Zwischen Jersa und Rugta

Dieser Landstrich ist so hügelig, dass man vergeblich nach einem flachen Stück Erde suchen wird. Tagsüber eine saftige Landschaft mit Wiesen, Wäldchen und Grasebenen. Doch nachts kommen die Nebel über das Reich und mit ihnen unheimliche Schrecken.
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 28. Januar 2015, 09:06

Bei Delilah und Baltos

Die junge Magi wurde bei den Hüften gepackt und wie ein Kind auf den Schultern des Mantroners platziert. Das sie dabei jeden Bezugspunkt verlor, war dem freundlichen Mann aus dem Eisreich nicht bewusst. Ohne Kontakt zum Boden konnte Delilah sich nicht orientieren und so war seine Frage:
„Wo ist denn dein Zimmer?“
, recht schwierig zu beantworten. Zum Glück dachte Neroli mit in dem sie sich fast zeitgleich in Bewegung gesetzt hatte, den Weg mit einer Handbewegung wies und dann voraus ging.
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Delilah » Mittwoch 28. Januar 2015, 09:22

Zwei starke Hände packten sie an der Hüfte und hoben sie hoch. "Waaaha...hahaha!" Ein Lachen, gemischt mit einem Ausruf der Überraschung, brach sich Bahn. Fest umklammerte sie den Brief in ihrer Hand. "Was machst du da?", fragte sie, ihre Stimme immer noch getränkt von ihrem Lachen. Ohne Mühe hatte er sie einfach auf seine Schulter gesetzt. Die Aussicht wäre sicher spannend gewesen, von hier oben. Im Moment... war sie jedoch vollkommen orientierungslos. Die Gestalt unter ihr beugte sich hinab um seine Waffen aufzunehmen und Delilah schwankte auf ihrem hohen Thron. Sie legte ihren Arm um seine Schulter um sich zu stützen. Im Moment schwebte sie in der Dunkelheit, begleitet von den beiden Lichtgestalten. Aber wo sie war und wo die Decke begann... sie hatte nicht die leiseste Ahnung. Zum Glück brauchte sie sich in Veranos Haus nicht allzu viele Sorgen machen, dass sie sich den Kopf stieß. Sie war schon öfter getragen worden, sie war wirklich nicht allzu schwer. Aber das war dann schon was anderes. "Wenn du mit mir übst, kann ich das sicherlich." Da fragte Baltos wo ihr Zimmer war... und Delilah wusste nicht genau, wie sie antworten sollte. "Oben im rechten Flur..."
Es war die Treppe rauf... den rechten Flur entlang... aber welches Zimmer genau? Das mit der Schale davor...
Die violette Gestalt... Neroli ging vor und zeigte Baltos den Weg. Delilah war skeptisch. Sie traute dieser Frau nicht. Nicht einmal, wenn sie einem den Weg zeigte. Gingen sie auch wirklich die Treppe hinauf? In den rechten Flur hinein? Von da würde sie vermutlich alleine "nach Hause" finden. Außerdem... wie hatte die Frau die Frage verstanden? Baltos hatte doch auf Esera gesprochen...

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Baltos » Donnerstag 29. Januar 2015, 09:31

„Na dann!“ Der Mantroner lief spielend die Treppe hoch so als würde Deli nichts wiegen, was im übertragenden Sinn auch stimmte. Der Jäger war wesentlich schwerere Lasten gewöhnt, diese kleine Dame könnte er wahrscheinlich einen ganzen Tag tragen, ohne wirklich zu ermüden.
Im oberen Stockwerk angekommen warf Baltos nur einen flüchtigen Blick nach oben um sicherzugehen das sich sein Reisepassagier nicht den Kopf stieß, aber seine Sorge war unbegründet. Deli hatte noch genug Kopffreiheit zur Decke und so marschierte der Mantroner weiter Neroli hinterher. Diese steuerte zielgerichtet auf die Tür von Deli zu. Baltos sah noch Gunter, der vor seiner Tür stand und ein Gemälde betrachtet.
Als Neroli die Tür eines Zimmer öffnete, das ihn unbekannt war, ging der Jäger davon aus das es das Zimmer von Deli war.
„So wir sind anscheinend da!“ Und mit diesem Satz packte er die junge Frau und setzte sie wieder auf den Boden ab.
„Wenn du Hilfe brauchst mein Zimmer ist am ende des Flurs auf der rechten Seite, gegenüber vom Bad!“

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Freitag 30. Januar 2015, 09:16

Bei Gunther, Baltos und Delilah

Jeder Flur hatte sechs Zimmer, immer versetzt mal links mal rechts vom Gang. Delilah hatte das erste Zimmer rechts auf dem Flur, dann links eins frei, dann Gunthers rechts, dann Kadias links, am Ende Baltos rechts und das Bad links. Die Räume, die rechts lagen in diesem Flügel so, dass man nach vorne hinaus schauen konnte und den Vorplatz mit den Stallungen sah. Einem ausgesprochen aufmerksamen Beobachter, der nicht von seinem eigenen Lachen oder dem Gewicht einer kleinen Dame auf den Schultern abgelenkt gewesen war, der hätte vermutlich das kurze Zögern in der Schrittfolge der schwarzhaarigen Bediensteten gesehen, aber es war eben nur so auffällig wie ein Schrittwechsel im Walzertakt. Geschehen war dies kurz nach dem Delilah die Richtung, mit den Worten:
"Oben im rechten Flur..."
,vorgegeben hatte und nicht der Mantroner selbst. Damit war für die erfahrene Hausdame spätestens dann vollkommen klar, dass der wilde Jäger dem Mädchen auf ihr Zimmer helfen wollte und so führte sie die beiden dort hin. Delilahs Lachen zeigte keinerlei Wirkung auf ihrem Gesicht, aber in ihrem Innern begann es zu arbeiten. Still betrachtete sie das fröhliche Treiben und die ungezwungene Gelassenheit zwischen den beiden. Ihr Blick huschte über das vom Unterkleid entblößte Bein, dass sich um Baltos Hals gelegt hatte, als er sie auf seine Schultern gehoben hatte, die kleinen Hände die sich an seinen breiten Schultern fest hielten und das gelöste Lächeln in Delilahs Gesicht. Ja, sie würde Bericht erstatten, wie ihr Herr es stets verlangte… bis ins kleinste Detail.
„In 15 Minuten wird der erste Gong sie zum essen rufen, in 20 Minuten werden sie im großen Speisesaal erwartet. Bitte seien sie pünktlich. Herr Bestientod, sie finden in ihrem Zimmer einen neuen Mantel und ein wenig Salbe für die Kratzer, wenn nötig. Fräulein Delilah, falls sie ihre Dienerin suchen, sie befindet sich in der Gesellschaft von Fräulein Kadia. Wenn sie nach ihr läuten, wird sie es sicher hören. Bitte entschuldigen sie mich, ich habe zu tun.“
Sie machte eine formvollendete Verbeugung, wobei ihr schwarzes Kleid sich leicht um ihre Beine blähte und zog sich dann zurück. Kaum hatte sie sich abgewandt huschte ein leises Lächeln über ihre kühlen Züge. Es gab viele Stolpersteine in diesem Haus, selbst für Sehende waren sie nicht immer gut zu erkennen und so wie es aussah, entwickelten sich die Dinge sogar ohne ihr Zutun ganz hervorragend.
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Gunther Brockhardt » Samstag 31. Januar 2015, 18:30

Als Gunther hinauf zu seinen Gemächern ging hörte er ein Geräusch. Luci und Kadias Lachen waren hinter Kadias Zimmertür zu hören. Anscheinend verstanden sich die beiden Mädchen auch sehr gut. Durch die dicken Türen konnte er zwar nicht die genauen Worte verstehen, aber ihr Klang war fröhlich. Dieses Lachen war frei von Sorge. Ja. Lach nur, erfreu dich an der Schönheit des Lebens. Sei fröhlich… glücklich. Das hast du dir nach all dem verdient Kadia…

Er war schon fast vor seiner Tür angekommen, als sein Blick zufällig auf eines der Bilder fiel, welche die Gänge schmückten. Es stellte wohl einen der ehemaligen Besitzer des Anwesens dar, also einen Verwandten des Grafen? Der Mann auf dem Gemälde hatte äußerlich wenig… um nicht zu sagen gar keine Ähnlichkeit mit dem jetzigen Besitzer des Anwesens. Dann fiel sein Blick auf das Taschentuch, das der Mann auf dem Gemälde in der anderen Hand hielt, und das darauf eingestickte Wappen. Gunther kam es bekannt vor und sofort versuchte er zu enträtseln woher er das heraldische Zeichen kannte. Zwei Löwen die ein Schild halten… Hm… Zwei Löwen und ein Schild. Oh Lysanthor ich werde wirklich langsam zu alt. Nicht einmal mehr an einfachste Wappenkunde kann ich mich erinnern. Aber gut, das hat auch noch Zeit. Vielleicht lässt sich ja in Jorsa etwas darüber in Erfahrung bringen. Seufzend und mit sich selbst unzufrieden wandte er sich von dem Bild ab und lauschte noch einmal in den ruhigen Korridor. Die tiefe Stimme des jungen Baltos brummte vom Treppenaufgang herauf. Das Lachen der beiden Mädchen aus Kadias Zimmer drang noch einmal an seine Ohren und entlockte ihm doch noch ein kleines Lächeln. Ein Funke Hoffnung in finsterster Dunkelheit…

Der alte Mann machte ein paar Schritte auf die Tür seines Zimmers zu, als Baltos mit dem Fräulein Delilah auf den Schultern und von der Dienerin Neroli geführt die Treppe herauf kam. Delilah wirkte fröhlich und beinahe ausgelassen, Baltos unbekümmert und Neroli… sie zeigte nicht einmal im Ansatz die Regung einer Emotion. Der Inquisitor warf der Dienerin einen letzten Blick zu, der vielsagender nicht hätte sein können. Dich behalte ich im Auge, und zwar ganz genau!

Danach betrat er sein Zimmer und schloss hinter sich die Tür. Er hatte noch eine halbe Stunde Zeit zu tun was er wollte, darüber zu sinnieren, was Lysanthors Wege in diesen Tagen für ihn bereithielten. Während er schweigend aus dem Fenster seines Zimmers in die grauen Nebelschwaden im Garten sah, sinnierte er über das, was bisher auf diesem Anwesen passiert ist. Dieses blonde Mädchen, Delilah, sie brauchte Hilfe, das stand außer Frage. Und vielleicht konnte er ihr helfen, dessen war er sich bewusst. Er konnte heilende Zauber wirken, und eventuell konnte er ihr verloren gegangenes Augenlicht wiederherstellen. Doch was dann? Wie lange würde es dauern, bis sie wieder jemanden fand, dem sie unbedingt helfen wollte? Wie lange würde es dauern, bis sie sich durch fehlende Geistesgegenwart und durch blinden, übertriebenen Altruismus wieder selbst in Gefahr brachte?

Während er über diese Fragen nachdachte, löste er seinen Schwertgurt von der Hüfte, und kniete sich langsam und bedächtig vor das Fenster. Er vermutete, dass die Sonne bereits untergegangen war. So genau konnte man das in dieser Gegend leider nie sagen. Nichtsdestotrotz verlangte seine Selbstdisziplin und sein Glaube, dass er betete und er würde sich nicht durch etwas Nebel von dieser Pflicht befreien lassen. Er zog seine Waffe aus der Scheide, legte den Gurt beiseite und stellte das Schwert behutsam vor sich auf. Kniend, den Knauf des Schwertes vor Augen begann er damit, seinen Gott um Beistand anzuflehen.

„Herr des Lichts, erhöre mein Flehen.
Führe mich durch diese Finsternis.
Erleuchte meinen Pfad mit deiner Herrlichkeit.
Lass mich nicht straucheln im Angesicht der Prüfungen die mir auferlegt werden.
Schenk mir die Kraft und den Glauben um zu tun was du verlangst.
Lass mich in deinem Namen das Richtige tun und deine ewige Wahrheit weitertragen.
Lass mich nicht scheitern, hilf deinem Knecht und leuchte mir den Weg.“


Während Gunther betete, schien es beinahe so, als würde er alles um sich herum ausblenden. Nach einigen Versen schloss er die Augen und senkte den Kopf. Der Glaube dieses alten Mannes war schon beinahe körperlich zu spüren, so stark war er.
Während des Gebets wurde Gunther klar, dass er dem Mädchen Delilah helfen würde, doch er würde sich auch ihrer annehmen müssen, um sie auf den richtigen Weg zu bringen. Er hatte Angst zu versagen, und je mehr er sich Gedanken darüber machte, wie er dem Mädchen helfen konnte, desto größer wurde diese Angst. Doch je größer seine Angst wurde, desto inbrünstiger und flehender wurden seine Gebete. Er war so sehr vertieft, dass er gar nicht bemerkte, dass ihm das Geschenk Rukullas, die Robe mit der eingestickten Rune, von den Schultern rutschte. Gunther schien in einen meditativen Zustand des Gebets zu verfallen. Dieses „Wächtergebet“ bestand aus Einzelgebeten und der Rezitation vieler Verse aus den heiligen Schriften. Sein Flüstern schien den ganzen Raum zu erfüllen und er schien sich keine Gedanken darüber zu machen, ob er zu spät zum Essen erscheinen würde oder nicht. Dennoch war er noch immer in der Lage, den Gong zu hören der ihn in den Speiseraum rufen sollte. Doch bis dahin würde er nichts weiter tun als beten und darauf hoffen, dass sein Gott ihm den Weg wies.

Je länger sein Gebet andauerte, desto sicherer wurde Gunther in seinem Entschluss, dass er dem Mädchen helfen würde. Er wusste auch, wie er vorgehen würde, doch das schwierigste Problem sah er nicht im Heilen ihrer Blindheit, sondern darin ihr sie in Zurückhaltung und magischem Selbstschutz zu unterweisen. Sie war noch so jung und so naiv….

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Delilah » Samstag 31. Januar 2015, 21:57

Delilah war in Dunkelheit gehüllt wie in einen Mantel, bedeckt von Kopf bis Fuß, als wolle sie die Finsternis vor etwas schützen, dass da draußen lauerte. Der große Bruder, der die kleine Schwester vor der grausigen Wahrheit bewahren möchte. Doch es taten sich mehr und mehr Löcher auf, je mehr Menschen ihre Umgebung besiedelten. Jedes Licht erhellte ihre Welt und die Licht-Magi wurde weiter befreit, wie zuvor von der Lähmung nun Stück für Stück von der Dunkelheit.
Sie wollte das Licht, auch wenn es die Schatten mit sich brachte.

Befreit klang auch ihr Lachen, das durch die langen Flure des Anwesens schallte. Ob Verano es hörte? Sie wusste nie, was er gerade trieb. Delilah hob schützend eine Hand empor, sie hatte ein wenig Angst sich zu stoßen, denn wer wusste schon wie hoch oder tief die Decken hier waren? Bei ihnen zuhause würde Baltos vermutlich nicht einmal alleine durch die Türen passen ohne den Kopf beugen zu müssen. Aber hier berührten ihre Hände nichts, ihr Kopf war in Sicherheit.
Ihr seltsamer Ritt endete vor ihrer Zimmertür, als der riesenhafte Mantroner sie wieder von seinen Schultern hob als wäre sie nichts weiter als ein kleines Häschen, das man ohne Mühen durch die Gegend tragen konnte. Ihre blanken Füße berührten wieder den sicheren Boden, altes Holz und flachen Teppisch. Sie grinste zu ihm empor und bedankte sich brav.

Ein Stück weit entfernt sah sie Gunthers Lichtgestalt im Flur stehen und sie erkannte auch den Geruch der Brennesselsalbe, der zu ihr hinüber wehte. Sie lächelte ihm zu, dann verschwand er auch schon mit einem leisen Klicken seiner Tür in dem für ihn bereitgestellten Raum. Sie hatte nicht das Gefühl, dass sein letzter Blick ihr gegolten hatte. Sie warf Nerolis violetter Gestalt ihrerseits einen zu. Sie mochte diese Frau wirklich nicht. Eine soche Abneinung war bei ihr sonst selten. So etwas hatte sie höchstens gegenüber Grandessanern... Räubern und Dieben, Leute deren Beweggründe sie nicht verstand. Leute die negative Dinge taten, ohne das Zutun einer bösen Kraft.
Also... Delilah wandte ihre Sinne dem Flur zu. Da drüben hörte sie Kadia und Luci, die beiden lachten und auch sie selbst musste unbewusst lächeln. Es tat auch sicher Luci gut endlich wieder Kontakt zu anderen zu haben als ihr, ihrem Herren und … Neroli. Von Luci hatte sie erfahren, dass es hier sechs Räume gab. Nun waren beinahe alle Zimmer belegt, nur das ihrem gegenüber nicht, denn Baltos hatte ja den Raum ganz hinten neben Gunther, nicht wahr? Was wohl im verbliebenen Raum war? Sahen die Zimmer eigentlich alle gleich aus? Wer hatte wohl früher diese Räume bewohnt? Sie würde Luci später fragen... wegen des Aussehens jedenfalls. Ob Rukulla etwas zu der anderen Frage wusste?

„In 15 Minuten wird der erste Gong sie zum Essen rufen, in 20 Minuten werden sie im großen Speisesaal erwartet. Bitte seien sie pünktlich. Herr Bestientod, sie finden in ihrem Zimmer einen neuen Mantel und ein wenig Salbe für die Kratzer, wenn nötig. Fräulein Delilah, falls sie ihre Dienerin suchen, sie befindet sich in der Gesellschaft von Fräulein Kadia. Wenn sie nach ihr läuten, wird sie es sicher hören. Bitte entschuldigen sie mich, ich habe zu tun.“

Delilah fuhr ein Schauer über den Rücken bei der Stimme dieser Frau. So zuckersüß und unterwürfig, wie schaffte sie es gleichzeitig diese tiefe Herablassung in ihrer Stimme zu verstecken? Diese Frau war einfach... falsch... keines ihrer Worte war das was sie sagen wollte, keine ihrer Taten eine nette Geste, alles war berechnet und durchdacht. In einer Fabel wäre sie der Fuchs gewesen, der die ganze Zeit durch die Geschichte streifte, seine Fäden zog um am Ende seinen gemeinen Plan zu offenbaren. Nur dass es in der Fabel immer jemanden gab, der den Fuchs durchschaute und seinen Plan vereitelte. Wer war das in Nerolis Fall? Verano? Rukulla? Delilah hoffte es, denn sie wusste, dass sie selbst es nicht war. Sie verstand diese Frau nicht, ihre Seelen tanzten auf unterschiedlichen Bällen.
Dann hielt sie Neroli aber doch noch einen Augenblick auf... sie durfte das ja, oder? Als "Fräullein" Delilah?

„Bitte sag, Neroli... geht es Verano gut? Rukulla hat da so etwas erwähnt, was mir Sorgen macht.“

Und dann hatte die alte Dame nicht auf ihre Frage geantwortet, ob sie ihm helfen könne. Aber seine Dienerin umkreiste ihn doch sonst auch wie eine Motte das Licht. Sie wusste sicher, wie es ihm ging. Die Frage war nur, ob sie auch antworten würde. Und ob die Antwort Delilah zufrieden stellen würde. Das Mädchen war nicht gut in diesem Spiel. Ganz und gar nicht, denn sie verstand die Regeln nicht.

Die Jorsanerin sah dem violetten Schatten hinterher bis er verschwand.
„Du musst bei ihr aufpassen, Baltos... ihr Herz ist... nicht gut.“ Ihre Stimme klang bitter. Diese Frau sähte Unheil wo sie ging und stand. Sie sähte nicht nur Unheil... sondern auch Zweifel. Was wollte diese Frau eigentlich? Sie blieb der Schülerin des Lichts ein Rätsel. Delilah blickte an Baltos' blauer Gestalt empor. „Du weißt ja... ich kann sowas sehen.“, meinte sie und tippte auf die Stelle, wo sie sein Herz vermutete. „Danke nochmal.“, jetzt grinste sie wieder. „Und denk dran... nachher beim Abendessen wirst du meinen Fragen nicht mehr entkommen! Ich möchte so viel über das Eisreich wissen!“

Sie fuhr mit der Hand über das Holz ihrer Tür, spürte die Maserung überdeutlich unter ihren Fingerspitzen, die Verzierungen die das Holz schmückten, dann schließlich fanden ihre Finger die Türklinke und sie öffnete leise die Tür.
Ja, das war ihr Zimmer. Die Blinde erkannte es am Geruch. So lange war sie von ihm umgeben gewesen, kaum im Stande etwas anderes wahrzunehmen als Töne und Gerüche. Der Staub, Holz, Politur, frische Wäsche, ein Strauß Blumen, der Geruch des Badewassers von heute Nacht, ebenso Lucis Geruch. All diese Dinge und auch ihr eigener Geruch verbanden sich zu einem Gemisch, dass diesen Raum klar als ihren ausweiste. War es wirklich erst einen Tag her, dass sie ihren Körper zurückbekommen hatte? Es kam ihr vor wie ein neues Leben. Lag da nicht noch ein Hauch von Veranos kräftigem Geruch in der Luft? Der war jedoch schnell verflogen...

Einen langen Augenblick stand Delilah so in ihrem Raum, die Tür im Rücken, die Füße im weichen Teppich vergraben. Sie lauschte in die Stille, die keine war. Man spürte sofort, wie viel mehr Leben in diesem Gebäude herrschte, seitdem die Gäste eingetroffen waren! Sie hörte ein Murmeln aus dem Nachbarraum, Gunthers Stimme in einer wiederkehrenden Klangmelodie, vielleicht ein Gedicht... nein... sicherlich ein Gebet. Baltos dumpfe Schritte konnte das blonde Mädchen auch bis zum Ende des Flures noch hören. Er war wirklich ein Koloss.

Mit durch den Teppich gedämpften Schritten bewegte sich Delilah auf das Fenster zu. Das Geräusch von Regen lockte sie an. Sanftes Prasseln, Tropfen, Rieseln... der Regen säuselte und flüsterte. Sie bewegte sich nun präziser durch das Zimmer, meistens warnte sie der Geruch eines Gegenstandes vor, doch eins um andere Mal kam sie einer Kante doch so nahe, dass sie sich stieß.
Den Brief legte sie auf das Bett und machte sich weiter auf in Richtung Regen.
Sie öffnete weit das Fenster und die feuchtkalte Luft des Gartens schlug ihr entgegen. Regen hatte schon immer seinen ganz eigenen Geruch gehabt. Sein Flüstern war lauter geworden, doch Delilah verstand nicht, was er ihr sagen wollte und wonach er bat. Ein kalter Windzug fuhr durch ihr Haar und strich ihr über die nackten Arme, auf denen sich eine leichte Gänsehaut bildete. Die warme Zeit neigte sich wohl wirklich dem Ende zu. Als sie die Hände auf dem Rand des Fensters ablegte, stießen ihre Finger gegen etwas nasskaltes. War das etwa Eis? … es fühlte sich an wie fast geschmolzener Schnee... merkwürdig.

Es war eine ganz eigenartige Stimmung da draußen... obwohl Delilah den Garten nicht sehen konnte, spürte sie doch, wie verlassen er jetzt daliegen musste in der aufgezogenen Dämmerung, die man auf der Haut fühlen konnte. Nasses Gras, das Trippeln der Tropfen auf dem kleinen Teich, das Wasser dass sich in den Zweigen und Ästen der Bäume fangen würde, die Statue die nun vom Regen bedeckt würde mit Tränen die aus den Wolken kamen. Verlassene Wege, Bänke, … der Pavillion. Und überall Nebel im Halbdunkel.
Ein perfektes Heim für Geister... und Verano. Aber … warum lebte er hier? So abgeschieden von der Welt... warum hatte er sich dazu entschieden, den Geistern hier sein Leben zu widmen? Warum war er nicht bei seinem... bei Leon in Jorsa geblieben? Was jagte ihn von den Lebenden fort? Ach... Leon... ob er ihr Antworten gegeben hätte?
Es musste doch schrecklich einsam sein hier draußen... selbst wenn Rukulla da war um einen abzulenken. Neroli zählte nicht. Da... noch eine Frage. Was tat diese Frau hier, warum hatte Verano sie zu sich geholt? Delilah war frustriert.
Verano wollte ihr keine Antworten geben, wenn sie Fragen stellte, wich er aus.
Rukulla wollte ihr Antworten geben, doch es war Delilah keine Zeit geblieben ihr Fragen zu stellen und die Frau sprach auch noch in Rätseln!
Und Baltos... hatte sie auf's Abendessen vertröstet. Grrr.

Aber wenigstens war da EIN Rätsel, das sie würde lösen können. Der Brief! Hastig schloss sie den Regen und die Kälte wieder aus, in dem sie das Fenster schloss. Ob da draußen wirklich dunkle Wesen lauerten? Jenseits der Nebel...? Wenn dem wirklich so war, fand Delilah Baltos Anwesenheit sogar noch angenehmer. Rasch griff sie sich den Brief vom Bett und bahnte sich ihren Weg zur Tür, möglichst ohne sich irgendwo zu stoßen. Wozu nach Lucy läuten, wenn sie doch wusste, wo sie war?
Mit leisen Schritten machte sie sich auf den Weg zu Kadias Tür, das war nicht weiter schwer, man musste nur den Mädchenstimmen folgen.
Sie klopfte sanft an die Tür an.

„Hallo... ähhh... Hallo, ihr zwei... ich hoffe, ich störe euch nicht? Luci... ich wollte nur fragen, ob du mir den Brief hier vorlesen könntest? Ich trage ihn schon eine Weile mit mir herum und weiß immer noch nicht, was drin steht.“
Langsam kam sie wirklich durcheinander mit wem sie in welcher Sprache sprechen konnte. Das war aber auch ein Durcheinander in diesem Haus! Ein Mantroner mit dem sie Esera sprechen konnte, ein Inquisitor und ein Mädchen mit dem sie Garmisch sprechen konnte, eine Freundin und eine unheimliche Frau die in der Allgemeinsprache sprachen und ein Hausherr und Gefühlsverdreher der eigentlich Garmisch verstand aber mit ihr immer weniger Garmisch gesprochen hatte, je mehr er sich von ihr entfernt hatte. Dann waren da noch eine unbestimmte Anzahl Geister, eine merkwürdige nicht-ganz-stoffliche Freundin ihrer Großmutter und ein Eisbär. Wie ging es dem eigentlich da draußen im Regen?

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Baltos » Donnerstag 5. Februar 2015, 09:31

„In 15 Minuten wird der erste Gong sie zum Essen rufen, in 20 Minuten werden sie im großen Speisesaal erwartet. Bitte seien sie pünktlich. Herr Bestientod, sie finden in ihrem Zimmer einen neuen Mantel und ein wenig Salbe für die Kratzer, wenn nötig. Fräulein Delilah, falls sie ihre Dienerin suchen, sie befindet sich in der Gesellschaft von Fräulein Kadia. Wenn sie nach ihr läuten, wird sie es sicher hören. Bitte entschuldigen sie mich, ich habe zu tun.“
Der Mantroner nickte nur kurz in die Richtung der Dienerin und wendete sich dann wieder Delilah zu. „Du musst bei ihr aufpassen, Baltos... ihr Herz ist... nicht gut.“
Baltos legte die Stirn in Falten. Woher will sie das wissen?
„Du weißt ja... ich kann sowas sehen.“, meinte sie und tippte auf den Oberkörper. Wahrscheinlich wollte sie sein Herz treffen aber dies misslang ihr.
„Und denk dran... nachher beim Abendessen wirst du meinen Fragen nicht mehr entkommen! Ich möchte so viel über das Eisreich wissen!“
„Ein Mantroner steht zu seinem Wort!“ Er lächelte, während er diese sagte und beobachtete Deli dabei wie sie versuchte die Tür zu öffnen.
Ihre Blindheit ist... anders! Baltos hatte Erfahrung damit wie es war sein Augenlicht zu verlieren und wie anstrengend es für den Geist und den Körper war sich darauf einzustellen. Doch bei diesen jungen Mädchen wirkte die Blindheit irgendwie.... falsch?!
Sie war zu unsicher im Alltag konnte dafür aber die Größe von Menschen erkennen, ohne sie zu berühren. Das passte für den Jäger alles nicht zusammen.
Als die Kleine die Türklinke gefunden hatte, wendete sich Baltos ab und ging in sein Zimmer.

Dort angekommen warf er den ramponierten Mantel auf den Boden und ging zu einem kleinen Beistelltisch, auf dem sich ein winziger Tiegel befand. Die Salbe die diese enthielt roch genauso wie die Kräuter die im Bad von der Decke hingen. Wahrscheinlich war die Salbe auch aus diesen hergestellt.
Baltos fand nur an der linken Schulter eine tiefere Schnittwunde die er mit der Salbe behandelte die anderen Verletzungen waren für ihn nur ein paar Kratzer und blaue Flecken die die Zeit heilen würde.
Was sind das nur für Leute hier! Dachte sich der Jäger der jeden der Anwesenden genauestens beobachtet hatte, was eine schlichte Angewohnheit eines Eisjägers war.
Die kleine Delilah ist eine angeblich Blinde die aber weiß, wo sich andere Personen im Raum befinden, dafür aber sich wie eine frisch Geblendete verhält, wenn es darum geht, sich in einen Raum zu orientieren. Gunther ein alter Krieger, der ständig angespannt war und eine Verletzung am Bein hatte, die ihn leicht in der Bewegung behinderte.
Neroli eine Bedienstete die eine Ausstrahlung hatte, wie eine Wölfin die angespannt war und Luci die im wahrsten Sinn des Wortes ein Schneehase war.
Baltos zog gerade den neuen Mantel an der ebenfalls diesen kühlenden Effekt mitbrachte, wie der Mantel der jetzt gerade auf dem Boden lag.
Nach dem Essen werde ich wieder aufbrechen! Der Jäger band sich Fluchbrecher um die Hüfte und legte seine Streitaxt auf das Bett.
Ich habe den Zwerg mit den anderen schon viel zu lange alleine gelassen! Der Mantroner machte sich vorwürfe trotz der Aussage von Rukulla das es den kleinen Kerl angeblich gut ging.

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 5. Februar 2015, 20:55

Bei Gunther

Keinem anderen wäre das kleine Detail in dem Bildnis aufgefallen, vor allem da es klein und undeutlich aus der Sicht des Künstlers gemalt worden war. Gunther würde es nicht vergessen und bei passender Gelegenheit sich gewiss daran erinnern. So beobachtete er das muntere Treiben auf dem Gang und zog sich dann in sein Gemach zum Beten zurück. Vor seinem Schwert kniete er nieder und sprach die bekannten Worte:
„Herr des Lichts, erhöre mein Flehen.
Führe mich durch diese Finsternis.
Erleuchte meinen Pfad mit deiner Herrlichkeit.
Lass mich nicht straucheln im Angesicht der Prüfungen die mir auferlegt werden.
Schenk mir die Kraft und den Glauben um zu tun was du verlangst.
Lass mich in deinem Namen das Richtige tun und deine ewige Wahrheit weitertragen.
Lass mich nicht scheitern, hilf deinem Knecht und leuchte mir den Weg.“

Es folgten weitere Zeilen und andere Ferse und Gunther fühlte sich besser. In der Einsamkeit lag auch schon immer ein hohes Maß an Konzentration und Selbstfindung. In nur wenigen Stunden war so viel gesehen, was ihn bedrückte und ihn nachsinnen ließ. Lysanthors Sonne hatte ihn immer begleitetet und die heilige Inquisition hatte ihm beigebracht seine Zeichen zu deuten, seinen Willen zu verstehen und ihm zu folgen. Doch hier, inmitten all diesem Nebel, sei es der Reale oder der geistige, da war es plötzlich schwer geworden. Langsam, wie eben immer die Sonne den morgendlichen Dunst aus den Herzen der Menschen vertrieb, so klärte auch das Gebet die Gedanken des alten Templers. Sein Gott des Lichts, der Gerechtigkeit, der Wahrheit, Mutes, der Hitze und des ehrbaren Kampfes, er würde ihn nicht verlassen.
Als Gunther beim ersten Gong von seinem Schwert aufsah, erblickte er einen kleinen gelben Vogel, draußen auf seiner Fensterbank Schutz vor dem Regen gesucht hatte und sich das nasse Gefieder putzte. Auch wenn die Zeichen nicht immer groß waren, so war Lysanthor doch stets allgegenwärtig und sandte seinen Gläubigen Mut und Vertrauen in seine Macht.

Bei Delilah

„Bitte sag, Neroli... geht es Verano gut? Rukulla hat da so etwas erwähnt, was mir Sorgen macht.“
Seine Dienerin umkreiste ihn doch sonst auch wie eine Motte das Licht, sie musste es doch wissen. Die Frage war nur, ob sie auch antworten würde. Und ob die Antwort Delilah zufrieden stellen würde. Das was sie nun von Neroli hörte entsprach leider nur zu genau, dem was sie von ihr erwartet hatte. Die Hausdame erfüllt immer alle Erwartungen!
„Fräulein Delilah, mir steht es nicht zu über das Befinden meines Herrn zu reden, aber ich werde ihm eure Sorge natürlich mitteilen.“
Alsbald entschwebte sie und ließ die beiden Gäste allein. Die Jorsanerin sah dem violetten Schatten hinterher bis er verschwand.
„Du musst bei ihr aufpassen, Baltos... ihr Herz ist... nicht gut. Du weißt ja... ich kann so was sehen.“
, meinte sie und tippte auf die Stelle, wo sie sein Herz vermutete und fühlte dort nur nackte Haut.
„Danke nochmal.“
, jetzt grinste sie wieder.
„Und denk dran... nachher beim Abendessen wirst du meinen Fragen nicht mehr entkommen! Ich möchte so viel über das Eisreich wissen!“
Delilah kehrte nur kurz in ihr eigenes Zimmer zurück, denn noch immer brannte ein ungelesener Brief in ihren Händen. Bald schon klopfte sie an Kadias Zimmertür, die auch prompt geöffnet wurde.
„Hallo... ähhh... Hallo, ihr zwei... ich hoffe, ich störe euch nicht? Luci... ich wollte nur fragen, ob du mir den Brief hier vorlesen könntest? Ich trage ihn schon eine Weile mit mir herum und weiß immer noch nicht, was drin steht.“
Sie hörte einen merkwürdigen unterdrückten Laut und dann war Luci auch schon an ihrer Seite:
„Warum um Himmelswillen seid ihr den nackt? … Oh nein! … ich hab vergessen, dass … Ich habe mich in der Zeit vertan! Wie spät ist es d... bei allen Heiligen! Wir müssen euch noch fertig machen!“
Kadias Stimme erklang aus einer anderen Ecke.
„Kann ich irgendwie helfen, ich bin ja fertig.“
Luci schnaufte und musste sich wohl ihre Nachlässigkeit eingestehen. Wenn sie ihren Hals retten wolle musste sie wohl auf das Angebot eingehen, aber anderseits … Wenn heraus kam, dass sie einen Gast zum Arbeiten anstiftete???
Delilah wurde links und rechts am Arm gepackt und zu ihrem Zimmer zurück geschleift. Dort zupften viele Hände an dem Mädchen herum und versuchten die verlorene Zeit aufzuholen. Nebenbei kam dann zum Glück auch die Gegenfrage:
„Was für einen Brief?“
Endlich konnte Delilah ihn übergeben.
„Der ist versiegelt!“
Eine seltsame Stille entstand. Die beiden Mädchen wollten wohl nicht auch noch diesen Frevel begehen, also griff Delilah kurzerhand nach der halb geöffneten Hand von Luci und ertastete das Siegel. *Knack* und es war offen. Der Brief wechselte wieder den Halter, Rascheln war zu hören und Luci schwieg erst einmal. Erst nach einem ungeduldigen Räuspern von Delilah meinte sie zerknirscht:
„Der Herr entschuldigt sich, dass er heute Abend dem Essen fern bleiben wird. Er wünscht euch viel Freude an der Gesellschaft. … Mehr steht da nicht … aber … „
Delilah musste das Zögern bemerkt haben und Luci kannte ihre Herrin inzwischen so gut, dass ihr das nicht ausreichen würde. Jedes noch so kleine Detail war wichtig.
„Das Papier war gerollt und hat eine Falz und unter dem ersten Teil ist ein zweites Blatt angefügt... aber … das ist leer. Also … nicht richtig leer. Es schimmert an manchen Stellen ein wenig mehr als an anderen und es hat ebenfalls ein Siegel. Aber keines zum Brechen, sondern eines mit so einem Fähnchen … wirkt sehr offiziell. Ich hab so was mal bei einem Ladenbesitzer an der Wand hängen sehen. Sah wichtig aus.“
Lucis blaue Umrisse streckten der Licht-Magi den Brief wieder entgegen und zuckte mit den Schultern. Kadia schaltete sich ein. Anscheinend hatte sie bereits die Angewohnheit alles genau zu beschreiben übernommen:
„Ich kenne so was auch von meinem … von früher. Das sind so was wie Urkunden. Aber ich verstehe nicht, warum da nichts drauf steht. Ist nur seine Unterschrift drauf und das Siegel. Hübsch., gefällt mir. Zwei Löwen die ein Schild halten, am oberen Rand des Schildes ist die Silhouette eines Schlosses zu erkennen und auf dem Schild … das könnte ein Schlüssel sein, oder?“
Luci bestätigte dies leise, während ihre Hände Delilah das Haar hoch steckten. Es ziepte ein wenig aufgrund der Eile. Dann platzte Kadia genau mit dem heraus was wohl alle dachten.
„Ihr solltet ihn danach fragen.“
Passgenau erklang der erste Gong. Für Delilah war es ein seltsames Geräusch und hallte aufgrund ihrer geschärften Sinne irgendwo in der Tiefe wieder, als würde das Fundament selbst den Klang reflektieren und jeder Spiegel im Hause seinen Ton weiter tragen. Auch in ihrem Zimmer schien es eine Quelle zu geben, doch es gab keine Zeit dies näher zu erforschen. Nun galt es schnellstens alles fertig zu kriegen und sich nach unten zu begeben. Ein deutlicher Hunger hatte sich langsam bemerkbar gemacht und die kleine Nascherei in der Küche hatten diesen eher verstärkt als gemildert.

Bei Baltos

„Ein Mantroner steht zu seinem Wort!“
Der Mantroner beobachtete die Unbeholfenheit des blinden Mädchens und sinnierte noch einige Zeit später über sie und die anderen Leute in diesen Mauern nach. All die seltsamen Sitten und das teils sehr steif wirkende Gehabe hier war sicher befremdlich. Delilah war wie eine kleine Sonne, der Inquisitor wie ein alter strenger Lehrer und Luci ein ängstliches Mädchen. Neroli war wie eine auf der Lauer liegende Wölfin, aber damit kannte er sich gut aus. Und dann gab es ja noch eine andere junge Frau hier und den Hausherren, doch an die dachte er nicht. Sie waren noch nicht in seinen Aufmerksamkeitsbereich getreten. Während er den Mantel wechselte und die Kratz und Schürfwunden versorge, fiel sein Blick durch das Fenster hinaus auf den Vorhof. Dort unten „tanzte“ ein Eisbär mit den letzten Flocken weißen Schnees, die sich immer mehr in dicke Regentropfen verwandelten. Allein sein Anblick verband Baltos sofort wieder mit seiner etwas irritierenden, emotionalen Welt.
Nanuq war das Wetter gleich, wozu trug man Pelz. Er hofierte im Geiste eine hübsche Bärin, die sich noch etwas zierte und drehte sich dabei im Kreise. Wollte man ein gutes Weibchen, musste man sich auch von seiner besten Seite zeigen, seine Fähigkeiten präsentieren und eine ordentlich starke Duftmarke setzen können. Diese Bärendame war zwar etwas kleiner als die, die er üblicher Weise kennen lernte, aber dafür hatte sie eine sehr exotisch dunkelbraune Fellfarbe und roch einfach köstlich. Nur leider war sie seltsam „flüchtig“ und schwer zu beeindrucken, aber so schnell würde er nicht aufgeben. Also tollte er weiter durch feuchten Schnee, kratzte mit seinen gewaltigen Pranken den Boden auf und ließ sein tiefstes Brummen hören.
Baltos konnte den Spaß, den Nanuq hatte fast körperlich fühlen. Seinem Freund ging es gut und seine Gedanken schweiften weiter zu einem anderen Bekannten, mit eher rotbraunen Pelz. Er erinnerte sich an Rumpels liebevolle Worte:
Wenn du nicht in spätestens zwei Tagen zurück bist, fahr ich alleine weiter, hast du mich verstanden. Dann gibt es keinen Lohn! Ich werd auch nicht nach dir suchen!
Er hatte zwar ein wenig das Zeitgefühl verloren, aber wirklich lange war das noch nicht her. Vielleicht sollte er mal einen Einheimischen fragen, wie schnell man von hier in die westlichen Dunsthügel kommen konnte. Auf dem Her-weg hatte er sich zwar „verlaufen“, aber es gab vielleicht auch schnellere Möglichkeiten zu reisen? Vielleicht könnte er auch mal jemandem von seinem Auftrag erzählen? Rumpel würde entweder versuchen schnellstmöglich seiner Ware an den Käufer zu bringen, oder gleich nach Rugta ziehen um dort seine Verwandten zu suchen. Doch wie groß waren seine Chancen das ohne Schutz eines „angeheuerten“ Mantroners alleine zu überleben? Baltos Sorgen waren durchaus gerechtfertigt, dafür hatte auch er in den Dunsthügeln zu viel gesehen. Doch warum hatte Rukulla ihn dann hier her gebracht? Die Alte heckte doch sicher irgendwas aus. Nur was? Sicher hatte sie seinen Plan … allerdings war es auch möglich, dass sie ihn einfach vergaß. In diesem Alter war alles möglich und dass die Geisteroma manchmal nicht alle Wölfe vorm Schlitten hatte, war auch klar. Ein Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken.
Der erste Gong rief zum Abendessen und er hatte versprochen Delilah Rede und Antwort zu stehen. Ein Mantroner stand zu seinem Wort.
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Delilah » Samstag 7. Februar 2015, 00:27

"Ich bin doch gar nicht nackt...", meine Delilah verwirrt. War sie wirklich so unangemessen gekleidet? Sie hatte sich darüber nicht weiter Gedanken gemacht. Sie hatte eine ganze Weile in der Akademie gelebt und da hatten alle dasselbe getragen, nur die Farbe zählte noch, um das Kleidungsstück selbst machte man sich kaum noch Sorgen. Wahrscheinlich war ihr diese Ignoranz schon in Fleisch und Blut übergegangen.
Hoffentlich dachte der liebe Inquisitor jetzt nicht schlecht von ihr... aber er hatte ja mitbekommen, dass sie gerade erst wachgeworden war. Also war doch alles gut? Die Heranwachsende war sich nicht ganz sicher, warum Luci sich wegen ihrer Gestalt nun so erschrak.
Dann wurde sie plötzlich an beiden Armen gepackt und zurück in ihren Raum geschleift. Delilah wusste kaum wie ihr geschah, überall wurde an ihr herumgezuppelt und gezupft, sie wurde in ihr Kleid gesteckt und fertiggemacht, sie fühlte sich wortwörtlich hin und her gerissen.
Irgendwann stand sie einfach nur noch mit weitaufgerissenen Augen da, die Arme ausgestreckt und ließ die Prozedur über sich ergehen.
"Ich bin keine Adelstochter... warum muss ich dann aussehen wie eine?", grummelte das Mädchen leise vor sich hin. Sie rief erschrocken aus, als es plötzlich an ihren Haaren ziepte. Das hatte sie nicht kommen sehen.
Sie war niemand von Adel, sie zögerte nicht das Siegel zu brechen. Sie hatte keine Lust sich wie eine Dame zu benehmen. Das war sie nicht.
Dann erklärte Luci ihr, was im Brief stand. "Wa....was? Er kommt nicht?" Ihre Stimme brach und die Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben. "Aber... er hatte doch versprochen, heute noch zu kommen...", meinte sie geknickt. Das war nicht gerecht! Er hatte es doch versprochen... Das war so frustrierend! Warum zog er sich so zurück? Heute Nacht noch gab er ihr das Leben zurück und jetzt redete er schon wieder nicht mit ihr. Delilah fühlte sich zurückgestoßen. Was hatte sie falsch gemacht? Wie hatte sie ihn gekränkt? Sie verstand diesen Mann nicht!
Mehr denn je fühlte sich das Ganze hier falsch an. Was wollte er eigentlich noch von ihr? Warum hatte er ihr überhaupt geholfen, wenn er sie jetzt mied als wäre sie doch vom Hauch befallen worden? Hätte er sie damals einfach liegenlassen, dann hätte er um einiges weniger Sorgen gehabt... Delilah war gekränkt und enttäuscht. Verano war ihr wichtig geworden, er hatte sie gerettet, beschützt und zurückgeholt. Doch die ständige Kälte, die er ihr entgegen brachte verletzte sie tief. Sie wollte nicht mehr in diesem Haus bleiben, dass selbst jetzt noch mit Schweigen gefüllt schien bis zur Decke.
Als sie so in den engen Stoff gekleidet wurde fühlte sie sich mehr denn je eingesperrt. Von der Dunkelheit, von diesen Mauern, vom Nebel, von der Einsamkeit und Ungewissheit. Sie hatte wieder keine Antworten bekommen. Verano hüllte sich in Schweigen. Sie gehörte nicht hierher!
Hatten das denn hier alle vergessen? Sie war ein Fundstück, dass der Prinz am Straßenrand aufgelesen hatte. Das machte sie nicht zur Prinzessin, sondern zum Spielzeug. Langsam aber sicher wurde sie dem ganzen Schauspiel über und sie musste sich selbst immer wieder daran erinnern, wer sie war und woher sie kam. Dieses ständige Umsorgen und Sorgen... sie wollte doch selber helfen! Sie gehörte nicht in feine Kleider, sie gehörte in ihre graue Tracht mit der groben weißen Schürze, befleckt mit Blut und anderen Dingen, die man im Heilertrakt so abbekam. Sie wollte kein Püppchen sein! Und etwas anderes war sie hier nicht. Ach, bei allen diebischen Grandessanern, sie wollte nach Hause! Ihr Entschluss stand fest: Sie würde mit Gunther Brockhardt und Kadia gehen, wenn sie ihren Weg nach Jorsa fortsetzten. Rukulla hatte gesagt, er könnte ihr das Augenlicht wiederbringen und er war ein Representant ihres Gottes. Auch wenn sie verschiedene Ansichten hatten, was Glauben und Magie betraf.
Vielleicht würde er sie noch verstehen. Es war nur logisch, dass sie mit ihm gehen würde.
Nichts hielt sie mehr auf diesem Anwesen. Wenn sich das nur so leicht beschließen ließe. Doch ihr Herz zitterte. Sie dachte an Luci und an Verano, bei dem sie sich noch immer nicht bedankt hatte.. und der dann wieder allein wäre mit Neroli und den Geistern.

"Warum schickt er mir eine Urkunde... gehört das noch zum Brief oder ist das was eigenes?" Neue Fragen. Keine Antworten. Delilah grummelte wieder leise vor sich hin. Die geknickte Traurigkeit hatte sich in leise brodelnden Unmut gewandelt.
"Oh, ich werde ihn so einiges fragen!"
Aber das Wappen, dass die beiden beschrieben kam Delilah bekannt vor. Hatte Leon nicht so eins auf seinem Kissen gehabt. Damals hatte sie nicht gewusst was der weiße Fels und das im Nebel verborgende Gebäude zu bedeuten hatten. Jetzt wusste sie es nur zu gut.
Vielleicht konnte ihr auch Leon einige ihrer Fragen beantworten, wenn sie erst zurück war. Aber auch er hatte sich damals in Geheimnisse gehüllt. Warum hatte das sie bei ihm nie gestört? Vielleicht nahmen Geheimnisse an Größe und Gewicht zu, je mehr sie in die Umgebung um einen herum eingewoben waren? Das ganze Haus schien danach zu stinken.
Ja, vielleicht war Leon genau wie sein Verwandter... Delilah konnte sich kaum noch erinnern... die Gestalten der beiden verschwammen in ihrem Kopf. Verano und Leon sahen sich doch aus so ähnlich...Was waren die beiden eigentlich füreinander? Noch eine Frage. Fragen. Fragen. Fragen.
Sie wollte endlich Antworten! Rukulla hatte ihr welche versprochen... sie musste die alte Dame später suchen. Dringend. Wie sollte sie das Luci erklären? >Ich suche eine kleine für dich vermutlich unsichtbare Dame... kannst du mich durchs Haus führen?< ... so ging das sicher nicht.

Wenigstens würde sie sich viele Antworten von Baltos holen können. Das waren leichtere Gedanken, die auch den schweren Knoten in ihrer Brust langsam lösen konnten. Delilah "blickte" an sich herab und spürte den leichten Stoff auf ihrer Haut. ... irgendwie hatte sie sich im Unterkleid wohler gefühlt... freier.
Der Gong erklang und für Deli war es als ob er von überall herrührte. Die Spiegel trugen ihn weiter, die Wände und Fenster sangen im Chor. Dieses Haus war wirklich... wirklich seltsam.
Hoffentlich war Rukulla wieder in der Küche.

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Dienstag 10. Februar 2015, 22:55

Bei Delilah

"Oh, ich werde ihn so einiges fragen!"
Langsam schien sich die liebliche Zurückhaltung der junge Licht-Magi in gerechte Wut zu wandeln, doch um einfach blindlings drauf los zu handeln, reichte es dann doch noch nicht. Zu viel anders lenkte ihre Sinne ab und zog ihre Aufmerksamkeit auf andere Dinge. Da war der Inquisitor, der ihr Augenlicht wieder geben sollte und ein gewaltiger Mantroner voller Geschichten und Abenteuer aus dem Eisreich, das sie so liebte. Und dann war da noch ihr knurrender Magen, der auf den Gong zum Abendessen lautstark antwortete. Wie abgesprochen wurde Delilah links und rechts in die Arme ihrer Begleiterinnen eingehakt und schon ging es hinaus, über den Flur, die Treppe hinab, eine Drehung und in den großen Speisesaal. Delilahs Sinne jubilierten obschon der feinen Düfte und Aromen, dem leisen Klang von Musik und der Wärme eines offenen Kamins.

(Hintergrundmusik)

„Ist das schön!“
, hörte sie Kadia leise und ergriffen flüstern. Luci drückte ebenfalls sanft Delilahs Arm und Schritt für Schritt ging es einer sanft glitzernden Tafel entgegen. Nicht alles war mit Magie überzogen, sodass Lucis Hilfsbereitschaft durchaus willkommen war, doch hatte sich Rukulla alle Mühe gegeben, den Saal mit ihrer Magie zu füllen. Es waren nur Schemen, hier und da ein zart umrissener Gegenstand doch Delilahs Welt war nicht mehr ganz so finster. Es war als hätte sich eine dünne Staubschicht aus reinstem Gold über die Tische und Kerzenleuchter gelegt, als wäre goldener Schnee bis in die Tiefe dieses Hause geweht.
„Wir sind die ersten.“
, meinte Kadia und steuerte sogleich zwei Plätze an der Tafel an. Sie schob den Stuhl zurecht und lachte glücklich. Luci meinte, sie würde etwas zu Trinken besorgen und verschwand zur Seite weg, während Kadia den Saal beschrieb:
„Es ist wunderschön! Alles glitzert wie von Eis überzogen, aber es ist nicht kalt. Überall hängen Kristalle an den Leuchtern und auch das Geschirr ist aus Glas, glaube ich. Weiße Decken und weiße Felle bedecken die dunklen Möbel. Es sieht aus wie in einem Traum. Zwei große Kamine spenden von den Seiten her Wärme und Licht, auf den Tischen stehen Kerzen und … tatsächlich. An den Wänden rankt sich Efeu empor. Nicht der großblättrige der Friedhöfe, sondern der kleine mit den weißen Rändern. Es gibt noch eine große Tür geradezu und jeweils zwei hohe Fenster an den Seiten in der nähe der Kamine. Die Tür ist zu und hat wunderschöne Schnitzereien, fast wie ein Gemälde, aber auch ein wenig gruselig. Es sind sehr viele Formen aber auch Gestalten erkennbar. Ihr könntet sie sicher mit den Fingern ertasten. Die Wände sind mit dunklem Holz verkleidet und ein paar Öllampen erhellen zusätzlich den Raum.“
Die Stimme der jungen Frau klang ergriffen und dann lauschten sie den leisen Klängen, die von überall her gleichzeitig zu kommen schienen. Luci erschien nur wenig später mit leisem Klingen von Kristall und reichte Delilah ein Glas mit schlankem Hals und hohem Kelch. Kadia nahm ebenfalls eines und stieß leicht an das der Novizin. Die kleine Erschütterung versetzte das Kristall in Vibration und brachte es zum singen.
„Auf einen vergnüglichen Abend!“
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Gunther Brockhardt » Donnerstag 12. Februar 2015, 18:53

„… lehre uns, dich im Geiste und in Wahrheit zu verstehen.“

Ein durchdringender und tiefer Gong durchströmte den Raum, in dem Gunther tief im Gebet versunken war. Der Ton schien durch die Wände und Türen zu dringen und aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen. Dem Inquisitor war klar, dass nun der Zeitpunkt des angekündigten Essens gekommen war. Ohne seine Augen zu öffnen oder in Hektik zu verfallen, beendete er in Ruhe sein Gebet:

„Denn du allein bist ohne Sünde, Deine Gerechtigkeit ist ewige Gerechtigkeit und Dein Wort ist Wahrheit!“

Mit frischem Mut und seelisch gestärkt öffnete der Inquisitor die Augen und erhob sich langsam und etwas mühevoll aus der knienden Haltung. Die Zeit des Gebetes in dieser unangenehmen Position hatte seine Gelenke steif werden lassen, doch die Salben, die er vor einiger Zeit benutzt hatte wirkten noch, sodass sich die Schmerzen in Grenzen hielten. Gunther fühlte sich nun weitaus besser und auch etwas erleichtert. Er hatte im Zwiegespräch mit seinem Gott das gefunden, was er gehofft hatte: Gewissheit, dass er der jungen Lichtmagi helfen würde. Doch vorerst musste er dringend mit ihr darüber reden…

Als er in Richtung des Fensters sah, an dem sich dicke, grauen Tropfen sammelten begann er zu lächeln und murmelte: „Danke, Herr!“
Der kleine gelbe Vogel auf dem Fensterbrett hatte Schutz vor dem Unwetter gesucht und putzte sein Gefieder. Gunther dachte kurz darüber nach, ob er den Vogel hineinlassen sollte, doch entschied sich dann dagegen. Vielleicht fand er nicht wieder allein hinaus, und dem alten Mann würde es leid tun, wenn dieses Tier nicht frei wäre.
Erst jetzt fiel ihm auf, dass ihm die Robe, die er von Rukulla geschenkt bekommen hatte von den Schultern gerutscht war, während er gebetet hatte. Gunther hob sie auf, überlegte kurz, und legte sie dann wieder um, jedoch unter den Hausanzug. So konnte man nicht sofort erkennen, dass er die Robe trug. Als der Stoff seine Haut berührte, bemerkte er wieder jenes bereits bekannte scheinbare ansteigen seiner Sinne. Der Stoff war definitiv magisch…
Danach legte er schweigend wieder den Schwertgurt um die Hüfte, zupfte seine Kleidung adrett zurecht und straffte die Schultern. Sei nicht so eitel, alter Mann… Es kommt nicht auf gutes auftreten an… hier nicht… ermahnte er sich selbst, bevor er tief durchatmete und sich danach auf den Weg in Richtung Speisesaal machte.
Kurz bevor er den Raum erreichte schaute er sich noch einmal um. Im Flur war im Moment niemand zu sehen, doch Gunther vermutete, dass Neroli nicht weit weg war. Das schien sie nie zu sein…
Aus dem Speiseraum hörte er die Stimmen der jungen Dienerin Luci und von Kadia. Er klopfte höflich an den Türrahmen, um die drei jungen Damen nicht zu erschrecken und trat dann in den warmen und beinahe festlich geschmückten Saal ein.

„Guten Abend die Damen…“ Gunther hoffte, den Grafen nach dem Essen endlich sprechen zu können, um mit ihm darüber zu reden, wann und wie sie am schnellsten alle Mann nach Jorsa aufbrechen sollten. Er hätte sich zwar gewünscht, dass Verano selbst am Essen teilnimmt, doch der Hausherr würde nicht erscheinen, so viel stand fest. Somit war es wohl an Gunther, dafür zu sorgen, dass sich die Damen nicht all zu große Sorgen machten und Ängste ausstanden. Immerhin streifte Dunkles Volk durch den Nebel. Aber die wohl schwierigste Aufgabe am Tisch würde es sein, den Mantroner in die Gepflogenheiten höflicher Etikette und Tischmanieren einzuweisen. Eine Aufgabe die Gunther sich tausendmal schwieriger vorstellte als einer Bulldogge das Tanzen beizubringen, doch er würde es versuchen. Vorerst jedoch galt seine Aufmerksamkeit den Jungen Frauen.
„Ich sehe, dir geht es ganz gut? Das freut mich Kind…“ meinte er lächelnd zu Kadia. Seine Stimme war nun, nachdem er Trost im Gebet gefunden hatte noch sanfter und großväterlicher. „Hast du dich etwas erholen können von der Reise?“

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 12. Februar 2015, 21:39

Bei Gunther und Delilah

Er legte schweigend den Schwertgurt um die Hüfte, zupfte seine Kleidung adrett zurecht und straffte die Schultern. Sei nicht so eitel, alter Mann… Es kommt nicht auf gutes auftreten an… hier nicht… ermahnte er sich selbst, bevor er tief durchatmete und sich danach auf den Weg in Richtung Speisesaal machte.
Gleichzeitig kam ihm aber vielleicht auch der durchaus reifere Gedanke, das gepflegtes Auftreten eine Zierde war die nicht nur dem Träger galt, sondern vor allem dem Gegenüber Respekt zollte. Man erschien schließlich nicht in Lumpen vor einem König, wenn man es besser konnte, nicht das Verano einer wäre, doch hier waren auch noch andere „Geister“ die einen beobachten könnten. Genauso wenig wie es in Lysanthors Tempeln gern gesehen wurde, wenn die Priester sich gehen ließen, stanken und ungepflegt waren, war es wichtig, sich anständig zu verhalten. Als Inquisitor und reifer Mann musste er stets als Vorbild voran gehen. Also hatte er die Robe unter gezogen, seinen Übermantel neu zurecht gezupft, den Gürtel angelegt und sein Spiegelbild überprüft. Alles saß an seinem rechten Platz und so konnte er nach unten gehen. Die Eingangshalle war leer und die doppelflüglige Tür zum Speisesaal stand offen. Er sah ein warmes Leuchten von dutzenden von Kerzenflammen, zwei Kaminen und hunderten Kristallen die das Licht in Regenbögen auf weiße Decken, helle Felle und dunkles Holz warfen. An den Rändern waren kleine Pflanz-Alkoven mit dunkler Erde, aus denen sich Ranken an hölzernen, schmalen Säulen bis zur Decke hinauf wanden. Hier waren die Räume so hoch, dass sie zwischen spitz zulaufenden Bögen Oberlichter hatten. Der Schnee, der auf den Fenstern lag, wurde vom Licht in sanftes Glitzern getaucht, was sich wiederum im Kristall der Gläser auf dem Tisch spiegelte. Es war ein Tanz aus Licht und Feuer und über allem hing diese leise Melodie. Die seichten Klänge luden zum Verweilen ein und verwandelten den Augenblick in eine leise Andacht. Besonders Gunther hätte sich den Raum kaum schöner wünschen können, da er sich hier seinem Gott näher fühlten konnte. Schon lange hatte er nicht mehr die Presence von Licht so deutlich fühlen dürfen. Etwas spirituelles, etwas heiliges ruhte in diesen Mauern. Welche Quelle auch immer hier verborgen lag, der alte Inquisitor begann zu ahnen, dass es mehr war, als das bloße Auge sehen konnte. Er hatte in der langen Zeit auf Erden, die er hier nun schon für seinen Glauben fristete, schon einige heilige Orte betreten. Natürlich war Lysanthors Seegen ihm der liebste, aber alle diese Orte hatten das gleiche Gefühl in ihm geweckt, egal welchem Gott sie geweiht waren. Er brauchte nur seine Sinne zu öffnen und schon hatte er fast das Gefühl etwas unbestimmtes greifen zu können. Vielleicht war es die Seide der Robe auf seiner Haut, vielleicht das Anwesen selbst, oder die Magie die hier wirkte … Vielleicht eine Komposition aus allem, aber was es auch war, es machte ihn zugänglicher, offener und irgendwie weicher für die Einflüsterungen dieses Hauses. Er stand noch im Türrahmen und bewunderte das Lichtspiel als sein Blick letztendlich auch auf seine Füße fiel. Er stand auf dunkelgrünem, fast schwarzem Marmor, der von türkisen Adern durchzogen war und die sich mit den Linien der Empfangshalle verbanden. Er hatte sie zuvor schon gesehen, aber jetzt konnte er den Fluss unter seinen Füßen fast spüren. Spätestens jetzt war er sich ganz sicher. Unter diesen Steinen schlummerte etwas großes. Auch wenn die Sinneseindrücke ihn kurz gefangen hielten, so besann er sich auf die Gesellschaft in der er sich befand und klopfte leicht an den Türrahmen.
„Guten Abend die Damen…“
Er hätte sich zwar gewünscht, dass Verano selbst am Essen teilnähme, doch der Hausherr würde nicht erscheinen, daran erinnerte es sich noch aus seinem Gespräch mit ihm. Somit war es wohl an Gunther, dafür zu sorgen, dass sich die Damen nicht all zu große Sorgen machten und Ängste ausstanden. Beobachtete er sie jedoch, sah man ihnen weder Sorgen noch Ängste an. Delilah, wie auch Kadia, waren wie zwei Prinzessinnen aus einem Traum entstiegen. Die junge Licht-Magi war ganz in Weiß und Gold gekleidet und Kadia trug eine ähnlich elegante Garderobe in hellem Blau mit feinen schwarzen Stickereien, die gut mit ihren Haaren harmonierten. Der Mantroner war noch nicht anwesend und Gunther ahnte, dass es wohl die schwierigste Aufgabe am Tisch würde sein, den Mantroner in die Gepflogenheiten höflicher Etikette und Tischmanieren einzuweisen. Eine Aufgabe die Gunther sich tausendmal schwieriger vorstellte als einer Bulldogge das Tanzen beizubringen, doch er würde es versuchen. Vorerst jedoch galt seine Aufmerksamkeit den jungen Frauen.
„Ich sehe, dir geht es ganz gut? Das freut mich Kind…“
meinte er lächelnd zu Kadia und sie strahlte zurück. Seine Stimme war nun, nachdem er Trost im Gebet gefunden hatte noch sanfter und großväterlicher.
„Hast du dich etwas erholen können von der Reise?“
„Ja, es geht mir wunderbar! Es ist … alles so herrlich hier!“
Man konnte die Euphorie aus ihrer Stimme heraus hören. Sie sah ihn an und in ihrem Blick lag stilles Glück. Sie biss sich vor lauter Entzücken auf die Unterlippe und lächelte versonnen. Ihr Blick schweifte umher und fand dann wieder sein Gesicht. Dann wurde sie ein wenig ernster und wirkte plötzlich etwas unsicher.
„Herr … Gunther. Ich hätte eine Bitte. Es steht mir nicht an, aber Luci meinte, dass das Haus vielleicht noch eine Dienerin gebrauchen könnte und ich würde gerne hier bleiben, wenn es der Graf erlaubt. Ihr … ihr habt mich die ganze Zeit beschützt und begleitet, deshalb möchte ich vorher eure Meinung dazu hören, aber es wäre mein Wunsch. Was haltet ihr davon?“
Mit großen Augen sah sie den Inquisitor an und ließ so die sprichwörtliche „Bombe“ platzen. Das eine junge Seele den Reizen dieser Umgebung verfiel war durchaus verständlich, aber wie dachte eine alte Seele darüber? Gunther war deutlich abgeklärter, ja vielleicht schon ein bisschen starrsinnig in manchen Dingen, aber wenn es wirklich ihr Wunsch war? Was sollte er darauf antworten. Noch waren sie allein mit Delilah. Bald würde das Essen serviert werden. Viel Zeit war nicht, aber Kadia achtete weder auf das eine noch das andere. Ihre großen Augen erbaten eine Antwort.
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Baltos » Freitag 13. Februar 2015, 10:48

Als Baltos einen Blick aus dem Fenster warf und Nanuq erblickte wurde er gleich mit den Gefühlen des Bären überschüttet. Diese Sinnes-Welt war so gänzlich anders als die Seine, es war schwer zu beschreiben es war einfach alles intensiver von Geräuschen bis hin zum Geruch. Man konnte sich wirklich schnell in dieser Welt verlieren, die eigentlich aus zwei simplen Dingen bestanden, Fressen und Paaren. Etwas Wichtigeres gab es für den Eisbären nicht. Der Mantroner wurde durch den Gong so heftig aus dieser Welt zurückgeschleudert, dass er erst einmal einige Schritte nach hinten taumelte und sich die Ohren zuhielt. Es dauerte einige Zeit, bis der Schmerz aus dem Gehörgang des Jägers verschwand und dieser ganz bei Sinnen war. „Segen und Fluch zugleich!“ Sagte der Mantroner zu sich selbst. Seitdem er mit den Bären dieses magische Band teilte waren seine Sinneseindrücke auch leicht verbessert zwar nicht so sehr wie, wenn er direkt in die Gefühlswelt des Tieres abtauchte, aber doch um einiges besser.

Baltos zupfte noch einmal an seinen Hausmantel herum so wie es Neroli zuvor bei ihm getan hatte, auch wenn er keinen Ahnung hatte was das bringen sollte und verließ dann sein Zimmer. Fluchbrecher baumelte für alle Fälle an seiner Hüfte, die Streitaxt hatte er zurückgelassen und so ging er dann die Treppe herunter. Baltos wusste nicht genau, wo der Speisesaal war, doch das war nicht weiter tragisch, da er ganz leise die Stimmen der Anderen vernahm und diesen einfach folgte.

Über den Flur im Erdgeschoss erreichte auch er den Speisesaal, wo er deutlich die Stimmen mehrere Frauen vernahm. Baltos atmete einmal tief durch und bereitete sich schon mental auf das nächste Fiasko vor das definitiv stattfinden würde. Schließlich waren mehrere Frauen anwesend, wie er hören konnte und ein alter Mann, der ihn die ganze Zeit beobachtete. Der einzige Lichtblick war die kleine Deli die ihn schon jetzt ans Hertz gewachsen war. Baltos betrat wortlos den Saal und blickte sich erst einmal um.
Dieser Raum hatte etwas Ehrfurcht gebietendes das Spiel mit dem Licht und der dunkle Bond harmonierte so gut zusammen das man sich vorkam wie in einen Tempel. Baltos ignorierte vorerst die Anwesenden und ging auf einen Wandteppich zu der aus einen ihm unbekannten Material bestand. Er betastete dieses schlichte Kunstwerk dessen Ursprung von dem Fell eines Tieres bestand, das er nicht kannte. Er fuhr mit der Hand über das Material und schloss dabei sein Auge. Er konnte deutlich spüren wie das Fell die Wärme von seiner Hand annahm und speicherte so wie sein Hausmantel Kälte speicherte und sie an den Träger abgab. Baltos hob den Wandteppich einmal kurz an und schaute sich die Rückseite an und nickte anerkennend über die geschickte Hand des Gerbes der aus diesen Stück Rückenfell etwas ganz besonderes erschaffen hatte.
Das ihn die anderen Beobachteten war ihn ehrlich gesagt egal. Er selbst konnte nicht nachvollziehen, wie die Anwesenden in diesen Raum einfach an einen Tisch sitzen konnten und sich unterhielten anstatt sich mit diesen Kunstwerken dieses Raumes auseinanderzusetzen. Sein nächstes Ziel war eine Säule, an der sich eine Ranke bis hoch zur Decke schlängelte. Der Mantroner griff mit der Hand in den Topf und zerrieb etwas Erde zwischen seinen Fingern, um daran zu riechen. Denn diese Erde war anders als die die sich draußen befand, sie roch wesentlich intensiver und ihre Konsistenz war etwas klebriger. Sie duftete förmlich nach Leben und Wachstum und das erklärte wahrscheinlich auch, warum die Ranke in diesen kleinen Topf so gut wachsen konnte. Der Jäger zupfte kurz an der besagten Pflanze und war erstaunt, wie Fest sich diese an der Säule klammerte. Baltos hätte wahrscheinlich noch etliche Zeit damit verbringen können den Raum zu erforschen aber er bemerkte, dass die anderen ihn weiter beobachteten. Wahrscheinlich machte er mal wieder etwas falsch also entschloss er sich schweren Herzen sich zu den anderen zu setzen, anstatt weiter auf Erkundung zu gehen.
Die Frage war nur wo sollte er sich hinsetzen? Die Damen saßen nebeneinander und Gunther ihnen gegenüber. Der Mantroner beschloss aus dem Bauch heraus sich auf die Seite der Männer zu setzen, lies aber zwischen sich und den alten Mann einen Platz frei.
Somit saß er der Dame gegenüber die irgendwie zu Gunther gehörte.
Wie Baltos es aus Mantron kannte legte er seine Waffe auf den Tisch und blickte zu Gunther, der seine immer noch an der Hüfte trug.
„Ist es bei euch nicht brauch, dass man seine Waffe auf den Tisch legt?“ Für den Mantroner war es jedenfalls das Normalste auf der Welt. Denn wenn man schon bewaffnet zu Gast bei Jemanden war zeigt man ihn somit das von einen selbst keine Gefahr ausging.

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Freitag 13. Februar 2015, 19:48

Bei Gunther, Delilah, Kadia und Baltos

Kurz nachdem Kadia ihre Frage an Gunther gestellt hatte betrat der adrett gekleidete Mantroner den Speisesaal und flanierte erst einmal schweigend durch den Raum. Einige Augen folgten ihm und Gunther konnte zumindest erfreut feststellen, dass Baltos nach seinem Ausflug in die Natur jetzt wieder gesellschaftsfähig war. Hier und da blieb er stehen und betastete die wunderbaren Kunstgenstände und auch eine Hand voll Erde aus dem Pflanz-Alkoven weckte wohl ebenfalls sein Gefallen. Der Baum von einem Mann schien sich am Duft des dunkelbraunen Schmutzes zu erfreuen, der an seinen Fingern klebte und wanderte dann weiter durch den Raum. Kadia folgte ihm zwar mit den Augen aber wartete dabei schweigend auf die Antwort des Inquisitors. Später sollte dann sich der blonde Hüne ihr gegenüber setzten und ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie war kein „Schneehase“ wie Luci aber auch kein „Wolf“ wie Neroli. Kadia war eine junge Frau irgendwo dazwischen und ihre großen, blauen Augen wanderten neugierig über Baltos Gestalt. Als er die Waffe auf den Tisch legte, zuckte sie zwar leicht zusammen, aber nahm nicht Reißaus. Einzig ihre schlanken Finger krallten sich, verborgen für Baltos unter der Tischdecke, kurz in ihre Serviette. Sie hatte ebenso schwarze Haare wie Neroli, aber waren sie nicht so streng hoch gesteckt, sondern fielen an den Seiten in gedrehten Locken auf ihre Schultern. Die Axt neben den Weingläsern wurde ebenfalls mit einem aufmerksamen Blick begutachtet und die filigranen Muster auf dem Klingenblatt bewundert.
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Gunther Brockhardt » Samstag 14. Februar 2015, 18:10

Gunther fühlte sich in der mit Licht durchfluteten Speisehalle an das Innere eines Tempels erinnert. Heiligkeit und Spiritualität schienen auch hier aus jeder Pore der Umgebung zu drängen. Besonders der Boden mit seinen türkisenen Linien, die wie pulsierende Adern den Stein durchzogen, erzeugte in ihm ein Gefühl, dass er schwer in Worte fassen konnte. Er spürte nicht zu beschreibende „Macht“ aus dem Inneren der Hallen dringen. Vermutlich aus unglaublich alten Katakomben unter ihnen. Welches große Geheimnis dieses Haus auch verbarg, im Moment konnte er sich leider nicht vollends darauf konzentrieren, denn schon sprach Kadia das aus, wovor er schon seit langem Angst hatte.
Die junge Frau war in ein wunderschönes Kleid in hellblau mit schwarzen Stickereien gehüllt.

„Hast du dich etwas erholen können von der Reise?“
„Ja, es geht mir wunderbar! Es ist … alles so herrlich hier!“
Man konnte die Euphorie aus ihrer Stimme heraus hören. Sie sah ihn an und in ihrem Blick lag stilles Glück. Sie biss sich vor lauter Entzücken auf die Unterlippe und lächelte versonnen. Ihr Blick schweifte umher und fand dann wieder sein Gesicht. Dann wurde sie ein wenig ernster und wirkte plötzlich etwas unsicher.
„Herr … Gunther. Ich hätte eine Bitte. Es steht mir nicht an, aber Luci meinte, dass das Haus vielleicht noch eine Dienerin gebrauchen könnte und ich würde gerne hier bleiben, wenn es der Graf erlaubt. Ihr … ihr habt mich die ganze Zeit beschützt und begleitet, deshalb möchte ich vorher eure Meinung dazu hören, aber es wäre mein Wunsch. Was haltet ihr davon?“

Gunther hatte gewusst, dass dieser Tag irgendwann kommen musste. Er hatte es bereits an dem Tag gewusst, als sie sich das erste Mal begegnet waren. Nichtsdestotrotz war es für ihn ein kleiner Stich ins Herz… dieses Mädchen war ihm ans Herz gewachsen und er mochte sie. Er konnte ihr nicht einfach sagen, dass sie nicht hierbleiben konnte. Genauso wenig konnte er ihr aber einfach „Leb wohl“ sagen. Der alte Inquisitor seufzte schwer und führte Kadia sanft an der Schulter etwas weg von Delilah. Dieses Gespräch ging die junge Lichtmagi nichts an… noch nicht. Als sie einige Meter Abstand zwischen sich gebracht hatte seufzte Gunther erneut. Ihm fiel das was er zu sagen hatte sichtlich schwer, und wollte Kadia auf keinen Fall zu sehr enttäuschen.

„Kadia… Ich… Ich finde nicht, dass das eine gute Idee ist. Ich will nicht sagen, dass dieses Anwesen nicht schön ist, und vielleicht hättest du es hier sogar gut, aber… Ich versuche den Grafen dazu zu überreden, dass wir in den nächsten Tagen alle von hier fortgehen. Mädchen… du hast gesehen, was da draußen im Nebel lauert! Denkst du wirklich, ich lasse dich in einem Anwesen mitten im Nirgendwo, ohne Wachen oder Kontakt zur Außenwelt, umzingelt von Söldnerbanden des dunklen Volkes? Bitte gib dich nicht der Illusion hin, dass wir hier zu hundert Prozent sicher wären, denn dann würdest du dich selbst belügen. Wenn es nach mir ginge, würden wir nach Jorsa aufbrechen. Dort darfst du gehen wohin du willst, Kadia, wirklich, ich will dich nicht daran hindern zu tun was du möchtest, aber ich lasse dich nicht allein hier! Nicht solange da draußen Dinge vor sich gehen, wie wir beide sie gesehen haben… verstehst du?“

Gunthers Stimme war während dessen immer leiser aber auch energischer geworden. Delilah war blind, und er vermutete daher, dass ihr Gehör besser war. Er wollte sie nicht damit beunruhigen, dass sie hörte, was er zu Kadia sagte. In diesem Moment betrat der junge Mantroner den Raum. Aber anstatt die Anwesenden
Zu begrüßen, untersuchte der Bursche erst einmal wortlos Wandteppiche und Pflanztöpfe. Gunther schüttelte wortlos mit dem Kopf und wandte sich wieder Kadia zu, zu der er mit nun etwas wärmerer Stimme sprach:

„Hör zu Kadia. Ich werde nach dem Essen mit dem Grafen reden. Vielleicht fällt ihm ja etwas ein, das du doch noch in seine Dienste treten kannst, in Ordnung? Aber bis dahin genieß einfach das Essen und das Anwesen, und mach dir keine Gedanken…“

Er lächelte das Mädchen aufmunternd an und ging mit ihr zurück zum Tisch. Ihm war klar, dass sie vermutlich nicht mit einer derartigen Antwort gerechnet hatte, aber er konnte sie nicht belügen. Er könnte es nicht über das Herz bringen, sie hier zurückzulassen, ohne zu wissen, dass sie in Sicherheit wäre. Niemals…

Als sie am Tisch waren, setzte sich Kadia nun wieder zu Delilah auf die Seite. Die junge Dienerin Luci war noch immer das Essen holen.

Auf zur ersten Tanzstunde für die Bulldogge… dachte sich Gunther im Stillen und setzte sich den Damen gegenüber an den Tisch. Es dauerte nicht lange und Baltos nahm zwei Plätze neben ihm Platz. Gunther war erfreut darüber, dass er zuindest in ordentlichen Sachen und gewaschen zum Essen erschien. Der große Jäger nahm seine Handaxt und legte sie direkt vor sich auf den Tisch. Für einen Moment hatte Gunther die Befürchtung die grobmotorische Art des jungen Mannes würde dazu führen, dass mehrere Gläser und Teller zu Bruch gehen würden, doch es lief alles glimpflich ab. Über diese Art der „Andersartigkeit“ musste Gunther nun fast etwas schmunzeln. Der alte Ritter vermutete, dass eine derartige Waffe auf dem Esstisch wohl für einiges an Aufregung sorgen würde, deshalb beugte er sich möglichst unauffällig zu Baltos hinüber und sprach in ruhigem und freundlichem Ton:

„Junger Herr Bestientod, würde es euch etwas ausmachen, eure Waffe wieder vom Tisch zu nehmen? In eurer Heimat ist es vielleicht so Brauch, doch hierzulande gilt dieses Verhalten als gefährliche Drohung. Und ich würde es nicht gut finden, wenn ihr die Damen ein weiteres Mal verschreckt.“ Mit einem strengen Seitenblick quittierte er Kadias seiner Meinung nach ZU große Interesse an der Waffe.

„Ist es bei euch nicht brauch, dass man seine Waffe auf den Tisch legt?“ gab der junge Jäger zur Antwort.

„Nein. Im Normalfall kommt man unbewaffnet zum Essen. Doch die Umstände im Moment sind etwas… delikat, daher dürft ihr eure Waffe gern bei euch führen, doch bitte legt sie nicht auf den Tisch. Tragt sie weiter am Gürtel oder lehnt sie an ein Tischbein, in Ordnung?“

Es wird wohl schwerer werden als ich dachte, diesem Mann etwas von unserer Kultur beizubringen…

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Delilah » Freitag 20. Februar 2015, 22:24

Die Atmosphäre des Raum ließ Delilah ihren Zorn für einen Augenblick vergessen. Es war ein erhabenes Gefühl in an diesem Ort... als hätte man gerade einen Tempel betreten. Mancherorts bedeckte eine leicht golden-schimmernde Schicht die Gegenstände, sodass Delilah sogar leichte Konturen erkennen konnte. Kadias Beschreibung ließ den Raum schließlich vollends vor ihrem inneren Auge erscheinen.
Sanft strich die junge Magie mit den Fingerspitzen über eine solch schimmernde Oberfläche und beobachtete den goldenen Schein. Leise Musik erklang aus dem nirgendwo und unterstützte die angenehme Stimmung. Unter ihren Schuhen spürte sie harten Boden, der ihre Schritte nicht dämpfte wie die dicken Teppiche sondern leise durch den Raum hallen ließ.
Doch Delilah wurde plötzlich trotzdem eiskalt... das Gold erinnerte sie an etwas...denn so viel weniger es hier auch war... so viel gesehen hatte sie das letzte Mal gestern Nacht, als sie geglaubt hatte in einem See aus Gold zu ertrinken und zu sterben. Ein Schaudern überlief ihren Rücken und sie schluckte hart.
War dieses entzückende Schauspiel Rukullas Werk oder befand sich in ihrer Nähe diese goldene Grotte? Vielleicht gar unter ihnen? Ihr Herz setzte einen Schlag aus bei dem Gedanken, nur um dann rasend schnell weiterzuschlagen. Sie wusste, dass sie die Tortur wiedererweckt hatte und dass sie hätte dankbar sein müssen... doch noch steckte die Todesangst und die Kälte zu tief in ihren Knochen. Sie wollte sich nicht mehr in der Nähe dieser urtümlichen Kraft befinden. Irgendwie jagte sie die Angst, sie könnten nach ihr greifen und sie für immer hierbehalten. Entweder in der ewigen Dunkelheit oder dem todbringenden Gold. Sie wollte definitiv nach Hause...

Etwas steif ließ sich Delilah auf ihren Stuhl helfen, während sie versuchte die Gänsehaut von ihren Armen zu scheuchen. Merkwürdigerweise fiel das in diesem Raum trotz aller bösen Erinnerungen auch gar nicht schwer. Still saß sie da, äußerlich ein ruhiger Teich, innerlich die aufgewühlte See. Sie hatte Heimweh - ihr fehlten ihre Großmutter, die Akademie, Brit und Le... fehlte ihr Leon? - sie wusste es nicht mehr ... , sie war von Verano verletzt, sie fürchtete sich vor dem was in der Grotte und jenseits des Nebels lauerte, sie konnte immer noch nicht sehen, sie hatte eine Frau getroffen die keine war, aber behauptete ihre Großmutter zu kennen... es war alles so verwirrend und Delilah wäre am liebsten aufgesprungen und hätte um sich geschlagen... glitzernde Gläser, leuchtende Teller, schimmernde Kerzenleuchter und Töpfe... alles sollte durch die Luft fliegen, sollte zerbrechen und bersten. Wenn um einen herum das Chaos herrschte, fühlte man sich doch sicherlich innerlich ruhiger... oder nicht? Aber sie war nie ein Kind der Wutausbrüche gewesen und das sollte sich auch auf dem Weg zu Erwachsenwerden nicht ändern. Also saß die Magi weiter stumm da, starrte ins Leere und versuchte ihr Gemüt mithilfe der leisen Klänge zu beruhigen.
Und neben ihr sprach ein Mädchen davon, wie wunderbar doch alles war. Jaja... wunderbar... ganz wunderbar. Delilah hätte am liebsten abfällig geschnauft... sie riss die Augen auf. Was war denn los mit ihr?! Seit wann verurteilte sie jemanden, weil er das Schöne um sich herum sah...? Sie musste wirklich aufpassen... Außerdem ging sie dieses Gespräch gar nichts an. Geschärftes Gehör entband nicht von Diskretion und Achtung fremder Privatsphäre. Trotzdem ... sie wollte nicht, dass Kadia hierblieb. Oder Luci. Sie selbst wollte nach Jorsa und dann wären die beiden alleine mit Verano und Neroli. Besonders letztere wollte das Mädchen mit niemandem allein lassen, der ihr wichtig war und Luci war das definitiv geworden.
"Herr Brockhardt...? Ich hatte auch noch eine Frage... oder viel mehr Bitte an euch... Ich wollte um eure Erlaubnis bitten, euch und Kadia bei eurer Weiterreise nach Jorsa begleiten zu dürfen. Natürlich erst, wenn... wenn die Reise wieder sicher ist. Ich möchte nach Hause und habe die Gastfreundschaft des Grafen sowieso schon viel zu lange in Anspruch genommen."
Ihrer Stimme fehlte die Wärme, die sie normalerweise enthielt, auch wenn sie noch immer freundlich klang. Dass Verano sein Versprechen gebrochen hatte, schien sie tiefer getroffen zu haben als sie es selbst erwartet hätte.

Deshalb funkelten ihre weißen Augen auch leicht gefährlich auf, als der Inquisitor meinte, er würde nach dem Essen mit Verano sprechen. Wie bitte?! ... das war doch ungerecht! Warum wurde Gunther zu ihm vorgelassen, während sie ihn nicht sehen durfte? Bis eben hatte sie gedacht, es ginge ihm nicht gut und sein Zustand würde ein Gespräch im Moment nicht zulassen, aber das schien ja nicht der Fall zu sein!
Nein! Er war einfach wieder weggelaufen! Genau wie sonst auch. Passte ihm etwas nicht, hatte er einfach den Raum verlassen und sie in Ungewissheit und Stille allein gelassen. Und jetzt, wo sie nicht mehr ans Bett gefesselt war, sperrte er sich eben in seinem Trakt ein? Wie feige war das denn?! Wovor lief er weg?! OH, DIESER MANN!
Delilahs Hände verkrampften sich in ihrem Schoss. Nein! Jetzt nicht mehr! Er konnte sie nicht mehr einfach liegenlassen wie eine Puppe, sie war kein Spielzeug mehr, dass man weglegte, wenn man keine Freude mehr daran hatte! Sie wollte ihre Antworten! Und sie würde sie sich holen. Ihr war es inzwischen auch gleich, ob sie die Antworten hören wollte. Nichts konnte schlimmer sein als Geheimnisse und Ungewissheit! Wenn man wusste wo das Problem war, konnte man es anpacken, konnte man versuchen eine Lösung zu finden. Man konnte Angst haben, enttäuscht werden, verletzt werden... aber im Moment war Delilah alles lieber als diese nagende Leere.

Sie war so wütend, dass sich sogar eine leichte Hitze auf ihre Wangen legte. Sie bemerkte kaum, wie Baltos den Raum betrat und ihn sich betrachtete... dabei war er vor kurzem noch der Mittelpunkt ihrer rasenden Neugier gewesen.
Sie würde sich ihre Antworten holen! Sollte Neroli nur versuchen, sie davon abzuhalten! Nichtmal ihre Blindheit schien ihr in diesem Moment ein Hindernis. Sie würde an Türen trommeln, sie würde schreien, sie würde sich Brockhardt an die Fersen heften bis er sie mitnahm, sie... !
Erst als sich mit einem leisen Rumpsen und einer leichten Erschütterung des Tisches - gefolgt vom leisen Klirren der Gläser - die Axt des Mantroners auf dem Tisch niederließ, wurde Delilah aus ihrer inneren Wut gerissen.
Beinahe überrascht sah sie von ihren Händen auf und blickte die große blaue Gestalt auf der anderen Seite des Tisches an. Auch die Anspannung ihres Kiefers löste sich. Auf der Tischplatte sah sie den goldenen Umriss seiner Waffe. Hatte er das gerade wirklich getan? Die Röte wich aus ihrem Gesicht und mit ihrem Erstaunen wuchsen ihre Augen. Gunther führte ihn belehrend in die Waffensitten zu Tisch ein und ein leises Kichern entriss sich Delilahs Lippen.

„Ist es bei euch nicht brauch, dass man seine Waffe auf den Tisch legt?“ Ihr Kichern wurde lauter und sie versuchte es mit einem leichten Husten zu überdecken.

"Nunja... im Falle... also im Falle, dass du einem der hier anwesenden eine Kriegserklärung entgegen zu bringen hättest, wäre diese Geste wohl legitim."
Sie lächelte und tatsächlich beruhigte sich die Oberfläche des Ozeans, doch in den Tiefen waren die heißen Strömungen noch immer in Unruhe.
"Was habt ihr denn so für Tischsitten in Mantron? Was gibt es bei euch so zu essen? Und auf Festen... habt ihr da etwas Besonderes?"

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Dienstag 24. Februar 2015, 10:45

(Baltos setzt einmal aus.)

Kadia und auch Delilah hatten sich mit wichtigen Anliegen an den Inquisitor gewandt und dieser hatte besonnen reagiert, soweit es ihm möglich gewesen war. Kadias Anliegen würde er mit dem Grafen nach dem Essen besprechen, Kadia nickte brav, aber diese Erwähnung ließ hingegen Delilahs Blut hoch kochen. SIE vertröstete er und dem Inquisitor gewährte er eine persönliche Audienz? Was um Himmelswillen hatte sie falsch gemacht, dass er sie so mied?! Ihre jugendliche, ungestüme Ungeduld ließ den Strudel der Vorwürfe immer weiter anschwellen. Und dann war da immer wieder noch die Rede von irgendetwas im Nebel, etwas gefährlichem, was nur noch viel mehr Verwirrung stiftete.
Kadia wirkte im Gegensatz zu ihr sehr ruhig. Sie betrachtete den Mantroner voller Neugierde und das „Kriegsspiel auf der Tischdecke“. Baltos nahm dann auch nach einigem hin und her seine Axt vom Tisch und stellte sie neben sich. Delilah hatte noch gewaltig mit ihrem inneren Feuer zu kämpfen und entschied dann, dass es wohl besser wäre diesen Ort bald ebenfalls zu verlassen. Irgendetwas in dieser Umgebung schien ihren Kampf, ihr inneres Leuchten, ihr Feuer sogar noch zu nähren. Sie war nur äußerlich gefasst, auch wenn ein geschultes Auge doch die kleinen Zeichen ihrer Unruhe lesen würde können. Sie war schließlich keine Schauspielerin.
"Herr Brockhardt...? Ich hatte auch noch eine Frage... oder viel mehr Bitte an euch... Ich wollte um eure Erlaubnis bitten, euch und Kadia bei eurer Weiterreise nach Jorsa begleiten zu dürfen. Natürlich erst, wenn... wenn die Reise wieder sicher ist. Ich möchte nach Hause und habe die Gastfreundschaft des Grafen sowieso schon viel zu lange in Anspruch genommen."
Kadias Blick wandte sich ihr zu und sie blinzelte. Die unausgesprochene Frage lag überdeutlich auf ihrem Gesicht, wie man nur von einem solchen Ort weg wollen konnte?! Sie blinzelte abermals und sah dann zwischen Gunther und Delilah hin und her. Baltos verstand kein Wort von dem was da gesprochen wurde, aber konnte die wachsende Spannung in der Luft fühlen. So ausgegrenzt zu werden war doch etwas seltsam und Kadia, die ihn beobachtete hatte, war feinfühlig genug um ins Celcianische zu wechseln.
„Sie meinte, sie würde gerne mit uns kommen, wenn wir gehen ...“
Sie sah die Licht-Magi an.
„Wenn ihr... wenn Luci ...sie ist doch eure Zofe ...dann … dann wäre ich hier ja wirklich allein …?!?“
Sie schwieg wieder und starrte auf den silbernen Kerzenständer, der vor ihr stand. Dann sah sie sich in dem herrlichen Saal um und wieder zurück zu Gunther.
„Herr Brockhardt, ich würde trotzdem gern hier bleiben, wenn der Graf es erlaubt, denn wenn ich mich in einem solchen Anwesen verdienen könnte, dann kann ich überall Arbeit finden. Ich könnte hier viel lernen … Jetzt da meine Eltern tot sind, muss ich an meine Zukunft denken.“
Jetzt hatte sie es zum ersten Mal ausgesprochen und biss sich kurz auf die Unterlippe. Ihre Gefühle waren deutlich durcheinander und so plapperte sie einfach weiter:
„So ein Anwesen kann doch nicht so lange ohne irgendeinen Schutz bestehen, wenn der nicht gut wäre. Ich glaube nicht. Allein dieser merkwürdige Nebel! Wie sollten sie uns finden? Ich möchte bleiben. ...Vorausgesetzt natürlich es besteht keine akute Gefahr wegen der Dun...“
Sie stockte und sah zu Delilah und dann wieder auf ihren leeren Teller.
„Entschuldigung.“
Ja, sie hatte sich verplappert. Sie war jung und sehr lebendig. Gunther musste jetzt retten was zu retten war. Just in diesem Moment der peinlichen Stille öffnete sich eine der Seitentüren und Luci und Neroli kamen mit jeweils einem Servierwagen herein. Das Leise Quietschen ihrer Räder erkannte Delilah sofort und der Duft der sie begleitete war köstlich. Rukulla hatte sich wohl alle Mühe gegeben ihre Gäste zu verwöhnen. Delilah, Gunther und Baltos sahen, aus unterschiedlichen Gründen, die kleine Aura hinter den beiden Bediensteten her huschen und hier und da noch etwas zurecht rücken. Delilah wirkte ihren Zauber der Kinderaugen, Gunther hatte die magische Robe erhalten und Baltos, er sah sie ohnehin schon lange und wünschte vielleicht schon manchmal es nicht mehr zu tun. Heute war Rukulla bester Dinge und summte leise die Melodie des Walzers mit, die hinter den großen geschlossenen Flügeltüren erklang.

(Geister Ball-Hintergrundmusik)

Die zarten Anschläge eines Flügels beruhigten wieder etwas die Gemüter und die verlockende Speisen aus winterharten Gemüsen und Früchten wurden serviert. Jeder erhielt etwas nach seinem Geschmack. Eine Pastinaken-Cremesuppe oder frisches kleines Brot mit schaumig geschlagener Würzbutter wurde als Vorspeise gereicht. Zum Hauptgang gab es zwei Varianten. Es gab Rehbraten, kleine Kartoffelklöße, gefüllt mit Trockenpflaumen, herb würzig-süße Soße, Gele von Preiselbeeren und Sahnehäubchen an Wurzelgemüse. Als zweite Wahl gab es Geflügel, vermutlich Fasan oder Täubchen mit glasierten Möhrenspalten und Rosmarinkartoffeln. Luci zitterte manchmal leise mit den Tellern, wenn Baltos sie ansah und Neroli schenkte gewohnt perfekt und kühl nach Wunsch roten oder weißen Wein in die Kristallkelche. Zum Essen zogen sich die beiden an den Rand des Saals zurück und warteten auf Wünsche. Kadia beobachtete sehr genau alles und schien für sich zu bestätigen, dass sie gern hier etwas lernen wollte. Vor dem Nachtisch gab es so genügend Zeit um sich bei Tisch zu unterhalten und vielleicht offene Fragen zu klären.
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Baltos » Mittwoch 4. März 2015, 08:01

Eine Axt auf dem Tisch soll eine Kriegserklärung sein? Baltos schüttelte den Kopf, nahm aber die Axt vom Tisch. „Je länger ich bei euch bin umso mehr fällt mir auf wie steif ihr alle seid, mit Ausnahme von der kleinen Robbe!“ Der Mantroner deutete auf Delilah, die auch gleich mit ihren versprochenen Fragen loslegte.
"Was habt ihr denn so für Tischsitten in Mantron? Was gibt es bei euch so zu essen? Und auf Festen... habt ihr da etwas Besonderes?"
„Wir legen unsere Waffen auf dem Tisch um unseren Gastgeber zu zeigen das von uns keine Gefahr ausgeht, das war es aber auch. Bei euch legt man ja wert darauf mit, wie nett ihr das.. ... ach ja Besteck gegessen wird! Wir benutzen nur unsere Hände und ein scharfes Messer, alles andere ist in meinen Augen auch nur eine Verschwendung von Zeit.“ Der Jäger lehnte sich kurz zurück und streckte sich kurz.
„Zu deiner Frage was wir auf einem Fest essen, das gleiche wie immer.... Fleisch! Nur gibt es davon mehr als sonst und jede Menge Alkohol, den wir entweder den Piraten abnehmen oder teuer erhandeln.

Kaum als Baltos geantwortet hatte begann die eine Dame am Tisch mit Gunther in einer Sprache zu sprechen, die er noch nicht gehört hatte.
Der Mantroner verstand zwar kein Wort, aber trotzdem fand er das diese Sprache sich schön anhörte. Zwar wesentlich weicher als die Seine aber trotzdem angenehm.
Irgendwann sprachen die Anderen wieder in der allgemeinen Sprache, warum sie das taten wusste er nicht.
Die Unterhaltung drehte sich darum ob die eine Frau in den Anwesen bleiben durfte, Baltos verstand zwar nicht warum sie Gunther fragte ob sie bleiben durfte, schließlich war das nicht sein Haus, aber vielleicht war das hier so Brauch.
Am Schluss ging es dann um die Sicherheit des Hauses, aber anscheinend war das ein rotes Tuch! Baltos war verwirrt.
Doch zu seiner Erleichterung kam das Essen endlich. Der Jäger schenkte der jungen Frau und Rukulla weniger Aufmerksamkeit sondern fixierte das Essen und als ihm der erste Teller serviert wurde, fackelte er nicht lange und legte mit den verputzen der Speisen los, obwohl die Anderen noch nichts hatten. Warum sollte man auch warten!

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Delilah » Sonntag 8. März 2015, 05:58

Kleine Robbe. Delilah musste leise lachen. So hatte sie Fanja auch immer genannt. Sie konnte sich vorstellen, wie ungewohnt alles hier für Baltos sein musste. Warum er wohl Mantron verlassen hatte?
Gespannt lauschte das blondgelockte Mädchen den Ausführungen des Starken Mannes. "Aber habt ihr denn gar keine Pflanzen bei euch, die ihr anbauen könnt?" Der Gedanke kam Delilah immer noch merkwürdig vor, auch wenn die Eiselfe ihr tausendmal von ihrer eisigen Heimat erzählt hatte. "Aber ihr baut doch eure Häuser nicht ganz aus Eis wie die Elfen... dann muss es bei euch doch Bäume geben?" Ihre Augen leuchteten neugierig und ließen Baltos strahlend blaue Aura nicht einen Moment los. "Sag mal Baltos... wie lang ist dein Bart? Fanja hat immer behauptet alle starken Männer hätten Bärte, die bis zum Bauchnabel reichen, obwohl sie schon geflochten sind, wie es junge Mädchen mit ihren Haaren machen!" Nein, dass Delilah steif oder zurückhaltend in ihrer Neugier war, konnte man nun wahrlich nicht behaupten. "Warum hast du Mantron eigentlich verlassen? Es muss doch schrecklich warm hier für dich sein... Wie alt bist du eigentlich?"
Der Strom der Fragen riss kaum mehr ab. "Ziehen wirklich Hunde bei euch die Schlitten? Ich meine... ihr seid doch viel schwerer als die Eiselfen... oder macht das dein Eisbär? Ich hab noch nie gehört, dass ihr Eisbären als Haustiere habt... es ist doch ein Eisbär oder? Ist er wirklich weiß!? Ich meine ein Bär, der aussieht wie Schnee... das ist eigentlich unglaublich!"
Es tat Delilah gut sich von ihrer inneren Wut durch eine schönere Emotion ablenken zu können.

Delilah spürte Kadias Blick auf sich ruhen und konnte sich denken, welche Frage sie in ihren Augen würde lesen können, wenn sie in ihr Gesicht sehen könnte. Doch die junge Licht-Magi antwortete mit einer einfachen Frage. "Würdest du nicht nach Hause wollen?"
Und ja, Kadia hatte recht... es musste einen besonderen Schutz um das Anwesen geben. Sonst wäre Rukulla vorhin doch auch sicher nicht so ruhig gewesen... sie hätte sie sicher gewarnt. Hatte sie nicht gemeint, ihre Moma wäre sauer mit ihr, wenn sie nicht auf das Enkelkind ihrer Freundin aufpasste?
Delilah horchte bei Kadias weiteren Worten auf...
Dun...kelheit? Dunkel...elfen? Waren es unförmige Schatten, die da draußen lauerten, so wie Deli sie damals bei Omniel gesehen hatte? ... nein... dann hätte Gunther ganz anders reagiert, als sie ihm eröffnet hatte, dass sie die Schatten vertreiben konnte.
Es musste eine direkte Gefahr sein. Aber... wirklich Dunkelelfen? Delilah hatte vor ewigen Zeiten munkeln hören, dass sich dieses Volk in den Krieg gegen die Menschen und anderen Völker begeben hatte... aber... waren sie wirklich schon hier? Der Gedanke war beunruhigend... sie hatte nur Grausiges von diesem Volk gehört. Sie waren die Bösewichte in jedem Märchen mit Faldor als ihrem Gott an der Spitze. Aber die Armee Jorsans war stark... schließlich verteidigten sie sich schon jahrzehntelang gegen Grandessa... und wenn die Dunkelelfen beide Völker bedrohten... vielleicht würden sie den Zwist begraben und gemeinsam gegen den Feind stehen? Das wäre doch die einzig logische Reaktion... oder?
Was lauerte da draußen?! Waren es wirklich Dunkelelfen? Das klang einfach zu absurd... als würden die Eiselfen im Urwald einmarschieren. Was sollte dieses Volk schon von Jorsan wollen?
Verano wusste sicher was los war... sie musste mit ihm reden!
Warum wollten sie eigentlich alle beschützen? Als wäre sie eine Blume, deren Stiel man zu leicht brechen konnte...
Wie sollte sie auch an Stärke gewinnen, wenn man sie vor allem abschottete...?

Stille stand eisig im Raum als Delilah fast schon fordernd Kadia und Gunther ansah. Sie wollte wissen, was los war! Als könnte man sie vor etwas beschützen, indem man es ihr verschwieg... in diesem Moment öffneten sich knarrend ein paar Türen und ein herrlicher Duft durchströmte den Raum, gefolgt von einem regelmäßigen Quietschen von Rädern auf hartem Boden. Delilah spürte wie hungrig sie war.

Gerade als sie genüsslich in ein mit Suppe getränktes Stück Brot biss und den Geschmack in sich aufnahm, erreichten sie die sanften Töne, die plötzlich den Raum durchströmten und sie erstarrte schlagartig. Sie hob den Kopf um genauer zu lauschen.
Hinter einem der Türpaare, die Kadia ihr beschrieben hatte, erklang gefühlvolles Klavierspiel. Der Pianist war begnadet, sein Spiel Delilah besser ins Gedächtnis gebrannt als sein Gesicht. Wie viele Male waren diese Klänge das Einzige gewesen, dass sie an den Ufern ihres schwarzen Meeres vernommen hatte? Diese Musik war es gewesen, die ihr ein Seil aus Licht und Tönen in die Finsternis hinabgereicht hatten. Wie oft hatte Verano an dem Flügel in ihrem Zimmer gespielt, während sie still, regungslos, verloren in dem großen Himmelbett gelegen hatte? Ohne Gefühl, ohne Körper, ohne Stimme, ohne Augenlicht?
Delilahs Zorn verrann mit jedem Ton, der durch den Saal tanzte wie ein eigener kleiner Lichtstrahl. Egal wie sehr sich Verano inzwischen von ihr distanziert hatte, er hatte ihr in dieser schweren Zeit beigestanden, hatte an dem Glauben festgehalten, dass sie zu retten war. Nie hatte sie sich einem Menschen mehr verbunden gefühlt als ihm in dieser Zeit. Er hatte ihr Halt gegeben, als sie nicht die Möglichkeit hatte, sich selbst zu halten. Er hatte verhindert, dass sie mit den Wellen ihres Meeres davongespült worden war.
Er hatte für sie gespielt... immer wieder... obwohl sie keine Reaktion hatte geben können. Hatte die Fäden der Leiter gesponnen, bis sie dick genug gewesen waren, dass sie sich selbst daran hatte hinaufziehen können... zurück ins Leben. Immer wieder das Klavierspiel...
Und was hatte er getan als sie erwacht war? Schreiend, verzweifelt vor Angst wieder fortzutreiben ins Nichts? Er hatte sie gehalten, ...hatte ihr gezeigt, dass dort jemand war der sie hörte, der nicht zulassen würde, dass sie erneut in ihrem eigenen Körper verschwand...

Er hatte bis heute nichts für ihre Rettung verlangt.
Delilah spürte wie die Emotionen dieser ersten alles bedeutenden Tage zurück in ihren Körper flossen. Dankbarkeit, Verbundenheit und vor allem Vertrauen. Er war ihr Anker gewesen, ... ihr Engel.

Verzaubert hatte die Blinde dem Klavierspiel gelauscht, den Blick im Nirgendwo verfangen, als plötzlich Töne erklangen, die in ihrer Art das Ende eines Stück ankündigten. Unbarmherzig, hart und einsam.
Nein! Das wäre als würde sie erneut diesen Verano verlieren. Den Verano, der sanft und beruhigend zu ihr gesprochen hatte, nicht harsch und abweisend. Er schien aus den Klängen erneut zu ihr zu sprechen.
Sie hatte Glück... das Stück endetete nicht... auch wenn es für einen Augenblick so geklungen hatte.

Sie musste zum Ursprung dieser Musik... selbst wenn sich herausstellen würde, dass doch ein nebelhaftes Nichts spielte, irgendein Geist dieses Hauses, Verano weit entfernt in seinem Trakt... sie wollte zur Quelle der Melodie, zurück zum Anfang...
Delilah hatte Löffel und Brot schon lange sinken lassen, und jetzt erhob sie sich, schob achtlos den Stuhl zurück und ging wie in Trance auf die Flügeltüren zu hinter denen die Musik zu ihnen hinüber schwebte. Die Türgriffe schimmerten kaum wahrnehmbar im sanften goldnenen Schein und sie drückte sie herunter um die Barrieren zu öffnen. In ihrer Dunkelheit wirkte selbst das kleinste Funkeln Wunder und vergrößerte ihre Welt. Sie wollte den letzten Noten folgen wie einer Spur im Schnee... in der Hoffnung, dass sie zu dem Menschen führen würde, den sie in ihren ersten Tagen hier in ihr Herz gelassen hatte.

Es war Delilah egal, was der gefüllte Speisesaal dachte... heute hatte bereits eine Kriegsaxt auf der feinen Decke gelegen... und sie... sie war keine Adelige. Die Puppe suchte den, der sie am Straßenrand aufgelesen hatte.

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Sonntag 8. März 2015, 11:43

Bevor Gunther auch nur den Versuch starten konnte das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken platzte auch schon Delilah mit ihren Fragen heraus. Der Jugend konnte man dies jedoch verzeihen. Dieses Mädchen war ohnehin ein Quell der Neugierde und nicht zu bremsen, was man deutlich an den Fragen an den Mantroner bemerkt hatte, doch als Kadia sich vertrat, sah man die Sorge nun auch überdeutlich in ihrem Gesicht. Bald würden ihre Fragen in eine Richtung gehen, die Gunther eigentlich hatte vermeiden wollen. Dann rettete ihn jedoch vorerst die Musik und Delilahs Gesicht veränderte sich mit jedem Anschlag der fernen Tasten. Was sie vorher in Zorn gefangen gehalten hatte, verlor sich in stiller Dankbarkeit und plötzlich erhob sie sich einfach. Die kleine Geisteroma huschte neben Gunther und legte dem Inquisitor ihre kühle, halb stoffliche Hand beruhigend auf den Arm, bevor er ihr folgen konnte.
„Lasst sie gehen. Das betrifft nur sie.“
Um so länger er mit diesem Wesen zusammen war, um so besser konnte er sie sehen und das warme Lächeln auf ihrem zerknautschten Gesicht, zeigte deutlich an, dass alles in Ordnung war. Rukulla sah auch zu Baltos hinüber und zwinkerte ihrem „Großen“ keck zu. Sie nahm sich ein Stück Kuchen und steckte es sich in den Mund. Prompt landete es unbemerkt auf dem Boden hinter ihr. Die Männer folgten den erstaunlich zielsicheren Schritten des blinden Mädchens mit den Blicken, dass die große Flügeltür einfach durchschritt, als wäre sie nicht da. Dieses Haus war schon seltsam. Würde einer dort hingehen, wo Delilah verschwunden war und die Tür berühren, so wäre sie fest und verschlossen.

Bei Delilah

Sie musste zum Ursprung dieser Musik... selbst wenn sich herausstellen würde, dass doch ein nebelhaftes Nichts spielte, irgendein Geist dieses Hauses, Verano weit entfernt in seinem Trakt... sie wollte zur Quelle der Melodie, zurück zum Anfang...
Die Türgriffe schimmerten kaum wahrnehmbar im sanften goldenen Schein und sie drückte sie herunter um die Barrieren zu öffnen. In ihrer Dunkelheit wirkte selbst das kleinste Funkeln Wunder und vergrößerte ihre Welt. Sie wollte den letzten Noten folgen wie einer Spur im Schnee... in der Hoffnung, dass sie zu dem Menschen führen würde, den sie in ihren ersten Tagen hier in ihr Herz gelassen hatte.
Die großen Flügeltüren schlossen sich langsam hinter ihr, doch davon nahm sie kaum mehr etwas war. Mit dem ersten Schritt in diesen Raum hatte der Klang ihrer Welt sich verändert. Es war immernoch das gleiche Lied, doch nun wurde es für sie gespielt. Sie schloss bewusst die Lider und atmete tief durch. Als sie den nächsten Schritt machte leuchtete etwas vor ihr auf. Unwillkürlich öffneten sich auch ihre Augen wieder und sie sah an sich hinunter. Von ihrem Fuß war goldener Staub aufgewirbelt worden, der über die Jahre nur darauf gewartet hatte in Bewegung gesetzt zu werden. Gleich einer Düne die ins Rutschen geriet, floss er über den Boden und eine nahe Treppe hinunter. Ihr nächster Schritt trat einen kleinen Wirbelsturm frei, der sich erhob und in die Höhe schwebte. Nur wenige Meter vor ihr zerstob er ein alle Richtungen und löste eine herrliche Reaktion von Licht für sie aus. Jedes Teilchen berührte ein anderes, tanzte mit ihm und teilte sich dann zu vier neuen Funken. Zu den Klängen der Musik tanzte die Magie und füllte so den Ballsaal mit ihrem Leuchten an. Delilah folgte dem Tanz aus Lichtern die immer mehr an Gestalt gewannen.
Die Geister alter Zeiten erhoben sich aus dem Staub und begannen miteinander zu tanzen. Sie luden sie ein, ihnen zu folgen. Hände wurden ihr gereicht und sie wurde die Stufen hinab geführt auf das Parkett. Dort drehten sie sich um sie, wurde im Takt der Musil von einem zum anderen weiter gereicht. Alles war so fremd und doch so herrlich leicht zu genießen. Dann hielten kurz inne und wiesen ihr mit ihren Blicken den Weg. Delilah folgte mit ihren blinden Augen und sah am anderen Ende des Saals einen Flügel stehen, dahinter Veranos bläuliche Gestalt. Er schaute zu ihr auf und erhob sich. Sein Leuchten trat hinter dem Flügel hervor und verneigte sich. Automatisch setzten sich ihre Füße in Bewegung und so näherten sie sich wieder einander an.

(Hintergrundmusik - etwas lauter machen)

Einen Moment lang war es fast still. Allein der leise Klang eines Glockenspiels hob an. Verano trat zu ihr und neigte den Kopf. Dieser Ort, alles war seltsam fern wie die Erinnerung an einen Traum.
„Delilah ...“
Er hielt ihr seinen Arm hin und verneigte sich.
„Wenn du mir einen letzten Tanz gewähren würdest ...“
Die Musik schwoll an und die Paare um sie herum begannen sich erneut zu drehen. Sein Am berührte sie, fasste sie sanft im Rücken und hob sie leicht an. Die Klänge und Bewegungen flossen ineinander und gemeinsam schwebten sie über die Tanzfläche. Alles geschah von ganz allein und nur sein Flüstern drang an ihr Ohr.
„Ich habe doch versprochen, dass wir uns heute noch sehen ...“
Ein paar Drehungen weiter sah er von ihr auf und blickte in eine bestimmte Richtung.
„Delilah, du bist nicht ohne Grund hier. Es gibt etwas, bei dem du mir helfen könntest... Vielleicht könntest du es einfach als Dank ...“
Ein blaues Leuchten löste sich aus der Menge und kam langsam auf sie zu.
„Keine Fragen. Vertrau mir bitte ein letztes Mal... “
Verano hielt sie zwar noch an der Hand, aber trat schon so weit zurück, dass sie der Gestalt entgegen sehen konnte. Ihr Herz begann unwillkürlich zu rasen, obwohl sie ihn noch nicht einmal wirklich erkannte. Trotzdem kribbelte ihr ganzer Körper vor Erregung. Veranos Stimme entfernte sich und war schon fast vergessen:
„... Er wollte dich noch ein letztes Mal sehen.“
Ihre Hand wurde frei gegeben und dem Mann vor ihr überreicht. Der Schemen nahm Form an und Delilah fühlte sich auf einmal wieder unglaublich jung. Sie sah zu seinem schimmernden Gesicht auf und ihr Blick verschwamm. Vor langer Zeit hatte sie dieses Gesicht sehr geliebt! Ihr Herz wollte sich erinnern und sie wusste, all das war vor langer Zeit einmal wahr gewesen. Seine Hand hatte ihren Schopf gestreichelt, so wie er jetzt ihre Wange berührte. Sein Lächeln war voller Liebe und seine Lippen formten die Worte die sie nur in ihrem Herzen hörte. Da war keine Stimme mehr, nur noch Erinnerung, aber sie wusste, was er ihr sagen wollte und sie wusste was sie ihm antworten würde. Er nahm sie in die Arme und auch wenn sein Körper kalt war, so waren ihre Herzen warm.
Er wiegte sie in seinen Armen, wie vor langer Zeit, als sie noch auf seinen Unterarm gepasst hatte. Langsam ging das Wiegen in ein Drehen über und Delilah tanzte mit ihrem Vater.
Als die Klänge leiser wurden, küsste er ihre Stirn und hielt inne. Sein Arm löste sich und hob eine Kette über ihre Stirn. Ein sehr bekanntes Medaillon legte sich um Delilahs Hals und er lächelte. Er drückte er sie noch einmal herzlich, dann drehte er sie aus seinem Arm und entfernte sich langsam von ihr. Hinter ihm öffnete Verano die Flügeltüren zur Terrasse und der Geist schritt zu ihm. Sie nickten einander zu und das Leuchten verschwand. Die Musik endete und auch die anderen Geister waren verschwunden. Allein mit dem blauen Leuchten Veranos war es wie das Erwachen aus einem Traum. Der Nachhall des Erlebten wollte die junge Licht-Magi noch nicht los lassen. Doch die eisige Luft aus dem Garten kühlte ihre Wangen. Verano trat zu ihr und legte ihr seinen Gehrock um die Schultern. Sein Arm hielt ihrer bebenden Schultern. Seine Stimme drang warm und leise langsam wie die Tropfen von tauendem Eis in ihr Bewusstsein.
„Wie hätte ich dich darauf vorbereiten können.“
Es war keine Frage, nichts auf das man eine Antwort geben musste. Vielleicht spürte er, wie verwirrt sie sein musste. Der Geist ihres Vaters hatte sich gerade von ihr verabschiedet und ihr ihr Medaillon zurück gebracht. Sie brauchte nicht zu fragen, irgendwie wusste sie, dass dies ein endgültiger Abschied gewesen war und er nun diese Welt verlassen hatte um in die nächste zu gehen. Sie hatte ihn kaum gekannt, aber ihre Liebe war bedingungslos.
„Lass uns hinaus gehen ...“
Sein Arm führte sie hinaus in die Nacht und das leise Plätschern des Springbrunnens in seinem Garten klärte langsam ihre Gedanken. Es hatte aufgehört zu regnen.

(Hintergrundmusik)

Sie standen an einer niedrigen Brüstung und der Mond tauchte die Welt in blaues Leuchten. Auch wenn die junge Frau es nicht sehen konnte, so wirkte die Welt um sie herum friedlich und still.
Verano hielt sie einfach nur im Arm und sie konnte ihren Kopf an sein Brust legen. Sein Herzschlag war beruhigend und sein Körper warm.
„Ich schulde dir keine Antworten. Du schuldetest mir keinen Dank.“
Seine Hand strich sanft über ihren Kopf zu ihrem Kinn.
„Du hast mir die Möglichkeit gegeben eine Seele zu erlösen. Wir sind … quitt.“
Er hob langsam ihr Gesicht zu seinem empor und sah ihr lange in die leeren Augen.
„Ich habe getan was ich für nötig hielt um dich zu retten. Das was ich tat, übertrat einige Grenzen die ich lieber nicht eingerissen hätte.“
Etwas veränderte sich in seiner Stimme.
„Grenzen die nur mit Liebe brechen sollten.“
Sein Gesicht kam näher.
„Irgendwann einmal wirst du einen Mann sehr glücklich machen, kleine Delilah.“
So nah wie er war, konnte sie in den feinen Linien seiner Aura all den Schmerz sehen, der ihn gefangen hielt. Er atmete tief ihren Atem ein und sie konnte sogar sehen, wie er die Augen schloss. Seine Lippen waren für einen Moment so nah, dass sie seine Wärme auf ihren spüren konnte, doch er hielt den Abstand. Es war nicht seine Entscheidung die letzten Millimeter zu überwinden und so ließ er sie ungeküsst. Seine Stirn sank nach vorne und berührte die ihre. Sein Atem rann über ihr Gesicht und wirkte verwirrend, als würde ihr Körper mit neuer Kraft durchflutet. Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper und er hielt sie an den Schultern. Da war sie wieder diese Distanz. Jetzt viel ihr auch zum ersten Mal auf, dass irgendetwas mit seinem rechten Arm nicht stimmte. Auf seiner Schulter bis zur Hand und auch sein Brustkorb glitzerte golden, als hätte er sich dort mit Magie ver... Ihr Blick wanderte weiter nach unten, überall war dieses Schimmern, bis seine Stimme sie wieder zu sich riss.
„Es wird Zeit! Deine Schule wartet, deine Freunde, Familie … vielleicht sogar Leon.“
Wie immer wenn er sich zurück zog, wechselte er in die Gemeinsprache, die bei ihm immer etwas sarkastisch klang. Schon wollte ihre kindliche Wut wieder aufwallen, als er dann doch einwendete:
„Du solltest mit dem Inquisitor und dem Anderen fort gehen. Ich … ich … „
Seine Stimme wurde leiser.
„Ich will dich nicht noch mehr verletzten. Bitte geh.“
Er ließ sie los und wandte sich der Balustrade zu. Seine Arme stützten sich auf und neigten seinen Rücken nach vorne. Ja er verletzte sie ganz bewusst, damit sie ging. Das wurde ihr gerade klar.
„Geh.“
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Delilah » Montag 9. März 2015, 23:22

Die Welt zerbarst in Gold und Staub.
Delilah wirbelte durch die Böen aus Glanz, warf sich Erinnerung um Erinnerung in die Arme, flog durch den Saal und drehte ihre Kreise, während Zeit und Raum an Bedeutung verloren.
Es gab kein früher und kein später, kein hier und dort.
Delilah tanzte, nicht mehr und nicht weniger. Da war keine Furcht vor den Geistern, keine besorgten Gedanken, kein unangenehmer Schauer bei all dem Gold, dass sie umgab und dessen Anblick sie zuvor noch erschreckt hatte. Nun bildete sich ihre Welt, all ihr Sein aus dem Tanz der Lichter, die in den unterschiedlichsten Nuancen strahlten. Die Magie war Zeit, Raum und Körper und sie fühlte sich leicht und unbeschwert. Und die Dunkelheit war vergessen, war fort. Licht und überall Licht...
Warum hatte sie sich zuvor noch gefürchtet? Die Magie half ihr zu sehen, die Geister führten sie und waren sanft. Delilah erinnerte sich nicht mehr, was sie erschreckt hatte...
Und dann sah sie Verano. Eine blaue Gestalt in all dem Gold, … so einsam...

Und dann tanzten sie, und es war als wäre es nie anders gewesen, als hätten sie sich nie voneinander entfernt. „Hatten wir denn einen ersten Tanz?“, fragte Delilah leise.
Alles hier war so unwirklich, wie ein Traum, eine Erinnerung... vielleicht hatten sie ja wirklich einmal getanzt? Doch jetzt schwebten sie zum Klang der Musik über den Boden, von dem immer wieder Staubwolken aufwirbelten.
„Ich habe doch versprochen, dass wir uns heute noch sehen ...“ Heute... nur schwer sickerte die Erinnerung zu ihr hindurch, alles um sie herum schien das äußere von ihr fernzuhalten. Alles war so fremdvertraut... so fantastisch.
„Ich habe gedacht, du hättest dein Versprechen gebrochen...“, flüsterte sie, als die Bilder zurück kamen. „Ich war schrecklich wütend, dass du schon wieder fortgegangen warst...!“, stellte sie beinahe mit Erstaunen fest. Sie konnte sich im Moment nicht vorstellen, jemals wütend auf ihn gewesen zu sein.

„Delilah, du bist nicht ohne Grund hier. Es gibt etwas, bei dem du mir helfen könntest... Vielleicht könntest du es einfach als Dank ...“ Er hob den Blick von ihrem Gesicht und sah in die Menge, automatisch wollten ihre Augen folgen und sie entdeckte eine hohe Gestalt, die sich langsam von den anderen abzeichnete. Unwillkürlich begann ihr Herz zu rasen und ihre plötzlich eiskalte Hand klammerte sich an Verano. Sie kannte diesen Gang, diesen Schritt... nur... woher?
„... Er wollte dich noch ein letztes Mal sehen.“
Und dann berührte ihre Hand die ihres Vaters und sie sah zum ihm empor und tausend Erinnerungen und Empfindungen, lang vergessen, stiegen in ihr auf. In ihrem Hals bildeten die ungesagten Worte einen Kloß und in ihren Augenwinkeln glitzerten die Tränen, während sie in das Gesicht des ersten Mannes blickte, den sie je geliebt hatte. Wie gut sie sich an das tröstende Gefühl erinnern konnte, dass seine großen warmen Hände immer vermocht hatten zu geben, obwohl diese Empfindung tief vergraben gewesen sein musste! Nun wirkten seine Hände kleiner als in jungen Kindertagen und ihnen fehlte die Wärme, doch der Trost und die Liebe waren dieselbe, als er ihr sanft über die Wange strich. Wie unsagbar jung sie sich fühlte, um Jahre zurückversetzt, klein und im Glauben, der Vater könne einen vor allen Gefahren der Welt beschützen. Aber dann war er fortgerissen worden von diesem schrecklich sinnlosen Krieg und sie hatte früh gelernt selbst mit den Ängsten zu kämpfen, die in der Dunkelheit kamen. Doch jetzt war er hier, diesen unglaublich kostbaren Moment lang war er hier! Immer noch mit Tränen in den Augen erwiderte sie sein warmes Lächeln, prägte sich jeden Gesichtszug ein, der sich im Licht abzeichnete. Es war so fremd und doch vertraut aus verblassten Bildern. All das hier war belebte Erinnerung, nur ein flüchtiger Traum, den sie genießen durfte. Beinahe war ihr, als wenn sie sein fröhliches Lachen hören konnte, doch da war nur die Musik. Beide wussten, was sie einander sagen wollten. Tief sog sie das Gefühl der Umarmung in sich auf, flüsterte leise. „Ihr habt mir gefehlt.“ Sanft wiegte er sie und tausend gesungene Schlaflieder und Geschichten rasten durch ihren Kopf, an deren Inhalt sie sich nicht mehr erinnern konnte, nur an die Stimmen und die Geborgenheit, die sie auch jetzt umhüllte wie ein warmer Mantel. Und dann tanzten sie, wunderbare Augenblicke lang, in denen sie sich einfach ansahen. Sie sah ihm gar nicht ähnlich... doch ihre Moma hatte immer behauptet, ihr Herz käme nach ihrem Vater. Ob er all die Jahre bei ihr gewesen war? Ob er immer auf sie acht gegeben hatte, wenn sie Halt suchend nach ihrem Medaillon gegriffen hatte? Sie hatte ihn kaum kennenlernen dürfen, doch die Erinnerung an ihn und ihre Mutter hatte ihr immer Mut gemacht... Leise Tränen flossen über ihr Gesicht, obwohl immer noch ein seliges Lächeln auf ihren Lippen lag. ...Ob dieser Abschied bedeutete, dass sie nun bereit war der Welt alleine entgegen zutreten?

Und da verklang langsam die Musik und ihre Bewegungen wurden weniger, bis sie schließlich stehen blieben. Musste sie ihn jetzt wirklich noch einmal gehen lassen? Jetzt, wo sie ihn gerade wieder hatte? Ein letzter Kuss berührte ihre Stirn...
Dann legte sich leicht und vertraut etwas um ihren Hals. Verwundert griffen ihre Finger nach dem Medaillon und für einen Augenblick presste sie es einfach fest an ihr Herz, dann umschlang sie die Gestalt ihres Vaters ein letztes Mal mit den Armen, jetzt wo sie ihn tatsächlich umfassen konnte! Sie drückte ihn fest an sich, brannte die Erinnerung in ihr Herz und ihre Erinnerungen. Er hatte ihr das kostbarste in ihrem Leben zurückgebracht, die Erinnerung an ihn und ihre Mutter. Und sie wusste, in gewisser Weise würden die beiden immer an ihrer Seite wandeln.
„Ich liebe dich.“, kam es flüsternd über die Lippen der Tochter.
Dann löste sich ihre Umarmung, sanft aber endgültig. Er ging fort...
Und Delilahs Herz brach und floss über von dem eben empfangenen Glück zugleich.
Das Medaillon umfassend folgte sie dem Licht ihres Vaters mit den Augen und sah zu wie er langsam verschwand.

Mit der Stille kam die Dunkelheit zurück und Delilah erwachte aus der Trance, in die der erste Anschlag des Pianos sie versetzt hatte.
Allein mit dem blauen Leuchten Veranos war es wie das Erwachen aus einem Traum.
Einige leise Augenblicke stand sie still da, die Umarmung ihres Vaters noch spürend, das goldene Herzstück an die Brust gepresst, während mehr und mehr Tränen den Weg über ihre geröteten Wangen fanden. Ein Beben durchlief ihren Körper und mit einem Schluchzen löste sich der Knoten in ihrem Hals. Erschrocken zuckte sie zusammen, als sich ein warmer Mantel um ihre Schulter legten. Sie war noch so gefangen gewesen, von dem Erlebten, dass sie kaum gemerkt hatte, wie Verano an sie herangetreten war. Doch jetzt spürte sie seine bekannte Anwesenheit, vernahm seinen Duft, spürte seine Wärme. Immer noch schluchzend rettete sie sich in seinen Arm.

Die Kühle, Veranos stumme Umarmung und das gleichmäßige Plätschern des Brunnens beruhigten langsam das Gemüt der jungen Frau. Oder war sie noch ein Mädchen?
Was hatte sie da gerade erlebt? Wie war das möglich? Wie viele Geister streiften unruhig durch die Welt, so wie ihr Vater? … war er auch hier gewesen, als sie still und stumm zwischen den weißen Laken des Himmelbettes gelegen hatte, unfähig sich selbst zu befreien? Hatte er an ihrer Bettkante gesessen? Warum hatte sie ihn nicht zuvor mit den Kinderaugen wahrgenommen?
… was hatte Verano mit all dem zu tun?
Warum hatte er sich den Geistern verpflichtet? Was trieb ihn dazu?
Unzählige Fragen durchzogen ihren erwachten Geist, während ihr Herz langsam zur Ruhe kam, auch wenn sie noch immer den Nachhall des Erlebten in sich spürte. Dieser Augenblick würde sie lange begleiten.
„Ich schulde dir keine Antworten. Du schuldetest mir keinen Dank.“
Und wieder war es als hätte er ihr Gedanken und Gefühle an der Nasenspitze abgelesen. Kurz ärgerte sich Delilah über die Worte. Doch es war nicht wie zuvor. Er stieß sie nicht fort, ließ sie nicht allein. Seine leichte Berührung schickte kleine Schauer durch ihren Körper. Das schien er anfangs nicht begriffen zu haben... sie war ein sanftes Wesen und nur sanft erreichte man sie.
„Du hast mir die Möglichkeit gegeben eine Seele zu erlösen. Wir sind … quitt.“
… Sie konnte es nicht fassen. Er hatte ihr diese unglaubliche Begegnung ermöglicht, einen richtigen Abschied von ihrem Vater und sah das als … Bezahlung?
Verstand er denn nicht, wie viel mehr er ihr gegeben hatte? Wie viel sie ihm gegeben hätte, um diesen Augenblick zu erleben?!
Sie spürte seine warme Hand unter ihrem Kinn, während sie ihn beinahe fassungslos ansah.
„Ich habe getan was ich für nötig hielt um dich zu retten. Das was ich tat, übertrat einige Grenzen die ich lieber nicht eingerissen hätte.“
Sie blinzelte und senkte leicht den Blick. Sie wusste wovon er sprach... hatte er sie deshalb gemieden? Bereute er, was er getan hatte?
„Grenzen die nur mit Liebe brechen sollten.“ Etwas in seiner Stimme hatte sich verändert und sie sah ihn wieder an, nur um zu bemerken, wie nah sein Gesicht dem ihren gekommen war.
Automatisch schlug ihr Herz schneller und ihr Atem stockte.
„Irgendwann einmal wirst du einen Mann sehr glücklich machen, kleine Delilah.“ Die Worte verwirrten sie leicht, warum sagte er das? Warum klang er so traurig dabei?
Die Umarmung hatte nichts tröstendes mehr, eher schien es ihr, als wäre er es nun, der bei ihr Halt suchte... es fühlte sich nach Entschuldigung und Abschied an.
Der Schmerz in seinem Herzen schien ihr beinahe physisch greifbar geworden. Was war mit diesem Mann geschehen? Was hatte er erlebt, dass ihn so verletzt hatte?
Er kam ihr immer näher, nahm ihren Atem auf, den sie zittrig ausgestoßen hatte, als sich zu viel davon in ihren Lungen gesammelt hatte. Er schloss die Augen... fing den letzten vorhandenen Rest auf. Sie hatte schon einmal bemerkt, dass er so … anders reagiert hatte. Erinnerte ihn ihr Duft an etwas? Er war voller Geheimnisse.
Sie spürte seine Wärme auf ihren Lippen und irgendwie ahnte sie, wie es wäre diese letzten Millimeter zu überwinden, wie es wäre seine Lippen auf ihren zu spüren … doch sie wusste nicht, ob sie diesen Gefühlssturm wirklich auslösen wollte und der Moment verrann. Dieser Kuss gehörte nicht ihm. Es gab Grenzen... die sollten nur mit Liebe brechen... und das hier war nicht diese Art der Liebe.
Ihr Herz klopfte stark und fest in ihrem Inneren, ihr Atem beruhigte sich. Er ließ den Kopf sinken, sie spürte die gegenseitige Berührung. Es schien ihn... Überwindung gekostet zu haben... leicht und warm floss sein Atem über ihr Gesicht, weckte ihre Geister.
Mit einem Mal war er wieder fort, seine Wärme verschwunden, sein Licht weiter entfernt und seine Stimme voller Sarkasmus. Das war wieder der Verano der vergangenen Zeit, der ihr immer wieder die Schmerzen gebracht hatte, ohne sie danach lindern zu wollen.
Was... war war das da auf seinem Arm? Auf seiner Hand und seiner Brust... es war überall! Delilah kannte diesen Anblick...
„Es wird Zeit! Deine Schule wartet, deine Freunde, Familie … vielleicht sogar Leon.“
Delilah schrak zusammen, so harsch riss die Erinnerung an all das sie aus diesem Augenblick auf dieser friedlichen Terasse. Leon... Leon wartete sicher nicht auf sie... warum sollte er auch? Sie bedeutete ihm nichts, dass hatte er deutlich gemacht... aber ja... sie wollte nach Hause... in die Akademie zu Brit und ihrer Moma.
Wieso tat er das immer? Warum war er erst so sanft, um ihr dann wieder wehzutun? Hatte er solche Angst davor, dass sie...!?
„Du solltest mit dem Inquisitor und dem Anderen fort gehen. Ich … ich …“
Seine Stimme wurde leiser... „Ich will dich nicht noch mehr verletzten. Bitte geh.“
Er ließ ihre Schultern frei, wandte sich ab und schien in den Garten zu blicken, während er sich auf die Balustrade stützte.
Er tat das mit Absicht... er wollte das sie ging, wollte sie nicht hier haben... aber warum?
Einen Moment stand sie einfach da und betrachtete seine Silhouette.
„Geh.“
Sie blinzelte, während ihr Herz erneut ein wenig brach an diesem Abend. Sollte sie sich abwenden und gehen? Wohin und wie, wenn sie doch wieder die Dunkelheit umgab? Und sie sollte ihn einfach hier allein lassen... schon wieder?
Sie trat zögernd an ihn heran... und schlang dann von hinten fest die Arme um ihn.
„Hör mir einen Augenblick zu...“ Sie wurde leiser bis ihre Stimme kaum mehr ein Flüstern in seinem Rücken war.
„Bitte.“ Sie atmete tief ein und stieß den Atem wieder langsam aus, ehe sie weitersprach.
„Ich verstehe dich nicht... und das werde ich vermutlich nie, einsamer Graf... und ich weiß, du willst meinen Dank nicht... aber du hast ihn doch längst... warum sich also wehren?“Ihre Stimme zitterte. „Ich verstehe nicht, warum du mich gerettet hast, warum du mich nun fortschickst, warum du hier so schrecklich alleine lebst... aber... du bist mir wichtig geworden...“
Sie entließ ihn aus der unfreiwilligen Umarmung und trat einen Schritt zurück. Sie blickte zu Boden, die eine Hand um das Medaillon geschlungen.
„Also... bitte... bitte lass mich dir helfen, bevor ich gehe... Ich... ich will dich nicht … so … hier zurücklassen.“ Sie sah wieder auf, blickte auf den goldenen Schimmer magisch behandelter Wunden...

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Dienstag 10. März 2015, 10:54

Bei Gunter und Baltos

Nachdem die Licht-Magi gegangen war saß sie einen Moment reglos da und starrte auf die Tür. Dann fing sie sich und fragte leise:
"Habt ihr das auch gesehen?"
Kadia räusperte sich gerade leise, so das Gunther sich erinnert fühlte, dass sie nicht alleine waren. Seine junge Begleiterin hatte ihm gezeigt, dass sie sich ernsthaft Gedanken um ihre Zukunft machte, aber all das hier sie doch sehr verwirrte. Sogar Rukulla hatte sich neben sie gesetzt und unbemerkt von ihr ihre nervöse Hand gehalten. Kadia hatte nichts davon bemerkt und schien auch ihre Anwesenheit nicht zu spüren. Sie war dem Zauber der Umgebung zwar erlegen, konnte aber nicht wie Baltos, Delilah oder Gunther die Geisteroma sehen. Rukulla hatte Gunther angesehen und irgendwann gemeint:
"Es wäre bestimmt besser, wenn ihr ihr diese Flausen ausredet. Sie ist ein lebendiges, junges Ding und sollte nicht bei den Toten lernen. Ich denke, der Graf wird da meiner Meinung sein."

Während die beiden Männer von den Bediensteten umsorgt wurden, Luci servierte dem Inquisitor gerade seinen Nachtisch, trat Neroli zu Baltos und fragte:
"Wir haben bestimmt noch eine gute Flasche Met in unserem Keller. Für den Fall, das sie etwas mehr heimatliche Küche bevorzugen?"
Etwas stimmte nicht mit ihr. Baltos sah sie gerade ganz aus der Nähe und ihre Schläfenmuskeln zitterten leicht. Etwas passte ihr nicht, aber sie überspielte es mit ihrer vertrauten Kühle. Ein bisschen Met konnte sicherlich nicht schaden und Neroli machte den Eindruck hier gern verschwinden zu wollen. Irgendwoher kannte er diesen Gesichtsausdruck. Dann fiel es ihm wieder ein. Führer, als er mit Haros zusammen versucht hatte das erste Mal die Mädchen zu beeindrucken, war ihm dieses Gesicht im Spiegelbild begegnet. Sein Freund hatte einen enormen Erfolg bei der holden Weiblichkeit gehabt und er selbst verblasste nicht nur dahinter, er trat sogar regelmäßig ins sprichwörtliche Tran-Töpfchen. Es war Eifersucht, die Neroli da mit sich trug. Neid und Eifersucht waren in geringen Maße durchaus förderlich, wenn es um Wettkämpfe ging. Baltos hatte sich selbst damit oft konfrontiert gesehen und gelernt sie für sich zu nutzen, gerade wenn es um den Kampf mit der Axt oder der Jagd mit dem Bogen ging und es ein Anderer besser gekonnt hatte. Neroli jedoch verbarg da ein eher ungesundes Maß hinter ihren glitzernden, grünen Augen. Sie hatte die kleine Robbe zwar nicht aufgehalten, aber es war ihr auch nicht gleich, dass die durch diese mysteriöse Tür verschwunden war.

Bei Delilah

„Geh.“
Sie trat zögernd an ihn heran... und schlang dann von hinten fest die Arme um ihn. Unter seinem Hemd konnte sie die Verbände tasten und spürte wie sein Körper sich versteifte. Tat sie ihm weh?
„Hör mir einen Augenblick zu...“
Sie wurde leiser bis ihre Stimme kaum mehr ein Flüstern in seinem Rücken war.
„Bitte.“
Sie atmete tief ein und stieß den Atem wieder langsam aus, ehe sie weitersprach. Er bebte unter ihren Armen.
„Ich verstehe dich nicht... und das werde ich vermutlich nie, einsamer Graf... und ich weiß, du willst meinen Dank nicht... aber du hast ihn doch längst... warum sich also wehren?“
Ihre Stimme zitterte wie die Muskeln unter seiner Anspannung. Etwas knirschte leise.
„Ich verstehe nicht, warum du mich gerettet hast, warum du mich nun fortschickst, warum du hier so schrecklich alleine lebst... aber... du bist mir wichtig geworden...“
Sie entließ ihn aus der unfreiwilligen Umarmung und trat einen Schritt zurück. Sie blickte zu Boden, die eine Hand um das Medaillon geschlungen.
„Also... bitte... bitte lass mich dir helfen, bevor ich gehe... Ich... ich will dich nicht … so … hier zurücklassen.“
Sie sah wieder auf, blickte auf den goldenen Schimmer magisch behandelter Wunden. Er drehte sich um, starrte sie an und fast konnte sie das Brennen seiner glühenden Augen auf ihrer Haut spüren. Die Spannung in der Luft war fast unerträglich, doch er brauchte ein paar Atemzüge um sich zu fassen und nicht etwas zu tun, was er ewig bereuen würde. Auch Delilah konnte die Spannung spüren, wie eine drohende Gefahr, die man aber mit offenen Armen begrüßte, weil man wusste, dass es einen hinauf in die Wolken tragen würde und Flügel schenken konnte. Warum wollte aber Verano ihr das alles nicht geben? Warum stieß er sie immer wieder zurück?
„Verstehst du denn immernoch nicht! Es ist … Es ist nicht deine Aufgabe!“
Sie konnte ihn schlucken hören und ahnte schon, dass was nun folgen würde ihr Herz noch mehr verletzten würde, aber sie hatte ja die Wahrheit eingefordert. Seine Stimme war scharf, voller Schmerz und schoss wie Bolzen aus einer Armbrust auf sie zu. Sie hatte einen Riss in den Damm geschlagen, der ihn umgab. Jetzt drohte er zu brechen.
„Du hast keine Ahnung was ich brauche! Was ich von dir verlangen würde!“
Tiefe Risse begannen sich durch seine Aura zu ziehen, als würden seine Emotionen ihn spalten.
„Ich bin nicht wie du glaubst mich zu kennen. Ich habe andere Bedürfnisse. Ich ertrage deine Berührungen nicht, die Nähe deines Atems, weil ich mich nach ihm verzehre. Deine Nähe ist so schmerzhaft, weil sie den Hunger nach mehr weckt, nach viel mehr und ich dir dann den Atem rauben möchte, bis du vergessen hast, was du gewesen bist und was du sein könntest. Wenn deine Unschuld mich umarmt, will ich sie dir entreißen. Wenn deine Reinheit mich heilt, werde ich vor Scham sterben, verstehst du das nicht?“
Er klang fast atemlos.
„Was glaubst du eigentlich wer du bist? Meinst du, weil ich dich gerettet habe, hättest du jetzt ein Anrecht auf mich? Oh, da gibt es deutlich ältere Rechte.“
Jetzt klang er fast sarkastisch.
„Was meinst du, warum Neroli so leidet? Warum sie dich so hasst? Sie ist es, die mir alles gibt was ich zum leben brauchte. Sie gibt mit alles und vollkommen freiwillig und das seit Jahren. Sie ist mein Medium, meine Schülerin, Dienerin, Hofdame, Gefährtin und … meine Geliebte. Sie hat mir die Kraft gegeben, dich zu heilen. Sie und dieses Haus mit all seinen Geheimnissen, seinen Seelen. Glaubst du, nur weil so ein Kind daher kommt, werde ich das alles hier verraten? Glaubst du, nur weil du leis „Warum“ fragst, werden sich dir alle Türen öffnen. Deine Neugierde rinnt dir wie Schweiß aus den Poren und vergiftet, das was rein gewesen ist und das schlimmste ist … Ich bin selbst schuld daran.“
Er atmete tief und ließ sich auf der Balustrade hinter ihm nieder. Das war definitiv zu viel gewesen! Zu viel Schmerz, zu viel verkorkste Wahrheit und zu viel Informationen.
„Eins ging nun mal nicht ohne das andere … Ich habe mich von dir fern gehalten, damit du dich von mir fern hältst. Ich bin nicht gut für dich, ich habe zu viel … zu lange … Dinge getan ... dieses Haus ...“
Sein Kopf sackte nach vorne, als hätte ihn alle Kraft verlassen und Delilah spürte den Drang in sich ihm zu Hilfe zu eilen, doch er hob abwehrend die Hand.
„Nein! Bitte nicht. Ich habe nicht mehr genug Kraft, dir zu widerstehen. Es gibt so viel in meiner Vergangenheit, dass du nicht wissen sollst, dass das Bild, dass du von mir hast zerstören würde. Ich bin nicht dieser strahlende Ritter, den du in mir sehen wolltest. Ich bin alt … sehr alt und müde.“
Er hob den Kopf aber sah hinaus in den Garten.
„Ich beschütze diesen Ort nun schon so lange. Ich wohne hier jetzt schon über 100 Jahre. Sie holten mich - kamen zu mir - und manchmal gehen sie auch wieder, so wie heute.“
Er sprach sicher von den Geistern. Sein Kopf drehte sich ihr langsam wieder zu.
„Delilah, du musst gehen! Sicher nicht sofort, aber weg von mir. Ich tue dir nicht gut, glaube mir. Schon jetzt ist es meine Schuld, dass du einen wichtigen Teil deines Strahlens hier verloren hast. Ich könnte es nicht noch einmal ertragen ... mir nicht verzeihen noch einen Stern fallen zu sehen. Geh mit den anderen und ich werde dafür sorgen, dass ihr heil den Nebel verlassen könnt. Rukulla wird euch begleiten. Sie hatte mich gerufen um dich zu finden, als es nötig war und sie wird euch auch wieder hinaus bringen, wenn es soweit ist.“
So viel am Stück hatte er noch nie geredet und vielleicht würde sie auch sobald nicht mehr die Chance dazu kommen, dass die Schleusen zu seinem Herzen offen standen. Seine Stimme war nun wieder leise und warm:
„Du brauchst mich nicht zu heilen. Du brauchst dein Licht für dich und mich würde es nur verbrennen.“
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Delilah » Mittwoch 11. März 2015, 20:01

Still ließ Delilah seinen Redeschwall über sich ergehen, während sich ihr Herz in ihrer Brust verkrampfte. Seit sie in dieses Haus gekommen war, waren so viele Eindrücke und Gefühle auf sie eingeprasselt, dass sie sich innerlich inzwischen ganz wund und ausgewaschen fühlte.
Er redete und redete, ein Damm schien in ihm gebrochen zu sein und all sein Kummer und seine Wut machten sich frei. Trafen dabei das blinde Mädchen mit voller Wucht.
Doch ein Teil von ihr war auch froh... froh, dass er endlich redete. Nichts war schlimmer als das Schweigen. Nach dem Wechselbad seiner Gefühle, schien er sich ein wenig beruhigt zu haben. Seine Stimme klang wieder warm, nicht mehr schneidend wie geschliffenes Eis.
Nun war sie es, die schwieg, die einen Moment einfach nur in die Schwärze neben seinem Licht starrte. Es war so viel Information, so viel Neues, dass sie eben erreicht hatte.

„Du hast recht.“
Stellte sie einfach und leise fest. Ihre Stimme war kaum mehr ein Flüstern.
„Ich verstehe nicht... ich verstehe einiges nicht, seitdem ich hier bin...“
Sie sprach ruhig, ließ immer wieder Pausen zwischen ihren Worten. Sie versuchte das, was sie empfand und dachte in passende Worte zu kleiden. Leise trat sie ein Stück von ihm entfernt an die Balustrade und legte ihre Handflächen auf den kühlen Stein, während sein Mantel ihr immer noch Wärme spendete. Ihre Nähe schien ihn aufzubringen, vielleicht war es besser, wenn sie ein wenig Abstand hielt. Es war so viel passiert... ihr Herz hatte die Begegnung mit ihrem Vater noch nicht ganz verwunden, da musste es sich schon einer neuen Herausforderung stellen.

„Es ist einfach... “ Sie suchte nach Worten.
„Ich verstehe nicht, was du meinst, wenn du von fallenden Sternen sprichst und von meinem Strahlen... oder warum meine Magie dir schaden könnte...“ In der Regel schadete Lichtmagie nur dunklen Wesen... außer der Lichtmagier missbrauchte seine Magie oder konnte sie nicht kontrollieren, wie es bei ihr selbst der Fall gewesen war. Aber Verano war kein dunkles Wesen... oder? Nein....niemals... Delilah wollte daran nicht denken. „Du hast mir immer nur geholfen...mich aus dem verhauchten Haus gebracht, hierher geholt und an meine Genesung geglaubt, für mich gespielt, mich geheilt und mir meinen Vater zurückgebracht... “, sagte sie leise, versuchte auch ihm zu erklären, warum sie ihn in solch strahlenden Farben sah... oder gesehen hatte. „Da... da fällt es mir einfach schwer zu glauben, du könntest mir schaden...“ Ihre Hände verkrampften sich zu Fäusten. „Du warst immer gut zu mir...hätte ich dich lieber fürchten sollen?“ Auch wenn er sie gemieden hatte... Sie nahm seine Nähe neben ihr nun überdeutlich war... War sie beunruhigt?

„Wer ich bin? Das ist eine gute Frage... ich weiß es selbst nicht so genau. Aber .. du hast recht. Ich …bin ein Kind... Ich wollte dieses Kleid nie, wollte nicht „Herrin“ und „Fräulein“ genannt werden... Es war dieser Ort, der behauptet hat, ich wäre etwas anderes als eine einfache Schülerin aus bürgerlichem Haus...ich gehöre nicht hierher, das weiß ich.“ Sie senkte den Blick auf ihre Hände.
„Die Neugier ist mein Wesen...ebenso wie der Wunsch zu helfen. Ich habe versucht keine Fragen mehr zu stellen... das habe ich wirklich! … aber ich kann nicht verhindern, dass sie mir durch den Kopf geistern.. ich möchte einfach die Welt um mich herum verstehen. Ist das denn so schlimm?“ Einen kurzen Augenblick sah sie fragend zu seinem Licht herüber. „Du bist der Erste, der darin etwas Schlechtes sieht...“

„Ich hoffe es wirkte nie auf dich, als würde ich irgendeinen... Anspruch erheben...“ Das Wort klang komisch in ihrem Mund. Hatte sie das getan, Anspruch erhoben? Neroli hatte nie etwas von ihr zu befürchten gehabt... aber vielleicht hatte sie wirklich Zeit mit ihm einfordern wollen... Das war ihr gar nicht klar geworden. „Ich ... ich war mir immer bewusst, dass ich nicht mehr als ein Fundstück vom Straßenrand war...“, murmelte sie schließlich kaum hörbar.
Wieder starrte sie ins Dunkel. Sie konnte seinen Anblick gerade nicht ertragen. Sie fragte sich lieber, ob man den Mond sehen konnte, wie nah der Nebel wohl war und wie der Garten bei Nacht aussah. Dieses Haus, dieser Garten... alles war so... fremd.

„...ich verstehe die Geister nicht, dieses Haus... und dich. .. ich hätte schwören können heute Nachmittag einen hölzernen Schrei aus diesem Garten gehört zu haben...! Ich meine.... wie soll man denn das ganze hier verstehen, wenn man nicht...“ Fragen durfte. Doch sie verstummte und biss sich auf die Lippe. „Du hast sicher viel gesehen in einem so langen Leben...“ Es schien viel Schlechtes dabei gewesen zu sein und Delilah wurde wieder bewusst, was sie für ein Glück im Leben gehabt hatte bisher. Wie schrecklich jung und dumm sie ihm vorkommen musste! Hundert Jahre... Delilah konnte sich so viel Zeit gar nicht vorstellen. Ob Verano den Anfang des Grandessanisch-jorsanischen Krieges miterlebt hatte, der schon so lange währte, dass sich niemand mehr an den Grund erinnern konnte? Hundert Jahre! Ob er Elfenblut in sich hatte? Wie konnte ein Mensch so alt werden?
Sie entließ zitternd ihren Atem. "Ist Leon... ist er so wie du?" Die Frage war inzwischen weniger wer Verano war, als was er war.

„Fallende Sterne...Ich bin ein Stern?“ Dieser Vergleich erinnerte sie an einen Namen, der in der Akademie auf sie wartete und der so fremd klingen würde nach all der Zeit. ...Nova. Sie hob den Blick zum Himmel, den sie nicht sehen konnte. „Heißt es nicht immer, man darf sich etwas wünschen, wenn ein Stern zu Boden fällt? Das klingt irgendwie grausam... “, erinnerte sie sich an etwas, das ihr Moma immer erzählt hatte als sie kleiner war.

„Du sagst, dir zu helfen sei nicht meine Aufgabe... was ist dann meine Aufgabe? Mein Sinn? ... ich bin ein einfaches Mädchen... eine unerfahrene Schülerin des Lichts... und inzwischen bin ich blind... wie soll ich irgendetwas bewirken können? Ich kann ja nicht einmal gehen, wie du es von mir verlangt hast, weil ich in meiner Blindheit nie alleine den Weg zurückfinden würde! Eher zerstöre ich tausend der wertvollsten Relikte da drin! Wie soll ich ohne mein Augenlicht zurecht kommen? Wie soll ich Wunden versorgen und Menschen helfen? Ich bin vollkommen nutzlos geworden! Auch ihre Sorgen entluden sich wie zuvor Veranos nun in einem Schwall aus Worten. Sie gestikulierte hilflos mit den Händen. Sie wollte nicht wissen, was Verano verbarg, wer oder was er war, was er mit den Geistern zu schaffen hatte und ob Neroli schon im Haus auf sie lauerte um sie zu erstechen. Das alles wäre ihr vollkommen egal, wenn er ihr nur eine Antwort auf diese eine Frage geben konnte. Was war ihre Aufgabe? Sie beruhigte sich nur langsam, versuchte wieder leise und bedacht zu sprechen. Weißt du, wie es mich gequält hat, hier so lange ohne jegliche Aufgabe zu verweilen? In allen Bereichen versorgt zu werden? Das widerspricht allem, was ich bin! Und dann bin ich nach ... nach letzter Nacht aufgewacht und konnte mich bewegen, war nach all den Schmerzen und dank deiner Mühen endlich keine leblose Hülle mehr... aber ich war und bin immer noch nutzlos. Ich dachte, ich hätte in der Akademie und dem Heilen meine Aufgabe gefunden, aber... aber wie soll ich denn jetzt irgendwem eine Hilfe sein?", in ihrer Stimme war Schmerz und Verzweiflung zu hören, sie war den Tränen nah. Sie dachte wieder an die Stelle der Prophezeiung, die danach klang, als wäre der Tod ihrer Eltern von vorneherein durch ihre Geburt bestimmt gewesen. Sie dachte an den Tanz mit ihrem Vater, an dieses Gefühl, diese Ahnung von etwas, das hätte sein können und doch nicht eingetreten war und sie umklammerte fest mit beiden Händen ihr Medaillon.
Sie verstand nichts, wusste nichts, begriff nichts. Sie wollte einfach ein normales Leben haben, dem sie einen Sinn geben konnte.

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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 11. März 2015, 23:59

Bei Delilah

Beide saßen schweigend nebeneinander und ließen die Worte sacken. Viel von dem was gesagt worden war, hatte härter geklungen als gemeint und beide versuchten für sich, den Sinn des Ganzen zu erfassen. Delilah kämpfte mit ihren Tränen und um ihre Beherschung, als er in die Stille hinein sagte:
„Sagt dir der Begriff Metaphorik etwas?
Sie schaute ihn irritiert an. Wie kam er jetzt auf diesem Gedanken?
„Oder kennst du dich mit Pflanzen aus?“
Etwas musste ihm gezeigt haben, dass sie diesem Thema nicht abgeneigt war, auch wenn sie den Sinn dieses Gesprächs noch nicht verstand.
„Es gibt eine Blume, man nennt sie schamhafte Sinnpflanze oder im Volksmund auch Mimose. Diese Pflanze hat besondere Eigenschaften. Sie reagiert innerhalb von wenigen Augenblicken auf Erschütterungen, Lichteinfall oder Temperaturwechsel. Dabei wird nur die betroffene Region der Pflanze blattweise eingeklappt. Sie ist sozusagen eine "Berühre-mich-nicht"-Pflanze. Ihr Name wird gern als Metapher, also anstatt des tatsächlich Bedeutenden verwendet. Davon hast du doch sicher schon gehört? Was ich aber damit erklären wollte ist, dass nicht alles was ich sage oder dir zu erkären versuche, auch genau das bedeutet."
Er beugte sich etwas nach vorne, stützte die Ellenbogen auf die Oberschenkel und verschränkte die Hände vor dem Körper.
„Als ich sagte, wenn deine Reinheit mich heilt, werde ich vor Scham sterben, dann war das metaphorisch gemeint. Ich würde nicht sterben, wenn du mich zu heilen versuchst. Es ist nur … du solltest deine Kraft nicht an mich vergeuden. Es ist alles nur oberflächlich und ich werde bereits bestens behandelt.“
Delilah wurde das Gefühl nicht los, dass Verano hier zwar nicht log, aber doch vielleicht irgendetwas weg ließ. So wie er da saß, schaute er sie gerade nicht an und sie konnte ihn gut beobachten. Der goldene Schimmer an manchen Stellen seines Körpers, dort wo sie die Verbände getastet hatte, musste eine Art Medizin sein, doch warum war er überhaupt verletzt? Während sie ihn betrachtete, den schrägen Verlauf auf seinem Rücken kam ihr vielleicht der Gedanke, dass er das Bad in der eiskalten Flüssigkeit nicht so gut überstanden hatte wie sie. Er hatte sie auf seinen Armen getragen und langsam dort hinein gleiten lassen. Er hatte mit ihr in diesem See gestanden. Sie erinnerte sich, wie ihre eigene Haut gebrannt hatte, nachdem sie erwacht war und wie Luci sie liebevoll umsorgt hatte.
„Was die fallenden Sterne anbelangt, verhält es sich ähnlich. Er … Leon ist mein Sohn. Ein Licht-Magier … ein Stern in all dieser Dunkelheit. Er hat mir berichtet, wie sie dich an der Lichtakademie nennen und da lag der Vergleich nahe. … Allerdings habe ich vor langer Zeit schon mal einen „Stern“ fallen sehen … Sie war seine Mutter.“
Da war er, der Moment. Jede Faser von Delilahs Persönlichkeit wollte ihn umarmen, ihm Trost spenden, dieses Leid aus seiner Stimme tilgen, aber sie wusste auch, wenn sie das jetzt täte, würde er sie wieder fort stoßen … oder schlimmeres.
Er schüttelte langsam den Kopf und sprach sehr leise:
„Mit deinen Fragen ist es wie mit dem Schnee.“
Seine Schultern strafften sich langsam.
„Eine Flocke alleine ist wunderschön, zwei oder zehn sind weich und noch leicht, aber zu tausenden können sie dich erdrücken und wie eine Lawine in die Tiefe reißen.“
Sein Kopf drehte sich wieder ihr zu.
„Glaube nicht, dass ich auf alle deiner Fragen auch selbst eine Antwort hätte. Was dein Schicksal angeht, oder was die Götter für dich bereit halten, das musst du sie schon selbst fragen. Sie oder vielleicht noch Rukulla, aber sie drückt sich leider genauso kryptisch aus oder vergisst die Hälfte, was genauso wenig hilfreich ist. Deine Blindheit kann nur ein Licht-Magi von dir nehmen, denn nur ein Licht-Magi kann so tief blenden. Ich hoffe ...“
Er zögerte kurz und sah in Richtung Saal.
„Ich hoffe, er ist … stark genug, denn meine Reserven sind fast erschöpft.“
Seine Finger rangen verschränkt miteinander und die Spitzen seiner Zeigefinger klopften gedankenversunken aneinander. Delilah erkannte diese Geste wieder. Leon hatte die Hände immer so gehalten, wenn er sehr vertieft in seinen Büchern versunken war. Leon – Veranos Sohn, der nur so wenig jünger gewirkt hatte. Wie alt die beiden wohl in Wirklichkeit waren? Es war wie Verano gesagt hatte. Der kleine Schneeball ihrer Neugierde hatte eine Lawine an neuen Fragen ins Rutschen gebracht.
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Re: Zwischen Jersa und Rugta

Beitrag von Baltos » Donnerstag 9. April 2015, 08:15

Baltos hatte ja schon viel erlebt in seinen jungen Jahren, aber das ein Mädchen soviel reden konnte war ihn auch neu. Deli stellte eine Frage nach der anderen und Baltos wollte zwar Antworten aber die Kleine lies ihn überhaupt dazu kommen. Deswegen beschloss der Mantroner einfach weiter zu essen und darauf zu warten, dass die kleine Robbe irgendwann mal Luft holen musste, damit er auf ihre Fragen antworten konnte.
Als der Moment dann endlich gekommen war zu antworten ertönte eine beruhigende Musik und Deli erhob sich wie in Trance und verließ den Saal.
Baltos verzog nur die Augenbraue und blickte ihr kurz hinterher und widmete sich dann wieder den Essen. Denn für einen Mantroner gab es nichts Wichtigeres als Nahrung, schließlich drehte sich ihr ganzes Leben nur darum Essen für die Familie zu organisieren.

Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete der Jäger die Geisteroma, wie sie beruhigend auf Gunther einredete und selbst irgendwann platz nahm. Das Interessante an der ganzen Sache war das anscheinend nur Gunther, Deli und er selbst die Oma sehen konnten, die Anderen schienen gar nicht zu bemerken das noch eine weitere Person am Tisch platz genommen hatte. Für Baltos war dieses Phänomen zwar nichts Neues aber sicher für den Inquisitor. Irgendwann näherte sich Neroli Baltos und richtete das Wort an ihn.
"Wir haben bestimmt noch eine gute Flasche Met in unserem Keller. Für den Fall, das sie etwas mehr heimatliche Küche bevorzugen?"
Der Jäger blickte in das Gesicht der Dame das vor Eifersucht zerfressen war, auch wenn sie es gut hinter ihrer frostigen Art verbarg. Doch den Augen von Baltos entging dies nicht, er kannte dieses Gefühl aus seiner jungend noch zu gut. Doch er hatte damals gelernt damit umzugehen und dieses Gefühl genutzt, um besser zu werden als seine Trainingspartner und Freunde.
„Ihr habt hier Met aus meiner Heimat? Das kann ich zwar nicht glauben da wir unseren Alkohol eigentlich nicht weiterverkaufen aber ich würde davon gerne vier Flaschen trinken!“
Wer jetzt dachte das sich Baltos besaufen wollte lag gänzlich falsch. In Mantron bekam man Met schon mit der Muttermilch und ein ausgewachsener Mantroner konnte schon gut und gerne ein halbes Fass alleine wegtrinken, bevor er so richtig aus den Latschen kippte.

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