Den Eiskanal hatten sie tatsächlich binnen weniger Stunden überquert. Es gab keine großen Vorkommnisse. Das Interessanteste war, dass der Stein an Isildurs Bogen plötzlich vollkommen aufhörte zu leuchten, kaum dass sie vom gefrorenen Kanal herunter waren. Welche Bedeutung dies wohl haben mochte?
Eine Antwort würden sie nicht finden, so machten sich er, Bryoja, Otis und der Schneewolf Atka weiter auf den Weg. Letzterer war inzwischen von dem Schlitten gesprungen, den die Mantronerin und der Wolfself zogen. Erneut kam das Welpenhafte durch seine Fassade hindurch, als er verspielt durch den Schnee tollte. Bryoja schaute ihrem tierischen, kleinen Bruder nach und schmunzelte. Sie mochte es, wenn er so wild und ungezwungen war. Doch plötzlich richtete sie das Wort an Isildur: "Du kannst mit ihm spielen gehen, wenn du möchtest." Natürlich sprach sie hierbei weniger einen kindlichen Trieb an als vielmehr seinen Jagdinstinkt, den sie schon des Öfteren miterlebt hatte. Er war wie ein Wolf, also brauchte auch er diese Bewegung, diesen Drang, einfach mal zu laufen, Schnee aufzuwirbeln und sich frei zu fühlen. Deshalb kamen Wölfe und Mantroner so gut miteinander aus. Sie teilten die Freiheit in dieser rauen Landschaft, die wie Kälte gegen das Gesicht schlug.
Vor der Gruppe tat sich nach einigen Meilen dann ein grünschwarzer Wall auf, der zu großen Teilen von Schnee bedeckt war. Bryoja nutzte den Moment, stehenzubleiben und direkt auf dieses Hindernis zu deuten. "Dort vorn erwartet uns der Frostwald. Er umgibt Mantron, meine Heimat. Wir sind fast angekommen."
"Erwartet uns dort auch ein F-f-feuer?", fragte Otis. Dem Piraten war es inzwischen allein vom Namen des Waldes frostig geworden. Er war in seinen Mantel, sowie zwei Decken gepackt, hockte klein auf dem Schlitten und bibberte. Seine Nase hatte eine rötliche Färbung angenommen. Alles in allem wirkte er aber sehr blass. Außerdem nieste er nun schon seit geraumer Zeit.
Bryoja nickte ihm zu. "Es dauert nicht mehr lange, dann kannst du dich an einem warmen Herdfeuer bei einer deftigen Mahlzeit stärken." Das klang für alle vielversprechend, hatten sie in der letzten Zeit doch nur Trockenfleisch als Vorräte vertilgen können. Deshalb wollten sie auch keine Zeit mehr verlieren, es ging weiter. Der Wall tat sich dann tatsächlich als enormer und sehr dicht besiedelter Nadelwald auf, von denen jeder Baumstamm schon für eine schützende Palisade ausgereicht hätte. Dick und stabil wirkten sie, richtiges Hartholz. In der Ferne hörte man das stete Pochen von einer Axe auf Holz. Jemand arbeitete. Von den dunkelgrünen Tannen- und Kiefernnadeln rieselte Schnee zu Boden. Es sah fast so aus, als bestünden die Blätter hier aus Eis. Und dann reckte Atka mit einem Mal den Kopf hoch. Seine Ohren stellten sich zeitgleich mit der Rute auf. Er witterte, begann plötzlich wild zu bellen. Lediglich Isildur konnte verstehen, was der aufgeregte Wolf sagte, doch ob er daraus schlau wurde?
"Norna! Norna, zusammen mit Quannik und Siku - Sikuuuuuuu!" Das letzte Wort, was immer es bedeutete, ging in einem Heulen unter. Schon stürmte Atka voraus, zwischen die Bäume. Und dann antwortete Gejaule.