Auf dem Weg zum Krankenhaus der Urwaldelfen begegneten ihnen diese überaus freundlich. Jeder, an dem sie vorbei kamen, grüßte oder schenkte ein fröhliches Lächeln. Einmal liefen Kinder auf Mallahall zu und fragten, ob sie eine Magierin sei. Angeblich hätte sie es gespürt, ebenso bei Asmodeus. Doch bei ihm wunderten sie sich nur, konnten nicht ganz die Magie-Art einschätzen, die er mutmaßlich beherrschte. Sie ahnten ja nicht, welche Bestie man in ihre Stadt gelassen hatte. Über Etelin kicherten sie.
"Du bist ja nicht viel größer als wir selbst!"
"Wie niedlich!"
"Heißt das, du spielst auch mit uns fangen?"
Etelin schmunzelte. Er war so viel lebhafter als früher und zeigte Emotionen, die er als Lich eigentlich nicht hätte haben dürfen. Es tat gut, ihn auch einmal wieder lächeln zu sehen. Mallahall jedenfalls freute sich darüber. Sie schienen endlich einmal die schlimmsten Tragödien hinter sich zu lassen und einen Moment der Ruhe und Sorglosigkeit zu finden. Zumindest soweit es ihrer Gruppe eben möglich war. Es würde immer Wachsamkeit brauchen, wenn man mit Asmodeus reiste. Man durfte die Idylle nicht unterschätzen. In dem Wirtskörper steckte ein Dämon und diese waren schon immer unberechenbar gewesen. Vielleicht könnte man ihnen in der Klinik helfen.
Die Pforte wurde vn Efeu und Rosenranken gesäumt. Sie bildeten einen natürlichen Torbogen über dem Eingang. Schmetterlinge und kleine Käfer schwirrten umher. Heiler der Elfen gingen ein und aus. Sie trugen nicht die Roben und Farben, die man bei menschlichen Medici der Städte bekannt war. Woher sollten sie diese Vereinbarung auch kennen? Sie lebten hier vollkommen abgeschieden jeglicher Kulturen, die fernab des Urwaldes existierten. Sie besaßen ihre eigene Kultur und diese schien nicht unbedingt schlechter zu sein.
Die Heilerinnen und Heiler hier trugen lange Gewänder aus feiner Seide oder Bausch. Einige hüllten sich in weiße Roben, deren goldene und silberne Stickereien Muster von Ranken, Pflanzen und Blumen aufwiesen. Aber überall darin fanden sich immer wieder typische Heilersymbole oder Zeichen der Kräuterkunde. Wieder andere kleideten sich in Gewänder aus Pastellfarben. Grün in allen Facetten, Creme, ein helles Gelb und Beige hielten hier die Vorherrschaft über das Äußere. Es ließ jeden einzelnen Elfen mild aussehen und so zeigten sie sich auch in Gemüt und Verhalten.
Mitten in der Eingangshalle der Elfenklinik erhob sich ein gewaltiges Becken. Es war eine Glassäule, die bis knapp unter die Decke reichte, umgeben von einer Treppe aus feinstem Ahornholz. Sie schmiegte sich an die Säule wie eine natürlich gewachsene Ranke. Jede einzelne Stufe war durch hohe Schnitzereikünste verziert. Das Geländer schien aus einem einzigen, endlosen Ast zu bestehen, der geschwungene, kleinere Zweige von der Säule weg in den Raum streckte. An ihnen wuchsen junge, saftige Blätter oder teilweise noch knospende Blüten. Es roch nach Orangen und Äpfeln, denn in der hohen Halle wuchsen diese in einer zauberhaften Allee bis hin zu einer Art Empfangsschalter. Dieser war aber nicht mit jenem einer menschlichen Klinik zu vergleichem. Es gab zwar eine breite Theke, aber dahinter saß nicht eine formell gekleidete Empfangsdame. Vielmehr gab es dort zwei bequeme Bänke, auf denen sich Elfen gut gelaunt unterhielten. Sie alle trugen kleine weiße Hauben. Es musste sich um Krankenschwestern oder Helferinnen der Medici handeln. Eine von ihnen - eine bezaubernde Vertreterin ihres Volkes mit blauen Haaren und silbernen Augen, die sich in beige farbene Gewänder hüllte - rutschte von der Bank. Sie lächelte Mallahall, Etelin und Asmodeus entgegen. "Braucht ihr Hilfe, Fremde? Erweist mir die Ehre, sie euch zu geben." Sie neigte den Kopf zum Gruß, als sie um die Theke herum gelaufen kam. "Mein Name ist Ishélle Tautropfen. Erfreut, euch kennen zu lernen."