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Die Hafenanlage

Verfasst: Mittwoch 5. Juni 2019, 21:24
von Bilgar Schneeblick
Die Flocken fielen dicht an dicht und überzogen den Hafen Mantrons mit einer dicken, weißen Schicht aus Schnee. Die Luft, erfüllt vom wirbelnden Spiel der gefrorenen Tropfen, wurde undurchsichtig und färbte sich im schwachen Leuchten der langsam untergehenden Sonne feurig rot. Allmählich wurden die Flammen der Laternen entzündet und zogen einen schmalen Streifen aus zuckenden Lichtern entlang der Kaimauern. Die Feuerträger warfen von Zeit zu Zeit einen Blick auf die Eisbrecher, welche von den entfernten Rändern des Kanals zurückkehrten. In dieser Nacht wurde kein Schiff mehr erwartet und auch die letzten ausländischen Händler kehrten auf ihre Kogen zurück oder in die Hafentavernen ein. Die Welt wurde still. Hier und da konnte man vereinzelt Menschen sehen, die ihren Heimweg antraten und der herannahenden Nacht entkommen wollten. Wenn die Dunkelheit hereinbrach wurde die Kälte der Eisinseln zu einem unberechenbaren Gegner, ein Gegner, der weder Mitleid noch Sanftmut kannte. Nicht die größte Stärke des mutigsten Kriegers vermochte einen Sieg gegen Venthas grausigstes Kind erringen. Der Wind frischte auf und ließ die wenigen, verglasten Laternen zittern. Die Scharniere quietschten laut und an einigen Stellen wurden Eiszapfen abgeschlagen.
Die Eisbrecher erklommen die Stufen, die vom Becken hinauf auf den Pier führten. Sie alle waren eingepackt in dichten Pelz und trugen breite, weiche Stiefel, damit das erstarrte Wasser sie besser tragen konnte. Alle unterhielte sich und dennoch hatte ein kleiner Teil Zeit dem einsamen Mann zuzunicken, der hinter einem Bretterverschlag bündelweise Ware verschnürte. Bilgar erwiderte den Gruß, hob die Hand und rief ihnen gegen den Wind zu: „Beeilt euch, Ventha selbst haucht der Nacht ihren Atem ein - Ich spüre es in meinem Bein.“ Tatsächlich war dem nicht so, aber viele kannten seine wetterfühlige Art und das eines seiner Glieder besser war als der schärfste Blick des besten Spähers. Die Männer lachten und Bilgar war der Meinung, sie würden ihre Schritte beschleunigen. Ein verschmitztes Lächeln umspielte seine Lippen, während eine weitere Böe seine Haare umher warf. Begleitet von einem leichten Gemurmel, hob der junge Mann die Hände und versuchte mit den behandschuhten Fingern den Lederriemen, der seine Frisur bändigen sollte, fester zu ziehen. Es brauchte einige Anläufe, aber am Ende gelang es ihm und nach einer abschließenden Prüfung, nickte der Mantroner zufrieden. Seine grünen Augen wanderten über den Tresen seines Standes. Der Schnee fiel inzwischen so dicht, dass es nur einen kurzen Moment gedauert hatte, das alte, billig eingetauschte Holz zu bedecken. Mit einem ausladenden Wischen seines rechten Armes entfernte er einen Großteil der Massen, so dass wieder etwas Platz herrschte. Bilgar ging in die Hocke, darauf bedacht, nicht dass linke Bein zu belasten und fischte im Zwielicht nach einem zweiten Bündel seiner Pelze. Es war kein guter Tag gewesen, denn nur wenige hatten heute Dinge dabei die er zu Tauschen bereit war. Etwas Mehl und einen Trinkschlauch mit südländischem Wein. Diese Dinge würden seiner Mutter gefallen und auch ihm, sobald er sich berauschen wollte oder aus dem Mehl warmes, wohlschmeckendes Brot geworden war. Dieses warme Backwerk war in Mantron, als Stadt ohne jede Art von Feldwirtschaft, ein rares Gut und nicht selten ließ man gute Freunde oder Bekannte an einem solchem Erlebnis teilhaben. Da Bilgar aber weder Kochen noch Backen konnte, wusste er nicht ob die gehandelte Menge ein ausreichendes Ergebnis erzielen würde. Aber selbst wenn es nur für zwei Fladen reichte, es wäre ein willkommener Genuss. Schneeblick schüttelte den Kopf, er hatte sich von seinen Gedanken ablenken lassen. Endlich fanden die Fingerspitzen, welche bereits die Kälte spürten, den Riemen, der das zweite Bündel Pelze zusammenhielt. Während die anderen Mantroner lachend und feixend durch den Sturm spazierten, krochen die kalten Temperaturen langsam aber sicher über die Haut Schneeblicks. Sein Bluterbe verhinderte, dass er Venthas Kälte so trotzen konnte, wie es die anderen taten. Seine Kleidung hielt ihn warm, war aber auf lange Sicht auch kein Schutz und er stand bereits den ganzen Tag am Hafen. Hin und wieder gönnte er sich ein Met oder ein dickes Bier in der Taverne um die Ecke, damit sein Innerstes genügend Feuer trug, doch es war keine Lösung auf Dauer. Um sich von seinen Gedanken zu lösen untersuchte Bilgar die Riemen am Pelzbündel, denn er wollte beim Weg durch die Straßen, nicht seine Ware verlieren. Doch es sah so aus, als würde ihn nichts weiter hier halten. Er atmete schwer aus und sofort bildeten sich weißen Wolken vor seinem Mund, hinterließen Eiskristalle im Bart und zeugten vom Klima der Eisinseln. Nichtsdestotrotz liebte der junge Mann dieses Wetter. Er liebte die klare Luft darin, er liebte die tanzenden Flocken und die Stille, die viel mehr zu erzählen vermochte, als manche Geschichte der Alten. Während ein zufriedenes Grinsen über sein Gesicht huschte, suchten seine Hände nach der Holzstange, welche er zum Transport der Ware von und zu seinem Stand nutze. Dieser war nicht sehr groß, daher benötigte Schneeblick auch keinen Karren oder Esel für seine Felle und Pelze. Eigentlich waren es nur ein paar Bretter und ein Verschlag darunter, um Schutz vor der Witterung zu bieten. Hier konnte er auf einer größeren Fläche den Händler die gewünschten Produkte zusammenschnüren. Endlich fand der junge Mann, was er suchte und die grünen Augen fixierten den Stab. Er hatte sich verkeilt und Bilgar musste ihn etwas lockern, indem er ihn von oben nach unten bewegte. Dabei zitterte die gesamte Bude und man hätte beinahe denken können, die Göttin selbst würde ihm mit dem Wind helfen wollen, endlich aus dem Hafen zu verschwinden. Es knackte laut. Beinahe wissend und in erster Linie befürchtend, was passiert war, zog Bilgar die Hälfte seines Stabes hervor. „Dreckiger Mist!“, fluchte er und seufzte kurz darauf. „Ventha, nach all' den Jahren immer noch so humorvoll. Dann muss es anders gehen.“ Er zog eines der Fellbündel von Tresen und schob es wieder nach unten. Darauf achtend, dass es im Dunkel des Verschlages lag, hoffte er einfach darauf, dass es am nächsten Tag nicht von einem glücklichen Händler gefunden wurde. Doch er konnte weder das Mehl, noch den Wein hierlassen und ohne die Stange, würde er nicht alles mitbekommen. „Besser geht es nicht ...“, dachte er und erhob sich wieder. Die Sonne war jetzt nicht mehr als ein schmaler Streifen am Ende des langen, weiten Horizonts. Bilgar dachte viel an das, was dahinter liegen mochte. Auch bei seinen Streifzügen in den Wäldern, bei den Treffen mit Freuden oder Bekannten oder bei seinen Wegen durch Mantron. Immer wenn die grünen Augen die entfernten Wellen oder die wandernden Wolken sah, wollte er sie nach der Welt fragen. Ein dummer Gedanke vielleicht, aber dieser war so in seinen Kopf eingebrannt, dass Schneeblick gar nicht mehr versuchte, ihn loszuwerden. Oder es überhaupt versuchen wollte. Seine Hand umfasst die Schnur des verbliebenen Bündels, warf es sich über die Schulter und nachdem er sicher sein konnte, dass es nicht wieder herunterrutschte, griff der Mantroner mit der noch freien Hand den Sack mit den getauschten Waren. Es wurde Zeit. Sein Gesicht wanderte nach oben und Schneeflocken benetzten seine Haut, schmolzen und suchten sich als Tropfen den Weg durch den Bart nach unten. Bilgar schüttelte sich und verscheuchte das Wasser grob. Es wurde nun Zeit und langsam setzte er sich in Bewegung.

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Donnerstag 6. Juni 2019, 13:30
von Erzähler
Bilgur senkte seinen Blick in den Schnee zu seinen Füßen. Die flackernden Lichter der Lampen ließen die Eiskristalle in warmen Farben trügerisch funkeln. Die Spuren im Schnee, die die Eisbrecher kurz zuvor hinterlassen hatten, waren schon halb verweht vom frischen Neuschnee, aber man konnte sich noch gut erkennen. Die meisten führten in Richtung der Schenke, wo man in den späten Abendstunden sich noch einfand, sich Geschichten erzählte und die Wärme der Gemeinschaft genoss. Sein geschultes Auge erkannte an der Tiefe und der Schrittlänge so manchen Bewohner Mantrons. Seine eigenen Spuren waren markant und unvergleichlich. Mit seinem Bein war heute alles in Ordnung und er konnte darauf hoffen, dass es morgen einen schönen Tag geben würde, aber an anderen Tagen, wenn Ventha launenhaft über das Land fegte, dann sah man auch seinen Fußabdrücken im Schnee an, dass er Schmerzen litt, humpelte und das Bein nach zog.
Seine Nase zuckte unwillkürlich, als eine dicke Schneeflocke auf ihr landete und ihre eisigen Stacheln in seine Haut bohrte. Er musste schnell ins Warme. Er hatte sich zu lange nicht bewegt. Das Handeln am Hafen hatte seine Schattenseiten und machte ihn steif und anfällig für die Kälte. Ein warmer Met oder ein Humpen Bier wären vielleicht das richtige um sich aufzuwärmen, aber andererseits wartete zu Hause auch ein warmes Bett und eine, an solchen Tagen, entweder schlecht gelaunte, oder schon schlafende Mutter. Der pelgarischen Frau machte das Klima in Mantron noch weit mehr zu schaffen als ihm und ihre zusätzlichen Jahre, die harte Arbeit, das alles zollte jedes Jahr mehr Tribut an ihrer Gesundheit. Aria war keine schwächliche Frau, sonst hätte sie hier nicht überlebt, aber sie war halt kein Kind der Eislande. Bilgur wusste, an windig kalten Tagen, ging sie gern früh ins Bett und hob ihm sein Essen auf. Manchmal war es halt schon kalt, wenn er spät vom Hafen oder von der Jagd zurück kehrte, aber immer war etwas kleines da, was das Band zwischen Mutter und Sohn stark hielt. Sie dachten immer an einander.
In Gedanken versunken, den Blick in den Schnee gerichtet, lief Bilgur los. Das nahe Stadtzentrum hatte war keinen Marktplatz, so wie es andernorts vielleicht üblich war, aber die freie Fläche vor dem Langhaus der Familie Stumschreier war ein beliebter Sammelplatz, wann immer der Anführer der Freien etwas zu sagen hatte. Als Bilgur näher kam, hörte er selbst durch das Heulen des Windes und die Wände hindurch, Thures lautes Lachen und hob den Blick. Seine Stimme hatte ihm auch seinen Namen gegeben und wenn er es darauf anlegte, konnte mein Organ meilenweit über die Insel hören. Von den anderen Menschen im Haupthaus war hier draußen kaum etwas zu hören. Sicher war seine Frau Elin Meersegen bei ihm, saß am Feuer und kümmerte sich gerade um eins ihrer 13 Kinder. Die Venthapriesterin war Herz und Anker der Region und der Inbegriff einer sorgenden Mutter. Auch das hier war ein Ort, in den Bilgur einkehren konnte wann immer er wollte, denn der Anführer der Tapferen behandelte jeden, als wäre er ein Familienmitglied. Bestimmt war er nicht allein und einige seiner Getreuen waren so oft bei ihm, dass sie eigentlich schon bei ihm wohnten.
Bilgur ließ seinen Blick kurz zu beiden Seiten schweifen. Zur linken führte eine Gasse zwischen den Lagerhäusern zu der Taverne von Ulmgard Immerdurst und zur rechten führte der Weg zu den Wohnhäusern und letztendlich zu den Zwingern der Schneewölfe. Ganz am Ende dieses Weges wohnte Norna Wolfsruf, die Bilgur gerade zwischen zwei Häusern verschwinden sah. Ihre Haltung hatte seine Aufmerksamkeit geweckt. Bevor die Hauswand ihm die Sicht genommen hatte, war er ganz sicher gewesen, dass sie es war. Ihr hellrotes Haar und der dunkelrote Mantel, den sie stets trug, waren unverkennbar. Doch ihr Gang hatte ungewöhnlich gewirkt... gebeugt, aber sicher und zielstrebig in der Schrittlänge. Gerade in diesem Moment hörte Bilgur Schritte und schaute über seine Schulter. Eine dick vermummte Gestalt, so wie fast jeder hier in Mantron auf den ersten Blick wirkte, schaukelte schwer beladen mit zwei Fässern aus einem der Lagerhäuser. Der Größe nach männlich, taumelte er nach hinten und stieß rücklings mit dem Fass im Arm gegen die gegenüber liegende Wand. Eine weitere deutlich kleinere vermummte Gestalt kam aus dem gleichen Ausgang und stellte noch ein weiteres kleineres Fässchen auf das linke große in seinen Armen, was ihn gehörig aus dem Gleichgewicht brachte. Bilgur hörte ihre leisen Stimmen:
„...und nicht fallen lassen! Vater lässt mich draußen schlafen, wenn das nicht heil ankommt!“
...was einer Morddrohung gleich kam. Die weibliche, klangvolle Stimme gehörte Jenna und wenn Bilgur richtig vermutete, dann war der Große Jan. Einer seiner Freunde, jung, etwas dumm manchmal, aber gutherzig und wurde oft von Jenna oft als Lastentier missbraucht. Sicher sollte sie neue Fässer Met und Bier aus dem Lager für ihren Vater Ulmgard holen und hatte Jan überredet ihr zu helfen, damit sie nicht so oft gehen musste. Just in diesem Moment hatte sie Bilgur entdeckt und hob lächelnd die Hand zum Gruß, selbst wenn sie ihn vielleicht nicht erkannte. Jenna war eine Frohnatur und konnte herrlich singen. Ihre Stimme konnte einem in kalten Nächten eine Wärme schenken, wie es kaum ein Feuer vermochte. Sie wirkte immer fröhlich, auch wenn Bilgur sie einmal heimlich in der Küche hatte weinen sehen. Bis heute wusste er nicht warum.

Nun stand Bilgur in der Dämmerung des Tages und entschied schnell, wo der eisige Wind ihn hintreiben würde. Einiges hatte vielleicht sein Interesse geweckt, aber nur eines war sicher. Er musste raus aus der Kälte, weg vom Hafen wo die Gischt wie Nadeln über den Strand wehte!

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Freitag 7. Juni 2019, 00:11
von Bilgar Schneeblick
Der frische Schnee knirschte unter den Sohlen des jungen Mantroners, als dieser durch die Gassen der Stadt wanderte. Obwohl es Viertel gab, war es für Außenstehende kaum zu erkennen, wo das eine begann und das andere wieder aufhörte. Dies lag vor allem daran, dass die Gebäude nicht nach einem Plan erbaut worden waren, sondern so, wie sie gebraucht wurden. Die Ahnen hatten sich damals in einem Kreis zusammengefunden und dort, wo sie lagerten, entstanden die ersten Langhäuser, als Sammelpunkt und Lagerstätten. Heutzutage bildete dieses Geflecht das 'Zentrum' Mantrons. Mit der Zeit wurden Familien größer, fanden sich weitere Westländern ein und erschufen ihre Wohnstätten dort, wo noch freies Bauland zu finden war. Dadurch ergab sich ein wunderbar wildes, gezwungenes Stadtbild. Eine Tatsache die, wenn man darüber nachdachte, gerade bei diesem Volk stimmig war. Hin und wieder wanderten Bilgars Augen an den Fassaden entlang und erhaschte einen Blick auf Familien, Freunde oder einsame Menschen, die ihren abendlichen Riten nachgingen. Teilweise opferten einige der Bewohner an Schreinen der Ventha. Fische, Federn oder andere Dinge, die von der ihr gegeben wurden, fanden ihren Platz in einer Schale. Früh wurde den Kindern beigebracht, dass man eine Handvoll von zerstoßenem Eis oder Schnee darüber gab, damit die Wechselhafte die Gabe auch bemerkte. Schmolz diese Art der Abdeckung, so war die Göttin zufrieden und gab ihren Segen. Zwar hatte er noch nie davon gehört, dass es jemals dazu gekommen war, dass etwas davon nicht schmolz, aber sicherlich war es eine Erleichterung, wenn man die Götter auf der Seite der Sterblichen wusste. Natürlich konnte man trotz des Wankelmuts von Ventha in eine Krise schlittern, doch aufgrund ihrer Eigenart war das jedem bekannt. Alten Hunden brachte man keine neuen Kunststücke bei.
Gerade noch in Gedanken, wurde Bilgar durch ein lautes, schallendes Lachen und Gröllen aufgeschreckt. Er war so in seine Überlegungen versunken gewesen, dass seine Füße ihn ungewollt am Haus von Sturmschreier, ihrem Anführer, vorbeiführte. Dicke Lederstücke waren vor den Fenstern heruntergelassen worden, um Wind und Wetter aus der warmen Halle zu verbannen. Es ertönten wilde Lieder und viele davon waren Schneeblick bekannt. Unwillkürlich summte er die Melodie und formte die Worte in seinem Kopf. Bilgar erinnerte sich an das erste Mal, als er die alten Legenden von der Jagd auf riesige Bären und schlaue Schneefüchse gehört hatte. Mit Freude lauschten die Kinder der Stadt Norna Wolfsruf. Sie brachte es immer fertig, als lebendig darzustellen. Geradezu als würde der gewitzte Fuchs noch heute die Jäger in tiefe Wälder führen oder ihre Fallen gegen sie wenden. Es war eine der Lieblingsgeschichten des jungen Mannes. Selbst Thure brachte zum Beginn eines jeden Tapferkeitsspieles eine Geschichte zum Besten. Die Durch seine donnernde Stimme trug er die Kämpfe mit den Bestien der alten Tage aus der Vergangenheit zu seinem Volk. Bilgar wollte die Kälte verlassen und das Haus betreten, denn er wusste um die Gastfreundschaft der Familie von Sturmschreier. Allerdings hatte er immer noch die Ware in den Händen und zudem war die Gesellschaft von Thure und seiner Frau auch immer etwas anstrengend. Auf keinen Fall schlecht, denn wer ein Fest in seinen Hallen erlebte, der fühlte das Glück wie nach tausend Schlachten oder einer tagelangen Jagd. Doch das Tagwerk Schneeblicks verlangte seinen Tribut. Bereits am Morgen hatte er Feuerholz geschlagen, damit seiner Mutter in dieser Nacht einheizen konnte. Der restliche Tag war durchzogen von Besorgungen und jetzt hätte er den Erzählungen der Anwesenden nicht mehr so folgen können, wie er es gerne gehabt hätte. Es wäre eine Enttäuschung und diese wollte sich der junge Mann gerne ersparen. Entschlossen schnaufte Bilgar und wandte sich ab. „Ich werde es nachholen und dann werde ich dreimal soviel Trinken, viermal soviel Lachen und fünfmal so viele Lieder zum Besten geben wie Thure Sturmschreier.“, dachte er voll Ingrimm und nickte, um es sich selber noch einmal zu versprechen. Schneeblick hasste es, solch gesellige Abende zu verpassen und noch viel mehr, dass es wegen der Arbeit war, die ihn heute so lange aufhielt. Es passte nicht zu ihm, dass er die hereinbrechende Nacht nicht irgendwo in einer Taverne oder bei einem Gelage verbrachte. Vielleicht konnte er später, nachdem die heimische Stube ihn gewärmt hatte, noch einmal durch die Straßen ziehen. Wenn bis dahin nicht alle schon im Vollrausch ihre Freiheit herausschrien. Seine Augen blickten reuig auf die flatternde Abschirmung. Kurz meinte er ein Kinderlachen zu hören und die sanfte, aber direkte Stimme der höchsten Venthapristerin. Bilgar mochte sie, auch wenn ihre mahnenden Worte häufig denen seiner Mutter ähnelte als ihm lieb war. Ihm kam der Gedanke, dass die Mütter dieser Welt vielleicht alle ein und denselben Wortklang hatten, wenn sie belehrten oder schalten. Ein sanftes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Damals hatte ihn Erin dabei erwischt, wie er Trockenfisch aus der Gebetsschale am großen Venthaschrein stahl. Es gab einen langen und intensiven Austausch über die Lehren der Wechselhaften und das man seine Zeit besser mit Familie und Freunden verbringen sollte, als Unsinn anzustellen. Heute stimmte er ihr zu, aber damals bedachte er die vielfache Mutter mit einer garmischen Beleidigung. Zwar wusste Erin nicht, was es bedeuten sollte, aber es gab eine kräftige Ohrfeige. Später, als Meersegen dann bei seiner Mutter um eine Übersetzung bat, fing sich Bilgar auch von ihr einen kräftigen Hieb ein. Es war eine gute Zeit.
In diesem Moment wollte der junge Mann seinen Weg fortsetzen und schüttelte die Schnee aus seinen Haaren, dass der Pferdeschwanz schnell von einer auf die andere Seite flog. Eilige stellte er den Sack mit Mehl und Wein ab, damit er sich die Gugel aufziehen konnte. Langsam wurde der Schnee dichter und es zuckte unangenehm in seinem Bein. Das Wetter würde bald umschlagen und aus den sanft fallenden Wolken würde ein unangenehmer Sturm werden. Bevor er jedoch darüber nachdenken konnte, ob er es noch bis zu seiner Heimstatt schaffte, fiel ihm am Ende des rechtsseitigen Weges eine Frau auf. Normalerweise wäre es nicht von Bedeutung gewesen, aber das auffallende Haar und die markante Kleidung konnten nur auf Norna deuten. Diese schien sich verstohlen um die Häuserecken zu stehlen. Dieses Verhalten passte gar nicht zu ihr. Doch selbst wenn Bilgars Neugierde geweckt war, so war er schlau genug zu wissen, dass er ihr oder ihren Spuren bei dieser Witterung nicht folgen brauchte. Gerade der Reiz, jemanden zu verfolgen und dabei ein oder zwei Grenzen zu überschreiten, wäre der Schwung der diesem Abend noch fehlte. „Nein, nein … dieses Mal sei schlauer, Bilgar ...“, sagte er leise zu sich selbst, „ … in diesem Schneetreiben sind ihre Spuren schnell verschwunden und du vermutlich erforenen.“ Ein Zittern durchfuhr ihn. Der Wind schwoll an und wirbelte die Flocken ungezügelt durch die Straßen. Die Lederverdeckung an den Fenstern knatterten Laut. Es wurde höchste Zeit weiterzuziehen.
Allerdings kam der junge Mann nicht sehr weit, denn nur wenige Meter weiter, kurz nachdem er um eine Ecke gebogen war, ließ ihn ein Geräusch aufhorchen. Poltern und laute Stimmen drangen aus seinem Lagerhaus hinter ihm. Doch erst die Schritte in seinem Rücken brachen Bilgar dazu, sich umzuwenden. Eine massive, vermummte Gestalt jonglierte mehr schlecht als recht zwei Fässer in den Armen. Sein Gleichgewicht versagte ihm scheinbar den Dienst, denn er stolperte rücklings gegen eine Wand. Erst wollte Schneeblick aufschließen und das Schlimmste verhindern, aber dann trat noch jemand aus dem Gebäude. Von der Statur eher klein, aber immer noch mantronischer Herkunft, übergab die hinzugetretene Person ein kleineres Fass an den schwankenden Riesen, welcher dadurch noch weitere Probleme zu haben schien. Hätte sich jetzt nicht eine vertraute Stimme aus einem der vermummten Gesichter erhoben, so hätte Bilgar nicht gewusst, was er mit diesem Bild anfangen sollte. Doch der klare, unverfälschte Klang von Jenna war sogar durch die heulenden Winde hindurch zu vernehmen. Sie bemerkte ihn und hob grüßend die Hand. Ohne zu zögern erwiderte das Grünauge und wandte sich dem ungleichen Paar zu. Beim Aufschließen sprach er gegen den Wind an: „Ich sehe, Jenna hat wieder jemanden gefunden, der ihre Arbeit macht, hm?“, sagte er unverhohlen. „Irgendwann wirst du mal erkennen, dass man den Jagdhund nicht isst. Halt das!“ Schneeblick war nun dicht genug herangekommen und nahm Jan, einem seiner besseren Freunde das kleine Fass ab, gab zuvor aber den Sack mit Mehl und Wein an Jenna. Alle drei kannten sich lange und waren ungefähr im gleichen Alter. Die Art miteinander umzugehen war typisch für diesen Landstrich und daher in keinster Weise unangebracht. Gerade der Hunde-Vergleich fand häufig Anwendung in der Dreiergruppe, da Jenna Jan schon so lange für ihre Arbeit einspannte. Sie wussten, dass damit Jennas Umgang mit ihrem Bruder gemeint war. Jedoch wurde darüber immer gelacht und selbst Jan konnte gutherzig wie er war, immer darüber hinwegsehen. Und obwohl Bilgar in sein trautes Heim einkehren wollte, entschloss er sich, nicht noch eine Chance auf einen geselligen Abend verstreichen zu lassen. Ventha wollte ihn wohl heute Nacht nicht in einem ruhigen Heim wissen, sondern am Tisch in einer Taverne vor einem Krug schäumenden Bieres. Der junge Mantroner konnte sich schnell denken, dass der Vater der Beiden sie los schickte um weiter Vorräte zu holen. Daher hatte er sich entschlossen zu helfen und danach in der warmen Stube von Immerdurst etwas zu trinken und sich aufzuwärmen. Wenn Ulmgardt seine Nachkommen nicht den gesamten Mondlauf in Arbeit verstrickte, vielleicht sogar mit den Geschwistern. Seine Mutter würde ohnehin bereits im Bett liegen und sich bei den abendlichen Temperaturen unter drei dicke Wolldecken kuscheln. Recht hatte sie, aber Abseits des Willens eines Umtrunkes, musste Bilgar aus der Kälte heraus. Es hatte also durchaus auch einen praktischen Nutzen seine Hilfe wortkarg und harsch anzubieten. „Ich werde nie verstehen, wieso du dich von deiner Schwester immer wieder so einspannen lässt?“, fragte der junge Mann den riesigen Jan und klemmte das Fass unter die Achsel. „Vielleicht singt sie dir immer ein Ständchen und das wärmt dein Herz.“, griente er breit und feixte durch seinen mit Schnee bedeckten Bart zur jungen Frau herüber. „Oder Ventha selbst fürchtet ihre Waldvogelstimme schmelze das Eis von den Bäumen und lässt ihr deswegen Glück zukommen.“ Bilgar mochte Jennas Stimme. Er hörte ihr gerne bei den Balladen und Heldenepen zu. Aber er konnte nicht umhin sie von Zeit zu Zeit etwas aufzuziehen. Dafür ertrug er tapfer die unzähligen Bemerkungen über sein Bein und seinen abgeschwächten Wuchs. Doch dies gehörte unter Freunden dazu und niemand war dem anderen böse deswegen. Einmal hatten sich Jan und er auch in den Haaren und es gab blaue Augen und aufgeplatzte Lippen. Selbstverständlich verlor Schneeblick, aber nach ein paar Runden Met und Fleisch war alles nur noch ein großer Spaß. Außerdem zeichnete Bilgar dem vor Trunkenheit schlafenden Jan damals mit einem verkohlten Stück Holz ein paar unschöne Kleinigkeiten ins Gesicht. Das war auch der Tag, an dem er Jenna zum ersten und einzigen Mal weinen sah, in der Küche der Taverne. Bis heute kam er nicht dazu sie zu fragen warum und es war auch nicht wichtig. Wenn sich jemand der Trauer hingibt, dann entweder allein oder in Gesellschaft, doch dies war immer die Entscheidung des Trauernden und Jenna hatte sich damals dazu entschlossen es für sich zu tun. Ihm, Bilgar, hätte es auch missfallen, wenn ihn damals jemand zu seinem Vater ausgefragt hätte, in der Zeit, als er einsam im Wald für sich sein wollte. Doch diese Gedanken stimmten in missmutig und somit verscheuchte er sie schnell. „Ich lehne mich mal aus dem Schlitten und vermute euer Vater wartet auf die Ware. Gehen wir oder warten wir lieber bis Jenna Brüste gewachsen sind?“, lachte er etwas, stieß die junge Frau an und ging ein kurzes Stück rückwärts, um die beiden Geschwister im Auge zu behalten. „Und lass den Sack nicht fallen, Jenna, Mehl und Wein … wäre unschön, wenn das nass wird oder zerbricht!“ Der Wind peitschte nun über den Dächern und wehte die Wolfsgugel von Bilgars Kopf. Trotzdem konnte man das weiß seiner Zähne sehen, er war froh während so einer Nacht seine Freunde zu treffen, denn so etwas verhieß stets Gutes.

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Freitag 7. Juni 2019, 11:58
von Erzähler
Jenna bemerkte Bilgar und hob grüßend die Hand. Ohne zu zögern erwiderte das Grünauge den Gruß und wandte sich dem ungleichen Paar zu. Beim Aufschließen sprach er gegen den Wind an:
„Ich sehe, Jenna hat wieder jemanden gefunden, der ihre Arbeit macht, hm?... Irgendwann wirst du mal erkennen, dass man den Jagdhund nicht isst. Halt das!“
Jenna hatte schon den hübschen Mund zu einer Erwiderung geöffnet, als Schneeblick dicht genug herangekommen war, ihr den Sack mit Mehl und Wein in die Arme drückte und sie ihn mit einem überraschten leisen Schnaufen entgegen nahm. Alle drei kannten sich lange und waren ungefähr im gleichen Alter. Die Art miteinander umzugehen war typisch für diesen Landstrich und daher in keinster Weise unangebracht. Jenna lächelte sogar verschmitzt, als freute sie sich über den kleinen verbalen Schlagabtausch. Vielleicht freut sie sich aber auch nur Bilgar zu sehen, oder über seine unverhoffte Hilfe, wer wusste das bei ihr schon so genau. Sie war mal stürmisch, dann sanft und wandelbar wie Ventha. Gerade der Hunde-Vergleich ließ sie schelmisch grinsen, auch wenn sie Bilgar sofort korrigierte:
„Meinst du nicht: **..., dass man den Wolf nicht essen soll, der den Schlitten zieht?**“
Natürlich wusste sie, dass Schneeblick damit ihren Umgang mit ihrem Bruder gemeint hatte.
Und obwohl Bilgar in sein trautes Heim einkehren wollte, entschloss er sich, nicht noch eine Chance auf einen geselligen Abend verstreichen zu lassen. Seine Mutter würde ohnehin bereits im Bett liegen und sich bei den abendlichen Temperaturen unter drei dicke Felle kuscheln. Recht hatte sie, aber Abseits des Willens eines Umtrunkes, musste Bilgar aus der Kälte heraus. Es hatte also durchaus auch einen praktischen Nutzen seine Hilfe wortkarg und harsch anzubieten.
„Ich werde nie verstehen, wieso du dich von deiner Schwester immer wieder so einspannen lässt?“
, fragte der junge Mann den riesigen Jan und klemmte das Fass unter die Achsel. Jan grinste nur und balancierte das Gewicht auf seinen Armen neu aus.
„Vielleicht singt sie dir immer ein Ständchen und das wärmt dein Herz.“
, griente er breit und feixte durch seinen mit Schnee bedeckten Bart zur jungen Frau herüber.
„Oder Ventha selbst fürchtet ihre Waldvogelstimme schmelze das Eis von den Bäumen und lässt ihr deswegen Glück zukommen.“
Jenna zog die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und schien noch zu überlegen, was sie von seinem seltsam klingenden Kompliment halten sollte, wenn es denn eines war, oder wartete schlicht auf das was da noch kommen würde. Sie kannten sich recht gut und meistens erwartete sie von Bilgar die ein oder andere Spitze.
„Ich lehne mich mal aus dem Schlitten und vermute euer Vater wartet auf die Ware. Gehen wir oder warten wir lieber bis Jenna Brüste gewachsen sind?“
, lachte er etwas, stieß die junge Frau an, der der Mund aufgeklappt war und ihn tatsächlich einmal sprachlos anstarrte. Doch der Schock würde nicht lange anhalten und so ging er wohl weißlich schnell ein kurzes Stück rückwärts. Mit etwas mehr Ernst in der Stimme fügte Bilgar noch hinzu:
„Und lass den Sack nicht fallen, Jenna, Mehl und Wein … wäre unschön, wenn das nass wird oder zerbricht!“
Der Wind peitschte nun über den Dächern und wehte die Wolfsgugel von Bilgars Kopf. Trotzdem konnte man das weiß seiner Zähne sehen, er war froh während so einer Nacht seine Freunde zu treffen, denn so etwas verhieß stets Gutes.

Er hatte sich gerade umgedreht um die Taverne Immerdurst anzusteuern, da traf ihn ein Schneeball am ungeschützten Hinterkopf. Er konnte gerade noch das Fass fest halten. Hinter ihm erklang durchaus melodisch, aber voller Zorn Jennas schöne Stimme:
„Was heißt hier **bis mir Brüste gewachsen sind**?! Ich hab sehr wohl Br....“
Weiter sprach sie nicht, aber ihr Anblick war zum Lachen. Mit hoch rotem Kopf stand sie mit vor eben jenen erwähnten Organen verschränkten Armen da und begriff gerade, dass sie auf Bilgars Necken rein gefallen war. Sie presste wütend die Kiefer aufeinander und zog die Lippen zwischen die Zähne. Ihre Schläfen pulsierten und ihre Augen funkelten wie die stürmische See. Selbst in dem abendlichen Schneetreiben und dem wenigen Licht der Lampen leuchteten ihre Augen wie Sterne. Jan sah zwischen seiner Schwester und seinem Freund ratlos hin und her um murmelte leise:
„Sollten wir nicht langsam...“
Er sah seine Schwester etwas länger an und begann zu grinsen. Eilig schnappte wankte er unter der Last der größeren Fässer los und rief noch:
„Bilgar, komm!“
Schneeblick begann zu ahnen, dass das seine Worte noch ein Nachspiel haben könnten und beschleunigte lieber seine Schritte. Hinter sich hörte er sogleich ein:
„Hey, wartet auf mich!“
und das Rascheln, als Jenna seine Habseligkeiten einsammelte, die sie abgestellt hatte um ihn zu bewerfen. Jenna war mit ihren 19 Sonnenwenden etwas jünger als Bilgar und auch ihr Verhalten, wie dass seinen Gegnern Schneebälle an den Kopf zu werfen, mochte von Temperament und einer gewissen Unreife zeugen, doch sie hatte ein gutes, starkes Herz, dass ihren Bruder immer in Schutz nahm, wenn andere sein schlichtes Gemüt belächelten. Auch mit Bilgar hatte sie sich schon angelegt und sie war meisterlich darin, andere mit ihrem Tablett zu vermöbeln. Sie konnte es auch hervorragend werfen, wie er schon schmerzlich fest gestellt hatte. Gut, dass sie es nicht dabei gehabt hatte.

(Bilgar weiter bei: Taverne von Ulmgard Immerdurst)

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Dienstag 25. Oktober 2022, 14:41
von Erzähler
Eleyna kommt von Eine Seefahrt, die ist lustig...


Es dauerte noch beinahe zwei Wochen, bis sie es tatsächlich geschafft hatten. Die Luft um sie herum wurde dabei spürbar kälter, obwohl sie es durch die kalte, dunkle Jahreszeit ohnehin schon war. Zwei Tage lang hatten sie das Pech, in einen kleinen Schneesturm zu geraten, der das Schiff unbarmherzig auf den Wellen schaukeln ließ und ihnen fast gänzlich die Sicht nahm. Laogh ging es dadurch mehr als schlecht.
Was aber auch sein Gutes hatte, denn auf diese Weise hatte er kaum die Kraft, sich gegen Eleynas Aufpäppelversuche zu wehren. Ja, selbst die Hühnerbrühe musste er schlucken und schimpfte sie flüsternd eine Foltermeisterin, was sie jedoch eher als Kompliment auffassen könnte.
Als sich die See endlich beruhigt hatte am dritten Morgen und sie somit an Deck lockte, musste sie aufpassen, wo sie hintrat. Denn das Holz war nicht nur nass, sondern mittlerweile an einigen Stellen eisig geworden. Was man umgehen könnte, wenn man es denn sähe!
Der Sturm hatte nämlich das Deck wie mit Puderzucker bestreut und ihm einen ganz eigenen Zauber dadurch verliehen, der einem wieder vor Augen führte, dass die Natur ihre ganz eigenen Schönheiten hervor zu bringen verstand. Alles glitzerte und wirkte vollkommen unberührt, zumindest in der näheren Umgebung, wo noch kein Matrose fluchend hindurch gestapft war.
Oder sich gerade aufrichtete und den wunden Hintern rieb wie der Mann bei den Fässern weiter hinten, der eindeutig eine eisige Stelle auf ihre Rutschfähigkeit hatte testen wollen. Die Situation barg ein gewisses Maß an unwiderstehlicher Komik und dennoch war es angeraten, darüber nicht zu auffällig zu kichern, ganz gleich, wie sehr der Anblick dazu zu reizen vermochte.
Ohnehin wurde der Moment unwichtig, sobald sie einen Blick weiter in Richtung Horizont richten würde, denn dort erhob sich ein glitzernder, verschneiter Wald in der Morgensonne. Es wirkte wie in einem Märchen, eine unberührte, verträumte Landschaft, bar jeglicher Sorgen und Nöte, obwohl es diese in jeglichem Leben geben würde. Und dennoch...
"Guad'n Morg'n.", grüßte Mundl sie mit einem kleinen Lächeln, da er sie entdeckt hatte. Auch sein Blick glitt einige Momente lang in Richtung des Zauberwaldes, ehe er ihr zuzwinkerte.
"Boid ho'm mas g'schofft. Hinta oi de Bam liegt Mantron und in a poa Stund'n san ma endli beim Kanoieingong zum Hof'n. Heit Nochmittog, wonn Ventha uns losst, hot ea fest'n Bod'n unta d'Fiaß!", klärte er sie auf und wollte auch noch nach dem Befinden des Patienten fragen, aber ein Ruf vom Vorderdeck benötigte seine Anwesenheit dort.
So nickte er ihr noch einmal grüßend zu, ehe er davon eilte und erstaunlich vorsichtig auftrat. Der Anblick des herabrieselnden Schnees von einem malträtierten Hinterteil schlich sich zurück ins Bewusstsein und reizte erneut zum Kichern.
Besser sie kehrte gleich um und sah noch einmal nach dem Schatten. Oder wollte sie lieber noch etwas die verschneite Winterlandschaft bestaunen? Es lag an ihr, denn Laogh schlief und wusste sich standhaft gegen einen weiteren Löffel Hühnerbrühe zu wehren. Also konnte sie sich auch ein wenig Pause gönnen nach den anstrengenden letzten Tagen und ihren Gedanken nachhängen.
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Übersetzung:
Guten Morgen.
Bald haben wir es geschafft. Hinter all den Bäumen liegt Mantron und in ein paa Stunden sind wir endlich beim Kanaleingang zum Hafen. Heute Nachmittag, wenn Ventha uns lässt, hat er festen Boden unter den Füßen!

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Freitag 28. Oktober 2022, 09:54
von Eleyna d'Yaincre
Die Fürsorge, die Mundl Eleyna zuteilwerden ließ, brachte die Elfe zu einem sanften Schmunzeln. Sie nickte nur auf seine Nachfrage und würde auch nicht weiter darauf eingehen wollen. Immerhin war es doch noch gar nicht lange, dass sie es wusste und bei ihr hatte sich derweil nicht sofort ein gewisses Sicherheitsdenken eingespielt. Eleyna war sich immer noch nicht darüber im Klaren, was das für sie bedeuten würde. Und ob sie wirklich dafür bereit wäre. Die Halbelfe ließ Mundl seine Arbeit machen und hängte sich daraufhin an Pepi, der ihr ein paar verschiedenste, essbare Auswahlmöglichkeiten kredenzen sollte. Sie hatte ihre Lektion in seiner Küche gelernt und würde sich nicht mehr ohne sein Einverständnis hineinwagen. Sie respektierte ihn und sie respektierte die restliche Crew. Sie waren gute Männer und Laogh schien ein gutes Händchen bei der Wahl der Männer gehabt zu haben, ebenso wie Mundl sie sehr gut in der Lage war, zu führen. Jetzt aber kümmerte sich Eleyna erstmal um den Patienten. Laogh musste essen und nachdem er so schwach auf den Beinen, sogar ein Szenario der Gefahr verlassen musste, stellte sie alle Hebel auf unnachgiebig. Nein, er würde dieses Mal keine Chance haben, sich gegen ein paar Brocken Obst und Brot zu wehren. Die Hühnersuppe ersparte sie ihm – noch. Doch es war ihre Drohung der Wahl, wenn er sich gab wie ein kleiner Junge, der sein Gemüse nicht essen wollte. Dass er sie eine Foltermeisterin nannte, bescherte ihm nur eine Extraportion Essen und… ein ehrliches Lächeln. So sehr die beiden auch verschieden waren und so oft es Laogh verstand, sie auf die Palme zu bringen… Eleyna fühlte sich dennoch wohl in seiner Nähe und auch er schien sich zumindest zu einem weiteren kleinen Teil, geöffnet zu haben. In den folgenden Tagen der Reise, die langsam auf ihr Ende zu segelte, dachte Eleyna vermehrt über ihr Schicksal nach. Die Informationen über Arvid, über ihre Mutter – all das waren harte Brocken, die nur schwer zu verdauen waren. Eleyna hatte das Gefühl, sie würde daran noch ersticken, doch musste sie nun erstmal, fernab von allem, abwarten, was Laogh’s nächste Schritte sein würden. Das verriet er immer noch nicht, auch wenn sie fragte.

Immer und immer vertröstete er ihre Neugierde, warum sie ausgerechnet nach Mantron segelten. Das Land des Eises, der tapferen Männer und Frauen, kannte sie indes nur aus Schriften. Sie selbst war nie an den Rand der Welt gespült worden, sodass sie, als plötzlich eine Woche später, Land in Sicht gerufen wurde, aus dem Schiffsbauch trat und auf die glitzernde Oberfläche starrte. Die kalte Luft, kühlte ihre Nase sofort und der frische Wind erfasste ihre Haare. Eleyna blinzelte in die diesige Sonne, schloss die Augen und füllte ihre Lungen mit der unbekannten Luft. Es war herrlich. Dann senkten sich die blauen Augen, die ebenso kühl wie durchdringend waren, wie die Kälte dieser Lande, auf das Deck und sie trat vorsichtig einige Schritte hinauf. Es war rutschig, an manchen Stellen und offenbar, hatten einige der Seemänner damit ebenso zu kämpfen. Mit einem Schmunzeln betrachtete sie den einen oder anderen, der sich das Hinterteil rieb und musste das Grinsen tunlichst unterdrücken, denn so wie sie aussahen, hatten sie daran weniger Spaß. Eleyna schon. Die Halbelfe trat weiter vorsichtig und kam zur Reling, als sich ihr Blick auf das Land vor ihnen richtete. Es wirkte wie in einer dieser Geschichten, die sie als Kind des Öfteren mal vorgelesen bekommen hatte. Eleyna runzelte die Stirn. Seltsam, dass sie gerade jetzt daran dachte. Dass der Wald, wie bepudert aussehend, sie gerade jetzt daran erinnerte. Die Halbelfe legte ihre Arme auf die Reling und genoss den Anblick noch einen Moment, als neben ihr Mundl auftauchte. Sie richtete sich wieder auf und wandte sich ihm zu. „Guten Morgen, Mundl.“, erwiderte sie und schaute zurück zum Wald. "Boid ho'm mas g'schofft. Hinta oi de Bam liegt Mantron und in a poa Stund'n san ma endli beim Kanoieingong zum Hof'n. Heit Nochmittog, wonn Ventha uns losst, hot ea fest'n Bod'n unta d'Fiaß!" Sie lachte leise und nickte. „Das sind doch gute Nachrichten! Es wird Zeit…“, sie zog erneut die Nase kraus und zwinkerte ihm zu. „Es war jetzt erstmal genug Schiffsreise für eine Weile.“, witzelte sie und wurde wieder etwas ernster. „Was auch immer mich hier erwarten soll…“, murmelte sie leise und seufzte. Der Schwermut ließ sich nun mal nicht so schnell vertreiben. Eleyna hatte Probleme. Und die waren zahlreich und ließen sie einfach nicht so richtig zur Ruhe kommen. Dennoch, was auch immer Laogh dazu getrieben hatte, sie hier her zu verschleppen – es wird seinen Grund haben. Und… vertraute sie ihm etwa? – Eleyna stutzte, als Mundl bereits vorsichtig zum Vorderdeck watschelte. Unter anderen Umständen hätte sie grinsend zugesehen, doch die Erkenntnis, dass sie ausgerechnet Laogh Vertrauen entgegnete, ließ sie doch kurz innehalten. Dann wandte sie sich den weißen Bäumen zu, die so rein und friedlich wirkten. Wieso nicht? Seine Methoden waren fragwürdig, doch bis hier und jetzt, hatte sie nie in Gefahr geschwebt. Nicht durch ihn. Er war stets derjenige, der ihr aus der Klemme half. Der sie vor mehr Schaden bewahrte und sie auffing, wenn sie fiel. Die Spionin schloss die Augen. Sie lauschte dem leisen Knarren der Takelage, dem sanften Wiegen der Masten und dem Schrei einer Möwe, irgendwo in der Nähe. Das Wasser unter ihnen floss sanft plätschernd dahin und die reinigende Luft tat ihr übrigens. Ihr Gemüt wurde ruhiger, klarer. Sie konnte ihm vertrauen. Eine einfache und doch nicht unwichtige Erkenntnis, die sie verinnerlichte. Die Augen wieder öffnend, drückte sie sich leicht von der Reling ab, um wieder unter Deck zu gehen. Vorsichtig bewegte sie sich darüber, doch mit einem Mal rutschte Eleyna etwas vor und musste sich zügig an einem Fass festhalten. Gut, dass es festgezurrt war. Ihr Herz klopfte und sie sah sich um, sah aber Mundl grinsen. Sie streckte ihm die Zunge heraus und lächelte ausgelassen. Bis er sich wieder mit demjenigen unterhielt, der ihn gerufen hatte. Eleyna wandte ihren Blick zum Fass und klaubte die kleine Anhäufung von Schnee auf, die sich darauf gesammelt hatte. Sie formte diesen zu einem Ball und sah sich flugs um, bevor sie diesen zielsicher und vor allem treffsicher auf den ersten Maat warf, sodass er an seiner Brust einen weißen Abdruck hatte. Sein verdattertes Gesicht, brachte sie zum Lachen, ehe sie ihm mit zwei Fingern an der Stirn einen Gruß sandte und sich schleunigst auf den Weg, unter Deck machte.

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Freitag 28. Oktober 2022, 19:58
von Erzähler
Als hätten die Götter oder das Schicksal beschlossen, dass es zweier... oder besser gesagt, dreier Gefahren genug wäre, die sie auf ihrer Fahrt bis zur Eisinsel Ersa überstehen mussten, verliefen die nächsten Tage beinahe schon beschaulich. Natürlich, das Wetter nahm keine Rücksicht darauf, ob man unterwegs war oder nicht und wenn, mit welchem Verkehrsmittel.
Da kam schon einmal ein Sturm auf und Nebel oder Regen und schließlich sogar Schnee. Aber es war absolut harmlos gegen das Unwetter, das sie bereits überstanden hatten. Würde man den Schatten danach befragen, wäre er zwar anderer Meinung, doch für ihn war selbst leichter Wellengang schon wie ein Todesurteil.
So war er inzwischen auch zu schwach, wenngleich stur genug, um es einsehen zu wollen, als dass er die Koje noch verlassen konnte. Stattdessen schlief er nun zwangsläufig die meiste Zeit oder tat so, wenn sie mal wieder mit einer Schale Hühnerbrühe daher kam, die er partout nicht essen wollte. Ansonsten war er oft nur kurz wach, doch es reichte, um ihn zu anderen Nahrungsmitteln, allen voran Wasser, zu überreden und das ein oder andere Wort mit ihm zu wechseln.
Einen neuerlichen Versuch, ihr Geheimnis aus ihr heraus zu kitzeln, musste er auf die Zeit in Mantron verschieben, obwohl es ihn wurmte. Er ahnte, wie nahe er dem Ausplaudern gewesen war, wenn die Kelpies nicht gewesen wären. Allerdings konnte er es im Moment nicht ändern, sondern nur abwarten... und sich Gedanken über seinen nächsten Angriff zu machen.
Wenn sie ihm einmal die Zeit dazu ließ, denn die meisten Stunden der nächsten Tage verbrachte sie auffallend ausdauernd an seiner Seite. Auch das gab ihm zu denken, allen voran der Umstand, dass ihm das... gefiel. Nicht so, wie sie es ihm sicherlich unterstellen würde, wegen seinem Ego, dem so viel Aufmerksamkeit selbstverständlich runter ging wie Öl. Nein, es war tiefergehend und dem würde er einen Riegel vorschieben, sobald sie wieder an Land wären.
Wobei, sollte sie tatsächlich von ihm schwanger sein und das Kind bekommen wollen, würde er immer wieder in ihrem Leben auftauchen, denn einfach so verschwinden wie geplant könnte er dann nicht. Er mochte ja vieles sein und sie konnte ihm noch mehr unterstellen, ein Drückeberger war er niemals gewesen und würde es auch nicht werden. Laogh war alt und reif genug, um zu der Verantwortung zu stehen, die er damit geschaffen hatte.
Mehr noch, solange er ein wachsames Auge hatte und unterstützen konnte, würde er das tun, auch zum Selbstschutz. Nur, wenn er wusste, wo sein künftiger Schwachpunkt sich aufhielt und was er tat, wäre es ihm möglich zu verhindern, dass er gegen ihn verwendet werden könnte.
Demnach arbeitete es unaufhörlich in seinem Kopf, selbst, sobald er in einen leichten Schlaf fiel. Lediglich wenn die Mischlingselfe in seinem Arm lag, hatte sie eine ähnliche Wirkung auf ihn wie umgekehrt, denn dann kam er erst richtig zur Ruhe. Nur konnte man das ihm, im Gegensatz zu ihr, nicht anmerken. Trotzdem förderte er diese Kuscheleinheiten, soweit es ihm möglich war, um es auszukosten.
Bis zu den Tagen und Nächten, an denen das Wetter umschlug und das Schiff wieder stärker herumwirbelte. Da ging es ihm mehr als schlecht und er war vollkommen erschöpft an dem Morgen, als es wieder ruhiger, sodass er einschlief und vorerst nicht mitbekam, dass sie ihn verließ.

An Deck erwartete sie ein Anblick, der einem den Atem stocken ließ, sofern man die Gnade hatte, sich nicht durch dieses Naturschauspiel kämpfen zu müssen. Darin zu leben, inmitten von Eis und Schnee, war mehr als entbehrungsreich und nichts für Schwächlinge. Trotzdem hatten es einige Menschen geschafft und Mantron zu einem Ort des Lebens gemacht.
Wenngleich dieser nicht zu sehen war, war er schließlich von einem schützenden Wall aus Bäumen umgeben, an deren Ästen das Eis glitzerte, während der Boden der Insel mit Schnee bedeckt war, der auf diese Entfernung hin jungfräulich wirkte. So wie jene weiße Decke an Bord, zumindest dort, wo noch kein Matrose probiert hatte, ob ein ruckartiges Setzen aufs Hinterteil dadurch abgefedert wurde. Der ein oder andere rieb sich seine Vier Buchstaben oder besaß an der Kleidung Stellen, an denen Schnee durch die Bewegung abbröckelte, der davon zeugte, dass auch er schon Bekanntschaft mit dem rutschigen Untergrund gemacht hatte.
Es war ein erheiternder Anblick... für jemanden, dem das Glück hold war, diesem Schicksal noch entgangen zu sein. Immerhin schaffte sie es unfallfrei bis zur Reling, wo auch der Erste Maat zu ihr trat, um sie zu begrüßen.
Sie beide hatten in den letzten Tagen ab und zu miteinander gesprochen, er hatte darauf geachtet, dass sie sich ob der Pflege des Schattens nicht selbst vergaß, und sie mitunter kurzfristig abgelöst. Viel Zeit war ihnen nicht vergönnt gewesen, doch hatten diese Handvoll Stunden den Eindruck eines möglichen, väterlichen Freundes vertieft, wenn sie es denn zuließ. Ob sie nach ihrer Ankunft je wieder Kontakt hätten... nun, das läge wohl an ihr.
Jetzt hingegen klärte er sie mit einer gewissen Erleichterung darüber auf, dass die Reise bald ein Ende hätte und sie am Ziel wären. Bei ihrer Erwiderung nickte er lächelnd. "Jo, fia eich Londrott'n af jed'n Foi!", neckte er sie und zwinkerte ihr zu. "Du soitast oba no wos o'ziag'n, sunst kriagst boid an rinnate Nos'n."
Daraufhin zuckte er mit den Schultern. Das ging ihn einerseits nichts an und andererseits hatte sein Chef ihn nur in jene Dinge halbwegs eingeweiht, die ihn selbst betrafen. Außerdem würde sein Weg ihn bald weiter führen, in Mantron bekämen sie eine neue Ladung und dann hieß es, weiter fahren.
Ohnehin wurde Mundl gerufen und behutsam suchte er sich einen Pfad über die Planken, der ihn nicht schmerzhaft von den Beinen holen würde. Er gelangte rutschfrei ans Ziel und hörte dem Matrosen zu, der ihn hatte sprechen wollen. Dabei kam er aber nicht umhin, noch einen absichernden Blick zu der Mischlingselfe zu werfen, die gerade in den Genuss einer Eisplatte kam.
Mit mehr Glück als Verstand konnte sie sich halten und das auf eine recht amüsante Weise, sodass er grinsen musste. Sie sah es und streckte ihm die Zunge raus, wodurch sie ihn an seine eigenen Bälger erinnerte, die oft zu kleinen Frechheiten neigten. Er drohte ihr scherzhaft mit dem Finger, musste sich dann jedoch abwenden und konzentrieren.
Doch er hatte die Rechnung ohne der Wirtin gemacht, als ihn kurz darauf ein Schneeball traf. Verdutzt starrte er zuerst darauf und dann zu ihr, die sich lachend zum Abschied wandte. Oh, das würde noch Vergeltung geben! Zuerst allerdings hatte er Wichtigeres zu tun.

In der Kajüte indes öffnete Laogh ein Auge leicht, sah ihr entgegen, brummte und schloss das Lid wieder. "Du hast etwas angestellt. Deine Wangen sind rot, deine Augen funkeln und du grinst wie ein Lausebengel.", begrüßte er sie missmutig, was, wie sie inzwischen herausgefunden hatte, an seiner eigenen Unzufriedenheit mit sich selbst lag.
Er haderte gewaltig damit, eine derartige Schwäche zu haben und ihr hilflos ausgeliefert zu sein, anstatt endlich ein Heilmittel dagegen zu finden. Und ein klein bisschen Neid war da auch stets dabei auf alle anderen, die nicht so leiden mussten.
"Komm mir also ja nicht wieder mit der verdammten Brühe!", fühlte er sich bemüßigt, seinen Unwillen kund zu tun und beobachtete sie unter fast geschlossenen Lidern, wie sie herum zu kramen begann.
Wobei sie es für seinen Geschmack viel zu laut tat, sodass er schließlich brummte. "Und was wird das jetzt? Dekorierst du um?", kam es von ihm.
Aha, der Herr hatte Redebedarf, wie es schien! Wahrscheinlich knurrte ihm mal wieder der Magen und er wollte sich selbst kasteien, um zu beweisen, dass es bei weitem nicht so schlecht um ihn stand, wie sie tat. Dabei hätte er sich lediglich in einem Spiegel sehen müssen mit der fahlen Haut, den eingefallenen Wangen, den blutunterlaufenen Augen. Von den viel zu deutlich sicht- und spürbaren Knochen seines Körpers ganz zu schweigen!
Wie alle Elfenartigen war er stets von langer, schlanker Gestalt gewesen, mit mehr Muskeln und Kraft ausgestattet, als man ihm wohl zutrauen würde, ohne es wirklich deutlich zu erkennen. Ein attraktiver, ausdauernder Mann, ein Umstand, dessen er sich stets viel zu bewusst war. Die letzten drei Wochen und vier Tage hingegen...
Nein, diese Reise hatte nicht gerade zu seiner optischen Erscheinung positiv beigetragen. Doch davon wollte er naturgemäß nichts hören und schon gar nichts tun, um daran etwas zu ändern, solange er sich notgedrungen auf diesem schaukelnden Gefängnis befand.
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Übersetzung:
Ja, für euch Landratten auf jeden Fall!
Du solltest dir aber noch etwas anziehen, sonst bekommst du bald eine laufende Nase.

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Samstag 29. Oktober 2022, 00:40
von Eleyna d'Yaincre
Dass sie etwas im Traum preisgegeben hatte und Laogh daran hing, wie der ausgehungerte Wolf an seiner Beute, wusste Eleyna nicht. Für sie wussten nur Mundl und sie selbst Bescheid und wenn es nach ihr ginge, blieb das auch dabei. Allerdings beschäftigte sie sich auffallend wenig mit ihrer Schwangerschaft, denn das würde ja bedeuten, dass sich ihr Sturkopf mal mit etwas auseinandersetzen müsste. Doch ebenso wie die Informationen, seitens des Schattens, dass ihre Mutter ein Netz, Spinnen gleich, gesponnen hatte und eine Händlerin von Informationen war, war auch das etwas, was Eleyna zwar nicht verdrängte, aber emotional auf Abstand hielt. Sie war mehrfach am Boden gewesen in den letzten Wochen. Konnte kaum klar denken, handelte impulsiv und überstürzt. Das glich nicht zwangsweise ihrem Naturell, auch wenn sie die Impulsivität wohl von ihrer Mutter geerbt hatte. Oder eher, das Jähzornige. Doch Eleyna verglich sich nicht mehr mit ihr. Sie war weit, weit weg auf dem Weg in ein verschneites Märchenland, bei dem die rauen Sitten weit über seine Grenzen hinweg, bekannt waren. Eleyna saß meistens neben Laogh, wenn er erneut schlief. Die Kraftlosigkeit wirkte sich allmählich auch auf seinen Geist aus, denn er schaffte es nicht mehr, den gesamten Tag wachzubleiben. Sie gab ihm die Ruhe, die er nötig hatte und achtete darauf, dass er trotzdem genug zu sich nahm und vor allem trank. Was anfangs noch amüsant war, zeichnete sich jetzt als kritisches Problem ab. Er würde das nicht mehr lange durchstehen, das wusste sie. Sein Anblick hatte sich in den letzten Tagen drastisch verändert und das zehrte zusätzlich von seinen Reserven. Die Elfe gab ihr Bestes, seinem Sturkopf Herrin zu werden und duldete keinerlei Verschmähung des mitgebrachten Essens. Einzig die Hühnerbrühe blieb ihr Folterinstrument! Sobald er ihr gnartschig kam, zeigte sie ihm den Suppenlöffel und grinste so, als wolle sie ihn einladen, ihr quer zu kommen, damit sie in den Genuss käme, die Brühe zu servieren. Sie selbst aß gelegentlich mit ihm zusammen. Dann entstanden sogar kleinere Gespräche.
Erst waren es Belanglosigkeiten, wie der Zustand des Schiffes oder das Wetter. Doch irgendwann wollte Eleyna wissen, wie er zu dem Schiff gekommen war. Ob sie eine Antwort erhielt oder nicht, sie probierte es weiter. Sie selbst erzählte Laogh sogar davon, dass ihre Mutter, bis zu ihrem 6. Lebensjahr recht fürsorglich gewesen ist. Dass sie nie das Gefühl hatte, dass sie aus purer Berechnung gehandelt hatte. Dass sie sich nur an warme Momente erinnerte, bevor sie nach Morgeria gezogen waren. Es waren seltene Momente, die sie ihm gab und die zudem verdeutlichten, dass sich etwas geändert hatte. Eleyna war durchaus freiwillig für Laogh da. Nicht nur, weil sie nichts besseres zu tun hatte, sondern einfach, weil sie es wollte. Die Nähe zu ihm, und sei es nur im Stuhl daneben, wenn er schlief, hatte etwas… sicheres. Sie genoss es und so verbrachten sie unheimlich viel Zeit miteinander, auf dieser Schiffsreise. Warum sie nach Mantron segelten, wollte er ihr immer noch nicht verraten, also beließ sie es dabei. Auch das war eine Änderung in ihrem Miteinander: Sie vertraute ihm und ließ es gut sein. Was sich jedoch nicht auf die kleinen Schlagabtauschs auswirkte, die das Feuer zwischen ihnen immer wieder anheizte.

So auch, als Eleyna wieder nach ihrer kleinen Rache an Mundl für das Grinsen, in die Kajüte unter Deck zurückkehrte. . "Du hast etwas angestellt. Deine Wangen sind rot, deine Augen funkeln und du grinst wie ein Lausebengel.", sie blickte überrascht zu ihm und grinste noch immer. “Komm mir also ja nicht wieder mit der verdammten Brühe!“ Eleyna schnaubte und winkte gut gelaunt ab. Sie schloss die Tür hinter sich, kehrte zu ihrem Hab und Gut und begann darin zu wühlen. Wenn man allerdings über 3 Wochen aus der Tasche lebte… wurde es kramig! Also brauchte sie, zog hier und dort etwas heraus, schüttelte den Kopf oder stopfte es zurück. „Was sollte ich angestellt haben? Falls du es nicht bemerkt hast, wir sind auf einem Schiff…“, grinste sie zur Antwort und schnalzte mit der Zunge:„Keine Sorge, deinen Altherren-Charme entstaube ich jedenfalls nicht!" murmelte sie schlagfertig und zog ein deutlich dickeres Hemd aus ihrer Tasche. Eleyna erhob sich und zog sich ohne weitere Umschweife, die Bluse über den Kopf. Ihr Zopf rutschte aus dem Band dabei und verteilte ihre schwarzen Haare über ihren Rücken und ihre Schultern. Sie schlüpfte in das andere Hemd und steckte es sich daraufhin in die Hose.
Es war etwas größer, hatte aber einen warmen Halskragen. Zudem war er aus dickerer Schafswolle gefertigt, damit sie nicht gleich erfor, sobald sie einen Fuß auf die Insel gesetzt hatte. Sie zog ihre Haare aus dem Kragen und sah Laogh daraufhin an. „Keine Sorge, die Brühe bekommen nur die unartigen.“, sie lächelte auf ihn nieder und setzte sich selbstverständlich neben ihn, an die Bettkante. „Es hat geschneit.“, weihte sie ihn dann doch ein, „das Deck sieht aus wie eine süße Leckerei. Die Mannschaft fällt reihenweise auf ihre Hintern, sodass es ein kollektives Maulen und Reiben da oben gibt!“, lachte sie leise und ließ ihn nicht zum ersten Mal an dem Geschehen, dem er selbst nicht beiwohnen konnte, teilhaben.
Eleyna war über die Schifffahrt hinweg regelrecht aufgebrochen. Ihre distanzierte Art war nur ihre Maske. Im Grunde war sie gesellig und durchaus herzlich. Weitere Dinge, die Laogh’s Verstand ihrem Raster hinzufügen könnte. Eleyna schenkte Laogh einen tatsächlich warmen und gleichzeitig amüsierten Blick. Sie wirkte ausgelassen. „Mundl ist frech geworden…“, spitzte sie die Lippen, bevor sie wieder leise lachte, bei der Erinnerung daran. „Und hat dafür einen Schneeball kassiert.“, zwinkerte sie ihm zu. Eleyna ließ sich durch ihre sehr ausgelassene Art dazu hinreißen, ihm eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen und die Finger noch kurz an seinem Kinn zu lassen. „Du hast es beinahe geschafft. Mundl sagt, gegen Nachmittag sollten wir im Hafen einlaufen..“, teilte sie ihm die frohe Kunde mit. Dann ließ sie ihn wieder los und lehnte sich etwas zurück.„Es war wirklich knapp, Laogh. Das ist dir doch bewusst? Ich weiß zwar nicht, was du vor hast, wenn wir Mantron erreicht haben.. aber es wird einige Zeit dauern, bis du wieder vollständig hergestellt bist.“, warnte sie ihn und erhob sich, um ihm eine Portion Wasser in einem Becher zu reichen. Es war Zeit für seine Ration.

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Samstag 29. Oktober 2022, 12:06
von Erzähler
Der Erste Maat war ein vertrauenswürdiger Charakter und das hatte er in der gesamten Zeit bisher auch unter Beweis gestellt. Er hatte seinem Chef nichts von Eleynas Geheimnis verraten und würde das auch nicht tun. Gleichfalls würde Laogh ihn nicht dazu drängen, denn er wollte schließlich ebenfalls, dass diese Eigenschaft erhalten blieb. Sonst müsste er sich einen neuen Ersten Maat suchen und darauf hatte er keine Lust, solange Mundl für diese Position so hervorragend geeignet war.
Dass er es hingegen dennoch erfahren hatte und dazu seine eigenen Überlegungen anstellte... nun, das musste sie ja nicht wissen. Ob er es ihr einst verraten würde, wenn ihr sein Wissen klar werden würde, woher er dieses hatte? Zumindest in diesem einen Punkt? Fraglich, aber nicht unmöglich.
Denn zwischen ihnen hatte sich etwas geändert, war vertrauter und irgendwie... noch ehrlicher geworden. Nicht, dass er davor ständig gelogen hätte, das wäre ohnehin viel zu kompliziert. Aber er hatte ihr eine breite Palette von Masken gezeigt, die er gern bemühte und die er auch nicht ihr zuliebe auf Dauer ablegen würde.
Doch er hatte ihr, gezwungen durch seine eigene körperliche Schwäche, einen Blick dahinter gewähren müssen. Mehr, als er ursprünglich geplant hatte, denn bis vor Santros hatte er diesen Umstand höchstens aufblitzen lassen. Jetzt hingegen erlebte sie etwas häufiger, was hinter dem Schatten lag.
Wodurch sie wiederum ihm gegenüber aufgetaut war und ihn seinerseits näher an sie heran ließ in den wenigen Gesprächen, die sie in seinen Wachphasen führen und denen er auch folgen konnte. Nie wieder würde er solch eine Schifffahrt machen! Und doch wusste er, dass er, wenn die Umstände es erfordern würden, diesen Vorsatz über Bord werfen musste.
Auch musste er darauf achten, wie nahe er sie noch an sich heran ließ, denn je mehr sie sein gut geschütztes Seelenleben zu rühren vermochte, desto deutlicher wurde es für ihn, dass der Abschied bald vor der Tür stünde. Da konnte er körperlich noch so kaputt sein, er würde ab einem gewissen Punkt die Reißleine ziehen müssen. Zu ihrer aller Wohl und Sicherheit, unerheblich davon, was er eigentlich wollen würde.
Wann war es eigentlich bei ihm soweit gewesen, dass sie mehr als nur ein Auftrag geworden war? Besser gesagt, einer, den er nicht mit Genuss und Hingabe auf verschiedenste Weise in den Wahnsinn treiben wollte, ehe er ihn beendete? Es war müßig, darüber nachzudenken. Vielleicht würde er es mit ausreichend räumlicher Distanz einmal wagen, um es auch für sich in seinem Inneren dann abzuschließen. Doch bis dahin musste er erst einmal wieder auf die Beine kommen.
Und weil auch das Reden mitunter anstrengend war, hörte er ihr großteils eher zu, anstatt selbst zu sprechen. Auch die Sache mit dem Schiff wurde auf später verschoben und wenn sie Glück hatte... oder es im richtigen Moment erneut erwähnte, würde sie womöglich sogar eine Information dazu erhalten.
Genauso wie er sich mit Kommentaren zum Verhalten ihrer Mutter zurück hielt. Dafür sprach seine Mimik manchmal Bände, wenn sie diese Dunkelelfe erwähnte. Sie kannten sich, das wusste sie bereits, wahrscheinlich sogar mehr als angenommen, das konnte sie inzwischen vermuten. Aber was genau zwischen ihnen vorgefallen wäre und wann... Das blieb ihr derzeit noch verborgen.

Nach ihrem kleinen Tête-à-Tête mit Mundl an Deck kehrte sie zu ihm in die Kabine zurück und wurde alles andere als freundlich begrüßt. Nicht, weil er sie ärgern wollte, sondern höchstwahrscheinlich, um sich selbst von seinem knurrenden Magen abzulenken. Sie hatte in den letzten Tagen diese Stimmung häufiger erlebt, immer dann, wenn es Zeit für die nächste Mahlzeit wurde und er sich davor partout nicht darauf einlassen wollte. Erst nach ein paar Bissen war es meist besser geworden... oder nach ihrer Drohung mit der Hühnerbrühe, sollte er länger sich wie ein bockiges Kleinkind benehmen. Und diese Drohung nutzte sich erstaunlicherweise auch nicht ab. Was wiederum Bände sprach, wie groß seine Abneigung sein musste.
Zuerst grinste sie nur vor sich hin, verboten gut gelaunt, während sie in ihren Sachen kramte, die er nicht nur mit an Bord genommen hatte im Gegensatz zu ihrem Hengst, sondern auch um wirklich warme Sachen ergänzt hatte. So etwas zog sie schließlich auch heraus, während sie ihm endlich antwortete.
Was ihm ein beleidigtes Schnauben entlockte. "Begrenzter Raum heißt bei dir gar nichts.", murrte er schmollend, weil er nicht die Möglichkeit hatte, einfach so hinaus zu spazieren und nachzusehen, wo sie überhaupt inzwischen angekommen waren.
Dabei beobachtete er sie von seiner Koje aus und hob eine Augenbraue leicht an, während sein Blick über ihre Gestalt wanderte, während sie sich ungeniert vor ihm umzog. Wozu sollte sie sich auch noch schämen? Sie beide hatten bereits so viel Intimes miteinander geteilt, dass er ihren Körper gut genug kannte. Und auch jetzt zeigte sich ein Hauch von Interesse in seinem Blick, allerdings war er definitiv für jegliches noch so harmloses Spiel zu schwach. Das musste warten... sofern es sich überhaupt noch einmal ergeben würde.
Als sie endlich fertig war und sich ihm zuwandte, hätte er nur zu gern beleidigt die Arme verschränkt, allein es fehlte ihm die Kraft dazu und diejenige, die er noch besaß, teilte er sich lieber anderweitig ein. Erneut schnaubte er. "Ich bin immer brav und artig!", behauptete er in einem schwachen Abglanz seines sonstigen Spotts und hob seine Augenbrauen leicht an, wie um ihr damit zu zeigen, sie solle ja nicht etwas anderes sagen.
Sie indes setzte sich zu ihm und er spürte die Wärme ihres Körpers, obwohl sie sich gerade nicht berührten. "Ach?", kommentierte er ihre Erklärung über die Witterung und musste selbst unwillkürlich leicht grinsen. Gut konnte er sich die Rutschpartie dort oben vorstellen, auch ohne sie gesehen zu haben.
Es war schließlich nicht seine erste Reise hierher und sie hatten obendrein die kalte Jahreszeit. Da kam es eher einem Wunder gleich, dass sie bislang keine Eisblöcke gerammt hatten und noch weiter segeln konnten.
Dann erzählte sie ihm endlich, was sie angestellt hatte. Tadelnd hob er eine Augenbraue an und bemühte seinen Lieblingssatz:"Ist dem so?"
Daraufhin aber schloss er mit einem erleichterten Seufzen die Augen. "Endlich!", murmelte er. "Noch viel länger auf diesem verdammten Kahn und ich hätte ernsthaft Angst bekommen, Manthala könne ihr Begehren meiner Person nicht länger zügeln und mich in ihrem Traumreich gefangen nehmen."
Doch ihrer für ihn äußerst aufmunternden Bemerkung folgte auch schon ein Tadel, den er bereits öfters zu hören bekommen hatte. Hinter seinen Lidern rollte er mit den Augen. "Wir hätten auch den Landweg bis Rumdett nehmen können und von dort aus hierher segeln, aber das hätte viel länger gedauert.", meinte er neutral und öffnete wieder die Augen, um sie anzusehen.
Was er dabei nicht aussprach, war der Umstand, der ihm auf dem Schiff auf jeden Fall zugute kam. Sie konnte ihm nicht entkommen, solange, bis sie eingesehen hatte, dass es nicht ihr Schaden wäre, ihm nach Mantron zu folgen. Ob es ihr an Land denn gelungen wäre, ihm tatsächlich zu entkommen? Oder war der Seeweg einfach nur bequemer gewesen, um ihr nicht ständig hinterher laufen zu müssen?
"Und bei deinem Hang zum Risiko hätte ich dir mehr als einmal deinen hübschen Hintern retten müssen... oder die wundgescheuerten Stellen liebevoll versorgen mit einer Creme, die entweder stinkt oder weh tut... oder beides!", fuhr er bereits fort und versuchte, sie durch solcherart Necken ein wenig zu ärgern. Zu mehr war er im Moment bedauerlicherweise nicht imstande. "Und ich konnte so nachsehen, ob Mundl keinen Unfug mit meinem Eigentum treibt.", fügte er schließlich hinzu und seufzte theatralisch, als sie sich daran machte, ihm Wasser und Essen zu reichen.
"Ja, Mama!", murrte er und war sich vollkommen bewusst, was er gerade gesagt hatte.
Er konnte sich kaum rühren vor Schwäche und auch das Denken fiel ihm schwer, sie wieder so zu foltern mit ihrer Lust wie vor dem Angriff der Kelpies würde noch lange nicht möglich sein. Das hieß jedoch nicht, dass er keine anderen Wege suchte, um Klarheit in ihr Geheimnis zu bringen, ohne, dass sie es ahnte. Nun beobachtete er sie, wie sie auf diese Ansprache reagieren würde.

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Montag 31. Oktober 2022, 11:54
von Eleyna d'Yaincre
Inzwischen waren sie einander so nahegekommen, dass es Eleyna nichts weiter ausmachte, sich vor ihm einfach umzuziehen. Sie präsentierte ihm, was er derzeit nicht haben konnte und tat es dennoch eher als Zeichen ihrer Vertrautheit als es als einen kleinen Seitenhieb zu meinen. Eleyna brauchte wärmere Kleidung, denn was war nun wirklich keine Zeit mehr, sich leichtsinnig eine Erkältung einzufangen. Wer wusste schon, was sich Laogh in Mantron überlegt hatte. Denn einen Grund für diese Reise, hatte er gewiss nicht, weil er so gerne zur See fuhr. Nein, es steckte etwas dahinter. Vermutlich hatte er hier jemanden, dem er vertraute, ähnlich wie Mundl womöglich? Und zu dem sie auf dem Weg waren. Die Spionin kam nach dem Umziehen zu ihm herüber und setzte sich neben ihn. Sie ließ ihn teilhaben an dem Grund ihrer guten Laune. Zudem zeigte sie sich allgemein entspannt und ausgelassen. Ein Umstand, dem sie der Mannschaft zu verdanken hatte, denn Eleyna hatte die Meute bereits gern. Sie alle waren vernünftige, herzensgute Männer und eine schöne Gruppe, die zusammengewachsen war. In den letzten Tagen, wenn sie frische Luft schnappen wollte, hatte sie oftmals einfach auf einem der Fässer gesessen und die Crew bei ihrer Arbeit beobachtet. Sich an ihrem Vertrauen zueinander ergötzt, ebenso an ihren Neckereien und dem Geplänkel untereinander. Es war für sie Balsam, denn wenn man etwas nicht selbst haben konnte, ließ man sich von anderen aushalten. Und Eleyna sog dieses vertraute Miteinander gänzlich in sich auf. Jetzt aber, losgelöst von den Problemen, die ihr stets folgen würden, schaute sie den Schatten an. Besorgt war ihr Blick. Sie munterte ihn auf, was ihn tatsächlich aufatmen ließ. "Noch viel länger auf diesem verdammten Kahn und ich hätte ernsthaft Angst bekommen, Manthala könne ihr Begehren meiner Person nicht länger zügeln und mich in ihrem Traumreich gefangen nehmen." Eleyna rollte grinsend die Augen. „Ich bin sicher, Manthala kann es kaum erwarten, aber sie wird sich noch gedulden müssen“, antwortete sie augenzwinkernd. Und noch mal ließ sie sich dazu hinreißen, ihn ein wenig zu tadeln. Was allerdings inzwischen Ausdruck ihrer Sorge, um ihn war. Seine Antwort kam prompt. "Wir hätten auch den Landweg bis Rumdett nehmen können und von dort aus hierher segeln, aber das hätte viel länger gedauert. Und bei deinem Hang zum Risiko hätte ich dir mehr als einmal deinen hübschen Hintern retten müssen... oder die wundgescheuerten Stellen liebevoll versorgen mit einer Creme, die entweder stinkt oder weh tut... oder beides!" Die Spionin schnaubte. „Meinem Hang zum Risiko? Ich bitte dich! Das muss sich mit deiner Anwesenheit potenziert haben, ich kam super klar.“, gab sie zurück und zuckte die Schultern.

Dann aber verengte sie die Augen, neigte sich leicht vor und raunte: „Und was du wann mit meinem Hintern machst… überlassen wir mal deinen Selbstheilungskräften.“, schnurrte sie vielsagend, ehe sie sich abwandte, um das Essen und etwas zum Trinken von dem kleinen Holztisch der Kabine zu holen. Eleyna legte ein wenig Brot und ein paar trockene Pflaumen auf einen kleinen Teller, goss aus einer Karaffe Wasser in einen Becher und kehrte mit den Dingen zurück zu ihm. „Iss“, meinte sie streng und setzte sich zurück an seine Seite. Sie reichte ihm ein Stück Brot. “Ja, Mama, kam es aus seinem Mund und Eleyna hob den Blick in sein Gesicht. Für Sekunden ergründete sie es. Eine Sekunde schien die Luft im Raum dünn zu werden, doch sie schaffte es tatsächlich, sich davon nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Eleyna musterte ihn, kämpfte aufkommende Fragen, ob er wusste, was er da sagte, zurück. Doch sie wusste nur zu gut, dass er Meister darin war, Reaktionen zu lesen. So betrachtete sie ihn für kurze Atemzüge, aber blieb nicht in ihren Bewegungen hängen. Im Gegenteil, sie hob langsam die Mundwinkel und eine Augenbraue. Abwägend blieb der eisige Blick in seinem hängen. „Ich wusste ja nicht, dass du solche Rollenspiele bevorzugst… Wenn es dir etwas besser geht…“, hauchte sie und senkte ihre Hand etwas, damit er vom Brot abbeißen konnte. Gleichzeitig warf sie ihm jedoch einen äußerst lasziven Blick zu, der ihn ein wenig piesacken sollte: „Könnten wir darauf zurückkommen“, raunte sie vielsagend. Sie übergab ihm das Brot, ehe sie jedoch den Blickkontakt abbrach und sich selbst eine Pflaume nahm. Die Spionin brauchte einen tiefen Atemzug, um wieder zu ihm zu blicken. „Aber zuvor… solltest du bei Kräften bleiben, damit du Mantron überhaupt erreichst und zwar nicht, mit den Füßen voran!“, kehrte sie zu ihrem üblichen Geplänkel zurück. Eleyna beschlich das Gefühl, dass Laogh etwas ahnte. Sie wusste nicht wieso, aber er hatte die Bezeichnung nicht zufällig gewählt. Zufälle gab es bei ihm nicht. Unruhe wollte sich in ihr ausbreiten, doch sie kämpfte sie weiter hinunter, damit er keinen weiteren Verdacht schöpfte. Es reichte schon, dass sie das Gefühl beschlich, er könnte etwas wissen. Eleyna aß die Pflaume auf und reichte ihm daraufhin noch den Teller, damit er sich bediente. Erst danach stellte sie ihn weg, damit sie den Becher ansetzen konnte. Sie wechselte ihre Position und vollführte die bereits routinierte Handlung, seinen Kopf auf ihren Schoß zu betten, damit er leicht erhöht, besser trinken konnte und sich nicht verschluckte. Dabei ruhte ihre Hand auf seiner Brust über dem Schlüsselbein, während sie vorsichtig, um nicht zu kleckern, das Glas an seine Lippen führte.„Und jetzt, austrinken. Sei der brave Junge, der du zu sein behauptest“, grinste sie und verdrängte ihren Zustand weiterhin.

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Montag 31. Oktober 2022, 14:13
von Erzähler
Hätte er eine Beziehung mit der Mischlingselfe angestrebt oder ähnliches, so hätte er mit Fug und Recht diese Fahrt als Erfolg verbuchen können. Er kam in den Genuss ihrer Pflege, die zum größten Teil auch angemessen und angenehm war, und sie war ihm freundlicher gesinnt als noch vor drei Wochen. Oder waren es schon vier? Durch die Aussetzer seines Bewusstseins hatte er den Überblick verloren.
Allerdings war ihm auch deutlich bewusst, dass diese Wandlung hin zum Positiven es für sie beide nur schwieriger machen würde. Doch das waren Sorgen und Probleme, die er ein anderes Mal wälzen konnte, wenn es notwendig werden würde. Im Moment war es schließlich nicht sonderlich weit her mit seiner Konzentration, erst recht nicht bei derart gewichtigen Themen. Vordergründig war nun viel eher die Tatsache, dass er endlich von diesem Schiff runter kam und wieder festen Boden unter den Füßen hätte, um sich erholen zu können.
Zwar würde er andere Gefilde bevorzugen, doch im Prinzip täte es jeder Ort an Land. Und in Mantron wusste er wenigstens, was ihn erwartete. Im Gegensatz zu ihr, die ihn dafür wahrscheinlich Pest und Cholera an den Hals wünschen und ihn im Anschluss daran auf Knien ihre Liebe gestehen würde. Nun, es würde sich zeigen, ob er beim Wandel zu letzterem noch hier wäre.
Jetzt erst einmal konnte er aufatmen, dass die Tortur ein greifbares Ablaufdatum bekam. Was ihn zu einem kleinen Spottwort verleitete, auf das hin sie die Augen verdrehte. Betont theatralisch seufzte er und setzte ein feines, schwärmerisches Lächeln auf. "Ich werde sie schon bei nächster Gelegenheit zu trösten wissen.", behauptete er, um sie damit ein wenig aufzuziehen.
Denn im Gegensatz zu ihr konnte er es, sobald er nicht vollkommen leidend war, einfach nicht lassen. So auch seine Erklärung zu der gewählten Reiseroute, wogegen sie sich naturgemäß sträubte. "Ist dem so?", kam sein Lieblingssatz auch prompt und sein Blick glitt bezeichnend über ihren Körper, soweit er ihn von seiner Position aus in Augenschein nehmen konnte.
Schon beugte sie sich zu ihm und wollte seine männlichen Triebe wecken. Wofür er im Moment definitiv nicht zu gebrauchen war. Dass sie es dennoch vermochte, würde ihr lediglich durch ein vielsagendes Aufflackern in seinem Blick verraten können, sollte sie es nicht verpassen. Denn anstatt seine Reaktion abzuwarten, wandte sie sich um und machte sich daran, ihm etwas zu essen aufzuschwatzen.
Was ihn jedoch nicht aufhielt, das vorherige Thema noch warm zu halten. "Also überlässt du mir allein die Entscheidung darüber? Ja, so bist du ein braves Kätzchen!", zog er sie auf.
Dennoch konnte er nicht verhindern, dass sie ihm Nahrung reichte und die Aufforderung dazu gleich deutlich machte. Nun gut, sie wollte es so, also eben kein schlüpfriges Gespräch. Schade eigentlich, er hätte sich gern noch weiter ausgemalt, was er alles mit ihr anstellen könnte... und es ihr brühwarm serviert, um sie zu einer möglichen Vorstellung zu verleiten, in der sie sich ihm so präsentierte, dass er freiwillig etwas zu sich nehmen würde, um rascher wieder mitspielen zu können.
Aber dafür witterte er eine andere Möglichkeit und beobachtete sie aufmerksam bei seinen beiden Worten. Sie sah ihn an, direkt, eine Sekunde lang, zwei, dann drei. Es war für ihn ein Hinweis darauf, dass er diesen Punkt weiter verfolgen sollte, auch wenn sie achtsamer geworden war und dieses Mal keine eindeutigen Rückschlüsse zuließ. Oder es lag an seinem Zustand, vermutlich eher sogar an der Mischung aus beidem. Ärgerlich und zugleich ein Anreiz für ihn, tatsächlich wieder rasch auf die Beine zu kommen und sich ihrer Kehrseite ausführlich zu widmen.
Indes kam sie ihm auffordernd näher, wobei er wie ein braver Junge einen kleinen Bissen nahm, ihn langsam und viel zu ausgiebig kaute, während er ihren Blick mit dem seinen gefangen zu halten versuchte. Oh, wenn er nur wieder in vollem Saft stünde, sie wäre absolut fällig, in vielerlei Hinsicht!
Stattdessen musste er sich im Moment auf Worte beschränken, als er erwiderte:"Es gäbe womöglich die ein oder andere Rolle für dich, bei der ich mein Vergnügen daran hätte. Meine Sklavin, meine Bademagd, meine..." Er legte betont eine kleine Pause ein, weil er sich gut genug an ihre letzte Reaktion auf das folgende Wort erinnerte. "... Stute." Kurz ließ er es wirken, ehe er ihr ein kleines, angedeutetes, freches Grinsen zeigte.
"Aber du in der Rolle als meine Mutter würde mich eher in die Flucht treiben.", fuhr er schließlich fort und es war dieses Mal an ihm, ihr die Zunge zu zeigen. Eine Geste, die ihn, sah man von seinem desolaten Gesundheitszustand ab, wie einen Bengel wirken ließ, dem man nur zu gern die Ohren lang zog, um ihn zu strafen, ehe man selbst bei dessen Streichen lachen musste und die Wirkung zunichte wäre.
Endlich schluckte er den Essensbrei herunter und nahm noch einen Mausbissen, als sie das Thema indirekt wechselte. Ungerührt und ohne sie dabei anzusehen, erwiderte er:"Oh, darum mach dir keine Sorgen, das werde ich so oder so."
Er konnte regelrecht spüren, wie sie darauf reagierte, und ließ die Verwunderung wie die Befürchtung um sein Wohlergehen noch etwas wirken, während er kaute, bis er sie erneut ansah. Spott blitzte in seinen Augen auf, obwohl er eine Braue anhob und so tat, als hätte er sie nicht bewusst in Schrecken versetzt. "Warum schaust du so entsetzt? Ja, denkst du denn, wir werden vom Hafen nach Mantron reiten?"
Er deutete ein Kopfschütteln an und machte einen tadelnden Laut. "Also wirklich, hat man euch jungen Dingern in der Schule denn gar nichts beigebracht?", gab er sich wie ein verstaubter Oberlehrer.
Doch die Wirkung hielt nicht lang, schon musste er grinsen, als er noch ein Stückchen abbiss. Mit gefühlt vollem Mund sprach er weiter:"Schau dir die Insel an, es liegt überall Schnee und darunter ist zum Großteil Eis. Wir werden selbstverständlich uns so fortbewegen, wie die Einheimischen." Noch einmal legte er eine Pause ein, ehe er scheinbar beiläufig des Rätsels Lösung preisgab. "Mit einem Schlitten!" So, nun war es heraußen und er konnte sich selbstzufrieden etwas mehr zurück lehnen, um ihr die Zeit zu geben, diese Information zu verarbeiten.
Als sie soweit war und er das Gefühl hatte, keinen Brösel, und sei er noch so klein, mehr hinunter würgen zu können, ohne das Risiko eingehen zu müssen, dass der Weg zurück gleich genommen werden würde, setzte sie sich um und half ihm beim Trinken. Wenn auch nicht ohne einem herausfordernden Kommentar auf den Lippen.
Er sah zu ihr hoch und schnaubte leise, ehe er die Hand hob und den Arm um ihre Taille legen wollte, wobei er rein zufällig mit den Fingern zuerst gegen ihren Unterbauch stieß, als hätte er sich im Winkel geirrt. "Ich behaupte es nicht, ich bin es!", begleitete er seine Geste mit seiner Stimme, um sie abzulenken und dadurch eine eindeutigere Reaktion als vorhin zu provozieren. Während er, als wäre nichts gewesen, ihren unteren Rücken ein wenig kraulte und langsam ein bisschen Wasser trank.
Danach jedoch fühlte er sich, wie immer, ziemlich ausgelaugt und ließ ab von seinen Spielchen, um einfach bei ihr zu ruhen und mit seinen Kräften hauszuhalten.

Tatsächlich dauerte es nur noch knapp bis nach Mittag, bis sie die Kanaleinfahrt erreicht hatten, die von den Mantronern so gut wie möglich eisfrei gehalten wurde, um den Weg bis zum Hafen nicht zu blockieren und sich selbst die Handelsmöglichkeiten zu schmälern. Kaum waren sie in die künstlich angelegte Rinne gelangt, wurde es ruhiger, da der Wellengang der offenen See fehlte.
Trotzdem dauerte es noch gut eine Stunde, bis an der Tür das mit Mundl vereinbarte Zeichen, ein viermaliges, kurzes und einmaliges schnelles Klopfen erfolgte. Es diente dazu, ihnen anzuzeigen, dass sie sich allmählich auf den Weg machen konnten, da die Mannschaft beschäftigt war und somit das Ausmaß seiner Schwäche nicht zu Gesicht bekommen würden. Man musste schließlich auch auf die Moral der Männer achten!
Die Spionin musste ihm helfen, sich anzuziehen, so wenig ihm das auch gefiel. Schließlich aber befand er sich in einer warmen Lederhose, die innen mit weichem Fell gefüttert war, einem ebenso gefütterten Wollhemd und bequemen Stiefeln, die ihm bis zu den Knien reichten. Alles natürlich in schwarz, so wie sie es von ihm gewohnt war. Darüber noch kam eine Art bodenlange Tunika mit Kapuze und losem Stoffteil, um das Gesicht zu verhüllen.
"Du solltest deinen Kopf ebenfalls schützen.", hatte er ihr schon zuvor geraten und auf ihre Tasche gezeigt, in der sich auch ein langer Schal befand, den sie zuvor nicht besessen hatte.
So gegen die Kälte gerüstet, konnte sie ihm an Deck helfen, denn ohne Stütze konnte er nicht einmal aufrecht sitzen. Gerade öffnete sie die Tür, trat hinaus ins Tageslicht, half ihm, ihr zu folgen, als... als etwas Weißes, Kaltes aufplatzend mitten in seinem Gesicht landete. Ein paar Bröckchen von dem Schnee trafen auch sie, während der Schuldige scharf die Luft einsog.
Langsam begann das Kalte von dem Antlitz des Dunklen abzublättern, sodass es immer mehr von seiner Haut wieder freigab. Doch deren Fahlheit wurde unwichtig bei dem finsteren, ja, fast schon mordlüsternem Blick, den er Mundl schenkte. Er hob sogar die zur Faust geballten Hand und schüttelte sie in die Richtung des Ersten Maats, der sich beinah die Unterlippe blutig beißen musste, um nicht wie ein Lausebengel zu grinsen.
"Kumm du ma Ham, du Sauschäd'l!", schimpfte Laogh, wenngleich er keine ernsthafte Bedrohung für seinen Mann darstellte. Nicht nur wegen seines Zustandes, sondern auch, weil er ihn viel zu sehr schätzte und dieser kleine Schneeball daran nichts ändern würde.
Und dennoch... Mundl beeilte sich nun besonders dienstfertig, Eleyna bei der Last des zu dürren Elfenkörpers zu helfen, damit er halbwegs sicher und unversehrt an Land gelangen konnte. In dem Hafen selbst herrschte reges Treiben, sodass sie nicht wirklich auffielen.
Nach gefühlten Ewigkeiten erreichten sie den bereits wartenden Hundeschlitten. Darin hatten bequem zwei Personen Platz, die sich unter warme Felldecken kuscheln konnten, wenn sie es denn wollten, und halb liegend, halb sitzend zu ihrem Ziel gefahren werden würden. Der Schatten musste sich ein Aufatmen verbeißen, als es geschafft war und der Erste Maat ihn beinahe schon fürsorglich zudeckte. Dabei übersah er die Hand seines Chefs, die unbemerkt zur Rache schritt.
"So, des woar's east amoi.", beendete er sein Tun, nachdem die Decke gut feststeckte. Er sah zu der Mischlingselfe und lächelte sie offen an. "I wead no a poa Tog do sei und sicha amoi in'd Stodt söbst a kumman. Darat mi g'frei'n, wonn ma uns duat seh'ng darat'n!", sprach er freundlich zu ihr und wartete auf ihre Reakion.
Danach deutete Laogh ihm, sich noch einmal zu ihm zu beugen, als wolle er ihm noch etwas sagen oder einen Auftrag für die zu ladenden Dinge geben. Doch stattdessen... schmierte er seinem Ersten Maat eine Handvoll Schnee genüsslich ins Gesicht. Prustend, keuchend und mit den Händen wild übers Gesicht fahrend wich Mundl zurück und landete prompt auf seinem Hinterteil.
Laogh grinste zufrieden, schloss die Augen und zog sich den schwarzen Stoff vors Antlitz, um sich dort gegen die Kälte zu schützen. "Mia sprech'n uns no!", drohte er mit einer Stimme, die ahnen ließ, dass diese Worte bei weitem nicht so gefährlich gemeint waren.
Verdattert blinzelte der Mensch unter verschneiten Augenbrauen zu dem Schlitten, der noch auf das Zeichen zum Aufbruch wartete, damit auch sie Zeit hatte, sich hinein zu setzen.
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Übersetzung:
Komm du mir heim, du *piiiiep*!
So, das war es erst einmal.
Ich werde noch ein paar Tage hier sein und sicher einmal in die Stadt selbst auch kommen. Würde mich freuen, wenn wir uns dort sehen würden!
Wir sprechen uns noch!

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Mittwoch 2. November 2022, 22:56
von Eleyna d'Yaincre
„…meine... Stute“]. Eleyna hob den blauen Blick und blinzelte ihn an. Es funkelte in ihren Augen auf, denn auch sie erinnerte sich selbstverständlich daran, dass dieser Vergleich mehr als herablassend war. "Aber du in der Rolle als meine Mutter würde mich eher in die Flucht treiben." Sie grinste mit einem Mal und schnalzte mit der Zunge. „Na dann weiß ich ja jetzt, was dich auf Abstand bringt, wenn ich die Nase voll von dir habe!“, flötete sie zuckersüß. Sie lachte leise, als er ihr die Zunge herausstreckte und dabei konnte sie einen kurzen Blick auf einen kleinen Jungen aus Morgeria werfen, der seine Umwelt ins kollektive Augenrollen versetzte. Doch Eleyna ließ das Bild schleunigst verpuffen. Dachte sie jetzt etwa schon über seine Kindheit nach?! Im Leben nicht! So schob sie das Brot noch einmal hin, schnaubte, während er nur einen winzigen Bisschen nahm und schüttelte missbilligend den Kopf dabei, während sie es wieder weglegte. Ihre Mahnung kommentierte er uneindeutig: "Oh, darum mach dir keine Sorgen, das werde ich so oder so." Sie wandte den Kopf und musterte ihn zweifelnd. Wie meinte er das? Unruhig suchte ihr Blick eine bessere Möglichkeit, wie er es gemeint haben könnte, bis er es auflöste. Sie hob eine Augenbraue. „Warum schaust du so entsetzt? Ja, denkst du denn, wir werden vom Hafen nach Mantron reiten?" Sie machte ein fragendes Gesicht und runzelte die Stirn, als er sich wie ein alter Sack gab. Schau dir die Insel an, es liegt überall Schnee und darunter ist zum Großteil Eis. Wir werden selbstverständlich uns so fortbewegen, wie die Einheimischen. - Mit einem Schlitten!" Eleyna hob beide Augenbrauen. SO war sie gewiss noch nicht gereist. Ob er einen Hundeschlitten meinte? Sie hatte davon gehört, war aber noch nicht in den Genuss gekommen. Eleyna zog ihn trotzdem noch mal auf: „So etwas lahmes, das war schon vor 100 Jahren nicht mehr angesagt.“, frotzelte sie und zog ihn mit seinem Alter auf. „Wie alt warst du noch?“, fragte sie betont beiläufig, ohne ernsthaft zu glauben, er könne ihr die Frage einfach beantworten. Sie widmete sich dem Wasser, welches er zu sich nehmen musste und veränderte ihre Position. Eleyna wartete, bis er die richtige für sich gefunden hatte und wollte ihm gerade den Becher reichen, als er mit seinen Fingern gegen ihren Bauch stieß. Kurz runzelte sich ihre Stirn. Was sollte das? Warum nur passierte das ständig?! Die Spionin schluckte kurz. Und während sie den Becher an seine Lippen legte, keimte ein leiser Verdacht in ihrem Hinterstübchen.

Die Stunden verflogen und es wurde plötzlich an ihre Tür geklopft. Sie hatten das Zeichen mit Mundl vereinbart, damit sie wussten, was es Zeit würde, die Sachen zu verstauen und dafür zu sorgen, dass sie beide nicht einfach gleich beim ersten Schritt erfrieren würden. Eleyna half Laogh, wo er ihre Unterstützung brauchte und zuließ. Hierbei folgte ihren Taten aber kein Spott, sondern sie schwieg und hing ihren eigenen Gedanken nach. Zumal sie ihm nun so viele Tage hier an Bord geholfen hatte, dass es für sie bereits völlig normal geworden war. Es machte ihr nichts. Im Gegenteil – sie war sogar äußerst sanft zu ihm. Eleyna ließ ihre Fingerspitzen über seine Haut wandern, mehr flüchtig, als anheizend und doch sanft genug, um kleine Erinnerungen zu wecken oder Sehnsüchte zu schüren. Erst als er fertig angezogen war, kramte sie ihren Schal heraus und wickelte ihn um ihren Kopf. Strähnen des schwarzen Haares, hingen ihr ins Gesicht, doch sie beließ es dabei. Eleyna stützte Laogh, griff sich beide Taschen und führte ihn in seinem Tempo an Deck. Endlich betrat er seit langem wieder die Planken des Decks und frische Luft umwehte seine Nase. Bis sie zusammenzuckte, weil etwas in seinem Gesicht landete. Eleyna starrte auf die weiße Mattscheibe in seinem Gesicht und machte plötzlich große Augen. Dann wandte sie sich um, um zu ergründen, wer der Übeltäter war, und starrte ihn mit aufeinandergepressten Lippen an. Sie musste sich so beherrsche, nicht loszulachen, dass ihr Körper bebte vor Anstrengung. "Kumm du ma Ham, du Sauschäd'l!", tönte der Angegriffene und brachte damit die Dämme zum Überlaufen: Eleyna lachte losgelöst und wischte sich sogar eine Träne aus dem Augenwinkel. Sofort war Mundl zur Stelle und half ihr, damit sie Laogh gemeinsam endlich an Land bringen konnten. Noch immer grinste Eleyna amüsiert über die beiden und atmete tief durch, als sie endlich festen Boden unter den Füßen hatten! Sie sah sich interessiert um, begutachtete das Treiben der Matrosen hier und dort und ließ den Blick über die Schiffe wandern. Hier schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Niemand hatte Probleme, dass Dunkelelfen hier ein und ausgingen. Abgesehen von einem. Doch Eleyna konnte nicht feststellen, dass sie ihnen nicht freundlich gesonnen waren. Die Spionin folgte den Männern weiter und sah daraufhin die Schlitten.
Auch hier lächelte sie plötzlich. Trotz der eisigen Kälte, fühlte sie sich warm und gut eingepackt. Die Hunde aber erregten ihre Aufmerksamkeit, während sie um den Schlitten herumtrat und dann vor dem Alphatier in die Knie ging. Sie streckte vorsichtig eine Hand aus, ließ das Tier schnuppern und bekam dann den Kopf hingehalten, um ihn zu kraulen. Sie lächelte und kraulte den Hundekopf. Sie war jedenfalls schon mal verliebt! Eleyna hob den Kopf, als Mundl Laogh in den Schlitten gesetzt hatte. "So, des woar's east amoi.",, hörte sie ihn sagen und erhob sich wieder. Sie kam auf den ersten Maat zu. "I wead no a poa Tog do sei und sicha amoi in'd Stodt söbst a kumman. Darat mi g'frei'n, wonn ma uns duat seh'ng darat'n!" Eleyna kam auf den Mann zu und zog ihn in ihre Arme. Er hatte sich als wahrer Freund erwiesen und sein Wort ihr gegenüber gehalten. Sie vertraute ihm, trotz allem was war und sie nickte ihm zu. „Ich würde mich sehr freuen, Mundl“, meinte sie ehrlich und klopfte ihm gegen die Schulter. „Vielen Dank, dass ich Teil eurer Mannschaft sein durfte. Ich… habe mich wirklich gefreut, euch alle kennenzulernen.“, versicherte sie ihm und sah zu Laogh. „Auf bald dann, Mundl!“. Eleyna setzte sich zu dem Schatten in den Schlitten und hob erneut überrascht den Blick, als Mundl plötzlich von Laogh ebenfalls eingeseift wurde. Ein wenig ungläubig schaute sie zwischen den Männern hin und her und grinste aber dann, sich ihren Teil denkend. Eleyna zog ebenfalls an der Decke und berührte Laogh mit ihrer Schulter, so eng saßen sie beieinander. Dann rutschte ihre Hand unter die Decke und sie drückte seine Hand kurz fest. Es war ein stummes Zeichen dafür, dass sie seine offenere Art durchaus mochte. Und dass er ihr diese gewiss nicht umsonst gezeigt hätte. Doch dann zog sie die Hand wieder raus und wandte den Blick, um das neue Land ein wenig kennenzulernen. Die Landschaft war zwar karg, doch in ihren Augen wunderschön…

Re: Die Hafenanlage

Verfasst: Samstag 5. November 2022, 09:25
von Erzähler
Leise schnaubte er bei ihrer Drohung, wenngleich es in seinen Augen herausfordernd blitzte. Sollte sie es doch versuchen! Als ob sie jemals ohne ihn auskommen würde! Bei dieser Überzeugung setzte er eine selbstzufriedene Miene auf und senkte ein wenig die Lider, als wolle er die Augen schließen. "Was nie passieren wird, weil du mir zu Füßen liegst.", hielt er mit jenem selbstgefälligen Tonfall dagegen, von dem er wusste, dass er ihr gegen den Strich ging.
Daraufhin ging das Geplänkel zwischen ihnen weiter und er genoss es sichtlich, sie ein wenig zum Nachdenken zu bringen darüber, wie er Mantron zu erreichen gedachte. Zuerst weidete er sich an ihrer fragenden Miene, der man deutlich ansah, dass es hinter ihrer Stirn nur gähnende Leere gab, bis er die Sache auflöste.
Bei ihrer Reaktion hob er eine Augenbraue und war beinahe eine Spur weit enttäuscht. "Also bitte, ja! Mit dem Schlitten zu reisen ist bequem und sehr komfortabel. Absolut nichts im Vergleich zu einem Kahn wie diesem!", brummte er beleidigt.
"Hm... 20... 25 vielleicht. Ja, so um den Dreh herum kommt das hin.", gab er ihr dann eine Auskunft, mit der sie sicherlich nicht rechnete.
Natürlich machte er das nicht einfach so, weil sie jetzt vetrauter miteinander umgingen und er sich ihr deswegen mehr zu öffnen gedachte. Nein, es lag vielmehr daran, dass sie es bald so oder so herausfinden könnte, wenn sie es denn darauf anlegte. Schließlich kannte er die Person, zu der sie unterwegs waren, gut genug, um deren Schwatzhaftigkeit nicht vergessen zu haben. Ebenso wenig wie einige andere Details.
Während sie wohl noch mit der Überraschung einer ehrlichen Antwort beschäftigt war, machte er es sich auf ihrem Schoß gemütlich und berührte sie absichtlich mit den Fingerspitzen an ihrem Bauch, getarnt als kleines Versehen, um ihre Reaktion zu testen. Er konnte deutlich sehen, wie sie die Stirn runzelte und kurz darauf schluckte, was für ihn eine weitere Bestätigung in seinem Verdacht war.
Ja, es wurde definitiv Zeit, von diesem Schiff runter zu kommen und zu alter Kraft zu finden!

Stunden später war es endlich soweit, sie hatten den Hafen erreicht und angelegt. Allein die Einfahrt in den Kanal war schon eine Erleichterung für ihn gewesen, da sich dadurch der Wellengang beruhigt hatte. Doch wirklich besser würde es erst werden, wenn er an Land angekommen wäre! Endlich kam das verabredete Zeichen von Mundl und sie konnten sich daran machen, sich beide winterfest einzukleiden.
Am Ende musste er es dennoch aushalten, dass sie ihn stützte und beider Taschen trug, um an Deck gelangen zu können. Dort allerdings wartete eine kalte Überraschung auf ihn, mit der er nicht gerechnet hatte. Auch der Erste Maat nicht, denn eigentlich hatte er die Spionin erwischen wollen.
Nun machte er eine unschuldige Miene, während Laogh in seinem breitesten Dialekt auf Sendli mit ihm schimpfte und ihm drohte. Die Frau neben ihm brach in schallendes Gelächter aus und fing sich einen finsteren Blick von ihm ein.
Im nächsten Moment huschte ein feines, unheilvolles Grinsen über seine Lippen, das schon wieder verschwunden war, ehe sie es bemerken konnte. Es war auch jetzt nicht wichtig, sondern erst einmal, dass er endlich von diesem schaukelnden Ungeheuer herunter kam!
Gemeinsam mit Mundl schafften sie ihn an Land und halfen ihm bis in den Schlitten, wo er sich unter weichen Fellen zudecken und vor der Kälte schützen konnte. Vorne waren insgesamt sechs kräftige, weiß-graue Hunde angeschirrt und strotzten nur so vor Energie, wie man ihren unruhigen Bewegungen anmerken konnte, mit denen sie die Zeit überbrückten, bis sie endlich los laufen könnten.
Der Schlittenführer hatte mitunter Mühe, sie zu bändigen. Dabei war er ein noch eher dürrer, schmächtiger Bengel mit roten Wangen, der kaum geeignet schien, die Meute in Schach zu halten. Doch da sollte sich niemand täuschen, wie er aus Erfahrung wusste. Gerade diese Burschen und manchmal auch die Mädchen waren viel durchsetzungsfähiger, als sie wirkten, und waren erfahren genug, um sich durchzusetzen.
Während sich der Schatten also tiefer in die Felle sinken ließ und erleichtert aufatmete, es endlich überstanden zu haben, verabschiedete Mundl sich vorläufig von der Mischlingselfe. Dass sie ihn dabei in die Arme zog, sorgte dafür, dass der Dunkle eine Augenbraue anhob, vor allem, als der andere leicht errötete und sich verlegen den Hinterkopf kratzte.
"Äh... jo... oiso... jo... na donn...", murmelte er betröppelt und atmete sichtlich auf, als Laogh ihn noch einmal zu sich rief für die letzten Instruktionen. Aber anstatt ihm Anweisungen zu geben, folgte seine Rache für den Schneeball zuvor. Prustend und sich heftig das Gesicht frei wischend wich der Mensch zurück und schüttelte sich.
"Hey!", beschwerte er sich, grinste dann jedoch schief. "Na jo... hob i woi vadient... Oba o'g'fongan hot se duat!"
Laogh zeigte ein kleines Grinsen, als er sich zurück sinken ließ und die Augen schloss. "Ich weiß... Ich weiß.", murmelte er. Oh je, was sollte das wieder bedeuten? Musste sie sich etwa in Acht nehmen? Nun ja, vielleicht, wenngleich definitiv noch nicht jetzt.
Denn nachdem Mundl dem Burschen noch einmal zugenickt hatte, gab dieser den Hunden das Zeichen zum Aufbruch und der Schatten wirkte, als würde er vor Erschöpfung einschlafen. Wie lange ihre Fahrt wohl dauern würde?

Eleyna fährt zu Im Herzen Mantrons
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Übersetzung:
Äh... ja... also... ja... na dann...
Na ja... habe ich wohl verdient... Aber angefangen hat sie dort!