Das Anwesen der Familie van Ikari

Sämtliche Straßen Andunies sind gepflastert und von schönen kleinen Häusern gesäumt. Meist Fachwerkhäuser, aber auch mal eine prächtige kleine Villa. Nur die ärmeren Bezirke der Bettler und Halunken sollte man meiden.
Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Montag 19. Februar 2024, 15:13

Wenn Azura sich zurückerinnerte, waren definitiv einige Wochen vergangen, seit Corax sie aus ihrem Heim entführt hatte. Stimmte es, dass sie mindestens zwei davon im Unterwasserfahrzeug der Zwerge verbracht und auf magische Weise geschlafen hatte und war die Zeitspanne ihrer Rückreise als Meereswesen ebenso lang, so mussten inzwischen Monate vergangen sein. Hinzu kamen schließlich noch all die Zeitabschnitte dazwischen. Vor allem Nogrot blieb ihr in Erinnerung. Dort hatte sich viel abgespielt, angefangen mit der eher unangenehmen Situation in der Höhlennische bis hin zu ihrem Frauwerden in den heißen Quellen. Außerdem hatten sie dort auch Méllyn Kicherklang getroffen, die ihr ein Leben voller Leid prophezeite, wenn sie bei ihrem Raben blieb. Sie hatte sich nicht bewusst gegen ihren Rat entschieden, aber würde ihr bei einem Wiedersehen sicher mit leuchtenden Augen und einem überheblich süffisanten Lächeln mitteilen können, dass sie offensichtlich Leid mit Wonne verwechselt haben musste. Denn nichts und niemand hatte ihr bisher auf befriedigender Ebene so viel abverlangt wie Corax. Selbst jetzt, als Azura einfach nur neben ihm lag, spürte sie noch die Schwäche in ihren Gliedern. Dieser Mann hatte sie fertig gemacht, auch wenn sie es ihn wohl niemals so offen wissen lassen würde. Mit welchem Neid sie ihn wenig später allerdings beobachtete, nachdem er - endlich! - hatte erkennen dürfen, dass auch der letzte Teil unterdrückerischer Macht durch diese astartigen Wesen von ihm losgelöst worden war, sprach auch für seine Fähigkeiten. Ihr Körper rebellierte bei jeder Bewegung. Sie wollte liegenbleiben und sich einlullen lassen, mindestens Hundert Jahre schlafen und nur aufwachen, wenn des Raben tiefer gelegener Lustschnabel erneut gewetzt wäre, um ihr Nest zu bearbeiten. Er hingegen sprang herum, tänzelte und jauchzte wie ein Kind, dem man eine Kutschenladung Süßigkeiten versprochen hatte, wenn es sich nur genug darüber freute. Nach ihrem gemeinsamen Spaß steckte in Corax mehr Energie als zuvor. In Azura hingegen breitete sich langsam ein Loch aus. Wann hatte sie das letzte Mal etwas Magenfüllendes gegessen? Sie erinnerte sich nicht, aber nun meldete sich der Hunger über das Hörbare hinaus. Langsam wurde ihr etwas flau. Der Bauch zog sich zusammen, um auf sich aufmerksam zu machen. Welchen Plänen sie auch immer folgen wollte, vorab musste sie dringend etwas essen!
"Ich sollte beleidigt sein, dass du noch so viel Energie in dir hast", merkte sie mit beiden Händen in den Hüften an, während ihr Magen ein Knurren der Zustimmung abgab. Corax hielt in seinem Tanz inne. Er schaute über die Schulter zurück und - oh, diese Augen! In ihnen lag noch das Echo seines verrucht lüsternen Blicks aus purem Begehren für Azura - schließlich kehrte er zu ihr zurück. Überschwänglich umarmte er sie, griff einfach durch die Öffnungen hindurch, die ihre angewinkelten Arme bildeten, um seine Hände in ihrem Steiß zu verflechten und sie so zu halten. Er küsste und liebkoste sie, dass neben ihrem Magen auch schon wieder ihr Schritt sich mit einem sehnsüchtigen Pochen melden wollte. Wie schaffte ihr Schuft es nur immer wieder, sie so weich werden zu lassen, dass ihr ganzer Körper sich nach seiner Nähe sehnte? Er lechzte förmlich darum, erneut in Besitz genommen zu werden.
Nur der Magen protestierte. Mit einem Bärengebrüll meldete er sich, dass es die Liebenden auseinanderdrückte. Corax löste sich und musterte mit einem Schmunzeln Azuras Körpermitte. Dann sah er wieder auf. "Mein dunkler Prinz..." Damit entlockte sie ihm ein fast verlegenes Lächeln. Er genoss diesen Titel ungemein, klang er doch auch wesentlich geheimnisvoller und schöner als Leidträger. "So gern ich dich auch mit Haut und Haar verschlinge, wäre es schade, wenn ich dich ganz verspeisen würde, denn dann hätte ich dich nur noch jetzt. Wäre also nicht schlecht, wenn wir nach einem Imbiss suchen, bevor mein Hunger noch größer wird!"
"Göttinnen müssen also auch etwas essen", erwiderte er schalkhaft, nachdem sie ihm noch einen Kuss aufgesetzt hatte. Auch Corax musste sich zurückhalten, diesen nicht zu intensiv zu erwidern, sonst würden sie das Schlafzimmer in diesem Leben nicht mehr verlassen ... und Azura verhungern. Dennoch wedelte er mit hochgerecktem Zeigefinger und in einer Geste aus Ablehnung, als er einen Schritt zurücktrat. "Wir suchen gar nichts", meldete er sich zu Wort und setzte ein weiteres Mal die Bedingung um, die Azura einst an ihn gestellt hatte. Er sollte schließlich kundgeben, wenn er etwas wollte oder nicht. "Du wirst baden, du riechst nach mir." Als wäre es nicht auch umgekehrt der Fall! "Und ich bereite dir eine Mahlzeit zu." Er fragte nicht einmal, wo die Küche zu finden war. Das war auch nicht nötig. Er hatte mit anderen Dunkelelfen das Anwesen gestürmt und geplündert. Er kannte wenigstens einen Teil der Räumlichkeiten und die Küche zählte offensichtlich dazu. "Komm einfach ins Speisezimmer, wenn du soweit bist." Der Speisesaal mit dem langen Esstisch, an dem genug Platz für eine ganze Hochzeitsgesellschaft war, befand sich in unmittelbarer Nähe zur geräumigen Küche. Beide Zimmer trennte nur ein Korridor für die Dienerschaft. Corax erinnerte sich auch daran. Ehe er sich jedoch auf den Weg machte, schnappte er sich die Kleidung, legte sich selbst eine Decke um und ließ Azura in einen ihrer seidenen Morgenmäntel steigen. Er führte sie in das nächst gelegene Badezimmer. Dort ließ er ihr ohne weitere Umschweife Badewasser ein, verschönte es mit einigen getrockneten Blüten, die auf der Oberfläche trieben und goss einige Tropfen duftender Öle hinein, welche zugleich ihre Haut pflegen und ganz zart machen würden. Wortlos legte er Handtücher und Seife bereit und erst als Azura in das erhitzte Wasser stieg, wusch er sich an dem viel zu noblen Becken. Er selbst würde nicht baden. Die Zeit, die sie mit ihrer Körperpflege verbrachte, wollte er längst in der Küche sein. Mit einem warm gehauchten "Ich liebe dich immer noch", verließ er sie. Azura konnte sich ausgiebig diesem kleinen Moment vertrauten Alltags hingeben, denn hier im Bad fühlte es sich fast wie früher an. Während sie die Hitze des Wassers genoss, blubberte es plötzlich darin und die Blüten zogen sich zusammen, als würden sie von einem Strudel angezogen. Sie formten sich zum vagen Umriss eines Gesichts. Dann hörte die Andunierin eine Stimme, die nur wenigen Celcianern überhaupt je zuteil wurde. Ihr aber war sie inzwischen so vertraut, dass sie Ventha sofort erkannte.
"Ich weiß nicht, ob ich dich zu deinem Erfolg beglückwünschen oder besorgt sein soll. Er ist zum Fürchten, dein ... dunkler Prinz. Ich frage mich, ob ich meine Aufmerksamkeit auf sein Glück oder sein Leid richten sollte ... Letzteres ist mit der Vernichtung der verdorbenen Kobolde wohl endgültig gedämpft. Ich hoffe, du hebst ihn nicht in ungeahnte Höhen, indem du ihm ... zu viel Glück beschwerst. Du bist keine Göttin, Azura, auch wenn er dich zu einer machen will. Hingegen ... er ..." Mit einem Wellenschlag im Wasser trieben die Blumen auseinander und fort waren Venthas Gesicht, sowie ihre Stimme. Vielleicht hatte Azura das alles auch nur geträumt? Ihr Magen drückte bereits unangenehm, so dass er Auslöser würde, das Bad nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Irgendwann musste sie wieder aus dem Wasser und der Weisung ihres Raben folgen. Ihr Bauch entschied nun für sie, lenkte sie fast automatisch Richtung Speisezimmer. Ehe sie es jedoch erreichte, vernahm sie Stimmen. Da war noch jemand in der Küche und es handelte sich nicht um Corax. Aber Azura hatte ihr Leben lang mit dieser Frau verbracht, so dass sie Aquila sofort erkannte.
Sobald sie in die geräumige Küche mit den hellen Wänden, weißen Anrichten und dem dazu kontrastreich passenden, dunklem Holz einkehrte, fand sie sowohl ihren Prinzen als auch ihre Mutter dort vor. Beide standen sich am schwarzen Eisenofen gegenüber. Dieses Mal war es jedoch Corax, der mit einer Bratpfanne bewaffnet war - mehr oder weniger.
"Ich möchte nur für sie kochen..."
"Ich sollte dich ebenso hinaus werfen", schimpfte Aquila, die noch immer ihr Nachtgewand trug. Die Haube knüllte sie allerdings in ihrer Hand zusammen und hielt sie so verbissen, dass ihre Fingerknöchel weiß hervor traten. Zerzauste Strähnen ihrer unfrisierten und nur mäßig hochgesteckten Haarpracht fielen ihr in Stirn und über die Ohren. Ihr Kragen saß ein wenig schief und alles in allem wirkte sie etwas ... verknittert. Vor allem aber ließ sie ihren Frust erneut an Corax aus, der sich zu rechtfertigen versuchte.
"Ja, wir haben es wiederholt, aber warum auch nicht? Ihre Ehre habe ich ihr schon genommen, dann macht ein zweites Mal auch nichts mehr aus. Sie liebt es, ich ... ich liebe es - mit ihr! Wir lieben uns! Und jetzt koche ich für sie, weil ihr göttlicher Magen knurrt!" Schon schob er sich wieder an den Herd. "Ich koche für euch beide, aber ich ... will nicht nochmal geschlagen werden von Euch."
"Bist du so weich, dass ein Hieb mit einer Stoffhaube dir zu schaffen macht?", zischte Aquila und hob ihre Hand an, als wollte sie die Akündigung gleich in die Tat umsetzen. Corax schaute nicht zu ihr hin, spannte aber seinen Körper an.
"Ich möchte nur kochen", krächzte er.
"Ihr Spitzohren seid alle furchtbar, ganz gleich welchen Schlages. Dunkelelf, Waldelf ... ihr seid abgrundtief furchtbar!", keifte die Hausherrin erneut. Dann hiebt sie mit der Haube nach dem Raben. Sie traf ihn an der Schulter. Es verletzte ihn natürlich nicht. Corax zuckte nicht einmal. Er war vielmehr darauf konzentriert, dass Azuras Mutter sich durch ihren "Angriff" nicht versehentlich an der heißen Bratpfanne verbrannte. Der Duft von gebrutzeltem Speck und Eiern lag in der Luft.
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Montag 19. Februar 2024, 22:23

Vielleicht würde sie sich in einem ruhigen Moment gedanklich damit beschäftigen, wie lange sie ihren Raben nun schon kannte. Um zu ermessen, wie sie damit umgehen sollte, wie heftig ihre Gefühle gerade durch jede Faser ihres Körper rasten. Oder ob sie sich Sorgen machen sollte, dass diese ebenso rasch wieder abebben könnten. Sie wollte keine Entwicklung wie bei ihren leiblichen Eltern! Viel lieber wäre ihr eine wie diejenige zwischen ihrer Mutter und ihrem Stiefvater. Aber ob ihr das gewährt werden würde...?
Sie bräuchte eindeutig jemanden, mit dem sie darüber reden könnte, wie sie es schaffen könnte, Corax nicht allzu bald zu langweilen, sondern wie sie sein Interesse tatsächlich langfristig wachhalten könnte. Doch im Moment war sie viel zu erschöpft und selig und befriedigt, als dass sie ihre Gedanken in diese Bahnen lenken würde. Nein, am liebsten würde sie jetzt ein bisschen schlafen... oder hatte sie das schon getan? Jedenfalls wollte sie ruhen, bis er wieder in der Lage wäre, sie erneut auf diese Weise zu nehmen.
Ihr Körper machte ihr allerdings einen Strich durch die Rechnung, indem er laut und deutlich nach Nahrung verlangte. Und sie, nebenbei, damit daran erinnerte, dass sie eigentlich schon vor einiger Zeit gesagt hatte, dass sie allesamt zusammen essen und sich beratschlagen sollten. Ihr Gewissen wollte sich regen, schaffte es jedoch nicht, durch die wohligen, trägen Gefühle durchbrechen zu können.
Was sie dennoch nicht davon abhalten konnte, ihm neidvoll bei seinem Tanz zu zusehen und ihn damit aufzuziehen, um zu verbergen, dass sie um ein Vielfaches erschöpfter war. Dabei war er der alte Knacker im Raum! Wo nahm er nun die Energie her? Und wieso fühlte er dieses Rumgehopse aus, anstatt sich noch einmal über sie herzumachen? Na gut, bei letzterem hätte sie ihn wohl oder übel bremsen müssen, so groß, wie sich das Loch in ihrem Magen inzwischen anfühlte. Aber dass er es noch nicht versucht hatte, wurmte sie durchaus.
Trotzdem wollte sie ihm die Freude nicht vergällen oder gar preisgeben, wie erledigt sie rundum war, sodass sie ihn lieber tadelte. Natürlich nicht, ohne eine aufreizende Pose einzunehmen, die ihn anlocken sollte. Prompt hielt er inne und für einen Atemzug lang schien ihr Herz einen Schlag auszusetzen, aus Sorge davor, zu weit gegangen zu sein und alles verdorben zu haben. Um bei seinem Blick umso heftiger in ihrer Brust zu pochen, als wolle es herausspringen, um von ihm persönlich aufgefangen zu werden.
Schon kam er zu ihr und machte ihr jeden Fluchtversuch unmöglich, wenn sie sich denn tatsächlich noch flink hätte bewegen können. Aber seine Arme um ihre Körpermitte, die Hände in ihrem Rücken und der Ausdruck seiner Augen waren stärker als jegliche Fesselung. Schon bevor er sie küsste, schmolz sie bereits dahin und seufzte wohlig auf. Um erst recht weich zu werden, sobald er sie zu einem neuerlichen Zungenduell herausforderte. Wie von selbst schlangen sich ihre Arme um seinen Nacken und sie presste sich eng an ihn, rieb sich sogar leicht an ihm, weil sie schon wieder voller Sehnsucht nach seinem Speer war.
Eher früher als später hätte sie ihn bestimmt erneut auf sich gezogen und ihn mit Armen wie Beinen umfangen, um ihm ihrerseits keine Fluchtmöglichkeit zu lassen, bis sie erneut derart eingesaut wäre wie nach seiner letzten Attacke. Ihr Magen aber machte lautstark erneut auf sich aufmerksam. So sehr, dass es sie aus ihrer Blase der Lust heraus holte. Oder war es sein musternder Blick, der sie trotz allem erschauern ließ und sie fast dazu gebracht hätte, sich vor ihn zu knien, um ein weiteres Mal mit ihrem Mund zu beginnen, was in ihrem Schoß enden sollte? Azura wusste es nicht.
Dafür schienen sich ihre Innereien anfangen zu verknoten vor lauter Leere, sodass sie notgedrungen eine Unterbrechung fordern musste. Wie gut, dass er nicht auf ein Später bestand, sondern ein Einsehen mit ihr hatte. Seine Erwiderung ließ sie grinsen und ihm zuzwinkern. "Scheint so.", meinte sie und schluckte die nächsten Worte herunter, denn sie hätten sonst den Auftakt zu einer weiteren Runde körperlicher Betätigung dargestellt, anstatt sie in Richtung Küche zu bringen. Oh, warum hatte sie sich davor nur mit ein paar Schluck heißer Schokolade gestärkt?
Der Kuss war schon wieder so einer, der viel mehr versprechen würde, wenn er ihn nicht unterbrochen hätte. Um von ihr zurück zu treten und mahnend den Finger zu heben. Was ihr wiederum ein skeptisches Stirnrunzeln bescherte, erst recht bei seinen nächsten Worten. Anfangs war sie mehr verwirrt, denn zweifelnd, doch dann stemmte sie erneut die Hände in die Seite.
Schon öffnete sie den Mund zum Protest, dass sie sich nicht vorschreiben lassen würde, wann sie badete, und schon gar nicht seinen Geruch loswerden wollte. Und noch weniger, allein, wenn er in der Nähe und greifbar wäre! Allerdings fuhr er fort und nun war es hauptsächlich Überraschung, die ihre Miene zeigte.
Blinzelnd starrte sie ihn einen langen Atemzug über an, bis sie schließlich den Kopf schief legte. "Und wer sagt mir, dass du nicht alles von dieser Mahlzeit selbst verschlungen hast, bis ich fertig bin?", rieb sie ihm unter die Nase. Denn er müsste schließlich auch ordentlich hungrig sein nach dem, was sie getan hatten. Auch er hatte sich gewaltig verausgabt! Ob die Vorräte ihrer Mutter dem gewachsen wären?
Indes verriet er ihr, wo er sie später erwartete und obwohl sie es nicht wollte, hatte sie sofort ein Bild von sich auf dem Tisch, garniert mit reifen Früchten vor ihrem inneren Auge. Was er dabei alles mit ihr anstellen könnte, wenn er Stück für Stück von ihrem Körper naschen würde... Nein, daran durfte sie nicht einmal im Ansatz denken, um nicht wieder über ihn herzufallen! Oder wollte er etwa sich selbst...
Ihre Wangen wurden knallrot und sie kicherte hinter vorgehaltener Hand, während sie ihn von oben bis unten musterte und sich auszumalen begann, wo welche Frucht oder Obst oder sonstiges Essen auf ihm liegen könnte. Unwillkürlich leckte sie sich über die Lippen. Ihre Augen wanderten langsam wieder zu seinen hinauf. "Menü à la Corax? Bist du das Tablett oder der Hauptgang?", kicherte sie und es juckte sie schon jetzt wieder in den Fingern, ihn zu vernaschen.
Da war sie viel unvernünftiger, trotz ihrer allmählich stärker werdenden körperlichen Beschwerden, als er, der sich nun daran machte, ihr Schlafzimmer zu verlassen. Nicht, ohne ihr in einen ihrer Morgenmäntel zu helfen, die zu ihrer großen Erleichterung überlebt hatten. Hie und da gab es eine leichte Beschädigung, aber darüber konnte sie hinweg sehen. Schwieriger war es da, der Versuchung zu widerstehen, seine Hände zu nehmen und zu ihrem Schoß zu führen.
Sie scheiterte beinahe daran, wenn er nicht so schnell wieder aus ihrer Reichweite verschwunden gewesen wäre. Seufzend vor Enttäuschung und Frustration und Hunger folgte sie ihm ins Badezimmer, wo er ihr kurzerhand ein Bad einließ. Mit erhobenen Augenbrauen und einem feinen Schmunzeln auf den Lippen beobachtete sie ihn dabei.
Schon hegte sie die leise Hoffnung, er könne es sich anders überlegen und ihr ins Wasser folgen, sodass sie sich besondere Mühe dabei gab, sich so lasziv wie möglich des Mantels zu entledigen und in die Wanne zu steigen. Als sie sich jedoch ihm zuwandte, musste sie feststellen, dass er zu dem nahe gelegenen Becken trat, um sich dort zu waschen. Die junge Frau pustete sich eine vorwitzige Strähne, die sich aus ihren hochgesteckten Haaren gelöst hatte, aus dem Gesicht, legte die Unterarme auf den Wannenrand und ihr Kinn auf ihren Handrücken. "Ich könnte dir auch den Rücken... waschen.", brummelte sie.
Sehr zu ihrem Leidwesen... und zur Freude ihres Magens kam er nur kurz noch einmal zu ihr, um ihr erneut seine Gefühle zu gestehen, ehe er sie allein ließ. Vor sich hinmurmelnd ließ sie sich zurück sinken, schloss die Augen und genoss einen Moment lang die wohltuende Wärme ihres Elements. Oh, sie war so verdorben und unvernünftig! Aber was sollte sie machen? Nach dem Erlebnis in ihrem Zimmer konnte sie die Finger umso weniger von ihm lassen!
Ob es ihm eigentlich auch so gefallen hatte wie ihr? Wie schaffte er es, seinen Hunger nach ihr zu zähmen, während sie am liebsten niemals aufgehört hätte, nicht einmal im Schlaf? Oder lag es an seiner Erfahrung, die er ihr voraus hatte? Würde es irgendwann etwa... weniger besonders sein, weniger erstrebenswert?
Seufzend hob sie ihre Hände und fuhr sich mit den feuchten Fingern übers Gesicht, sodass sie den Strudel nicht sehen konnte, der sie hätte aufmerksam werden lassen müssen. Zwar spürte sie die Bewegung rund um sich herum, doch schob sie diese auf ihre soeben erst ausgeführte Regung und war mit ihren Gedanken auch zu weit weg von ihrer Umgebung, als dass sie diese hätte begreifen können. Erst die Stimme ließ sie zusammen fahren und in eine aufrechte Position schießen.
Mit einem leisen Schrei auf den Lippen sah sie sich blinzelnd um. "Was? Wie?", stammelte sie und suchte den Raum umsonst nach der bekannten Gestalt ab. Bis ihr Blick auf die Blüten auf ihrem Badewasser fiel und hinter ihrer Stirn ein Gedanke aufploppte:Ah, eh! Denn es war beinahe schon logisch, dass Ventha dort auftauchen würde. Allerdings wäre es Azura viel lieber gewesen, wenn sie währenddessen nicht darin säße.
Sie lief knallrot an, dass ihr gesamter Körper sich anfühlte, als würde sie in Flammen stehen, inmitten des Wassers. Beinahe ein Wunder, dass die Feuchtigkeit um sie herum nicht kurzerhand verdampfte! "I... ich... also er... ich bin nicht... er ist nicht... und... äh...", stammelte sie, kaum fähig, einen klaren Gedanken zu fassen und wirklich zu begreifen, was sie hier zu hören bekam.
Und schwups, war diese Erscheinung auch schon wieder vorbei und sie blinzelte noch ungläubiger als zuvor auf die Blüten, die nun wieder rein zufällig auf der Wasseroberfläche dahin trieben. Erst jetzt griffen einige bedeutende Rädchen in ihrem Kopf ineinander. "Moment mal!", entfuhr es ihr und sie starrte auf eine der Blüten, die zuvor die Nase der Göttin dargestellt hatte. "Was soll das jetzt wieder heißen? Er ist nicht zum Fürchten! Wieso darf er nicht zu viel Glück haben? Und was ist mit ihm?!", verlangte sie zu erfahren, obwohl es dafür längst zu spät war.
Dennoch starrte sie und starrte... und starrte, bis ihr Magen so laut knurrte, als wolle er die Wände des Zimmers zum Einsturz bringen. Mit einem frustrierten Laut schlug sie auf die Wasseroberfläche, schloss daraufhin seufzend die Augen und gab sich noch ein paar Herzschläge. Erst dann beendete sie rasch ihre Waschung, stieg aus der Wanne, trocknete sich ab und tappste in dem Morgenmantel zurück in ihr Schlafzimmer.
Dort schlüpfte sie rasch in ihre abgelegte Kleidung und versuchte noch immer, schlau aus den Worten Venthas zu werden. Es war vergebene Liebesmüh' und das ärgerte sie maßlos. Doch zumindest hatte die Göttin damit erreicht, dass sie wieder auch an anderes denken konnte als daran, wie und wo sie mit Corax ein nächstes Mal kopulieren wollte.
In somit nicht gerade entspannter Stimmung und äußest hungrig ging sie endlich in Richtung Speisezimmer... ohne vorerst dort anzukommen, denn Stimmen aus der Küche hielten sie auf. Eigentlich hätte sie diese am liebsten ignoriert und sich an den Tisch gesetzt, in Erwartung dessen, dort schon ihre Mahlzeit vorzufinden oder wenigstens zu erhalten, kaum, dass sie Platz genommen hätte. Da es sich dabei aber um ihre Mutter handelte, dicht gefolgt von der ihres Raben, stockte sie und haderte einen flüchtigen Moment lang.
Mit einem unterdrückten, ergebenen Seufzen trat sie näher in Richtung Küche, wappnete sich bereits dagegen, ihren Liebsten verteidigen zu müssen und war dazu erst einmal trotzdem nicht in der Lage. Denn gerade, als sie die Hand auf die Klinke legte, um die angelehnte Tür weiter zu öffnen, sprach er von dem, was sie getan hatten.
Innerhalb kürzester Zeit fühlte sie sich wieder wie in Flammen stehend vor Scham, glühte sie von der Haarspitze bis zur Sohle. Voller Leid und Verlegenheit schloss sie die Augen und schüttelte den Kopf, ohne Corax damit aufhalten zu können, derartiges von ihrem Liebesleben preiszugeben. So kam auch etwas verspätet, wie schon zuvor, eine weitere Information bis zu ihr und sorgte dafür, dass dieses Gefühl verrauchte.
Abrupt riss sie Augen wie Tür auf und konnte ein unwürdiges Schauspiel beobachten, wie die Herrin des Hauses keifte und nach dem Dunklen schlug, der am Herd stand und sich Mühe gab, dass sie sich nicht verbrennen könnte. "Mama, jetzt hör' aber auf!", entfuhr es ihr entsetzt, während ihr Magen wie ein wildes Tier knurrte bei dem Duft, der ihre Nase traf. Sie zwang sich, es zu ignorieren, soweit sie es konnte.
Kopfschüttelnd trat sie stattdessen näher und griff nach der Angesprochenen, um sie von Corax wegzuziehen. Den sie dabei ansah und ihn ebenfalls nicht ungeschoren davon kommen lassen wollte. "Und du untersteh' dich, anderen davon zu erzählen, was wir machen!" Erneut glühten ihre Wangen und ihr Blick warnte ihn, jetzt besser zu schweigen. Um diesen Ausdruck zu unterstreichen, hatte sie die Haube ihrer Mutter geschnappt und hob sie drohend hoch, sich nicht zu fein, ihn ebenfalls so zu maßregeln. In dem sicheren Wissen, dass sie es nicht böse meinte und eine Methode gefunden hatte, es ihm später zu vergelten.
Daraufhin seufzte sie und rang sich ein Lächeln ab, als sie sich wieder an ihre Mutter wandte. "So, und wir setzen uns jetzt ins Speisezimmer und warten auf das Essen. Wo steckt eigentlich...?" Mit betont erhobenen Augenbrauen sah sie sich um und musste den Namen ihres Erzeugers nicht aussprechen, um zu verdeutlichen, wen sie meinte.
Dann fiel ihr noch etwas ein, das sie gehört hatte, und ihre Miene wurde streng, ein Abbild dessen, wie die Hausherrin sie oft genug angesehen hatte, wenn sie mal wieder etwas angestellt hatte. Also... so ungefähr zwei- oder dreimal pro Tag! "Du hast ihn doch nicht etwa rausgeworfen in der Zwischenzeit, oder?", fragte sie mit einem warnenden Unterton, gleichfalls eine Kopie von Aquilas Tonfall, ohne, dass sie sich dessen bewusst wäre.
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Samstag 24. Februar 2024, 12:57

Hin und wieder kam es noch immer durch, das eingetrichterte Verhalten eines Sklaven, der nur existierte, um anderen zu dienen. Deshalb ließ Corax Azura allerdings nicht ein Bad ein und machte sich selbst rasch davon, um zu kochen. Er hatte sich entwickelt, nahm die positiven Dinge gesammelter Erfahrung in Bezug auf Hauswirtschaft mit und agierte inzwischen aus freien Stücken. Er wollte das. Er wollte seine Liebste verwöhnen und während sie sich im heißen Wasser entspannte, wollte er für ihre Verköstigung sorgen. Zumindest hatte es den Anschein, dass er sich nicht von falschem Pflichtgefühl drängen ließ. Corax lächelte, als er Azura zusammen mit einem weiteren Liebesschwur verließ. Die Andunierin war allein - dachte sie. Denn kaum, dass die Haut an ihren Fingern im Badewasser zu schrumpeln begann, geriet jenes ein wenig in Wallung. Die Blüten des Basezusatzes formten ein Gesicht auf der Wasseroberfläche. Ventha erschien, sprach zu ihr, allerdings in Rätseln. Alles, was Azura aus ihrem Monolog mitnehmen konnte, war eine gewisse Nervosität der Göttin selbst Corax gegenüber. Aber weshalb?
Azura war viel zu perplex, bisweilen auch etwas peinlich berührt, um auf die Worte zu reagieren und ehe sie Ventha hätte bitten können, das Kryptische näher zu beschreiben, war die launische Herrin von Wind und Regen wieder verschwunden. Das Badewasser blieb zurück, unverdampft und frei von göttlicher Wirkung.
"Moment mal! Was soll das jetzt wieder heißen? Er ist nicht zum Fürchten! Wieso darf ern icht zu viel Glück haben? Und was ist mit ihm?!"
Nichts. Ihre Göttin schwieg. Wahrscheinlich war sie bereits zu weit gegangen, überhaupt mit Azura - wenn auch einseitig - über etwas zu sprechen, das ihr als höheres Wesen nicht behagte. Sie gönnte es dem Raben, von seinem größten Leid befreit worden zu sein, schien allerdings besorgt, dass er in seinem Leben nun zu glücklich werden könnte. Ging es den Göttern mit allen Geschöpfen Celcias so? Existierten deshalb Naturkatastrophen? Starben unschuldige Kinder und wurden Verliebte einander entrissen? Damit das Leben auf Celcia nicht zu glücklich verlief? Auch hierauf erhielt Azura keine Antworten. Sie konnte nichts Anderes tun als ihr Bad zu beenden und sich nach dem Ankleiden auf den Weg gen Speisezimmer zu machen. Hätte sie den Lärm aus der Küche nicht vernommen, der zusätzlich die Stimmen ihrer Mutter und ihres Raben beinhaltete, wäre sie auch im noblen Speisesaal angekommen. So jedoch hielt sie Kurs auf den geräumigen Kochbereich mit seinen Anrichten aus hellem Stein und dunklem Holz. Schwarzkirsche oder Walnuss musste es sein. Mit Hölzern hatte Azura sich Zeit ihres Lebens nie beschäftigt und nicht einmal ihr Ziehvater kannte sich diesbezüglich damit aus. Sie erinnerte sich schwach an ein Gespräch zwischen ihm und Calebs Vater, Gregor van Tjenn. Beide hatten sich zunächst über die Abwesenheit des potenziellen Heiratskandidaten für die junge van Ikari unterhalten, waren anschließend aber zu geschäftlichen Dingen übergegangen. Azuras Erinnerung fischte heraus, dass Gregor van Tjenn Alicyde mit Informationen überschwemmt hatte, welche Hölzer sich am besten zum Schiffbau eigneten und beide waren dabei verblieben, dass in der Werft Tjenninger ein Handelsschiff nach Wünschen des Kaufmanns gebaut würde, aber mit den besten Hölzern, die van Tjenn zur Verfügung stellen könnte. Dieses Schiff hatte Jahre lang die celcianischen Meere bereist und zahlreiche Waren zurück nach Andunie gebracht. Aber selbst dieses Geschäft hatte nicht dafür sorgen können, dass Azura Caleb ehelichte. Er ging vorher auf See verschollen. Und nun hatte sie sich in Corax verliebt - den ehemaligen Sklaven, den Leidträger wie ihr echter Vater ihn nannte, den Raben. Derjenige, welcher die Göttin Ventha auf seltsame Art und Weise nervös zu machen verstand.
Dabei wirkte er kein bisschen Furcht einflößend wie Azura nun erneut feststellen musste. Nicht, wenn sien rubinroter Blick nicht mit diesem blutigen Rachedurst erfüllt war. Die erhobene Pfanne mit Speck und Eiern hinterließ in seinen Händen lange keinen so bedrohlichen Eindruck wie in jenen ihrer Mutter. Da machte selbst das Stoffhäubchen zwischen ihren Fingern mehr Angst. Sie hieb damit nach Corax. Nun war es an Azura, sich einzumischen. Die Schamesröte als glühendes Mahnmal noch auf den Wangen schritt sie zielstrebig zu ihrer Mutter und griff nach ihr, um sie daran zu hindern, ihren Liebhaber weiterhin zu schlagen. Corax wehrte sich nicht. Er versuchte lediglich, das Essen vor Aquila und jene vor einer Verbrennung zu schützen, indem er sich immer wieder in Reichweite der herabgehenden Haube lehnte.
"Mama, jetzt hör aber auf! Und du untersteh dich, anderen davon zu erzählen, was wir machen", tadelte sie erst ihre Mutter, dann Corax. Letzterer grinste schief auf, ohne verlegen zu werden. "Ich bin eben stolz auf mein Können", frotzelte er. Normalerweise hätte es Azura auch angeregt, wenn sie sich verbal wieder ein wenig anstachelten. Die jetzige Situation war jedoch der falsche Zeitpunkt. Wenigstens erkannte Corax das schnell genug, um sich weitere Worte zu verkneifen. Er nickte und drehte sich wieder der erhitzten Ofenplatte zu. Der köstliche Duft des Eis und das sofort wieder einsetzende Brutzeln des gebratenen Specks verführten Azuras Körper beinahe mehr als ihr Rabe es gekonnt hätte. Sie war hungrig. Er sollte bloß nicht aufhören mit dem Zubereiten. Sie wollte essen und zwar schnell!
"So, und wir setzen uns jetzt ins Speisezimmer und warten auf das Essen. Wo steckt eigentlich ...? Du hast ihn doch nicht etwa rausgeworfen in der Zwischenzeit, oder?"
"Zwischenzeit? Über vier Stunden warte ich nun schon auf euch", entgegnete Aquila mit einem derart bitteren Blick, als hätte sie zum Frühstück einen Korb Zitronen vertilgt. Frühstück war richtig, wie Azura nun feststellen durfte. Es dämmerte bereits, auch wenn Ventha noch immer nichts an der andunischen Wetterlage hatte ändern wollen. Das spärliche Licht schaffte es dennoch, die Räumlichkeit zu erhellen. Hatten sie und Corax denn die ganze Nacht miteinander Spaß gehabt? Unmöglich! Beide mussten nach ihrem Stelldichein doch auf dem besudelten Teppich eingeschlafen sein. Kein Wunder also, dass ihre Mutter pikiert war. Schließlich hatte ihr Kind sich nur rasch umziehen wollen. Aber wo steckte Kjetell'o?
Aquila van Ikari wandte sich mit einem Schnauben ab. Sie steuerte die Tür an, um wie von Azura gebeten, nun im Speisezimmer zu warten. Sie ging allerdings langsam, damit die Tochter aufholen konnte. Erst als beide im Speisezimmer angekommen waren, löste sie sich ein wenig von ihr und zog die Vorhänge auf. Junges Tageslicht sickerte in den Raum. Regen prasselte an die Fensterscheiben, die eine Aussicht auf den teils noch immer ramponierten Garten lieferten. Aquila entzündete einige Kerzen in ihren Halterungen, damit es im Speisezimmer heimelig wurde. Anschließend ließ sie sich zur rechten Seite am Kopfende der langen Tafel nieder. Den Plazt des Oberhaupts der Familie nahm sie nicht ein, denn auch wenn Alycide nicht anwesend war, so respektierte sie es, ihm diesen Sitz nicht streitig zu machen.
Der Tisch selbst war noch nicht gedeckt, aber Aquila musste schon lange zuvor den blauen Tischläufer darauf ausgebreitet haben. In der Mitte ruhten einige der blauen Vergissmeinicht in einer gläsernen Vase. Obwohl es schlichte Blümchen waren, schätzte Aquila sie sehr. Vor allem jetzt besaßen sie eine höhere Bedeutung, da ihr Mann verschwunden war. Ganz gleich, was mit ihm passierte. Alycide würde sie nicht vergessen, aber sie hoffte nach wie vor darauf, dass er sicher und wohlbehalten zu ihr zurückkehrte.
Endlich vermeldete sie: "Ich habe ihn hinausgeworfen, nachdem er sich ... unsäglich benommen hatte. Auch wenn er krank ist, akzeptiere ich keine Übergriffe auf meine Person." Ihr Blick war wieder kälter geworden, kaum dass sie von Kjetell'o sprach. Ihre Lippen bildeten eine schmale Linie, die ihr gesamtes Antlitz strenger wirken ließ. "Er wird schon wiederkommen, falls er Neuigkeiten wegen Alycide hat. Er versprach mir, nach ihm zu suchen. Seinen Lohn hat er ja bereits erhalten, also erwarte ich, dass er sich an die Abmachung hält. Vorher will ich ihn allerdings nicht mehr auch nur auf der Türschwelle des Anwesens sehen. Haben wir uns verstanden, Azura? Den Kontakt zu ihm kann ich dir leider nicht verwehren. Ich kenne deinen Dickkopf, du würdest ohnehin tun, was du möchtest. Aber das Anwesen ist mein Heim, mein sicherer Hafen. Der Ort, an dem ich meine restliche Lebenszeit mit jemandem verbringen will, den ich liebe und nicht mit ... ihm. Das Haus van Ikari ist die Grenze. Dort herrschen meine Regeln und ausnahmsweise wirst auch du dich daran halten!" Aquila seufzte. Es widerstrebte ihr, so streng mit ihrer Tochter umzugehen, doch sie stand unter Stress. Sie wahrte Haltung, weigerte sich, Schwäche zu zeigen und wartete anschließend schweigend ab, bis Corax endlich mit den Mahlzeiten erschien. Er fuhr sie auf einem galanten Rollwagen herein, wo alles unter silbernen Glocken heiß blieb, während er unangekündigt den Tisch deckte. Er legte dunkelblaue Platzdeckchen aus, stellte große Porzellanteller mit dem feinen bläulichen Blumenrand darauf ab, legte Silberbesteck bereit, das offensichtlich nicht den Weg in Plünderers Taschen gefunden hatte und schenkte erhitzte Milch in Becher, sowie Wasser in kristallklare Gläser. Als er überdies hinaus noch begann, Servietten auf den Tellern zu kleinen Vogelfiguren zu formen, zeigte sich selbst Aquila positiv überrascht.
"Ein Dunkelelf deckt meinen Tisch und serviert mir Frühstück, das er selbst gekocht hat, während seinesgleichen meine Stadt eroberten und sie nun regieren."
"Ich bin nicht wie die", entgegnete Corax. Dann verteilte er das Frühstück. Er tischte reichlich auch. Rührei mit Speck und Zwiebeln, dazu hatte er dicke Scheiben krustiges Brot mit Butter bestrichen und mit Kräutern garniert. In einer Schale servierte er einen Obstkompott aus andunischen Äpfeln, Trauben und diesen süßen, kleinen Kirschen, die es nur aus Übersee gab. Zum Nachtisch stellte er einen Milchpudding bereit. Alles duftete köstlich und sah herrlich aus.
Er blieb neben dem Rollwagen stehen und faltete die Hände bereits hinter dem Rücken wie es loyale Diener oder Sklaven eben so machten. Dann aber stutzte er selbst, griff sich eigenes Geschirr und richtete für sich noch einen Platz neben Azura her. Sein Blick glitt dabei allerdings zu Aquila herüber und traf den ihren. Die Strenge in den grünen Augen schwand. Sie seufzte und winkte Corax auffordernd zu. "Setz dich, du hast dir diesen Platz am Herd verdient gemacht. Ich bezweifle, dass du uns vergiften willst."
Sie tat sich vom Rührei und Speck auf, griff nach dem Brot und probierte. Ihre Züge wurden weicher. Sie aß mit Apptetit. "Sehr gut", war das schlicht klingende, aber durchaus wertschätzende Lob an den Koch. Dann aber wurde ihre Miene erneut ernst. Sie tupfte sich mit der Serviette den Mundwinkel. "Leidträger, so nennt er dich. Er ... Kje ... ihr wisst, wen ich meine." Corax nickte sacht. "Er sagte, du sollst zur Akademie zurück. Es ginge um eurer beider Herrin Serpentis. Man dürfe sie nicht zu lange warten lassen. Alles andere habe ich ignoriert, dass kann dieser Wicht mit Spitzohren dir auch persönlich mitteilen." Ihr Blick wanderte weiter zu Azura. "Wir hingegen ... nun, wir sind wohl zum Warten verdammt. Er wird sich um alles kümmern. Ich kann nur ausharren und ... hoffen ..." Sie zögerte. "Es sei denn, du hast einen Rat für mich."
Das war neu und es kostete Aquila gewiss viel, die Worte auszusprechen. Normalerweise war Azura nicht die Anlaufstelle ihrer Mutter, sich einen Ratschlag einzuholen. Aber zum einen hatte sie niemanden sonst mehr, zum anderen schien sie Azura Vertrauen entgegenbringen zu wollen, auch wenn es ihr noch schwer fiel, dies passend auszudrücken. Sie gab sich Mühe, auch mit Corax. Nur bei Kjetell'o konnte sie nicht über ihren Schatten springen.
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Samstag 24. Februar 2024, 22:22

So ganz wurde sie nicht schlau aus ihrem Raben, aber sie war, ebenso wie er, zu sehr noch ihrer Rolle als zu bedienendes Adelstöchterchen verhaftet, als dass sie seine Zuwendungen nicht hätte annehmen wollen. Vor allem die Tatsache, dass er ihr das Bad einließ, ließ ihr Herz höher schlagen. Wie könnte sie sich dagegen wehren? Zwar hätte sie durchaus Lust gehabt, ihn mit sich ins warme Wasser zu ziehen, aber dann hätten sie auch noch Tage später wohl nichts zu essen bekommen.
Und er war klug genug, sie nicht in Versuchung zu bringen, indem er sie rasch allein ließ. So blieb ihr lediglich die Entspannung in ihrem ureigenen Element. Dachte sie zumindest...
Womit sie hingegen nicht rechnete, war die kleine Stippvisite ihrer Göttin. Während sie noch vor sich hin träumte, materialisierte Ventha sich mittels der Blüten auf der Oberfläche. Erst die Stimme holte sie aus ihren Gedanken, schreckte sie auf... und verwirrte sie zugleich. Was sollte das denn jetzt wieder? Was sollte sie davon halten? Und wieso bekam sie keine Antworten auf ihre Fragen?! Oh, wie ihr dieses Rätselraten auf die Nerven ging!
Seufzend funkelte sie jene Blüte von der Nasenspitze an, als könne diese ihr doch noch eine Reaktion geben, die etwas erklären würde. Aber stattdessen knurrte ihr Magen laut und deutlich, um sie daran zu erinnern, dass sie mehr tun wollte, als sich zu säubern. Also beschloss sie, zu einer anderen Gelegenheit mit Corax... oder dem Waldelfen darüber zu reden, und sich bis dahin darum zu kümmern, endlich etwas zu beißen zu bekommen.
Wenig später verließ sie die Wanne, zog sich an und begab sich hinunter zum Speisezimmer. Wobei sie an der Küche vorbei gehen musste, was dazu führte, dass sie hören konnte, was darin gesprochen wurde. Eigentlich hätte sie sich nicht einmischen wollen, weil ihr Liebster sich mit Worten zu behaupten wusste. Allerdings nahm der Streit eine Richtung, die ihr Eingreifen erforderlich machte in ihren Augen. Wobei sie nicht sagen konnte, wen sie eher beschützen wollte, sich selbst, Corax... oder ihre Mutter. Vermutlich war es eine Mischung aus allen drei Möglichkeiten.
Somit ging sie dazwischen und tadelte zuerst die Hausherrin und dann den Koch. Während erstere nicht sofort etwas entgegnete, kam von ihrem Raben natürlich eine Bemerkung. Worte, die ihr Gesicht noch viel stärker glühen ließen. Sie wirbelte herum und nun war sie persönlich es, die ihm einen, wenngleich sanften, Hieb mit der Haube verpasste.
In einer Mischung aus Verlangen nach einer Wiederholung und nach einer verbalen Konfrontation funkelte sie ihn an dabei. "Das heißt aber nicht, dass du das jedem erzählen sollst!", schimpfte sie ihn und begann wissend zu grinsen. "Sonst muss ich dich auf Entzug setzen, damit du nichts mehr zu erzählen hast.", raunte sie ihm zu, siegessicher, dass diese Drohung ihre gewünschte Wirkung erzielen würde.
Sein Nicken bestärkte sie darin und als er sich abwandte, trat sie hinter ihn, um ihn flüchtig im Nacken zu kraulen, so, als wären da wieder seine Federn, mit denen sie ihn gerne kitzelte. Eine kurze, liebevolle Geste, der sie gerne einen Kuss hätte folgen lassen, wenn ihre Mutter dessen nicht Zeuge geworden wäre. Also unterdrückte sie diesen Impuls, obwohl ihre Wangen dennoch rot waren, als sie sich an Aquila wandte.
Energisch und trotzdem nicht unfreundlich wollte sie wenigstens von ihrer Mutter Antworten und erhielt sie auch. Nur rechnete sie nicht damit. Ihr klappte der Mund auf, ihre Augen wurden groß und ihr Gesicht stand regelrecht in Flammen vor Scham. "V...v...v...vier St...st...st...unden?!", ächzte sie und sah fassungslos zu ihrem dunklen Prinzen.
Sie schloss seufzend die Augen und fuhr sich über ihre Stirn, dann atmete sie tief durch und straffte die Schultern. Als sie ihr Gegenüber wieder ansah, lächelte sie schief. "Entschuldige, ich... wir...", betonte sie und fuhr rasch fort:"... wollten dich nicht so lange warten lassen." Sie trat zu ihrer Mutter und nahm deren Hände in ihre, um sie sanft zu drücken.
Rasch wurden sie ihr wieder entzogen, begleitet von einem ausdrucksstarken Schnauben, wie es nur die Hausherrin im Anwesen der van Ikaris vermochte. Azuras Gesicht glühte erneut und sie senkte schuldbewusst das Haupt. Um bei der erstbesten Gelegenheit, sobald die andere ihr den Rücken zugewandt hatte, Corax von unten her ein trotz allem seliges, verliebtes Grinsen zu schenken. Nicht, ohne auch ihre Zungenspitze flüchtig erscheinen zu lassen, um ihn daran zu erinnern, dass sie auch diese Art von Spiel wiederholen könnte. Sofern er es nicht brühwarm wieder ausplauderte!
Dann hatte sie sich im Griff, straffte ihre Haltung und beeilte sich, ihre Mutter einzuholen, um mit ihr gemeinsam hinüber zu gehen. Dort angekommen, machte sich die Ältere wie selbstverständlich daran, die Vorhänge aufzuziehen, eine Arbeit, die normalerweise die Dienerschaft übernommen hatte. Azura war dermaßen perplex, dass sie nur dastehen und blinzelnd zusehen konnte, anstatt zu helfen.
Draußen regnete es weiterhin unablässig und allmählich formte sich in ihrem Inneren die Frage, was Ventha damit wohl bezwecken wollte. Doch eine Antwort darauf würde sie vermutlich nie erhalten, so, wie es all die Jahre eigentlich für sie gewesen war, ehe sie von der Aufmerksamkeit der Göttin regelrecht verwöhnt worden war.
Leise seufzte sie und merkte erst jetzt, dass sie unbewusst an eines der Fenster heran getreten war. Ihr Blick ging hinaus in das scheinbare trostlose, aber heller werdende Grau eines heraufziehenden, weiteren verregneten Tages. Das Licht war noch schlecht, die steten Tropfen trübten die Sicht zusätzlich, sodass sie von ihrem Platz aus nicht sehen konnte, wie es um ihre Volière bestellt war. Gab es ihren Jagdfalken noch, den sie darin gehalten und umsorgt hatte? War er in Freiheit entkommen? Oder war sein Leben...
Nein, sie wollte und konnte diesen schmerzhaften Gedanken nicht zu Ende formulieren. Und ehe sie es entdecken könnte, wandte sie sich ab, fand den Raum in ihrem Rücken von Kerzen erhellt und ihre Mutter am Tisch sitzend vor. Schuldbewusst, weil sie sich hatte ablenken lassen, senkte sie den Blick und kam zügig heran, um sich an deren Seite zu setzen, so, wie in all den Jahren, seit sie hier lebten.
Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, wollte sich schwer auf sie senken und unangenehm werden. Doch es war nicht die Jüngere, die als erste das Wort ergriff. Nein, sie war noch damit beschäftigt, sich aus ihren verlegenen Gefühlen zu kämpfen, als die Hausherrin eine weitere ihrer Fragen beantwortete. Abrupt hob Azura ihren Kopf wieder an. "Was hat er?", entkam es ihr erschrocken und als sie den Blick der anderen sah, fröstelte sie unwillkürlich.
Aber es kam noch mehr, Dinge, die sie einerseits traurig machten, denn es schmerzte sie, wenn ihre Mutter in diesem Tonfall sprach. Und andererseits war sie auch besorgt sowie beseelt von schlechtem Gewissen, weil sie es gewesen war, die den Waldelfen hierher geführt und hierbehalten hatte, obwohl sie mit Corax beschäftigt gewesen war.
Sollte Aquila mit Tadel oder gar Aufbegehren gerechnet haben, so konnte die junge Frau sie eines Besseren belehren. Sie beugte sich etwas vor, griff erneut nach der anderen Hand und streichelte mit dem Daumen sanft den Handrücken. Dabei lächelte sie entschuldigend und warm zugleich. "Das werde ich, Mama. Ich lade ihn hierher nicht mehr ein, wenn es keine Not dazu gibt oder du es mir erlaubst.", sprach sie sanft und voller Verständnis.
Nun legte sie auch die andere Hand auf die ihrer Mutter, schloss sie damit ein, wie um ihr Geborgenheit in einer schützenden Hülle zu geben. "Ich habe nicht gewusst, dass dir seine Anwesenheit so weh tut, und das tut mir leid." Sie hob die Hand der Hausherrin an und öffnete den Kokon, um sich mit der Wange an die warmen, starken Finger schmiegen zu können, eine Geste, die sie früher oft gemacht hatten, wenngleich meist deswegen, weil Azura diesen Trost gebraucht hatte. Dieses Mal hingegen wollte sie ihrer Mutter damit Trost spenden.
Danach ließ sie ihre Hände wieder sinken und hielt sie weiterhin um die mütterlichen Finger geschlossen, sollten sie ihr nicht entzogen werden. Erneut senkte sich das Schweigen, nur war es dieses Mal etwas weniger erdrückend für sie. Trotzdem wurde die junge Frau ungeduldig, denn der Hunger nagte in ihren Eingeweiden.
So seufzte sie erleichtert auf, als Corax herein kam, und konnte sich ein gequältes "Na endlich!" nicht verkneifen. Mit erhobenen Augenbrauen und einem feinen, spöttischen Schmunzeln auf den Lippen beobachtete sie, wie er galant und gekonnt den Tisch zu decken wusste. Es juckte sie sehr in den Fingern, schnell das Frühstück in sich hinein zu schaufen, und auch ihr Magen rebellierte laut wegen der anhaltenden Leere, allerdings konnte sie sich vorerst noch beherrschen.
Jedoch musste sie ihre Hände beschäftigen und so begann sie, an dem Schnabel ihres Serviettenvogels zu zupfen, während ihre Mutter das Wort ergriff. Bei seiner Antwort kicherte sie verstohlen und murmelte in sich hinein:"Nein, ab heute bist du meine Serviette. Immer wieder neu faltbar."
Endlich erschien er jetzt auch noch mit den zubereiteten Leckereien, deren Duft ihren Bauch regelrecht aufheulen ließen wie einen einsamen Wolf bei Vollmond. Hastig stellte sie den Serviettenvogel zur Seite, anstatt ihn zu öffnen und als Schutz auf ihren Schoß zu legen. Schon hielt sie ihren Teller auffordernd in seine Richtung und grinste wie ein Lausebengel, der seine langersehnte Leckerei erbettelt hatte.
Sobald sie etwas darauf hatte, griff sie sich die Gabel, um das Rührei in sich hinein zu schaufeln und erst verspätet mit überaus vollen Backen ein "Mahlzeit!" zu wünschen. Für ihre Umgebung hatte sie gerade keinen Blick und so blieb es an Corax selbst, sich daran zu erinnern, dass er in diesem Haus weder Diener, noch Sklave war, und ebenso essen durfte wie die beiden Frauen. Und es fiel Aquila zu, ihn einzuladen wie auch ihn zu loben.
Azura war gerade dezent... verhindert, denn kaum war das Rührei verputzt, machte sie sich über Brot und Speck her, als hätte sie seit Tagen nichts mehr gegessen. Was, wenn man es genau betrachtete, auch der Fall war, denn seit dem Sprung vom Schiff hatte sie lediglich am Vortag ein bisschen andunische Apfelmarmelade zu sich genommen und diese äußerst... wirkungsvoll wieder von sich gegeben. Hinzu kamen die verausgabenden Stunden mit ihrem Raben, sodass sich besonders dieser vermutlich über ihren Appetit und ihre mangelnden Manieren zu Tisch nicht wundern würde.
Im Gegensatz zu Aquila, die, in gewohnter Weise, Konversation bei Tisch machen wollte, während sie mit eleganten Bewegungen Bissen für Bissen in gesetzten Abständen zu sich nahm. Ihr Kind kannte gerade kein Halten und war schon bei der dritten Portion Brot mit Speck und dieses Mal auch Rührei, obwohl sie eigentlich bereits platzen müsste, als sie angesprochen wurde. "Hmpf, wsch?", sprach sie undeutlich, erneut mit dicken Backen und einiges von dem Ei um ihren Mund sowie auf ihrem Kinn.
Sie schluckte mühsam die viel zu große Portion runter, dass es beinahe schon weh tat, sah zu Corax und wieder zurück zu ihrer Mutter. Erst jetzt besann sie sich allmählich dessen, dass es noch etwas anderes gab als zu schlingen, und mit einem letzten, sehnsüchtigen Blick lehnte sie sich zurück, die Augenbrauen angehoben. "Ich bin fürs Warten nicht gemacht.", stellte sie trocken fest. "Und du hast auch genug davon, oder irre ich mich?" Sie griff sich ein Glas mit Wasser und spülte den Geschmack des guten Essens hinunter.
Dann warf sie ihrem Liebsten einen Blick zu. "Du musst also zurück und ich werde Mama nicht allein lassen.", fuhr sie langsam fort und ihre Augen zeugten mehr als deutlich von ihrem Bedauern darüber, dass sie beide keine weiteren Stunden miteinander und ineinander verbringen konnten. Vielleicht ja am heutigen Abend? Sofern sie vor Müdigkeit vorher nicht umfiel nach dem wenigen Schlaf, den sie gehabt hatte! Aber ja, das würde sich zeigen. Nur... was sollte sie so lange...?
Ihr kam eine Idee und das war ihrer Miene auch deutlich anzusehen, ihre Augen begannen regelrecht zu funkeln und ihre Lippen kräuselten sich zu einem unheilvollen Lächeln. "Wir Frauen sind also auf uns gestellt.", fasste sie es noch einmal zusammen, griff sich ihr Messerchen und bestrich das letzte Stück Brot mit dem Rest ihres Rühreis, gründlich, um die Spannung ein wenig zu steigern. Ihre Mutter kannte sie, sie würde wissen, dass sie etwas ausheckte und wie schon zuvor erwähnt, mit ihrem Dickkopf auch ihren Willen bekommen würde.
Als sie mit der Vorbereitung ihres abschließenden Bissens zufrieden war, hob sie ihn hoch, als würde ihr Werk alles erklären, und bewunderte es seelenruhig. "Dann werden wir tun, was wir auch früher getan haben... oder eher du, Mama, nur mit dem Unterschied, dass ich jetzt dabei bin!" Damit schob sie ihr Essen in den Mund und kaute darauf herum, während sie es schaffte, dabei zufrieden vor sich hinzugrinsen.
Ihr Blick suchte den von Aquila. Nach dem Herunterschlucken fuhr sie fort:"Mag sein, dass jetzt die Dunklen hier regieren. Aber trotzdem sind das Adelige und als solche sollten wir sie sehen." Sie sah zu Corax, lächelte leicht und griff kurz nach seiner Hand. "Ich bin sicher, jetzt, da wir zur He..." Nein, es ging ihr trotz allem immer noch nicht flüssig über die Lippen. Je stärker ihre Gefühle für ihren Raben waren, desto schwerer schien es ihr zu fallen. Aber sie rang die zweite Silbe nieder und ersetzte sie durch die angepasste:"...rrin eine gute Beziehung haben, gibt es Mittel, um uns dank Empfehlungsschreiben Zugang zu verschaffen."
Azura wandte sich wieder an ihre Mutter. "Es gibt bestimmt Möglichkeiten, unser Heim zu schützen, damit wir es verlassen, uns vorstellen und präsentieren können, Kontakte knüpfen können, so, wie es im Adel seit jeher üblich war. Vormittags ein nettes Pläuschen, nachmittags ein Kaffeekränzchen und abends einen Ball oder eine Soirée. All das, womit wir Frauen unsere Tage füllen sollten, um Informationen und Chancen zu beschaffen." Sie ließ Corax' Hand los und beugte sich wieder hinüber, um diejenige der Hausherrin zu ergreifen. "Mama, du hast selbst gesagt, uns ist nicht alles genommen worden. Wir haben etwas zu bieten, Aussichten auf Geschäfte, auf Waren, auf Erfahrung. Das können wir doch nützen!"
Ihr warmes Lächeln nahm wieder diesen hintergründigen Charakter an. "Und wie nebenbei lassen wir hie und da mit einfließen, wie viel mehr noch möglich wären, wenn wir Vater an unserer Seite hätten."
Ein weiterer Blick traf ihren Raben und in ihren Augen funkelte es herausfordernd. "Oder haben bei den Dunklen gar die Frauen das Sagen und die Männer haben zu Hause zu bleiben, die Kinder zu hüten und das Personal zu beaufsichtigen?", neckte sie ihn und ließ durchklingen, dass sie, sollten sie beide sich jemals einen Hausstand zulegen, durchaus gewillt wäre, sich diesen Rang zu erstreiten, sollte er auf die Idee verfallen, sie zu sehr auf ihre häuslichen Pflichten reduzieren zu wollen. Denn sie würde nicht, wie Aquila es erwähnt hatte, nur still sitzen und warten!
Zwar würden all diese Aktivitäten Kraft kosten und ihr die Zeit für etwas Schlaf nehmen, allerdings würde sie bereitwillig dieses Opfer erbringen, um ihren Stiefvater zu finden und heim bringen zu können. Und danach würde sie schlafen... nachdem sie eine weitere, so köstliche Mahlzeit von ihrem dunklen Prinzen erwartete! Oh ja, sie war gespannt, was er noch so alles zaubern könnte!
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 29. Februar 2024, 14:34

Madiha kommt von Die Wasserakademie -> In der Wasserakademie

Madiha:
"Wäre die Situation nicht so drängend, sollten wir uns mehr Zeit lassen, nur damit Kjetell'o zum Warten verdammt ist. Dann könnte er seine Erkältung auskurieren." Es waren die ersten Worte, die Jakub an Madiha richtete, seit sie die Wasserakademie verlassen hatten. Ausgestattet mit dicken Kapuzenumhängen, die nicht nur den Regen, sondern auch die kalte Brise von Seeseite aus abhielten, sowie jeweils einem Schirm für jeden und hohen Lederstiefeln marschierten sie durch die Straßen. Jakub gab dabei das Tempo vor und er ging zügig, wahrscheinlich ohne es zu bemerken. Er nahm sich nicht die Zeit, die vielen Häuser der Viertel, ihre Bewohner und den allgemeinen Zustand der Stadt zu beobachten. Er ignorierte nur die dunkelelfischen Patrouillen nicht, da jene sonst nur Verdacht schöpfen und sie mutwillig aufhalten könnten. So buckelte er fast vor jeder Streife, die sie passierten, neigte den Kopf oder grüßte in einem gemurmelten Tonfall, der Respekt zollte, ohne die finsteren Gesellen belästigen zu wollen. Madiha, die ihn nun schon länger kannte, wusste, dass er das nur ungern mit sich machen ließ, aber es war notwendig und es funktionierte. Beide gelangten sie ohne größere Ereignisse durch halb Andunie und hinein in das Adelsviertel der Stadt.
Erneut änderte sich das Bild, das Madiha bisweilen von Calebs Heimat gewonnen hatte. Sie befanden sich auch nicht länger am Rande dieses Bezirks, wo Familie van Tjenn ihren Sitz bezogen hatte. Jetzt steckte sie mitten drin im Viertel und musste feststellen, dass das Haus Faelyn mit seinem riesigen, umzäunten Garten keine Ausnahme bildete. Die Anwesen waren groß und sehr individuell gehalten. Einzig die Basisstruktur der Gebäude blieb größtenteils gleich. Man verwendete helles Gestein für das Erdgeschoss und Fachwerk für obere Stockwerke, wenn man nicht so reich war, einen kompletten Steinpalast zu errichten. Türmchen, achteckige Erker und andere verspielte Elemente ließen jedes Haus auf seine eigene Weise strahlen. Andunischer Adel legte zudem Wert darauf, niemand Unbefugten auf ihr Anwesen lassen zu wollen. Jedes Grundstück war von einem Zaun umgeben - schwarzes Eisen, massiver Stein oder eine hohe Hecke. Dennoch hatten sie allesamt gemeinsam, dass es bewusste Gucklöcher gab, damit die weniger Betuchten einen Blick auf den Prunk auch im Garten des jeweiligen Adelsgeschlechts werfen konnten. Auch hier rühmten die Andunier sich mit der Schönheit ihrer Stadt. Zierbäume und -sträucher wie Madiha sie bereits im Garten des faelyn'schen Anwesens entdeckt hatte, fanden sie nahezu in jedem anderen adligen Garten. Hinzu kamen Springbrunnen, Pavillons oder ganze frei aufgebaute Terrassen mit hohen Pfosten, damit sich zu Feierlichtkeiten Lampionketten dazwischen aufhängen lassen konnten, während die Noblen in ihrem und dem Licht der Sterne das Tanzbein schwangen, bei Wein und Gesang plauschten oder miteinander anbandelten, um sich in den hauseigenen Irrgarten zu verdrücken.
Es gab viel zu sehen und hätte Jakub etwas langsamer gemacht, hätte Madiha sich länger damit befassen können. Es lenkte so gut von den eigenen Gedanken ab. Doch auch der einstige Erste Maat der Blauen Möwe wusste, mit seinen Worten Aufmerksamkeit zu erregen. Als sie sich von dunkelelfischen Augen unbeobachtet fühlten, setzte er an: "Kjetell'o hat mich ausgeschickt, der Spur eines Konvois zu folgen, das vor gut drei Wochen Andunie verlassen hat. Er passierte das am Fluss Ilfar gelegene Fischerdorf, folgte dem Lauf des Wassers durch die Stille Ebene bis zum Wald Neldoreth und von dort aus nahm er direkten Weg gen Kosral. Mit dem Wissen, das Kjetell'o mir zur Verfügung gestellt hatte, gelang es mir, mich als Nachzügler eines dunkelelfischen Soldaten auszugeben, der bei einem Überfall um's Leben kam und mir - seinem Sklaven - nur die Information hatte zuteil werden lassen, dass er in Kosral hatte dienen wollen. In gespielter Sorge, keinen Platz zu haben, ließ man mich in die Stadt und ich durfte ...", Jakub brummte grimmig, "mit den anderen Sklaven dort schuften."
Er blieb stehen, musterte nun doch einmal die verschiedenen Anwesen. Dabei berührte er eine Rose, die unbeschadet all der Schrecken von Belagerung und Eroberung Andunies aus einem Heckenbusch gewachsen war und nun hellrot in den Tag hinein blühte. "Wenn Kjetell'o dich mitnimmt, wirst du sehen, dass nicht jede Stadt so schön ist wie Andunie. Kosral wird militant geführt. Es wirkt eher wie eine gigantische Armeelagerstadt. Kinder gibt es dort nicht, Frauen nur wenige, wenn sie nicht selbst im dunkelelfischen Militär dienen. Die Sklaven dort sind Gefangene und Arbeitskräfte, die Waffen, Rüstungen und Kriegsgerät instandhalten oder produzieren sollen. Wer aufbegehrt, wird mit Schlägen und Nahrungsentzug bestraft. Wer zu oft auffällt, landete bei ... den Spinnen." Er hob die Schultern. "Ich habe keine Ahnung, was damit gemeint ist, denn ich habe es sehr wohl vermieden, zu rebellisch zu sein." Jakub setzte den Weg fort. Kjetell'o hatte ihm offenbar schon vorab gesagt, wo er Azuras Heim finden würde, denn er ging sehr zielstrebig, als kannte er die Richtung genau. "Aber nicht alle Gefangenen dort werden so unsäglich behandelt. Denn Kosral ist nicht nur Knotenpunkt für das Militär der dunklen Völker. Sie halten sich dort auch Kriegsgefangene, die ihnen Vorteile verschaffen könnten. Meist sind das Adlige anderer Völker oder einflussreiche Personen. Entsprechend stehen ist eher unter Arrest als wirklich in einem dunklen Loch zu sitzen. Ihre Zellen sind sogar sehr nobel eingerichtet. Sie dürfen jene nur nicht verlassen."
Plötzlich zeigte der Mann nach vorn. Eine breite Straße führte an einem großen Grundstück vorbei, dessen Mauer stabil, aber etwas ramponiert wirkte. An einer Stelle war sie zertrümmert, so dass jeder hineinkommen könnte, der es nicht sollte. Madiha und Jakub aber waren offiziell hier und so nahmen sie auch den Pfad durch das offen stehende Doppeltor bis hin zur Hausschwelle. Jene war von einem Balkon überdacht, von wo aus man Blick auf den gesamten Garten besaß. Madiha konnte auch hier Büsche und Zierbäume erkennen, jedoch hatten Plünderer offenbar ihre Wut an vielen Pflanzen ausgelassen und sie einfach umgestoßen oder platt getrampelt. Im hinteren Bereich des weitläufigen Gartens konnte sie einen der kleinen Pavillone erkennen, der mit seinem weißen Anstrich wie ein Fleck in all dem Grün herausstach. Auf der anderen Seite des Gartens fand sich jedoch auch eine große Voliere, die anscheinend nicht Ziervögeln diente. Für Genaueres müsste sie jedoch näher heran. Das war nun unmöglich, denn Jakub und sie näherten sich dem Haupteingang. "Kjetell'o hat mich nach Kosral geschickt, um herauszufinden, welche adligen Gefangenen sich in der dunkelelfischen Obhut befinden. Als ich ihm mitteilte, dass einer davon ein Kaufmann namens Alycide van Ikari ist, wurde er sehr hellhörig. Nun weiß ich mehr. Das ist Azuras Vater ... oder ... Stiefvater sollte ich wohl eher sagen. Der Elf will ihn befreien und ich schätze, du spielst eine wichtige Rolle dabei. Doch zunächst müssen wir es der Gattin mittei- oh!"
Eigentlich hatte Jakub soeben den schwere Türklopfer betätigen wollen, um seine ankunft anzukündigen. Stadtdessen aber wurde die Tür nach innen aufgezogen und er, sowie Madiha blickten in das überraschte Gesicht von Corax.

Azura:

Mit gemischten Gefühlen beobachtete Aquila van Ikaria das Zusammenspiel zwischen ihrer einzigen Tochter und diesem Dunkelelfen, der sich einfach so in ihr Leben geschlichen hatte. Mehr noch, er hatte bei ihr gelegen, aber Azura schien es nicht nachhaltig geschädigt zu haben. Aquila sah ... Parallelen, aber auch hierbei wusste sie ihre Gefühle nicht ganz einzuordnen. Die Zeit mit Kjetell'o hatte sie nachhaltig geprägt. Ihre Hand fuhr zum Mund und sie berührte flüchtig ihre Lippen, ehe eine Festigkeit in ihren Blick zurückkehrte, deren Strenge nun Corax traf. Dabei schaute er nicht einmal hin. Er ließ sich den Nacken kraulen. Azura ertastete dieses Mal nicht eine einzige Feder. Das war gut, oder nicht? Er hatte offenbar aktuell kein Leid mit sich zu tragen, jedenfalls keines, das ihn in ein Federkleid hüllte. Das bedeutete doch, dass es ihm gut ging. Er genoss den Aufenthalt unter ihrem Dach, selbst nach der Konfrontation mit ihrer Mutter und ihrem eigenen kleinen Tadel. Er lächelte. Auch Aquila fiel es auf. Vielleicht ließ sie sich deshalb von ihrer Tochter alsbald ins Speisezimmer bringen, setzte sich und schwieg, während Corax auftischte. Sie blieb vorerst Beobachterin.
Aber auch die jüngere van Ikari hatte einige Dinge gesehen. Natürlich fiel es auf, wenn die eigene Mutter plötzlich die Vorhänge zurückzog, wenn jene Tätigkeit stets von Dienerschaft erledigt worden war. Aber bis auf Aquila befand sich niemand mehr in dem Anwesen. Es war groß und leer und ... ohne Azuras Vater. Sie mussten ihn finden und zurück nach Hause bringen.
Langsam wurde ihr die Tragweite erneut bewusst und dass ihre Mutter unter dem Verlust wohl am meisten litt, weshalb sie jegliche Gefühlsregung an Corax oder Kjetell'o ausließ. Sie fand nur so ein Ventil mit ihrem Kummer umzugehen und Corax bot als Dunkelelf einen wunderbaren Sündenbock. Dass aber auch Azura ein wenig ihres Frusts verdient hätte, erkannte die Tochter nun, nachdem ihre Mutter offenbart hatte, wieviel Zeit sie sich gelassen hatte.
"V...v...v...vier St...st...st...unden?!"
"Ich bin ausdauernd...", kommentierte Corax und warf einen bewusst kecken Blick zu Azura herüber. Dann aber deckte er den Tisch, um die Hausherrin nicht noch mehr zu vergraulen. Er setzte ihr zuerst auf, was Azuras Magen nur noch einmal lauter knurren ließ. Der hatte darben müssen und wollte endlich gefüllt werden. Über ihren Hunger vergaß sie sogar glatt jegliche Manieren. Sie konnte ihren Teller gar nicht schnell genug gefüllt bekommen, schnappte sich wenigstens noch das Besteck. Allerdings verputzte sie die Happen wie ein Wolf. Sie schlang herunter, in großen Brocken und ohne sichtlichen Genuss.
Aquila, die ihrerseits zur Gabel gegriffen hatte, ließ diese langsam auf den Teller sinken. Mit eisiger Miene starrte sie ihre Tochter an. Diese ließ sich nicht unterbrechen. Sie mampfte und stopfte und futterte alles fort, was sich auf ihrem Teller befand. Und sie durfte feststellen, dass Corax zumindest ein sehr gutes Frühstück zaubern konnte. Noch ein Pluspunkt für ihren Raben, der seinerseits erst Azura grinsend beobachtete und dann selbst zu essen begann. Auch er musste hingrig sein, hielt sich aber zurück.
Aquila bemerkte das. Sie räusperte sich: "Ich entschuldige den Mangel an Manieren, den meine Tochter präsentiert. So ist sie nicht erzogen worden. Es muss ihre lange Abwesenheit von Zuhause schuld sein, dass sie ihre Etikette nun so schleifen lässt."
Corax schaute auf, wobei sein Blick erst auf der Hausherrin ruhte, ehe er zu Azura herüber wanderte. Er schluckte hinunter, legte das Besteck kurzzeitig auf den Tellerrand und schmunzelte: "Wir haben lange nichts gegessen, das ist alles. Außerdem ... sieht sie auch mit vollen Backen wunderschön aus." So konnte nur ein schwer Verliebter sprechen, denn Azura gab sich nun wirklich alle Mühe, ihre wiedergewonnene Schönheit hinter einem vollstopften Mund zu verbergen, von dem das Fett tropfte und sich einen Weg zu dem Stückchen Ei bahnte, das an ihrem Kinn klebte. "Wunderschön", wiederholte Corax überzeugt.
Aquila schnalzte mit der Zunge, gab aber sonst keinen weiteren Kommentar dazu ab. Es gab schließlich Wichtigeres zu besprechen als mangelnde Manieren. Etikette würde Alycide van Ikari nicht nach Hause zurück bringen ... oder etwa doch? In Azura reifte ein Plan heran und sie war bereit, ihn mitzuteilen - nachdem ihr Magen ausgiebig gefüllt war. Sie wollte im Gegensatz zu ihrer Mutter nicht zum Warten verdammt sein. Das war noch niemals eine Option für sie gewesen und jetzt erst Recht nicht. Sie hatte in den letzten Wochen so viel auf eigene Faust durchgemacht, aber auch vieles erreicht. Einige Fehler waren begangen, aber wieder ausgebügelt worden. Sie würde nicht stillsitzen und darauf warten, dass andere ihren Vater zurückbrachten, während sie einfach nur daheim hockte und schön war ... und vielleicht einige Stunden mehr damit verbrachte, mit Corax zusammen andere warten zu lassen. Auch in ihren Augen schwang Verliebtheit mit, als sie zu Corax schaute.
"Du musst also zurück und ich werde Mama nicht allein lassen."
Er nickte, legte da Besteck nun an die Position auf dem Teller, als würden sie auf einer Uhr die vierte Stunde anzeigen, tupfte sich die Lippen und erhob sich. Es war kein Diener da, der abräumte, folglich übernahm Corax erneut. Er packte das Geschirr auf den kleinen Rollwagen, überließ es aber Aquila und Azura, ob sie nicht noch einen Nachschlag holen wollten. Er seufzte allerdings: "Wenn es nicht zuviel Arbeit macht, schiebt den Wagen nachher in die Küche. Ich ... beeile mich, zurück zu kommen und dann mach ich sauber."
Aquilas Brauen schnellten in die Höhe. Sie schaute zu Azura herüber, auf eine Erklärung gespannt. Sie hatte Corax schließlich als engsten Vertrauten der Feuerhexe Serpentis Mortis ausgegeben. Dass er sich nun eher wie ein Diener benahm, überraschte die Ältere durchaus.
"Oder haben bei den Dunklen gar die Frauen das Sagen und die Männer haben zu Hause zu bleiben, die Kinder zu hüten und das Personal zu beaufsichtigen?", versuchte Azura es. Sie wollte Corax eben nicht wie einen Sklaven dastehen lassen und sah hier die einzige Möglichkeit durch kulturelle Differenzen. Der Rabe aber wollte ehrlich mit der Mutter seiner Liebsten umgehen. So antwortete er: "Ich weiß nicht, wie es in anderen dunkelelfischen Häusern zugeht. Wahrschienlich kommt es auf das jeweilige Adelsgeschlecht an. Ich habe die meiste Zeit Herrinnen gedient, wie du weißt." Aquilas Augen weiteten sich in noch größerer Überraschung, aber sie schwieg zunächst. Das würde sie sich merken und irgendwann näher nachhaken. Corax machte jedoch den Eindruck in Aufbruchstimmung zu sein und sie wollte ihn nun nicht aufhalten.
Er kam zu Azuras Stuhl, neigte sich daran vorbei und stahl das Stück Ei mit den Lippen von ihrem Kinn, ehe er sie dort küsste. "Ich bin so schnell es mir möglich ist wieder hier. Ich liebe dich", raunte er ihr noch zu und machte sich dann mit einer angedeuteten Verbeugung in Richtung Aquila auf den Weg.
"Wir Frauen sind also auf uns gestellt", bemerkte Azura, als sie nun mit ihrer Mutter erneut allein war. Sie würde Corax ihren Plan wohl bei Zeiten noch einmal gesondert erzählen müssen oder vielmehr ihn vor vollendete Tatsachen stellen. Denn dass seine Liebste ihren Kopf einfach durchsetzen würde, war klar. Doch ihr Plan zeigte zumindest bei Aquila Wirkung. Sie lauschte aufmerksam, während ihre Augen sich langsam mit Hoffnung und einem alten Kampfmut füllten, der sie schon damals die Zeit auf der Straße hatte überleben lassen. Sie war ebenfalls eine Kämpferin und zu stur, um zu sterben. Von jemandem musste Azura es schließlich haben.
"Du möchtest also, dass wir uns in den Adel der Dunklen einfügen", fasste Aquila das Ziel von Azuras Plan vorderst zusammen. "Wir sollen versuchen, uns über Empfehlungsschreiben deines dunklen Liebhabers und Feste Kontakte aufzubauen, die unsere Stellung nicht nur etablieren, sondern uns auch Einfluss verschaffen ... damit wir Alycide retten können."
"Mama, du hast selbst gesagt, uns ist nicht alles genommen worden. Wir haben etwas zu bieten. Aussichten auf Geschäfte, auf Waren, auf Erfahrung. Das können wir doch nützen!"
"Dein Vater hat nach wie vor Kontakte zu sämtlichen Händlern außerhalb Andunies. Die Dunklen mögen unsere Schiffe und Kontoren beschlagnahmt haben, aber sie werden die Waren hier nicht los. Sie müssen Handel betreiben und wir könnten ihnen ... die Pforten öffnen." Erneut drang der Pragmatismus zu Tage, für den man Aquila kannte. Sie wusste, dass es durchaus als Verrat gesehen werden könnte, wenn man nun die Handelswege der Dunkelelfen ebnete. Gleichermaßen musste man aber selbst überleben und wer wusste schon, ob man nicht auf koexistieren und Waren vertreiben konnte. Aquila hatte von Alycide einiges in diese Richtung gelernt. Sie trieben schließlich nicht nur mit Menschen Handel. Ihr Gatte besaß auch Kontakte zu den sehr weit entfernt lebenden Mantronern, die wiederum einen Weg zu den Eiselfen aufbauten. Sie verkauften Waren an die Küstenstädte der Königreiche, damit sie zu den Rugtaner Zwergen gelangten.
"Alycide hatte Großes mit dir vor, Kind", öffnete Aquila nun ein Kästchen der Geheimnisse. "Wir wollten damit warten, bis es Aussicht auf eine Ehe gäbe, denn das wäre Teil deiner Mitgift geworden. Es schadet jedoch wohl nicht, dir seinen Plan für dich nun mitzuteilen. Die Umstände..." Sie seufzte. "Mein Kind, dein Vater versuchte seit geraumer Zeit, ein Handelsabkommen mit den Amazonen von Ardéris zu erlangen. Sie verweigerten ihm bisweilen jegliche Antwort, aber er gab nicht auf. Als er vorschlug, statt seiner selbst die Geschäfte über seine Tochter laufen zu lassen, da er sie als fähig und gleichberechtigt ansah, wurden die Amazonen hellhörig. Er wollte dir dieses Geschenk zusammen mit einem eigenen Handelsschiff machen und dich in seine Welt kaufmännischer Kontakte einführen. Vielleicht könnten wir den Dunklen das schmackhaft machen. Nicht jeder kann sich mit Amazonen austauschen, erst Recht kein Mann. Wenn wir es mit deiner Idee verbinden, einige Bälle zu veranstalten, um Dunkle in diese Richtung zu locken, könnte das Haus van Ikari sogar weiter bestehen ... und Alycide ließe sich zurückholen. Die künftige Kauffrau zu den Amazonen braucht nicht nur ihren Vater, sondern auch einen Mentor. Ja, das ist gut. Eine gute Idee, Azura!"
Aquila war nicht länger nach Frühstück. Tatendrang packte sie und sie erhob sich. "Wir sollten uns sofort an die Vorbereitungen machen. Am besten kratzen wir die versteckten Ersparnisse zusammen und-" Sie verstummte, als Corax' Stimme als lauter Ausruf von der Eingangshalle aus bis zum Speisezimmer herüber wehte. Neugier und die Notwendigkeit, einen Gast höflich zu empfangen, packten die Hausherrin. So deutete sie Azura an, ihr zu folgen und machte sich auf den Weg zum Haupteingang.

Madiha und Azura:

"Kleine Herrin!", rief Corax überrascht aus, als er in Jakubs und Madihas Gesichter unter den regennassen Schirmen und Umhängen schaute. Seine Stimme hallte in der inzwischen eher leeren Eingangshalle des Anwesens. Dass hier geplündert worden war, sah man. Es war zwar nicht viel zerstört worden, aber wie schon im Haus van Tjenns erkannte man rechteckige Flecken an den Wänden, wo vorher Bilder gehangen haben mussten. Podeste standen leer, beraubt ihrer prunkvollen Ausstellungsstücke. Doch die Aufmerksamkeit aller Anwesenden lag eindeutig auf Corax.
Ebenso jener aller Hinzukommenden. Schritte wurden laut. Die feinen Damenschuhe der Hausherrin klackerten auf dem Dielenboden und den Marmorplatten, welche die Eingangshalle zu einem weiteren Hingucker machten. Mit Azura im Schlepptau erreichte sie eben jene Halle.
Madiha konnte sofort die Ähnlichkeit zwischen beiden Frauen erkennen, sowie die Tatsache, dass Azura ihre Schönheit wahlrich zurückgewonnen hatte. Aber nicht nur das. Corax stand vor ihr mit beiden Armen. Das fiel auch der Hausherrin plötzlich auf, die bisweilen eher weniger darauf geachtet hatte.
"War er nicht entstellt?", raunte sie ihrer Tochter zu, aber selbst leises Flüstern wurde von den Wänden der Halle um ein Vielfaches verstärkt. Jeder konnte diese Aussage hören. Corax spähte über die Schulter zurück. Er schenkte Azura ein warmes Lächeln. Sie würde es ihrer Mutter schon erklären. Er hingegen zog nun die Tür weiter auf und machte Platz, damit Madiha und Jakub eintreten konnten. Letzterer schüttelte zunächst jedoch seinen Schirm aus und würde auch Madihas ergreifen. Sie mussten nicht gleich den halben Hauseingang mit Pfützen besudeln.
"Kleine Herrin, was machst du denn hier? Komm herein, bitte." Er wollte offenbar noch mehr sagen, doch stutzte plötzlich, ehe er ein Würgen unterdrückte. Anschließend berührte er Madiha an der Schulter, um sie an sich heranzuziehen. "Stimmt etwas nicht? Ist etwas mit Kjetell'o? Ich ... kann es riechen. Es ... stinkt. Abartig!" Er bemühte sich, durch den Mund zu atmen und gleichzeitig den Würgreiz zu unterdrücken. Dann weiteten sich seine Augen. "Wo ist Caleb?", fragte er.
Da trat die Hausherrin in den Kreis hinein und räusperte sich gekünstelt, aber deutlich. Sie erwartete, dass sich alle Augen auf sie richteten, aber das taten sie bei manchem Klientel ohnehin. Aquila war durchaus schön zu nennen, auch wenn sie im Gegensatz zu Azura natürlich bereits in die Jahre gekommen war. Ihre Haut besaß erste Fältchen, die sie zu überschminken versuchte. Dabei gaben sie ihr eher Charakter. Das Haar besaß eine ähnliche Färbung wie Azuras. Rotgolden, wobei man manchmal nicht sagen konnte, ob es nicht sogar eher ins Rotblonde ging. Ihren Augen fehlten die goldenen Sprenkel im Grün. Diese hatte Azura eindeutig von Kjetell'o geerbt. Die feinen Züge teilte sie sich aber ebenso mit ihrer Mutter wie die Figur. Die Ältere achtete auf eine ausgewogene Ernährung und dass ihr Busen trotz allem immer noch von einem Mieder oder Korsett üppi angehoben wurde, ohne dass es billig wirkte. Im Gegensatz zu ihrer Tochter war ihr Kinn jedoch nicht mit Bratenfett vom gebrutzelten Speck und Resten von Ei verschmiert. Sie sah mehr als adrett aus und strahlte eine Erhabenheit aus, ohne dadurch streng zu wirken.
"Willkommen im Hause van Ikari. Ich bin Aquila, die Hausherrin und kümmere mich in derzeitiger Abwesenheit meines Gatten um alles. Darf ich nach Namen und Grund Eures Besuchs fragen? Mit Verlaub, der Zeitpunkt ist nicht der Beste, um Gäste zu empfangen."
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Montag 4. März 2024, 22:53

Es war nicht ihre Absicht, verliebt mit ihrem Raben vor den Augen ihrer Mutter herum zu turteln und ihr damit unter die Nase zu reiben, was sie gerade und was die Ältere verloren hatte. Sie wollte Aquila nicht weh tun! Und trotzdem konnte sie es nicht sein lassen und suchte in der Küche ständig Corax' Nähe, berührte und kraulte ihn. Doch so ganz konnte sie ihre Umgebung dann nicht vergessen und vermutlich war das auch gut so.
Gemeinsam mit der Hausherrin verließ sie ihn und musste noch ein wenig Zeit bis zum Essen überbrücken. Wobei die Überraschungen dabei nicht auf sich warten ließen, allen voran jene, wie lange ihre Mutter hatte warten müssen. Azura erschrak ehrlich darüber, denn es war ihr bei weitem nicht so lange vorgekommen. Oder hatte sie viel länger geschlafen als gedacht? Ja, das musste es sein!
Sein Kommentar über seine Fähigkeiten war da wenig hilfreich und ließ ihr Gesicht fühlbar brennen. Wäre er nicht schon weiter gewesen und hätte den Tisch gedeckt, sie hätte erneut die Haube ihrer Mutter genommen, um sie ihm um die Ohren zu pfeffern. So blieb ihr nichts weiter übrig, als beschämt zu Boden zu sehen und darauf zu warten, dass er hinter ihr vorbei ging. "Und du bist unmöglich!", raunte sie kaum verständlich und wären sie unter sich gewesen, hätte es weit mehr Konsequenzen seiner Frechheiten gegeben. Mit dem Ergebnis, dass das Essen darüber wohl kalt geworden wäre.
So hingegen konnte er ihr auftragen und sobald dies geschehen war, konnte sie ohnehin an nichts anderes mehr denken. Ungeachtet ihrer sonstigen Manieren begann sie regelrecht zu schaufeln und ignorierte geflissentlich die Empörung der Hausherrin. Besser gesagt, sie nahm diese durchaus war, aber sie hielt sie in keinster Weise von irgendetwas ab. Im Gegenteil, kauend und mit verschmutzter Gabel deutete sie zu ihrem Liebhaber, während sie mit der anderen Hand den Löffel ergriff, um noch etwas von dem Rührei auf ihren Teller zu schaufeln. "Sein Einfluss.", meinte sie mit vollen Backen und breitem Grinsen, denn sie war davon überzeugt, dass er das als Scherz erkennen würde, so, wie sie es meinte.
Dass dies auch ankam, bewies seine Reaktion, als er brav zuerst schluckte, anstatt so wie sie mit gut gefülltem Mund zu reden. Zuerst blitzte es amüsiert in ihren Augen, als er sie tatsächlich verteidigte, obwohl es der Wahrheit entsprach. So sehr, dass sie nicht einmal mehr wusste, wann sie zuletzt gegessen hatte. Dann allerdings holte er weiter aus, machte ihr wieder ein Kompliment und sorgte damit dafür, dass sie ihn ansah und ihm zu zwinkerte.
Und als er das auch noch wiederholte, schluckte sie den großen Batzen runter. "Schleimer!", bemerkte sie tadelnd, ihr Blick verriet jedoch, dass sie ihn genauso sah. In ihren Augen war auch er ein absolut attraktiver, unwiderstehlicher Kerl, ganz gleich, ob mit sämtlichen Körperteilen oder mit Abstrichen.
Danach aber ließ sie sich nicht länger davon abhalten, weiter ihren Magen zu füllen und seine Kochkünste damit vermutlich am effektivsten zu bewerten. Derweil konnte ihr Gehirn allerdings ebenfalls wieder zu arbeiten beginnen und eine Idee wollte unbedingt in die Tat umgesetzt werden.
Auch wenn sie dafür zuerst Corax ziehen lassen müsste, obwohl sie das eigentlich nicht wollte. Doch es lag nicht allein an ihr das zu entscheiden und zwingen wollte sie ihren Liebsten auf gar keinen Fall zu etwas.
Dass sie hingegen sich mit Wegräumen oder gar Abwasch die Hände selbst dreckig machen sollte, abgesehen davon, dass sie gar nicht wüsste, wie es ginge, kam ihr auch jetzt noch immer nicht in den Sinn. Ihre Mutter dabei zu zusehen, wie diese sich um die Vorhänge kümmerte, war schon erschütternd genug gewesen. Da war es beinahe schon eine logische Konsequenz für sie, dass ihr persönlicher Koch auch für das Saubermachen sorgen sollte.
Trotzdem bemerkte sie die Reaktion von Aquila und fühlte sich bemüßigt, ihn mittels scherzhafter Worte bei weitem besser dastehen zu lassen. Nur entweder erkannte er es nicht oder er war aus einem anderen Grund aus absolut ehrlich, was sie innerlich leidend seufzen ließ. Oh ja, sie konnte sich schon gut vorstellen, wie das nächste Verhör aussehen würde, sobald die beiden Frauen allein wären! Aber... vielleicht könnte sie es hinaus zögern mit ihrer Idee, darauf wollte sie bauen.
Schon erhob sich ihr Liebster, kam zu ihr und erinnerte sie an ihre fehlenden Manieren, indem er ihr etwas Ei vom Kinn wegküsste. Ihre Wangen röteten sich, obwohl sie dennoch grinsen musste. "Und du vergiss nicht, dass du wunderbar bist.", erwiderte sie kaum hörbar und machte prompt großen Augen. "Das hast du jetzt nicht gehört!", kicherte sie hinter verstohlener Hand und schnappte mit der anderen nach seinen Fingern, um diese leicht zu drücken. Ja, er sollte das wissen und ja, er sollte es auch gegen sie verwenden, um sie wieder in den Wahnsinn treiben zu können. Doch sie musste ihr Gesicht ihm gegenüber natürlich wahren und das hatte sie damit getan.
Nach einer kurzen Verbeugung zu ihrer Mutter ging er und sie konnte ein Seufzen der Sehnsucht nur mit großer Mühe unterdrücken. Er fehlte ihr jetzt schon!
Um sich abzulenken, weil sie nur allzu deutlich die Blicke der Hausherrin im Nacken spüren konnte, widmete sie sich wieder ihrem Plan und der Tatsache, dass sie ihn noch darlegen musste. Dabei konnte sie jedoch nicht lassen, sich noch eines dieser Gläschen mit der süßen Nachspeise zu schnappen und nebenbei zu löffeln, um ihren Magen wirklich randvoll zu machen.
Ihre Mutter hörte ihr aufmerksam zu und als sie das Ganze zusammen fasste, nickte Azura zustimmend. "Kontakte öffnen immer Türen. Warum sollen wir nicht nutzen, was wir haben?" Sie lächelte leicht, eine Mischung aus Tatendrang und zugleich auch Unsicherheit. "Natürlich brauchen wir auch ein gewisses Maß an Sicherheit, aber ich bin mir sicher, dass wir das erhalten werden."
Konkrete Ängste vor Dunkelelfen hatte die junge Frau nicht, zumindest war sie sich dessen nicht bewusst. Oder wollte es auch nicht. Mit diesen Worten versuchte sie eher zu zeigen, dass sie nicht leichtfertig handeln wollte. Zumindest nicht mehr, als sie es sonst ohnehin tat.
Danach fuhr sie fort und schien Zustimmung bei ihrer Mutter zu finden. "Genau das meine ich. Außerdem bezweifle ich, dass andere Familien es nicht genauso halten.", fügte sie hinzu und nahm an, dass es somit bereits beschlossene Sache wäre. Der Punkt mit den Empfehlungsschreiben bereitete ihr da kein Kopfzerbrechen, denn sie wusste ja, von wem genau sie diese erhalten würde. Zwar müsste sie dann noch einmal zur Akademie, ehe sie sich mit ihrer Mutter um die Garderobe kümmern könnte, aber das würde nicht sonderlich viele Umstände machen.
Vor allem, weil sie dort Corax beiseite nehmen und informieren könnte. Nur war sie sich nicht ganz sicher, ob sie wollte, dass er mitkäme oder ihr lediglich ausreichend Wissen gab, um das Ganze unbeschadet zu überstehen, und selbst im Hintergrund warten würde. Außerdem wollte sie auch dafür sorgen, dass jemand das Anwesen bewachte, damit keine weiteren Plünderungen stattfinden würden. Und die Leiche! Irgendjemand musste die ja auch noch beseitigen!
Doch ehe sie auch daran wirklich denken konnte, gab es eine anderweitige Eröffnung seitens ihrer Mutter. Gerade verputzte sie den letzten Löffel, als die Worte an ihre Ohren drangen und sie aufsehen ließen, mit dem Besteck noch im Mund. "Hm?", machte sie fragend und blinzelte.
Daraufhin hörte sie zu und man konnte ihr ansehen, wie ihre Mimik immer ungläubiger wurde. "Ich?!", quiekte sie zwischendurch und schüttelte ungläubig den Kopf.
Ehe die Scham wieder von ihrem Gesicht Besitz ergriff und sie den Blick senken ließ, auf ihr nun leeres Glas. "Ich hab' doch keine Ahnung von so was.", murmelte sie peinlich berührt und zugleich irgendwie auch stolz, was ihre Eltern ihr hatten überantworten wollen. "Habt ihr keine Angst, dass ich das gehörig in den Sand setze?", nuschelte sie und rührte in dem Glas herum, sodass es lediglich leise klingelte, sonst aber keinen anderen Sinn ergab, als ihre Finger zu beschäftigen.
Sie schien allerdings kaum noch gehört zu werden, derart Feuer und Flamme schien Aquila bei der Idee schon zu sein. Die Jüngere dagegen knabberte noch an der Eröffnung dieses Geheimnisses. Solange, bis auch sie ein lauter Ausruf vom Eingang her hörte, der sie aufmerken ließ. Rasch stellte sie das Glas weg und sie folgte der Hausherrin auf dem Fuße, hätte es auch getan, wenn diese ihr keinen entsprechenden Wink gegeben hätte.
Der Weg war gar nicht so weit und da beiden eine gewisse Neugier innewohnte, waren sie auch recht schnell unterwegs, um zum Ort des Geschehens zu gelangen. Wobei Aquila voraus im Vorteil war und die Tochter erst an ihr vorbei spähen musste, um sehen zu können, wer sie da beehrte. Fast hätte sie gehofft, ihren leiblichen Erzeuger wieder zu sehen, doch das war zu unwahrscheinlich, als dass sie es ehrlich in Betracht gezogen hätte. Dafür war sie ehrlich erstaunt, als sie die Besucher erkannte.
Während sie noch überrascht von dem Glatzkopf zu der Sarmaerin sah, bemerkte ihre Mutter etwas anderes, was dafür sorgte, dass Corax kurz zu ihr blickte. Sie erwiderte sein Lächeln, bevor das schelmische Funkeln in ihre Augen zurückkehrte. "Er... es ist kompliziert. Erkläre ich dir später.", raunte sie zurück und hatte sich nicht zufällig versprochen. Auch wenn sie eine Unschuldsmiene aufsetzte, um das zu kaschieren.
Indes machte ihr Rabe Platz, damit die Neuankömmlinge eintreten konnten. Der Glatzkopf kümmerte sich darum, nicht halb Andunie in Form von Venthas Segen in den Eingangsbereich mit hinein zu bringen, während das Mädchen mehr Aufmerksamkeit seitens des Dunklen erhielt.
Sein Stutzen ließ auch Azura aufhorchen und die Augenbrauen hochziehen, ehe sie sich sanft an ihrer Mutter vorbei schob. Auf halbem Weg jedoch hielt sie inne, unschlüssig, warum sie das Bedürfnis hatte, näher an die Szenerie heran zu treten, obwohl sie ohnehin involviert war.
Damit bot sie Aquila den Raum, aufzuschließen und die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das gelang ihr mühelos, so, wie es Azura ihr immer nachgeeifert hatte. Nur wäre es dieser lieb gewesen, wenn es in diesem Falle anders gelagert gewesen wäre.
"Ähm... Mama, das ist...", begann sie die Vorstellung und stockte einen Moment. Ihr Blick wanderte zu der Sarmaerin und für einen langen Atemzug schien es so, als würde sie zurück in ihr altes Muster verfallen und die eigentlich viel niedriger gestellte Person als unwichtig abtun. Dann aber zeigte sich die positive Wirkung, die sowohl Corax, als auch Ventha auf sie gehabt hatten, als sie fortfuhr:"... das ist Madiha van Sarma." Ein reiner Vorname würde ihrer Mutter schließlich nicht reichen und in Ermangelung eines anderen Wissens, adelte sie diese eben auf diese Art.
Um noch hinzu zu fügen:"Eine Reisegefährtin nach Andunie. Und neben ihr steht..." Nun gut, zu viel durfte man von ihr wiederum auch nicht erwarten. Oder hatte sie den Namen des Mannes überhaupt je mitgehört, bewusst als solchen wahrgenommen? Jedenfalls wäre dies ein geeigneter Zeitpunkt, ihr unterstützend unter die Arme zu greifen, ehe diese Notwendigkeit auffallen würde.
Bild

Benutzeravatar
Madiha Al'Sarma
Celcia-Team
Celcia-Team
Beiträge: 559
Registriert: Sonntag 14. Februar 2021, 12:04
Moderator des Spielers: Kazel
Aufenthaltsort: Hafenstadt Andunie
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch
Sprachen: Sendli
Beruf: Sklavin (ehem.)
Fähigkeiten: Durchhaltevermögen (sehr gut)
Feuermagie (rudimentär)
Schwimmen (rudimentär)
Lesen & Schreiben (rudimentär)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: Eine kleine Muschel mit Loch an einer Kette um den Hals
Tierische Begleiter: Keinen

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 5. März 2024, 10:46

Dass das Leben nicht fair spielte, war ein Fakt. Madiha hatte jenen bereits früh akzeptiert und sich immer versucht nicht davon unterkriegen zu lassen. Es gab dennoch hin und wieder Situationen, die es ihr besonders schwer machten, sich nicht als geringer zu schätzen. Im Prinzip hatte sie mit dem Durchschneiden ihrer Sklavenfesseln erst der Ungerechtigkeit Tür und Tor geöffnet. In Sarma war sie bloß eine von vielen und teilte das Schicksal mit so vielen. Sie gehörte zu der traurigen Masse. Nun aber bildete sie plötzlich ein Unikum und haderte erheblich damit. Alle um sie herum fanden zu ihren Wurzeln, ihrem Leben, ihrer Liebe. Und sie alle schienen nicht eine Sekunde damit Schwierigkeiten zu haben. Lag es nun an ihr? Fühlte sie, weil sie nicht in der Lage war wertzuschätzen, was sie hatte? Madiha betrachtete den fiebernden Kjetell’o und hörte seine Rechtfertigung für Azura’s früheres Gebaren. Natürlich sprang er für sie in die Bresche. Wobei sie eingestehen musste, dass Azura wirklich wunderschön war und er hier nicht durch die verklärte Brille eines Vaters blickte. Zumindest stellte sich Madiha es so vor, wenn Eltern ihre Kinder ansahen. Und Kathar hatte ebenso geschaut, als er anfing zu glauben, sie könnte wirklich seinen verlorenen Sohn zurückbringen. Da war eine bestimmte Art und Weise von Hoffnung und Liebe, die Madiha faszinierte, da sie sie nicht kannte und sich kaum noch daran erinnerte. Sie selbst hatte nur ihre eigenen, vermutlich vollkommen romantisierten Vorstellungen von ihrer Mutter und ihrem Vater. Kjetell’o offenbarte ihr dann, dass er mit ihr, Madiha auf Reisen gehen wollte. Die Sarmaerin verstand nicht recht, wieso er nun, da er Azura gefunden hatte, ausgerechnet fortwollte, doch die Freude in seinem Blick wärmte ihr das Herz. Er schien wirklich darauf gehofft zu haben, dass sie mit ihm ging. Dass sie einwilligte, seine Schülerin zu werden. Das Mädchen konnte nicht anders als ein wenig Stolz zu empfinden bei seiner Reaktion. Seine Lektion über das fremde Feuer in ihr, schmerzte noch, doch er machte ihr mit seinen Worten Hoffnung, dass das irgendwann leichter werden würde. Verbrennen tat sie sich zumindest nicht mehr. Wenn sie daran zurückdachte, was auf dem Schiff passiert war. Sie hatte sich die Hände massiv verbrannt und plötzlich überlegte sie, mit Blick auf ihre Innenflächen, ob sie nur dank Corax‘ Magie glaubte, sie wäre wieder genesen… Kjetell’o ließ ihr kaum Zeit, näher darüber nachzudenken und so vergaß sie diese Frage wieder, schob sie nach hinten und fühlte sich tatsächlich etwas besser. Der verschnupfte Elf gab ihr ein wenig Mut, weil er es scheinbar sehr begrüßte, dass sie mit ihm ging. Trotzdem wollte Madiha mehr wissen und fragte nach Azura’s Reaktion. "Sie weiß es. Das genügt. Es ist wichtig zu wissen, wo die eigenen Wurzeln sind.“ Sie hob den Blick und dachte über seine Worte nach. War es das? Und wenn man nie erfuhr, woher man kam? Was würde das dann nach seiner Aussage bedeuten? “Vielleicht freut sie sich eines Tages. Erst einmal ist es wohl ein Schock, den sie verarbeiten muss. Ich bin geduldig. Sie wird die nötige Zeit von mir erhalten, die sie braucht." Das Mädchen nickte stumm und verstand nur so halb. Sicher war es überraschend, dass der sanfte Elf ausgerechnet ihr Vater war, wo sie doch so sehr auf ihre Herkunft pochte. Aber Madiha hatte davon so herzlich wenig Ahnung und konnte deshalb nur stumm nicken. Nun aber drängte Kjet trotz seines Zustandes zur Eile, sodass Madiha mit Jakub nur kurze Zeit später besser gegen das nasse Wetter gerüstet aufbrach, um auch Corax ein wenig Hoffnung zu schenken.

Der Weg war nass und zügig. Jakub schritt weit aus und Madiha musste ein wenig hinterherlaufen, damit sie mithalten konnte. Doch sie verlor den Seemann nicht und eilte in seinem Schatten die Gassen entlang. Er kannte den Weg offenbar und auch Madiha erkannte tatsächlich das Viertel der etwas Betuchteren wieder. Hier wohnte auch Caleb in der Nähe… Ihr Herz stach bei dem Gedanken daran und eigentlich wollte sie lieber zu ihm abbiegen und sich eine traurige Gewissheit verschaffen. Es würde wehtun, aber dann wüsste sie wenigstens… Doch Madiha riss sich aus diesen Gedanken los, als Jakub das Wort erhob. "Wäre die Situation nicht so drängend, sollten wir uns mehr Zeit lassen, nur damit Kjetell'o zum Warten verdammt ist. Dann könnte er seine Erkältung auskurieren." Sie nickte ungesehen im Rücken des Mannes. „Welche Situation meinst du, Jakub?“, fragte das Mädchen. "Kjetell'o hat mich ausgeschickt, der Spur eines Konvois zu folgen, der vor gut drei Wochen Andunie verlassen hat. Er passierte das am Fluss Ilfar gelegene Fischerdorf, folgte dem Lauf des Wassers durch die Stille Ebene bis zum Wald Neldoreth und von dort aus nahm er direkten Weg gen Kosral. Mit dem Wissen, das Kjetell'o mir zur Verfügung gestellt hatte, gelang es mir, mich als Nachzügler eines dunkelelfischen Soldaten auszugeben, der bei einem Überfall um's Leben kam und mir - seinem Sklaven - nur die Information hatte zuteilwerden lassen, dass er in Kosral hatte dienen wollen. In gespielter Sorge, keinen Platz zu haben, ließ man mich in die Stadt und ich durfte ... mit den anderen Sklaven dort schuften." Madiha schloss zu Jakub auf und hörte ihm zu. Sie hatte keine Vorstellung von der Wegbeschreibung und die Städte, Wälder und Flüsse sagten ihr reingarnichts. Sie erinnerte sich an den Blick aus dem Turm der Wasserakademie und glaubte, dass das alles Celcia sein musste. Offenbar war Jakub durch die Welt gereist im Auftrag von Kjetell’o. Eine leichte Vorfreude beflügelte Madiha, dass auch er ihr diese Chance bot. Kosral – auch der Elf hatte das erwähnt. Doch im Angesicht der Bedeutung der Worte und dass Jakub offenbar Schmerz erfahren hatte, verflog das Gefühl wieder. „Das ist furchtbar, Jakub… Er hätte das nicht verlangen sollen…“, murmelte sie leise und nicht sicher, ob der Maat das überhaupt hörte. Die ganze Zeit hatte Madiha Mühe mit Jakub Tauwetter mitzuhalten, sodass sie fast gegen ihn stieß, als er so abrupt aufhörte zu gehen. "Wenn Kjetell'o dich mitnimmt, wirst du sehen, dass nicht jede Stadt so schön ist wie Andunie. Kosral wird militant geführt. Es wirkt eher wie eine gigantische Armeelagerstadt. Kinder gibt es dort nicht, Frauen nur wenige, wenn sie nicht selbst im dunkelelfischen Militär dienen. Die Sklaven dort sind Gefangene und Arbeitskräfte, die Waffen, Rüstungen und Kriegsgerät instandhalten oder produzieren sollen. Wer aufbegehrt, wird mit Schlägen und Nahrungsentzug bestraft. Wer zu oft auffällt, landete bei ... den Spinnen. Ich habe keine Ahnung, was damit gemeint ist, denn ich habe es sehr wohl vermieden, zu rebellisch zu sein." Madiha’s Gefühl wurde nun eher mulmig. Sie musterte Jakub und wie er die Blume betrachtete, die sich aus der Hecke schälte.
Madiha schluckte unsicher und dachte über seine Worte nach. Es würde also mehr als gefährlich werden. Kjetell’o nahm sie auf eine äußerst gefährliche Mission mit, ohne, dass sie ahnte, was sie tun sollte. Und… wie sollte sie helfen, wenn es dort kaum Frauen gab? Würde man Madiha dann nicht sofort entdecken? Was wollte der Elf nur, dass sie tat? "Aber nicht alle Gefangenen dort werden so unsäglich behandelt. Denn Kosral ist nicht nur Knotenpunkt für das Militär der dunklen Völker. Sie halten sich dort auch Kriegsgefangene, die ihnen Vorteile verschaffen könnten. Meist sind das Adlige anderer Völker oder einflussreiche Personen. Entsprechend stehen ist eher unter Arrest als wirklich in einem dunklen Loch zu sitzen. Ihre Zellen sind sogar sehr nobel eingerichtet. Sie dürfen jene nur nicht verlassen." Sie nickte erneut und hörte aufmerksam zu. Seinem Fingerzeig folgte sie mit ihrem Blick und entdeckte das wundervolle Anwesen. Überhaupt waren hier die Häuser allesamt atemberaubend – ob nun mit oder ohne Anzeichen von der Übernahme durch die Dunklen. Madiha hatte solche Bauten noch nie gesehen und glaubte schon, dass die Faelyn’s das wohl schönste besetzt haben müssten. Sie irrte sich – Andunie war voll von gebauter Schönheit.

Sie folgte dem Ersten Maat und fand sich kurz darauf in einem einst schönen Garten wider. Madiha blickte sich um und fragte sich, was sie hier wollten und ob sie hier Corax finden würden. "Kjetell'o hat mich nach Kosral geschickt, um herauszufinden, welche adligen Gefangenen sich in der dunkelelfischen Obhut befinden. Als ich ihm mitteilte, dass einer davon ein Kaufmann namens Alycide van Ikari ist, wurde er sehr hellhörig. Nun weiß ich mehr. Das ist Azuras Vater ... oder ... Stiefvater sollte ich wohl eher sagen. Der Elf will ihn befreien und ich schätze, du spielst eine wichtige Rolle dabei. Doch zunächst müssen wir es der Gattin mittei- oh!" Madiha’s Ohren rauschten mit einem Mal. Sie blendete für einen Moment den Lauf der Zeit aus und starrte Jakub’s breiten Rücken an. Ihr lief es eiskalt den Rücken hinunter, während der Sinn seiner Worte in ihr Bewusstsein sickerte. Dass die Tür bereits geöffnet wurde, merkte Madiha für Sekundenbruchteile gar nicht. Kjetell’o will den Stiefvater von Azura befreien und… „Ich bin so dämlich…“, kam ihr die Erkenntnis über die trockenen Lippen und sie schloss die Augen. "Kleine Herrin!", hörte sie durch einen Schleier aus gemischten Gefühlen hindurch und schaffte es noch nicht, wieder im natürlichen Lauf der Zeit mitzuwirken. Madiha spürte, wie ihr der Schirm aus den Fingern genommen und sie schließlich über eine Türschwelle gezogen wurde. "Kleine Herrin, was machst du denn hier? Komm herein, bitte." Madiha folgte, doch noch immer rauschte die bittere Erkenntnis in ihren Eingeweiden. Sie schluckte und versuchte sich wieder in die richtige Zeitlinie zu bringen. Dann spürte sie eine Umarmung und sank für einen Moment dankbar hinein. Ein Bisschen Wärme… Doch mit einem Mal schüttelte es Corax und er begann zu würgen. "Stimmt etwas nicht? Ist etwas mit Kjetell'o? Ich ... kann es riechen. Es ... stinkt. Abartig!" Oh, das war peinlich. Ein Ruck ging durch ihren Körper und Madiha entzog sich der erstaunlich festen Umarmung. Sie trat einige Schritte von Corax zurück. „Tut mir leid.“, murmelte sie mechanisch, ehe sie auf die beiden Arme blickte. „Dein Arm…“, deutete sie darauf und wirkte noch immer nicht ganz bei der Sache.
Kjetell’o nahm also sie, Madiha, mit, weil er natürlich nicht Azura in diesen militanten Harax mitnehmen würde. Er war ja ihr Vater. Er würde doch seine Tochter nicht in Gefahr bringen… Hingegen sie… Madiha blinzelte und presste die Lippen aufeinander. Das war jetzt nicht von Belang! Sie straffte die Schultern und räusperte sich. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit endlich auf Corax, Azura und offenkundig ihre Mutter, die ebenfalls das Parkett betraten. Das Mädchen neigte höflich den Kopf und deutete eine Verbeugung an. Das machte man eben, wenn man jemanden begegnete, der mehr Wert besaß als man selbst! "Wo ist Caleb?" „Was?“, fragte sie und blickte zu Corax zurück. „Ehm.. dem geht’s gut…“, winkte sie lapidar ab und wollte gewiss nicht jetzt auch noch dieses Thema auf sich laden. Sie hatte gerade so schön alles verdrängt. Aber es kostete sie unglaublich viel, sich nun auf ihr eigentliches Thema zu konzentrieren. Das künstliche Hüsteln erregte die Aufmerksamkeit von Madiha und sie sah zu Azura und Aquila zurück. „Freut mich, dass du wieder … gesund bist!“, sagte Madiha an Azura gewandt und schaffte sogar ein kleines Lächeln. „Wunderschön… wie immer!“, erkannte das Mädchen an und schaffte es sogar ohne Neid zu sprechen. Dann blickte sie auf die Mutter. Auch sie war schön. Das war also ihre Mutter… Madiha packte Wehmut. Doch sie ließ sich das nicht anmerken. "Willkommen im Hause van Ikari. Ich bin Aquila, die Hausherrin und kümmere mich in derzeitiger Abwesenheit meines Gatten um alles. Darf ich nach Namen und Grund Eures Besuchs fragen? Mit Verlaub, der Zeitpunkt ist nicht der Beste, um Gäste zu empfangen." Innerlich seufzte sie. In Abwesenheit ihres Gatten… Ich bin diejenige, die deinen Gatten aus diesem lebensfeindlichen Pfuhl retten soll… damit ihr alle wieder glücklich werdet, dachte sie bitter und presste erneut die Lippen aufeinander.

Es fiel ihr so schwer, die Erkenntnis über ihre Rolle in diesem Stück zu verbergen. "Ähm... Mama, das ist..." Madiha’s Blick wanderte zu Azura. Die lange Pause, die sie machte, brachte Madiha beinahe zur Explosion. Doch bevor sie allesamt anschreien konnte, dass sie es wäre, die ‚den Gatten‘ retten würde und sie ihr gefälligst etwas Respekt entgegnen könnten, da machte Azura etwas, womit Madiha nicht gerechnet hatte: "... das ist Madiha van Sarma." Für einen Moment verrauchte Madiha’s Anspannung und sie starrte Azura an. ‚van Sarma?‘, das klang wie Caleb und oder Azura selbst… Als wäre sie… eine Ebene mit ihr. Madiha runzelte die Stirn und musste tatsächlich kurz Schlucken. Sie lächelte Azura für einen Moment dankbar an und nickte ihr zu. Sie hatte gewiss nicht damit gerechnet, dass die ‚Feine von und zu‘ überhaupt wusste, wie sie hieß. „Vielen Dank!“, brachte Madiha dann hervor und atmete tief durch. Sie wandte sich aber an Aquila und neigte abermals das Haupt, wie sie es jahrelang eingebläut bekommen hatte. „Aber nur Madiha trifft es wohl eher.“, "Eine Reisegefährtin nach Andunie. Und neben ihr steht...", erklärte Azura noch und Madiha nickte. „Wir alle hatten denselben Weg!“, sie deutete auf Jakub. „Das ist Jakub Tauwetter, Erster Maat der ‚Blauen Möwe‘ unter Kapitän… van… Tjenn“, schluckte das Mädchen und wusste gar nicht, wieso sie das erwähnte. Madiha blinzelte und versuchte den Moment zu überspielen. „Es tut uns leid, dass wir stören, Herrin van Ikari“, sagte sie und stutzte abermals, weil sie sich so sehr verhaspelte. Nichts zu merken von ihrem Selbstbewusstsein als sie noch 'Meisterdiebin Madi' gewesen war. Sie war völlig verloren. Madiha wusste gar nicht mehr, wie sie sich fühlen und sich verhalten sollte. Sie versuchte einfach weiterzumachen und sich nicht unterkriegen zu lassen. Das Mädchen blickte von Aquila und Azura zu Corax. „Ich habe Neuigkeiten, die ich Corax mitteilen muss und Jakub… er hat Neuigkeiten für euch“, sagte sie an Azura und Aquila gewandt. Dann atmete Madiha tief durch und blickte etwas hilflos drein. „Dauert nicht lang…“, murmelte sie entschuldigend und senkte den Blick gen Boden. Sie wollte das hier hinter sich bringen und dann irgendwo ein Loch im Boden suchen, um sich darin verscharren zu lassen!
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 6. März 2024, 00:26

Hätte Corax' Ausruf nicht die Neugier beider Frauen geweckt, hätten Mutter und Tochter sich intensiver und mit mehr Zeit über all die Themen unterhalten können, die sich beim gemeinsamen und deutlich verspätetem Frühstück entwickelt hatten. So aber mussten sie einen Teil davon nach hinten schieben, während Aquila auf dem Weg zum Hauseingang das aus ihrer Sicht Wichtigste noch einmal anriss. Unter dem eiligen Klackern ihrer Schuhe über Parkett und Marmorplatten erklärte sie: "Ich weiß tatsächlich von einigen unserer Bekannten, dass sie sich bereits mit den Dunkelelfen verbündet haben - teilweise nicht ganz freiwillig. Familienmitglieder befinden sich in Geiselhaft, damit die Dunklen bei Verhandlungen stets einen Vorteil auf ihrer Seite haben." Sie seufzte und ihr war anzuhören, dass auch sie sich lieber eine solche Basis wünschte als die Ungewissheit, was mit ihrem Gatten geschehen war. Offensichtlich war man bisher noch nicht an sie herangetreten, um derlei Verhandlungen zu führen. Möglicherweise hatten die Dunkelelfen es sogar versucht. Es war Aquila zuzutrauen, dass sie versehentlich Gespräche auf eben jener Basis bisher mit der Bratpfanne abgeblockt hatte, ohne es zu wissen. Auch auf Corax reagierte sie noch immer nicht vollends vertrauensvoll. Vielleicht könnte Alycide bereits wieder an ihrer Seite sein oder sie wenigstens über ihn informiert, wenn sie nicht gleich so immens aggressiv auf die Dunklen losgegangen wäre. Man konnte ihre Haltung jedoch vollkommen nachvollziehen. Wichtig würde nun sein, ihren Mann zurück nach Hause zu holen. Dass die Hausherrin und ihr Gatte inzwischen aber auch schon Pläne für eine bessere Zukunft - vor allem für Azura - geschmiedet hatten, war der Tochter des Hauses nicht bewusst gewesen. Die Offenlegung, dass ihr Ziehvater sie in einer Handelsposition mit Amazonen der Insel Ardéris sah, gab ihr doch einiges zu denken. Erstmals gab sie hierbei offen ihre Unzulänglichkeiten zu. Sie verstand doch weder etwas von diplomatischen Handelsbeziehungen noch von Vekraufsgesprächen und auf Seereisen wie ihr Vater gelegentlich war sie bisher auch nicht gegangen.
"Habt ihr keine Angst, dass ich das gehörig in den Sand setze?", hatte sie leise am Tisch noch gemurmelt. Jetzt erhielt sie Antwort. "Mit Nichten", hielt Aquila sich kurz, denn viel Weg lag nicht mehr vor ihnen, um es zu diskutieren. "Nach all den missglückten Versuchen, einen geeigneten Ehemann für dich zu finden, halten wir es inzwischen sogar für die bessere Option. Hielten, denn ... nun ja ... ich weiß nicht wie Alycide dazu stehen wird, dass du dich auf diese Weise mit ... dem Feind ... verbündest." Aquila nickte nach vorn, wo Corax soeben an der Haustür beiseite trat. Der Blick beider Adliger fiel zuerst auf ihn, dann aber auf die regennassen Gäste. In ihren Mänteln war sowohl Madiha als auch Jakub zunächst nicht anzusehen, wlechen Status sie inne hatten. Aquila musterte die Narben im Gesicht der jungen Frau hingegen aufmerksam. Anschließend fand sie in ihre Etikette zurück, grüßte höflich und erwartete, dass man auch ihr mit Antworten entgegen kam, so wie sie es trotz aller Umstände mit Gastfreundschaft versuchte.
Madiha erkannte schnell die Erhabenheit, die diese Frau ausstrahlte. Sie wirkte wie eine der andunischen Felsenklippen. Die dunklen Völker hatten versucht, sie zu schleifen, indem sie immer wieder gegen ihre Fassade geprescht waren, doch Aquila van Ikari ließ sich nicht erschüttern. Sie stand felsenfest umgeben von hohen Wellen und Wind. Ihr Ausdruck mochte ernster sein als üblich, aber sie wahrte Haltung, zumindest in der Öffentlichkeit. Dass ihr Herz voll Kummer war, das wusste derzeit nur ihre Tochter. Keinem sonst hätte sie sich wohl anvertraut, ihr Mann fehlte schließlich. Und darum sollte es alsbald gehen. Vorerst aber bemerkten sowohl Aquila als auch Madiha, dass Corax wieder beide Arme besaß. Der Elf lächelte seiner kleinen Herrin entgegen. Nein, er strahlte sie an. Sie spürte sein Glück, bis er sich etwas von ihr zurückzog und sich zusammenriss, gegen einen aufkommenden Brechreiz anzukämpfen. Er hatte ihr schon einmal gesagt, dass er Leid riechen konnte, Madihas besonders. Jetzt stach es ihm dermaßen in der Nase, dass er alle Selbstbeherrschung zusammennehmen musste, um ihr nicht das eben erst verzehrte Frühstück vor die Füße zu spucken. Er hielt sich die Hand seines zurückgekehrten Armes vor den Mund und spähte über die Kante hinweg zu Madiha.
"Tut mir leid", murmelte sie, woraufhin er heftig mit dem Kopf schüttelte. Dann aber nickte er, atmete durch den Mund und senkte die Hand. "Ja", presste er hervor. "Ich rieche, wie sehr du leidest. Wie viel es dir tut." Er streckte die Finger nach Madiha aus, bereit, ihr all das zu nehmen, was sie plagte. Er würde sich erneut ein Federkleid wachsen lassen, nur damit sie es leichter haben könnte. Er verlangte nichts dafür, das hatte er nie bisher. So leicht ließ sich sein Vorhaben jedoch nicht umsetzen. Azura lenkte ihn ab, ihn und alle. Nicht nur Madiha starrte zu der Tochter des Hauses herüber. Die Männer taten es ihr gleich, als Azura sie als "Madiha van Sarma" vorstellte. Nur Aquila behielt eine ruhige Miene bei. Sie neigte anschließend das Haupt. Nie zuvor hatte jemand Madiha gegenüber diese Geste vollführt.
"Mein Gatte, Alycide van Ikari, besi... besaß gute Handelsbeziehungen zu einigen Kaufleuten in Sarma. Vielleicht ist Euch der Name bekannt?" Sie beäugte Madiha länger und in ihrem Blick glomm dieser hauchzarte Funken Hoffnung, die junge Frau könnte ihr nun mitteilen, dass sie ihn nicht nur kannte, sondern auch wohlbehalten wusste. Der Funke musste sich jedoch rasch wieder verkriechen, als auch der Mann an Madihas Seite vorgestellt wurde. "Das ist Jakub Tauwetter, Erster Maat der 'Blauen Möwe' unter Kapitän ... van ... Tjenn."
Jakub brummte nur zur Erwiderung und schob die Kapuze seines Mantels in den Nacken. Nun aber war Corax schneller. Während alle einander vorstellten, befreite er erst Jakub und anschließend Madiha aus den Regenmänteln und hängte sie an einer Garderobe neben der Tür auf. Die Sarmaerin erkannte die Bewegungen. Auch in Corax schlummerten noch alte Muster eines Sklavenlebens, die hin und wieder an die Oberfläche zurückfanden. Jeder andere mochte es nun als höfliche Geste den Gästen gegenüber sehen. Madiha aber wusste mehr.
"Kapitän van Tjenn?", entgegnete Aquila überrascht. "So wie Gregor van Tjenn?" Sie warf Azura einen kurzen Blick zu, dann richtete sie ihn jedoch in erwartungsvoller Haltung an Jakub. Der Glatzkopf verzog den Mund. "Caleb van Tjenn, Fräulein Hoheit ... äh ... Herrin..." Er rieb sich den Nacken wie es sonst nur Caleb machte, wenn er etwas nervös war und das überspielen wollte. Jakub hatte in seiner Stellung definitiv nicht oft mit Adligen zu tun. Aquilas Blick zuckte kurz, doch sie überging die unglücklichen Versuche, sie mit dem richtigen Titel anzusprechen. "Caleb van Tjenn ging vor Jahren auf See verschollen. Sein Vater starb bei der Eroberung der Stadt - wie viele andere tapfere Adlige, die versuchten, ihr Heim zu verteidigen."
"Tja, er lebt ... Eure herrische Majestät? Heiligkeit?" Jakub räusperte sich. "Ist also nicht länger verschollen."
Aquila warf erneut einen Blick zu Azura herüber. Dann huschten ihre Augen über Corax' Gestalt. "Nun ist es offensichtlich zu spät", murmelte sie leise und eher für sich. Zu bedauerlich, dass die Eingangshalle eine hohe Decke besaß und die durch Plünderung kahlen Wände ihre Worte sehr gut zu verstärken wussten. Jeder hier hörte es. Corax aber war derjenige, der darauf reagierte. Er hatte die Blicke auf sich bemerkt und trat angesichts seiner eigentlich guten Laune nun wohl auch einen Schritt aus der eigenen Vergangenheit heraus. "Es ist zu spät. Caleb steht nicht mehr zur Verfügung. Er liebt die kleine Herrin hier, so wie ich Azura liebe." Der Dunkelelf schaffte es nun, Madiha zu berühren. Schon spürte sie ein sanftes Ziehen an ihrer Seele. Sie brauchte nur loslassen und Corax würde ihr den Kummer von den Schultern nehmen. "Er liebt dich", wiederholte er mit einer Festigkeit, die keine Alternative zuließ. Seine Rubine glommen warm.
"Ich habe Neuigkeiten, die ich Corax mitteilen muss und Jakub ... er hat Neuigkeiten für euch. Dauert nicht lang..." Madiha baute hingegen Mauern auf. Mauern, die sie von ihren eigenen Bedürfnissen, ihrem Leid und allem ablenkten, was ihr zusetzen konnte. Sie war schließlich nicht wichtig, oder? Sie nicht! Sie würde nur Mittel zum Zweck sein, um Azuras Vater zu retten. So dachte sie es zumindest und gleich würde Jakub ihnen das auch mitteilen.
"Kjetell'o Aschwurz schickt mich. Ich konnte Informationen zum Aufenthaltsort von Alycide van Ikari sammeln und bevor Ihr Euch sorgt, Hoheit. Majestät? ... Herrin...? Äh ... es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Er lebt und ist unversehrt."
Aquila riss eine Hand empor und bedeckte ihren Mund. Das Aufschluchzen entging jedoch niemandem. Sie blinzelte gegen de aufkommenden Tränen an. Dann nickte sie und wies mit der anderen Hand zu Azura. "Kind, ein Salon ... schnell. Bring unsere Gäste unter. Ich ... er lebt? Wirklich?"
Jakub nickte. Er hatte verstanden und würde Details von sich geben, sobald Azura sie irgendwo hingebracht hätte, wo man sich gemeinsam setzen und unterhalten könnte. Es musste nicht alles in der Eingangshalle besprochen werden, auch wenn es laut Madiha nicht lang dauern würde. Blieb nun nur noch abzuwarten, ob die Sarmaerin und Azuras Liebster sich separat zurückziehen und unterhalten sollten oder ob alle gemeinsam beisammen wären, um beide Neuigkeiten zu erfahren. DIe Hausherrin gab es in Azuras Hände, denn sie selbst war von der ersten Mitteilung bereits vollkommen aufgelöst. Wohin Azura die Gäste nun brächte und ob getrennt oder in einer Gruppe bleibend, stand ihr jetzt frei.

Hinweis: Azura darf jegliche Räumlichkeit(en) wählen. Sie kennt sich ja bestens im eigenen Heim aus, du kannst also nach Belieben umschreiben. Berücksichtige lediglich, dass die meisten Wertgegenstände geplündert wurden. ;)
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Mittwoch 6. März 2024, 09:49

Für Azura war es vielleicht gar nicht so verkehrt, erst einmal von ihrem Raben abgelenkt zu werden, sodass diese neue Information über ihre mögliche Zukunft etwas sacken könnte. Sofern sie es nicht lediglich verdrängte, um diese eigentlich freudige und dennoch zugleich beängstigende Neuigkeit nicht beachten zu müssen. Eigentlich müsste sie sich ja geschmeichelt fühlen und das in sie gesetzte Vertrauen annehmen. Doch in Wahrheit hatte sie große Furcht davor, ihre Eltern zu enttäuschen, indem sie ein Gebiet betrat, das ihr fremd war.
Wäre es darum gegangen, selbst ein Fest oder einen Ball zu organisieren, Azura hätte kaum gezögert, diese Herausforderung anzunehmen. Aber eine Handelsreise? Mit einem eigenen Schiff, in ein vollkommen fremdes Land?! Nein, dazu wusste sie viel zu wenig darüber, genauer gesagt, so gut wie gar nichts. Sie hatte keine Ahnung von Preisen, vom Handeln und davon, wie sie solcherart Kontakte knüpfen sollte. Zugleich jedoch gab es da auch ein leises Stimmchen in ihrem Inneren, das jubelnd auf und ab hüpfte und sich voller Eifer in diese Gelegenheit würde stürzen wollen.
Ehe sie darüber allerdings überhaupt nachdenken könnte und müsste, gab es viel wichtigeres zu bereden. Nämlich ihre Idee, wie sie etwas über ihren Stiefvater herausfinden könnten, und warum Corax so laut geworden war. Auf dem Weg dorthin, der einerseits recht kurz und irgendwie trotzdem unendlich lang werden könnte, erhielt sie noch ein paar Antworten ihrer Mutter.
Nickend nahm sie es zur Kenntnis. "Reden wir nachher darüber. Vielleicht helfen deine Bekannten uns, Fuß in diesen neuen Kreisen zu fassen.", sprach sie leise und richtete ihren Blick bereits nach vorne, wo Corax mit seinem Körper noch verdeckte, wer da das Anwesen betrat.
Dadurch hörte sie nur mit halbem Ohr zu, bis ihre Mutter ein Wort fallen ließ, das die junge Frau abrupt stehen bleiben und die Ältere wütend anfunkeln ließ. In ihrem Blick schienen die Sprenkel ihres Erzeugers wie winzige Flammen aufzulodern, während ihre Miene absolut angriffslustig war. "Corax ist nicht der Feind!", zischte sie und war bereit, sich den Unmut der Hausherrin zu zuziehen, um ihren Liebsten zu verteidigen.
Allerdings war jetzt nicht der passende Moment für einen Eklat, sodass sie sich mit einem leisen, empörten Laut abwandte, mit aufrechter Haltung und erhobenem Haupt. "Seine Landsgenossen mögen das sein, er nicht!", betonte sie noch einmal und beeilte sich dann, zu den Neuankömmlingen zu gelangen, um ihnen beiden keine weitere Gelegenheit zum Streit zu geben. Gleichzeitig sorgte die Überraschung über die beiden Gäste dafür, dass ihre Wut etwas verrauchen konnte.
Dennoch war es die Hausherrin, die die Begrüßung übernahm, um sowohl der Etikette Genüge zu tun, als auch klar zu stellen, wer hier das Sagen hatte. Azura indes hatte die Gelegenheit, die beiden Neuen zu mustern. Ihre Augenbrauen zuckten leicht in die Höhe bei dem Mienenspiel der Sarmaerin, doch es war Corax, der deutlich machte, dass etwas nicht stimmte.
Neugier stieg in ihr auf und tatsächlich, man mochte es kaum glauben, ein Hauch von Sorge. Was war der anderen passiert? Und auch sie fragte sich, wo der Kapitän steckte. Nicht, dass sie ihn unbedingt wiedersehen wollte, darauf konnte sie getrost verzichten, vor allem im Beisein ihrer Mutter. Doch war es ungewöhnlich, dass der Glatzkopf und nicht er ihr Begleiter war. Hinzu kam die abwiegelnde Reaktion auf die Frage von Corax nach dem Andunier. Aha, da lag also etwas im Argen? Ob sie sich dafür interessieren sollte? Oder eher dafür, warum es das Mädchen so mitnahm, dass ihre Lippen ganz verkniffen wirkten? Noch war nicht der richtige Moment dafür.
Denn auch ihr Gegenüber war gut darin, abzulenken, obwohl sie dabei ein gutes Thema wählte. Azura erwiderte ihr Lächeln und dankte ihr mit einem huldvollen Nicken, wie sie es von ihrer Mutter eingetrichtert bekommen hatte. Mehr hatte sie dazu nicht zu sagen, denn schon wollte ihre Mutter naturgemäß Antworten erhalten.
Um sich für das Kompliment zu revanchieren und weil es dank einigen Personen tatsächlich ein bisschen zu einer Verbesserung in ihrem Verhalten gekommen war, übernahm die Tochter die Vorstellung, soweit sie es konnte. Dabei verpasste sie Madiha einen edlen Nachnamen, um Diskussionen darüber gleich im Keim zu ersticken, als auch anzuzeigen, dass sie die andere angefangen hatte, ernst zu nehmen. Und auch ein bisschen, um Corax zu zeigen, dass er keine Wahl zwischen ihnen beiden würde treffen müssen, weil sie auf verschiedenen Seiten standen.
Sie spürte, wie ihr Liebster sie anstarrte, und sie musste sich bewusst darauf konzentrieren, ihn nicht frech anzugrinsen oder ihm gar die Zunge zu zeigen, weil er sie wohl unterschätzt hatte. Tja, sie war eben immer wieder für Überraschungen gut!
Doch im Endeffekt widmete sie sich erst einmal der Sarmaerin, die anfangs die Stirn runzelte und schließlich leicht lächelte, ehe sie sich leise bedankte, was sie mit einem angedeuteten Nicken erwiderte. Danach fuhr sie mit ihrer Vorstellung fort und war ihrerseits dankbar darüber, dass Madiha den Rest übernahm.
Wobei... nur fast, denn als ein in diesem Hause bekannter Name fiel, zuckte sie unwillkürlich zusammen. Ihre Augen weiteten sich minimal und sie versuchte, unmerklich den Kopf zu schütteln und dieses Thema abzuwürgen, ohne, dass ihre Mutter es bemerken würde. Es gelang... nicht! Im Gegenteil, es wurde immer schlimmer, je mehr der Glatzkopf... Jakub, nun das Wort ergriff.
Denn natürlich hakte Aquila nach, wollte mehr darüber wissen. Wortlos formte Azura indes mit ihren Lippen ein "Hör auf!" und sah ihn eindringlich an. Aber entweder wollte oder konnte er das nicht verstehen. Schon wurde der Kapitän selbst erwähnt und ihre Mutter sprach über dessen Zustand, der ihn so viele Jahre weg von Andunie geführt hatte. "Lassen wir diese Männer ruhen und widmen uns lieber dem Grund, warum ihr...", warf die junge Frau ein, um die sich anbahnenden Katastrophe zu verhindern.
Nur leider... ließ sich der Glatzkopf davon nicht beeindrucken und offenbarte, was sie längst wusste und ihrer Mutter bislang nicht gesagt hatte. Mit einem tiefen, leidenden Seufzer ließ sie ihren Kopf hängen und verbarg ihr Gesicht in ihrer Hand. Diese Situation begann, sich in Peinlichkeit zu verlieren. Allzu deutlich spürte sie die Augen ihrer Mutter, schaffte es jedoch nicht, sich aus ihrer Haltung zu lösen, auch nicht bei deren Gemurmel.
Erst, als Corax eingriff, seufzte sie erneut und ließ allmählich die Hand sinken. Unter ihren nun wieder langen, dichten Wimpern schielte zu ihrem Raben.
Am Ende war es allerdings erneut die Sarmaerin, die das Thema in eine andere Richtung zu lenken vermochte, während sie sich innerlich noch wand, als hätte sie bereits jetzt das Verhör ihrer Mutter zu durchstehen. Hörbar atmete Azura aus, richtete sich auf und strich sich eine verirrte Haarsträhne zurück, als wolle sie damit das Unangenehme wegwischen. Das gab Jakub die Gelegenheit, den Faden weiter zu spinnen. Und er redete nicht um den heißen Brei herum, sondern kam direkt auf den Punkt, so abrupt, dass sie wie unter einem Peitschenhieb zusammen zuckte.
Nun war wirklich sämtliches von vorhin vergessen, ihre Augen wurden groß. "Wo ist er?!", entfuhr es ihr heftig, während neben ihr ihre Mutter ein Schluchzen zu unterdrücken versuchte. Wäre es nach ihr gegangen, hätte sie dieses Wissen zur Not hier und jetzt aus dem Glatzkopf heraus geschüttelt, und sie wollte auch schon zu ihm stürzen, um ihn die Dringlichkeit spüren zu lassen, mit der sie das zu erfahren wünschte.
Aber Aquila neben ihr konnte aus ihrer Haut nicht heraus und machte deutlich, was sie als angemessene Reaktion erwartete. Die Jüngere warf ihr einen entsetzten Blick zu, ob dieser Verzögerung, musste jedoch erkennen, dass es vermutlich besser so wäre. "Mama...", wisperte sie und Sorge zeichnete sch in ihrer Miene ab, als sie stattdessen die Hand behutsam auf deren Unterarm legte.
Sanft lächelte sie und kratzte einen Rest an Haltung zusammen, um der Hausherrin nicht auch noch die Blöße ihres schlechten Benehmens aufzubürden. "Wie wäre es, wenn du dir einen stärkenden Schluck gönnst? Ich kümmere mich solange um unsere Gäste.", bot sie ihr den Ausweg aus dieser Situation, damit das Gesicht gewahrt werden würde.
Dann sah sie zurück und nickte den restlichen Anwesenden zu. Doch ihr Blick wanderte daraufhin zu Corax und sie sah ihn fragend an. "Kann deine Aufgabe in der Akademie noch warten oder kommst du später zurück?", gab sie auch ihm die Möglichkeit selbst zu entscheiden, was er nun tun würde.
Sobald er seine Wahl getroffen hätte, würde sie alle in jenen Salon führen, in dem schon ihr Erzeuger sich erholt hatte. Es war ihr Lieblingssalon und er erschien ihr geeignet, um diese neue Information näher zu betrachten. Sie öffnete sogar eigenhändig die Tür und deutete auf die Sitzgruppe als Zeichen, dass sie alle sich dort niederlassen könnten. Doch sie selbst war viel zu unruhig, um ihrer eigenen Einladung zu folgen.
"Wo ist Vater? Was ist mit ihm passiert? Wann holen wir ihn nach Hause?", sprudelte es aus ihr heraus, kaum, dass sie sicher sein konnte, dass ihre Mutter es nicht würde hören können. Diese Eröffnung hatte sie schon ausreichend schockiert, alles andere müsste sie ihr viel schonender beibringen.
Bild

Benutzeravatar
Madiha Al'Sarma
Celcia-Team
Celcia-Team
Beiträge: 559
Registriert: Sonntag 14. Februar 2021, 12:04
Moderator des Spielers: Kazel
Aufenthaltsort: Hafenstadt Andunie
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch
Sprachen: Sendli
Beruf: Sklavin (ehem.)
Fähigkeiten: Durchhaltevermögen (sehr gut)
Feuermagie (rudimentär)
Schwimmen (rudimentär)
Lesen & Schreiben (rudimentär)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: Eine kleine Muschel mit Loch an einer Kette um den Hals
Tierische Begleiter: Keinen

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Mittwoch 6. März 2024, 13:09

Dass Corax riechen konnte, was ihr die Welt erneut antat, war Madiha unangenehm. Sie wollte ihm entgehen und sich gar nicht darauf einlassen, dass er sich nun darum bemühte, ihr zu helfen. Sie war schließlich hier, um ihm zu helfen. Das Mädchen entwand sich aus seiner Umarmung, die ihm ohnehin nicht behagte. Sie trat von ihm zurück und hatte den Blick gesenkt, während sich die Hausherrin und ihre Tochter zu ihnen gesellten. "Ich rieche, wie sehr du leidest. Wie viel es dir tut." Madiha blickte auf seine Hand und schüttelte den Kopf. „Nicht.“, bat sie leise und war froh darum, dass sich Corax von Azura und Aquila ablenken ließ. Die Tochter aus gutem Hause aber erbarmte sich das erste Mal ihrer und schien selbst nicht mehr nachtreten zu wollen. Bisher war ihre Begegnung nicht sonderlich herzlich gewesen und oftmals hatte Azura das Ziel vollkommen verfehlt. Jetzt aber adelte sie Madiha auf eine Weise, die ihr vermutlich nicht mal bewusst war. Sie kannte ihren Namen. Sie war nicht länger ‚die Göre‘ oder ein namenloses Ärgernis in ihrer Gegenwart. Madiha’s Graublau musterte Azura und konnte Dankbarkeit nicht verbergen. Sie nickte ihr aufrichtig zu und das Lächeln zeigte, dass sie sich über diese Wendung freute. Aber das es auch nicht viel mehr zu sagen hätte, denn die Geste ihrer Mutter geschah lediglich aufgrund dessen, dass sie glaubte, Madiha wäre jemand. Das Mädchen fühlte sich nicht wohl damit, denn ihr ging es nicht darum, jemand zu sein, der sie nicht war. Sie wollte doch nur sein dürfen, wer sie schlicht war. Sie war nicht viel und sie war vor allem niemand Wichtiges. Aber sie war auch kein Nichts.
"Mein Gatte, Alycide van Ikari, besi... besaß gute Handelsbeziehungen zu einigen Kaufleuten in Sarma. Vielleicht ist Euch der Name bekannt?" Unsicher blickte Madiha Aquila an und musste mit dem Missverständnis einfach aufräumen. „Nur Madiha trifft es ehrlich gesagt eher…“, murmelte sie als Antwort und stockte, als sie die Hoffnung erkannte. Seufzend presste Madiha die Lippen aufeinander. In Anbetracht dessen, dass Azura und Aquila so sehr hofften… wer wäre sie denn, wenn sie Kjetell’o vorwarf, dass er ihnen etwas Gutes tun wollte? Madiha lenkte sich von diesen aufreibenden Gedanken ab und stellte Jakub vor. Und plapperte weiter, ohne darüber nachzudenken. Caleb bestimmte ihre Gedanken eben auch und es ließ sich einfach nicht leugnen, dass er ihr zu schaffen machte. Er und das Leben im Allgemeinen. "Kapitän van Tjenn? So wie Gregor van Tjenn?“, hakte Aquila nach und Madiha erinnerte sich, dass dieses Thema nicht so unverfänglich war. Stöhnend blickte sie zu Azura, die versuchte stillschweigen zu erwirken. Aber Jakub war schon dabei, weiterzusprechen. "Caleb van Tjenn, Fräulein Hoheit ... äh ... Herrin..." Sie betrachtete die Geste und es stach in Erinnerung an Caleb. Madiha senkte den Blick gen Boden, während sich die Dinge verselbstständigten. "Caleb van Tjenn ging vor Jahren auf See verschollen. Sein Vater starb bei der Eroberung der Stadt - wie viele andere tapfere Adlige, die versuchten, ihr Heim zu verteidigen."
"Tja, er lebt ... Eure herrische Majestät? Heiligkeit? Ist also nicht länger verschollen." "Nun ist es offensichtlich zu spät"
Madiha’s Blick flog zu Aquila. Etwas in ihr wollte wütend aufstampfen. War es nicht irgendwann mal gut? Hatten diese Leute nicht den Hals langsam mal voll? Das Mädchen biss die Zähne aufeinander. "Es ist zu spät. Caleb steht nicht mehr zur Verfügung. Er liebt die kleine Herrin hier, so wie ich Azura liebe."

Ihr Blick auf Corax erdete Madiha etwas. Er half ihr, ohne es vermutlich beabsichtigt zu haben. Er sprang für sie ein, wo sie es nicht konnte. Madiha hatte keine Kapazitäten mehr, sich selbst immer wieder anzubieten. Zu zeigen, dass sie etwas wert war. Sie war müde unzulänglich zu sein. In eben jener Unzulänglichkeit, gelang es Corax sie an der Schulter zu berühren. Madiha’s Blick zuckte zu ihm und sie spürte die Einladung, die von jener Berührung ausging. Sie brauchte nur loszulassen, um alles zu vergessen. Jedenfalls emotional zu vergessen. Es war verlockend und einfach. Er würde es auf sich laden und es tragen. Aber Madiha griff nach Corax‘ Hand und drückte sie mit einem stummen Lächeln. "Er liebt dich" Sie glaubte nicht daran. Im Moment nicht. Aber sie konnte auch nicht einfach ihm alles überlassen. Das war ihr Kampf und ihr Leid. Sie musste es tragen, denn es gehörte zu ihrem Leben. Und er? Er war endlich mal glücklich… und hatte es so verdient! Sie nahm Corax‘ Hand von ihrer Schulter und gab sie ihm zurück. „Schon gut, Corax… deswegen bin ich nicht hier!“, erwähnte sie noch mal und nickte ihm mit einem versuchten Lächeln zu. Danach wandte sie sich mit ihrem Anliegen offen an die anderen. Und beteuerte, dass sie sie nicht lange aufhalten würden.
"Kjetell'o Aschwurz schickt mich. Ich konnte Informationen zum Aufenthaltsort von Alycide van Ikari sammeln und bevor Ihr Euch sorgt, Hoheit. Majestät? ... Herrin...? Äh ... es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Er lebt und ist unversehrt." Das Aufschluchzen und Japsen seitens der anderen Frauen, brachte Madiha’s Herz zum Springen. Sie erkannte die Sehnsucht zu erfahren, was Wahrheit war. Sie sah, wie sich die Frauen verzehrten, um zu hören, dass ihr geliebter Mensch wohlauf war. Madiha biss sich auf die Lippen. Wenn sie die Chance hatte, ihnen zu helfen… sollte sie es denn dann nicht tun? Dass Azura, so wie sie aufgewühlt wirkte, nicht mit Kjetell’o losziehen konnte… sich in Gefahr begeben konnte… keinen kühlen Kopf bewahren würde, weil sie persönlich involviert war… War es da nicht nur recht und billig, Madiha zu schicken? "Kind, ein Salon ... schnell. Bring unsere Gäste unter. Ich ... er lebt? Wirklich?" "Mama… Wie wäre es, wenn du dir einen stärkenden Schluck gönnst? Ich kümmere mich solange um unsere Gäste." Madiha grübelte über ihre Gedanken und das, was sie sah. Aquila schien ihren Mann wirklich zu lieben und sich immense Sorgen um ihn zu machen. Das Mädchen versuchte Luft zu holen und konnte kaum verhindern, daran beinahe zu ersticken. Sie wollte gewiss nicht benutzt werden. Sie wollte nicht für eine Sache missbraucht werden, die sie im Grunde gar nichts anging. Aber im Angesicht dieser… Szene… Wie könnte sie da nein sagen? Verstohlen wischte sich Madiha über die Augen und entließ ihren Atem gepresst. Also gut… dann würde sie es tun. Für Azura und ihre Mutter. Sie würde Kjetell’o begleiten, wie sie es ihm versprochen hatte. Zu jeder Bedingung… das Wagnis war sie eingegangen. Auch Caleb hatte ihr dazu geraten… Wie könnte sie sich dagegen auflehnen? "Kann deine Aufgabe in der Akademie noch warten oder kommst du später zurück?" Madiha erwachte aus ihrem Dilemma und schniefte noch mal, ehe sie den Kopf schüttelte. „Nein, bitte. Ich muss dringend mit dir reden, Corax… es… es gibt noch etwas anderes als die Rettung deines Vaters, Azura.“, sprach sie auch die Rothaarige an. Sie wartete, bis Corax ebenfalls folgte und kam dann mit Jakub nach. Sie folgten Azura in den Salon und Madiha betrachtete die Umgebung das erste Mal, seit sie hergekommen war.
Ihr fielen die helleren Flecken auf, aber auch das eigentlich hübsche Interior. Sie musterte den Prunk, den man trotz der Plünderung erkennen konnte. Staunend fragte sie sich, wie es für Azura gewesen war, hier aufzuwachsen und wie es wohl ausgesehen hatte, bevor Andunie fiel. Caleb’s Haus war gemütlicher, wie sie fand, aber das hier war wahrer Reichtum. Sie drehte sich einmal um sich selbst „Und ihr habt mehrere Räume davon?“, fragte sie plump und zuckte selbst zusammen, weil ihr das einfach herausgerutscht war. Madiha räusperte sich und blickte daraufhin zu Azura, die nach näheren Informationen fragte. Madiha aber blickte zu Corax. Ihr Augenmerk galt ihm. "Wo ist Vater? Was ist mit ihm passiert? Wann holen wir ihn nach Hause?", wollte Azura mit Nachdruck wissen. Madiha seufzte. Corax würde warten müssen. „Jakub weiß darüber mehr als ich..“, erklärte sie ihr und blickte zum ersten Maat. Es war seine Aufgabe zu informieren. Dann stellte sich Madiha so weit weg, wie möglich von Corax, damit er nicht doch noch das Essen erbrach. Sie selbst wartete auf ihre Chance, ihm endlich von den Neuigkeiten zu erzählen. Kathar hatte nicht mehr viel Zeit… Und sie hatte ihm ihr Wort gegeben, schnell zu sein. Sie sollte aufhören ihr Wort überall zu verteilen…
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 7. März 2024, 19:04

"Corax ist nicht der Feind!" Das konnte Azura nicht auf sich sitzen lassen. Hatte ihre Mutter nicht gesehen, wie sehr er sich bemühte? Er zeigte mehr Manieren als Azura, beantwortete beinahe schon etwas übereifrig Aquilas Fragen und darüber hinaus beteuerte er offen und immer wieder, wie sehr er die Tochter des Hauses van Ikari liebte. Genügte es, einfach nur Dunkelelf zu sein, damit ihre Mutter ihm die Vorurteile anhaften ließ, die andere bei ihr verursacht hatten?
"Es bleibt abzuwarten, ob er nur mit dir spielt", erwiderte sie und kappte damit das Gespräch an dieser Stelle. Sie meinte es wahrlich nicht so kalt wie es für Azura den Anschein haben mochte. Sie war lediglich vorsichtig. Ihr Kind ahnte es nicht, aber Aquila van Ikari hatte schon immer einen sehr wachsamen Falkenblick über ihr Aufwachsen gehalten. Sogar auf der Straße hatte sie schon genau abgewogen, mit welchen Streunern ihre kleine Azura spielte. Sie hatte nicht leichtfertig entschieden, ihre Liebe an Alycide zu schenken. Er hatte sie nicht ohne ihre Tochter haben können und diese musste unter seinem Dach noch behüteter aufwachsen können als die neue Gattin. Auch die Galane, die für jedes Fest mit Einladungen hinzugezogen wurden, mussten sich einem prüfenden Blick durch Aquila van Ikari gefallen lassen. Niemand, der es mit Azura nicht gut gemeint hätte, durfte überhaupt auf demselben Ball auftreten wie sie.
In all den Jahren hatte Aquila sehr gut auf ihr Kind geachtet und war ihr im Grunde nie von der Seite gewichen. Es mochte nicht aufgefallen sein, denn die Hausherrin verstand sich darauf, in den Schatten zu stehen und dennoch mit einem einzigen Satz an die richtige Person auf ihr Kind aufzupassen. In den letzten Monaten jedoch hatte sie das nicht tun können. Da war sie zuerst auf Reisen gewesen und musste anschließend mit schwerem Herzen feststellen, dass man das eigene Kind aus ihrem Heim geraubt hatte. Nun erfuhr sie, von wem und darüber hinaus hatte sie mitansehen dürfen, was der Entführer mit ihrem Kind anstellte, wenn nur das Bett groß genug war und sich beide unbeobachtet fühlten. Sie kannte Corax noch nicht gut genug, konnte ihn nicht einschätzen und nur auf das Wort ihrer Tochter vertrauen. Das wog normalerweise viel, aber Azura trug offenkundig eine rosarote Brille. Sie himmelte den Dunkelelfen an ihrer Seite regelrecht an und wusste für jede seltsame Sache an ihm eine ablenkende Ausrede. So auch nun, als Aquila auf den wiedergekehrten Arm des Raben anspielte. Aber auch dem neuen Gast - Madiha van Sarma - war es aufgefallen. Gerade als sie sich schützend vor dem Eingreifen des Leidträgers zurückziehen wollte, bemerkte sie, dass er wieder vollständig schien. Er überging es jedoch mit einem Lächeln, so wie Madiha sich wünschte, man würde Caleb als Thema schnell wieder fallenlassen. Corax verdankte sie es, dass es geschah. Ganz selbstverständlich und ohne jegliches Zögern teilte er mit, dass der Erbe derer van Tjenns schon an Madiha gebunden war und für Azura nicht mehr zur Verfügung stand. Die Sarmaerin war ihrem Freund dafür immens dankbar. Es kam selten vor, dass sich jemand vor sie stellte und ihre Bedürfnisse, ihren Standpunkt verteidigte. Meistens war Madiha zu einer Einzelkämpferin degradiert. Mehr noch, sie kämpfte für andere ... und genau deshalb war sie heute doch erneut hier. Eigentlich war sie für Corax gekommen, eigentlich mit wunderbaren Neuigkeiten, die dem Raben einen neuen Glückspfad eröffnen sollten. Eigentlich hatte sie Jakub begleiten wollen, um auch Azura gute Neuigkeiten über ihren Ziehvater zu bringen. Und nun hatte sie erfahren, dass ihr richtiger Vater - der gleichzeitig nun ihr Lehrmeister sein würde - Madiha offensichtlich nur an sein Ziel mitnehmen wollte, um dadurch Alycide van Ikari freizukaufen. Sie war das Opferlamm und ... das war in Ordnung. Sie nahm es hin, weil sie es schon immer so hatte handhaben müssen. Es gab nicht viele, die nach ihren Bedürfnissen und Wünschen schauten. Einer stand neben ihr, aber sie übersah es für alles, das über ein paar Worte hinaus ging. Der andere, der sich mit seinen breiten Schultern und dem verwegenen Grinsen stets vor sich gestellt hatte, ohne nachzudenken ... nun, er war der Dunkelelfe Jivvin gefolgt. Ohne nachzudenken, ohne ein Wort zu sagen. Es schmerzte und es war besser, nun nicht an Caleb zu denken. Madiha konzentrierte sich darauf, auf ihrem Weg zu bleiben. Den Weg, den andere für sie vorsahen und der nur dazu diente, wertvolleren Geschöpfen Celcias den ihren besser zu bereiten. So sah sie es. So schien es ihr Schicksal zu sein.
Zuvor aber erlangte Jakub das Wort und auch er war bestrebt, die ihm zugeteilte Aufgabe zu erfüllen. Schonungslos sprach er an, dass er den Aufenthaltsort von Alycide van Ikari ausfindig gemacht hatte, setzte jedoch zur Erleichterung aller nach, dass der Mann offenbar unversehrt war. Doch wo er genau steckte, ließ der Erste Maat auch nach Azuras eifriger Nachfrage noch offen. Aquila hingegen kämpfte mit der Information. Sie schluchzte hinter vorgehaltener Hand und schaffte es so, die Aufmerksamkeit ihres Kindes auf sich zu lenken. Corax musterte Mutter und Tochter, vor allem aber den zwischenmenschlichen Umgang beider.
"Wie wäre es, wenn du dir einen stärkenden Schluck gönnst? Ich kümmere mich solange um unsere Gäste."
Aquila nickte schwach. Dann aber sprach sie und ihre Stimme klang gefasster als man es ihr zutrauen würde: "Wenn du glaubst, ich ziehe mich nun zurück, bist du auf dem Holzweg. Ich komme gleich nach. Vorher muss ich ... nur ..." Sie knickste halb vor den Gästen, aber ausreichend, um die Etikette zu wahren. "Entschuldigt mich." Dann stolzierte sie davon. Diese Frau war beherrscht. Das Schluchzen mochte man ihr als einzige Blöße zusprechen. Ansonsten bewahrte sie jegliche Haltung. Sie zog sich nicht einmal mit schnellen Schritten zurück. Man hörte diese erst, als sie außer Sichtweite war. Vermutlich suchte sie nun einen Raum für sich, um einen Moment der Schwäche zu ertragen, bevor sie wieder gefestigt zu den anderen zurückkehren würde.
Azura oblag es nun, die Gäste in einen passenden Raum zu bringen. Sie entschied sich für ihren Lieblingssalon, auch wenn dort nicht wieder aufgeräumt worden war. Vertäfelte Holzwände und eine blassblaue Tapete erwartete sie. Der Parkettboden musste gewischt werden. Es fanden sich immer noch einige Pfützen von Kjetell'o und Corax vor. Glücklicherweise zogen sie nur sehr schlecht in das Holz ein, so dass sie auf Dauer keine Flecken hinterlassen würden. Der Salon besaß einen sechseckigen Erker mit gepolsterten Sitzbänken und hohen Fenstern, sowie einem kleinen Kaffeetisch, um Gebäck, Tee und Bücher darauf abzustellen. Diese Ecke zählte zu einem von Azuras Lieblingsorten im Haus. Denn von hier konnte sie sowohl den Regen genießen, entweder bei offenem oder geschlossenem Fenster, als auch den Blick auf das wunderschöne und nicht entwendete Wandgemälde werfen, das über dem steinernen Kamin hing. Es zeigte eine detaillierte Waldlandschaft, die einen ähnlich friedlichen wie zauberhaften Charme besaß wie Kjetell'os Augen. Zu beiden Seiten des Kamins warteten Regale mit Büchern und allerlei Tand auf interessierte Blicke. Eine Luke im Holz offenbarte ein Geheimfach, dessen halber Inhalt bereits fehlte. Was man darin noch sah, waren gut zusammengelegte, sehr weich anmutende Decken. Ansonsten beinhaltete der Salon zahlreiche Abstellmöglichkeiten, denn es gab viele kleine und größere Tische. Das Zentrum des Raumes bildete eine Sitzecke, die gleich aus zwei großen Sofas in dunkelblauem Samt, einem kleineren Divan mit der gleichen Polsterung, sowie einigen Sesseln und einem Schemel für die Füße bestand. Ein achteckiger Kaffeetisch zeigte auf, dass man vor einigen Stunden wohl noch heiße Getränke zu sich genommen hatte. Eine Tasse war jedoch umgekippt und ihr Inhalt - inzwischen erkaltete Schokolade - bildete eine getrocknete Lache, die sich sowohl über den Tisch als auch das weiße Spitzendeckchen verteilt hatte. Die Blumen in den Vasen benötigten Fürsorge. Sie ließen die Köpfe hängen und einige von ihnen hatte auch schon die zierlichen, weißen Blüten verloren. Alles in allem machte der Raum aber einen harmonischen Eindruck und eignete sich ausgezeichnet für wichtige Gespräche.
"Die Decken!", bemerkte Corax. Er hatte die Gruppe begleitet. "Kjetell'o ist krank. Er kann Serpentis nun ohnehin keine Aufwartung machen", hatte er erklärt und bis auf Aquila van Ikari wussten alle, was dies bedeutete. Es täte dem Shyáner gut, zum Warten verurteilt zu sein und sich dadurch ein wenig schonen zu müssen. Jakub hatte es ihm ebenfalls schon angewiesen, ehe er mit Madiha aufgebrochen war. So musste sie sich nicht darum sorgen, Corax und ihm die Zeit zu stehlen. Der Rabe aber erkannte ohnehin die Dringlichkeit, mit der Madiha hier war, auch wenn er den Kern noch nicht wusste. Er roch noch immer ihr Leid, hielt daher etwas Abstand zu ihr, scheute sich aber nicht, schräg gegenüber von ihr auf einem der Sessel Platz zu nehmen. Natürlich erst, nachdem er Kjetell'os Decken beiseite geräumt und die getrocknete Schokolade vom Tisch entfernt hatte. Niemand konnte ihn aufhalten. Er arbeitete schnell, aber sorgfältig. Ehe er jedoch losziehen konnte, um frische Getränke zu holen, hielt Jakub ihn auf.
"Es reicht. Madiha hat dir etwas mitzuteilen." Er nickte auf die Sarmaerin, der ein Platz auf dem Sofa zugewiesen worden war. Jakub selbst blieb stehen. Er spazierte durch den Raum und warf einen grimmigen Blick durch die verregneten Fensterscheiben. Es war zum Verrücktwerden, zumindest wenn man Azura war. Noch immer hatte der Erste Maat keine weiteren Informationen zu ihrem Stiefvater ausgespruckt. Sie hielt es nicht länger aus.
"Wo ist Vater? Was ist mit ihm passiert? Wann holen wir ihn nach Hause?"
"Jakub weiß darüber mehr als ich..."
, warf Madiha ein und schon kreuzte sie mit dem Matrosen den Blick. Jakub erkannte darin, dass sie die Nachricht für Corax zurückhalten würde, bis er selbst gesprochen hatte. So wandte er sich den Frauen und dem Raben zu. Jakub verschränkte die Arme. Dann seufzte er, um einen längeren Monolog anzudeuten.
"Alycide van Ikari ist, soweit ich es herausfinden konnte, von Dunkelelfen gefangen genommen worden, weil er versuchte, sein Heim zu verteidigen und sich weigerte, mit den Dunklen zu kooperieren. Seinem Stand hat er's zu verdanken, dass er noch lebt. Die wollen etwas von ihm, nämlich Kontakt zu seinen Handelspartnern außerhalb von Andunie. Natürlich könnten sie einfach in andere Gegenden einfallen und solche Kontakte selbst herstellen. Wenn es aber über einen Menschen läuft, dem die Partner ohnehin vertrauen, müssen sie nicht einmal wissen, dass Dunkelelfen ihre Finger im Spiel haben und sind eher bereit zum Handel. Diesen Vorteil wollen die sich nicht verspielen." Er atmete durch. "Es geht ihm demnach noch immer gut. Er wird in einem der Quartiere für die Adligen gefangen gehalten. Ich konnte nicht mit ihm sprechen, weiß aber, dass er dort ist. Unverletzt. Arbeitssklaven konnten es mir bestätigen."
"Aber wo ist er?", fragte nun Corax, der natürlich auch am Wohlergehen von Azuras Familie interessiert war. Jakub schüttelte den Kopf. "Werd ich euch nicht sagen", erwiderte er und ehe sich irgendjemand echauffieren könnte, fügte er an, "Kjetell'o will es so. Damit sein Kind nicht auf dumme Ideen kommt." Er nickte Azura zu. "Deine Mutter und er haben ein Abkommen. Er wird deinen Vater zurück nach Andunie holen. Das schuldet er deiner Mutter und er wird wohl bald aufbrechen. Heute noch, vielleicht morgen." Jakub hob die Schultern. Das wusste er nicht. "Ich soll dir im Speziellen mitteilen, dass er nichts unversucht lässt, damit du einen Vater an deiner Seite haben wirst, den du liebst und achtest. Einen, der sich gut um dich kümmert. Oh, achja!" Jakub stutzte, als ihm noch etwas einfiel. "Er meinte auch, du sollst dir einen Magier außerhalb der andunischen Akademie suchen, der ... wie sagte er es? Er soll dir das zauberhafte Flämmchen zum Glühen bringen. Klingt für mich danach, als wollte er eher, dass du dir'n Liebhaber suchst." Dass es Jakub reichlich gleichgültig war, drückte er durch ein weiteres Schulterzucken aus. "Ja, das war's. Mehr soll ich nicht erzählen. Ihr sollt die Füße still halten und euch hier eingliedern, ohne negativ aufzufallen, oder so. Werd ich übrigens auch tun. Ist das Beste und nicht alle Dunkelelfen sind beschissene Mörder." Er warf Corax einen Blick zu, der den seinen senkte. "Nicht aus Mordlust jedenfalls." Damit erteilte er dem Raben Absolution, die jener von Jakub nicht nötig hatte. Er hob den Blick wieder an und der Maat nickte. Corax erwiderte es. Sie verstanden einander. Dann suchte Jakub sich einen Platz an der nächstbesten Wand und lehnte sich dagegen, ohne die Armverschränkung aufzulösen. Er nickte Madiha zu. "Du bist dran. Und wenn's für Azura nicht interessant ist ... du hast 'n guten Schluck für deine Mutter erwähnt. Wird der auch Gästen angeboten? Mein Mantel ist nass, aber die Kehle trocken."
Corax rückte den Sessel ein wenig herum, so dass er Madiha direkt anschauen konnte. Er kämpfte nicht mehr so stark damit, den Würgreiz zu unterdrücken. Es schien nur merklich schlimmer zu werden, wann immer Madihas eigene Gedanken in ihr Leid abdrifteten. Solange sie Caleb also nicht erneut Einzug darin halten ließ, würde es gehen. "Kleine Herrin", forderte der Rabe sie indirekt auf. Er lächelte, allerdings nur mit seinen Augen. Oh, aber das konnte er! Sie leuchteten wie immer in diesem verführerischen Rot, aber wie bei einem leichten Blinzeln huschte gelegentlich ein regenbogenbuntes Schillern darüber. Er lächelte mit seinen Augen, warm und zuversichtlich. "Es wird alles gut", beteuerte er. "Auch für dich. Hab keine Angst."
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Donnerstag 7. März 2024, 22:52

Dass sie ihren Raben verteidigte, passierte automatisch und ungeachtet der Person, die Zweifel an ihm geäußert hatte. Ob es durch die rosarote Brille passierte, die noch mehr rosa leuchtete seit ihren vier Stunden intensivster Beschäftigung? Ja, bestimmt. Aber trotz all der Taten, die er in der Vergangenheit begangen hatte und von denen sie wusste, die ihr teilweise Angst einjagten, wollte sie dennoch auch daran glauben, dass er es ernst mit ihr meinte und nicht so wie alle anderen Dunkelelfen war.
Wobei sie nicht sonderlich viele Vertreter dieser Art bislang kennengelernt hatte. Was vermutlich auch besser für sie und ihre möglichen Illusionen war.
Doch ihre Mutter war ihr sehr ähnlich, wahrscheinlich sogar zu ähnlich, oder eher sie der Älteren, als dass letztere es dabei belassen könnte. Nein, Aquila wollte scheinbar unbedingt das letzte Wort in dieser Angelegenheit haben! Etwas, das Azura wurmte, unabhängig vom Thema. "Tut er nicht!", brummelte sie in sich hinein und musste an sich halten, nicht an jene Spiele zu denken, die er nur zu gern mit ihr anstellen sollte. Ihre Wangen röteten sich bereits verdächtig, als sie die Gäste erkannte und dadurch erfolgreich davon abgelenkt wurde.
Dabei ahnte sie, dass ihre Mutter sie schützen wollte. Sie war stets diejenige gewesen, die versucht hatte, ihr Kind vor irgendwelchen Dummheiten abzuhalten und damit oftmals bewirkt hatte, dass sie diese umso leidenschaftlicher begangen hatte. Dass sie jedoch bei weitem nicht so massiv hatten ausfallen können, weil die Hausherrin trotzdem im Hintergrund die Fäden gezogen und ihren Schutz aufrecht erhalten hatte, davon wusste Azura wiederum nichts. Oder davon, dass ihre Kontakte, die sie früher gehabt hatte, keineswegs derart zufällig gewesen waren, wie es den Anschein für sie gehabt hatte. Auf der Straße war sie noch zu klein gewesen, um es überhaupt bedenken zu können, und nach der Hochzeit ihrer Eltern war ihr Umfeld elitär gewesen, sodass sie sich noch weniger Gedanken darüber gemacht hatte, warum jemand dazu gehörte oder eben ausgeschlossen blieb. Es war fast eine Ironie, dass ausgerechnet Corax ihr Herz erobert hatte, bei einer Gelegenheit, bei der ihre Mutter ausnahmsweise die Finger nicht im Spiel gehabt hatte.
Doch erst einmal galt es nun, die Gäste angemessen zu begrüßen und so vorzustellen, dass die Hausherrin nicht noch mehr Unmut empfinden würde. Gleichzeitig wollte sie damit auch zeigen, was sich bei ihr alles getan hatte und welch positiven Einfluss gewisse Personen auf sie genommen hatten. Was sie beinahe bereute, denn sie selbst gab den Stein des Anstoßes, woher sie sich kannten, ohne darüber nachzudenken, wohin das führen könnte. Als es ihr bewusst wurde, weil ausgerechnet jener spezielle Name fiel, war es zu spät, das Unheil noch unbemerkt aufhalten zu können.
Aber der wahre Paukenschlag wartete noch auf sie und nachdem Corax klargestellt hatte, warum Caleb nicht mehr zur Verfügung stand, abgesehen von der Tatsache, dass Azura lediglich beschädigte Ware war, war es an dem Glatzkopf, für diesen zu sorgen. Die Wirkung hätte kaum heftiger ausfallen können!
Während Aquila nur mit Mühe die Fassung wahren konnte, erkannte ihre Tochter genau diesen Umstand und übernahm jene Rolle, die sie jetzt auszufüllen hatte, mit einer Selbstverständlichkeit, als hätten sie das schon des Öfteren gemacht. Sofort war sie zur Stelle und bot ihrer Mutter einen Weg, um ihr Gesicht wahren und sich dennoch zurück ziehen zu können, um sich erst einmal wieder zu fassen. Dabei klopfte auch ihr das Herz aufgeregt in der Brust und wollte sie unbedingt sofort alles darüber wissen, was mit ihrem Vater war.
Jedoch hatte die Hausherrin bereits klargestellt, dass dieses Gespräch nicht hier im Eingangsbereich stattfinden sollte, in dem man jeden noch so leisen Laut vernehmen konnte. Die Jüngere fügte sich anstandslos, wie sie es für gewöhnlich niemals tat. Allerdings kannte sie ihre Mutter und deren Reaktionen, wusste um ihre Ansichten und wollte sie gewiss nicht bloßstellen, indem sie ihrem Willen zuwider handelte.
Trotzdem musste sie unwillkürlich schmunzeln, als bei ihrem gut gemeinten Ausweg unterschwelliger Protest erklang. Huldvoll deutete sie ein Nicken an. "Natürlich glaube ich das nicht, Mama.", raunte sie ihr zu und schenkte ihr ein warmes, kurzes Lächeln. Damit ebnete sie den Weg für den Rückzug und unternahm nichts weiter, um die Hausherrin länger aufzuhalten.
Stattdessen erkundigte sie sich darüber, ob Corax ebenfalls mitkommen und zuhören würde, anstatt in die Akademie zu gehen. Weil es ihr etwas bedeutete, wenn er bei ihr war, erst recht jetzt, wo es darum ging, etwas wirklich Wichtiges zu hören zu bekommen. Dabei ahnte sie nicht, dass dies auch im Sinne der Sarmaerin war.
Diese offenbarte, was Azura noch nicht bewusst gewesen war, weil gerade die letzte Information schlichtweg eine zu große, persönliche Tragweite für sie besessen hatte. Fragend hob sie ihre Augenbrauen an und wollte beinahe schon in alter Gewohnheit dagegen protestieren. Was könnte wichtiger sein als die Rettung ihres Stiefvaters?!
Dass diese Worte nicht über ihre Lippen drangen, lag daran, wie sehr ihr Herz inzwischen für ihren Raben schlug, weswegen sie sich beherrschen konnte. Stattdessen nickte sie. "Gut, dann besprechen wir auch das. Kommt mit.", lud sie die anderen ein, ihr zu ihrem liebsten Salon zu folgen.
Jenen, in den sie schon ihren Erzeuger geführt hatte und in dem jenes Bild hing, an das sie beim Blick in die Augen des Waldelfen hatte denken müssen. Hier hatte sie oft Stunden verbracht, früher, um ihre Eltern zu beobachten und mit Fragen an den Rand der Verzweiflung zu treiben, später, um in den Garten zu sehen und vor sich hin zu träumen oder über das zuletzt gelesene Buch zu sinnieren. Oder sich zu überlegen, wie sie welchen Galan als nächstes um den Finger wickeln sollte und wessen Eifersucht damit wecken könnte... und wollte. Oh ja, was war ihr Leben früher einfach gewesen, wenn sie in der Fensternische gesessen hatte!
Lautlos seufzte sie und hörte Madihas Worte neben sich, ehe diese sich hätte setzen können. Sie zuckte mit den Schultern und winkte ab. "Zwei große Salons und drei kleine, wie diesen hier. Nichts Aufregendes, Vater war der Meinung, mit Zurückhaltung die Gäste mehr beeindrucken zu können, die er hierher einlud.", meinte sie und spürte, wie die Unruhe zu stark wurde.
Schon wirbelte sie zu dem Glatzkopf herum und verlangte nach Auskunft, anstatt mit ihren erlernten Gastgeberqualitäten zu glänzen. Sie hatte die Drei hierher geführt, zu einer Sitzgruppe gewiesen, das musste reichen! Für Getränke oder Knabbereien hatte sie keinen Gedanken mehr übrig, nach denen sie in gewohnter Manier vermutlich in ihrer Aufgewühltheit umsonst geklingelt hätte, sondern wollte endlich Antworten haben.
Auch sie konnte sich nicht setzen, war viel zu aufgewühlt, um ruhig zu sein. Zwar blieb sie zeitweise stehen, aber ihre Hände öffneten und schlossen sich beständig, strichen über ihren Rock oder fanden einen Knopf, um an diesen herumzufummeln, ehe es wieder eine andere Beschäftigung für ihre Finger gäbe. Das Herz pochte ihr wie wild in der Brust, in ihrem Magen bildete sich ein Knoten und sie war drauf und dran, Jakub zu packen, um die Informationen aus ihm heraus zu schütteln, wenn er nicht freiwillig damit rausrückte.
Dass es nicht soweit kam, war Madiha zu verdanken, die das Ganze einläutete. Endlich begann der Glatzkopf zu sprechen und erläuterte ein wenig jene Situation, die er herausgefunden hatte. "Er lebt...", hauchte sie und merkte, wie auch ihr die Tränen in die Augen steigen wollten vor Erleichterung.
Es tat so gut, das zu hören, auch wenn sie sich zugleich daran erinnern musste, dass dies nicht unbedingt die bessere Alternative war. Doch so bestand noch ein wenig Hoffnung und diese war immens wichtig, für sie, vor allem allerdings für ihre Mutter, auch wenn diese derzeit noch nicht zuhören konnte. Und er hatte etwas, das die Dunklen von ihm wollten, weswegen sie ihn bislang vom Gröbsten verschont hatten. Beziehungen, Kontakte... Azura presste einen Moment lang die Lippen aufeinander, weil sie unwillkürlich daran dachte, was sie wenige Minuten zuvor erfahren hatte. Das war jetzt nicht wichtig!
Sie verdrängte diese Gedanken und wollte ebenfalls noch einmal nachhaken, wo dieser Ort sein sollte, als Corax ihr diese Worte abnahm. Die junge Frau sah zu ihm hin und deutete ein kleines, dankbares Nicken an, ehe ihr Blick Jakub wieder fixierte. Der ihr eine Antwort gab, die einfach nur empörend war. "Wie bitte?!", keuchte sie, als er schon fortfuhr und sich erklärte.
Azuras Mund öffnete sich vor Unglauben, die Farbe wich aus ihrem Gesicht und sie glotzte einen langen Atemzug über einfach nur. Dann jedoch verschloss sich ihre Mimik, wurde finster und in ihren Augen loderten regelrecht kleine Flammen in Form von bekannten Einsprengseln, während ihre Hände sich derart fest zu Fäusten formten, dass ihre Arme vor Anstrengung leicht zu zittern begannen. "Er... er... er hat... was...?", hauchte sie gefährlich leise und wer auf die eigentlich schon getrockneten Flecken auf dem Boden sah, könnte vielleicht glauben zu sehen, dass diese wieder dunkler wurden. Nur eine kleine Nuance, aber so, als würde die Flüssigkeit zurückkehren und sich für ein Aufspritzen oder ähnliches Lebenszeichen vorbereiten.
Aber das war noch lange nicht alles, was sie weiter zu hören bekam, machte den Anfang nicht gerade besser. Nur einmal kurz verblüffte er sie, als er von einem Flämmchen sprach. Bevor sie jedoch näher darüber nachdenken und eine mögliche Erkenntnis gewinnen konnte, machte Jakub deutlich, in welche Richtung er dachte. Was wiederum dazu führte, dass sich ihre Wangen röteten und sie nach Luft japste. Und als wäre das noch nicht die Krönung des Ganzen, sprach er klipp und klar aus, was von ihr erwartet wurde.
Mit einem Mal legte sich der tosende Sturm in ihrem Inneren und sie wurde ruhig, bedrohlich ruhig. Die Wellen flachten ab und umkreisten erwähntes Flämmchen, das dafür umso mehr Kraft sammeln konnte, um zu flackern und Feurigkeit zu spenden. Sie straffte ihre Haltung, atmete leise und langgezogen aus und sah schließlich von Jakub zu Corax und am Ende auch zu Madiha, als wolle sie auf diese nonverbale Art heraus finden, wie jeder einzelne von ihnen dazu stand.
Am Ende wanderte ihr Blick zurück zu dem Glatzkopf. "Ich soll also die Füße still halten, ja?", fragte sie leise und beinahe schon mit einem liebenswürdigen Timbre nach. "Keine Dummheiten machen, so?" Ihre Lippen kräuselten sich zu einem finsteren, hinterhältigen Grinsen, das einer Dunkelelfin wahrlich würdig gewesen wäre. "Na, da werde ich wohl jemandem mal zeigen müssen, dass ich keine Dummheiten begehe und mich immer dem füge, was man mir sagt!", säuselte sie und wäre vermutlich gleich aus dem Salon gestürzt, wenn Jakub nicht den Fokus zurück zu seiner Begleiterin gelenkt hätte.
Es ließ sie einen Moment innehalten, damit seine folgende Frage sie ebenfalls noch erreichte. Die Augenbrauen erhoben sah sie ihn spöttisch an. "Du überraschst mich. Ich hätte nicht vermutet, dass dir der Sinn nach einem Schluck warmen Kamillentee steht!", hielt sie dagegen und würde dennoch keinen Finger rühren, um ihm etwas zu trinken zu bringen. Denn das hätte bedeutet, dass sie den Raum verließ, und nachdem er erwähnt hatte, dass es auch etwas für Corax zu hören gab, würde sie das erst recht nicht tun.
Sie würde warten, wollte zumindest wissen, um was es ginge, ehe sie in die Akademie verschwinden und einem gewissen Kjetty den Hals umdrehen und die Ohren langziehen würde. Keine Dummheiten, Füße still halten, pah! Männer! Er und Jakub wussten, wo sich ihr Vater aufhielt und wollten ihn da rausholen? Schön, aber gewiss nicht ohne ihr! Und wenn sie ihnen heimlich nachlaufen müsste, sie würde keine hübsche Zier am heimischen Herd darstellen, die brav wartete und sich herumkommandieren ließe.
Daran hatten ihre Eltern sich die Zähne ausgebissen, Corax würde es ebenso ergehen und ihrem Erzeuger erst recht. Keine Dummheiten... so ein Blödsinn! Dummheiten waren genau das, das sie am meisten anzog!
Bild

Benutzeravatar
Madiha Al'Sarma
Celcia-Team
Celcia-Team
Beiträge: 559
Registriert: Sonntag 14. Februar 2021, 12:04
Moderator des Spielers: Kazel
Aufenthaltsort: Hafenstadt Andunie
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch
Sprachen: Sendli
Beruf: Sklavin (ehem.)
Fähigkeiten: Durchhaltevermögen (sehr gut)
Feuermagie (rudimentär)
Schwimmen (rudimentär)
Lesen & Schreiben (rudimentär)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: Eine kleine Muschel mit Loch an einer Kette um den Hals
Tierische Begleiter: Keinen

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 8. März 2024, 22:43

Madiha bewunderte die Einrichtung, selbst wenn sie schon geplündert war. Auch in Sarma hatte es Reichtum gegeben, aber das hier war so anders und so… viel. Kurz schwappte zwischen all der Unsicherheit und ihrer momentanen Verfassung ihre Naivität durch. Und sie ließ sich davon hinreißen. “Zwei große Salons und drei kleine, wie diesen hier. Nichts Aufregendes, Vater war der Meinung, mit Zurückhaltung die Gäste mehr beeindrucken zu können, die er hierher einlud.“ Das Mädchen blickte Azura einen Moment perplex an und wusste nicht, ob sie sie wieder mal aufzog. „Bescheidenheit…“, wiederholte sie leise und nickte. „Achso.“ Sie warf noch mal einen Blick über das Mobiliar und achtete dann darauf, dass sie Corax nicht zu nahe kam. Sie konnte einfach nicht ihr Leid abschalten und sich in diesem Maße zusammenreißen. Sie bemühte sich ja, den Fokus nicht zu verlieren, aber es war so schwer. Deshalb war sie vielleicht auch ganz froh darüber, dass sie Jakub als erstes das Wort erteilen konnte. Während er sie alle einweihte, was Kjetell’o und vor allem er herausgefunden hatten, beobachtete Madiha Jakub einen Moment. Es schien ihm gar nichts auszumachen, dass er für den Elfen auch gelitten hatte. Dass er die Torturen auf seinem Rücken erleiden musste, nur, um Kjetell’o zu helfen. Aber es kam, wie es vermutlich jeder nicht anders erwartet hatte. Dass Azura hierbleiben und die Füße stillhalten sollte, missfiel der van Ikari. Madiha’s Blick zuckte, wo Azura’s Innerstes sich zu einem Sturm zusammenbraute. Sie fing ihren Blick auf, als sie einen nach dem anderen anschaute und erwiderte ihn dieses Mal stoisch. Sie konnte sehen, dass Azura Angst um ihren Vater hatte. Sie hatte es an ihrer Mutter gesehen und sah es an der Tochter. Auch verstand sie, dass sie es aufwühlte. Doch dann geschah etwas, das Madiha argwöhnisch werden ließ. Azura zischte ihre Worte in einer Ruhe, die etwas in Madiha ansprach. Als würde Gefahr drohen, als würde etwas nicht richtig laufen. "Ich soll also die Füße still halten, ja? Keine Dummheiten machen, so?“ Madiha’s Blick zuckte erneut. Sie hatte sich an eine der geplünderten Wände gestellt und so größtmöglichen Abstand zu Corax gewahrt. „Na, da werde ich wohl jemandem mal zeigen müssen, dass ich keine Dummheiten begehe und mich immer dem füge, was man mir sagt!" Das unheilvolle Grinsen war genug. Madiha starrte Azura an und konnte nicht glauben, was sie sah.

„Was denkst du dir eigentlich?“, kam es plötzlich und ungewohnt scharf aus ihrem Mund und sie fokussierte die andere fest mit ihrem Blick. Madiha stieß sich von der Wand ab und kam zwei Schritte auf Azura zu, damit jene sie ansehen musste. Madiha zeigte der anderen, was es hieß, echtes Feuer in sich zu haben. Ihr Blick loderte ihr entgegen und sie verbrannte für jenen Augenblick all den Schmerz und das Gefühl, niemals ausreichend zu sein. Sie zeigte Azura, dass jene dabei war eine Grenze zu überschreiten, die sie besser intakt lassen sollte. Madiha warnte Azura mit ihrer bloßen Ausstrahlung. „Meinst du, du kannst die Sorge deines Vaters mit Füßen treten?! Meinst du, du kannst all die Bemühungen mit deinem verwöhnten Gehabe einfach so beiseite wischen?!“ fuhr sie sie an, ohne zu schreien. Madiha presste den Kiefer zusammen und starrte für einen Moment ins Feuer. Es lockte sie, dass sie es aufnahm und dann alles hinausließ. Einfach… rauslassen. Aber sie beherrschte sich, lenkte ihren Fokus zurück auf die Tochter des Hauses. Dann deutete sie auf Jakub und zur Tür, um auch Kjetell’o einzuschließen. „Jeder hier. ABSOLUT jeder hier versucht es DIR recht zu machen!“, fuhr sie sie an und zeigte auf sie. „Jeder ist um dein Wohlergehen bemüht und du scherst dich einen Dreck darum!“, fuhr sie fort. „Wenn Kjetell’o sagt, er will dich in Sicherheit wissen, dann nicht, weil er dich auffordert einen Machtkampf mit ihm zu führen!“ schnauzte sie Azura an. Madiha konnte nicht fassen, dass Azura so blind war für alles! Und es ärgerte sie.
Denn auch Madiha wurde ausgeschickt. Nur für sie! Die Samaerin deutete auf Jakub: „Für die Informationen, die du eben erhalten hast, hat man Jakub gefoltert! Man hat ihm Schmerzen zugefügt, die er erlitt, im Auftrag hier stehen zu können und dir mitzuteilen, wie die nächsten Schritte sind!“, knirschte sie weiter. Madiha bebte vor Zorn aber auch vor Unverständnis. „Und was tust du?! Du… du stehst hier mit deiner Hochnäsigkeit und schwingst Reden, dass du lieber den Kampf gegen Kjetell’o anführen willst, anstatt hierzubleiben und deiner Mutter nicht auch noch Kummer zu machen!“ zischte sie. Madiha ballte nun ihre Hände zu Fäusten. Azura’s Verhalten war verletzend, obwohl sie vermutlich nicht mal ahnte, dass auch sie selbst, Madiha, herhalten sollte, damit Azura bekam, was ihr fehlte.

„Er tut das ALLES für dich und deine Mutter. Er tut das… er tut das, weil er euch in Sicherheit und glücklich sehen will!“, brach ihre Wut langsam auf. Madiha’s Wut verrauchte und sie ließ sich kraftlos auf dem Sofa nieder, wo sie ursprünglich hätte sitzen sollen. Tief atmete sie aus und schüttelte den Kopf. Ihr kamen mit einem Mal Tränen. „Du bist so blind für all das…“, schüttelte sie fassungslos den Kopf. „Du wirst so sehr geliebt , Azura und ein jeder reißt sich ein Bein für dich aus. Tu einmal, was man sich für dich wünscht. Nur ein einziges Mal. Wenn schon nicht aus Dankbarkeit, dann doch wenigstens aus Nächstenliebe. Sie alle würden trauern und ihre Mühen umsonst getan haben, wenn du zu Schaden kommen würdest“, sagte sie und schloss jeden ein. Aquila, Kjetell’o, Corax, Alycide, Ventha vermutlich…, Jakub, weil auch er sich für sie eingesetzt hatte, Caleb, weil er Corax‘ Leid richten müsste. Und sie…? Madiha wischte sich über das Gesicht und schluckte die Tränen hinunter. Sie auch. Denn sie schickte man, damit sie ihren Zweck erfüllte. Welcher wäre das, wenn Azura dann selbst in Gefahr geriete? Dann hätte sie nicht mal den. Madiha brauchte einige Augenblicke, um sich wieder zu sammeln. Sie war aufgewühlt, verletzt und sicher hatte sich hier ihre eigene Verfassung Bahnen gebrochen. Aber sie hatte trotzdem alles so gemeint. Azura war undankbar. Das würde sich wohl nicht mehr ändern. Mit deutlich ruhigerer Stimme aber meinte Madiha noch: „Und jetzt hol ihm schon etwas zum Trinken! Er hat deinen Vater gefunden, bei den Göttern“, murrte sie und blickte Azura scharf an. „Er hat deine Dankbarkeit verdient! Nicht deinen Spott“, betonte sie noch mal. Dann wandte sie sich Corax zu und versuchte sich daran zu erinnern, weshalb sie hier war. Ihre Wut verging, denn das war nichts, was man mit Wut besprach. “Kleine Herrin. Es wird alles gut. Auch für dich. Hab keine Angst." Madiha blickte in seine Augen und wärmte sich daran ein wenig auf. Es hing auch sein Glück daran, dass Azura unversehrt und… glücklich war. Sie hatte seine Trauer miterlebt als Azura tot zu sein schien. Auch für ihn würde Madiha gehen. Wie könnte sie nicht, wenn sie dieses neuentdeckte Urvertrauen aus ihm leuchten sah? Sie war so furchtbar kraftlos und fühlte sich als würde sie sich nicht mehr wehren können. „Sicher…“, pflichtete sie ihm bei und konnte trotzdem kein Vertrauen darin transportieren. Sie lächelte schwach und konzentrierte sich nur auf ihn.

„Vertraust du mir?“, fragte sie plötzlich und musterte ihn. Es war wichtig, dass er das tat. Erkannte Corax, dass sie ihm nichts schlechtes wünschte? „Und… und weißt du, dass ich niemals etwas tun würde, dass dir schadet?“, fragte sie noch leiser. Es waren sehr persönliche Fragen, die aber auch für sie wichtig waren. Wie stand der Rabe zu ihr? Sie hatte eine seltsame Verbindung geschaffen und Madiha hatte mehr als einmal gesehen, wie sich sein Glück auf ihn auswirkte. Sie war dabei gewesen, wenn er hell schillerte und als sich sämtliche Farben in Form von Regenbogenfedern über Andunie verteilten… er hatte das Glück verdient, denn er trug es weiter und schenkte es anderen. Madiha fand zum Kern ihres Besuchs zurück. Sie lehnte sich vor und griff nach Corax‘ Hand. „Ich habe etwas gefunden, etwas, das … dir gehört.“, sprach sie vorsichtig und nahm ihre Hand wieder weg. Ihren Blick hielt sie aber auf ihm. „Auf dem Markt, als wir zurückgehen wollten, bin ich einem Mann begegnet als du… als du fort warst“, umschiffte sie die unangenehme Situation, die damals entstand. „Er hatte schwarze Haare, rote Augen, trug dunkle Kleidung…“, erzählte sie weiter. „Ich dachte… du wärst zurückgekommen. Er… er sah dir so ähnlich.“
Erzählte sie weiter und fuhr schnell fort, damit sie alles erzählen konnte: „Er sagte, sein Name wäre Emmyth Faelyn. Ich habe… nachdem wir Calebs Haus gefunden und er den Tod seines Vaters zumindest etwas verwunden hatte, lernten wir die neue Hausherrin kennen. Eine..“, sie stockte. Sie musste sich konzentrieren, um nicht abzudriften. „Eine Dunkelelfe. Sie war hilfreich für uns, denn sie lud Emmyth zu sich nach Hause ein und ich konnte mit ihm sprechen. Ich konnte ihm versichern, wie ähnlich ihr euch seht und ich… er sagte mir, dass er mit seinem Vater hier wäre. Ich hatte den Eindruck, dass er es ehrlich meinte. Ca… Caleb wollte sich, bevor wir dir etwas erzählen, versichern, wer diese Faelyns sind. Und ich wollte wissen, ob es sich lohnen würde… dir zu erzählen, was wir herausfanden.“, ließ sie einen Moment die Worte sacken. Madiha hatte alles ausgeblendet und sah nur noch Corax vor sich. „Ich habe… den Hausherren kennengelernt. Kathar Faelyn. Und Corax er… er erzählte mir, wie er vor Ewigkeiten den Verlust seines ersten Sohnes verwinden musste, der aus seinem Kinderbett gestohlen wurde… wie er seine Frau, die Mutter des Kindes, geliebt hatte. Und wie sie den Verlust nicht ertragen konnte. Er erzählte mir davon, dass er ihn vermissen würde… und seine Augen strahlten so viel Hoffnung aus als er mir zu glauben begann, dass ich sie wieder zusammenbringen könnte. Dass ich seinen Sohn nach Hause bringe..“, murmelte sie und blickte ihn unsicher an. Was er davon wohl hielt? Wie es ihm ging? Madiha spürte eine seltsame Nervosität in sich aufsteigen. Irgendwie war es etwas… persönliches, ihm davon zu erzählen, dass es Familie gab, die ihn vermisste. Sie spürte, dass es etwas mit ihr machte. Obwohl sie gar nicht betroffen war. Aber es war unglaublich schön zu wissen, dass Wunder passierten. Das Glück… existierte. Und irgendwo vielleicht auch für sie. Irgendwann.
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Samstag 9. März 2024, 10:50

Was könnte wichtiger sein als die Rettung ihres Stiefvaters? Azura mochte es nicht laut ausgesprochen haben, aber ihr Geist war erfüllt davon. Sie konnte nur schwer an sich halten, ruhig zu bleiben und zu akzeptieren, dass ein Bote nicht nur für sie und ihre Mutter hier war, sondern ein weiterer für Corax. Mit reichlich Mühe schluckte sie das Bedürfnis herunter, Madiha anzugehen und sie daran zu erinnern, was aktuell auf dem Spiel stand. Stattdessen eilte sie sich, die Gruppe in ihren Lieblingssalon zu bringen. Knabbereien und Getränke bot sie allerdings nicht an. Dafür war keine Zeit und ihr Geduldsfaden riss endlich. Sie forderte vehement nach Informationen zu ihrem Vater ... und Jakub gab sie ... auf seine Weise. Im Grunde verriet er nicht viel. Der Matrose blieb beim Nötigsten und was Azura wissen musste, um beruhigt zu sein. Alycide van Ikari lebte. Er war in Gefangenschaft, aber unversehrt. Wo, das erfuhr sie nicht, damit sie keine Dummheiten anstellte und den Ort am Ende noch allein aufsuchte. So wollte es Kjetell'o, denn er würde ihren Stiefvater zurückholen, nicht sie.
Entsprechend echauffierte Azura sich auch sofort. Im ersten Schockmoment vergaß sie alle Höflichkeiten. "Wie bitte?! Er ... er ... er hat ... was...?" Andere sahen hier vielleicht erste Alarmsignale. Falls Jakub sie ebenfalls erkannte, ignorierte er sie. Stattdessen meinte er mit etwas mehr Nachdruck: "Du sollst keine Dummheiten machen."
Die im Boden schon halb eingetrockneten Lachen und Pfützen verdunkelten sich. Tröpfchen traten hervor, um sich erneut zu sammeln. Selbst der Kakao löste sich bereits wieder etwas aus dem Spitzendeckchen. Es blieb ruiniert, denn die Farbe des köstlichen Getränks konnte Azura mit ihrer Magie nicht kontrollieren. Das musste man Waschen - per Hand. Sie würde es gewiss nicht tun. So wie sie nicht vor hatte, auf die Weisungen ihres leiblichen Vaters zu hören.
Die Ruhe vor dem Sturm hielt nun Einzug in das Herz der Andunierin. Ihre Wassermagie zog sich zurück und dümpelte nun fast schon friedlich um die kleine Flamme in ihrem Inneren umher. Jene flackerte, passte sich dem Lauern des Wassers an. Azura grinste auf. Es war zuckersüß, denn dahinter verbarg sich eine Bosheit, die ihresgleichen suchte. Jakub erwiderte diese Miene mit seiner eigenen, welche kalt, kantig und etwas ausdruckslos wirkte. Ein Seemann ließ sich vom Wetter gerben, nicht aber von Augenaufschlägen und gespitzten Lippen ... nur nach einer langen Reise und dann nur an Land, für einige Stunden und reichlich des hart erarbeiteten Solds. Aber auch hier fiel Jakub aus dem Rahmen. Schmolllippen und zarte Wimpern fanden bei ihm keinen fruchtbaren Boden. Azuras halb gezischte, halb gesäuselte Worte mit der unterschwelligen Drohung ihres wahren Vorhabens hingegen ließen ihn nur aufmerksam schauen. Ansonsten blieb der Mann jedoch ein stoischer Fels.
"Na, da werde ich wohl jemandem mal zeigen müssen, dass ich keine Dummheiten begehe und mich immer dem füge, was man mir sagt!"
Der Sturm brach los. Er wirbelte aber weder um Azura herum, noch brach er aus Jakub hervor. Der Erste Maat hatte sich kaum in seiner Haltung verändert. Die wenigstens dachten allerdings auch daran, dass ein Feuersturm durchaus existierte und nicht minder verheerend sein konnte wie einer, geschaffen aus Venthas Elementen. Madiha verließ ihren Platz und kam mit schnellen Schritten auf Azura zu.
"Was denkst du dir eigentlich?", schlug die erste verbale Flamme aus, um sich aus dem Sturm zu lösen und einen eigenen Flächenbrand verursachen zu wollen. Jetzt reagierte Jakub sehr wohl. Überrascht hob er die Brauen an und löste gar die Verschränkung seiner Arme auf. Corax riss die Augen auf und erhob sich halb aus seinem Sessel. Er streckte eine Hand nach Madiha aus, aber sie ließ sich nun nicht mehr aufhalten. Ihr reichte es. "Meinst du, du kannst die Sorge deines Vaters mit Füßen treten?! Meinst du, du kannst all die Bemühungen mit deinem verwöhnten Gehabe einfach so beiseite wischen?!" Es wühlte sie auf und im Hintergrund tanzten die Flammen im Kamin verführerisch. Kjetell'o war es gewesen, der Madiha mit einer einzigen Berührung an ihrer Schulter und wenigen Worten in eine Richtung geleitet hatte, um das Fremdfeuer in ihrem Inneren loslassen zu können. Er hatte ihren stillen Kampf sofort bemerkt, sich dessen vollkommen bedingungslos angenommen und ihr geholfen, damit umzugehen. Einfach so. Sie war nicht mit ihm verwandt. Er war nicht ihr Vater und Madiha war bereit, seinem Wunsch zu folgen, eine einzige Bedingung zu erfüllen, wenn es darauf ankommen würde. Azura hingegen besaß zwei Väter. Einen leiblichen, der sich um sie sorgte und einen, welcher nur durch Liebe mit ihr verknüpft war und bestimmt ebenfalls nur das Beste für sie wollte. Man sah es doch in jedem Winkel des Anwesens! Man sah es anhand dieses Salons und wie durchdacht er eingerichtet worden war, damit eine Tochter sich dort wohlfühlen konnte. Azura besaß sogar noch eine Mutter, um die sie sich zwar aktuell mehr kümmern musste als umgekehrt, aber die ihr dafür Liebe spenden könnte. Madiha hatte all das nicht. So käme es ihr gar nicht in den Sinn, ungehorsam gegenüber den Wünschen solcher Eltern zu sein. Sie wäre dankbar dafür, dass jemand auch einmal nach ihr schaute. Dass jemand entschied, sie solle in Sicherheit bleiben, während andere ihren Leib und ihr Leben riskierten. Dass jemand sie so sehr liebte, dass sie den Frust des Kindes in Kauf nahmen, wenn sie ein Verbot erteilten, sich aber sicher sein könnten, dass ihr in der Zeit nichts geschah.
"Für die Informationen, die du eben erhalten hast, hat man Jakub gefoltert!" Corax' Blick glitt zu dem Glatzköpfigen herüber. Er ... schnupperte, aber Jakub winkte einfach ab. "Gehört zum Geschäft", spielte er es herunter und hob die Schultern. Madiha konnte es nicht einfach darauf beruhigen lassen. "Man hat ihm Schmerzen zugefügt, die er erlitt, im Auftrag hier stehen zu können und dir mitzuteilen, wie die nächsten Schritte sind!" Sie war stocksauer. Azuras Verhalten ärgerte sie und dieses Mal konnte sie sich nicht zurück in ihr Sklavenschema begeben. Dieses Mal konnte sie nicht klein und still und in den Schatten bleiben. Irgendwann war es genug und sie alle riskierten hier einiges, um Azuras Stiefvater zurück ins heimische Anwesen zu bringen. Jeder besaß seine Rolle. Azura würde andernorts gebraucht, aber nicht an der Front selbst. Dorthin schickte man ... Kanonenfutter ... wie Madiha. Die bittere Annahme, Kjetell'o würde sie nur für Alycides Rettung einsetzen, damit er seine Tochter nicht verwenden musste, trug ihren Teil zur Wut der Samraerin bei. Schlimmer noch war ihre Erkenntnis, dass sie ihm trotzdem folgen würde. Sie würde ihn begleiten und Alycide van Ikari retten - damit diese Familie mit einer besorgten Mutter, einer viel zu verwöhnten Tochter und ... und Corax, der diese Tochter viel zu sehr liebte ... glücklich sein konnte. Es frustrierte sie gewaltig, dass all diese Mühen dann auch noch mit Füßen getreten werden wollten.
"Du bist so blind für all das..." Feuer konnte nur brennen, wenn es Nahrung erhielt. Jemand hatte Madiha keinen Nachschub bereit gestellt. Sie stand auf dem Ödland, das sie mit ihren eigenen Worten zu Asche verwandelt hatte. Ihr Zorn verrauchte und sie fühlte sich kraftlos wie der schwelende Rauch über ausgebrannten Ruinen. Sie konnte sich nur noch vom Wind treiben lassen. So sank sie zurück auf das Sofa, mit einem mal schrecklich erschöpft.
"Und jetzt hol ihm schon etwas zum Trinken! Er hat deinen Vater gefunden, bei den Göttern."
"Kamillentee klingt ausgezeichnet", warf Jakub mit der Trockenheit eines Seemanns inmitten dieses Sturmes ein, der einfach am Ruder stehenblieb, um den Kurs zu halten. Es kristallisierte sich mehr und mehr heraus, warum man ihn einst zum Ersten Maat der Blauen Möwe gemacht hatte und warum Kjetell'o ihn ausgeschickt hatte, Azuras Ziehvater ausfindig zu machen.
Corax erreichte Madiha endlich. Er berührte ihre Hand, aber dieses Mal fehlte der feine Sog, dieses winzige Angebot, dass er ihr einen Teil ihres Leids nehmen würde. Das hatte er mit seiner Geste nicht vor. Er nahm nicht. Er gab. Sein Blick ruhte jedoch auf Azura und seine Stimme war klar, fern vom vertrauten Gekrächze, als er sie ansprach: "Du hast mich gebeten, stets zu sagen, was ich will. Ich soll meine Wünsche äußern, erinnerst du dich? Ich soll dir sagen, was ich will, damit ich berücksichtigt werde ... und nicht leide." Er schaute Azura lange an. "Ich will ... dass du hierbleibst. Bei mir. Wir halten zusammen die Füße still. Wir kümmern uns um deine Mutter." Er lächelte schwach auf. "Eine richtige, echte Mutter."
Diese Worte regten etwas in Madiha. Sie erinnerten sie daran, weshalb sie hergekommen war. Nicht für Azura, nicht einmal für Kjetell'o. Sie wischte sich die Tränen vom Gesicht und suchte anschließend den Blick des Raben. Corax erwiderte ihn. Nun stand er im Fokus, ohne auch nur zu ahnen, was gleich auf ihn zukäme.
"Vertraust du m-"
"Ja", unterbrach er sie fest und entschieden. Es war so klar, dass sie ihm diese Frage niemals hätte stellen müssen. Er rückte näher, ungeachtet der Dämonen, die unter seiner ruhigen Miene kämpften. Er musste Madihas Leid doch noch immer riechen können! "Und ... und du weißt, dass ich niemals etwas tun würde, das dir schadet?" "Hast du nie und wirst du nie - kleine Herrin." Er strahlte ein ihm eigenes Urvertrauen aus, das sich friedlich über die Gemüter der Anwesenden legen wollte. Der Raum verlor seine dunklen Ecken. Das Feuer knisterte mit einem Mal viel friedlicher. Alles wirkte etwas wärmer, als wollte der Salon selbst den Anwesenden eine innere Ruhe vermitteln, an der sie sich festhalten könnten. Corax warf einen kurzen Blick zu Azura herüber. Sein Blick zuckte für einen Moment wie erschreckt auf. Dann runzelte er die Stirn, presste die Lippen aufeinander und schaute fast schon angestrengt. Als auch Jakub zu Azura sah, neigte er seinen Glatzkopf etwas, runzelte ebenfalls die Stirn. Dann aber blinzelte er, brummte und nickte nur. Corax' Aufmerksamkeit kehrte zu Madiha zurück. Sie ergriff seine Hand und er empfing sie, indem er ihre Finger mit seinen verflocht. Wären sie nur zu zweit hier und schlügen ihre Herzen nicht bereits für andere, hätte die Stimmung durchaus ein romantisches Bild zaubern können. Aber darum ging es jetzt nicht. Madiha hatte Wichtiges mitzuteilen.
Sie holte ein wenig aus, erzählte von ihrer Begegnung auf dem Markt und von Emmyth, den sie anfangs mit Corax verwechselt hatte. "Ich dachte ... du wärst zurückgekommen. Er ... er sah dir so ähnlich."
Auch Azura besaß ein Bild dazu. Auch sie hatte jemanden gesehen, den sie für Corax gehalten hatte. Er hatte ihr gewinkt, damals noch mit der Hand, die ihr Rabe lange Zeit von seinem eigenen Körper abgetrennt glaubte. Er hatte ihr sogar zugerufen und seine Stimme war der ihres Raben nicht unähnlich gewesen. Seine Haare, seine Statur, die Augen ... ohja, Azura kannte ebenfalls einen Dunkelelfen in Andunie, der ihrem Liebsten wie einem Doppelgänger glich. Und sie hatte dieses Beutelchen fallen lassen, in das ein Feen-Emblem gestickt war, zusammen mit dem Namen eines mutmaßlich adligen Hauses. Er lautete...
"Er sagte, sein Name wäre Emmyth Faelyn." Madiha sprach es zusammen mit der Erinnerung aus, die sich einen Platz in Azuras Geist erkämpfen wollte. Faelyn. Auch Corax war der Name ein Begriff. "Ein morgerianisches Adelshaus", erklärte er nur, konnte kaum mehr sagen, da er wie gebannt an Madihas Lippen hing. Sie erzählte weiter, berichtete von ihrem Treffen in Calebs Heim, erwähnte Jivvin als namenlose, aber sehr unterstützende Dunkelelfe und brachte zur Sprache, wie offen Emmyth für ein Treffen mit jemandem wäre, der auch ihm so ähnlich sähe. Sie ließ nicht einmal den Part aus, bei dem sie sich Zugang zum Hause Faelyn geschaffen hatte und dort auf Kathar getroffen war, das Oberhaupt dieser Familie.
"Und Corax ... er erzählte mir, wie er vor Ewigkeiten den Verlust seines ersten Sohnes verwinden musste, der aus deinem Kinderbett gestohlen wurde ... wie er seine Frau, die Mutter des Kindes, geliebt hatte. Und wie sie den Verlust nicht ertragen konnte. Er erzählte mir davon, dass er ihn vermissen würde ... und seine Augen strahlten so viel Hoffnung aus, als er mir zu glauben begann, dass ich sie wieder zusammenbringen könnte. Dass ich seinen Sohn nach Hause bringe..."
Etwas flackerte in Corax' Augen. Etwas, das Madiha bereits gesehen hatte, nur nicht umhüllt von diesem zauberhaften Rot, denn Kathars Augen waren grau. Doch sie hatte nun in beiden Augen dieses Funkeln erkannt. Corax hielt den Blick nicht lange auf ihr. Er hüpfte herüber zu Jakub, der nur mit den Schultern zuckte. Er wusste nichts über diese Geschichte. Dann erreichte sein Blick jenen von Azura. "Ich ... habe auch einen Vater...", teilte er ihr mit, als hätte sie nicht ebenso Madihas Worte hören können. Madiha! Corax wandte sich ihr wieder zu und umklammerte nun ihre beiden Hände. Seine fühlten sich schwitzig an vor Aufregung. "Einen Vater ... der nicht wie ... wie sie ist. O-oder?" Echte Furcht flackerte kurz in seinem Blick auf, aber sie hatte keine Chance gegen das, was im Herzen des Elfen Einzug gehalten hatte. Er vertraute Madiha. Sie würde ihm nie etwas antun, das ihn leiden ließ. Er lächelte. "Ein richtiger Vater ... und ... ein Bruder? Emmyth. Aus dem Haus Faelyn ... das ... heißt..."
"Er ist von edlem Geblüt?" Die Tür schob sich auf, aber es war nicht Aquila van Ikari, die zusammen mit ihrer Stimme den Raum betrat. Zunächst schob sich ein Rollwagen herein und erst dann folgte sie. Es handelte sich um das goldene und verglaste Wägelchen, das Corax bereits für's Auftischen des Frühstücks genutzt hatte. Das gebrauchte Geschirr fehlte. Stattdessen fand sich nun ein Tablett mit Tassen, eine Porzellankanne mit goldenem Henkel und ein Schälchen mit Butterplätzchen darauf wieder. "In der Eile habe ich nicht mehr zubereiten können. Ich hoffe, es wird dennoch als Akt der Höflichkeit angenommen", meinte sie und schob den Wagen bis an den Kaffeetisch heran. Ihr Blick fiel auf Corax. Sie musterte den Raben lange. Jener sprang plötzlich auf, huschte zu der Hausherrin herüber und begann damit, die Teetassen zu verteilen und den Inhalt der Kanne einzuschenken. Kamillentee, wie Azura es prophezeit hatte. Jakub brummte mit vor Zufriedenheit angehobenen Mundwinkeln. Aquila aber berührte Corax an seinem wieder vorhandenen Arm, bis er inne hielt. "Ihr nicht. Adliges Geblüt führt keine Dienstbotentätigkeiten aus." Dann nahm ise ihm die Kanne ab, um seinen ursprünglichen Plan umzusetzen und befehligte Corax mit einem stummen Wink zurück in seinen Sessel. Der Rabe nahm perplex Platz. Er ließ sich bedienen und ... starrte von den Taten der Hausherrin, zu Azura und zurück zu Madiha. Er schluckte. "Und ... was muss ich tun, um ... meinen Vater zu sehen?", fragte er.
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Sonntag 10. März 2024, 13:24

Ihrem Gast erging es in etwa so wie damals Azura, als sie als Kind aus ärmlichen Verhältnissen in dieses Anwesen eingezogen war. Auch sie hatte sich damals ungläubig umgesehen und mehrere Tage gebraucht, um nicht mehr über Kleinigkeiten zu staunen. Es hatte ihren Stiefvater amüsiert, nicht so sehr die Tatsache, dass sie so viel zu staunen gehabt hatte, sondern ihr kindliches Staunen an sich. Und es hatte ihr Verhältnis zueinander geprägt, den Grundstein dafür gelegt, dass er sie immer wieder in diesen Zustand versetzen wollte. Nur mit dem Unterschied, dass sie sich alsbald an den Reichtum um sich herum gewöhnt hatte und diesen als normal ansah.
Dennoch war es ihren Eltern gelungen, ihr beizubringen, dass richtiger Reichtum nicht mit plumpen Protzen gleichzusetzen war, dass es viel edler war und wirkte, wenn man mit Geschmack denn mit Fülle glänzte. Das betraf sowohl die Einrichtung als auch ihre Erscheinung. Mit ein Grund, warum sie zwar erlesenste Stoffe für ihre Kleider hatte und stets nach der neuesten Mode geschneidert, aber niemals überladen mit Schmuck und anderem Zierat.
Jetzt war davon nur ein Teil zurück geblieben. Aber auch dieser wusste noch zu glänzen, wie anhand der Mimik der anderen erkennbar war, wähend die junge Frau ihre Frage beantwortete. Die Reaktion war für Azura schwer zu deuten. Machte die andere sich gerade lustig über den Geschmack ihres Vaters? Sie war sich nicht sicher, doch im Endeffekt wollte sie keinen Streit.
Viel zu wichtig war es ihr, endlich mehr über den Verbleib des Hausherren herauszufinden und wie sie ihn befreien könnte. Anfangs war sie noch froh über jedes Wort, spürte, wie ihre Unruhe sich in Tatendrang verwandeln wollte. Als jedoch betont wurde, dass sie nicht mitkommen, sondern hierbleiben und artig warten sollte, da kippte die Stimmung. Der Sturm in ihrem Inneren wurde bedenklich ruhig, fast schon unheimlich still, während die eingetrockneten Flüssigkeiten wieder flüssiger wurden.
Sie griff auf ihre Erfahrungen in Falschheit innerhalb des Adels zurück, die sie geprägt hatten, und ließ diese auf Jakub los. Auch wenn dieser sich unbeeindruckt davon zeigte, weshalb ihn nicht sofort eine neue Welle überrollen konnte.
Doch ehe sie einen weiteren Schritt gehen, womöglich sogar in diesem Gefühlszustand die Akademie aufsuchen konnte, da wurde sie von unerwarteter Seite attackiert. Plötzlich traf von der Seite her eine Stimme scharf an ihr Ohr und ließ sie einen Atemzug lang erstarren, ehe sie ungläubig aufkeuchte. Sie sah zu der Sarmaerin, die noch nicht fertig war mit ihrem verbalen Angriff. Aber auch die gegensätzliche Magie war wieder stärker spürbar, sodass ihr eigenes Element reagierte und zu tosen begann. Auf dem Boden blubberte es leise und unbemerkt.
Azuras Miene, eben noch leisen Schrecken und vor allem Unglauben gezeigt, verschloss sich und wurde kalt, abweisend, hochnäsig, als gäbe es kein Wort, das bedeutend genug wäre, um nicht an ihr abzuprallen. "Was erlaubst du dir?", zischte sie angriffslustig und spürte das Verlangen, mit einer Geste etwas von dem Regenwasser vom Boden oder gar von dem Kakao in dem Spitzendeckchen gegen Madiha zu werfen.
Ihr Gegenüber aber fuhr unerbittlich fort und sorgte damit dafür, dass ihre Augen sich verengten. Nicht einmal der Hinweis auf den Glatzkopf und dessen Folter half, dass sie den Blick abwandte. Die Worte trafen, dessen war sie sich bewusst, aber sie ließ es nicht zu, dass sie sich auch nur einen Moment lang damit beschäftigte und diese Wunden zuließ, nicht einmal ein kleines Bisschen.
Stattdessen bewahrte sie ihre Haltung demonstrativ, strahlte alles an adeliger Würde und Überlegenheit aus, zu der sie fähig war, während sie zugleich damit beschäftigt war, ihre Magie nicht übernehmen zu lassen für diese Frechheiten. "Hier stehe ich also mit meiner Hochnäsigkeit, ja? Das wirfst du mir vor und zugleich willst du...", begann sie mit viel zu ruhiger, beherrschter Stimme, die zwar leise und trotzdem absolut durchdringend war, das sie auch noch im letzten Winkel dieses Salons zu hören wäre.
Ihre kühler Blick traf nun doch den Boten. "... wollt ihr, dass ich nichts anderes tue." Sie sah zurück zu der Sarmaerin, die ihr Wohlwollen nun endgültig verspielt hatte, auch jenes, das sich zuvor das erste Mal hatte zeigen können. "Ich soll also hierbleiben und andere in die Gefahren ziehen lassen, weil meine Hilfe nicht erwünscht ist, und trotzdem mache ich auch das verkehrt. Na, was bin ich froh, dass wir das geklärt haben, dass ich es sowieso niemandem recht machen kann!" Damit wollte sie sich abwenden, am liebsten sogar den Raum verlassen, weil es ihr hier zu eng und zu ablehnend wurde.
Die Aufforderung, diesen Dienst einer einfachen Magd zu übernehmen und etwas zu trinken zu holen, ignorierte sie geflissentlich. Das hätte zwar ihre Ausrede sein können, aber... so tief wollte sie nicht auch noch sinken.
Doch ausgerechnet diesen Moment suchte Corax sich aus, um sich einzumischen und... sich nicht auf ihre Seite zu stellen. Eiskalte Finger schienen sich um ihr Herz zu schließen. Einen flüchtigen Atemzug lang konnte sie es nicht verhindern, dass die Kränkung deutlich in ihrem Blick zu lesen war, ehe sie mit sämtlicher, ihr zur Verfügung stehender Willenskraft auch dieses Gefühl tief in sich einschloss. Er also auch...
Mit allerletzter Kraft die Haltung wahrend, wandte sie sich ab und floh zu jener Nische, in der sie so viele Stunden ihres Lebens verbracht hatte. Dort musste sie sich abstützen, um nicht zu fallen, während ihr Blick blicklos durch das Fenster hinaus in den nachlassenden Regen starrte. Sie spürte, dass sie vor lauter unterdrückter Gefühle zu zittern anfing, und rang auch diese Empfindung soweit nieder, wie sie nur konnte.
Ihr Innerstes hingegen war in Aufruhr, in absolutem Aufruhr, und sie fühlte sich, als würde sie innerlich verdampfen. Sie musste hier raus, so schnell wie möglich. Wenn sie doch nur ihren weichen Knien trauen könnte, dass diese sie außer Sichtweite verlässlich tragen würden, sie würde schon jetzt wegrennen.
Was in ihrem Rücken gesprochen wurde, nahm sie lediglich am Rande wahr und auch das anfangs nicht wirklich bewusst. Zwar registrierte sie, dass ein Name fiel, aber sie konnte in diesen Momenten keinen Bezug dazu herstellen und warum dieser wichtig sein könnte. Je weiter die andere allerdings fortfuhr und je mehr Informationen sie preisgab, desto stärker kroch die Bitterkeit in ihr hoch.
Denn in ihren Augen zeichnete sich ein Muster ab, eines, das ihr Herz regelrecht zu zerquetschen drohte und ihr die Luft abschnürte. Ihre Finger krallten sich regelrecht in die Kante der Wand, weil sie Angst hatte, zusammen zu brechen und sich eine Blöße zu geben.
Auch sie hatte jemanden in Andunie gesehen, den sie im ersten Moment für Corax gehalten hatte. Auch sie hatte dem nachgehen und ihrem Raben erst später davon erzählen wollen, sobald sie etwas Handfestes wusste. Aber sie hatte ihren leiblichen Erzeuger darauf angesprochen, damit dieser etwas unternahm, während sie... wartete, die Füße still hielt, anstatt selbst etwas zu unternehmen. Nicht, weil es gefährlich gewesen wäre, sondern weil sie körperlich dazu nicht in der Verfassung gewesen war. Und nun war es die andere, die genau das herausgefunden hatte, worauf die junge Frau gehofft hatte, die diese Neuigkeit mitteilen und damit glänzen konnte. Die Corax eine Herzensfreude machen konnte.
Tränen schossen ihr in die Augen und sie biss sich die Unterlippe blutig, um nur ja keinen Mucks von sich zu geben, der ihre Gefühlswallung verraten hätte. Da wurde ihr nun also vor Augen geführt, was sie zu erwarten hatte. Ganz egal, ob sie eine gute Idee gehabt hatte oder nicht, ob sie helfen könnte oder wenigstens wollte... Was zählte es? Sie war zurück in ihren goldenen Käfig gekommen und sollte sich darin wieder einfinden, nachdem sie die Freiheit kennengelernt hatte, das brave Töchterchen miemen und sich möglichst nicht hinaus in die weite Welt wagen, damit ihr nichts passierte. Dabei zählte es nicht, dass das Warten dazu geeignet wäre, sie wahnsinnig zu machen und ihre Gedanken in alle möglichen Richtungen zu jagen. Nein, andere zogen aus, sammelten ihre Erfahrungen und sie... blieb zurück.
Als erahnte sie es, drehte sich ihr Kopf leicht und ihr Blick traf genau in jenem Moment auf Corax, als dieser sie ansah. Sein Staunen, seine Hoffnung, das schaffte es einen winzigen Moment lang, ihr Herz zu erreichen. "Glückwunsch...", wisperte sie erstickt, wenngleich ehrlich und wandte sich hastig wieder ab.
So tief sie seine Position auch getroffen und verletzt hatte, wollte sie ihm diese neue Erkenntnis nicht kaputt machen, indem sie endgültig in Tränen ausbrach. Er sollte sich freuen und neugierig sein dürfen, das wollte sie ihm nicht nehmen. Jedoch hielt sie sich ansonsten weiter raus, weil sie sich einfach nicht in der Verfassung für eine Beteiligung sah.
Umso heftiger fuhr sie zusammen, als ihre Mutter mit einem Mal eintrat und sehr deutlich zu hören gab, dass sie einiges vernommen und verstanden hatte. Wäre es Azura gut gegangen, hätte sie jetzt das Kinn recken und darauf beharren können, dass sie es schon immer gewusst hatte, dass sie es Aquila auch so hatte vermitteln wollen. Doch sie konnte es nicht, sondern war nur fähig dazu, die andere wortlos anzusehen und zu beobachten, wie sie erneut Dienstbotenaufgaben übernommen hatte.
Das schmerzte, denn ihre Mutter hatte es verdient, sich nicht länger um die Bedürfnisse anderer bemühen zu müssen. Und schon gar nicht, sich rechtfertigen zu müssen dafür, dass sie in Zeiten wie diesen weniger erlesen auftischen konnte!
Das Schlimmste für sie war allerdings der Protest, als Corax wie selbstverständlich die Arbeit wieder übernehmen wollte und zurecht gewiesen wurde. Es verpasste der jungen Frau endgültig den Rest, der etwas in ihr platzen ließ. Der Dunkelelf sollte nichts tun, weil er scheinbar als Adeliger geboren worden war, aber sein gesamtes Leben nichts davon gewusst hatte, während Aquila es geschafft hatte, sich ein Leben und einen Namen in diesen Kreisen zu machen, sich sämtliche Annehmlichkeiten wahrlich verdient hatte. So sehr sie ihren Raben auch zu lieben angefangen hatte und bereit war, es allmählich selbst zu begreifen, es war für sie eine absolute Ungerechtigkeit, dass mit einem Mal dieser Unterschied so schwer wiegen sollte.
"Ich muss hier raus!", keuchte sie und flüchtete aus dem Salon, mal wieder, ohne auf die Etikette und ihre erlernten Umgangsformen zu achten. Auch ließ sie sich nicht aufhalten, denn kaum war sie an ihrer Mutter vorbei, rannte sie nur noch, so schnell ihre zitternden Beine sie trugen.
Dass sie dabei nicht auf den Weg achtete, lag einfach an der Vertrautheit ihrer Umgebung. Azura kannte jeden Raum, wusste um jede Tür und jede Möglichkeit, sodass sie sich nur kurze Zeit später im Garten in ihrer Laube mit der Volière wiederfand, auf ihrer Lieblingsbank sitzend und die Hände im Gesicht verborgen. Der Regen hatte nachgelassen und drang kaum durch das noch immer dichte Blattwerk rund um die Ranken über ihr. Dafür flossen nun ihre Tränen ungehemmt umso stärker und schwemmten damit jegliches Gefühl scheinbar aus ihr heraus, das sie in den letzten Minuten derart mühselig in sich hatte vergraben wollen.
Bild

Benutzeravatar
Madiha Al'Sarma
Celcia-Team
Celcia-Team
Beiträge: 559
Registriert: Sonntag 14. Februar 2021, 12:04
Moderator des Spielers: Kazel
Aufenthaltsort: Hafenstadt Andunie
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch
Sprachen: Sendli
Beruf: Sklavin (ehem.)
Fähigkeiten: Durchhaltevermögen (sehr gut)
Feuermagie (rudimentär)
Schwimmen (rudimentär)
Lesen & Schreiben (rudimentär)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: Eine kleine Muschel mit Loch an einer Kette um den Hals
Tierische Begleiter: Keinen

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 11. März 2024, 13:10

Auch wenn Madiha immer wieder zurückfiel und sich nicht mehr sicher war, ob sie mehr wert war, als Sarma aus ihr gemacht hatte veränderte sie sich doch. Sie sprach aus, was sie dachte, auch wenn sie sich stets ein wenig zurückhielt. Wenn sie im Hintergrund blieb und sich meist heraushielt, es sei denn, jemand wollte explizit ihre Meinung hören. Dass Azura sie gewiss nicht darum gebeten hatte, nun ihre Gedanken laut auszusprechen, war offenkundig. Aber sie mussten gesagt werden. Madiha hatte beobachtet, wie sich die andere verhielt, hatte am eigenen Leib erfahren müssen, wie der adelige Hochmut sich anfühlte, wenn man von ihrem Spott oder ihrer Ignoranz getroffen wurde. Und Madiha war sauer. Sie war wütend auf eben jenen leiblichen Vater, den sie nun mit scharfen Worten verteidigte. Sie verteidigte nicht, weil sie Azura eines auswischen wollte, sondern, um ihr endlich begreiflich zu machen, worum es derzeit ging. Dass es nicht darum ging, Azura mundtot zu machen, sondern sie in manchen Dingen besser war als in anderen. Aber Azura missverstand. Sie missverstand und sie kramte all die adelige Arroganz hervor, die sie in sich zu finden wusste. "Was erlaubst du dir?" „Ich sage dir die Wahrheit, Azura!“, fauchte sie zurück und ließ erkennen, dass sie sich dieses Mal nicht von ihr wegbeißen lassen würde. Sie stand nicht über ihr! Madiha durfte sagen, was sie dachte. Und sie dachte viel, auch wenn das für jemanden, wie die Adelige vermutlich überraschend war.
"Hier stehe ich also mit meiner Hochnäsigkeit, ja? Das wirfst du mir vor und zugleich willst du... wollt ihr, dass ich nichts anderes tue. Ich soll also hierbleiben und andere in die Gefahren ziehen lassen, weil meine Hilfe nicht erwünscht ist, und trotzdem mache ich auch das verkehrt. Na, was bin ich froh, dass wir das geklärt haben, dass ich es sowieso niemandem recht machen kann!" Madiha starrte Azura ungläubig an. Ja, sie zuckte sogar zurück und blinzelte. Sie blickte zu Jakub, suchte nach Hilfe, weil sie nicht verstand, wie Azura nun auf diesen Pfad abbiegen konnte. Sie sah zu der Andunierin zurück und schüttelte den Kopf. Wieso drangen zu ihr nur nie die Worte durch, die man versuchte an sie zu richten? Dass Madiha die Gunst verloren hätte, die Azura ihr gnädigerweise zuteilwerden ließ, das ahnte sie nicht. Denn sie war nicht länger darauf angewiesen, sie zu erhalten. Sie starrte der Adeligen nach, die sich verbissen in ihre Nische zurückzog.

Madiha resignierte. Das Feuer verrauchte, weil es sich nicht lohnte zu kämpfen. Ihre Worte würden Azura niemals erreichen und sie würde den Kern der Aussagen stets verkennen. Madiha war eben Niemand und jemand wie Azura musste diesen Worten auch keinen tieferen Sinn beimessen. Dass Madiha versuchte ihr zu erklären, dass sie geliebt wurde und man ihr nichts wegnahm, sondern erhalten wollte, das verstand Azura nicht. Zu tief war ihr Fokus auf sich selbst, um anderen einen Platz einzuräumen. "Du bist so blind für all das...", schloss Madiha kraftlos und sank auf das hübsche Möbelstück zurück, das einst mit Liebe für Azura ausgesucht worden war. Dass Azura nicht auch Jakub ein wenig Dankbarkeit entgegnete, bekam Madiha kaum noch mit. Sie fühlte eine seltsame Resignation in sich. Als Corax sie berührte, da zuckte sie auf und erwartete schon, dass er ihr das Leid erneut nehmen wollte. Doch als der feine Sog ausblieb, betrachtete sie sein Profil, als er sich an Azura wandte: "Du hast mich gebeten, stets zu sagen, was ich will. Ich soll meine Wünsche äußern, erinnerst du dich? Ich soll dir sagen, was ich will, damit ich berücksichtigt werde ... und nicht leide. Ich will ... dass du hierbleibst. Bei mir. Wir halten zusammen die Füße still. Wir kümmern uns um deine Mutter. Eine richtige, echte Mutter." Madiha’s Mundwinkel zuckten. Dann sanken sie wieder. Sie erinnerte sich, warum sie eigentlich hier war. Und ein Seitenblick auf die die Adelige in der Nische drängte sie zur Eile. Die Worte, die Corax ihr sagte, erreichten Azura aus unerfindlichen Gründen nicht. Madiha konnte es nicht nachvollziehen. Sie dachte, dass Corax und Azura endlich ihr Glück füreinander entdeckt hatten. Warum nur zählte dann nichts, was er ihr versuchte zu sagen? Sie selbst war nicht wichtig, das war in Ordnung. Aber Corax? Seufzend verdrängte die Sarmaerin ihre Gedanken. Sie würde Azura niemals verstehen und sie wusste auch, dass es dafür keine Zeit mehr geben würde. Sie würde losziehen, ihren Vater nach Hause holen, sofern sie nicht scheiterte und vielleicht seinen Platz einnehmen müssen. Vielleicht würde sie auch ihren Tod finden, denn nach Jakub’s Beschreibungen, war die Stadt nicht dafür bekannt, jemals wieder aus ihr herauszukommen.
Madiha schob aber auch jene Gedanken beiseite. Sie weckte ihre Angst, ihren Missmut über ihre Rolle dabei. Aber sie durfte jetzt nicht in Wut verfallen. Sie wollte Corax sagen, was sie wusste. Und hoffte, dass das auch Azura’s Herz erwärmen könnte. Also konzentrierte sie sich auf Corax und blickte zu ihm. Bevor sie anfing, brauchte sie aber Gewissheit über etwas, damit er anschließend wusste, dass sie ihn nicht aufzog. „Vertraust du mi“- "Ja" Madiha’s Blick verschwamm. Sie spürte ihre Lippen beben und schloss einen Moment die Augen. Dann nickte sie und lächelte leicht, bevor sie ihre nächste Frage stellte. "Hast du nie und wirst du nie - kleine Herrin.", antwortete er hier mit einer Sicherheit, die Madiha ein wenig ihr eigenes Leid nahm, ohne, dass er magisch aktiv werden musste. Sie lächelte leicht und blickte Corax lange an. Es war erstaunlich, wie wichtig es war, dass man jemanden hatte, der etwas in einem sah. Und während sich die Umgebung ein wenig wärmer anfühlte, sich das Licht in Szene setzte und eine angenehme Umgebung schuf, da folgte Madiha dem Blick von Corax und blinzelte überrascht. Sie betrachtete Azura, die … flimmerte? Es war nur kurz und kaum richtig erkennbar, aber doch wirkte es nicht wie eine Einbildung. Jakub brummte auf, und auch Madiha kehrte mit ihrer Aufmerksamkeit zu Corax zurück.

Sie fand ihren Mut, ihm von dem zu berichten, was er wissen musste. Sie erzählte ihm alles, was sie wusste, und blickte ihn nervös und aufgeregt an, nachdem sie geendet hatte. In den roten Augen des Raben flackerte eben jene Hoffnung auf, die auch Kathar’s Blick zu neuem Leben erwachen lassen hatte. Das Herz des Mädchens hüpfte leicht und sein Anblick verdrängte für jenen Augenblick ihre dunklen Gedanken. Sie lachte sogar leicht, als Corax zu Jakub hüpfte und seine Freude ausdrückte. Dann kehrte er zu ihr zurück und ließ ihn ihre Hände greifen. Sie lächelte ihm entgegen. "Einen Vater ... der nicht wie ... wie sie ist. O-oder?" Sie schüttelte den Kopf. „Nein – einen Vater, der auf dich wartet und das seit langem!“, antwortete sie. "Ein richtiger Vater ... und ... ein Bruder? Emmyth. Aus dem Haus Faelyn ... das ... heißt..." „Fami“-, wollte MAdiha antworten, wurde aber von Aquila unterbrochen, die in den Salon kam. "Er ist von edlem Geblüt?" Die Sarmaerin runzelte die Stirn. „Er ist Teil einer Familie“, antwortete sie dagegen und betonte das letzte Wort genauer. Darum ging es ihr. Aber ja, hier in diesem Haus zählte offenkundig nur die Herkunft etwas, wenn sie von Stand war. Madiha musste auch einen edlen Namen erhalten, weil ihr eigentlicher nicht ausreichte. Das Mädchen erhob sich, als auch Corax schon auf dem Weg war, die mitgebrachten Getränke zu verteilen. "In der Eile habe ich nicht mehr zubereiten können. Ich hoffe, es wird dennoch als Akt der Höflichkeit angenommen" Madiha musterte die Hausherrin und blickte kurz zu Azura zurück. Sie schien sich nicht wohlzufühlen und kurz durchzuckte Madiha ein Gefühl der Reue. Hatte sie zu harte Worte gewählt? So hart, dass Azura sich nicht mal jetzt über die Neuigkeiten freuen konnte? Dass sie nicht mal in der Lage war, sich für ihren Raben zu freuen? Madiha musterte die andere und fand in sich nicht die Wahrheit, dass ihre Worte dazu hätten führen müssen. Sie hatte sie scharf gewählt und gewiss etwas zu feurig, aber doch nur, um ihr begreiflich zu machen, dass sie nicht zurückgehalten wurde, sondern einfach so viele um sich scharte, die sie liebten. Und dass sie das schätzen sollte, weil es etwas ganz Besonderes war… Madiha wandte den Blick von Azura ab als Aquila sich auf einmal nicht mehr von Corax bedienen lassen wollte. "Ihr nicht. Adliges Geblüt führt keine Dienstbotentätigkeiten aus." Madiha blinzelte. Auch Corax schien perplex. "Und ... was muss ich tun, um ... meinen Vater zu sehen?" Sie blickte auf Corax. Dann fand sie zurück in ihre innere Zerrissenheit. Ihr Gesicht verdunkelte sich. Sie trat auf Aquila zu und blickte der Frau direkt ins Gesicht, sobald sie ihre Aufmerksamkeit erreichte: „Lasst Euch helfen… egal woher jemand kommt oder… worin seine Wurzeln begründet liegen mögen… Gemeinsam geht es leichter, oder nicht?“, fragte die Sarmaerin an die Ältere gerichtet und nahm ihr die Tasse ab, die sie dann Corax brachte. „Ich weiß, wo das Haus steht. Es ist gar nicht weit von hier“, beantwortete sie daraufhin die Frage des Raben und kehrte zum Servierwagen zurück. Aquila konnte auffüllen, Madiha verteilte.
Dann nahm sie eine neue Tasse, ließ Aquila einschenken und reichte sie der Hausdame auffordernd. Sobald auch Aquila versorgt wäre, würde Madiha die Schale mit den Plätzchen nehmen und einer weiteren Tasse Tee und einmal die Runde machen. Corax, Aquila, Jakub und schließlich Azura, der sie Tee und Kekse anbot. Doch jene schien sich nicht mehr in der Lage zu sehen, es hier auszuhalten. “Ich muss hier raus!“, keuchte sie und floh aus dem Salon, ohne noch jemandem die Chance zu geben, sich ihrer anzunehmen. Madiha blinzelte der anderen perplex nach. Sie stand etwas unschlüssig mit der Teetasse und dem Schälchen da und wusste nicht recht wohin. Dann seufzte sie nur und stellte beides auf die Bank, wo Azura eben noch gesessen hatte.

Madiha wandte sich schließlich zurück an Corax. „Kathar wartet auf dich und…“, ihr Blick glitt zur Tür „Azura..“, murmelte sie etwas niedergeschlagen. Sie hatte geglaubt, dass Corax das gemeinsam mit ihr tun würde. „Corax?“, sagte Madiha dann entschlossen und kam zu ihm. Sie kniete sich vor ihm hin und griff seine Hände. „Corax, versprich mir bitte, dass du zu ihm gehst! Notfalls auch… allein. Ich… dein Vater ist alt, Corax und er will dich sehen und du solltest ihn sehen. Ich bitte dich! Tu das für dich! Lerne ihn kennen und … und schlag ein gänzlich neues Kapitel auf!“, sie lächelte und eine Träne schwappte ihr über. Sie betrachtete die roten Rubine einen Moment langsam und schniefte dann, während sie sich wieder aufrappelte und auf die Füße kam. „Du wirst mir fehlen…“, flüsterte sie ehrlich und erkannte nun, dass sie Corax, Jakub, Caleb und alle anderen nicht mehr wiedersehen würde. Ihr Herz wurde wieder schwer. Aber sie würde sie in dem Wissen zurücklassen, dass sie glücklich wären. Madiha betrachtete Corax und lächelte dann. „Danke, dass ich Teil deines Lebens sein durfte…“, sagte sie ihm aufrichtig. Es war ein Abschied, denn Madiha ging davon aus, dass sie das letzte Mal die Gelegenheit dazu bekommen würde. Dann blickte sie zu Aquila. „Es tut mir leid, dass ich das verursacht habe.“, meinte sie und sah zur Salontür. „Ich wollte nur, dass sie versteht, was sie… was sie alles hat…“, meinte sie leiser werdend und zuckte die Schultern. Es war missglückt. Das würde sie nicht mehr aufhalten. Dann sah sie zu Jakub, der mit seinem Tee glücklich schien. Madiha lächelte leicht darüber. „Jakub?“, fragte sie und schluckte den Kloß hinunter. „Wäre es zuviel verlangt, wenn du mich… also wenn du mir den Weg zu Caleb zeigen würdest? Ich… ich schätze, ich würde mich verlaufen. Aber… ich muss, bevor ich zu Kjetell’o gehe, noch..“; sie schaffte es kaum, es auszusprechen. Madiha’s Gemüt verdunkelte sich wieder, ohne, dass sie hätte aufhalten können. „Lebewohl sagen…“, keuchte sie und fasste sich an ihre Kehle. Allein der Gedanke schnürte sie zu. Doch dann bemühte sie sich und sah den dreien jedem noch mal ins Gesicht. „Ich wünsche euch nur das Beste…“, verabschiedete sie sich aufrichtig und würde daraufhin wohl ebenfalls den Salon verlassen.



Die Beschreibung, dass Azura flimmert ist mit Kazi als Mod abgesprochen
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Dienstag 12. März 2024, 10:10

Angesichts des wenigen an ausgestelltem Reichtum, der im Anwesen van Ikari noch zu finden war, wollte Azura ob Madihas Bemerkungen keinen Streit vom Zaun brechen. Warum auch? Die Sarmaerin staunte schließlich durchaus über das, was noch übrig war. Wie hätte sie wohl reagiert, wären die Wände nach wie vor mit schicken Portraits und Landschaftsgemälden verziert, die Kommoden besetzt mit kostbarem Porzellan, Statuetten und die kleinen Vitrinen in den langen Hausfluren versehen mit allerlei ausgestellter Handelsware, auf die Alycide van Ikari besonders stolz war? Wäre alles noch die damals, wären die Teppiche geklopft, die Vorhänge bereits von Personal zurückgezogen und ob des vielen Regens die Fenster wenigstens auf der Innenseite unnachgiebig geputzt worden. Man hätte im Haus die Kamine nicht eine Stunde lang erlöschen lassen, so dass man der wetterbedingten Kälte mit Heimeligkeit entgegengewirkt hätte. Dann gäbe es Hausdiener und -mädchen, die ihnen bereits jetzt die Wünsche zu Tee und Gebäck von den Lippen ablasen und alles reinlich hielten. Es würde kein Staub auf den obersten Regalbrettern der Bücherschränke liegen. Die Decken, die Kjetell'o genutzt hatte, wären weggeräumt und das Zimmer vorzeugbar gewesen. Ohja, dann hätte Madiha einen wahren Grund zum Staunen gehabt! And ihrem Geschmack würde sich dadurch aber nichts ändern. Natürlich nahm sie zur Kenntnis, dass Azuras Familie mehr als besser gestellt war. Selbst die van Ikaris übertrafen die van Tjenns in Bezug auf ihren Luxus wohl noch um einiges. Aber sie hatte auch Calebs Elternhaus gesehen. Dort zeichnete sich der Reichtum vor allem durch Tand aus, der an und für sich eher nostalgischen Wert besaß, aber das Heim zu einem Sammelsurium an kleinen Geschichten machte, über die eine Mutter gern erzählte, während ihr Sohn peinlich berührt neben einem Portrait aus Kindheitstagen stand. Dort wurden Figürchen und Seefahrer-Schnickschnack gesammelt, weil er persönlich gefiel und nicht weil er ins Gesamtbild einer wohlhabenden Familie passte, die den Schein nach außen wahren wollte. Dieser Unterschied bestand nun einmal und Azura musste damit leben, dass Madihas und ihr Geschmack eben unterschiedlich war.
Ja, die Adlige wollte keinen Streit vom Zaun brechen ob des eigenen Geschmacks und dem einer anderen. Warum sie es dann aus anderen Gründen tat, sollte nicht nur Madiha ein Rätsel bleiben. Sie verfiel in alte Schemata zurück, von denen ihre Mutter sie eigentlich schon mit einem Lob zu ihrer Reife freigesprochen hatte und aus denen sie sich doch eigentlich längst heraus entwickelt hatte. Woher der Rückfall nun kam, war unklar, doch er tauchte auf und war nicht nur für Madiha schwer zu begreifen. Sie aber machte ihrem Unglauben und der damit verbundenen Wut Luft, indem sie Azura offenlegte, weshalb nicht nur Kjetell'o wünschte, dass sie in Andunie zurück blieb. Aber Azura sah es nicht. Sie setzte sich Scheuklappen auf, sah lieber das, was sie sehen wollte und pickte sich beim Zuhören nur die Anteile heraus, aus denen sie ihren eigenen Gesamteindruck so zusammenschustern konnte, dass er in ihr eigenes Bild der Situation passte. Sie hörte nicht zu ... und es war leider nicht das erste Mal, dass man sie darauf aufmerksam machte. Höhere Wesen wie der Gevatter selbst oder auch eine Göttin - Ventha! - hatten versucht ihr ins Gewissen zu reden und damals war sie bemüht gewesen, an sich zu arbeiten. Auch, damit sie zurück in ihr altes Leben gelangen konnte. Sie war weiterhin bemüht gewesen, als sie glaubte, etwas an sich ändern zu müssen, um ihre alte Schönheit wiederzuerlangen. Nun war sie zurückgekehrt und mit ihr wohl auch alte Laster. Denn Azura überhörte nicht nur Madihas Einwand, dass man sie in Sicherheit wissen wollte. Sie verkannte ebenso die Sorge, die hinter Kjetell'os Forderung steckte. Der leibliche Vater würde sich selbst und auch Madiha in die Höhle des Löwen schicken, denn er hatte Aquila van Ikari ein Versprechen gegeben und Madiha war ... ja, was eigentlich? Die Sarmaerin glaubte inzwischen selbst, dass sie zum Opferlamm gemacht wurde und folglich nicht aus dieser Mission zurückkehrte. Ob Kjetell'o sie nun gegen Alycide eintauschen oder opfern wollte, blieb im Grunde unerheblich. Sie würde gehen, weil sie nicht Teil dieser Familie war. Alle anderen mussten in Sicherheit bleiben, damit Alycide eine Gattin, Tochter und potenziellen Schwiegersohn hätte, um sie wieder in die Arme zu schließen. Madiha fiel hierbei aus dem Bild und wie sich erneut zeigte, schien sie plötzlich wieder nicht mehr in Azuras Augen zu sein als eine Dienstmagd. Madiha, die junge Frau mit einem Namen, war ebenso vergessen wie Madiha van Sarma oder überhaupt einfach nur Madiha, die helfen wollte. Allein weil sie es war, die Azura auf den Kern von Kjetell'os Entscheidung und ihr undankbares Verhalten dessen gegenüber aufmerksam machte, setzte sie sich der Wut der Adligen erneut als Zielscheibe aus. Doch dieses Mal war sie nicht allein. Corax stimmte ihrer Aussage zu und erneut bekam Azura es in den falschen Hals. Sie liebte ihren Raben, sie wollte generell keinen Streit mit den Anwesenden, aber sie war der nun der Auslöser dafür.
Corax blinzelte, als Azura ob Madihas Worten nicht reflektierte, sondern direkt in einen Angriff überging. Das hatte auch nichts mit ihrer beider Magie zu tun. Sie trafen hier nicht als Konkurrenz aufeinander, zumal sich inzwischen ja auch herausgestellt hatte, dass sogar in Azura eine winzige Flamme wohnte und sie mit jener inzwischen doch recht gut zurechtkam. Ja, das Wasser schützte diesen kleinen Funken sogar! Warum ging sie Madiha dann also dermaßen an, als diese sie auf die Gefahren hinwies, die ihr Mitkommen verursachen könnte? Gefahren, die doch vermieden werden sollten, damit eine Mutter nicht in Kummer zurückblieb, ein leiblicher Vater sich auf die Rettung konzentrieren und ein Ziehvater seine Tochter nicht verlieren konnte? Sie verstand es nicht, schlug bissig mit aller Verbalität und eben jener Arroganz um sich, die Madiha an ihr erkannte und ihr den Spiegel vorhielt. Azura aber war nicht einmal bereit, dieses Spiegelbild anzuschauen. Sie interessierte nicht, was die Oberfläche ihr zeigte, sondern dass Madiha es war, die den Griff des Handgeräts hielt. Sie bemerkte nur das und auch, dass Corax ebenfalls metaphorisch seine Finger darum legte. Beide sahen klar, erkannten die Situation und sprachen sie an. Der Rabe sprang hier sogar über seinen eigenen Schatten und nannte seine Wünschte - etwas, das Azura noch von ihm verlangt hatte. Er sollte sich nicht zurückstellen. Jetzt tat er es nicht, stellte offen klar, was er über die Situation und ihren Unwillen dachte, auf den Rat anderer zu hören. Er machte genau das, was Azura im Grunde von ihm erwartet hatte. Nur weil seine eigenen Wünsche nicht den ihren entsprachen, setzte sie ihn automatisch auf eine Gegenseite. Eine, die nicht existierte. Die anderen wollten genauso wenig Streit wie sie ursprünglich. Sie zeigten ihr nur ihren Trotz und die Gefahr auf, die hinter ihrer Rebellion stünde. Madiha spickte es zwar mit Wut, aber selbst das war gerechtfertigt. Schließlich hatte Azura nicht das erste Mal in ihr einen Feind gesehen, wo keiner war. Dass sie nun aber auch Corax in diese Position einspannte und vollkommen vergaß, dass sie es war, die ihn dazu bewegt hatte und dass sie ihn eigentlich liebte - dass er sich auf diese Seite stellte, weil er sie liebte...
"Was erlaubst du dir?", zischte Azura van Ikari Madiha ohne Titel entgegen. Diese wandte den Blick Hilfe suchend zu Jakub. Der Erste Maat hatte die Stirn gerunzelt, die Arme nach wie vor verschränkt und brummte. Es klang nicht verärgert, sondern eher ... verwirrt. Corax blinzelte. Er verstand es nicht. Sie alle taten es nicht. Er erlaubte sich doch ebenfalls, das Wort zu erheben. Er nutzte nur keine eigenen Worte, da Madiha das Wesentliche bereits genannt hatte. Nämlich, dass Azura verblendet war, Kjetell'os Wunsch nicht zu entsprechen. Dass sie darin nur einen Grund sah, sie - Azura - triezen und ausschließen zu wollen, während andere auf Abenteuer loszogen? Sah sie den Ernst der Lage denn nicht? Das hier war kein Spiel! Alle bereiteten sich vor, ihr Leben zu riskieren, um es ihr Recht zu machen. Ihr! Wie Madiha schon sagte, versuchte niemand, sich ihr zum Feind zu stellen, sondern setzte lieber sich selbst Risiken aus, damit Azura wieder eine intakte Familie unter einem Dach hätte. Dass sie sich daher nicht selbst in Gefahr begeben durfte, hatte nichts damit zu tun, sie ausschließen zu wollen. Zumal sie hier ebenfalls schon Pläne gehegt hatte, mit ihrer Mutter zusammen. Ja, sie würden nun keine Informationen mehr zum Aufenthaltsort ihres Ziehvaters sammeln müssen, aber wäre es nicht sinnvoll, sich dennoch gut Kind mit den Dunklen zu machen? Denn nur weil Alycide anschließend vielleicht sicher wieder im Anwesen wäre, hieß das nicht, dass die Dunkelelfen nicht sofort erneut antanzten. Auch hier in Andunie musste man sich vorbereiten und Azura war doch schon eifrig dabei gewesen, diesen Weg zu gehen.
Warum sie nun dermaßen giftig reagierte, Madiha und auch Corax zu Feinden erklärte, weil sie sie auf der anderen Seite einer Linie sah, die sie selbst gezogen hatte, wollte niemand außer ihr verstehen. Es konnte niemand verstehen, denn weder Madiha noch Corax und nicht einmal Jakub konnten es nachvollziehen.
Jakub, der wortkarge Erste Maat, der vielleicht nicht die Etikette besaß, um mit Adligen passend umzugehen, wohl aber bereits sein Leben riskiert hatte und gezeichnet zurückgekommen war. Madiha machte auf ihn aufmerksam, eröffnete, dass man ihn gefoltert hatte und auch wenn er es wiederum herunterspielte, indem er schwieg, so machte es die Striemen auf seinem Rücken weder unsichtbar, noch ungeschehen. In Azuras Bild passte dies allerdings nicht hinein, so dass sie Jakub einfach gänzlich ausblendete und lieber in die sichere Nische ihres Salons floh, um sich zu sammeln. Sie fühlte sich zu Unrecht angegangen von Madiha und verraten von Corax. Sie fühlte etwas, das absolut irrational war, denn sie war es, die alle zu Feinden erklärte, welche ihre Ansichten nicht teilten. Sie ignorierte die Sorge hinter solchen Entscheidungen, die Positionen, die ihre Gefährten einnahmen, einzig und allein, weil es ihr nicht gefiel, zurückzubleiben. Sie wollte die Füße nicht still halten. Dass aber auch ihr Rabe hierbleiben würde und bereits offen gesagt hatte, mit ihr gemeinsam das durchzustehen - warten und auf einen guten Ausgang hoffen, statt sich ins Lebensgefahr zu begeben - auch das sah Azura nicht. Weil sie es nicht sehen wollte. Sie hatte bereits ihr altes Feindbild ausgegraben, es mit den Federn ihres Raben geschmückt und nun in dieser Haltung verbissen, weil sie keinen Schritt mehr zurückweichen konnte. Wo war die Entwicklung, wo der Grund ihrer Mutter, ihr ein Lob für ihren Werdegang auszusprechen? Wo war der Einfluss, der angeblich von Corax auf sie abgefärbt hatte?

Der Rabe, welcher sich ebenfalls ob der Dringlichkeit hinter Madihas Worten, erhoben und neben sie gestellt hatte, schaute mit traurigem Blick in die Nische. Azura erwiderte den seinen aktuell nicht. Sie schaute niemanden der Anwesenden an, suchte im Bild des Regens nach innerer Ruhe. Corax jedoch konnte nicht von ihr ablassen. Er betrachtete die Frau, die er liebte, mit schwerem Herzen. Ihr gekränkter Blick brannte sich in seine Erinnerung ein. Er versuchte zu verstehen, warum sie ihn so angesehen hatte und kontne es nicht.
"Sich die Meinung offen sagen auf die Wahrheit hinweisen zu können, um vor Schlimmerem zu bewahren, macht 'ne Freundschaft aus", brummte Jakub einfach nur und hatte wohl den Kern der Sache erkannt, weshalb Madiha und Corax überhaupt aufgestanden waren. Sogar er versuchte, die Wogen zu glätten, um Azura - auf seine Weise und mit weniger offen gezeigtem Zorn als Madiha - aufzuzeigen, dass sie hier im Irrtum lag, alles als einen persönlichen Angriff zu sehen. Aber es war zu spät, wie es schien. Die Adlige hatte jeden bereits auf der anderen Seite eines Schlachtfelds platziert, das sie selbst ins Spiel brachte. Die übrigen wollten nur verhindern, dass sie mit einem Spielbrett inmitten auf ein echtes Schlachtfeld ging. Nicht, weil irhe Fähigkeit zu spielen unerwünscht wäre, sondern damit das Brett nicht das einzige bliebe, was von ihr übrig war, sobald sich Alycide aktiv in das Spiel würde einmischen können.
"Ich liebe dich..", murmelte Corax, aber es klang nicht so voll aus Herzensüberzeugung wie sonst. Es klang traurig, wie ein Versuch, der die andere Seite daran erinnern sollte, es nicht aufzugeben wegen einer Banalität, deren Ursprung nicht wirklich vorhanden war, sondern nur hinein interpretiert wurde aus Gründen, die nur sie verstand. Aber Corax konnte es nun nicht aus vollem Herzen sagen. Azuras Blick hatte ihn getroffen. Er schaute Hilfe suchend zu Madiha. Er verstand nicht. Sie war es doch, die von ihm wünschte, dass er aussprach, was er wollte. Er hatte es ihr Versprechen müssen und sich soeben daran gehalten. Er wollte, dass sie hier blieb - bei ihm, in Sicherheit. So wie Kjetell'o wollte, dass seine Tochter sicher wäre. Dafür setzte er sein Leben und das anderer auf's Spiel.
"Du bist so blind für all das...", murmelte Madiha, denn sie resignierte. Corax machte einen halben Schritt zurück, ehe er sich wieder in den Sessel sinken ließ. Er machte einen unglücklichen und zugleich verwirrten Eindruck. War es doch falsch, genau das zu tun, was Azura von ihm wollte? Und warum hatte er sie nicht angefahren? Warum durfte er es problemlos genauso sehen wie Madiha, seine kleine Herrin es sich aber nicht erlauben, eine Azura darauf anzusprechen? Sie waren alle gleich, zumindest wenn es nahc Corax ging. Das hier war keine Diskussion, bei der der Stand zählte. Hier waren sie doch alle Verbündete! Freunde ... die versuchten, eine Freundin von einem Fehler abzuhalten. Eine Freundin, die reflektieren musste, aber sie packte das Kriegsbeil aus. Er seufzte und berührte seinen Nacken, in dem es leicht zu rascheln begann. Corax drückte die Federn platt, die sich bilden wollten.
Ehe sein Leid wachsen konnte, wand Madiha sich ihm zu. Denn auch sie war auf keiner Gegenseite, die es zu bekämpfen galt. Es handelte sich hier auch um keinen Konkurrenzkampf, wem es zuerst und besser gelang, Corax glücklich zu machen. Sie war hier, um ihm etwas mitzuteilen, dass ihn glücklich machen würde, einfach weil sie es erfahren hatte und er es hören musste. Dass sie die Überbringerin der Nachricht war, war für die Nachricht selbst unerheblich. Es war auch für Corax nicht wichtig. Er würde Madiha nicht über andere stellen, nur weil sie seinen Vater gefunden hatte. Denn das rückte in den Hintergrund. Er hatte einen ... Vater. Einen Bruder. Und Madiha hatte jemanden, der ihr vertraute. Corax' schnelle Reaktion erwärmte ihr Herz, ließ die Wut auf Azuras Verhalten etwas verrauchen. Sie war nicht für die Adlige hier und jegliche Hoffnung auf ein engeres Bündnis schienen nun wohl endgültig dahin. Sie war für den Mann hier, der zwischen ihnen stand und der für beide eine eigene Form der Liebe empfand. Derjenige, der genug in seinem Leben gelitten hatte. Jetzt war es Zeit, ihm ein wenig Glück zu schenken, sowie die Hoffnung darauf, dass er es würde ausbauen können.
Auch das konnte Azura nicht sehen. Den Kern - dass ihr Geliebter Familie besaß. Darüber hinaus war er doch jemand von adligem Geblüt, was ihre Beziehung eigentlich nur mit Vorteilen behaftet hätte. Selbst wenn sie in Pragmatismus übergeschwappt wäre, hätte sie mehr gesehen als das, was ihr eigenes Herz vergiftete. Denn sie erkannte nur, dass nicht sie es war, die Corax diese Nachricht überbrachte. So drang aus ihrem Munde lediglich ein: "Glückwunsch..." So ehrlich es gemeint war, es sorgte dafür dass Corax stutzte, anschließend auf seine Hände schaute und wartete. Als nichts weiter kam, ließ er den Kopf etwas hängen.
Jakub richtete seinen kantig harten Blick auf Azura. Er betrachtete sie lang und schien abzuwägen, ob auch er noch etwas sagen sollte. Ehe dies geschehen konnte, tauchte ein altbekanntes Gesicht auf der Bühne des Geschehens aus. Aquila van Ikra kam herein, mit einem Rollwagen bewaffnet, auf den sie Tee und das wenige Gebäck geladen hatte, das sie in der Eile hatte auftreiben können. Bevor sie sich jedoch um die Bewirtung kümmerte, merkte auch sie die neu entdeckte Tatsache an.
"Er ist von edlem Geblüt?"
"Er ist Teil einer Familie"
, erwiderte Madiha. Ein warmer, rubinroter Blick traf sie. Corax schüttelte unter einem Lächeln den Kopf, das nicht wusste, wohin mit seinem Glück. Aber er wagte noch nicht, es nach außen zu tragen. Nicht, wenn im Hintergrund Azura in ihrer Nische saß und leise Tränen weinte. "Die habe ich doch längst", erwiderte er nur und schaute erst von Madiha zu Jakub, dann über die Schulter zu Azura und blieb schließlich nach kurzem Zögern auch auf Aquila hängen. Seine Brauen bogen sich in einen fragenden Ausdruck. Die Hausherrin wirkte unentschlossen. So zog sie sich in ihren Pragmatismus zurück. "In dieser Runde mag dein Stand kaum ausschlaggebend sein ... Euer Stand." Er war es also doch ein wenig oder Aquila ihrerseits festgefahren in einer schwer anerzogenen Etikette, die sie sich beigebracht hatte, um in die Welt ihres Gatten zu passen. Sie hatte gewusst, dass sie an seiner Seite seinem Ruf nicht durch mangelnde Manieren schaden durfte und war bereit gewesen zu lernen. Sie hatte sich entwickelt, der Liebe Willen. Sie fürchtete, dass auch Corax diesen Weg würde gehen müssen, falls er es wahrlich ernst mit ihrer Tochter meinte und Azura sich nicht davon abbringen ließ, sich in einen anderen zu verlieben. "Seine Herkunft wird aber nach außen hin wichtig sein. Da ist nun ein adliger Dunkelelf verbunden mit einer menschlichen Adligen ... verbohrte dieses Standes werden nicht offen dafür sein, aber die Chancen stehen besser als wenn man sich nun bei den dunklen Betuchten mit einem ...", sie überlegte kurz, "engen Vertrauten der Feuerhexe Mortis präsentiert. Letzendlich zählt für die meisten blaues Blut vor einem hohen Rang in der Gesellschaft mehr." Es war nicht unbedingt ihre Haltung, die Aquila hier offenlegte. Vielmehr schien sie die Dinge erläutern und erklären zu wollen - für Madiha, aber auch für Corax selbst. Jener mochte adlig sein, aber hatte es offensichtlich jetzt erst erfahren. "Auf Euch kommt eine Menge Abreit zu", ließ sie ihn an ihren eigenen Erfahrungen teilhaben und ... in ihrem Blick blitzte etwas auf. Aquila sah hier Hoffnung, sich vielleicht noch an diesen Elfen gewöhnen zu können. Er bräuchte Leitung und sie könnte ihn anweisen, so einen Blick auf ihn und ihre Tochter haben. Die Situation schien ihr zunehmen zuzusagen.
Mit diesem neuen Wissen im Herzen fiel es ihr auch etwas leichter, eine Entschuldigung ob des mitgebrachten Angebots auszusprechen - eine Höflichkeitsfloskel, nur gesagt, weil sie der Etikette treu blieb. Aber sie wollte dennoch eine Gastgeberin sein und nutzte die frisch gewonnene Information, um den soeben offiziell Geadelten davon abzuhalten, sich zum Diener zu degradieren. Das war er nicht, wie niemand von ihnen. Hier traf keine Adlige auf Dienerschaft oder andere Adlige. Hier stand eine Gastgeberin, die es nicht sehen wollte, dass ihre Gäste die Arbeit von Dienstboten erledigten, die sie nicht mehr hatte. Aquila würde auftischen und ihre Würde dabei bewahren. Das hatte sie zumindest vor, aber es kam anders. Denn leider hatte auch sie sich unglücklich ausgedrückt. Unter dem Vorwand, Corax aufgrund seines Standes keinen Handgriff tun zu lassen, bewahrte sie sich vor der unwürdigen Aufgabe eines Hausdieners, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Doch Madiha schritt ein.
"Lasst Euch helfen ... egal, woher jemand kommt oder ... worin seine Wurzeln begründet liegen mögen ... Gemeinsam geht es leichter, oder nicht?" Sie musterte die Sarmaerin. Da nahm jene ihr schon die erste Tasse ab. Also gab Aquila sich geschlagen und ließ sie machen. Sie schenkte ein, Madiha verteilte und bemerkte so gar nicht, dass sie zumindest Corax wirklich einmal einen Vorgeschmack gab, wie er nun behandelt werden könnte - von anderen, von außen. Nicht von ihr. Denn hier verteilte keine Dienerin, keine Sklavin, den Tee an Höhergestellte. Hier brachte eine Freundin Getränke an Freunde. Auch bei Azura versuchte sie es, trat mit Tee und Gebäck an sie heran. Doch die Andunierin konnte nicht aus ihrer Haut.
Aquila van Ikari schaute erst jetzt zu Azura hin. Sie bemerkte den Tränenfluss und hob überrascht die Brauen. Dann wandte sie den Blick in die gesamte Runde und tatsächlich bedachte sie, vorurteilsbelastet ob der Ereignisse, Corax etwas länger als die anderen. Doch sie sagte nichts. Noch nicht. Denn Azura war schneller.
"Ich muss hier raus!", keuchte sie und floh schneller aus dem Salon als der Schatten eines Schattens. Zurück blieben nur überraschte Gesichter. "Kind...", rief Aquila ihrer Tochter noch nach, aber zu spät. Azura ließ sich nicht aufhalten und ihre Schritte verhallten bereits im Gang.

Die Hausherrin seufzte tief. Sie stützte sich kurz am Griff des Rollwagens ab, gönnte sich einen Moment der Blöße. Dann wurde ihr wieder bewusst, dass sie Gäste hatte und darunter nun auch einen adligen Dunkelelfen. Jemand, der ihre Tochter liebte und nun auch wahrlich eine Position besaß, dies tun zu können. Jemand, der in einer Verbindung mit Azura Möglichkeiten offenlegte, sich wirklich im neuen andunischen Mischadel einzugliedern. Jemand, für den auch Azuras Herz zu schlagen schien und das war für eine Mutter ausschlaggebend, die seit Tag und Jahr den passenden Kandidaten für ihr Kind gesucht hatte. Eine Mutter, die sich mit dem Stiefvater die Nächte in Rat- und Hilflosigkeit um die Ohren schlug, weil sie niemanden fanden und kein Galan gut genug für Azura war. Eine Mutter, die herzensfroh gewesen war und über den Stand des Neu-Adels hatte hinwegsehen, ja ihn sogar begrüßen können, weil Alycide und Gregor van Tjenn einander so gut verstanden. Weil der Sohn dieses Mannes offenbar ein gutherziger Geselle war, nur leider nicht so erpicht darauf, auf Tanzbällen aufzutreten. Damals schon waren erste Zweifel gekommen, ob Caleb van Tjenn die richtige Partie für die viel jüngere, damals fast noch kindliche Azura, wäre. Aber er schien die einzig passende Wahl zu sein in einem Meer aus Männern, mit dem die Tochter nur spielte und niemals in ernste Gefilde fahren wollte. Glücklicherweise ging Caleb van Tjenn verschollen, denn das hielt die van Ikaris davon ab, ihr Kind in eine Zwangsehe zu geben, die sie vielleicht nicht gewünscht hätte. Aquila und auch Alycide vertraten die Ansicht, dass eine Ehe unter Zuneigung geschlossen werden sollte. Wenn sich aber niemand fand und die Tochter immer älter, für den Heiratsmarkt eigentlich zu alt wurde, da wog man Alternativen ab. Eine unverheiratete Adlige wurde akzeptiert, wenn sie sich durch Taten einen Namen machte, anstatt durch eine Kinderschar. So hatte Alycide erste Gedanken zu einem Schicksal als Kauffrau für Azura geäußert und sich die Seekarten und Handelsbeziehungen angesehen. So hatte er die Insel Ardéris mit dem stolzen Volk der Amazonen entdeckt... Es war eine letzte Chance auf Hoffnung für jemanden, der mit zu viel Liebe zu sehr verwöhnt worden war. Nun erkannte Aquila van Ikari ihren Fehler.
"Vielleicht ... hab ich das Kompliment zu ihrer Reife zu früh ausgesprochen", murmelte sie in tiefem Bedauern. Dann fasste sie sich wieder. Ihre Haltung nahm eine geradlinige Kurve an und sie reckte den Kopf. Dies waren private Dinge, nicht geeignet für die übrigen Anwesenden. Erneut fiel ihr Blick auf Corax. Er galt wohl doch ein wenig als die Ausnahme. "Mein Kind ist nicht leicht", entschuldigte sie sich gar bei ihm. Corax schüttelte den Kopf und hatte schon wieder seinen Liebesschwur auf den Lippen, als Jakub von seiner Position an der Wand heraus fragte und so ... einen Freund gab: "Bist du sicher?"
Corax blinzelte ihn an. Der Maat richtete den Blick jedoch auf Madiha, die ihm eine Tasse Tee reichte. Sie war nicht von Stand und Adel. Sie war aber auch keine Dienstmagd, die man mit einer solchen Aufgabe betraute. Woran sie die Hausherrin erinnerte und was man im Adel nur zu schnell vergaß wie sich zeigte, das war Aufrichtigkeit. Sie war hilfsbereit. Daher verteilte sie die Tassen nicht als Sklavin, sondern als Madiha. Nur Madiha. Und es wurde dankend angenommen, von allen verbliebenen Anwesenden.

Azura hingegen hatte sich zum einzigen Ort geflüchtet, der ihr weinendes Herz vielleicht noch beruhigen konnte. Auch wenn sie fürchtete, sich mit dem zu konfrontieren, was sie innerhalb der Voliere erwarten könnte. Ihre Eltern hatten ihr zwar diesen großen Vogelkäfig für den Garten geschenkt und ebenso sie Falken darin, damit sie damit auf die Jagd gehen konnte, wohl aber beteiligten sich Alycide und Aquila nicht groß daran. Gerade ihre Mutter konnte mit den Tieren nicht umgehen, aber sie war es, die nun allein den leeren Hausstand pflegte. Die Angst, dass ihr geliebter Falke wochenlang in seinem Käfig gesessen hatte, ohne gefüttert zu werden, war real und bot eine gute Ablenkungen zu den Problemen, die Azura sich durch ihre Haltung eben noch selbst geschaffen hatte. So musste sie nicht darüber nachdenken, konnte sich dem eigenen Unglück hingeben, das sie empfand und sank im Pavillon nahe der Voliere auf einer Bank zusammen. Der Regen hatte nicht wirklich nachgelassen, war nur in einen Zustand des stetigen Nieseln übergegangen, anstatt wieder mit heftigen Tropfen vom Himmel zu prasseln. Ventha war launisch und wollte nicht von ihrer Haltung ablassen. So wie Azura nicht über ihren Schatten springen und sich Irrtümer eingestehen konnte. Stattdessen hatte sie nun auch Corax zum Teil der Verschwörung erklärt, die sich gegen sie doch offenkundig aufgebaut hatte! Jedenfalls sah sie es noch immer so und das erschwerte ihr Herz. Was aber war aus der Liebe geworden, die sie für ihren Raben empfand? Hatte sie sich durch das Ereignis geschmälert? Hegte Azura nun Zweifel? Sie allein wusste es und würde entscheiden müssen, wie sie dazu stand und welche Barrikaden sie aufrecht erhalten und welche einreißen wollte. Ihr Rabe ... er besaß nun Familie. Das Haus Faelyn sollte seine Familie sein und mit ihnen ein Elf, der ihn zum Verwechseln ähnlich gesehen hatte. Inzwischen besaß auch er einen Namen. Emmyth. Langsam sickerte dieses Wissen zu Azura durch. Ob sie sich nun damit beschäftigen wollte, musste sie ebenfalls selbst entscheiden. Fest stand, dass sie Zeit dafür hatte. Denn vorerst hockte sie hier allein im Regen. Die Voliere war leer. Glücklicherweise würde sie keinen toten Falken im Inneren des Käfigs vorfinden. Wo er jedoch steckte, war unklar. Der Regen nieselte auf das Gittergestellt herab und prasselte sanft, ebenso wie auf das Dach des Pavillons. Es wirkte fast friedlich, zugleich lud es aber auch die Einsamkeit ein, sich noch weiter in Azuras Herzen auszubreiten.

Wo die junge Adlige sich nun allein fühlte und es ihr Herz schwer machte, da wurde das von Corax mit Wärme umfangen. Das Thema war zu ihm zurückgekehrt, mit seiner neu entdeckten Familie im Fokus. Alles saßen nun auf den Sofas oder in Sesseln, von Jakub abgesehen. Er hatte seinen Platz an der Wand nicht verlassen, nippte am Kamillentee und sah ... tatsächlich zufrieden darüber aus. Selbst wenn ihm ein starker Schluck lieber gewesen wäre, ein warmes Getränk tat es bei dem Wetter auch.
"Kathar wartet auf dich und ... Azura...", richtete Madiha ihre Worte wieder an Corax. Jener ließ den letzten Bissen Gebäck sinken, legte ihn auf den Rand seiner Untertasse und stellte diese auf den Kaffeetisch. "Hab ich es falsch gemacht, kleine Herrin? Sie ... sie wollte, dass ich ihr sage, wenn ich etwas will oder nicht will. Ich ... versuch doch nur..." Es verwirrte ihn, machte ihn unsicher, dass sogar Aquila die Brauen hob. Denn so hatte sie den Dunkelelfen bisweilen nicht erlebt. Er war in seiner Art höflich, lieferte sich nur mit Azura kleinere Wortgefechte, gab sich dann wie ein gut ausgebildeter Hausdiener und hatte sogar mehr Manieren an den Tag gelegt als ihre Tochter - abgesehen von dem zügellosen Stelldichein und der Entjungferung, die ihm die Hausherrin nicht ganz verzeihen konnte. Da konnte er noch so oft betonen, wie sehr er ihr Kind liebte. Jetzt aber schienen Zweifel zu wachsen, geboren aus Unsicherheit und Verwirrung. Azura mochte nicht reflektieren, Corax schon. Er befand sich in einem stetigen Entwickungsprozess, seit er sie entführt hatte.
"Corax, versprich mir bitte, dass du zu ihm gehst! Notfalls auch ... allein. Ich ... dein Vater ist alt, Corax, und er will dich sehen und du solltest ihn sehen. Ich bitte dich! Tu das für dich! Lerne ihn kennen und ... und schlag ein gänzlich neues Kapitel auf!" Corax musterte Madiha. Er suchte offenbar Hinweise zwischen den Zeilen, fand aber keine. Madiha sagte offen, was sie bewegte, ohne Hintergedanken. Ihr war sein Wohl wichtig, weil sie Freunde waren. Sie wollte ihn glücklich sehen - um seinetwillen. Jakub hingegen sah tiefer.
"Ihr geht es nicht um dich", meinte er und zog damit alle Aufmerksamkeit auf sich. Das hatte er so wohl nicht geplant, denn er räusperte sich und nahm hastig einen tiefen Schluck Tee, um Zeit zu gewinnen. Die Blicke ließen aber nicht von ihm ab und so musste er sich erklären. Mit festem Blick konzentrierte der Glatzkopf sich ausschließlich auf Corax. Er schaute ihn an wie jemand, dem man ansehen konnte, dass er hier keinen Zwist heraufbeschwören wollte. Hier stand kein Feind. Hier stand ein Mann, der durchaus Zuneigung für den Raben empfand, sich inzwischen aber zurückhielt, weil er dessen Gefühle berücksichtigte. Aber hier stand auch ein Freund, der gewisse Dinge nicht unausgesprochen lassen konnte. "Überleg's dir gut, Spitzohr. Liebe ist weder einseitig, noch ein Konkurrenzkampf, wer dir gute Nachrichten überbringt. Liebe gestattet Freundschaften und dass man einander die Wahrheit sagt. Und Liebe sollte niemals so blind machen, dass man sich selbst verliert. Vergiss nicht, wer du bist, klar? Das kannst'e mir versprechen."
"Jakub...", murmelte Corax seinen Namen, doch der Maat winkte ab. Er stellte die Tasse auf den Rollwagen und wusste nicht so recht, ob er sich vor Aquila verbeugen oder salutieren sollte. So endete seine Geste in einer Mischung aus beidem, was reichlich albern aussah. "Majestätische Hoheit", brummte er. Aquila nahm es schweigend hin. Dan wandte Jakub sich Madiha unc Corax zu. "Ich warte am Eingang, schüttel die Regenmäntel aus oder so. Ich bring dich dann zu Calebs Haus. Der wartet sicher schon ... und du! Denk nach, Corax, aye? Beobachte udn denk nach. Das ... bin ich dir schuldig, dir das zu sagen." Er räusperte sich erneut und machte dann weniger in Flucht wie Azura den Abgang.
Aquila schaute ihm nach. "Ein seltsamer Geselle", kommentierte sie.
"Nein, er ... er hat Recht. Ich ... muss nachdenken...", gestand Corax sich ein, wirkte zutiefst erschreckt und besorgt darüber. Die ganze Situation von vorhin beschäftigte ihn jetzt mehr als zuvor. Er rieb sich den Nacken wie es Caleb oftmals tat und erinnerte mit dieser Handlung Madiha daran, wo sie ihr Weg nun hinführen würde. Auch sie musste gehen. Sie musste ... Lebewohl sagen.
"Du wirst mir fehlen..." Corax richtete den Blick auf sie, plötzlich auf andere Art und Weise erschreckt. Aber dann traf ihn die Erkenntnis. Madiha würde gehen, um Azuras Vater zu retten. Sie und Kjetell'o würden gehen, während Corax hier blieb, seine Familie kennen lernte und Azura dazu bewegen musste, die Füße still zu halten, ohne in Elend und Zorn zu vergehen. "Danke, dass ich Teil deines Lebens sein durfte..."
"Das klingt ... wie ein Abschied für immer, kleine Herrin", bemerkte er. Dann festigte sich sein Blick. In den Rubinen loderte etwas auf. Es wirbelte um sich selbst, war noch im Zwiespalt, aber bereit, ihn zu zerschlagen und eine Lösung zu finden. Corax rutschte aus dem Sessel, fiel nach vorn, dass er vor Madiha kniete. Ohne Vorwarnung zog er sie in seine Arme, drückte sie eng an sich und hielt sie fest. Und als er sich löste, hatte er er eine kleine schwarze Feder in der Hand. Sie war nicht länger als seine Finger. Er reichte sie Madiha. "Wenn du mich brauchst, wirklich brauchst ... dann verbrenn die hier. Ich weiß, dass du das kannst, kleine Herrin. Wirf sie ins Feuer und ich werde kommen." Er lächelte sie an, dass seine Augen kurz aufschillerten. Aber es löste sich nur eine Träne daraus. Er fing sie in seiner hohlen Hand auf, wo sie sich zu einer Perle formte, die in allen Farben schimmerte, sobald Licht auf ihre Oberfläche traf. "Und die hier musst du Kjetell'o geben. Das ist wichtig. Auch er braucht ein Abschiedsgeschenk. Wir bleiben Freunde. Das müssen wir bleiben, kleine H... Madiha."
Der Rabe erhob sich. Er straffte die Schultern und sah zur Tür. Er schaute sie eine Spur zu lange an, während sich ein nachdenklicher Ausdruck auf seinen Zügen breit machte. Dann blickte er zu Aquila. "Ich gehe Azura suchen. Bitte, entschuldigt mich." Sie nickte nur. "Es herrscht allgemein Aufbruchstimmung. Ich wünsche jedem den nötigen Erfolg ... und ... ihm" - sie meinte eindeutig Kjetell'o - "dass er sich an die Vereinbarung hält."
"Er wird tun, was nötig ist. Ich vertraue ihm", sagte Corax. Dann schaute er Madiha noch einmal an. "Und dir ebenso. Bring ihm die Perle, erinnere dich an die Feder. Ich lasse dich nicht im Stich, wenn du mich brauchst." Anschließend verneigte er sich vor der Adligen wie er es als Sklave oft genug getan hatte. Dann verabschiedete Corax sich, indem er noch vor Madiha den Raum verließ. Sie aber folgte alsbald, ging jedoch Richtung Haupteingang, wo Jakub schon auf sie wartete. Gemeinsam mit ihm würde sie nun den nächsten schweren Weg antreten .. zu Caleb ... und Jivvin.

Corax' Weg hingegen war nicht minder leicht. Bei jedem Schritt dachte er über Jakubs Worte nach, erinnerte sich an Madihas Hinweis, notfalls allein zu seinem Vater und Bruder zu gehen und an ihre Bitte, auf jeden Fall beide aufzusuchen. Das wollte er. Er wünschte es sich. Dann aber trieben ihn die Schritte durch das Haus. Er suchte Azura. Er schnupperte, suchte ihr Leid. Und mit jedem weiteren Raum, den er in Augenschein nahm, bemerkte er, dass er es nicht riechen konnte. Es wurde überdeckt. Corax blieb stehen. Er griff sich in den Nacken, wo ein stolzer Kragen aus schwarzen Federn sich auszubreiten versuchte. Er wusste, woher sie rührten und was ihn bewegte.
"Azura...", seufzte er. Dann keuchte er erschreckt auf und schloss seine Finger um die Federn. Unter einigem Kraftauwand, mehr aber noch unter Schmerz riss er sie sich im Bündel aus. Ein wenig Blut spritzte dabei auf eine nahe Kommode. Achtlos ließ er die Federn dort fallen. Dann atmete er tief durch ... und roch eine vertraute Note. Sie kam von draußen. Corax drückte sich den Stoff seiner noblen Weste in den Nacken, bis die Blutung gestillt war. Unter seinen Haaren würde man es nicht entdecken. Er machte sich auf den Weg.
Es regnete immer noch. Draußen war es kühl, aber dass seine Liebste hier war, das konnte er riechen. Mit dem Schnabel im Wind folgte er der Spur, mehr Hund als Rabe, und fand die Andunierin schließlich in ihrem Pavillon vor. Langsam näherte er sich, inzwischen selbst schon wieder durchnässt. Er blieb am Zugang der kleinen, weißen Gartenlaube stehen. Er betrachtete sie ... nachdenklich ... mit gemischten Gefühlen.
"Azura?", fragte er nach einer Pause, in der nur der Regen eine Geräuschkulisse bildete. "Gehen wir ... meine Familie besuchen?" Er betrachtete sie genau und er dachte an Worte, reichlich Worte, die in der letzten Stunde allesamt gefallen waren und die nun wohl einiges veränderten, für viele.

Für Madiha geht es weiter bei Das Haus der Familie van Tjenn
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Dienstag 12. März 2024, 21:42

Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie mit ihrem Vater darüber hatte diskutieren wollen, warum sie in einem verhältnismäßig bescheidenem Heim lebten. Vor allem immer dann, wenn iher sogenannten Freundinnen die ein oder andere spitze Bemerkung hatten fallen lassen. Dann hatte sie stets gefragt, warum sie nicht mehr zeigten, ob sie zu wenig Geld dafür hätten und einige andere Dinge, die in ihren Kreisen von Bedeutung zu sein schienen.
Es hatte etwas gedauert, bis sie verstanden hatte, was es mit der Zurückhaltung in der Ausstattung zu tun hatte, dass es darum ging, mit Stil und Geschmack zu zeigen, was man hatte, nicht mit einer lauten, blendenden Hülle. Und sie hatte es auch für sich angenommen, soweit sie es gekonnt hatte. Zugleich hatte es ihre Zunge geschärft und bald hatte sich in ihrem Umfeld keine andere mehr darüber lustig gemacht, dass dieses Gemälde nach nichts aussah oder jenes Nippes viel weniger glänzte. Ein Teil davon war ihnen geblieben, der andere geraubt worden. Doch am meisten schmerzte die Abwesenheit des Hausherren selbst.
Um diesen ging es auch bei dem Gespräch, das Azura derart aufwühlte. Auf der einen Seite erleichterte es sie ungemein, dass er gefunden und am Leben sein sollte, denn das gab Hoffnung, dass er bald wieder nach Hause zurückkehrern würde. Auf der anderen allerdings...
Sie verstand es nicht, eindeutig nicht. Warum durfte sie nicht mit? Wieso wollten alle ihr die Möglichkeit verwehren, mitzuhelfen? Nein, sie sollte zurück bleiben, warten, hoffen, bangen, ohne aktiv etwas zur Rettung ihres Vaters beitragen zu können. Bei den Göttern, gerade erst zuvor hatte ihre Mutter ihr eröffnet, dass ihr eine Handelsmission zu den Amazonen hätte übertragen werden sollen! Es konnte doch nicht sein, dass ihr etwas derart Verantwortungsvolles zugetraut wurde, im Gegenzug jedoch von anderer Seite nicht, dass sie bei der Befreiungsaktion mitkam.
Auch Corax war dagegen und das gab ihr den Rest, sodass sie sich endgültig zurück zog. Vorerst blieb sie zwar noch im Raum und schaffte es irgendwie, sogar zu zuhören, aber ernsthaft beteiligen konnte sie nicht mehr an dem Gespräch. Es freute sie ehrlich, dass ihr Rabe eine Familie hatte und seine Wurzeln kennenlernen könnte.
Jedoch führte ihr das auch zugleich vor Augen, dass es genau das war, was ihre Position ausmachte. Andere zogen aus, wurden aktiv und konnten bei der Rückkehr etwas vorweisen, während sie zurück blieb und zum Warten verpflichtet wurde. Dabei hatte sie in diesem Punkt etwas erreichen wollen! Hatte Corax helfen, ihm Wissen weitergeben wollen, das wichtig für ihn wäre, das ihm... das ihm gut tun könnte. Sie hatte ihm diese Freude bereiten wollen, als Dank dafür, was er alles für sie getan hatte. Diese Tat war ihr wichtig gewesen, wichtiger als Worte, nachdem sie in einer Welt aufgewachsen war, in der diese vielfach falsch sein konnten, ohne, dass der Uneingeweihte es merkte. Auf diese Weise hatte sie ihm so viel zeigen und geben wollen... und jetzt?
Gefangen in ihrem eigenen Schmerz horchte sie erst auf, als ihre Mutter eintrat. Doch auch deren Verhalten und Worte trugen nicht zur Verbesserung ihres Seelenheils bei, sodass sie schlussendlich den letzten Rest an Kraft zusammen kratzte und aus der Situation floh. Azura musste einfach raus aus dem Ganzen und suchte dabei instinktiv jenen Ort auf, der ihr der allerliebste auf dem Grund ihres Vater gewesen war.
Wie oft hatte sie hier ihre Tage verbracht, ihren Falken gefüttert, gestreichelt und ihm alles Mögliche erzählt, das für kein anderes Ohr bestimmt gewesen war? Oder mit ihrer Magie soweit gespielt, wie sie es sich traute, ohne sich danach mit ihrer Schwäche zu verraten? Jetzt hingegen war sie allein, ausschließlich umgeben von Venthas Element, und weinte sich die Augen aus in ihrer Hilflosigkeit und ihrem Schmerz.
Wie lange saß sie so da und bekam nichts um sich herum mit? Die junge Frau wusste es nicht zu sagen und es zählte für sie auch nicht. Doch irgendwann, ganz allmählich versiegten ihre Tränen und machten einer erschöpften Leere Platz. Ihre Hände sanken herab und legten sich kraftlos in ihren Schoß.
Ihr Kopf drehte sich und sie sah zu der Volière, in der Annahme, das womöglich Schreckliche in ihrem jetzigen Zustand besser verkraften zu können als zu einem anderen Zeitpunkt. Aber der Käfig war... leer. Leise und dennoch erleichtert atmete sie auf, denn dieser Anblick ließ den Glauben zu, dass ihr geliebtes Tier lediglich bei einer günstigen Gelegenheit davon geflogen wäre und irgendwo in Freiheit leben würde.
Ein Seufzen entrang sich ihrer Kehle und sie wandte trotzdem den Blick ab von dem großzügigen Käfig, hinein in den Regen und zugleich in weite Ferne. Freiheit... Was bedeutete das? Was bedeutete es für sie? Würde sie das jemals herausfinden wollen...? Schon jetzt war die Rückkehr in ihre alte Position, so kurz sie auch bisher währte, ein reiner Kampf, nachdem sie einmal aus dem Käfig der Konventionen und ihrer Rolle als Adelstochter herausgezogen worden war. Herausgezogen von...
Ein weiteres Seufzen entrang sich ihrer Kehle und ihr Kopf senkte sich, ihre Augen richteten sich auf ihre Finger. War es wirklich erst vor kurzem gewesen, als sie Corax das letzte Mal berührt hatte? Als sie dachte, es gäbe nichts mehr, das sich zwischen sie beide stellen könnte? Er hatte einfach in die Akademie gehen wollen, während sie versuchen wollte, etwas für ihren Vater zu tun, um eben nicht aufs Warten reduziert zu sein. Und jetzt...?
Ein trockenes Schluchzen kroch ihr die Kehle hoch und entkam ihr als erstickter Laut, weil ihr die Kraft zu mehr fehlte. In diesem Moment erklang ihr Name. Leicht zuckte sie zusammen und zögerte, musste erst nach dem Mut in sich suchen, um aufsehen zu können. Als es ihr gelang, wären ihr gewiss erneut die Tränen gekommen, wenn sie noch welche in sich gehabt hätte. "Warum...?", hauchte sie und krallte ihre Finger in ihren Rock, um sich zu beherrschen und nicht aufzuspringen, um erneut wegzulaufen.
"Warum darf ich nicht mit? Warum bin ich nicht gut genug, um Vater zu befreien?" Ihr Blick glitt unruhig herum und blieb kurz auf der Volière haften. "Er hat so viel für mich getan, so viel. Und ich? Was leiste ich schon? Die Füße still halten..." Geknickt sank ihr Kopf wieder nach vorn. "Ich will doch nur, dass er in Sicherheit ist... bei Mama...", gewährte sie ihm einen ungewohnt offenen, ehrlichen Einblick in ihren Schmerz und was sie dermaßen aufwühlte. Ein weiteres Mal musste sie schluchzen und hielt sich die zittrig gewordenen Finger vor den Mund, als könne sie den Laut auf diese Weise unterdrücken.
Daraufhin schloss sie die Augen und atmete mehrfach durch, bemühte sich merklich um Beherrschung. Dann stand sie auf, kraftlos hingen ihre Arme an ihren Seiten herab. Mit gesenktem Blick nickte sie. "Natürlich begleite ich dich, wenn... du es möchtest.", wisperte sie und sah unsicher zu ihm hoch, bevor sie rasch wieder zu Boden schaute.
"Ich... ich ziehe mich nur schnell um, damit... du dich nicht für meinen Anblick schämen musst." Schließlich würden sie zu einem fremden Adelshaus gehen und darin würde bestimmt dasselbe gelten wie bei jedem anderen in Andunie: der äußere Schein! Also musste sie diesem genügen, mit all jenen Mitteln, die ihr eben noch zur Verfügung standen.
"Ich beeile mich.", versicherte sie leise wie ein Hauch und wollte an ihm vorbei huschen. Oder sollte sie zuvor noch vor ihm knicksen? Nun, wo es tatsächlich so schien, als ob er aus adeligem Hause stammte, war sie sich nicht mehr ganz so sicher darin, wie sie sich ihm gegenüber benehmen sollte.
Nachdem sie endlich bereit war zu erkennen, dass und wie sehr sie ihn liebte, war er standesmäßig plötzlich ein ganz anderer. Jemand, dem wiederum sie niemals wirklich ebenbürtig sein würde, denn sie war nur dank der Heirat ihrer Mutter adelig geworden. Wie sehr würde ihn das ändern? Und wie sehr würde... es die Gefühle zwischen ihnen verändern?
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 13. März 2024, 12:32

Es war ungewöhnlich, dass Azura sich in eine Richtung entwickelt hatte, die ihren sogenannten Freundinnen besser zu Gesicht stand als ihr. Bedachte man Alycides Lebensstil und seinen Anteil, den er an ihrer Erziehung beigetragen hatte, konnte man ihre Attitüden gegenüber anderen nur schwer nachvollziehen, wenn sie diese aus diversen Gründen als niederer gestellt ansah als sich selbst. Oder wenn sie jene in eine Rolle verwies, von der ihre Gegenüber gar nichts wussten. Vielleicht war es eine Form des Selbstschutzes, wenn man sich in einem Käfig voller Hyänen mit stumpfen Zähnchen durchbeißen musste. Und dass der Adel, ganz gleich in welchem Teil Celcias, seine Raubtiere besaß, war unumstritten. Doch konnte man in diesem Fall wirklich von Freundinnen sprechen, bei denen sie jede Spitze mit einem koketten Augenaufschlag und später mit ebenso spitzer Zunge hatte kontern müssen, bis man es nicht mehr wagte, sie als Beute anzusehen? Es hatte zumindest stets funktioniert. Dass Azura sich dadurch aber selbst zur Hyäne machen ließ und bei jenen bissig wurde, auf die der Begriff Freundschaft nicht sofort in Assoziation mit Heuchelei eingesetzt werden musste, könnte noch nachhaltige Konsequenzen mit sich ziehen. Zu einem Schluss hatte es bereits geführt, auch wenn die Andunierin zuvor schon den Salon verlassen hatte: Madiha würde ihr wohl nicht mehr unter die Augen treten. Sie hatte die Sarmaerin mit ihrer stetig abwertenden Haltung endgültig verprellt. Jene war nur noch wegen Corax geblieben und nun hatte der Rabe seine Nachricht erhalten. Er besaß Familie. Für Madiha aber gab es keinen Grund mehr, länger im Haus van Ikari zu verweilen. Sie würde auf die Mission gehen, Azuras Ziehvater zu retten, zusammen mit Kjetell'o. Und sie konnte nur hoffen, dass Corax ein Auge auf die seine zickige Hälfte hatte. Jene verstand noch immer nicht, warum alle sie dazu drängen wollten, in Andunie zu bleiben. Es ging ihr nicht in den Kopf und so war sie aus der Situation geflohen und hing nun weinend ihren Gedanken in der kleinen, weißen Laube nach, die ihr oftmals inneren Frieden gebracht hatte.
Regen prasselte auf das hölzerne Dach. Sobald Ventha ihre eigenen Launen beendete und falls die van Ikaris überhaupt noch die finanziellen Mittel besaßen, würde man einen Handwerker rufen müssen, damit er das Holz noch einmal weißte. In Andunie war stet Salz in jeder Brise und jedem Regenguss. Direkt an der Küste von Kad Harat und um Sonnenmeer hin ließ sich das nicht vermeiden. Das Mineral aber gerbte jede Oberfläche, so dass gerade hölzerne Anteile der Bauten regelmäßig nachgerüstet, repariert oder ausgebessert werden mussten. Bei ihrer geliebten Voliere konnte Azura jedoch von Glück sprechen, dass das Holz an einigen Stellen morsch geworden war und so Löcher in den Käfig gerissen hatte. Nur auf diese Weise war ihr Falke wohl entkommen. Wo er stecken mochte? Sie konnte nur zu den Göttern beten, dass er sein Leben in Freiheit wenigstens genoss. Innerlich neidete sie es ihm ein bisschen, denn sie würde hier weiter in Andunie sitzen, während andere auf Abenteuer loszogen. So sah sie es und nachdem sie durch Corax' Entführung einen gehörigen Teil an Freiheit hatte entdecken dürfen, wollte sie ihn tatsächlich kaum mehr missen. Man sollte meinen, sie wäre nun glücklicher, zurück in den Luxus ihres Heimes gekommen zu sein. Selbst wenn es geplündert war und keine Dienerschaft mehr vorhanden, so ging es ihr selbst und ihrer Mutter doch gut. Gerade Aquila van Ikari zeichnete sich durch ihren Pragmatismus doch aus, sich sogar aus einem Haufen Dreck ein Leben aufzubauen. Aber würde sie es ohne Alycide schaffen? Der Hausherr war die Portion Glück gewesen, die man nun einmal über die eigene Willenskraft hinaus benötigte. Die Annahme, dass man zu Ruhm und Reichtum gelangte, wenn man sich nur genug sntrengte, war im Großteil der Fälle vollkommen falsch. Es zählten auch und vor allem Beziehungen. Aquila hatte das Glück gehabt, die beste Beziehung einzugehen, die man sich in ihrer Position vorstellen konnte. Sie hatte einen reichen Adligen gefunden, der sie obendrein noch liebte. Dank seiner Zuneigung und eben auch seines Geldes wegen war es ihr gelungen, sich in die gut betuchte Gesellschaft so einzufügen, dass man sie vollauf akzeptierte. Wenn Alycide aber fehlte, würde es ihr erneut gelingen und auch unter den Adligen der dunklen Völker?
Azura vermisste ihren Ziehvater. Zu wissen, dass er lebte und offenbar den Umständen entsprechend gut versorgt war, stellte eine enorme Erleichterung dar. Es ließ die Andunierin aber auch vergessen, welcher Aufwand bisweilen betrieben worden war, um nur diese Information an sie heranzutragen. Stattdessen sah sie lediglich eines: Sie würde es nicht sein, die loszog, um Alycide nach Hause zu holen. Nach wie vor hielt sie das ganze für ein Abenteuer und vor allem eines, dem sie sich gewachsen sah. Dass selbst Kjetell'o Risiken einging dabei und sich sehr bewusst ausschließlich für Madiha als Begleitung entschieden hatte, darüber dachte sie nicht nach. Dass er Madiha zu einem bestimmten Zweck mitnahm, darüber hatte der Elf allerdings selbst geschwiegen und so seinen Teil zu der Situation beigetragen. Letztendlich war dieser Anteil aber unerheblich. Es ging um Azuras Sicherheit und nicht darum, sie mutwillig ob ihrer Person wegen auszuschließen. Nach wie vor erkannte sie das nicht. Nicht einmal, als sie sich plötzlich nicht mehr allein in der Laube wähnte.
Corax war erschienen. Das schwarze Haar hing ihm nass ins Gesicht und tropfte auf die ebenfalls von Regen durchtränkten Schultern seiner Weste. Er sah trotz allem nobel aus. Er war nobel. Er gehörte dem Haus Faelyn an, einer dunkelelfischen Adelsfamilie, deren Wurzeln weiter zurücklagen als die der van Ikaris. Und Azura? Sie war nicht einmal eine gebürtige Adlige. Blieb sie bei ihren eigenen Ansichten, war sie es nun, die sogar unter dem Raben stünde. Er hätte nun alles Recht, sie so zu behandeln wie sie es beispielsweise mit Jakub und Madiha getan hatte: vollkommene Ignoranz und herablassende Arroganz, sobald beide den Mund aufmachten. Dabei verkannte sie, dass sowohl der Maat als auch die Sarmaerin versucht hatten, diplomatisch zu bleiben. Anfangs neutral, später dann direkt, offen und unverblümt, weil es einfach nicht in ihren Kopf hinein wollte. Beide schienen aufgegeben zu haben. Sie waren gegangen. Übrig blieb nur Corax. Er musterte Azura lange, bevor er sie überhaupt mit ihrem Namen ansprach und so aus ihrer eigenen Gedankenblase riss.
Azura zuckte zusammen und wagte es nicht, den Blick anzuheben. Das brauchte sie auch nicht, um zu wissen, dass Corax die Laube betreten hatte. Seine Stimme, ja selbst sein Gang, waren ihr schon so vertraut. Sie erkannte ihn sofort. Trotzdem drängte etwas in ihrem Inneren, aufzusehen. Sie musste ihn sehen, musste in Corax' Gesicht blicken. Sie musste wissen, wie er nun über all das dachte ... damit sie wusste, wie sie mit der Situation umgehen wollte. Doch als sie seinen Blick auffing, der eine Mischung aus Sorge und Nachdenklichkeit darstellte, blieb ihr nur eine Frage auf der Zunge liegen.
"Warum...? Warum darf ich nicht mit? Warum bin ich nicht gut genug, um Vater zu befreien?"
Es war so viel geschehen, so viel gesagt und versucht worden, aber diese Frage und diese nach wie vor irrtümliche Annahme schienen das einzige zu sein, das sie im Kern beschäftigte. Sie konnte beobachten, wie Corax etwas die Schultern hängen ließ. Er unterdrückte ein Aufstöhnen, aber konnte nicht verhindern, dass er den Blickkontakt zu ihr abbrach. Er schaute zur Seite und seufzte. "Ich bleibe doch auch zurück", sagte er nach einem kürzeren Zögern. Etwas arbeitete in ihm und er hatte bereits Dinge in die Wege geleitet. Nichts, was nicht ungeschehen gemacht werden könnte, aber er hatte eine Entscheidung getroffen und jene musste er nun abwägen.
"Ich will doch nur, dass er in Sicherheit ist ... bei Mama..."
Corax nickte langsam. "Das will ich auch - für dich. Das wünschen sich auch die anderen, für euch. Aber sie wollen auch, dass dein Vater nach Hause zu Frau und Kind kommen kann." Er gab nicht auf, noch nicht. Er versuchte es weiter. Im Gegensatz zu anderen liebte er Azura und konnte sie nicht fallenlassen, auch wenn sie bisweilen eine ganze Wagenladung an Chancen erhalten hatte. Corax gab ihr eine weitere, weil er sie liebte.
Er trat an sie heran, wartete und entschloss sich schließlich dazu, sich neben sie auf die Bank zu setzen. Den Abstand, den er nach wie vor zu ihr wahrte, blieb seiner eigenen durchnässten Kleidung geschuldet ... und es fiel ihm im Moment schwer, abzuwägen, ob sie sich ungeachtet der Nässe in seinen Armen wohl fühlen könnte.
"Du musste es so sehen", versuchte er es erneut. "Würdest du an seiner Stelle wollen, dass er allein loszieht, um dich zu retten? Würdest du wollen, dass deine Mutter sich nach Kosral begibt, wenn du dort gefangen wärst? Bereit, ihr Leben für dich zu geben? Dann kämst du nach Hause an, sicher und unverletzt ... aber sie wäre nicht mehr da." Er blickte auf seine eigenen Hände herab. Unter den Nägeln erkannte er noch ein paar rötliche Ränder, die sich langsam braun färbten. Schon kratzte er diesen Dreck fort. "Was nützt Familie, wenn man sie nicht hat?", fragte er im Anschluss, bezog es auch ein wenig auf sich selbst. Er hatte Familie. All die Jahre hatte er sie gehabt. Jahrzehnte! Aber er hatte es nicht gewusst und nun bestand die Möglichkeit, sie wiederzusehen. Er wollte es so gern, aber hier saß Azura ... mit ihren Problemen und es hatte nicht geholfen, dass Corax ihr den Wunsch erfüllt hatte, auch auf seine Bedürfnisse zu achten. Im Gegenteil. Sei hatte ihn in ihrer Gekränktheit nur mit eisigen Blicken gestraft.
Wenigstens versuchte sie es nun scheinbar, wiedergutzumachen. "Natürlich begleite ich dich, wenn ... du es möchtest." Er nickte. "Ich ... ich ziehe mich nur schnell um, damit ... du dich nicht für meinen Anblick schämen musst."
"Selbst wenn du nackt gingest, würde ich das nicht tun. Falls meine Familie dich aufgrund deines Äußeren nicht akzeptieren kann, dann ... sind sie nicht die richtige Familie für mich." Er schwieg und Azura war schon drauf und dran, an ihm vorbei zu huschen. Da erhob er noch einmal die Stimme, dieses Mal feixend: "Begleitest du mich splitterfasernackt?" Er schenkte ihr ein schwaches Lächeln und ein seichtes Aufblitzen seiner Augen. Anschließend erhob er sich selbst.
"Ich muss mich auch umziehen. Ich bin vollkommen durchnässt. Wir sollten Mäntel und Schirme mitnehmen. Das Wetter ist nicht auf unserer Seite." Corax zögerte. Er hielt Azura seine Hand hin. "Danke ... dass du mitkommen willst. Es bedeutet mir Welten." Falls Azura fürchtete, dass ihr Rabe sich aufgrund seiner neuen Stellung ihr gegenüber anders verhielt, dann irrte sie. Für ihn war es schließlich auch neu und kein Grund, sich in seiner Haltung zu verändern. Er war immer noch er selbst, vielleicht jetzt mehr als jemals zuvor. Ob sie jedoch mit diesem Selbst zurechtkäme, musste sich zeigen.
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Mittwoch 13. März 2024, 14:56

Rückblickend betrachtet, erkannte sie allmählich, dass sie unter all den adeligen Mädchen nicht wirklich echte Freundschaften gehegt hatte. Es hatte keine unter ihnen gegeben, der sie richtig hätte vertrauen können oder auch wollen. Ja, Azura war der glänzende Mittelpunkt ihrer Generation gewesen, die Galane hatten sich ebenso wie ihre Freundinnen um ihre Aufmerksamkeit bemüht und sich darin gesonnt, wenn sie es gewährt hatte. Aber in Wahrheit war sie ziemlich einsam gewesen, ohne es zu erkennen.
Ob es den anderen auch so ergangen war wie ihr? Oder hatte es an ihr selbst, ihrer eben trotz allem nichtadeligen Herkunft gelegen, dass sie auf ihrem Weg an die Spitze so viele hinter sich zurück gelassen hatte? Hätte sie es denn ausmachen können, sobald sie einen ernsthaften Ehekandidaten an ihrer Seite gehabt hätte, womöglich gar eigenen Nachwuchs? Wäre es irgendwann einer Adeligen gelungen, ihr einen Weg aus der Einsamkeit zu zeigen und zu einer echten, wahren Vertrauensperson zu werden? Oder hätte ihr Leben so oberflächlich weitergehen müssen, bis zum Schluss, eben weil sie in einer Schicht bestehen musste, in der das Echte nicht zählte, sondern höchstens als Schwäche ausgelegt wurde? Die junge Frau hatte keine Antworten darauf.
Stattdessen brach ihre eigene Unsicherheit hervor und drohte, am Schein gefährlich intensiv zu kratzen, was sie mit allen Mitteln zu verhindern versuchen musste. Auch mit dem allerletzten, der Flucht. So kam es, dass sie allein und verzweifelt auf der Bank saß, umgeben von dem beständigen Regen, der gar kein Ende mehr zu nehmen wollen schien.
Dafür versiegten ihre Tränen schneller, bis sie irgendwann ganz ruhig wurde, weil sie nichts mehr hatte, was sie noch fließen lassen konnte. Dabei glitt ihr Blick zu der Volière und sie war erleichtert darüber, ihren Vogel nicht tot dort liegen sehen zu müssen. Auf diese Weise konnte sie wenigstens daran glauben, dass zumindest er in Freiheit wäre und dort sein Leben nach eigenen Vorstellungen gestalten könnte. Vielleicht würde er auch ein Weibchen finden, das zu ihm passte.
Ein freudloses, trauriges Lächeln huschte über ihre Lippen bei dem Gedanken. Freiheit... Sie hatte nach ihrer Entführung davon kosten können und das gerne auch noch länger getan. Ob sie sich deswegen so schwer damit abfinden konnte, wieder zurück in ihre alte Position kehren zu müssen? Wieder zurück zu bleiben und zu warten, anstatt auszuziehen und selbst etwas zu bewirken? Sie wollte mehr sein als die hübsche Zierde, diejenige, die für den Erhalt der Linie zu sorgen hätte. Doch anscheinend sollte sie das nicht...
Als ihr Name erklang, wurde sie aus ihren Gedanken geholt und fand sich im nächsten Zwiespalt wieder. Auf der einen Seite wollte sie zu Corax gehen, sich in seine Arme flüchten und von ihm beschützt werden vor allem, was ihr derzeit so zu schaffen machte. Aber auf der anderen hatte auch er dafür plädiert, dass sie bleiben sollte, wo sie war.
Mit ihm ja, nur... Jetzt, wo sie wusste, dass ihr Vater gefangen war und befreit werden konnte, wie sollte sie da noch die Zeit mit ihrem Raben vertrödeln, mit ihm lachen und ihn lieben, obwohl die Gefahr noch längst nicht gebannt war? Außerdem schien sich ihr eigener Verdacht bestätigt zu haben, er war vom Blut her adelig und somit... viel mehr wert als sie. Was würde es zwischen ihnen ändern? Konnte sie ihm überhaupt noch das Wasser reichen oder hätte er noch schneller, als sie bislang befürchtet hatte, die Nase voll von ihr?
Die Angst, ihn zu verlieren, war noch größer und trotzdem... sie konnte nicht anders, die Worte mussten aus ihr heraus und nur ihm glaubte sie sich im Moment anvertrauen zu können. Er war jemand, der einem Vertrauten noch am nächsten kam, denn er war für sie inzwischen mehr als nur ein Liebhaber. Umso schlimmer wäre sein Verlust.
Unsicher sah sie zu ihm und musste erkennen, wie er seine Schultern hängen ließ. Diese Reaktion ließ ein weiteres Schluchzen ihre Kehle hochsteigen und sorgte dafür, dass sie erneut den Blick senkte. Ihre Finger verknoteten sich regelrecht ineinander, um deren Zittern zu verbergen. Seine ersten Worte ließen sie sacht nicken.
Ja, er bliebe hier, in Andunie. Könnte endlich, nach all der Zeit, seine Familie kennenlernen und hätte etwas, das ihn glücklich machen würde. Niemand, der ihn schlug oder anderweitig quälte, sondern ihm zeigte, woher er kam. Sie ließ ihre Gedanken ungesagt, als ahnte sie, dass er das falsch verstehen könnte. Oder war es lediglich ihre Furcht, die sie so eine Reaktion für möglich halten ließ?
Jedenfalls kam ihr anderes über die Lippen, den Kern dessen, was für sie, neben Corax, zählte. Hätte sie sich zuvor nicht so gründlich ausgeweint, sie wäre wohl wieder in Tränen ausgebrochen und hätte ihr Gesicht hinter ihren Händen verborgen. So jedoch blieben ihre geröteten, brennenden Augen trocken und ihre Finger schienen sich noch fester ineinander verschlingen zu wollen.
Er indes war noch nicht fertig und seine Geduld, seine Ruhe waren es, die sie viel eher erreichen konnten als eine knappe Anweisung eines Mannes, der ihr bei weitem nicht so nahe stand wie ihr Rabe. "Aber...", begann sie schwach und zum Teil auch überrascht, während sie den Blick hob und zusehen konnte, wie er sich zu ihr setzte. Unsicher suchte sie in seinem Gesicht nach einer Antwort dessen, was er damit meinen könnte.
Immerhin, er spannte sie nicht lange auf die Folter, sondern fuhr fort und wurde auf eine Weise deutlicher, dass sie ihre innere Barriere aus verwirrten Gefühle durchdringen konnte. Ihre ohnehin schon fleckige Haut ihrer Wangen rötete sich nun zusätzlich noch, während sie zum wiederholten Male den Blick senkte. "Aber... ich kann mich doch wehren. Ich bin nicht hilflos, ich...", murmelte sie und schloss seufzend die Augen.
Tief atmete sie durch, bis sie die Kraft fand, ihre Lider anzuheben und ihn erneut anzusehen. "Meine Eltern haben so viel für mich getan, mich immer ertragen und..." Sie hob ihre Schultern leicht an. "Wie kann ich hier in Sicherheit bleiben, während Vater Hilfe braucht? Ich muss doch was tun... ich will etwas für ihn tun! Verstehst du...?" Verhalten schniefte sie und wischte sich mit ihrem Ärmel die Nase in Ermangelung eines dafür bestimmten Tuchs.
Bei seiner Frage warf sie ihm einen vorsichtigen Blick zu und haderte mit sich, ob sie diesen Versuch eines Scherzes wagen sollte oder nicht. Am Ende entschied sie sich dafür und nuschelte leise:"Ich glaube, Mama ist bereit, dich zur Familie dazu zu zählen." Ein schwaches Abbild eines feinen Lächelns erschien auf ihren Lippen, einen Lidschlag lang zumindest, ehe sie es sofort wieder sein ließ, um ihm nicht Glauben zu machen, sie würde sich über ihn lustig machen. Denn das hatte sie keineswegs vor!
Allerdings erinnerte es sie beide auch an die andere Information, die sie erhalten hatten. Ungeachtet dessen, dass sie weiterhin das Bedürfnis hatte, sich vor der Welt zu verstecken und in ihren Schmerz zu verkriechen, rappelte sie sich innerlich auf, um seinem Wunsch zu entsprechen. Nicht, weil er vom Stand her über ihr stand und genau genommen durchaus berechtigt wäre nun, ihr zu befehlen. Nein, sie wollte für ihn da sein, wenn er sie brauchte.
Doch gänzlich konnte sie aus ihrer Haut am Ende auch nicht heraus. Gegen ihre verquollenen Augen könnte sie so schnell nichts tun. Aber zumindest ihre Kleidung sollte dafür sorgen, dass sie jene Position einnehmen könnte, die einer wie ihr zustand, sie wollte eine schöne Zier an seiner Seite sein. Natürlich wollte sie sich auch beeilen, um seine Geduld nicht überzustrapazieren.
Seine Worte jedoch hielten sie zurück und ließen sie erneut erröten. Fast schon ungläubig blinzelte sie. "Ich... ich will dir nicht im Weg stehen...", wisperte sie und spürte, wie ihr Herz wild in ihrer Brust pochte. Erneut drohte sie, zurück auf die Bank zu sinken, anstatt ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen und ihn nicht mehr Zeit als nötig zu kosten.
Da schaffte er es tatsächlich, mit einer simplen Frage ein schwaches Funkeln in ihre Augen zu zaubern. Ihre Augenbrauen zuckten minimal in die Höhe. "Nein.", erwiderte sie und sah verlegen auf die Seite. "Das will ich nur dir zeigen.", fuhr sie leise fort und spürte, wie ihr Gesicht einige Momente lang brannte vor Scham.
Indes erhob er sich und machte deutlich, dass er es im Moment war, der pragmatisch zu denken vermochte. Sie nickte nur.
Daraufhin hielt er ihr seine Hand einladend hin und nach einem kurzen Zögern ergriff sie seine Finger. Ihre waren kalt und etwas zittrig, seine fast schon verboten warm und stark. "Du weißt, dass ich eine Nervensäge und eine Katastrophe bin, oder?", murmelte sie und sah wieder zu ihm hoch, unsicher und dennoch auch mit einem Funken jener Gefühle, die sie für ihn hegte. "Aber ich will für dich da sein, solange du mich erträgst. Ich... ich liebe dich.", fuhr sie nicht viel lauter fort.
Auch ihre zweite Hand griff nach der seinen und von beiden umschlossen, zog sie sanft daran, um seinen Fingern einen sanften Kuss aufzuhauchen. Weil es ihr wichtig war, ihre Worte mit einer Geste zu unterstreichen, und als kleiner Dank dafür, dass er sie bisher nicht aufgegeben hatte.
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 14. März 2024, 22:41

Seit Azura erfahren hatte, dass ihr Stiefvater lebte, fühlte sie sich rastlos. Das war vor Andunies Eroberung durch die dunklen Völker nicht vorgekommen. Kaum, dass sie ihr feines Näschen in die Gesellschaft des andunischen Adels hatte tauchen können, war eher eine Trägheit mit ihr einhergegangen. Nur ihre persönlichen Vorlieben, die eigene Freizeit zu gestalten, hatten sie nicht schwergewichtig und faul gemacht. Es kam bisweilen aber gar nicht so selten vor. Man glaubte stets, jedes Blaublut müsse immer schlank und schön aussehen. Nur die gut betuchten Herren durften sich zudem Fettleibigkeit erlauben. Man sprach vom Wohlstandbauch. Eine Frau hingegen fiel mit einer fülligen Figur eher durch das Raster, wenn es darum ging, einen geeigneten Ehemann für sie zu finden. Trotzdem existierten sie, die dicken, molligen Töchter adliger ebenso dicker, molliger Väter. Sie hatten sich eben nie eine andere Beschäftigung gesucht als das Bankett auf Festivitäten zu stürmen und in ihrem Heim auf irgendeinem Divan zu sitzen, um dort Gebäck, Trauben oder mit Honig gesüßte Speisen zu verputzen. Das war niemals Azuras Lebensstil gewesen. Im Grunde war sie schon als junge Adlige rastlos und um es zu kompensieren hatte sie sich einen Falken erbettelt, war reiten gegangen oder hatte heimlich im Regen die Gegend durchstreift, während andere lieber sicher im Trockenen saßen. Sich jetzt einer dieser Beschäftigungen zu widmen oder gar ihrer neuen liebsten Tätigkeit der fleischlichen Lust erschien ihr irgendwie falsch. Sie konnte ihr Herz nicht davon lösen, dass ihr Vater in der Zwischenzeit irgendwo gefangen saß, fernab seiner Familie. Sie fühlte sich gar schuldig, wenn sie nichts unternahm. War das der Grund, der sie hatte Jakub, Corax und Madiha gegenüber so störrisch reagieren lassen? Jetzt, da sie Zeit zum Nachdenken fand, konnte sie ihr eigenes Handeln möglicherweise noch besser nachvollziehen. Ob es ihr Gebaren gegenüber jenen rechtfertige, die eigentlich ihre Verbündeten waren, blieb umstritten. Zwei von dreien hatten sich gelöst und waren gegangen. Der Dritte aber trug nach wie vor eine rosarote Brille und sah nicht, dass er nicht alles mit sich machen lassen musste. Er sah es auch deshalb nicht, weil es über Jahrzehnte seinen Alltag bestimmt hatte. Seine Bedürfnisse zählten nicht und erst Azura hatte ihn dazu gedrängt, offen über die eigenen Wünsche zu sprechen - nur um ihn in jenem Moment mit einem gekränkten Blick abzustrafen, da er es tat. Was Corax dazu trieb, trotzdem schon wieder bei ihr anzutanzen, ließ sich nicht auf rationale Weise erklären. Liebe war nicht rational, doch auch seine Gefühle ließen nicht alles an ihm abprallen. Das Glas jener rosaroten Brille hatte einen Knacks bekommen. Es würde sich zeigen, ob er damit leben konnte oder ob der Riss sich im Laufe der Zeit vergrößerte. Es hing jetzt auch von Azura ab. Zunächst war aber zumindest Corax bereit, sie noch einmal anzuhören. Außerdem versuchte er ein weiteres Mal, ihr zu erklären, dass niemand sie ausschließen wollte oder ihre Hilfe unerwünscht sei. Vielmehr hatten sich alle um ihr Wohlergehen gesorgt. Da sie es jedoch ignoriert hatte, würden zwei von dreien es nicht länger tun. Sie resignierten. Der Dritte saß neben ihr, erklärte es noch einmal, auch wenn es mühselig war und fraglich blieb, ob es endlich einmal dauerhaft auf fruchtbaren Broden traf.
Zunächst deutete nichts darauf hin. "Aber ... ich kann mich doch wehren. Ich bin nicht hilflos, ich..." "Ich weiß", unterbrach Corax sie. Er nickte und berührte dann tatsächlich ihren Körper, als er seine Hand sacht auf ihr Knie legte. "Ich weiß. Die kleine Herrin und du habt gezeigt, was ihr könnt. Ihr habt Serpentis attackiert." Nur besiegt hatten sie sie nicht. Jedenfalls nicht ohne Hilfe. Wäre Caleb nicht aus dem Hinterhalt auf die Hexe losgegangen, wer wusste schon, wie es ausgegangen wäre. "Wir können uns beide wehren", fuhr er fort. "Aber wärst du bereit, andere zu töten, um deinen Vater zu retten?" Corax wäre wohl dazu in der Lage. Er hatte seinen ersten Mord schon lange hinter sich, war abgestumpft und könnte es wieder tun. Doch selbst er hatte geweint, als er im falschen Glauben, Madiha hätte es ihm befohlen, mehrere unschuldige Dunkelelfen und Orks gerichtet hatte. Es ließ einen nicht los, wenn man ein Herz besaß. Wahrscheinlich zählte auch dies mit hinein, weshalb man Azura nicht vor die Wahl stellen wollte. Niemand konnte wissen, was sie am Zielort erwartete. Kosral ... Corax hatte sich verplappert, aber noch war nicht klar, ob Azura es mitbekommen hatte. Ihr Ziehvater war in Kosral. Die aktuelle Lage der einst zu Ruinen zerstörten und nun wieder erbauten Stadt war ihnen allen zumindest unbekannt. Jakub hätte sicher mehr erzählen können, wenn Kjetell'o ihm nicht den Mund verboten hätte. Aber auch das war bewusst entschieden worden, um ein unbedachtes Losziehen zu verhindern. Die Furcht vor dem Unbekannten konnte durchaus ausschlaggebend sein.
Azura jedoch war stur. Corax musterte sie. Er senkte den Kopf und schaute aber schnell wieder zur Seite. "Du willst es sein, der ihn rettet?", hakte er nach. Er wollte sichergehen, obwohl er bereits Dinge in die Wege geleitet hatte. Eine Anspannung befiel ihm, die er zu unterdrücken versuchte. Aber bevor er sich endgültig entschied, würde er das an Madiha abgegebene Versprechen einhalten. Er würde seine Familie wenigstens aufsuchen. Er wollte sie sehen. Einmal, vielleicht ein letztes Mal. Dann konnte er immer noch nachgeben ... für...
"Ich glaube, Mama ist bereit, dich zur Familie dazu zu zählen."
Corax keuchte amüsiert auf. Er schüttelte den Kopf, schaute Azura jedoch milde an. Er war dankbar dafür, dass sie ihn trösten und ihm Mut machen wollte. "Deine Mutter wird mich hassen", erwiderte er leise und mehr zu sich selbst gerichtet. Dann reckte er das Kinn und starrte tapfer in den Regen hinaus. "Aber ich habe die Chance, meinen Vater zu sehen. Und meinen Bruder. Einen echten Vater und einen echten Bruder... Emmyth Faelyn." Er atmete durch, lauschte dem Nachhall seiner eigenen Worte. "Das Haus Faelyn ist adlig, hat seine ruhmreichen Tage aber lange hinter sich. In Morgeria ist es ruhig darum geworden. Ich glaube, ich habe niemals jemanden von ihnen irgendwo gesehen. Die gesamte Familie lebte eher zurückgezogen. Ich weiß überhaupt nichts über sie." Und doch war er nun ein Teil von ihnen. Corax Faelyn. Dass er sich darüber hinaus bisweilen kein Stück verändert hatte, zeigte seine freche Zunge, die er nach wie vor für Azura übrig hatte. Sobald die Wogen sich auch zwischen ihnen ein Stück weit geglättet hatten, war er schon wieder zu rabiaten Scherzen aufgelegt. Azura aber würde unter keinen Umständen nackt unter die Augen seiner Familie treten. "Das will ich nur dir zeigen." Er lächelte mit diesem Leuchten im Blick, dass er nichts dagegen hätte, wenn sie sich ihm hier und jetzt noch einmal so schön und rein präsentierte. Aber Azura konnte sich unmöglich hier draußen entblößen. Sie würde sich nur wie Kjetell'o erkälten, zumal sie keine Ersatzkleidung parat hätte und letztendlich doch wieder durch den Regen müsste. Nein, es wurde Zeit, dass sie gemeinsam wieder das Anwesen aufsuchten, sich dieses Mal zügiger umkleideten und entsprechend ausstatteten, um trocken bei Corax' Familie anzukommen. Wohin er gehen musste, hatte Madiha ihm erklärt.
Azura und Corax erhoben sich beide von der Bank. Wo er aber schon zurück wollte, hielt sie ihn noch auf. Zögernd griff sie nach seiner Hand, ihre eigene kühl. Außerdem zitterte sie leicht. Corax musterte sie. "Du weiß, dass ich eine Nervensäge und eine Katastrophe bin, oder?"
"Nein", erwiderte er mit ähnlich fester Stimme wie der Druck seiner Hand an ihrer. "Weiß ich nicht. Und ich weiß auch nicht, warum du mich so finster angesehen hast ... als hätte ich dir ein Leid getan." Seine Augen engten sich nun sogar etwas. Das hatte er nicht, sonst hätte er es gerochen. Er hatte einfach nur dem zugestimmt, was Madiha gesagt hatte: die Wahrheit. So bitter sie war, Azura musste sie erkennen oder wenigstens nicht gleich jeden als Feind ansehen, der andere Ansichten besaß. Das war es, was Corax nicht verstand. "Warum hasst du jene, die mir genauso wichtig sind wie du? Die ich auf ähnliche Weise liebe?" Es schmerzte ihn, sich ständig schlecht fühlen zu müssen, weil er weder Caleb noch Madiha oder Jakub aus seinem Leben verbannen wollte. Er mochte alle drei. Sie waren seine Freunde, hatten genauso für ihn eingestanden und gekämpft wie Azura. Sie waren mit ihr auf einer Ebene. "Ich ... kann mich nicht zwischen beiden Seiten entscheiden. Diese Option gibt es für mich nicht, Azu. Ihr alle oder niemand. Ich ..." Er zögerte, schluckte leer. Vorsichtig suchte er ihren Blick. Dann schüttelte er den Kopf. "Gehen wir", meinte er und deutete zurück Richtung Anwesen. Azura würde ihm im Haus den Weg weisen müssen. Er hatte geplündert, aber wo die feine Kleidung in seiner Größe zu finden wäre, wusste er nicht. Er sah zwar in der Weste und den Sachen der einstigen Dienerschaft stilvoll und adrett aus, aber alles war klatschnass. Das musste ausgetauscht werden und auch Azura brauchte noch einmal einen Moment in der Garderobe. Ihr Haar hatte unter dem Regen am meisten gelitten und Puder würde die verweinten Augen kaschieren müssen.
"Aber ich will für dich da sein, solange du mich erträgst. Ich ... ich liebe dich." Er nickte. "Ja. Ich liebe dich auch, das weißt du. Deshalb ... ach nein! Darüber reden wir später, in Ordnung? Ich ... ich muss über ein paar Dinge nachdenken und würde vorher wirklich lieber erst meine Familie kennen lernen."

Mod-Hinweis: Azura kann erneut frei die Räumlichkeiten im Haus beschreiben und auch gern noch Kleidung finden, vielleicht in einer Kleidertruhe des Vaters ;)
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Montag 25. März 2024, 21:38

Neues von ihrem Stiefvater zu erfahren und auch noch, dass sein Aufenthaltsort bekannt war, war wichtig für sie gewesen. Gleichzeitig jedoch von allen Seiten zu hören zu bekommen, sie solle zurück bleiben, abwarten und nichts dazu beitragen wiederum war furchtbar. Denn nachdem sie nun einige Wochen lang zwangsweise damit hatte zurecht kommen müssen, mehr als ein verwöhntes, adeliges Püppchen zu sein, tat sie sich mehr als schwer damit, in ihre alte Rolle zurück zu kehren.
Zwar schaffte es Corax, soweit zu ihr durchzudringen, um ihr die Augen für eine andere Sichtweise ein bisschen zu öffnen. Auch wenn sie selbst keine Vorstellung von den Gefahren hatte, die auf sie lauern könnten, wollte sie auch aus nachvollziehbarem Eigeninteresse nicht, dass sie dabei Schaden nehmen könnte.
Allerdings wirkte es auf sie weiterhin so, dass ihre eigenen Befindlichkeiten nicht zählten und niemand zu sehen schien, wie weh ihr diese Degradierung zurück zur reinen hübschen Zierde tat. Doch sie würde jetzt auch nicht länger darüber reden wollen, denn es kam ihr sinnlos vor. Vielleicht würde sie es später noch einmal probieren, aber jetzt? Nein...
Trotzdem war das Ganze noch nicht völlig beendet und als er vom Töten sprach, zuckte sie leicht zusammen. Fest presste sie einen Moment lang die Lippen aufeinander, ehe sie die Kraft fand, ihn anzusehen mit jener herausfordernden Rebellion im Blick, die sie sonst stets präsentieren konnte. "Wozu es ja gar nicht erst kommen muss!" Im Gegensatz zu dem Funkeln in ihren Augen war ihre Stimme nur ein Hauch und offenbarte damit viel stärker, wie kraftlos sie sich in Wahrheit fühlte.
Schon senkte sie seufzend wieder ihren Blick und deutete ein Kopfschütteln an. Auch nach den vielen Erlebnissen außerhalb Andunies war sie noch viel zu weltfremd, vor allem, was das Dunkle Volk betraf, als dass sie vermutlich wirklich positiv zur Rettung ihres Stiefvaters hätte beitragen können. Was das Gefühl der Nutzlosigkeit erneut in ihr zu verstärken drohte.
In diesem Zustand traf seine Frage ihre Ohren und ließ sie aufsehen. Ein weiteres Mal drohten ihr die Tränen zu kommen, wollten sie überwältigen, wenn sie sich nicht zuvor schon gründlich die Augen ausgeweint hätte. "Er hat mir so viel Gutes getan. Ich..." Sie stockte und sah auf seine Hand auf ihrem Knie, zögerte, ob sie die ihre darauf legen sollte... durfte. Aber sie wollte diesen leichten Kontakt auch nicht abbrechen. "Ich schulde ihm so viel...", wisperte sie kaum hörbar.
Dann wischte sie sich entschieden über ihre brennenden Augen und versuchte, dieses Thema endlich etwas beiseite zu schieben. Dadurch konzentrierte sie sich auf das andere, große und gab dabei eine ehrliche Einschätzung von sich. Bei seinen Worten sah sie wieder auf und schüttelte den Kopf. "Nein, wird sie nicht.", entschied sie und glaubte wirklich, was sie da sagte.
Danach fand sie endlich den Mut, seine Hand zu ergreifen und sanft zu drücken. "Dann hast du jetzt zwei Personen, die du ausfragen kannst.", sprach sie ihm ihrerseits gut zu. Es war also beschlossen, sie würde ihn begleiten und an seiner Seite sein, solange er das wollte, damit auch er endlich mehr über seine Wurzeln herausfinden könnte.
Einen kurzen Moment lang schien es, als würde sich die Stimmung zwischen ihnen wieder lockern können, so sehr sogar, dass sie seine Hand nehmen konnte, ohne Sorge, zu weit zu gehen, und ihm ehrliche Worte zu schenken. Seine Reaktion... ließ sie innerlich leicht zurück schrecken. Ihre Finger zuckten minimal, auch wenn sie sich ihm nicht direkt entzog. Das Herz wurde ihr schwer und die Galle drohte, ihr bitter aufzusteigen.
"Hass...?", hauchte sie, deutete ein leichtes Kopfschütteln an und wandte ihrerseits den Blick ab, um in den Regen zu steigen. Hasste sie? Hass war solch ein gewaltiges Wort, eines das sie eigentlich noch nie wirklich in ihrem Leben ernsthaft angewandt hatte. Zumindest nicht in Bezug auf Personen. Wobei... sie hatte auch noch nie gedacht, jemanden tatsächlich lieben zu können. Und jetzt...?
Es erschreckte sie, was er in ihrem Verhalten sah. War sie derart furchtbar gewesen? War dieses Gefühl der Grund dafür? Oder war es...? Lautlos seufzte sie und deutete ein Kopfschütteln an.
Um statt einer Antwort etwas anderes zu betonen. Und auch hier fiel seine Reaktion anders aus, als sie es sich erhofft hatte. Es war... ernüchternd, wie sachlich er es abtat, nicht so, wie noch Stunden zuvor.
Sie biss sich auf die Zunge, mied den Blick in seine Richtung und führte ihn stattdessen zurück in das Hauptgebäude. In ihr arbeitete es, bildete sich ein unguter Knoten in ihrem Bauch und dennoch konnte sie ihre Gedanken und Gefühle nicht so recht fassen. Es waren so viele unterschiedliche, dass es sie grundsätzlich überforderte. Also versuchte sie, sich auf anderes zu konzentrieren, nämlich darauf, ihn dorthin zu führen, wo er frische, passende Kleidung finden könnte.
Dabei kam sie auch an jener Stelle vorbei, an der einige schwarze Federn liegen gelassen und in Ermangelung von Dienerschaft bisher nicht weggeräumt worden waren. Die junge Frau stockte und wandte nun doch den Blick in seine Richtung. Allerdings verließ die Frage, die ihr ins Gesicht geschrieben stand, nicht ihre Lippen. Zu groß war die Angst vor der Antwort. Somit blieb sie stumm und sah zurück zu den Federn.
Und ehe er diese wegnehmen oder sie weiterziehen konnte, griff sie danach und fischte sich eine daraus hervor, die sie an ihre Brust drückte. Was auch immer der Grund für diese Zeugen seines Leids gewesen war und sie befürchtete, dass sie erheblich daran schuld war, es war trotzdem ein Teil von ihm. Einer, den sie bei sich tragen wollte und sie wusste auch schon wie. Entsprechend würde sie diese einzelne Feder verteidigen, sollte er sie ihr abspenstig machen wollen.
Mit ihrem Fund an die Brust gedrückt, nahe ihres Herzens, führte sie Corax daraufhin weiter hinauf in den ersten Stock ihres Elternhauses. Doch im Gegensatz zu gestern bog sie nicht nach rechts zu ihrem eigenen Schlafzimmer ab, sondern nach links zum Reich ihrer Eltern. Dieses bestand aus mehreren Privaträumen, in die nur sehr wenige Fremde jemals eingeladen worden waren. Über eine kurze Galerie, von der aus man einen guten Überblick in Richtung Eingangshalle und die Salonzugänge hatte, führte der Weg zu insgesamt vier Türen. Hinter einer befand sich das Schlafzimmer und hinter einer weiteren ein kleiner, absolut intimer Salon, den sogar sie nur selten betreten hatte.
Die übrigen beiden Türen eröffneten den Weg in zwei identische, kleine Gänge, die einen zusätzlichen Puffer zu den Toilettenräumen ihrer Eltern darstellten und für Privatsphäre sorgen sollten. Die Bereich ihrer Mutter war es nicht, den sie nun ansteuerte, sondern jener ihres Stiefvaters, der in hellen Braun- und Beigetönen gehalten war.
Und obwohl sie davon überzeugt war, dass es die Hausherrin ihre Beweggründe verstehen würde, zögerte sie kurz, bevor sie nach einem tiefen Durchatmen die erste Tür öffnete. Nun führte sie ihn also in das Toilettezimmer ihres Vaters, ein an sich freundlich wirkender Raum, wenn die Sonne draußen schien und die hellen Farben strahlen ließ. Jetzt hingegen wirkten die Tapeten mit den Rankenmustern trist, als würden sie sich an den vielen Regen anpassen... oder daran, dass der eigentliche Bewohner in Gefahr schwebte und vielleicht nie wieder kommen würde.
Azura konnte nicht anders, sie blieb in der Türöffnung stehen und musste wieder einmal gegen ihre Tränen ankämpfen. Tief atmete sie durch, als ein Zittern sie durchlief. Der Griff um den Schaft der Feder wurde etwas fester und sie musste kurz die Augen schließen, um die Beherrschung zu wahren.
Dann straffte sie ihre Schultern und zwang sich dazu, weiter zu machen, ehe das lähmende Gefühl in ihrem Inneren zunehmen könnte. Sie machte zwei weitere Schritte in den Raum hinein, damit auch ihr Begleiter Platz hätte, um einzutreten. Die Möblierung war stilvoll und zusammenpassend gehalten, mit schlichten Verzierungen in dem dunkel gemaserten Holz.
Zwischen den beiden Fenstern, um das Tageslicht gut nutzen zu können, befand sich der Tisch mit der Mulde für die Porzellanschale für die Katzenwäsche. Darüber war der ovale Spiegel angebracht, dessen Rahmen einst mit Blattgold überzogen gewesen war. Nun war er zerstört, zerbrochen und teilweise entwendet, während der Spiegel selbst gesplittert war. Neben dem Tisch lagen Scherben auf dem Boden, der Rest der Wasserkanne vermutlich.
Weiter im Raum, gegenüber von der Tür, gab es eine große Truhe, deren Schloss eindeutig Spuren der Zerstörung aufwies. Im Eck war ein Teil der Tapete herunter gerissen und der Knauf der Geheimtür für den Leibdiener entfernt worden. Das Gemälde auf der angrenzenden Wand war ebenfalls Opfer der Plünderung geworden, genauso das Tischchen mit den Intarsien darin, in dem für gewöhnlich Kämme und Scheren für die Haarpflege aufbewahrt worden waren.
Links von ihnen schmiegte sich der Kachelofen in die Ecke, in dessen bräunliche Fliesen verschiedene Landschaftsszenen eingraviert worden waren. Dieser hatte kaum Schäden davon getragen auf den ersten Blick und war scheinbar zu schwer gewesen, um ihn mitzunehmen. Dafür hatte die Polsterung der kleinen Sitzgruppe in der Mitte des Raumes gelitten, war aufgeschlitzt und ausgehöhlt worden.
Leise seufzte die junge Frau bei dem Anblick und versuchte, sich zusammen zu reißen. "Das Toilettezimmer meines Vaters. Hier..." Azura schluckte schwer, um das Zittern in ihrer Stimme unter Kontrolle zuhalten. "Hier hat er sich umgezogen, wenn es sich um mehr als einfache Kleidung gehandelt hat. Also nehme ich an, dass wir hier auch etwas für dich finden können."
Damit ging sie zu der Truhe und strich mit der Hand auf Augenhöhe über die Wand, bis sie jene Stelle fand, die sich auf leichten Druck öffnete. Ja, wie sie es sich gedacht hatte beim Anblick des Schlosses, war dieses kleine Geheimfach, das auch im Toilettezimmer ihrer Mutter zu finden war, nicht entdeckt worden. Nun konnte sie den Schlüssel heraus nehmen, etwas anderes wurde darin nicht versteckt und hätte auch keinen Platz gehabt.
Sie schloss die Truhe auf und warf einen Blick hinein, ehe sie sich nickend Corax zuwandte. Prüfend wanderte ihr Blick über seine Gestalt, als würde sie nicht längst jedes Haar, jede Faser seiner Körpers kennen. Aber jetzt versuchte sie, Maß zu nehmen, und mit der Erinnerung an ihren Stiefvater zu vergleichen, um die richtige Kleidung für ihn heraus zu suchen.
Schließlich wählte sie zwei Optionen aus, von denen sie überzeugt war, dass sie ihm sowohl passen, als auch gut zu Gesicht stehen würden. Da war einmal das weiße, seidige Hemd mit den Rüschen an den Ärmelsäumen, die schwarze, elegante Kniebundhose mit dazu passenden, weißen Strümpfen, und das schwarz-rote, samtene Gilet dazu. Sie legte die einzelnen Teile über die Rückenlehne des Sofas. Danach holte sie das zweite Ensemble heraus, ein dunkelblaues Oberteil aus leichtem Leinen, zu dem sie eine hellbraune Hose und eine farblich passende Jacke legte. Diese hing sie über die Rücken- und Armlehnen des Sessels.
"Probier' an, was dir besser gefällt und entscheide, worin du dich wohler fühlst. Ich..." Ihr Blick wanderte durch den Raum, aber sie wurde nicht fündig, was sie innerlich seufzen ließ. Sie sah zu der Tür für den Leibdiener und nickte leicht. "Ich suche noch schnell ein paar Details, die dazu passen. Vielleicht finde ich auch Schuhe, aber ich fürchte, das wird nichts. Vater hatte eine andere... Größe als du, schätze ich. Wegen einem Mantel müssen wir sowieso woanders nachsehen."
Damit wollte sie durch die Geheimtür gehen und sich auf die Suche nach Manschettenknöpfen und vielleicht sogar einem Haarband oder ähnlichem machen, um ihm auch bei einer angemessenen Frisur zu helfen. Sofern sie dazu überhaupt in der Lage wäre, schließlich hatte sie das nur äußerst selten und dann allein bei sich selbst machen müssen.
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 28. März 2024, 05:40

Kommunikation war etwas, das Missverständnisse ausräumen konnte. Ebenso schuf der Mangel davon möglicherweise mehr als das. Fest stand, dass zwischen Azura und ihren Begleitern der letzten Tage und Wochen ein Kommunikationsproblem herrschte. Nach den Gründen wollte längst niemand mehr suchen. Corax schien die letzte Bastion auf dem Feld, die trotzdem noch versuchte, zu vermitteln und weiterzukämpfen, aber er stand auch auf verlorenem Posten. Er befand sich nämlich zwischen den Stühlen, konnte sich nicht für einen allein entscheiden und würde für seine Unentschlossenheit die Konsequenzen tragen müssen. Andere zogen bereits Konsequenzen daraus. Sie hatten das Anwesen verlassen, um dem Weg ihres Schicksal zu folgen, Jener von Azura hatte sie bis in den weißen Pavillon geführt, wo der Rabe sie nun gefunden und ihr noch einmal versucht hatte, die Sichtweise aller zu vermitteln. So wirklich fruchten wollte es nicht, denn auch wenn Azura ihm zuhörte und sich ein wenig für andere Perspektiven öffnete, ging sie doch eher ausweichend darauf ein. Sie war auch zu kraftlos, sich weiter mit der Thematik zu beschäftigen. Der Schaden war schließlich angerichtet und würde sich so leicht nun auch nicht beheben lassen. Außerdem bliebe sie weiterhin hier ... allein und zum Nichtstun verdammt ... mit Corax.
Sie konnte sich davon nicht lösen, kam sich nutzlos und teilnahmslos vor, weil andere ihren Ziehvater retten gehen würden und hier schien auch des Pudels Kern zu liegen. "Er hat mir so viel Gutes getan. Ich ... ich schulde ihm so viel..."
"Zum Beispiel, am Leben zu bleiben", warf ihr Rabe ein. Elfenohren waren nicht ganz gerecht. Sie hörten selbst das leiseste Murmeln. Umso mehr verdeutliche Corax hier indirekt, wie gefährlich es sein könnte, das Töten zu vermeiden, indem man sich in eine ganze Stadt mit guten Spitzohren einschleichen wollte.
Mittlerweile hatte er sich zur ihr gesetzt. Seine Hand ruhte auf ihrem Knie. Ein letzter Versuch, zu ihr durchzudringen. Es misslang. Für Azura war das Thema durch mit dem Ergebnis, dass sie trotz aller Vernunft ihren Willen nicht erhielt und nun nur zusehen konnte, dass andere handelten. Sie hatte Corax zugehört und auch versucht, die von ihm erklärte Sicht aller noch einmal zu verstehen. Es schien nach wie vor nicht geglückt, aber deshalb wollte sie sich auch nicht länger damit auseinandersetzen. Sie konzentrierte sich lieber auf eine tatsächlich schöne Nachricht in all dem konfliktreichen Drama. Eine, die sie bisweilen eher ignoriert hatte, aber sie erkannte langsam, dass es dem Mann wichtig war, der noch immer an ihrer Seite saß. Er besaß Familie. Nicht nur das, durch Corax' Adern floss adliges Blut. Er hatte einen Vater und einen Bruder, die nicht nur noch immer am Leben waren, sondern hier in Andunie vor Ort. Er könnte sie aufsuchen und wiedersehen. Sie warteten sogar auf ihn, wenn man Madihas Worten Glauben schenken konnte.
"Dann hast du jetzt zwei Personen, die du ausfragen kannst", redete die Andunierin ihrem Raben gut zu und drückte endlich seine Hand. Er erwiderte die Geste mit einem matten Lächeln. Natürlich war er froh über den Umstand. Tatsächlich konnte er es kaum erwarten, mehr herauszufinden. Vor allem, da Azura durchblicken ließ, ihn begleiten zu wollen. Es wärmte sein Herz, aber es verdrängte gewisse Sorgen nicht vollständig. Noch immer befand er sich in der Schwebe zwischen Azura und Madiha, Caleb und Jakub. Er teilte ihr mit, wie es ihm damit ging und wollte im Grunde nur eines wissen: Warum hasste sie seine Freunde so sehr. Seine Freunde ... sie warf nicht einmal ein, dass es auch ihre Freunde waren und das sagte beinahe ebenso viel aus wie ihre Reaktion.
"Hass...?" Azura löste den Blick von Corax, richtete ihn auf die Regen verhangene Umgebung und schüttelte mehrfach den Kopf. Er musterte sie, wartete geduldig ... und seufzte schließlich zusammen mit ihr aus. Schweigend aber gemeinsam kehrten sie zum Anwesen zurück. Jeder hing hierbei seinen Gedanken nach. Corax' Blick war ernst und wie in einem Tunnel geradeaus gerichtet. Hinter seiner Stirn fügten sich neue Zahnrädchen zusammen, wo alte herunterfielen. Er musste viele Dinge entscheiden und einige davon fielen ihm offensichtlich nicht leicht.
Auch Azura dachte auf dem Weg zurück über so einiges nach. Trotzdem ließ sie sich von ihrer Umgebung ablenken, wo der Rabe sie im Augenblick übersah. Ansonsten hätte er vielleicht einen anderen Weg mit ihr eingeschlagen, aber plötzlich standen sie vor dem Büschel Rabenfedern, welche er sich auf der Suche nach seiner Liebsten zuvor noch ausgerissen hatte. Sie lagen unangerührt und wahllos verstreut im Gang, die Kiele rot von seinem Blut, das inzwischen getrocknet war.
Als Corax die Federn entdeckte, weil Azura im Gehen stoppte, biss er sich auf die Unterlippe, schwieg allerdings weiterhin. Sie hingegen musterte ihn mit einer stummen Frage in ihren Zügen. Jetzt war es Corax, der auswich. Er wandte den Kopf ab und so beugte Azura sich zu den Federn herab, um eine aufzuheben. Sie fühlte sich schwerer an als sie es gewohnt war. Zu schwer, als dass man sich vorstellen konnte, damit fliegen zu können. Azura drückte sie an ihre Brust, doch das Leid, welches in dieses Kleinod gebannt war, blieb ihr verborgen. Nur Corax hatte Zugriff darauf, konnte es tragen oder umwandeln ... oder loswerden, wenn er sich die Federn anscheinend ausriss. Er hob eine Hand an seinen Nacken und zog sich dort den Kragen empor, doch Azura mochte längst das Blut an der Feder selbst bemerkt haben. Sie schwiegen beide darüber. Azura behielt diese eine Feder jedoch, hielt sie an ihr Herz und führte Corax bis zum Schlafzimmer ihrer Eltern. Die Plünderungen waren hier deutlicher. Dieser Raum und auch die Badezimmer hatten den dunkelelfischen Sturm nicht unbeschadet überstanden. Es zeigte sich, wie sehr sie von Glück sprechen konnte, dass ihr liebster Salon noch derart intakt war. Dass sie noch intakt war. Vielleicht war es ihre Rettung gewesen, von Corax entführt und nicht an Ort und Stelle getötet worden zu sein. Und das hier war Andunie, nicht Kosral...
Azura kostete es einen Moment, sich ob des Anblicks zu fassen. Was einst so viel Geborgenheit ausgestrahlt hatte, wirkte nun eher erdrückend. Die schönen Rankenmuster an den Wänden von ihres Vaters Badezimmer trübten ihr Gemüt, wo sie es früher stets aufgehellt hatten. Sie konnte sich nur an die Informationen klammern, die Jakub ihnen gegeben hatte. Ihr Vater war am Leben und es ging ihm verhältnismäßig gut. Und Corax hatte sich verplappert. Er war in Kosral untergebracht worden, der wiedergehrten Stadt, neu erstanden aus Ruinen.
Azura hingegen stand nun vor den Ruinen ihrer Erinnerungen. Sie blieb im Türrahmen stehen und betrachtete sich das Ausmaß der Zerstörung. Corax trat näher. Er schnupperte, sie konnte es hören. Dann legte er seine Hand an ihren Rücken. Nicht, um sie zu drängen, diesen Raum zu betreten. Er gab ihr die Zeit, die sie brauchte. Vielmehr war es eine Geste des Beistands. Er war da, hinter ihr. Sie war nicht allein hiermit. Die Frage blieb, ob sie es dieses Mal zu schätzen wusste oder ihn nach wie vor als Teil der Gegenseite ansah.
Azura schüttelte das lähmende Gefühl ab, ehe es sich gänzlich in ihr ausbreiten konnte. Sie straffte sich und bekämpfte es, indem sie sich all dem stellte, das ihr Innerstes zu zerrütten drohte, wenigstens hier. Mit dem Raum konnte sie es aufnehmen und so trat sie ein, gefolgt von ihrem Raben. Sie untersuchte den Zustand des Mobiliars und entdeckte, dass nicht alles hatte von den Dunklen geplündert werden können. Wer den kleinen Schlüssel zur Truhe des Raumes nicht besaß, hatte sie auch trotz massiver Gewalt nicht öffnen können. Man sollte meinen, darin befänden sich Reichtümer, aber Azura wusste es besser. Trotzdem hatte ihr Vater Wert darauf gelegt, dass seine persönliche Habe sicher verschlossen war. Auch sie wäre wohl an das Innere nicht herangekommen, hätte sie nicht den geheimen Ort des Schlüssels gekannt. Schnell holte Azura ihn aus seinem Versteck und wenig später war die Truhe damit aufgesperrt.
"Hier hat er sich umgezogen, wenn es sich um mehr als einfache Kleidung gehandelt hat. Also nehme ich an, dass wir hier auch etwas für dich finden können."
"Einfache Kleidung genügt", erwiderte Corax. "Sie muss nur trocken sein." Er war adligen Blutes, aber er war kein Adliger. Er hatte ein Leben als Sklave und in Knechtschaft geführt, als Werkzeug und Mörder für andere. Er war nie zuvor in den Genuss gekommen, die Welt von der anderen Seite aus sehen und auf andere herabblicken zu können. Trotz des Wissens um seine Wurzeln blieb er so, führte sich nicht sofort höhergestellt auf. Ob er es verlernen würde und Azura bald mit anderen Augen sah? Ob er es jetzt bereits tat?
Azuras Blick änderte sich. Sie musterte ihren Raben prüfend, wägte seine Größe und Statur ab. Ihr Stiefvater war etwas beleibter als der Rabe, aber sie wusste, dass er auch Kleidung in seiner kostbaren Truhe aufbewahrte, die ihm längst nicht mehr passte. Das war sein Vermächtnis für einen potenziellen Heiratskandidaten seiner Tochter. Er hatte seine liebsten Sachen hier in diese Truhe gelegt, um sie an einen Schwiegersohn weiterreichen zu können, weil sie für ihn von persönlichem Wert waren. Corax war nicht dieser Schwiegersohn, aber jetzt würde er einige Dinge davon tragen. Azura suchte ihm zwei Sätze Kleidung heraus. Beide waren elegant, geradezu nobel. Niemand würde anzweifeln, er wäre von blauem Blut, wenn er einen der beiden Sätze am Leib trug.
Azura legte ihm ein weßes, gerüschtes Seidenhemd bereit, dazu schwarze Hosen, die bis zum Knie reichten und die passenden, Seidenstrümpfe. Corax verzog leicht das Gesicht. "Ich ... das ist für mich?", hakte er nach. Er war nicht angewidert wie so manche Gossennatur beim Anblick von Seide für Männerwaden, aber konnte sich sichtlich nicht vorstellen, dass er derlei Mode tragen durfte. Es stand anderen zu, nicht ihm - seinem frühreren Ich nicht. Aber er war nicht länger nur noch der Rabe und Spielball von garstigen, koboldhaften Stockwesen. Er war Corax aus dem Hause Faelyn. Es stand ihm zu, sich adrett zu kleiden!
Azura legte ein schwarzrotes Gilet aus reinstem Samt dazu. Corax trat näher und strich über das Textil. Er wagte es, zog dann aber die Finger zurück und schaute zu seiner Gefährtin. "Das ist wirklich für mich?", fragte er noch einmal und schüttelte den Kopf. "Das ist doch viel zu kostbar!"
Azura ignorierte ihn. Sie hatte ja noch einen Satz herausgesucht, falls ihm der erste nicht gefiel und wieder machte ihre Rabe große Augen. Die Farben hielten sich nun eher im dunkleren Bereich, was ihn dennoch nicht minder elegant aussehen lassen würde. Azura hatte ihren Vater nie in diesen Gewändern gesehen, was seinem Wohlstandsbäuchlein geschuldet war, aber die Kombination aus Dunkelblau und hellen Brauntönen kannte sie. Alycide van Ikari gefiel es, sich in den Farben des Himmels und der Raubvögel zu zieren. Nicht umsonst hatte er Azura ihren eigenen Falken überlassen und war von ihr samt ihrem Namen so angetan. Corax mochte andere Beweggründe besitzen, entschied sich aber ebenfalls für das zweite ausgesuchte Set.
Während er sich die hellbraune Hose, das dunkelblaue Leinenoberteil und die zu beiden Stücken passende Jacke anlegte, huschte Azura in die Kammern der Dienerschaft. Dort fand sie, was im Toilettenzimmer ihres Ziehvaters längst fehlte. Mit Manschettenknöpfen und einem dunkelblauen Haarband kehrte sie zurück und fand ihren Raben gut eingekleidet vor. Er versuchte gerade, die Ärmel des Hemdes daran zu hindern, dass sie ihm immer wieder über die Finger herabrutschten, aber da kamen die Knöpfe gerade recht. Sie würden den Stoff am Handgelenk zurückhalten und darüber hinaus den passenden Blickfang bieten, um Corax noch eleganter wirken zu lassen. Er sah tatsächlich enorm schick aus, auch wenn Azura noch ein anderes Bild von ihm kannte. Aber eine Rüstung mit einem Umhang aus Federn konnte sie ihm nun nicht herbeizaubern, zumal er damit vermutlich eher bedrohlich gewirkt hätte. Doch das Bild aus ihrem Traum würde sie nicht so schnell vergessen. Es allein war in der Lage, ihren Schoß leicht ziepen zu lassen, um sie daran zu erinnern, was dieser Mann alles mit ihr anstellen konnte.
"Wozu das Band?", fragte Corax und nickte auf den blauen Wickel in ihren Händen, als wäre es nicht offensichtlich. Bis zum Hals war er nun wirklich wie ein andunischer Adliger gekleidet. Blau und braun standen ihm, auch wenn das Rot des anderen Kleidersatzes seine Augen besser zur Geltung gebracht hätte. Doch die Frisur wirkte nach wie vor wie das zerrupfte Nest einer Nebelkrähe. Ein Haarband allein reichte nicht. Azura würde die Zotteln erst einmal ordentlich durchkämmen, vielleicht sogar ein wenig stutzen müssen. Im Toilettenzimmer ihres Ziehvaters wäre das nicht zu machen, aber in dem ihrer Mutter gäbe es alles, was dafür notwendig wäre. Oder auch in ihrem eigenen Schlafzimmer, doch das lag nun zu weit weg. Schere, Kamm und Bürste würden sich auch hier finden lassen. Sie müsste ihren Raben nur noch davon überzeugen, dass er oberhalb des Halses nicht wie ein gerupftes Huhn herumlaufen konnte. Nicht, wenn er kurz davor stand, seinem Vater und Bruder unter die Augen zu treten. Im Anschluss könnten sie nach geeigneter Kleidung zum Überwerfen und einem Schirm suchen, damit all die Mühe jetzt nicht umsonst wäre. Aber Azura durfte auch sich nicht vergessen. Auch sie würde sich elegant genug einkleiden müssen, um an der Seite eines Adligen Faelyns stehen zu können.
Bild

Benutzeravatar
Azura
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 423
Registriert: Freitag 15. April 2011, 20:33
Moderator des Spielers: Kazel Tenebrée
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch/Elf
Sprachen: Garmisch
Sendli
Beruf: adelige Tochter
Fähigkeiten: Lesen und schreiben
sich präsentieren
Wassermagie unausgebildet/ungefördert
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: das, was sie am Leib trägt
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Azura » Freitag 29. März 2024, 22:34

Hätte der Erste Maat, hätte Jakub andere Worte gewählt, um ihr verständlich zu machen, dass sie nicht auf diese durchaus gefährliche Mission mitkommen sollte, damit sie in Sicherheit bliebe, hätte es womöglich dieses ganze Drama mit all seinen Folgen nicht gegeben. Hätte er es ähnlich wie Corax formuliert, hätte sie womöglich zugehört, ernsthaft zugehört. So jedoch...
Nein, es war zu spät, der Schaden war angerichtet, bei jeder der beteiligten Parteien. Die Gruppe, die so unverhofft zusammengewürfelt worden war, war getrennt und ob sie jemals wieder zusammen finden würden, äußerst fraglich. Aber es waren nicht nur die Sarmaerin und deren männlichen Begleiter vom Schiff, die weg waren.
Auch ihr Erzeuger würde gehen, wenn sie das trotz allem richtig verstanden hatte. Und ob er zurückkehren würde... Dabei hatte sie eigentlich mit ihm reden, ihm einen Gedanken mitteilen wollen, der ihnen ein Kennenlernen hätte ermöglichen können! Doch auch diese Gelegenheit schien in unerreichbare Ferne gerückt.
Im Gegensatz zu dem einzigen ihrer einstigen Reisegefährten, dem Verursacher eigentlich, der ihr gefolgt war und sich zu ihr gesetzt hatte. Er war noch hier, hatte sie nicht verlassen. Wann würde er das nachholen? Lautlos seufzte sie und wollte es lieber nicht so genau wissen, denn das würde ihren Schmerz nur noch mehr vergrößern.
Somit griff sie zu einer Methode zum Selbstschutz, die sie in all den Jahren stets erfolgreich hatte anwenden können. Sie verdrängte und widmete sich anderen, angenehmeren Themen. Die wiedergefundene Familie ihres Raben war so eines, auch wenn hier ebenfalls die Gefahr unter der Oberfläche loderte und ihr vor Augen führen wollte, wie nutzlos ihr eigener Versuch gewesen war, Informationen darüber zu erlangen.
Allerdings konnte sie das ebenfalls verdrängen und sich stattdessen darauf konzentrieren, was nun vordergründig wichtig war. Corax neu einkleiden und seinem Wunsch entsprechen, ihn zu begleiten. Somit führte sie ihn zurück ins Hauptgebäude, in Richtung der Räume ihrer Eltern.
Unterwegs jedoch machte sie eine Entdeckung, die ihr das Herz schwer werden ließ. Die Federn, die unverkennbar von ihm stammten, waren einfach nicht zu übersehen. Fragend sah sie zu ihm hin, brachte aber kein Wort über ihre Lippen, erst recht nicht, als er den Blick abwandte. Schwer schluckte sie und zwang sich, ihn nicht zu bedrängen. Ohnehin ahnte sie oder glaubte es zumindest, dass sie schuld daran war und das machte es ihr noch mühsamer, sich selbst zu beherrschen.
Also würgte sie im Stillen an ihrem hochkriechenden Schluchzen und hob eine der Federn auf. Dabei entdeckte sie die Blutspuren und fühlte, wie ihr beinahe schon schlecht vor Kummer zu werden drohte. Umso entschlossener drückte sie die Feder an ihre Brust und würde sie freiwillig nicht mehr hergeben.
Nach dieser kleinen Unterbrechung führte sie ihn weiter jenen Weg, den sie gewählt hatte. Zwar glaubte sie sich gewappnet für den Anblick, der sie erwarten würde, doch es stellte sich heraus, dass sie es nicht war. Während ihr eigenes Zimmer relativ unbeschadet wirkte und auch die Verluste im unteren Teil des Hauses erträglich waren, hier schnitten sie ihr direkt ins Herz. Wobei die Zerstörung sich in Grenzen hielt und nichts dabei war, was sich nicht genauso kostbar ersetzen lassen würde. Das war es nicht, das sie zögern und ihre Augen erneut brennen ließ.
Nein, es war diese Verknüpfung mit dem Wissen, dass auch ihr Vater nicht mehr hier war. Angeblich ging es ihm den Umständen entsprechend gut, er lebte und es gab eine Chance darauf, dass er zurückkehren würde. Im Moment allerdings war er genauso geraubt wie seine Utensilien für seine tägliche Pflege.
Während ihr Blick durch den Raum vor ihr glitt und sie stumm litt, legte sich eine Hand auf ihren Rücken. Diese unvermittelte Berührung ließ sie leicht zusammen zucken, hatte sie für ganz kurze Zeit alles um sich herum vergessen.
Dann jedoch drehte ihr Kopf sich leicht und sie lehnte sich minimal dagegen, als Zeichen, dass sie wegen dieser Plünderung ihre Meinung zu seiner Nähe änderte. Dennoch brauchte sie noch ein paar Atemzüge, bis sie die Kraft fand, weiter zu machen. Sie hob die Feder, hauchte ihr einen Kuss auf, ehe sie entschlossen eintrat und sich ans Werk machte. Dabei steckte sie den Kiel so an ihrem Ausschnitt fest, dass sie ihr Mitbringsel nicht verlieren würde und trotzdem ihre Hände frei hätte.
Viel wusste sie nicht über diesen Raum, dieses äußerst private Zimmer, aber es war analog zu jenem ihrer Mutter aufgebaut und dieses hatte sie sehr oft besucht, vor allem, als sie noch klein war. Auf diese Weise konnte sie den Schlüssel relativ zielsicher finden und damit jene Truhe aufsperren, die nicht hatte ausgeraubt werden können.
Kurz erklärte sie Corax, warum sie hier waren. Seine Erwiderung ließ ein kleines Lächeln über ihre Lippen huschen, während sie den Deckel hochwuchtete. "Keine Sorge...", begann sie mit einem prüfenden Blick hinein, bevor sie über die Schulter von unten zu ihm hochsah. "... ich versuche, mich bei der Stückanzahl für dich zu beschränken."
Danach musterte sie ihn auf jene Art, die ihr selbst beigebracht worden war vor dem Spiegel, um einzuschätzen, was ihr stand und was nicht, um unabhängiger von Schneidern zu sein, die oftmals zu sehr auf das eigene Geschäft bedacht gewesen waren. Als sie sich recht sicher war, suchte sie zielstrebig nach dem ersten Ensemble, um es über die Lehne des Sofas legen zu können. Es waren schöne Stücke, altmodisch zwar, aber von hervorragender Qualität und farblich passend zu seinen Augen als auch seiner Haut und seinen Haaren.
Seine Reaktion entlockte ihr ein weiteres, leichtes Lächeln, denn trotz ihres eigenen Gemütszustandes fand sie sein Staunen irgendwie... niedlich. "So...", seufzte sie am Schluss, als auch das zweite Set zur Begutachtung bereit lag, und sah ihn kurz an. "Ja, das hier ist für dich. Aber wenn es dir nicht gefällt, vielleicht passt es mir und dann gehen wir rüber zu Mamas Truhe und suchen dort nach einem hübschen Kleid. Sie hatte eine Phase, in der sie viele Rüschen und Schleifen bevorzugt hat, oftmals in sanften Pastellfarben. Bestimmt finden wir da noch etwas davon.", versuchte sie, die Spannung zwischen ihnen mit einer kleinen Neckerei abzubauen. Ob es ihr gelang, bezweifelte sie, aber trotzdem war es einen Versuch wert.
Allerdings trat sie auch zurück und überließ ihm die Entscheidung, beobachtete und strich dabei unbewusst sanft über die Feder. Als Corax damit begann, sich für die zweite Kombination zu entscheiden, deutete sie ein Nicken an und ließ ihn kurz allein, um ein passendes Band und die dazugehörigen Manschettenknöpfe zu suchen. Das war nicht ganz so leicht, wie in der Truhe fündig zu werden, weil die Teile kleiner und zahlreicher waren, aber am Ende kam sie mit einer zufriedenstellenden Ausbeute zurück.
Als sie ihren Raben sah, blieb sie einen Moment lang stehen. Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte einen Knicks gemacht bei dieser Erscheinung, als wären sie auf einem Ball einander soeben erst vorgestellt worden. Er sah... gut aus, viel zu gut und zu nobel, gar nicht mehr so wie ihr gefährlicher, dunkler Prinz, der sie verdarb und zu jeglicher Schandtat bringen konnte. Neben ihm kam sie sich mit einem Mal klein und grau vor, nicht dazu geschaffen, an seiner Seite noch länger glänzen zu dürfen.
Azura blinzelte und sperrte diese nagende Sorge tief in sich ein, während sie sich ein Lächeln abrang, als er mit den zu langen Ärmeln kämpfte. "Warte, ich helfe dir.", bot sie an, etwas, das sie früher oft bei ihren Eltern beobachtet hatte. Bei ihnen war es stets ein liebevolles Miteinander gewesen, zwei Menschen, in Liebe verbunden, einander gleichgestellt trotz der unterschiedlichen Herkunft. Ob sie es jemals schaffen würde wie ihre Mutter?
Sie legte das Band zur Seite und kümmerte sich um die Manschetten. Als dies geschafft war, zupfte sie ein wenig an den Ärmeln und dem Hemdschoß herum, damit alle Falten so fallen konnten, wie sie es sollten. Während ihre Finger nahe an seiner Hüfte werkelten, erreichte sie seine Frage und ließ sie aufsehen.
"Hm?", entkam es ihr und sie folgte dem Blick zu dem Band. "Achso, das. Das ist für deine Haare.", erwiderte sie, als sei damit alles geklärt. Schon trat sie zurück und musterte ihn, zupfte hie und da noch ein bisschen, entfernte den ein oder anderen kleinen Fussel und nickte schließlich. "Steht dir hervorragend.", murmelte sie, während ihre Wangen sich leicht röteten und sie nur mit einer gewissen Scheu zu ihm hochsehen konnte. Trotzdem schaffte sie es, sich ein Lächeln abzuringen.
Langsam hob sie ihre Hand und wollte sie auf seine Wange legen. Aber etwas hielt sie zurück und am Ende wagte sie es nicht, sondern lenkte ihre Bewegung um, um nach einer Haarsträhne zu greifen. "So, und jetzt noch zu dem hier. Dagegen müssen wir noch etwas tun. Wir brauchen..." Sie sah sich in dem Raum um und seufzte leidend, denn es war erkennbar, dass es hier nichts gäbe, mit dem sie das Nest auf seinem Kopf beseitigen könnte.
In ihren eigenen Toilettesachen sollten Kamm und Schere noch vorhanden sein, ebenso wie in jenem Toiletteraum ihrer Mutter. Letzterer lag näher und sie wollte daran glauben, dass die Hausherrin ihr ein Ausborgen verzeihen würde. Außerdem musste sie sich ebenfalls noch umziehen. In ihrer eigenen Kleidersammlung hatte sie am Vortag gesehen, was noch vorhanden war, und das war nichts, das sie für diesen Anlass als passend bezeichnen würde. Entweder wäre es zu schlicht oder unvollständig oder zu viel, weil für festliche Anlässe gedacht. Also wollte sie bei ihrer Mutter nachsehen, vielleicht gäbe es dort etwas, das sie sich ausleihen könnte, nachdem sie früher eine ähnliche Figur gehabt hatte.
"Komm mit.", forderte sie ihn auf, griff sich Band und Hand und zog Corax sanft mit sich. Sie mussten zurück auf den Gang und die nächste Tür nehmen.
Dieses Mal vermied sie es, einen Blick auf die mögliche Zerstörung um sich herum zu werfen, vor allem, weil sie davon ausging, dass Aquila längst für Schadensbegrenzung gesorgt hatte. Stattdessen führte sie ihren Raben gleich zu dem Toilettetischchen mit Spiegel, drückte ihn sanft auf den pastellfarbenen, rosa Hocker und suchte in der kleinen Lade zu seiner Rechten nach einem Kamm.
Als sie diesen gefunden hatte, reichte sie ihn Corax. "Versuch damit, die schlimmsten Knoten zu lösen. Ich ziehe mich schnell um und sehe dann, was sich machen lässt.", erklärte sie ihm, legte das Band auf den Tisch vor ihm und ging daraufhin zu den Truhen ihrer Mutter.
Als Frau hatte sie natürlich mehr davon als Alycide und auch anders organisiert, sodass Azura alle öffnen musste. Außerdem konnte und wollte sie darin nicht so wühlen, wie sie es für gewöhnlich in ihren eigenen Sachen tat, weswegen sie etwas länger brauchte, bis sie ihre Auswahl getroffen hatte. Auch sie wählte ein Ensemble in Blau und Brauntönen, um farblich so ähnlich wie möglich zu seiner Kleidung zu sein und auf diese Weise zu zeigen, dass sie an seine Seite passte. Wenngleich sie alles bewusst etwas heller tragen würde, denn Männern standen die kräftigeren Farben mehr zu. Sie hingegen wäre die hübsche Begleitung, das zierende Beiwerk und nicht diejenige, die hauptsächlich die Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollte.
"Kommst du zurecht?", fragte sie, ehe sie aus ihren eigenen Sachen schlüpfte und nur noch in ihrem Unterhemdchen und dem Unterrock dastand, da sie diese nicht wechseln musste. Sie sah zu ihm hin und je nachdem, ob er ihre Hilfe sofort benötigen würde oder nicht, würde sie sich zuerst um ihn kümmern oder sich wieder anziehen, soweit das alleine möglich wäre.
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7014
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Das Anwesen der Familie van Ikari

Beitrag von Erzähler » Samstag 30. März 2024, 01:10

Jakub hatte im Grunde gar nichts gesagt. Er war als Bote für Kjetell'o zum Anwesen mitgekommen und hatte sich erst eine Meinung zur Situation gebildet, nachdem eine andere Azura auf die Gefahr der Mission aufmerksam gemacht hatte. Madiha war es gewesen, die versucht hatte, ihr zu verdeutlichen, dass sie nicht aufgrund von Unzulänglichkeiten in Andunie zurückbleiben sollte, sondern um sie zu schützen - damit ihr Ziehvater noch eine Tochter besäße, die er nach seiner Rettung hätte in die Arme schließen können. Madiha hatte es gesagt und zwar recht deutlich. Jakub hatte sich ihrer Meinung nur angeschlossen, ebenso Corax. Jener hatte sogar noch einmal versucht, auf dei Frau seines Herzens einzureden, nachdem er sie im weißen Pavillon entdeckt hatte. Azura hatte sich ein wenig für die Perspektiven der anderen geöffnet, aber wahre Einsicht war ebenso wenig eingetreten wie das Gefühl, ihnen allen eine Entschuldigung schuldig zu sein.
Corax forderte es nicht ein. Er wirkte auf dem Rückweg allerdings recht verschlossen, sagte auch nichts zu dem gefundenen, teils blutigem Federbüschel und wich ihrem Blick aus. Er machte einen nachdenklichen Eindruck, als gäbe es noch mehr, über das er grübelte als nur den verursachten Streit. Er schwieg, bis sie im Ankleidezimmer von Alycide ankamen. Erst beim Umziehen lockerte sich die Stimmung ein wenig, aber irgendwie schien weiterhin ein Schatten über allem zu liegen. Auch Azura bemerkte es, als sie zunächst einen kleien Scherz machte, auf den Corax eher knapp einging: "Danke, auf Rüschen und Schleifen kann ich verzichten." Er schenkte ihr ein schwaches Lächeln. Es wirkte aufrichtig, aber er schien nach den Erlebnissen nicht recht in Stimmung für Albernheiten. Als Azura wenig später beim Herrichten seiner Haare daraufhin noch seine Wange mit der Hand ansteuerte, im letzten Moment aber lieber nach seinen krähenhaften Strähnen griff, senkte er den Blick.
"So, und jetzt noch zu dem hier. Dagegen müssen wir noch etwas tun? Wir brauchen..."
"Gefalle ich dir nicht?", fragte er und schaute ihr nach, als sie erfolglos den Raum nach einem Kamm absuchte. Hier würde sie nicht fündig, also packte sie Corax kurzerhand am Arm und nahm ihn zum Flügel ihrer Mutter mit. Azura stellte fest, dass die Räumlichkeiten im Grunde gleich waren, nur spiegelverkehrt und etwas anders eingerichtet. Auch in Aquilas Toilettenräumen hatten die Plünderer nicht Halt gemacht. Die Hausherrin schien in den letzten Tagen allerdings schon einiges entfernt zu haben, was zerstört worden sein musste. So konnte Azura den großen Standspiegel nirgends ausmachen, aber auch die schöne Schwanenfigur fehlte, der sie in den ersten Tagen als Kind im Anwesen immer den Kopf gestreichelt hatte. Eigentlich war die kostbare Porzellanfigur dazu da gewesen, dass man zwischen ihren Flügeln die zu reinigende Wäsche in einen kleinen Korb fallen ließ. Jener und auch der Schwan selbst fehlten. Die Blumentöpfe unterhalb des Fensters waren entfernt worden, aber Azura konnte dort noch einen kleinen Rest Blumenerde entdecken. Offenbar hatte man die Pflanzen samt ihren Behältnissen zerschlagen.
Alles andere schien Aquila aufgeräumt zu haben. Dienerschaft für diese Aufgaben war keine mehr vorhanden. Vor allem um ihren kleinen Frisiertisch mit dem rosa Hocker hatte sie sich bereits gekümmert. Der Spiegel war geputzt, die Schmuckschatulle noch an ihrem Platz. Sie wies einige Kratzspuren auf und sollte Azura einen Blick hineinwerfen, würde sie bis auf sehr wenige Kostbarkeiten nichts mehr darin vorfinden. In den Schubladen aber lagen Schleifen, Bänder und Haarnadeln ebenso bereit wie alles nötige Make-Up, um sich für die Herrenwelt schick zu machen. Corax würde das nicht brauchen. Er benötigte wahrlich nur einen robusten Kamm. Azura fand einen und drückte ihn ihrem Raben kurzerhand in die Finger.
"Versuch damit, die schlimmsten Knoten zu lösen. Ich ziehe mich schnell um und sehe dann, was sich machen lässt."
"Knoten? So zerzaust sind meine Haare auch nicht", murmelte Corax. Dennoch begann er artig damit, Strähne um Strähne glatt zu kämmen. Hier und da gab er einen zischenden Laut von sich, als er doch einen Knoten lösen musste und es ziepte. Einige Haare fielen gar dem Kamm zum Opfer. "Kommst du zurecht?", fragte Azura nach einer Weile. Sie hatte sich inzwischen von ihrer nassen Kleidung gelöst und ein farblich zu Corax abgestimmtes Esemble an feinen Sachen ihrer Mutter breitgelegt.
"Ich schaffe es, keine Sorge", erwiderte er. Tatsächlich glänzten seine Haare bereits so angenehm seidig wie selten zuvor. Er schob sich die Strähnen hinter seine Spitzohren und legte sich dann das Band um. Im Nacken knotete er seine Mähne zusammen, wie es Männer oft taten. Man nannte es einen klassischen Kriegerzopf. Er stand ihm gut zu Gesicht, berücksichtigte man, dass der widerliche Schuft seine raue Schale abgelegt und gegen einen adretten Kern eingetauscht hatte. Corax sah ungemein nobel aus. Der schwarze Prinz hatte das Federkleid abgelegt und sich in den feinen Zwirn Andunies geschmiegt. In einer solchen Aufmachung sollte Corax sogar Azuras Mutter beeindrucken können. Er sah nicht länger wie ein Diener aus, da er zuvor deren Weste und Hosen getragen hatte. Nein, jetzt wirkte er tatsächlich so stattlich, dass man ihm das adlige Erbe voll abnahm.
Er erhob sich und wandte sich vom Frisiertisch ab. Sein Blick fiel auf Azura in ihrem Unterhemdchen. Er betrachtete sie lange. "Sag mal ... gibt es hier auch etwas Bequemeres? Reisekleidung, beispielsweise? Ich weiß, ich sehe fein gestriegelt aus, aber ich bin diese Sachen einfach nicht gewohnt", gab er zu und schaute an sich herab. Es gab eine Sache, die nicht ganz zur Gewandung eines Edlen passen wollte und das waren seine Stiefel. Doch Ersatz würde sich jetzt nicht finden lassen. Wenigstens wirkten sie nicht vollauf fehl am Platze bei der braunen Hose. Hätte Corax sich für die Seidenstrümpfe entschieden, hätte er unterhalb der Knie tatsächlich etwas lächerlich gewirkt. So aber konnte man ein Auge zudrücken. Sein Vater und Bruder durften einfach nicht nach unten schauen.
Corax entdeckte Azuras ausgesuchte Kleidung und kam mit wenigen Schritten bis zu ihr heran. Er griff schon nach dem Unterrock, als er nochmal innehielt. Erneut verfiel er in Schweigen, betrachtete das Kleidungsstück, ehe seine Rubine Azuras Antlitz einfingen. Er wirkte noch immer nachdenklich. "Soll ... soll ich dich einkleiden?", fragte er und würde es tun, falls sie es wünschte. Er mochte nie selbst die noble Kleidung eines Edelmannes getragen haben, wohl aber wusste er, wie man sie an den Körper brachte. Als Sklave lernte man das wohl noch eher als die gut Betuchten, die selten auch nur einen Knopf selbst schlossen.
Ob Azura sich nun helfen ließ oder nicht, am Ende trug sie das schöne Kleid ihrer Mutter und konnte sich rein farblich gut an Corax' Seite sehen lassen. "Nun brauchen wir noch einen Regenschutz. Die kleine He- Madiha hat mir den Weg beschrieben. Es ist nicht am anderen Ende der Stadt, aber doch ein Stück weit von deinem Heim entfernt. Ohne einen Mantel oder Schirm werden wir auf jeden Fall erneut klatschnass, falls der Regen nicht aufhören will." Das wollte er nicht. Nach wie vor schüttete es wie aus Kübel. Ventha wollte wohl den ganzen Ozean über Andunie vergießen.
"Azura ... vertraust du mir?", fragte Corax plötzlich wie aus einer Laune heraus. Ehe er Antwort erhielt, schüttelte er schon den Kopf. "Schon gut, war nur ein Gedanke. Lass uns erst Mäntel oder Schirme und dann deine Mutter suchen. Wir sollten uns verabschieden, ehe wir aufbrechen ... zu ... m-meiner Familie." Es wurde immer greifbarer und die Erkenntnis, dass Corax nicht nur nicht allein auf Celcia war, sondern sogar von noblem Geblüt, sickerte immer mehr in seinen Geist ein. Er stutzte plötzlich. "Brauche ich ein Geschenk?"
Bild

Antworten

Zurück zu „Wohnviertel Andunies“