Das Anwesen der Faelyns

Sämtliche Straßen Andunies sind gepflastert und von schönen kleinen Häusern gesäumt. Meist Fachwerkhäuser, aber auch mal eine prächtige kleine Villa. Nur die ärmeren Bezirke der Bettler und Halunken sollte man meiden.
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Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Dienstag 19. Dezember 2023, 11:18

Madiha kommt von Der Hafen Andunies -> Hafenratten

Mit beschwingten Schritten führte Caleb sie durch die Stadt. Gelegentlich gingen sie Hand in Hand, manchmal eng beieinander und dann wieder mit geduckten Köpfen, wenn sie an einer Patrouille vorbeikamen. Viel war allerdings nicht los in Andunies Straßen. Seit es unabwegig regnete, hielt es die Bewohner eher drinnen. Die Dunkelelfen zeigten darüber hinaus zusätzliche Präsenz, doch auch hier fand schon ein Wandel statt. Längst marschierten nicht mehr ausschließlich Mitglieder der dunklen Völker durch die Straßen. Mittlerweile mischten sich auch wieder Menschen unter sie. Entweder waren es Arbeitssklaven, die dazu verdonnert wurden, das Militär zu stärken oder einige der Andunier hatten sich etabliert. Die Dunkelelfen versuchten nicht, andere Völker auszulöschen. Sie mochten ihre Städte erobert haben, aber sie schienen sich einfach etwas jenseits der Heimat aufbauen zu wollen. Für einige von ihnen bedeutete es Machtausbau, für andere war es eine neue Chance. Nicht alle Dunkelelfen entpuppten sich als bösartig. Madiha hatte es am eigenen Leib erfahren. Jivvin hatte Caleb und sie verschont. Überhaupt gingen viele humaner mit ihr um als sie es sich wohl vorgestellt hätte. In Sarma wären zumindest Finger abgehackt worden oder man hätte ihr mehr Narben verpasst. Hier jedoch...
"Trotz allem ist Andunie immer noch schön." Caleb riss sie aus ihren Gedanken, als er sich einen Weg um die nächste Straßenbiegung bahnte. Sie hatten das noblere Viertel der Stadt erreicht. Hier lebten einst Adlige wie Azura und reiche Kaufmänner, die mit ihren Handelsgeschäften ein besseres Leben hatten aufbauen können, so wie Calebs Familie. Zu seinem Haus strömten sie allerdings nicht hin. Sie waren zum Anwesen unterwegs, das sich die Faelyns unter den Nagel gerissen hatten. Emmyth hatte Madiha seinen Aufenthaltsort genannt. Ob sie dort einander trafen und ob sie Corax mit hin brachte, war nicht geklärt worden, aber hierhin könnte ise Boten aussenden, sobald der Rabe bereit wäre, seinen mutmaßlichen Bruder kennen zu lernen. Noch wusste er nicht einmal davon, aber es war auch erst Mittag. Noch würde Emmyth keinen Verdacht schöpfen, wenn es länger dauerte. Gewiss schrieb er Madiha sogar ein paar Tage Zeit gut, ehe er nachhakte oder die Angelegenheit völlig vergaß. Schwierig würde es nur, sollten sie und Caleb vorab dabei erwischt werden, wie sie in das Anwesen einstiegen.
Das Haus selbst lag nicht direkt an der Straße. Es besaß einen weitläufigen Garten mit hohen Hecken hinter der Mauer. Beides würde man dennoch leicht überwinden können. Zwischen den Mauersteinen gab es Lücken. Kunstvoll hatte hier jemand immer wieder Ecken ausgelassen und so ein Wellenmuster geformt. Steinerne Muscheln streckten sich aus dem Mauerwerk heraus, als wollten sie eine Kletterhilfe bilden. Dahinter konnte man sich in die Heckenbüsche fallen lassen und durch das schmale Dickicht in die Gärten gelangen. Madiha erkannte die Wipfel einiger niedrig gewachsener Apfel- und zierender Schnittbäume. Im Regen wirkte ihr Laub dunkler.
Auf das Grundstück zu gelangen, sah zunächst also nicht schwer aus. Probleme könnten die hauseigenen Wächter machen. Schwer gerüstet umrundeten sie in Zweiterpatrouillen den Block, denn das Anwesen war groß genug, einen eigenen davon auszumachen. So kam etwa alle fünf bis acht Minuten ein gerüstetes Duo um die Ecke, marschierte zur nächsten und verschwand wieder dahinter. Caleb und Madiha konnten es von einer Nachbarstraße aus gut beobachten.
"Unser Zeitfenster ist klein, um die Mauer zu überwinden", raunte Caleb, der sich hinter die Hauswand duckte. "Aber wenn wir erst einmal drüber sind, bietet die Hecke uns einen guten Sichtschutz. Wir müssen nur leise sein." Sein Blick wanderte nach oben. Dann knurrte er. "Das Haus ist zu weit von den übrigen Weg. Die Straße selbst ist hier auch zu breit. Eine Flucht über Dächer können wir vergessen." Es missfiel ihm sichtlich. Plötzlich reckte er den Hals noch etwas mehr. Seine Augen hefteten sich auf einen breiten Schornstein, schräg links von ihrem Versteck. "Hast du auch was gesehen?", fragte er leise und nickte in die entsprechende Richtung. Aber selbst wenn Madiha länger zu dem Schornstein starrte, entdeckte sie nichts. Caleb winkte ab. "Konzentrieren wir uns darauf, ins Haus zu gelangen." Er prüfte noch einmal die mitgenommene Ausrüstung. Dietriche, Seile. Bei den Waffen verließ er sich auf den Einhorndolch und Jivvins Messerchen, das Madiha noch im Stiefel trug.
"Das wird ein brenzliges Abenteuer", raunte er. "Wir können nicht vorab nah ans Haus heran. Oder aber wir überwinden die Mauer und harren bis zum Abend im Garten aus. Beides besitzt seine Risiken. Ich könnte natürlich auch erst einmal allein los. Dann finde ich auch schnell einen Weg zurück. Du müsstest hier warten. Was meinst du ... Meisterdiebin?" Trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse, die ihnen bereits jetzt begegneten, grinste der Dieb schief und zwinkerte. Oh, für Caleb war es wirklich ein Abenteuer. Wie immer dachte er nur bedingt an die Konsequenzen, aber seine Liebste könnte auch die Freiheit spüren, die von dem Wagnis ausging. Nichts belebte ihn so sehr wie das.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 22. Dezember 2023, 19:03

Liebe war etwas, das Madiha niemals für möglich gehalten hatte. Es war jenseits von allem, das sie sich für sich erhofft hatte und nun, da sie mit Caleb zusammen war, konnte sie immer wieder ihr Glück kaum fassen. So auch, dass sie gemeinsam mit ihm eine Leidenschaft in sich spüren konnte, die sie nur zu gerne über den Dieb ergoss. Dabei war es keine allgemeine Liebe. Nicht die Liebe zum anderen Geschlecht, nicht die Leidenschaft körperlicher Freuden war es, das Madiha erlebte. Diese Gefühle hätte sie wohl so nicht entwickeln können, ob ihrer Vergangenheit. Aber die Liebe zu Caleb, die Leidenschaft für ihn, die war innig. Sie brannte heißer als es ihr inneres, magisches Feuer konnte. Sie könnte Madiha verbrennen, wenn Caleb einmal nicht mehr da war. Es blieb abzuwarten, ob Madiha das verkraften könnte. Sie fühlte sich vollständig, fühlte sich richtig am Platz. Sie war richtig, so wie sie war und niemand hatte ihr bisher dieses Gefühl gegeben. Geben können. Es musste Schicksal sein, dass sich ihre Wege gekreuzt hatten und schließlich immer wieder zueinanderfanden. Madiha liebte Caleb. Und sie ergab sich nur zu gern seiner Leidenschaft in dieser Nische, irgendwo im Hafen von Andunie. Sie fühlte die Hitze, die sie auf andere Weise verbrannte. Sie fühlte, wie sie sich fallenlassen konnte, während sein Wüstenschiff in ihren Hafen fuhr. Sie hieß ihn bereitwillig und voller Wärme willkommen, fühlte sich vollkommen frei und unbeschwert dabei. Keine düsteren Gedanken, keine schweren Gefühle. Es gab sie und ihn. Madiha blendete alles aus. Es war nicht wichtig, wo sie waren, es war nicht wichtig, ob man sie sah. Sie war in jenem Moment ganz bei und mit ihm. Und dabei fand sie eine innere Zufriedenheit, die sie noch nie in ihrem Leben hatte fühlen dürfen. Sie war Madiha. Nicht das dürre Mädchen, die nichtbegabte Magierin. Nicht die Sklavin, nicht die stille Beobachterin anderer Leute Abenteuer. Sie war Madiha. Sich mit Caleb auf jene Art zu lieben, würde wohl immer wieder dem Verlangen folgen, das sie, seit sie ihre Gefühle für Caleb entdeckte, empfand. Er zog sie an und sie würde das nicht einfach abstellen können. Sie machte es nicht mal bewusst. Es war so und Madiha folgte ihrem Herzen, wie sie es immer hatte tun wollen und schließlich auch tat. Das Mädchen wurde zu einer Frau und bemerkte den Übergang selbst kaum. Gelöst und voller Liebe, vereinte sie sich in der Hitze der Nische mit ihrem Dieb und ließ sich alles stehlen, was sie besaß. Er trieb sie an den Rand dieser wundervollen Klippe, liebkoste sie und versetzte sie in Schwingung. Madiha zeigte ihm, dass ihr gefiel, was er tat, und trieb ihn weiter an, wenn er glaubte, unsicher werden zu müssen. Caleb musste fortan keine Angst mehr haben, dass er in ihr schlechte Erinnerungen auslöste. Sie würde ihn niemals mit dem vergleichen, was sie in einem alten Leben erlitten hatte. Das war nicht er, das waren nicht sie. Und so stöhnte Madiha voller Wonne, als sie gemeinsam das Ende dieser spontanen Vereinigung erlebten. Sie drückte sich an seinen Körper, umarmte ihn und spürte dem Verstand raubenden Gefühl nach, das sie erst zum zweiten Mal in ihrem Leben hatte spüren dürfen. Nie hatte sich jemand darum geschert, was sie schön finden konnte oder vielleicht wollte. Caleb aber tat es und er löste in ihr die Ketten mit jedem Blick, jedem Kuss. Madiha war dem Dieb verfallen und er hätte alle Macht über sie, wenn er es nur richtig anstellte.

Das Danach war mindestens ebenso schön, wie die Sache an sich. Geborgen ruhte sie neben Caleb, bis sie gemeinsam abgekühlt waren und sich wieder im eigentlichen Jetzt einfanden. Madiha zog sich lächelnd an und wischte sich ein wenig Schweiß von der Stirn. Ihre Wangen glühten noch immer nach und ihr Blick hatte einen friedvollen Glanz. Sie war glücklich. Das leichte Grinsen verlor sich auch nicht, als sie sich etwas erfrischten und sie gemeinsam den Weg weitergingen, um ihrem eigentlichen Vorhaben etwas näherzukommen. Sie ging mit ihm wie das verliebte Paar, das sie waren, durch die Gassen und lernte Andunie mehr und mehr schätzen. Die Stadt war gänzlich anders und trotzdem empfand Madiha diese Stadt als etwas, das sie mögen könnte. Als eine neue Heimat, wenn sie es recht betrachtete. Ein neues Leben, neue Stadt. Doch hatte die derzeitige ‚Meisterdiebin‘ auch nicht vergessen, dass es immer noch ein Angebot seitens Kjetell’os gab. Und sie nicht wusste, was der Elf von ihr verlangen würde. Jetzt aber wurden ihre Gedanken von ihrem Fund abgelenkt, der sich vor ihnen auftat. Das Haus, das die Faelyns sich unter den Nagel gerissen hatten. Es war… „Gigantisch…“, murmelte sie leise und blickte ehrfürchtig zu dem Anwesen. Sarma besaß solche Bauten nicht und wenn sie geglaubt hatte, dass das Haus der van Tjenn’s bereits groß wäre, wäre dies um ein Vielfaches größer. Ihr Blick glitt über die Zierbäume, die Hecken und Mauern. Und dann erfasste er die Zweierpatrouillen. Sie schluckte und wurde mit einem Mal unsicher. Der Höhenflug war das eine, wenn man nur darüber nachdachte. Jetzt aber davorzustehen und der realen Gefahr ein Gesicht zu geben, wirkte anders nach. "Unser Zeitfenster ist klein, um die Mauer zu überwinden. Aber wenn wir erst einmal drüber sind, bietet die Hecke uns einen guten Sichtschutz. Wir müssen nur leise sein." Sie blickte auf die Mauer, dann auf die Hecke, während er seine Einschätzung erläuterte. Sein Knurren ließ auch ihren Blick hinaufwandern. "Das Haus ist zu weit von dem übrigen Weg. Die Straße selbst ist hier auch zu breit. Eine Flucht über Dächer können wir vergessen." Madiha sondierte noch das Dach und die Abstände zu anderen Häusern, da schien Caleb auf einmal alarmiert zu sein. "Hast du auch was gesehen?“ Sie blickte zum Schornstein und schüttelte den Kopf. „Nichts – wieso, was war da?“, fragte sie nach, doch Caleb war schon weiter.
"Konzentrieren wir uns darauf, ins Haus zu gelangen." Sie nickte, doch ihr Blick glitt abermals zu der Stelle, die Caleb gesehen hatte. Nachdenklich betrachtete sie jene. Madiha war gewiss keine Meisterdiebin, egal was Caleb sagte. Doch sie hörte ihm zu und sie versuchte alles in sich aufzusaugen, was er ihr vermitteln wollte. Dann erläuterte er ihr allerdings die unzähligen Optionen und Madiha blinzelte fragend. "Das wird ein brenzliges Abenteuer. Wir können nicht vorab nah ans Haus heran. Oder aber wir überwinden die Mauer und harren bis zum Abend im Garten aus. Beides besitzt seine Risiken. Ich könnte natürlich auch erst einmal allein los. Dann finde ich auch schnell einen Weg zurück. Du müsstest hier warten. Was meinst du ... Meisterdiebin?" Inzwischen war sie sich nicht mehr so sicher, ob er sie weiterhin so nennen sollte. Immerhin war dies eine wirklich ernste und schwierige Situation. Ihr entging nicht, dass er sich euphorisch zeigte und das Leuchten seiner Augen verriet ihr so einiges. Das Risiko war Nebensache. Es ging darum, den Nervenkitzel zu spüren. Aber Madiha war sich noch immer nicht recht sicher, ob der Preis nicht auch zu hoch sein könnte. Erneut musterte sie die Lage vor Ort und seufzte dann. „Wenn die Patrouillen in diesen knappen Abständen vorbeigehen – wie willst du dann so schnell ins Innere gelangen, wenn du gar nicht weißt, wie? Du kannst doch nicht erst einen Weg hineinsuchen, während sich die nächsten Wachen nähern?“, fragte sie und schaute zum Hauptgebäude. „Kann man an der Fassade hochklettern?“, fragte sie und konnte das nicht einschätzen. Caleb war der Profi. Nicht sie. „Also…, dass ich hier warte, kommt aber nicht in Frage, das sage ich dir gleich!“, murmelte sie leise und wandte den Blick ab. Sie blickte Caleb an und hob eine Augenbraue. „Wer passt auf dich auf, wenn du dich vor lauter Abenteuerlust selbst in Gefahr begibst?“, fragte sie und ein neckendes Grinsen folgte auf ihre Züge. Dann wurde sie wieder ernst. Sie würde ihn nicht allein lassen. Nicht nach allem, was sie erlebt hatten. „Wir gehen zu zweit und falls alle Stricke reißen und wir nicht in der nötigen Zeit einen Eingang finden, bis neue Wachen kommen, lenke ich sie ab und du versuchst hineinzugelangen. Wir… wir finden uns dann schon irgendwie wieder, notfalls treffen wir uns …“, sie wurde rot, „in der Nische?“, fragte sie und lächelte etwas schüchtern, bevor sie sich wieder konzentrierte und ernst wurde. Bevor sie allerdings losgingen, hielt sie den Dieb zurück. „Caleb? … Keine unnötigen Risiken… bitte! Lass uns nachsehen und dann raus… Abgemacht?“, fragte sie und ihr Blick verankerte sich in seinen Augen. Es war ihr wichtig. Er war ihr wichtig und sie würde ihn nicht riskieren. Für nichts.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Samstag 23. Dezember 2023, 21:09

Madiha liebte Caleb. Er wusste das, aber kannte das Ausmaß ihrer bedingungslosen Liebe nicht. Dass er alle Macht über sie besäße, wenn er es nur richtig anstellte, ahnte er nicht. Madiha hatte Glück, dass Caleb auch gar nicht in diesen Bahnen dachte. Bedauerlicherweise dachte er manchmal allgemein zu wenig nach, so auch jetzt.
Nach ihrem gemeinsamen Stelldichein in einer der Gassen von Andunies Docks waren die beiden endlich am Anwesen angekommen, das die Familie Faelyn sich unter den Nagel gerissen hatte. Die Dunkelelfen hatten klug gewählt. Das Anwesen befand sich zwar mitten in der Stadt, aber das Grundstück lag ringsum an breiten Fuhrstraßen, so dass nirgends eine Fluchtmöglichkeit über die Dächer bestand. Auf die Entfernung des im Zentrum seines Grundstücks gelegenen Anwesens hin zu den Nachbarshäusern konnte man nicht einmal eine Wäscheleine spannen. Dazu war es zu weit entfernt, denn das Faelyn'sche Gelände erstreckte sich weiträumig um das Haus. Zypressen und andere Zierbäume schufen zusammen mit Hecken und allerlei Sträuchern einen Garten, dessen Schönheit man jenseits der Mauer noch nicht wirklich in sich aufnehmen konnte. Er war nicht für Passanten bestimmt, sondern diente allein dem Anblick der Bewohner aus dem Gebäude selbst heraus. Dafür flanierten Wachen in Zweiterpatrouillen um das Haus. Dass sie zu den Faelyns gehörten, zeigte sich an den Wappenröcken über den schweren Rüstungen. Madiha erkannte das Symbol, das sie auch schon bei Emmyth - vielleicht zunächst unbewusst - gesehen haben mochte: die blaue Silhouette einer tanzenden Fee auf violettem Grund.
Caleb kümmerte es wenig, zu wem die Gerüsteten zählten. Ausschlaggebend war, dass sie existierten und für ihn somit ein Hindernis darstellten. Erfahren wie er war, achtete er auf Dinge, um sie zu umgehen. Zeit spielte hierbei die größte Rolle. Überhaupt mochte sie das wichtigste Werkzeug eines Einbrechers sein. Man durfte niemals zu viel Zeit an einem Zielort vertrödeln. Andererseits führte voreiliges Vorgehen oftmals zu Fehlern und in ebenso vielen Fällen ging es dauerhaft schief. Caleb schien man bislang noch nie in einer wirklich brenzligen Situation erwischt zu haben. Immerhin befand er sich hier, halb geduckt neben Madiha und vor den Blicken der Patrouillierenden verborgen. Sie spürte seine Anspannung wie eine Aura aus aufgeladener Luft. Es prickelte auf ihrer Haut und Caleb funkelte Augen gaben Aufschluss darüber, wie aufgeregt er selbst war. Ihn befiel es allerdings auf eine positive Art und Weise. Hätte Madiha nicht eben noch einen Teil dieser Leidenschaft unter seinen Stößen spüren dürfen, sie wäre beim bloßen Anblick wohl erneut schwach geworden. Man konnte es nicht abstreiten, dass ihm Gefahr gut zu Gesicht stand. Caleb wirkte dann so verwegen, so ... anziehend. Sein Grinsen, leicht schief und spitzbübisch, zusammen mit dem verschwörerischen Blick eines Mannes, der schon wieder etwas ausheckte, verführte dazu, ihm einfach folgen zu wollen. Doch Madiha blieb standhaft. Sie war seine Stimme der Vernunft und es wurde Zeit, dass sie zu ihm sprach. Lieber zu früh als zu spät, denn dann könnte es für immer zu spät sein. Sie erinnerte sich an den Moment auf dem Schiff, als Azura überraschenderweise über Bord gegangen war. Auch da war die Situation gefährlich gewesen, allerdings auch plötzlich. Da hatte es keine Zeit zum Nachdenken gegeben. Jetzt jedoch war es anders. Jetzt lockte die Gefahr mit verheißungsvollem Abenteuer, mit Schätzen und Informationen, die Madiha und er über Corax' mögliche Familie würden herausfinden können. Jetzt konnten sie sich vorbereiten. Nein, sie mussten es! Caleb jedoch hatte genug gesehen. Er war drauf und dran, einfach auf das Grundstück zu gelangen. Seine Augen verfolgten die aktuelle Patrouille, die gleich um eine Ecke biegen und das neue Zeitfenster zum Handeln eröffnen würde. Rasch teilte er seiner Begleitung mit, wie er verfahren wollte. Es gab für ihn zwei Optionen. Bei der einen würde er sie zurücklassen und zunächst einmal selbst nach einer guten Stelle zum Einbrechen suchen. Caleb überließ die Entscheidung jedoch Madiha. So bedacht war er. Dass sein Plan aber schon hinter der Mauer enden sollte, bereitete der Sarmaerin Unbehagen.
"Wenn die Patrouillen in diesen knappen Abständen vorbeigehen, wie willst du dann so schnell ins Innere gelangen, wenn du gar nicht weißt, wie? Du kannst doch nicht erst einen Weg hinein suchen, während sich die nächsten Wachen nähern?"
Caleb zeigte nach vorn. "Wie ich schon sagte, wir müssen nur über die Mauer gelangen. Dahinter ragen Hecken hervor. Sie bieten uns Schutz. Wenn wir leise sind, wird keine der Wachen uns entdecken." Nun wartete er ab, ließ die Zeit zwischen zwei Patrouillen vergehen. Es dauerte etwa zwei Minuten, bis der nächste Zweiertrupp um die Ecke kam. Sie marschierten, wenn auch nicht allzu zügig. "Sie sind unaufmerksam", raunte Caleb Madiha nun auf Sendli zu, als wäre es ihre geheime Diebessprache. Eine solche existierte und Caleb beherrschte sie als Mitglied des Bundes der Wüstendiebe gewiss. Madiha tat dies jedoch nicht und es ging hier darum, gemeinsam etwas auszuklügeln. Zeit, um ihr eine ganze Sprache beizubringen, hatten die beiden nicht. "Schau hin", fuhr Caleb fort und nickte nach vorn. Die Wachen passierten jene Gasse, in der das Paar sich hinter einige abgestellte Blumenkübel duckte. "Sie blicken in die Gassen, während sie vorbeilaufen. Keiner von ihnen sieht zum Anwesen, geschweige denn in die Lücken der Mauer, um die wenigen grünen Stellen der Hecke zu begutachten. Diese Idioten fürchten niemanden im Inneren, solange sie nichts Verdächtiges außen gesehen haben." Er gluckste. "Das wird einfacher als gedacht!"
Die Patrouille bog um die Ecke. Caleb drehte sich zu Madiha und legte ihr beide Hände auf die Schultern. "Sobald das nächste Duo vorbei ist, hechten du und ich oder ich allein zur Mauer. Mit den kleinen Lücken darin wird es auch für Ungeübte ein Leichtes sein, sie zu überwinden. Wir verstecken uns in der Hecke, kauern uns zusammen und sind ganz still. Danach sehen wir weiter. Ich glaube allerdings nicht, dass wir die Fassade hochklettern sollten. Es ist zwar einfacher, einen Einbruch in einem Stockwerk zu beginnen, in dem niemand damit rechnet, dass man durch ein Fenster einsteigt, aber Fassadenkletterer werden dann doch leichter von außen gesehen. Es sei denn, wir warten bis es dunkel ist. Oder ich warte. Du hast mir immer noch nicht gesagt, ob du mit möchtest."
"Also ... dass ich hier warte, kommt nicht in Frage, das sage ich dir gleich!"
Caleb klatschte in die Hände, duckte sich und lauschte. Niemand hatte seine Euphorie gehört. Noch blieb Zeit, bis die nächste Patrouille um die Ecke käme. Er neigte sich vor und stahl Madiha einen Kuss. "Ich liebe dich so sehr. Du bist genauso auf Abenteuer aus wie ich. Wir machen das gemeinsam."
Madiha würde ihn nicht nur begleiten, sie tüftelte auch schon einen Plan aus, ganz nach Diebesart, zumindest soweit sie es aus den Geschichten kannte. Dort vereinbarten die Gruppen listiger Gesellen immer einen Treffpunkt, um nach dem Erfolg ihres Coups sich gemeinsam einzufinden oder eben auch, wenn es schief ging.
"In der Nische?", schlug sie unter roten Wangen vor. Caleb schmunzelte und küsste sie erneut. "In der Nische", bestätigte er. "Aber feiern werden wir woanders. Dafür die ganze Nacht, wenn du möchtest. Ich kann es kaum erwarten." Er atmete tief durch, was seine Sehnsucht nach ihr nur unterstrich. Der Mann hatte Blut geleckt. Madiha war seine erste Frau und er hatte sie bei ihrem kleinen Stelldichein mehr genießen können als auf dem Schiff, denn beim zweiten Mal schwang keine unterschwellige Angst um seine ... Größe mit. Natürlich wollte er mehr und häufiger mit ihr zusammenkommen. Oh, sein Kopf steckte überall, nur nicht im Ernst der Lage. Das war Caleb, der Dieb.
"Caleb? ... Keine unnötigen Risiken ... bitte! Lass uns nachsehen und dann raus ... Abgemacht?" Sie hielt ihn fest. Sie schaute ihn an. Calebs Grinsen schwand. Er betrachtete Madiha. Die nächste Wache bog um die Ecke. Caleb ließ auch diese vorbeiziehen. Er ging vor ihr in die Hocke, hielt ihre Hände, drückte diese und sah zu ihr auf. Dann nickte er. "Ich lasse dich nicht wieder allein, Madi. Ich verspreche es. Du sollst nicht noch einmal Angst um mein Überleben haben." Sein Blick fiel auf ihre Finger. Er spielte damit, ehe er den Ring bemerkte. Sie trug ihn. Er strich über die roten Juwelen in ihrer Fassung. "Das gilt auch für dich. Besser wird es sein, wir brennen Corax' zukünftiges Heim nicht gleich ab." Jetzt grinste er wieder schief zu ihr auf. Dann begab er sich zurück in seine Lauerposition, beobachtete die beiden Wachen. Sie näherten sich der Mauer-Ecke. Gleich würde sich ein erneutes Zeitfenster öffnen. "Keine unnötigen Risiken", wiederholte er. "Aber..." Die Wachen bogen um die Ecke. Caleb trat aus dem Versteck. Er schaute hinter sich zu Madiha. "Die halbe Drachme für Harm muss ich schon mitnehmen." Er zwinkerte, ehe er halb geduckt und überraschend leise dafür, dass er nun so schnell machte, los stürmte. Er huschte über die Straße bis an die Mauer heran. Dort blickte er kurz hinter sich, ob Madiha ihm bereits folgte oder ihrerseits ein eigenes Zeitfenster würde nutzen wollen. Beides wäre möglich. Mit Caleb zusammen könnte er ihr allerdings helfen, über die Mauer zu gelangen. Sie müsste nur mit den Füßen in die Lücken des Steins steigen. Caleb konnte sie anschließend nach oben hieven, damit sie über den Mauervorsprung klettern und sich auf der anderen Seite in die Hecke fallen lassen konnte. Er selbst machte es mit behänden Bewegungen und nahezu lautlos. Da schuf er wahrlich Konkurrenz zu Jivvin. Selbst das Heckenlaub raschelte kaum merklich, als er mit seiner gesamten Masse darin eintauchte.
Als sich ihr zeitliches Fenster schloss, waren beide tatsächlich auf dem Grundstück. Jenseits der Mauer hörten sie das sanfte Klirren der Metallrüstungen, als die Wachen die Straße entlang zogen. Einer von beiden murrte etwas in ihrer dunkelelfischen Muttersprache. Dem Klang nach ärgerte er sich über das Wetter. Es hörte sich nicht so an, als hätte er sie entdeckt. Der Regen schluckte viele Geräusche. Im Haus würden Pfützen aber zu einer Gefahr werden, die Caleb und Madiha berücksichtigen mussten. Zunächst jedoch erhielt die Sarmaerin einen Blick auf das Gelände des Anwesens selbst.
Wer auch immer hier vor der Familie Faelyn gelebt hatte, musste mindestens so reich wie Khasib gewesen sein. Nein, reicher! So viel Grün hatte Madiha nicht einmal in den Gärten der Feuerakademie gesehen. Gestutztes Gras mit symmetrich angelegten, runden Steinplatten, die als Weg dienten, füllten den Garten aus. In steinernen Kübeln von quadratischer Form und etwas erhöht wuchsen zahlreiche Blumen. Unter dem anhaltenden Wetter hatten die Pflanzen ihre Kelche geschlossen, aber in voller Blüte gäben sie garantiert einen farbenfrohen Anblick preis. Perfekt gestutzte Zierbüsche boten in regelmäßigen Abständen die Möglichkeit, sich dahinter zu verbergen. Sie waren zu interessanten Formen geschnitten. Madiha erkannte neben säulenartigen Gebilden auch Lebewesen. Da war ein Pferd aus dunklem Grün, das sich aufbäumte. Aus einem Huf wuchs frech irgendein Unkraut, dessen weiße Blüte dem Regen trotzte. An anderer Stelle erkannte sie blättrige Schwäne, die aus einem Teich aus Zierrosen ragten. Jene schickten ihre rote Farbe wie eine Liebesbotschaft gen Himmel. Und dann erkannte Madiha den Elefanten.
In Sarma kamen diese kolossalen Dickhäuter nicht auf natürliche Weise vor, aber es gab genug Sultane, die sie von weit her extra bis auf die Insel transportieren ließen. Sie bauten sich dann Sänften auf ihren Rücken und ritten durch die Straßen oder in die Wüste hinein. Elefanten waren majestätische und zugleich auch Furcht einflößende Tiere. Mit ihren langen Rüsseln konnten sie die Feinde umschubsen oder festhalten, während sie gleich zwei Männer auf ihren gewaltigen Stoßzähnen aufspießen konnten. Außerdem wollte niemand von einem solchen Ungetüm plattgedrückt werden. Das Tier, das Madiha hier sah, bestand glücklicherweise aber nur aus einigen Sträuchern. Die Stoßzähne waren künstlich und aus Holz. Man hatte sie in das Gebüsch gebunden und einen Strauß weißer Rosen in den Rüssel des Tiers gesteckt. Unter seinem Bauch würden sie und Caleb sich gut verstecken können, um näher an das Anwesen selbst zu gelangen. Dort angekommen konnten sie sich in einigen Rosenhecken verbergen, die wie eine kleine Mauer einmal um Teile des Gebäudes selbst und bis zu einem sechseckigen Turm führten. Haushohe, halbrunde Fenster blickten ihnen wie neugierige, große Augen entgegen. Hinter manchen waren dicke Vorhänge zugezogen. Andere lagen im Dunkeln, aber aus einigen drang aus das sanfte Licht von entzündeten Lampen heraus.
Caleb schlich vor den Rosenhecken entlang, bis er sich zwischen zwei Zierbüschen verstecken konnte, die die Form von aufrecht sitzenden Pudeln besaßen. Er winkte Madiha zu sich und deutete dann mit einem Finger an den Lippen an, keinen Mucks zu machen. Anschließend nickte er zu einem der Fenster. Es stand trotz des Regens offen. Den Grund konnte das Mädchen sogleich riechen und ihr lief bestimmt das Wasser ebenso im Munde zusammen wie ihrem liebsten Dieb.
Zwei Formen mit Apfelkuchen standen auf dem Sims zum Auskühlen. Der Regen reichte nicht bis zu ihnen, der Wind aber trug ihr Aroma bis an die Nasen der frechen Eindrinlinge. Caleb sog den Duft auf und summte leise. "Mama backt trotzdem die besten Kuchen". prahlte er. Dann schlich er geduckt bis unter das Fenster. Seinen Kopf verbarg einen der Kuchen. Diese würden er und Madiha beiseite räumen müssen, um ins Innere zu gelangen. "Küche", raunte Caleb, ohne einen Blick zu riskieren. Aber sicher hatte er Recht. Wo sonst sollte man frisch gebackene Kuchen zum Auskühlen hinstellen? Die trug man gewiss nicht durch ein Anwesen dieser Größe. Mit einem Mal waren Stimmen zu hören. Eine volle, aber mildtätige Stimme unterhielt sich mit einer sanften, fast Zaghaften, die allerdings ein wenig kratzte.
"... wird Zeit, dass du dir Garmisch aneignest. Ich wette, der Herr beherrscht die Sprache nicht. Wir könnten ... tihihi ... über ihn lästern und er würde es nicht bemerken!"
"Oh ... oh aber Grethe, ich möchte lieber nicht..."
"Papperlapapp! Glaubst du, ich lass mir jegliche Freude von diesen Dunklen nehmen? Ein bisschen Spaß muss sein. Gerade jetzt. Außerdem würde Emmyth uns das nicht übelnehmen, der ist doch ganz nett."
"Oh ... Gretha, bitte ... du solltest ihn nicht bei seinem Namen nennen. Das ... das steht uns nicht zu."
"Warum nicht? Ich bin keine Sklavin, sondern Köchin!"
"A-aber Gretha..."
Schritte näherten sich dem Fenster. Einer der Kuchen wurde weggenommen und Caleb duckte sich noch mehr in die Rosenhecke. Er kniff ein Auge zusammen, als die Dornen sich in seine Haut bohrten. Gretha, eine offenbar füllige Köchin, lauschte man auf die Schwere ihrer Schritte, sprach weiter: "Mach dir keine Sorgen, Kepi. Spätestens zur neuen Jahreszeit wird man dich von einer Sklavin zu meiner Küchengehilfin erheben. De Freiheit einer Dienerschaft lockt! Das heißt, falls du bis dahin gelernt hast, ordentliche Apfelkuchen zu backen. Der hier ist ein wenig eingefallen."
"A-aber das heißt auch, dass wir ihn essen werden, nicht wahr? Den können wir dem Herrn unmöglich vorsetzen."
Gretha lachte mit voluminöser Stimme. Sie war sicher nicht nur gewichtig, sondern musste auch einen ebenso vollen Busen haben. Man konnte ihn beinahe springen hören bei ihrem Kichern. "Das machen wir. Bereite du schon einmal die Zutaten für den Teig vor. Der andere Kuchen sah gut aus. Den bringe ich gleich zum Herrn Faelyn. Emmyth muss auf seinen eben noch etwas warten." Schon stapfte sie wieder zum Fenster, um nun auch den anderen Apfelkuchen zu schnappen. Madiha konnte einen Blick auf die Frau erhaschen. Klassisch für eine andunische Köchin trug die rundliche Mittvierzigerin eine weiße Haube. Teils ergrauendes Haar lugte in frechen, ansonsten rotbraunen Locken darunter hervor. Auf ihren vollen Wangen saßen einige Leberflecke wie dicke, braune Tupfen und auch ihre mehligen Unterarme besaßen solche Muttermale. Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab, die ihr braunes Kleid schützte. Dann schnappte sie den Kuchen und verschwand wieder. "Seltsam", meinte sie zu der zahgaft, leicht kratzigen Stimme. "Der Wind weht einen Geruch ins Haus ... also wenn ich's nicht besser wüsste, könnte ich schwören, da hatte jemand richtig guten Sex!"
"G-Gretha!"
"Haha, schon gut. Glaube kaum, dass Emmyth sich jemanden angelacht hat und im Regen zwischen den Rosensträuchern liebt. Das passt nicht zu ihm. Und die dunkelelfischen Wachen sind viel zu prüde für eine ordentliche Runde auf und ab auf einer der Dienerinnen. Zumindest nicht draußen bei dem Wetter."
"Oh, Gretha..."
"Kepi, kümmere dich um den neuen Teig. Wenn ich zurück bin, will ich ihn bereits ausgerollt sehen, verstanden?"
"Ja-jawohl, Gretha."
Die schweren Schritte der Köchin entfernten sich. Dann ging eine Tür und danach seufzte die kratzige Stimme erleichtert auf. Kepi schloss nicht das Fenster. Sie trat nur heran und man hörte sie schnuppern. Aber weder Madiha noch Caleb sahen sie. "Ich rieche nichts", murmelte die Sklavin und hoffentlich baldige Küchengehilfin. Dann tappste sie wieder tiefer in den Raum heran. Wenig später hörte man Schranktüren und das Klappern von metallischen Behältnissen.
Caleb hob die Schultern und schaute zu Madiha. "Schaffen wir es ungesehen hinein? Ansonsten müssen wir Kepi überwältige und anschließend diese Gretha. Die Kleine klingt nicht unüberwindbar, aber die Dicke könnte ein Problem werden." Zunächst jedoch mussten sie ungehört und ungesehen in die Küche gelangen. Oder aber sie gaben diese Einbruchsstelle auf und suchten sich einen anderen Weg hinein. Caleb mochte es nicht gesehen haben, aber Madiha war beim Annähern zum Anwesen ein Seiteneingang wohl aufgefallen. Auch wenn er unscheinbar wirkte, bot er einen potenziellen Zugang. Über eine schmale Treppe, die zu einer überdachten, kleinen Terrasse führte, standen ein hölzerner Kompost, sowie eine Tonne für Abfälle. Architektonisch schien er mit der Küche verbunden. Maximal lag ein kleiner Gang dazwischen. Madiha oder Caleb konnten natürlich auch erst einen besseren Blick ins Innere werfen. Sofern Kepi sie nicht bemerkte, würde man ausspähen können, was die Küche so zu bieten hätte.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Samstag 23. Dezember 2023, 23:47

Das Leuchten seiner Augen, das Strahlen seiner Mimik waren alles Indizien, die Madiha erkennen ließen, wie viel des Diebesleben tatsächlich Caleb’s Persönlichkeit ausmachte. Natürlich war er ein verwegener, windiger Kerl mit manchmal mehr Glück als Verstand und trotzdem dem Herzen am rechten Fleck. Er war wie jene Helden aus den Geschichten, die sich die Mädchen im Harem erzählten und nicht aufhören konnten, darüber zu schwärmen, wie sie sich ebenfalls jemanden vorstellten, der sie retten würde. Nun, ohne Caleb wäre Madiha niemals in dieses Leben geraten – oder zumindest nicht so bald – und trotzdem hatte sie nicht geglaubt, dass sie es sein würde, die am Ende neben jenem Helden stand. Er konnte es kaum erwarten, sich endlich an die Arbeit zu machen. Madiha wollte nicht, dass er sich unnötig in Gefahr begab. Sie hatte Angst um ihn, jedes Mal, wenn er kopflos vorpreschte und dabei vergessen könnte, dass sie es war, die am Ende noch stand und ihm nachweinte. Aber Madiha erkannte auch in eben jenem Moment, dass sie ihm das nicht nehmen konnte. Sie konnte nicht der Grund dafür sein, dass er das nicht mehr tat, wenn es ihn doch so glücklich machte. Was sie darüber dachte, dass er anderen etwas wegnahm? Madiha wuchs in keiner Seifenblase auf und stammte aus der Stadt der Wüste. Hier regierte der Bund der Wüstendiebe und sie kannte es gar nicht anders. Diebstahl prägte das Leben in Sarma. Das und Sklaverei. "Sie blicken in die Gassen, während sie vorbeilaufen. Keiner von ihnen sieht zum Anwesen, geschweige denn in die Lücken der Mauer, um die wenigen grünen Stellen der Hecke zu begutachten. Diese Idioten fürchten niemanden im Inneren, solange sie nichts Verdächtiges außen gesehen haben. Sobald das nächste Duo vorbei ist, hechten du und ich oder ich allein zur Mauer. Mit den kleinen Lücken darin wird es auch für Ungeübte ein Leichtes sein, sie zu überwinden. Wir verstecken uns in der Hecke, kauern uns zusammen und sind ganz still. Danach sehen wir weiter. Ich glaube allerdings nicht, dass wir die Fassade hochklettern sollten. Es ist zwar einfacher, einen Einbruch in einem Stockwerk zu beginnen, in dem niemand damit rechnet, dass man durch ein Fenster einsteigt, aber Fassadenkletterer werden dann doch leichter von außen gesehen. Es sei denn, wir warten, bis es dunkel ist. Oder ich warte. Du hast mir immer noch nicht gesagt, ob du mitmöchtest." Sie machte ihm klar, dass sie nicht warten würde! Seine Reaktion überraschte sie allerdings und für einen Moment stand sie nur da, dann aber seufzte sie in den Kuss hinein. "Ich liebe dich so sehr. Du bist genauso auf Abenteuer aus wie ich. Wir machen das gemeinsam.", flüsterte er und Madiha lächelte. War sie das? Kurz runzelte sie die Stirn, während er sich nach den Patrouillen umschaute. Sie konnte nicht klar sagen, ob sie aus Abenteuerlust mitkam, oder weil sie befürchtete, Caleb sonst zu verlieren. Die Sarmaerin sagte nichts zu seinem Ausspruch, sondern lächelte nur. Das war ein Thema, das sie nun gewiss nicht angehen wollte. So folgte sie seinem Blick und nickte, etwas verspätet auf seine Einschätzung.
„Gut, bei der nächsten Patrouille, gehen wir zusammen“, pflichtete sie bei und wappnete sich, damit sie die Zeit nicht verpasste. Bevor sie aber doch loslegten, musste sie noch kurz etwas ansprechen. Falls etwas schiefging und sie sich verloren, wartete einer auf den anderen in der Nische. Madiha glaubte, dass sie den Weg dorthin zurückfinden konnte, sodass es ihr als guten Treffpunkt erschien. Und dann brauchte sie noch seine Vergewisserung, dass er keinen Blödsinn anstellte. Erneut verloren sie ein Zeitfenster, als Caleb sich nach ihr umwandte. Er ging vor ihr auf die Knie und wirkte ernsthaft und aufrichtig. "Ich lasse dich nicht wieder allein, Madi. Ich verspreche es. Du sollst nicht noch einmal Angst um mein Überleben haben." Das Streicheln ihrer Hände beruhigte sie dann doch. Auch ihr Blick fiel auf den Ring und sie lächelte sacht. Er war aufrichtig und das rechnete sie ihm hoch an. Sie brauchte die Vergewisserung, dass er zweimal nachdachte, damit sie nicht am Ende wieder auf seinen leblosen Körper starren musste. Die Bilder ließen sie nicht in Ruhe, auch jetzt nicht. Es hatte sie nachhaltig verängstigt, ihn dort tot liegen zu sehen. „Danke“, flüsterte sie und schenkte ihm ein Lächeln und einen Druck, um seine Finger. „Ich liebe dich, Caleb!“, gab sie ihm mit auf den Weg und sah zum Haus.

Nun konzentrierte sie sich darauf, dass sie mit ihm Schritt halten konnte. Sie warteten die nächsten Wachen ab und dann ging es los. Sofort erhöhte sich Madiha’s Herzschlag. Sie lief ihm hinterher, versuchte so leise, wie möglich zu sein, was gar nicht so einfach war, wie es bei Caleb wirkte. Dann kletterte sie mit ein wenig Hilfe über die Mauer und rutschte auf der anderen Seite hinunter. Ihr Herz pochte so laut, dass sie Angst hatte, es würde sie verraten. Das Adrenalin rauschte mit beachtlicher Geschwindigkeit durch ihre Adern und sie starrte in alle Richtungen.
Nach der ersten Aufregung und der Feststellung, dass sie nicht entdeckt worden waren, fand Madiha Zeit, sich den Garten näher anzusehen. Und geriet doch tatsächlich ins Staunen. Es war faszinierend, wie dekadent dieses Anwesen doch war. Allein der Garten war eine Wucht und das Mädchen aus Sarma, das nie viel gesehen hatte, war schlicht beeindruckt. Die verschiedenen Zierbäume in unterschiedlicher Optik, wussten ihre Blick zu fesseln und beinahe hätte sie vergessen, weshalb sie eigentlich überhaupt hergekommen waren. Sie sah erstaunt zu Caleb, wollte aufgeregt auf die Büsche deuten und erkannte dann den Elefanten. Ihr klappte der Mund auf. Sie erregte Caleb’s Aufmerksamkeit und deutete auf den Holzelefanten. „Wahnsinn!“, formte sie mit den Lippen, ohne wirklich Lärm zu machen. Ihre Augen leuchteten. Sie selbst hatte von den Tieren gehört, aber nie einen in echt gesehen. Dafür hätte sie hinausgehen müssen und das war ihr die meiste Zeit ihres Lebens untersagt. Jetzt aber war sie draußen und sie spürte den Regen auf ihrer Haut und hörte ihn auf jedem einzelnen Blatt. Plötzlich war es Madiha, als fühlte sie sich so richtig lebendig. Die Aufregung, das Erlebnis war etwas, das sie zu begeistern wusste. Und all die neuen Eindrücke, die Schönheit dieses Ortes. Das Mädchen sog alles in sich auf und folgte Caleb unbenommen dorthin, wo er sich versteckt halten wollte.
Hier war es gar keine Frage, dass sie ihm vertraute. Er wusste, was richtig und nötig war. Er war es, der sich in diesem Leben auskannte. Madiha war nun mal keine Meisterdiebin. Sie gelangten unter das Küchenfenster und Caleb kommentierte den Geruch des Apfelkuchens. Madiha grinste leicht und nickte bestätigend. Dann hörte sie Stimmen und duckte sich instinktiv. Das Gespräch war sehr aufschlussreich und ab und zu grinste sie Caleb mit hochgezogenen Augenbrauen an. Die Köchin erschien ihr doch recht deftig, aber auch irgendwie sympathisch, wie Madiha fand. Dann jedoch wurden die Kuchen vom Sims genommen und sie duckte sich gleich wieder. Als die Köchin den Geruch nach Sex erwähnte, wurde Madiha umgehend rot. Sie wich dem Blick von Caleb aus, denn sonst hätte sie sich darin nur wieder verfangen und wäre nicht davon losgekommen. Denn auch das war etwas, was sie nicht leugnen konnte. Sie war ihm verfallen.
Das Geplänkel ging noch einen Moment weiter und Madiha presste kurz den Handrücken auf ihre Lippen, als Gretha bemerkte, dass Emmyth und die Wachen nicht einfach loslegen würden. War ja beruhigend! Zumindest sprachen die beiden Frauen nicht sonderlich ängstlich von ihrem Herrn. Das war doch schon mal etwas, was Madiha auf der ‚Habenseite‘ verbuchen konnte. Als sich die schweren Schritte der Köchin entfernten – immerhin wusste Madiha, dass sie ein wenig beleibter war – sah sie zu Caleb und fragte stumm, was sie nun tun wollten. Kepi, die Küchenhilfe in spe, war noch dort und würde auch nicht weggehen. "Schaffen wir es ungesehen hinein? Ansonsten müssen wir Kepi überwältige und anschließend diese Gretha. Die Kleine klingt nicht unüberwindbar, aber die Dicke könnte ein Problem werden." Madiha hob die Augenbrauen, ob seiner Aussagen. Sie war überrascht, eine gewisse Skrupellosigkeit zu vernehmen. Doch das Mädchen hatte auch keine Ahnung. Irgendwie mussten sie ins Haus gelangen. Sie dachte einen Moment nach und erinnerte sich an den kleinen Eingang, den sie gesehen hatte. Somit schüttelte Madiha leicht den Kopf. „Komm mit, ich habe da eine andere Möglichkeit gesehen!“, teilte sie ihm mit und stutzte leicht. „Ehm… also – vielleicht!“, relativierte sie, um keine falschen Erwartungen zu treffen. Dann winkte sie Caleb, um ihn zum Aufgang zu führen, der ihr aufgefallen war. Dabei war sie aber vorsichtig, niemandem in die Arme zu laufen. Es mochte etwas ungelenk aussehen, weniger geschmeidig als bei Caleb, doch sie bemühte sich redlich.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Dienstag 26. Dezember 2023, 00:42

Schon Caleb Tjenninger war ein kleiner Freigeist gewesen. Damals hatte er das auch noch sein können. Damals, als Gregor Tjenninger noch nichts weiter war als ein Schiffsbauer, der seine erste große Werft eröffnete und seine Fähigkeiten all jenen Händlern anbot, die ihre Geschäfte auf Städte jenseits des Meeres ausweiten wollten. Damals hatte der kleine Caleb die Docks erkundet, die Schiffe erklommen, welche noch im Gerüst standen, um gefertigt zu werden. Er war im Dachgebälk der Werft umher geklettert, hatte sich mit den Katzen am Hafen gebalgt, mit den Fischern gescherzt und den Geschichten der Matrosen gelauscht. Er hatte Träume gehabt, Träume von Freiheit.
All das war ihm mit dem Erfolg des Vaters genommen worden. Aus Caleb Tjenninger wurde Caleb van Tjenn und schon bald erklomm er nur noch die Tonleitern bei einem Gesangslehrer, der es lieber früher als später mit ihm aufgab. Er erkundete nicht länger die Gassen und Nischen Andunies, sondern nur noch die staubigen Seiten zwischen dicken Wälzern. Er hangelte sich an den Stammbäumen adliger Familien Andunies entlang, während seine Eltern schon Ausschau nach den jüngsten Töchtern dieser Familien hielten. Caleb van Tjenn hörte auf, sich zu balgen, denn das schickte sich nicht und er ruinierte damit nur seine noble Kleidung. Er scherzte weder mit jungen Mädchen oder feinen Damen, noch spielte er die männliche Konkurrenz aus. Er lauschte mit Desinteresse den trockenen Erzählungen betagter Männer bei adligen Festivitäten. Seine Träume starben und er langsam mit ihnen. Bevor sein Ende allerdings eintrat, hatte er sich lieber davongestohlen. Er nahm Schimpf und Schande in Kauf, solange er frei sein konnte. Und schließlich hatte er sich von allem befreit, das ihn in eine Zwangsjacke edlen Geblüts stecken wollte, in die er niemals würde hineinpassen können.
Madiha sah es in dem Moment, da sie mit Caleb in der Gasse nahe des Faelyn'schen Anwesens hockte. Sie sah es während seines geduckten Spurts über das Pflaster und als er erst sie, dann sich selbst die Mauer empor hievte. Sie sah es, während sie gemeinsam von Hecke zu Hecke sprangen und ihr Dieb nicht aufhören konnte zu grinsen. Sie sah es selbst dann, als Gretha, die dicke Köchin des Hauses, nach dem Apfelkuchen griff und ihn beinahe entdeckt hätte. Ihre Herzen schlugen gleichermaßen laut und verräterisch, aber in Calebs Blick lag ein Funkeln, als beherrschte er selbst Feuermagie und versuchte gerade, eine Flammenexplosion zu unterdrücken. Er liebte dieses Leben. Er liebte die wiedergewonnene Freiheit, die er sich schwer hatte erkaufen müssen. Er liebte beides so sehr wie er Madiha liebte und er würde sich niemals wieder davon trennen wollen. Tatsächlich hatte Madiha ihn nie glücklicher gesehen als über ihr, wenn er sie nahm und in eben diesem Augenblick, da das Adrenalin ebenso in seinen Ohren rauschen musste wie in den ihren. Er brauchte keinen Reichtum, kein Ansehen. Er brauchte nur das hier, um glücklich zu sein. Das und sie. Seine Augen suchten gezielt nach ihrem Blick.
Madiha aber wich seinem Blick rasch aus, denn über ihr sprach Gretha von den Aromen, die bei körperlichen Untrieben entstanden und die offensichtlich nicht einmal der Regen von ihrer Haut hatte waschen können. Madiha wusste sehr gut, wie Caleb duftete, wenn er dich bei ihr lag. Sie kannte sein vertrautes Aroma, das stets etwas Kerniges besaß, aber nicht zu viel, so dass es nicht unangenehm in der Nase kitzelte. Es war genau richtig. Er war genau richtig!
Madiha erwischte sich dabei, unvorsichtig gewesen zu sein. Ihre Gedanken drifteten ab, wenn sie Caleb zu lange anschaute. Das war zwar schön, für einen geplanten Einbruch aber gefährlicher denn je. Sie musste konzentriert bleiben, also sondierte sie die Umgebung. Ohnehin schaute sie sich nun um, weil ihr ein Eindringen durch das offene Fenster Unbehagen bereitete. Calebs Planung sähe in dem Fall vor, die Küchengehilfin - Kepi - zu überwältigen und das gleiche notfalls auch mit der Köchin anzustellen, sollte sie zu schnell zurück sein. Auch wenn Madiha Caleb anders einschätzte und davon ausging, dass er niemals Gewalt anwenden oder gar jemanden verletzen würde - nicht so! - klangen seine Worte dennoch irgendwie ... kalt. Sein Blick hingegen war warm, angeheizt von der Aufregung der Situation. Sie musste ihn bremsen, sonst würde er erneut kopflos vorgehen und das könnte für ihn böse enden.
Die Sarmaerin hatte in diesem Moment einen Geistesblitz. Da sie von all der Schönheit des Gartens so überwältigt war, hatte sie jedes noch so kleine Detail wie ein Schwamm aufgesogen. So war ihr auch der Seiteneingang nicht entgangen. Vielleicht konnte man von dort aus ins Haus gelangen. Es wäre sicherer als nun Kepi mit zwei Einbrechern zu konfrontieren, ob man sie dabei außer Gefecht setzen könnte oder nicht.
"Komm mit, ich habe da eine andere Möglichkeit gesehen!", lockte sie ihren Dieb, bevor dieser handeln konnte. Und er folgte ihr. Es ging hier nicht allein um Fähigkeiten. Es ging nicht darum, wer erfahrener war, in anderer Leute Häuser einzusteigen. Es ging um Vertrauen. Caleb stellte keine Fragen. Vielmehr musste er ein Jauchzen unterdrücken, als er die kleine Terrasse entdeckte. Eilig schob er Madiha von hinten an, bis sie beide hinter den hölzernen Querstreben des Geländers halb verborgen waren. Der Regen half dabei, die Sicht auf sie von außen etwas verschwimmen zu lassen. Madihas Sorge war jedoch vollkommen unbegründet. Die faelyn'schen Wachen marschierten nur außerhalb der Mauern. Hier im Garten war ihnen nicht eine Patrouille begegnet. Man wähnte sich entweder in Sicherheit oder war nicht so reich mit Wächtern besetzt wie man versuchte, vorzugeben. Jedenfalls gab es niemanden, der sie nun bemerken könnte, solange sich nicht plötzlich die Tür öffnete.
Der Geruch von pflanzlichen Abfällen drang vom Kompost aus zu ihnen herüber. Einige zu Kringeln geschnittene Kartoffelschalen hatten es nicht ganz hinein geschafft. Sie lagen davor. Caleb hob eine auf und warf sie in den Kompost. Dann wiederholte er den Vorgang, bis alles sauber war. Er hob die Schultern. "Wenn wir uns schon umsehen, können wir den Bediensteten auch ein wenig unter die Arme greifen." Schief grinste er auf. Dann deutete er gen Tür. "Lass mich nachschauen, ob verschlossen ist. Ich würde die rostigen Dietriche nur ungern verwenden." Geduckt schlich er sich an seiner Liebsten vorbei bis zum Eingang. Er legte seine Hand um die Klinke und drückte diese wie in Zeitlupe herunter. Es klickte nur einmal leise, dass das Regenprasseln das Geräusch nahezu vollständig verschluckte. Calebs Mundwinkel hoben sich. Dann schob er die Tür ins Innere und sich selbst kurz darauf hinein. Er winkte Madiha mit sich und Wärme empfing sie, als sie ins Haus gelangte.
Die Luft wirkte etwas abgestanden. Der Gang, in dem sie sich befanden, war schmucklos und nur von zwei Deckenlaternen erleuchtet. Die Wände bestanden aus Holz, der Boden war mit eckigen Steinfliesen gekachelt. Linkerseits befand sich eine Tür, die wesentlich breiter als die beiden gegenüber waren. Licht drang unter der Ritze hindurch und man konnte leises Summen hören. Madiha und Caleb erkannten sofort Kepis Stimme. Die Tür nach links musste demnach in die Küche führen.
"Schätze, wir sind im Gesindebereich", wisperte Caleb. Er hockte noch immer halb im Schatten und lauschte immer wieder nach dem Summen. Ansonsten lag alles relativ still da. "Vermutlich befinden sich hinter den beiden anderen Türen entweder eine Waschkammer und ein Schlafraum für die Dienerschaft oder Abstellkammern. Nichts Interessantes für uns, sage ich. Lass uns den Gang entlang schleichen. Mit etwas Glück finden wir einen Weg zu den Reichtümern und ... äh ..." Er grinste wieder, rieb sich den Nacken. "Zum Umsehen. Wir wollen ja wissen, ob Corax gut versorgt wäre hier. Ein bisschen Reichtum für ihn muss schon sein!" Und für Caleb selbst. Er hatte nach wie vor die halbe Drachme im Kopf, die er Harm noch schuldete.
Langsam und auf leisen Sohlen schlich er voran. Sowohl Caleb als auch Madiha hinterließen leider zahlreiche kleine Pfützen am Boden. Das ließ sich nicht verhindern, solange sie ihre feuchte Kleidung nicht ablegten. Am Ende des Ganges aber waren sie soweit abgetropft, dass sie keine solchen Spuren mehr hinterlassen würden. Auch hier fand sich eine Tür. Gerade als Caleb nach der Klinke greifen wollte, erstarrte er. Schritte näherten sich und Stimmen drangen gedämpft durch das Holz.
"... habe es langsam satt, ständig nach ihm suchen zu müssen. Warum auch? Er ist doch kein Kind mehr!"
"Aber er ist der einzige Erbe des Herrn. Da ist doch klar, dass er ein Auge auf ihm haben will."
"Kein Wunder, dass er ständig stiften geht. Ich kann's ja nachvollziehen. Ich würde auch nur noch mehr versuchen, dem zu entkommen, wenn Papilein mich dermaßen kontrolliert."
"Trotzdem müssen wir ihn suchen."
"Mhrm ... und zurückbringen. Bei Faldor, ich hab diese Ammentätigkeit wirklich satt! Ich bin Wächter, verdammt!"
"Stell das fluchen ein und komm mit! Bringen wir's hinter uns."
"Mhrm..."

Niemand öffnete die Tür. Die Schritte zogen weiter, wurden leiser und wenig später hörte man eine große Tür ins Schloss fallen. Anschließend war es erneut ruhig. Caleb atmete aus. "Ich hab zwar kein Wort verstanden, aber das war knapp. Wir sollten versu-" Erneut brach er ab. Dieses Mal war jedoch nichts jenseits der Tür zu hören. Caleb hielt auch nicht still. Er schaute in Madihas Richtung und doch an ihr vorbei. Seine Augen wurden groß. "Na, da schau einer an. Könnte es sein...?" Er huschte zu ihr, berührte ihre Schulter, um sie ein wenig beiseite zu schieben. Auf Kopfhöhe, halb hinter Madiha fand sich ein gerahmter Schalter in der Wand. Er war durch das dunkle Holz kaum aufgefallen, wenn man auf das Ende des Ganges zuhielt. Nun erkannte man ihn aber deutlich. Außerdem waren sanfte Fugen neben dem Schalter in der Wand zu sehen, als verbärge sich dort eine Geheimtür. Caleb schaute zu Madiha, anschließend den Gang hinunter. Von der Küchentür aus gab es keine Anzeichen, dass jemand den Gesindetrakt gleich betreten würde. "Ich glaube, dieser Schalter öffnet einen Weg in die Dienergänge."
Caleb musste die Funktion nicht erklären. Madiha wusste nur zu gut, was Dienergänge waren. Sie existierten auch in Sarmas Anwesen. Khasib hatte stets großen Wert darauf gelegt, dass man lästige Sklaven nicht sah, wenn sie ihre Arbeit taten. Schließlich wollte niemand ein schlechtes Gewissen oder gar Mitleid mit den geschundenen, dürren Gestalten bekommen. Er war nicht der einzige Adlige, der so vorging. Beim Bau des Eigenheims, des Palastes oder einem Anwesen wie hier in Andunie, nutzte man hohle Zwischenräume der Wände aus. Sie waren schmal und dunkel, gerade breit genug für eine Einzelperson, solange es sich nicht um einen Ork handelte. Sklaven und Diener konnten diese "Geheimgänge" zwischen den Räumen und teils auch Etagen nutzen, um ungesehen zu ihren Zielen zu gelangen. Viele Schlaf- und Esszimmer, sowie einige Salons besaßen Geheimtüren, die Zugang zu den Dienergängen gewährten. So konnten Sklaven hinter den Herrschaften saubermachen, ohne sich in den offenen und prunkvollen Korridoren zeigen zu müssen. So ließen sich Lustsklavinnen ungesehen fortschaffen, wenn Gäste mit ihnen fertig waren. So tropften entjungferte Mädchen in Sarma nicht die teuren Marmorböden voll, wenn man sie auf wackligen Beinen und vollkommen aufgelöst zu ihren Sklavenunterkünften brachte, um sie dort von der Brutalität ihres neuen Herrn verarzten zu lassen. Es blieb zu hoffen, dass Andunie und gerade dieses Haus Dienergänge nicht für derlei Situationen nutzte.
"Riskieren wir es", meinte Caleb. Er ließ Madiha keine Gelegenheit, dagegen zu stimmen. Schon legte er den Schalter um. Erneut klickte es und eine Tür drückte sich dort, wo man die Fugen gesehen hatte, etwas nach innen, ehe sie sich zur Seite schob. Sie gab den Blick auf einen mehr als düsteren Gang frei. Die Luft dort roch kalt, feucht und muffig. Spinnweben hingen von den Wänden und der Decke. Einige Asseln retteten sich ins tiefere Schwarz des Geheimgangs. Caleb spähte in den Tunnel, fand aber keine Lampe.
Er schaute über die Schulter zurück und wisperte: "Jetzt brauchen wir deine Fähigkeiten, Feuermagierin." Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. "Kriegst du das hin, damit wir nicht im Dunkeln tappen müssen? Du wirst aber vorgehen müssen und mir den Weg weisen."
Gewiss würde Madiha es fertig bekommen, eine Flamme zu entfachen. Ob sie sich jedoch in den sehr schmalen Gang wagen wollte, blieb noch abzuwarten. Falls sie den Mut und möglicherweise auch Erinnerungen ihrer eigenen Vergangenheit überwinden könnte, stünden ihr und Caleb wahrlich Wege zu allen möglichen Räumlichkeiten offen. Zumindest hätten sie freien Zugang zu sämtlichen Schlafzimmern des Hauses, dem Speisesaal im Erdgeschoss und zahlreichen kleinen Salons, einem Musikzimmer, einem Wintergarten wie er auch in Calebs Heim vorhanden war und noch einigen ganz besonderen Räumen, wenn die Neugier lockte. Zunächst einmal musste aber der Gang überwunden werden.

Hinweis: Bitte in deinem Post angeben, in welche Richtung Madiha und Caleb sich wenden wollen, sofern sie den Dienergang betreten. Sprich, welche Räume möchtest du zuerst erkunden? Zur Auswahl stehen:
  • Diverse Schlafzimmer
  • Badezimmer
  • ein Speisesaal
  • verschiedene Gästezimmer und Salons
  • ein Musikzimmer
  • ein Wintergarten
  • einige, geheimnisvolle Kellerräume
  • Zugänge zu den Wachräumen und Vorratskammern
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Donnerstag 28. Dezember 2023, 12:29

Niemals wäre die Sarmaerin auf den Gedanken gekommen, Caleb in Ketten legen zu wollen. Ja, sie hätte sogar ihre Liebe zu ihm für sich behalten, wenn sie ihn damit die Freiheit bewahren konnte. Schon bei seinem Geschenk, dem Ring an ihrem Finger, hatte sie gezögert, obwohl sie nichts weiter wollte, als ihn anzunehmen. Aber wollte sie Caleb in ein Leben zwingen, das nicht seines war? Sie könnte es nicht und würde lieber auf ewig daran verzweifeln ihn gehen gelassen zu haben. Glücklicherweise aber empfand Caleb sie nicht als Ballast. Glücklicherweise war sie seiner Liebe würdig und würde immer daran arbeiten, es auch weiterhin zu sein. Trotzdem merkte Madiha, dass sie begann Ansprüche zu stellen. Dabei ging es ihr um nichts Materielles, sie wollte einzig und allein von ihm, dass er fortan einmal mehr nachdachte. Weil sie es sein würde, die seine Leiche betrauerte. Dabei stellte sie sich gar nicht groß in den Fokus, sondern griff auf Erfahrungen zurück. In den Gängen der Diebesgilde hatte sie zusehen müssen, wie er unter ihren zitternden Händen wegstarb und verkaufte sich sogar dafür, dass man ihm half. Sie hätte es über sich ergehen lassen, wenn er nur Medizin erhalten hätte. Und auf dem Schiff, als er in den Tod sprang… da musste sie sehen, wie er neben Azura dalag und sich nicht mehr rührte. Sie hatte so gelitten und wollte nur ein kleines Bisschen, dass er daran dachte, wenn er sich in sein Abenteuer stürzte. Das wäre nicht zu viel verlangt, nicht wahr? Nun aber wurde selbst Madiha von diesem Nervenkitzel ergriffen und sie folgte ihrem Dieb über die Mauer in sein Leben hinein. So gut sie es konnte, versuchte sie ihm alles nachzumachen, damit sie nicht erwischt wurden. Ihr Herz pumpte dabei unablässig Adrenalin durch ihren Körper und machte ihre Sinne mehr als gespannt. So keuchte sie etwas, als sie unterhalb des Küchenfensters saßen und das Gespräch der Frauen belauschten. Caleb schlug tatsächlich vor, dass sie sie überwältigen mussten, was Madiha leicht erschreckte. Er war vollkommen eingenommen von diesem Tun und die Sarmaerin verstand, dass er dieses Leben für immer führen würde. Irgendwann würde es ihn so sehr in den Fingern jucken, dass er nicht anders könnte. Sie verstand, dass er diesen Nervenkitzel immer brauchen würde. Glücklicherweise hatte Madiha auf dem Hinweg einen kleinen Treppenaufgang entdeckt, zu dem sie Caleb nun führen würde. Sie wollte umgehen, dass sie jemandem etwas antun mussten, und sei es nur eine herbeigeführte Bewusstlosigkeit. Es widerstrebte Madiha anderen Leid zuzufügen.

Nervös sah sich das Mädchen um, damit sie nicht von hinten von einer der Patrouillen erwischt wurden. Doch sie erkannte, dass sie nur außerhalb marschierten und den Garten im Innern außer Acht ließen. Caleb fühlte sich mit einem Mal bemüßigt, einige Kartoffelschalen aufzusammeln. Sie hob überrascht die Brauen und er erwiderte: "Wenn wir uns schon umsehen, können wir den Bediensteten auch ein wenig unter die Arme greifen." Der Kerl hatte die Ruhe weg. Sie platzte fast vor Nervosität! Er prüfte das Schloss an der Tür und tatsächlich öffnete sie sich mühelos. Madiha’s Herz hüpfte vor Freude! Die Dunkelhaarige folgte Caleb dann aus dem Regen hinaus ins Innere. Madiha schluckte ihr klopfendes Herz hinunter. Wie ein begossener Pudel stand sie nun in dem Gang und hinterließ feuchte Spuren auf dem Boden. Auch sie duckte sich in die Schatten und spitzte die Ohren. Es kam ihr idiotisch vor, sich so viel Zeit zu lassen, aber sie war auch gespannt, wie ein Flitzebogen. Madiha musste sich ein wenig an Caleb lehnen, um sich wieder zu erden. Zudem beruhigte sie sein ureigener Geruch und gab ihr die Zuversicht, die sie brauchte. "Vermutlich befinden sich hinter den beiden anderen Türen entweder eine Waschkammer und ein Schlafraum für die Dienerschaft oder Abstellkammern. Nichts Interessantes für uns, sage ich. Lass uns den Gang entlang schleichen. Mit etwas Glück finden wir einen Weg zu den Reichtümern und ... äh ...“ Madiha hob den Blick und musterte ihn prüfend. "Zum Umsehen. Wir wollen ja wissen, ob Corax gut versorgt wäre hier. Ein bisschen Reichtum für ihn muss schon sein!" Sie schnaubte leise und hielt sich dann die Hand vor den Mund. Madiha schloss die Augen und lauschte, ob jemand sie hörte, konnte dann aber aufatmen. „In Ordnung. Sehen wir uns um. Umgehen wir die Zimmer der Dienstboten. Die besitzen meist ohnehin nichts!“, sagte sie wissend und schlich dem Dieb nach. Sie blieb hinter ihm hocken, als er nach der Klinke griff und Madiha hielt gespannt den Atem an.
"... habe es langsam satt, ständig nach ihm suchen zu müssen. Warum auch? Er ist doch kein Kind mehr!"
"Aber er ist der einzige Erbe des Herrn. Da ist doch klar, dass er ein Auge auf ihm haben will."
"Kein Wunder, dass er ständig stiften geht. Ich kann's ja nachvollziehen. Ich würde auch nur noch mehr versuchen, dem zu entkommen, wenn Papilein mich dermaßen kontrolliert."
"Trotzdem müssen wir ihn suchen."
"Mhrm ... und zurückbringen. Bei Faldor, ich hab diese Ammentätigkeit wirklich satt! Ich bin Wächter, verdammt!"
"Stell das Fluchen ein und komm mit! Bringen wir's hinter uns."
"Mhrm..."


Ihr entfuhr der Atem bei dem Wortwechsel. Die Kälte der Sprache jagte ihr Schauer über den Rücken und sie erinnerte sich an den Hafen und die Elfen, die Corax ermordet hatte. Madiha’s Herz klopfte vor Angst erwischt zu werden. Caleb wirkte ebenfalls erleichtert und fand schließlich den Zugang zu den Dienstbotengängen. Madiha blinzelte auf die schmale Tür, die sich geöffnet hatte, nachdem er den Mechanismus betätigte. Das Mädchen erinnerte sich nur viel zu gut an diese Art von versteckten Gängen. Dabei hatten sie nichts gemein mit verwunschenen Schlössern und Geheingängen. Das Mädchen erinnerte sich an dunkle Zeiten und schüttelte jene kurz ab. „Sie führen durch das ganze Haus, da bin ich sicher.“, flüsterte sie und trat schon halb hinein. „Hier begegnen wir gewiss keinem der Familie.“, überlegte sie und dachte an die Dienstboten. „Aber vielleicht der Köchin oder anderen… Wir haben keine Chance uns zu verstecken, sollte jemand kommen.“, bedachte sie und wägte ab. Andererseits waren diese Gänge klar strukturiert, damit die Diener auch auf direktem Wege zu den jeweiligen Zimmern kamen. "Riskieren wir es", kam es von Caleb und zeigte ihr auf, dass sie nicht zu lange nachdenken konnte. Madiha biss sich auf die Unterlippe und nickte dann bestätigend. Sie huschten in den Botengang und stellten fest, wie eng sie doch waren.
Madiha würde wohl nicht wirklich Probleme haben, war sie quasi für eben jene Gänge geboren worden, fragte man die Pfeffersäcke in Sarma. Aber Caleb war deutlich breiter als sie und auch sie musste feststellen, wie schmal doch die Gänge waren, wenn man zu zweit war. Madiha stieß nicht nur einmal gegen ihren Dieb und löste dabei zumindest bei sich einige wohlige Schauer aus. Seine Nähe würde sie wohl immer durcheinanderbringen, egal in welcher Lage sie waren! "Jetzt brauchen wir deine Fähigkeiten, Feuermagierin." Sein Raunen rieselte ihr über den Nacken und den Rücken hinunter. Erinnerungen an die Gasse wollten sie verwirren, doch sie konzentrierte sich pflichtbewusst. „Ich versuchs!“, wisperte sie und ging etwas die ersten Meter in den Gang hinein. Dann blickte sie auf ihre Handfläche und griff innerlich nach ihrer Magie. Sie spürte die Natürlichkeit ihres Wunsches und dass sie einen kleinen Lichtball erschaffen konnte. Er flammte auf und sie hielt ihn möglichst gering, damit er nirgendwo anecken und womöglich noch zündeln könnte. Mit der anderen Hand unterstützte sie ihr Handgelenk, um es ruhig zu halten. Madiha konzentrierte sich nun auf die Lichtquelle und nickte Caleb zu. „Ich gehe vor. Lass uns zuerst die Schlafzimmer inspizieren. Die müssten in den oberen Stockwerken liegen. Dort bewahren die Herrschaften ihre Habe meist auf!“, erinnerte sie sich an Sarma. Dann wartete sie, dass Caleb einwilligte und ihr dann folgte.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Freitag 29. Dezember 2023, 04:17

Madiha hatte zugestimmt, Caleb auf dem Weg in ein fremdes Haus zu begleiten. Sie hatte sogar eingewilligt, unter Umständen etwas Reichtum verschwinden zu lassen - nun, nicht direkt, aber würde sie ihren liebsten Dieb aufhalten, eine halbe Drachme einzustecken, wenn sie einen ganzen Raum mit Schätzen vorfänden? Niemandem würde es auffallen und das Geld käme Harm und den Hafenratten nur zu Gute. Ihre Entscheidung fiel sicherlich noch spontan aus. Worin sie aber sich selbst und ihrem Standpunkt treu blieb, war ihr Wunsch, niemandem ein Leid anzutun. Umso erleichtertet zeigte Madiha sich, als sie Caleb vom Fenster weglocken konnte, weil sie einen anderen Zugang zum Haus gefunden hatte. Kepi, die Küchenhilfe, blieb unbehelligt und die beiden Kleinkriminellen gelangten doch noch in das Haus hinein. Wenig später fanden sie sich sogar am Zugang zu einem der Dienergänge wieder. Er war schmal, dunkel und stickig. Für Madiha stellte er nichts Neues dar, doch die Erinnerungen an diese Botengänge waren so düster wie der vor ihr liegende, geheime Korridor. Nur weil sie Caleb in ihrem Rücken wähnte, konnte sie sich überhaupt überwinden, die Enge zu betreten. Sie als schmale Person besaß sogar noch etwas Bewegungsfreiheit. Caleb hingegen konnte froh sein, nicht noch mehr definierte Muskeln zu besitzen. Ansonsten wäre er wohl einfach zwischen den Wänden steckengeblieben. Er ging jetzt sogar seitlich, weil er auf diese Weise besser vorankam. Madiha gab den Weg vor, sowie ein Licht. Auf seine Aufforderung hin rief sie ihre magischen Kräfte an. Schnell formte sich eine kleine Feuerkugel über ihrer Hand, schwebte dort und erhellte die unmittelbare Umgebung. Es gelang ihr wahrlich immer besser. Dennoch hätte sie etwas mehr Unterricht von Kjetell'o gut gebrauchen können. Mit der nötigen Selbstkontrolle war es nämlich möglich, magisches Feuer über die eigene Haut und Kleidung wandern zu lassen, ohne diese auch nur anzusengen. Man enzog den Flammen einfach ihre brennbare Eigenschaft und ersetzte sie durch einen Ersatzvorrat an Magie. Dieser musste natürlich zur Verfügung gestellt werden, was gerade junge, aufstrebende Feuermagier sehr schnell auslaugte. Mit der nötigen Erfahrung hingegen ließe sich damit einiges anstellen. Ähnliche Möglichkeiten besaßen übrigens auch Magier anderer elementarer Richtungen. So musste magisches Wasser für den Anwender nicht immer zwangsläufig nass enden. Hingegen beherrschten ausgebildete Luftmagier die Fähigkeit, länger unter Wasser zu atmen, ohne sichtbar ihre Magie anzuwenden. Die Möglichkeiten schienen nur an der eigenen Kreativität ihre Grenzen zu finden. Für Madiha jedoch endeten sie an ihrer Übung. Sie brauchte noch wesentlich mehr davon und so würde sie nach einer Weile in den Gängen feststellen, dass das Aufrechterhalten von Feuer durchaus an den eigenen Kräften zehrte. Glücklicherweise war ihre Kugel klein, aber über Stunden hinweg könnte sie diese nicht tragen. DAs Licht flackerte bereits gelegentlich, als hätte ein Windhauch die Flamme erfasst.
"Wir sollten bald eine Geheimtür in einen Raum wählen", riet Caleb und Madiha schlug vor, es im ersten Stock zu versuchen. Sie wähnte die Schlafzimmer dort und sie sollte Recht behalten. Dass sie jemals auf ihre Erfahrungen als Sklavin in positivem Sinne würde zurückgreifen können, hätte sie wohl auch nicht gedacht. Nun aber halfen ihr all die Jahre aus, in denen sie als unsichtbarer Schatten durch Abbas' und Khasibs Botengänge hatte wandeln müssen. Sie kannte die Strukturen beider Häuser und im Aufbau unterschieden sie sich kaum. Selbst die Andunier hielten es so, ihre Schlafgemächer lieber in die obere Etage zu verlagern. So waren sie vor Eindringlingen sicherer, wie viele glaubten. Außerdem galt es als romantisch, als adlige Dame auf einem Balkon zu stehen, während der Galan unten mit einem Instrument Minnelieder klimperte. In Sarma sangen sie meistens, dafür warfen sie abgeschnittene Wüstenrosen zu den Angebeteten empor oder holten sie auf fliegenden Teppichen ab, wenn man den Wüstenmärchen Glauben schenken durfte. Im Haus Faelyn waren weder Rosenranken am Balkon noch magische Teppiche notwendig. Madiha und Caleb drangen von innen zu ihrem Ziel vor. Sobald sie an einem Ende der Botengänge eine Wendeltreppe entdeckt hatten und in den nächsten Stock gelangten, wurden die Wege auch geradliniger. Madihas Feuer zeigte ihnen diverse Schalter in den Wänden, mancherorts existierten aber auch Gucklöcher. Caleb und sie nutzten die Gelegenheit und tatsächlich: allesamt wiesen in Schlafgemächer. Allerdings wirkten diese überaus ordentlich und von Tand befreit. Folglich musste es sich um ungenutzte Gästezimmer handeln. Hier waren weder Reichtümer zu finden noch Informationen über Corax' potenzielle Familie.
Madiha und Caleb aber gaben nicht auf. Es gab noch genug Räume zum Erkunden. Leider wies die nächste Geheimtür keine vorherige Möglichkeit auf, sich den Raum dahinter anzuschauen. Caleb legte sein Ohr flach gegen die noch verborgene Tür. Er lauschte angestrengt. "Ich höre nichts", meinte er leise. "Nicht einmal ein Schnarchen. Lass und hier nachsehen."
Gesagt, getan. Er betätigte den Schalter, sobald Madiha ihr Feuer gelöscht hatte. Niemand sollte sofort auf ihre Fähigkeiten aufmerksam werden. Glücklicherweise schlichen sich beide Einbrecher in einen leeren Raum. Niemand war anwesend. Dass er jedoch genutzt wurde, bewies ein Feuer im Kamin. Es musste schon eine ganze Weile brennen, denn bald würde nur noch etwas Glut zwischen der entstandenen Asche übrig sein. Der Raum selbst war dadurch schon angenehm vorgeheizt. Auf halber höhe vertäfelte Holzwände und eine dazu passende Ornamenttapete in einem sanften Bordeaux-Rot zeugten davon, dass hier ein Adliger nächtigen musste. Auch das Himmelbett sprach dafür. Es besaß vier deckenhohe Holzpfosten, um die mit goldenen Bändern weinrote Vorhänge geschlungen waren, die oberhalb in einem gleichfarbigen Baldachin endeten. Die Bettwäsche bestand allerdings aus dunklem Samt, auf das das Emblem einer Fledermaus gestickt worden war. Madiha hatte diese Symbolik nun schon zur Genüge gesehen. Hier schlief jemand, der ursprünglich aus Morgeria stammen musste. Ein dunkler Kämpfer schien es hingegen nicht zu sein.
Caleb schlich durch den Raum und entzündete gleich zwei Lampen, die auf dem Nachttisch neben dem Bett, sowie einem Beistelltisch am offenen Kamin standen. Über der Rückenlehne des Ohrensessels hing eine flauschige Decke. Sie war violett und statt der Fledermaus zeigte sich hier die Silhouette der blauen Fee - das Symbol des Hauses Faelyn. "Wir sind zumindest richtig", murmelte Caleb, der sich weiter umsah. "Schläft hier der haus eigene Zauberer?"
Es machte den Eindruck, vor allem für Menschen, die keinerlei magische Begabung aufwiesen. Madiha hingegen wusste zumindest, dass Kjetell'o weder zahlreiche Flaschen noch beschriftete Dosen mit Substanzen nutzte, um seine Kräfte zu wirken und auch sie griff nicht darauf zurück. Vielmehr vermittelte ihr das Schlafzimmer den Eindruck eines Raumes, der von einem Tränkebrauer oder heilerischem Quacksalber genutzt wurde. Vielleicht stellte hier auch jemand Gifte her, was ihr kurz in Erinnerung rief, dass Dunia ein passendes Buch dazu in ihrem Regal stehen hatte. Und auch Jivvin hatte nach Giften gefragt, nämlich Emmyth Faelyn selbst. Ob das hier sein Schlafzimmer war oder mindestens das eines persönlichen Giftmischers in seiner Familie?
Der andunische Teil des Raumes machte den vertrauten Eindruck, den Madiha auch schon in Calebs Elternhaus gewonnen hatte. Edles Holz für die Möbel, feine Bettwäsche, Vorhänge und Teppiche. Der Prunk lag eher im Verborgenen und im Handwerk. Sie entdeckte auch hier zahlreiche, filigrane Schnitzereien an den Möbelstücken. Allein die Beine des Himmelbettes, die wie sich aufbäumende Pferde geschnitzt worden waren, mussten ein Vermögen kosten. Sogar Caleb deutete es mit einem anerkennenden, leisen Pfiff an. Während Madiha sich noch weiter umsah, schlich er zur Zimmertür und legte von innen den Riegel vor. So könnten sie rasch in den Botengang verschwinden, sollte jemand von außerhalb des Raumes aus das Licht aufmerksam werden. Es war jedoch unwahrscheinlich, dass sie damit Vedacht erregten. Schon vorher hatte der Kamin schließlich für Hellikgeit gesorgt. Sie mussten nur leise bleiben.
Da war es besser, keine der kopmpliziert wirkenden Apparaturen auf dem Tisch anzufassen, der an einer Wand des Raumes stand. Offenbar musste sich hier mal ein kleines Sofa befunden haben. Der Teppich wies noch Abdrücke auf, welche nicht zu dem Tisch selbst passten. Jener stach auch durch sein helleres, billiges Holz deutlich unter den Möbeln heraus. Er diente auch nicht dazu, mit ihm anzugeben. Er war zum Arbeiten gedacht. Madiha konnte kleine Brandspuren auf dem Holz entdecken, aber auch Rückstände und Fleckenränder irgendwelcher verschütteten Flüssigkeiten. Größte Aufmerksamkeit erweckte jedoch der alchemistische Aufbau aus einem Ölbrenner, zahlreichen über Glasrohre verbundenen Flaschen, von denen einige birnenförmig waren, andere wiederum dick, rund und bauchig. Flüssigkeiten verschiedenster Farben sprudelten, blubberten oder tropfen durch den Aufbau hindurch, um an gleich drei verschiedenen Stellen in unterschiedliche Behältnisse zu landen. Einmal wurde ein übergroßes Reagenz mit einer grünlichen Masse gefüllt, die an Nasenschleim erinnerte. Umso flüssiger hingegen war das bläuliche Resultat, das in sehr gemäßigten Abständen ab und an einen Tropfen in eine große Holzschale tropfen ließ. Das letzte Behältnis war ein tiefer Porzellanteller, der eine orangerote Flüsigkeit auffing, welche an der Luft die Konsistenz von zerstampften Tomaten annahm. Nur ein Kenner wusste wirklich, wozu all das diente.
"Madi!" Caleb winkte seine Gefährtin eifrig heran. Anschließend deutete er auf einige Holzrahmen an der Wand. "Glaubst du, die sind wertvoll?", fragte er und wies auf etwas, das in den Rahmen, aber hinter Glas verborgen war. Schön sahen sie ja aus, die paarweise angebrachten, liellenartig schimmernden Flügel. Für jene Insekten waren sie aber eindeutig zu groß. Wie aus Kristallpapier wirkten sie und je nachdem, wie das Licht auf ihre facettenreiche Oberfläche fiel, schimmerten alle Farben des Regenbogens daraus hervor. Madiha entdeckte aber noch mehr dieser Sammelsurien in weiteren Glasvitrinen und Rahmen. Schmetterlingsähnliche Flügel, allerdings größer als ihre Hand, zeigten wunderschöne Muster ind satten Farben. Jemand mit einer Vorliebe für Insekten musste sie gesammelt haben. Plötzlich ächzte Caleb jedoch. "D-das ist aber kein Schmetterling!" Er beugte sich über eine Glasglocke auf einem anderen Tischlein. Man musste wahrlich deutlicher hinsehen, da sie zum Großteil im Schatten lag. Caleb wagte aber auch nicht, sie aufzuheben und ins Licht zu tragen. Was er und Madiha sahen, genügte dem Dieb schon. Unter der Glaskuppel befand sich ein metallenes Gestell. Es diente lediglich dazu, die von Hand in mühsamer Kleinarbeit zusammengetragenen Anteile des Gesamtbildes in Position zu halten. Caleb und Madiha erkannten Knochen. Winzige Knochen. Sie stammten jedoch unmöglich von einem Tier, denn weder ein Vogel, noch ein Frosch oder ein kleiner Nager erinnerten in ihrem Skelettaufbau so sehr an einen Menschen. Die Konstruktion besaß zwei Beine, Fußknochen, Arme und daran zahlreiche, splittergroße Fingerknochen. Der kleine Schädel hing leicht schräg in seinem Gestell, so dass er mit leeren Augen zu den beiden aufgesehen hätte, wenn der Künstler dieses Werks nicht kreativ gewesen wäre. In den Höhlen des Schädels waren Rubine eingefasst worden, so dass die künstlichen Augen ihnen in gleicher Farbe entgegenstarrten wie Corax es mit seinen echten Seelenspiegeln vermochte. Das kleine Skelett trug einen Kranz winziger Dornen wie eine Krone auf dem bleichen Haupt und auch hier hatte jemand Flügel am Rücken des ausgestellten Wesens angebracht. Schlang und lang, mehr einer halb durchsichtigen Schleier gleich, hingen die vier Flügelpaare bis zu den knöchernen Fußknöcheln herab und schimmerten in einer Mischung aus Blau und Grün, dass es erschreckende Ähnlichkeit mit Calebs Augenfarbe besaß.
"Was ... ist das?", fragte Caleb, der sich keinen Reim auf dieses Konstrukt machen konnte. Er hob zwar einen Mundwinkel aber rieb sich über den Nacken. Dann schaute er ein wenig unwohl zu Madiha herüber. "Es gibt keine echten Feen, oder? ich meine ... das ... ist keine tote Fee, oder? Aber für ein Kind ist es viel zu klein." Außerdem hatten sie auf ihrer Reise Bekanntschaft mit unheimlichen Stockmännchen gemacht, die Corax über Jahrzehnte hinweg gepeinigt und mental gefoltert hatten. Warum sollten auf Celcia dann nocht auch Feen existieren. Falls ja, hatte diese es aber schon lange hinter sich.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Samstag 30. Dezember 2023, 13:59

Madiha spürte, dass es doch etwas anderes war, ihre Magie nur kurz zu wirken oder sie, so wie jetzt, aufrechterhalten zu müssen. Zwar fühlte sie längst nicht mehr diese Angst vor ihrer Magie, aber es raubte ihr trotzdem die Kräfte. Das Licht in ihrer Hand begann zu flackern und sie spürte, dass ihr der Schweiß auf die Stirn trat. Die Gänge hier waren stickig und die Nervosität tat ihr übriges. "Wir sollten bald eine Geheimtür in einen Raum wählen" Madiha blickte kurz zu Caleb und nickte dann. Das wäre gut, denn sie konnte nicht klar sagen, wie lange sie das noch schaffen würde. Also folgten sie als erstes der schmalen Treppe in den ersten Stock und fanden sehr schnell eine Tür, die sich scheinbar lohnte, untersucht zu werden. Caleb ließ tatsächlich Vorsicht walten und sie war dankbar dafür. Er lauschte an dem Holz der Geheimtür. "Ich höre nichts", gab er Entwarnung und das Mädchen seufzte leise, als das flackernde Licht ihrer Kugel erlosch. Sie keuchte leise und wischte sich über die Stirn. Sie fühlte sich etwas ausgebrannt und hatte einen leichten Kopfschmerz, doch ansonsten obsiegte wieder die Nervosität der ganzen Aktion. Mit gespanntem Luftanhalten beobachtete sie, wie die Tür zur Seite aufglitt. Vorsichtig spähte Madiha in den Raum hinein und suchte als erstes nach Anzeichen für jemanden, der hier wäre. Das Bett war leer und auch irgendwelche Nebenräume konnte sie nicht entdecken. Vielleicht gab es noch mehr Geheimgänge, aber vorerst schien die Lage doch sicher zu sein. Madiha wirkte dennoch angespannt und ging etwas verkrampft durch den fremden Raum. "Wir sind zumindest richtig", bemerkte Caleb und sie nickte leicht. Ihr Blick lag auf dem Symbol mit der Fledermaus und ihre Finger strichen etwas gedankenverloren darüber. Immer wieder taucht dieses Symbol auf. Sie erinnerte sich kurz an den schrecklichen Tag des Angriffs in Sarma. Sie erinnerte sich gut daran, wie sie in den Gärten der Akademie gekauert hatte und erfuhr, dass die Banner und Flaggen auf die ‚Dunklen Völker‘ hindeuteten. Auch dort war eine Fledermaus zu erkennen gewesen. "Schläft hier der hauseigene Zauberer?" Sie blinzelte aus ihren Gedanken und wandte sich von der samtigen Bettwäsche mit dem Emblem ab. „Sieht so aus, nicht wahr?“, lächelte sie und ließ nun endlich ihren Blick schweifen.
Überall befanden sich Apparaturen, seltsame Flüssigkeiten und das stetige Blubbern fraß sich in ihren Kopf. Sie runzelte die Stirn und schlich zu dem Tisch mit dem ganzen, für sie völlig unbekannten, Kram. „Aber ich kann mich nicht erinnern, so etwas mal in Sarma oder hier gesehen zu haben. Magier wirken aus sich selbst heraus, nicht wahr? Wozu dann das alles?“, überlegte sie und klopfte vorsichtig mit dem Nagel gegen eines der Gläser. „Wonach riecht das hier eigentlich?“, fragte sie und rümpfte die Nase etwas. Plötzlich zuckte sie zurück. „Caleb!“, wollte sie seine Aufmerksamkeit erlangen. „Hatte Jivvin nicht über Gifte gesprochen? Wie war das noch…“, überlegte sie, „Das Haus Faelyn war für seine Gifte bekannt?“, sie musterte ihn und deutete auf die Flüssigkeiten. „Meinst du, das ist hier so etwas?“, fragte sie und wirkte etwas beunruhigt. Sie trat sogar einen Schritt von dem Tisch weg und wischte den Finger, mit dem sie gegen den Kolben geklopft hatte, an ihrer Kleidung ab. Mit Giften kannte sie sich nicht aus. Folglich wusste sie auch nichts über deren Wirkweisen. Nur, dass sie sie nicht ausprobieren wollte.

Ansonsten war das Zimmer wirklich ansprechend. So viel Prunk und Reichtum und das obwohl die Dunklen hier nicht mal zu Hause waren. Wie hatten sie all das nur bewerkstelligt? Madiha wandte sich noch mal um und ließ den Blick über die auffallenden Pferde-Bettfüße wandern. Das Bettzeug war so weich gewesen, dass ihre Fingerkuppen immer noch prickelten. Caleb dachte bereits etwas weiter und ließ den Riegel zur Zimmertür zuschnappen. Sie hatte eine Miene der Erkenntnis und nickte. „Daran habe ich gar nicht gedacht!“, räumte sie ein und lächelte. Es half ihr, sich ein wenig zu entspannen. Nun würden sie bei einer drohenden Entdeckung tatsächlich im Gang hinter den Wänden verschwinden können. "Madi!", rief Caleb und sie wandte den Kopf in seine Richtung. "Glaubst du, die sind wertvoll?" Madiha kam langsam auf ihn zu und betrachtete die Rahmen an den Wänden. Stirnrunzelnd hob sie unwissend die Schultern. „Kann ich dir nicht sagen…“, räumte sie ein, denn sie hatte ja wirklich noch nicht viel Luxus gesehen in ihrem Leben. Ihre Stirn runzelte sich. Khasib hatte sich teuer einen kleinen Raum eingerichtet.
Dort gab es alle möglichen Arten von Schmetterlingen. Madiha hatte sich anfangs mal darin verlaufen, hatte sonst aber keinen Zugang dazu. Sie wusste noch, wie lange sie einfach dort diese Wunder betrachtet hatte, bis man sie gefunden und ordentlich dafür gescholten hatte. Aber sie glaubte zu erkennen, dass jene Flügel anders aussahen und vor allem größer, als das, was man sonst bei Schmetterlingen finden konnte. „Seltsam…“, murmelte sie und Caleb machte gleich die nächste Entdeckung. "D-das ist aber kein Schmetterling!" Sie tauchte aus ihren Gedanken auf und kam erneut zu ihm, um ebenfalls das Gebilde zu betrachten. Ihre Lippen öffneten sich vor Erstaunen. Eine Gänsehaut befiel sie, als sie die kleinen Knochen und die Haltung des Wesens betrachtete. „Was… ist das?“, flüsterte sie zeitgleich mit Caleb’s Frage, so als könne sie es aufwecken. Irgendetwas störte sie an dem Anblick und sie rieb sich die Arme. "Es gibt keine echten Feen, oder? ich meine ... das ... ist keine tote Fee, oder? Aber für ein Kind ist es viel zu klein." „Feen?“, hob sie den Blick von der kleinen Figur und runzelte die Stirn. Sie hatte noch nicht von diesen gehört und wusste nichts damit anzufangen. Stirnrunzelnd dachte sie über das nach, was sie hier fanden und schaute sich die kleine, geflügelte Figur noch mal an. „Es sieht… nicht richtig aus.“, fand sie und wusste gar nicht so genau ihren Finger darauf zu legen. „Sie… darf man so etwas denn hinter Glas… ich meine… es sieht aus, wie wir, oder nicht? Nur in klein… Es scheint kein Kind zu sein, aber selbst… dann – man stellt so etwas doch nicht aus, was… ist das nur für ein Ort?“, fragte sie mit wachsendem Unbehagen. Ihr Blick schweifte noch mal durch den Raum. Plötzlich erinnerte sich Madiha an etwas: „Feen!“, rief sie leise und kehrte mit ihrer Aufmerksamkeit zurück. „Da war mal eine Geschichte von… von einer bei Abbas… wie hieß sie noch… oh, ich weiß es nicht mehr. Aber die hatte mal von Feen gesprochen. Geflügelte Zauberwesen, nicht wahr?“, fragte sie und sah erneut zu der Glaskuppel. „Caleb… und wenn es doch eine ist? Wieso sollte es sie nicht geben? Sie… die Stockmännchen gab es ja auch… oder?“, fragte sie und schüttelte sich. „Mir tut sie leid… Sie … gehört sie nicht beigesetzt?“, wollte sie wissen und hob den Blick in sein Gesicht. Dann aber suchte sie nach so etwas, wie Schubladen. Vielleicht fanden sie ja interessante Notizen diesbezüglich. „Hilf mir suchen, vielleicht gibt es Aufzeichnungen.“, bat sie ihn und schaute sich um.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Montag 1. Januar 2024, 01:38

Zu Madihas Erleichterung gab Caleb sich wirklich Mühe. Er dachte sogar mehr nach als sie, ehe er handelte. So lauschte er nicht nur vorab an der Geheimtür, sondern verriegelte später auch im Raum den Zugang von innen. Allerdings musste man ihm zugestehen, als Einbrecher deutlich mehr Erfahrung zu haben als sie. Dafür wusste er mit den seltsamen Apparaturen hier nicht viel anzufangen. Er sprach sie einem Magier zu. Das konnte Madiha nicht bestätigen. Sie hatte weder in der Akademie der Feuermagie zu Sarma jemals ein aufgebautes Set mit kleinem Brenner, Reagenzien und Glaskolben gesehen, noch hatte Kjetell'o eines mit sich geführt. Auch oben im Turmzimmer der andunischen Akademie fand sich nichts wie das hier. Wenn, dann musste es sich um eine arkane Richtung handeln, die Madiha nicht geläufig war. Sie hatte jedoch eine viel plausiblere Idee. Sie neigte sich näher an einen der Kolben heran, klopfte gegen das Glas und schnupperte, als einige Bläschen sich aus der dunklen Flüssigkeit lösten. Der Geruch von faulen Eiern und Zimt stieg ihr in einer bizarren Mischung entgegen.
"Caleb! Hatte Jivvin nicht über Gifte gesprochen? Wie war das noch... Das Haus Faelyn war für seine Gifte bekannt?"
Caleb wandte sich von der Tür ab. Er ließ seinen Blick über einige hölzerne Kästen an den Wänden schweifen. Dann schüttelte er den Kopf. "Ich glaube, sie hat nicht vom Haus Faelyn im Allgemeinen gesprochen, sondern direkt von Emmyth. Erinnerst du dich? Er sollte vom Erforschen des Feenhaften weg, etwas Sinnvolles anstellen und ... widmet sich nun dem Tränkebrauen." Der Dieb ließ den Blick nun durch das ganze Zimmer schweifen. "Ob es ihm gehört?", fragte er Madiha und zugleich auch sich selbst nachdenklich. Es passte zusammen, vor allem, nachdem sie wenig später das unheimliche Skelett unter der Glasglocke entdeckten. Es war nicht länger als Madihas Unterarm, etwa 30cm. Das Wappen des Hauses Faelyn zeigte eine Gestalt ihrer Größe mit Flügeln, wie sie sich in den Schaukästen an der Wand fanden. Wer auch immer diesen Raum bewohnte, faszinierte sich wahrlich für Feenhaftes und schien sich auch dem Tränkebrauen zu widmen. Es kam nahe, dass es Emmyths Zimmer sein könnte, aber warum stellte er das Skelett einer mutmaßlichen Fee hier aus?
Madiha war das Geschöpf unheimlich, auch wenn es nur die Überreste sein mochten. Eine Gänsehaut wanderte ihre Unterarme und den Rücken entlang, hinterließ vor allem bei letzteren heiße und kalte Schauer. Caleb hakte nach, ob es sich wirklich um eine Fee handeln könnte, aber Madiha konnte dazu nicht viel sagen. Sie kannte ein paar Geschichten. Vor allem eine, die sie bei Abbas häufiger zu hören bekommen hatte, kam ihr in den Sinn.
"Geflügelte Zauberwesen, nicht wahr?"
Caleb nickte unter einem Seufzen. Er wischte sich das Haar nach hinten und behielt die Hand im Nacken. "Naja, Emmyth sagte ja, sein Haus rühmt sich mit der Feenforschung, also ... ist das hier ... eine ... echte? Eine tote Fee?" Auch er schauderte. Feen waren magisch, wie Madiha sagte. Zauberwesen. "Mama hat mir Geschichten von Feen erzählt. Sie leben in den Wäldern, jenseits der Stillen Ebene. Ich solle nach Ringen aus Pilzen oder Blumen Ausschau halten, denn jene wären Zauberwege in ihr Reich." Er schmunzelte. "Als Kind wollte ich unbedingt mal dorthin, denn es klang zauberhaft und abenteuerlich. Ich wollte das System austricksen, habe Mama gepflückte Waldpilze aus der Küche gestohlen und sie zu einem Kreis in der Werft ausgelegt. Der alte Tripwick ist darauf ausgerutscht. Ich bekam die Prügel meines Lebens!" Caleb lachte, aber seine Augen flackerten kurz. Es war nicht der Schmerz, an den er sich ob der Geschichte erinnerte. Es war sein Vater. Der Mann würde ihn für eine solche Dummheit nie wieder rügen können. Für einen Moment blieb Caleb still und schaute erneut zu den Kästen an der Wand. Dann sagte er: "Ich hab auch Blumenkränze geflochten und sie überall ausgelegt. Ich bin hineingesprungen, habe selbst erdachte Reime wie Zauberformeln aufgesagt. Da nichts geschehen ist, wurde Mama oft mit Blumenkränzen beschenkt ... und ich verlor diesen Traum von der Existenz von Feen. Aber wenn ein ganzes Dunkelelfenhaus seinen alten Namen aufgab, um sich der Forschung zu widmen ... und ja, diese Stockwesen ... nun, das waren keine Feen, oder?" Er wusste es nicht und Corax hatte niemand danach gefragt. Madiha wusste nur so viel, dass er die vernichteten Stockmänner als seine Eltern ansah, weil er keine anderen besaß. Noch nicht. Mit Glück würde er hier zumindest einen Bruder und einen Vater finden können. Doch vorher musste die Sarmaerin Nachforschungen anstellen.
Das Skelett einer Fee bereitete ihr Unbehagen. Sie musste wissen, was es damit auf sich hatte und inwiefern Emmyth damit hantierte. Sie musste wissen, ob Zauberwesen hier ein Leid geschähe, denn auch in Corax wohnten Kräfte, die sich kaum beschreiben ließen. Seine Magie war so anders als das Feuer, das in Madiha schlummerte. "Hilf mir suchen, vielleicht gibt es Aufzeichnungen", forderte sie Caleb auf. Sogleich machten sich beide daran, das Zimmer mehr oder weniger auf den Kopf zu stellen. Sie durchwühlten die Habseligkeiten in Schränken und Schubladen mit Sorgfalt. Caleb merkte schnell an, dass sie es so wenig berührt wie möglich aussehen lassen sollten, um keinen Verdacht auf einen Einbruch zu erwecken. Alles, was er hervorkramte, legte er auch wieder dorthin zurück, wo er es fand. Einzig bei einem Beutelchen machte er nicht Halt. Nach einem Blick hinein, keuchte er euphorisch auf und hielt es hoch. "Da ist Glitzerstaub drin! So wie er funkelt, muss das Diamantstaub sein ... vielleicht auch Silberstaub. Beides ist wertvoll." Caleb band sich den Beutel an den Gürtel. Anschließend wischte er zwei Finger an seiner Hose ab, mit denen er den Staub kurz berührt hatte. Eine glitzernde Spur blieb am Stoff seiner Beinkleidung haften.
Madiha war es, die zuerst einige Aufzeichungen fand. Sie steckten als lose Zettelsammlung zwischen zwei ledernen Buchklappen, die durch ein rotes Band zusammengehalten wurden. Vieles davon konnte sie nicht lesen, denn ihr war Lerium als Schrift nicht geläufig. Aber ein paar Aufzeichnungen waren auch auf Celcianisch verfasst, vor allem dann, wenn sie als Ergänzungen zu Textabschnitten galten, die in einer anderen Schrift verfasst worden waren.

"... konnte ich herausfinden, dass es sich wirklich um Waldgeister handeln muss. Deshalb gibt es in Morgeria und Umgebung keine mehr. Es existieren keine Wälder in der Toten Ebene und die Feenhaften scheinen einen Verbund mit Bäumen einzugehen. Die beiden Exemplare, die ich bis dato habe fangen und studieren können, starben mir schnell unter der Hand weg. Die erste - ich war damals blutjunge 58 Jahre alt - verkümmerte binnen weniger Tage. Leider habe ich meine Aufzeichnungen hierzu verloren und es dauerte noch einmal 28 Jahre, bis ich erneut eines der Geisterwesen anlocken konnte."

"Knapp einen Monat konnte ich es am Leben erhalten. Wasser und Anteile meiner Mahlzeit verweigerte es zuerst, der Hunger trieb es jedoch hinein. Trotzdem blieb es schwach, bettelte mehr um frischen Tau und Pflanzen als um feste Nahrung. Ich gewährte ihr einen Strauß Blumen, doch als jener zu welken begann, wurde auch das Feenwesen schwächer. Als ich den Strauß austauschen wollte, entkam es, flatterte mit letzter Kraft aus der Tür, aber die morgerianischen Kerker unterhalb unseres Hauses sind lang, elend und ohne Sonnenlicht oder Pflanzen. Ich sah sie auf ihrer Flucht stürzen, doch ehe ich sie erreichen konnte, hatte sich ihr kleiner Körper im Tode schon aufgelöst..."

"... endlich wieder ein Erfolg gelungen! ich musste 99 Jahre alt werden, aber ich konnte erneut eine Feenhafte einfangen. Honig ist ein ideales Lockmittel. Dieses Mal habe ich ihren Käfig sofort mit Pflanzen ausgestattet. Sie erhält Honig, Obst und Morgentau. Wieder misst sie nur knapp 30 cm Körpergröße, kann also keine Oberin sein, aber sie zeigt sich neugierig. Ich versuche es dieses Mal mit Kommunikation."

"... Morrigan heißt sie und sie ist tot. Ich bedaure es tief. Sie war mir so zugänglich, aber ohne ihre Flügel schienen auch ihre Kräfte zu schwinden. Warum ihr Körper sich nicht gänzlich aufgelöst hat, ist mir nach wie vor ein Rätsel. Vielleicht lag es an den Mächten, die ich ihr geboten habe und die ihr schönes Schmetterlingsbunt in Schwärze hüllte, ebenso wie ihr Haar. Oh, wie schön sie war! Ich hätte sie so gern noch länger studiert und sie wollte mir so viel noch erzählen. Nächstes Mal muss ich noch behutsamer umgehen."
Schriftrolle Fuss
Die Aufzeichnungen zogen sich weiter, aber die Berichte über die verschiedenen Feen in der Gefangenschaft des Verfassers endeten hier. Offenbar war ihm seither kein Erfolg mehr geglückt und das kleine Skelett unter der Glasglocke mussten Morrigans Überreste sein. Mehr noch als zuvor empfand Madiha nun den Eindruck, dass es falsch war, diese Überreste auszustellen. Sie gehörten bestattet. Andererseits konnte sie nun vielleicht auch Verständnis für den Forscher aufbringen. Soviel sie verstanden hatte, blieben keine Spuren von verstorbenen Feen zurück. Das machte diese Gebeine mehr als wertvoll.
Caleb streckte den Rücken durch. "Die meisten Schriften sind in irgendeiner fremden Sprache verfasst. Ich kann nichts davon lesen. Sollen wir weiter? Ich glaube, der Diamantstaub gäbe ein gutes Sümmchen ab und niemand wird ihn vermissen." Er grinste schief, als spräche er von einem Paar Socken unter vielen. "Entweder schauen wir uns noch für Corax weiter um oder verschwinden von hier. Um ehrlich zu sein: von diesen gruseligen Feen-Assoziationen hab ich genug gesehen. Das sind düstere Märchen ... und ich hoffe wirklich, du hast keine Giftflasche berührt. Wie schaut's aus, Madi? Fühlst du dich schon vergiftet?"
Wenigstens hier konnte sie Entwarnung geben. Es ging ihr nicht körperlich schlechter. Das wäre auch reichlich fatal, wenn Emmyth oder wer auch immer hier braute, ein Gift herstellte, dessen Wirkung auch durch die Glasflasche ging, in der es hergestellt würde. Madiha mochte den Kolben berührt haben, nicht aber dessen Inhalt. Und die Flüssigkeit hatte zwar nach faulen Eiern und Zimt gestunken, doch bis auf das konnte sie keine Nachwirkungen feststellen. Auf Zimt würde sie vielleicht die nächste Zeit verzichten.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Mittwoch 3. Januar 2024, 07:40

Es war wirklich gut zu sehen, dass Caleb sich nicht auf jedes erstbeste Relikt stürzte, das etwas wert sein könnte. Ihm ging es eben auch, um die Informationen, die sie sammeln wollten. Dass sie gleich im ersten Raum etwas fanden, war beachtlich, denn sie mussten schließlich im Zimmer von Emmyth Faelyn höchstpersönlich sein. Alles wirkte wahnsinnig pompös und das trotz der Tatsache, dass die Familie nicht in ihrer Stadt war. Madiha konnte zwar nicht erkennen, wie viel etwas wert wäre, aber dass es Wert besaß, war naheliegend. Doch für sie und Caleb zählte nicht, dass die feine Bettwäsche hochwertig war, sondern das Drumherum. Sie entdeckten Apparaturen, Reagenzien und schließlich seltsame Wandbehänge, die nicht wirklich Schmetterlinge oder andere Tiere zeigten. Insekten war kleiner als das, was sich hier darstellte. Auch dieses geflügelte Wesen unter der Glaskuppel war sonderbar. Die junge Sarmaerin hatte so etwas in ihrem Leben bisher nicht gesehen. Aber für sie war das auch gar kein Maßstab, sodass sie auf Calebs Einschätzung wartete. Immerhin war er deutlich mehr herumgekommen und hatte so viel mehr als sie gesehen, dass Madiha einfach seinem Urteil vertrauen musste. Aber auch er schien sich nicht ganz sicher zu sein. "Ich glaube, sie hat nicht vom Haus Faelyn im Allgemeinen gesprochen, sondern direkt von Emmyth. Erinnerst du dich? Er sollte vom Erforschen des Feenhaften weg, etwas Sinnvolles anstellen und ... widmet sich nun dem Tränkebrauen. Ob es ihm gehört?“ Madiha ließ ihren Blick wieder über die Funde wandern. Auch sie überlegte, ob das hier noch ein Zufall sein konnte. „Ich schätze, es gehört ihm…“, überlegte sie laut und war sich recht sicher. Wenn es so war, wollte Madiha mehr wissen. Sie wollte sich umsehen und Aufzeichnungen suchen, die ihnen etwas Licht ins Dunkel brachten. "Naja, Emmyth sagte ja, sein Haus rühmt sich mit der Feenforschung, also ... ist das hier ... eine ... echte? Eine tote Fee?" Sie schauderte. „Wenn es so ist, dann sollte sie bei ihresgleichen sein und …. Nicht hier unter einer Glaskuppel angeglotzt werden.“, meinte sie recht fest und presste kurz die Lippen aufeinander. "Mama hat mir Geschichten von Feen erzählt. Sie leben in den Wäldern, jenseits der Stillen Ebene. Ich solle nach Ringen aus Pilzen oder Blumen Ausschau halten, denn jene wären Zauberwege in ihr Reich. Als Kind wollte ich unbedingt mal dorthin, denn es klang zauberhaft und abenteuerlich. Ich wollte das System austricksen, habe Mama gepflückte Waldpilze aus der Küche gestohlen und sie zu einem Kreis in der Werft ausgelegt. Der alte Tripwick ist darauf ausgerutscht. Ich bekam die Prügel meines Lebens!", Madiha hielt inne und lauschte seinen Erzählungen.

Sie liebte es, von seiner Kindheit zu erfahren und erwiderte sein Lächeln, ob seiner Erinnerungen. Es war für die Sarmaerin immer wieder faszinierend, Teil davon zu werden. Und jedes Mal, wenn er eine Erinnerung mit ihr teilte, fühlte sie sich sehr geliebt. Sein Blick flackerte dennoch kurz und sie ahnte, was ihn erinnern mochte. Also trat sie auf ihn zu und legte eine Hand auf seinen Arm, um dort für einen Moment Wärme und Trost zu spenden. "Ich hab auch Blumenkränze geflochten und sie überall ausgelegt. Ich bin hineingesprungen, habe selbst erdachte Reime wie Zauberformeln aufgesagt. Da nichts geschehen ist, wurde Mama oft mit Blumenkränzen beschenkt ... und ich verlor diesen Traum von der Existenz von Feen. Aber wenn ein ganzes Dunkelelfenhaus seinen alten Namen aufgab, um sich der Forschung zu widmen ... und ja, diese Stockwesen ... nun, das waren keine Feen, oder?" „Meinst du, sie haben eventuell etwas dergleichen erlebt? Also selbst erfahren, dass sie zu diesem festen Glauben brachte?“, überlegte sie abermals laut und sah sich einmal mehr um. Dann kann ihr der Gedanke, sich nach Aufzeichnungen umsehen zu wollen. Madiha und Caleb begannen, vorsichtig in den Schubladen und Schränkchen zu wühlen. Sie versuchte seine Warnung ernst zu nehmen, nicht zu viel durcheinander zu bringen und verringerte darüber ein wenig das Tempo der Suche. "Da ist Glitzerstaub drin! So wie er funkelt, muss das Diamantstaub sein ... vielleicht auch Silberstaub. Beides ist wertvoll." Sie horchte auf, sah über die Schulter zu ihm herüber und musterte das kleine Säckchen in der Hand. Seine Finger glitzerten auf eigenartige Weise. „Diamantstaub?“, wiederholte sie und zweifelte ein wenig daran. Khasib hatte mit Edelsteinen aller Art zu tun gehabt. Aber noch nie hatte Madiha gehört, dass er sich, wenn nur mit Staub zufriedengegeben hatte. „Wieso nur den Staub, wenn man die Steine haben könnte?“, überlegte sie, da wischte Caleb bereits seine Finger ab und sie betrachtete nachdenklich den Fleck an seiner Hose. Vielleicht war Diamant – oder Silberstaub wichtig für die Forschung an Feen oder Herstellung von Giften? Woher sollte sie das wissen, aber so ganz erschloss sich ihr der Fund nicht.
Sie überließ Caleb dieses Säckchen, denn im Grunde wusste sie nicht, ob man es wirklich so vermissen würde, als dass man gleich einen Diebstahl vermutete. Madiha aber kramte weiter und schließlich fand sie einige Aufzeichnungen. Im Grunde konnte sie damit nichts anfangen, denn es war alles auf einer ihr unbekannten Sprache verfasst. Das konnte sie trotz ihrer kargen Lesekenntnisse herausfiltern. Dann aber gab es Worte, die in einer ihr bekannten Sprache geschrieben wurden und sie versuchte den wirklich langen Text zu verstehen. Caleb half ihr ein wenig, indem er leise die Worte murmelte, während er las und sie so den Inhalt auf eine schnellere und deutlich leichtere Art erfuhr, als sich nun jeden Satz zu erschließen. Verblüfft schaute sie auf und blickte dann wieder auf die Aufzeichnungen. „Morrigan“, murmelte sie und schaute zu der Fee unter der Glaskuppel. Madiha kehrte zurück und berührte kurz die Kuppel. „Wenn wir sie mitnehmen, dann verraten wir uns…“, murmelte sie gedankenverloren und wirkte nicht glücklich dabei. Es war eine schwere Entscheidung. Sie wollte die Fee nicht dort liegen lassen und gewiss nicht, seit sie einen Namen für sie hatte.

"Die meisten Schriften sind in irgendeiner fremden Sprache verfasst. Ich kann nichts davon lesen. Sollen wir weiter? Ich glaube, der Diamantstaub gäbe ein gutes Sümmchen ab und niemand wird ihn vermissen. Entweder schauen wir uns noch für Corax weiter um oder verschwinden von hier. Um ehrlich zu sein: von diesen gruseligen Feen-Assoziationen hab ich genug gesehen. Das sind düstere Märchen ... und ich hoffe wirklich, du hast keine Giftflasche berührt. Wie schaut's aus, Madi? Fühlst du dich schon vergiftet?" Noch in Gedanken, hob Madiha träge den Blick. „Hm?“, dann fiel ihr Blick auf die Kolben und Flaschen. „Oh, nein, alles in Ordnung. Ich fühle mich gut.“, bestätigte sie ihm und lächelte kurz. Madiha legte die Aufzeichnungen an Ort und Stelle zurück, achtete darauf, dass sie so wieder lagen, wie sie sie gefunden hatte und schob die Schublade leise zu. Dann ging sie zu den Lampen, die Caleb entzündet hatte und löschte deren Licht. „Lass uns gehen, aber noch nicht sofort.“ Sie kehrte zu Caleb zurück, öffnete den Riegel der Schlafzimmertür und ging dann zurück zum Boteneingang. Sie griff Caleb’s Hand, um ihn mit sich zu ziehen. „Ich will noch in den Keller gucken, bevor wir gehen! Im Keller haben alle ihre Leichen!“, sagte sie entschlossen und mit einem Funkeln im Blick. Madiha mochte die meiste Zeit ihres Lebens Sklavin gewesen sein, aber sie kannte sich auch mit ‚hohen Häusern‘ aus. Sie wusste, dass jene nicht offen zur Schau stellten, wenn sie Dreck am Stecken hatten. Und in einem Keller empfing man selten Gäste, sodass er sich hervorragend eignete, um dort alles zu verstauen und zu verstecken, von dem man nicht wollte, dass es irgendjemand zufällig sah. „Vielleicht steht da alter Krempel herum, der die Zinsen tilgt, von denen Harm sprach. Oder aber wir finden etwas weitaus interessanteres!“, meinte sie und betätigte den Mechanismus, nachdem sie prüfend ein Ohr darangelegt hatte. „Wollen wir?“, fragte sie mit einem Blick über die Schulter.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Freitag 5. Januar 2024, 14:48

Für Madiha bestand kein Zweifel mehr, dass sie sich in Emmyths Schlafgemacht befinden musste. Sie brauchte nur die durch ihn erhaltenen Informationen mit den vorherrschenden Fakten verbinden. Es passte zusammen. Sein Haus war bekannt geworden durch die Erfoschung celcianischer Feenwesen. Er selbst schien diese Forschungen betrieben zu haben und auf Wunsch der Eltern nun jedoch mit dem Tränkebrauen zu beschäftigen. Beide Aspekte vereinten sich in diesem Zimmer. Nicht zuletzt aber waren es die entdeckten Aufzeichnungen, die Madiha zu dem Schluss kommen ließen. Caleb musste die Unterlagen vorlesen, ansonsten hätten sie zu viel Zeit damit verschwendet, dass die Sarmaerin ihre mäßigen Fähigkeiten zum Entziffern des Textes angewandt hätte. Aber selbst ihr Dieb stockte gelegentlich, weil er den Inhalt der Aufzeichnungen nicht ganz greifen konnte. Als der Name einer verstorbenen Fee fiel, wandte er den Kopf herum und starrte erneut zu dem kleinen Skelett unterhalb der Glasglocke.
Zusammen mit Madiha sprach er gleichzeitig den Namen des verlorenen Geschöpfes aus: Morrigan. Ob es ihre Überreste waren? Emmyth oder wer auch immer Verfasser der Notizen war, hatte angemerkt, dass vorher gefangene Feen sich im Tode aufgelöst hatten. Diese eine jedoch nicht. Morrigan nicht. Das musste ihr Skelett sein und Emmyth stellte es aus!
"Wenn wir sie mitnehmen, dann verraten wir uns..." Madihas Hand ruhte am Glas, unter dem die knöcherne Gestalt auf ihrem Gestell hing. Sie erinnerte an eine dieser Künstlerpuppen, nur dass sie nicht aus Holzteilen und Draht bestand, so dass man sie nach Herzenswünschen verbiegen konnte. Hierhei handelte es sich um Gebeine, echte Knochen!
"Ich glaube nicht so Recht, dass Emmyth sie hier austellt, um sich zu profilieren. Seine Notizen lassen erahnen, dass er sie durchaus zu schützen wusste." Caleb kratzte sich am Kinn. Dann sah er auf. "Wir hätten Corax fragen sollen, wie Dunkelelfen mit ihren Verstorbenen umgehen. Vielleicht ist es bei ihnen Tradition. Wir in Andunie begraben die Toten und stellen Gedenksteine auf. Vielleicht ... stellen sich Dunkelelfen die Knochen ... ihrer ... Vorfahren..." Er verstummte und schüttelte sich stattdessen. Caleb wollte sich nicht ausmalen, wie in den vielen morgerianischen Haushalten überall Gebeine ausgestellt wären. Das konnte unmöglich stimmen, aber dennoch schauderte er ein zweites Mal. Dunkelelfen war es zuzutrauen!
"Aber du hast Recht, wir können sie nicht mitnehmen. Das würde zu stark auffallen." Ein Beutelchen Diamantstaub hingegen nicht. Den nahm Caleb mit, entschied aber zusammen mit Madiha, dass es Zeit wurde, zu gehen. Entweder sahen sie sich weiterhin noch im Anwesen um oder verschwanden ganz. Madiha hatte noch nicht genug entdeckt. Gerade Morrigans Überreste ließen in ihr den Wunsch heranreifen, noch mehr über die Faelyns zu erfahren. Schließlich wollte sie Corax in gute, familiäre Hände geben. Er hatte es verdient.
"Wohin also als nächstes?", fragte Caleb, während er leise wieder den Riegel löste. Sie mussten möglichst alles so hinterlassen wie sie es vorgefunden hatten. Madiha räumte derweil die Unterlagen zurück und schloss sämtliche Schubfächer. "Ich will noch in den Keller gucken, bevor wir gehen!"
"Ausgerechnet im Keller? Was erwartest du denn dort zu finden?"
"Im Keller haben alle ihre Leichen!"
Caleb schluckte. Er ließ sich von Madiha mitziehen und beide krochen zurück in den engen Dienstbodengang. Als die Wand an ihren ursprünglichen Platz rückte und es erneut dunkel wurde, spürte die Sarmaerin Calebs Hand, die sich auf ihre Schulter legte. Es war ein stilles Signal, erneut für Licht zu sorgen. Zwar gelang es ihr auch jetzt wieder, doch sie bemerkte, dass das lange Aufrechterhalten von zuvor bereits an ihren Kräften gezehrt hatte. Ein guter Magier zu sein, hieß nicht nur, dass man ganze Meteoriten vom Himmel holen oder Ventha gleich Flutwellen durch Straßen jagen konnte. Es schien auch mit der Fähigkeit zusammenzuhängen, seine eigenen Kräfte effizient einzuteilen, so dass man nicht bereits nach wenigen Zaubern vollkommen ausgelaugt wäre. So schlimm stand es um Madiha zum Glück noch nicht. Wie Kjetell'o angedeutet hatte, war sie ein Naturtalent mit großem Potenzial. Doch auch das musste geschult werden, sonst würde das Talent unter jenen untergehen, die sich auf die gleiche Stufe hochgearbeitet hatten. Man musste früher oder später eben alles fördern. Es wurde Zeit, dass Madiha sich bald mit dem Elfen traf und auf sein Angebot einging. Caleb unterstützte sie in dieser Entscheidung und es stand wahrlich nur noch Kjetell'os zu erfüllende Bedingung zwischen ihr und einem Unterricht in etwas, in dem sie befähigt war. Gewiss würde der Elf ihr Techniken beibringen, so dass auch ein lang anhaltendes Flämmchen für sie zum Kinderspiel würde. Gern hätte Madiha nun wohl direkt mehr gelernt, aber das konnte sie auch ohne ihre Magie. Vor allem über jemanden wollte sie mehr lernen. Wie hatten die Faelyns dieses andunischen Anwesen für sich beansprucht? Sie glaubte, die meisten Leichen im Keller vorzufinden, also machten Caleb und sie sich rasch wieder auf den Weg die schmale Wendeltreppe hinab. Anschließend hatten sie ein paar Schwierigkeiten in den Korridoren. Irgendwann fand sich jedoch eine weitere Treppe und der Gang darunter war nicht mehr aus Holz, sondern direkt aus Stein. Die Luft wirkte kühler. Außerdem roch es stark nach Erde. Jetzt mussten die beiden Einbrecher nur noch einen weiteren Mechanismus entdecken, der ihnen eine Tür öffnete.

Die Wege des Dienstbotenganges in den Kellern waren nicht so überschaubar wie oberirdisch. Das mochte vor allem daran liegen, dass die Dienstboten und Mägde hier mehr Räume anzusteuern hatten. Madiha und Caleb sahen sich in dieversen kleinen Steinkammern um. Einige enthielten Vorräte, andere Lagerbehältnisse für zahlreiche Materialien, die ein Diener eben zum Reinigen des Hauses oder Erneuern der Kleidung seiner Herrschaften benötigte. In einem der kleinsten Räume entdeckten beide lediglich einen Metallofen, der fast den gesamten Platz einnahm, sowie ein Regal mit Holzscheiten und Säcken voller Kohle. Hier gab es auch eine Rampe, die wohl an die Oberfläche führte. Sie empor zu kriechen, würde einiges an Kraft kosten, aber es könnte ein Fluchtweg sein, falls etwas schief ging.
Caleb schmunzelte und zeigte auf den Ofen. "Wir Andunier rühmen uns mit dieser hohen Technologie, dabei stammen die Baupläne von gnomischen Konstrukteuren, mit denen wir Handel betrieben. Dieser Ofen hier wird richtig heiß und leitet auf diese Weise Wasser durch Metallrohre ins Haus. Sie führen im Inneren der Wände entlang, bis hinauf in die Badezimmer. Das hast du auch schon bei mir Zuhause erlebt. Ein heißes Bad ohne Wasserschleppen und anfeuern. Es ist wahrer Luxus!" Davon schwärmte selbst ein Freigeist wie Caleb, der sonst im Grunde sehr genügsam lebte. Aber jeder mochte ein heißes Bad, vor allem nach einem langen Tag. Madiha würde sich bestimmt auch noch einmal in die Wanne legen, wenn sie wieder im Haus der van Tjenns wäre. Sie durfte es. Sie war mit Caleb zusammen. Es war setlsam, ausgerechnet jetzt diese Gedanken aufkommen zu lassen und doch auch schön. Lange konnte sie aber nicht in diesen Träumen schwelgen. Sie mussten weiter. Noch hatten beide nichts Interessantes in den Kellern entdeckt. Als es fast schon so aussah, dass man lieber andere Räume durchsuchen sollte, fand sich ein weiterer Hebelmechanismus, um den Weg in ein Gewölbe freizumachen. Caleb betätigte ihn gerade rechtzeitig, denn Madiha ging nun wirklich die Kraft aus. Ihre Finger fühlten sich seltsam taub an, dass es unter der Haut kribbelte und die Flamme darüber flackerte nicht zum ersten Mal. Sie brauchte dringend eine Pause. Glücklicherweise brannte hinter der Geheimtür eine Laterne unter der Decke des Gewölbes. Caleb betrat es zuerst, schlicht jedoch geduckt hinein. Trotzdem blieb alles ruhig, von einem gelegentlichen Tropfen einmal abgesehen. Er griff sofort nach einer Fackel in einer Wandhalterung und entzündete sie an Madihas Flamme, ehe diese endgültig verlosch. Dann schaute der Dieb sich um.
Der Kellerraum war deutlich größer als die anderen. Das musste er auch sein, denn hier fand sich so einiges. Falls Madiha auf einen Kerker gehofft hatte, wurde sie enttäuscht. Oder sprach es für Andunie, dass es unter adligen Anwesen keine Gefängnisse gab? Die Stadt war für ihren Handel bekannt ... und den Apfelwein. Ja, jener musste hier gelagert sein. Mannshohe Fässer reihten sich wie schlafende Bestien an einer Wand auf. Darunter standen teilweise Eimer. In Regalen an der Seite fanden sich unzählige Flaschen und wiederrum kleinere Fässchen. Es roch nach Alkohol, mit einer hölzernen, zugleich aber auch süßlichen Note. Massive Holzbalken verstärkten die Kellerdecke, damit alles einsturzsicher blieb.
"Nur ein Weinkeller." Caleb seufzte aus. Er hatte sich wohl mehr erhofft. Dann trat er zu den Regalen herüber. "Vielleicht sollte ich nach einem guten Tropfen Ausschau halten. Der ist mindestens so viel wert wie der Beutel Diamantstaub, aber lässt sich von Harm sicher leichter unter die Leute bringen. Davon hat er mehr." Caleb wanderte im Fackelschein die Regalreihen ab, las Etiketten und holte hier und da mal eine Flasche heraus. Madiha konnte sich indessen selbst umsehen. Sie fand, was der Dieb sich erhofft hatte: In einer Ecke, verborgen bislang durch mehrere gestapelte Fässer, hatte sich jemand Platz für eigene Interessen geschaffen. Auch hier hing das Aroma von Alkohol in der Luft, aber es mischten sich dieses Mal andere Anteile darunter. Es duftete nach Kräutern, stank unterschwellig wieder nahc faulen Eiern und spätestens als Madiha erneut eine aufgebaute Konstruktion aus Flaschen, Reagenzien und Kolben entdeckte, wusste sie, dass es wieder etwas mit der Tränkebrauerei zu tun haben musste. Emmyth hatte sich hier eine größere Ecke für sein Hobby angelegt. Es herrschte mehr Platz, daher gab es auch mehr Arbeitsflächen. Sie nahmen in u-förmiger Konstellation alle drei Seiten der Nische in Beschlag. In der Mitte stand ein Tisch, von allen Seiten begehbar. Darauf fanden sich seltsame Drahtgestellte und hier hätte Caleb sein Stück Kerker entdecken können. Fessel, jedoch zu winzig, um einen Menschen auch nur ansatzweise halten zu können, lagen auf dem Tisch verteilt. Sie wirkten fast niedlich, als wollte man ein kleines Tier damit anketten.
Unter dem Tisch fanden sich zahlreiche Käfige. Einige waren aus Holz, andere aus Metall und Madiha entdeckte auch hier wieder gläserne Glocken. Glücklicherweise beinhalteten sämtliche Käfige nur Leere. Skelette waren in der Nische nicht zu entdecken, ebenso wenig Vitrinen mit Schmetterlings- und Libellenflügeln. Die schönsten Dinge behielt Emmyth in seinem Schlafzimmer, aber dass hier unten die wahren Experimente stattfanden, ließ sich nun nicht mehr abstreiten.
Plötzlich wurden sowohl Madiha als auch Caleb abgelenkt. Ein Geräusch von Stein, der über Stein schabte, erregte ihrer beider Aufmerksamkeit. Caleb wirbelte herum. "Die Tür hat einen Zeitmechanismus?!", entkam es ihm, dass er sogar unbewusst ins Celcianische wechselte. Doch er behielt Recht. Die Tür zum Weinkeller musste über eines Besonderheit verfügen, die sie nach einer Weile automatisch wieder schließen ließ. Vielleicht, um die Zugluft auf einem geringeren Maß zu halten, damit die Reifung des Weines unter keinen Umständen gefährdet wurde. Wer wusste das schon? Madiha und Caleb nicht, sie waren keine Winzer. Was sie nun allerdings waren, konnte man durchaus als aufgeschmissen bezeichnen. Die Tür glitt zurück in ihre Fugen, ehe Caleb sie erreichen konnte. Er wedelte mit der Fackel davor herum. "Ich kann keinen Knopf sehen", meinte er alarmiert. Und als wäre das nicht genug, konnte er dafür etwas hören. Nicht nur er, auch Madiha vernahm plötzlich die schweren Schritte. Sie kamen von der einzigen, offiziellen Tür zum Weinkeller und sie näherten sich. Dann wurden Stimmen laut.
"... könnte doch tatsächlich hier unten sein und seinen Forschungen nachgehen."
"Pah, du willst dich nur drücken, in den Regen hinaus zu müssen. Sollen wir als nächstes auch auf dem Abort nachsehen?"
"Lieber riech ich kurz, wer da zuletzt drauf war, als stundenlang dem Wetter ausgesetzt zu sein, nur weil der Bengel wieder stiften ging."

Dunkelelfen. Selbst wenn Madiha und Caleb ihre Sprache nach wie vor nicht beherrschten, so erkannten sie inzwischen doch spielend diesen düsteren Unterton. Das mussten Wachen sein. Ihre schweren Schritte suggerierten Plattenrüstungen. Sie kamen hierher. Jetzt musste schnell etwas geschehen! Caleb wirbelt herum, suchte eilig die Wand ab, aber fand keinen Schalter. Das hatte keinen Sinn. Er klemmte die Fackel in eine Halterung und eilte zu Madiha. "Verstecken", keifte er ihr zu. Aber wo, ohne auf die Schnelle entdeckt zu werden?
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 8. Januar 2024, 19:10

Die Fee schürte Madiha’s Mitleid. Zu erkennen, dass dies ein ganz besonderes Geschöpf war und jenes unter einer Glaskuppel seine Ruhestätte fand, war für die Sarmaerin befremdlich. Das Mädchen haderte ohnehin damit, wenn jemand nicht wertgeschätzt wurde. Ob sie Emmyth hier nun etwas unterstellte oder nicht, sei mal dahingestellt. Die Fee – so einzigartig sie eben war – gehörte gewiss nicht unter Glas. Madiha kannte sich mit jenen Geschöpfen nicht aus, aber sie meinte sich zu erinnern, dass sie eher im Wald und der Natur verankert waren. Was also machte Morrigan dann hier in diesem Haus aus Stein in einer Stadt, die seit Wochen besetzt war? Die Aufzeichnungen sprachen Emmyth sogar eine gewisse Zuneigung zu und das eine Mal im Hause van Tjenn hatte sie nicht den Eindruck gehabt, dass er sonderlich kaltherzig wäre. Aber was wusste sie schon? Madiha konnte noch nicht sicher sagen, was nur ihrer Naivität entsprang und was einer angeborenen Gabe der Empathie. Sie fühlte viel mehr, als dass sie wusste und das könnte noch mal zum Verhängnis werden. So seufzte sie nur, als Caleb ihr Recht gab und sie Morrigan nicht mitnehmen konnten. Trotzdem fiel es der einstigen Sklavin nicht leicht diese Entscheidung zu treffen. Aber es ging auch um ihre Sicherheit – um die Sicherheit von Corax. Nachdem sie alles so hergerichtet hatten, wie es vor ihrem Eindringen vorfand, öffneten sie den Boteneingang und Madiha fasste Caleb’s aufforderndes Nicken auf. Sie entfachte abermals die kleine Flamme und spürte, wie jenes winzige Kunststück sie regelrecht verzehrte. Als würde sie viel zu viel Zunder geben, damit die Flamme brannte. Es fiel ihr schwerer und sie spürte auch, dass sie müder wurde als es normalerweise der Fall wäre. Offenbar kam ihr aber das ihr innewohnende Potenzial zugute, denn die Flamme loderte dennoch und Madiha hatte nicht das Gefühl, jeden Augenblick geschwächt zusammenzubrechen. So folgten sie den Wegen in die Kellerräume und mussten nur ein wenig nach der Orientierung suchen, bis sie endlich die Treppe hinab fanden.
Hier jedoch gab es unzählige Räume und Madiha war schon drauf und dran dieses Risiko zu beenden und gehen zu wollen. Der Ofen erregte kurz ihre Aufmerksamkeit, sah er doch irgendwie, wie ein stählernes Monster aus, das mit riesigen Augen, für die Befeuerung, zu starren schien. Caleb’s Erklärung lauschte sie stumm und war trotz ihrer derzeitigen Situation beeindruckt davon. „Zwerge müssen wahnsinnige Baumeister sein…“, murmelte sie ehrfürchtig und spürte, wie ihre Neugierde erneut entfacht wurde. Madiha hatte diesen Drang, die Welt zu entdecken nicht verloren. Noch immer wurde sie davon angetrieben und sie leitete ihren Weg. Sie urteilte nicht zu schnell oder verteufelte andere Rassen. Madiha blieb neugierig und neutral. Wer sie kannte, merkte, dass sie sich gerade vorstellte, mal einem Zwerg zu begegnen. Noch nie hatte sie einen gesehen und setzte diesen Umstand gedanklich auf eine lange Liste der Dinge, die sie doch noch erleben wollte. Irgendwann würde sie vielleicht mal in den Genuss kommen und darauf freute sie sich bereits jetzt. Sie folgten weiteren Gängen, sahen weitere Lagerräume und Madiha spürte, dass ihre Hand langsam taub wurde. Immer wieder versuchte sie, ihre Finger zu bewegen und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Caleb ich muss mal Pause ma…“, sie wurde just unterbrochen, als er einen Hebel betätigte und sich dahinter eine Fackel befand. Keuchend entließ sie ihre Magie endlich der anstrengenden Kontrolle und lehnte sich kurz gegen die Wand. „Ich muss dringend lernen, wie das richtig geht…“, murmelte sie erschöpft und wischte sich einige klebrige Strähnen aus dem Gesicht, ehe sie mit Caleb weiterging. Dieser Gang versprach dann doch noch Interessantes. Sie sahen sich um und Madiha betrachtete die riesigen Fässer, die sich in der Dunkelheit türmten. "Nur ein Weinkeller.“, hörte sie Caleb sagen und nickte schweigend. Aber was für einer! Vielleicht sollte ich nach einem guten Tropfen Ausschau halten. Der ist mindestens so viel wert wie der Beutel Diamantstaub, aber lässt sich von Harm sicher leichter unter die Leute bringen. Davon hat er mehr." Wieder nickte Madiha. „Gute Idee, das ist wohl ein zu verschmerzender Verlust für eine Familie. Hier lagern ja Unmengen…“, murmelte sie und versuchte hier und dort mal den Deckel eines Fasses anzuheben, um zu sehen, ob sie leer oder gefüllt waren. Neugierig schlich Madiha weiter, sah sich auch in den anderen Ecken um und fand dann erneut ein Laboratorium. „Caleb!“, machte sie ihn aufmerksam und deutete auf die Apparaturen. „Also arbeitet er auch hier an diesen Giften und Feen…“, teilte sie laut ihre Gedanken mit, bevor sie sich alles genauer besah. Aber auch hier hielt sie geflissentlich Abstand. Der Geruch, der in der Luft hing, war Warnung für sie genug. Dann erschauderte sie allerdings, als Caleb kurz die Fackel schwenkte und der Schein auf die winzigen Schellen und Ketten fiel. „Was zum…“, keuchte sie und zog ihre Stirn in Falten. „Das … oh bei den Göttern…“, hauchte sie mit Entsetzen in der Stimme. „Das sieht aber nicht danach aus, als ob er hier besonders vorsichtig mit ihnen umgeht…“, flüsterte sie und musste sich vorstellen, wie Morrigan in diesen Ketten hing und um ihr Leben fürchtete. Madiha ballte die Hände zu Fäusten und spürte in der einen kaum den Druck. „Wie abscheulich!“, urteilte sie nun doch und schüttelte sich voller Abscheu. Plötzlich aber wurde sie davon abgelenkt, als ein schabendes Geräusch erklang. Erschrocken warf sie einen Blick zurück und erkannte zeitgleich mit Caleb, was das Geräusch verursachte. „Wir sitzen in der Falle!“, keuchte sie als dann auch noch die Stimmen von vor dem Eingang erklangen. Hektisch sah sich Madiha um. “Verstecken!“, zischte Caleb ihr zu und sie nickte. Die Fackel in der Halterung aber erregte kurz ihre Aufmerksamkeit. Wenn sie entzündet war, dann war doch gewiss erstrecht klar, dass jemand hier war. Sie versuchte mit einigen Sekunden Konzentration, das Feuer der Fackel zu entziehen und damit zum Erlöschen zu bringen, damit mehr Schatten für sie zur Verfügung standen. Wenn Madiha beim ersten Untersuchen festgestellt hatte, dass einige der mannshohen Fässer leer wären, würde sie vorschlagen, sich darin zu verstecken. Ansonsten aber mussten sie wohl versuchen, hinter den Regalen einen kleinen Schlupfwinkel zu ergattern, der sie halbwegs verbergen würde. Vielleicht konnten die Schatten ihnen dann dabei helfen. „Die Fässer, Caleb!“, wies sie ihren Dieb darauf hin, wenn die Chance bestand, dass sie das schafften. Madiha konnte ihm gewiss helfen, den Deckel zu platzieren, und sich selbst dann eine schmale Nische suchen, in die sie sich drücken konnte. Vielleicht gab es etwas in dieser Richtung, ansonsten… wären sie gewiss geliefert.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Dienstag 9. Januar 2024, 00:33

Mit flauem Gefühl wanderte Madiha durch die engen Korridore der Dienstbotengänge. Sie konnte nicht genau sagen, ob es daran lag, dass ihre Magie langsam ihren Tribut zollte oder sie die Bilder von Morrigans Skelett nicht mehr aus dem Kopf bekam. Vielleicht war es beides. Erst im Weinkeller ließ sie sich davon ablenken. Weder Abbas noch Kashib konnten sich damit rühmen. Letzterer bevorzugte stets Dattelschnaps. Er besaß auch einige Flaschen, kaufte sie aber immer einzeln und lagerte sie in einem Schrank seines Arbeitszimmers, in dem er auch Gäste empfing. In seinen Kellern fanden sich andere Dinge. Einige davon entdeckte Madiha aber auch hier im Anwesen der Faelyns und erneut wollte ihr das Herz in die Hose rutschen. Angesichts der winzigen Ketten mit Schellengliedern für Gelenke und Fesseln bekam sie ein Bild von Emmyth präsentiert, das sie dem Dunkelelfen gar nicht zuschreiben wollte. Im Haus der van Tjenns hatte er ihr gegenüber zwar überheblich gewirkt, doch das mochte seiner Erziehung geschuldet sein. Dunkelelfen wuchsen mit der Natürlichkeit auf, andere Rassen als Sklaven zu halten und somit eher als minderwertig anzusehen. Dennoch war er Madiha gegenüber weiterhin irgendwie höflich gewesen. Er hatte sie angehört und sich offen gezeigt, einen möglichen Verwandten kennen zu lernen. Das kleine Labor hier unten hingegen weckte Zweifel.
Die Sarmaerin konnte allerdings nicht zu lange darüber nachdenken. Schritte näherten sich, dicht gefolgt von Stimmen, deren Sprache sie nicht verstand, wohl aber gut hören konnte. Sie kamen näher, wurden lauter. Sie würden den Weinkeller betreten. Caleb hörte sie auch. Er ließ von den Regalen ab, nicht aber, ohne sich eine der Flaschen noch in den Gürtel zu klemmen. Dann eilte er zu Madiha herüber, um sie zu warnen. Doch jene agierte bereits. Die Fackel war nicht entzündet gewesen, als sie und er durch den Geheimgang in den Keller gelangten. Es würde Verdacht schöpfen, wenn sie noch brannte. Sie langte Madiha an Caleb vorbei, der sich verwirrt zur Seite drängen ließ und dann zischte, als ihn ein vorstehender Nagel in die Hüfte piekte. Madiha konnte sich nicht darauf konzentrieren. Ihr Fokus lag auf dem Feuer. Es war nicht magisch, noch gehörte es zu ihr und trotzdem versuchte sie, die Flammen zu kontrollieren. Sie versuchte, diese einzunehmen und unter ihren Willen zu bringen. Sie sollte sie erlöschen lassen. Schnell jedoch merkte sie dabei, dass es zum einen gar nicht so leicht war und zum anderen Rebellion bei dem heißen Element auslöste. Es wollte nicht vergehen. Es sträubte sich. Die Flammen loderten nun nur noch höher und flackerten wild.
"Madi...", drängte Caleb in Sorge, denn man hörte die Stimmen nun sehr nahe. Lediglich die Tür zum Weinkeller dämpfte sie noch und die Schritte verstummten schon. Dafür klimperte etwas. Jemand zückte einen Schlüsselbund. Gleich würde man den Raum betreten. Da änderte Madiha die Taktik. Die Flammen durften nicht verlöschen, das hatte sie begriffen. So käme sie nicht weiter. Also bot sie instinktiv an, dass das Element Teil ihrer Kräfte wurde. Es müsste sich fügen, bis sie es erneut einsetzte, dafür könnte es machtvoller brennen als jemals zuvor. Außerdem könnte es auf mehr übergehen als die kleine Fackel, deren Nahrung bald von den Flammen zersetzt sein würde. Das Feuer ließ sich darauf ein. Sie sah noch, wie die Flammen kleiner wurden, bis sie als Funken auf ihre ausgestreckte Hand zuhielten. Ein Glitzernebel aus winzigen Flammenpartikeln, der sich mit leichtem Brennen an ihre Fingerspitzen setzte und dann in sie überging. Sie spürte die Hitze und wie sie von ihrer Hand beginnend in ihren Körper strömte. Die Kräfte, die sie in sich aufgesogen hatte, verteilten sich. Sie waren fremd, besaßen das ungezähmte Elementare, das sich nicht vollkommen wie ihre Magie anfühlte. Es würde sich eingliedern müssen. Falls das sich jedoch nicht bewerkstelligen ließ, würde das Feuer wieder aus ihr herausbrechen und sich einen anderen Zielort suchen. Es würde brennen - unkontrolliert. Sie hatte es nicht bezwungen, hielt es nicht klein, weil es sich fügte. Es ging eine Vereinbarung mit ihr ein und hoffte darauf, bald Nahrung zu erhalten. Madiha spürte den Drang, es auf Brennbares loslassen zu wollen. Mit jedem Atemzug fühlte sie die Hitze. Das Gefühl sollte sich mit der Zeit legen. Jetzt jedoch war es fast gänzlich im Vordergrund. Nur das Adrenalin in ihrem Blut war stärker, riet zur Wachsamkeit und drängte dazu, sich endlich zu verstecken.
Es blieb keine Zeit mehr, nach einem geeigneten Versteck zu suchen. Caleb handelte. Er packte den Arm seiner Begleiterin und zerrte sie dicht in die Schatten hinter eines der großen Fässer. Leider war es nicht hohl, so dass es ihnen keinen zusätzlichen Schutz bot. Dafür reihten sich hier ein paar kleinere Fässer zusammen mit einigen gestapelten Kisten mit weiteren Weinflaschen auf. Sie lagen in Stroh, damit man sie bruchsicher transportieren könnte. Die einstigen Bewohner dieses Hauses würden das wohl nicht mehr tun. Wie ihr Schicksal nun wohl aussah? Hatten die Faelyn sie vertrieben oder getötet? Wenn Letzteres der Fall war, würde man auch mit Madiha und Caleb nicht zimperlich umgehen.
Der Dieb hielt den Atem an und legte seiner Liebsten eine Hand vor den Mund. Sie würde nicht ersticken, dazu hielt er genug Abstand. Aber er wollte ihr Keuchen unterdrücken. Madiha hatte nicht bemerkt, dass ihre Atmung so intensiv und laut geworden war. Es war das Feuer, das fremde Feuer. Es wollte brennen und suchte sich bereits als Odem einen Weg aus ihrem Körper.
Caleb drückte sie enger an sich. Er glaubte, Madiha stünde kurz vor einer Panikattacke und wollte Schlimmeres verhindern. Sie durften jetzt nicht entdeckt werden. Schon hörten beide wie die Tür zum Weinkeller sich unter einem Knarren öffnete. Erneut folgten die schweren Schritte der beiden Dunkelelfen. Sie unterhielten sich, während Licht sich im Raum ausbreitete und die Stützbalken der Decke lange Schatten warfen.
"Wirkt nicht so, als sei er hier."
"Oder er versteckt sich im Dunkeln und hofft, wir suchen jetzt wirklich nochmal die halbe Stadt ab ... oh Mann, ich will wirklich nicht schon wieder in den Regen raus."
"Jammerlappen!"
Einer der Elfen knurrte. Dann rief er etwas lauter, dafür höflicher: "Junger Herr? Emmyth? Seid Ihr hier? Kommt schon, es hat doch keinen Sinn. Macht es uns nicht so schwer..." Das Licht näherte sich, zusammen mit dem schweren Poltern metallischer Stiefel. Die Elfen waren nur noch einen Gang von Calebs und Madihas Versteck entfernt. Beide konnten schon die Gestalt eines von ihnen ausmachen. Er war gerüstet - ein Wächter. Nur den Helm hatte er sich an den Gürtel gehängt, so dass man seine schwarze Haut und die schlohweißen, kurzen Haare gut erkennen konnte. Er trug eine an den Seiten getrimmte Frisur, so dass die verbliebenen Haare in fingerlangen Strähnen bis knapp über die Spitzohren fielen. Kleine Narben zierten seine Wange und das Kinn und waren nur zu erkennen, weil sie wie hellere Furchen aus seiner Haut herausstachen. Der Dunkelelf neigte sich bei dem Regal nach vorn, aus dem Caleb eine der Flaschen entnommen hatte.
"Er ist nicht hier. Nehmen wir uns einen Motivationstrunk mit?"
"Zwei"
, erwiderte der andere Elf. Seine Stimme klang kräftiger. Er trug offensichtlich die Laterne, auch wenn man ihn selbst noch nicht sehen konnte. Der Kern des Lichtscheins kam aber von weiter hinten, zusammen mit seiner Stimme. "Eine als Motivation für den Regen vor unserer Suche. Eine zweite danach, um uns aufzuwärmen."
"Mir gefällt deine Art zu denken, Ganvidh."

Der mit der tieferen Stimme lachte. "Jetzt hol schon die Flaschen, ehe ich mir die Beine in den Bauch stehe!"
"Warte mal..."
Etwas im Klang der Stimme des Weißschopfs alarmierte Caleb. Etwas stimmte nicht. Er drückte sich und Madiha enger in die Schatten und spähte umher. Dann starrte er an sich herab und bemerkte es. Beinahe hätte sein Aufzischen ihn verraten, doch das war nicht nötig. Madiha sah es jetzt auch. Caleb musste sich nicht nur die Hüfte an dme vorstehenden Nagel geschrammt haben. Von dem Balken bis zu ihrem Versteck hin zog sich eine herabgeriselte Spur glitzernden Diamantstaubs entlang. Selbst im schwachen Licht einer einzelnen Laterne war sie gut zu erkennen, auch für die Wachen.
Keine zwei Atemzüge später türmten sich die Wächter vor Caleb und Madiha auf. Der Weißschopf wirkte drahtiger, war aber doch kräftig genug, um Platte zu tragen. Sein Kumpane hingegen war ein wahrer Riese und wie man nun erkannte, kein Dunkelelf. Es handelte sich um einen Ork. Er musste sich bei der niedrigen Decke des Weinkellers etwas ducken, so groß war er. Die Hauer seines Unterkiefers ragten selbst bei geschlossenem Mund hervor und dürften die Länge von Madihas kleinen Fingern besitzen. Sein dunkelbraunes Haar trug er zu einem Kriegerzopf gebunden, aber zwei dicke Flechzöpfe hingen ihn zu beiden Seiten seines Schädels bis auf die Schultern. Er trug einen Goldring im linken Ohr und eine bearbeitete Raubtierkralle im rechten. Seine Rüstung war zu Großteilen ebenfalls aus schwarzer Platte, doch nur an Schultern, Unterarmen und Beinen. Den Toros schützte nichts bis auf einen breiten Ledergürtel, so dass man seine vernarbte, olivgrüne Haut gut erkennen konnte. Leder und Fell bedeckte den Rest. In seiner Pranke sah die Laterne viel zu winzig aus. Seine Axt hatte er glücklicherweise nicht gezogen, sondern trug sie an bereits erwähntem Gürtel. Das Axtblatt war schartig und mit Blutresten besudelt. Sein dunkelelfischer Begleiter musterte die gemachte Entdeckung aus graubraunen Augen. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust.
"Na, wen haben wir denn hier? Keiner von beiden ist Emmyth, aber keiner von beiden sieht nach Sklaven des Hauses aus." Sein Celcianisch war fließend. Er beherrschte es. Der Ork hingegen klang da etwas brachialer und legte Pausen beim Srpechen ein, als müsste er die richtigen Worte finden.
"Sollen wir sie töten, Taegen?"
Caleb spannte sich sofort an. Seine Hand wanderte in Madihas Rücken hin zu dem Einhorndolch. In ihr glomm das Feuer mit wachsender Gier. Fleisch brannte immer gut... Aber Taegen schüttelte den Kopf. "Noch nicht, Ganvidh. Lassen wir den Hausherrn entscheiden, was mit ihnen geschieht." Er nickte beiden auffordernd zu, ohne jegliche Befürchtung, attackiert zu werden. "Mitkommen. Kooperiert und ich muss meine Klinge nicht mit eurem Blut füttern."
"Wir sind nur-", versuchte es Caleb mit Charme und Überredungskunst. Da langte der Ork nach vorn, packte ihn schneller am Arm als er reagieren konnte und zerrte ihn aus der Ecke heraus. Etwas knackte. Caleb knurrte unter Schmerzen auf. "Sei lieb und ich renk sie dir wieder ein."
"Gan..." Taegen schüttelte erneut den Kopf, grinste aber über die abgebrühte Art seines Kumpanen. Calebs Arm hing schlaff herab. Er hielt sich die rechte Schulter. So konnte er unmöglich angreifen, falls er es überhaupt vorgehabt hatte. Er spähte über den Schmerz zurück. Madiha war noch da. Er betrachtete sie, engte die Augen und schaute wieder nach vorn. "Tut ihr nichts", bat er.
Taegan musterte Madiha nun etwas genauer. Er lächelte ihr sogar zu. "Deine Freundin?" Dann winkte er. "Mitkommen, sonst reißt Gan Gliedmaßen ab. Ich kann ihn nicht aufhalten, nehmt meine Warnung also ernst, hm?"
"Der Wein?", fragte der Ork, den das Ganze irgendwie eher zu amüsieren schien. Der Elf seufzte. "Müssen wir verschieben. Wenn der Herr uns mit den Flaschen sieht, kriegen wir Ärger." Daraufhin knurrte Ganvidh Caleb seinen muffigen Atem direkt ins Gesicht. "Du hast mich um ein Saufgelage gebracht! Besser, du verärgerst mich nicht noch mehr. Sonst trink ich den Wein aus deinem Schädel!" Er lachte, aber es war nicht ganz klar, wie ernst er es meinte.
Blieb Caleb und Madiha keine andere Wahl? Mussten sie sich fügen oder sollte die Sarmaerin doch etwas versuchen. Das Feuer in ihr drängte dazu. Es wollte genutzt werden. Es wollte verbrennen. Andererseits hatte Caleb sich bereits eher gefügt. Er dachte nach. Er dachte an sie! Es war Madihas erster Einbruch. Er wollte weder ihr Leben riskieren, noch das eigene. Denn er nahm ihre Bitte ernst. Er versuchte, vorher nachzudenken. Hätte er das nur mal beim Diamantstaub vorab getan. Jetzt war es zu spät für Reue.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 12. Januar 2024, 00:44

Sie hatte es gewusst. Madiha hatte gewusst, dass sie nicht heil aus diesem Unterfangen gelangen würden. Schon während Caleb die Idee aussprach, fühlte sich ihr Magen flau an. Aber sie wollte auch nicht diejenige sein, die sich gegen das, was ihn so sehr in Leidenschaft versetzen konnte, stellte. Wenn er brannte, wie sie es bei ihm konnte. Wenn er die wahre Magie fühlte, die heißer und emsiger als das Feuer in ihr brennen konnte. Madiha wollte Caleb nicht ändern. Etwas sensibler dafür machen, was er nun, da er ein Versprechen ihr gegenüber gegeben hatte, zurücklassen würde, wenn er kopflos handelte. Madiha aber ging noch einen Schritt weiter. Sie öffnete sich für das Leben, das Caleb einst dem Höfischen vorgezogen hatte. Er tauschte Sicherheit, keine finanzielle Sorgen und Macht ein für ein Leben, das ungewiss, unbeständig und gefährlich war. Und sie hatte bereits Corax und auch Caleb selbst erzählt, dass sie nicht die Kette wäre, die in Caleb’s Fleisch schnitt. Madiha wollte ihn darin bestärken, ihm den Rücken stärken. Sie wollte für ihn da sein, ihn aber nicht festhalten. Und sie hatte sehen können, wie richtig diese Entscheidung gewesen war. Das Leuchten seiner Augen, das leichte Grinsen in seinem Mundwinkel. Er war voller Vorfreude und er fühlte sich freier denn je. Und Madiha hatte von jener Freiheit gekostet. Sie hatte die Rolle der Meisterdiebin angenommen, gespürt, dass es ein Hochgefühl in ihr auszulösen vermochte. Und es hatte sie beide beflügelt, in dieser Nische ihrer beider Gefühle nachzugeben. Es war leidenschaftlich, intensiv und voller stummer Versprechen, die Madiha dem Leben gab. Sie versprach, ihre Chancen zu nutzen. Ihre Wege zu gehen, die man ihr bot. Sie versprach zu lieben, wann immer ihr danach war. Sich mit ihren Gefühlen nicht zurückzuhalten. Caleb sollte wissen, dass sie es war, die hinter ihm stand. Madiha versprach sich selbst, dass sie mutiger werden würde und das alles brachte sie zu diesem Moment. “Madi…“ Mit Schweiß auf der Stirn versuchte sie das Feuer zu bändigen. Ihre Magie war erschöpft und dennoch sagte sie ja dazu, dass Kjetell’o ihr Potenzial bescheinigte. Sie hatte Serpentis‘ Kräfte gerufen und sie beinahe in sich aufgenommen. Sicher, das hätte sie beinahe getötet und alle, die in ihrer Nähe gewesen waren. Aber das hier war eine kleine Fackel. Madiha probierte es und als sie merkte, dass die Zeit zu knapp wurde, da rief sie das Feuer erneut. Sie bot sich an, ihm eine Stätte zu gewähren, bis es etwas anderes finden könnte. Und das funktionierte. Madiha sah mit wachsender Spannung zu, wie das Feuer sich über ihre Haut mit ihrem inneren Feuer verband. Erstaunt darüber, dass sie es ganz klar auseinanderhalten konnte, starrte sie ihre Hand an, wo sich das Feuer einen Weg gesucht hatte. Es brannte heiß in ihr und wurde durch ihre Atemluft angefacht. Sie runzelte die Stirn dabei und zweifelte für einen Moment, dass sie das richtige getan hatte. Jetzt aber blieb ihr keine Zeit dafür.

Caleb bemerkte ihr Zögern und handelte für sie beide. Er zog sie hinter ein Fass und in eine dunkle Nische, während Madiha sich gegen ihn lehnte und schon Schritte hörte, die sich nun zu ihnen gesellten. Ihr Herz klopfte und sie fühlte, wie warm ihr wurde. Zum einen war das die Aufregung, zum anderen das ungezähmte Feuer. Madiha hatte das Gefühl, dass sich das Feuer nur langsam anpasste, aber das Brennen wurde etwas leichter. Die verkrampften Finger, die sie in Calebs Kleidung gekrallt hatte, lockerten sich etwas. Dann zogen die Suchenden ihre Aufmerksamkeit auf sich. Abgelenkt von dem Feuer in sich, bemerkte sie gar nicht, sie schwer sie atmete. Erst als Calebs Finger sie berührten, sah sie zu ihm auf. Sie zog die Augenbrauen zusammen. Sie hatte Angst, war angespannt und wusste nicht, ob sich das Feuer an die Abmachung hielt. Kjetell’o würde sie gewiss rüffeln dafür, dass sie so töricht gewesen war. Schon wieder. Dann schloss sie die Augen und bemühte sich redlich, ruhiger zu atmen und vor allem nicht so zu schwitzen.
Caleb interpretierte ihre Symptome auf seine Weise und zog sie enger an sich. Madiha lehnte sich Halt suchend gegen ihn und hoffte inständig, dass sie nicht entdeckt würden. Die Worte der beiden Wachen verstand Madiha nicht. Such ihr Tonfall konnte ihr kaum Aufschluss geben. Bei jedem Hüpfer des Lichts, zuckte sie zusammen. Madiha hatte wahrlich Angst, denn… sie hatte es gewusst. Und sie glaubte fest daran, dass man nicht lange nach den Gründen fragen würde, sondern sofort einschritt. Dann aber geschah genau das, wovor Madiha sich so fürchtete: Caleb wirkte ob des Tonfalls der Wache alarmiert und zog sie weiter in die Schatten. Madiha spürte, wie ihre Angst fas Feuer in sich näherte. Es loderte und züngelte an ihr empor, wollte verzehren und verbrennen. Ihr war so unsagbar heiß. Dann sah aber auch Madiha, wie sich die Glitzerspur auf dem Boden direkt zu ihren Füßen verteilte. Ihre Augen weiteten sich im Verstehen und noch während sie Caleb’s Blick suchte, verdunkelte ein Körper ihre Sicht. Madiha erstarrte für einige Sekunden, bevor sie schließlich den Kopf drehte und in das Gesicht des Wächters blickte.

"Na, wen haben wir denn hier? Keiner von beiden ist Emmyth, aber keiner von beiden sieht nach Sklaven des Hauses aus." Madiha schluckte, fand ihre Sprache aber nicht. "Sollen wir sie töten, Taegen?" Madiha spürte, wie Caleb nach dem Einhorndolch fischte. Allein die Geste alarmierte sie sofort und sie spürte, wie das fremde Feuer sich auf den Elfen und den Ork stürzen wollte. Dabei starrte Madiha den Ork intensiver an, was aber lediglich daran lag, dass sie einem noch nie so nahe gekommen war. Sie erinnerte sich nur widerwillig an die beiden Orks aus der Taverne, aber das Bild verblasste sofort, als weitergesprochen wurde. "Noch nicht, Ganvidh. Lassen wir den Hausherrn entscheiden, was mit ihnen geschieht. Mitkommen. Kooperiert und ich muss meine Klinge nicht mit eurem Blut füttern."
"Wir sind nur-"

Madiha’s Hände zuckten nach vorne, um Caleb instinktiv festzuhalten als der Ork nach ihm griff und ihn aus der Ecke zog. „Nein!“, japste sie ihn Angst und hörte das Knacken und Keuchen seitens Calebs. „Lass ihn los!“, verlangte sie japsend und sah den Dieb besorgt an. Sie erwiderte seinen Blick und griff nach ihm, um in seiner Nähe zu bleiben. Madiha hatte tatsächlich große Angst und konnte gleichzeitig das Zehren des Feuers fühlen.
Es wollte endlich brennen, wollte sich auf die Kleidung der Wächter setzen und fressen, größer werden und ihnen die Haut von den Gesichtern schmelzen. Aber Madiha hatte versprochen, dass sie nur schützen wollte. Sie wollte nicht vernichten… Sie war so hilflos. Ganvidh neigte sich Caleb etwas entgegen und ließ seine Drohung über ihn hinabregnen. "Du hast mich um ein Saufgelage gebracht! Besser, du verärgerst mich nicht noch mehr. Sonst trink ich den Wein aus deinem Schädel!" Madiha starrte den Ork an.
Ihre Mimik wurde verschlossener und zeigte die Angst darin nicht mehr so offen. Dann schob sie sich an Caleb vorbei und stellte sich wie zum Schutz vor ihn. In ihrem Blick sammelte sich all das, was sie in den letzten Stunden erkannt hatte. Sie war nicht niemand, nicht hilflos und nicht schutzlos. Sie konnte eine Meisterdiebin sein, eine Feuermagierin, die kämpfte. Sie konnte die Geliebte eines Diebes sein, die Ehefrau eines Erben aus reichen Hauses. Sie konnte alles sein, denn … sie entschied das. Madiha biss die Zähne aufeinander. „Kein Grund unfreundlich zu werden!“, zischte sie. Madiha fixierte den so viel größeren Ork mit ihrem Blick. Das Feuer in ihr wollte Nahrung. Sie gab ihm Nahrung in Form ihrer Angst, die sie gemeinsam mit dem Feuer zu etwas neuem wandeln wollte: „Na los! Führt uns zu dem Herren des Hauses! Lasst uns gemeinsam gehen und ihm sagen, dass ihr die Forschungen von Emmyth unterbrecht!“, ihre Stimme wurde immer fester und sie straffte die Muskeln. Ja, sie ging sogar erhobenen Hauptes einen Schritt auf die Wächter zu. Auch den Elfen betrachtete sie und hoffte, sie würden ihr diese Form der „Meisterdiebin“ abkaufen. Sie konnte alles sein, was sie wollte… „Na los doch! Lasst uns sehen, wie Emmyth es finden wird, wenn wir seinem Auftrag nicht nachkommen und alles vorbereiten, damit er, wenn er zurückkommt sofort beginnen kann!“, log sie, wie gedruckt und versuchte weiter das Feuer anzuzapfen damit es ihr Stärke verlieh. Sie wusste, sie spielte ein gefährliches Spiel. Aber das fremde Feuer näherte auch ihre Unvorsichtigkeit. Es spornte sie zu mehr an, als sie vielleicht sollte. Vielleicht entpuppte sich das aber auch als nötig. „Und ich bin gespannt, wie er es finden wird, wenn er erfährt, dass du seinem besten Mann die Schulter ausgerenkt hast!“, fauchte sie den Ork an, während ihr Blick loderte und ihre Stimme einem Zischen gleichkam. Lügen. Sie hatte einen Haufen davon an diesem Abend erzählt und dennoch… sie würde noch weitere erzählen, wenn sie Caleb beschützen konnte. So stand sie mit angespannten Muskeln, Feuer im Herzen und in den Augen vor den Wächtern und versuchte eine Rolle zu spielen, ohne das Feuer hinauszulassen, um dem Wunsch dessen nachzugeben.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Samstag 13. Januar 2024, 19:19

Madiha hatte Caleb in seine Welt begleitet. Nicht nur zurück in sein Elternhaus, sondern nun auch in kriminellere Gefilde, aber gerade in jenen fühlte er sich wohl. Hier konnte er frei von jeglichen Zwängen agieren. Vor allem aber konnte er sich eigene Abenteuer mit reichlich Nervenkitzel suchen und dass allein spornte ihn an. Madiha hatte es am eigenen Leib zu spüren bekommen, als sie Caleb ein weiteres Mal in der Nische der dunklen Gasse zu spüren bekam. Heiß und leidenschaftlich war ihr Stelldichein gewesen, deutlich animalischer als bei vorherigen Vereinigungen und sie hatte das Leben in jeder Faser gefühlt. Im Moment spürte sie nur eine Mischung, die kontrastreicher nicht sein könnte. Ihre eigene Angst paarte sich mit der Sorge um Caleb, der soeben brachial aus dem Versteck gezerrt worden war. Etwas knirschte und knackte. Caleb unterdrückte einen Aufschrei, ächzte aber und hielt sich anschließend die rechte Schulter, während sein Arm etwas nutzlos herunter baumelte. Trotzdem fand Madiha keine Reue in seinem Blick. Über den tiefblauen Seen mit ihrem warmen Schilfgras funkelten Sterne. Er genoss es? Die Antwort gab ihm sein schiefes Grinsen. Und wie er es genoss! Es war seine Art, sich mit der Welt und dem Leben selbst zu messen. Es war sein Metier. Sie befanden sich auf seinem Terrain als Dieb und als solcher tüftelte er bereits an einem Fluchtplan. Der Nervenkitzel, der Madiha in Sorge versetzte, feuerte sein Herz an. Aber auch in ihr brannte es. Das natürliche Feuer umschlang ihr eigenes Herz, kitzelte ihre Lungen. Es flüsterte ihr zu, es doch gegen diese Störenfriede zu entlassen. Es war wie ein ungezähmtes Pferd, das die Weite der Steppen vor sich sah und vom Zügel losgelassen werden wollte. Es scheute bereits, aber noch bäumte es sich nicht gegen Madiha auf. Aber die Wildheit des Tieres - die Wildheit des Feuers - beeinflusste sie.
Schon schob sie sich zwischen Caleb und den Ork. Ganvidh musterte sie überrascht. Seine Brauen schossen in die Höhe. Madiha ließ sich nicht verunsichern. Sie wollte niemanden töten, auch nicht mit ihrem Feuer. Aber sie wollte beschützen und da Caleb nun verletzt war, brauchte er Schutz. "Na los! Führt uns zu dem Herrn des Hauses! Lasst uns gemeinsam gehen und ihm sagen, dass ihr die Forschungen von Emmyth untebrrecht!"
Ganvidh tauschte einen flüchtigen Blick mit Taegan. Der Dunkelelfen wirkte ebenfalls überrascht, ließ sich davon aber nicht so sehr verunsichern wie sein offensichtlich etwas einfacher gestrikter Kumpane. Schnell fasste er sich wieder und engte ob Madihas Versuch eine Lüge zu streuen nun die Augen. Sein skeptischer Blick bohrte sich in den ihren. Sie versuchte, standzuhalten und sprach weiter. Je mehr sie redete, desto sicherer klang ihre Stimme und desto mehr Dominanz legte sie hinein. Etwas, das sie sich als Sklavin niemals getraut hätte. Aber Madiha Al'Sarma war längst keine Sklavin mehr. Sie war frei, eine Seefahrerin, eine Entdeckerin, Feuermagierin in Ausbildung und ... Meisterdiebin. Und sie war nicht allein.
In ihrem Rücken rückte Caleb dichter an sie heran. Er konnte seinen Arm gerade nicht schmerzfrei heben, aber er wollte sie spüren lassen, was er von ihrem Plan hielt. Er unterstützte sie auch jetzt. Selbst wenn sie Fehler machte, würde er das tun und anschließend zusammen mit ihr improvisieren, damit sie halbwegs heil aus der Situation herauskämen. Er wagte nichts Unüberlegtes, sondern dachte an sie. Er ließ ihr die Möglichkeit, sie beide zu retten ... und seine Augen loderten.
Es half. Madiha löste sich von Caleb, machte einen Schritt nach vorn. "Und ich bin gespannt, wie er es finden wird, wenn er erfährt, dass du seinem besten Mann die Schulter ausgerenkt hast!"
"HÄR?!", gab Ganvidh von sich. Er zuckte sogar zusammen und blickte dann fast schon besorgt zum Elfen herüber. Taegan rollte mit den Augen. "Ich gehe voraus", teilte er allen mit, entriss Ganvidh die Lampe und setzte sich gen Kellertür in Bewegung. "Die unbekannten ... Gäste folgen. Gan, du bildest das Schlusslicht. Und falls sie irgendwelche Tricks versuchen, tötest du den Großen zuerst."
Der Ork brummte, nickte. Dann winkerte er Caleb und Madiha zu, sich zwischen Taegan und ihn einzureihen. Ihnen blieb keine Wahl. Zumindest Caleb fügte sich. "Halten wir zunächst die Füße still."
"Keine geheimen Absprachen!", mahnte Taegan und blickte zurück. "Ihr redet überhaupt nicht, bis wir am Ziel sind." Der Weg führte nun nicht mehr durch enge Dienstbotengänge, sondern durch zunächst gut befestigte Kellergewölbe. Sie verliefen recht linear und besaßen auch nur Zugänge zu wenigen Vorratsräumen. In Nischen waren weitere Fässer oder Säcke untergebracht. Eine steinerne Treppe führte in einen Vorraum und jener leitete die Gruppe in den großen Eingangssaal des Hauses. Madiha konnte hier erneut einen verspielten und etwas heimischen, andunischen Stil ausmachen. Wo bei Calebs Heim jedoch mehr Wert auf nautische Dekoration gelegt wurde, schien hier der Apfel im Vordergrund zu stehen. Stilleben mit einer Schale andunischer Äpfel prangten in verschiedenen Versionen an den Wänden. Die Kerzenhalterungen der Kandelaber besaßen die Form kleiner Äpfel und das Treppengeländer war eine teure Schnitzkunst aus knorrigen Zweigen, Blättern und Apfelblüten. Letztere hatte man weiß und zartrosa streichen lassen. Teppiche einer ähnlichen Farbe zeigten das gleiche Motiv, zusammen mit reifen Äpfeln. Das Anwesen musste einem Weinhändler oder Winzer gehört haben, vielleicht auch einem Kaufmann, der sich auf Andunies kostbarstes Exportgut spezialisiert hatte.
Taegan stapfte über eines der im Teppich befindlichen Blütenmotve hinweg und hinterließ einen tiefen Abdruck seiner gepanzerten Stiefel. Caleb und Madiha hinterließen diverse kleinere und größere Pfützen. Die beiden wurden in keinen Empfangs- oder Audienzsaal geführt. Es ging erneut die Treppen empor.
"Emmyth ist nicht in seinem Gemach, wir haben bereits geklopft", versuchte Caleb nun Madihas Lüge aufrecht zu erhalten. Taegan blieb daraufhin stehen, wandte sich um und musterte ihn kalt. "Soll Gan dir noch den anderen Arm ausrenken? Ich sagte, es wird nicht geredet." Anschließend legte er ein zügigeres Tempo vor. Caleb schwieg wieder. Er war Madiha eine zerknirschte Miene zu. Sie saßen nun ordentlich in der Bredouille und dennoch ... das Funkeln ließ sich nicht aus den Augen des Diebes vertreiben. So sehr er die Situation auch bedauern mochte, ein Teil von ihm jauchzte über so viel Aufregung. Dabei bewegte sich die Gruppe doch recht gesittet durch die Korridore. Hier sah es weniger geplündert aus als im Anwesen der van Tjenns. Zwar fehlten hier und da auch Bilder, was die helleren Wandflecken über Flurtischen und Kommoden verrieten, aber alles in allem hatte niemand hier gewütet, um sich zu bereichern. Stattdessen ging man wohl dazu über, die andunischen Aspekte gegen morgerianische zu tauschen. Wo bestimmt auch einst jede Menge kleine Apfelskulpturen zu sehen gewesen waren, fanden sich nun Schnitzereien und winzige Steinstatuen von Fledermäusen, dem faldorischen und manthala'schen Glaubenssymbolen. Je weiter die Gruppe voranschritt, desto dunklere Farben nahmen die Gänge ein. Zartrosa musste Schwarz und Purpur weichen.
Schließlich hielt Taegan vor einer doppelflügeligen Tür, die zu beiden Seiten von dunkelelfischen Wächtern flankiert wurde. Er nickte ihnen zu und sie salutierten. Instinktiv wusste Madiha, welcher Raum sich hinter der Tür befinden musste. Sie hatte zwar keinen Blick darauf werfen müssen, aber auch dort fand sich ein Zugang zu den Dienstbotenwegen innerhalb der Wände. Der Raum lag nicht allzu weit von Emmyths Schlafgemach entfernt.
Taegan klopfte an und wartete. Man hörte ein Murmeln, dann näherten sich sanfte, aber eilige Schritte. Die Tür wurde nur einen Spalt breit geöffnet.
"O-oh ... der Hauptmann. Äh ... ist es dringend? Der Herr ist nicht in bester Verfassung." Von jenseits der Tür meldete sich die alte Stimme eines Mannes zu Wort, der bereits Jahrhunderte auf Celcias Boden verbracht haben musste. Er klang gebrechlich und wurde von einem Husten unterbrochen. "Taegan ... komm herein!"
Die Tür schwang auf und Madiha konnte nun in das Antlitz jener Person schauen, die sie geöffnet hatte. Eine Frau, jünger als Madiha selbst, in schlichter Dienerkleidung und mit einem Häubchen bekleidet, machte Platz. Ihr blasses Gesicht musterte die Sarmaerin und ihren Begleiter aus großen, braunen Augen, die von einer Schar Sommersprossen umgeben waren. Dunkelblonde Strähnen lugten unter ihrer Haube heraus. Sie knickste folgsam und wartete, bis alle eingetreten waren. Dann schloss sie die Tür von innen, um sogleich tiefer in den Raum zu huschen.
"Der Herr ist unpässlich", warnte sie erneut. Ihre kleinen Schritte führten sie zum hinteren Ende des Raumes, wo ein gewaltiges Bett vor einer Wand aus schwarzen Vorhängen stand. Das Bett selbst befand sich auf einer kleinen Empore, dass es wie der Thron des betagten Regenten wirkte, der darin lag. Oh, was für ein alter Elf er doch war! Seine dunkle Haut war schrecklich blass, von Flecken durchzogen und lag fast fleischlos noch auf den Knochen. Kohlrabenschwarzes Haar breitete sich um seine Gestalt aus wie ein Umhang aus Nacht ... oder wie Rabenfedern. Auch wenn der Mann im Bett graue Augen statt der Rubine hatte, die Madiha so vertraut waren, erkannte sie doch etwas Vertrautes in seinem Blick. Er besaß ähnliche Züge wie Corax und Emmyth, war nur wesentlich älter als die beiden Elfen. Ein spitz zulaufender Bart, der mit grauen Strähnen durchzogen war, breitete sich vom Kinn aus über die Brust des Elfen aus wie ein Lätzchen, das seinen Speichel auffangen musste. Jenes wäre aber nur bedingt nötig. Der Mann mochte alt sein, doch seine Augen strahlten noch recht wach in die Welt.
Die Dienerin kam zurück an sein Bett, wo sie sogleich einen Silberlöffel mit irgendeiner Tinktur befüllte, um ihn dem Hausherrn anzubieten. Der greise Elf schluckte artig herunter. Dann winkte er die Sklavin mit zwei Fingern beiseite. Sie zog sich in die Schatten zurück. Madiha kannte es. Dort würde sie nun verharren, bis ihr Herr eine neue Aufgabe hätte und sie wäre froh darum, dass der Fokus nicht auf ihr läge.
Taegan wartete die Pflege ab. Dann trat er bis an das untere Bettende heran, ohne die Empore zu betreten. Er sank auf ein Knie herab, die Hand loyal auf die Brust gelegt. "Faldors Stärke, Faelyns Ruhm."
"Faelyns Ruhm"
, wiederholte der alte Elf, hustete noch einmal leicht und wartete, bis sein Wächter sich erhoben hatte.
"Ich spreche auf Celcianisch zu Euch, Herr, damit jene uns verstehen, die ich Euch herbrachte." Er machte einen Schritt zur Seite und von hinten brummte Ganvidh auffordernd, dass Caleb und Madiha ebenfalls bis ans Bett herankommen sollten. "Diese beiden Menschen fanden wir im Weinkeller vor, wo Euer Sohn seine ... Forschung betreibt. Sie behaupten, in Emmyths Auftrag Vorbereitungen getroffen zu haben."
Der alte Elf hob seine Hand. Die Haut war wirklich so blass, dass man ihn nur mit Zweifel für einen Dunkelelfen halten konnte. Er winkte auffordernd. Caleb schaute zu Madiha, dann zu Taegan. Der Wächter nickte, machte Platz und die beiden Diebe konnten bis ans Kopfende des Bettes treten. Aus der unmittelbaren Nähe durfte Madiha erkennen, dass der Mann im Bett seine Hautfarbe nicht aufgrund von Mischblut oder des Alters bedingt besaß. Es war eine kränkliche Blässe, die ihn zusammen mit einem dünnen Schweißfilm bedeckte. Seine Wangenknochen hingegen waren gerötet wie unter Fieber, so dass sein wachen Augen nur noch unnatürlicher hervorstachen. Er musterte erst Madiha, dann Caleb.
"Mein Sohn hat mir keine Assistenten vorgestellt", bemerkte er. "Was führt euch wirklich hierher? Sprecht und langweilt mich nicht mit Ausreden. Dafür fehlt mir die Zeit." Er lachte bitter, was erneut in einem leichten Husten endete. Als Caleb schon den Mund öffnete, winkte er erneut mit zwei Fingern ab. Dann deutete er auf Madiha. "Sie soll sprechen. Ich höre hübschen Mädchen lieber zu ...oh, aber schau an! Das Mädchen ist eine Kriegerin, gezeichnet mit der Ehre eines Kampfes und der Niederlage eines anderen. Rede, Menschenmädchen! Erzähl mir eine spannende Geschichte ... oder die Wahrheit. Am Ende entscheide ich, was mir besser gefällt."
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Mittwoch 17. Januar 2024, 11:36

Mit einem Mal standen die Tore dieser Welt weit geöffnet. Die Reichhaltigkeit der Möglichkeiten durchflutete die Sarmaerin auf eine Weise, die sie anfachte. Sie sprengte ihre Ketten von sich und glaubte an das, was sie sein könnte. Madiha hatte keine Ahnung von der Welt, von ihrem eigenen Potenzial, aber sie hatte etwas viel wichtigeres: Sie trug den Schlüssel zu allem gut verborgen in sich. Ihr Herz war schon immer stark und mutig gewesen. Es hatte sie überleben lassen, was andere die Seele raubte. Madiha hatte es geschafft, ihren Funken in sich zu bewahren und jenen wollte sie nun hegen und pflegen, denn er war es doch, der sie zu der machte, die sie eines Tages sein würde. Dabei brauchte sie nur auf ihr Herz zu hören, auf die leise Stimme in sich, die ihr die Richtung flüsterte. Sie wusste, sie konnte nicht von heute auf Morgen alles können. Aber sie konnte lernen. Sie wollte lernen. Das Mädchen aus Sarma, dürr und gezeichnet für ihr Leben, konnte jede Sekunde, in der sie atmete, eine neue Entscheidung treffen. Ihre Entscheidungen haben sie bis hierher geführt, nicht wahr? Und als sich Caleb im rechten Moment an sie lehnte, durchströmte sie die Sicherheit, die sie brauchte, um diesen Weg weiterzugehen. Sie hätte gelächelt, wenn sie nicht gerade in das einschüchternde Gesicht des Orks blickte. Sie funkelte ihm ihre wilde Magie entgegen, die sich nicht bändigen lassen wollte. Madiha aber akzeptierte das. Nicht unterwerfen – nie mehr! Sie gestand dem Feuer der Fackel zu, sich an ihrer Anspannung, ihrer Angst zu nähren, bis sie etwas fand, was es verzehren durfte. Madiha hörte dem Feuer zu, lernte, dass es eine eigene Seele besaß. Sie war nicht die Herrin darüber, sie war… eine Geliebte. Das Feuer war frei, wie sie und Madiha akzeptierte das. Das Mädchen war überrascht, dass der Ork offenbar so etwas wie leichte Anerkennung für ihre Person erübrigen konnte. Woran das lag, wusste sie nicht, denn sie kannte sich nicht damit aus, dass sie Stärke und Kampferfahrung schätzten. Aber das musste sie in dieser Situation auch nicht. Er hörte ihr zu. IHR! "Die unbekannten ... Gäste folgen. Gan, du bildest das Schlusslicht. Und falls sie irgendwelche Tricks versuchen, tötest du den Großen zuerst." Es wirkte.

Madiha konnte kaum glauben, dass ihr Aufmarsch etwas bewirkte, wurde aber gleich gedämpft, da sie offenbar nicht, wie geplant, einfach in Ruhe gelassen wurden. Ihre Lüge sollte bewirken, dass die beiden von ihnen abließen… Sie hatte zu hochgegeriffen und drohte zu fallen. Kurz huschte ihre Unsicherheit über ihr Gesicht. Sie schluckte die aufkommende Panik hinunter und rieb sich die Hände. Was jetzt? Ihr Blick huschte zu Caleb und sah ihn fragend an, als sich Ganvidh und Taegan bereits in Bewegung setzen wollten. "Halten wir zunächst die Füße still." Sie nickte, doch Taegan haute bereits dazwischen. "Keine geheimen Absprachen! Ihr redet überhaupt nicht, bis wir am Ziel sind." Jetzt wäre Rendinea hilfreich, doch Madiha nickte schlicht und streifte Caleb’s Handrücken sanft mit ihren Fingern, zum Zeichen, dass sie verstanden hatte. Dann reihte sie sich an ihren genannten Platz ein und straffte die Schultern. Sie musste ihre Rolle weiterspielen. Sie musste daran glauben. Der Weg durch das Haus war… interessant. Madiha fiel trotz der angespannten und unklaren Lage die Feinheit dieses Hauses auf. Offenbar waren die einstigen Bewohner im Weinhandel tätig gewesen. Alles hier war darauf ausgerichtet und vielleicht gehörte ihnen sogar mal eine der Plantagen, die Caleb erwähnte und die er als Kind regelmäßig bestohlen hatte. Bei dem Gedanken daran lächelte sie gar und warf Caleb einen verliebten Blick zu. Ja, Madiha hatte sich wahrlich verändert. Sie war nicht mehr so verschüchtert, war nicht mehr klein und unbedeutend. Und auch sie spürte die Wirkung eines Abenteuers in sich. Es war aufregend und nichts konnte ihre Liebe zu Caleb schmälern. Wenn diese Elfen nun einen kurzen Prozess mit ihnen machten, dann wäre er es, den sie als letztes sah. Es konnte schlimmer sein! Den Weg zu Emmyth’s Gemach wollte Caleb ihnen ersparen, weshalb er darauf hinwies, dass er nicht anwesend war. "Soll Gan dir noch den anderen Arm ausrenken? Ich sagte, es wird nicht geredet." Madiha fing Caleb’s Blick auf und lächelte erneut. Sein Bedauern wischte sie mit einem eigenen Funkeln weg. Er musste nichts bedauern. Sie würden hier herauskommen, sprachen ihre vom Feuer genährten Augen. Das Funkeln war brennend und lichterloh. Sie glaubte an ihn, glaubte an sich. Nur kurz darauf waren sie an der Flügeltür und Madiha wurde etwas verschlossener. Sie ahnte, dass sich dahinter ebenfalls ein Schlafgemach befinden musste. Offenbar machten der Dunkle und der Ork ihre Drohung wahr und hatten sie zum Gemach des Hausherrn gebracht. Sie schluckte. Ihr Herz hämmerte, doch hatte sie sich auch selten so lebendig gefühlt.

Das Mädchen im Dienerlivree musterte Madiha aufmerksam. Dann lächelte sie ihr leicht zu und nickte, als sie an ihr vorbeitraten. Sie beobachtete das Mädchen, das in den Raum huschte und sich Mühe gab, leise und effizient zu sein. In der Sarmaerin regten sich Erinnerungen, doch die durften sie jetzt nicht kriegen. Sie wollte stark wirken, nicht Fehl am Platz, sondern genau richtig hier! Ihr Blick fiel auf das Bett, welches wie ein Thron aufgebahrt war. Schaurig sah es irgendwie aus und der darin liegende Elf noch sehr viel schauriger. Madiha musste unweigerlich an eine Gruselgeschichte aus Sarma denken, bei denen geflügelte, bleiche Menschen mit spitzen Zähnen Lebenden das Blut aussogen. Auch jene Gedanken verdrängte sie und straffte ihre Schultern, sodass sie nicht wirkte, als hätte sie Angst. Sie spielte ihre Rolle weiter, dass sie hierhergehörten. Während der Alte, Taegan begrüßte und sie kein Wort verstand, hatte sie Zeit ihn zu mustern. Er sah Emmyth tatsächlich ähnlich und in dem Blick konnte sie Corax erkennen. Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Corax… sie durften hier keinen Fehler machen. Aber was sollten sie dem Alten denn erzählen?! Ihr blieb keine Zeit nachzudenken, die Chance hatte sie vertan. "Ich spreche auf Celcianisch zu Euch, Herr, damit jene uns verstehen, die ich Euch herbrachte. Diese beiden Menschen fanden wir im Weinkeller vor, wo Euer Sohn seine ... Forschung betreibt. Sie behaupten, in Emmyths Auftrag Vorbereitungen getroffen zu haben." Der Aufforderung, näherzutreten, kam Madiha zögerlich nach. Doch dann stellte sie sich ans Kopfende und sah auf den Dunklen. Offenbar war er krank und … Madiha stutzte. Konnten Elfen also krank werden? Sie wusste darüber nicht Bescheid und Corax war der erste, mit dem sie sich näher beschäftigt hatte. "Mein Sohn hat mir keine Assistenten vorgestellt. Was führt euch wirklich hierher? Sprecht und langweilt mich nicht mit Ausreden. Dafür fehlt mir die Zeit." Madiha’s Mund wurde trocken. Sie spürte, dass das Feuer sie innerlich aufzehrte. Doch noch nicht. Sie hielt sich zurück, wie mit Caleb abgemacht. Jener wollte das Wort ergreifen und sie war insgeheim froh darüber, doch der Elf hielt ihn auf. "Sie soll sprechen. Ich höre hübschen Mädchen lieber zu ...oh, aber schau an! Das Mädchen ist eine Kriegerin, gezeichnet mit der Ehre eines Kampfes und der Niederlage eines anderen. Rede, Menschenmädchen! Erzähl mir eine spannende Geschichte ... oder die Wahrheit. Am Ende entscheide ich, was mir besser gefällt." Madiha betrachtete den Elf überrascht. Dann, plötzlich und ohne es bewusst provoziert zu haben, lächelte sie. Sie war gewiss keine Kriegerin in dem Sinne, den der Alte wohl im Sinn hatte. Aber gekämpft hatte sie ihr ganzes Leben! So verschwand die aufkommende Unsicherheit wieder. Vielleicht half ihr auch das Feuer, doch das machte nichts. Madiha lächelte auf den Alten nieder und nickte leicht.
„Was fehlt euch, Herr?“, überging sie die Fragen und die Aufforderung. Madiha betrachtete den Mann vor sich erneut und runzelte die Stirn. Ihre Nachfrage war ehrlich gemeint und zeugte nicht von einer List oder Zeitschinderei. Madiha war ehrlich daran interessiert. Immerhin könnte das hier Corax‘ Vater sein. Er genoss eine gewisse Vorschuss-Sympathie seitens Madiha. Dann aber wollte sie ihn nicht verärgern und spielte ihre Rolle weiter: „Das Arrangement mit Emmyth ist ganz neu. Er hatte gewiss noch keine Gelegenheit. Wir sollen herausfinden, wie sicher dieses Haus wirklich ist, denn Euer Sohn hat eine… Überraschung für euch“, hielt sie sich vage aber auch nahe an der Wahrheit. Sie blickte ihm dabei in die Augen und versuchte dabei so aufrichtig auszusehen, wie sie konnte. Im Grunde war es auch einfach nicht gelogen. Sicher, Emmyth hatte sie und Caleb nicht beauftragt, hier nach der Sicherheit zu gucken, aber… das war eben eine Notlüge. „Verzeiht, dass wir nicht näher darauf eingehen können. Aber ich bin mir sicher, euer Sohn hat nur das Beste im Sinn.“, versuchte sie es weiter. Dann blickte sie zu Taegan und Ganvidh. „Eure Sicherheitsleute sind sehr versiert… “, schmierte sie auch dort Honig ums Maul. Sie hoffte einfach, dass sie die Wogen glätten und Caleb und sich halbwegs unversehrt wieder aus dem Anwesen bekam. „Gleichzeitig bat Emmyth uns, in seinem Labor nach dem Rechten zu sehen. Er … er setzt seine Forschungen weiter fort…“, schloss sie dann und wagte sich auf unbekanntes Eis. Madiha warf Caleb einen Blick zu und sah zurück zu dem Dunklen. Ob es das war, was er hören wollte? Sie bezweifelte es. Aber was sollte sie auch erzählen? Die Wahrheit? Sie wären auf der Stelle tot…
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Freitag 19. Januar 2024, 09:53

Caleb beherrschte mit Sicherheit Rendinea. Madiha hatte schon von der Sprache der Wüstendiebe gehört, sie aber noch nie im Einsatz gesehen. Da ihr liebster Dieb aber Teil des Bundes war, musste er sie kennen. Oh, Caleb hätte ihr alles dazu beibringen sollen oder wenigstens das grundlegende Vokabular, dann hätten sich beide auch lautlos miteinander verständigen können! Der Grund, weshalb Madiha niemals jemanden Rendinea hatte nutzen sehen, lag in der Sprache selbst verborgen. Ein kaum vernehmlicher Laut, den man den natürlichen Geräuschen menschlichen Lebens zuordnen konnte, ein Wimpernschlag hier, eine unscheinbare aber vollkommen bewusst eingesetzte Drehung des Kopfes ... all das machte die Gaunersprache zu einer sehr komplizierten wie gleichermaßen effektiven Methode, sich unbemerkt zu unterhalten.
Madiha brauchte jedoch nicht mit Bedauern einer verpassten Möglichkeit an sich hadern. Ja, Rendinea wäre mehr als nützlich gewesen, aber in ihrer kurzen Zeit seit sie diese hätte erlernen können, wäre es ihr nicht gelungen. Darüber hinaus hätte Caleb eine der wichtigsten Grundsatzregeln aller Diebesgemeinschaften brechen müssen, indem er es Außenstehenden beibrachte. Das hätte für ihn wohl mehr als einen einfachen Ausschluss aus dem Bund der Wüstendiebe bedeutet. Dass es solche "Verräter" in den eigenen Kreisen gab, ließ sich jedoch nicht abstreiten. Denn Madiha und Caleb vertrauten einander so sehr, keiner von beiden würde erwähnen, wenn der Taugenichts van Tjenn seiner Liebsten das Vokabular beibrachte. Jetzt kam es dazu aber nicht. Jetzt waren sie auf dem Weg zum Herrn des Hauses Faelyn. Jener entpuppte sich als überraschend gebrechlicher Elf höheren Alters. Er schaffte es nicht einmal, sie außerhalb seines Bettes zu empfangen, so dass Taegan die beiden Eindringlinge bis zum Kopfende des Bettes führen musste, damit sie sich rechtfertigen konnten.
Madiha erkannte Ähnlichkeiten zu Emmyth im Gesicht des Mannes, aber auch Nuancen von Corax. Sofort dachte sie an ihn und welche Wege sie ihm verbauen könnte, weil sie sich nun hatte erwischen lassen. Nervostität drohte, sich einem schleichenden Gift gleich, in ihr auszubreiten. Madiha schluckte sie herunter. Sie durfte ihre Rolle als selbstbewusste Assistentin nun nicht aufgeben, andernfalls würden sowohl sie als auch Caleb fallen. Trotzdem durften sie nicht kopflos vorgehen. Ein Fehler und es wäre aus, auch wenn der Hausherr nicht so wirkte, als fühte er ein tödliches Urteil selbst aus. Dazu hatte er Taegan und Ganvidh. Vor allem von dem Dunkelelfen schien er viel zu halten. Das war jedoch nur Spekulation, aber Madiha bemerkte, wie aufmerksam sie auch hier jegliche Information in sich aufnahm, um damit zu arbeiten. Glücklicherweise wurde es ihr etwas leichter gemacht, denn das Gespräch zwischen ihnen und dem Hausherrn fand auf Celcianisch statt. Unglücklicherweise wünschte der alte Elf, dass Madiha die Sprecherin würde. Er ignorierte Caleb weitestgehend.
"Was fehlt Euch, Herr?", begann sie ihr Gespräch. Er hatte ihr die Wahl gelassen zwischen einer Geschichte oder der Wahrheit. Nur Ausreden wollte er nicht hören, also entschied Madiha sich dafür, wenigstens Höflichkeit an den Tag zu legen. Ein Aufzucken in den grauen Augen des Elfen zeugte davon, dass er ihre Methode mit positiver Überraschung annahm. Dann jedoch nahm er jegliche Kraft zusammen, um die Hand zu heben und mit ihr abzuwinken.
"Das tut nichts zur Debatte", erwiderte er, unterdrückte ein Husten. Sofort war die Dienerin an seiner Seite, bot ihm einen Becher Wasser an und half ihm, sich soweit im Bett aufzurichten, dass er davon trinken konnte. Er seufzte erleichtert auf, ließ sich in die Kissen zurücksinken und seine pflegerische Sklavin verschwand erneut in die Schatten.
Es stand schnell fest, dass falls Corax' mutmaßlicher Vater krank war, er mit Fremden nicht darüber sprechen wollte. Hier gab es kein Weiterkommen. Madiha legte die aufrichtige Höflichkeit somit beiseite und ging stattdessen endlich darauf ein, dem Mann seine Fragen zu beantworten. Sie wollte ihn nicht verärgern.
"Das Arrangement mit Emmyth ist ganz neu. Er hatte gewiss noch keine Gelegenheit."
"Natürlich nicht", knurrte der Alte und ehe er seinem offensichtlichen Groll über den eigenen Sohn weiter Luft machen konnte, warf Taegan aus dem Hintergrund ein: "Wir finden ihn, Herr. Sobald diese ... Assistenten wieder außer Haus si-" Der alte Elf hob erneut die Hand und Taegan verstummte. Danach richtete er seine Augen auf Madiha, ein Signal, dass sie fortfahren mochte.
"Wir sollten herausfinden, wie sicher dieses Haus wirklich ist, denn Euer Sohn hat eine ... Überraschung für Euch." Der Alte schnaubte und hustete erneut. Dieses Mal war es jedoch schwach, so dass die Dienerin sich nicht genötigt sah, ihm noch einmal Wasser anzubieten. Er fing sich schnell wieder. "Verzeiht, dass wir nicht näher darauf eingehen können. Aber ich bin sicher, Euer Sohn hat nur das Beste im Sinn."
"Natürlich hat er das." Der Dunkelelf seufzte. Seine Augen wanderten zu Taegan, bei dem Madiha nun mit ein paar Komplimenten versuchte, die Stimmung zu heben. Taegan ließ sich nicht becircen. Seine Miene blieb auf eine dunkelelfisch kalte Weise neutral. Er reagierte erst, als der alte Elf erneut mit der Hand winkte. Dieses Mal deutete er damit in Richtung Tür.
"Herr", signalisierte Taegan, dass er verstanden hatte. Er verneigte sich steif und wandte sich um. Seine Schritte führten gen Tür.
"Här?!", entkam es Ganvidh. "Wir gehen?"
"Wir haben eine Aufgabe", erinnerte Taegan mit gewisser Gereiztheit ob der Dummheit seines brachialen Kumpanen. Jener folgte ihm mit ratlosem Blick. Ganvidh wäre wohl lieber geblieben, um das Ende der Konfrontation zu sehen. Dass er eigentlich längst im Regen unterwegs sein und Emmyth suchen sollte, hatte er vollkommen aus seinem Gedächtnis gelöscht. Doch dafür war nun einmal Taegan da. Deshalb war er der Anführer ihres Duos und deshalb dackte Ganvidh ihm nun auch treudoof hinterher, ohne weitere Fragen zu stellen.
Als die Tür ins Schloss fiel, atmete der alte Dunkelelf tief durch. Sofort war die Dienerin wieder an seiner Seite. Sie tauchte einen Lappen in eine Wasserschale, um anschließend die Stirn des Mannes abzutupfen, sowie seine Wangen. Er ließ es über sich ergehen, wartete jedoch, bis sie damit fertig war. Dann nickte er dem Mädchen zu und sie zog sich erneut zurück. Wieder trafen die Augen des Alten auf Madiha.
"Ich habe ihm gesagt, er soll es aufgeben. Nicht umsonst war mir lieber, er beschäftigt sich mit der Alchemie ... aber das ganze Elfenhafte. Bei Faldor, diese Zeiten sind vorbei! Das Haus Faelyn glänzt schon lange nicht mehr auf diese Weise ... und mir hilft es nicht. Keine Fee kann den Fortlauf der Zeit stoppen. Erinnert ihn daran!" Der Mann hatte sich etwas in Rage geredet. Er bemerkte es selbst, atmete durch und ließ sich nun tiefer in die Kissen sinken. Für geraume Zeit schloss er seine Augen. Als Caleb schon einen fragenden Blick gen Madiha warf, sprach er jedoch weiter. "Als neue Arbeitskräfte in diesem Haus müsst ihr natürlich auch den Hausherrn kennen. Emmyth ist es nicht - noch nicht. Ihr mögt seinem Befehl unterstehen, aber solange ich noch lebe, dient ihr mir, wenn mein Wort ertönt. Falls euch das widerstrebt, könnt ihr gehen und braucht nicht wiederkehren. Akzeptiert und ihr erhaltet die Möglichkeit, meinem Sohn zur Hand zu gehen. Ich bin Khatar Faelyn, Oberhaupt des Hauses Faelyn, seit Andunies Eroberung hier ansässig wie ihr schon bemerkt habt."
"Freut uns", erwiderte Caleb und deutete einer Verbeugung an. Dann zischte er und hielt sich die ausgekugelte Schulter. Der Hausherr musterte ihn, ging aber nicht auf die Verletzung ein. Stattdessen fragte er nun beide: "Hat Emmyth euch Unterkunft und Verköstigung zugesichert? Ich hoffe, nicht. Falls doch, ist sein Versprechen verwirkt. Ihr müsst selbst sehen, wie ihr euch durchschlagt. Er wird euch eine Summe für eure Arbeit zahlen, darüber hinaus habt ihr in diesem Haus aber nichts zu erwarten. Bedankt euch bei ihm, dass er mich vorab nicht um Erlaubnis für Assistenten gefragt hat!"
"Herr ... regt Euch nicht auf, bitte."
Kathars grauer Blick huschte in die Schatten. Er lächelte seiner Sklavin nicht zu, wohl aber wurden seine Züge etwas weicher und sein Blick milder. Zwei Atemzüge lang schaute er nur, ehe er sich wieder den Gästen widmete. "Weitere Feenforschungen sind untersagt. Das gilt für Emmyth wie für euch. Unterstützt ihn bei seinen alchemistischen Errungenschaften, aber sobald auch nur wieder das Gespräch in Richtung Feen schlägt, erwarte ich, dass ihr ihn aufhaltet ... und mir Bericht erstattet. Ich habe es satt, dass er unerfüllbaren Träumen nachjagt. Dafür ist keine Zeit mehr. Er muss Verantwortung übernehmen. Er ... sollte sich ein Mädchen suchen. Meinetwegen auch ... eine Menschenfrau." Sein Blick ruhte aufmerksam und lange auf Madiha. Lange genug, dass Caleb sich halb vor sie schob.
"Sie ist bereits versprochen ... Herr", sagte er knapp, aber eindringlich.
"Natürlich." Kathar wirkte enttäuscht. "Ich habe genug gehört, abgesehen von euren Namen. Stellt euch vor und dann gewährt einem alten Mann etwas Schlaf. Ich bin sicher, Emmyth hat euch genug Anweisungen erteilt, dass ihr euch bis zu seiner Rückkehr beschäftigen könnt. Oder wisst ihr gar, wo er sich nun wieder herum treibt? Falls ja, bringt ihn hierher - augenblicklich."
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Samstag 20. Januar 2024, 21:47

Es war schon erstaunlich, dass sich ihr Blatt so sehr gewandelt hatte. Madiha trudelte von einem Abenteuer ins nächste und wo sie die meiste Zeit nur eine Randfigur ihrer eigenen Geschichte war, erlebte sie nun immer mehr, was es bedeutete, ins Licht zu treten. Es war noch immer äußerst ungewohnt für sie, gesehen zu werden. Noch immer war es für sie vollkommen normal, wenn andere die Gespräche führten, man sie überging oder geflissentlich mied. Man sah ihr eben die Herkunft und den Wert an, den andere ihr beigemessen haben. Doch dem war nicht mehr so. Madiha lernte immer mehr, dass sie sehr wohl eine Stimme besaß, die es lohnte, gehört zu werden. Sie hatte Harm die Meisterdiebin verkaufen können. Hatte irgendwie Jivvin’s Wohlwollen und Caleb’s Mutter davon überzeugt, dass sie eine gute Partie für ihren Sohn wäre. Madiha hatte Potenzial als Magierin in sich, das hatte ihr Kjetell’o bescheinigt. Und mit Corax verband sie eine gewisse Freundschaft, die sie bis dato auch noch nie erlebt hatte. Insgesamt lief es doch wirklich gut für das Mädchen und Madiha wagte langsam die wahrhaftige Erkenntnis, dass ihre Mutter damals Recht gehabt hatte, ihr ihren Namen zu geben. Madiha – ‚eine Frau, die es wert ist, geliebt zu werden‘. Die Bedeutung war immer etwas gewesen, was dem Mädchen im Gedächtnis geblieben war und die sie mantraartig aufsagte, wenn alles über sie hereinzustürzen drohte. Vermutlich war sie noch lange nicht vollkommen gelöst von ihrem alten Leben. Aber sie war umso ermutigter, den Weg weiterzugehen. So stand sie auch am Bett des Alten, um ihm ins Gesicht zu sehen. Sie war es nicht, die in die Schatten huschte und sich höflich stumm verhielt. Zwar waren einige Worte sicherlich auch von dem wilden Feuer in ihr geprägt, doch das machte nichts. Madiha wollte das Feuer gar nicht ausmerzen, aber sie bot ihm im Gegenzug für seine Geduld ihre Angst an. Und es schien zu klappen.

Der Greis blickte sie kurz überrascht an, als sie nach seinem Gesundheitszustand fragte. Es war nicht mal geheuchelt, denn das Mädchen besaß einen mitfühlenden Kern. Das Leben in Sklaverei hatte ihr gezeigt, wie wichtig jener war, denn sie selbst hatte Mitgefühl nie erfahren. Doch der Elf machte deutlich, dass er darüber nicht zu sprechen gedachte, und sie akzeptierte das. So berichtete sie von dem Arrangement, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Was offenbar bewirkte, dass der Alte seine Wachen fortschickte, damit sie ihre eigentliche Aufgabe erfüllen würden. Madiha war insgeheim erleichtert, dass der Ork und der Dunkle den Raum verließen. Sie wären mit nur einem Blick zu allem bereit gewesen. Das Mädchen aber und der Greis, die würden nicht so versiert sein, wenn Madiha es falsch machte und sich verplapperte. So fiel ein wenig die Anspannung von ihr ab und sie berichtete weiter. "Ich habe ihm gesagt, er soll es aufgeben. Nicht umsonst war mir lieber, er beschäftigt sich mit der Alchemie ... aber das ganze Elfenhafte. Bei Faldor, diese Zeiten sind vorbei! Das Haus Faelyn glänzt schon lange nicht mehr auf diese Weise ... und mir hilft es nicht. Keine Fee kann den Fortlauf der Zeit stoppen. Erinnert ihn daran!", lauschte sie den Worten, während die Magd seine Stirn betupfte. Madiha zuckte es kurz in den Fingern. Kurz war sie versucht, dem Mädchen den Lappen abzunehmen und es selbst zu tun, doch sie beherrschte sich noch gerade rechtzeitig. „Ist die Hoffnung denn falsch?“, fragte sie plötzlich und runzelte selbst die Stirn. Doch bevor er sie auslachen konnte, präzisierte sie: „Was hält uns denn noch davon ab, aufzugeben, wenn nicht die Hoffnung?“, wollte sie wissen und dachte nur daran, dass sie ohne Hoffnung gar nicht hier stehen würde. Dass sie Caleb nicht bei sich wüsste, dass sie niemals geteilt hätten, was sie hatten.
"Als neue Arbeitskräfte in diesem Haus müsst ihr natürlich auch den Hausherrn kennen. Emmyth ist es nicht - noch nicht. Ihr mögt seinem Befehl unterstehen, aber solange ich noch lebe, dient ihr mir, wenn mein Wort ertönt. Falls euch das widerstrebt, könnt ihr gehen und braucht nicht wiederkehren. Akzeptiert und ihr erhaltet die Möglichkeit, meinem Sohn zur Hand zu gehen. Ich bin Khatar Faelyn, Oberhaupt des Hauses Faelyn, seit Andunies Eroberung hier ansässig, wie ihr schon bemerkt habt.", erwiderte er und Madiha neigte kurz den Kopf. Caleb übernahm die Antwort und so schwieg das Mädchen daraufhin. Bei seinem Zischen richtete sie ihre Augen auf ihn und Mitleid durchfuhr sie. Sie mussten ihn zu einem Heiler bringen. "Hat Emmyth euch Unterkunft und Verköstigung zugesichert? Ich hoffe, nicht. Falls doch, ist sein Versprechen verwirkt. Ihr müsst selbst sehen, wie ihr euch durchschlagt. Er wird euch eine Summe für eure Arbeit zahlen, darüber hinaus habt ihr in diesem Haus aber nichts zu erwarten. Bedankt euch bei ihm, dass er mich vorab nicht um Erlaubnis für Assistenten gefragt hat!"

"Herr ... regt Euch nicht auf, bitte."
Madiha beobachtete den milden Ausdruck seiner Augen genau. Es waren jene Kleinigkeiten, die überlebenswichtig wurden, wenn man jemandem diente. Kurz blickte sie zu dem Mädchen in den Schatten und seufzte tonlos. „Keine Sorge, Herr. Wir machen keine Umstände und stellen keinerlei Ansprüche. Uns genügt es, dass wir … mit Emmyth eine… Abmachung haben.“, erwiderte Madiha sachlich und räusperte sich leise. "Weitere Feenforschungen sind untersagt. Das gilt für Emmyth wie für euch. Unterstützt ihn bei seinen alchemistischen Errungenschaften, aber sobald auch nur wieder das Gespräch in Richtung Feen schlägt, erwarte ich, dass ihr ihn aufhaltet ... und mir Bericht erstattet. Ich habe es satt, dass er unerfüllbaren Träumen nachjagt. Dafür ist keine Zeit mehr. Er muss Verantwortung übernehmen. Er ... sollte sich ein Mädchen suchen. Meinetwegen auch ... eine Menschenfrau." Überrascht sah sie den Blick des Mannes und hob beide Augenbrauen. Sofort schoss ihr eine Röte in die Wangen, die sie kaum verbergen konnte. Dann schob sich Caleb in ihr Sichtfeld und machte ganz klar, dass Madiha nicht zu Verfügung stünde. Ihr Blick wurde wärmer und sie grinste im Rücken des Diebes. Es schmeichelte ihr, wenn er klarmachte, dass er zu ihr und sie zu ihm gehörte. Es war jedes Mal eine Bestätigung, dass sie nicht träumte. "Sie ist bereits versprochen ... Herr" "Natürlich. Ich habe genug gehört, abgesehen von euren Namen. Stellt euch vor und dann gewährt einem alten Mann etwas Schlaf. Ich bin sicher, Emmyth hat euch genug Anweisungen erteilt, dass ihr euch bis zu seiner Rückkehr beschäftigen könnt. Oder wisst ihr gar, wo er sich nun wieder herumtreibt? Falls ja, bringt ihn hierher - augenblicklich." Madiha atmete auf, ohne davon zu viel zu verraten. Sie blickte Kathar noch mal an und musterte ihn einen Moment lang. Dann entschied sie sich doch dafür, zu sprechen. „Ist Emmyth euer einziges Kind, Herr?“, fragte sie und neigte etwas den Kopf. Sie wusste nicht, wieso sie diese Frage plötzlich stellte, aber es war eine Chance etwas darüber herauszufinden, wie er zu den Überlegungen stand, die sie anstellten. „Ihr sagtet, er solle Verantwortung übernehmen… Also wird er euer Erbe antreten?“, fügte sie weiter an. Bevor sie jedoch in Ungnade fiel, senkte sie kurz ihr Haupt und sah ihn aus einem festen Blick heraus an. „Mein Name ist Madiha.“, stellte sie sich mit ihrem richtigen Namen vor. Natürlich war er hier exotisch und durchaus eine Gefahr, wenn er in falsche Münder geriet. Aber Madiha wollte hier etwas anderes erreichen. Sie wollte den Mann nicht zum Narren halten und bisher kam er ihr auch recht… vernünftig vor. Für einen Dunklen. Sie wollte ihm das mit gleicher Münze wiedergeben und versuchte einen schmalen Grat zwischen Wahrheit und Lüge. Sobald sie allerdings den Absprung schaffen konnten, würde sie sich und Caleb nicht länger aufhalten. Sie mussten zusehen, dass sie das Anwesen verließen. „Wir wissen leider nicht, wo er sich derzeit aufhält. Aber wir sahen ihn nur vor ein paar Stunden. Sorgt euch nicht. Ich bin sicher, er hegt nach wie vor die Hoffnung, dass er euch in eurem Zustand helfen kann… Und wenn es soweit sein sollte, wird er bestimmt jene Verantwortung übernehmen, die ihr ihm auferlegt.“, schloss die Sarmaerin dann noch und versuchte ein wenig die Lanze für Emmyth zu brechen. Es war seltsam. Eigentlich war ihr das alles zu unheimlich, die Feen taten ihr leid und dennoch… Madiha vergaß Corax bei allem nicht. Und bisher hatte sie nichts entdeckt, dass eine Wiederkehr des einstigen Sohnes in dieses Haus unüberwindbar machen würde. Madiha glaubte, Corax könnte froh sein, wenn er erfuhr, dass er Vater und Bruder besaß. Was allerdings mit der Mutter wäre… nun, sie wagte es nicht, auch noch nach ihr zu fragen, wenn sie nicht gänzlich Gefahr laufen wollte, aufzufliegen.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 25. Januar 2024, 11:03

Kathar Faelyn war vielleicht gebrechlich, aber gewiss im Geiste kein altersschwacher Mann. Er setzte seinen Verstand aufmerksam ein und so schickte er trotz allen Vertrauens in seinen loyalen Soldaten Taegan mitsamt Ganvidh hinaus. Sobdald Elf und Ork den Raum verlassen hatten, besserte sich die Stimmung. Auch Madiha musste zugeben, dass sie erleichtert war. Beide Wächter hatten nicht gezögert, Caleb sofort die Schulter auszurenken. Das sprach für die Wächter, wenn man denn loyale Untergebene benötigte. Es sprach nicht für Anführer, die auch wissen mussten, wann es von Vorteil war, lieber ein Gespräch zu führen. Kathar wusste das und er ließ Madiha sprechen. Er belohnte sie mit Offenheit. Sie erhielt Informationen darüber, wie der alte Elf über seinen eigenen Sohn dachte. Er hegte keinen Groll gegen Emmyth. Das könnte auch für Corax ein Pluspunkt sein. Es störte ihn jedoch, dass sein Sohn Forschungen an Feen betrieb. Damit gewann Kathar Madihas Gunst, wenigstens in diesem Punkt. Sie hatte Morrigans Skelett noch gut in Erinnerung, ebenso die ausgestellten Flügel in den Vitrinen und nicht zuletzt die winzigen Käfige im Keller, zusammen mit den kleinen Fesseln. Wenn Emmyth aufhörte, Feen zu fangen - davon war zumindest auszugehen anhand dessen, was die Sarmaerin herausgefunden hatte - konnte sie auch ihm wieder mehr Sympathie entgegenbringen. Bei seinem Vater war das schon der Fall. Kathar machte keinen grausamen Eindruck. Das bewies vor allem sein Umgang mit der Pflegerin. Madiha besaß als einstige Sklavin einen besseren Blick auf die Situation als beispielsweise Caleb. Wo er nur eine weitere, menschliche Sklavin sehen würde, unterjocht von den dunklen Völkern, da erkannte Madiha zwar ebenfalls die geselleschaftlichen Verhältnisse zwischen Morgerias Elfen und den andunischen Einwohnern, wohl aber sah sie ebenfalls, dass Kathar versuchte, es der jungen Frau nicht unnötig schwer zu machen. Sie wirkte nicht wie eine Sklavin, die man in die Kerker sperrte oder für den Versuch der Selbstverwirklichung auspeitschte. Sie sah gesund und unverletzt aus, wirkte ehrlich um die Gesundheit ihres Herrn besorgt. Sie könnte auch einfach eine angestellte Dienerin sein. Bedachte man das Gespräch zwischen der dicken Köchin und ihrer Hilfe Kepi, traf das auch auf andere Sklaven des Haushalts zu. Keiner von ihnen strahlte wahrlich Furcht aus. Das Haus Faelyn ging sorgsam mit jenen um, die unter ihrem Dach lebten. Das spendete Hoffnung für Corax, hier familiäre Bande unter glücklichen Umständen knüpfen zu können. Aber Madiha wollte auch Emmyth nicht kleinreden. Sein Handeln mit den Feen mochte nicht die beste Idee sein, aber seine Motive schienen gut zu sein. Er wollte seinem Vater helfen.
"Ist die Hoffnung denn falsch? Was hält uns denn noch davon ab, aufzugeben, wenn nicht die Hoffnung?"
"Unsere Pflichten", erwiderte Kathar. "Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, doch bei mir traf das nicht zu. Sie ist schon lange fort." Er seufzte sehr tief aus. Für den Moment brach der Blickkontakt zu Madiha. Kathar richtete ihn anchließend auch nicht erneut auf sie aus, sondern auf Caleb. "Hoffnung ist ein guter Antrieb, aber nicht, wenn man auf utopische Verhältnisse hofft. Emmyth jagt einem Hirngespinst nacht. Ihr seid Andunier, nicht wahr?" Caleb nickte langsam. "Sagt mir, hofft Euer Volk noch darauf, sich von den Dunklen befreien zu können? Kämpft es diesen aussichtslosen Kampf, die Stadt zurückerobern zu können?"
Calebs Augen huschten kurz zu Madiha und wieder zurück. Mit der unverletzten Hand fuhr er sich durch das Haar. Er dachte lange über die Antwort nach. Schließlich schüttelte er den Kopf. "Nein", sagte er. "Das glaube ich nicht und vermutlich ebenso die meisten Andunier. Aber sie hören nicht auf zu hoffen. Es muss nicht ins Extreme gehen, nicht schwarz gegen weiß, nicht dunkle Völker gegen Andunie. Ich schätze, die meisten hoffen auf Frieden. Auch gemeinsam etwas aufzubauen, kann diesen Frieden sichern."
Kathar betrachtete Caleb sehr lange. Er erwiderte nichts. Gleiches galt für den Moment, da Caleb Madiha verteidigte. Er zögerte nicht, dem Elfen mitzuteilen, dass sie für Emmyth als potenzielle Heiratskandidatin nicht zur Verfügung stand. Madihas Herz machte diesbezüglich einen Hüpfer. Caleb hing an ihr und sie an ihm. Er setzte sich dafür ein. Er wollte sie nicht hergeben. Er stellte Ansprüche und einer davon war sie! Es tat gut, geliebt zu werden. Madiha gewann in Calebs Beisein an mehr Wert als sie es jemals bei Abbas oder Khasib gefühlt hatte. Dort war sie ein niemand, nicht einmal als denkendes Wesen mit Gefühlen definiert. Sie war eine Arbeitskraft, ein Werkzeug, an dem andere sich verlustieren konnten. Und sie war ein Problem, als sich das Feuer erstmals in ihr regte. Bei Caleb jedoch trat all das in den Vordergrund, was andere hatten vernichten wollen. Er förderte ihr Heraustreten aus den Schatten. Er unterstützte es, dass auch sie Bedürfnisse besaß. Er wollte ihre Wünsche erfüllen und helfen, dass sie all das förderte, an dem sie Interesse hatte. Am wichgisten dabei war allerdings, dass er an ihrer Seite sein wollte, wenn sie all diese Freiheiten für sich entdeckte. Niemals würde er sie ins kalte Wasser werfen. Caleb wollte mit ihr schwimmen.
Sie war ihm so wichtig wie Emmyth es für Kathar war. Nicht nur, weil er die Blutlinie des Hauses Faelyn fortgesetzt sehen wollte. Er wünschte sich für seinen Sohn, den richtigen Weg zu finden. Er verbat ihm seine Interessen nicht, aber er wollte jene fördern, die ihn weiterbringen könnten. Er wollte ihn auf Dinge aufmerksam machen, die Emmyth in seinem Streben übersah und die ihm vielleicht auf eine ganz andere Weise das Glück versprechen könnten.
"Ist Emmyth Euer einziges Kind, Herr?" Madihas plötzliche Frage breitete sich im Raum aus und vertrieb jegliches Geräusch. Es wurde still. Kathar Faelyn wurde still. Seine Augen richteten sich auf sie aus. Sein grauer Blick durchdrang die Sarmaerin wie ein paar farbloser Juwelen. Er erinnerte an Corax' Rubine, nur dass man ihm die warme Röte genommen hatte. Trotzdem brannte etwas darin und es versuchte, sich tief in Madihas Seele vorzuarbeiten.
Madiha hielt ihm stand. "Ihr sagtet, er solle Verantwortung übernehmen ... Also wird er Euer Erbe antreten?"
"Bedauerlicherweise hat er keine andere Wahl", entgegnete Kathar. Erstmals wirkte er nicht vollauf konzentriert. Er führte das Gespräch fort, ohne mit seiner Wachsamkeit darüber zu schweben wie ein Turmfalke über seiner Beute. Etwas beschäftigte ihn. Das hatte zum Anlass, dass es für Madiha und Caleb Zeit wurde, zu gehen. Die Pflegerin trat plötzlich an ihre Seite und räusperte sich. Ein vertrautes Zeichen für die einstige Sklavin. Würden sie und ihr Dieb das Signal nicht deuten können, würde die Magd sie mit Worten aufmerksam machen müssen, den Raum zu verlassen, notfalls noch die Gesundheit ihres Herrn vorschieben oder eine andere Ausrede, damit es für alle die Würde wahrte. Auch bei Khasib war das oft vorgekommen und Madiha wusste, wie sehr sie selbst und die anderen Mädchen des Harems es verabscheut hatten, die Gäste hinaus zu geleiten. Khasib zog sich niemals den Zorn seiner Freunde und Vertragspartner zu. Seine Sklaven machten sie, denn sie waren es, die ein Treffen beendeten. Manchmal mussten sie ihre Körper anbieten, um einen engstirnigen Gast zu überreden, einen anderen Raum aufzusuchen, Schlafzimmer gab es genug!
Auch Caleb schien die Prozedur zu kennen, obwohl er niemals Sklave gewesen war. Er machte es der Magd nicht schwer und wandte sich gen Tür, nachdem er Kathar noch seinen Namen mitgeteilt hatte. Madiha tat es ihm gleich. Als beide aber schon am anderen Ende des Raumes waren und die Pflegerin gerade einen Flügel der Tür aufschob, meldete sich der greise Elf von seinem Bett aus noch einmal zu Wort.
"Du, die du es wert bist, geliebt zu werden - Madiha." Er räusperte sich, um den Hustenreiz erneut zu unterdrücken. "Warum hast du mich gefragt, ob Emmyth mein einziges Kind ist?"
Caleb, der schon beim ersten Erheben von Kathars Stimme erstarrt war, sog neben Madiha hörbar die Luft in sich ein. "Es ist noch nicht vorbei", raunte er ihr zur und wollte sich schon wieder umdrehen. Vom Bett aus wischte der alte Elf ihn mit einer Handbewegung fort. "Ihr könnt gehen, Caleb. Meine liebe Beth, bring ihn zum Heiler des Hauses. Ihr, Madiha, beantwortet mir meine Frage. Vorher lasse ich Euch nicht ziehen."
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 2. Februar 2024, 23:01

Madiha stellte die Frage nach der Hoffnung. Sie wollte wissen, was einem noch blieb, wenn man nicht mehr hoffen konnte und sprach auch aus eigener Erfahrung. "Unsere Pflichten“, antwortete der kränkliche Hausherr und ihr Blick zuckte zu ihm. Kurz runzelte sich ihre Stirn und Madiha wollte protestieren, doch sprach er bereits weiter. "Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, doch bei mir traf das nicht zu. Sie ist schon lange fort. Hoffnung ist ein guter Antrieb, aber nicht, wenn man auf utopische Verhältnisse hofft. Emmyth jagt einem Hirngespinst nach. Ihr seid Andunier, nicht wahr? Sagt mir, hofft Euer Volk noch darauf, sich von den Dunklen befreien zu können? Kämpft es diesen aussichtslosen Kampf, die Stadt zurückerobern zu können?" Ihr Blick ruhte auf dem Gesicht des Alten, bevor auch sie zu Caleb blickte. Sie sah, wie er darüber nachdachte und sie fragte sich, was er wohl antworten würde. Denn schließlich hatte er sie gebeten, hier bei ihm zu bleiben, damit er für sein Volk kämpfen und seine Familie rächen konnte. Aber das konnte er dem mutmaßlichen Vater von Corax nicht sagen… oder? “Nein. Das glaube ich nicht und vermutlich ebenso die meisten Andunier. Aber sie hören nicht auf zu hoffen. Es muss nicht ins Extreme gehen, nicht schwarz gegen weiß, nicht dunkle Völker gegen Andunie. Ich schätze, die meisten hoffen auf Frieden. Auch gemeinsam etwas aufzubauen, kann diesen Frieden sichern." Sie betrachtete Caleb einen Moment und suchte in seinem Blick nach einer Lüge. War es genau das, was er sich vorstellte? Wollte er seiner Heimat zu einem Miteinander verhelfen? Oder log er Kathar etwas vor und plante hintenrum doch einen extremeren Weg? Im Grunde konnte Madiha sich das nicht vorstellen, aber der Verlust seines Vaters könnte ihm auch neue Wege gezeigt haben. Sie hielt sich dabei heraus, denn Andunie war nicht ihre Heimat. Ihre kämpfte noch immer gegen die Besetzer und würde wohl nicht so schnell den Frieden wählen. Dafür waren Sarmaer nicht bekannt und das war etwas, das ihnen noch das Genick brechen würde.
Doch Madiha war weit weg. So weit weg, wie Caleb sie hatte bringen können. Andunie war ein Neuanfang und sie wollte nicht zurückschauen. Als der Alte darauf anspielte, dass sie für Emmyth in Frage kommen könnte, da sprang Caleb ihr sofort zur Seite. Wärme empfand sie dabei und konnte ein kleines Lächeln nicht verhindern. Dann wurde es, nachdem sie Kathar ein wenig aus der Reserve gelockt hatte, Zeit zum Gehen. Madiha hätte jetzt gerne weiter gefragt. Hätte gerne den Hebel weiter genutzt, doch sie wollte auch nicht übertreiben. Sie war ein wenig beflügelt von den Dingen, die sie erlebt hatte und brauchte wohl mehr Balance, als sie derzeit in der Lage war zu haben. So verabschiedete sie sich und nannte ihren Namen, um dann mit Caleb gemeinsam den Raum bis zur Tür zu durchqueren. Sie hatten es fast geschafft und Madiha spürte, wie die Anspannung von ihr fallen wollte. Doch noch nicht. Nicht jetzt! Noch bevor sie sich an der Magd vorbeidrücken konnte, ertönte abermals die krächzende Stimme des Greis.

"Du, die du es wert bist, geliebt zu werden - Madiha." Madiha’s Kopf ruckte herum und starrte ihn an. Ihr lief ein Schauer über den Rücken und sofort brannten Tränen in ihren Augen. Sie konnte das gar nicht aufhalten, aber die Bedeutung ihres Namens war etwas, das sie schon sehr, sehr lange nicht mehr gehört hatte. Eigentlich nie… und wenn doch mal, dann nur mit Verachtung in der Stimme. "Warum hast du mich gefragt, ob Emmyth mein einziges Kind ist?" Sie schluckte und hörte die geraunten Worte von Caleb. Sofort war ihre Anspannung wieder da. Sie war zu weit gegangen und hatte sie in Gefahr gebracht. "Ihr könnt gehen, Caleb. Meine liebe Beth, bring ihn zum Heiler des Hauses. Ihr, Madiha, beantwortet mir meine Frage. Vorher lasse ich Euch nicht ziehen." Nun sank ihr das Herz in die Hose. Sie blinzelte und wandte sich Caleb zu, der nun nicht bei ihr bleiben sollte. Für einige Sekunden wirkte sie hilflos und wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Überforderung wollte sich breitmachen. Sie atmete tief durch, einmal… zweimal. Dann klärte sich die Angst in ihrem Blick etwas und wich einem entschlossenen Ausdruck. Sie lehnte sich vorsichtig an Caleb und schenkte ihm ein Lächeln. „Lass dich behandeln.“, flüsterte sie liebevoll und hielt ihren Blick in seinem Blaugrün. „In der Nische. Wie abgemacht.“, raunte sie ihm leise zu und erinnerte ihn daran, dass sie ausgemacht hatten, dort aufeinander zu warten, wenn etwas schiefgehen sollte.
Sie wartete, bis Caleb gegangen war und wandte sich daraufhin wieder dem Bett zu. Sie straffte ihre Schultern, wartete aber darauf, ob sie noch mal näherkommen durfte oder bleiben sollte, wo sie war. Dann atmete sie noch mal durch und schluckte den Kloß der Angst hinunter. Was nun?! „Neugierde, Herr“, setzte sie an und ließ das einen Moment wirken, um seine Stimmung einzufangen. Dann aber führte sie aus: „Ich… traf euren Sohn das erste Mal in den Gassen, die zum Markt führen“, berichtete sie und versuchte sich vage zu halten. „Und ich dachte, es wäre… ein… Freund von mir.“, erklärte sie vorsichtig weiter. Sie lauerte auf seine Stimmung, alles, was ihr Hinweis geben konnte, dass sie gleich um ihr Leben bangen musste. „Denn… euer Sohn, glich meinem Freund auf erschreckende Weise…“, erklärte sie ihm und blieb doch sehr nahe an der Wahrheit. Madiha spielte ihre Karten und konnte nur hoffen, dass Kathar sich über die Nachricht freuen könnte. Wenn sie nun als Gefahr galt… nun… dann würde sich wohl zeigen, wie schnell sie rennen und vor allem lernen konnte, wie eine Meisterdiebin zu fliehen.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Sonntag 4. Februar 2024, 20:32

Madiha hatte Caleb gesehen. Sie hatte ihn erlebt, als er mit ihr in den Hafen Andunies eingelaufen war und anschließend die Schrecken an den Docks hatte sehen müssen. Die Dunkelelfen, welche umher stelzten, während alle anderen sich zu verstecken schienen. Die abgetrennten Hände zu einem blutigen Strauß als Ersatzschild über einer Taverne aufgehängt, in der Corax später so viele Leben genommen hatte. Auch das war schrecklich gewesen, aber für Caleb traf dies auch auf den Anblick seiner Heimat zu. Erschreckt, das hatte es ihn. Ausreichend, dass seine Füße ihn von allein bis vor das Elternhaus geführt hatten, nur damit er dort mit dem Tod seines eigenen Vaters und der Blendung seiner Mutter konfrontiert werden musste. Estelle hatte das Glück, dass ihre neue "Herrin" Jivvin sich als durchaus umgängliche Dunkelelfe entpuppt hatte. Nicht jedem war dieses Schicksal beschert worden. Somit hatte Caleb Grund genug, die Hoffnung zu verlieren oder aber einen anderen Antrieb zu wählen, um seine Ziele zu erreichen: Rache. Doch hier stand er, neben ihr an der Tür, den Blick noch einmal Kathar Faelyn zugewandt, und sprach von einem gemeinsamen Leben. Er hatte Madiha gegenüber erwähnt, dass er Andunie retten wollte, aber über die Methoden geschwiegen. Nun offenbarte er sie erstmals und sie klangen harmonischer als man es jedem zutrauen mochte, der seine Heimat so hatte auffinden müssen. Würde Madiha ähnliche Gedanken hegen, kehrte sie jemals in ein von Dunkelelfen besetztes Sarma zurück, in dem sie auf Leichen oder Versklavte traf, die sie kannte? Nun, die meisten, welche sie kannte, waren bereits versklavt. Insofern änderte sich nichts. Aber es gab auch Ausnahmen ... Dunia, Ilmy. Würde sie auf ein Zusammenleben zweier Völker hoffen, wenn sie mitansehen musste, wie die stolze sarmaer Diebin sich erneut verkaufte, um zu überleben oder wie Ilmy von einer aufstrebenden Feuermagierin zu einer Sklavin in irgendeinem Haushalt wie dem Khasibs verkam?
Ganz gleich, wie ihre Antwort ausfiel, es fiel ihr schwer, Calebs Wahrheit hinter den seinen zu deuten. Meinte er es ernst oder spielte er dem alten Elfen nur etwas vor, das passabel genug klang, um es zu glauben? Sie erfuhr es nur, wenn sie ihn fragte, aber dazu sollte es vorerst nicht kommen. Caleb schmerzte noch immer die ausgekugelte Schulter und Kathars Magd sollte ihn zu einem Heilkundigen im Haus bringen. Rasch raunte Madiha ihm noch etwas auf Sendli zu, erinnerte ihn an ihren gemeinsamen Treffpunkt, falls etwas schief ging. Sie konnte ihn nämlich nicht begleiten. Sie sollte noch bei Kathar bleiben. Aber sie konnte sich jetzt ohnehin nicht vom Fleck rühren.
Die, die es wert war, geliebt zu werden ... er kannte die Bedeutung ihres Namens, ein sarmaer Name. Er wusste darum. Nicht einmal Caleb hatte sie je darauf angesprochen, aber dieser alte Elf brachte ihr Herz beinahe zum Stehen, indem er es laut aussprach. Ein Schauer lief ihr den Rücken herunter, ließ sie verharren und Tränen drohten, ihre Augen zu füllen. Die Magd nutzte die Zeit, um mit Caleb aus dem Schlafzimmer zu gehen und die Tür zu schließen. Madiha blieb allein bei dem Mann zurück, der mehr über ihren Namen kannte als sonst ein Lebender. Als sie schluckte und erneut zu ihm hinüber schaute, winkte er sie mit einem Wink heran. Danach sank seine Hand zurück auf das Bett und er seufzte, als hätte es ihn alle verbliebene Kraft gekostet. Trotzdem war es ihm das wert. Er war daran interessiert, warum Madiha ihm ihrerseits Fragen stellte. Warum sie nach weiteren Kindern neben Emmyth fragte.
"Neugierde, Herr", antwortete sie und erkannte sofort an seinem sich engenden Blick, dass ihm diese Aussage nicht genügte. Er mochte gebrechlich sein, aber seine Augen waren klar. Er schaute sie wachsam an. Natürlich könnte sie ihm entkommen, vielleicht sogar durch einen Dienstboteneingang, falls sie jenen rechtzeitig fand. Der Alte käme unmöglich allein aus dem Bett, ohne sich alle Knochen zu brechen. Er war keine Gefahr und dennoch vermochte er es, sie allein mit seinem Blick an Ort und Stelle festzunageln. Ja, es reichte sogar dazu, sie zu mehr Worten zu drängen. Madiha versuchte, bei der Wahrheit zu bleiben, ohne Corax direkt zu verraten.
"Ich ... traf Euren Sohn das erste Mal in den Gassen, die zum Markt führen. Und ich dachte, es wäre ... ein ... Freund von mir. Denn ... Euer Sohn glich meinem Freund auf erschreckende Weise..." Madiha beäugte den Mann im Bett. Sie analysierte sein Gesicht, suchte nach jeder noch so kleinen Regung, die ihr vorzeitig Aufschluss auf seine Reaktion gab. Seine Miene blieb zunächst neutral. Selbst als er ihr etwas entgegnete, veränderte sie sich kaum. Nur die Brauen zogen sich etwas zusammen, mehr in Enttäuschung als Verärgerung. "Wir sind alle gleich, nicht wahr? In den Augen der Menschen sind wir Dunkelelfen. Das böde Volk, jenseits des Drachengebirges, das alles Nichtelfische unter sich begraben will. Schwarze Haut, schwarzes oder weißes Haar, schwarze Herzen ... so sind wir für euch. Deshalb erkennt ihr keine Unterschiede." Dann aber zuckten seine Brauen etwas empor. Er musterte Madiha ausgiebiger. "Ein Freund?", fragte Kathar nach. Er klang aufrichtig, ja fast überrascht. Er war alt, doch sein Verstand so hell wie seine grauen Augen. Wenn Madiha eine erschreckende Ähnlichkeit zu seinem Sohn in jemanden sah, den sie ihren Freund nannte, dann musste jener...
"Euer Freund ist ein Dunkelelf." Es war keine ausformulierte Frage. Diese folgte nach einer Pause, in der die Erkenntnis hatte sacken können. "Wer ist er? Ich reiste zwar nicht mit der Armee an, wohl weiß ich aber, dass sich die Soldaten kaum Freunde unter den Menschen gemacht haben. Es sind die nachgereisten Familien, die versuchen, Bande zu knüpfen, denn sie wissen, dass diese notwendig sind, wenn die Gesellschaft als Ganzes funktionieren soll." Er hustete wieder und schaute zu seinem Glas, das weit weg von ihm auf dem Nachttisch stand. Nur seine Menschensklavin war noch weiter fort. "Erzähl mir von deinem dunkelelfischen Freund. Wie heißt er und wie konntest du ihn mit Emmyth verwechseln?" Den zweiten Teil seiner Frage gab er eher lapidar von sich. Emmyth stach unter seinesgleichen schließlich nicht groß hervor. Er war ein klassischer Dunkelelf mit schwarzer Haut, schwarzen Haaren und roten Augen. Unter seinem Elfenschlag war das nichts Ungewöhnliches. Aber Madiha hatte von erschreckender Ähnlichkeit gesprochen und das schien ihm weiterhin im Hinterkopf zu sitzen. Kathar würde seine Antworten schon erhalten, auch wenn er Umwege ging, um Informationen zu erhalten. Einige davon hatten ihn sogar wortlos erreicht, wie sich zeigte. "Gibst du deshalb vor, für meinen Sohn zu arbeiten? Weil er deinem Freund so ... erschreckend ähnlich sieht? Erzähl mir, was dahinter steckt und ich kann darauf verzichten, ein klischeehafter Dunkelelf zu sein." Kathar machte bei weitem nicht den Eindruck, eine blutrünstige Tat zu begehen. Dazu war er physisch überhaupt nicht mehr in der Lage, aber in seiner Stimme lag das Selbstbewusstsein eines Mannes, der genau wusste, was er sagte. Er vertraute darauf, dass die Sarmaerin hier nicht lebend herauskam, wenn er es nicht wünschte ... und dass er, im Gegensatz zu ihr, die Situation sehr wohl überstehen könnte. Das machte ihn unheimlich als ein gerüsteter Soldat wie Taegan oder Ganvidh es waren.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 5. Februar 2024, 09:13

Madiha ertappte sich dabei, dass sie den Gedanken nicht richtig zulassen konnte, was sie an Caleb’s Stelle getan hatte. Sie war nie rachsüchtig und gewaltbereit gewesen und konnte sich auch nicht vorstellen, ihre magischen Fähigkeiten dahin zu schulen, es jemals zu werden. Ilmy hatte sie früher für eine Kämpferin gehalten. Mehr aufgrund ihrer Narben als alles andere, aber schon damals hatte sich Madiha nicht wirklich mit dieser Bezeichnung anfreunden können. Allerdings war sie damals auch noch vollständig in ihrem Sklavendenken verhaftet gewesen. Jetzt aber, Monate später, war sie jemand anderes und dennoch gleichgeblieben. Sie sah in Caleb ihr größtes Glück und unterstützte ihn darin, seinen Wunsch zu erfüllen. Sie hatte ihm zugesichert an seiner Seite zu bleiben, damit er Andunie wieder aufbauen konnte. Damals hatte er noch keinen konkreten Plan im Kopf gehabt und nur charmant gelächelt, wie er es oft tat.
Offenbar hatte Kathar’s Frage ihm nun mehr Klarheit beschert, als es Madiha zum früheren Zeitpunkt geschafft hatte. Und die Antwort gefiel dem gutmütigen Herzen der Samaerin, doch wusste sie noch nicht recht, ob Caleb das auch wirklich ernst meinte. Allerdings würden sie das nun auch nicht erörtern können, denn der kränkliche Dunkelelf im Bett riss sie auseinander. Madiha gab Caleb noch eine kleine Sicherheit mit, dass sie ihre Abmachung nicht vergessen hatte und erinnerte ihn gleichfalls daran. Keine Dummheiten – sie hatten es sich versprochen. Mit einem wachsenden Unbehagen sah sie dem Dieb nach, als er von der Magd nach draußen begleitet wurde. Ihr Herz klopfte, als die Tür wieder ins Schloss fiel und sie hier einschloss. Madiha fühlte sich noch immer nicht wirklich fähig, wenn sie allein agieren sollte. Mit Caleb im Rücken fiel es ihr doch deutlich leichter. Nun aber würde sich zeigen müssen, wie sie zurechtkäme. So straffte sie ihre Schultern, bemühte sich um Souveränität und folgte dem schwachen Wink, zurück näher zum Bett. Das Mädchen nahm dieselbe Position ein, wie zuvor und blickte auf den Elfen herab. Ihre Antwort missfiel dem Alten offenbar, denn sein Blick bohrte sich in ihren und veranlasste sie, etwas mehr auszuholen. Madiha blieb vorsichtig. Das hatte sich nie geändert und nur manchmal überlagerten andere Gefühle diese Zurückhaltung. Zum Beispiel, wenn es um Caleb ging. Dann stellte sie sich auch einem dreimal so breiten und gefühlt doppelt so großem Ork in den Weg. Aber jetzt? Kathar war altersschwach aber besaß noch immer genug Leben in sich, um sie auf der Stelle in arge Bedrängnis bringen zu können. Sie wollte vorsichtig sein und so wählte sie ihre Worte mit Bedacht.

Während sie sprach, beobachtete sie sein Gesicht und entdeckte dann eine feine Nuance von… Enttäuschung? Madiha stutzte. "Wir sind alle gleich, nicht wahr? In den Augen der Menschen sind wir Dunkelelfen. Das böde Volk, jenseits des Drachengebirges, das alles Nichtelfische unter sich begraben will. Schwarze Haut, schwarzes oder weißes Haar, schwarze Herzen ... so sind wir für euch. Deshalb erkennt ihr keine Unterschiede." Ihre Augen öffneten sich ein Stück und sie entspannte ihre Haltung. Daraufhin schüttelte sie abwehrend den Kopf. So hatte sie das nicht gemeint. Aber Kathar schien selbst auf diesen Gedankenpfad zu gelangen. "Ein Freund?" Sie nickte und lächelte minimal. „Ich habe es nicht als Verallgemeinerung gemeint, Herr.“, unterstrich sie und eine leichte Milde stellte sich in ihrem Blick ein. "Euer Freund ist ein Dunkelelf. Wer ist er? Ich reiste zwar nicht mit der Armee an, wohl weiß ich aber, dass sich die Soldaten kaum Freunde unter den Menschen gemacht haben. Es sind die nachgereisten Familien, die versuchen, Bande zu knüpfen, denn sie wissen, dass diese notwendig sind, wenn die Gesellschaft als Ganzes funktionieren soll. Erzähl mir von deinem dunkelelfischen Freund. Wie heißt er und wie konntest du ihn mit Emmyth verwechseln?" Nach all den Worten, hustete Kathar kläglich und seinem Blick folgte Madiha’s Hand automatisch. Sie dachte nicht mal groß darüber nach, ihm das Wasserglas zu reichen. Sie griff danach, nahm ein kleines Handtuch dabei und hielt ihm den Glasrand so hin, dass er einen Schluck nehmen konnte. Das Handtuch hielt sie zum Schutz darunter, falls er kleckerte. Dabei verlor sich Madiha’s Festigkeit in ihrer Haltung und machte Platz für ihr wahres Naturell.
Ein hilfsbereites Mädchen, das in dem jungen Leben deutlich zu viel erlebt hatte und dennoch alles dafür tat, das beste daraus zu machen und für sich ein Leben lebenswert zu gestalten. „Ich kann euch versichern, dass ich tatsächlich keine Unterschiede erkennen kann, weil ich bisher nicht oft mit Euresgleichen zutun gehabt hatte.“, sie stellte das Glas beiseite, sofern er fertig wäre. „Ich habe vor ein paar Monaten das erste Mal von Dunkelelfen erfahren…“, sie hielt inne und erinnerte sich noch mal an den Tag, als Sarma überrannt wurde. Zuvor hatte Madiha kaum etwas mit irgendwelchen Völkern zu tun gehabt. Sie schüttelte die Gedanken ab. „Meine ersten Berührungspunkte mit Angehörigen eures Volkes hätten mich beinahe mehrfach das Leben gekostet.“ Sie musterte ihn. „Aber hier stehe ich…“, lächelte sie leicht, „und einer von euch ist einer von mir.“ Einen Moment ließ sie die Worte wirken.

„Rubinrote Augen, so wunderschön, dass man sich kaum sattsehen kann. Rabenschwarzes Haar und ungefähr so groß“, beschrieb sie mit einer Geste ihrer Hand, Corax. „Er hat versucht mich zu töten. Ich konnte ihm vergeben, weil ich erfuhr, wer er war und was er hatte durchmachen müssen. Und dann ist er mein Freund geworden.“ Madiha tat nun etwas, das man vermutlich nicht tun sollte. Aber das machte sie ohnehin am laufenden Band. Sie setzte sich halb auf die Bettkante und blickte Kathar weiterhin an. "Gibst du deshalb vor, für meinen Sohn zu arbeiten? Weil er deinem Freund so ... erschreckend ähnlich sieht? Erzähl mir, was dahintersteckt und ich kann darauf verzichten, ein klischeehafter Dunkelelf zu sein." Ihre Augenbrauen hoben sich etwas, während sie ihn betrachtete. Doch dann trat erneut eine Milde in ihren graublauen Blick und sie folgte ihrem Bauchgefühl. „Ihr müsst mir nicht drohen, Kathar.“, sprach sie ruhig weiter. Drohungen kannte Madiha nur zur Genüge. Und dass er sie nicht körperlich angehen konnte, half ihr etwas dabei, ihren eigenen Weg nicht zu verlieren. „Vor sehr, sehr langer Zeit, hat mein Freund das Leben verloren, das für ihn eigentlich vorgesehen war. Und über Umwege, weite, weite, Umwege… ist er nun hier und ich treffe euren Sohn. Und die Ähnlichkeit ist….“, sie suchte nach den richtigen Worten, „…einfach nicht zu leugnen. Als… als würden es… Brüder sein…“ sie hob den Blick vorsichtig und achtete nun genau auf das Gesicht des Alten. Madiha aber ging noch einen Schritt weiter, überging ihre Sicherheit, überging ihren eigentlichen Plan und nutzte den Moment. Sie griff nach der knöchernen Hand und umschloss sie mit ihren Fingern. „Was ist eurer Familie passiert, Kathar?“, stellte sie nun ihrerseits eine Frage und hielt den Blick fest in seinem. Madiha – die Frau, die es wert war, geliebt zu werden. Aber die auch so viel für andere zu geben bereit war, wenn sie sie damit unterstützen konnte. Sollte Kathar nun ein klischeehafter Dunkelelf sein? Oder war auch er anders, als man es erwartete? Madiha hatte durch Corax gelernt, dass nicht hinter jedem schroffen Wort und jeder blutrünstigen Handlung auch das abgrundtief Böse lauerte. Manchmal war die Seele einfach nur verletzt…
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 7. Februar 2024, 10:48

Sie waren Eroberer. Sie hatten einen Feldzug auf sämtliche Städte diesseits des Drachengebirges gewagt. Sie hatten nicht einmal vor Madihas Heimatinsel Halt gemacht. Sie eroberten Städte, aber ... nicht alle von ihnen waren böse. Vermutlich konnte man nicht einmal allen Soldaten eine natürliche Mordlust und Blutrünstigkeit zuschreiben. Nicht einmal dann, wenn sie ihre ernannten Feinde niederstreckten. Einige von ihnen handelten, weil man sie auf das Töten hin erzogen hatte. Andere erhofften sich durch die Ausweitung des eigenen Lebensraumes einen Ort, zu dem ihre Familien ziehen und etwas Besseres beginnen konnten. Familien wie die Faelyns. Kathar war alt und gebrechlich, doch er besaß einen wachen Geist. Vor allem aber war er offen für die Welt. Er sprach mit einer Nicht-Dunkelelfe, mit Madiha. Die Motive mochten nicht in einem gemeinsamen Miteinander begründet sein und doch stand sie hier am Bett des Dunkelelfen und unterhielt sich mit ihm. Mehr noch! Als Kathar nach einem längeren Monolog erneut von einem Hustenanfall durchgerüttelt wurde, reagierte Madiha. Jetzt war keine Magd anwesend, die ihm hätte ein Glas Wasser reichen können und so handelte die Sarmaerin. Sie nahm sogar noch das kleine Tuch auf dem Nachttisch zur Hand und half dem Elfen bei der Flüssigkeitsaufnahme. Er trank erst, musterte Madiha anschließend aber umso länger. Es gab nun Madiha die Möglichkeit, zu sprechen. Nach wie vor war sie ehrlich, verriet einzig nicht alles sofort. Doch sie sah keinen Grund darin, Kathar eine Lügengeschichte aufzutischen.
"Ich habe vor ein paar Monaten das erste Mal von Dunkelelfen erfahren..."
Kathars Pupillen zuckten in ihren Seen aus warmem Grau. Hätten diese Iriden Corax' rubinhafte Farbe besessen, wäre kaum noch ein Unterschied zu sehen. Ihrem Rabenfreund fehlte lediglich der wachsame Blick eines erfahrenen Elfen. Dafür besaß er andere Schatten, die seine Augen verdunkeln konnte. Madiha hatte aber auch ein Schillern darin gesehen, als er Wunder in allen Farben des Regenbogens bewirkte. Kathars Blick hingegen wirkte fern davon, hoffnungslos bislang. Doch je mehr Madiha erzählte, desto mehr begann ein Funken zu knistern. Etwas geschah.
Madiha ließ sich auf die Bettkante sinken. Kathar verfolgte ihre Bewegung, unterband sie jedoch weder mit Worten noch einem Handwink. Für Letzteres schien er seine Kraft nicht aufbringen zu wollen. Er duldete es, denn auf diese Weise erfuhr er mehr. Madiha redete weiter, erzählte von Corax' Aussehen und wie sie ihn zum Freund gewinnen konnte. Der alte Elf lauschte aufmerksam.
"Vor sehr, sehr langer Zeit hat mein Freund das Leben verloren, das für ihn eigentlich vorgesehen war. Und über Umwege, weite, weite Umwege ... ist er nun hier und ich treffe Euren Sohn. Und die Ähnlichkeit ist ... einfach nicht zu leugnen. Als ... als würden es ... Brüder sein..." Da war es. Der Funke knisterte nicht nur, er entflammte. Etwas kehrte in Kathars Blick zurück, das vorher nicht vorhanden gewesen war und es machte das Grau unsagbar mild und warm. Hoffnung sah immer schön aus. "Was ist Eurer Familie passiert, Kathar?"
Der Dunkelelf streckte die Hand nach Madiha aus. Er umfasste ihr Handgelenk. Bei den zittrigen Bewegungen hätte man erwarten müssen, dass die Knochen unter jeglicher Belastung barsten und die Haut wie dünnes Schmiergelpapier zerris, aber sein Griff war unerwartet fest. Sollte Madiha sich versuchen loszureißen, sie könnte nicht vorhersagen, ob es ihr wahrlich gelänge.
"Einer Sklavin sollte ich derlei privates Wissen nicht eröffnen", erwiderte Kathar. Sein Blick, so hoffnungsvoll er auch war, schnitt sich einmal durch Madihas Miene. Er war messerscharf, aufmerksam. Wachsam. Der Elf hatte jegliche Zeichen gedeutet. Aufschluss gab ihm zuletzt aber doch ihr fürsorgliches Handeln, als sie ihm das Wasser zugeführt hatte. Doch er sah noch mehr. Er erkannte, dass sie keine Sklavin von seinesgleichen war, denn sie hatte es selbst erwähnt. "Binnen Monaten lernt man nicht, so umsichtig zu dienen", erklärte er sich. Dann ließ er endlich ihr Handgelenk los und sank durch die fehlende Spannung etwas tiefer in seine Kissen zurück. Er seufzte. Dann herrschte eine Weile Stille, in der er seine Kräfte zum Sprechen sammelte ... oder für die Inhalte, die er ihr nun erörtete.
"Es ist über ein Jahrhundert her. Hm, wie alt ist Emmyth nun?" Kathar schüttelte leicht den Kopf. Für ihn spielte es keine Rolle. "Ich war mit der schönsten Frau gesegnet worden, die ein Pfuhl wie Morgeria hervorbringen konnte. Sie stammte aus einer langen Blutlinie nobler Dunkelelfen, war aber das einziger Kind des Hauses. Umso erfreuter waren beide Adelsgeschlechter, als sich ihr Bauch unter dem blutroten Kleid immer mehr zu wölben begann." Der Elf lächelte. "Sie liebte dieses Kleid. Es war perfekt, mit Rubinen bestickt. Nur ihre Augen vermochten es, mich noch mehr in den Bann zu ziehen, denn nur sie konnten noch intensiver schimmern. Ein Rot, mit dem nur Faldor die Welt segnen konnte." Erneut verfiel der Alte in Schweigen, doch es war klüger, ihm nun diese Zeit zu geben. Man sah ihm an, dass er sehr emotionale Erinnerungen zurück an die Oberfläche rief und wie sehr ihn belastete, dass keine neuen mehr hinzukommen konnten.
"Sie gebar mir einen Sohn. Es ist unglaublich, dass man unser Volk als blutrünstig, mordlüstern und hasserfüllt beschreibt und wir dennoch so winzige Kostbarkeiten erschaffen können, die genauso viel Schutz brauchen wie alle anderen. Aber ... ich konnte ihn nicht beschützen. Ich weiß nicht, was geschah, doch über Nacht war mein Junge einfach aus seinem Bettchen verschwunden. Stattdessen lag ein toter Vogel an seiner Stelle. Ein Rabe, von einem speerartigen Zweig aufgespießt. Das Rot seines Blutes werde ich nicht vergessen. Es war so inensiv wie die Augen meiner Frau Ardrylle, aber hier stach Faldors eisige Seite heraus. Die kalte, herzlose Seite, die einem Paar den einzigen Sohn raubt." Er seufzte unter einem Wehklagen auf, schloss die Augen und wandte den Kopf ab. Nie sah ein Dunkelelf dem Klischee, das man ihm zuschrieb, so fern aus. "Ardrylle ... meine geliebte Ardrylle. Sie konnte sich kaum von dem Verlust erholen. Es dauerte Jahre, bis sie den schwarzen Trauerschleier endlich wieder ablegte und ich erneut ihre Augen sehen durfte. Aber sie strahlten nicht mehr so verträumt wie früher. Es sollten zwanzig Jahre vergehen, ehe unsere erneuten Versuche noch einmal glückten und sie wieder schwanger wurde." Kathar schwieg plötzlich. Er schaute Madiha an, wirkte unschlüssig, ob er offen sein sollte. "Deine Loyalität zu meinem Sohn ist eine Lüge, ebenso wie die Ausrede, du arbeitest für ihn", meinte er plötzlich. "Du bist eine Sklavin, aber keine von Dunkelelfen. Wem dienst du, Sarmaerin?"
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Mittwoch 7. Februar 2024, 22:56

Madiha hatte in ihrem Leben stets nur jene Hoffnung besessen, die sie sich selbst eingeredet hatte. Für eine sehr lange und in einem jungen Leben, äußerst wichtige Zeit, hatte sie nur sich selbst. Das Überleben war ihr Freund geworden. Das Hoffen ihre Sehnsucht und die Tränen ihre Nahrung. Madiha hatte gekämpft, seit sie auf diese Welt geboren worden war. Dabei hatte ihre Mutter ihr liebevoll ins Gesicht geblickt, sie angelächelt und ihr ihren Namen gegeben. Madiha – eine Frau, die es wert war, geliebt zu werden. Es wurde zu ihrem Mantra und zu ihrem größten Besitz. Einen Namen konnte man ihr nicht nehmen. Man konnte ihn beschmutzen, ihn ersetzen aber ihr doch niemals nehmen. Und Madiha entschied sich dazu, ihre Seele reinzuhalten. Sie entschied sich, die Hoffnung niemals zu nehmen, sondern immer zu geben. Kathar Faelyn war nun jemand, der Glück hatte. Ja, er hatte wahrlich Glück, dass Madiha den Weg zu ihm gefunden hatte. Sie hegte keine Hintergedanken – keine für sich selbst. Sie wollte nicht das Haus nach einem Schatz durchkämmen, sie wollte nur eines: Herausfinden, ob Corax hier eine Familie haben könnte. Und nun saß sie auf der Bettkante des greisen Elfen und musterte ihn, wie er ihr seine Hoffnung zuteilwerden ließ. Das Mädchen glaubte daran, dass man ihr Wert beimessen würde, wenn sie nur aufrichtig blieb. Und Kathar war ein Beispiel, das ihr Recht geben wollte. Kathar schob seine Finger vor und umfasste mit einem Mal ihr Handgelenk. Der Griff war erstaunlich kräftig für seinen Zustand und Madiha’s Stirn runzelte sich. Sie versuchte ihre Hand aus dem Griff zu lösen, hörte jedoch rasch damit wieder auf, denn seine Worte schnitten ihr ins Fleisch. "Einer Sklavin sollte ich derlei privates Wissen nicht eröffnen.“ Sie hielt die Luft an, während sich ihr Graublau in seine einstigen Edelsteine bohrte. Ihre Miene wurde eine Spur kühler. Hass war etwas, das Madiha sehr gut kannte. Sie kannte auch die Abscheu ihr gegenüber. Ihres Standes gegenüber. Dass Mädchen straffte ihre Schultern und sah Kathar mit unbezwingbarer Miene an. "Binnen Monaten lernt man nicht, so umsichtig zu dienen." Madiha schwieg. Sie hatte die Weichheit etwas verloren und spürte, dass es sich verletzen wollte, dass er sie so ansah. Aber sie hielt sich zurück, denn mit einem Mal, öffnete sich der Alte dann doch und erzählte ihr die privatesten Dinge. Sie beobachtete ihn dabei und wie sich sein Blick veränderte, als er von Ardylle sprach. Wenn er von dem roten Kleid und seinem ersten Sohn sprach… Sein erster Sohn… Corax. Madiha’s Herz wärmte sich an dem Gedanken, dass der Elf ein Zuhause besaß. Und dass seine Familie hier war. Hier in unmittelbarer Nähe. … "Sie liebte dieses Kleid. Es war perfekt, mit Rubinen bestickt. Nur ihre Augen vermochten es, mich noch mehr in den Bann zu ziehen, denn nur sie konnten noch intensiver schimmern. Ein Rot, mit dem nur Faldor die Welt segnen konnte.“ Madiha schwieg weiterhin. Sie hatte dem Elfen vor sich einige Worte entlocken wollen und nun hütete sie sich davor, ihn zu unterbrechen.

"Sie gebar mir einen Sohn. Es ist unglaublich, dass man unser Volk als blutrünstig, mordlüstern und hasserfüllt beschreibt und wir dennoch so winzige Kostbarkeiten erschaffen können, die genauso viel Schutz brauchen wie alle anderen. Aber ... ich konnte ihn nicht beschützen. Ich weiß nicht, was geschah, doch über Nacht war mein Junge einfach aus seinem Bettchen verschwunden. Stattdessen lag ein toter Vogel an seiner Stelle. Ein Rabe, von einem speerartigen Zweig aufgespießt. Das Rot seines Blutes werde ich nicht vergessen. Es war so inensiv wie die Augen meiner Frau Ardrylle, aber hier stach Faldors eisige Seite heraus. Die kalte, herzlose Seite, die einem Paar den einzigen Sohn raubt." Ihr Herz pochte. Bei seiner Schilderung aber brach die eiserne Miene wieder auf. Madiha fühlte mit ihm mit. Sie konnte seinen Schmerz erkennen, seine Trauer, die auch nach so vielen Jahren währte. Sie ließ ihn nicht allein und Madiha mochte sich nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn sie diese Trauer in sich hätte tragen müssen. Sie hatte nur einen schwachen Vergleich, indem sie an den Todessprung von Caleb dachte. Wenn sie daran denken musste, die Ewigkeit eines Elfenlebens ohne ihn verbringen zu müssen… Madiha wollte Kathar die Hand erneut auflegen, als er sich wehklagend wegdrehte. Barrieren gab es doch nur in den Köpfen. Er litt und sie war die Einzige hier, die ihm beistehen konnte. Das Mädchen aus Sarma lehnte sich etwas vor und legte behutsam ihre Hand wieder auf seine. Sie achtete dabei darauf, ob er negativ reagierte und würde es gut sein lassen. "Ardrylle ... meine geliebte Ardrylle. Sie konnte sich kaum von dem Verlust erholen. Es dauerte Jahre, bis sie den schwarzen Trauerschleier endlich wieder ablegte und ich erneut ihre Augen sehen durfte. Aber sie strahlten nicht mehr so verträumt wie früher. Es sollten zwanzig Jahre vergehen, ehe unsere erneuten Versuche noch einmal glückten und sie wieder schwanger wurde." Sie nickte. Sie hatte ihm zugehört und seine Geschichte verstanden. Madiha aber wusste, dass sie ihm die Last ein wenig nehmen konnte. Dass er die Augen von Ardylle noch einmal würde sehen können. Dass er in sein Gesicht blicken und sie erkennen konnte… "Deine Loyalität zu meinem Sohn ist eine Lüge, ebenso wie die Ausrede, du arbeitest für ihn“ Sie hob den Blick und wenn er nicht zuvor schon ihre Hand von seiner entfernt hatte, dann nahm sie sie nun zurück. Sie straffte die Schultern und wappnete sich für das Kommende. "Du bist eine Sklavin, aber keine von Dunkelelfen. Wem dienst du, Sarmaerin?" Eine lange Zeit, musterte Madiha den Mann im Bett schweigend. Ihr Blick brach nicht unter seinen Worten. Dieses Mal nicht. Sie ließ ihn einen feinen Funken in ihren Augen erkennen, der ihn nachdenklich stimmen sollte. Aber sie tat das nicht mit Absicht. Dann erhob Madiha sich und seufzte. „Ich diene nicht. Ich helfe.“, gab sie schließlich zur Antwort und ließ den Mann nicht aus den Augen. „Ich habe gedient… mein ganzes Leben. Ich wurde benutzt, weggeworfen, verprügelt und gebrandmarkt“, deutete sie auf ihr Gesicht, „Aber hier stehe ich…“, sagte sie leise, aber klar und mit fester Stimme. „Ich stehe hier einzig und allein für meinen Freund. Für ein Leben, das ihm gehörte und man ihm genommen hatte. Ich stehe hier, um herauszufinden, ob sich sein Leben bessern könnte, wenn er euch begegnet. Ob sein Leben eine bessere Wendung nehmen kann, als jene, die er hat so lange erleiden müssen. Ertragen müssen. Aber… Ist euch das überhaupt möglich, Herr?“, fragte sie leise und beobachtete seinen Ausdruck.
„Könnt ihr über Belanglosigkeiten hinwegsehen, um… die Augen von Ardylle noch einmal zu sehen, wenn sie vor Glück schimmern? Wenn sie vor Dankbarkeit und Liebe glühen?“, wollte sie wissen. „Könnt ihr darüber hinwegsehen, wer ich in euren Augen bin und welchen Wert ihr mir beimessen wollt? Weil ich hier vor euch stehe und… euren Sohn einen Freund nenne?“, fragte sie nun ihrerseits und engte die Augen etwas. Nun musste sich wohl zeigen, ob Kathar in der Lage war, über ihre vermeintliche Minderwertigkeit hinwegzusehen.
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Re: Das Anwesen der Faelyns

Beitrag von Erzähler » Sonntag 11. Februar 2024, 11:55

Seine Worten bewirkten etwas. Sie ... trafen Madiha. Selbst, wenn sie es bewusst nicht wahrnahm - und das tat sie! - schnitt ihr Kathars Bemerkung tief in die Seele. Einer Sklavin sollte er Privates nicht mitteilen. Er sah sie also nicht anders als andere, dabei war ihre Hoffnung groß gewesen. Sie glaubte, mit diesem alten Dunkelelfen reden zu können und doch schaffte er es nicht, über das Weltbild seiner Gesellschaftsstrukturen hinweg zu sehen. Wäre er Corax dann ein guter Vater? Wäre das Haus der Faelyns ihm ein gutes Heim, wenn ihr Hausherr nicht in der Lage war, mehr in Madiha zu sehen als eine einstige Sklavin? Seltsam blieb jedoch, dass er trotz dieser Bemerkung sehr offen mit ihr umging. Er erzählte ihr schließlich doch Dinge, die durchaus privater Natur waren und Madiha erhielt einen Einblick in die Vergangenheit dieser Familie. Am Ende seiner Ausführungen bestand kein Zweifel mehr für sie: Corax besaß Familie und sie befand sich genau hier. Er musste von diesen Stockwesen als Säugling aus seinem Bettchen geraubt worden sein. Stattdessen hatten sie in perfider Ironie einen von einem Zweig augespießten Raben hinterlassen. Corax' Mutter Ardrylle hatte lang um ihn getrauert, schließlich war sie aber doch noch einmal schwanger geworden. Sie und Kathar hatten einen Neuanfang versuchen wollen und waren zum Teil erfolgreich geworden. Ardrylle hinterließ dem alten Elfen einen weiteren Sohn, hatte dessen Geburt allerdings nicht überlebt. Madiha hatte damals in die Erinnerungen ihres rabenhaften Freundes blicken können. Sie hatte gesehen wie sehr er sich bemühte, auch das zu haben, was andere besitzen durften. Er hatte Azura in Gestalt eines Kindes Mutter genannt und sich eng an ise gedrückt. Corax würde niemals eine Mutter haben. Sie war fort, so wie Madihas liebevolle Mutter gegangen war. Aber er besaß einen Vater, einen Bruder. Er würde festere Bande knüpfen können als es Madiha jemals vergönnt wäre. Dafür allein musste sie kämpfen und sogar ihren eigenen Stolz herunterschlucken. Sie musste über Kathars Sicht auf sie selbst hinweg schauen können.
Ihr Herz war schwer, wenn sie daran dachte und doch schlug es kräftig für den Wunsch, Corax ein wenig Glück zu schenken. Ihr Mitleid kehrte zurück, als sie Kathars Trauer erkannte. Der Verlust seiner Frau und seines ersten Kindes nagten an ihm. Madiha wollte sich gar nicht vorstellen, wie lange er beides schon mit sich herum trug. Ein Elfenleben währte nun einmal wesentlich länger als das eines Menschen und wo Letztere den Spitzohren mit so viel Neid begegneten, weil sie doch auch so viel länger auf Celcia verweilen konnten, vergaßen jene eben doch, dass dann auch ein von Kummer gezeichnetes Leben länger anhielt.
Erneut berührten sich menschliche und elfische Hände, als Madiha ihre Finger über den pergamentdünnen Handrücken des Alten zur Ruhe kommen ließ. Kathar schaute auf. Skepsis funkelte in seinem Blick. Es war das Misstrauen, dass eine Seele nur dann aufbaute, wenn sie falschem Vertrauen oft genug zum Opfer gefallen war. Doch im grauen Blick des Mannes stand auch die Erfahrung, seinen Gegenüber inzwischen einschätzen zu können. Kathar sah in Madiha keine bösen Absichten. Sie erkannte es an seinem Stirnrunzeln und der Tatsache, dass er seine Hand nicht unter der ihren fortzog. Er nahm ihr Angebot des Beistands stillschweigend an. Es sollte allerdings vorzeitig enden, als er die Karten offen auf den Tisch legte. Seine Stimme klang ruhig, dass er ein wenig sogar an Kjetell'o erinnerte, wenngleich anzuzweifeln war, dass es auf Celcia ein weiteres Wesen mit derlei gelassener Geduld geben sollte. Kathar besaß sie nicht. Seine Erkenntnisse präsentierte er eiskalt und direkt. Er hatte offenbar schneller erkannt, dass Madiha nicht in Emmyths Diensten stand. Genauso schnell wie er das sklavenhafte Schema aus ihrer Art zu schauen und sich zu bewegen herausgesehen hatte. Er mochte ein Greis sein, aber sein Verstand und seine Auffassungsgabe arbeiteten nach wie vor mit großer Wachsamkeit im Einklang.
Madiha wappnete sich. Auch sie hatte in ihrem Leben Erfahrungen gemacht. Auch sie war gezeichnet worden. Nur jene mit einem blanken Papier als Lebensweg, in dem sich nicht ein Knick befand, wiesen auch eine ebenso blanke, flache Seele auf. Erst die zerknitterten Stellen und all die Zeichnungen aus Erinnerungen ließen ein Kunstwerk auf dem entstehen, was eine Geburt als reine Leinwand in die Welt hinaus schickte, auf das man die Seele mit wilden Farbspielen schmücken sollte. Madihas Gemisch aus Farben, Formen und den leichten Zerknitterungen in ihrer Oberfläche ließen sie vorsichtig werden, wenn jemand hinter ihre gespielte Fassade blickte. Sie war nicht Caleb und keine Meisterin der Improvisation, aber sie würde es auch nicht wie ihr geliebter Dieb angehen, der sich den Mund fusselig redete, um seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Sie stand zu ihren Worten, ihren Taten ... aufrecht! Denn frei gewordene Sklaven würden nie wieder in ihrem Leben buckeln.
Auf der Leinwand ihrer Seele formte sich ein neues Bild. Jemand zeichnete dort mit Flammen und sie fraßen sich durch das Papier, ohne Asche zu hinterlassen. Sie zeichneten mit winzigen Funken ihren Weg, der sich in Madihas Augen widerspiegelte. Fasziniert betrachtete Kathar sich das feurige Funkeln in den ansonsten graublauen Seen.
"Ich stehe hier einzig und allein für meinen Freund. Für ein Leben, das ihm gehörte und man ihm genommen hatte. Ich stehe hier, um herauszufinden, ob sich sein Leben bessern könnte, wenn er Euch begegnet. Ob sein Leben eine bessere Wendung nehmen kann als jene, die er hat so lange erleiden müssen. Ertragen müssen. Aber ... ist Euch das überhaupt möglich, Herr?" Kathar musterte Madihas Züge, so wie sie ihn ihrerseits betrachtete. Sie versuchten, einander zu lesen, während sie sprach. Die Haut des Dunkelelfen war faltig und dünn. Flecken lagen darauf und an manchen Stellen glaubte man, den hellen Knochen darunter hindurchschimmern sehen zu können. Seine Miene blieb jedoch beherrscht ausdruckslos. Er wollte erst das Ende der Ausführungen hören, ehe er sich zu einer Emotion verleiten ließ. "Könnt Ihr darüber hinwegsehen, wer ich in Euren Augen bin und welchen Wert Ihr mir beimessen wollt? Weil ich hier vor Euch stehe und ... Euren Sohn einen Freund nenne?"
Noch immer blieb die Miene des Alten ausdruckslos. Plötzlich aber engten sich die Augen, dass winzige Krähenfüße sichtbar wurden. Er zuckte leicht, ebenso seine Mundwinkel, bis es mit einem Mal aus ihm heraus brach. Er lachte. Kathar lachte herzlich und uasgelassen, bis ihn ein erneuter Hustenanfall heftig durchschüttelte und Madiha noch einmal genötigt war, ihm Flüssigkeit zuzuführen. Erst als er sich durch reichliches Trinken wieder etwas hatte beruhigen können, kehrte auch die Wärme in seine Züge zurück. Er musterte Madiha mit einer ähnlichen Milde, wie sie sie entdeckt hatte, als er seine eigene Sklavin angesprochen hatte.
"Verzeiht mir." Die Bitte um eine Entschuldigung hing lange im Raum, während Schweigen jedes andere Geräusch in die Ecken des Zimmers zu verbannen schien. Dann erhob Kathar erneut die Stimme. Dieses Mal fiel es ihm hörbar schwer, seine Hoffnung zu unterdrücken. "Ich habe dich mit meinen Worten verletzt, aber sie spiegeln nicht meine Sichtweise wider. Es ist das Bild der Gesellschaft, in der ich aufwuchs. Eine morgerianisch geprägte Gesellschaft, die nicht nach Andunie überschwappen soll, wenn das Haus Faelyn es verhindern kann. Ich habe Emmyth so gut es geht in eine offene Richtung erzogen und ... ich schweife ab." Er vollführte eine wegwerfende Geste mit seiner Hand, dass man Sorge haben musste, dass bei der Wischbewegung einige Finger brachen. Die Sorge blieb unbegründet. "Du sagst, du hast ... meinen Sohn gefunden. Meinen kleinen Jungen? Und ihr seid Freunde. Er lebt also. Er möchte nach Hause zurück?" Ohja, seine Hoffnung tropfte ihm aus jeder Pore. Der Alte fasste in die Decke, die über seinen dürren Gliedern lag, damit seine Hände nicht vor Aufregung zitterten. "Welch anderen Wert könnte ich jemanden wie dir ansonsten beimessen als den, den dein Name schon suggeriert? Madiha. Eine Frau, die es wert ist geliebt zu werden ... weil sie meinen Korundin zu mir zurückbringt. Ist er überhaupt in der Nähe? Wann könnte er hier sein?" Kathar versuchte, sich im Bett aufzurichten. Vermutlich wäre er am liebsten aufgestanden, um sich von Madiha direkt zu Corax - zu Korundin - führen zu lassen. Sein Körper aber war alt und schwach. Kraftlos sank er bereits nach den ersten missglückten Versuchen zurück in die Kissen und seufzte. Er schloss seine Augen, bis er wieder in der Lage war, die bittere Realität hinzunehmen. "Er muss herkommen, möglichst schnell. Bring ihn zu mir und ich verspreche dir, dafür zu sorgen, dass nicht nur ich dich mit gebührendem Respekt behandeln werde. Das und Gold soll dein sein. Hast du jemals eine Drachme in den Fingern gehalten, Madiha? Ich verspreche dir mehr als eine, wenn du Korundin nur hierher bringst!"
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