Aurelias Kammer

Die Wohnviertel gleichen jeder anderen Stadt auch, nur dass man hier keine Männer finden wird. Fachwerkhäuser reihen sich Wand an Wand, dazwischen hängen Wäscheleinen und dennoch findet man viele Häuser mit kunstvollen Holzschnitzereien.
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Aurelia Eichenherz
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Aurelias Kammer

Beitrag von Aurelia Eichenherz » Donnerstag 10. April 2014, 19:02

Aurelia saß in ihrer Kammer auf ihrem Bett und blickte zu dem kleinen Fenster in den Himmel, der langsam dunkler wurde. Irgendwie war sie auf der einen Seite so müde wie immer, aber andererseits war sie hellwach und voller Tatendrang. Eine sehr seltsame Mischung. Sie blickte sich in der Kammer um. Sie war sehr klein, aber ausreichend für eine Person. Es standen nicht viele Möbel darinnen. Unter dem Fenster stand ihr kleiner Waschtisch. Gegenüber dem Fenster war die schmale Holztür, die sicherlich schon einige Geheimnisse im Verborgenen gehalten hatte. Rechts von der Tür stand ihr Kleiderschrank, der ebenfalls alt und nicht gerade ausladend anmutete. Gegenüber von diesem stand ihr schmales Bett, auf dem sie saß. Neben dem Waschtischchen lag ihre Kleidung säuberlich auf einem Holzschemel. Die Wände waren vollkommen kahl und das kalkige Weiß war schon lange vergilbt. Hier und da waren Holzbalken in den Wänden zu sehen. Ein sehr rustikaler und karger Raum, der kaum etwas über die Persönlichkeit der Inwohnerin aussagte. Sie liebte den Raum trotzdem, denn er bot ihr die Möglichkeit ungestört zu sein. Sie trug ein einfaches Leinenhemd, das ihr gerade über das Gesäß reichte und weiter nichts. Es war ziemlich warm und auch recht schwül den ganzen Tag gewesen und sie war nach ihren Aufgaben schwimmen gegangen. Heute hatte sie wieder die kleinen Mädchen im Bogenschießen unterrichtet, eine Aufgabe, die sie nun seit einigen Monaten widerwillig übernommen hatte, weil sie ihr aufgetragen worden war - Befehl ist schließlich Befehl. Es war nicht so, dass Aurelia keine Kinder mochte, aber sie war manchmal ein wenig ungeduldig, weswegen sie es bevorzugte junge Mädchen zu unterrichten, die schon die Grundlagen beherrschten. Dennoch machten sich die Kleinen ganz gut. Sie genoss es mittlerweile sogar die Kinder zu lehren und manchmal erzählte sie auch Geschichten, wenn diese sie fragten, wie es z.B. an anderen Orten aussah, oder wenn sie Kampfsituationen geschildert haben wollten. Wenn Aurelia mit den Mädchen zusammen war, fühlte sie sich komischerweise lebendiger und ausgeglichener als sonst. Die Mädchen waren sechs Jahre alt und noch sehr verspielt und manchmal auch albern, aber das störte Aurelia nur, wenn sie sich beim Schießen nicht konzentrierten. Am Anfang musste sie deswegen sehr streng sein und hatte damit dafür gesorgt, dass die Mädchen eine Heidenangst vor ihr bekamen, aber seitdem waren sie viel gehorsamer und konzentrierter. Besonders ein Mädchen hatte Aurelia ins Herz geschlossen, ihr Name war Mira. Sie war zwar kleiner als die anderen, aber dennoch klüger und auch viel geschickter beim Bogenschießen. Sie sah aus wie ein Porzellanpüppchen mit ihrer hellen Haut, den langen dunklen Haaren und den großen blauen Augen. Aurelia nannte sie immer „Sternchen“, weil ihre Augen an den Sternenhimmel erinnerten. Sie konnte das Kind eigentlich ganz gut leiden. Gerade als die Halb-Elfe das Training Revue passieren ließ, klopfte es laut an der Tür und sie blickte überrascht vom Fenster zum hölzernen Portal.

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Re: Aurelias Kammer

Beitrag von Erzähler » Freitag 11. April 2014, 18:37

Ohne eine Antwort abzuwarten wurde die Tür aufgestoßen und Aurelia erkannte eine der Aufseherinnen, Fiona. Sie war für die innere Sicherheit zuständig und hatte immer sehr freundlich und diplomatisch auf Streitigkeiten zwischen den Frauen des Hauses eingewirkt, in dem noch einige andere der älteren Amazonen wohnten. Sie und die Elfe hatten jedoch bisher kaum zwei Worte miteinander gewechselt, was vielleicht auch daran lag, dass Fiona eine ältere Menschenfrau von schon fast 50 Sommern war und Aurelia immer wenn sie sie ansah, daran erinnert wurde, wie kurz ein Menschenleben sein konnte. Sonst hatte sie sie mit Besen oder Wischlappen die Flure entlang laufen sehen und hier und da sprach sie auch gern ein Machtwort, wenn die Jüngeren über die Stränge schlugen, doch bei Aurelia hatte sie nie Anlass zur Klage gehabt, was es um so verwunderlicher machte, dass sie mit so ernstem Gesicht plötzlich im Raum stand.
"Aurelia?!“
Sie nickte mechanisch.
„Du wirst im Heilerhaus verlangt. Beeil dich! Nicht anziehen! Lauf gleich los!“
Die Dringlichkeit in ihrer Stimme trieb Aurelia auf die Beine.
„ … Es ist Mira ...“,
hörte sie die alte Frau ihr noch hinterher rufen, während sie schon den Flur entlang rannte.
Mira, „Sternchen“... Irgendetwas musste passiert sein. Seit ihrem letzten Training vor zwei Tagen hatte sie das stille sechsjährige Mädchen nicht mehr gesehen. Auch den gestrigen Tag war sie nicht erschienen, aber sie hatte auch noch viele andere Aufgaben, weshalb auch Aurelia sich nicht gesorgt hatte. Mira war eines der Mädchen die man fast noch im Säuglingsalter auf die Insel gebracht hatte und sie war sehr selbständig. Ihr Mutter hatte tot am Wegesrand gelegen und ein aufmerksamer Bauer hatte das Neugeborene dann in einem nahen Dorf abgegeben. Ein ganzes Jahr suchte man nach weiteren Verwandten, doch vergebens. Sie war eine Weise wie sie, was vielleicht auch ein wenig Mitgefühl oder Verbundenheit in Aurelia geweckt hatte. Als dann ein Trupp Amazonen in dem Dorf nächtigte, war man darauf gekommen das Kind an sie weiter zu geben und war sich schnell einig geworden. Seit dem lebte Mira zwischen den Amazonen. Sie war eine stille Persönlichkeit, die gewöhnlich wenig sprach, aber sie lernte konzentriert und fleißig. Aurelias blanke Füße machten leise klatschende Geräusche und eine hoch gewachsene brünette Kriegerin, die anscheinend nach einem Einsatz grade nach Hause kam, wich grimmig murmelnd zurück, als sie an ihr vorbei rannte. Der Seesack, der an ihrer Schulter hing, roch stark nach Salz. Aurelia streifte ihn und er ging rumpelnd zu Boden. Die erbosten Worte hinter ihr verhallten ungehört. Nicht mal eine Minute später hatte sie, den sich zu dieser späten Stunde lehrenden Hauptplatz überwunden und das Heilerhaus erreicht. Eine junge Frau von vielleicht 16 Jahren stand am Eingang und fragte eilig:
„Zu dem Mädchen? … Folge mir.“
Viel zu langsam ging sie die breite Treppe hinauf in das erste Stockwerk und bog dann nach links ab. Tür um Tür zog an Aurelias Geduld vorbei, bis sie diejenige geöffnet wurde, die Mira beherbergte. Kaum hatte sie den ersten Blick auf sie erhascht, wusste sie was los war. Ihr kleiner Körper lag ausgestreckt auf einem Bett und gerade als sie sie ansah, schlug sie die Augen auf und holte tief Luft. Hinter dem Bett kniete eine Heilerin, deren Hände noch hell vom ihren Zauber schimmerten. Ihr Blick wirkte erleichtert aber auch erschöpft und todmüde. Die Frau, die die Elfe herein gebracht hatte eilte gleich zu ihr und griff der geschwächten Licht-Magi unter die Arme. Die beiden entfernten sich vom Bett und gaben so den Weg für die Amazone frei. Während Mira blinzelnd sich umschaute, setzte sich ihre Lehrerin an ihr Bett. Ihr kleine blasse Hand zitterte und ballte sich zur Faust. Die großen blauen Augen fixierten Aurelias. Angst und Erschöpfung waren darin zu lesen. Sie schielte verstohlen zu den beiden anderen hinüber und begann dann sehr leise und schnell zu reden:
„Bitte! Du musst ihm helfen! Er ist mein Freund und sie werden ihn betrafen, weil er mich verletzt hat, aber er hat das nicht mit Absicht gemacht! Bitte du musst ihn beschützen! Lass nicht zu, dass sie ihm weh tun! Bitteeee!“
Gerade als sie das letzte Wort so flehend in die Länge gezogen hatte, kam Panthra herein und Mira verdrehte erschöpft mit einer Spur von Angst die Augen.
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Die dunkelhäutige Kriegerin, die dort im Türeingang stand, strahlte eine derart starke Presence aus, das jeder im Raum unwillkürlich sich klein und unbedeutend vor kam. Ihre goldgelben Augen starrten auf das Mädchen und schienen nur noch sie zu sehen. Ihre Lieder waren mit roten Tätowierungen umrahmt, was sie noch strenger, ja fast fanatisch wirken ließ. Das Kinn war erhoben und der helle Kopfschmuck aus Knochenschädeln, Geweih und Fell umrahmte das martialisch anmutende Gesicht. Aus dem Augenwinkel bekam Aurelia eine Bewegung mit und sah, wie die junge Frau neben der Heilerin ihr verstohlen zu winkte, damit sie sich vom Bett entfernte und der Anführerin der Amazonen Platz machte. Panthra war eine der drei weisen Jungfern in Xytras und wachte mit eiserner Hand über ihre Frauen. Einer solchen Frau stellte man sich nicht in den Weg. Jeder, auch Aurelia wusste, dass sie die Strengste unter den Jungfern war, auch wenn sie sie bisher selten zu Gesicht bekommen hatte. Sie regierte mit Disziplin und Sorgfalt - fernab jeglicher Männer, denen sie nur Verachtung entgegenbrachte. Wenn man sie nicht für die Nachkommen der Amazonen bräuchte, hätte sie für ihre Ausrottung gekämpft. Sie stand im klaren Gegensatz zu ihren „Schwestern“ für die Stärke der Frauen ein. So war Landyriel, ebenfalls eine der drei weisen Jungfern, Eldorische Elfe, das absolute Gegenteil. Sie war das Sanfte und Gute, was die drei Jungfern ausmachte. Stets um das Wohl der Frauen besorgt, drückte sie sogar auch dann einmal ein Auge zu, wenn eine Mutter ihren Sohn noch ein Jahr länger in der Amazonenstadt aufziehen wollte. Letztendlich strebte aber auch sie eine möglichst Männer- und somit gewaltfreie Kultur an. Die letzte der drei Jungfern bildete Alyone, eine Nachtelfe.
Sie war stets die Neutrale. Eigentlich störte sie sich nicht einmal an Männern. Sie kam sogar gut mit ihnen aus - für eine Amazone. Aber sie störte sich daran, wenn Frauen und Mädchen unter ihrer Herrschaft leiden müssten. Trotz allem hörte sie am liebsten beide Seiten, ehe sie sich ein Urteil fällte und so war es immer ein gerechtes Urteil, wenn alle drei Jungfern zusammen kamen. Doch heute Abend stand nur Panthra allein am Bett des Kindes um zu hören was geschehen war. Mira setzte sich trotz ihrer frisch geschlossenen Wunden tapfer auf, auch wenn sie sicher noch weh taten. Das leichte Zittern ihrer Muskeln war nicht zu übersehen. Bei dieser Bewegung rutschte das Laken beiseite und man konnte die achte langen frischen Narben auf ihrem Körper sehen, die sich jeweils vier von ihren Rippenbögen auf ihrem Bauch kreuzend, hinunter bis zu ihren Hüften zogen. Auch am Rücken schien es noch zwei weitere Verwundungen gegeben zu haben. WAS hatte das Kind nur so zugerichtet? Es wirkte, als hätten zwei riesige mit Klauen bewehrte Hände, und sie mussten wirklich monströs gewesen sein, sie von hinten umgriffen. Die Richtung der Verletzungen verliefen von oben nach unten, was seltsam anmutete, da das Mädchen doch grade mal etwas über einen Meter hoch gewachsen war. Als sie sich diese Wunden zugezogen haben musste, musste der Angreifer also unter ihr gewesen sein. In Panthras Gesicht zeichnete sich bei diesem Anblick nur eine Regung ab. Ihre Pupillen verengten sich zu kleinen schwarzen Punkten. Dann sprach sie mit überraschend weicher Stimme:
„Du bist tapfer gewesen, mein Mädchen!“
Mira zitterte und Panthra legte ihre Hand auf die kleine Schulter um sie sanft zurück in die Kissen zu führen.
„Erzähle mir, was geschehen ist.“
Nach einigen schnellen Atemzügen begann das Kind zu sprechen. Es folgte ein Bericht der alle im Raum verwunderte. Zögerlich gestand das Mädchen, dass sie seit einigen Monaten schon Zeit mit ihrem Freund „Biest“ verbrachte, den alle für imaginär gehalten hatten. Sie berichtete von irrwitzig klingenden Abenteuern und wie ihr Freund wahre Berge für sie versetzte und ihr die schmackhaftesten Wurzeln des kargen Landes ausbuddelte. Wann immer sie Zeit gefunden hatte sich davon zu stehlen, war sie zu ihrem Treffpunkt gelaufen und er hatte sie auf seinem Kopf gehoben und sie sei über den Sand geflogen, dorthin wo er alleine lebte. Er war so schnell wie der Wind so stark wie Stein. Er aß Schlangen und sang für sie in einer brummenden Sprache, die sie nicht verstand. In der Zeit, die sie zusammen gewesen waren, hatte sie im das Sprechen beigebracht, erzählte sie stolz. Sie schwärmte von einer Höhle aus Lehm, die er unter die Erde, als sein Versteck gebaut hatte. Dann wurde sie plötzlich still. Nach einem aufmunternden Blick von der Heilerin, die im Hintergrund stand, fuhr sie fort:
„Ich … ich hab nicht auf ihn gehört und wollte selbst mal graben. Ich habe es an einer Stelle getan, die er nicht sehen konnte, weil er so groß ist. Biest hat sie gefunden, hat mich erwischt, als ich gebuddelt habe. Ich wollte doch nur ein eigenes Zimmer bei ihm haben und ich brauche nicht viel Platz … Er wurde wütend, hat mich raus gezogen und dann … Er ist irgendwo hängen geblieben. Es ging alles so schnell! Die Decke ist eingestürzt! Überall war Sand und Steine! Ich hab keine Luft mehr bekommen und hab geschrien! Alles war so schwer und drückte mich platt … so ganz platt! Versteht ihr?“
Panthra nickte zustimmend.
„Überall waren Steine. Ich hatte Sand in den Augen und konnte nichts sehen. Ich hab nach Biest gerufen, dann bewegte sich die Erde. Ich glaub, er hat die Decke hoch gedrückt und ein kleiner Spalt ging auf, klein genug dass ich hindurch passen konnte. Er hat mich gepackt und dort hinein geschoben. Es hat so schrecklich weh getan, weil seine Hände nicht mit durch gepasst haben. Er hat geschoben. Als ich endlich Halt gefunden habe, hab mich hoch gezogen … es hat so weh getan … Dann ist die Decke wieder eingestürzt.“
Tränen rollten ihr von den geröteten Liedern. Man hatte sie zwar gründlich gesäubert, doch in den Haaransätzen sah man noch immer ein wenig Sand.
„Bitte ihr müsst ihn finden! Er ist sicher noch da drin gefangen und wird sterben, wenn ihm keiner hilft.“
Panthra nickte abermals langsam und versprach, dass sie ihn suchen würden. Sie legte noch einmal die Hand auf die Schulter des tapferen Mädchens, dass es geschafft hatte sich schwer verletzt so weit in Richtung Xytras zu schleppen, bis sie jemand gefunden hatte, dann wandte sie sich ab und ging. Aurelia sah ihr hinterher und konnte noch mitbekommen, wie sich leise auf dem Flur mit einer ihrer Amazonen unterhielt. Mira sah sie noch einmal sehr eindringlich mit einem flehenden Ausdruck an und schloss dann die Augen. Ihre Geschichte hatte sie viel Kraft gekostet und die Heilerin begann nun alle aus dem kleinen Zimmer zu schieben.
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Re: Aurelias Kammer

Beitrag von Aurelia Eichenherz » Montag 14. April 2014, 21:41

Aurelia wusste nicht wie ihr geschah. Seit ihre Tür aufgeflogen war und die alte Fiona sie ins Heilerhaus geschickt hatte, hatte ihr Herz so schnell geschlagen, dass sie dachte es würde ihr aus der Brust springen. Ihr ganzer Brustkorb war betäubt von dem hämmernden Klopfen. Sie hatte gemerkt, wie besorgt sie war und war voller Anspannung und wie in Trance zum Heilerhaus gerannt. Sie wusste kaum noch wie sie dorthin gekommen war, wusste nur noch, wie ihre Gedanken die ganze Zeit bei Mira waren. Als sie ihr Sternchen dann im Bett liegen sehen hatte, fühlte sie ein seltsames Gefühl, es quälte sie beinahe die Kleine so zu sehen. Sie musste furchtbar tapfer gewesen sein und was die Halbelfe noch mehr verwunderte, war, dass das Mädchen sich mehr Sorgen um ihren seltsamen Freund machte, als um sich und ihre starken Verletzungen. Aurelia wusste nicht genau, wie sie diese neuen Emotionen einordnen sollte, es war irgendwie ein ihr bekanntes Gefühl, aber dennoch so fremd. Sie fühlte beinahe die Sorgen des Kindes und es schien ihr, als ob sie für sie verantwortlich war. Die Geschichte kam ihr auch ziemlich komisch vor. Wieso hatte Keiner etwas von dem fremden Freund Miras bemerkt? Sie hatte die Präsenz Panthras ein wenig beunruhigend gefunden. Diese weise Jungfer war niemand, der für seine Gnade bekannt war. Die Amazone hatte den allergrößten Respekt vor ihr. Aurelia konnte sich auch nicht vorstellen, was für eine Kreatur „Biest“ war. Vielleicht ein Hybride. Aber welche Art? Ein Leonid? Ein Bär? Ihre Gedanken malten allerlei gefährlich wirkende Wesen aus. Sie wollte so gern herausfinden wer er war und vor allem wollte sie dem Mädchen den Gefallen tun und den Ort des Geschehens aufsuchen um dem Geschöpf, welches Mira das Leben gerettet hatte, zu helfen. Sie stand vor der Krankenkammer des Kindes und wollte warten, bis jemand auftauchte, der ihr eine Art Wegbeschreibung gab. Vielleicht sollte ich einfach warten, bis ich mich in Miras Zimmer schleichen kann und sie fragen. Ich muss ihr helfen!
Aurelia fühlte sich dem kleinen, hübschen Mädchen verbunden. Sie wusste, dass sich etwas in ihrem Inneren gegen diese Art Zuneigung wehrte, aber trotzdem konnte sie nicht anders, sie musste dem Kind und vor allem der Bestie helfen. Sie hatte zwar bisher nicht das Gefühl gehabt, das Panthra eine Bestrafung geplant hatte, aber das Mira sich heimlich entfernt hatte und auch noch mit einem männlichen, scheinbar auch gefährlichen Wesen, Freundschaft geschlossen hatte, zog sicher Konsequenzen mit sich. Sie starrte Miras Tür an.

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Re: Aurelias Kammer

Beitrag von Erzähler » Dienstag 15. April 2014, 09:54

Ihre Gedanken kreisten um das kranke Kind, als sie auf den Gang hinaus getreten war. Panthra stand in einiger Entfernung und Aurelias gutes Gehör konnte gerade noch so ein paar Wortfetzen auffangen:
„ ...geklärt wissen! … Kriegerinnen in der Schlacht … zu wenig!“
„Wen? ... wir schicken könnten?“
„ … jemand der Fährten …“
Panthra blickte auf und sah in Richtung des Krankenzimmers in dem Mira lag. Dabei kreuzten sich kurz ihre Blicke. Sie nickte in ihre Richtung und die andere Amazone schaute ebenfalls nun zu Aurelia. Die weise Jungfer drehte sich um und schritt die Treppe hinunter. Die andere Frau blieb am oberen Absatz stehen und schien auf etwas zu warten. Hinter der Tür, vor der Aurelia stand, begann es sich wieder zu regen. Die Heilerin kam heraus. Als diese ihr besorgtes Gesicht sah, legte sie den Finger an die Lippen, was der Amazone Schweigen gebot und zog sie ein paar Meter den Flur hinunter. Mit gedämpfter Stimme sprach sie:
„Sie schläft jetzt. Die Kleine hat viel Blut verloren. Sie braucht jetzt viel Ruhe. Es grenzt an ein Wunder, dass sie es überhaupt so weit geschafft hat.“
Das von blonden Haaren umrahmte Gesicht lächelte sanft. Die Licht-Magi war keine besonders auffällige Frau, aber etwas an ihrer Art, vielleicht wie sie sprach, strahlte Wärme und Zuversicht aus. Ihre Augen wirkten erschöpft und müde, aber trotzdem hatte sie wohl die Vertraute und Lehrerin ihrer kleinen Patientin etwas fragen wollen.
„Du musst Aurelia sein. Sie hat nach dir gerufen, kaum das sie wach war, deswegen hab ich dich holen lassen. Ich bin Korinde. Ich muss dich etwas fragen ...“
Sie zögerte, fuhr dann aber fort.
„Glaubst du ihr? Du kennst sie schon länger oder? Ich meine nicht, dass sie lügt, aber vielleicht … sie hat viel abbekommen und ich muss wissen, ob vielleicht ihr Geist Schaden genommen hat.“
Ihre blauen Augen musterten jede Regung.
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Re: Aurelias Kammer

Beitrag von Aurelia Eichenherz » Freitag 18. April 2014, 21:55

Aurelia sah beinahe verwirrt die junge Frau an, die gerade aus dem Zimmer Miras gekommen war. Die Licht-Magi hatte etwas beruhigendes in ihrer Art und schien eine ehrliche und gute Frau zu sein. „Du musst Aurelia sein. Sie hat nach dir gerufen, kaum das sie wach war, deswegen hab ich dich holen lassen. Ich bin Korinde. Ich muss dich etwas fragen ...“ Aurelia sah sie gespannt und ein wenig beunruhigt an. Dann fuhr die blonde Frau fort: „Glaubst du ihr? Du kennst sie schon länger, oder? Ich meine nicht, dass sie lügt, aber vielleicht … sie hat viel abbekommen und ich muss wissen, ob vielleicht ihr Geist Schaden genommen hat.“ Die Halb-Elfe sah sie eine Zeit lang an. „Nein, ich glaube nicht, dass ihr Geist Schaden genommen hat! Sie war tatsächlich voller Sorge und das schien mir nicht eingebildet. Ich habe von ihrem imaginären Freund vorher zwar noch nicht all zu viel gehört, nur einmal haben die anderen Kinder sie deswegen aufgezogen. Ich dachte mir nichts dabei. Sie ist auch ein wirklich kluges Kind. Ich denke tatsächlich, dass der Unfall so vorgefallen ist. Diese Wunden sehen aus, wie von einem wilden Tier! Das muss die Wahrheit gewesen sein.“ Die Elfenfrau sah von Korinde weg zu der Amazone, die vorher mit Panthra gesprochen hatte und überlegte, ob sie diese noch einmal ansprechen und ihre Hilfe anbieten sollte. Sie musste es irgendwie schaffen, den Wunsch des Kindes zu berücksichtigen. "Entschuldige mich, Korinde." Aurelia nickte der Heilerin zu und machte ein paar Schritte in die Richtung der ihr unbekannten Amazone. Sie wollte sie unbedingt fragen, was als nächstes für Schritte eingeleitet wurden. Sie hatte das Gefühl, dass sie nicht umsonst in die Sache involviert wurde. Wenn Aurelia auch sonst an nichts glaubte, so glaubte sie doch, dass einige Dinge nicht zufällig geschahen. Sie fühlte sich, als ob eine fremde Gewalt ihr den Auftrag erteilt hatte, sich diesem Vorfall anzunehmen. Sie hatte die Amazone beinahe erreicht und fühlte sich ein wenig mulmig. Ich hoffe, dass ich keinen dummen Fehler mache, dachte sie.

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Re: Aurelias Kammer

Beitrag von Erzähler » Montag 21. April 2014, 14:50

Korinde nickte beruhigt und lächelte Aurelia aufmunternd zu, kurz bevor diese sich abwandte um ihre Hilfe anzubieten. Die Heilerin würde sich weiter um Mira kümmern, so viel war sicher. Der Auftrag, den die Amazone in sich fühlte, war ihr zwar von einem kleinen kaum sechs Sommer zählenden Mädchen gegeben worden, aber sie spürte, dass das Schicksal sein Auge auf sie geworfen hatte. In all den Jahren, in denen sie nun schon das Land der Amazonen verteidigte, hatte sie gelernt auf ihr Bauchgefühl zu hören. Zielstrebig ging sie also auf die an der Treppe wartende Frau zu. Sie stellte sich als „Sandra“ vor und fragte:
„Ihr seid also Aurelia, die Lehrerin des Mädchens … Ich hab gehört, ihr seid gut mit dem Bogen.„
Aufmerksame taubenblaue Augen aus einem wettergegerbten Gesicht musterten sie von oben bis unten. Die Halbelfe hatte die andunische Amazone vor sich schon ein paar Mal in der Kaserne gesehen und erinnerte sich, dass sie eine der Truppführerinnen in Kriegszeiten war. Eben eine jener Frauen die in diesen Zeiten Kriegerinnen rekrutierten um sie nach Sarma zu senden.
„Ich soll euch von der weisen Jungfer Panthra ausrichten, dass ihr der Geschichte des Kindes nachgehen könnt. Ich solltet aber eine Vertretung für die Zeit eurer Abwesenheit bestimmen, damit die Ausbildung der Mädchen weiter gehen kann.“
Fast entschuldigend fügte sie hinzu:
„Wir können im Moment keine Klinge entbehren, wenn nicht gerade eine akute Gefahr für Xytras besteht und genau DAS möchte ich wissen … OB durch diese Geschichte eine Gefahr für unsere Heimat besteht. Meldet euch im Rüstungshaus, wenn ihr noch etwas braucht. Sagt ihr kommt von mir, dann wird man euch alles geben was ihr benötigt.“
Ihr fester Blick verriet, dass es außerhalb ihrer Heimat viele Grausamkeiten zu bekämpfen gab.
„Ihr erstattet mir regelmäßig Bericht.“
Damit schien für sie das Gespräch auch schon beendet. Zwischen den Zeilen und im Ton der gesprochenen Worte war überdeutlich herauszuhören gewesen, dass Sandra zwar Mitleid mit Mira verspürte, aber doch anderen Dingen Vorrang gab. Viel Blut wurde in diesen Tagen vergossen und ihr Aufgabe war es, ihre Heimat zu schützen und gleichzeitig für Nachschub zu sorgen, wo auch immer die Klingen der Amazonen fielen. Für sie war dieses Thema erst einmal soweit erledigt, dass sie sich anderen Dingen zuwenden konnte. Aurelia hatte ihre Anweisungen bekommen und musste sich nun auf ihren Auftrag vorbereiten, zumal sie noch im Nachthemd und barfuß auf dem Flur des Heilerhauses herum stand.
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Re: Aurelias Kammer

Beitrag von Aurelia Eichenherz » Donnerstag 8. Mai 2014, 18:05

In Aurelias Kopf war das totale Chaos. Sie wusste nicht, was sie als erstes tun sollte und sie entschied sich dafür, am besten erst einmal nachzuforschen wo man Mira gefunden hatte um dann einen etwas größeren Plan auszuarbeiten. Sie hatte irgendwie Mitleid mit dem Mädchen, welches noch so jung und unschuldig war und trotzdem dem Tode so nahe gekommen war. Manchmal fragte sich die Elfe, warum sie das Mädchen so gern hatte. Sie konnte eigentlich stets gegen ihre Gefühle ankämpfen und sie so unterdrücken, dass sie verschwanden, aber bei dem kleinen Mädel ging es nicht. Manchmal hatte sie das Gefühl das dunkle Haar und ihre kluge und liebe Art erinnere sie an ihren Bruder. Sie fühlte sich deswegen sicherlich auch so verantwortlich für ihre kleine Schülerin.
Aurelia merkte einen Kloß in ihrem Hals und alle Gefühle, die sie seit mehr als 70 Jahren unter Verschluss gehalten hatte begannen zu brodeln und langsam hochzusteigen. Sie spürte heiße Tränen in den Augen und sah einen dicken, wässerigen Schleier vor den Augen. Reiß dich zusammen, du altes Weibsbild! Du spinnst doch jetzt nicht rum, nur weil dich so ein naives Kind an deinen Bruder erinnert?! Sie konnte alle Gefühle wieder runterschlucken, die Tränen wieder runterdrücken und atmete tief ein und aus. Dann sah sie an sich hinab und musste wieder feststellen, dass sie in ihrem Nachthemd dastand und damit nicht gerüstet für eine Mission zu einer wilden Bestie - oder was auch immer sie erwartete - war. Sie sah Korindes hellen Schopf an ihr vorbeilaufen und sie rannte ihr hinterher: "Korinde, bitte warte! Ich muss dich etwas fragen! Wo habt ihr Mira gefunden? An welcher Stelle?"

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Re: Aurelias Kammer

Beitrag von Erzähler » Freitag 9. Mai 2014, 19:24

Aurelia fühlte sich einen Augenblick an ihren Bruder erinnert und in ihre eigene Kindheit versetzt. Erinnerungen, die Schmerz und Verlust in sich trugen wollten in ihr aufsteigen, aber sie kämpfte die heißen Tränen nieder, die ihr ihre Sicht nehmen wollten. Sie musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren um dem Mädchen helfen zu können, also hielt sie Korinde noch einmal auf.
"Korinde, bitte warte! Ich muss dich etwas fragen! Wo habt ihr Mira gefunden? An welcher Stelle?"
Die Heilerin blieb stehen und wandte sich blinzelnd um.
„Eine der Wächterinnen hat sie auf ihrem Patrouillengang vor der Stadt gefunden und schnellstens zu mir gebracht. Ich habe leider ihren Namen vergessen, aber sie hat mir erzählt, dass sie sie bei „den drei Fingern“ gefunden hat. Sagt dir das etwas? … Sandra weiß sicher wie die Wächterin hieß, wenn du sie noch befragen willst.“
Aurelia hatte viele Jahre selbst Wache gehalten und kannte die nähere Umgebung gut. Die „drei Finger“ waren eine Felsformation, die ihren Namen nicht ohne Grund bekommen hatte. Ein gutes Wegstück von Xytras entfernt ragten die drei Felsen aus unfruchtbaren Boden und stellten einen der Grenzpunkte des von den Amazonen bewohnten Landes dar. Diesen Ort würde sie leicht finden. Hinter ihnen lag sehr bald nur noch nackter Stein und krage Wüste. Die Gegend war nicht ungefährlich, da tiefe Risse den Untergrund teilten und Ackerbau unmöglich gemacht hatten. An anderer Stelle waren die Grenzpunkte weiter entfernt von der Stadt und dort wurden Felder von den fleißigen Frauen bewirtschaftet. Die „drei Finger“ jedoch, wiesen jedem Kundigen den schnellsten Weg in die Wildnis. Und dort sollte nun Aurelias Suche beginnen, zumindest sobald sie sich etwas angezogen und ausgerüstet hatte. Es gab noch vieles zu bedenken. Was wollte sie mitnehmen? Was würde sie an Ausrüstung brauchen? Die Rüstkammer stand ihr offen und durch Sandras Befehl würde sie wohl alles bekommen, was sie für nötig hielt und tragen könnte. Sie kannte die alte Zwergenfrau, Bolla mit Namen, die im Zeug-Haus ihr straffes Regiment führte. Die Schmiedin war manchmal etwas grob, aber immer gerecht.
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Re: Aurelias Kammer

Beitrag von Aurelia Eichenherz » Donnerstag 3. Juli 2014, 19:53

Die Halb-Elfe entschloss sich, erst einmal zurück in ihre Kammer zu gehen um sich dem rauhen Klima und der steinigen und felsigen Umgebung zu widmen, die auf sie wartete. Ihr Verstand war nun wieder wach und das Herz, welches ihr seit dem Moment den Verstand vernebelt hatte mit Panik und Emotionen, als man sie aus ihrer Kammer geholt hatte, gab endlich mal wieder Ruhe. Sie fasste einen Plan. Erst musste sie in ihre Kammer, sich anziehen und fertig machen. Dann würde sie einen Brief für Cleo hinterlegen, in dem sie ihre langjährige Freundin bitten würde, die kleinen Mädchen zu unterrichten und auch an Sandra würde sie schreiben, dass sie sich dazu entschlossen hatte, Cleo ihren Ausbildungsposten anzuvertrauen, bis ihre Mission vorbei war. Dann würde sie sofort zu dem alten Zwergenweib gehen um sich auszurüsten. Ein paar neue Pfeile waren von Nöten. Außerdem wollte sie ihren Dolch mal wieder schärfen und sich vielleicht noch ein paar andere Waffen aussuchen. Vielleicht eine Axt oder ein Kurzschwert. Auch wenn sie nicht so gut mit diesen Nahkampfwaffen war, wie mit dem Bogen, so konnte sie dennoch solche als Verteidigungsinstrumente nutzen. Und bei dem was kommen könnte, wäre wahrscheinlich jede Waffe von Vorteil, dachte sie. Immer noch versuchte sie sich auszumalen, was auf sie warten würde. Ein riesiger Maulwurf vielleicht, aber der wäre sicherlich nicht so gefährlich, dass er ein Kind so zurichten könnte. Sie hatte nichts gegen das Unbekannte, aber wenn sie auf einen möglichen Feind stoßen würde, würde sie eher wissen wollen, wo seine Schwachstellen lagen oder wie man ihm am besten begegnet. Aber das würde sie schon alles rausfinden. Sie musste sich nur langsam beeilen, die Sonne würde in wenigen Stunden aufgehen und sie wollte dann schon längst auf Styx sitzen und in Richtung „Drei Finger“ unterwegs sein. Aurelia stand schon in ihrer Kammer und zog sich ihre lederne Hose, die Stiefel und den Harnisch an. Sie nahm ihren Köcher und den Bogen und setzte sich kurz an ihr Tischchen um die Briefe an Sandra und Cleo zu schreiben. Sie hatte nun den Entschluss gefasst, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen und war voller eiserner Entschlossenheit, die Mission erfolgreich zu beenden.

weiter bei: Eine Rettungsmission

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