Der Weg zum Hafen

Der Hafen liegt außerhalb der Stadt und somit auch des Frostwaldes. Die Schiffe liegen in einer kleinen Eisbucht vor Anker. Die Mantroner haben einen künstlichen Kanal zum Meer angelegt, den sie immer wieder freihacken müssen, weil die Oberfläche zufriert
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Der Weg zum Hafen

Beitrag von Kjartan » Mittwoch 26. Dezember 2012, 10:10

Einstiegspost
Gemessenen Schrittes zog er den Weg von der Stadt zum Hafen entlang. Der Schnee auf der Straße war niedergetrampelt und zu einer dicken Schicht aus Eis geworden. Andere Völker hätten womöglich Schwierigkeiten gehabt, auf dieser spiegelglatten Oberfläche sicher von A nach B zu kommen. Die Mantroner aber waren es gewohnt hier zu marschieren. Und jene Mantroner, die im Hafen arbeiteten oder als Ruderer oder Krieger zur See fuhren, noch viel mehr.

Zwei volle Tage hatte Kjartan nun auf der Insel verbracht. Als sein Schiff, die Drachenodem, nach einer einwöchigen und vor allem ereignislosen Patrouillenfahrt wieder im Hafen Mantrons anlegte, war Kjartans erster Weg nach Hause zu seiner Familie. Nachdem der Tapfere kurz die wichtigsten Neuigkeiten mit seiner Familie ausgetauscht hatte, ging es weiter in die Taverne. Schließlich wärmt einen Mann nichts mehr auf als der süße Met des Wirtes. Außerdem musste Kjartan auch sicher gehen, wirklich ALLE Neuigkeiten zu hören. Und welcher Ort war dazu besser geeignet als die Taverne? Und so verbrachte der Krieger eine Nacht, wie er sie liebte: mit Met, Geschichten und derben Späßen.
Die beiden darauffolgenden Tage nutzte der Tapfere, um Zeit mit seinen Geschwistern, den beiden abgerichteten Wölfen und natürlich seinen Freunden zu verbringen. Seine Stimmung trübte nur, dass sein Bruder nicht anwesend war. Der Junge diente wie Kjartan auf einem Eissegler als Krieger zur See. So war es nicht selten, dass Kjartan und sein Bruder nicht zur selben Zeit auf Landgang in der Heimat waren. Damit mussten sie sich abfinden, auch wenn es die beiden etwas wurmte.

Wenn wir das nächste Mal beide in Mantron sind, müssen wir mit Thure reden, damit wir gemeinsam auf die Drachenodem kommen, überlegte Kjartan und marschierte weiter gen Hafen. Er freute sich bereits auf die Ausfahrt. Sicher war er gerne in Mantron bei seiner Familie und den Verwandten und Bekannten. Aber ebensosehr liebte der Krieger die See. Ohne eines der beiden – Land und See – wäre er wohl auf Dauer nicht glücklich geworden. Nach jeder Patrouillenfahrt freute sich der Mantroner auf die Heimkehr, und nach jeder Heimkehr freute sich der Mantroner auf die Zeit am Schiff.
Unterbewusst wanderte Kjartans Hand an den Knauf seiner Axt, als wolle er sich vergewissern, dass er alles dabei hatte. Selbstverständlich hatte er alle seine Sachen dabei. Zwei ganze Stunden lang hatte er seine Ausrüstung überprüft, die Axt und die Speerspitze geschärft und den Trinkschlauch befüllt. Hiermit war nicht zu spaßen: ein Krieger zur See brauchte all seine Utensilien, denn fehlte auch nur ein Teil, könnte es seinen Tod bedeuten. Eine schartige Axt besiegte keine Feinde, eine ungeölte Axt war vor Wind und Wetter auf See nicht gefeit, ein stumpfer Speer prallte vom Gegner ab wie ein gewöhnlicher Holzstock.
Vor sich sah Kjartan bereits die Dächer der Hafengebäude und so er sich darauf konzentrierte einige der Schiffsmasten. Der Tapfere blickte nicht zurück. Er blickte nie zurück, wenn er sich zum Hafen aufmachte. Ebensowenig blickte er auf den Hafen zurück, wenn er unterwegs in die Stadt war. Auf diesem Weg ließ er das Vergangene vergangen sein und richtete seine Augen stets auf die Zukunft. Es war zu einer Art Marotte für ihn geworden.

Einige Schlitten, angezogen von abgerichteten Wölfe, schossen an Kjartan vorbei. Jedes Mal ging ein Ruf des Fahrers damit einher und jedes Mal hob der Tapfere seinen Arm und rief ebenfalls etwas zum Gruße. Viele Mantroner kannten Kjartan, Sohn des Baldors aus der Sippe Thorgert Auerkrafts bereits. Es waren große Fußstapfen, in die er zu treten hatte und der Krieger hoffte inständig, den Erwartungen die alle – und vor allem er selbst – an sich stellte, erfüllen würde können. Wieder wanderte seine behandschuhte Hand zur Axt, die im Gürtel hing. Vorsichtig strich der mit dem Daumen über die Schneide. „Für Mantron“, flüsterte der Krieger und marschierte zielgerichtet weiter.
Vor Kjartan offenbarte sich schließlich der Hafen Mantrons. Nicht wenige Häuser standen hier, von denen die meisten als Lager dienten. Waren, die vom großen Lagerhaus in der Mitte der Stadt hierher gebracht wurden, damit sie später als Proviant auf den Schiffen dienten, wurden hier verwahrt. Aber ebenso wurden Waren, die von den Handelsschiffen mit den Santronern, Eiselfen oder Dessariern getauscht werden sollten, hier zwischengelagert. Andere Häuser dienten als Schlafunterkunft für die Verladearbeiter und Wachleute.

Neben den schmalen Eisseglern, mit denen die Krieger zur See auf Patrouille gingen und die Küste der Eisinsel gegen Piraten, Sklavenhändler und andere Feinde sicherten, lagen auch einige der breiten Handelsschiffe im Hafen vor Anker. Mit ihnen fuhren mantronischer Händler zu verbündeten und befreundeten Städten und tauschten Felle, Bären- und Robbenfleisch und andere Waren gegen Stein und Eisen, Obst und Gemüse und andere Dinge, die auf der Eisinsel nur schwer zu erhalten sind.
Gerade lief ein weiterer Eissegler ein. Die „Drachenschwinge“. Es war nicht das Schiff seines Bruders. Ein kurzer Blick zur Drachenodem zeigte Kjartan, dass noch Zeit hatte. Gerade erst wurden die Fässer und Truhen mit Proviant für eine Woche verladen. Er könnte also noch kurz mit den Männern der Drachenschwinge sprechen. Zielstrebig trottete der Tapfere zum neu angekommenen Schiff, das bereits von den ersten Kriegern über die Planke verlassen wurde. Freundlich hob Kjartan seine Hand und grüßte die Heimkehrer, Ausschau haltend nach ihm vertrauten Gesichtern.

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Re: Der Weg zum Hafen

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 27. Dezember 2012, 22:28

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Es war ein grauer Tag und der Wind peitschte die unruhige See auf der das aufgebrochene Packeis im Hafen von Mantron schwamm. Kjartan sah hinaus aufs Meer und die "Drachenschwinge" näherte sich dem Ufer. Der Hafen war sein zu Hause, deshalb war das Bild, was sich ihm bot, auch nicht fremd. Die zwei einzigen langen Stege, die hinaus in die Bucht führten, knirschten in der Kälte und wurden ständig von Arbeitern mit Spitzhacken frei gehalten, da sonst die schweren Schiffe aus dem Holz der Eiseichen sie nicht erreichen würden. Die „Drachenschwinge“ war ein Eissegler wie die „Drachenodem“. Ihr mächtiger Rumpf schob sich bei guter Fahrt weit auf das Packeis und brach es unter sich. Hier für war der Bug mit dem mächtigen Drachenkopf sogar mit einer starken kantigen Kufe aus Metall verstärkt worden, die bis tief unter den Rumpf verlief. Sie war eines der Schiffe die den Kanal zwischen der Insel und dem Festland frei zu halten hatte, genauso wie Kjartans Schiff auf dem er seit seinem 17ten Lebensjahr diente. Er kannte hier jedes Schiff beim Namen und jedes hatte seine Eigenheiten. Die „Drachenschwinge“ war das schnellste Schiff der Mantroner, welche vor der Insel Esra kreuzte. Die „Drachenkralle“, die vor Anker lag, hatte zwei Klauen am Bug und war schon häufig aus Kämpfen mit Piraten siegreich hervor gegangen, in dem sie sie damit rammte. Die „Drachenodem“ hatte am Kopf eine versteckte Balliste, oder auch „Skorpion“ genannt, mit der man eine brennende Harpune auf große Entfernung auf seinen Feind abschießen konnte. Es gab noch andere glorreiche Schiffe, die nach Körperteilen der sagenumwobenen Tiere benannt worden waren und in Form und künstlerischen Schnitzereien den Schiffen ihre Namen gaben. Doch diese drei lagen grade in Sicht des Mantroners, der sich auf seine nächste Fahrt freute. Allein ein Blick auf die langen Rümpfe, in die grausam anmutenden Fratzen der Drachen und in die gerafften Seegel, ließ jedes Seemannsherz höher schlagen. Jeder Mantroner wusste nur zu gut, dass das Holz aus dem diese Schiffe gebaut wurden, härter und widerstandsfähiger waren, als sonst irgend eine wankende Schale die auf den Meeren schaukelte. Und jeden Mann, der das Meer liebte, erfüllte ein solcher Anblick mit Stolz.
Kjartan eben solch ein Mann und auch wenn er seine Landgänge liebte, so zog es ihn schnell wieder in Venthas Arme. Die See war seine Liebe, auch wenn er weiblicher Gesellschaft sicher nicht abgeneigt war. Vor drei Tagen hatte er die Nacht in der Taverne verbracht, zu mindestens, in der Lagerhalle die gemeinhin als Taverne der Mantroner her halten musste. Alles was man an alkoholischen Getränken in der Stadt besaß lagerte bei Ulmgard Immerdurst in seinem Haus, das er „Venthas Hammer“ getauft hatte, was man so mit Fug und Recht als Taverne bezeichnen konnte und wenn man Glück hatte und er nicht alles selbst ausgetrunken hatte, so bekam man dort aus allen Ecken Celcias, das herrlichste Gesöff. Da seine Frau Tomke Streitbrecher mit herrischer Hand und hölzernem Kochlöffel für Ordnung unter den rauflustigen Mantroners sorgte, war ein Besuch bei dieser Familie auch immer ein Vergnügen. Reisende wurden dort immer herzlich aufgenommen. Kjartan hatte dort die ganze Nacht gezecht und die neusten Geschichten, Gerüchte und alles in sich aufgesaugt, was es neues in Mantron zu berichten gab. Noch immer schwirrten ihm, durch den Genuss eines besonders feinen Mets verschwommen, Bruchstücke von Informationen durch den Kopf. Es war vieles dabei gewesen, was ihn nur am Rande interessierte. Einer der erfolgreichsten Jäger hier, Ornos der Wilde, hatte einen besonders großen und hässlichen Eisbären erlegt, dessen Fell nach seiner Aussage nur noch zum Putzen für sein Weib dienen konnte. An dieser Geschichte war nichts besonderes, aber trotzdem war sie Kjartan im Kopf geblieben, da es sich die Jagd ursprünglich um einen Wettstreit handelte und sein Gegner noch nicht zurück gekehrt war. Das hielt Orok aber nicht davon ab mit seiner gewaltigen Beute Hof zu halten, auch wenn feinsinnige Ohren schon eine gewisse Sorge heraushören konnten. Die Geschichte, wie er den Bären ganz allein erlegte, erinnerte Kjartan an seine frühen Erfahrungen mit den Bären. Sich allein einem solchen Tier zu stellen, war eine glorreiche und mutige Tat. Außerdem war Ornos ein hervorragender Erzähler und schmückte seine Erlebnisse gern farbenfroh und blutig aus. Kjartan erinnerte sich noch an seinen letzten Ausruf, bevor der die Schenke verließ:
„HAHA, die Jagt hat mich ganz wild gemacht! Ich werd dann mal nach Hause zu meiner Frau gehen und mich von ihr zähmen lassen! Bleibt zu hoffen, sie hat die Fesseln noch nicht fortgeräumt! HAHAHhaha...“
Derbe Späße gehörten bei ihm zum guten Ton und gute Laune verbreitete sich schnell in seiner Umgebung. Trotzdem waren Kjartan die stillen Momente aufgefallen, in denen er von dem jungen, überfälligen Jäger erzählte. Vielleicht würde er sich an den Namen erinnern, wenn er ihn noch einmal hörte. Aber auch andere Neuigkeiten verbreiteten sich schnell bei Tomke und Ulmgard. Es gab Gute wie auch schlechte Nachrichten. Norna Wolfruf hatte wohl Probleme mit dem letzten Wurf ihrer Zucht. Es kursierten Gerüchte, dass sie sich bald auf die Suche nach frischem Blut machen würde, was bedeutete, dass sie für Wochen in den Wäldern verschwinden würde. Bei ihrem Ansehen und dem ständigen Bedarf an Wölfen, war eine längere Abwesenheit ihrer Person nie etwas Gutes. Auch andere traurige Geschichten drangen an Kjartans Ohr. Eine Familie hatte ihr gerade geborenes Kind verloren, eine andere ihre 18 jährige Tochter. Zweites war schon eine Weile her, aber die Beschreibung der Mutter, die seit dem niemals wieder gelächelt hatte, wurde so plastisch untermalt, dass es die Tochter des Wirtes zu Tränen rührte, als sie beim Servieren am Nachbartisch stand. Es ging den Abend noch recht emotional zu und viel gesungen wurde auch. Später änderte sich die Stimmung und stieg, was auch die Themen wechseln ließ. Es wurde hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, dass die Frau ihres Anführers Thure guter Hoffnung war. Die Robbenpopulation war wieder gestiegen, was viele der Jäger freute und es gab schon lange keine Zeichen auf das Wirken der Eisbestie in den Wäldern um Mantron. Insgesamt freute sich man auf einen ruhigen, wenn auch sehr harten Winter. Thures Frau, Elin Meersegen, die Venthapriesterin hatte einen sehr harten Winter vorausgesagt. Da die Temperaturen schon jetzt bei bis zu -24°C lagen, bereitete sich ganz Mantron auf harte Zeiten vor. Doch harte Zeiten machten harte Männer! Die Tapferen hatten schon viel überstanden!
Die nächsten zwei Tage hatte Kjartan, bei seiner Familie verbracht, die durch die Abwesenheit seines jüngeren Bruders, der gerade erst seine Ausbildung zum Krieger zur See auf einem anderen Schiff begonnen hatte, ausschließlich aus Mädchen bestand. Er vermisste seinen Bruder, doch dieser hatte sich für ein anderes Schiff als die „Drachenodem“ entschieden. Seine Gedanken formten den Wunsch, ihn vielleicht zu überreden mit ihm auf sein Schiff zu kommen, doch seine Schwestern hielten ihn für die Dauer seines Aufenthalt gehörig auf Trab! Jedes handgeknüpfte Seil musste begutachtet werden, jede Veränderung an ihrem Äußeren die ihm nicht auffiel, was fast alle waren, musste hervorgehoben werden und die Wölfinnen "Mondruf" und "Sonnentänzer" verlangten ebenfalls seine Aufmerksamkeit. Die neuste Familiennachricht war, dass Alvilde ihren Beinamen erhalten hatte in seiner Abwesenheit. Sie durfte sich nun nach einem gewonnenen Wettstreit mit vielen handwerklich begabten Künstlern „Alvilde Schöngeflecht“ nennen und so hatte noch eine seiner Schwestern vor Kjartan ihren Namen erhalten. Alvilde war in Zwischenzeit zu einer ansehnlichen Mantronerin gereift und Liva Zweileben erzählte ihrem größtem Bruder im geheimen, dass sie einige Verehrer hätte. Seinen Vater bekam er gar nicht zu sehen, da auch er unterwegs war. Auch er war ein erfahrener Krieger auf einem Eisbrecher und die „Drachenzahn“ war schon einige Wochen unterwegs. Kjartans Mutter hätte es sicher lieber gesehen, wenn ihr Mann sich langsam weniger zur See hingezogen fühlen würde, als mehr zu seiner Familie, doch selbst die langen Trennungszeiten taten ihrer Liebe keinen Abbruch. Alles in allem war zu Hause also alles in Ordnung und so konnte Kjartan sich auf die nächste Patrouille vorbereiten, was er auch gründlich getan hatte. Er hatte in aller Frühe das Haus verlassen und nicht zurück geblickt. Einzig die kleine Liva war ihm nachgelaufen und hatte ihm eine seltsam unförmig aussehende Schnitzer aus eigener Hand noch zugesteckt. Das sie kein handwerkliches Talent hatte, sah man überdeutlich! Der Fisch, oder was auch immer sein neuer „Glücksbringer“ darstellen sollte, hatte seltsame Auswüchse, Kanten und Scharten, aber war kaum mehr als ein grobes Stück Holz, so dass ihm vielleicht sogar der Gedanke hätte kommen können es einfach weg zu werfen, doch seine kleine Schwester hatte ihn solch unglaublich großen, tiefen, dunkelblauen Augen angesehen, dass er das Brennholzstück unmöglich hatte ablehnen können. Auf dem Weg zum Hafen spielten unbewusst seine Finger mit dem Kleinod, aber seine Gedanken waren schon wieder auf See.
Jetzt da die „Drachenschwinge“ anlegte, die ersten Männer von Bord kamen und er nach bekannten Gesichtern Ausschau hielt, fiel ihm auf, dass die Stimmung in den sonst glücklichen Heimkehrern finster und verschlossen wirkte. Viele der Seeleute machten sich eilig davon. Einige taten schweigend ihre Arbeit, das Schiff zu vertäuen und der Kapitän stand noch immer hinten am Ruder , als wollte er es nicht los lassen. Kjartan kannte ihn nicht, aber einer der Krieger kam ihn bekannt vor. Es war etwas älterer Krieger als er und bestimmt schon Ende 30ig, also noch seinen besten Jahren. Sein Name war Malte Schädelbrecher und er hatte vor einigen Jahren wegen Streitigkeiten auf der „Drachenzahn“ das Schiff gewechselt. Kjartans Vater hatte es so erzählt, aber an Genaues konnte sich der junge Mantroner nicht erinnern. Der Krieger rollte gerade ein dickes Tau auf und würde bald das Schiff verlassen, so wie es aussah. Auch seine Miene wirkte irgendwie mürrisch. Trat Kjartan in seine Nähe, so würde seine erste Reaktion ein bellendes:
„Was?!“
sein.
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Re: Der Weg zum Hafen

Beitrag von Kjartan » Samstag 29. Dezember 2012, 00:44

Alvilde Schöngeflecht. Ein guter Name. Für eine Frau schön; und für seine Schwester passend. Sie war mittlerweile wirklich zu einer schönen Frau geworden, Kjartan musste sich dies jedes Mal, wenn er heimkehrte eingestehen. Und unverkennbar die Tochter ihrer Mutter. Laut seinem Vater Baldor war Alvilde ein Ebenbild Elidas, als diese in ihren Zwanzigern war. Und nach allem, was die kleine Liva ihm geflüstet hatte, blieb Alvildes Schönheit auch den jungen Männern Mantrons nicht verborgen. Mehrere Werber sollte sie ja mittlerweile haben, seine kleine Schwester. Bestimmt würde sie eines Tages einem tapferen Recken, womöglich einem Krieger zu See, einige Kinder schenken. Schöngeflecht. Ein guter Name.

Kjartan spielte, die linke Hand in seiner Ledertasche, mit Livas Geschenk herum. Nun hatte die zweite seiner Schwestern einen Beinamen erhalten. Er empfand keinen Neid auf Liva und Alvilde. Nur Respekt, Stolz und Ehrfurcht. Sie beide hatten ihn sich verdient. Liva, die selbst als Neugeborene stärker war als Gevatter Tod. Und Alvilde, die eine talentiertere Künstlerin war als so viele andere Mantronerinnen. Er war wirklich stolz auf sie. Dennoch wurde dadurch sein Wunsch nach einem ehrenhaften, starken Beinamen weiter angefacht. Aber irgendwann würde es so weit sein. Dann würde er ihn sich ebenfalls verdienen.

Kjartan starrte die Drachenschwinge ehrfürchtig an. Es war ein wunderbares Schiff. Der kunstvoll geschnitzte Drachenkopf, der mächtige Rumpf, und dazu noch die Kufen, die dem Drachen Flügel zu verliehen schienen. Wie jedes Schiff der Mantroner war die Drachenschwinge einzigartig. Und unbezwingbar, wenn es um Schnelligkeit ging. Alle Eissegler waren schnell, doch die Drachenschwinge wurde durch die Kufen noch um einen Deut schneller. Kein Schiff, das Kjartan je gesehen hatte, könnte es mit ihr aufnehmen. Wie ein Drache aus vergangenen Zeiten durch die Lüfte flog, so flog dieses Schiff durchs Wasser.
Die ersten Männer verließen mit gesenkten Köpfen und finsterer Miene das Schiff. Etwas stimmte nicht. Kjartan musterte die Männer und hielt nach einem bekannten Gesicht Ausschau. Wen er auch anblickte, überall bot sich ihm das gleiche Bild: die Männer wirkten verschlossen, geknickt, missmutig. Die meisten der Krieger machten sich sofort, ohne jegliche Umschweife davon. Es schien dem jungen Mann, als wollten sie alle nur weg. Einige der Seemänner vertäuten das Schiff, rollten Seile und Taue auf, entluden das Schiff. Schweigend. Kjartan gehörte sicher nicht zu den sensibelsten Seelen, die Celcia je erblickt hat, doch hier fiel sogar ihm auf, dass etwas ganz und gar nicht stimmen konnte. Wenn es eine Sache gab, an denen es heimkehrenden Mantronern niemals mangelte, so waren dies Worte. Doch hier fehlten nicht nur die gegenseitigen Neckereien und Witzeleien, die derben Späße, die ausgeschmückten Geschichten der Seemänner; es wurde nicht einmal geflucht. Alles schwieg. Die Stimmung der Heimkehrer schien sich sogleich auf den ganzen Hafen auszudehnen. Jeder der Anwesenden wusste, dass hier Übles vor sich ging.

Kjartan begutachtete das Treiben am Schiff weiter und plötzlich fiel ihm eine Gestalt am Steuerrad der Drachenschwinge auf. Es war ihr Kapitän, ein alter Haudegen von mindestens 40 Jahren, den wohl so leicht nichts erschüttern konnte. Kjartan kannte den Mann nicht, der sich nun fest ans Ruder klammerte und ins Leere starrte. Baldor Eisbrechers Sohn griff mit der linken Hand in seine Tasche und tastete nach dem Holzstück, den ihm seine Schwester Liva mitgegeben hatte. Seine Gedanken schweiften zu seiner Familie. Was hatte diese gedungenen Krieger an Bord der Drachenschwinge so mitgenommen? Was war draußen auf hoher See geschehen, dass verdiente Recken so davonschlichen? Sigvard und sein Vater Baldor waren beide auch da draußen. Und bald schon würde auch er selbst es sein. Es war nicht so als verspürte Kjartan Angst, es war eher eine Beunruhigung. Fest umschlossen seine Finger den verunglimpften Holzfisch und dessen harte Kanten bohrten sich fest in sein Fleisch bis die Handflächen schmerzten.

Der Tapfere musste jemanden finden, der ihm erzählen konnte, was auf See vor sich gegangen war. Wieder suchte Kjartan nach ihm vertrauten Gesichtern und wurde schließlich doch fündig: ein hochgewachsener, breitschultriger – also selbst für einen Mantroner hochgewachsen und breitschultrig – Mann Ende dreißig. Er kannte ihn durch Geschichten seines Vaters. Einst war der Mann mit Kjartans Vater gemeinsam auf der Drachenzahn gewesen. Dort hatte er aber irgendwelche Probleme mit einigen der anderen Seemänner gehabt und war deshalb schließlich auf die Drachenschwinge gewechselt. Malte Schädelbrecher war sein Name. „Er verdient seinen Namen, das könnt ihr mir glauben“, hatte sein Vater ihm und Sigvard vor einigen Jahren erklärt. „Und er trägt ihn nicht, weil er die Schädel von Robben oder Seehunden bricht“, hatte er weitererzählt. Ein mulmiges Gefühl war damals in Kjartan aufgestiegen, als er begriff, was sein Vater damit gemeint hatte. Der Hüne wirkte mürrisch und unglaublich schlecht gelaunt und irgendetwas sagte dem jungen Mantroner, er solle Malte Schädelbrecher besser nicht ansprechen. Allerdings neigte er dazu, diese Art von Überlegungen schnell beiseite zu wischen und so trat er stramm vor den Schädelbrecher. Mit finsterem Blick – oder besser gesagt stockdunklem Blick – sah der Hüne Kjartan an und bellte: „Was?!“ Der Tapfere sog scharf die Luft ein. „Kjartan, Sohn des Baldor Eisbrecher, Krieger zur See auf der Drachenodem“, sprach er sein Gegenüber an. „Ihr wart ein Waffenbruder meines Vaters“, versuchte er ins Gespräch zu kommen.
Soweit sich Kjarti erinnerte hatte sein Vater nichts dazu erwähnt, dass Malte mit IHM ein Problem gehabt hatte. Die Drachenzahn wollte der junge Mann besser nicht ansprechen. Der Hüne würde es ohnehin noch wissen, da müsste er es nicht auch noch aussprechen. „Was ist geschehen?“, fragte Kjartan den Schädelbrecher. „Die Drachenodem legt in weniger als einer Stunde ab, worauf müssen wir uns gefasst machen?“

Der Mantroner hoffte inständig, dass der Mann von der Drachenschwinge ihn etwas aufklären würde. Was auch immer es war, dass der Besatzung der Drachenschwinge widerfahren ist, es bestand die Möglichkeit, dass auch die Drachenodem in die gleiche Situation kam. Und dann war es gut, im Voraus Bescheid zu wissen.
Noch bevor Malte Schädelbrecher irgendeine weitere Reaktion zeigen konnte, schickte Kjartan ein Stoßgebet für seinen Vater auf der Drachenzahn und seinen Bruder auf der Drachenblut zur Göttin des Windes und des Meeres. Ventha würde auf seine Familie achten und die Feinde Mantrons zerschmettern, so, wie es stets gewesen ist. Und um seinen Vater musste er sich ohnehin keine Sorgen machen, war er doch einer der erfahrensten unter den Kriegern Mantrons. Aber Sigvard war jung, unerfahren und, zu allem Überfluss, heißblütig wie Kjartan. Auch wenn die Drachenblut mit ihrem doppelt verstärkten, scharlachrotem Rumpf als stabilstes und zum Eisbrechen am geeignetsten Schiff Mantrons galt, so war das Meer selbst zwar die größte, aber bei weitem nicht die einzige Gefahr, auf die Sigvard treffen könnte.

Erwartungsvoll blickte der Krieger Malte an und wartete ob der Dinge, die kommen mochten.

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Re: Der Weg zum Hafen

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 2. Januar 2013, 19:22

Die Stimmung am Hafen war durchwachsen von teils neugierigen Blicken und teils abweisenden Mienen. Was auch immer die Männer der Drachenschwinge auf See erlebt hatten, viele von ihnen schienen nicht darüber reden zu wollen oder mussten vielleicht sogar Stillschweigen befohlen bekommen haben. Beides war möglich. Der starre Blick des Kapitäns verriet nichts, doch das ein oder andere eilig davon eilende Gesicht ließ vermuten, dass Nachricht an Thule Sturmschreier bereits unterwegs war. Kjartan hielt dies jedoch nicht ab, bereits hier nach den Gründen zu suchen. Er war nicht der Typ Mann, der sich vorsichtig und diplomatisch zurück hielt, war er nie gewesen und seine Gegner neigte er des öfteren zu unterschätzen. Dieses Mal war sein "Gegner" ein Haudegen von einem Mantroner, dessen Beinahmen schon einen Gewissen Schauer auf manchen zarten Ärmchen hervor locken konnte, doch nicht auf Kjartans. Als der junge Mann sich dem etwas Älteren näherte und nach der gefauchten Begrüßung die Luft scharf einsog, sah er wie sich das Gesicht von Malte Schädelbrecher noch weiter verfinsterte, soweit das überhaupt noch möglich war. Kjartan hatte noch die Erinnerung der Worte seines Vaters im Kopf und die fast weißen Augen seines Gegenübers bohrten sich in seine. Kjartan stellte sich vor, wie es sich unter Männern der See gehörte:
„Kjartan, Sohn des Baldor Eisbrecher, Krieger zur See auf der Drachenodem“
"Drachenodem ..."
kam es leise geflüstert über Maltes schmale Lippen.
„Ihr wart ein Waffenbruder meines Vaters“
Seine Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt und musterten mit leicht geneigtem Kopf abschätzend den jungen Mann vor sich. Ein Schatten schien über seinen Blick zu huschen, als erinnerte er sich an etwas lang zurück liegendes.
"Das war ich wohl, junger Kjartan. Du bist gewachsen oder muss ich denn schon "ihr" sagen? Da ich der Ältere bin, biete ich dir hiermit in Gedenken an vergangene Tage und gemeinsamen Schlachten Seite an Seite mit dem Blut einer stolzen Familie das "Du" an. Jetzt aber genug des Geschwafels! Was willst du?"
„Was ist geschehen?Die Drachenodem legt in weniger als einer Stunde ab, worauf müssen wir uns gefasst machen?“
Kjartans wortloses Stoßgebet zu der Göttin des Windes und der Meere musste insoweit erhört geworden sein, dass sein Gegenüber ihm wohlgesonnen war. Ob es für seine Familie und dessen sichere Heimkehr reichen würde, blieb abzuwarten.
"Hm."
Malte Schädelbrecher sah kurz über seine Schulter hinauf zum Kapitän der Drachenschwinge. Dieser stand immernoch reglos am Ruder und starrte aufs Meer hinaus. Malte zuckte mit dem Kopf in Richtung der Stadt.
"Triff mich hinter Norna Wolfrufs Hütte. Ich muss eh zu ihr. Dann wirst schon mitbekommen was los ist junger Auerochse!"
Seine letzte gewitzelte Betitlung Kjartans, bezog sich auf den guten Namen seines Vorfahren und zeigte, dass Malte sich wohl einmal etwas mehr als nur flüchtig mit seiner Familie beschäftigt haben musste. Unter den Augen seines Kapitäns wollte der Krieger anscheinend nicht zu viel sagen und wie auf ein Stichwort hin donnerte die befehlshabende Stimme zu ihnen hinüber:
"MALTE! Du schwafelst wie ein Waschweib! Ich erinnere mich dir eine Aufgabe gegeben zu haben! Lass es mich nicht bereuen!"
Die kalte Drohung in der Stimme war schon fast zu scharf geraten, aber so kam die Dringlichkeit noch mehr an. Auf die Entfernung zwischen Malte, Kjartan und dem Kapitän hatte er sicher nicht den Inhalt ihres Gesprächs mitbekommen, aber doch sehen können wie die beiden sich unterhielten.
„AYE!“
brüllte der Seemann zurück und gebot Kjartan mit dem Kopf, dass es jetzt wohl besser für ihn wäre zu verschwinden. Sofort nahm Malte seine Arbeit wieder auf, wickelte noch ein Seil eilig auf und schnappte sich dann seinen gewaltigen Kriegshammer, der hinter einer Bohle lag, sowie seinen prall gefüllten Seesack. Kjartan wusste, dass dies nun eins bedeuten konnte. Der Seemann verließ für einen längeren Zeitraum das Schiff, sonst hätte er nicht all sein Hab und Gut dabei. Doch warum hatte der Kapitän seine Besatzung komplett von Bord gehen lassen? Warum wurde die Drachenschwinge eingemottet, wie ein altes Sommerkleid, dass im Winter keinen Zweck erfüllte? Erst jetzt bemerkte Kjartan wie zwei letzte Seemänner an Bord das Segel abspannten. Was war nur passiert? Was war das für ein Auftrag bei Norna, den Malte da auszuführen hatte? Nach dem eindeutigen Zeichen des Schädelbrechers hatte er sich sicher den Steg schon ein gutes Stück zurück gezogen und sah nun Malte mit stürmischen Schritten auf sich zu kommen. Der Krieger hatte einen Gang am Leib, der die Bohlen unter seinen Füßen erzittern ließ. Jeder Jäger hätte die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen, da jedes Wild für Jahre verscheucht gewesen wäre, so wie jeder mickrige Pirat schon bei dem Klang Reißaus genommen hätte. Das düstere Funkeln in seinen Augen huschte auch kurz über Kjartan, aber er verlangsamte seinen Schritt keineswegs, als er auf seiner Höhe war. Er sprach auch nicht. Die mächtigen Pranken die seine Hände waren umspannten den Griff der Waffe. Eine Kleinigkeit fiel Kjartan beim betrachten des Hammers auf. Auf der Seite, wo der Griff in den Stahl über ging, waren einige deutliche Kerben eingeprägt worden. Vielleicht waren es Tribute an die Schädel die er schon gebrochen hatte ...
Kjartan blieb nichts anderes übrig als Malte zu begleiten oder vielleicht noch das Haupthaus aufzusuchen, wo ihr Anführer Thure Sturmschreier sicher auch Nachricht bekommen würde. Entweder er suchte seine Informationen bei dem Seemann, der einen Auftrag seines Kapitäns aus erster Hand ausführte , oder er konnte sich noch beeilen in der Langhütte die neusten Nachrichten aufzuschnappen. Beides wäre sicher von Erfolg gekrönt, doch an der Seite des Schädelbrechers waren schnelle Handlungen eher zu erwarten, als die wohl überlegten taktischen Schritte die aus Thures Geist gewöhnlich entsprangen. Es blieb Kjartans Entscheidung, welchen Weg er gehen wollte.

weiter bei: Der Zwinger der Schneewölfe
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Re: Der Weg zum Hafen

Beitrag von Baltos » Donnerstag 28. März 2013, 12:33

Baltos kommt von: Der südliche Teil Celcias ‹ Das Eisreich ‹ Die Eisinsel Ersa ‹ Mantron, Heimat der Tapferen ‹ Haus der Schneewölfe ‹ Der Zwinger der Schneewölfe
Baltos hielt nicht direkt auf den Hafen zu, er ging mehr außen herum und umlief die Stege und hielt sich am unbewachten Ufer auf. Die zwei Stege die zum andocken für die Schiffe gedacht waren. konnte er auch von seiner Position aus sehen. Da sie bei Nacht mit Lampen beleuchtet wurden.
Baltos hingegen stand in der Dunkelheit und das eisige Wasser schwappte gegen seine Stiefel. Er blickte einige Zeit stumm auf die kleine Bucht, in der sonst ein Großteil der Flotte ruhte. Nach einigen Minuten ließ er sein linkes Knie den Boden berühren und sein anderes Bein war angewinkelt. Er zog in dieser Position seine Handaxt und schnitt sich ein paar Haarsträhnen ab. Dann schloss er sein Auge und hielt die rechte Hand zur Faust geballt gegen seine Stirn. Seine linke Hand hielt weiter Fluchbrecher, nur senkte er die Waffe so das die Schneide den Boden berührte.
Der Jäger spürte das Wasser, was sein Körper berührte, nicht. Auch das platschen der Wellen die gegen das Ufer schwappten blendetet er aus. Es gab kein Möwen Gekrächze und kein klapperndes Geräusch einer Laterne die durch den Wind gegen ihre Halterung schlug. Das einzige was er hörte waren sein Gebet, das er Gedanklich an Ventha sendete.


Gepriesen seiest du, dessen Name Wasser und Wind beherrscht.
Die dessen Atem unsere Segel füllt,
deren Tränen den Ozean füllen.
Ich Baltos Sohn von Drago Flinklanze und Lena Fröhlich danke dir für deine Hilfe und deinen Segen den du mir zu teil werden lassen hast. Nimm diese Opfer von mir als Dank und als Bitte an. Auf das ich weiterhin mit dem Wind in Rücken meinen Weg beschreiten kann.
Gepriesen sei das Meer, Gepriesen sei die Luft, Gepriesen seiest du,
Ventha!!!

Als er den Namen der Göttin aussprach hielt er die Faust mit seinen abgeschnittenen Haaren vor sich und öffnete sie. Und so als ob Ventha sein Angebot akzeptierte, ergriff ein Windstoß die Haare und trieb sie in die Bucht, wo sie wahrscheinlich im eisigen Meer versanken.
Der Jäger blieb noch einen Moment in der Hocke und beobachtete das Ufer, er dachte an nichts, sein Kopf war leer. Für heute hatte er genug erreicht, es war Zeit nach Hause zu gehen.
Weiter in: Der südliche Teil Celcias ‹ Das Eisreich ‹ Die Eisinsel Ersa ‹ Mantron, Heimat der Tapferen ‹ Mantrons Wohnhäuser ‹ Baltos’ Elternhaus

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Re: Der Weg zum Hafen

Beitrag von Baltos » Mittwoch 3. Juli 2013, 12:59

Kommt von: Der südliche Teil Celcias ‹ Das Eisreich ‹ Die Eisinsel Ersa ‹ Mantron, Heimat der Tapferen ‹ Mantrons Wohnhäuser ‹ Baltos' Elternhaus

Die Beiden hatten eine Weile gebraucht um den Hafen zu erreichen. Da die Neuigkeit, dass Baltos großer Tag heute gekommen war, wie ein Laubfeuer durchs Dorf gezogen war. Wahrscheinlich war seine Mutter daran auch nicht ganz unbeteiligt gewesen. Fast jeden älteren Bewohner, der Stadt, den er auf seinen Weg traf, klopft ihn Freundschaftlich auf die Schulter und Gratulierte ihn. Der junge Jäger hatte alle Mühe sich durch die Gratulanten zu kämpfen ohne ihnen zu sehr vor den Kopf zu stoßen das er gerade für einen netten Plausch keine Zeit hatte. Doch irgendwie hatte er es geschafft.

Baltos nahm auf den Rücken von Nanuq platz und ritt auf ihn das Ufer entlang. Er suchte eine besondere Stelle die er noch aus seiner Kindheit kannte, wo man wunderschöne blaue Steine finden konnte. Vielleicht fand er ja einen Stein der Aussah wie eine Sturmwolke oder sogar einen Schiff glich. Denn schließlich waren dies die Zeichen der Göttin Ventha.
Als er die Stelle gefunden hatte, an der einige Steine lagen, die durch den leichten Wellengang ans vereiste Ufer geschwemmt worden waren. Startete er umgehend mit seiner Suche.
Meistens fand er nur normale Steine, wie sie jeder kannte. Wenn er dann mal einen Blauen gefunden hatte, was ungefähr bei jeden 100 Stein passiert. Hatte dieser nicht die richtige Form.

Die Zeit verstrich, während der Suche, wie im Flug und Baltos beobachtete mit Sorge wie sich die Sonne immer höher erhob. Er hatte nicht mehr viel Zeit und hatte immer noch nichts Gescheites gefunden. Enttäuscht blickte er sich um und seufzte. Dann fiel in Nanuq auf der irgend etwas leckeres gefunden hatte und seine Beute geräuschvoll zerkaute.

Eilig ging der Mantroner zu dem Tier und untersuchte den Ort an den Nanuq etwas zu fressen gefunden hatte.
Er konnte es nicht glauben was der Bär dort gefunden hatte. Dort lagen wirklich einige Muscheln die aussahen wie Austern. Sicher war er sich nicht ob das wirklich welche waren. Denn er hatte nur von Erzählungen, von einigen Matrosen, über diese Delikatesse gehört. Baltos hob eine von diesen Muscheln auf und betrachtete sie aufmerksam.
Ihn viel gleich der kleine Spalt auf den die Muschel umgab. Es wirkte fast als hätte sie einen Mund. Baltos nahm sein Jagdmesser zur Hand und hebelte vorsichtig mit der Spitze der Klinge an der Öffnung. Mit einem knackenden-schmatzenden Laut gab die Muschel nach und präsentierte ihren schleimigen Inhalt. Den Jäger viel fast sein letztes verbliebenes Auge heraus als er die blaue Perle im inneren der Muschel entdeckte.
Er nahm den Gegenstand behutsam heraus und gab das Gehäuse Nanuq. Dieser verschlang auch gleich Geräuschvoll die mögliche Auster.

Die kleine runde Perle, in Baltos Hand, hatte in der Mitte einen weißen Schleier der Ähnlichkeit mit einer Wolke hatte.
Der Jäger konnte sein Glück kaum glauben. Wenn das nicht das perfekte Opfer für Ventha war was dann?!
Behutsam verstaute er die Perle in einen kleinen Lederbeutel an seinen Gürtel und versicherte sich das er ihn auch richtig zugeknotet hatte.
„Nanuq das hast du gut gemacht! Nachher kriegst du von mir etwas ganz leckeres!“
Dem Bären gefiel die Aussicht auf noch etwas zu fressen und drückte den Kopf freundschaftlich gegen die Flanke von Baltos.
„Gut wir haben jetzt alles! Las uns zu Thures Haus gehen!“
Der Jäger hatte sich mittlerweile daran gewöhnt auf den Eisbären zu reiten und schwang sich wie ein alter Hase auf sein Reittier.
Endlich war sein Tag gekommen!

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Re: Der Weg zum Hafen

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 4. Juli 2013, 21:20

Ein neuer kleiner Schatz baumelte versteckt in einem Lederbeutel an Baltos Gürtel. Nanuq hatte nicht so ganz verstanden, was er nun genau richtig gemacht hatte, aber die Aussicht auf noch mehr Fressen hatte ihn glücklich gestimmt. Vielleicht war es auch das Echo seines Freundes, das in ihm widerhallte, oder aber die Austern hatten eine leicht aphrodisierende Wirkung. Auf jeden Fall trabte er beschwingt in Richtung Stadtkern.

Weiter bei: Bei Thure Sturmrufer
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Re: Der Weg zum Hafen

Beitrag von Erzähler » Samstag 12. April 2014, 20:08

Zwischensequenz:

Mantrons Hafen

Still und starr ruhte die See.
In den vergangenen Tagen hatte sich das Eismeer als ein noch unwirklicherer Ort gezeigt, als das es ohnehin schon war. Wo sonst die starken Rümpfe der mantronischen Seeleute den Kanal offen hielten herrschte nun Stillstand und gespenstische Ruhe. Gleich leblosen Skeletten lagen die Schiffe mit nackten Masten im Hafen. Der Wind wehte über die geschlossene Eisdecke und offenbarte an den wenigen glatt polierten Stellen das magische Glitzern in seiner Tiefe. Noch immer waren einige Männer dort draußen geblieben, noch immer suchte man nach Gefangenen des Eises, die nicht Heim gekehrt waren. Einige Schiffe wurden noch immer vermisst. Der Angriff des Schreckens der Tiefe war an den Menschen hier nicht spurlos vorüber gegangen. Männer waren gestorben, Frauen hatten ihre Männer verloren und Mütter ihre Söhne. Auch manch eine Schwester trauerte. Die Verletzten hatte man in das Langhaus von Thure Sturmrufer gebracht, doch der Geist der Verlorenen wanderte noch über das Meer.
Ein Seemann stand am Hafen und flickte seine Netze, da es sonst nichts zu tun gab. Er sah hinaus in das weiße Treiben und rieb sich die Augen. Vor den Anlegern draußen zwischen den Pieren stand eine Gestalt. Er hätte sie fast nicht bemerkt, würde die ungewöhnliche Farbe sich nicht so auffällig vom all gegenwärtigen Weiß abheben. Er legte die Nadel beiseite und stand auf. Seine Hand schirmte die Augen gegen das Licht ab und zögerlich hob er grüßend die Hand, da setzte sie sich in Bewegung. Gleich schmalen Strichen zeichneten sich die langen Beine ab und um so näher die stromlinienförmige Gestalt kam, um so mehr weiteten sich die Augen des Fischers. Es war eine Frau, aber keine gewöhnliche. Lange hatte man in Mantron keine Aquaden mehr gesehen, doch nun wanderte eine langsam über das Eis auf den Hafen zu. Ihre überdimensional großen Augen betrachteten neugierig das Land und musterten jede Regung des Mannes der mit offenen Mund ihr entgegen starrte. Er hatte noch seine Hand erhoben als sie knapp zwei Schritt vor ihm stehen blieb. Bis auf den magisch schimmernden Dreizack in ihrer linken Hand war sie offensichtlich unbewaffnet. Das konnte jeder sehen, denn ansonsten war sie nackt. Einzig Tentakel-ähnliche Haare die aus ihrem Schädel wuchsen bedeckten gerade so jene Stellen die ein Mantroner nur in seinen intimsten Momenten zwischen vielen Decken zu sehen bekam. Das blau-grün ihrer Haut glänzte im matten Licht, dass durch die Wolken drang. Sie lächelte und nickte freundlich. Der Mann vor ihr schloss so hastig den Mund, dass seine Zähne aufeinander schlugen und nahm den Arm hinunter.
„Ich grüße dich. Mein Name ist Soda Solaris, vierte Tochter des Sonnenmeers. Abgesandte unter dem Eis, eine der sieben Wächter der tiefen Gräben. Bitte nenne mir deinen Namen.“
Stammelnd antwortete der Fischer:
"Sigvard Haihappen, äh ... bin Fischer ..."
"Sigward Haihappen, Fischer, ich bitte dich diese Nachricht jenen zu bringen, die euch führen."

Die Aquadin straffte die Schultern und fuhr fort:
"Der den ihr Baltos Bestientod nennt hat mein Leben gerettet. Ich war gefangen und er hat mich vom Fluch des dunklen Schiffs befreit. Ich versprach ihm, sein Heim zu besuchen und euch den fließenden Spiegel wieder zu geben. Die Schlange ist wegen meinem Fehlens erwacht und nun schläft sie wieder. Wir sind nun wieder vollzählig und können sie bewachten. Sie gehört ins Meer wie wir und nicht zu euch ans Licht der Oberwelt. Sie hat von euch gefressen, dass tut uns leid. Sie wird nun mindestens ein Jahr ruhen. Wir werden den Übergang wieder öffnen, der eure Welt von unserer trennt. Wir werden den Zauber lösen, der das Meer gefangen hält, dann können eure Schiffe wieder treiben. Das ist der Tausch. Deine Sippe wird wieder sicher sein und Fische fangen.“
Sie lächelte und entblößte dabei eine Reihe spitzer Zähne.
"Wir bieten euch das Tauschen an. Das Volk der Aquaden wird mit euch sprechen, wenn ihr zuhören wollt. Wir werden in eurer Nähe sein. Werft einen Stein von diesen Ufern ins Wasser und wir werden kommen."
Damit drehte sie sich wieder um und ging einige Schritte zurück auf die gefrorene See. Dann hob sie ihren Stab und aus ihren Mund erklang ein seltsamer Laut, der an den Gesang der Wale erinnerte. Plötzlich sah der Fischer in einiger Entfernung einen weiteren Aquaden, der ebenfalls seinen Dreizack in die Höhe riss. Der seltsame Ton hallte wie eine Antwort zu ihnen herüber und noch eine weitere Gestalt antwortete noch leiser weiter draußen auf dem Eis. So ging es immer weiter, gleich einer Welle die von Mund zu Mund getragen wurde und eine Kette hinaus in die Weiten des Meeres bildete. Dann rief das Meerwesen vor ihm, dass sich Soda nannte, etwas laut und ließ den Dreizack in das Eis zu ihren Füßen nieder fahren. Die magischen Linien in seiner Tiefe glühten hellblau auf und ein fürchterliches Kreischen setzte ein, das weithin zu hören war. Das Eis riss auf und folgte dem Laut, der sich zuvor von Wächter zu Wächter fortgesetzt hatte. Jeder Aquade auf seinem Weg verstärkte die Reaktion mit seiner Macht und so baute sich eine gewaltige Welle auf, die den Eiskanal von seinen Fesseln befreite.
Als der Fischer wieder die Hände von seinen Ohren nahm, sah er gerade noch den Kopf der Meerfrau abtauchen.
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