Auf den Eisfeldern

Einst war dieser Landstrich grün und schön wie alle anderen. Doch als sich der Drache zum bislang ewigen Schlaf bettete, liegt dieses Gebiet unter einer glitzernden Schneedecke. Es ist kalt und frostig. Hier leben die Eiselfen, aber auch die tapferen Mantroner.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Sonntag 28. Mai 2023, 13:20

War es eine weitere Schikane, ihr keine passende Kleidung für die Witterung in diesen Gefilden zu geben? Oder entsprang es schlichtweg der fehlenden Sichtweise auf andere Lebewesen als jene, die sich an diesen Ort über Generationen hinweg angepasst hatten? Beides wäre möglich und beides war zugleich vollkommen gleichgültig, denn das Ergebnis blieb das selbe. Die Spionin fror bitterlich und war allein dadurch schon nicht in der Lage, irgendeinen Fluchtversuch zu starten.
Sie hätte sich höchstens in den Schnee fallen und erfroren wieder einsammeln lassen können. Doch auch das war keine wirkliche Option, schließlich blieb ein Rest Ungewissheit, ob sie nicht einfach liegen gelassen werden würde, sollte sie vor Schwäche, egal ob echt oder gespielt, sich nicht länger auf dem Gefährt halten können. Noch immer gab es keinen rechten Anhaltspunkt, wohin es überhaupt gehen sollte und vor allem, warum.
Immerhin, nach gefühlten Ewigkeiten zeigte der Boss einen Hauch von Erbarmen und ließ ihr zumindest eine Decke reichen. Sie genügte bei weitem nicht, um die Mischlingselfe wieder aufzuwärmen, allerdings war sie dafür geeignet, wenigstens noch Schlimmeres abzuhalten. Mit einer kräftigen Verkühlung wäre wohl dennoch zu rechnen, sollte sie den Weg bis dahin nicht zu einem Eiszapfen mutieren.
Auf diese Weise zog sich die Strecke endlos lang dahin, der Schnee blendete zusätzlich in den Augen und machte es zu einem weiteren Krampf, sich überhaupt die recht eintönige Gegend anzusehen. Wie gut, dass das Tageslicht hier nicht gar so lange anzudauern schien, sodass sie verhältnismäßig bald dazu gezwungen waren, ihr Lager aufzuschlagen.
Während sie bibbernd und kaum noch zu etwas fähig auf dem Schlitten sitzen blieb, war der kleine Teil der Crew routiniert in ihren Aufgaben, sodass wenig später ein kleines Feuerchen zwischen ihnen prasselte und hinter dem Sitzkreis eine Handvoll Zelte aufgeschlagen dastand. Essen wurde verteilt und schließlich auch heißer Met, das Einzige, für das es sich zu lohnen schien, die Lippen auseinander zu zwängen. Viel war es nicht, was sie zu sich nahm, ehe die kleine Eiselfe ihr neue Anweisungen gab. Gespickt mit einer Warnung, die so oder so überflüssig war.
Trotzdem wurde sie ausgesprochen und sie dann allein ins kleinste der Zelte gelassen. Es war nicht wirklich warm oder so, dass es einem helfen könnte, die eisigen Temperaturen von draußen abzuschütteln. Aber es war ein geschützter Raum und früher oder später würde sich die Luft darin nicht mehr ganz so kalt anfühlen. Außerdem war der Boden mt einem dicken Fell ausgelegt und zusätzlich eine, wenngleich nicht ganz so dicke, dafür ebenfalls flauschige Felldecke darauf gelegt worden, unter die es sich schön einkuscheln ließ.
Und dennoch... ihr war kalt bis in die letzte Faser ihres Körpers, der ausgezehrt war und sich kaum noch selbst erhalten konnte. Dabei musste er dafür sorgen, dass noch ein weiteres Leben weiter bestand, ja, sich überhaupt erst zur Selbstständigkeit entwickeln könnte! Doch was sollte sie tun? Sie war dieser kleinen Gruppe ausgeliefert und was auch immer diese mit ihr vorhatte... große Rücksichtnahme konnte sie nicht erwarten, schon gar nicht nach diesem Tag an Land. Geschwächt und vollkommen mitgenommen schlief sie ein, ohne der Möglichkeit, ihre Überlebenschancen noch zu überdenken, sollte sie am nächsten Morgen wieder aufwachen.
Zuerst war alles nur schwarz und nichts und niemand schien dies durchbrechen zu können. Aber dann... dann änderte sich etwas. Ein besonders lebhafter, intensiver Traum wurde von ihrem unterkühlten Gehirn auf Sparflamme produziert. Oder war es gar keiner? War es womöglich wirklich und sie lediglich zu schwach, um sich gänzlich aus der Welt des Schlafes zurück kämpfen zu können? Die Bilder jedenfalls... sie verschwammen, sofern sie überhaupt etwas sah und sich nicht viel eher Geräusche und Gefühle und Gerüche einbildete, denn die Lider anzuheben hätte noch mehr an Kraft gekostet.
Sie hätte auch nichts dagegen tun können, dass sie, mitten in der Nacht, nach einer plötzlichen Attacke frischester Eiseskälte, in eine sitzende Position gebracht und ihre Lippen auseinander gezwängt wurden. Der Duft von einer nicht näher definierbaren Herkunft drang in ihre Nase und schon schwappte köstlich lauwarme Brühe über ihre Lippen in ihren Mund. Manches ging gefühlt daneben und wärmte trotz allem ihre ausgekühlte Haut, ohne sie zu verbrennen.
"Schlucken!", kam die gezischte Anweisung, als müsse ihr Körper erst daran erinnert werden, was in solch einem Fall zu tun war. Es dauerte und trotzdem wurde sie nicht sofort wieder losgelassen, sondern erst, nachdem ein Teil der Brühe sich wohlig in ihrem Magen ausbreitete. Lautlos und ohne einem Wort der Erklärung wurde alles wieder eingesammelt, ja, ihr wurde sogar die Kinnparte und der Hals rüde abgewischt.
Danach folgte noch ein Gebrummel, das beinahe so klang wie:"Weichei!" Ein weitere Attacke kältester Nachtluft hüllte sie einen Sekundenbruchteil ein, dann war sie wieder vollkommen allein und die Schwärze griff erneut nach ihr, so, als hätte es diese Unterbrechung niemals gegeben. Dennoch blieb ein diffuses Gefühl zurück, das am nächsten, viel zu frühen Morgen sie einfach nicht loslassen wollte.
Plötzlich drang ein kalter Schwall Luft zu ihr ins Zelt und ließ ihr Gesicht sofort frieren, während die Dämmerung schon jetzt dafür sorgte, dass es schmerzhaft hell wirken mochte. "Los, aufstehen, du Schlafmütze! Wenn ich noch mal nachsehen kommen muss, nimmst du ein Schneebad!", erklang eine bekannte Stimme in ihrem unterkühlten Timbre, welche die Erinnerung an ihren merkwürdigen Traum ebenfalls wachrüttelte.
Einen Moment länger als notwendig blieb die Plane noch angehoben, drang eisige Luft zu ihr und erst, als Eleyna sich rührte, wurde sie wieder fallen gelassen. Ganz so, als hätte der Boss nur darauf gewartet, ob sie erfroren wäre oder wider Erwarten noch am Leben.
Jedenfalls hatte der Mischling nun Zeit, um sich aus den Armen Manthalas zu lösen und sich gegen einen weiteren Tag der Kälte zu wappnen. Ob sie die Felldecke behalten könnte, um die Fahrt auf dem Schlitten besser zu überstehen? Sollte sie fragen oder lieber so tun, als wäre das längst ausgemachte Sache?
Wie viele Minuten auch vergangen sein mochten, bis sie sich mühsamst auf die Beine gekämpft hätte, es geschah gerade noch rechtzeitig, denn als sie halbwegs in der Senkrechten angekommen war, wurde erneut die Plane angehoben. Mit erhobener Hand und einem beinahe schon voller Schadenfreude zu nennendem Hauch von Grinsen im Mundwinkel holte die kleine Eiselfe aus und... ließ den Schneeball mit einem kaum hörbaren, aber nun offensichtlich beleidigten Schnauben fallen. "Ah, du bist also endlich wach. Raus mit dir, wir warten nicht ewig!", kommentierte sie, als hätte dieser eine Moment der Emotionalität niemals stattgefunden.
Beim Abwenden aber warf sie ihr noch einen Blick über die Schulter zu und fügte hinzu:"Ein Schneebad wirkt wahre Wunder beim Aufstehen,... Weichei!" Dann ließ sie die Plane fallen und ließ die Spionin erneut mit sich und ihren Gedanken allein.
Sobald sie jedoch soweit wäre, hinaus treten würde und ihre schmerzenden Augen sich an die heller werdende Umgebung gewöhnt hätten, könnte sie erkennen, dass das Lager beinahe vollständig bereits abgebrochen worden war. Lediglich die Schlitten standen noch um den Rest des kleiner werdenden Feuers und die Mannschaft war in den letzten Zügen ihres Frühstücks. Allein der Boss befand sich nicht bei ihren Männern, sondern kontrollierte gerade das Geschirr und Befinden der Tiere und wandte ihnen allen dabei den Rücken zu.
Auf Eleynas Platz indes befand sich erneut ein Stück Trockenfleisch und ein Becher mit dampfenden Met. Nun, somit wäre wohl geklärt, dass sie zumindest nicht verhungern sollte, ehe sie am Ziel wären. Wann und wo sich das auch befinden mochte...
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Freitag 9. Juni 2023, 21:58

Das Träumen war ein Luxus, den Eleyna sich inzwischen nicht mehr erlauben konnte. Die Eiselfen hatten mit ihrer Beute ganze Arbeit geleistet und sie an den Rand des Erfrierens getrieben. Natürlich konnte sie der Witterung nichts entgegensetzen, wenn man sie erst ins Wasser warf – egal wie sehr man sie hatte maßregeln wollen – und dann in dünner Kleidung durch die weiße Tundra schleppte. Zudem hatte sie ein absolutes Mindestmaß an Nahrung und Trinken erhalten und musste dabei noch das Ungeborene umsorgen. Eleyna war zäh und das war vermutlich der einzige Grund, warum sie überhaupt noch so etwas wie Bewegungswillen und Überlebensmut zeigte. Die Mischlingselfe fror inzwischen aus dem Innern heraus und schaffte es kaum, sich selbst zu regulieren. Da war es nur gnädig, dass die Göttin der Nacht sie umfing und in ihrem Reich Willkommen hieß. Sie träumte nicht, denn ihr Körper war zu sehr damit beschäftigt, sie am Leben zu erhalten. Selbst jetzt schlotterte ihr Kiefer und fiele Licht auf sie, würde man die Blaufärbung ihrer Lippen erkennen. Eleyna schlief nicht nur – sie dämmerte am Rand einer Ohnmacht, die ihr den Schmerz des Erfrierens nehmen würde. So war es auch nicht verwunderlich, dass sie nur dumpf am Rande so etwas wie Bewegungen, Berührungen und Gerüche wahrnahm. Sie spürte zwar die Behandlung durch jemand anderes, konnte sich aber in ihrem Delir nicht wehren und brachte nicht mal den Gedanken dazu auf. Gezischte Worte verschwanden im Nirwana, sodass sie den Sinn nicht mal verstehen konnte. Dann war sie wieder ganz allein und schlief weiter. Erst am nächsten Morgen – oder zu welcher Tageszeit auch immer – regte sich erneut etwas in ihrer Nähe. Abermals war sie kaum fähig sich zu rühren, doch war ihr Verstand um einiges klarer. Die Augen dennoch geschlossen haltend, hörte sie die Worte der Anführerin und schnaubte als Antwort darauf. Ihr wären so einige scharfe Bemerkungen über die Lippen gekommen, wenn sie denn die Kraft und irgendwo auch die Muße dazu gehabt hätte. Eleyna hatte einen Schuss vor den Bug erhalten und hörte genau auf ihren Körper. Ganz Spionin war sie ja daran gewöhnt, lange mal darben zu müssen und nur mit dem nötigsten auszukommen. Allerdings war sie bisher noch nicht schwanger gewesen und musste nun erstmal lernen, was das in solchen Situationen für sie bedeutete. Sie brauchte Informationen. Nicht über ihre Entführer – früher oder später würde sich das Dunkel lichten – sondern über sich selbst. Zu was war sie noch fähig? Wie viel konnte sie aushalten? Als die Plane wieder die Kälte abschirmte, öffnete sie endlich die Augen. Sie spürte, wie widerwillig das gelang und brauchte eine Sekunde, um besser zu sehen. Eleyna seufzte tonlos und rappelte sich auf. Vollkommen steifgefroren war sie, sodass sie ihre Arme rieb und sich noch mal umsah. Sie hatte einen süßlich-würzigen Geschmack im Mund, der von einer leicht salzigen Note begleitet wurde. Offenbar hatte man ihr noch etwas Met oder Brühe eingeflößt, denn wenn sie in sich hineinhorchte, konnte sie keinen immensen Hunger verspüren. Zudem passte es zu den diffusen Eindrücken, an die sie sich meinte zu erinnern. Bevor die Halbelfe hinaustreten konnte, wurde die Plane abermals zurückgeworfen. Langsam fielen ihre ansonsten tadellosen Reflexe aus. Sie blickte auf und die Helligkeit ließ sie die Augen zusammenkneifen. "Ah, du bist also endlich wach. Raus mit dir, wir warten nicht ewig! Ein Schneebad wirkt wahre Wunder beim Aufstehen,... Weichei!" Eleyna musterte die andere stumm und hatte sich allmählich an das Helle gewöhnt. Dann schnaubte sie abermals. „Na, wenn du das sagst…“, murmelte sie ungnädig und ihre Stimme fühlte sich seltsam kratzig an. „Tut mir ja leid, dass ich dir den Spaß verderbe.“, fügte sie noch sarkastisch an und wartete nicht lange, bis auch sie hinaustrat. Noch mal wurde sie von der Helligkeit erwischt, gewöhnte sich aber schneller daran. Eleyna stampfte durch die weiße Landschaft und fand an ihrem Platz tatsächlich abermals Met und Trockenfleisch. Ohne zu zögern, nahm sie beides an sich und aß oder trank abwechselnd. Sie brauchte Energie, das fühlte sie. Und somit würde sie nichts verschwenden. Sie wusste, dass sie so vollkommen hilflos war und diesen Umstand wollte, und musste sie ändern. Die Mischlingselfe beendete das karge Mal und beobachtete währenddessen die Umstehenden. Viele waren sie nicht, dennoch schaute sie sich alles ganz genau an. Immerhin kostete ‚sehen‘ keine horrende Energie und vielleicht fiel ihr ja eine Art Schwachstelle im Gefüge auf. Vielleicht verriet ein Blick oder ein Wort etwas, über die Dynamik innerhalb der Gruppe. Oder wie sie zu ihrer Anführerin oder dem Auftrag an sich standen. Eleyna blieb trotz ihrer körperlichen Verfassung wachsam und bemühte sich, sich nicht mehr von der Kälte ablenken zu lassen.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Dienstag 27. Juni 2023, 13:41

Mochte es Absicht, Unachtsamkeit, fehlendes Einfühlungsvermögen oder eine Mischung aus all diesen Dingen sein, jedenfalls wurde die Mischlingselfe durch das Verhalten der Handvoll Eiselfen an den Rand des Erfrierungstodes gebracht. Am Ende der ersten Etappe war sie beinahe so steif und durchfroren, dass sie sich kaum noch bewegen konnte, sodass nicht viel dazu nötig war, dass sie in Manthalas Arme sank, lediglich kurz unterbrochen durch etwas, das ihr Bewusstsein kaum greifen konnte.
Am nächsten Morgen war es zwar nicht vorbei, aber zumindest eine Spur weit besser, sodass sie nicht mehr gleich Angst haben musste, vollkommen blau anzulaufen aufgrund der Kälte um sie herum. Dennoch erhielt sie keine wärmere Kleidung, sofern die Gruppe überhaupt etwas Passendes dabei hätte. So genau hatte sie vermutlich nicht darauf geachtet, was sie außer ein bisschen Proviant und Zelte mit sich führten auf dem Packschlitten.
Stattdessen wurde ihr viel eher ein Bad im Schnee... oder ähnliches angedroht, was dazu führte, dass zumindest ein bisschen Leben in sie zurück kehrte. Ihre Stimme war leise und klang alles andere als gesund und trotzdem brachte sie die Ohren der Eiselfe zum Zucken. Ja, mehr noch, sie warf ihrer Gefangenen einen langen, unergründlichen Blick zu, der nichts offenbarte, schon gar nicht, was sie über diese Frechheit oder gar den Sinn der Worte dachte.
Schließlich zuckte sie mit den Schultern und erwiderte emotionslos, wie meist:"Ich komme auf meine Kosten, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen." Damit verschwand sie und mit ihr auch die eisige Luft von draußen.
Aber es hielt Eleyna nicht mehr lange auf ihrem mäßig warmen Lager und als sie ihre Glieder soweit unter Kontrolle hatte, folgte sie ebenfalls in die Helligkeit der Eislandschaft hinaus. Dort war ersichtlich, dass die Zelte in routinierter Zusammenarbeit abgebrochen und wieder verstaut wurden, um möglichst bald weiter fahren zu können. Natürlich, die Tage hier waren kurz und da war es nur verständlich, dass die Gruppe an sich so weit wie möglich voran kommen wollte.
Kaum hatte sie sich an ihren Platz vom gestrigen Nachmittag begeben und das karge Frühstück an sich genommen, wurde auch in ihrem Rücken ihr eigenes Lager zusammen geräumt. Sie selbst erhielt so gut wie gar keine Beachtung, der Boss unterhielt sich mit dem Schützen, das Plappermaul ignorierte sie erstaunlicherweise und bewies zugleich, dass er als Träger ganz brauchbar war. Ein weiterer Eiself kümmerte sich um die Tiere und der kleine Rest machte sich an dem Packschlitten zu schaffen, damit alles drauf passte und auch nicht versehentlich unterwegs verloren gehen würde.
Das Ganze dauerte keine halbe Stunde mehr, denn der Großteil war längst erledigt worden. Schließlich war alles bereit und auch der kümmerliche Rest des Feuers vor der Mischlingselfe wurde gelöscht, ohne Rücksicht darauf, ob sie mit ihrer Ration fertig war oder nicht. Sollte sie noch etwas in ihrem Becher übrig gehabt haben, würde es kurzerhand von der Plaudertasche getrunken werden, und auch das letzte Bisschen an Fleisch würde nur dann in ihrem eigenen Magen landen, wenn sie schnell genug gewesen war.
So oder so, es wurde ihr gar keine Wahl gelassen, ob sie bereit für den Aufbruch wäre, von einem Wollen ganz zu schweigen. Notgedrungen nahm sie, in die dünne Decke des Vortages gehüllt, wieder vor der Eiselfe auf dem harten Holz des Schlittens Platz und noch bevor sie sich wirklich festhalten konnte, pfiff ihr auch schon der Fahrtwind um die Ohren.

Der Weg ging also weiter, weiter über die leise knirschende, unendlich weit erscheinende Schneedecke, die mit ihrer Helligkeit die Augen rasch zu ermüden wusste. Weiter in einer Umgebung, die nichts anderes zu kennen schien als Kälte... und Stille. Kein Leben war in der Ferne auszumachen, nichts, das darauf schließen ließ, dass diese Kältewüste etwas anderes wäre als lebensfeindlich. Zeit wurde relativ, denn es machte vom Gefühl her keinen Unterschied, ob man eine Minute oder eine Stunde bereits überstanden hätte.
Irgendwann allerdings begann sich die Umgebung letzten Endes dann doch zu ändern. Besser gesagt, schälte sich am Horizont allmählich etwas aus dem blau-weißen Dunst heraus, das sich langsam, aber doch zu hohen, steilen und sicherlich noch eisigeren Bergen formte. Dort wäre es definitiv noch viel ungemütlicher und dennoch war es eine Wohltat für den Blick, einen Anhaltspunkt zu haben. Wie es hingegen mit dem Gefühl aussah, sich immer mehr diesen eisigen Ungetümern zu nähern, stand auf einem vollkommen anderen Blatt.
Erst recht, weil sie auch jetzt wieder viel Zeit zum Nachdenken hatte, solange sie den Halt auf dem Schlitten nicht verlor. Niemand sprach ein Wort, schon gar nicht mit ihr, und wie lange sie noch auf dem Holzding ausharren müsste, war ebenfalls ungewiss. Lediglich der Stand der Sonne, die hier dennoch außer helles Licht nichts anderes auf Celcia zu senden können schien, half ein wenig bei der Orientierung, örtlich und zeitlich. Noch immer fuhren sie Richtung Süden, sodass es immer unwahrscheinlicher wurde, dass sie tatsächlich aufgrund der notwendigen Route mit dem Schiff bis gestern nach Norden gesegelt waren.
Und der Vormittag verstrich, ging allmählich in den Mittag über, ohne, dass irgendwelche Anstalten für eine Rast getroffen wurden. Selbst die Tiere schienen kein Interesse daran zu haben, unermüdlich setzten sie in einem lockeren Trab ein Bein vor das andere. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass auch dieser Tag so enden sollte wie der vorherige.
Kurz nach Mittag, vielleicht eine halbe oder ganze Stunde, nachdem die Sonne ihren Zenit überschritten hatte, schälte sich noch etwas aus der unendlich weißen Landschaft. Rechterhand von ihnen, beinahe so, als folgten sie einer unsichtbaren Straße, an deren Rand sich in wärmeren Gefilden sonst Felder entlang ziehen würden, erklangen Geräusche, hie und da, und es dauerte, bis die weniger empfindlichen Halbelfenohren trotz des Fahrtwindes diese als Schnauben ausmachen konnte.
Und auch sonst fiel es schwer, aus großer Entfernung die perfekte Tarnung zu entlarven, denn sowohl das Zaungeflecht als auch die Bewohner der Koppel, die es bildete, waren so gut wie unsichtbar in ihrer weißen Erscheinung. Schließlich jedoch kamen sie nahe genug heran, um die Schneebisons als solche erkennen zu können, die sich dicht aneinander drängten, um sich mit ihrem dichten, warmen Fell gegenseitig vor dem Erfrierungstod zu schützen. Wie viele es sein mochten, war nicht zu erkennen, denn die äußeren Tiere bildeten wahrlich einen hervorragenden Sichtschutz.
Allerdings wirkten sie etwas unruhig, schnaubten und stampften, während sie näher kamen und am Ende auch an ihrer Koppel vorbei fuhren. Wahrscheinlich waren sie es nicht gewohnt, in ihrer eisigen Einsamkeit gestört zu werden. Jedenfalls wirkten sie gut genährt, das Fell gepflegt, soweit man das als Laie beurteilen konnte, und nicht so, als würden sie schlecht gehalten werden. Ja, mehr noch, wenig später waren noch zwei weitere Koppeln, etwas weiter weg, zu erkennen, die ebenfalls von diesen wuchtigen Tieren besiedelt wurden.
Schließlich gab die Eiselfe hinter ihr das Zeichen zum Anhalten, lautlos und scheinbar so abrupt, dass es erst einmal keinen Grund dafür zu geben schien. Mit einem Mal wurde es ruhig um sie herum und nun war doch zu hören, dass die Zugtiere den Lauf nicht so leicht genommen hatten, wie es den Anschein hatte. Sie atmeten schwer und ihre Körper begannen zu dampfen, nun, wo sie sich nicht bewegten und die Schwaden nicht sofort von der Umgebungsluft verweht wurden.
Der Boss hingegen wandte sich an ihre Männer und nickte ihnen zu. Ein kurzer Wortwechsel erfolgte, hauptsächlich von ihr geführt und mit Anweisungen gespickt, die dem Plappermaul nicht zu gefallen schienen. Aber es war der Schütze, der einen Einwand wagte, allerdings nicht befolgt werden sollte. Schließlich war auch das erledigt und die Schlitten setzten sich wieder in Bewegung. Die Männer allesamt lenkten ihre Tiere nach rechts, die Eiselfe hinter der Gefangenen hingegen... nach links.
Sie trennten sich? Warum? Nicht, dass sie nach der langen Fahrt eine ernsthafte Bedrohung hätte sein oder gar fliehen können, somit war eine zusätzliche Bewachung vorerst nicht notwendig. Und trotzdem... Was sollte das?
Nun, eine mögliche Ahnung könnte sie eine gute Stunde später, während die Sonne sich unaufhörlich dem Horizont näherte, um ihren kurzen Auftritt für heute zu beenden, beschleichen, als sich aus dem hellen Weiß allmählich eine helle Palisade schälte, hinter der tatsächlich so etwas wie Rauch aufstieg, der sich farblich wohl ebenfalls der Umgebung anzupassen versuchte.
Wieder hielten sie an und die Elfe stieß einen Ruf aus, auf den hin über dem Tor ein Kopf mitsamt Speer daneben erschien. Scheinbar war der Boss hier nicht unbekannt, denn es dauerte nur einen kurzen Blick, dann verschwand der Eiself wieder und wenig später erreichten sie im Schritttempo das Tor, das ihnen vorbehaltlos geöffnet wurde. Mehr noch, der Kopf mit dem Speer erhielt einen Körper und entpuppte sich als Wächter, der sich nach einem Gruß knapp verbeugte. Der Boss nickte ihm zu und sie fuhren ein, während hinter ihnen dieser einzige Zugang zu dem Gehöft wieder verschlossen wurde.
Ein kurzer Wortwechsel folgte, dann rief der Wächter nach einem Jungen, der offenbar irgendjemanden holen sollte, so schnell, wie er wegflitzte, ungeachtet dessen, warum er überhaupt draußen unterwegs gewesen war.
In dieser Zeit hatte die Mischlingselfe Gelegenheit, sich ein wenig umzusehen. Auch hier lag auf dem Boden überall festgetretener Schnee, wenngleich er nicht derart reinweiß wie draußen in der Landschaft war. Hier mal ein Fleck, dort mal etwas mehr freigelegtes, glitzerndes Eis und dergleichen. Rechterhand gab es ein länglicheres Gebäude aus demselben hellen Stein wie die Pallisade mit einer geöffneten Tür und dem Schornstein, aus dem der helle Rauch stieg. Daran angeschlossen waren zwei weitere, kleinere Gebäude.
Direkt vor ihr war Platz für ein annähernd rundes Haus, das so dominant wirkte, dass es sich vermutlich um das Hauptgebäude dieses Gehöfts handeln musste. Was dahinter lag, konnte sie allerdings von ihrer jetzigen Position nicht einsehen.
Und zu ihrer linken gab es ein weiteres, kleines Steinhaus, unter dessen Traufe in regelmäßigen Abständen kleine Luken eingelassen worden waren, als bräuchte man darin mehr Licht... oder Luft, trotz der Kälte.
Während sie sich also umsah, stieg der Boss hinter ihr ab und winkte einer weiteren Eiselfe, die gerade mit einem Joch auf den Schultern in Richtung des länglichen Steinhauses strebte. Das Mädchen, das wohl noch nicht lange zu den Erwachsenen zählte und in erstaunlich dünner Fellkleidung steckte, kam heran und deutete einen Knicks an.
Die Angekommene beugte sich zu ihr und sprach kurz mit ihr, erhielt Nicken und leichtes Stirnrunzeln, schien aber mit dem Ergebnis zufrieden, als das Mädchen kehrt machte und nun wirklich in dem Steinhaus verschwand. Indes wandte die andere sich an ihre Gefangene. "Los, steh auf. Oder willst du festfrieren?" Waren ihre Sinne durch die Fahrt in der Kälte so getrübt oder klang der Boss fast schon so, als... als hätte sie gerade einen Scherz auf Kosten der Mischlingselfe gemacht?
Jedenfalls drehte sie sich um und ging zu dem Häuschen zur linken, öffnete die Tür und machte eine ungeduldige Geste, sich endlich zu bewegen und einzutreten. Sobald Eleyna das gelungen wäre, würde sie sich erst einmal in vollkommener Dunkelheit wähnen. Nach all der schmerzenden Helligkeit war es hier drinnen scheinbar absolut finster und es dauerte, bis sie allmählich etwas würde erkennen können.
Allen voran die unerwartete Holzvertäfelung der Wände und auch der Boden bestand aus diesem dämmend wirkenden Material. Tatsächlich war es hier drinnen überraschend warm, ohne das Gefühl zu haben, davon gleich erschlagen zu werden, wenn man von draußen herein kam.
Ansonsten gab es nicht sonderlich viel Aufregendes zu sehen, ein Teil der Wände war mit Regalen vollgestellt und direkt vor ihr gab es eine halbhohe Holzwand, die etwa zwei Drittel der Breite des Raumes einnahm. Der Boss indes schob sie, sollte sie nicht von sich aus zu dieser Zusatzwand gehen, kurzerhand vor sich her.
"Los, beweg dich. Zieh dich aus und geh da nach hinten.", kamen die nächsten Anweisungen ohne irgendwelche Erklärungen. Indes trat allerdings das Mädchen mit dem Joch ebenfalls herein und die beiden Schaff, die sie auf diese Weise trug, enthielten etwas Dampfendes.
Was sollte das? Sollte sie jetzt gekocht werden oder welche Gemeinheit stünde ihr als nächstes bevor? Doch sie wurde nicht sofort malträtiert. Stattdessen verschwand die Eiselfe hinter der Holzwand und wenige Momente später hörte man, wie Wasser in einen anderen Behälter gekippt wurde.
Dampf stieg nun von dem hinteren Teil des Raumes auf und zog hoch zu den kleinen Öffnungen, die einzigen Lichtquellen in diesem Gebäude. Noch einmal rauschte es, dann erschien das Mädchen mit einem Schaff und ging hinaus, um es mit etwas lockerem Schnee zu füllen.
Mit diesem kehrte sie zurück und verschwand erneut hinter der Holzwand. Es platschte und zischte und der Dampf wurde stärker, während sie hervor trat, das Joch mit beiden Schaff wieder auf den Schultern.
Sie sagte etwas, das fragend klang, und der Boss deutete auf die Kleidung, die Eleyna bis vor kurzem am Leib getragen hatte. Ob sie sich dieser freiwillig entledigt hatte oder nicht, hatte ganz an ihr gelegen. Die andere nickte, sammelte sie auf und warf sie in ein Schaff, um daraufhin das Gebäude zu verlassen.
Kaum war die Tür hinter ihr geschlossen, deutete die Entführerin auf die Holzwand. "Ich geb dir Zeit, bis ich fertig bin, dann hol ich dich raus, ob dus willst oder nicht.", kam die Aufforderung, hinter diesem Sichtschutz zu verschwinden und anzunehmen, was ihr dort bereitet worden war, sofern sie es sich noch nicht denken konnte. Denn das Wasser in dem Zuber hatte nun eine Temperatur, die nicht nur angenehm wirken, sondern ihren Gliedern sicherlich etwas Wärme zurückschenken würde.
Damit drehte der Boss sich um und wollte sie tatsächlich allein lassen. An der Tür hielt sie jedoch noch einmal an und warf einen Blick über die Schulter zurück. Entgegen ihrer sonstigen Emotionslosigkeit war das feine Naserümpfen, das bei jedem anderen wohl kaum aufgefallen wäre, ein regelrechter Ausbruch an Mimik. "Ach ja, und benutz Seife!", erwähnte sie das Offensichtliche und würde danach gehen, sollte ihre Gefangene sie nicht aufhalten.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Dienstag 11. Juli 2023, 22:35

Was auch immer Zweck des Ganzen war, Eleyna hatte sich vorgenommen, abzuwarten. Sie hatte erkannt, dass ihr keine Chance zu einer Flucht blieb. Sie mochte vieles sein, allerdings war sie noch nicht wirklich schlecht darin gewesen, ihre Kräfte einzuschätzen. Nicht, wenn es so wie jetzt um Leben und Tod ging. Sie wäre wohl Sarma nicht lebend entkommen, wenn sie sich verkalkuliert hätte. Schon damals, im gänzlich gegensätzlichen Teil der Welt, hatte ihre stoische Ruhe zum Erfolg geführt. Früher oder später musste sie erfahren, worum es eigentlich genau ging. Einige Eckpunkte hatte sie bereits für sich erfahren und diese deuteten darauf hin, dass man sie nicht ernsthaft gefährden würde. Offenbar war der Auftrag wichtig genug, damit man sie zumindest nicht arglos erfrieren oder verhungern ließ. Warum dem so war, müsste sich noch klären. Bisher konnte Eleyna noch nicht klar benennen, wer hinter dieser Entführung steckte. Ihr fiel lediglich Arvid ein und der auch nur, weil er einen Bezug zu den Eiselfen herstellte. Überhaupt fiel ihr das Denken aber schwerer. Die Reise auf dem Schlitten, ohne wärmende Felle, die auch wirklich von Erfolg gekrönt waren, hatte sich ihr Zustand massiv verschlechtert. Trotz ihres eigenen Haushaltens war es eben etwas anderes, wenn man halb erfror, statt vor Hitze zu vergehen. Man konnte die Finger nicht mehr nutzen irgendwann, die Beine spüren oder die Augen offenhalten. Eleyna fühlte, wie ihr die Lebensgeister abhandenkamen und so hatte sie auch nicht viel mehr entgegenzusetzen, als ihre kratzige, heisere Stimme. Sie spürte, wie ihr Hals rau war von dem beißenden Wind und ihr Gesicht taub. Trotzdem blieb sie sie selbst, denn sie zeigte der Anführerin, dass sie zwar nicht wirklich etwas zu befürchten hatte, aber Eleyna sich auch nicht gänzlich kampflos schikanieren ließ. Nach der patzigen Antwort, fand sie kurz darauf wieder ihren Platz auf dem Schlitten und nicht ansatzweise gewärmt genug, blickte sie einer erneuten Fahrt entgegen, ohne zu wissen wohin oder wie lange sie diese würde aushalten müssen. Allerdings wurde der ‚Boss‘, falls er es gehofft hatte, erheblich enttäuscht. Eleyna bettelete nicht einmal. Sie sagte nichts, sie flehte nicht und sie verzog nicht ein einziges Mal das Gesicht. Ihr war hundeelend zumute, doch sie zeigte nichts davon. Ihre Gedanken waren träge und doch versuchte sie, sie am Laufen zu halten. Sie erinnerte sich an Mantron und die Zeit, die sie dort hatte verbringen dürfen. Sie dachte an Celestina’s gemütliche Hütte und den Duft des Eintopfes, den sie dank der Kräuter von Juna auch ertragen konnte. Ihre Gedanken aber wanderten auch zu dem Ungeborenen in ihrem Laib. Eleyna verbot sich, übermäßig Gefühl zu zeigen. Das Leben dort in ihrem Körper war schützenswert. Aber sie wollte auch nicht, dass es ihr zum Nachteil gereichte. Wer wusste schon, worauf diese Leute aus waren. Und wie es die Lage veränderte, wenn sie nur Wind davon bekämen, dass sie schwanger war. Nein, die Mischlingselfe offenbarte eine gewisse Stärke in ihrer gefangenen Rolle. Sie aß und trank, sobald sie etwas bekam, sie ruhte sich aus, wenn sie gelassen wurde, ansonsten aber wehrte sie sich gegen keine der Behandlungen. Sie schonte ihre letzten Kraftreserven. Und sie beobachtete. So auch, als sie mit der Elfe allein weiterfuhr und die anderen zurückblieben. Sie sah die Hütten und Koppeln und ahnte, dass sie offenbar eine Stadt oder ein Dorf erreichen würden. Eleyna überlegte kurz, ob ihr eine Siedlung einfiele, doch sie war inzwischen soweit desorientiert, dass jede Überlegung unnütz würde. Sie hatte, ob ihres Zustandes, nicht mehr vollends verfolgen können, wohin sie gefahren waren, wann sie in welche Richtung abbogen und wie lange sie dann Halt machten. Also registrierte sie lediglich, dass das Leben offenbar hier einen Platz gefunden hatte und harrte weiterhin schweigend dem aus, was da kommen sollte. Ihre geröteten Augen brannten weiterhin, doch der Schnee hinter der Pallisade reflektierte längst nicht mehr so grell, wie noch zuvor.

Trotzdem war Eleyna bewusst, in welch desolaten Zustand sie derweil war. Wenn das Teil des Plans gewesen war, dann hatten ihre Geiselnehmer alles richtig gemacht. Die Witterung war ihnen eine große Hilfe und die spärliche Kleidung trug ihr übriges bei. Eleyna hörte, wie die Elfe mit einem jungen Mädchen sprach und offenbar etwas auftrug, das die Jüngere dann pflichtbewusst erfüllte. Erst dann wandte sich der Boss zu ihr um und die Stimme der anderen klang unnatürlich laut in den Ohren der Spionin. Eleyna verzog das Gesicht, als hätte man sie angeschrien. Der Inhalt der Worte jedoch, brachte der Eiselfe einen stechenden Blick ein. Sollte sie lachen? Eleyna entschied sich für’s Schnauben und öffnete ihre steifen Arme und Beine. Es dauerte, bis sie in der Lage war sich ausreichend zu bewegen, um von dem Schlitten herunterzusteigen. Ungeduldig wurde sie bereits an einem der Häuser erwartet und Eleyna trat ein. Ihre Hände hielt sie aneinandergerieben vor sich, denn sie fühlte die Finger nicht mehr. Gerötet und taub waren sie, ebenso wie ihr Gesicht und ihre Beine. Für einen Moment musste sie dann aber stehenbleiben, denn es war so dunkel hier drinnen, dass sie glaubte, augenblicklich erblindet zu sein. Erst allmählich zeichneten sich dunkle Umrisse ab und schließlich hatten sich die geschundenen Augen halbwegs daran gewöhnt. Prüfend sah sie sich um und schien in einer Art Kammer zu sein. Den Paravent erkannte sie sofort und auch das, was hinter jenem stand. Eleyna hielt inne und sah auf die bezeichnenden Umrisse. Erleichterung stieg auf, weil sie hoffte, dass das ein Bad für sie sein würde. Schließlich dauerte es der Elfe hinter ihr zu lange, sodass sie weiter in den Raum hineingeschoben wurde. Ungeduldig wies sie sie an, sich zu entkleiden und hinter die Holzwand zu treten. Eleyna aber sah die Entführerin argwöhnisch an. Dann aber begann sie mit ungelenken Bewegungen, sich die Kleider ausziehen zu wollen. Es misslang ihr mehrfach, denn die Finger waren steif und gefühllos und so wurde sie immer wieder von einem Frösteln erschüttert, das ihr die Kräfte zu rauben drohte. Erst nach mehreren Anläufen, in denen das Eiselfenmädchen die Wanne wohl temperiert hatte, schaffte es die Spionin sich aus dem kratzigen Stoff zu pellen und die Sachen neben sich fallenzulassen. Erst als das Mädchen darauf zeigte und sie offenbar haben wollte, bückte sich Eleyna, um ihr entgegenzukommen. „D…anke.“, krächzte sie dem Mädchen zu, ungeachtet dessen, dass der Boss sie hören konnte. Was scherte sie diese Elfe? Sie hatten sich nichts zu sagen und Eleyna würde sich nicht weiter um sie scheren.

Ihre blöden Sprüche und das Grinsen würden ihr schon noch vergehen, sobald sie wieder fitter wäre. So trat sie langsam und behutsam, ob der Gefühlskälte ihrer Füße, hinter die Holzwand und betrachtete sehnend das dampfende Nass. Eleyna war im Himmel. Ein heißes Bad war genau das, was sie nun brauchen würde. Was offenbar auch die andere so sah. Denn bevor sie einen Fuß in den Zuber tauchen konnte, hielt die andere es für nötig, abermals auf ihren Zustand hinzuweisen. Eleyna wandte den Kopf: "Ach ja, und benutz Seife!". Sie sah das Naserümpfen und presste die Lippen aufeinander. „Danke für den Hinweis – man könnte glatt denken, dass das meine Schuld wäre.“, gab sie schnippisch zurück und scherte sich nicht weiter um sie. Sie wandte ihr demonstrativ den Rücken zu, tauchte ihren Fuß ins Wasser und ignorierte den Boss. Es tat weh. Schmerzen fluteten ihren geschundenen Körper, während die Wärme sich an ihre halbgefrorenen Glieder heftete. Sie biss die Zähne zusammen und schloss die Augen. Es war extrem, wie sehr sie doch unterkühlt war. Eleyna ignorierte den Schmerz, den das warme Wasser auf ihrer Haut hinterließ und sank in den Bottich. Sofort konnte sie dass belebende Gefühl empfinden und schloss seufzend die Augen. Es war der pure Himmel nach all der Kälte. Die Halbelfe vergaß für einen Moment, wo sie sich befand und der Frage nach dem Grund. Sie genoss dieses Bad so sehr, dass sie Stunden darin hätte verbringen können. Auch die Seife war eine wahre Wohltat. Sie wusch sich ausgibig, nachdem die Wärme in ihre Glieder zurückgekehrt war. Jetzt konnte sie sich wieder vernünftig bewegen und zu ihrer Überraschung, konnte sie keine Erfrierungen an sich ausmachen. Glück hatte sie wohl gehabt. Nachdem sich Eleyna äußerst gründlich überall gewaschen hatte, sank sie soweit im Bottich zurück, um ihren nun nassen Hinterkopf auf den Rand abzulegen. Das schwarze Haar glitt auf der Wasseroberfläche dahin und umspielte ihre Schultern, die halb herausschauten. Es war wunderbar mit frischem Duft und frisch gewaschenen Haaren gesegnet zu werden. Schon immer war baden etwas, dem sie kaum widerstehen konnte. Das Gefühl danach war regelrecht vitalisierend. Vielleicht war das auch noch ein Fehler, den die andere Elfe bereuen würde. Doch soweit war Eleyna im Moment nicht. Sie genoss das Warme und das Spüren ihrer Gliedmaßen, dass sie vollkommen die Zeit und den Umstand vergessen konnte, dass sie hier eine Gefangene war.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 20. Juli 2023, 12:45

Es war gut, dass sie ihre ganze Situation so pragmatisch wie möglich anzusehen versuchte. Dadurch stellte sie kaum Fragen, die ohnehin keine große Aussicht auf zufriedenstellende Antworten gehabt hätten, und sparte sich ihre spärliche Energie kurzerhand. Das war auch passend für ihre Umgebung, denn in dieser Eiseskälte reduzierte man instinktiv alles nicht unbedingt Notwendige, zumindest dann, wenn man nicht zu den Eiselfen selbst zählte. Nach einiger Zeit auf dem Schlitten war es so oder so auch viel zu kalt, um ans Reden überhaupt denken zu können.
Wie lange genau sie unterwegs waren, sagte ihr niemand, aber es tat sich jedenfalls etwas. Zuerst waren da die Koppeln mit den felligen Inhalten, die sich aus dem ewigen Weiß schälten und wenig später hielt die gesamte Gruppe an, um sich nach einer kurzen Absprache zu trennen. Sie blieb allein mit dem Boss zurück und weiter ging die Fahrt, bis sie bei einer Pallisade ankamen und relativ rasch eingelassen wurden.
Es war eine Wohltat für die Augen, endlich einmal auch etwas anderes als unendliches Weiß und Blau wahrnehmen zu können, obwohl es auch hier auf dem Hof zwischen Gebäuden und Abgrenzung noch recht hell war. Jedoch bei weitem nicht so schmerzhaft wie zuvor auf freiem Feld!
Die Fahrt schien vorläufig erst einmal zu Ende zu sein, denn sie wurde unmissverständlich aufgefordert, der anderen zu flogen. Das Schnauben ließ die Elfenohren leicht zucken, ansonsten provozierte es keinerlei Reaktion.
Im Gegensatz zu ihren langsamen, definitiv steifen Bewegungen, mit denen sie sich allmählich aus ihrer seit Stunden gleichen Position quälte. So mühsam, dass der Boss nun doch ein Augenrollen andeutete und sich räusperte, dass das "Weichei!" beinahe zu überhören war.
Dann allerdings ging sie voraus und wies somit den Weg, den die Mischlingselfe beschreiten sollte, hinein in eine Hütte, in der es nicht nur recht dunkel, sondern tatsächlich auch warm war. Nun ja, fast alles wäre im Moment gefühlt warm im Vergleich zu dem eisigen Fahrtwind, dem sie den bisherigen Tag über ausgesetzt gewesen war. Jedoch war das noch nicht alles, denn als sie weit genug nach dem Geschmack der anderen in den Raum getreten war, sollte sie sich auch noch ausziehen.
Scham war hier zwar fehl am Platze, vor allem, weil die Eiselfe sie bereits nackt auf dem Schiff gesehen hatte. Dennoch dauerte es seine Zeit, bis sie ihre Glieder soweit wieder unter Kontrolle hatte, dass es ihr auch gelang, sich zu entkleiden.
Währenddessen verschränkte ihre Entführerin die Arme vor der Brust und schnaubte mehrfach, während sie ein ums andere Mal den Kopf schüttelte. "Und ich dachte immer, das wären Märchen, dass die kälteste Zeit bei euch Nordländern so mild ist wie bei uns die wärmste!", schimpfte sie irgendwann und wurde tatsächlich ungeduldig.
Trotzdem, im Gegensatz zu damals in der Kajüte, half sie ihr dieses Mal nicht. Stattdessen hielt sie sich nahe der Tür auf und war somit auch dem herum huschenden Mädchen nicht im Weg, das den Zuber hinter der Holztrennung in der Zwischenzeit anfüllte. Schließlich war die Magd fertig, griff sich auch die schmutzige, stinkende und viel zu spärliche Kleidung und ließ die beiden Frauen allein.
Nicht für lange, denn auch der Boss wollte offensichtlich gehen, gab allerdings noch eine Bemerkung von sich, welche die wiedererwachenden Lebensgeister ihrer Gefangenen weckte. Die schnippischen Worte brachten ihr einen langen, undeutbaren Blick der Eiselfe ein, der vieles bedeuten mochte.
Das, was hinter der Stirn der anderen vorging, blieb ihr verborgen und vermutlich hätte sie niemals einen Anhaltspunkt gefunden, wenn sie sich nicht zu einer abschließenden Bemerkung hätte hinreißen lassen, gemeinsam mit einem Schulterzucken. "Gut, dann überlass ich dich ihm das nächste Mal einfach." Damit wandte sie sich ab und verließ das Gebäude, das eindeutig als Badehaus diente.
Wobei sich Eleyna vermutlich lieber nicht vorstellte, bei welcher Wassertemperatur die Eiselfen hier in den Zuber stiegen. Für sie hingegen war es eine wahre Wohltat, auch wenn das sonst so angenehm heiße Nass erst einmal ordentlich Schmerzen auf ihrer Haut auslöste. Dafür wurde ihr Körper ordentlich aufgewärmt bis in die letzte Faser. Selbst, wenn sie bislang keine Vorliebe für ein Bad gehabt hätte, jetzt lernte sie eine der schönsten Seiten daran kennen.
Ihre Kräfte kehrten zurück, sie konnte sich entspannen und vor allem, sie konnte sich reinigen. Nun gut, die Brühe, die sie dadurch hinterließ, war alles andere als appetitlich und bestimmt war sie innerlich froh darüber, dass sie diese nicht persönlich entsorgen musste. Aber abgesehen davon war alles nichts weiter als eine Wohltat, die sie allein und für sich genießen konnte.
Sobald sie fertig wäre, gab es Tücher, mit denen sie sich sowohl abtrocknen, als auch bedecken konnte, bis das Mädchen mit frischer, sauberer Kleidung zurück kehrte und diese vor dem Paravent auf einen bislang unbeachteten Hocker legte. Es handelte sich dabei um eine gefütterte Hose aus Leder und ein dazu gehöriges Oberteil, über das sie noch ein fellgefüttertes Gilet und eine Fellmütze platzierte. Vor den Hocker stellte sie warme Lederstiefel mit flacher, aufgerauhte Sohle, mit der man innerhalb des Gehöfts weniger leicht ins Rutschen käme.
Ohne ein Wort zu sagen, huschte sie wieder hinaus und brachte im Anschluss daran ein kleines Tablett mit einer Schüssel Brei mit dem ein oder anderen Fleischstückchen darin. Es sah nicht gerade so aus, wie etwas, das wirklich schmecken würde, jedoch war es seit dem Frühstück die erste Mahlzeit, die ihr vor Augen kam und das würde ihr Magen mit hörbaren Lauten zu kommentieren wissen. Trotzdem war die Mischlingselfe die gesamte Zeit über mehr oder weniger allein und auf sich gestellt.
Die Schüssel mit dem Brei war noch mindestens zu gut einem Drittel voll, als die Tür ein weiteres Mal geöffnet wurde und der Boss zurück gekehrt war. "Fertig? Dann komm.", begrüßte sie die andere und wandte sich schon wieder um, ohne sich darum zu kümmern, ob ihre Gefangene tatsächlich soweit wäre oder nicht.
Im Türausschnitt zeigte sich indes, dass die Sonne nicht mehr gar so stark blendete wie noch zuvor. Lange würde der Tag also nicht mehr dauern, nachdem hier die hellen Stunden ohnedies recht spärlich waren. Dennoch reichte das Licht noch aus, um erkennen zu können, dass die Eiselfe sich umgezogen hatte und eine ähnliche Kleidung trug, wie sie der Mischlingselfe gebracht worden war. Nur mit dem Unterschied, dass gerade auf den hellen Fellspitzen der Fütterung, die mitunter unter dem Leder hervorlugten, ein paar Blutflecken zu erkennen waren. Auch auf der braunen, ehemaligen Tierhaut gab es diese Verunreinigungen, doch waren sie dort bei weitem nicht so leicht zu entdecken.
Ein Teil wirkte auch so, als wäre er schon ein wenig älter und beim Säubern nicht mehr raus gegangen, ohne dass der Schaden groß genug wäre, um das Stück zu entsorgen. Die helleren Flecken hingegen erschienen recht frisch zu sein, haftete allerdings lediglich auf der Kleidung. Das Gesicht und die behandschuhten Hände hingegen waren sauber.
Was diese zierliche Eiselfe in der Zwischenzeit wohl getan hatte? Wollte Eleyna das überhaupt wissen? Und würde sie bei entsprechender Nachfrage eine Antwort erhalten? Würde es jetzt ihr an den Kragen gehen, wenn es nach den Plänen der anderen ginge?
Diese jedenfalls warf ihr einen kühlen Blick über die Schulter zu, dem man gut und gerne Ungeduld unterstellen wollen würde.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Freitag 21. Juli 2023, 13:48

"Gut, dann überlass ich dich ihm das nächste Mal einfach." Sie hob den eisblauen Blick, der an Kälte gerade nichts den Witterungen nachstand. Wollte dieses Weibsbild jetzt auch noch Dankbarkeit von ihr? Eleyna’s Augen blitzten gefährlich. Wofür hielt sie sich? Sie erwiderte darauf nichts. Wozu auch? Die Eiselfe hielt sie gefangen. Ob es nun gerechtfertigt war, Eleyna vor Übergriffen zu schützen oder nicht – Dankbarkeit brauchte sie von ihr nicht auch noch zu erwarten. Schließlich hat sie nicht darum gebeten, hier zu sein. Folglich war es allein die Schuld derer, die den Auftrag gegeben und ausgeführt hatten, wenn etwas geschah, was offenbar nicht im Sinne von wem auch immer lief. Zudem konnte sie auf sich aufpassen. Zwar war sie erheblich geschwächt und sicher nicht in bester Verfassung, aber dafür reichte es noch. Sturheit sagte man ihr schließlich nach und die konnte sie stets abrufen, wenn sie wollte. Eleyna genoss den Augenblick, als sie endlich allein war. Nur sie, ihre Gedanken und… das Dreckwasser. Naserümpfend betrachtete sie die Suppe, doch was sollte es. Danach war sie gereinigt und würde sich deutlich besser fühlen. Vermutlich auch keine kluge Idee, Eleyna aufzupäppeln. Denn mit jeder Minute in dem wohlig warmen Bad, kehrten auch ihre Lebensgeister zurück. Und ihr Kampfwille. Die Mischlingselfe sah sich in dem kargen Raum noch einmal bewusst um. Hier gab nichts Aufschluss auf etwaige Hintermänner – oder Frauen – und auch sonst war nichts von Interesse hier. Als die Tür abermals geöffnet wurde, trug das Mädchen von zuvor etwas Essen herein und Eleyna beobachtete sie, während sie das Badehaus wieder verließ. Ihr Blick fiel auf die Schüssel und ohne Wenn und Aber entstieg sie der Wanne, ließ sich etwas abtropfen und trocknete sich daraufhin ab. Eleyna zog die neue bereitgelegte Kleidung wieder an und fühlte sich sichtlich besser. Das Gefühl in ihrem Gesicht, in ihren Fingern und Beinen kehrte zurück. Das unangenehme Kribbeln ignorierte sie stoisch. Dann griff sie sich die Schüssel und achtete kaum darauf, ob sie schmeckte oder nicht. Auch das Aussehen war zweitrangig. Eleyna hatte gelernt, in solchen Momenten nicht wählerisch zu sein.
Jetzt galt es sich einzuverleiben, was sie bekam, denn sie wusste ja nicht, wohin das hier noch alles führen sollte. Die Elfe löffelte den Brei und hatte keinen allzu üblen Geschmack im Mund. Auch hier trug die Wärme von Innen zu einer Verbesserung ihrer Lebensgeister bei und als sie die Schüssel fast geleert hatte, kehrte der kühle Boss zurück. Eleyna hob nur kurz den Blick, senkte ihn dann aber wieder und löffelte noch zwei Hapse heraus. Was sie hatte, konnte man ihr nicht mehr nehmen. "Fertig? Dann komm." Eleyna erhob sich. Sie stellte die Schüssel beiseite, nicht aber ohne noch mal zwei Löffeln erneut nachzuschieben. Kauend trat sie an die andere heran und ihr Blick fiel auf die veränderte Kleidung. Das geschah mehr im Vorbeigehen, denn offensichtlich. Als Spionin hatte die Dunkelhaarige gelernt, Details am Rande wahrzunehmen. So fiel ihr auf, dass sie offenbar etwas Blutiges getan haben musste. Was genau, blieb zu überlegen. Es sah nicht danach aus, als hätte sie Folterungen vorgenommen. Vielleicht eine kleinere Tierschlachtung? Oder aber sie hatte sich einfach irgendwo ungeschickt verletzt. So oder so, war Eleyna es nicht wichtig sofort zu erfahren, warum sie diese Flecken hatte und vor allem woher. Die Mischlingselfe trat durch die Tür, stellte fest, dass sich der Tag offenbar auch dem Abend entgegenneigte und schritt dann im gemächlichen Tempo voran, um dem Weg zu folgen, den sie offenbar zu gehen hatte. Den ungeduldigen Blick überging sie geflissentlich. Eleyna hatte die Schultern gerade durchgedrückt und das Kinn leicht gehoben. Aufrecht ging sie halb vor der anderen und wirkte doch recht entspannt. Verängstigt war sie jedenfalls nicht. Und durch das Bad waren ihre Sinne wieder geschärft genug und ihr Willen ungebrochen. Würde sie jetzt erfahren, was das alles sollte? Und… würde Laogh sie hier überhaupt finden können? Sie glaubte nicht daran. Dafür waren sie zu weit entfernt von jeglicher Zivilisation. Nein – sie sollte nicht auf den Schatten bauen. Sie sollte zusehen, dass sie einen Plan schmiedete, wie sie hier herauskäme. Doch zuvor… wollte sie endlich wissen, warum man diesen Aufwand betrieb. Und wer dahintersteckte. Denn, dass die Eiselfe in ihrem Rücken ebenfalls nur Befehle empfing – das war klar.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Samstag 22. Juli 2023, 21:27

Was genau der Boss von ihr erwartete... das blieb ungewiss. Nichts zeigte sich in der Miene der kleinen Eiselfe und sie erwiderte ungerührt den Blick der eisblauen Augen, als wäre nicht sie diejenige, die hier im Prinzip Unrecht tat. Was auch immer dahinter stecken mochte, ein schlechtes Gewissen diesbezüglich schien sie jedenfalls nicht zu haben. Oder waren all die kleinen Gesten, mit denen sie trotz allem dafür gesorgt hatte, dass Eleyna diese Reise mehr oder weniger heil überstand, ein Ausdruck dessen gewesen? Vermutlich nicht, sondern eher dem Auftrag dahinter geschuldet gewesen. Wie genau dieser auch immer aussehen mochte.
Jedenfalls fand sich die Mischlingselfe daraufhin allein mit sich, ihrem Schmutz... und dem gefüllten Zuber, der einfach eine viel zu verlockende Einladung war, als dass sie diese nicht hätte annehmen können. Nach einiger Zeit fühlte sie sich sauber und aufgewärmt genug, sodass sie aus dem Holzgefäß kletterte und feststellen durfte, dass sie auch jetzt halbwegs annehmbar versorgt wurde. Die Kleidung war bei weitem besser der Witterung angepasst als die Alte und obwohl das Essen in der Schüssel nicht sonderlich appetitlich wirkte, es reizte wenigstens nicht soweit, dass es sofort wieder den Weg zurück hätte nehmen wollen.
Nur in Ruhe verzehren, das war ihr nicht vergönnt, denn zwischendrin tauchte ausgerechnet die Eiselfe erneut auf. Mehr noch, sie wirkte nicht so, als wolle sie der anderen länger Zeit gönnen, sich den Bauch vollzuschlagen, ganz gleich, ob hier Nahrungsmittel Mangelware sein könnten oder nicht. Lediglich ein feines Zucken der hellen Augenbraue, als die Gefangene demonstrativ noch in den Mund schaufelte, was möglich war, verriet, dass ihr dazu ein Gedanke in den Sinn kam. Doch sie sprach ihn nicht aus, sondern machte vielmehr deutlich, dass der Aufbruch angesagt war.
Als sie endlich folgte und die Kühle sie an sich vorbei hinaus treten ließ, wurde einmal mehr der Größenunterschied deutlich. Dennoch straffte die andere weder ihre Schultern, noch zeigte sonst wie, dass sie sich von diesen Umstand beeindrucken hätte lassen können. Ihre Autorität hatte sie sich offenbar hart erarbeitet und dermaßen verinnerlicht, dass es ihre körperliche Größe beinahe vergessen ließ. Stattdessen deutete sie wortlos, aber auffordernd in Richtung jenes größten Gebäudes, das von dem Eingangsareal innerhalb der Pallisade aus zu erkennen war.
Es war ein Steinbau mit einer einzelnen Tür und nur kleinen, hoch angelegten Fensteröffnungen, um so lange wie möglich Licht ins Innere dringen lassen zu können. Der Weg war nicht weit, sodass die Kälte bis dahin erträglich bleiben sollte.
Dafür jedoch reichte er aus, um im schwindenden Tageslicht erkennen zu können, dass aus dem Stall ähnlichen Bau auf der rechten Seite des Hofes ein Eiselfenmädchen mit ebenfalls blutbesudelter Kleidung heraustrat und einen offenbar gut gefüllten Bottich mit sich schleppte. Sie begegnete dem anderen Mädchen, jenem, das für Eleynas Bad gesorgt hatte und nun auf ihrem Joch zwei Kübel mit dampfenden Inhalt trug, und hielt es kurz auf, um mit ihr etwas zu bereden. Dabei glitt der Blick der Beiden auch in Richtung der Mischlingselfe, doch das bekannte Gesicht deutete ein Kopfschütteln an und konnte offenbar nicht jene Antwort geben, die die andere gerne gehabt hätte. Diese zögerte noch kurz und kassierte dafür einen kühlen Blick vom Boss, der dafür sorgte, dass sie rasch den Kopf einzog und ihren Weg weiterging.
Das Ganze dauerte lediglich ein paar kurze Momente, dann erhielt Eleyna einen Stupser ins Kreuz als Aufforderung, sich zu bewegen. Nach einer Handvoll Schritte war das Ziel erreicht und der Boss deutete ihr, die Tür zu öffnen. Drinnen erwartete sie warme und dennoch überraschenderweise keine stickige Atmosphäre, dafür erneut eine eindeutig dunklere Umgebung.
Während sie eintrat... besser gesagt, eintreten musste und ihre Augen sich noch an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnten, musste sie spüren, wie ihre Arme plötzlich nach hinten gezogen wurden. Anscheinend war die Eiselfe doch nicht so leichtgläubig oder von der eigenen Überlegenheit überzeugt, als dass sie nicht für Unterstützung gesorgt hätte. Kräftige Unterstützung, denn der Mann wusste, wie er einen Arm drehen musste, um sie davon zu überzeugen, dass Gegenwehr äußerst unklug wäre.
So kam es, dass sie, als sie endlich alles erkennen konnte, längst mit im Rücken gefesselten Händen da stand. Dabei allerdings wurde es nicht belassen, sondern das lange Ende des Seils wurde nach unten gezogen und so um ihre Fußknöchel geschlungen, dass sie ab nun nur noch kleine Schritte machen konnte, wollte sie nicht stolpern und hinfallen. Außerdem war die Verbindung dermaßen angelegt, dass sie die Arme auch durch noch so geschickte Verrenkung nicht nach vorne bekäme, und der Knoten von einem Könner gebunden worden.
"Weiter.", kommandierte die Eiselfe hinter ihr nur und dirigierte sie zu einer steinernen Bank, die sich schräg gegenüber der Eingangstür befand. Wie sich herausstellte, jetzt, wo sie etwas erkennen konnte, befand sie sich in einem spärlich möblierten Vorraum, der ein paar solcher Sitzgelegenheiten bot. Ansonsten gab es hier keine Möbelstücke, sodass er entweder für Wartezeiten gedacht wäre... oder für Arbeiten, die im Freien nicht erledigt werden konnten. Wie auch immer, sie hatte keine weiteren Anhaltspunkte, während der Fesselkünstler mit dem Dolch am Gürtel an der Eingangstür wieder Stellung bezog. Der Boss indes kümmerte sich nicht um ihn, was darauf schließen ließ, dass er über seine Aufgabe Bescheid wusste... oder sie keine sonstige Befehlsgewalt über ihn hätte.
Stattdessen trat sie neben die Steinbank, dort, wo sich der Umriss einer weiteren Tür aus dem Dämmerlicht allmählich abzeichnete. "Warte hier.", kam es lapidar und im Prinzip überflüssig über die eisigen Lippen.
Was sollte das? Wollte die andere sie jetzt ärgern? Wenn sich wenigstens aus der Mimik oder dem Tonfall Informationen herauslesen lassen könnten, aber sie war dermaßen unterkühlt, dass sie selbst eine Liebeserklärung oder Morddrohung so neutral hätte aussprechen können, als spräche sie lediglich über das Wetter! Noch einen Atemzug lang warf sie ihr einen undeutbaren Blick zu, dann öffnete sie, ohne anzuklopfen, die Tür und trat in den Raum dahinter.
Hinter sich schloss sich der Zugang... zumindest offiziell, denn ein verräterisches Klicken beim Einrasten des Schlosses gab es nicht. Und wenn Eleyna genauer hinsehen würde, könnte sie den schmalen Schlitz erkennen, der sich zwischen Türrahmen und Türblatt ergab und einen minimalen Lichtschein durchschimmern ließ.
Ob das Absicht von dem Boss gewesen war oder einfach nur Nachlässigkeit? Fühlte sie sich derart sicher, dass sie sich solch kleine Fehlerchen erlauben könnte? Oder kochte sie ein eigenes Süppchen und schuf damit Möglichkeiten für ihre Gefangene, sich mehr Wissen anzueignen, als sie ihr offiziell zubilligte? Sollte sie nur unauffällig näher rücken und zu lauschen versuchen oder... würde der Wächter es zulassen, dass sie aufstand und sogar probierte, einen Blick hinein zu werfen, während sie zuhörte?
Die Stimmen von drinnen wären jedenfalls nicht laut und trotzdem ausreichend hörbar, dass selbst sie mit ihrem nicht reinrassigen Elfengehör sie würde verstehen können. Vor allem, weil dort, aus welchen Gründen auch immer, nicht auf die Sprache der Eiselfen, sondern das allgemeine Celcianische zurück gegriffen wurde.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Sonntag 23. Juli 2023, 07:26

Wieso die Eiselfe handelte, wie sie es eben tat, konnte Eleyna nur vermuten. Anhaltspunkte gab es für sie keine oder wenn, dann nur solche, die sich eben in zwei Richtungen deuten ließen. Entweder befolgte die kühle Elfe nur Befehle und führte jene nach bestem Wissen und Gewissen aus oder aber sie handelte auf eigene Kappe und half ihr mit winzigen Kleinigkeiten. Sei es nun, dass sie verschont wurde von einer Auseinandersetzung mit dem Plappermaul indem sie stank oder aber, dass sie die Mahlzeiten erhielt, die sie dringend brauchte. Den stummen Kommentar, bezüglich ihrer Essgewohnheiten, ignoriert Eleyna geflissentlich. Zwar fiel ihr die feine Geste durchaus auf, doch sie hatte die letzten Löffel aus zwei Gründen gegessen: Sie wusste ja nicht, was eigentlich los war und nahm, was sie bekam. Gleichwohl zeigte sie der Elfe, dass sie noch lange nicht gebrochen war. Eleyna behielt ihren Dickkopf und zeigte deutlich, dass sie eben auch austeilen konnte. Dann schritt sie ohne weiteren Blick an der Gefängniswärterin vorbei und trat hinaus in die kühle Luft. Nach dem Bad klärte der kühle Wind noch einmal zusätzlich ihre Gedanken. Schnell erfasste sie die Bauweise des steinernen Gebäudes, so wie die umliegenden Ställe. Offenbar waren sie an einem Gehöft angelangt, das entweder eine erste Station oder aber das Ende ihrer Reise bedeutete. So oder so lag es abgeschieden und Eleyna musste zugeben, dass es nicht einfach sein würde, eine Flucht überhaupt zu planen. Während sie dirigiert wurde einem Weg zu folgen, blickte die Spionin zu dem Stall herüber. Gab es Tiere? Womöglich Reittiere? Offenbar wurde hinter diesen Türen etwas gehalten, das auch geschlachtet wurde. Denn soeben trat ein Mädchen hinaus und hatte ebenso blutige Flecken an ihrer Kleidung, wie die Wächterin in ihrem Rücken. Eleyna beobachtete die Szenerie mit dem Badewasser-Mädchen und meinte zu sehen, dass in den Kübeln etwas dampfendes lag. In Verbindung mit dem Stall, so überlegte sie, könnte es auch das Blut, die Gedärme oder Fleisch von Tieren sein, die hier die Bewohner ernährten. Eleyna musterte die Mädchen. Waren sie noch Kinder oder einfach noch jung? Und … sahen sie sich ähnlich, sodass man auf Verwandtschaft deuten könnte?

Ihr Blick rutschte wieder zum Gehöft, nachdem sie einen ‚sanften‘ Stoß in den Rücken erhielt. Sie steuerten auf das Steingebäude zu und hielten vor der Tür. Viele Bewohner sah sie nicht. Ob es sich hierbei um das Familiengehöft von jemandem handelte? Vielleicht ja der Eiselfe im Rücken selbst? Sie war schließlich umgezogen, hatte ähnliche Flecken wie das Mädchen. War sie hier zu Hause? Eleyna wurde durch die Tür gelotst und noch ehe sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, nahm sie zu ihrer Rechten eine Bewegung wahr. Eleyna versteifte sich, doch reagieren konnte sie nicht mehr. Sofort wurden ihre Arme so gehalten, dass ein Bewegen eventuell das Auskugeln ihrer Schultern zur Folge haben könnte und schon spürte sie die Fesseln, die es ihr unmöglich machen würden, sich zu verteidigen. Nun, nicht unmöglich. Aber Eleyna spürte, wie der Unbekannte – es musste eine neue Partei sein, denn die Eiselfe war nicht derart kräftig – auch ihre Füße fesselte. Somit nahm man ihr auch die vorletzte Möglichkeit, sich zu verteidigen. Offenbar aber lag es eher daran, dass die anderen sich zu schützen versuchten. Wieso? Waren sie sich jetzt auf einmal nicht mehr so sicher? Glaubten sie denn, dass sie jetzt eine Flucht wagen würde? Eleyna hätte gegrinst, wenn sie sich nicht so gut im Griff gehabt hätte. Sie waren zumindest keine Dummköpfe. Die Mischlingselfe tippelte nun gezwungenermaßen zu dem einzigen Möbelstück in diesem Vorraum. Hier setzte sie sich und warf einen Blick zurück, um den Wächter näher zu inspizieren. War er ein Wächter? Unbeteiligt? Oder war er neugierig? Die Spionin sah zur Eiselfe, als jene ihr sagte, sie solle waren. Eleyna verzog die Lippen zu einem freudlosen Grinsen und hob die Schultern etwas an. „Sieht ganz so aus.“, meinte sie ebenso lapidar und erwiderte den Blick, den sie ihr zuwarf. Kurz runzelte sie die Stirn. Was war das? Ein Zeichen? Eine Warnung? Versuchte die Elfe ihr etwas zu sagen? Eleyna beobachtete sie, wie sie durch die Tür ging, die offenbar in einen weiteren Raum, der erleuchtet war führte. Ein Licht schein fiel kurz herein, dann klickte es seltsam an der Tür. Eleyna stutzte. War die Elfe nun einfach unaufmerksam? Wohl kaum. Sie glaubte nicht eine Sekunde daran, dass die Eiselfe jetzt einen Fehler beging und die Tür unabsichtlich offenließ. Ihr Blick ging kurz zum Wächter. Dann aber erhob sie sich einfach und streckte augenscheinlich ihren Rücken so gut es ging durch, ehe sie sich gähnend wieder auf der Steinbank platzierte. Sie tat so, als hätte sie sich einfach nur strecken wollen. Allerdings hatte sie sich auch deutlich dichter an die Tür gesetzt, mit dem Gesicht abgewandt aber und starrte demonstrativ an die gegenüberliegende Wand. Der Wächter sollte denken, dass sie sich tatsächlich nur strecken wollte. Dann aber spitzte sie die Ohren und konzentrierte sich auf die celcianischen Worte, die sie hören konnte…

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Dienstag 1. August 2023, 13:37

Was genau der Boss von ihr wollte und warum sie so handelte, wie sie es tat, wusste höchstens sie selbst. In der Hinsicht hätten sie und Laogh sich prächtig verstanden und sich vielleicht sogar noch den ein oder anderen Tipp geben können, wie man das Umfeld damit noch besser und effektiver im Ungewissen lassen könnte. Ob die kleine Eiselfe bei ihm wohl in die Lehre gegangen wäre, wenn es sich ergeben hätte? Nun, vielleicht wäre sie eine zu gute Schülerin mit zu viel Vorwissen gewesen, als dass er das akzeptiert hätte.
Jedenfalls behielt sie ihre Beweggründe optimal für sich und ließ damit offen, ob ihre gelegentlichen kleinen Hilfestellungen zu ihrem Auftrag gehörten oder sie eigenmächtig handelte. Denn möglich war beides.
Nun allerdings schien wenigstens ein Rätsel kurz vor seiner Auflösung zu stehen. Eleyna wurde in das Hauptgebäude gebracht und dort... kurzerhand in die nächste Warteposition verfrachtet, indem sie in dem Vorraum verbleiben und ausharren sollte, bis... bis was? Sie hinein geholt und vorgeführt würde? Entschieden wäre, was als nächstes mit ihr geschehen solle? Sie zurück in die Kälte gestoßen und dem Erfrierungstod ausgesetzt werden würde? Es gab so einige Möglichkeiten, wie es nun mit ihr weitergehen könnte, nachdem sie nicht gerade ungeschickt verschnürt worden war und eine Gegenwehr um einiges schwerer ausfallen könnte.
Allerdings rückte ihr der zurück gebliebene Wächter nicht zu nahe und auch ansonsten schien er lediglich darauf achten zu sollen, dass sie nicht abhaute. Er hielt sich wieder neben dem einzigen Ausgang aus dem Gebäude auf und blickte stoisch auf einen Punkt an der Wand ihm gegenüber, während er mit keiner Wimper zuckte, als sie sich unauffällig dem Spalt zwischen Tür und Rahmen näherte.
Noch so ein Umstand, der wohl kaum zufällig passiert war. Warum? Damit sie lauschen konnte? Warum wurde sie dann nicht gleich mitgenommen? Drinnen könnten sie auch direkt vor ihr ihre Geheimnisse pflegen, dafür mussten sie lediglich die Sprache der Eiselfen oder einen anderen, ihr nicht bekannten Zungenschlag verwenden. Doch auch hier schien die kleine Eiselfe es darauf anzulegen, dass sie nicht vollkommen unwissend blieb, denn tatsächlich benutzte sie das allgemeine Celcianische bei ihrem Gespräch, auf das auch ihr Gegenüber einging. Dass letzterer es in seiner jugendlichen Überheblichkeit tat, würde sich die Mischlingselfe irgendwann im Laufe der nächsten Minuten eventuell denken können.
Ihr hingegen kam das zugute, denn so konnte sie ein paar nicht gerade uninteressante Informationen aufschnappen.

Der Raum, den die Eiselfe betrat, wurde von einigen Öllampen erhellt, die in den hinteren Ecken mehr Schatten warfen, als dass sie diese vertrieben hätten. Sie hätte diese Lichtquellen allerdings nicht gebraucht, da sie auch so wusste, was sich hier befand.
Zu ihrer Linken war der Bereich, der dem Spinnen und Weben gehörte. Hier wurde Wolle zu Fäden gezwirbelt und Fell so lange bearbeitet, bis es sich in die neue Kleidung einarbeiten ließe, um den zukünftigen Träger auch ausreichend zu wärmen bei der Arbeit außer Haus. Auch geflickt wurde hier und das ein oder andere Mal Leder zu Schuhen oder weiteren Kleidungsstücken vernäht. Damit das Material nicht ständig sich wechselnden Temperaturen ausgesetzt war, hatte man den Untergrund zu einer Mulde ausgehoben und dadurch einen annährend gleichbleibend kühlen Lagerungsort für die unfertigen Stücke geschaffen.
Der Bereich dahinter, der sich nach einer Verbindungstür in den angrenzenden Raum befand, war wiederum der Säuberung der Kleidung gewidmet. Hier wurden Flecken ausgebürstet und die Stoffe auf gröbere Verunreinigungen oder kaputte Stellen untersucht. Je nach Ergebnis wurden sie danach zusammen und somit wieder bereit gelegt, in die Mulde gebracht oder in den Vorraum, damit sie dort zum Waschen abgeholt werden konnten.
Rechts davon befanden sich zwei weitere Türen, die in zwei unterschiedliche Räume führten, wovon einer auch eine Treppe besaß, über die man ins obere Wohngeschoss gelangen konnte.
In dem rechten Bereich dieses Raumes hingegen war ein langes Wandregal mit verschiedenen Schriftstücken aufgebaut worden und davor befand sich ein großer Tisch, auf dem für gewöhnlich die Buchhaltung des Gehöfts geführt wurde. Diese war wichtig, da nicht alles in Selbstversorgung erzeugt werden konnte und Gewinne ohnehin benötigt wurden, um damit zusätzlich Handel treiben zu können.
Und im letzten Bereich des Raumes, ebenfalls wieder optisch nach einer Tür eingerichtet, standen Kisten mit jenen Waren, die überschüssig produziert worden waren und nun auf ihren Verkauf oder Tausch warteten. Eine dieser Behälter war geöffnet worden und jemand beugte sich darüber, mit einer Öllampe in der Hand, um den Inhalt besser sehen zu können.
"Solltest du lange Finger machen oder auf die Idee kommen, irgendetwas abzufackeln, wirst du das bereuen.", bemerkte der Boss in der gewohnten Kühle und Gleichgültigkeit, als wäre dies keine unmissverständliche Drohung, sondern eine begrüßende Floskel.
Der Angesprochene zuckte augenblicklich zurück, wodurch ihm die Kapuze, die er noch immer trug, vom Kopf rutschte. Beinahe schon wie ein ertappter Sünder drehte er sich hastig um, während er in derselben Bewegung dem Deckel Schwung gab und dieser mit einem lauten Knall zufiel. Was ihn ein weiteres Mal zusammen zucken ließ und ihm tatsächlich eine Gefühlsregung entlockte, nämlich ein kleines, schiefes Grinsen, das ihn so jung wirken ließ, wie er auch tatsächlich war. "I... ich wollte nicht... glaub mir, ich hatte nicht vor zu... zu...", stammelte er zu allem Überfluss auch noch.
Der Boss machte eine kleine, wegwerfende Geste, die bei ihr umso größer wirkte, wenn man sie mehr als zwei Sekunden erlebte, sodass er sofort verstummte. Und zur Sicherheit ein paar Schritte in den Raum hinein trat, um seine ernsthaften Absichten zu unterstreichen ebenso wie die kurze Zeit zu nutzen, um die Fassung zurück zu gewinnen. Er war nicht nur augenscheinlich, sondern tatsächlich um ein Vielfaches jünger als sie und obwohl er sie um mehr als einen Kopf überragte inzwischen, schaffte es noch immer jeder einzelne, kalte Blick von ihr, ihn einzuschüchtern.
Um das Thema zu wechseln und um rasch wieder verschwinden zu können, begann er:"Hast du...?" Da sein Gegenüber aus demselben Grund vor ihm stand, brauchte er den Satz nicht zu vollenden, um verstanden zu werden.
"Natürlich, dein Eiszapfen ist vor der Tür, verschnürt, aufgetaut in einem Stück und gut gefüllt.", erwiderte sie emotionslos und dennoch mit einer Wortwahl, bei der man unwillkürlich grinsen musste, wenn man mehr verstand als der halbe Eiself vor ihr.
Denn dessen Augen wurden groß und seine gesamte Mimik sprach von nichts anderem als von Verständnislosigkeit. "Häh?", machte er somit auch wenig geistreich.
Obwohl die kleine, zierliche Frau mit dem Rücken zur Tür stand, könnte sich die Lauscherin im anderen Raum vermutlich gut vorstellen, wie diese mit den Augen rollte. Sofern sie ihr solch eine Gefühlsregung zutraute. Zumindest war ein Hauch von Gereiztheit in ihrer Stimme heraus zu hören, als sie erwiderte:"Nur, weil du noch ein halbes Kind bist, brauchst du nicht so blöd zu glotzen. Du weißt bestimmt schon, wie das mit den Bienchen und Blümchen läuft, wie ihr Warmländer das oft nennt."
Damit ließ sie ihn erst einmal stehen und trat zu dem Schreibtisch in aller Seelenruhe, um sich ein Schriftstück, das darauf lag, zu besehen und zu prüfen. Ihr Gesprächspartner schaffte es in dieser Zeit lediglich, ihr zu folgen und ein weiteres, verständnisloses "Äh...?" von sich zu geben.
Den Blick auf die geschriebenen Zeilen gerichtet, fügte sie beinahe schon eine Spur gelangweilt hinzu, wie es nur jene konnten, denen schleierhaft war, wie die Jugend dermaßen begriffsstutzig sein konnte, wenn es um Erwachsenenangelegenheiten ging:"Nein, den Storch... oder wer bei euch auch immer die Kinder bringt, gibt es auch nicht."
Daraufhin trat Schweigen ein, in dem sie weiterhin die Zahlen vor ihren Augen prüfte und ihr Gegenüber sie lediglich anglotzen konnte. Bis ihr tatsächlich ein leises, kaum hörbares Seufzen entkam und sie das Schriftstück sinken ließ. Mit einem warnenden Blitzen in den Augen, das einem Vulkanausbruch an Gefühlen beinahe gleichkam, fuhr sie fort:"Man, du Idiot, sie ist schwanger."
"Äh... was?!", entfuhr es ihm, als er endlich verstand und zur Tür herum wirbelte, als erwartete er dort die Gefangene zu sehen, die er ungläubig anstarren könnte. "A... aber... aber... aber doch nicht von... von... ihm?! Ich glaub', mir wird schlecht...", stammelte er und hielt sich die Hand vor den Mund, als käme ihm tatsächlich die Mahlzeit gleich hoch.
"Wehe, du kotzt jetzt!", entgegnete der Boss ungerührt und hatte das Schriftstück wieder in der Hand... oder vielleicht schon das nächste. Jedenfalls sah sie ihn nicht an, als sie weiter sprach:"Und selbst wenn es von ihm ist..." Es schien, als wisse sie damit genau, wen er meinte und sähe diesen Mischling nicht zum ersten Mal in ihrem Leben. "... er war nichts weiter als dein Lehrer, nicht dein Vater. Außerdem..." Die Andeutung einer Andeutung eines Grinsens huschte über ihre Lippen, die allerdings auch lediglich aufgrund der Lichtverhältnisse dem Auge so erschienen sein mochte. "... auch so ein alter Sack kann noch vögeln, solange er einen hochkriegt.", beendete sie ihren Satz ungewöhnlich deftig. Wenngleich vermutlich mit Absicht, denn der Jungspund vor ihr würgte ein paar Mal und wandte sich sowohl von ihr, als auch von der Tür ab.
Im Anschluss daran herrschte einige Momente lang Schweigen, das die Eiselfe dazu nutzte, um die Schriftstücke weiter zu prüfen. Wohl fürs Erste zufrieden damit, nahm sie schließlich den Faden wieder auf. "Und jetzt?", fragte sie so kühl wie eh und je.
Der andere, offensichtlich mit beruhigtem Magen, zuckte mit den Schultern und ahmte ihre emotionslose Mimik an. "Bring ich sie zurück."
"Zu der Schnepfe?", kam es prompt und dennoch überhaupt nicht verwundert vom Boss. "Hör auf sie so zu nennen, wie oft muss ich dir das noch sagen?", maulte er in jugendlichem Trotz und wirkte prompt nicht mehr so beherrscht, sondern erneut viel zu jung für solche Gespräche und ernsthafte Angelegenheiten von Erwachsenen.
"Wieso? Sie ist eine und noch vieles mehr. Oder war nicht sie es, die dich umbringen lassen wollte und dann zur Verstoßung begnadigt hat, da du ja doch noch zu was taugen könntest?"
Die Antwort, die sie auf diese treffende Zusammenfassung seiner letzten Lebensjahre erhielt, war... beleidigtes Schweigen. Sodass sie mit den Schultern ein Zucken andeutete und die Schriftstücke sorgfältig zusammen legte, um sich Platz für ein eigenes zu beschreibendes zu machen. "Und warum noch mal willst du sie zurück bringen...?", stellte sie dabei die scheinbar nebensächlich gemeinte Frage.
Noch immer trotzte ihr Gegenüber, aber wenigstens konnte sie ihm so eine Erwiderung entlochen. "Das verstehst du nicht. Familienangelegenheit.", brummte er.
Um damit ein Geräusch zu erzeugen, das äußerst... merkwürdig klang. Es war wie das Klirren von Eis, hell und dennoch irgendwie unterkühlt, dass es einen frösteln lassen konnte, und es dauerte einen Moment, bis darin ein Lachen zu erkennen war. "Natürlich, natürlich...", spöttelte sie in einer seltenen Anwandlung von gezeigter Erheiterung. "... Cousin!"
Womit sie dafür sorgte, dass er endgültig auf stur schaltete und eine Miene machte, als würde er im Leben nicht mehr mit ihr sprechen wollen.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Donnerstag 3. August 2023, 13:19

Der Spalt der Tür war wie geschaffen für ihre Augen und Ohren. Eleyna hätte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wollen, selbst wenn sie tatsächlich nur noch ein Eiszapfen wäre. Dass der Wächter nicht mal Notiz von ihrer kleinen Finte nahm, machte sie nur ruhiger. War doch gut, wenn er nicht wirklich auf sie achtete. Und vermutlich sollte er lediglich verhindern, dass sie durch die Tür ins Freie gelänge. Eleyna aber scherte sich nicht weiter darum. Sie warf einen Blick zwischen Türblatt und Zage und erspähte hier und dort einige Details des Raumes. Sie konnte vor allem erkennen, dass es noch weitere Türen gab und auch wenn sie das nicht erwartete hatte, so war es dennoch interessant. Gefesselt, wie sie war, konnte sie sich nicht ganz so bewegen, wie sie es für mehr Sichtfeld gebraucht hätte, doch das machte nichts. Gerade fiel ihr Blick auf einen Schatten, der eine Öllampe trug. Und gleich wieder zurückzuckte, als die kühlen Worte ihn zurechtwiesen. Das war die Eiselfe und Eleyna ahnte, dass sie nicht unabsichtlich celcianisch sprach. Entweder verstand der Zweite nichts anderes oder aber… Die Spionin behielt diesen Gedanken bei sich, denn sie durfte nicht vorschnell urteilen. Vielleicht verfolgte die Eiselfin auch ihre ganz eigenen Pläne und würde irgendwann eine Gegenleistung verlangen. Sie alle taten das. Jetzt aber wusste Eleyna diese kleine Hilfe zu nutzen. Sie hörte zu, was sich die beiden zu sagen hatten. Im Verlauf wurde es regelrecht deutlich, dass die Eiselfe um einiges mehr Courage und Selbstvertrauen hatte. Und trotzdem war sie nicht der Auftraggeber. Wieso ließ sie sich auf einen Handel mit diesem Jungspund ein? Allerdings wurde noch etwas anderes viel deutlicher: Die Elfe wusste von ihrem Zustand. Und sie versuchte es auf allen Wegen dem anderen mitzuteilen, was jener offenbar nicht schnallte. Selbst Eleyna rollten die Augen und hätte wohl beinahe eingegriffen, wenn die andere nicht die Geduld verloren hätte: "Man, du Idiot, sie ist schwanger."
"Äh... was?!"
, kam es reichlich dümmlich und Eleyna biss die Zähne aufeinander. Woher wusste sie das? Dann schloss sie die Augen. Natürlich… es war unverkennbar gewesen, als sie nackt vor ihr stand. Eleyna senkte den Kopf und sah auf ihren Bauch. Es war nicht gut, dass das bekannt wurde.

Doch der Junge platzte mit seiner Befürchtung heraus und das ließ Eleyna die Augen verengen. "A... aber... aber... aber doch nicht von... von... ihm?! Ich glaub', mir wird schlecht..." Und dann sah sie das Gesicht desjenigen, der dort sprach. Ihre Miene wurde erst fragend, dann runzelte sie die Stirn. Arvid… Dort stand Arvid und hatte das alles initiiert?! Eleyna spürte den Groll in sich aufsteigen. Seine eigene Schwester! Dieser dumme Junge! Die Mischlingselfe biss erneut die Zähne aufeinander und sah missmutig auf das Gesicht, das er machte. "Und selbst wenn es von ihm ist... er war nichts weiter als dein Lehrer, nicht dein Vater. Außerdem... auch so ein alter Sack kann noch vögeln, solange er einen hochkriegt." Es war nicht die Wortwahl, die Eleyna schlucken ließ. Es war die Tatsache, dass es sich tatsächlich um Arvid handelte, der sich hier dieser Scharade aussetzte. Hatte Laogh ihn nicht weit wegverfrachtet?! Dieser dumme Schatten! Das konnte gar nicht sein Ziel gewesen sein, wenn er doch selbst wusste, wohin er wollte, oder?! Eleyna schnaubte und schüttelte den Kopf. Wieso wurde sie überhaupt in diese Fehde zwischen Lehrer und Schüler hineingezogen?! Ging ja offenbar um ihn, nicht um sie. Die Elfe war genervt. "Und jetzt?", fragte die Eiselfe und auch Eleyna würde das brennend interessieren. Was nun? Jetzt, wo sie hier war, er von der Schwangerschaft wusste und sich offenbar damit anfreunden musste, dass sein einstiger Lehrmeister seine Halbschwester vögelte. Was scherte es sie? Sie hatte es im Guten mit Arvid versucht… Sie erinnerte sich gut daran, wie sehr sie Laogh dafür hasste, dass er sie der Möglichkeit beraubt hatte, sich mit ihrem Bruder auszusprechen. Ihre Mimik wurde weicher. Wäre das eine weitere Chance? Offenbar war er nicht so hart, wie er gerne sein wollte. Er war jung und ungestüm und eiferte offenbar etwas nach, das sie nicht mitmachen wollte. "Bring ich sie zurück."
"Zu der Schnepfe?"
Hör auf sie so zu nennen, wie oft muss ich dir das noch sagen?"
"Wieso? Sie ist eine und noch vieles mehr. Oder war nicht sie es, die dich umbringen lassen wollte und dann zur Verstoßung begnadigt hat, da du ja doch noch zu was taugen könntest?"
Eleyna wurde ernst.
Ihr rann ein feiner Schauer über den Rücken, der nichts mit der Kälte zu tun hatte. Verstand sie richtig? Sie runzelte die Stirn und beobachtete durch den Spalt, dass Gesicht von Arvid. Er wollte sie also zurückbringen? Ihr fiel nur ein Ort ein, den er meinen könnte, denn nirgendwo hatte sie verbranntere Erde hinterlassen als bei… ihrer Mutter. In Eleyna wallte der Hass wieder auf. Sie sah sich wieder in Santros kniend im Sand und einen Hassschwur leisten, der den Tod ihrer Mutter beinhaltete, für alles, was sie ihr angetan hatte. Ihr und ihrem Vater… Eleyna spürte, wie ihr die Tränen erneut kommen wollten. "Und warum noch mal willst du sie zurück bringen...?" "Das verstehst du nicht. Familienangelegenheit." "Natürlich, natürlich... Cousin!" Nun wurde ihr schlecht. Eleyna wandte den Blick ab und starrte auf den Boden vor sich. Dann aber ging ein Ruck durch ihren Körper und sie war bei der Tür, noch ehe der Wächter etwas dagegen tun konnte. Mit einem Satz war sie dort, stieß mit der Schulter die Tür auf und tippelte in den Raum herein. „Ich denke, wir haben uns alle genug versteckt!“, zischte sie und fixierte direkt Arvid mit ihrem Blick. "Raus mit der Sprache, damit diese endlose Scharade endlich vorübergeht. Was willst du damit erreichen, mich nach Morgeria zu bringen und unserer Mutter auszuliefern?“, ihr Blick glitt zur Eiselfe. „Dass sie dich wieder aufnimmt? Was hast du getan, Arvid? Falsch zu ihrer Pfeife getanzt?!“, fragte sie und sah zu ihm zurück. Eleyna funkelte ihren Halbbruder an und ihr Blick durchstach ihn fast. „Was ist es? Ich kann dir sagen, die Gunst wirst du niemals erlangen, wenn sie sie dir erstmal entzogen hat!“, fauchte sie und streckte sich durch. Sie würde sich nicht von so einem Windelpupser einschüchtern lassen. Sie nicht.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Dienstag 15. August 2023, 00:00

Die Frage, die sich regelrecht aufdrängte, war schlicht und ergreifend: warum? Warum hatte der Boss die Tür offen gelassen, damit sie selbst mit ihren nicht ganz so empfindlichen Mischlingsohren lauschen konnte? Ja, es sogar möglich war, hinein zu spähen und das ein oder andere in dem anderen Raum erkennen zu können? Warum wurde drinnen das allgemeine Celcianisch verwendet, damit sie ja alles verstehen konnte? Warum achtete der Wächter nicht darauf, ob und was sie tat, oder benahm sich zumindest so? Warum war sie auf der anderen Seite gefesselt worden, sodass an eine Flucht wiederum nicht zu denken war, unabhängig von der Witterung draußen? Warum hatte sie ein heißes Bad zuvor genießen dürfen? So viele Fragen und vermutlich noch mehr, ohne Antworten darauf.
Dafür erhielt sie endlich eine andere Erklärung, nämlich, warum sie sich überhaupt hier aufhielt und in jener Lage steckte, in der sie sich nun einmal gerade befand. Nicht die Eiselfe selbst steckte dahinter, wie sie es sich längst gedacht hatte. Sie hatte im Auftrag eines anderen gehandelt, obwohl sie hie und da dennoch gezeigt hatte, dass sie ihren eigenen Kopf besaß und ihre eigene Sichtweise bezüglich der Behandlung der Gefangenen.
Und mit diesem Jemand unterhielt sie sich in diesem Moment, hatte ihr die Chance gegeben, dabei zu sein, ohne sich erkennen geben zu müssen. Sie konnte lauschen, konnte sich entscheiden, wie sie darauf reagieren wollte, ohne zu etwas gezwungen zu werden. Beinahe schon so, als wenn sie eine reelle Wahl haben würde. Es war fast schon zum Lachen, wenn man ihre derzeitige Lage als Gesamtes betrachtete.
Trotzdem wollte und würde sie das Beste daraus machen, vor allem, als sie erkennen musste, um wen es sich bei dem Auftraggeber handelte. Ihr eigener Halbbruder also? Den, den der Schatten eigenmächtig auf ein Schiff in fremde Gefilde befördert hatte, ehe sie mit ihm hatte reden können, angeblich zu ihrem eigenen Schutz?
Nun, in gewisser Hinsicht schien er Recht zu haben mit seiner Einschätzung. Ob sie ihm gegenüber, sollte sie ihn je wiede sehen, das erwähnen würde? Seine Reaktion, insbesondere seine selbstzufriedene Miene dabei, könnte sie sich gewiss lebhaft vorstellen. Darauf könnte man getrost verzichten... oder?
Doch der Reinrassige war nicht hier und bis sie ihn wiedersah, und das würde sie, wenn sie lange genug überlebte, darauf konnte sie sich verlassen, auch wenn es noch so lange dauern würde, musste sie sich alleine durchschlagen. Wobei... war sie tatsächlich so alleine und komplett auf sich gestellt, wie es den Anschein haben mochte? Oder könnte sie in der Eiselfe, wie auch immer, nicht vielleicht bis zu einem gewissen Grad eine Verbündete finden?
Immerhin schien diese auch nicht sonderlich überzeugt von dem zu sein, was Arvid vorhaben mochte. Sie las ihm durchaus die Leviten, wenngleich auf ihre typische kalte Art und Weise. Wäre er nicht derjenige, der hier gegen die Mischlingselfe agieren wollte, hätte er ihr womöglich ein kleines, winzig kleines Bisschen leid tun können.
So hingegen... entschied sie sich dazu, sich persönlich einzumischen. Und der Wächter? Was tat er? Nichts, absolut gar nichts, um auch nur den Anschein zu erwecken, dass er sie aufhalten wollen könnte. Vielleicht sollte er das ja auch gar nicht?
Auf jeden Fall stand sie mit einem Mal in dem Raum und verlangte mehr, als sie bislang zu hören bekommen hatte, nämlich konkrete Antworten, direkt und ohne Ausflüchte. Während Arvid zu ihr herum fuhr und sie wie eine geisterhafte Erscheinung vor Schreck anstarrte, ließ sich der Boss nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil, sie widmete sich in aller Seelenruhe den Papieren auf jenem Tisch, den sie zuvor schon begutachtet hatte, saß dort und griff sich eine Feder zum Schreiben, als ginge sie dieses unerwartete und dennoch von ihr herbei geführte Wiedersehen der Halbgeschwister nichts an.
Indes ließ der Gescholtene und eigentliche Urheber die Tirade über sich ergehen, ohne sie wirklich zu hören. Stattdessen keuchte er schließlich und wich einen halben Schritt zurück, als hätte er Furcht vor der Gefesselten. Dabei flüsterte er:"Bei Faldors Eiern..."
Die Eiselfe in seinem Rücken fuhr betont kratzend mit der Feder über das Papier und erwiderte in ihrer typischen Kälte, ohne aufzusehen oder sonst wie mit einem Zucken in ihrem Gesicht zu verraten, ob sie ihn hatte verstehen können. Gleiches galt für ihre Stimme, der man nichts anmerken konnte, als sie seelenruhig erwiderte:"Du redest in meinem Hause so, dass ich dich auch verstehen kann." Das war keine Bitte, kein Befehl und auch keine Forderung. Es war nichts weiter als eine Feststellung, so klipp und klar, dass sie nicht mehr brauchte, um verdeutlichen zu können, dass es gesünder wäre, sich daran auch zu halten.
Auch Arvid schien sich dessen bewusst zu sein, denn er lief mit einem Mal knallrot wie ein kleiner Bengel an und wusste prompt nicht mehr, in welche Richtung er sich drehen sollte, wohin sehen, ohne, dass ihm vor Augen geführt wurde, dass er im Prinzip auf verlorenem Posten stand. Da war auf der einen Seite der Boss, seine Cousine, die nicht nur ganz offensichtlich eine Eiselfe wie im Buche zu sein schien, gewohnt, dass auf sie gehört wurde, sondern ihn ihre Überlegenheit trotz allem deutlich spüren ließ. Und auf der anderen seine ältere Halbschwester, gefesselt und ohne ihren Willen hierher verfrachtet, die er eigentlich ausliefern wollte und die dennoch eine Schärfe in ihren Worten hatte, die ihrer Position nicht entsprach.
Schließlich entschloss er sich, seine Schultern zu straffen und sich der Mischlingselfe zu zuwenden, der er sich durch ihre Fesselung überlegen wähnte... oder zumindest den Eindruck dessen erwecken wollte. Das Kinn angehoben und bemüht um einen kühlen Blick sah er sie an. "Du hast hier gar nichts zu melden oder zu fragen. Ich bringe dich zurück und der Rest geht dich nichts an!"
In seinem Rücken erklang ein feines, abfälliges Geräusch, das eindeutig vom Boss stammen musste, auch wenn sie weiterhin so tat, als konzentriere sie sich allein auf das, was sie gerade aufschreiben wollte. Arvid indes verschränkte die Arme und bemühte sich standhaft um seine ablehnende, kühle Wirkung, die längst zunichte war nach all den Gefühlen, die sich zuvor bei ihm abgezeichnet und seine Jugend erst recht verdeutlicht hatten.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Mittwoch 16. August 2023, 11:57

Man konnte mit Eleyna reden. Ja, wirklich. Wenn man den richtigen Ton anschlug und sich nicht aufführte, wie ein vollkommener Idiot, dann war sie bereit zuzuhören. Und als sie erfahren hatte, wer der hellhaarige Mischling war, der es geschafft hatte ihnen aufzulauern und im Wald gestellt wurde, da wäre sie bereit gewesen mit ihm zu reden. Eleyna hatte keine Ahnung gehabt, dass sie Familie neben ihrer Mutter besaß. Dass es jemanden gab, mit dem sie tatsächlich so etwas wie Familiensinn hätte teilen können. Einzig Laogh hatte ihr nahegelegt, sich nicht darin zu verrennen, da Arvid ihren Tod wünschte. Aber genau das war es, was ihre Neugierde nur befeuerte. Sie wollte wissen, wer er war und sie wollte vor allem wissen, wieso er sie hasste? Dunkelelfen waren von Natur aus eher Einzelgänger. Aber das musste nicht bedeuten, dass auch jeder diesen Umstand auslebte. Sie tat es aus anderen Gründen, sehnte sich aber nach anderem. Und Arvid? Nun, er war zur Hälfte Dunkelelf, zur Hälfte Eiself. Natürlich standen die Chancen mehr als schlecht, dass er überhaupt zu Emotionen fähig war. Doch so wie sie es erlebte, war er zumindest zu Ekel, Angst und Scham fähig. Wieso dann nicht zu ein wenig mehr Herz in Richtung seiner Halbschwester? Die Mischlingselfe hatte ob ihres menschlichen Teils gewiss einen Nachteil in diesen Dingen. Sie besaß vielleicht zu viel Herz. Aber das hinderte sie nicht daran, sich abzukapseln und zu beobachten. Bis sie genug gesehen und gehört hatte. Mit entschlossener Miene stand sie in der Tür und verlangte endlich, dass er sich mit ihr auseinandersetzte, nicht mit der angeblichen Cousine. Sie war es doch, für die dieses Theaterstück aufgeführt wurde. Sie war es, die er wollte. Also wieso redete er mit ‚dem Boss‘ und nicht mit ihr? Traute er sich nicht? Hielt er es nicht für nötig oder glaubte er etwa, sie würde das alles sang und klanglos hinnehmen? Das Funkeln ihrer Augen würde ihm Aufschluss über diesen Irrglauben geben. Sie verlangte, dass er sich erklärte und erhielt… Nichts. "Bei Faldors Eiern...", stammelte er in der Sprache Morgeria’s und Eleyna schnaubte. „Der kann dir auch nicht helfen!“, motzte sie zurück, ehe Arvid auch noch eine messerscharfe Ansage seitens der Eiselfe erhielt. Er haderte mit sich und der Situation, das konnte Eleyna erkennen. Es war nicht schwer seine Körpersprache zu deuten und doch behielt sie ihre Ausstrahlung bei. Während er sich wappnete, um zu einer Erwiderung anzusetzen, hob sich eine Augenbraue der Mischlingselfe. Was würde wohl jetzt kommen? "Du hast hier gar nichts zu melden oder zu fragen. Ich bringe dich zurück und der Rest geht dich nichts an!" Wenn ihre Augen hätten Funkensprühen können, dann wäre Arvid nun in Flammen aufgegangen. „Wie bitte?“, zischte sie messerscharf und verengte die Augen. Sie tippelte einige Schritte weiter in den Raum herein. Sie konnte sich zwar nicht frei bewegen, doch das änderte gar nichts an ihrer Haltung. „Es GEHT mich etwas an! Sie ist unsere Mutter und du schleifst mich wie ein Paket verschnürt zu ihr!“, zischte sie ihn an und sah kurz zur Eiselfe, die ihre Dokumente regelte. „Den Grund wüsste ich gern dafür!“, bellte sie ihn an und durchbohrte ihn. „Du kannst nicht ernsthaft glauben, dass du so eine Scharade abziehst und damit durchkommst?“, wollte sie ungläubig wissen. Dann aber schüttelte sie den Kopf und lächelte plötzlich. „Was auch immer du mit Laogh auszutragen hast, was immer vorgefallen ist – was hat das mit mir zu tun?!“, stellte sie eine andere Art der Frage. „Ich bin nicht dein Feind, Arvid!“, versuchte sie es um einiges versöhnlicher. „Ich wusste bis vor einigen Wochen ja nicht mal, dass es dich gibt!“, sie musterte ihn. Konnte ihn das bewegen, sich etwas zu öffnen? Wie stand er dazu, dass sie gar nichts von ihm wusste? Hatte er es denn gewusst und bewusst so gehalten? Und wieso hatte er mit ihm gebrochen? Laogh hatte lediglich erwähnt, dass Arvid nicht belehrbar genug war. Dass er leichtsinnig gewesen war. Oder so ähnlich. Erfahrungsgemäß hatte er ihr aber auch nicht die volle Wahrheit gesagt. Eleyna hatte inzwischen genug Zeit mit Laogh verbracht, um sich nicht der Illusion hinzugeben, er hätte ihr endlich alles gesagt. Naiv war sie nicht… Nicht mehr und würde es nie wieder sein.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Freitag 18. August 2023, 13:41

Es war das Eine, dass sie bereit zum Reden wäre und vor allem auch gewillt wäre zu zuhören. Allerdings gehörten dazu eben auch immer Zwei und obwohl es nicht ihre Entscheidung war, hatte der Schatten seinen einstigen Schüler aus gutem Grund weggeschickt, ehe es dazu hätte kommen können. Denn schon auf dem Karren, als der Mischlingself verschnürt hatte ausharren müssen, war er alles andere als gesprächsbereit gewesen und als ihm dann klar geworden war, wer da versucht hatte, ihn anzusprechen... Nun, Eleyna konnte sich sicherlich an diese Situation erinnern.
Jetzt dagegen waren die Positionen umgedreht und wenn er mit ihr hätte reden wollen, hätte er sich gewiss anders benommen. Wenngleich damals, auf dem Weg nach Santros, er viel kälter und abgeklärter, ja, beinahe schon reifer gewirkt hatte als in diesem Moment und an diesem Ort.
Hier, warum auch immer, wurde nur zu offensichtlich, was Arvid vermutlich am wenigsten wahrhaben wollte. Er war für elfische Verhältnisse ein Kind, nach menschlichen Maßstäben ein Jugendlicher, aber ganz gleich, wen man fragen würde, mit Sicherheit würde er niemandem als Erwachsener gelten. Das zeigte auch seine Reaktion auf den Umstand, dass seine Halbschwester schwanger sein sollte und dafür ausgerechnet sein ehemaliger Lehrmeister infrage kommen sollte.
Jener Mann, den er beinahe schon wie einen Vater angesehen hatte, der für ihn das Vorbild schlechthin gewesen war, bis... bis er ihn einfach im Stich gelassen hatte. Zumindest sah er das so. Wäre hingegen der betroffene Dunkelelf selbst gefragt worden, hätte er es erklären können... sofern er gewollt hätte.
Aber dieser Mann war nicht hier, stattdessen stand seine Halbschwester vor ihm, gefesselt und ungebeten, trotz allem, während seine Cousine hinter ihm Platz genommen hatte und augenscheinlich an diesem Gespräch ebenfalls kein Interesse mehr hatte, da sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerte. Wenn sie das auch nicht davon abhielt, sich hie und da einzumischen, meist an Stellen und auf eine Art, die besonders Arvid überhaupt nicht passte und die bewies, dass auch sie ihn längst nicht als ebenbürtigen Erwachsenen ansah. Warum nur hatte sie ihm dann geholfen, indem sie die Schwangere entführt hatte?
Im Gegensatz zu ihrem Cousin hatte sie die eiskalte Maske bereits perfektioniert und war dadurch undurchschaubar geworden. Der Junge hingegen... fluchte und hatte nicht damit gerechnet, mit seinem Opfer dermaßen rasch konfrontiert zu werden. Schon gar nicht, indem sie Antworten verlangte und sich alles andere als verschreckt zeigte.
Ihre Reaktion auf seinen Fluch war ebenso niederschmetternd für ihn wie die Zurechtweisung in seinem Rücken, sodass sich seine Wangen umso tiefer röteten und er die Lippen aufeinander presste. In seinem Blick hingegen stand derselbe Trotz, der ihr oft genug von ihrem Spiegelbild aus entgegen zu sehen wusste. Entsprechend unkooperativ fiel auch seine Antwort schließlich aus, die ihn noch tiefer in jene Schwierigkeiten stoßen würde, die er sich selbst geschaffen hatte.
Wobei... eines musste man ihm anrechnen, Mut... oder Todessehnsucht besaß er ausreichend, denn ihr vernichtender Blick bewirkte ausnahmsweise gar nichts. Im Gegenteil, er schien diesen oder ähnliches soweit zu kennen, dass er darunter nicht mehr klein wurde und sich duckte. Ob er womöglich Ähnlichkeiten zwischen ihr und ihrer gemeinsamen Mutter darin erkannte und deswegen abgehärtet war? Andererseits reichte ein Blick des Bosses und er kuschte. War die Eiseskälte einer Eiselfe anders als die einer Dunkelelfe? Nun, wenn jemand einen Unterschied in Sachen Eis und Gefühllosigkeit erkennen und erschaffen konnte, dann gewiss diese Rasse kleiner, hellhäutiger und scheinbar niemals frierender Elfen.
"Du hast hier gar nichts zu melden!", bockte er ihr entgegen und verschränkte obendrein die Arme vor der Brust, um noch deutlicher zu machen, dass er nicht gewillt war, ihr auch nur eine Nuance an Erklärung zu geben. "Und wenn du nicht still bist, stopf ich dir einen Knebel rein!", drohte er weiter und bemühte sich, dabei eine glaubhafte, erwachsene, überlegene Haltung zu wahren.
Hinter ihm deutete der Boss ein verhaltenes, genervtes Kopfschütteln an, während vor ihm die Tirade weiter ging und dafür sorgte, dass er umso mehr auf stur schaltete. Zumindest in dieser Charaktereigenschaft waren die Halbgeschwister sich sehr ähnlich.
"Doch, du bist sein Feind.", kam es, nach einer Handvoll Sekunden aus dem Hintergrund seelenruhig von der reinrassigen Eiselfe. Arvid gab einen zischenden Laut von sich, der wohl eine Warnung sein sollte. Entweder verstand seine Cousine ihn nicht oder, was die wahrscheinlichere Erklärung war, es kümmerte sie nicht.
Weiterhin etwas in ihren Unterlagen niederschreibend, fuhr sie ungerührt fort:"Die Schnepfe hat euch dazu gemacht... mit Absicht."
"Sei still, das geht die da gar nichts an!", fuhr der Junge zu ihr herum und sprach mit einer Kälte in der Stimme, die von seiner Abstammung aus dem Eisreich zeugte.
Der Boss hielt inne im Schreiben und hob langsam ihren Kopf, bis ihr eisblauer Blick ihn traf. Unwillkürlich, obwohl ohnehin der Tisch zwischen ihnen stand, wich er einen halben Schritt zurück und schien dabei auch zu schrumpfen. Dazu passte sein Gemurmel, das noch deutlicher machte, wer hier das Sagen hatte:"'Tschuldigung..."
Noch einen ewig anmutenden Atemzug lang sah die Reinrassige ihn an, dann sprach sie wieder:"Du kannst es ihr auch einfach selbst erklären." Daraufhin röteten sich ein weiteres Mal seine Wangen, während er die Lippen trotzig aufeinander presste und den Kopf wegdrehte.
"Also nein? Nun, dann mach ich das.", rieb sie ihm unter die Nase und ließ ihren Blick weiter zu ihrer Gefangenen wandern. Dabei legte sie die Feder quer über das Schriftstück, mit der gefüllten Spitze außerhalb des Materials, um es nicht zu besudeln. Die Ellbogen stützte sie auf die Tischplatte, verschränkte die Finger ineinander und legte ihr Kinn locker auf die dadurch entstandene Fläche.
"Es geht hier nicht um irgendwelche Rechnungen mit deinem Stecher, es geht um dich." Ein kleines Rucken ihres Kopfes in Arvids Richtung folgte. "Die Ansprüche an ihn waren von Anfang an hoch, zu hoch, soweit ich das erfahren habe, und der Druck enorm, ein besser geglücktes Experiment zu werden wie du." Der Junge warf ihr einen derart vernichtenden Blick zu, wie vorhin seine Halbschwester ihm.
Doch die Eiselfe wandte sich nicht ab von ihrer Gefangenen, meinte lediglich lapidar in seine Richtung:"Korrigiere mich, wenn es falsch ist." Er schwieg... das war wohl allen im Raum Anwesenden Antwort genug.
"Jedenfalls ist er diesen nicht gerecht geworden. Er ist kein guter Spion, war es wahrscheinlich nie und wird höchstens Mittelmaß werden, wenn er das nächste Jahrhundert überlebt. Sein Talent ist das Bogenschießen, aber das zählt für die Schnepfe nicht. Nachdem dein Stecher sich aus dem Staub gemacht und ihn nicht mitgenommen hat, Ventha allein weiß warum, wollte sie ihn zuerst abschlachten und Faldor opfern. Bis ihr die Idee kam, er könne nützlich sein, um ihre abtrünnige Tochter einzufangen, die sich nicht ganz so benahm, wie sie es sollte. Keine Ahnung, was du gemacht hast, ist mir auch egal. Jedenfalls will er dich zu ihr schleifen und glaubt allen Ernstes, dass statt ihm du Faldor zu Ehren aufgeschlitzt wirst und er dann noch eine Chance bekommt, der dumme Bengel. Wird ihm nicht gelingen, schätze ich mal, außer er kann sich als Aufpasser für dein Balg positionieren, das die Schnepfe sicher als nächstes benutzen würde."
Nun hielt sie inne und langsam wanderten ihre Augen zu ihm hin, der blass und mit verkniffenen Lippen dastand und stoisch gegen die Wand starrte. "Habe ich etwas vergessen?", fragte sie beinahe schon provozierend ruhig.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Freitag 18. August 2023, 22:20

Eleyna hatte geglaubt, dass ihr Leben bereits hässlich genug wäre. Sie hatte es hingenommen und das Beste daraus machen wollen. Ihre Idee, sich unauffällig nach Arrond umzuhören und gegebenenfalls etwas im feindlichen Lager aufzuschnappen, hatte so nicht funktioniert. Nicht im eigentlichen Sinne. Eleyna hatte dafür erkennen müssen, dass ihre Familie um so vieles verkorkster war, als sie angenommen hatte. Nicht nur, dass ihre Mutter wie die Spinne in einem Netz aus Informanten, Handlangern und Attentätern saß, sie betrieb offenbar auch eine gewisse, empirische Zucht. Und sie, Eleyna, war das erste Exemplar… Eine Kreuzung aus verschiedenen Völkern, um die perfekte Spionin zu generieren. Dass ihre Mutter dabei ausgerechnet einen Menschen wählte, würde sie ihr noch erklären müssen. Immerhin standen jene nicht sehr hoch im Kurs bei den Dunklen und darüber hinaus hatten sie die Emotionalität. Oder die Leidenschaft – je nach dem. Nun aber musste sich Eleyna damit auseinandersetzen, dass sie all die Jahre nicht mal ihre menschliche Familie hatte kennenlernen dürfen. Celestina, Jonte und all die anderen waren ihr verwehrt geblieben, bis sie geglaubt hatte, vollkommen allein dazustehen. Und über allem hielt der Schatten seine Hand und zog hier und dort an seinen eigenen Fäden. Erneut musste Eleyna sich fragen, ob sie nicht auch jetzt noch eine Marionette war. Allerdings erinnerte sie sich gut an die Wochen in Mantron. Und das konnte nicht alles gespielt sein. War Arvid darauf etwa eifersüchtig? Weil er die Aufmerksamkeit von Laogh verloren und sie gewonnen hatte? Eleyna musterte ihren Halbbruder forschend. Er wirkte trotzig und schien sich in seiner Haut nicht wohlzufühlen. Gleichwohl bemühte er sich darum, ihr klarzumachen, dass er nichts für sie übrighatte. Die Mischlingselfe verlangte es dennoch nach Antworten, die ihr ‚kleiner Bruder‘ ihr nicht geben wollte. "Du hast hier gar nichts zu melden! Und wenn du nicht still bist, stopf ich dir einen Knebel rein!" Eleyna blinzelte, dann verzog sich ihr Mund zu einem nachsichtigen Lächeln. „Wenn deine Finger in die Nähe meines Mundes kommen, beiße ich sie ab.“, schnarrte sie zuckersüß zurück und blinzelte liebreizend. Dann aber wurde sie wieder ernst. "Doch, du bist sein Feind." Eisblau traf die Eiselfe im Hintergrund. Eleyna musterte jene, die ungerührt ihre Papiere studierte. Auch Arvid wandte sich ihr zu und herrschte sie an, was Eleyna lediglich registrierte. Er schien ungestüm zu sein und sich mit seinen Emotionen noch nicht recht arrangiert zu haben. Und er kuschte vor der Cousine, wie der Hund vor der erhobenen Hand. Allerdings war ‚der Boss‘ wohl eher bereit, ihr endlich einige der Fragen zu beantworten. Eleyna wandte den Blick von ihrem Halbbruder ab und der anderen Frau zu.

Geduldig hörte sie ihren Ausführungen zu und dabei verfinsterte sich immer mehr ihr Gesicht. "Es geht hier nicht um irgendwelche Rechnungen mit deinem Stecher, es geht um dich. Die Ansprüche an ihn waren von Anfang an hoch, zu hoch, soweit ich das erfahren habe, und der Druck enorm, ein besser geglücktes Experiment zu werden wie du. Jedenfalls ist er diesen nicht gerecht geworden. Er ist kein guter Spion, war es wahrscheinlich nie und wird höchstens Mittelmaß werden, wenn er das nächste Jahrhundert überlebt. Sein Talent ist das Bogenschießen, aber das zählt für die Schnepfe nicht. Nachdem dein Stecher sich aus dem Staub gemacht und ihn nicht mitgenommen hat, Ventha allein weiß warum, wollte sie ihn zuerst abschlachten und Faldor opfern. Bis ihr die Idee kam, er könne nützlich sein, um ihre abtrünnige Tochter einzufangen, die sich nicht ganz so benahm, wie sie es sollte. Keine Ahnung, was du gemacht hast, ist mir auch egal. Jedenfalls will er dich zu ihr schleifen und glaubt allen Ernstes, dass statt ihm du Faldor zu Ehren aufgeschlitzt wirst und er dann noch eine Chance bekommt, der dumme Bengel. Wird ihm nicht gelingen, schätze ich mal, außer er kann sich als Aufpasser für dein Balg positionieren, das die Schnepfe sicher als nächstes benutzen würde." Den Stecher überging Eleyna geflissentlich. Sie war nicht hier, um schmutzige Wäsche zu waschen. Die Halbelfe schwieg einen Moment über das Gehörte. Ihr Blick wandte sich ab, während sie darüber nachdachte. Ihre Mutter wusste also Bescheid. Und sie würde ihren Verrat gewiss nicht dulden. Die Sache mit Faldor dürfte mutmaßlich nicht abwegig sein. Dass Arvid um die Gunst buhlte, obwohl er bereits dem Tod von der Schippe gesprungen ist, wunderte Eleyna etwas. Ihr Blick glitt zu dem Jungen und sie betrachtete das blasse Gesicht. Glaubte er wirklich, dass die Spinne ihn wieder aufnahm? Dass er der Liebling wurde, weil sie weg wäre? Plötzlich verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte. Dann schüttelte sie den Kopf. „Oh Arvid… Siehst du nicht, dass sie dich benutzt? Du machst die Drecksarbeit, verrätst deine eigene Halbschwester, nur um eine Gunst zu erlangen, die du niemals hattest?“, Eleyna wandte sich dem Jungen zu und ging mit kleinen Schritten auf ihn zu, damit sie sich vor ihn hinstellen konnte. Selbst so gefesselt hätte sich Möglichkeiten, doch sie wirkte nicht ansatzweise angriffslustig. „Du musst doch erkennen, dass sie das niemals tun wird. Dich wertschätzen?“, sie schüttelte abermals den Kopf und sah knapp zu der Eiselfe. „Arvid, wir beide sind in den Augen unserer Mutter gescheiterte Existenzen und daran wird nichts geändert, wenn du mich ihr ins Netz wirfst!“, erklärte sie und seufzte. Dann betrachtete sie ihn einen Moment, ungeachtet, ob er sie ansah oder nicht. „Warum lebst du nicht hier?“, fragte sie plötzlich und drehte sich zur Eiselfe. „Offenbar findest du hier Zuflucht, eine Familie.“, zuckte sie die Schultern. „Wieso also zurück nach Morgeria, wo nur der Tod auf dich warten wird?“, wollte sie von ihm wissen und richtete ihren Blick auf sein Gesicht. Hatte Laogh seine Geduld mit ihm verloren? Weil er zu viel zu schnell wollte? Ihre Augen wanderten an dem Elfen entlang. So sah er also aus… Ihr Bruder. Ein halbes Kind, ungestüm und voller Eifer für eine Sache, die ihn töten würde. Es war tragisch.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Freitag 25. August 2023, 20:48

Man konnte noch so sehr am Boden liegen und sich so fühlen, als ginge es nicht mehr schlimmer, dann kam meistens noch jemand daher und trat erst recht einmal kräftig zu. Besonders bitter für die Mischlingselfe war es allerdings, dass dieser Jemand im Moment ihr kleiner Halbbruder war. Eine Kreuzung aus Dunkel- und Eiself, der dermaßen grün noch hinter den Ohren war, dass er eigentlich Estria zu einer blühenden Oase hätte machen können damit. So, wie es aussah, hatte er unrealisierbare Vorstellungen und für diese wollte er ausgerechnet Eleyna opfern.
Denn nichts anderes hatte er vor, wenn er sie tatsächlich nach Morgeria zu ihrer gemeinsamen Mutter schleifen würde. Dass sie freiwillig mitkäme, stünde wohl kaum zur Diskussion, vor allem nicht bei ihrem derzeitigen Zustand. Sollte Gwynn d'Yaincre auch nur einen Hauch von Wind davon kriegen, dass sie bald Großmutter werden würde...
Nicht auszudenken, was diesem Kind blühen könnte! Unabhängig davon, wer der Vater war...
Umso wichtiger wäre es somit, ihr tunlichst nicht in die Fänge zu geraten, und, sofern möglich, ihren Bruder davon zu überzeugen, dass es auch für ihn äußerst ungesund wäre, seinen derzeitigen Weg weiter zu verfolgen.
Und welche Rolle spielte die Eiselfe, seine Cousine, in diesem ganzen Szenario? Sie war, das hatte sie überraschend deutlich gemacht, alles andere als begeistert von der Dunkelelfin in der verzweigten Familie. Dennoch hatte sie deren Tochter eingefangen und hierher verschleppt, mit Methoden, die diese beinahe hatten erfrieren lassen auf dem Weg. Wobei sie gleichzeitig dafür gesorgt hatte, dass ein paar der schlimmsten Ereignisse, die ihr unsichtbar gedroht hatten, nicht eingetreten waren.
Aus Mitleid? Oder aus begrenzten Möglichkeiten, um ihr Gesicht zu wahren trotz allem? Obendrein maßregelte sie Arvin bei jeder sich bietenden Gelegenheit und führte erfahrenen Beobachtern damit seine Jugendlichkeit und seine Naivität erst recht vor Augen. Was waren somit ihre eigenen Beweggründe? Waren die überhaupt relevant? Wäre sie eventuell als Verbündete gegen die Dummheit des Jungen geeignet, solange sie drei sich in diesem Raum zusammen aufhielten? Oder kochte sie zu sehr ihr eigenes Süppchen, um sich auf irgendjemandes Seite stellen zu wollen? Sollte Eleyna es dennoch versuchen, sie auf ihre Seite zu ziehen?
Jetzt hingegen hieß es erst einmal zu begreifen, was sie gerade an Informationen erhielt und welche Abgründe sich deswegen vor ihr auftun wollten. Welch ein Unterschied zu ihrem menschlichen Teil der Familie! Wie herzlich und selbstverständlich sie in Mantron aufgenommen worden war, wie rasch sie als vollständiges Mitglied dieser Gruppe gegolten hatte, ohne, dass sie sich hätte fürchten müssen, von einem von ihnen verraten zu werden. Ja, sie war sogar bereit gewesen, sich mit dem Schatten ein kleines, eigenes Heim zu schaffen und sesshaft zu werden, solange es ihr vergönnt gewesen wäre!
Doch dazu hatte es nun nicht mehr kommen können und warum? Weil ihr Halbbruder ernsthaft glaubte, sich auf diese Weise Anerkennung oder sonst was von der gemeinsamen Mutter erkaufen zu können! Oh, wie dumm von ihm!
Würde es nicht um ihr und das Leben ihres Ungeborenen gehen, es wäre beinahe zum Kopfschütteln und Seufzen. So jedoch musste sie ihn entweder davon überzeugen, dass sein Plan nicht aufgehen würde,... oder einen Weg finden, ihm zu entkommen, wenn nicht gar den Spieß umzudrehen und ihn an einen Ort zu schaffen, an dem sie ihm den Kopf zurecht rücken könnte. Sofern nicht Laogh bis dahin auftauchen und diese Aufgabe übernehmen würde.
Oder hatte er davon gewusst und sie deswegen derart zügig in Santros voneinander getrennt? Hatte er etwas geahnt?
Zumindest die Eiselfe brach einen Teil ihres Schweigens und lieferte Antworten. Dabei bediente sie sich mitunter einiger abwertender Bezeichnungen, wobei nicht ganz deutlich wurde, ob das lediglich eine Gewohnheit war, nachdem sie sich in einer Männerwelt offensichtlich durchgeboxt hatte, oder auf ihre Meinung hinter der Fassade schließen ließ. Bei der Schnepfe traf vermutlich letzteres zu, bei dem Stecher hingegen... nun ja, da wäre beides möglich. Immerhin benannte sie ihren eigenen Cousin in dessen Anwesenheit auch nicht gerade sonderlich schmeichelhaft, obwohl sie ihm wenigstens den Gefallen ihrer Herbringung getan hatte. Sofern er nichts zu bieten gehabt hatte, das sie unbedingt wollte.
Der Bengel indes hatte die Lippen fest zu einem dünnen Strich aufeinander gepresst und starrte stur auf einen unsichtbaren Punkt an der Wand, wagte es allerdings nicht, die Eiselfe bei ihren Ausführungen zu unterbrechen. Oder sich irgendwie zu verteidigen zu versuchen, als danach Schweigen sich über sie drei legte.
Solange, bis die Spionin ihre Gedanken etwas sortiert hatte und ihrerseits das Wort ergriff. Mit jedem Wort schien sich seine Miene umso mehr zu verfinstern, dass er durchaus seine dunkelelfischen Wurzeln zeigte, und er ballte die Hände zu Fäusten. Er kämpfte, rang sichtlich um Beherrschung und bemühte sich darum, seine Maske aus stoischer Ignoranz aufrecht zu erhalten.
Bis es ihm schlicht und ergreifend zu viel wurde und er seine Halbschwester plötzlich anfuhr:"Halt den Mund, du hast keine Ahnung! Alles kaputt machen und dann abhauen, das kannst du! Und ausbaden müssen es dann andere!" Er stieß ein verächtliches, eines Dunkelelfen zur Zierde gereichendes Schnauben aus. "Kein Wunder, dass ihr beide so übereinander herfallt! Gleich und gleich gesellt sich gern!", warf er ihr noch vor, ehe er sich abwandte, seiner Cousine zu. "Wann ist der Schlitten bereit?", verlangte er abrupt zu wissen.
Die Eiselfe sah ihn einen langen, sehr langen Moment schweigend an, während dem er sichtlich damit rang, dieses Blickduell nicht zu verlieren. Schließlich seufzte sie lautlos und deutete ein Kopfschütteln an. Seelenruhig räumte sie ihre Schriftstücke zusammen und legte sie säuberlich an ihren Platz auf dem Tisch, danach folgte die Schreibfeder, deren Spitze sie säuberte, um sie beim nächsten Mal wieder verwenden zu können. "Die Sonne ist bereits untergegangen. Vor morgen Früh fährt hier niemand weg.", erklärte sie ruhig und mit jener Eiseskälte in der Stimme, die eigentlich keinen Widerspruch duldete.
"Aber...", begann Arvid dennoch und erhielt nun einen beinahe schon durch Kälte tötenden Blick von ihr, der ihn rasch verstummen ließ.
"Nein." Mehr nicht, nur dieses eine Wort, das dieses Thema unmissverständlich beendete.
Erneut merkte man ihm den aufsteigenden Trotz an, obwohl er es nicht wagte, erneut aufzubegehren. Indes wandte sich der Boss an ihren unfreiwilligen Gast. "Familie ist ein großes Wort und hier nicht angebracht. Zuflucht hätte er hier... wenn er sich nützlich machen würde.", erklärte sie hart, ohne ihm dabei einen Blick zu schenken, der Aufschluss darüber hätte geben können, was genau dahinter steckte. Nein, an diesem Ort ging es definitiv eisiger und weniger herzlich zu als in Mantron!
Die Eiselfe deutete ein Schulterzucken an. "Reisende soll man ziehen lassen, heißt es.", beendete sie dieses Thema und rief etwas in ihrer Muttersprache. Von draußen erklangen Schritte und wenig später erschien der Wächter von vorhin im Türrahmen, mit einem fragenden und zugleich abwartenden Gesichtsausdruck.
Sie hingegen fixierte mit ihren blauen Augen weiterhin die Halbelfe. "Was passiert, wenn ich deine Fesseln lösen lasse?", fragte sie direkt und dabei die Wahrheit fordernd.
"Was soll das? Sie bleibt so! Und kriegt endlich einen verdammten Knebel!", konnte sich Arvid nicht zügeln und ging auf seine Cousine zu.
"Wirklich? Sagt wer?", kam es kühl zurück, ohne, dass sie ihre Augen von der anderen abwandte.
"Sylvaina, du kannst nicht ernsthaft vorhaben, sie...", protestierte er und wurde durch ein leichtes Heben ihrer Hand unterbrochen. Es machte deutlich, dass sie hier unumstritten das Sagen hatte und trotz allem jugendlichen Leichtsinn der Mischling nicht in der Lage war, sich gegen sie zu behaupten.
"Also?", fragte sie stattdessen in Eleynas Richtung.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Samstag 26. August 2023, 08:59

Was es auch immer war, dass Arvid ihr vorwarf, Eleyna wusste, dass sie keinen aktiven Anteil daran hatte. Sie hatte lediglich das ausgeführt, was ihre Mutter aus ihr gemacht hatte. Sie war in die Kaserne Morgeria’s gegangen und hatte dort die harte Ausbildung zur Spionin über sich ergehen lassen. Danach folgte sie Aufträgen und löste Probleme der dunklen Armee. Dass sie dabei entdecken musste, was ihre Mutter ihrem Vater angetan hatte, das ging Arvid nichts an oder besser: Konnte ihn nichts angehen, weil es nie Erwähnung fand. Dass sie zur Doppelspionin wurde, dass sie sich den Menschen verschrieben hatte als jemand, der nie irgendwo wahrlich dazugehörte. Kein echter Mensch, keine echte Elfe. Sie war schon immer etwas ‚dazwischen‘ gewesen. Aber das störte sie nicht. Eleyna bezweifelte allerdings, dass ihre Mutter dem jungen Arvid etwas in diese Richtung erzählt haben könnte. Vielleicht setzte sie ihn auf sie an. Instrumentalisierte ihn offenkundig für ihre eigene Sache. Dass sie Eleyna auf die Schliche kommen würde, irgendwann, war wohl unvermeidbar gewesen. Und auf der Suche nach Arrond, hatte sie auch Morgeria hinter sich gelassen. Nur wusste sie selbst damals noch nicht dass ihre Mutter ein ganzes Netz aus Intrigen und Lügen gesponnen hatte. Dass sie eine Zucht betrieb, um den perfekten Spion zu kreieren, der sich überall anpasste. Arvids Wut auf sie war gesteuert und er ließ sich blenden, wie ein dummes Huhn vom Korn! Eleyna schnaubte missbilligend. "Halt den Mund, du hast keine Ahnung! Alles kaputt machen und dann abhauen, das kannst du! Und ausbaden müssen es dann andere!“ Nun musste sie aber lachen. „Wie bitte? Was habe ich kaputt gemacht?“ hakte sie nach und sah ihn unverständlich an. „Falls du es noch nicht bemerkt hast, es war nie etwas heil in deiner Welt!“, fuhr sie ihn scharf an und schüttelte den Kopf. "Kein Wunder, dass ihr beide so übereinander herfallt! Gleich und gleich gesellt sich gern!", „Oh, aha, also geht es nicht nur ausschließlich um mich!“, nagelte sie ihn fest. „Deine Eifersucht ist lächerlich!“, schoss sie zurück. Es reichte ihr. Sie war gewiss nicht sein Sündenbock für all die schlechten Dinge, die er erlebt haben wollte.

Arvid wollte sich der Situation entziehen und wandte sich an seine Cousine. Jene aber zeigte ihm klar auf, dass er hier nicht entscheiden würde. Es ginge demnach erst morgen für sie weiter. Weiter auf einem Weg, der Gefahren im Übermaß barg und zudem ein launisches Kind an ihre Seite stellte. Eleyna rollte mit den Augen. Arvid musste akzeptieren, dass er nicht eiterkam und seine Cousine das Sagen hatte. Schmollend verstummte er, bevor die Elfe sich an Eleyna wandte: . "Familie ist ein großes Wort und hier nicht angebracht. Zuflucht hätte er hier... wenn er sich nützlich machen würde." Sie hob die Schultern. „Er sieht nicht danach aus.“, gab sie zurück und machte deutlich, dass es ihr letztendlich auch egal sein konnte, was er bekam oder nicht. Arvid hatte deutlich gemacht, dass er es nicht wünschte, sich mit ihr vernünftig zu unterhalten. Und Eleyna fehlte hierbei und in Anbetracht ihres Status als Gefangene auch einfach die Geduld. "Was passiert, wenn ich deine Fesseln lösen lasse?", wollte Sylvainna dann von ihr wisse. Eleyna hielt ihren Blick einen Moment lang in den kühlen Augen. „Ich schlage keine Kinder.“, bemerkte sie unvermittelt und blieb ganz ernst dabei. Und Arvid war nichts anderes.
In ihren Augen war er ein Kind, dem man sein Lieblingsspielzeug entwendet hatte und der nun alles in Bewegung setzte, um es mit Wutkopf und Fußaufstampfen zu bekommen. Ihr Blick glitt zum Jüngeren. „Du wirst es nicht schaffen, mich nach Morgeria zu bringen. Ich werde dir sämtliche Steine in den Weg legen, die ich finden kann. Du wirst dir wünschen, deinen kindischen Groll hinunter geschluckt zu haben und einfach einen Ort für dich zu finden, an dem du leben darfst. Ich bin nicht dein Feind und du wirst merken, dass dem so ist. Aber du wirst auch erkennen, dass ich mich weder so behandeln lasse noch sang und klanglos in diesen Sumpf aus Unrat und Hass zurückkehre.“, prophezeite sie Arvid in einer Seelenruhe, die es schwer machte ihr nicht zu glauben. Dann sah sie zu Sylvaina und hielt ihr ihre Hände hin. „Du hast nichts zu befürchten, Sylvaina und deine Leute auch nicht. Ich kenne den Unterschied zwischen wahren Feinden und solchen, die dazu gemacht wurden!“, sagte sie noch und blickte Arvid kalt an.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Dienstag 29. August 2023, 19:46

Der Mischlingself hatte seiner Cousine ein paar Dinge erzählt, gerade so viel, wie nötig gewesen war, um sie, neben einem ordentlichen Batzen Geld, dazu zu bringen, seine Halbschwester hierher zu schaffen. Alles andere hatte er für sich behalten und Sylvaina hatte nicht den Eindruck erweckt, als würde es sie interessieren. Nun ja, das war bei Eiselfen generell recht schwer, da sie fast nie Gefühle zeigten, aber die ein oder andere knappe Frage hatte sie durchaus gestellt.
So war es gekommen, dass sie einen kleinen Teil erfahren hatte, nachdem sie und ihre Mannschaft ihn eher zufällig aus seiner unfreiwilligen Überfahrt befreit hatten, jedoch bei weitem nicht alles. Und auch er wusste vieles nicht von den Beweggründen seiner Mutter oder seiner Halbschwester, von seinem einstigen Mentor ganz zu schweigen, obwohl er sich in seiner Jugendlichkeit einbildete, allwissend zu sein.
Die Eiselfe hingegen ließ ihn bei jeder Gelegenheit spüren, dass ihm in vielen Dingen die Erfahrung fehlte, weswegen er keinen allzu großen Drang verpürte, länger als notwendig bei ihr zu bleiben. Sie gab ihm sehr erfolgreich das Gefühl, nicht willkommen zu sein, da brauchte er ihre Worte dazu gar nicht erst zu hören. Ohnehin wollte er so rasch wie möglich zurück nach Morgeria, ganz so, als ahne er, dass der Reinrassige ihm auf den Fersen sein könnte, sobald er Wind davon bekäme, dass er hinter der Entführung steckte.
Auf dieses Zusammentreffen konnte er indes getrost verzichten! Es hatte ihm die Begegnung im Wald mit ihm gereicht. So, wie er im Prinzip auch verblendet genug war, um schon jetzt genug von der Spionin zu haben, deren Existenz und Können ihm ein Leben lang unter die Nase gerieben worden war als jemand, dessen Niveau er niemals erreichen können würde.
Entsprechend groß waren seine Ablehnung und seine Sturheit, die sie beide eigentlich gemeinsam hatten, ihr auch nur eine Winzigkeit zu erklären. Ihr Lachen, so bitter es wohl auch gemeint sein mochte, schürte seine Wut nur umso mehr, sodass seine Arme minimal zu zittern begannen, derart fest ballte er seine Hände zu Fäusten. Mit seinem Blick durchbohrte er sie regelrecht und seine aufeinander gepressten Lippen waren derart blutleer, dass ihre Farbe sich kaum von der eisigen Landschaft draußen abgehoben hätte.
Ihm lag so einiges auf der Zunge und dennoch war ihm anzusehen, wie er es mühsam hinunter würgte. Warum? Weil es seine wenigen Lebensjahre nur umso deutlicher gemacht hätte? Oder weil es Aufschluss über seine Gefühls- und Gedankenwelt gegeben hätte? Oder weil er gelernt hatte, dass er sich auf diese Weise angreifbarer machte?
Es reichte ihm jedenfalls und er verlangte von seiner Cousine etwas, das diese nicht zu geben bereit war. Ungerührt davon, dass sie ihren Verwandten vor dessen Halbschwester ein weiteres Mal bloßstellte und demütigte, wies sie sein Ansinnen aufgrund von der Gefährlichkeit ab. Wobei fraglich war, ob es ihr dabei um sein Leben oder dasjenige des Tieres ging, das den Schlitten würde ziehen müssen. Sylvaina war augenscheinlich mehr als die Anführerin einer Schiffsmannschaft, sie war eine Geschäftsfrau, soweit dies in der Welt der Eiselfen umsetzbar war, und sie konnte kalkulieren. Somit war sein Wunsch ihr dieses Risiko nicht wert oder brachte ihr nicht genügend ein, um es zu zulassen.
Stattdessen wandte sie sich erneut an ihre Gefangene und diese legte noch nach, dass es Arvid bis ins Mark traf. Er kämpfte verbissen darum, dass ihm das niemand anmerken könnte, aber die plötzliche Blässe in seinem Gesicht und die erneut fest aufeinander gepressten Lippen sprachen Bände. Seine Haltung straffte sich und was auch immer hinter seiner Stirn vorgehen mochte, etwas Positives wäre es wohl nicht.
Die Hausherrin zuckte ihrerseits leicht mit den Schultern und wirkte nicht, als kümmere sie irgendetwas von der Auseinandersetzung unter den Geschwistern. Stattdessen rief sie den Aufpasser von vorhin und stellte eine andere Frage.
Die Antwort ließ etwas Unheilvolles in seinen Augen auflodern und als sich Eleyna direkt an ihn wandte, erhielt sie einen Blick, der voller Hass war, auch wenn sich nicht genau deuten ließ, worauf dieser sich bezog. "Und du wirst dir wünschen, da gewesen zu sein.", zischte er, drehte sch um... und verließ den Raum durch jene Tür, die zu den Wohnräumen im Obergeschoss führte.
Die Eiselfe sah ihm einen Moment lang kühl und undurchsichtig nach, ehe sie sich wieder der anderen zuwandte. "Auch an dich die Warnung. Es ist dunkel draußen und die Nacht bringt den Tod. Das Tor ist verschlossen und wird bewacht, einen anderen Ausweg gibt es nicht. Wenn du weglaufen willst, warte bis zum Sonnenaufgang.", erklärte sie und zeigte damit, dass sie ihre Aufgabe als abgeschlossen und die Spionin nicht länger als ihre Gefangene betrachtete. Indes gab sie ihrem Wächter das Zeichen, die Fesselung zu lösen, was dieser auch sofort in die Tat umsetzte.
Sie indes trat zu der Truhe heran und sah darauf herab, als überlege sie, ob sie diese öffnen sollte jetzt... oder besser ein anderes Mal. Schließlich, als Eleyna sich wieder ungehindert bewegen konnte, schien sie eine Entscheidung getroffen zu haben und wandte sich ihr noch einmal zu. "Ihr seid euch ähnlich.", stellte sie, scheinbar vollkommen zusammenhanglos sowie wertneutral, fest.
Dann sprach sie kurz zu dem Wächter, der nickte und wieder verschwand, dabei sogar das Hauptgebäude verließ, wie das Geräusch der sich öffnenden und daraufhin schließenden Eingangstür verriet. "Melya wird dir zeigen, wo du schlafen kannst.", wechselte sie erneut das Thema und deutete dabei zu jenem Zugang, durch den auch Arvid vorhin verschwunden war. "Wenn du etwas brauchst, sage es ihr.", fügte sie hinzu. Wobei das nicht heißen sollte, dass sie sich alles wünschen oder gar Bedingungen stellen könnte. Allerdings würde sie soweit versorgt werden, dass sie zumindest keinen Mangel leiden müsste bis zum nächsten Morgen.
Damit setzte sich die Eiselfe erneut hinter ihren Schreibtisch und schien auf besagte Melya zu warten, ehe sie ihre weiteren Aufgaben anzugehen gedachte.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Sonntag 3. September 2023, 11:25

Eleyna sah Arvid nach. Er floh. Floh vor einem Problem, mit dem er sich nicht beschäftigen wollte. Ihre Warnung, oder besser Drohung war unmissverständlich gewesen. Sie würde ihm nichts leicht machen. Und sie lies sich nicht für Probleme verantwortlich machen, die nichts mit ihr zu tun hatten. Mochte er sich einreden, was er wollte. Sie hatte bis vor wenigen Wochen nichts von ihm gewusst und wenn er glaubte, sie habe sich aus dem Staub gemacht, dann funktionierte die Gehirnwäsche ihrer Mutter bei ihm hervorragend. Die Mischlingselfe sah dem Bruder nach, bis er verschwunden war. "Auch an dich die Warnung. Es ist dunkel draußen und die Nacht bringt den Tod. Das Tor ist verschlossen und wird bewacht, einen anderen Ausweg gibt es nicht. Wenn du weglaufen willst, warte bis zum Sonnenaufgang." Eleyna runzelte die Stirn und wandte sich nur langsam der Eiselfe zu. „Ich laufe nicht weg. Er soll wissen, dass er damit nicht durchkommt.“, murmelte sie und sah noch mal zum Treppenaufgang. Erst dann wandte sie sich ganz vom Aufgang ab und blickte Sylvainna an. „Kennst du den echten Grund hinter seinem Hass?“ fragte sie und Sylvainna musterte sie kurz. "Ihr seid euch ähnlich., antwortete sie und Eleyna blinzelte leicht. „Mag sein, aber das erklärt nicht, seinen Hass. Ich hege keinen gegen ihn. Er ist mein… Bruder.“, murmelte sie und zuckte die Schultern. „Er macht mich für Dinge verantwortlich, die nicht in meinem Einfluss lagen er braucht ein Ventil, einen Kanal. Sei es drum. Aber er wird erkennen müssen, dass nicht ich der Feind bin. Und das man ihn dazu gemacht hat, dass er nun weder vor noch zurück kann.“, sagte sie weiter. Nachdem die Elfe mit ihrem Wächter gesprochen hatte, entstand eine kleine Pause. Eleyna hatte Zeit ein wenig über die Entwicklung der Situation nachzudenken und hatte die Arme, jetzt wo sie wieder befreit waren, verschränkt. Sie wirkte nachdenklich und in sich gekehrt. Ein typisches Verhaltensmuster, das sie bereits häufiger an den Tag gelegt hatte, wenn sie über etwas nachdenken musste. Eleyna blendete Sylvainna aus und starrte auf einen losen Punkt in der Wand. Wenn Arvid wirklich der Meinung war, sie müsste für irgendetwas bezahlen… Musste sie ihm vielleicht zeigen, dass er falsch lag. Worte wollte er nicht hören und verstehen. Aber wenn er erkennen würde, dass er die ganze Zeit einem Gespenst gefolgt war… Ihr Blick glitt wieder zum Aufgang. Warum fühlte sie sich mit einem Mal verantwortlich dafür, dass er seinen Groll aufgab? War es der Vergleich der Eiselfe? Eleyna entdeckte in sich mit einem Mal ein neues Gefühl. Arvid verrannte sich in etwas, was ihre Mutter auslöste. Und er bildete ein Feindbild um sie, Eleyna, das wohl auch nur sie durchbrechen konnte. Die Mischlingselfe runzelte nachdenklich die Stirn. Sie waren sich ähnlich… und wenn sie in seiner Haut stecken würde, dann wäre sie nur umso sturer, würde man ihr drohen. Plötzlich wurde ihre Miene glatt und ihre Körperhaltung entspannte sich. „Das ist es…“, murmelte sie und hatte ausgeblendet, dass Sylvainna noch im Raum war. Eleyna verstand, dass sie aufhören musste, Arvid zu drohen. Dass das nichts brachte. Sie musste… „Mensch sein…“, murmelte sie weiter und runzelte verstehend die Stirn. "Melya wird dir zeigen, wo du schlafen kannst. Wenn du etwas brauchst, sage es ihr." Eleyna nickte, noch immer gedankenverloren. „Danke. Ich brauche nichts“, murmelte sie und sah zur Eiselfe zurück. „Ich würde mich jetzt gern ausruhen.“, erklärte sie und hob eine Augenbraue. War noch was? Oder dürfte sie in das ihr zugewiesene Gästezimmer gehen? Sobald Eleyna entlassen wäre, würde sie das Zimmer aufsuchen wollen. Sie musste ihre Gedanken neu ordnen und die Idee, die sich zu formen begann, durchdenken. Sie würde sich ohne Umschweife auf das Bett legen und an die Decke starren. Wäre es ‚so einfach?‘ sollte sie es wirklich wagen? Für Arvid? Warum sollte sie sich und das Ungeborene in eine solche Gefahr begeben? Und Laogh? Würde er sie zurücklassen, weil sie dumm genug war, diesen Weg zu gehen? Sei es drum. „Er ist meine Familie…“, murmelte sie leise und schloss die Augen, um zu schlafen. Eleyna fasste nun einen Entschluss, der zwar nicht ihr das Leben retten würde...aber ihm.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Sonntag 3. September 2023, 20:02

Im Gegensatz zu ihr schenkte seine Cousine dem Verwandten keinen weiteren Blick. Es schien sie generell nicht zu kümmern, was er tat, solange es nichts war, das gegen ihre eigenen Interessen verstieß. Vielleicht lag es auch nur daran, dass sie eine Eiselfe wie aus dem Buche war und man ihr keine Emotionen anmerkte, die nicht äußerst intensiv zu sein schienen, dass sich ein Hauch davon auf ihrem Gesicht zeigte. Oder er hatte sich in der Zeit, in der er hier war, bereits so sehr daneben benommen, dass sie insgeheim froh wäre, wenn er endlich wieder verschwinden würde. Derart bockig und... pubertär, wie er sich Eleyna verhalten hatte, wäre diese letzte Option durchaus realistisch einzustufen.
Aber vorerst hatte er sich lediglich verzogen und da sie noch hier war, stand nicht zu befürchten, dass er einfach verschwinden würde. Noch dazu, nachdem Sylvaina auch ihr gegenüber noch einmal deutlich gemacht hatte, dass jeder Fluchtversuch vor Sonnenaufgang zum Scheitern verurteilt wäre. Ein Tor also und eine Umfassungsmauer rund um das Gehöft, die zu glatt war, um daran effektiv hochklettern zu können.
Wobei jeder mit klarem Verstand von allein erkennen würde, dass dies einen Sinn machen würde, wenn man nicht unbedingt Todessehnsucht verspürte. Draußen war es tagsüber schon eiskalt, des Nachts mochten die Temperaturen selbst für Eiselfen nicht gerade empfehlenswert sein. Die Frage war jedoch... wie rational vermochte Arvid noch überhaupt zu denken, in seiner Verfassung als auch in seinem Alter?
Eleyna indes wandte sich an die Hausherrin, die sie offenbar persönlich hierher gebracht hatte, und brachte sie mit ihren Worten zu einem Schulterzucken. "Wie du meinst.", erwiderte sie nur und würde sich eher aus dieser Angelegenheit heraus halten, genauso wie sie mit ihrer Warnung lediglich dargelegt hatte, dass die Halbelfe ab nun nicht mehr ihre Gefangene war. Ihr Teil der Abmachung war erfüllt, um den Rest musste ihr Cousin sich eigenständig kümmern.
Danach widmete sie sich einem anderen Thema, bei dem Sylvaina erneut mit den Schultern zuckte. Sie hörte sich die Worte an und wartete, bis der kurze Redefluss stoppte, um eine Antwort geben zu können, da sie es nicht eilig genug damit hatte, um zu unterbrechen. "Was ich herausgehört habe, hat die Schnepfe ihn zu einem Spion machen wollen und bei jedem Versagen ihm unter die Nase gerieben, wie viel besser du bist und welche Enttäuschung er ist. Dass seine Talente anderswo liegen, hat nicht gezählt.", fasste sie knapp ihren eigenen Wissensstand neutral zusammen und kümmerte sich dann um die Unterbringung ihrer ehemaligen Gefangenen.
Schließlich hatte sie nicht den ganzen Tag über Zeit, ihre eigenen Angelegenheiten deswegen ruhen zu lassen. Es mochte nicht so aussehen, aber sie war eine viel beschäftigte Frau und hatte noch einiges zu tun, bei dem sie obendrein ungestört sein mochte. Somit setzte sie sich auch jetzt schon wieder an ihren Schreibtisch, als sie erkannt hatte, dass während der kurzen Wartezeit auf ihre Magd ein Gespräch nicht notwendig wäre. Der nachdenkliche Blick hatte ihr ausgereicht, sodass sie sich ihren Unterlagen widmen konnte.
Trotzdem zuckten bei dem Gemurmel ihre Ohren und auch wenn sie so wirkte, als würde sie nicht zuhören, weil sie nicht reagierte, nahm sie die Worte dennoch zur Kenntnis. Es könnte sich noch als nützlich erweisen oder wäre etwas, das sich zu vergessen lohnte.
Als das Mädchen, das auch zuvor schon das Bad hergerichtet hatte, in der Tür erschien, erklärte sie kurz, warum diese hier war. Melya blinzelte und nickte, sagte jedoch ansonsten kein Wort, sondern wartete.
Eleyna indes hatte sie noch nicht bemerkt, wie es schien, sondern blieb mit ihrer Aufmerksamkeit bei der Hausherrin. Diese nickte und zuckte ein weiteres Mal mit den Schultern. "Ist deine Entscheidung.", erwiderte sie nur und gab der Magd einen kleinen Wink.
Flink huschte das Mädchen an ihnen vorbei zu der Tür, durch die auch Arvid verschwunden war, öffnete diese und wartete dort darauf, dass der Gast ihr folgte. Es ging zu der steilen Treppe, die ins obere Wohngeschoss führte. Es war recht dunkel, denn es gab keine Fenster, die Licht hätten herein lassen können, dafür hatte Melya eine Lampe in der Hand, die für ausreichend Helligkeit sorgte, um keinen Fehltritt zu machen. Zumindest, wenn man nah genug bei ihr blieb.
Oben war es indes ruhig und wirkte nicht so, als würden die Bewohner sich hier sonderlich viel aufhalten. Nun ja, einladend war der Gang mit den Türen entlang schließlich auch nicht. Es ging in zwei Richtungen, die Spionin wurde nach rechts geführt, in die Richtung des Haupteingangs, sodass sie wohl von unten aus dem Arbeitsraum der Hausherrin hörbar war, wenn sie sich bewegte.
Zwar hatte sie selbst vorhin nichts wahrgenommen, als Arvid gegangen war, aber das hatte nichts zu heißen. Er könnte sein Zimmer durchaus auf der anderen Seite des Ganges haben, als auch zu leise für ihre menschlichen Ohren gewesen sein. Die Wahl ihrer Unterkunft war bestimmt nicht zufällig so ausgefallen.
Schließlich erreichten sie die mittlere von drei Türen der Breitseite des Hauses. Dahinter verbarg sich ein schlichter, kleiner Raum mit derselben Holzvertäfelung wie das Badehaus, der eine winzige Luke relativ weit oben aufwies, die früh am Tag das Licht herein fallen lassen würde, während die kalte Luft seine Zeit bräuchte, um von dort oben bis zu ihnen herunter zu gelangen. Allerdings war erst vor kurzem gelüftet worden, es war kühl in diesen vier Wänden und roch nach angenehmer Frische.
Ohne zu fragen, ging Melya zu dem an der rechten Wand aufgestellten schlichten Bett und entzündete eine auf dem Nachttischchen bereit gestellte Öllampe. Diese reichte aus, um den Raum in ein diffuses Licht zu tauchen, an das sich die Augen gewöhnen konnten.
Nun zeigte sich, dass es hier kaum weitere Möbelstücke gab, außer einer Kleidertruhe am Fußende des Bettes, womit die Länge des Zimmers komplett ausgefüllt wurde. Auf der anderen Seite stand ein schlichter Holztisch mit zwei Stühlen und links neben der Eingangstür gab es noch ein kleines Tischchen mit einem Loch darin, das von einem Topf ausgefüllt wurde. Daneben war gerade noch Platz für einen Krug mit kaltem Wasser, sodass eine Katzenwäsche hier möglich wäre. Ansonsten gab es keinen Zierrat oder sonstigen Dekor, bis auf eine kleine geknüpfte Handarbeit über dem Tisch. Doch das Licht war zu schlecht, um erkennen zu können, welche Szene darauf dargestellt war, sofern es sich nicht nur um ein buntes Muster handelte.
"Toilette draußen. Scherben unterm Bett.", erklärte Melya etwas abgehakt und ganz so, als verwende sie das Celcianische zu selten, um es wirklich flüssig mit der Zunge formen zu können. Oder sie war generell recht wortkarg und schwieg lieber, anstatt große Reden zu schwingen. Es war auch nicht allzu wichtig, die zu übermittelnde Information war in dem Bisschen enthalten und mehr brauchte es im Endeffekt nicht.
Danach wartete die Magd noch kurz, falls es doch noch irgendetwas gab, das sie tun sollte, ehe sie sich mit einem Nicken zurück zog und die Tür hinter sich schloss. Nun war Eleyna allein und konnte endlich ein wenig aufatmen. Der Weg zum Bett war frei und der Raum bot keine Ablenkungen, sodass sie ungehindert ihren Gedanken nachhängen konnte.
Über die sie irgendwann einschlief... um gefühlt mitten in der Nacht von einem Geräusch aufgeschreckt zu werden. Wobei... hatte sie sich das womöglich nur eingebildet? Hatte sie geträumt?
Die Lampe war bereits erloschen, sofern sie nicht nachgeholfen hatte, und von draußen gelangte kein noch so winziger Funken Helligkeit herein, sodass ihre an die Dunkelheit gewöhnten Augen keine Unterstützung hatten. Trotzdem war es nicht stockdunkel, man musste lediglich die Nuancen der Schatten zu unterscheiden wissen.
Hatte sich da was bewegt? War das ein Schritt gewesen, beinahe lautlos und gezielt gesetzt, um nur ja kein Geräusch zu verursachen? Spielte ihr Instinkt ihr einen Streich, nach all der Anspannung und neuen Informationen?
Schon fielen ihr die Augen wieder zu, nachdem sich einige Herzschläge lang nichts getan hatte und die Müdigkeit ihr Sicherheit vorgaukeln konnte. Doch dieses Mal konnte sie nicht sofort einschlafen, denn plötzlich fühlte sie etwas an ihrer... Hand? Ja... nein, eher an ihrem Handgelenk. Es war rau und scheuerte und... bildete sie sich das ein oder versuchte da jemand, sie im Schlaf zu überwältigen und zu fesseln?
Und sie? Erkannte sie es in der Dunkelheit und gerade erst aus dem Schlaf erwacht? Ließ sie es zu oder würde sie sich wehren? Gegen wen eigentlich? War dieser etwas dunklere Schatten direkt neben ihrem Bett wirklich oder bildete sie sich das ein? Aber es würde zu dem Gefühl passen, dass sie jemand zu fesseln versuchte!
Und... war das ihr eigener Atem oder gab es da noch jemand Zweites, der gelernt hatte, sehr flach und beinahe lautlos Luft zu holen und sie wieder herausfließen zu lassen, um sich damit nicht zu verraten? Jedenfalls musste eine Entscheidung her und zwar schnell, sonst hätten diese kundig wirkenden Finger ihr Ziel erreicht und sie es etwas schwerer gegen das, was da auf sie zukommen mochte.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Montag 4. September 2023, 00:14

Sich für etwas verantwortlich zu fühlen, diesen Luxus gönnten sich nur wenige. Sylvaina war da nicht viel anders als so manch anderes Individuum, das Eleyna in ihrem Leben hatte kennenlernen dürfen. Die Eiselfe war keine Frau der großen Worte und bediente sich kleinen Gesten und Mimiken, die ihr durchaus ihren Weg ebneten. Auch Eleyna redete kaum. Sie legte ihre Seele nicht offen dar und würde sich hüten, so wie Arvid erkennen zu lassen, was in ihr vorging. Nun aber, weil sie von Sylvaina nicht mehr viel zu erwarten hatte außer einem Schulterzucken, kam sie ins Grübeln. Stets war sie getrieben von der Liebe zu einem Mann, mit dem sie niemals einen Schritt weitergehen würde. Sie hatte alles aufs Spiel gesetzt, ihn zu finden und seit dem waren Monaten vergangen. Eleyna hatte Santros gebrochen verlassen, um zu erkennen, dass sie nicht nur schwanger sondern auch nicht Mutterseelen allein dastand. Sie hatte Familie. In Mantron. Weder ihre Mutter noch Arrond hatten ihr je davon erzählt. Laogh war es, der sich fast selbst zu Tode gebracht hatte, um mit ihr den Weg zu segeln. Und er war es auch, der ihr eine Perspektive einflüsterte, die sie nicht mehr tief in sich vergrub, aus Angst, sie könnte zerbrechen und für immer verschwunden sein. Eleyna wollte Familie. Mantron hätte ihr von der Spionage zerrissenes Herz auftauen können. Mantron hätte ihr Ankerpunkt sein können. Wenn da nicht der andere Teil ihrer Familie an den Strippen gezogen hätte.

Arvid hegte einen Groll. Einen massiven Hass gegen sie. Und so, wie Sylvaina es erklärte, lag es an falschen Erwartungen, die er nicht hatte erfüllen können. Ihren Hinweis, er habe andere Talente, überhörte die Mischlingselfe nicht. Was auch immer sie damit meinte, irgendwann würde sie es gewiss herausfinden. Nun aber musste Eleyna eines nach dem anderen durch denken. Und jene Gedanken kreisten um ein kleines Wort mit viel Bedeutung und Gewicht: Familie. Arvid war ihre Familie. Ob sie ihn nun leiden konnte oder nicht. Ob er gerade das falsche tat, oder nicht. Eleyna war Melya in den ersten Stock gefolgte und wälzte ihre Gedanken. Als das Mädchen ihr Zimmer erhellte und ihr kurz die Gepflogenheiten erklärte, nickte Eleyna leicht lächelnd und sagte ‚Danke‘, bevor sie die Magd aus ihrer Stube entließ. Viel zu sehen gab es hier nicht, sodass sie auch nichts ablenken konnte, von ihren Gedankengängen. Man hatte sie natürlich oberhalb des Arbeitszimmers einquartiert und so wie Eleyna es mitbekommen hatte, quietschten hier und dort die Bettlamellen oder Bodenstück. Ansonsten wirkte alles recht spartanisch, was sie dazu veranlasste, sich direkt auf das Bett zu legen. Es war ganz passabel , sodass sich ihre Glieder gleich wohlfühlten. Eleyna spürte die Entbehrungen der letzten Tage. Sie hatte nicht viel gegessen, war kalt geworden und hatte nicht ausreichend geschlafen. Das alles zusammengenommen, bescherten ihr noch keine körperlichen Gebrechen, doch nun sorgte sie nicht nur für sich selbst. Um das Thema nicht wieder aufkommen zu lassen, drehte sich Eleyna auf die Seite und bettete ihren Kopf auf ihren Arm. Arvid war Familie.
Und offenbar schaffte es der Mann nicht, sich von alten Mustern zu lösen. Sie musste ihm dabei helfen. Sie würde Verantwortung übernehmen und ihn so überzeugen, dass sein Weg nur in den Tod führte. Bis nach Morgeria waren es etliche Tage und sie hatte Zeit genug, Arvid seine Gedankenfehler aufzuzeigen. Über ihre Gedanken brütend, schlief Eleyna schließlich ein. Ruhig und gleichmäßig glitt ihr Atem dahin, denn sie war nicht länger eine Gefangene, und Morgen sollte sie ohnehin verschwinden. Sie glaubte nicht daran, dass man sie nun überfallen würde. Wozu? Arvid brauchte sie. Die Eiselfe kümmerte sich nicht länger darum.

Eleyna fand ziemlich zügig in den Schlaf, doch merkte sie auch, dass sie erschöpf war. Gleichwohl fehlte ein entscheidender Faktor, dass sie ebenso ruhig und fest schlafen könnte, wie noch in Mantron, sodass Eleyna durchaus mitten in der Nacht erwachte, weil sie glaubte, ein Geräusch gehört zu haben. Die Elfe öffnete ein verschlafenes Auge und sah sich regungslos im Zimmer um. Zumindest den Teil, den sie erkennen konnte, ohne sich zu bewegen. War da etwas in der Ecke des Zimmers? Eleyna runzeltr die Stirn, dich dan umfing sie erneut die Erschöpfung, sodass sie wohl noch mal einige Minuten eingeschlafen sein musste. Sie wusste nicht wie, aber sie hatte sich auf den Rücken gelegt und die Arme auf das Bett gelegt. Erneut weckte sie ein Gefühl, sodass sie die Augen öffnete. Just in dem Moment aber spürte sie die Berührung an ihrem Handgelenk und den zweiten Atemzug. Sie sah die Gestalt neben ihrem Bett. Eleyna aber wartete, lies sich nichts anmerken, bis die Finger dicht genug an ihrer Haut waren. Mit einer pfeilschnellen Bewegung, wollte sie nach der Hand des Eindringlings greifen, würde sie schmerzhaft nach hinten drehen und packte mit der anderen fest und im Überlebensmodus an die Kehle des Fremden. Sie würde zudrücken, um zu demonstrieren, dass es ihr ernst war. Eleyna würde sich nicht mitten in der Nacht abschlachten lassen. „Was habt ihr in meinem Zimmer verloren?!“, zischte sie, sobald sie Gelegenheit dazu bekam. Ihre Sinne waren gespannt und geschärft. Das war etwas, das man ihr eingeprügelt hatte. Etwas, das sie verinnerlichen musste, um mit jeder Situation fertigwerden zu können. Die Instinkte ließen sich nicht einfach vergessen. Und wer auch immer sie nachts überfallen wollte, musste damit rechnen, dass sie sich wehrte. Dass sie ihre Kenntnisse anwandte und nicht zimperlich sein würde.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 6. September 2023, 12:45

Die Hausherrin hatte ihren Teil der Abmachung erledigt und die Spionin hergeholt. Alles weitere ging sie nun vorerst nichts mehr an und sie hielt sich auch bewusst heraus. Ohnehin hatte sie ausreichend Aufgaben zu erledigen, ohne sich neue zusätzlich noch aufhalsen zu wollen. Dieses Bedürfnis empfand sie bestimmt nicht!
Somit ergab sich auch kein wirklich andauerndes Gespräch mehr zwischen den beiden Frauen, die durch Arvid weitläufig miteinander verwandtschaftlich verbunden waren, ohne es angestrebt zu haben. Somit hatte sie auch nichts dagegen einzuwenden, dass sich Eleyna in das ihr zugedachte Gästezimmer führen ließ.
Die Wahl des Raumes war nicht zufällig, denn seine Lage würde den feinen Elfenohren darunter jede Bewegung verraten können. Die spartanische Einrichtung hingegen sprach Bände und wäre in den nebenanliegenden Zimmer vermutlich kaum anders. Hier hielt man sich hauptsächlich zum Schlafen auf und zu sonst nichts. Das Leben in dem Gehöft fand anderswo statt, in dem Raum darunter, aber auch in anderen Teilen des Hauses oder gar in den Ställen.
Je nachdem, wie rasch die Halbelfe vorhatte, von hier zu verschwinden, ob mit oder ohne ihrem Halbbruder, könnte sie den morgigen Tag womöglich nützen, um mehr über diesen Ort herausfinden zu können. Vielleicht könnte sie einen kleinen Streifzug machen und die ein oder andere Information noch aufschnappen, ehe sie verschwand.
Ob sie tatsächlich mit dem Morgengrauen einfach so gehen könnte, wie es bei Sylvaina geklungen hatte? Hatte sie wirklich all den Aufwand betrieben, um sie nach diesem Familientreffen so ohne weiteres zu entlassen? Oder würde doch noch irgendetwas, eine Forderung oder ähnliches, folgen, das sie länger vor Ort hielte, als es Eleyna lieb sein mochte? Aber all das war vorläufig zweitrangig, in einigen Stunden würde es sich sowieso vermutlich von ganz allein zeigen.
Viel mehr spukten ihr Arvid selbst und sein Verhalten ihr gegenüber in ihrem Kopf herum. Allzu bald war sie allein, konnte sich auf das Bett legen, das wenigstens nicht das Unbequemste war, auf dem sie zu ruhen kam, und ihre Gedanken wälzen. So viel gab es zu bedenken und so viele Möglichkeiten, wie sie einen weiteren Versuch mit ihrem kleinen Bruder wagen könnte, um ihm den Kopf zurecht rücken zu können. Das hatte dieser schließlich bitter nötig! Die Frage war nur, wie ihr dies am besten gelänge.
Die Zeit verstrich und ihr Körper setzte ihrem Karussell irgendwann ein Ende, indem er den Schlaf, den er haben wollte, einforderte. Sie mochte versorgt worden sein mit Nahrung und Seife und es mochte hier im Haupthaus warm genug sein, dass sie nicht permanent fror. Dennoch hatte sie viel von ihrer Energie verbraucht und noch jemand Zweites forderte nach Kraft. Entsprechend erschöpft war sie und konnte letzten Endes gegen den herannahenden Schlaf nicht ankämpfen.
Wie lange mochte sie wohl ihre Ruhe gehabt haben, als sie etwas aus diesem Zustand wieder aufschrecken ließ? Waren die Stunden noch an einer Hand abzuzählen oder kämen dafür schon beide infrage? Was hatte sie überhaupt geweckt? Ein Geräusch, ja, ihr Instinkt war eben geschult darauf, selbst im Schlaf die Umgebung nicht vollständig ausblenden zu können. Allerdings... welcher Laut war es gewesen? Wem oder was sollte sie ihn zuordnen?
Es gelang nicht, der Nebel wollte sich trotz aller Übung nicht schnell genug lichten, sodass sie stattdessen wieder zurück glitt in Manthalas Reich. Diesmal hingegen war es bedeutend kürzer und alle Alarmglocken schrillten in ihr auf bei der Berührung an ihrem Handgelenk. Dem folgte ein Atemzug, der sie nur noch kaum wahrnehmbar streifte und endgültig klar machte, dass sich ihr hier jemand genähert hatte, der das baldigst bereuen sollte. Dazu brauchte sie nicht den dunkleren Schatten innerhalb all der anderen Schatten, den sie direkt neben ihrem Bett nun erkennen konnte. Allerdings sprang sie nicht sofort auf und verriet damit, dass all die Vorsicht, die das Wesen hatte walten lassen, längst umsonst wäre.
Stattdessen verharrte sie in ihrer Position und passte den rechten Moment ab, als etwas Raues über ihre Haut glitt und auch ihr zweites Handgelenk damit Bekanntschaft machen sollte. Doch die Fesselung würde nicht glücken. Plötzlich und unerwartet griff sie fest und geschult zu, bekam zwei Finger zu fassen und bog diese nach hinten, dass es verräterisch knackte. Noch brachen die Knochen nicht, aber sie standen kurz davor und allein das schmerzte schon ausreichend, dass der Schatten zischend die Luft einsog.
Instinktiv zog er seine Hand zurück und verpasste die Gelegenheit dadurch, ihrem hochschnellenden Körper zu entkommen. Schon befand sie sich bei ihm und hatte zielsicher seine Kehle im Griff, dass sie nur mit wenig Aufwand zu zudrücken brauchte, um es ihm äußerst unangenehm werden zu lassen. Der Körper, den sie dabei erwischt hatte, wurde stocksteif und schien selbst das Atmen einzustellen, während der Puls spürbar kräftig schlug und für das Leben stand, das sich dennoch darin befand.
Schon erklang ihr forderndes Zischen, das eine Antwort verlangte, die sie allerdings mit ihrem Griff erschwerte. Sie konnte spüren, wie ein Adamsapfel sich beim Schlucken bewegte, ansonsten erfolgte keine Reaktion.
Noch, denn wenige Sekunden später sackte ihr Angreifer plötzlich in die Knie... und riss sie mit. Vielleicht war es dem Umstand geschuldet, dass sie damit nicht hatte rechnen können, vielleicht dem, dass ihr Kreislauf nach dem Bisschen Schlaf und ihrem eigenen Zustand nicht vollkommen auf der Höhe war. Vielleicht war es auch eine Mischung aus beidem oder etwas anderem. Es war im Endeffekt zweitrangig, es änderte nichts an dem Ergebnis, dass er dafür gesorgt hatte, dass sie das Gleichgewicht verlor. Dabei konnte sie noch von Glück reden, dass sie sich nicht am Bettgestell den Kopf stieß und benommen wäre.
Nein, stattdessen konnte sie in vollem Bewusstsein spüren, wie Hände nach ihren Handgelenken griff und sie unsanft Kontakt mit den Bodenbrettern aufnahm. Ein Körper versuchte, sich auf sie zu legen und ihr auf diese Weise die Beweglichkeit zu nehmen, damit ihre Gegenwehr weniger effektiv wäre. Das Problem dabei war jedoch die Dunkelheit, die es notwendig machte, sich ausschließlich auf sein Gefühl und seine Instinkte verlassen zu müssen. Dadurch gelang es dem Schatten nicht vollständig, sein Vorhaben umzusetzen, weswegen ein Bein von ihr frei blieb und äußerst große Schmerzen zu zufügen wusste.
Was daraufhin folgte, war ein Gerangel der Beiden am Boden, da keiner von ihnen den anderen auf die Füße kommen lassen wollte und durfte, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Fäuste flogen, Nägel kratzten, Beine schlugen um sich. Irgendetwas stieß gegen ihr Jochbein und hinterließ dort eine pochende, eventuell sogar offene, blutende Wunde.
Doch auch ihr Angreifer musste einiges einstecken. Wie es ihm gelang, dass sie niemals seine größte Schwachstelle traf, blieb ein Geheimnis. Trotzdem würde auch er mit einigen blauen Flecken und zahlreichen Kratzern aus diesem Kräftemessen heraus gehen, wobei er erstaunlich hart im Nehmen war und bis auf ein gelegentliches Zischen kaum einen Laut von sich gab.
Eine Zeit lang sah es jedoch so aus, als wären sie sich relativ ebenbürtig, sodass sich nicht einschätzen ließ, wer am Ende die Oberhand gewinnen würde. Bis der Zufall es so wollte, dass sich daran etwas änderte... besser gesagt, jemand!
Gerade holte die Spionin zu einem weiteren Schlag aus, als seine Faust erneut ihr Jochbein traf, dieses Mal allerdings nahe dem Auge, das auch sofort äußerst beleidigt reagierte, schmerzte und zu zuschwellen begann. Sie hingegen war so im Schwung, dass auch sie ihren Treffer noch landen konnte, bei dem es ein leises, äußerst hässlich knackendes Geräusch gab. Aufjaulend ließ der Angreifer von ihr ab und hielt sich die blutende, anschwellende Nase.
In diesem Moment der Pause wurde plötzlich die Tür aufgerissen. "Was ist hier los?!", erklang die scharfe Stimme der Hausherrin, die eine kleine Lampe mitgebracht hatte.
Deren Licht war nach all der Dunkelheit äußerst blendend, obwohl es nur recht klein war. Das war sicherlich auch bis zu einem gewissen Grad Absicht, denn auf diese Weise konnte Sylvaina sich ungehindert einen Überblick verschaffen über die Situation, ehe die Betroffenen selbst dazu in der Lage waren.
Als sich das unverletzte Auge der Spionin allmählich an die Helligkeit gewöhnt hatte, konnte sie erkennen, wer sich hier in ihr Zimmer geschlichen und ihr so zugesetzt hatte. Mit Tränen auf den Wangen hockte Arvid neben dem Tisch, dessen dazu gestellter Stuhl irgendwann während ihres Kampfes umgefallen war, und hielt sich die blutende Nase.
"Könnt ihr das nicht außerhalb meiner Mauern machen?", folgte ein weiterer Satz, ehe sich die Eiselfe umdrehte und ungewohnt laut nach Melya rief. Dies verschaffte den Kontrahenten eine Atempause, um erst einmal wieder zu Luft zu kommen.
Eine Flucht dagegen wäre sinnlos, nicht nur, weil sie beide sich verausgabt hatten und verletzt waren, sondern auch, weil die Hausherrin strategisch klug in der Tür stehen geblieben war. Wer hinaus wollte, müsste somit erst einmal an ihr vorbei.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Sonntag 10. September 2023, 08:28

Eleyna hatte nicht ohne Grund schon immer Schlafstörungen. Seit sie als Mädchen aus Andunie nach Morgeria gekommen war, schlief sie nicht mehr behütet und erholt. Immer wieder wurde sie als Kind von einem Flammenmeer und der furchtbar entstellten Fratze ihres Vaters geplagt und aus ihren Erholungen gerissen. Dann verblassten diese Träume allmählich und wurden zu einem alltäglichen Problem, mit dem sie sich arrangierte. Es gehörte zu ihr, wie das Atmen und ihre Zukunft in der Spionage waren da ebenfalls nicht förderlich. Erst seit sie Laogh ausgeliefert und schließlich nähergekommen war, wusste Eleyna, dass sie noch in der Lage war fest zu schlafen. Doch der Schatten war nicht bei ihr, sodass sich ihre jahrelangen Schlafstörungen ganz einfach wieder in den Vordergrund schieben konnten. Es würde reichen, damit ihr Gemüt nicht irreparable Risse bekam, doch wirklich erholt würde sie dadurch nicht sein. Zumindest träumte sie in dieser Nacht nicht, was darauf schließen ließ, dass ihr Körper ein Einsehen mit ihr hatte. Oder Manthala. Die letzten Tage waren schwer gewesen und sie ohnehin in einer Verfassung, die sie anfälliger machte für alles, was man mit ihr anstellte. So war es nicht verwunderlich, dass Eleyna aus ihrem Schlaf hochschreckte. Das war zumindest etwas, was sie seit Jahr und Tag gut genug kannte, um sich nicht viel damit zu beschäftigen. Ihr Leben war nicht zum Träumen gemacht. Es war mit schwer verdaulichen Details und Verrat garniert. So glaubte sie auch noch nicht direkt daran, dass sich in ihr Zimmer jemand heimlich Zugang verschafft hatte, als sie wieder ins Kissen sank. Erst kurz darauf, ohne zu wissen oder ergründen zu können, wie lange sie wieder eingeschlafen war, schreckte sie in den wachen Zustand. Sie spürte eine Präsenz und noch ehe sich jene nehmen konnte, was ihr nicht gehörte, da hatte Eleyna schon zugeschlagen. Mit dem Willen, Schmerzen zuzufügen und gleichzeitig ganz deutlich zu machen, dass sie keine leichte Beute sein würde, packte sie den Eindringling und verlangte Auskunft. Statt einer heiseren Antwort allerdings, sank der noch Unbekannte in die Knie und zog sie mit sich.

Eleyna war abgelenkt gewesen von einem Ziehen, welches ihr kurz den Atem nahm und dann jedoch schnell wieder verschwand und überlagert wurde von der Situation. Unsanft landete sie auf dem Rücken am Boden und wurde sogleich mit der Schwere eines Körpers beladen. Für einen Augenblick glaubte Eleyna, dass es das Plappermaul sein könnte, doch dann spürte sie einen Schlag auf ihr Jochbein und zischte wütend. Ja, der Angreifer schürte ihre Wut und Eleyna begann den Kampfmodus zu aktivieren. Ihr freies Bein fand immer wieder die Möglichkeit sich gegen seinen Brustkorb zu werfen und dort gehörigen Schmerz zu verursachen. Allerdings schonte der Angreifer sie auch nicht und Eleyna steckte nicht nur einmal einen Schlag ins Gesicht oder Körper ein. Immer wieder japste sie, gab aber nicht auf. Ihre Sinne waren zum Zerreißen gespannt, während sie ordentlich austeilte. Der andere bewies sich als äußerst zäh, sodass es kein klarer Sieg sein konnte, den Eleyna für sich anstrebte. Plötzlich aber wurde sie erneut getroffen von einer Faust gegen ihr Gesicht und der Schmerz flutete ihren von Adrenalin sowieso schon durchsetztem Körper. Sie fluchte wütend und legte all die Wut in ihren nächsten Schlag, der knirschend auf Widerstand traf und ihn brach.
Endlich verlor sie dieses drückende Gefühl aus ihrem Körper und bekam Zeit, in sich hineinzuhorchen. Eleyna ächzte. Alles tat ihr weh, überall meldeten Rezeptoren die Verluste in ihrem Körper. Hustend und Prustend hielt sie sich den Bauch, ehe sie versuchte in den Sitz zu kommen. Allerdings war ihr Kopf noch reichlich empfindlich, sodass sie sich lieber wieder auf den Boden legte. “Was ist hier los?!“ Es war Sylvaina, die Licht ins Dunkel brachte und ohne ihr zu antworten, blickte sie zu Arvid am Tisch. Eleyna seufzte und schloss die Augen.

Die nächsten Momente bekam sie nur am Rande mit, ehe sie einen erneuten Anlauf nahm, um sich aufzurappeln und schließlich aufs Bett zu setzen. „Ist das dein Ernst, Arvid?“, keuchte sie und schüttelte den Kopf. Sie befühlte ihr Jochbein und das Auge und zuckte unter dem Schmerz zusammen. „Und so willst du… nun nach Morgeria?“, spottete sie und hatte ihm den Rücken zugewandt. Eleyna schloss die Augen. Das Adrenalin ebbte langsam ab und gab das ganze Ausmaß an Schmerz frei. „Clever. Wirklich clever…“, brummte sie und schüttelte den Kopf was sie nicht hätte tun sollen. Ihr Auge schwoll zu, und schränkte ihre Sicht ein. „Ich hoffe, du bist zufrieden. Wenn du deinen Hass aber nicht in den Griff bekommst, komme ich nicht lebend bei unserer Mutter an. Frage dich, was dann aus dir wird.“ Murrte sie tadelnd und gleichzeitig offenbarte sie, dass sie sich nächstes Mal nicht wehren wird. „Du kannst gegen mich kämpfen, so viel, wie du willst, Arvid. Ich werde mich nicht darauf einlassen. Das ist dein Kampf. Nicht meiner.“, zuckte sie die Schultern und sah ihn noch immer nicht an. Sie hatte ihm den Rücken weiterhin zugewandt. Das Zucken ihrer Schultern allerdings trieb ihr den Schmerz wieder ins Gedächtnis. Ihr Rumpf hatte Schläge einstecken müssen und würde gewiss blau werden. Ihr Gesicht lädiert, ihr Kopf brummte. Eleyna seufzte langgezogen und erhob sich. Sie wollte eine Schüssel mit Wasser finden, dazu einen Lappen, um sich dann ein wenig zu säubern. Das Blut lief ihr bereits über das Gesicht, während die Tropfen den Boden und ihre Kleidung besudelten. Arvid hatte ganze Arbeit geleistet und wieder bewiesen, wie unbedacht er handelte. Immerhin wollte er mit ihr bis nach Morgeria. Verletzt kämen sie bedeutend langsamer voran. Aber das erwähnte sie nun nicht explizit. Sie hatte ihm um Subtext bereits zu verstehen gegeben, dass sie diese Aktion für äußerst dämlich hielt.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Freitag 15. September 2023, 13:10

In einer Welt voller Feinde und Ungewissheiten kam es vermutlich einer Art Wunder gleich, wenn man überhaupt noch halbwegs erholsamen Schlaf zu finden imstande war. Vor allem dann, wenn der Körper enorm viel leistete und Kraft schöpfen musste. An diesem Ort war Eleyna zum größten Teil von neutralen Personen umgeben, denn die Eiselfe hatte deutlich gemacht, dass sie nicht länger ihre Gefangene war. Es gab lediglich eine Person, die ihr negativ gegenüber stand und diese hatte sich vorhin nach Irgendwo verzogen.
Im Prinzip also gute Voraussetzungen, um eine Nacht halbwegs unbeschadet in einem nicht übermäßig bequemen, dafür jedoch zumindest sauberen Bett zu verbringen. Das Problem daran war allerdings eben dieser eine, der sich irgendwann in der Nacht... oder war es eigentlich noch Abend? Die Müdigkeit hatte sie jedenfalls noch fest im Griff, sodass er weit genug kam, um nach ihrem Handgelenk greifen und damit beginnen konnte, etwas um ihr Handgelenk zu wickeln.
Doch als er dazu überging, das bei dem zweiten ebenso tun zu wollen, zeigte sie ihm äußerst effektiv, dass die Berührung ihre Erschöpfung wie weggeblasen hatte. In der beinahe absoluten Dunkelheit wurden sie zu zwei Schatten, die miteinander rangen und sich dennoch irgendwie auch ebenbürtig waren. Die Spionin wusste nicht nur auszuteilen, sondern auch einzustecken, sodass ihr Angreifer alles andere als unbeschadet blieb. Blaue Flecken würden bald ihrer beider Körper zieren und noch in einigen Tagen davon künden, dass sie einander nicht grün gesonnen waren.
Wie lange diese Auseinandersetzung dauerte, war nicht auszumachen. Aber sie verlief alles andere als leise und das wiederum rief die Hausherrin in Person auf den Plan. Gerade, als Eleyna einen ordentlichen Treffer einstecken musste, während sie einen nicht minder guten austeilte, wurde die Tür geöffnet. Beide hatten sich getrennt, um Atem zu schöpfen, wie es solche Auseinandersetzungen immer wieder erforderten, und nun sorgte das Licht dafür, dass sich die Szenerie aus der Dunkelheit schälen konnte.
Auch wenn es einige Momente dauerte, bis sich die Augen nicht mehr lediglich geblendet fühlten, sondern damit begannen, wieder zu sehen. Nun ja, zumindest drei von vieren, denn eines von Eleyna schwoll bereits zu und alles rundherum pochte wie verrückt. Dieser Kontakt war alles andere als harmlos gewesen und hätte mit etwas weniger Glück besonders übel ausgehen können für sie.
Während ihr Gegner damit zu kämpfen hatte, dass aus seiner Nase Blut lief. Das hätte ihn vielleicht nicht gar so sehr gekümmert, wäre der Knochen in der Mitte seines Gesichts nicht so unmittelbar mit ihrer Faust kollidiert und hätte das Knacken nicht darauf hingewiesen, dass er durch die Wucht gebrochen war. Schon schwoll es auch bei Arvid im Gesicht an, der verbissen gegen die Tränen des Schmerzes ankämpfte, und zusammen mit dem kostbaren Lebenssaft wirkte sein Antlitz in dem flüchtig flackernden Licht durchaus schaurig.
Sylvaina hingegen ließ sich davon nicht beeindrucken und forderte sichtlich ungerührt nach Aufklärung. Trotzig presste der Junge die Lippen aufeinander, als wolle er sämtliches Blut daraus verbannen, weil sowieso schon genug über seine Haut darüber lief, und verfolgte mit fast schon mörderischer Wut jede Bewegung seiner Halbschwester, der es nach einigen Anläufen gelang, sich aufs Bett zu setzen. Als auch diese damit anfing, ihn auszuschimpfen wie einen unreifen Bengel, auch wenn er das im Prinzip war, wandte er seinen Blick ab.
"Finger runter.", kam es indes von der Eiselfe, die bereits nach ihrer Magd gerufen hatte, als die Spionin nach ihrem Auge tastete. Diese erschien schnell, als hätte sie bislang nicht geschlafen trotz der späten Stunde, und verschwand nach einem schnellen Hereinschauen sofort wieder. Anscheinend war es nicht unüblich, dass es in diesem Gehöft das ein oder andere Mal zu Verletzungen kam, die versorgt werden mussten, sodass es keiner weiteren Erklärungen bedurfte. Und da es sich bei den Bewohnern um reinrassige Eiselfen handelte, würde man ihnen wohl kaum anmerken, was sie davon hielten, dass diese Blessuren durch eine Schlägerei zustande gekommen waren.
Währenddessen machte sich Eleyna Luft, bis auch ihrem Halbbruder der Kragen platzte. "Jeder gottverdammte Ork schläft um so eine Uhrzeit! Woher soll ich wissen, dass du so blöd bist und dich wehrst?", fauchte er und machte Anstalten, aufzustehen und, wahrscheinlich, neuerlich auf sie loszugehen.
Dass es nicht soweit kam, hatte mehrere Gründe. Einerseits war es sein eigener Zustand, denn kaum auf den Beinen erfasste ihn leichter Schwindel, da auch er sich anscheinend den Kopf irgendwann zwischendurch gestoßen hatte, sodass er nach dem Stuhl neben sich griff und sich daran festzuhalten versuchte. Andererseits machte ihm die Hausherrin höchstpersönlich einen Strich durch die Rechnung. Ohne Vorwarnung und mit wenigen, weit ausgreifenden Schritten war die zierliche Frau bei ihm, hatte zuvor schon die Lampe abgestellt, packte ihn am Kragen und verpasste ihm zwei laut klatschende Ohrfeigen, je eine auf eine Wange. Diese mussten wuchtig gewesen sein, nicht nur, weil sie gut zu hören waren und ihm ein leises, gequältes Stöhnen entlockten, ehe er sich auf die Zunge beißen konnte. Nein, auch seine Haut wirkte mit einem Mal um einiges rosiger. Fehlte nur noch, dass ihre Abdrücke zu sehen gewesen wären.
"Du verfluchter Hurensohn, habe ich dir die Regeln nicht deutlich genug erklärt?", sprach sie mit einer Eiseskälte in der Stimme, bei der eigentlich sofort das gesamte Zimmer unter Frostbeulen hätte leiden müssen. Lag das an ihren Verletzungen und der Müdigkeit oder wurde es um sie herum tatsächlich einige Nuancen kälter? Ob Sylvaina eigentlich Eismagie beherrschte?
Arvid indes begann sich zu sträuben und sich zu wehren. Rein optisch hätte sie keine Chance gegen ihn gehabt, der sie um einiges überragte und als fast ausgewachsener, männlicher Elf auch stärker wäre, und auch die Spionin hatte festgestellt, dass er ein durchaus würdiger Gegner war im Nahkampf. Aber bei einer erfahrenen Frau, die sich in einer Männerwelt durchgesetzt hatte, hatte er schlechte Karten. Ehe er sichs versah, hatte sie ihm den Arm auf den Rücken gedreht und ihn in eine bückende Position gezwungen, dass ihm das Blut nur so vom Kinn tropfte, während er keuchend dastand.
"Vorsicht, Bürschchen, sonst bricht heute nicht nur deine Nase.", drohte sie ihm unverhohlen und drückte den Arm minimal noch etwas weiter nach oben. Es knirschte leicht, aber das kam von seinen Zähnen, die er entschlossen zusammen biss, um keinen Ton von sich zu geben, obwohl es durchaus schon schmerzhaft aussah.
Trotzdem deutete er ein Nicken an und schon ließ sie ihn los, als hätte sie sich an ihm verbrannt. Eine Handvoll Schritte brachte sie aus seiner direkten Reichweite, sodass sie sich an ihre Besucherin wenden konnte. "So, wie du aussiehst, wäre sitzenbleiben sinnvoller.", merkte sie an.
Nicht mehr lange und die Magd wäre ohnehin mit Verbandszeug und Waschgelegenheit und ähnlichem zurück, um sich ans Verarzten machen zu können. Ob diese Behandlung auch für Arvid erlaubt wäre, bliebe abzuwarten und war vielleicht sogar von seinem weiteren Verhalten abhängig.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Mittwoch 20. September 2023, 13:04

Es würde gewiss sehr viel Geduld und vor allem Willen erfordern, eine andere Beziehung zu ihrem Halbbruder aufzubauen, als jene, die sich deutlich zeigte. Der Hass, der ihr entgegenschlug, war für die Halbelfe kaum nachvollziehbar und doch konnte sie sich vorstellen, woher er kam und mit welchen Mitteln er erreicht worden war. Morgeria war…. Grausam. Selbst hatte Eleyna erfahren, was es hieß ausgegrenzt zu werden. Nun bedeutete dies aber nicht, dass sie nur gemieden wurde. Ganz im Gegenteil: Schon als Kind eines Menschen hatte sie einen schweren Stand gehabt. Einzig der ranghohe Namen hatte sie am Leben erhalten, auch wenn sie das nicht vor Übergriffen, seit sie in Morgeria angekommen war, bewahrt hatte. Stets hatte sie kämpfen und Schläge einstecken müssen. Immerzu wurde sie verbal beschimpft und bösen Spott ausgeliefert. Was das mit einer Seele machte… nun, die einen wurden grausam. Die anderen überlebten schlicht nicht. Und wieder andere, so wie Eleyna, wurden von Natur aus verschlossen und sehnten sich im Geheimen nach etwas Wärme. Ob Arvid auch so jemand war? Eleyna wusste es nicht zu sagen, doch der Andere gab ihr auch keine Hinweise darauf. Er blockte alles ab und offenbarte damit, wie lange er der Gehirnwäsche eines Konkurrenzkampfes ausgesetzt gewesen war. Andererseits waren sie auch erst vor kurzem beisammen und hatten überhaupt Gelegenheit, sich zu beschnuppern.

Laogh war felsenfest der Meinung, sie von ihm zu trennen, weil er ihr Leben in Gefahr wähnte. Nun, er hatte definitiv nicht übertrieben, aber Eleyna war nun mal ein Sturkopf. Das würde auch Arvid merken, sobald er sie nach Morgeria schleifen wollte. Die Mischlingselfe musste allerdings nur kurz nach ihrem Einschlafen erkennen, dass die Sturheit in der Familie lag. Arvid wollte sie angehen, sodass er mit seiner wenig durchdachten Aktion ihre Gegenwehr provozierte. Er hätte es wissen müssen, wenn er nur einmal kurz nachgedacht hätte. Nachdem sie sich gegenseitig nichts geschenkt hatten, maulte er auch wie ein geprügelter Hund ihre Richtung. "Jeder gottverdammte Ork schläft um so eine Uhrzeit! Woher soll ich wissen, dass du so blöd bist und dich wehrst?", fuhrwerkte er und Eleyna suchte noch immer nach etwas, um sich das blutende Auge zu tupfen. „Ich habe geschlafen! Bis du mit dieser völlig blöden Idee daherkamst und auch noch darauf sauer bist, dass sie nicht funktionierte!“, gab sie zurück und schnaufte durch. Offenbar wollte Arvid erneut beweisen, dass er sie überwältigen konnte, doch dann war Silvaina bei ihm und wusch ihm mit eiskaltem Wasser den Kopf. Eleyna wandte sich zu schnell um, alarmiert von der Hektik und spürte einen Schwindel und klopfenden Kopfschmerz aufkommen. Sie wankte, ehe sie sich wieder auf das Bett zurücksetzte und ihre Suche nach einem Lappen aufgab. Nachdem die Eiselfe die Tirade beendet und eindeutig gewonnen hatte, trat sie vor sie und mahnte, dass sie auf jeden Fall sitzenbleiben sollte. Eleyna schnaubte. „Na wunderbar.“, murrte sie und wandte den Blick ab. „Dank dem Kindskopf, wird die Reise noch ätzender als sowieso schon“, murmelte sie eher für sich aber gewiss deutlich genug. Eleyna wartete schweigsam mit der Eiselfe und dem kochenden Kind in ihren Rücken auf die Magd. Sie brachte frisches Wasser, Nahtzeug und Tücher, sowie Verbände. Eleyna ließ sich ohne zu Zucken behandeln. Etwaige Schmerzen ließ sie sich nicht anmerken, das hatte sie in Sarma gelernt. Ihre Miene aber war verschlossen, zumindest das, was man noch erkennen konnte. Immerhin war ihr Auge bereits zugeschwollen und auch ihr Thorax schmerzte bei jeder Atmung. Sie hatte gewiss Prellungen durch die Schläge erhalten und von den Ziehen in ihrem Bauch, wollte sie gar nicht erst anfangen. Arvid hatte sich benommen wie ein Berserker und was nun?? Was wäre jetzt der Plan? Ihr Blick zum Fenster verriet ihr, dass die Morgendämmerung nicht mehr lange auf sich warten lassen würde… Sie erinnerte sich daran, dass sie nach Santros kopflos nach Morgeria hatte stürmen wollen, um ihre Mutter zu töten. Laogh hielt sie davon ab, zeigte ihr eine Welt, die sie ebenfalls haben könnte. Doch dieses Mal hatte er sich geirrt. Dieses Mal lag er falsch, denn nun saß sie hier, ihrer Illusion beraubt und fasste den Entschluss von einst erneut. Sie würde sich also von Arvid nach Morgeria verfrachten lassen. Auf dem Weg, würde sie ihn entweder davon überzeugen, dass sie nicht der Feind war und ihn für ihre Sache gewinnen oder aber daran scheitern und ihrer Mutter gegenübertreten. Eleyna würde beide Varianten nehmen… denn in beiden Fällen, käme sie dem Ende ihrer Vergangenheit ein großes Stück näher…

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 21. September 2023, 12:45

Ein Aufwachsen in Morgeria mochte, wie in allen anderen Städten, vielseitig sein. Aber von einem konnte man, vor allem mit entsprechenden Erfahrungen, stets ausgehen: behütet und geborgen wäre es nur in den allerseltensten Fällen. Doch jeder hatte seinen eigenen Charakter und während der eine sich dennoch relativ gut entwickelte, ohne größere seelische Störungen, da fand der andere eine andere Strategie, um zu überleben. Denn um nichts anderes ging es, insbesondere für jene, die nicht reinen, dunkelelfischen Blutes waren. Trotzdem war das allein noch nicht die Erklärung für Arvids Verhalten. Da steckte sicherlich mehr dahinter!
Die Frage war allerdings, ob die Spionin willens und geduldig genug wäre, um mehr darüber herausfinden zu wollen. Von einer Änderung, womöglich einer Verbesserung, wäre dabei noch nicht einmal die Rede!
Im Moment jedoch hatte er ein weiteres Mal bewiesen, dass er dazu neigte, blind um sich zu schlagen in seiner Verblendung. Wenngleich auch er ordentlich eingesteckt hatte und damit gezeigt hatte, dass er durchaus ein zäher Nahkämpfer war. Nur eben kein wirklich Geübter, sonst hätte sie vermutlich weniger gute Chancen gehabt.
Aber es war nun einmal, wie es war, und ehe sie sich beide gegenseitig noch mehr und effektiver an die Gurgel hätten gehen können, war die Hausherrin persönlich aufgetaucht. Diese übernahm auch die Führung, ganz, wie sie es gewohnt war. In anderen Situationen hätte sich der eine oder beide Beteiligten womöglich darüber beschwert, doch hier und jetzt war es vermutlich willkommen, schließlich wusste sie gleich, ihre Magd loszuschicken, damit die Verletzungen versorgt werden könnten. Beide brauchten dafür nicht viele Worte, das Aussehen der Kontrahenten sprach ohnedies Bände.
Arvid indes konnte es noch immer nicht lassen. Wenn er schon nicht körperlich angreifen konnte, so versuchte er es zumindest verbal. Um sofort einen Konter zu erhalten, der ihn zuerst noch blasser um die Nase werden ließ, ehe die Röte richtiggehend in seine Wangen schoss. "Ich war absolut nicht hörbar!", beschwerte er sich und wirkte... was? Ehrlich gekränkt? Beinahe könnte man das glauben bei seinem Anblick, den er einen flüchtigen Atemzug lang bot.
Und sobald sie etwas Ruhe hätte und nachdenken könnte, könnte sie sich darin sicherlich bekräftigt fühlen. Schließlich hatte sie ihn schon als Bogenschützen erlebt und diese waren durchaus auch darauf angewiesen, lautlos zu sein. Ob es ihm etwas bedeutete? Diese Art des Kampfes ebenso wie die Tatsache, dass er gut darin sein könnte? Hatte sie nicht schon zu hören bekommen, er wäre an ihr gemessen und für nicht gut genug befunden worden? Was hatte Laogh ihr noch einmal über ihn erzählt, die spärlichen Informationen, die sie ihm hatte entlocken können? Könnte sie seinen Panzer des Hasses und der Ablehnung vielleicht durchbrechen, indem sie von dieser Seite aus ansetzte?
Jetzt erst einmal kam sie sowieso nicht dazu, sich mit diesem Aspekt zu befassen. Wenigstens war Sylvaina neutral und sorgte, ungeachtet der Verwandtschaftsverhältnisse, dafür, dass Ruhe in ihrem Haus einkehrte und die Gewalt nicht zurück kam. Während also die Halbelfe mit den Folgen der Treffer kämpfte, sorgte die Eiselfe dafür, dass Arvid gar keine andere Wahl hatte, als sich zusammen zu reißen. Wie wenig ihm das gefiel, sah man ihm deutlich an, trotz des Blutes, das aus seiner gebrochenen Nase lief.
Bei dem Gemurmel hingegen hob die Hausherrin leicht ihre Augenbraue an. "Ich bezweifle, dass ihr in einigen Stunden eine Reise machen werdet.", stellte sie kühl fest, ohne, dass man in ihrer Miene hätte ablesen können, was sie von dieser Verzögerung hielt.
"Was redest du da? Natürlich fahren wir los!", protestierte der Junge sofort und fing sich damit einen kühlen Blick von oben ein... obwohl die Eiselfe ihm nur mit Müh' und Not bis zur Schulter reichte. Dennoch gelang ihr diese Wirkung, sodass beide Frauen sehen konnten, wie die Wut schon wieder in ihm hochkochen wollte. Von der Beherrschung seiner Gefühle, wie sie bei der Rasse seines Vaters so typisch war, war bei ihm gerade überhaupt nichts zu merken.
"Ich entscheide, wann ich euch ein passendes Gefährt zur Verfügung stelle und wer diesen Ort verlassen kann. Das solltest du nicht vergessen.", erinnerte sie ihn ungerührt.
In diesem Moment tauchte die Magd auf mit allem, was man zur Versorgung von Wunden benötigte. Erstaunlicherweise war sich die Hausherrin nicht zu fein, um selbst mit anzupacken, denn ohne abzuwarten oder womöglich gar zu fragen, griff sie sich einige Dinge und widmete sich dem Mischlingselfen.
Dieser musste sich hinsetzen und war gewiss nicht zu beneiden. Auch Melya war nicht die zartfühlendste Pflegerin, wie Eleyna bald feststellen dürfte, allerdings war sie um einiges behutsamer als ihre Herrin. Während die Magd nämlich darauf achtete, beim Säubern und sonstigen Verpflegen tastend voran zu kommen, um unnötige Schmerzen zu vermeiden, da nahm Sylvaina keine Rücksicht darauf. Wenn ein Handgriff erforderlich war, dann führte sie ihn aus, ohne Rücksicht auf die Pein, die dadurch zusätzlich entstand, oder zumindest einer Vorwarnung. Mehr als einmal jaulte der Junge wie ein geprügelter Hund und knirschte noch öfter mit den Zähnen, nachdem er sich die Lippe selbst blutig gebissen hatte. Nein, zimperlich ging die Eiselfe nicht mit ihm um!
Die Magd hingegen säuberte zuerst das Gesicht des unfreiwilligen Gastes, dann reichte sie ihr ein Tuch. "Auf Haut. Sonst zu kalt.", sprach sie leise, aber bestimmt und wartete, bis die andere dieser Aufforderung nachkam und den Stoff über das zugequollene Auge gelegt hatte.
Erst dann griff sie von dem Tablett mit den Utensilien einen kleinen Stoffsack, den sie nur oben zusammen hielt und nicht auf ihrem Handteller abstützte. Sobald der bauchige Teil jedoch behutsam auf das Tuch gelegt wurde, konnte die Spionin auch verstehen, warum. Darin musste sich blankes Eis befinden! Aber es kühlte und tat ihr gut. Damit Melya weiter machen konnte, musste sie den Sack selbst halten.
Danach sah sie noch einmal nach der Platzwunde an der Schläfe, die inzwischen aufgehört hatte zu bluten. "Nicht groß. Nicht nähen.", erklärte sie und tastete dann Arme wie Beine ab, doch auch hier war nichts gebrochen, zumindest gab es keinen Hinweis darauf. Blaue Flecken, einige Kratzer und Abschürfungen, sonst nichts.
Schließlich nickte sie und sah der Halbelfe wieder ins Gesicht. "Kopf gut?", fragte sie und wollte wohl noch mehr sagen, als hinter ihr ein besonders jämmerlicher Laut erklang.
"Weichei! Tu nicht so, als ob ich dir deine Eier grad abschneid'!", schimpfte Sylvaina, während sie nach Verbandszeug griff und damit an der Hand herumwerkte, deren Finger sie soeben wieder eingerenkt hatte. Dieser war während der Rangelei in Mitleidenschaft gezogen worden, ohne, dass sie beide es bemerkt hatten.
Die Magd sah zu ihnen hin, seufzte beinahe lautlos und widmete sich dann wieder ihrer Patientin. "Bauch gut?", fügte sie nun endlich an, was sie zuvor hatte sagen wollen. Anscheinend wusste sie Bescheid. Was die Eiselfe ihrer Dienerin wohl alles erzählt haben mochte? Und warum?
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