Pelgars Armenviertel

Handwerker, einfache Bürger und der Adel wohnen in kleinen Bezirken und doch teilweise Tür an Tür. Von der windschiefen Hütte bis hin zum schön verzierten Fachwerkhaus oder kleinem Anwesen mit Wasserspeiern aus Marmor ist hier alles zu finden.
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Pelgars Armenviertel

Beitrag von Erzähler » Freitag 19. September 2008, 13:28

<i>Vana kommt von Irrenanstalt Burgstein --> "Gemeinschaftsraum"</i>

Mit einem einzigen Stoß des Wächters am offenen Tor der Irrenanstalt Burgstein war sie draußen und rannte die Straßen entlang. Hartmut und sein Begleiter mochten sie vielleicht gesehen haben, aber ob sie sich bereits einen Reim auf ihre Flucht machen konnten. Als Vana bereits außer Sichtweite war, hörte sie noch das Rufen des Torwächters. Er warnte seine Kameraden also und es würde wohl nicht lange dauern, dass sich einige Wachtrupps der Anstalt an ihre Fährte hefteten.
Vana musste ein Versteck finden. Ging die Verfolgungsjagd also erneut los. Nun, als Morticia war sie das ja schon gewöhnt, es stellte einen Teil ihres Alltags dar. Sie musste nur aufpassen, dass man sie im Armenviertel nicht überfiel, schließlich machte sie in ihrer Priesterinnenkleidung nicht gerade den Eindruck hierher zu gehören. Heilige wagten sich selten in die eher heruntergekommenen Gassen. Nicht, dass sie nicht gern geholfen hätten, aber der Abschaum der Stadt machte selbst vor einem Gottesdiener nicht Halt und so forderte man die Armen auf, Beistand im Tempel zu ersuchen. Manche Menschen machten es sich auch wirklich einfach.

Vana schaute sich um. Wo genau sie war, erkannte sie nur an einem abgewetzten Holzschild eines Wegweisers, den sie gerade passierte. Sie stand an der Ecke Fuhrmannsgasse/Zinngießerstraße. Ob sie hier auch eine Zinngießerei finden würde, war fraglich. Zu dieser Tageszeit waren die meisten kleinen Läden und Werkstätten ohnehin noch geschlossen. Lediglich die Bäcker Pelgars mochten bereits aus den Betten sein und schon einige Brötchen gebacken haben.
Der Teil des Armenviertels, in dem sich Vana aber augenblicklich befand, zählte noch nicht zu den absolut heruntergekommenen Abschnitten. Hier mochten die Häuser einen nicht mehr ganz so stabilen und leicht verwitterten Eindruck machen, aber sie besaßen allesamt zumindest noch abgeriegelte Türen und Löcher in Dächern oder zerbrochene Fensterscheiben waren nicht zu sehen. Hier lebten eben die einfachen Bürger, Handwerker und jene, die sich noch oberhalb der wirklichen Armutsgrenze befanden. Ob sich hier ein Versteck für sie finden lassen würde?

Allzu viel Zeit sollte sie auch nicht mehr verschwenden. Man mochte der pelgarischen Stadtwache Schlamperei und Langsamkeit bei Lösungen von Mordfällen oder Diebstählen nachsagen, allerdings nicht, dass sie nicht schnell an Problemorten auftauchten. Ihre Patrouillen waren wirklich mitunter zu den besten Celcias zu zählen. Sicherlich würden bald einige von ihnen durch die Gassen wandern und ihre Laternen in alle dunklen Ecken schieben.
Ebenso schob Katze Noori gerade ihr Schnäuzchen aus Vanas Tasche heraus. Maunzend folgte der Rest und schon war sie auf die Straße gesprungen. "Mau", ertönte es auffordernd, dann tapste Noori einfach ein Stück weit voran zur erstbesten Haustür und kratzte unter klagendem Miauen daran, dass es die ganze Straße hätte aufwecken können.

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Montag 22. September 2008, 16:41

Vana überlegte, wohin sie sich nun wenden sollte. Ihre Aufmachung war schlichtweg nicht dazu angetan, sich noch tiefer in das Armenviertel, dorthin, wo sich nur die ärmsten der Armen hinwagten, zu begeben. Die Häuser und auch die Straßennamen ließen darauf schließen, dass sie sich im Bereich der Handwerker befand, also auf der Seite des Armenviertels, die sich nach Norden hin, in Richtung der Bibliothek Pelgars erstreckte.
Vielleicht sollte sie weiter in diese Richtung gehen, möglicherweise würde sie die Wache gerade in den wohlhabenderen Gegenden Pelgars nicht vermuten.
Noori schien da andere Absichten zu haben, denn noch ehe es sich Vana versah, war sie aus der Enge ihres Reisebeutels heraus gesprungen und zu einer der Haustüren gelaufen. Dort stand sie nun und kratzte miauend daran herum.

So sehr der vorgeblichen Priesterin die kleine Katze auch ans Herz gewachsen war, den Lärm, den sie gerade verursachte, konnte sie so rein gar nicht gebrauchen. So schnell es ging war sie bei dem Kätzchen und hob es, ihr dabei beruhigend das Fell streichelnd, hoch.
„Schschschtttt, wirst du wohl still sein! Du weckst noch die ganze Gegend hier auf und lockst die Wachen auf unsere Fährte.“ In der Aufregung hatte sie, entgegen ihrer bisherigen Gewohnheit, Noori in der celcianischen Einheitssprache angeredet und nicht wie sonst in ihrer Muttersprache. Das zeigte nur, wie angespannt sie war.

Da sie nun einmal vor der Tür stand, beschloss sie Nooris Instinkten zu folgen und Einlass in das Haus zu erlangen. Letztendlich war ein Unterschlupf so gut wie der andere, dachte sie zumindest.
Leise, fast zaghaft klopfte sie an die Tür. Als sich im Inneren nichts rührte, klopfte sie schließlich etwas stärker. Dabei gab die Tür mit einem quietschenden Geräusch nach und schwang einen Spaltbreit auf.
<b>Merkwürdig.</b> Vorsichtig drückte sie gegen die Tür, die sich dadurch quietschend und knarrend öffnete. Selbst der mit allen Wassern gewaschenen Killerin kam dies doch seltsam vor. In dieser Gegend ließ man seine Tür nicht über Nacht einfach so offen stehen. Schnell steckte die Mischlingselfe Noori wieder in den Beutel und betrat, nach allen Seiten sichernd, das Haus. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, sah sie sich kurz um. Sie stand in einem gemütlich eingerichteten Wohnzimmer. In der Mitte ein Tisch vor einem kleinen Sofa, daneben zwei gemütliche Sessel. An den Wänden standen ein Schrank und eine Vitrine, sowie ein kleines Regal mit Büchern. Linkerhand war eine Tür, die wohl zur Küche führte und im hinteren Teil des Raums war eine Treppe zu erkennen, die in das obere Stockwerk führte. Dort musste wohl der Schlafraum und möglicherweise auch eine kleine Werkstatt oder ein Arbeitszimmer sein. Der Innenraum war eindeutig besser eingerichtet, als das Haus von außen vermuten ließ.

Was ihr jedoch sofort auffiel, war die Stille, die in dem Haus herrschte. Auch wenn es noch früh am Morgen war, so hätte man doch annehmen müssen, dass das Knarren der Haustür gehört worden war und jeder vernünftige Mensch hätte sich nun lautstark nach dem Eindringling erkundigt. Doch nichts, kein Ton war zu hören.
Ob das Haus leer stand? Die Einrichtung deutete jedenfalls nicht darauf hin. Vana beschloss der Sache auf den Grund zu gehen, zudem musste sie zusehen, dass sie sich umzog. Die Wachen Burgsteins suchten immerhin nach einer Priesterin. Sie musste also unbedingt ihr Gewand gegen die schwarze Hose und die weiße Bluse in ihrem Beutel tauschen. Zu schade, dass ihr grünes Wollkleid von dem Wärter in Burgstein zerrissen worden war, sie hätte es jetzt gut gebrauchen können.
„Hallo!“, rief sie, immer die Hand am Griff des Katanas, auf der Hut vor unliebsamen Überraschungen. „Ist da wer?“

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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Erzähler » Dienstag 23. September 2008, 10:57

Noori beruhigte sich schnell und machte nun wieder einen auf ganz zahmes Kätzchen, als Vana sich endlich der Tür näherte und sie auf den Arm nahm. Leise maunzte Noori noch einmal, ehe sie sich mit spitzen Krallen an Vanas Arm hocharbeitete und dann auf ihre Schulter stieg. Doch dies war noch nicht ihr Ziel. Geschmeidig und mit eleganter Bewegung legte sie sich um Vanas Nacken wie ein lebender Schal. Ihr Schwanz peitschte der Priesterin mehrmals ins Gesicht, ehe Noori ihn schlaff von der linken Schulter der Frau baumeln ließ.
"Mau", miaute sie unschuldig und schnurrte.

Vana entschloss sich nun, dieses Haus als möglichen Zufluchtsort vor den Wachen zu wählen, die ihr sicherlich schon auf den Fersen waren. Ihr blieb keine Zeit, sie musste sich von ihrer Priestergewandung verabschieden und in einfache Kleidung schlüpfen. Hörte sie da eben nicht schwere Schritte wie die von Soldatenschuhen durch die Straßen hallen? Vielleicht spielte ihre Wahrnehmung ihr auch nur einen Streich. Vana klopfte mehrmals an die Tür, bis diese zu ihrer Verwunderung ein Stück weit aufschwang. In einem Viertel wie diesem kam es unter Umständen vor, dass Türen schon lange keine Riegel mehr besaßen, aber dann waren die Häuser zumeist leergeräumt und standen verlassen da. Kaum dass Vana die Wohnstube betreten hatte, konnte sie feststellen, dass dem bei diesem Haus nicht so war. Die Einrichtung schien komplett, es lag nirgends sonderlich viel Staub. Schmutzig war es schon teilweise in den Ecken, aber wäre das Haus unbewohnt gewesen, so hätte sich beispielsweise auf der Tischplatte eine dicke unangerührte Staubschicht gebildet haben müssen.

Im kleinen Kamin der Wohnstube glomm sogar noch etwas Glut. Hier musste definitiv jemand wohnen. Vana rief vorsichtig in die Stille hinein. Niemand antwortete ihr. Jedenfalls kein Mensch, Zwerg oder Elf. "Mau Mau", maunzte Noori und wollte schon ihren gemütlichen Platz an Vanas Hals aufgeben, als der Priesterin wohl auffiel, dass vom oberen Stockwerk des Hauses Lich herunter drang. Niemand ließ eine Kerze scheinen, wenn niemand hier wohnte!
Das Licht näherte sich jedoch nicht, es blieb beständig. Wer oder was mochte da oben sein? Hatte er oder sie nicht das Knarren der Tür gehört?

Sicher nicht. Denn wenn Vana erst einmal die schmale Treppe in die obere Schlafstube gestiegen wäre, würde sie eine Überraschung erwarten. Vielleicht entdeckte sie auf oberste Stufe ja auch schon den reglosen Frauenkörper, der neben einem umgeworfenen Stuhl und einem blutverschmierten, aufgeschlagenen Buch am Boden lag.

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Mittwoch 24. September 2008, 23:13

Ihr Ruf verklang ungehört, nichts regte sich in dem Haus. Es war unheimlich, selbst Noori peitschte unruhig mit dem Schwanz, so als würde sie spüren, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Und das war es auch, was Vana fühlte. Ihr Bauchgefühl riet ihr, sofort kehrt zu machen und dieses Haus schleunigst zu verlassen. Die Glut im Kamin, das aufgeräumte Zimmer, alles deutete darauf hin, dass hier noch vor Kurzem jemand gesessen hatte oder irgendeiner Tätigkeit nachgegangen war. Nur wo war dieser Jemand?
Unruhig drehte sie sich im Kreis, suchte nach irgendeinem Hinweis auf den oder die Bewohner. „Ist niemand hier? Ich will euch nichts tun. Ich suche nur einen Unterschlupf. Hallo!“, rief sie erneut, aber nichts durchbrach die Stille des Hauses.
Noori wurde immer unruhiger, so dass sie ihr beruhigend durch das Fell strich <span style="color:1A365E;">„Du spürst es auch, nicht wahr?“</span> Nooris Unruhe übertrug sich allmählich auf sie selbst, diese unnatürliche Stille, das ganze Haus schrie förmlich „VERSCHWINDE!“. Jeder andere hätte schon längst die Beine in die Hand genommen, aber nicht sie. Vana wäre nicht Vana gewesen, hätte sie sich von diesem Gefühl drohender Gefahr abschrecken lassen. Fast ihr ganzes Leben bestand aus gefährlichen Situationen, da würde sie sich nicht von einem unheimlichen Haus verschrecken lassen. Ihre Neugier und der Drang den Dingen auf den Grund zu gehen überwogen ihr Sicherheitsbedürfnis.
Was wäre ein Leben ohne Nervenkitzel gewesen? Für sie wäre es wahrscheinlich so, als hätte sie nicht gelebt. Ein langweiliges Leben als Handwerker, konnte sie sich einfach nicht vorstellen.

Schließlich entdeckte sie den Lichtschimmer, der aus dem oberen Stockwerk nach unten fiel. Dort oben musste sich also jemand befinden, doch warum antwortete dann niemand?
Sie musste unbedingt wissen, was hier gespielt wurde. Mit der Hand am Griff des Katana schlich sie, vorsichtig jede Stufe nehmend, nach oben. Je höher sie kam, desto angspannter wurde sie und dann fiel ihr Blick über die letzte Stufe auf den Boden des oberen Stockwerks. Was sie sah, ließ sie all ihre Vorsicht vergessen. Auf dem Boden lag der reglose Körper einer Frau, neben ihr ein umgefallener Stuhl und ein blutverschmiertes Buch. Die letzten Stufen überspringend kniete sie neben der Frau nieder und fühlte ihren Puls. Noch war er vorhanden, schwach zwar, aber spürbar. Erst jetzt besah sie sich die Verletzungen der Frau, drei Stichwunden, eine in der Brust, eine nahe dem Herzen und eine im Unterbauch sagten ihr genug. Die Frau, eine Elfe, wie sie feststellte, lebte zwar noch, aber ihre Verletzungen waren so schwer, dass sie unrettbar verloren war. Sie konnte mit ihrer Magie höchstens ihre Schmerzen lindern und sie für wenige Augenblicke wieder zu Bewusstsein bringen.
Vana wollte schon in ihrem eigenen Interesse wissen, was hier geschehen war und nur die Frau auf dem Boden konnte es ihr sagen. Mit vielfach geübten Griffen zeichnete sie mit dem Blut der Frau, dass unaufhörlich aus den Wunden floss, die notwendigen Runen auf ihre Stirn und aktivierte deren Magie mit einem entsprechenden Spruch, anschließend suchte sie alles, was sie als Verbandszeug nutzen konnte, zusammen und verband die Stichwunden. Sie konnte damit zwar die Blutung nicht stoppen, aber wenigstens so weit verlangsamen, dass die Fau noch ein paar Augenblicke länger leben würde. Als sie endlich fertig war, kniete sie sich neben den Körper der Frau und konnte nur noch warten, dass diese noch einmal die Augen aufschlug.
Schließlich, sie hatte die Hoffnung fast aufgegeben, hob sich die Brust der Frau mit einem tiefen Seufzer und sie riss die Augen auf. Sofort war Vana bei ihr und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Stirn.
„Schschttt, ganz ruhig. Ich will euch nur helfen. Könnt ihr mir sagen was hier geschehen ist, wer euch dies angetan hat und warum?“ Hoffentlich war die Frau noch stark genug, um ihre Fragen zu beantworten. Was war an ihr, was hatte sie, dass jemand bereit war, sie dafür zu töten.

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Erzähler
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 25. September 2008, 22:44

Erneut erhob Vana ihre Stimme, versicherte, dass sie niemandem etwas antun wollte. Und wieder blieb es still. Nur Noori reagierte auf ihr Rufen. Sie kehrte kurz zu Vana zurück und strich ihr geradezu anhänglich ums Bein herum. Offenbar war diese Stille selbst der Katze nicht geheuer.
Dann aber näherten sich beide der Treppe, folgten dem Licht ins obere Stockwerk. Und dort musste Vana mit Schrecken feststellen, dass doch jemand in dem Haus wohnte. Eine Elfe war es und man hatte sie attackiert. Sofort war Vana bei ihr, untersuchte sie, soweit es ihr Wissen über Heilkunde zuließ. Sie entdeckte schnell die Stichwunden. Sie waren tödlich, denn die Frau hatte bereits zu viel Blut verloren. Wäre nur jemand früher dagewesen, man hätte sie vermutlich retten können. Nein, schienen Nooris leicht schräg stehende Katzenaugen zu antworten, als auch sie näher kam. Das Blut, welches den Holzboden benetzte, wies eine Nuance auf, die man sonst von Blut nicht gewohnt war. Und wenn sich Vana die Stichwunden noch einmal genauer betrachtete, würde sie den leicht verätzten Rand der Haut ausfindig machen, dort, wo die Klinge sie durchtrennt hatte. Jemand wollte auf jeden Fall sicherstellen, dass diese Elfenfrau nicht überlebte. Warum sonst sollte man zusätzlich zu den fast tödlichen Stichen auch noch Gift einsetzen?

Von Neugier und dem Drang gepackt, einfach etwas unternehmen zu müssen, zeichnete Vana mit dem Blut der Elfe heilende Runen auf deren Stirn. Sofort leuchteten sie auf und versanken unter die Haut wie eine schnell einziehende Salbe. Die Elfe atmete flach und sehr schwer. Die Wunden mussten ihr große Schmerzen bereiten und das Gift hatte sich wohl schon unheilbar weit in ihrem Körper ausgebreitet.
Vana sprach sie an, aber darauf reagierte die Elfe kaum. Auf ihrer Haut stand der Schweiß, doch ihr Körper erkaltete mit jeder vergehenden Minute. Sie war dem Zeitlosen geweiht. Dann aber öffnete die Elfe tatsächlich noch einmal die Augen und Vana musste das Gefühl eines Déja-Vues haben. Denn sie schaute in Augen, braungolden wie Bernsteine. Sie kannte solche Augen, es bestand kein Zweifel. Sie hatte bereits einmal solche glänzenden Augen gesehen und die sterbende Elfe sprach den Namen jener Person aus, die ebensolche Augen besaß.

<span style="color:2F5C1F;">"A...zura..."</span> Sie schluckte schwer, hustete. Mit ihr ging es zu Ende. "Kristall ... haben nicht ... gefun...den ... Kosral ... Az..." Ihr versagte die Stimme, der Körper erschlaffte, aber die Lider sanken nicht herab. Starr und leer blickten die Bernsteinaugen ins nichts. Jegliches Leben war aus ihnen gewichen, wie aus dem übrigen Körper. Die Elfe war tot.

Noori schlich um den Leichnam herum wie eine Trauerzug, der aus einem einzigen Tier bestand. Sie schnurrte und ihr Schweif wippte knapp über dem Boden hin und her.

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Freitag 26. September 2008, 21:19

Erst jetzt nahm sich Vana die Zeit, die Elfe genauer zu betrachten und dabei fielen ihr besonders die bernsteinfarbenen Augen auf. Diese Augen! Sie hatte das unbestimmte Gefühl, diese bereits irgendwo schon einmal gesehen zu haben, aber wann und vor allem wo.
Es konnte noch nicht allzu lange her sein, doch war ihre Erinnerung daran verschwommen, so als hätte sie diese Begegnung nur geträumt. Nein, es waren nicht nur diese Augen gewesen, da war noch ein Paar, ebenso bernsteinfarben. Also zwei Personen!
Vana war sich sicher, dass sie in der letzten Zeit niemandem begegnet war, der solche Augen hatte, was demnach also sehr wahrscheinlich auf einen Traum schließen ließ, doch wann hatte sie das letzte Mal geträumt?
Sie konnte den Gedanken nicht weiter spinnen, denn die im Sterben liegende Elfe versuchte unter größter Anstrengung noch etwas zu sagen, doch außer einem heißeren Husten brachte sie nichts zustande. Erneut strich Vana ihr über die Stirn und versuchte sie zu beruhigen. Schließlich hauchte die ihr unbekannte und doch gleichsam vertraute Elfe etwas in Lyrintha, das sehr verzerrt so ähnlich wie „Azura“ klang. Leider beherrschte Vana diese Sprache nur bruchstückhaft und dieses Wort war ihr vollkommen unbekannt. Möglicherweise, so dachte sie, war es auch kein Wort im eigentlichen Sinne, sondern ein Name. Etwa der Name der anderen Person mit den bernsteinfarbenen Augen? Waren die beiden vielleicht verwandt?
Die Elfe versuchte erneut etwas zu sagen und Vana brachte ihr Ohr ganz dicht an ihren Mund, wollte ja nichts verpassen, denn wie es aussah, würden es wohl die letzten Worte der Elfe sein. <i>"Kristall ... haben nicht ... gefun...den ... Kosral ... Az..."</i> Mitten im Wort erstarb ihre Stimme, der Körper in Vanas Armen bäumte sich ein letztes Mal auf, um dann schlaff in sich zusammenzusinken. Die Elfe war tot, die Augen gebrochen, jegliches Leben war aus dem Körper gewichen.
Vorsichtig drückte Vana die Lider zu und ließ den Leichnam zu Boden gleiten. Während Noori leise maunzend um die tote Elfe strich, richtete sich die Priesterin auf und schickte ein stummes Gebet an ihre Göttin, auf dass sie die Seele der Toten in ihr Reich aufnehmen möge.
Erst dann besah sie sich den Körper genauer, wobei ihr nicht entging, dass die Waffe, mit der man die Elfe erstochen hatte, gleichzeitig auch noch giftgetränkt gewesen sein musste. Wer immer sie getötet hatte, wollte sicher gehen, dass sie auch ja nicht aus irgendeinem Zufall heraus gerettet würde. Das Ganze trug auffallend die Handschrifft eines Auftragsmörders, in der Beziehung besaß sie genügend Erfahrung. Wenn sie nicht in Pelgar gewesen wäre, so hätte sie sogar darauf gewettet, dass hier Dunkelelfen beteiligt waren. Vergiftete Waffen, das roch doch sehr nach Dunkelelfen. Auf jeden Fall stand fest, dass Derjenige oder Diejenigen einen Kristall gesucht, diesen aber nicht gefunden hatte.
Aber wenn er nicht hier in diesem Haus war, wo dann? Und was hatte es damit auf sich, dass man bereit war, die Elfe dafür zu töten? Was, wenn ihn diese andere Person hatte?
Urplötzlich fiel es ihr wieder ein, der Traum in der Reichsklinik! Drei Personen, zwei mit bernsteinfarbenen Augen und eine Zentaure und über ihnen kreisend eine weiße Eule. Es war also kein Zufall gewesen, dass Noori gerade an dieser Haustür gekratzt hatte.
Sie musste diese andere Frau und die Zentaure finden, wenn diese wirklich besagten Kristall hatte, dann war auch sie in Gefahr. Außerdem juckte es Vana in den Fingern, das Geheimnis dieses Kristalls, und was er oder die beiden Personen mit Kosral zu tun hatten, zu ergründen. Immerhin, alles was mit Kosral zusammenhing betraf ja auch irgendwie ihre eigene Vergangenheit.
Doch zuerst musste sie schnellstens das Haus verlassen, nicht auszudenken, wenn man sie hier zusammen mit der Leiche fand.

So schnell sie konnte entledigte sie sich ihrer Priesterinnentracht und zog sich ihre schwarze Hose, das schwarze Hemd und die dunkle Jacke an. Ihr Gewand verstaute sie im Reisebeutel, auch Noori wurde nun wieder in den Beutel gepackt. Fauchend gab sie kund, dass ihr dies so garnicht passte, aber im Moment war Vana die notwendige Bewegungsfreiheit wichtiger.
Endlich fertig nahm sie ihren Kampfstab und stürmte die Treppe hinunter. Ein Blick durch das Fenster ließ sie innerlich Fluchen, denn gerade war ein Trupp der Wachen Burgsteins vor dem Haus unterwegs.
Hoffentlich hatte das Haus noch einen Hinterausgang, sonst musste sie schnellstens die Leiche verstecken und sich als Hausherrin ausgeben. Wenn es einen Hinterausgang gab, dann führte dieser vermutlich von der Küche in den Hof und dort zu einem kleinen Brunnen. Vorsichtig, um keine Bewegung von außen erkennen zu lassen, zog die Mischlingselfe in den Raum zurück und eilte in die Küche. Tatsächlich, sie hatte Glück, eine kleine Tür in der hinteren Wand führte hinaus auf einen Innenhof, welcher von vier Häusern umgeben war.
Gerade als es vorn an der Tür klopfte, huschte sie hinaus und über den Hof auf die gegenüber dem Haus liegende Straße, auf der zu ihrem Glück niemand unterwegs war. Sie beschloss, als erstes auf den Markt zu gehen und sich wieder ein wärmendes Wollkleid zu holen, anschließend musste sie unbedingt diese Azura und die Zentaure finden. Wahrscheinlich waren beide gemeinsam unterwegs. Nun, dies sollte nicht allzu schwierig werden. Pelgar war zwar groß, aber eine Zentaure sollte auch in einer so großen Stadt wie Pelgar gehörig auffallen. Sie musste sich lediglich vor den Wachen in Acht nehmen. Wenn diese die Leiche fanden, würde man den Mord sicher wieder Morticia anhängen und die Suche nach ihr erneut verstärken.
Wäre da nicht dieser Traum gewesen, der ihr, da war sie sich inzwischen sicher, von Manthala selbst geschickt worden war, sie wäre schon längst aus Pelgar verschwunden.

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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Stadtwache » Samstag 27. September 2008, 10:44

Gut, hatte sich Vana so schnell beeilt. Gut, hatte sie sich umgezogen und nicht gewagt, den Haupteingang des Hauses zu benutzen. Gut, erinnerte sie sich an ihren Traum und die Bernsteinaugen.

Schlecht, dass man sie in Pelgar unter dem Namen Morticia – und inzwischen auch als Vana – suchte. Nicht nur eine ausgesuchte Anzahl an Wächtern Burgsteins war ihr auf den Fersen. Man hatte zudem sogleich die allgemeine Stadtwache alarmiert. Wo vorher nur klein Patrouillen von Haus zu Haus gingen und eher schlecht als Recht ihre Arbeit verrichteten, so sammelten sich jetzt ganze Geschwader-Truppen aus gut und gerne jeweils 8 oder mehr Männern in der Stadt, schwärmten aus und schauten in jede noch so dunkle Nische.
Vana musste mehr als aufpassen.

"Verteilt euch, Männer! Ihr wisst, wie sie aussieht. Der Steckbrief trifft sie ganz gut! Und jeder von euch erstattet mir Bericht nachher, ich rate euch also, gründlich zu sein!"
"Jawohl, Herr!", erklang es an vielen Stellen der Stadt im Chor und besonders konzentrierte man sich jetzt auf das Armenviertel, welches Burgstein ja umschloss wie die gütigen Hände einer Mutter ihr Kind. Die Wache würde nicht eher ruhen, bis sie wenigstens Spuren der Mörderin gefunden hatten. Es war im Moment viel zu gefährlich, eine Frau wie Morticia frei herumlaufen zu wissen, wenn gleichzeitig das große Turnier zu Pelgar in der Hauptstadt ausgetragen wurde. Wer wusste schon, wie viele Leben dieses krankhafte Dunkelelfenhirn nehmen wollte?

Der Hauptmann erreichte zusammen mit zwei seiner und sechs Männern der Burgsteiner Wache jenes kleine Haus, in dessen Innerem sich noch Vana und Noori aufhielten.
Der Hauptmann trat vor die Schwelle und klopfte. Man hatte ihm einen Hinweis gegeben, dass sich eine Priesterin in den Gassen herumgetrieben habe und zuletzt nahe dieses Hauses gesehen worden sei. <span style="color:01019A;">"Hallo? Aufmachen, Stadtwache! Wir kommen in einer wichtigen Angelegenheit! Hallo, aufmachen!"</span> Jetzt hämmerte der Wächter wild gegen die kleine Türe. Diese einzutreten würde kein großes Hindernis darstellen und die Pelgarer schreckten vor einer solchen Methode nicht zurück, schon gar nicht, wenn es um die Verfolgung einer gefürchteten Mörderin ging.

Tatsächlich krachte es und die Tür wandelte sich in Trümmer, gerade als Vana auf dem Pflaster der leeren Straße aufkam. Noori maunzte leise aber empört aus ihrer Tasche. Dort war es durch ihre Gewandung inzwischen viel zu eng für die Katze geworden als dass diese sich nicht beschweren mochte.
Doch wohin nun? Diese eine Straße war noch unbehelligt, aber in der Ferne konnte Vana eine Patrouille nach der anderen durch die Gassen marschieren hören. Am einen Ende der Straße entdeckte sie gar schwankendes Laternenlicht. Man war ihr sprichwörtlich so nah auf den Fersen, dass sie den Hauch der anderen im Genick spüren konnte.
Eines war klar, sie musste diese Zentaure finden. Doch wo sollte sie mit suchen beginnen?

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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Erzähler » Freitag 3. Oktober 2008, 20:40

<b>@ Azura</b>

Azura machte sich also fortan allein auf den Weg. Wie Cecil auch reagiert haben mochte, sie und somit eine Gefährtin auf ihrem weiteren Weg, blieben zurück. Es war noch recht früh, als Azura gemeinsam mit ihrer Stute Schneefeder das Haus der Wäscherin Hannah verließ. Und obwohl das Licht noch trüb durch die nebelverhangenen Straßen der Stadt wanderte, so begegneten der jungen Frau bereits schon zum dritten Mal Soldaten der pelgarischen Stadtwache. Was war hier nur los? Sie marschierten in großen Gruppen und es handelte sich eindeutig nicht um die einfache Straßenpatrouille, obwohl Azura dieser hätte auch schon begegnet sein können.

Sie kam an einem Haus vorbei, das ihr Hannah bereits beschrieben hatte. Hier musste die Elfe leben, die mit Azura namensverwandt war. Aber zunächst einmal sollte sie wohl zusehen, den Markt zu erreichen, damit sie sich mit Vorräten eindecken konnte.
Die junge Frau trat in eine Seitenstraße, ihre Schritte hallten von den Pflastersteinen wider. Mitten auf der Straße, in die sie nun einbog, stand eine Gestalt.

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Sonntag 5. Oktober 2008, 21:43

Ein wenig unentschlossen wohin sie sich nun wenden sollte, stand Vana auf der Straße und sicherte aufmerksam nach allen Seiten. Lange durfte sie sich allerdings nicht mehr hier aufhalten, sobald der Wachtrupp die Tote fand, würde es hier mit Sicherheit vor Wachen wimmeln. Überhaupt waren inzwischen aus allen Richtungen Kommandos und die Tritte schwerer Stiefel zu hören. Ihre Flucht aus Burgstein hatte bereits eine verstärkte Aktivität der Wache zur Folge.
Zum Glück war von den Bergen her Nebel ins Tal gezogen, so dass die Sicht in Pelgar inzwischen recht eingeschränkt war. Den Meisten mochte das nicht gefallen, am wenigsten wohl den Wachen, Vana jedoch war sehr dankbar dafür. Wurden dadurch doch ihre Möglichkeiten, sich erfolgreich vor den Wachtrupps verbergen zu können, erheblich verbessert.
<b>Also gut, zuerst auf den Markt, auch wenn die Gefahr dort am größten sein wird, aber ich brauche unbedingt noch ein anderes, wärmeres Kleid. Mit etwas Glück, laufen mir die Zentaure und die andere Elfe dabei sogar über den Weg.</b> Sie konnte ja nicht ahnen, wie schnell dies tatsächlich geschehen würde, denn gerade als sie ihren Reisebeutel öffnete, um Noori mehr Platz zu schaffen, wurde am Ende der Gasse das Getrappel von Pferdehufen vernehmbar.

So wie es sich anhörte, war es nur ein Pferd, was darauf schließen ließ, dass es kein Wachtrupp war. Aber wer, außer einer Priesterin auf der Flucht, mochte zu so früher Stunde schon unterwegs sein.
Die Händler waren sicher bereits auf dem Markt und ein Dieb oder Bettler, würde kaum zu Pferd unterwegs sein. Das Rätsel löste sich sehr schnell, denn langsam schälte sich eine einzelne Reiterin aus dem Dunst. Die Frau, so erkannte Vana, war, ebenso wie sie selbst, von ihrer Aufmachung her in dieser Gegend fehl am Platze. Zudem schien sie äußerst vorsichtig, denn sie legte augenblicklich, nachdem sie ihrer gewahr wurde, eine Hand an den Knauf des Schwertes, welches seitlich an ihrem Gürtel befestigt war. Die Bewegung entlockte der kampferprobten Mischlingselfe nur ein überhebliches Lächeln. Die Kleine dort auf dem Pferd sah eindeutig zu jung aus, um es mit ihrer Kampferfahrung aufnehmen zu können. Da eine Flucht inzwischen zu verdächtig erscheinen würde, sie aber auch nicht warten wollte, bis die Reiterin heran war, schritt Vana langsam auf diese zu, bis sie direkt vor ihr stand. Erst jetzt konnte sie die Reiterin genauer betrachten und hätte vor Überraschung beinahe aufgeschrien, als sie der jungen Frau direkt in die bernsteinfarbenen Augen sah. Die Ähnlichkeit mit der ermordeten Elfe war verblüffend. Sie mussten sehr eng verwandt sein, Geschwister oder auch Mutter und Tochter. Wie auch immer, der Zufall hatte ihr mal wieder eine längere Suche erspart. Obwohl, wenn sie näher darüber nachdachte, dann war es kein so großer Zufall, dass die von ihr gesuchte, bei der Ähnlichkeit musste es sich einfach um diese Azura handeln, hier auftauchte. Lediglich, dass es gerade jetzt geschah war wohl eher ein Zufall.
Nur, was sollte sie ihr sagen? Dass ihre Mutter oder Schwester oder wer auch immer, tot war und dass sie ebenfalls in höchster Gefahr schwebte? Dass sie sie auf Grund eines Traumes suchen würde. Überhaupt, was sollte sie denn tun? Etwa dieses Mädchen schützen? Wie kam sie denn dazu? Oder war dies Manthalas Wille? Wenn ja, dann war es in all der Zeit das erste Mal, dass sich ihre Göttin ihr mitgeteilt hätte.
Sie beschloss, erst einmal abzuwarten und zu schauen, ob das Mädchen wirklich die von ihr gesuchte Azura war.
„Verzeiht, wollt Ihr mich etwa bedrohen oder warum tretet Ihr mir mit der Hand am Schwert entgegen? Sehe ich denn so furchterregend aus? Ich bitte Euch, macht Euch nicht lächerlich oder meint Ihr ernsthaft, dass eine schwache Frau wie ich Euch wahrhaft gefährlich werden könnte?
Also lasst Eure Waffe getrost stecken, ich hege nicht die Absicht, Euch etwas anzutun. Ihr seht mir überdies nicht so aus, als könntet Ihr einer unbewaffneten Frau etwas antun. Ihr passt so garnicht in diese Gegend hier. Habt ihr Euch verlaufen oder was hat Euch in diese düstere Gegend Pelgars verschlagen?“

Offen lächelte Vana sie an, ganz so als würde sie sich beiläufig nach dem Wetter erkundigen. Dabei fragte sie sich, warum das Mädchen mit den bernsteinfarbenen Augen allein unterwegs war? War ihr Traum wirklich von Manthala gesandt, wo war dann die Zentaure? Sie hatte den Traum so gedeutet, dass die beiden zusammen gehörten, aber anscheinend war dies nicht der Fall oder aber sie hatten sich inzwischen getrennt.

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Dienstag 7. Oktober 2008, 18:41

Die Reiterin schien einen Moment zu zögern, nahm dann aber doch ihre Hand vom Schwertgriff. Vana quittierte die Entscheidung mit einem Lächeln und betrachtete die junge Frau nun etwas genauer.
Ja, sie hatte ganz eindeutig die gleichen bernsteinfarbenen Augen wie die tote Elfe, auch sonst ähnelte sie ihr sehr. An verschiedenen Merkmalen erkannte Vana jedoch, dass sie keine reine Elfe war. Anscheinend war ihr Vater ein Mensch, denn die Merkmale der anderen Rasse deuteten stark darauf hin.
Eins stand auf jeden Fall fest, sie war vorsichtig und äußerst misstrauisch, denn auch wenn sie die Hand vom Schwert nahm, so blieb sie doch wachsam. Ihre innere Spannung war förmlich greifbar, auch wenn sie es mit ihrem Plauderton, in dem sie Vana antwortete zu verdecken versuchte.

<i>"Verzeiht mir, aber bei den Gestalten, die sich hier so rumtreiben kann man nie vorsichtig genug sein.“</i>
Wie Recht sie doch hatte. Wenn das doch nur die ihr ähnlich sehende Elfe auch so gesehen hätte, dann wäre sie wahrscheinlich noch am Leben.
Ein wenig mitleidig sah sie zu der Mischlingselfe hoch, bevor sie mit einem leicht verunglückten Grinsen meinte:

„Da mögt Ihr wohl recht haben, doch ist dies kein Grund gleich eine drohende und feindselige Haltung einzunehmen. Ihr seid zu Pferd und damit in einer überlegeneren Position und doch trat ich Euch offen entgegen. Findet ihr nicht, dass ihr es mit der Vorsicht ein wenig übertreibt?“

Eigentlich sagte Vana gerade das Gegenteil von dem, was sie dachte, denn wenn die junge Frau wirklich diese Azura war, dann konnte sie nicht vorsichtig genug sein. Allerdings bezweifelte sie, dass das Mädchen überhaupt eine reale Chance gegen diejenigen, die die Elfe getötet hatten, hatte. Wahrscheinlich war es das, was Manthala von ihr wollte, dieses Mädchen beschützen, und sie konnte jeden nur erdenklichen Schutz, vor allem den einer erfahrenen Kämpferin, gebrauchen.
Doch zuerst mussten sie hier weg, weswegen ihr die weiteren Worte der Reiterin gerade Recht kamen, um unverfänglich darauf hinzuarbeiten.

„Nein, ich komme aus einem Elfendorf im Neldoreth. Wenn Ihr so wollt, dann bin ich ebenso auf der Durchreise wie Ihr. Ich wollte gerade auf den Markt gehen und mir etwas Kleidung für die anbrechende kältere Jahreszeit besorgen. Ach ja, ihr könnt mich übrigens Vana nennen.“

Wieder schaute sie die junge Frau etwas mitleidig an. Wahrscheinlich war sie auf dem Weg zu der toten Elfe und Vana war klar, dass sie die Mitteilung vom Tode derselben schwer erschüttern würde. Vielleicht war es sogar ratsam, ihr gleich hier und jetzt reinen Wein einzuschenken. Vana ahnte, dass sie das Vertrauen der jungen Frau nicht mit Lügen gewinnen würde, aber die Wahrheit würde ein viel größerer Schock für sie sein. Trotzdem, gut möglich, dass dies der einzige Weg war. Schweren Herzens, immerhin konnte sie nicht vorhersehen, wie die junge Frau reagieren würde, trat sie einen Schritt näher an das Pferd heran und meinte:

„Hört zu, ich will ehrlich zu Euch sein. Wenn ich richtig liege, dann ist Euer Name Azura und wenn das stimmt, dann schwebt Ihr in tödlicher Gefahr. Fragt jetzt nicht woher ich das weiß, das ist eine längere Geschichte, aber glaubt mir, wenn Euer Name Azura sein sollte, dann seid Ihr hier in Pelgar nicht sicher. Irgendwer, ich vermute sogar, dass es Dunkelelfen sind, ist hinter Euch, besser gesagt hinter etwas, dass sehr wahrscheinlich in Eurem Besitz ist, hinterher. Ich weiß, ich bin eine Fremde für Euch und es fällt Euch bestimmt schwer, mir Glauben zu schenken, deswegen schlage ich vor, dass Ihr mich auf den Markt begleitet und ich erzähle Euch unterwegs alles.“

Sie hatte nicht alles gesagt, aber, so hoffte sie, genug, um das Interesse der Reiterin geweckt zu haben.

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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Merdarion » Mittwoch 8. Oktober 2008, 17:18

<i>Komme von "Vor den Toren Pelgars" Seite 13</i>

Ein Schatten huschte lautlos durch die Dunkelheit der Gassen und Straßen Pelgars, ihnen gefolgt ein kaum hörbares Trommeln von zwei Paar Pfoten, welche dem Zweibeiner auf Schritt und Tritt folgten.
Mit leicht flatterndem Umhang wandelte Merdarion den Weg zwischen den Häusern entlang, Ohren und Nase aufmerksam geschärft, den Zweihänder jederzeit zum Ziehen imstande.
Aaron folgte schon lange einer scheinbar falschen Spur; der Wolf behauptete, etwas auffälliges gerochen zu haben, was ihm der Hybrid nicht so recht glauben mochte, denn er selbst hatte keinen Hauch einer Dunkelelfe oder Ähnlichem wahrgenommen.
<span style="color:FFFFFF;"> "Aaron, durch blindes Herumtapsen finden wir auch nicht jene, die wir suchen. Es dauert solange es dauert, also versteife dich nicht darauf, ein schnelles Ergebnis zu erzielen. Hörst du mir überhaupt zu?"</span>", wunderte sich der Söldner und schüttelte den Kopf, als der Getigerte nur beiläufig mit einem Brummen zu verstehen gab, dass er die Worte seines Meisters gehört hatte.
Die spitze Schnauze des gestreiften Vierbeiners wischte förmlich den Boden der Straßen Pelgars auf, Merdarion hatte irgendwann seinen Orientierungssinn verloren, denn für ihn sahen Häuser und Kreuzungen allesamt gleich aus.
<span style="color:FFFFFF;"> "Ich habe etwas gespürt, Bruder! Ganz sicher, meine Sinne betrügen mich nicht!" </span>, beharrte Aaron steif und fest und reckte sein Riechorgan in den Wind, schnüffelte lautstark, spitzte die Ohren und drehte diese nach allen Seiten.
<span style="color:FFFFFF;"> "Ich will dir gerne glauben, aber ich habe überhaupt nichts gespürt, gerochen oder gehört. Meine Sinne sind schwächer als deine, aber hier hin und her rennen, bringt uns nicht weiter, macht uns nervös und wir werden dadurch unachtsam. Damit auch..." </span>
<span style="color:FFFFFF;"> "Ein leichtes Ziel, jaaja ich weiß",</span> kam es von Aaron fast genervt, worauf Merdarion die Augen verdrehte, mit den Schultern zuckte und seinem Gefährten den Vortritt ließ.

Sie wussten offenbar beide nicht, wo sie sich befanden und einige Zeit später blieb Merdarion an einer Hausecke stehen, lehnte sich wieder an die Wand und spähte um die Ecke.
Es war absolut sinnlos, Pelgars Größe machte ein Unterfangen wie das seine fast schon unmöglich, selbst mit solchen Sinnen, wie sie ihm und Aaron zur Verfügung standen.
Dieser jedoch gab einfach nicht auf und trottete mit erhobener Rute und am Boden gesenktem Kopf in die Mitte der kleinen Kreuzung, die sie erreicht hatten.
Während er seinen Bruder suchen ließ, nutzte Merdarion die kleine Unterbrechung und sah sich hier um.
Es war wohl so etwas wie das Armenviertel hier; kleinere, schmucklose und nicht sehr stabil aussehende Häuser reihten sich dicht an dicht, die Gasse triefte vor Schmutz und altem Unrat, keine Menschenseele war zu sehen.
Mit hinterm Kopf verschränkten Armen hielt er auf Aaron zu, ihm wurde es jetzt ein wenig zu lächerlich.
<span style="color:FFFFFF;"> "Es reicht jetzt, Aaron. So finden wir nie die Dunkelelfe, geschweige denn den Träger des Azurkristalls und es ist absolut bescheuert....!" </span>
Mitten im Satz stockte er und ließ die Arme sinken, als Aaron den Kopf reckte und die Ohren kerzengerade aufstellte.
Die Nüstern der beiden "Blutsverwandten" zitterten und blähten sich auf, sogen die stinkende Luft ein und in Merdarions Kopf entstand wieder ein "Sinnbild", wie er es mittlerweile nannte.
Straßen, Dächer, alte Häuser, huschende Ratten und... zwei Gestalten.
Merdarion ließ zunächst seine Tarnung etwas gleiten, die Hände wurden wieder zu Pranken, Fingernägeln zu Krallen und seine Stimme schien etwas tiefer zu werden.
<span style="color:FFFFFF;"> "Es stinkt... Aaron, ich sage nie wieder etwas gegen deine Nase, ich hätte es besser wissen müssen." </span>
<span style="color:FFFFFF;"> "Ich wünschte, ich täuschte mich, meine Nase hat sich gerade von Kosral erholt, aber wenigstens sind nicht auch noch Orks und Goblins in der Nähe"</span>, wurde eine Antwort geknurrt und vorsichtig gingen Hybrid und Wolf der Geruchsquelle entgegen.

Es mochte vielleicht die falsche Dunkelelfe sein, bei tausenden Bewohnern, ob legal oder nicht, würde es sicher mehr als nur eine des Dunklen Volkes geben, aber es war ein erster Erfolg, den Merdarion vorweisen konnte.
Völlig in der Dunkelheit verborgen lugte er um die Ecke, Aaron blieb hinter seinem Herren stehen und lauschte lieber.
Dort an einer Hauswand standen zwei Personen.
Die Eine, die er zweifelslos dem Geruch nach als Dunkelelfe erkannte, war groß...sehr groß für einen weiblichen Vertreter der humanoiden Rassen; doch just diesen Moment, als er das weiße Pferd und die darauf sitzende Person registriert hatte, zuckte er mit einem unterdrückten Ächzen zurück und presste sich mit dem Rücken an die Wand.
<b>Das ist die Person aus meinem Traum! Das weiße Pferd.... diese Elfe.... der Kuss...oh Iaszar, was hast du nur mit mir vor?</b>
Aaron reagierte nicht auf die schockierte Reaktion seines Bruders, sondern schnupperte und legte sich flach auf den Boden.

<i>"Ich komme mit euch, aber nur wenn ihr mir eine Frage beantwortet........habt Ihr eine Elfe, die genauso aussah wie ich gesehen? Und war sie am Leben?"</i>

Die Stimme war jung, noch nicht gänzlich ausgewachsen doch durchaus als die einer reifen Frau anzusehen.
Nur durch einen flüchtigen Blick ließ sich jedoch der Besitzer dieser weichen, verlockenden Töne nicht herausfinden, denn es waren zwei Frauen, die Dunkelelfe nur durch ihren Geruch nicht genauer zu erkennen.
<span style="color:FFFFFF;"> "Sie werden uns entdecken, wenn wir nicht aufpassen... los, Aaron" </span>, hauchte Merdarion fast lautlos, worauf der Wolf sich sofort in den Schatten zurückzog.
Der Hybrid jedoch blieb wo er war und lauschte auf weitere Worte, um die Sprecherin ausmachen zu können.
Er lehnte sich scheinbar lässig an die Wand, verschränkte in alter Pose seine Arme vor der breiten Brust und senkte den Blick auf seine Stiefelspitzen.
Sein Wolfsschweif pendelte frei hinter seinem Rücken hin und her, strich über die Mauersteine, während Aaron schon längst verschwunden war.
Zuletzt geändert von Merdarion am Mittwoch 8. Oktober 2008, 17:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Donnerstag 9. Oktober 2008, 15:44

Aufmerksam beobachtete Vana das Mienenspiel der jungen Frau, von der sie bislang immer noch annahm, dass es die von der Elfe bezeichnete Azura war. Die unzulänglich verdeckte Verblüffung, als sie schließlich diesen Namen erwähnte räumten dann letzte bestehende Zweifel aus. Auch wenn die Fremde noch immer nicht bestätigt hatte, dass sie erwähnte Azura war, so war sich Vana aufgrund eben jener Verblüffung nun sicher. Auch entging ihr nicht der prüfende Griff zu dem Kristallanhänger ihrer Kette. Wahrscheinlich war dies der Kristall, den die Mörder gesucht hatten. Er wirkte auf Vana recht unscheinbar und sie fragte sich, was an ihm so Besonderes sein sollte, das einen Mord wert war.
In Azuras Gesicht konnte man deutlich das Fragezeichen erkennen. Vana las an ihrem Mienenspiel förmlich ab, wie es hinter ihrer Stirn arbeitet, bis sie in plötzlicher Erkenntnis herausplatzte, dass Vana ihren Namen wohl aus einer Vision haben müsste.

Ein feines Lächeln umspielte den Mund der Priesterin, doch antwortete sie nicht sogleich. Es war nur die halbe Wahrheit, außerdem überlegte sie, wie sie dem Mädchen so schonend wie möglich die ganze Wahrheit sagen konnte. Sie ahnte, dass ihr der unangenehme Teil des Gesprächs noch bevor stand. Und wie aufs Stichwort drängte sie ihr Pferd so nah an Vana heran, dass es keinen Fuß breit vor ihr zum Stehen kam und stellte die von der Manthalapriesterin befürchteten Fragen:
<i>"Ich komme mit euch, aber nur wenn ihr mir eine Frage beantwortet........habt Ihr eine Elfe, die genauso aussah wie ich gesehen? Und war sie am Leben?"</i>

Verdammt, sie mussten hier weg, die Wachen konnten jeden Augenblick die tote Elfe finden und sie standen hier und unterhielten sich so, als würden sich zwei gute Freunde, die sich schon ewig nicht gesehen hatten, endlich wieder begegnen. Zudem hatte Vana seit einigen Augenblicken das vage Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Kurz schaute sie sich suchend um, konnte aber niemanden entdecken. Trotzdem, ihr in vielen Jahren gewachsener Instinkt für Gefahren versetzte sie in leichte Unruhe.
Sie konnte jedoch Azura verstehen. Sie wollte Klarheit, obwohl sie ihr ansah, dass sie bereits ahnte, dass sie keine guten Nachrichten erhalten würde.
Tief durchatmend entgegnete sie daher mit sanfter Stimme:
„Wenn Ihr Träume als Visionen bezeichnen wollt, ja, ich hatte eine Vision von Euch. Ich wusste bisher nur nicht, was sie zu bedeuten hat. Erst vor Kurzem konnte ich mir einiges, aber nicht alles, zusammenreimen. In dem Traum sah ich Euch, eine Elfe, die Euch sehr ähnelte, aber wenigstens doppelt so alt war und eine Zentaure. Euren Namen habe ich jedoch erst heute erfahren.“

Vana wusste, dass das, was sie jetzt sagen musste, für Azura nicht einfach werden würde und so trat sie direkt neben sie und legte ihre Hand auf die der jungen Frau.
„Ich kenne Euren Namen von der Elfe aus meinem Traum, von der Elfe, die Euch so ungemein ähnelt. Es tut mir sehr leid, … aber … sie weilt nicht mehr unter uns. Ich weiß nicht, ob ich es als Schicksal ansehen soll, denn sie starb in meinen Armen und ihre letzten Worte galten Euch und einem Kristall, den ihre Mörder nicht gefunden haben.
Ja, sie wurde ermordet. Mit einem vergifteten Dolch gemeuchelt. Diejenigen, die sie auf dem Gewissen haben, wollten sicher gehen, dass sie nicht mehr gerettet werden konnte. Selbst meine Versuche mit heilender Runenmagie schlugen am Ende fehl. Ich konnte nichts mehr tun.“
Wie um ihre Trauer um die tote Elfe zu demonstrieren, steckte Noori auf einmal ihren Kopf aus dem Reisebeutel und maunzte herzerweichend. „Ist schon gut Kleines, du kannst ja nichts dafür, dass wir zu spät kamen.“, beruhigend strich sie ihrer kleinen Gefährtin durch das Fell bevor sie sich wieder Azura zuwandte:

„Ich fürchte, dass ihre Mörder nun auch hinter Euch her sind. Wir sollten also schleunigst von hier verschwinden. Wir bieten hier eine viel zu gute Zielscheibe. In der Menge des Marktes sollten wir wesentlich sicherer sein.“

Hoffentlich begann Azura den Ernst der Lage zu begreifen, auf jeden Fall würde Vana nicht länger an diesem Platz verweilen. Ob nun mit oder ohne Azura, sie würde jetzt auf den Markt gehen. Dies machte sie auch deutlich, indem sie sich abwandte und einige Schritte die Gasse hinunter machte.

[ooc: @Azura Ich überlasse es dir, ob Nooris Miauen einfach nur ein miauen bleibt, oder ob du oder Schneefeder dem einen sinn geben (sie also über Tiersprache verstehen könnten). Vana kann es definitiv nicht.
@Merd Ich habe dich absichtlich im Hintergrund belassen, da Vana höchstens instinktiv etwas erahnen kann, du aber wohl nicht gesehen werden willst – hab ich zumindest so verstanden. Inwieweit Azuras Pferd etwas wittert … *schulterzuck*.]
Zuletzt geändert von Vana Erendis Morgaine am Donnerstag 9. Oktober 2008, 15:46, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Merdarion » Samstag 11. Oktober 2008, 12:40

<i>„Ich kenne Euren Namen von der Elfe aus meinem Traum, von der Elfe, die Euch so ungemein ähnelt. Es tut mir sehr leid, … aber … sie weilt nicht mehr unter uns. Ich weiß nicht, ob ich es als Schicksal ansehen soll, denn sie starb in meinen Armen und ihre letzten Worte galten Euch und einem Kristall, den ihre Mörder nicht gefunden haben.
Ja, sie wurde ermordet. Mit einem vergifteten Dolch gemeuchelt. Diejenigen, die sie auf dem Gewissen haben, wollten sicher gehen, dass sie nicht mehr gerettet werden konnte. Selbst meine Versuche mit heilender Runenmagie schlugen am Ende fehl. Ich konnte nichts mehr tun.“ </i>

Merdarion hörte die Worte, doch vermochte zunächst nicht, den Sinn von diesen zu entschlüsseln; aber kaum war das Wort Mörder und Kristall gefallen, kam eine vage Vermutung zustande.
Wieder huschte sein Blick in die Gasse hinein und er glaubte jetzt, die beiden Stimmen unterscheiden zu können.
Gerade sprach die Größere von Beiden, die Dunkelelfe und wieder folgte ein unterdrücktes Fiepen, welches glücklicherweise nur für Aarons Ohren hätte hörbar sein können.
Die Person auf dem Pferd, das Mädchen aus seinem Traum, sie trug eine Kette mit einem Kristall um den Hals!
Fieberhaft arbeitete sein Verstand gegen die Zeit, nach den Worten der Dunkelelfe würden die Beiden gleich verschwinden, aufgrund der Wachen, doch sobald sie im Marktplatzgetümmel ankommen würden, der Hybrid hätte ihre Spur fast sofort verloren.
Um die ganze Wahrheit herauszufinden, musste Merdarion nur noch eines tun: handeln.
Er schloss die Augen, konzentrierte sich auf seine wölfischen Sinne und richtete sich nach der Natur dieser Rasse.
Das "Menschliche" in ihm wurde von Reflexen her schwächer, seine Kehle gab ein leises Grollen von sich, die rissigen Lippen gaben messerscharfe Reißzähne frei und ein leises, echtes Heulen flog durch die Gassen des Armenviertels und brachte eine umso größere Wirkung mit sich, als das Jagdgeräusch aus der Richtung der beiden Frauen beantwortet wurde.
Ohne zunächst das Schwert zu ziehen, verließ Merdarion seinen Platz und tauchte aus dem Schatten ungefähr zehn Schritt von den Beiden entfernt auf, den Mantel wehend, die Narben und Reißzähne dumpf und leicht blitzend.
Gegenüber, hinter den Frauen zeichnete sich nun die Shilouette eines Wolfes ab.
Eines großen Wolfes, mit schneeweißem Fell und pechschwarzen Tigerstreifen darauf, bewegte sich das Tier geduckt und knurrend auf die Umzingelten zu und blieb in gleicher Entfernung wie sein Herr stehen.

Merdarion sah seinen Bruder bereit dastehen, zugleich fixierte sein Blick die junge Elfe auf dem Schimmel und er senkte wieder seinen Kopf, verschränkte die Arme und blieb bewegungslos stehen.
Aaron hatte sich geduckt und achtete mit gespitzten Ohren darauf, wie die beiden Zielpersonen auf das Erscheinen der beiden Wölfe reagieren würden.
Feindlich war nicht ausgeschlossen, es konnte sehr leicht tödlich für sie enden, denn immerhin konnte die Dunkelelfe die gesuchte Mörderin sein und daher kein leichter Gegner.
<span style="color:FFFFFF;"> "Merdarion, Vorsicht. Wir provozieren hier sonst einen Kampf, sag etwas oder wir werden angegriffen!" </span>
"So, werden wir das?", knurrte der Hybrid auf Celcianisch und Aaron legte die Ohren an. Er war es nicht mehr gewohnt, seinen Gefährten in der "menschlichen" Sprache reden zu hören.
"Seid gegrüßt", hallte es über das Pflaster und der Wolfsmann betrachtete die ungleichen Frauen.
Beide waren sie sachlich betrachtet als sehr hübsch anzusehen, auf den ersten Blick nicht sehr bedrohlich und bezaubernde Vertreter ihres Geschlechts.
Wenn da nicht die Waffen gewesen wären, die dieses Bild an Grazie ein wenig störten.
"Ich bin neu hier in der Stadt und hoffe auf ein paar Informationen. Verzeiht mein nicht gerade vertrauenserweckendes Auftreten...", mit jedem Wort kam Merdarion zögerlich ein paar Schritte näher, Aaron tat es ihm nach und achtete auf jede Bewegung vor sich.
"Ich suche eine Mörderin....Eine Dunkelelfe.....Da ihr eine seid, traue ich euch zu, sie vielleicht zu kennen. Ich komme im Auftrag von Kosrals neuen Herrschern...Sagt euch beide das etwas?"
In vorsichtigem Abstand blieben die beiden Wölfe stehen, gespannt darauf, wie ihr Erscheinen verarbeitet werden würde.

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Sonntag 12. Oktober 2008, 21:30

Die Nachricht vom Tod der Elfe musste Azura schwerer getroffe haben, als Vana angenommen hatte. Wie versteinert saß sie auf ihrem Pferd, zu keinem Wort mehr fähig. Sie stand eindeutig unter Schock, musste die schreckliche Nachricht erst verdauen. Der Schmerz und die Trauer würden unweigerlich kommen, wenn ihr erst einmal bewusst wurde, dass ihre Schwester oder Mutter, wohl eher ihre Mutter, so alt wie sie war, nie wieder bei ihr sein würde.
Doch jetzt war keine Zeit zur Trauer, Vana fühlte fast körperlich, dass sie beobachtet wurden. Es war viel zu gefährlich, noch länger hier zu verweilen. Sie bedeutete Azura, ihr zu folgen, worauf diese wie mechanisch nickte. Weit kamen sie allerdings nicht. Unmittelbar vor ihnen trat eine Gestalt aus dem Schatten der Häuser. Abrupt stoppten die beiden Frauen und musterten den Fremden. Er sah recht bedrohlich aus, scharfe Krallen an den Händen und spitze Reißzähne im Mund, auch seine Haltung zeugte nicht gerade von Friedfertigkeit. Ganz im Gegenteil, strahlte er eine Aura von Wildheit und Aggressivität aus, so als wollte er sich jeden Moment auf sie stürzen.
Azura stand noch zu sehr unter dem Schock des soeben Gehörten und Vana zeigte, trotz seiner bedrohlichen Haltung auch kein Anzeichen von Furcht. Sollte er sich wirklich auf sie stürzen, so würde sie mit ihm allein schon fertig werden.
„Sagt nichts, lasst mich sprechen.“, raunte sie Azura schnell zu. Vana wollte damit vermeiden, dass Azura in ihrem derzeitigen Zustand unbewusst etwas erzählen könnte.

Ein Knurren hinter ihr ließ sie herum fahren und die Situation blitzschnell in einem anderen Licht erscheinen. Der Wolf, der dort aufgetaucht war, musste zu dem Hybriden vor ihnen gehören. Er hatte sich leise in ihren Rücken geschlichen, was sie nun in eine weitaus schlechtere Position gebracht hatte. Es verwunderte Vana nur, dass Azuras Pferd den Wolf nicht gewittert hatte.
Egal, jetzt war es sowieso zu spät. Gegen beide würde sie wohl nicht ankommen und auf Azuras Kampffähigkeiten wollte sie sich im Moment lieber nicht verlassen. Wenn es nicht anders ging, musste sie eben auf ihren magischen Schutz zurück greifen.
Vanas Blick ging kurz zwischen dem Hybriden und seinem tierischen Begleiter hin und her, schließlich wandte sie sich dem Wolfsmenschen zu und fixierte ihn mit taxierendem Blick. Der ließ gerade ein leißes Knurren hören und meinte dann: <i>"Seid gegrüßt. Ich bin neu hier in der Stadt und hoffe auf ein paar Informationen. Verzeiht mein nicht gerade vertrauenserweckendes Auftreten. Ich suche eine Mörderin....Eine Dunkelelfe.....Da ihr eine seid, traue ich euch zu, sie vielleicht zu kennen. Ich komme im Auftrag von Kosrals neuen Herrschern...Sagt euch beide das etwas?"</i>, dabei kam er langsam auf sie zu, blieb aber in gebührendem Abstand vor ihnen stehen. Auch sein Wolf war inzwischen näher gekommen, so dass sich Vanas Körper langsam anspannte, bereit in Bruchteilen eines Augenblicks zu reagieren.

Einiges, was der Wolfshybrid da sagte, war Vana durchaus bekannt und vertraut. Wer wohl die gesuchte Dunkelelfe sein mochte? Äußerlich mit unbewegtem Gesicht, schmunzelte sie innerlich, da er anscheinend Morticia suchte. Wenn er wüsste, dass diese gerade vor ihm stand! Doch dann erwähnte er etwas, was sie sichtlich verwirrte. Kosral war nur eine Ruinenstadt, was also sollte das mit den neuen Herrschern? Da stimmte etwas ganz und gar nicht. Entweder war der Kerl vollkommen irre oder aber es hatten sich in ihrer Abwesenheit im Neldoreth Dinge von größerer Tragweite ereignet.
Sie beschloss der Sache auf den Grund zu gehen, dabei aber vorsichtig zu bleiben. Immerhin suchte der Kerl Morticia und das bestimmt nicht, um mit ihr einen freundschaftlichen Plausch abzuhalten.
In ihrer Aufmerksamkeit daher nicht nachlassend, deutete sie nun ebenfalls einen Gruß an ehe sie ihm entgegnete:

„Ihr beliebt zu scherzen Fremdling. Euer Auftreten ist nicht nur wenig Vertrauen erweckend, es ist schlicht feindseelig. Was glaubt Ihr, sollen wir davon halten? Ihr stellt Euch mit furchterregender Drohgebärde uns in den Weg und gleichzeitig versperrt uns Euer Schoßhündchen den Weg auf der anderen Seite. Und dann besitzt ihr auch noch die unerhörte Dreistigkeit, uns um Informationen zu bitten! Ich hätte nicht übel Lust nach den Wachen Pelgars zu rufen, damit sie euch Manieren lehren.“
Vana trat bewusst forsch auf. In all den Jahren hatte sie gelernt, dass man keine Angst zeigen dürfte. In den meisten Fällen nahm man potenziellen Angreifern damit einen guten Teil des Windes aus den Segeln. Vielfach vertrauten solche Kerle darauf, ihre Opfer einzuschüchtern und machten schnell einen Rückzieher, wenn sie merkten, dass dies nichts fruchtete.

„Nun gut, ich will Euch zu Gute halten, dass Ihr Fremd seid, doch rate ich Euch, Eure feindselige Haltung zu überdenken.“ Ein klägliches Maunzen aus dem Reisebeutel ließ sie kurz stocken. Noori hatte beim Auftauchen des riesigen Wolfes schnell den Kopf wieder eingezogen und war in dem Beutel verschwunden. Beruhigend strich Vana ihr über das Fell, während sie nachdenklich meinte:

„Eine Dunkelelfe und Mörderin sucht Ihr also. Hat diese Dunkelelfe auch einen Namen? Ich will nicht überheblich erscheinen, aber die meisten Dunkelelfen scheinen mir gleichzeitig auch Mörder zu sein. Ein wenig ausführlicher könntet Ihr schon werden. Ich muss euch übrigens enttäuschen, aber ich bin keine Dunkelelfe und in meinem Leben auch noch nicht sehr vielen dieses Volkes begegnet. Außerdem kann ich Euch nicht recht folgen. Seit wann gibt es denn wieder Herrscher in Kosral und wer will schon über die Ruinen einer Stadt herrschen. Verzeiht, aber da müsst Ihr Euch schon eine bessere Geschichte ausdenken. Und nun seid so gut und gebt uns den Weg frei. Wir würden gerne unseren Weg auf den Markt fortsetzen.“

Vanas Haltung ließ keinen Zweifel daran, dass das Gespräch für sie an dieser Stelle beendet war und sie nun ihren Weg fortsetzen würde, wenn es sein musste, dann auch unter Einsatz ihrer Waffen.

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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Merdarion » Sonntag 12. Oktober 2008, 22:08

Merdarion hörte sich seelenruhig die Worte der Dunkelelfe an und nahm sich dabei die Zeit, seine Sinne zu schärfen und erneut sicher zu gehen.
Ja, zweifelsfrei, die Frau vor ihm besaß Dunkelelfenblut, auch Aaron unterstrich diese Behauptung durch ein mörderisches Knurren; nicht zuletzt, weil das Wort Schoßhündchen gefallen war und sich eine Katze laut dem Miauen in der Nähe befand, noch dazu bei der Dunkelelfe persönlich.
<span style="color:FFFFFF;"> "Merdarion, wir dürfen sie nicht gehen lassen! Die eine trägt den Azurkristall und ich rieche Böses an dieser anderen Frau!" </span>
Mit einem tiefen Kläffen brachte der Kopfgeldjäger seinen Gefährten ungewöhnlich barsch zum Schweigen und fixierte die Sprechende mit prüfendem Blick.
"Ich habe mich bereits entschuldigt für mein harsches Auftreten, doch ich finde es als zu zeitraubend, mir vor meinem Auftritt die Nase zu pudern und meine Krallen zurecht zu stutzen."
Ein freudloses Lächeln zierte seine Miene, was mehr als Drohgebärde denn als Emotion ausgelegt werden konnte.
"Ihr wollt die Wachen Pelgars rufen? Bitte, ich werde euch nicht aufhalten, denn wie ihr sehen könnt, habe ich euch nichts angetan oder habe auch im Moment nicht vor, dies zu ändern."
Er genoss es sichtlich, die Worte der Frau zu drehen und zu verbessern, Stückchen für Stückchen, wie ein Wolf seine Beute zerriss.
"Leugnet euer Blut nicht, in meinen Augen ist das eine Todessünde. Meine Nase und die meines...<i>Schoßhündchens</i> hier trügen uns nicht, in eueren Venen fließt das ...verzeiht mir, übel riechende Blut des dunklen Volkes. Jeder ist so geboren daher werde ich euch nicht dafür beleidigen, da ihr nichts dafür könnt. Und was die Herren Kosrals angeht.... wer wünscht hier um freundlich erbetene Informationen, ihr oder ich? Mein Verstand ist seit meiner Wandlung schärfer denn je, die Ruinen sind nicht mehr, also wenn nichts als Lügen aus euren wenn auch verführerischen Lippen dringen, dann schweigt!", grollte es unter der Schwärze der Kapuze, das rötliche Licht dahinter nahm ein wenig zu.
"Ich kenne den Namen meiner....Gesuchten nicht, daher verleitet mich nicht dazu, euch mit ihr zu verwechseln, denn einem Mörder gebührt nichts anderes als das gleiche Schicksal wie seine Opfer und ja, ich halte nicht sehr viel von den Dunkelelfen, dennoch folge ich ihnen aus eigenen Interessen die ich euerer bezaubernden Nase sicher nicht aufbinden werde!"

Merdarion redete sich in Rage, Aaron legte die Ohren an und achtete weiterhin genau auf die Reaktion der großen Frau, die nach einem näheren Betrachten und Schnüffeln nicht halb so wehrlos wirkte, wie es auf den ersten Blick wirkte.
Schönheit war nicht selten eine Täuschung, die über eine andere Gefahr hinweg ablenken sollte.
<span style="color:FFFFFF;"> "Sei vorsichtig.... ich rieche Gefahr....Gewalt....sie ist nicht so schwach wie sie aussieht, sei auf der Hut, Merdarion!" </span>
Der Hybrid nickte nur und spreizte seinen linken Arm waagrecht von sich.
Dadurch konnte man gut seine langen, krummen Krallen sehen, die sich vor den Augen der beiden Frauen in den Körper des Mannes zurückzogen und gewöhnliche Fingernägel bildeten.
Die Dame aus seinem Traum, die auf dem Pferd saß, schien nach der Nachricht über den Tod einer anderen Elfe sehr getroffen; eine verlorene Verwandte womöglich, Merdarion hatte nicht jedes Wort verstanden.
Doch auch wenn die beiden Wölfe äußerlich versuchten, friedlich aus der Situation hinaus zu kommen, schwand diese Hoffnung allmählich.
Die Dunkelelfe würde nicht einfach stehen bleiben und auf den Hybriden hören, sie zu verfolgen wäre ebenso risikoreich.
Dennoch schien sie ihn und seine Worte nicht sehr ernst zu nehmen; vermutlich hielt die Elfe ihn für einen Verrückten, der einen harten Schlag auf den Kopf bekommen hatte oder für einen der Kneipenschläger, die mehr Luft im Schädel als in den Armen hatten.
"Zudem gilt es noch etwas zu klären. Wie ich schon sagte, folge ich dem Befehl meiner derzeitigen Herren. Dieser lautet, einen Azurkristall in den Neldoreth zu schaffen. Es hat mit den Thronerben zu tun, ich habe euch jetzt schon viel zu viel gesagt, als dass ich euch einfach gehen lassen könnte..."

Merdarion war nun doch etwas ratlos.
Vor Waffengewalt scheute er nicht aus Angst, sondern logischem Denken zurück.
Er war ein Mann, der sich jedem Kampf stellte und niemals floh, wenn es nicht anders ging, doch ein Schlagabtausch war nun mehr als unangebracht.
Die Wachen würden aufmerksam werden und solange er nicht als Verbrecher gesucht wurde, war die Chance höher, unbehelligt auf den Straßen Pelgars wandeln zu können.

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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Erzähler » Montag 13. Oktober 2008, 10:02

Als hätten Merdarions Worte oder Vanas Eile die kleine Gruppe vorwarnen wollen, waren plötzlich Rufe und im Folgenden die schweren Schritte von genagelten Stiefeln zu hören.
<span style="color:01019A;">"Die Frau ist noch nicht lange tot. Schwärmt aus, vielleicht ist Morticia noch in der Nähe! Beeilung, Männer! Sucht in allen Ecken, dreht jeden Stein um!"</span>

Noori maunzte drängend aus Vanas Tasche heraus. Sie wagte sich nicht hervor, seit ihre kleine rosa Schnauze den Geruch von Wolf wahrgenommen hatte. Außerdem gefiel ihr der Fremde nicht, der Vana und Azura gegenüber stand. Sie erkannte deutlich den Wolfsschweif, der um seinen Körper geschlungen war und das Kätzchen stellte sich zugleich die Frage, ob dieser Fremde bei einem Angriff seine Krallen einsetzen würde oder ob er die Waffe auf seinem Rücken zur Hand nahm. So wie seine Finger gekrümmt waren, traf Letzteres wohl nicht zu. Hybriden hatten oft Schwierigkeiten, ihre einst genutzten Gebrauchsgegenstände sowie Waffen weiterhin zu nutzen. Die wenigstens kamen damit zurecht.
Aber Noori hielt sich nicht länger mit Merdarion auf. Hinter ihnen knurrte dieser gestreifte Köter. Sie fauchte ihm entgegen, maunzte gleich darauf noch einmal zu Vana hoch. Sie wollte hier weg und die lauter hallenden Schritte sagten ihr, dass auch ihre Freundin sich eilen musste.

Schon tauchten am anderen Ende der Straße, dort wo Aaron in der Nähe stand, mehrere Gestalten auf. Eine von ihnen trug eine Laterne. Als sie die Gruppierung auf der Straße ausmachten, marschierten sie näher. Azuras Pferd wieherte unruhig, es begann zu tänzeln. Die Gerüche, überhaupt die ganze Situation, machte es allmählich nervös.

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Montag 13. Oktober 2008, 21:50

Oho, mit ihrem feinen Spott hatte Vana wohl einen Nerv bei dem Wolfshybriden getroffen. Dieser gab zwar nicht den Weg frei, wurde dafür aber immer aufgebrachter. Dies war insofern gut, da er in diesem Zustand möglicherweise dazu neigte, Dinge zu verraten, die er bei klarer Überlegung nicht sagen würde. Der Nachteil war jedoch, dass er ihnen noch immer im Weg stand. Auch wenn es nicht ungefährlich für sie war, so blieb sie noch immer ruhig stehen, da sie sich noch weitere Informationen erhoffte.
Lediglich Azura war ein kleiner Unsicherheitsfaktor, da sie nicht einschätzen konnte, wie sich das Mädchen im Ernstfall verhalten würde. Im Moment hielt sie sich jedoch an Vanas Anweisung und verhielt sich ruhig und beobachtete nur was geschah. Hoffentlich war sie mit der Situation nicht überfordert.
Der Wolfshybrid erforderte Vanas volle Aufmerksamkeit. Auf seinen Vorwurf, sie würde Lügen, was ihr Blut anginge, schürzte sie verächtlich die Lippen:
„Ich leugne weder mein Blut, noch Lüge ich, wenn ich sage, dass ich keine Dunkelelfe bin. Hütet also Eure Zunge, es könnte sonst gut sein, dass ich Eure Worte als Beleidigung verstehe. Ich hasse die Dunkelelfen genauso wie Ihr, vielleicht sogar noch mehr, da sie Mischlinge wie mich meist schlechter behandeln als reinrassige Angehörige anderer Völker. Also bedenkt wohl, was Ihr sagt. Nur wenige nannten mich eine Lügnerin und konnten später noch davon Zeugnis ablegen. Auch wenn ein Teil von mir vom dunklen Volk abstammt, fühle ich mich den Dunkelelfen nicht zugehörig.“

Vana fand es recht amüsant, seine so wohlfeilen Argumente zu zerpflücken und ihn gleichzeitig weiter zu reizen. So hatte er bereits erwähnt, dass die Ruinen Kosrals nicht mehr waren. Auch wenn sie es sich nicht vorstellen konte, so musste Kosral in kürzester Zeit wieder erstanden sein. Ah, und er folgte den Dunkelelfen, obwohl er nichts von ihnen hielt. Das ließ nur einen Schluss zu, die neuen Herren Kosrals waren Dunkelelfen. Was bei Manthala machte das dunkle Volk mitten im Herzen Celcias? Anscheinend bauten sie heimlich und unter den Augen der anderen Völker eine neue Machtbasis auf. Was dieser Hybrid hier von sich gab, war mehr als beunruhigend.
Es wurde Zeit der Sache ein Ende zu bereiten, aber noch ließ sie ihn reden. So wie er sich in Rage redete, konnte sie vielleicht noch mehr erfahren. Seine kleine Demonstration bestätigte ihr nur, dass es sich bei ihm um einen Wolfshybriden handelte, interessant war allenfalls, dass er sein Äußeres willkürlich verändern konnte, was ihn in ihren Augen nur noch gefährlicher machte. Und dann sagte er etwas, was er bei ruhiger Betrachtung bestimmt nicht erwähnt hätte und was sie die ganze Zeit über vermutet hatte:

<i>"Zudem gilt es noch etwas zu klären. Wie ich schon sagte, folge ich dem Befehl meiner derzeitigen Herren. Dieser lautet, einen Azurkristall in den Neldoreth zu schaffen. Es hat mit den Thronerben zu tun, ich habe euch jetzt schon viel zu viel gesagt, als dass ich euch einfach gehen lassen könnte..."</i>

„Warum habt Ihr es dann überhaupt gesagt, wenn Ihr nicht von vornherein darauf aus wart uns zu töten?“, meinte Vana darauf mit feinem Spott.

Nicht dass sie diese Information interessieren würde, ganz im Gegenteil, arbeitete ihr Verstand nun auf Hochtouren. Anhand dessen was er gesagt hatte schloss sie, dass er nur vorgeblich für die Dunkelelfen arbeitete, die sich in einem auf wundersame Weise wiedererstandenen Kosral aufhielten und um jeden Preis Azuras Kristall wollten. Hintergründig folgte er aber eigenen Interessen, die er lediglich mit dem Auftrag der Dunkelelfen verband.
Solange sie nicht wusste, was seine eigentlichen Interessen waren, galt es Azura vor ihm und seinen Nachstellungen zu schützen. Auch sie hatte einen Auftrag und der kam von Manthala höchstselbst.

Die Situation schien vollkommen festgefahren und wurde in diesem Augenblick, da die Wachen die Leiche der Elfe entdeckten, zu Vanas Ungunsten verschärft. Gleich würden die Wachen auftauchen, was sie augenblicklich zum Handeln zwang.
„Egal was geschieht, reitet zum Markt!“, wies sie Azura an. „Ich werde Euch dort treffen. Hört auf Euer Herz und vertraut mir.“
Azura nickte, trieb mit einem lauten Schrei ihr Pferd an und setzte mit kühnem Sprüng über den Wolfshybriden hinweg. Den kurzen Augenblick, den dieser von Azuras Attacke abgelenkt war, nutzte Vana. Mit zwei Sätzen war sie bei ihm und hielt ihm das Katana, das sie inzwischen gezogen hatte, an die Kehle, gleichzeitig schrie sie seinem Wolf zu: „Bleib wo du bist oder dein Herr stirbt.“
Sie hatte nicht vor ihn zu töten, wollte ihn lediglich wissen lassen, dass er sich von Azura fern halten sollte, weswegen sie ihm, bevor sie nach hinten zwischen den Häusern verschwand ins Ohr zischte:
„Ich weiß nicht, was ihr wirklich von dem Mädchen wollt, aber ich gebe Euch einen guten Rat: Lasst die Finger von ihr, denn sie steht unter dem Schutz Manthalas und ich werde alles dafür tun, dass ihr nichts geschieht. Zudem ist es der letzte Wille einer Toten, dass ich das Mädchen beschütze, und ich gedenke diesen zu erfüllen.“

Bevor die Wachen heran waren, war Vana bereits zwischen den Häusern im Nebel verschwunden, lediglich der Wolfshybrid konnte noch sehen, in welche Richtung sie sich gewandt hatte.

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Merdarion
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Merdarion » Montag 13. Oktober 2008, 22:24

<i>„Ich weiß nicht, was ihr wirklich von dem Mädchen wollt, aber ich gebe Euch einen guten Rat: Lasst die Finger von ihr, denn sie steht unter dem Schutz Manthalas und ich werde alles dafür tun, dass ihr nichts geschieht. Zudem ist es der letzte Wille einer Toten, dass ich das Mädchen beschütze, und ich gedenke diesen zu erfüllen.“</i>

Merdarion spürte nur den Hauch des Katanas an seiner Kehle, die kalte Stimme des Mischlings in seinem Ohr und das schnelle Tappen ihrer Stiefel, als sie in einer dunklen Seitenstraße verschwand.
Es war ungeheuer schnell gegangen, die Kräfte und Fähigkeiten der Fremden interessierten ihn bereits jetzt brennend; brennend, ebenjenie Fähigkeiten im Kampf mit den seinen zu messen, doch dafür war nun keine Zeit.
Das Scheppern der Soldatenrüstungen rückte langsam näher, in Merdarions Gesicht breitete sich ein Grinsen aus, trotz der Gewissheit, die Erbin Kosrals verloren zu haben...fürs Erste, wohlgemerkt.
Der Fehler, von dem Schimmel abgelenkt zu werden, hätte nicht geschehen dürfen, doch da die Reiterin dadurch um einiges schwerer zu erreichen war als die fliehende Dunkelelfe, machte das jetzige Handeln logisch und denkbar einfach.
<span style="color:FFFFFF;"> "Sie flieht....Aaron, mein Freund, ich glaube wir haben unsere Mörderin gefunden...." </span>, lächelte er eisig und warf einen Blick zurück.
Der Schein einer Laterne, die Rufe "Stehen Bleiben!" drangen an sein Ohr; der Hybrid sah zu dem etwas verstört aber umso entschlosseneren Aaron und nickte in die Richtung der Gasse.
Sofort zuckte der Wolf herum, riss das Maul auf und knurrte mörderisch lüsternd, ehe sein Schweif im Schatten wedelnd verschwunden war, den Wolfshybriden dicht auf.

Merdarion rannte so traumwandlerisch sicher wie noch nie durch die Schwärze von Pelgars Gassen.
Er brauchte keine guten Augen oder einen guten Orientierungssinn, das Hybridenblut und Aaron genügten vollauf, die Spur der Dunkelelfe nicht zu verlieren.
<span style="color:FFFFFF;"> "Du weißt was du zu tun hast, wir machen es diesmal anders als bei unserer ersten Jagd....Jetzt spiele ich die erste Geige! In den Schatten, schneide ihr den Weg ab!" </span>, raunzte Merdarion kaum schnaufend und den Blick auf sein Ziel gerichtet; was er sah war meist nur ein Mantelsaum, der um die nächste Ecke bog, doch dies beunruhigte die Jäger nicht sehr.
<span style="color:FFFFFF;"> "Diesen Gestank sollte die Hälfte ihrer Abstammung ablegen!",</span>erwiederte Aaron hechelnd und schlug einen Haken in die nächste Seitenstraße.
Währenddessen versuchte der Kopfgeldjäger, die Verfolung aufrecht zu erhalten.
Die Dunkelelfe, oder besser der Mischling war flink, gelenkig und ausdauernd, doch dies war ein Wolf auch, ohne Zweifel mehr davon.
Kurzerhand entschloss er sich, seiner Geschwindigkeit etwas nachzuhelfen, indem er sich mitten im Lauf nach vorne fallen ließ und sich mit den krallenbewehrten Pranken auf dem Pflaster abstützte.
Auf allen Vieren riss es den Hybriden förmlich in den Rausch des Windes hinein, elegant und rasch schien er über den Schmutz der Gosse zu flitzen, als die Shilouette der Flüchtenden näherrückte.

Die Krallen zogen tiefe Kratzer in das Kopfstein, ein unheimliches Grollen folgte der großen Frau, die nicht müde wurde, vor ihm Reißaus zu nehmen.
Als sie eine Kreuzung erreichten, war es für ein Zuschnappen der Falle entgültig Zeit und mit einem Brüllen drückte Merdarion sich vom Boden ab.
Es war ein kurzer, schneller Flug, knapp hinter der Elfe kam er auf dem Boden auf, schlug mit dem in der Bewegung gezogenen Zweihänder zu und drosch ihr mit Wucht die stumpfe Seite in die Kniekehlen.
Sie wurde dadurch trotz Wendigkeit und Kraft nach hinten gerissen, erbarmungslos sprang der Hybrid auf und stemmte sich mit einem Stiefel gegen ihren Bauch, der Stahl blitzte und die Spitze der schweren Klinge zeigte auf die Stirn der schwer Gestürzten, die nun auch schon längst nicht mehr mit ihrem Jäger alleine war.
Aaron war aus der Seitenstraße gesprungen und verharrte nun mit dem Schädel voran neben dem Gesicht der am Boden Liegenden, zeigte seine Reißzähne und hob langsam seine rechte Pfote zum Schlag gegen ihre Kehle.

Nun doch etwas heftiger atmend gab Merdarion mit dem Druck des Fußes auf ihren Bauch ein wenig nach, das Schwert blieb jedoch wo es war, die Schmerzen die sein Opfer vermutlich gerade spürte, waren ihm erst recht in diesem Moment gleichgültig.
"Ihr habt mich wohl etwas falsch verstanden, meine "Dame"! Ich habe weder vor, die Thronerbin zu töten, noch euch etwas anzutun, esseiden ihr zwingt mich dazu! Ich scheiße auf Manthala, für mich gibt es nur den großen Jäger Iaszar, euer Schwur tut nichts zur Sache, denn ich gedenke nicht ihr Leid zuzufügen, wenn sie freiwillig mit mir kommt!"
Die Szene, die nach diesen heftigen Worten folgte, schien zu Eis zu gefrieren.
Merdarion, wie er über der gestürzten Mischlingsfrau verharrte, den Zweihänder keine Messerdicke von deren Stirn entfernt, das rechte Bein nun jedoch in einem Anflug von Galanterie von ihrer Körpermitte nehmend, der knurrende Aaron daneben.
Regungslos verharrte der Wolfsmann, lauschte seinem und ihrem Atmen und vertraute auf seine Waffe; sollte sie aufstehen wollen, einem vernünftigen Schnitt zwischen den Augen oder gar einem schnell gespaltenen Schädel würde sie wohl weniger entrinnen können.
<b>Das ist zu leicht... Wenn das hier die gesuchte und berüchtigte Mörderin sein soll, für die ich sie halte... so leicht kann sie nicht zu besiegen sein...Habe ich....</b>

Die Kapuze rutschte nach hinten, die drei Narben in Merdarions Antlitz leuchteten schwach in blutigem Rot, beleuchteten die mandelförmigen Augen, die herausstechenden Reißzähne.
"...Zwingt mich nicht, jenes Blut hier zu vergießen, welches ich zu hassen gelernt habe! Wir beide zählen zu den Ausgestoßenen der Gesellschaft, ich verstehe es, wenn ihr euer Blut des dunklen Volkes nicht sehr schätzt, glaubt mir... das verstehe ich durchaus, doch es nun heir und jetzt sprudeln zu lassen, wäre auch in euerem Interesse eher...unnötig... Wenn ihr kooperiert...."

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Mittwoch 15. Oktober 2008, 00:02

Ihr Vorsprung war gering und ihr Verfolger, wegen seiner wölfischen Seite, läuferisch klar im Vorteil. Sie machte sich nichts vor, über Kurz oder Lang würde sie dem Hybriden und seinem Schoßhund unterlegen sein. Alles was sie tun konnte, war die Jagd so lange wie möglich hinaus zu zögern und ihn so immer weiter von Azura weg zu locken.
Wilde Haken schlagend, über Hinterhöfe und schmale Hausdurchgänge jagend, hetzte Vana durch das Armenviertel, immer weiter in Richtung auf die große Bibliothek Pelgars zu. Er war ihr nah auf den Fersen, schon hörte sie sein tiefes Knurren in ihrem Rücken. Mit Absicht setzte sie nicht ihren magischen Schutz ein. Sie wollte wissen, was sie von ihm zu halten hatte und was er von Azura wollte. Wenn er tatsächlich in Diensten der Dunkelelfen stand, musste er kurzen Prozess machen, aber sein Zögern vorhin passte so garnicht dazu.
Sie wusste, dass sie Hassard spielte, aber das tat sie schon ihr ganzes Leben lang und mittlerweile erregte es sie regelrecht. Ihr Vater hatte wegen ihrer elfischen Langlebigkeit einmal zu ihr gesagt – Weißt du Kind, es kommt nicht darauf an wie lange man lebt, sondern nur, wie man gelebt hat. Und sie hatte gelebt. Ihr ganzes Leben war ein einziges Abenteuer und sie genoss es.

Schließlich, sie rannte gerade auf eine Wegkreuzung, war es dann soweit. Ein schmerzhafter Schlag traf ihre Kniekehlen und brachte sie zu Fall. Dumpf schlug Vana auf das Pflaster und rollte sich geistesgegenwärtig ab, konnte aber nicht mehr verhindern, dass der Wolfshybrid blitzschnell über ihr war.
Mit seinem Fuß presste er sie auf das Pflaster, während seine Schwertspitze nur eine Hand breit über ihrer Stirn ruhte.Und um ihre Möglichkeiten noch weiter zu reduzieren, tauchte nun auch sein Schoßhund auf, fletschte die Zähne und ließ sich mit zum Hieb erhobener Tatze neben ihrem Kopf nieder.
Auch wenn sein fester Tritt in ihren Bauch schmerzte, so verzog Vana keine Miene, diese Genugtuung wollte sie ihm nicht geben. Ganz kurz versuchte sie sich zu regen, doch das tiefe, grollende Knurren des Wolfes ließ sie sofort inne halten. Dafür drehte sie den Kopf leicht in seine Richtung und knurrte leise:
„Aus! Ruhig! Mach schön Platz! Braves Hundchen.“ Das folgende heißere Knurren des Wolfes quittierte sie nur mit einem ebenso wölfischen Grinsen und meinte dann mit sarkastischem Lachen:
„Ha, ha, Euer Schoßhund scheint mich nicht zu mögen. <span style="color:1A365E;">Ja, knurr du nur du Flohteppich, glaub ja nicht, dass mich das beeindruckt, du schwanzwedelnder Kläffer.</span> Auf was wartet ihr denn noch? Jetzt stoßt schon endlich zu und bringt es hinter Euch.“ Gefasst und mit eisigem Blick wartete Vana darauf, dass er sein Werk vollenden würde. Immerhin war ihm Azura entkommen und nur das zählte.
Doch anstatt ihr das Schwert in den Kopf zu rammen lockerte er den Tritt seines Fußes und meinte überheblich:
<i>"Ihr habt mich wohl etwas falsch verstanden, meine "Dame"! Ich habe weder vor, die Thronerbin zu töten, noch euch etwas anzutun, esseiden ihr zwingt mich dazu! Ich scheiße auf Manthala, für mich gibt es nur den großen Jäger Iaszar, euer Schwur tut nichts zur Sache, denn ich gedenke nicht ihr Leid zuzufügen, wenn sie freiwillig mit mir kommt!"</i>

Eisiges Schweigen herrschte darauf hin, selbst der Wolf schien zur lebenden Statue erstarrt. Sie hatte sich also nicht in ihm geirrt. Außerdem hatte er zum wiederholten Mal von der Thronerbin gesprochen. Doch welche Thronerbin sollte Azura sein? Vana hatte eindeutig noch zu wenig Anhaltspunkte. Warum wollte er Azura unbedingt zu den Dunkelelfen bringen? Sie gehörte eindeutig nicht zu ihnen, konnte also auch keinen Thron der Dunkelelfen erben. Oder meinte er den Thron Kosrals? Soweit sie von ihrem Vater wusste, hatten die Dunkelelfen den Thron aber nie erobert. Das Königspaar hatten sie gemordet, das Kind jedoch nie gefunden. Und seitdem würden die Geister den Dunkelelfen die vollständige Herrschaft über Kosral verweigern. Sollte Azura ...? Nein, sie war viel zu jung. Der Erbe oder die Erbin müsste wenigstens so alt wie sie selbst sein. Es sei denn ...! In Vana keimte der Verdacht, dass Azura wohlmöglich ein Nachkomme des letzten Erben war. Wenn dem so war, dann machte es auch Sinn, warum die Dunkelelfen hinter ihr her waren.

Vielleicht ahnte der Wolfshybrid, was gerade hinter ihrer Stirn vorging, doch Geduld zählte anscheinend nicht zu seinen Tugenden. Möglicher Weise wurde ihm aber auch nur die Zeit lang, jedenfalls nahm er auf einmal den Fuß gänzlich von ihr und knurrte sie an:
<i>"...Zwingt mich nicht, jenes Blut hier zu vergießen, welches ich zu hassen gelernt habe! Wir beide zählen zu den Ausgestoßenen der Gesellschaft, ich verstehe es, wenn ihr euer Blut des dunklen Volkes nicht sehr schätzt, glaubt mir... das verstehe ich durchaus, doch es nun heir und jetzt sprudeln zu lassen, wäre auch in euerem Interesse eher...unnötig... Wenn ihr kooperiert...."</i>

„Meint Ihr nicht, dass ich Euch meine Bereitschaft zur Zusammenarbeit bereits zur Genüge gezeigt habe?“, entgegnete Vana mit süffisantem Grinsen. „Wenn Ihr endlich Euren Verstand nutzen würdet, anstatt nur Euren Instinkten zu folgen, dann solltet Ihr klar erkennen, dass ich Euch vorhin ohne Weiteres hätte töten können. Warum glaubt Ihr wohl, habe ich es nicht getan? Also, entweder Ihr stoßt jetzt endlich zu oder aber Ihr nehmt Euren Zahnstocher aus meinem Gesicht und wir reden. Auf jeden Fall wird es mir langsam kalt im Kreuz und ich habe keine Lust mit steifem Rücken herum zu laufen.
Also was sagt Ihr?“
Wie gesagt, sie hatte Hassard gespielt und Glück gehabt, wieder einmal. Nicht nur, dass sie ihn von Azura weg gelockt hatte, sie hatte außerdem vorgehabt, weitere Informationen zu bekommen. Doch dazu musste sie ungestört mit ihm reden können. Die Frage war nun, wollte er reden oder wollte er sie nur seinem Willen unterwerfen? Freiwillig, so ahnte sie, würde Azura ihm auf keinen Fall folgen.

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Merdarion
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Merdarion » Mittwoch 15. Oktober 2008, 17:13

Die Dunkelelfe verharrte unter Merdarions Schwert und Aarons Klaue; sie schien sich dem Ernst ihrer Situation keineswegs bewusst, denn reglos hörte er die Provokationen, die sie seinem vierbeinigen Gefährten ins Gesicht spie.
Dieser schien sich das nicht gefallen lassen zu wollen und sträubte gereizt sein Nackenfell, brachte sein Gesicht nahe an das der Törichten und riss ungeachtet der Entdeckungsgefahr weit das Maul auf, ein drohendes Brüllen wallte der Aufgehaltenen entgegen.
"So hämisch ihr das auch meint, er hört einzig auf mich, also spart euch euer Gekeife, Weibsbild", schnaubte Merdarion mit Abscheu im Gesicht; er zuckte mit der Klinge leicht nach vorne und drückte damit leicht gegen die Stirn der Elfe.
Der Stahl durchbohrte spielerisch die erste Hautschicht, Blut glitzerte auf und ein Tropfen suchte sich seinen Weg über ihr Gesicht bis zum Mundwinkel hinab.
Doch es war zur Verwunderung des Hybriden Aaron, der ihn davon abhielt, den Zweihänder bis ins Gehirn der Dunklen zu treiben.
<span style="color:FFFFFF;"> "Wenn du sie jetzt tötest, schweigt sie und besudelt nicht länger den Stolz unserer Rasse, doch sie wird uns noch weniger nützen. Du wirst als Mörder gesucht werden, die Thronerbin findet heraus, was geschehen ist und die Hoffnung, sie lebend und unversehrt mitzunehmen, schwindet. Willst du das?" </span>

Tatsächlich zog der Hybrid seine Klinge wieder etwas zurück und betrachtete die winzigen Tropfen Blut, die Verletzung würde nur ein wenig brennen, es war nicht mehr als ein Kratzer.
"Jaa....es ist mir deutlich vor Augen, ihr werdet nicht mit mir kooperieren wollen. Ihr wollt nur eueren Schwur erfüllen und die Thronerbin vor mir schützen, doch ihr denkt in zu menschlichen Maßstäben....Aaron...."
Sofort hob der Getigerte den Kopf und auf ein Nicken seines Herren, erwiederte der Wolf die Geste und warf der Dunkelelfe noch einen letzten, todversprechenden Blick zu, ehe er sie mit seinem Bruder alleine ließ.
"Er wird sie finden, glaubt mir. Und in diesem Moment werde ich bei ihm sein. Es liegt unter meiner Würde, eine so junge Frau wie sie zu töten, ich versuche mein Bestes, meine Würde zu verteidigen. Doch ihr.... ihr schätzt mich wohl etwas falsch ein. Ihr haltet mich für einen zweibeinigen Köter, der die Hirnmasse in den Muskeln anstatt im Kopf hat, das haben schon viele gedacht und versucht, mich mit lächerlichen Fallen und Tricks hereinzulegen. Ich will und werde mich in meiner nun überlegenen Position keineswegs aufspielen, auch das ist unter meinem Niveau. Aber euch nun freizulassen, wäre sicher keine kluge Entscheidung, in euch steckt mehr als eine flinke Frau mit großem Mundwerk und noch schärferer Klinge...was mache ich nun mit euch..."
Sein Denkmuster zeigte ihm die Möglichkeit, sie den Wachen zu übergeben und wahrscheinlich eine riesige Summe in den Beutel stecken zu können; andererseits konnte sie doch auf eine bestimmte Weise nützlich für ihn sein, sie schien nach ihren Worten das Mädchen zu kennen, welches er suchte.
<i>"Also, entweder Ihr stoßt jetzt endlich zu oder aber Ihr nehmt Euren Zahnstocher aus meinem Gesicht und wir reden. Auf jeden Fall wird es mir langsam kalt im Kreuz und ich habe keine Lust mit steifem Rücken herum zu laufen. Also was sagt ihr?"</i>

Wieder umspielte ein Lächeln, nun seinerseits hämisch, die wölfischen Züge.
"Ihr seid wahrlich töricht. Dieser Zahnstocher entscheidet über euer Leben oder euren Tod, also redet nicht schlecht von ihm... Ich muss wahrlich lebensmüde sein, ihr tragt mehr in euch als Waffenkenntnis und Schnelligkeit, doch trotzdem .... gut, reden wir..."
Merdarion nahm seinen Zweihänder langsam aus dem Gesicht der am Boden Liegenden und stützte sich jederzeit wehrfähig auf die Waffe.
Sein Schweif peitschte nochmals nervös hin und her, ehe der Besitzer einen Schritt nach hinten unternahm und zog die Krallen an den Pranken etwas zurück; so sollte die Handhabung des Schwertes ein wenig erleichtert werden.
Er tat sich ohnehin schon schwer im Umgang mit dem vererbten Mordinstrument, seit seiner Wandlung, doch Kentnisse und Erfahrung schufen einen akzeptablen Ausgleich.
Zuletzt geändert von Merdarion am Mittwoch 15. Oktober 2008, 23:05, insgesamt 1-mal geändert.

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Vana Erendis Morgaine
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Vana Erendis Morgaine » Donnerstag 16. Oktober 2008, 23:12

Vana erkannte, als der Wolfshybrid die Schwertspitze auf ihre Stirn setzte, dass er nicht sehr viel von ihrem Sarkasmus hielt. Anscheinend hatte sie es ein wenig zu weit getrieben und würde nun die Quittung dafür bekommen. Die Augen geschlossen und mit dem Leben gerade abschließend, hörte sie nur noch den Wolf knurren, woraufhin sich zu ihrer Überraschung das Schwert von ihrer Stirn entfernte.
Konnten sich der Hybrid und sein Schoßhund etwa verständigen? Sie hatte ja schon gehört, dass es Menschen geben sollte, die mit Tieren reden konnten, aber bisher hatte sie selbst etwas derartiges noch nicht erlebt.
Nun, immerhin verschwand auf einen Wink seines Herrn oder auch Freundes, wer wusste das schon so genau, der Wolf und ließ Vana mit dem Hybriden allein. Eine deutliche Verbesserung der Situation, wie sie erleichtert aufatmend feststellte.
Unangenehmerweise war da aber noch das Schwert, das auf ihren Kopf gerichtet war und dieser ignorante Hybrid, der, wie sie gerade wieder hören musste, noch immer nicht begriffen hatte, dass sie durchaus zur Zusammenarbeit bereit war. Er hatte ja keine Ahnung wozu sie fähig war, wäre dies nicht der Fall.

Wenn sie seiner Meinung nach in zu menschlichen Maßstäben dachte, so war er selbst einfach nicht in der Lage, ihre kleinen Hinweise richtig zu deuten. So langsam ging ihr das auf die Nerven, anscheinend musste sie wohl etwas deutlicher werden.
„Verdammt!“, knurrte Vana nunmehr leicht gereizt. „Habt ihr etwas an den Ohren? Bei den Eurigen sollte man doch meinen, dass ihr sogar noch besser hört als alle anderen. Aber vielleicht hört Ihr auch einfach nicht zu. Ich sagte doch soeben, dass ich meine Bereitschaft zur Zusammenarbeit längst gezeigt habe. Was bei allen Dämonen der Finsternis soll ich denn noch tun, damit Ihr endlich überzeugt seid? Glaubt mir, wenn ich es gewollt hätte, dann hättet ihr mich nie erwischt. Allein die Tatsache, dass ich hier vor Euch liege, ist schon Beweis genug, dass ich mich von Euch fassen lassen wollte.
Also wenn Ihr nun endlich die Güte hättet ...“

<b>Manthala hilf mir, der Kerl ist ja sturer als ein dessarianischer Bergesel. Wie kann man den nur so vernagelt sein und nicht sehen, wenn einem die Hand gereicht wird.</b>
<i>“Aber euch nun freizulassen, wäre sicher keine kluge Entscheidung, in euch steckt mehr als eine flinke Frau mit großem Mundwerk und noch schärferer Klinge...was mache ich nun mit euch..."</i>

„Als Erstes solltet Ihr endlich Euer Schwert aus meinem Gesicht nehmen. Ihr müsst mich ja nicht gleich laufen lassen, auch wenn ich das durchaus könnte, wenn ich wollte. Und dann könntet Ihr mir ja in Ruhe erzählen, was das Gefasel von der Thronerbin soll und was Ihr in Wahrheit von diesem Mädchen wollt oder was Ihr mit ihr vor habt.“

Sie glaubte zwar nicht daran, dass er ihr auch nur ein wenig entgegen kommen würde, doch da hatte sie sich zugegebenermaßen in ihm getäuscht, denn diesmal schien er ihre Worte tatsächlich auch verstanden zu haben. Das Schwert verschwand aus ihrem Sichtfeld und auch er selbst trat einen Schritt zurück.
Endlich, sie hatte schon nicht mehr daran geglaubt. Vorsichtig und ja keine zu hastige Bewegung machend, erhob sie sich aus dem Straßenstaub, klopfte sich den Dreck aus den Sachen und wischte sich das Blut vom Gesicht. Ein kleiner Runenzauber und die Wunde hörte augenblicklich auf zu bluten. Schließlich musterte sie ihn belustigt, wobei sie sich ihrerseits auf ihren Kampfstab stützte.
„Was auch immer Euch endlich dazu bewogen hat, mir zuzuhören, es war auf jeden Fall nicht falsch. Doch sollten wir uns von der Straße zurück ziehen. Es ist ein Wunder, dass uns noch keine Wachen begegnet sind. Und ich verspüre keine große Lust einem ihrer Trupps zu begegnen“

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Merdarion
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Re: Pelgars Armenviertel

Beitrag von Merdarion » Freitag 17. Oktober 2008, 17:44

Es kostete Merdarion einiges an Überwindung, seine wölfischen Reflexe und Denkmuster zu unterdrücken um es sich nicht doch anders zu überlegen und die Dunkelelfe doch anzugreifen; doch auch hier war das überhandgewinnende Menschliche zu etwas gut, die Vernunft siegte und der Hybrid knurrte noch ein letztes Mal wütend.
Diese Frau hatte in seinen Augen die Überheblichkeit und Arroganz wahrlich mit Löffeln in sich hineingeschaufelt, doch was regte er sich schon auf, die Hälfte ihres Blutes war ganz klar dafür verantwortlich.
Ein Lächeln, welches seine Gewissheit ausdrückte, stand in seinem Gesicht, kalt und ohne jede Freude, als der Wolfsmann die Wunde auf ihrer Stirn wie von Zauberhand verschwinden sah.
"Ich hatte Recht...ihr besitzt mehr als eine scharfe Klinge", kam es leise von ihm.

<i>„Was auch immer Euch endlich dazu bewogen hat, mir zuzuhören, es war auf jeden Fall nicht falsch. Doch sollten wir uns von der Straße zurück ziehen. Es ist ein Wunder, dass uns noch keine Wachen begegnet sind. Und ich verspüre keine große Lust einem ihrer Trupps zu begegnen“</i>

Auch hier sah er sich bestätigt, die Frau hatte etwas zu verbergen und schien nicht grundlos auf der Flucht.
Fast hundertprozentig sicher glaubte Merdarion, die gesuchte Mörderin hier vor sich zu haben; eine halbe Dunkelelfe eben.
"Sieh da, Iaszar und Manthala halten Zwiesprache und haben beschlossen, dass wir beide etwas gemeinsam haben, auch ich würde mich nicht gerne mit den Wachen Pelgars darüber unterhalten, wen ich da bei mir und immer noch nicht getötet habe."
Damit sagte er auf seine Weise, dass die Idee der Elfe aufgegriffen werden sollte und langsam zog sich Merdarion in den Schatten der nächsten Hauswand zurück und gleitete lautlos in die dünne Gasse, in der kleine Stapel an alten Holzkisten gelagert worden waren.
Merdarion setzte sich im Schneidersitz auf eines der morschen Gegenstände und war nun hockend mit der eigentlich nicht gerade unansehnlichen Frau auf Augenhöhe.
"Gut, während mein Bruder nach euerem Schützling sucht, können wir gerne ein paar Worte wechseln. Ihr wollt von mir Dinge erfahren, ich von euch und hmm....grrrr....ja, vielleicht können wir uns trotz unseres ach so romantischen Aufeinandertreffens einig werden. Es ist eigentlich nicht meine Art, mit jemandem zu plaudern, der fast sicher ein Feind sein könnte. Doch mit den Zeiten ändern sich die Gewohnheiten, ihr kennt das bestimmt auch", brummte er nun nicht mehr ganz so aggressiv und zog sich seine Kapuze wieder ins Gesicht.
"Iaszar sei mein Zeuge, ich habe es mir nicht ausgesucht, für die Dunkelelfen zu arbeiten, das tue ich eigentlich auch jetzt nicht. Wenn ihr mir sagen wollt was ich auch hören will, dann bin ich meinetwegen damit einverstanden, euch etwas zu erzählen. Ich bin nicht auf den Kopf gefallen und habe auch nichts getan, was mir bleibende Schäden in die Birne getrieben hat, daher könnt ihr einmal auf den Stolz eines Wolfes vertrauen...Glaubt mir, ich lüge nicht, alles kann ich irgendwie beweisen..."

Im Nachhinein überlegte der Hybrid kurz, wie er überhaupt beweisen konnte, dass er für das Dunkle Volk derzeit arbeitete, als ihm zu seinem Unbehagen kurz Sonea in den Sinn kam.
Es ging bei dem Gedankenblitz jedoch nicht um die hübsche Hybridenfrau, sondern um das kleine Schmuckstück, welches er ihr gegeben hatte.
Die rechte Pranke wanderte an Merdarions Gürtel und ein kurzes dunkles Blinken später hatte er ein pechschwarzes Symbol in der Hand, welches er der Frau offen zeigte.
"Dies sollte als Beweis reichen, den ihr benötigt, um mir zu glauben. Die Priesterin Iridia gab mir den Auftrag und dieses Amulett mit auf den Weg, die Thronerbin Kosrals zu finden. Ich verrate hier viel zu viel, wieso ich für sie arbeite, werde ich euch auch noch erzählen, doch vorerst möchte ich nun etwas von euch hören, das hier ist kein Verhör an mich sondern EUCH."

Merdarion steckte die schwarze Sonne wieder weg und schulterte sitzend seinen Zweihänder.
"Ich möchte erfahren, wer diese Trägerin des Azurkristalls ist, was ihr mit ihr zu schaffen habt und wer IHR eigentlich seid. Soweit ich es mir zusammenreime und denke, seid ihr die gesuchte Mörderin, von denen die Stadtwachen gesprochen haben. Ein möglicher Beweis wäre die Flucht, die ihr beim Auftauchen dieser Typen unternommen hat, auch wenn das wegen mir und der Elfe gewesen sein kann."
Ein markiges Grollen konnte er sich nun doch nicht verkneifen, die vorderen Eckzähne glänzten kurz im dämmrigen Licht der Umgebung.
"Ich hasse Mörder. Jemandem das Leben nehmen ist ein Verbrechen, welches mit dem gleichen Schicksal bezahlt werden sollte. Ich töte, weil ich töten muss um zu leben und weil es ein Teil meines eigenen Selbsts ist, zu jagen. So etwas tun Wölfe und deshalb sind sie deswegen keine schlechten Wesen...Versteht ihr das?"

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