sie klopfte sich am Kopf an die Schläfe und wies dabei auf dessen Inhalt hin:
„Ein bisschen weiß ich auch was er so für seine Arbeit brauchte. Wir müssen ja nicht die ganze Reparatur machen, aber ich kann glaubhaft herumkommandieren und Zeug bestellen, was wir vermeintlich brauchen. Ein paar Fachbegriffe von meinem lieben Firlefitz fallen mir da bestimmt wieder ein.“
Kuralla warf den übrig gebliebenen Stiel des Lollis über ihre Schultern und rieb sich aufgeregt die Hände. Das kleine Stück holz sprang auf den mit Natursteinen befestigen Straßen auf und hüpfte ein paar Schritt weiter um dann ausrollende in einem bodennahen Kellerfenster zu verschwinden. Alle Spitzohren hörten weitere kleine Hüpf-Geräusche und dann ein leises *Platsch*. So einige Keller waren hier inzwischen durch den Dauerregen voll gelaufen. Eine fahrende Handwerkerin mit ihrem Assistenten, zwei Kanalarbeiter, genannte auch Kanalratten, DAS war eine gute Tarnung und in den meisten Haushalten in diesen Zeiten ein willkommener Gast!
Auch Bramo nickte zustimmend.
„So könnten Nell und ich ggf. die Vorgänge im Haupthaus im Auge behalten und ihr beide könntet euch in den Kellern umsehen.“
Kuralla fügte hinzu:
„Wir könnten einfach sagen, ihr hättet uns aus einem Haus kommen sehen, wo wir gerade den Keller ausgepumpt hätten und wolltet nun einfach mal nachfragen, ob unsere Dienste auch bei ihnen benötigt werden.“
Nell und Bramo hatten das Gespräch mit dem Hinweis auf die Keller ja nur belauscht und konnten es so gesehen ja nicht wissen, aber die allgemeine Wetterlage bzw. Ventha, spielte ihnen da gerade in die Hände – der Göttin sei Dank. Kazel hatte die Notwendigkeit erkannt und eine stimmige Schlussfolgerung gefunden, die den anderen nicht eingefallen war. Auch ein anderes Problem konnte so umschifft werden, denn sobald Kuralla und Kazel als Schausteller ins Haus gelassen worden wären, hätten sie irgendwann sich musikalisch beweisen müssen. DAS wiederum wäre dann doch vielleicht ein wenig peinlich bis vielleicht sogar gefährlich geworden. Aber nun hatten sie zwei Pläne und man konnte sie ineinander greifen lassen. Ein Team griff von oben an, eines von unten und jedes hatte seine Stärken. Kuralla sah zu Kazel auf und wirkte zuversichtlicher als vor einigen Momenten. Auch wenn sie fast immer Lächelte, so kannte er sie nun gut genug, dass er die Sorgenfalten in ihrem Gesicht unter den anderen heraus lesen konnte. Sie beide verband ihr Schicksal, einem höheren Wesen zu dienen. Aber taten das nicht alle Sterblichen irgendwie?
Bramo sah Nell mit warmen Blick an, wann immer sie gerade abgelenkt war. Es war offensichtlich, dass er sie liebte, aber er trug es nicht so offen. Aber seine Nell hatte gerade ein 'Spielzeug' gefunden, dass 'vermutlich' einst einem Gott gehört, oder der es zumindest gesegnet hatte. Auch sie hatten ein Werkzeug an die Hand bekommen, dass vielleicht noch eine Rolle spielen könnte, je nach dem wie oder WAS man darauf spielte. Nell hatte die Massen mit diesem Instrument beeinflusst und das war eine mächtige und gute Waffe in ihrem Kampf gegen das Böse. Einzig Kazel und Kuralla schienen von den Auswirkungen ausgenommen zu sein, was vielleicht auch an ihren 'Arbeitgebern' lag. Kazels Kopf weigerte sich standhaft, das Gefühl von Leichtigkeit in sein Herz zu lassen, Hoffnung gegen Sorge zu tauschen und sein einzelgängerisches Tun abzulegen. So war er eben. Seine dunkle Aura, die Kälte die ihn umgab – das alles passte zu ihm. Es passte in das Bild... eines Kanalarbeiters, der sein Leben damit verbrachte, im Untergrund zu wirken. Eine dunkle Stimmung passte da einfach besser zu ihm. Jetzt hatte er auch eine passende Idee gehabt, um diese beizubehalten.
Und Nell? Das rothaarige Energiebündel sorgte dafür, dass sich alle Blicke auf sie richteten. Nell war das perfekte Ablenkungsmanöver! Gemeinsam – da hatten sie eine reelle Chance! Die Hoffnung , die ihr Lied gebracht hatte, steckte allen die es gehört hatten in den Knochen und Nell war in jedem Fall bereit es anzugehen – egal ob Kazel sie dabei haben wollte oder nicht. Sie lachte der Gefahr entgegen und so blieb es an den Männern, sie zu unterstützen und zu schützen, wenn nötig. Aber Nell war ein Glückskind und hatte gerade ein Stück vom Glück gefuttert. Die Mischung aus Süße und einer aromatischen Note Bitterkeit brachte jede Menge Endorphine in ihrem Blut in Wallung. Schokolade macht glücklich, sagte an und da war etwas wahres dran.
Jetzt war es also soweit.
Der Plan war gefasst.

„Sagt mal, ihr erwähnt, da diesen Arzt, der die Frauen betreut...“
„Doktor Laudahn. So haben ihn seine Untergebenen genannt. Es waren auch ein paar Wächter dabei.“
Kurallas Lider zuckten und Kazel sah etwas in ihrem Blick, dass eher selten bei ihr zu sehen war.
„Den sollten wir nicht vergessen.“
Kleine Funken Wut ließen die Iriden der alten Frau gefährlich funkeln.
„Na dann lasst und mal los gehen und so viel wie möglich über diese Machenschaften heraus finden. Ich möchte nichts übersehen!“

(Nell und Kazel weiter bei: Das Anwesen der Familie Belyal Sinth)
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