Auf unbekannten Wegen

Der Urwald oder, wie viele ihn nennen, der Dschungel erstreckt sich sehr weit. Hier verbergen sich verschiedene Rassen wie die Affenmenschen. Doch es gibt auch das sogenannte Paradies Shyána Nelle, welches sich in der großen Senke befindet.
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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 17. August 2022, 13:02

Albträume waren so eine Sache. Zum einen quälen sie geschundene Seelen, zum anderen zeigten sie stets einen Funken Wahrheit in uns selbst. Während das Bewusstsein während des Wachens in der Lage war sich davon abzuschirmen, war es das im Land der Träume nicht mehr. Hier wurde alles genommen, was belastete und durch die Mangel gedreht, bis ein völlig verquerer und skurriler Horror entstand, der einem dem Atem raubte. Und der einen ratlos zurückließ, verängstigt und schutzlos. Rhuna hatte aufwühlende Stunden erlebt. Nicht nur erkennen zu müssen, dass ihre Reise kein einfacher Waldspaziergang sein würde, sondern auch in sich hineinzuhorchen und ergründen zu müssen, wie sie zu Pharus als Person stand. Und sich einem völlig Fremden zu öffnen, der sie binnen kürzester Zeit überzeugt hatte, ihm gänzlich zu vertrauen. Mehr noch: Sich um ihn zu sorgen. So war es zum Teil für sie selbst, zum Teil aber auch für ihn, dass sie mitten in der Nacht aufschreckte, um nach seinem Wohlbefinden zu sehen. Es fiel der Elfe schwer sich von seinem Anblick zu lösen, aus Angst, sie könne etwas übersehen. Raji blickte nur abwartend, was sie vorhaben könnte. Allerdings konnte sie sicher sein, dass wenn sie Yedan schlechtes wollte, Raji jederzeit bereit war einzugreifen. Der Tiger merkte jedoch, dass es der Elfe nicht um Blut ging. Nicht so jedenfalls. Also legte er seinen Kopf wieder ab und betrachtete sie von unten herauf, bis sie sich doch wieder zum Schlafen legte. Yedan schien von alledem nichts mitbekommen zu haben. Den Rest der Nacht verbrachte das ungleiche Trio ereignislos, bis sich der Morgen langsam über ihren Köpfen und den Baumkronen zeigte. Durch das sanft wogende Blätterdach fielen vereinzelt Lichtkegel, die mal blendeten, mal verblassten. Die Luft war stickig, was Rhuna gleich nach dem schwerfälligen Aufwachen erkennen musste. Es würde also noch mal anstrengender werden, den Weg fortzuführen. Vielleicht sollte sie sich überlegen, gleich eine leichtere Garderobe zu tragen, damit sie am Abend nicht wieder ihre Kleidung waschen musste. Jetzt aber stellte sie erstmal fest, dass ihr Begleiter fehlte. Zugegebenermaßen war das keine nette Art jemanden wie Rhuna, der unerfahren und ‚neu‘ war in Punkto Reisen, zurückzulassen. Allerdings hatte er ihr ein kleines Frühstück gezaubert und sogar recht fürsorglich hergerichtet. Durfte sie da erwarten, dass er sie nicht im Stich gelassen hatte? Es half nichts. Rhuna’s Laune war aufgrund des Traumes und des schlechten Schlafes miserabel. Was auch Yedan gleich zu spüren bekam, als er sich frech und sorglos präsentierte. „Au! Wofür war das denn?“, schimpfte er überrascht und rieb sich abermals den Arm, nachdem sie ihn erneut geboxt hatte. Perplex folgten seine braunen Augen der Elfe, die zum Rucksack ging und diesen schulterte. “Blödmann“ kam es von ihr und Yedan verstand die Welt nicht mehr. „Was…?“, er hob beide Hände und sah zu Raji. „Verstehst du das?“, fragte er den Tiger und dieser schüttelte ziemlich passend den Kopf.

Der Halbelf musterte Rhuna noch einen Moment fragend, doch hatte er vorerst von ihr nichts weiter zu erwarten. Mit ernstem Gesicht zuckte er nur die Schultern, als er an Rhuna vorbeitrat und noch kurz mit dem Fuß dem Feuer etwas Erde zuschob, damit es ersticken konnte. Danach verließ er die Oase, hielt der Elfe in seinem Rücken das Blatt hoch, damit sie es nicht ins Gesicht bekam und folgte ebenso wortkarg wie sie ihrem Weg. Er ließ ihr die Zeit, die sie offenbar einforderte und bedrängte sie nicht weiter. Bis aus seinem Rücken eine kleinlaute Entschuldigung kam. Yedan hob beide Augenbrauen und wandte sich ihr zu. Er musterte die Braunhaarige lange, während sie sprach. „Schon gut. Jeder kennt doch solche Morgen.“, meinte er versöhnlich und lächelte kurz. Der Weg führte die beiden weiter und war doch um einiges einfacher als noch auf der anderen Seite der Senke. Hier musste Rhuna nur aufpassen, dass sie nicht über Wurzeln stolperte oder von Schlingpflanzen daran gehindert wurde, weiterzukommen. Ansonsten aber schafften sie ein gutes Stück Fußmarsch, bevor sie erneut das Wort an ihn richtete. Abermals blieb Yedan stehen, zückte sein Messer und schnitt an einer weißblütigen Pflanze eines der dicken Blätter ab. Er murmelte etwas der Pflanze entgegen. Danach ritzte er es ein, nahm es zwischen die Lippen und sog daran. So stand er ihr gegenüber, als sie nach den Worten suchte, die sie loswerden musste. So willensstark sie angefangen hatte, am Ende wirkte sie unsicher, ob sie ihn bitten durfte, was sie sich wünschte. Der Halbelf mit den braunen Augen ließ sie ausreden, zeigte aber auch keine Regung, bei dem was sie ansprach. Er lutschte das Blatt der Pflanze aus und als sie ihre Frage formuliert hatte, betrachtete er sie nachdenklich. Es vergingen einige, quälende Sekunden, in denen er sie einfach nur ansah. Selbst Raji wurde langweilig, als er sich etwas entfernte und den beiden Privatsphäre gönnte. Dann ging ein Ruck durch den Körper des Mannes und er wandte sich von ihr ab, ging zur Blume zurück, schnitt ein weiteres Blatt ab und kam auf Rhuna zu. Mit jedem Schritt überragte er sie mehr, bis er dicht vor ihr stehen blieb und auf das Blatt in seiner Hand blickte. „Diese Pflanze nennt sich Epiphyllum.“, begann er und hielt ihr das Blatt so hin, dass sie einen guten Blick auf den Schnitt haben konnte. Das Blatt war dicker als man es von Pflanzenblättern gewohnt war. „Sie speichern Wasser in sich.“, erklärte er weiter und reichte ihr das Blatt. „Probier es.“, forderte er Rhuna auf an dem Blatt zu saugen. Sollte sie sich trauen, würde sie spüren, dass sie zumindest etwas Wasser herausbekäme. Wenn sie das immer mal wieder zwischendurch machen würde, konnte sie so durchaus lange Durststrecken überbrücken, bis sie wieder eine Quelle zur Verfügung hatte, um ihre Vorräte aufzufrischen. Yedan stand noch immer dicht vor Rhuna und musste zu ihr hinunterblicken. Ein warmer Blick ruhte auf ihren Zügen. „Bist du dir sicher?“, fragte er sie und suchte in ihrem violetten Blick nach Anzeichen, dass sie das wirklich wollte. „Sobald du das Grasland erreicht hast, wird es leichter werden. Das Trockenland umgibt Santros, da hast du dein Ziel schon fast erreicht.“, meinte er und zeigte ihr die Optionen auf, die sie hatte. Er ließ ihr plötzlich wieder mehr Platz, als wäre ihm aufgefallen, wie dicht er bei ihr gestanden hatte. „Bis zum Ende vom Wald Sarius und dem Beginn des Graslandes, brauchen wir ungefähr sieben Tage. Wenn wir uns beeilen.“, meinte er noch. Er strich sich überlegend den Nacken und schien nicht recht zu wissen, ob das eine gute Idee war. Er sah nach links und rechts als suche er etwas, bevor er mit der Aufmerksamkeit zurück zu Rhuna kehrte. „Überleg dir das gut, Rhuna. Der Urwald ist tückisch, launisch und die Gefahren unzählig. Du wirst hier keine Gnade erfahren, wenn du dich darauf einlässt.“, warnte er die Shyánerin und musterte sie eindringlich. Es war ihm ernst und er zweifelte, ob sie sich das gut überlegt hatte. „Ich werde mitunter von dir Dinge verlangen, die dir missfallen könnten.“, sprach er ruhig weiter und legte neben seinem schalkhaften Wesen eine neue Facette an den Tag: Professionalität. Er wusste, wovon er sprach, und er warnte sie eindringlich davor. „Du kannst dich darauf verlassen, dass ich dich bis zur Waldgrenze bringe. Sicher und unversehrt. Doch wenn du dich entschließt hierzubleiben, dann wirst du wahrlich erleben, was es heißt im Urwald zu leben und zu überleben.“ Rhuna musste abwägen. Er hatte es ihr freigestellt und ihr sozusagen zugesagt, ihre Anwesenheit zu akzeptieren, wenn sie das wollte. Allerdings würde es ihr Vorhaben hinauszögern, ihr Überleben bedrohen und ihre Fähigkeiten auf einen harten Prüfstand stellen. Kurz hindurch zu reisen war das eine – hier zu leben, etwas völlig anderes.
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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Mittwoch 17. August 2022, 23:31

Trotz ihrer kleinen morgendlichen Laune war Yedan noch immer zuvorkommend. Es entging der brünetten Elfe nicht, dass er sie vor den zurückschnellenden Blättern und Ästen schützte, die er im Vorbeigehen zur Seite schob. Daher war es nicht verwunderlich, dass sich Rhuna kurze Zeit später für ihr Verhalten entschuldigte.
„Das Frühstück… war übrigens sehr lecker. Es war lieb von dir, dass du an mich gedacht hast. “, erwähnte sie noch und fragte sich, wie früh der Halbelf aufgestanden war, um nicht nur Fische zu finden und zu fangen, sondern diese auch noch zuzubereiten. Bereits die halbe Stunde, in der sie auf Yedan gewartet hatte, hatte sie genutzt, um über ihren Reiseverlauf nachzudenken. Ein einziger Tag hatte gereicht, um Rhuna klarzumachen, dass sie noch nicht alleine zurechtkam. Und obwohl er es nicht wirklich ausgesprochen hatte, war Yedan sicher derselben Meinung. Seine Blicke hatten Bände gesprochen, als er sie über ihr Vorhaben und ihre Ausstattung ausgefragt hatte.
Im Grunde stand sie unter keinem Zeitdruck. Auch nicht was Bjorg anging, der für einen Menschen bereits ein Alter erreicht hatte, indem er alleine zurechtkommen würde. Pharus war sich nicht einmal sicher gewesen, ob sein Ableben seinen Sohn tatsächlich bewegen würde. Rhuna wollte ihn dennoch finden. Doch war es weise alles zu übereilen? Ihr Aufbruch hatte in Eile stattfinden müssen, sonst wäre sie niemals ihrem friedlichen Käfig entkommen. Doch das bedeutete nicht, dass der Rest in aller Schnelle gegangen werden musste. Sie war auch hier, weil sie diese Welt mit ihren eigenen Augen sehen wollte, mit allen Schönheiten – und Gefahren, vor denen ihr Volk der Shyáner so gerne die Augen verschließen wollten, als würde sie all dies nichts angehen.
Der Dunkelelf aus ihrem Traum huschte einen Moment durch ihre Gedanken und verursachten ein unangenehmes Ziehen in ihren Venen. Früher oder später würde sie sicher einem begegnen – einem lebendigen. Doch es brauchte derzeit keinen Dunkelelf, um sie in Gefahr zu bringen. Sie musste lernen alleine zurechtzukommen. Rhuna hatte seit ihrer Begegnung mit dem Sarier für sich herausgefunden, dass sie seine Gegenwart sehr schätzte und vielleicht nicht der Typ Elfe war, der gerne alleine reiste. Doch Yedan hatte es ziemlich deutlich gemacht, dass er sie nur bis zu einem gewissen Punkt und nicht weiter darüber hinaus bringen würde.
Ihre violetten Augen hoben sich, als der Halbelf ihrem Versuch lauschte, ihn darum zu bitten, noch ein Weilchen länger an seiner Seite bleiben zu können. Ihr Blick war auf seine Lippen gerichtet, zwischen denen das Blatt klemmte, das er zuvor abgeschnitten hatte. Was es damit auf sich hatte, erfuhr Rhuna nur wenig später, als sie ein wenig nervös seine Antwort abwartete.
Es wurde still und eine Antwort ließ auf sich warten, was die Elfe Zusehens verunsicherte. Bis sich Yedan plötzlich ein wenig von ihr fort bewegte und erneut eines dieser seltsamen Blätter abschnitt.
„Diese Pflanze nennt sich Epiphyllum. Sie speichern Wasser in sich. Probier es.“ Der Sarier war zu ihr zurückgekehrt, blieb dicht bei ihr stehen und hielt ihr das Blatt entgegen. Seine forderne Stimme zog ihren Blick vom Blatt in sein Gesicht, das sie einen Moment unschlüssig musterte. War dies… seine Antwort? Sie musste den Kopf ziemlich in den Nacken legen, um den großgewachsenen Halbelfen betrachten zu können. Zögernd senkte sich ihr Blick auf den Schlitz und versuchte dann ihrerseits an dem Gewächs zu saugen, um an das darin gespeicherte Wasser zu gelangen. Die Tropfen, die in ihren Mund gelangten schmeckten ein wenig verändert – nicht wie klares Wasser, doch das hatte sie nicht erwartet. Den warmen Blick, den er ihr in diesem Moment schenkte, bekam sie leider nicht mit.
“Bist du dir sicher?“, fragte er und brachte sie dazu ihn erneut anzusehen. Ihre Blicke verfingen sich ineinander, versuchten herauszufinden oder gar in ihnen zu lesen, was der andere denken mochte.
Rhuna war sich natürlich nicht völlig sicher, ob sie eine gute Entscheidung traf. Und als Yedan weiter ausholte und ihr ihre möglichen Wege und Abläufe erklärte, tauchten Punkte auf, die sie noch nicht bedacht hatte.
„Ich habe wohl recht mit meiner Vermutung...! Du lebst nicht im Wald Sarius. Und auch nicht im Dorf der Waldmenschen.“, es war Frage und Feststellung zugleich. Die übrigbleibende Option war für die Shyánerin allerdings nur schwer zu begreifen.
„Heißt das… du lebst hier im Kapayu? In der freien Natur?“ In ihrer Stimme, wie auch in ihrem Blick lagen Unglaube und Verwirrung. Ihr gestriger Tag war für ihn völlig normaler Alltag?
Ein Marsch von etwa 7 Tagen würde sie ihrem eigentlich angestrebten Ziel ein großes Stück näherbringen. Doch dann wäre sie wieder auf sich gestellt und würde neuen unbekannten Gefahren alleine begegnen müssen. Selbst Pharus hatte wohl nicht wirklich erwartet, dass sie völlig alleine seinen Wunsch erfüllte.
Hier bei Yedan zu bleiben bedeutete wohl etwas anderes, als die Elfe erwartet hatte. Sie lauschte stumm seinen Warnungen und Beschreibungen, was das Verweilen und Lernen an seiner Seite bedeuten würde. Die Unsicherheit wuchs in ihr und man konnte in Rhunas Augen ihre Entscheidungsschwierigkeiten erkennen.
Sie stand vor ihm und senkte den Blick. Sie gab es nicht gerne zu, doch der Urwald war ihr nach den gestrigen Ereignissen und auch teils wegen ihres Traumes unheimlich. Sie konnte nur wegen Yedan ein wenig entspannen, doch war er nicht ebenso in Gefahr wie sie, wenngleich er die Gefahren professionell zu umgehen, oder ihnen zu begegnen wusste.
Frage um Frage wechselte in ihrem Kopf umher. Weshalb lebte der Halbelf hier? Wieso kehrte er nicht in seine Heimat zurück? Was war nur passiert, dass er das Hiersein bevorzugte? Alleine – und das, laut seinen Worten bevorzugt und gerne. Rhuna hätte so gerne Antworten…! Yedan war auf eine merkwürdig gemischte Art sehr widersprüchlich.
Ihre Hand senkte sich, die noch immer das Blatt hielt. Was sollte sie tun? Was war richtig, was war falsch? Oder gab es hier keine richtige und falsche Entscheidung, denn beide Wege konnten zum Scheitern oder zum Erfolg führen – früher oder später?
„Du denkst also… ich würde die falsche Entscheidung treffen, wenn ich nicht meinen geplanten Weg weiterverfolge?“, fragte sie und sah ihn unschlüssig an. „Warst du schon mal in Santros, Yedan? Oder in einer anderen Stadt?“ Es war nur ein Gefühl, das sie dazu brachte nachzufragen.
Pharus hatte ihr viel über Santros erzählt. Dort wäre sie vermutlich einigermaßen sicher, denn die Kriminalitätsrate war sehr niedrig. Doch wäre es nicht ratsamer mehr zu können, als aktuell?
Die Entscheidung für ein vorübergehendes Leben hier im Urwald fiel der Brünetten schwer. Erst recht, weil sie nicht wusste, wie dieses tatsächlich aussehen würde. Hatte der Halbelf keinen dauerhaften Rückzugsort, an den er immer wiederkehren konnte? Eine Art Heim? Was tat Yedan Tag für Tag? Hatte er ein Ziel? Und hatte er tatsächlich nichts gegen ihre Gesellschaft?
Einige Minuten vergingen, in denen Rhuna keine Antworten fand. Weder auf ihre Fragen, noch auf ihre Entscheidung. Doch ihre Tendenz war für sie spürbar und am Schluss würde sie eben dieser folgen und sich für einen Weg entscheiden.
„Ich gehe nach Santros. Nur … nicht direkt. “ sagte die junge Elfe und lächelte ihn leicht an. Ihr Entschluss hieß nicht, dass sie keine Angst vor diesem hatte. Doch wie sollte sie lernen, wenn sie sich stets den einfachsten Weg auswählte? Yedan bedeutete ein wenig Sicherheit, die sie einfach noch brauchte. Sicherheit und versierte Anleitung. Es war Glück gewesen ihm zu begegnen. Und sie zweifelte daran, dass sie weiter auf Glück vertrauen sollte. Sie musste sich Chancen geben, auch wenn diese gefährlich sein konnten.

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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Erzähler » Freitag 19. August 2022, 10:38

Wer war Yedan wirklich? Diese Frage formte sich vermutlich mehr und mehr aus den Nebeln ihrer anderen Gedanken. Der Elf aus dem Sarius warf Fragen auf. Und stellte sie vor ein Rätsel, das ihre Neugierde zu entfachen drohte. Natürlich war er nicht nur der Held in … Hosen…, der sie vor dem schrecklichen Tod einer Beute bewahrte. Er war nicht nur die zuvorkommende Art und das schelmische Lächeln. Er besaß seine eigene Geschichte. Wenn sie davon ausging, dass er so alt war wie sie, dann hatte auch er die letzten 50 Jahre und mehr gelebt, erlebt und überlebt. Das alles in wenige Stunden zu erfahren war einfach nicht möglich. Auch in ihrem Leben gab es gewiss noch so einige Dinge, die er nicht wusste. Natürlich hatte er von ihr bereits einen besseren Eindruck gewinnen können – doch das war Rhuna’s Art. Sie war offen und sie war niemand der seine Geheimnisse hinter Schloss und Riegel hielt. Sie hatte bisher ja nicht mal die Gelegenheit gehabt sich welche zuzulegen. Ihr Leben war berechenbar verlaufen und wenig spannend. In den nächsten 50 Jahren sähe das sicher ganz anders aus. Es gäbe Heimlichkeiten, Verschwiegenheit, Schönes und Trauriges, was sie zu einer neuen – oder besser erweiterten – Persönlichkeit formte. „Ich habe wohl recht mit meiner Vermutung...! Du lebst nicht im Wald Sarius. Und auch nicht im Dorf der Waldmenschen. Heißt das… du lebst hier im Kapayu? In der freien Natur?“ Der dunkelhaarige Elf mit den braunen Augen hob den Blick erneut und lächelte ihr zu. Es war ein nachsichtiges Lächeln, besaß viel Wärme und gleichzeitig eine gewisse Traurigkeit darin. „Erwischt.“, pflichtete er ihr kryptisch bei. Er wirkte nicht ertappt oder sauer, sondern vielmehr akzeptierend. Ihm muss klar gewesen sein, dass sie ihm irgendwann mehr Fragen zu seiner Person stellte. Dass er nicht ewig Abstand halten konnte. Doch sein Gesichtsausdruck zeigte auch, dass er noch nicht bereit war, sich ihr auf diese Weise zu öffnen. „Ich habe eine Heimat, Rhuna. Aber die meiste Zeit bin ich in den Wäldern unterwegs. Kapayu, Sarius, Arus. Ganz egal.“, sagte er wahrheitsgetreu und erzählte ihr dennoch nichts. „Wie ich bereits sagte – ich bin lieber allein unterwegs. Abgesehen von Raji.“, nickte er zum Tiger. Sie hatte diese Frage bereits einmal gestellt, er war nur nicht darauf eingegangen. Nun aber lenkte er das Thema erneut ganz bewusst auf sie und ihre Ziele. Allerdings sah er es als seine Pflicht ihr vor Augen zu führen, dass das Leben neben ihm deutlich gefährlicher werden konnte. Ihren Zwiespalt wartete er geduldig ab und beobachtete sie dabei, wie sie sich um eine richtige Entscheidung bemühte. „Du denkst also… ich würde die falsche Entscheidung treffen, wenn ich nicht meinen geplanten Weg weiterverfolge? Warst du schon mal in Santros, Yedan? Oder in einer anderen Stadt?“ Der Halbelf schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ich habe die Wälder bisher nicht verlassen. Ich kenne die Karten und ich kenne die Orte, aber ich war nie dort.“, er hob die breiten Schultern und schmunzelte ihr entgegen. „Ich fühle mich wohler, wenn ich im Wald bin. Das Gedränge der Städte ist nichts für mich.“, meinte er nebensächlich. „Ich glaube übrigens, dass nur du die richtige Entscheidung für deinen Werdegang treffen kannst. Du sagtest, dass Pharus dich dazu ermutigt hat, über den Tellerrand deines Lebens hinauszuschauen. Die Entscheidung das zu tun, trafst du aber selbst. Die kommt aus deinem Innern, Rhuna. Vertrau dir und deiner Intention etwas mehr.“, versuchte er die Elfe aufzumuntern. „Du willst es richtig machen, aber richtig für mich oder Pharus oder deine Mutter – ist nicht richtig für dich und umgekehrt. Jeder hat seine eigene Wahrheit, sein eigenes Richtig oder Falsch.“, lächelte er leicht. Er versuchte ihr Mut zu geben, sich zu entscheiden. Und diese Entscheidung auch anzunehmen. Einen Moment brauchte sie noch, bevor sie ihre Wahrheit in sich fand. Er nickte bestätigend. „Dann soll es so sein!“, stimmte er zu. Weshalb er wohl zustimmte? Immerhin war er doch lieber allein und kümmerte sich höchstens noch um Raji.

Doch Rhuna hatte bereits seine fürsorgliche Ader kennenlernen dürfen. Vielleicht war ja sein Entschluss allein zu sein etwas, was er im Innern nicht wirklich fühlte. Ob er vielleicht froh war, jemanden bei sich zu haben? Er machte zumindest nicht den Anschein, als würde ihn ihre Bitte überfordern. Trotzdem wurde Yedan noch mal ernst und sah sie fest an. „Aber Rhuna – du wirst mir etwas versprechen müssen, bevor du mich begleitest.“, verlangte er und trat abermals vor sie, damit sie sich der Wichtigkeit bewusst wurde. „Wenn ich von dir verlange, dass du läufst, dann tust du es. Wenn ich sage versteck dich, dann versteckst du dich. Wenn ich sage, dass du gehen sollst – dann gehst du.“ Seine Worte hatten etwas Schweres. Wusste er was er da sagte? Kannte er das und wollte ihr klarmachen, dass es Situationen geben könnte, die von ihr und ihrem guten Herzen viel abverlangen konnten? In diesem Moment fühlte sich Rhuna an ihren Traum erinnert. An seinen leblosen Körper… Meinte er solche Situationen? Würde Rhuna das überhaupt können, wenn er Hilfe brauchen würde? Doch bevor die Gedanken zu schwer wurden, brach das ernste Gesicht des Elfen auf und er lächelte wieder auf sie herab. „Bevor wir aber loslegen – du brauchst einen Bogen! Und diese lassen sich am besten aus dem Holz der Bäume im Sarius fertigen. Also brechen wir dorthin auf, damit du anständig ausgerüstet bist!“, meinte er und hielt ihr metaphorisch die Hand hin. Er wollte sie die ersten zwei Schritte in ihre neue Richtung hofieren, ehe er sie loslassen würde, damit sie nebeneinander herlaufen konnten. Raji hob den Kopf und betrachtete Rhuna zweifelnd, während sein Begleiter die Richtung änderte und eher nordwärts ging. Yedan wandte halb den Kopf und meinte: „Raji! Das ist Rhuna. Sie begleitet uns eine Weile. Also gewöhn‘ dich dran!“, grinste er und offenbarte, dass er die Tiersprache beherrschte. Hatte er gar nicht erwähnt! Der Tiger jedoch verengte die Augen dabei. Erneut musterte er die Shyáner. Er brummte grimmig für Rhuna, antwortete dann aber offenbar Yedan: "Wenn du meinst.", daraufhin trottete los und lief dann im gemächlichen Lauf und mit etwas Abstand neben den beiden her. Yedan wandte sich nach Rhuna um und wirkte wieder so leicht und behände wie vor ihrem ernsten Gespräch. Da war keine Spur von Schwere oder Düsternis in ihm. „Wir werden ungefähr 2 Tage benötigen, bis wir im Sarius sind.“, erklärte er ihr. „Das Epiphyllum hast du jetzt kennengelernt. Merke dir das, wenn du im Wald unterwegs bist. Es gibt verschiedene Arten und nicht jede Art ist gleich. Im Neldoreth oder Arus wachsen andere Arte als im Kapayu. Durch das verschiedene Klima, verstehst du?“, legte er mit den Lektionen los und schien vollkommen in seinem Element. „Du solltest vor allem das Überleben erlernen. Wie machst du Feuer, wie gelangst du an Wasser, welche Pflanzen können dir bei Wunden helfen. Du sagtest, dass du dich mit Heilpflanzen auskennst – such mir welche!“, forderte er sie auf und deutete auf den Wald in einer ausladenden Geste. „Ich bleibe in deiner Nähe und achte auf dich. Konzentriere du dich auf das Finden von Heilpflanzen hier.“, meinte er und verlor wirklich keine Zeit, sie in das Leben der Wälder einzuführen. War sie denn schon so weit? Immerhin bestand ihre Entscheidung gerade mal ein paar Minuten. Nun hatten sie zwei Tage und er prüfte bereits jetzt ihr Wissen. Auf der anderen Seite musste Yedan herausfinden, was sie bereits wusste. Sie könnten Zeit sparen, wenn er einige Lektionen ausließ und das Versorgen von Wunden war sehr wichtig. Wie schnell ratschte man sich an etwas auf und was in einer Stadt eine Lappalie wäre, könnte durch Infektionen im Wald den Tod bedeuten.
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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Freitag 19. August 2022, 20:13

Rhunas Offenheit lag tatsächlich daran, dass sie keine großartigen Geheimnisse hatte, die sie vor ihm hätte verbergen wollen. Ihr Leben war größtenteils Ereignislos verlaufen – die Themen, die sie noch etwas zurückhielt, waren entweder bedeutungslos oder der Elfe unangenehm, weil sie sich für den Verlauf ihres bisherigen Lebens ein wenig schämte. Im Gegensatz zu ihr hatte Yedan ‚gelebt‘, hatte erlebt und gesehen und so viel mehr gelernt, wie nur aus Büchern oder der näheren Umgebung.
Dass er ihr nicht sofort alles Anvertraute nahm Rhuna ihm nicht übel oder gar persönlich. Sie hatte eher Verständnis dafür, wenngleich die Fragen ihr natürlich auf der Zunge brannten. Doch sein Zögern und das höfliches Umgehen gewisser Themen ließen sie erkennen, dass er nicht bereit war mit ihr darüber zu sprechen und sie einen tieferen Einblick in sein Leben gewinnen zu lassen. Vielleicht würde sich das mit der Zeit noch ändern. Rhuna hoffte zumindest darauf, denn auch wenn sich die beiden nicht lange kannten, sah sie den Sarier schon als eine Art ... Freund an.
Doch ihre Position war unterschiedlich. Die Shyáner-Elfe war für Yedan bislang nur eine Fremde, der er das Leben gerettet hatte und der er half auf den richtigen Weg zu kommen – vielleicht, weil er einfach sehr freundlich und hilfsbereit war, oder Mitleid mit ihr hatte.
Für Rhuna war die Lage anders. Sie verdankte ihm in mehrfacher Hinsicht ihr Leben. Sie stand in seiner Schuld, auch wenn der Sarier bisher keine einforderte. Es war für sie keineswegs selbstverständlich, dass er ihr half und irgendwann würde sie sich angemessen revangieren. So war es nicht allzu verwunderlich, dass die Elfe Yedan schon so kurze Zeit nach ihrem Kennenlernen stark vertraute.
Ihr Begleiter bestätigte ihre Vermutung, dass er nicht bei den anderen sarischen Elfen und Waldmenschen lebte. Doch seine Art zu lächeln erzählte Rhuna eine stumme Geschichte. Sie schob ihre zunehmende Neugierde für den Elf zur Seite und musterte ihn eine Weile. Sie erhielt nur ein paar kleine Informationen, die Rhuna jedoch völlig zufrieden stellten. Auch auf ihre Lippen legte sich ein nachsichtiges und akzeptierendes Lächeln, mit dem sie auch zeigen wollte, dass sie ihn nicht drängen wollte, mehr preis zu geben, als er wollte.
„Verstehe…!“, antwortete sie und dachte einen Moment über seine Worte nach. Dass er nicht ausschließlich im Kapayu lebte beruhigte die Brünette ein wenig.
Erneut erwähnte Yedan, dass er lieber alleine unterwegs war. Diese Aussage löste etwas in ihr aus, doch das Gefühl konnte sie nicht so recht deuten. Missfiel es ihr? Oder fand sie es einfach nur traurig, dass er so empfand?
„Folgt dir Raji auch in die anderen Wälder?“, fragte sie und hoffte, dass es eine allgemeine Frage war, die er beantworten konnte, ohne sich ausgefragt zu fühlen. Es interessierte die Elfe einfach, ob der Tiger seinen üblichen Lebensraum für ihn verlassen würde.
Dass Yedan nicht gerne in Städte ging überraschte Rhuna nicht wirklich. Sie hatte diese Frage gestellt, weil ihr Gefühl diese Ahnung bereits bestärkt hatte. Und irgendwie passte es zu ihm.
Vielleicht würde sich Rhuna in großen Städten auch nicht zurechtfinden. Obwohl sie aus der Stadt Shyána Nelle kam – die durchaus eine gewisse Größe hatte, war sich die Elfe sicher, dass es große Unterschiede gab. Alleine war Pharus ihr über Satros erzählt hatte, klang für sie wie eine andere kleine Welt. Dennoch ... wie Yedan sich wohl in Städten verhalten würde? Gedanklich versuchte sie sich den großgewachsenen und attraktiven Sarier in Shyána vorzustellen und schmunzelte einen Moment. Er würde sicher Aufsehen erregen...in mehrfacher Hinsicht!
Rhunas Augen ruhten auf seinem Gesicht, als er ihr erneut Mut und Vertrauen zur eigenen Person zusprach. Mut sich zu entscheiden und auf sich selbst zu vertrauen. Yedan war sich dies vielleicht nicht bewusst, aber er war eine Person, die ihr guttat. Jemand der ihr half sich selbst besser kennenzulernen.
Die Entscheidung fiel der Elfe zum Schluss dennoch nicht leicht. Doch sie hörte auf ihr Herz und das riet ihr einen kleinen Umweg zu gehen. Nun hoffte Rhuna lediglich, dass sie ihn nicht störte. Doch er hätte ihre Bitte sicher sofort abgelehnt, würde dem tatsächlich so sein, oder? An und für sich schienen sich die beiden gut zu verstehen und das gab ihr den Mut ihm mit ihrer Anwesenheit zur Last zu fallen. Sie schien es zu dürfen. Und sie würde sich anstrengen, dass er ihre Gesellschaft nicht als unangenehm empfinden würde.
„Aber Rhuna – du wirst mir etwas versprechen müssen, bevor du mich begleitest.“ Bei diesen Worten horchte die junge Frau noch einmal auf und ihr erleichtertes, wenngleich auch verunsichertes Lächeln, verlor an Stärke. Welches Versprechen würde er von ihr einfordern? Sein Blick war ernst und sie zweifelte nicht daran, dass er auf die Einhaltung ihres Versprechens bestehen würde. „In Ordnung...! Was soll ich dir versprechen?“, fragte die Elfe ruhig und mit demselben Erst in der Stimme, der auch in seinen Worten lag.
“Wenn ich von dir verlange, dass du läufst, dann tust du es. Wenn ich sage versteck dich, dann versteckst du dich. Wenn ich sage, dass du gehen sollst – dann gehst du.“ Diese Art von Versprechen hatte Rhuna nicht erwartet. Es waren Forderungen, die für ihr Überleben sicher gewichtig waren, doch ihr Traum, dessen Erinnerungen noch immer lebhaft und grausam vor ihren Augen lagen, ließ Rhuna zögern. Ihre Augen musterten die seinen. Sein warmes, schönes Braun, das ihr in ihrem Traum nicht mehr vergönnt war zu sehen.
„Ich…“, begann sie und biss sich leicht auf die Unterlippe. Dann folgte ein verhaltenes Nicken. Es war nicht so, dass Rhuna nicht wusste, dass seine Worte Sinn ergaben. Sie war Yedan, so wie sie jetzt war keine große Hilfe und es würde niemanden von ihnen etwas nutzen, wenn sie ihn in noch größere Gefahr bringen würde, weil sie ihn schützen oder helfen wollte. In Romanen waren es stets solch hilfsbedürftige Personen, meist des weiblichen Geschlechts angehörtig, gewesen, für die Rhuna keine sympathien entwickeln konnte, da sie aus falscher Fürsorge Situationen lediglich verschlimmert hatten. Zu solch einer Person wollte sie gar nicht werden.
Doch wenn Yedan tatsächlich in Gefahr sein würde? Ein leises Seufzen verließ ihre Lippen. Der Sarier war ein fähiger Jäger, wahrscheinlich auch ein fähiger Kämpfer und in der Lage sich zu verteidigen und zu schützen. Doch Rhuna wusste tief in ihrem Innern, dass sie ihn niemals vollends im Stich lassen würde, sollte er in Not geraten. Nicht, wenn eine kleine Hoffnung bestehen würde, dass sie ihm doch mit ihrem Eingreifen das Leben retten könnte. Doch darin sah sie zwei Szenarien von denen Yedans Forderung nur eine einschloss. Zum Glück hatte der Elf seine Worte nicht genauer spezifiziert.
„Ich verspreche es dir.“, sagte sie daher aufrichtig. „Aber nur, wenn du mir im Gegenzug dafür versprichst auf dich aufzupassen und dass du mich dann wiederfindest. Bevorzugt so, dass ich dich nicht wie ein Kissen zusammenflicken muss...!“ Auch Rhuna meinte ihre Worte völlig ernst und nahm an, dass er ihr dieses Versprechen geben könnte. Die durchaus gefühlsschwere Stimmung brach ihr Begleiter mit seinem Lächeln und schien damit ihre Abmachung besiegelt zu haben.
„Bevor wir aber loslegen – du brauchst einen Bogen! Und diese lassen sich am besten aus dem Holz der Bäume im Sarius fertigen. Also brechen wir dorthin auf, damit du anständig ausgerüstet bist!“ Seine Worte klangen wie Musik in seinen Ohren. Nicht nur, weil Yedan ihr in Aussicht stellte den Kapayu zu verlassen und wenn es nur für einen Tag oder ein paar Stunden war, sondern auch, weil er ihr offensichtlich das Bogenschießen beibringen wollte.
„Wirklich? Ich bekomme einen Bogen?“, fragte die Elfe voller Vorfreude. Die Bogenschießübungen mit ihrem Bruder hatten ihr stets Spaß gemacht, doch hatte es zu wenig Gelegenheiten gegeben, die Künste ernsthaft und gut zu erlernen. Alleine, weil ihre Mutter Celest dagegen gewesen war, dass Rhuna den Umgang mit Pfeil Und Bogen übte.
Ihre Augen bekamen ein Strahlen, das die Anzeichen der Müdigkeit, der letzter Nacht, gänzlich verscheuchen konnte. Nicht, weil sie die Lehrstunden unterschätzte - sie war froh etwas Sinnvolles erlernen zu können, mit dem sie sich nicht nur alleine versorgen, sondern auch verteidigen könnte. Rhuna war neugierig, wie der Wald Sarius sein würde, aus dem ihr Retter ursprünglich stammte. Ob sie auch das Dorf der Waldmenschen sehen würden? Mehrere Fragen hingen in ihren Gedanken, von denen sie keine aussprach. Sie würde es schon erleben und auf sich zukommen lassen.
Die Aussicht schenkte Rhuna neue Energie und Motivation. Sie ergriff Yedans dargebotene Hand und ging lächelnd ein paar Schritte neben ihm her. Die Shyáner-Elfe machte sich keine Illusionen – der Weg, den sie gewählt hatte, würde anstrengend werden. Doch überließ Rhuna ihrer Angst und Sorge nicht mehr die Macht über sich. Denn dann würde sie nichts lernen und scheitern. Man musste etwas erleben, um lernen zu können. Wer nichts erlebte, würde einfach stehenbleiben, wie sie es all die Jahre in vielen Bereichen getan hatte.
Yedan ließ nach ein paar Schritten ihre Hand los, was sie wortlos akzeptierte. Sie achtete wieder auf den Weg, doch als der Elf plötzlich etwas sagte, dessen Sinn ihr verborgen blieb, sah sie überrascht zu ihm. Yedan beherrschte eine Sprache der Tiere und konnte tatsächlich mit Raji sprechen? Das Brummen seitens des Tigerns erklang wie eine Antwort und bestätigte ihre Vermutung.
„Irgendwann musst du mir von eurer ersten Begegnung erzählen und wie ihr euch angefreundet habt. Oder hast du Raji am Ende von klein auf großgezogen?“, fragte Rhuna und schritt neben Yedan her, wich hier und da einer Wurzel aus oder einer Ranke aus, was teilweise ihren Weg nah an den großgewachsenen Elf drängte. Doch war sie stets darauf bedacht ihm schnell seinen Raum zurückzugeben. Rhuna war darüber erleichtert, dass Yedan wieder seine unbefangene und fröhliche Art zeigte. Es zeigte ihr, dass gerade alles in Ordnung war und auch wenn er tiefere Themen umging, war diese Seite bislang am Gesprächigsten ihr gegenüber.
Eifrig erteilte er ihr die ersten theoretischen Lektionen über das Epiphyllum. Die Pflanze war Rhuna vollends unbekannt gewesen. „Sind denn alle Arten genießbar? Worin liegen optische Unterschiede?“ Rhuna lief einen kurzen Weg hinter Yedan entlang, da die Vegetation ein nebeneinandergehen erschwerte. Der Urwald war vielseitig. Am Tage war er weniger unheimlich und besaß einen ganz eigenen Zauber mit seinen bunten Schönheiten. Über sie flog in sanften Rauschen ein Schwarm bunter Vögel vorbei und das Licht tanzte in verschiedenen Grüntönen durch die verschiedenen Blätter, ließ Wassertropfen wie kleine Sterne funkeln und glitzern. Die erbarmungslose Dunkelheit, die die Nacht ohne eine andere Lichtquelle brachte, stand im völligen Kontrast dazu.
„Du solltest vor allem das Überleben erlernen. Wie machst du Feuer, wie gelangst du an Wasser, welche Pflanzen können dir bei Wunden helfen. Du sagtest, dass du dich mit Heilpflanzen auskennst – such mir welche!“, forderte Yedan Rhuna plötzlich auf. Dass ihr Wissen bereits in diesem Moment auf die Probe gestellt wurde hatte sie nicht erwartet, doch hatte sie auch nichts dagegen einzuwenden.
„In Ordnung!“, bestätigte sie lediglich und sah sich einen Moment lang um, nachdem sie beide stehengeblieben war. Dann wanderte sie los, ihr Blick umherhuschend, nach bekannten Blattformen, Blüten und Beeren Ausschau haltend. Hier und da sah man Rhuna, wie sie sich bückte oder gen Boden hockte. Manches Mal pflückte sie etwas, manches Mal strich sie lediglich inspizierend über die Oberfläche und ließ dann von der Pflanze ab. Selbst unter dem feuchten und dadurch leicht modrigen Laub schien die Elfe nachzusehen.
Es war ein durchaus routiniertes Verfahren, das zeigte, dass sie im Suchen von Heilkräutern geübt war. Dennoch machte es ihr die veränderte Umgebung und teils unbekannte Flora nicht so leicht, wie in den bekannten Bereichen bei Shyána. Gänzlich in ihr Tun vertieft registrierte Rhuna nicht ihr leises Summen, mit dem sie sich in der Heimat oft die Zeit beim Suchen fröhlicher gestaltet hatte. Sie war eben eine Shyáner-Elfe und Musik war ein stetiger Teil ihres Lebens gewesen, der ihr ebenfalls am Herzen lag. Eine Weile später kam Rhuna mit ihrer Ausbeute zu Yedan zurück und breitete auf ein großes Blatt ihre Fundstücke aus. Darunter waren mehrere Blätter, Gräser und Blüten, doch auch Pilze und Beeren.
„Die Hüte dieser Pilze sind giftig und können zu Taubheitsgefühlen und Lähmungen führen. Richtig verarbeitet und dosiert können sie allerdings auch bei der Schmerzlinderung helfen. Die Stiele kann man trocknen und zu einem Pulver zermahlen, das Blutungen stillen kann. Sie enthalten kein Gift und können sogar gegessen werden.“, erklärte Rhuna und deutete auf kleine weiße Pilze mit einem gräulichen Kleeblattmuster in der Mitte der Hüte. Weiter deutete sie auf ein Stück Rinde und dann auf einen Baum, bei dem sie nahestanden.
„Niembäume können bei vielen Beschwerden helfen. Man kann alles nutzen und beispielsweise Bluthochdruck senken. Niem hielft aber auch gegen Bakterien und Viren oder Parasiten und …“ Weiter und weiter erläuterte und erklärte die Elfe ihre Sammelstücke und sah ihn am Schluss abwartend an, wie sie bei seinem Test abgeschnitten hatte. Rhuna war stolz auf ihr Wissen und wollte ihm zeigen, dass sie wenigstens darin gut war. Dennoch musste sie etwas eingestehen.
„Leider muss ich zugeben, dass ich mir bei ein paar Pflanzen nicht sicher war. Die Flora hier ist zum Teil anders als im Tal und nur anhand der Beschreibungen und Zeichnungen fällt es mir manchmal schwer unbekannte Heilpflanzen zu erkennen. Die Pflanze dort vorne mit den lila Blüten könnte Flügelkraut sein, das gegen Fieber und Infektionen helfen kann. Laut den Lehrbüchern wird Flügelkraut oft mit Habersüß verwechseln, das zwar lieblich klingt, aber bereits in kleinen Mengen zum vollständigen Zusammenbrechen des gesamten Nervensystems führt.“ Aus Rhunas Zopf hatten sich ein paar Strähnen gelöst, von denen sie eine hinter ihr Ohr strich. Sie hatte zwar ein Buch über Heilpflanzen dabei, von denen viele außerhalb von Shyána Nelle zu finden waren, doch hatte sie diese nie zuvor leibhaftig gesehen und eine Verwechslung konnte fatal sein. Daher brachte ihr Stolz nur bedingt etwas. Auch in diesem Bereich hatte sie noch viel zu lernen.

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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Erzähler » Samstag 20. August 2022, 00:09

Es war wohl nicht ganz fair von dem Sarier, ihr diese Versprechen abzuverlangen. Doch zu seiner Verteidigung musste man betonen, dass er nichts von ihrem Vertrauen in ihn und der Tatsache, dass sie ihn bereits jetzt schon mochte, wusste. Dass es für sie einen Konflikt bedeuten könnte, sollte ihm etwas zustoßen, einfach zu gehen, davon ging er einfach nicht aus. Yedan war viel allein gewesen in letzter Zeit. Was eine Bindung zu einem anderen ‚menschlichen‘ Wesen bedeutete, hatte der Dunkelhaarige bereits seit langem nicht mehr erlebt. Dennoch willigte er ein als sie ihn um diesen Gefallen bat. Und sie musste ihn nicht mal groß überzeugen. Wie sie bemerkt hatte, galt es bei Yedan so einige Widersprüche zu ergründen. Aber alles zu seiner Zeit. Nun erläuterte er ihr seinen neuen Plan, der bei ihr sofort auf Gegenliebe stieß. Yedan schmunzelte bei ihrer Vorfreude, die sie kaum verbergen konnte. „Freu dich nicht zu früh!“, mahnte er neckend und neigte sich etwas vor, um mit dem Zeigefinger vor ihrer Nase zu wackeln. „Die Bäume im Sarius sind launisch und geben nicht gerne etwas von ihrem kostbaren Holz.“, meinte er schon wieder kryptisch, erklärte aber seinen Ausspruch nicht weiter. Daraufhin offenbarte Yedan doch noch ein Detail: Er konnte mit Raji reden! Er verstand den Tiger und andersherum. Erneut wollte Rhuna wissen, wie sich die beiden begegnet waren. Yedan wartete einen Moment, prüfte konzentriert den Weg und schien zufrieden zu sein mit ihrem Kurs. Er warf einen Blick zu ihr und griff sich dann mit dem Daumen an der Hüfte in die Hose. Ohne Umschweife zog er den Hosenbund ein wenig hinunter, sodass sie einen mehr als deutlichen Einblick auf gut verborgene Gefilde erhaschen konnte, auch wenn er sich nicht entblößte. Hier jedoch tauchten deutliche Tigerkrallen-Narben, auf die er ihr präsentierte. „Das war unsere erste Begegnung.“, erklärte er und zuckte die Schultern, bevor er den Blick auf die Narben wieder verbarg. „Raji hätte mich beinahe getötet.“, erzählte er und folgte weiter dem Weg. „Er hat mich als Beute betrachtet, ähnlich wie bei dir. Nur leider kam kein gutaussehender Elf um die Ecke, um mich zu retten!“, neckte er Rhuna und grinste breit. „Also wehrte ich mich mit allem was ich aufbringen konnte.“ Er griff sich in den Nacken und tippte dort auf weitere Narben, die man erst beim näheren Hinsehen als Bissspuren erkennen konnte. „Er hat es fast geschafft mich zu töten.“, murmelte er und fühlte sich daran erinnert. Einen Moment blieb er ruhig, hing seinen Erinnerungen nach, bevor seine Hand von seinem Nacken rutschte und er wieder im Jetzt auftauchte. „Allerdings schaffte ich es, ihn abzuwehren, bis sich tatsächlich zwei Mantisse einmischten. Wenn man mal einen miesen Tag hat…“, brummte er und schüttelte den Kopf, dass seine Strähnen ihm in den Augen hingen. „Jedenfalls war ich schwer verletzt und Raji hatte auch einiges abbekommen, sodass wir zwangsläufig zusammen gegen die Mantisse ankämpfen mussten, wenn wir überleben wollten. Und nachdem wir ordentlich Prügel bezogen hatten und beide halbtot neben den Mantissen lagen… nun – da war es irgendwie klar.“ Er betrachtete den Tiger, der neben ihnen durch das Dickicht strich und zustimmend grollte. Yedan grinste. „Er sagt, dass er nur Mitleid mit mir hatte!“, lachte er und sah Rhuna an. „Zum Glück hatte ich Kenntnis über Heilpflanzen. Hat ganz schön lange gedauert, wieder auf die Beine zu kommen!“, gestand er ihr und verengte kurz die Augen. „Apropos…“.

Er forderte Rhuna daraufhin auf, ihm Heilpflanzen zu bringen, nachdem er ihr eröffnete, was als erstes auf dem Lehrplan stand. Das Überleben sichern. Nun, das war wohl äußert nützlich und Rhuna voller Vorfreude, endlich etwas zu lernen. Er schickte die Shyáner los, damit er sehen konnte, was sie bereits wusste. Währenddessen blieb Yedan allerdings nicht untätig. Er sammelte ebenfalls einige Blätter und Blüten, wobei er jedes Mal etwas murmelte, bevor er etwas abschnitt. Nach einigen Minuten trafen sie sich wieder und präsentierten ihre Ausbeute. Während Rhuna erklärte und sich die Zeit nahm, alle Beeren, Pflanzen und Pilze zu erläutern, stand Yedan hinter ihr und sah ihr schweigsam über die Schulter. Als sie geendet hatte, griff er über sie hinweg und deutete auf die Pilze, so wie die blaue Blüte, die sie gesammelt hatte. „Und wenn du das zusammen kochst und dann trinkst, erlebst du ganz andere Zustände.“, raunte er ihr nahe ihrem Ohr zu und trat dann wieder einen Schritt zurück. Spitzbübisch funkelte es in seinen Augen, doch er winkte lächelnd ab. „Habe ich gehört…“, tat er unschuldig und zwinkerte ihr zu. „Ich bin beeindruckt, Rhuna. Du hast eine erhebliche Ausbeute gefunden und ich hätte es selbst kaum besser gemacht.“, erfolgte das wohlverdiente Lob. „Steck die gefundenen Dinge ein. Wer weiß, ob wir sie noch brauchen werden.“ Anerkennung schwang seinen Worten bei, während er ihr daraufhin eine Handvoll Blätter in die eigene Hand gleiten ließ. Sie alle waren dick, ähnlich dem Epiphyllum, doch einige waren spitz zulaufend oder stachelig an der Seite. „Das sind alles Wasserspeicher. Du erkennst sie an den dickeren, fleischigen Blättern. Viele von ihnen wachsen zwischen den Baumwurzeln und in weniger feuchten Gebieten, da sie gut überleben können. Du wirst sie also eher dort finden, wo Wasser selten ist, als an einem Flussufer.“, erklärte er ihr und nickte. „Gut, also Pflanzenkunde können wir wohl erstmal nach hinten verschieben!“. Plötzlich stockte er: „Moment..“, bat er sie und ging auf die Blüten zu, die sie nicht auseinanderhalten konnte. Yedan murmelte den Pflanzen etwas zu, neigte kurz den Kopf, bevor er dann eine Blüte abschnitt. Er kehrte zu Rhuna zurück und drehte die hübsche, lilafarbene Blüte zwischen Daumen und Zeigefinger. Er hob den Blick und lächelte die Elfe an. „Das ist Habersüß. Du erkennst es hier ganz gut,“ er neigte sich ihr entgegen und deutete mit dem Zeigefinger auf das Innere des Blütenkelchs. „Siehst du? Hier befinden sich vereinzelt schwarze Punkte, könnte man als Ungeziefer betrachten, ist aber ein Hinweis darauf, dass es Habersüß ist. Flügelkraut hat die Punkte nicht.“, erklärte er ihr. „Ansonsten sehen die Blüten identisch aus, das stimmt.“, pflichtete er bei.
Yedan wandte den Blick wieder in ihr Gesicht und kurz huschten seine braunen Augen darin herum. Bevor er ihr wieder Raum gab, hob er die Hand mit dem Habersüß und steckte ihr die Blüte kurzerhand ans Ohr in das braune, leicht derangierte Haar. Er betrachtete sein Werk einen Augenblick. „Habersüß ist nur bei Verzehr gefährlich…“, murmelte er und sein Blick kehrte in ihr Gesicht zurück. „Steht dir gut.“, bemerkte er leicht lächelnd und wandte sich wieder ihrem Weg zu. „Dann wollen wir zusehen, dass wir heute noch den Euwin erreichen.“, und meinte damit einen Flussarm des Ilfar. „Wir können am Ufer entlanggehen, bis wir den Neldoreth kurz passieren und dann bald schon im Sarius sind.“, erklärte er weiter ihre Ziele. Im Grunde war es kaum vorstellbar, dass Yedan lieber allein unterwegs war. Er war freundlich, besaß -manchmal jedenfalls- Manieren und verstand es durchaus sich auf jemanden einzustellen. Was also war es, dass ihn zum Einzelgänger machte? Oder log er einfach? Wäre auch eine Möglichkeit. Dennoch verlief der Weg deutlich ruhiger und unaufgeregter als der gestrige Tag. Der Urwald hatte Gnade mit Rhuna und bot ihr lediglich eine bunte Vielfalt an Flora zu sehen. Und das heiße, feuchte Klima. Raji war mal da und mal verlor sich seine Spur, doch Yedan schien das nicht weiter zu kümmern. Irgendwann konnte Rhuna leises Plätschern vernehmen, dass mit jedem Schritt deutlicher und lauter wurde. Solange bis sie tatsächlich das Ufer des Flusses erreichten. Er war breit und schwimmen wäre sicher möglich, doch die Frage blieb – konnte Rhuna das überhaupt? Und gäbe es vielleicht Fische die weniger genießbar wären oder gar gefährlich? Der Fluss schlängelte sich, mäßig in ihre entgegengesetzte Marschrichtung fließend, durch Erdreich und Gestrüpp. Zwar war das Ufer teilweise bewachsen und sowohl Wurzeln von Bäumen als auch Rankengewächse tauchten im Nass ein, jedoch gab es immer wieder Möglichkeiten, ungehindert an das Ufer zu treten. Wasser führte der Fluss derzeit eher weniger, was auf die trockenen Tage zurückzuführen war. „Willst du eine Pause machen?“, fragte Yedan kurz und blieb am Ufer stehen. Sie waren jetzt beinahe den ganzen Tag über marschiert, um den Fluss zu erreichen. Das Klima hatte an Feuchtigkeit zugenommen und erschwerte erneut das Aktivsein. Selbst auf Yedan's Brust zeichnete sich ein feiner Film ab, der seinen Oberkörper glänzen ließ. Seine Haare wirkten an den Spitzen feucht und er hatte seinen Köcher abgenommen, um ihn eine Weile in der Hand zu tragen. Und Raji tauchte aus den Blättern auf und senkte die Schnauze, um zu saufen.
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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Samstag 20. August 2022, 17:59

Das Versprechen war nicht unbedingt das Problem. Sie konnte seine Forderungen nachempfinden, doch würde sie auch auf ihre bestehen. Wie die Elfe tatsächlich in einem solchen Moment reagieren und handeln würde, blieb eh abzuwarten.
„Ich meine das Ernst und will auch, dass du mir das versprichst. Ich will nicht, dass dir etwas passiert!“, sagte Rhuna erneut mit Nachdruck, als sein Versprechen ihr gegenüber ausblieb. Die beiden Elfen hatten die letzten Jahre sehr unterschiedlich gelebt und so schien es bereits zu kleinen Missverständnissen zu kommen. Rhuna hatte in einer Gesellschaft gelebt, war jeden Tag unter Leute gekommen – denen sie sich innerlich jedoch sehr fern gefühlt hatte. Yedan hatte seine Gründe gehabt alleine durch die verschiedenen Wälder zu reisen und keine weitere Gesellschaft bei sich zu haben, außer Raji. Zumindest bisher – nun war Rhuna an seiner Seite. Und auch wenn er es noch nicht bemerkt hatte: Yedan war lag ihr bereits am Herzen und natürlich würde sie sich um ihn sorgen. Eigentlich ging sie sogar ein wenig davon aus, dass er dies bereits glaubte. Sie kannten sich beide erst einen Tag. Doch sie fühlte sich ihm näher und bekannter als anderen Elfen, wie beispielsweise Jórges, der sie schon mehrere Wochen vor ihrem Kennenlernen mit Pharus umworben hatte. Manchmal war Zeit einfach bedeutungslos.
Ihr neues Reiseziel war der Wald Sarius, über den Rhuna bereits viel gehört und gelesen hatte. Bilder und Zeichnungen zeigen, dass er zwar an den Kapayu grenzt, doch in Flora und Fauna sehr unterschiedlich war. Die sarischen Elfen beschützten den Wald mit Argusaugen und zögerten nicht diesen bis aufs Blut zu verteidigen. Shyáner standen der Natur sehr nahe, doch die Sarier und Waldmenschen schienen dies um mehrere Stufen zu übertreffen.
Rhuna fiel auf, dass Yedan jedes Mal, wenn er etwas von einem Busch, Baum oder anderem Gewächs abschnitt, zuvor leise etwas sagte. Den genauen Wortlaut verstand sie nicht, doch sie vermutete, dass er sich bedankte und – oder dafür entschuldigte, dass er sich etwas nahm für sein Überleben. Vielleicht tat er es auch aus völlig anderer Gründen. Sie würde ihn bei Zeiten danach fragen.
„Die Bäume im Sarius sind launisch und geben nicht gerne etwas von ihrem kostbaren Holz.“, erklärte Yedan – wieder ziemlich oberflächlich – und warf erneut einige Fragen auf. Dass er bei Themen, die seine Person betrafen wortkarg war, konnte Rhuna akzeptieren. Doch er musste doch nicht überall wie ein Dschinn in Rätseln sprechen.
„Ich hoffe du erklärst mir mehr, wenn wir angekommen sind und ich die Aufgabe erfüllen soll. Momentan hört es sich für mich so an, als würde ich mich irgendwie würdig beweisen müssen. Ihr Sarier reagiert laut dem, was gesprochen wird, sehr empfindlich darauf, wenn jemand den Bäumen des Waldes schadet. Wahrscheinlich kann eine Außenstehende, wie ich es bin, die Beziehung nicht einmal verstehen, aber ich wäre dankbar, wenn du mir auf dem Weg erzählst, worauf ich aufpassen sollte. Ich will nicht respektlos handeln…“ Da zeigte sich ihre gute Erziehung, aber auch so wollte sie lernen andere Völker und Sitten zu verstehen. Sie war keineswegs jemand, der absichtlich zerstörte oder verletzte, doch Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste. Und Sarier verstanden eben keinen Spaß, wenn es um ihren Wald ging.
Yedan war in mancher Hinsicht anders, aber sie kam mit ihm viel besser zurecht, als mit anderen Elfen ihres Volkes. In seiner Gesellschaft zu sein war … einfach natürlich und das genoss die brünette Elfe sehr.
Der unsichtbare Pfad, den die beiden beschritten, war glücklicherweise von fester Beschaffenheit. Nirgendwo sank Rhuna ein, was das Fortkommen erheblich beschleunigte. Ihre Beine schmerzten noch von den gestrigen Strapazen. Die nächsten Tage würden sich ihre Muskeln sicherlich noch weiter beschweren.
Ihr Gespräch wandte sich dem Kennenlernen von Yedan und Raji zu. Der Halbelf blieb vor Rhuna stehen und betrachtete sie eine Weile. Dann schob er seine Hose ohne großes Zögern etwas hinab, während er begann zu erzählen. Im ersten Augenblick war die Shyáner natürlich überrascht, dass sie Hautstellen zu sehen bekam, die normal stets durch Stoffe oder Leder verdeckt waren. Doch der Moment der Verlegenheit blieb aus, als sie die Narben sah, die von einer schweren Verletzung zeugten. Die nette Vorstellung über die erste Begegnung der beiden zerbrach und Rhuna ging einen Schritt, um sich die Zeugnisse des Kampfes näher zu betrachten. Ein Schauder des Grauens lief ihr über den Rücken. Die Erinnerung an Rajis aufgerissenes Maul war ihr lebhaft im Gedächtnis geblieben. Yedan hatte dessen scharfe Krallen und den Biss des kräftigen Kiefers leibhaftig zu spüren bekommen – mehrfach. Sie wollte sich die Schmerzen gar nicht vorstellen, obwohl Yedan im Moment des Kampfes und durch das Adrenalin angetrieben diese vielleicht nur halb wahrgenommen hatte. Es war ein Kampf um Leben und Tod gewesen, von dem sie nichts geahnt hatte.
„Raji hätte mich beinahe getötet. Er hat mich als Beute betrachtet, ähnlich wie bei dir. Nur leider kam kein gutaussehender Elf um die Ecke, um mich zu retten!“ Yedans Scherz kam nur halb bei der Elfe an. Sie lauschte mit ernster und besorgter Miene seinen Worten, ehe sie plötzlich nah zu ihm trat, sich ohne darüber nachzudenken auf die Zehenspitzen stellte und eine Hand auf die Seine in seinen Nacken legte. Sie übte leichten Druck aus und brachte den Brünetten Schopf so dazu sich etwas zu ihr hinab zu beugen. Ihr Blick begutachtete die längst verheilten und doch noch sichtbaren Bissspuren. Ihre Augenbrauen kräuselten sich in besorgter Miene und ihre Finger strichen über die fühlbaren Spuren auf seiner leicht gebräunten Haut. Rhuna hatte in ihrem Leben und dank ihrer Ausbildung viele Wunden gesehen und auch die Narbenbildung, die während einer Heilung erfolgte. Doch ein Opfer eines Tigerangriffs war in Shyána zu ihren Lebzeiten noch nicht in der Klinik aufgetaucht. Glücklicherweise... oder es bedeutete, dass keine Überreste gefunden worden waren.
Rhuna war bewandert genug, dass sie sich anhand der Narben die Wunde leider viel zu realistisch vorstellen konnte. In ihrer Begutachtung gefangen erwachte sie erst, als er weiter berichtete und vom Eingreifen der Mantisse sprach. Vor diesen Urwaldbewohnern hatte Rhuna tatsächlich große Angst. Mit kleinen Insekten kam sie größtenteils zurecht, doch nicht mit der deutlich größeren und gefährlichen Variante.
Die Elfe ließ von ihm ab, stand aber immer noch recht nah bei ihm. Ihr Blick sprach von dem Grauen, den ihr diese Vorstellung bescherte.
„Wie… hast du es geschafft das zu überleben? Der Panzer eines Mantis ist so hart, dass keine Klinge ihn durchdringen kann.“ Yedan kam ihr in diesem Moment wohl wie ein leibhaftiges Wunder vor. Sie hätte keine Sekunde überlebt. Und sie zweifelte daran, ob selbst ihr Bruder Fílías, der der Wache angehörte, auch nur die geringste Chance gehabt hätte. Die Ehrfurcht dem Sarier gegenüber wuchs noch weiter.
Ihr Blick wanderte zwischen Raji und Yedan umher. Nach diesem Ereignis waren die beiden offensichtlich zu Freunden geworden. Es war eine … etwas spezielle Art und die Shyáner brauchte wohl noch eine Weile, um das zu verstehen.
„Es ist ein Wunder, dass du überhaupt wieder auf die Beine gekommen bist. Der Blutverlust muss stark gewesen sein!“ Und nach alldem lebte der Sarier noch immer gerne und alleine in den Wäldern.
Die Geschichte hatte sie ein wenig aus der Ruhe gebracht, die sie empfunden hatte. Doch wichtig war vielleicht nur, dass der Tiger ihm nichts mehr tun würde. Und ihr – dank Yedan, hoffentlich auch nicht.
„Zwei Nachbarsjungen bei mir in der Siedlung konnten sich nicht leiden und sind ständig in Streit geraten. Einmal eskalierte es und sie prügelten sich bis man sie trennen musste. Anschließend wurden sie zu den besten Freunden. Das scheint … irgendwie dasselbe gewesen zu sein.“ Rhuna schüttelte leicht mit dem Kopf, weil sie es nicht so recht nachempfinden konnte.
Yedan schickte Rhuna auf die Suche nach Heilpflanzen. Während der Suche konnte sich die Geschichte setzen und dank der Ablenkung beiseiteschieben. Männer… - obwohl die meisten Shyáner Elfen nicht dem Männerbild des Sariers entsprachen.
Nach der Suche folgte die Ausführung der Heilmöglichkeiten ihrer Fundstücke. Während sie alles erklärte, stand Yedan dicht hinter ihr und begutachtete alles. Plötzlich griff er über sie hinweg und deutete auf den Pilz und die blauen Beeren, die sie gefunden hatte.
„Und wenn du das zusammen kochst und dann trinkst, erlebst du ganz andere Zustände.“, raunte er ihr nahe ihrem Ohr zu und trat dann wieder einen Schritt zurück. Das Raunen stimulierte ihr feines Gehör auf eine ungewöhnliche Weise und löste ein merkwürdiges Kribbeln aus, das sich vom Gehör aus über den Nacken und in den Kopf zog. Rhuna wandte den Kopf leicht zu ihm und sah in seine spitzbübisch funkelnden Augen.
„Der Morgen… danach war sicherlich traumhaft!“, merkte die Elfe sarkastisch an und versuchte das hitzige Gefühl in ihren Wangen zu ignorieren. „Besonders die Sonne hast du sicher genossen.“ Sein Zuzwinkern ließ ihres Erachtens nach keinen Raum für Spekulationen. Yedan hatte diese Erfahrung selbst durchlebt.
Der kleine merkwürdige Moment wechselte schnell wieder, als ihr Begleiter ihr Wissen lobte. Rhuna freute sich natürlich wenigstens in einem Bereich etwas Können vorweisen zu können. Sie empfand es leider als viel zu wenig.
Nun war es an ihr, die verschiedenen Epiphyllum zu begutachten, die der Halbelf ihr gesammelt hatte. Sie nahm jedes in die Hand und begutachtete es, um sich die Unterschiede und das Aussehen einzuprägen. Es konnte Leben retten und Rhuna war motiviert alles Wissen, was Yedan ihr vermitteln würde aufzusaugen, wie ein Schwamm das Wasser.
Die beiden Elfen wollten beinahe wieder aufbrechen, als der Sarier auf die Pflanzen einging, die Rhuna nicht voneinander unterscheiden konnte. Ihr Blick folgte seinen Bewegungen, als er eine der lilafarbenen Blüten abschnitt und zu ihr zurückkam. Neugierig betrachtete die Elfe eine der Schönheiten des Urwaldes, die einen sehr schnellen Tod verursachen konnte.
„Das ist Habersüß. Du erkennst es hier ganz gut, siehst du? Hier befinden sich vereinzelt schwarze Punkte, könnte man als Ungeziefer betrachten, ist aber ein Hinweis darauf, dass es Habersüß ist. Flügelkraut hat die Punkte nicht. Ansonsten sehen die Blüten identisch aus, das stimmt.“ Verstehend nickte Rhuna. So waren die Pflanzen also auseinander zu halten. Sie hob den Blick von den feinen Blüten und wäre beinahe mit ihrem Kopf gegen Yedans gestoßen. Ihr war entgangen wie nah sie einander gewesen waren. Sein Blick lag auf ihrem Gesicht. Rhuna machte die Nähe nicht wirklich etwas aus, doch Yedan schien diese völlig egal zu sein. Es gab bei dem Krieger keinen Abstand des Anstands wegen und das war schon … ein wenig ungewohnt.
Der Halbelf steckte ihr die Blume oberhalb des Ohres ins braune Haar und brachte die junge Elfe damit völlig aus dem Konzept. „Steht dir gut.“, sagte er mit einem Lächeln, das ihren Zustand nur befeuerte. Das Kompliment und alleine diese kleine Geste brachten Rhunas Herz dazu in einen anderen Rhythmus zu schlagen. In mancher Hinsicht mochte sie unbedarft und manchmal ein wenig naiv sein, doch in diesem Moment war es schwer nicht den Mann in Yedan zu sehen, der solche Gefühle in einer Frau auslösen konnte.
Ihre Wangen brannten und sie hoffte, dass sie bereits durch die starke Luftfeuchtigkeit so gerötet waren, dass ihm nichts auffallen würde. Vorsichtig tasteten ihre Finger leicht nach der Blume, die ihre braunen Locken verzierte. Hatte der Halbelf darüber nachgedacht, wie diese Geste auf sie wirken konnte? Ein Blick auf ihn ließ sie daran zweifeln, doch andererseits konnte sie diese Seite an ihm noch gar nicht durchschauen. Seine Bemerkungen ließen die Vermutung zu, dass er sich … seines guten Aussehens und seiner Wirkung bewusst war. Er war selbstbewusst. Anders als die Elfen ihres Dorfes, anders als Jórges. Und das war etwas, was Rhunas Aufmerksamkeit an sich ziehen konnte. Dennoch …
Es ist nur eine Blume, die er gepflückt hat, um mir den Unterschied zu Flügelkraut zu zeigen. Wieso hätte er sie verschwenden und wegwerfen sollen? Es lag wohl nahe, dass er ihr einen weiteren Zweck geben wollte., dachte Rhuna und schlussfolgerte, dass sie in all das zu viel hineininterpretierte. Es war ‚nur‘ eine Blume. Auch wenn sie sich darüber mehr gefreut hatte, als hätte man ihr einen silbernen Armreif geschenkt.
„Das sagst du doch zu jeder!“, sagte sie neckend und lachte, um das Thema damit zur Seite zu schieben. Die beiden verweilten nicht länger und zogen somit weiter. Natürlich huschten immer wieder Gedanken über Yedan durch ihren Kopf. Sie versuchte Schlau aus ihm zu werden, Puzzelteile zusammenzusetzen, doch im Grunde musste sie einfach nur Zeit vergehen lassen.
„Mir ist da etwas aufgefallen.“, unterbrach sie die Stille ihres Weges und kletterte über einen umgefallenen Baumstumpf, der ihren Pfad durchkreuzte. „Jedes Mal, wenn du etwas von einer Pflanze abschneidest, murmelst du etwas…!“ Ihre Finger wanderten zu ihrem Ohr und fixierten die Habersüßblüte erneut, als sie mit einem Sprung auf den Boden zurückgekehrt war.
Ihre Ohren vernahmen das Rauschen von Wasser. Es dauerte nicht mehr lange und sie traten an das Ufer eines Flusses, der den Wald in zwei Bereiche aufteilte. Die Luft fühlte sich etwas frischer an, doch haftete stets Feuchtigkeit an den beiden Elfen, dank der Hitze und großen Luftfeuchtigkeit. Rhuna hatte nicht wirklich die Auswahl an passender Kleidung dabei. Nur ob sie dies in nächster Zeit ändern könnte war fraglich.
„Eine Pause klingt gut!“, sagte Rhuna und legte ihre Tasche ab. Einen Moment kniete sie sich zu dieser, öffnete sie und legte die Blüte, die über die Zeit ihres Marsches zu welken begonnen hatte zwischen die Seiten ihres Buches.
Verlieren möchte ich sie dann auch nicht… Das Buch mit einem kleinen Lächeln schloss sie vorsichtig und fand zurück an ihren Platz in der Tasche. Anschließend erhob sich Rhuna wieder und streckte sich ausgiebig.
Der Blick ihrer violetten Augen wanderte zu Yedan, dem die Anstrengungen dieses Mal ebenfalls anzusehen waren. Selbst Raji schien die Hitze leid zu sein und erfrischte sich am fließenden Wasser.
Rhuna zog ihre Stiefel aus und lief barfuß ans Wasser, tauchte ihre Füße hinein und genoss das kalte Gefühl. Sie sah zum anderen Ufer und sah sich ein wenig um.
Ob wir hinüberschwimmen werden? Ich sehe keine anderen Möglichkeiten und eine Brücke wird es wohl nicht geben., vermutete sie in Gedanken. Die brünette Elfe ging ein wenig weiter bis zu den Knien hinein und sah ins Wasser vor sich.
„Yedan?“, rief sie ihren Begleiter und sah sich kurz nach ihm um. „Ist die Strömung hier stark?“ Daheim war Rhuna in den Seen häufiger geschwommen. Doch eine Flussströmung war ihr unbekannt. Derzeit empfand sie diese als normal, doch der Schein konnte trügen. Das wusste sie von daheim.
Ihr Blick wanderte wieder vor sich ins Wasser und traf auf 3 schwarze Augenpaare, die ihr entgegensahen.
„Wa-ahh…!!!?“ Damit nicht rechnend, geriet die Elfe vor Schreck und durch den schlammigen Boden ins Taumeln und mit einem Platschen fiel sie Rückwärts ins Wasser. Da sie nur knietief in den Fluss gewatet war, kam Rhuna schnell in Kontakt mit dem Boden und tauchte wieder auf. Vor ihr sprangen aus dem Wasser drei Flossenmonster und tauchten mit einem geckernden Ton wieder in den Fluss, nur um ein paar Meter weiter ihre Köpfe wieder auftauchen zu lassen. Die Knopfaugenpaare sahen ihr entgegen.
Rhuna saß durchnässt im Fluss und sah den drei Monsterchen entgegen. Flossenmonster waren ihr nicht unbekannt und sie hatte auch keine Angst vor ihnen, doch sie waren so plötzlich aufgetaucht, dass sie sich einfach erschreckt hatte. Geckernd schienen die drei Wesen die Elfe auszulachen. Und auch in ihr löste sich plötzlich ein Lachen.

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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Erzähler » Sonntag 21. August 2022, 00:00

„Ich hoffe du erklärst mir mehr, wenn wir angekommen sind und ich die Aufgabe erfüllen soll. Momentan hört es sich für mich so an, als würde ich mich irgendwie würdig beweisen müssen. Ihr Sarier reagiert laut dem, was gesprochen wird, sehr empfindlich darauf, wenn jemand den Bäumen des Waldes schadet. Wahrscheinlich kann eine Außenstehende, wie ich es bin, die Beziehung nicht einmal verstehen, aber ich wäre dankbar, wenn du mir auf dem Weg erzählst, worauf ich aufpassen sollte. Ich will nicht respektlos handeln…“ Er hob die Augenbrauen an und musterte sie überrascht. Die Worte wirkten scharf, doch Yedan lächelte kurz darauf wieder. „Das kann man nicht erklären. Du musst es sehen und erleben, aber keine Sorge. Ich würde dich nicht in ein offenes Messer laufen lassen!“, meinte er wahrheitsgemäß und nickte ihr noch mal nachdrücklich zu, damit sie verstand, dass er sie nicht mit Absicht im Dunkel lassen würde. Wieder ein Stein im Brett seiner Persönlichkeit. Nicht nur achtsam mit ihr und ihrem Können oder Wissen, sondern auch empathisch genug, sie nicht vor den Kopf stoßen zu wollen. Ein ungehobelter Waldschrat war er definitiv nicht. Er kam auf ihre Frage zurück, wie er zu Raji’s Begleitung gekommen war. Dass sie von einer romantisch-verklärten Version ausging, machte er gleich mit den ersten Worten zunichte. Deutlich waren die Spuren erkennbar und Rhuna’s inzwischen durchaus geschultes Auge, erfasste die Schwere der Verletzung schnell. Als sie jedoch nähertrat und ihn sogar berührte, war er es, der überraschte auf sie niederblickte. Folgsam senkte er seinen Kopf etwas ihrem Blick entgegen und ließ sie gewähren. Ihre Nähe registrierte der Halbelf durchaus, während er abwartete, bis sie einen Eindruck von seinen Worten gewinnen konnte. Auch er bewegte sich nicht von ihr weg, als sie neben ihm stehen blieb. „Wie… hast du es geschafft das zu überleben? Der Panzer eines Mantis ist so hart, dass keine Klinge ihn durchdringen kann.“ Yedan richtete sich wieder auf und musterte sie. „Das ist eine andere Lektion.“, meinte er ernst. „Du hast Recht – es ist schier unmöglich und dennoch… Alles hat eine Schwachstelle. Bei Mantissen ist es der Kopf – merk dir das gut, Rhuna!“, mahnte er sie. „Der Kopf ist ungeschützt, halte dich im Falle des Falles nicht mit anderen Körperteilen auf.“. „Es ist ein Wunder, dass du überhaupt wieder auf die Beine gekommen bist. Der Blutverlust muss stark gewesen sein!“
Jetzt wandte Yedan den Blick auf einen unbestimmten Punkt im Urwald. Die Erinnerungen an diese Zeit mussten noch sehr lebhaft sein, jedenfalls konnte Rhuna erkennen, dass er sich die Bilder ins Gedächtnis rief. „Ich hatte Hilfe…“, eröffnete er ihr gedankenverloren. „Es ist alles sehr verschwommen, aber da war eine Frau, die mir geholfen hat.“, murmelte Yedan und konnte die Fetzen nicht richtig greifen. „Ich war im Delir durch den Blutverlust, wie du richtig erkannt hast. Trotzdem erinnere ich mich an ihr Gesicht. Ihren Namen kenne ich nicht, aber sie blieb an meiner Seite und heilte meine Wunden insoweit, als dass ich überlebte. Dann war sie verschwunden. Ich allerdings soweit wieder hergestellt, dass ich mir selbst helfen konnte.“, erzählte er Rhuna aufgeschlossen. Er lächelte die Shyáner offen an. „Die Wälder sind nicht nur voller Schrecken. Sie sind auch voller Wunder!“, meinte er und zeigte ihr unbeabsichtigt, wieso er noch immer in der Natur lebte. Ihrer Geschichte begegnete er mit einem Grinsen. „Das sind doch die besten Freundschaften oder nicht?“, fragte er neckend. Danach kehrten sie wieder zu ein wenig mehr Professionalität zurück und Yedan setzte seinen kleinen Unterricht fort.

Nachdem sie ihm ihre Ausbeute präsentiert hatte, kam er erneut dicht an sie heran und wirbelte ein wenig ihre Sinne durcheinander. Ob das beabsichtigt war? Oder war er so unbedarft? Erneut gab es Widersprüche, die sie bis jetzt noch nicht ergründen konnte, auch weil er sie ein wenig durcheinanderbrachte. Nur um sie im nächsten Moment noch mehr zu verwirren, als er ihr das Habersüß ans Ohr steckte. Ihre Blicke trafen sich und seine Lippen umspielte ein feines Lächeln. Es war ein…Moment. Auch er hatte innegehalten und sonnte sich in ihrem Blick. Das Kompliment kam ihm einfach über die Lippen, was nicht bedeutete, dass er es leichtfertig dahinsagte. Ihrem Kommentar begegnete Yedan nur mit einem Grinsen, das wieder mal alles bedeuten konnte. Er ließ sich so einfach nicht in die Karten schauen, sondern setzte ihren gemeinsamen Weg wieder fort. Nach einem Moment des Gehens, verfolgte Rhuna wieder unverfänglichere Themen und sprach Yedan auf sein Gemurmel an. Er sah knapp über seine Schulter, als sie den Baumstamm hinuntersprang. „Ich danke Florencia und Phaun für ihre Gaben.“, antwortete er und griff etwas auf, was sie bereits zuvor angesprochen hatte. „Wir Sarier glauben, dass sie in allem sind, in allem leben und wenn wir also einen Teil von ihnen nehmen, dann danken wir und zahlen es bei Gelegenheit wieder zurück. Manchmal tauschen wir auch… dann lege ich etwas von mir hin und nehme mir das, was ich brauche.“, erläuterte er einen ihrer Bräuche.
Kurz darauf trafen sie endlich am Fluss Euwin ein. Das Ufer war deutlich zurückgegangen und man konnte erkennen, dass der Fluss sonst durchaus mehr Wasser führte. Allerdings hatte es in der letzten Zeit kaum geregnet. Das Plätschern allein vermochte schon den Geist zu erfrischen und Rhuna nutzte die Gelegenheit, auch ihre vom Marsch angestrengten Füße zu erfrischen. Yedan beobachtete sie einen Moment dabei und wog einige kleine Kiesel in seiner Hand, die er kurz zuvor aufgesammelt hatte. Raji schlabberte das Wasser und ließ sich nur kurz mit einem Blick zur Elfe stören, ehe er weiter trank. Als sie ihn rief, blickte Yedan auf und wollte gerade antworten, als sie plötzlich aufschrie. Sofort spannte sich der Halbelf an, um ihr augenblicklich zur Hilfe zu eilen, als sie auch schon auf ihren vier Buchstaben im Wasser landete. Weil er die Situation nicht erfassen konnte, kam Yedan zügig zu ihr ins Wasser gelaufen und hatte sein Messer im Anschlag. Er stand Gewehr bei Fuß vor der nassen Elfe, um sie gegen alles zu verteidigen, was sich erdreistete, ihr Leid antun zu wollen. Selbst Raji stand näher und mit erhobenen Ohren bereit. Yedan suchte die Wasseroberfläche ab und als er die vorwitzigen Flussmonster betrachtete, entspannten sich seine Muskeln wieder. Er ließ das Messer sinken und als Rhuna in seinem Rücken schallend anfing zu lachen, wandte er sich zu ihr um. Für einen Moment genoss er ihren herzlichen Anblick sehr, ehe er ebenfalls tief aus der Brust heraus lachte und auf ihre Höhe zurück watete.

Kurzerhand und ohne viel Umschweife, ließ sich Yedan neben Rhuna einfach so nieder und durchtränkte somit auch seine Kleidung. Er winkelte die Beine so an, dass seine Arme gemütlich Platz auf seinen Knien fanden und betrachtete die mäßige Fließgeschwindigkeit des Flusses. „Ahh… es geht doch nichts über eine kleine Abkühlung im Fluss oder was meinst du?“, grinste er sie frech von der Seite her an. Yedan betrachtete Rhuna schmunzelnd und ließ den braunen Blick einmal über das klitschnasse Gesicht und weiter über ihre Gestalt wandern. „Ich schätze, somit haben wir für heute unser Ziel erreicht. Du kannst noch etwas baden, ich werde mich mal ums Feuer kümmern. Oder möchtest du das übernehmen?“, fragte er und tauchte seine Hände in das Flusswasser. Er begann tatsächlich sich dieses wieder ins Gesicht zu klatschen und wusch sich den gröbsten Schmutz ab, der bei Reisen durch den Dschungel nicht ausblieb. Er wischte sich Kinn und Mund an seinem Bizeps ab, als er wieder zu der Shyáner sah. „Hast du überhaupt noch etwas anzuziehen?“, wollte er plötzlich wissen und schien sich daran zu erinnern, dass sie bereits gestern eine Garderobe nicht trocknen konnte. Die Sonne stand derweil tiefer und hier war das Blätterdach ein wenig durchbrochen, sodass die Strahlen auf die Wasseroberfläche treffen konnten. Glitzernde Punkte tanzten darauf und ab und an schimmerten bunte Fische auf. Yedan erhob sich und das Wasser plätscherte an ihm hinunter. Seine dunkle Hose hatte sie ebenfalls vollgesogen und drückte sich wie eine zweite Haut an seine Beine. Jetzt war gut zu erkennen, dass er schlank aber muskulös gebaut war. Gleichzeitig perlten Wassertropfen an seinem Oberkörper hinab, als würden diese die Reise genießen! Quälend langsam. Er strich sich die dunklen Haare nach hinten, wie er es oft tat und reichte Rhuna daraufhin die Hand, zum Aufstehen, wenn sie wollte. „Wir schlagen hier unser nächstes Lager auf. Morgen sehen wir, ob wir den Fluss überqueren wollen oder noch ein Stück an ihm entlanggehen.“, beantwortete er ihr ihre Frage von vor dem Sturz. „Hast du dir eigentlich wehgetan?“, wollte er dann aber doch wissen. Mitunter konnten Steine im Flussbett liegen. „Also- Feuer oder Essen. Was willst du tun?“, hakte er noch mal nach und stand, die Hand ausgestreckt über ihr im Fluss.
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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 21. August 2022, 12:09

„Das kann man nicht erklären. Du musst es sehen und erleben, aber keine Sorge. Ich würde dich nicht in ein offenes Messer laufen lassen!“ Wirklich schlau wurde Rhuna aus diesen Worten nicht. Doch manchmal musste man etwas als gegeben akzeptieren und so würde sie Geduld beweisen müssen. Und Vertrauen … Yedan hatte sie noch nie im Stich gelassen.
Auf seine Aussage nickend wanderte sie neben ihm her, weiter in Richtung des Flusses. Zumindest bis ihr Begleiter ihre Frage beantwortete und von seinem Kennenlernen mit Raji berichtete. Diese Geschichte mahnte einen erneut niemals die gefährliche Seite des Urwaldes zu vergessen. Selbst jemand wie Yedan, der in ihren Augen so wirkte, als würde er alles schaffen und bezwingen können, konnte in Lebensgefahr geraten. Seine Narben zeugten davon.
Rhuna betrachtete sie eingehend und ihre Gedanken rekonstruierten den Kampf zu den sichtbaren Spuren auf seinem Körper. Er hielt dabei völlig still und ließ sie gewähren, bis die Elfe ein paar Augenblick später von ihm abließ. Es war für sie noch immer schwer zu begreifen, wie er diese Ansammlung von Gefahren überlebt hatte.
„Du hast Recht – es ist schier unmöglich und dennoch… Alles hat eine Schwachstelle. Bei Mantissen ist es der Kopf – merk dir das gut, Rhuna! Der Kopf ist ungeschützt, halte dich im Falle des Falles nicht mit anderen Körperteilen auf. Ein Ratschlag, den die Elfe beherzigen würde, doch sie zweifelte bereits, ob sie überhaupt die Gelegenheit bekommen würde sich zu wehren.
„Ich bete zu Phaun, dass mir eine solche Begegnung erspart bleibt.“ Glücklicherweise wurden Mantisse selten gesichtet, doch lag es vielleicht einfach nur daran, dass nicht viele den Urwald durchquerten und von Begegnungen berichten konnten? Was hatte zum Beispiel den Dunkelelfen getötet? Laut Yedan waren es weder er, noch Raji.
Der Sarier erzählte Rhuna von seiner ‚Retterin‘, die sich um seine Verletzungen gekümmert hatte. Seinen Blick konnte sie nicht deuten, als er in Gedanken an diese vergangenen Tage versank.
„Die Wälder sind nicht nur voller Schrecken. Sie sind auch voller Wunder!“ Yedan sah sie lächelnd an das sie sanft erwiderte. Ja, eben solch ein Wunder sah die junge Elfe in ihm. Ohne den Sarier stände sie nicht hier und hätte keine Gelegenheiten bekommen ihre Vorhaben in die Tat umzusetzen. „Du hast recht!“, bestätigte sie.

Nachdem Yedan ihr das Habersüß ans Ohr gesteckt hatte gingen sie weiter. Rhunas Herz beruhigte sich wieder, doch hin und wieder, wenn ihr Blick auf ihren Begleiter fiel, konnte sie nicht umhin über ihn zu rätseln. Sie wurde nicht schlau aus ihm. Er verwirrte sie, wie es bisher niemand getan hatte. Es war nicht das erste Mal, dass man ihr eine Blume geschenkt hatte. Worin lag also der Unterschied? Eine klare Antwort konnte sich die Elfe nicht bilden. Sie wusste nur, dass ihr, bei der Erinnerung an seinen Blick, der diesen einen Moment den ihren gefangen gehalten hatte, ziemlich warm wurde.

Am Fluss angekommen kamen sie alle ein wenig zur Ruhe, als sie beschlossen zu rasten. Rhuna kühlte sich ein wenig im Wasser ab und machte sich Gedanken darüber, wie sie auf die andere Uferseite kommen würden, als die kleinen Flussmonster die Elfe ausreichend erschreckten, so dass sie rückwärts in den Fluss fiel. Ihr Kopf tauchte dabei kurz unter, doch ihre Hände und ihr Hinterteil bekamen schnell Kontakt zum schlammigen und doch von Kies durchsetzen Boden, so dass sie sich schnell wieder aufrichten konnte. Ihr Violett starrte erschrocken vor sich und erhaschte einen Blick auf die Flussmonster. Keine Sekunde später schob sich auch Yedans Gestalt schützend vor sie und mit klopfendem Herzen begriff Rhuna langsam die Situation. Ein durch den Schreck und die darauf folgende Erleichterung verstärktes Lachen brach aus der Elfe heraus. So etwas konnte auch nur ihr passieren! Doch wirklich unangenehm war ihr der Vorfall nicht. Ehrlich gesagt wusste sie nicht, wann sie das letzte Mal so herzlich hatte lachen müssen. Es war ein so befreiendes Gefühl, das sie eine kleine Weile brauchte, um sich wieder zu beruhigen. Erst recht, als auch Yedan die Situation erfasste und in ihr Lachen mit einstimmte. Die Flussmonster sprangen noch ein paar Mal aus dem Wasser umeinander herum, bevor sie in den Tiefen verschwanden und nicht mehr zu sehen waren.
Rhunas Körper wurde hier und da von dem Abklingenden Lachen noch einmal geschüttelt, als sie neben sich aufwühlendes Wasser vernahm, das Yedan erzeugte, als er sich neben sie niederließ. Ihr Gesicht zierte noch immer ein Lächeln, als sie ihn ansah. Ihr Bad war unfreiwillig gewesen, doch er schien ihr bereitwillig Gesellschaft zu leisten und sich nicht darum zu kümmern, dass seine Sachen ebenso durchtränkt wurden, wie die ihren.
„Ahh… es geht doch nichts über eine kleine Abkühlung im Fluss oder was meinst du?“, fragte der Sarier Rhuna mit einem frechen Grinsen, woraufhin sie ihn schmunzelnd, mit einer Bewegung ihrer Hand einmal mit Wasser bespritzte.
„Ich konnte es einfach nicht erwarten!“, ging sie auf seinen Scherz ein und kicherte kurz. Durch das Lachen schwirrten einige Glückshormone durch ihren Körper, die die Elfe äußerst heiter stimmten. Sie holte einmal tief Luft und legte für einen Moment den Kopf in ihren Nacken. Das hatte wirklich gut getan, auch wenn es unerwartet gekommen war.
Sie sah wieder zu Yedan und bemerkte, wie sein Blick über ihre nasse Gestalt huschte. Der Fluss umfing den größten Teil ihres Unterkörpers, von den Bereiche, die über der Oberfläche waren, tropfte das Wasser hinab und ihr Kleid klebte auch an ihr, wie eine zweite Haut.
„Ich schätze, somit haben wir für heute unser Ziel erreicht. Du kannst noch etwas baden, ich werde mich mal ums Feuer kümmern. Oder möchtest du das übernehmen?“, fragte der Halbelf und begann sich gleich darauf ebenfalls zu waschen. Rhuna sah für einen Moment stumm zu und stützte ihre Arme auf ihre leicht angewinkelten Knie. Diese Situation hätte ihre Mutter niemals gutgeheißen und wahrscheinlich in einen Zustand versetzt, den sich die junge Elfe lieber nicht vorstellen wollte.
Ihr machte es … nichts aus. Es war nicht so, dass sie nicht auch mit ihren Brüdern schon mal in den Seen der Täler baden gewesen war. Das hier war ähnlich und doch nicht völlig gleich. Was das wohl über sie aussagte? Yedan war nur ins Wasser gegangen, weil er geglaubt hatte sie beschützen zu müssen. Das wurde ihr in diesem Moment bewusst und führte ihr wieder einmal vor Augen, dass sie dem Halbelfen vertrauen konnte.
„Nein, ich helfe dir. Sonst lerne ich es nie.“, antwortete Rhuna und traf seinen Blick, als er sich ihr wieder zuwandte. Sie schenkte ihm ein sanftes Lächeln, doch als er sie nach ihrer Garderobe fragte, änderte sich ihr Ausdruck. Da sprach er gerade etwas an …
„Nicht wirklich…! Zumindest nichts, was trocken ist.“, gab die Elfe zu und sah kurz etwas ratlos an sich hinab. Yedan seinerseits stand auf. Das Wasser lief in kleinen Rinnsalen an seinem Körper hinab. Durch die Bewegung sah sie nun zu ihm hinauf. Seine schlanke und zugleich muskulöse Gestalt fiel ihr nicht das erste Mal auf, doch nun konnte sie diese noch besser erkennen, als zuvor. Was doch eine kleine Verlegenheit in ihr auslöste und sie daran erinnerte, dass es bei ihr nicht anders sein würde. Sobald Rhuna aufstand, würde kleine Luft den Stoff umspielen. Das nannte man wohl eine Zwickmühle.
Yedan schien sich keine Gedanken darüber zu machen, sondern hielt der nassen Elfe seine Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. Einen Moment zögerte sie und sah von seiner Hand in sein Gesicht. Seine Haare waren wieder zurückgestrichen und sie konnte erneut die Züge mustern, die normal unter ihnen verborgen lagen.
„Wir schlagen hier unser nächstes Lager auf. Morgen sehen wir, ob wir den Fluss überqueren wollen oder noch ein Stück an ihm entlanggehen.“
„Wäre es nicht sinnvoll, wir überqueren noch heute den Fluss? Ich meine jetzt, wo wir schon einmal nass sind?“, fragte sie, dankbar für die Ablenkung von seiner Person und ließ sich dann aufhelfen. Wie erwartet ließ ihr nasses und am Körper klebendes Kleid wenig Raum für Spekulationen über ihre Gestalt, wie es auch bei seiner Hose der Fall war. Und so standen sie sich nun gegenüber. Dieser Moment fühlte sich intimer an, als er wohl sollte und so einfach konnte sich die Brünette die Verlegenheit nicht aus- oder schönreden. Bei Yedan zu sein fühlte sich völlig natürlich und unbeschwert an, doch es gab auch Momente, wie diesen, in denen sie sich der Verfänglichkeit und Zweideutigkeit bewusst wurde.
„Hast du dir eigentlich wehgetan?“, fragte er mit völlig unbedarfter Stimme und sie schüttelte mit dem Kopf, ohne es tatsächlich zu kontrollieren. Sie stand erneut vor einer Zwickmühle, denn wenn sie Abstand zwischen sie brachte, würde er einen viel besseren Blick auf sie haben. Doch weiterhin so nah bei dem Halbelfen zu stehen, schürte nur ihre Nervosität, die sie gerade gar nicht empfinden wollte.
Kurzerhand schritt sie um ihn herum und deute ihn sachte mit den Händen an seinem Rücken in die andere Richtung.
„Ich zieh mich um und komme gleich nach.“ Rhuna scheuchte ihn freundlich fort und machte dann einfach das Naheliegenste, das sie in diesem Moment eben tun konnte. Viele Möglichkeiten blieben der jungen Elfe nicht sich zu bedecken und so griff sie auf ihre pragmatische Natur zurück. Ihr anderes Kleid war zumindest nur noch klamm und wäre daher eine bessere Alternative, als ihr völlig durchtränktes, das sich das anfühlte, als hätte sie nichts am Leibe.
Kurzerhand holte Rhuna eben dieses, das deutlich zerknittert war und verschwand hinter ein paar Büschen, um die Kleider zu wechseln. Ihr tropfnasses Kleid wrang sie aus und betrachtete es.
Yedan hat nicht einmal etwas zum Wechseln dabei. Es ist wohl besser die Umstände einfach zu ignorieren. Ob ihr dies gelingen würde, war eine andere Sache. Sie versuchte mit den Fingern die Knoten in ihren Haaren wenigstens ein wenig zu lösen und strich immer wieder durch diese hindurch, blieb hier und da hängen und wiederholte es so oft, bis sie sich sicher war, dass sie nicht mehr völlig in Unordnung lagen. Wie bereits gestern drehte Rhuna sie zu einem unordentlichen Zopf am oberen Hinterkopf zusammen und fixierte sie mit einem kleinen Stock. Als sie auf den Boden sah, fiel ihr ein Kraut auf, zu dem sie sich bückte und es einen Moment nachdenklich betrachtete, bevor sie es pflückte.
So kehrte die Elfe, in dem leicht knittrigen und klammen Kleid, zu Yedan zurück. Sollte sie ihm jemals anständig zurechtgemacht gegenübertreten, würde er die junge Elfe sicher nicht einmal erkennen.
Sie lächelte ihm leicht entgegen. „Ich kümmere mich erst einmal um das Feuer. Wenn es die Zeit hergibt würde ich dir aber gerne helfen … essen zu besorgen.“ Was natürlich länger dauern würde, sollte Yedan vorhaben zu jagen oder zu fischen.
„Yedan, ich habe das hier gefunden.“, sagte sie und hielt ihm ein Büschel von Katzenminze entgegen, das tatsächlich dank der vielen kleinen lila Blüten hübsch anzusehen war.
„Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich dachte, vielleicht würde Raji sich darüber freuen…?“ Rhuna versuchte zumindest auch mit dem Tiger auszukommen, der bisher weniger begeistert von ihr war. Doch ob ein Tiger den Geruch als angenehm empfand, wie andere Katzenarten wusste sie nicht. Sie lächelte ihrem Begleiter ratlos entgegen und zuckte leicht mit den Schultern.
Sollte der Tiger sich nicht darüber freuen, wusste sie zumindest noch andere Verwendungsmöglichkeiten. Sollte Yedan ihren Verdacht verneinen, würde sie sich einfach direkt auf die Suche nach Feuerholz machen.

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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Erzähler » Sonntag 21. August 2022, 14:09

„Hey!“, beschwerte er sich wenig ernstgemeint, als sie ihn mit Wasser bespritzte. Er wischte sich die Tropfen aus seinem Gesicht und lächelte gutgelaunt. „Habe ich gemerkt!“, rief er ausgelassen und lachte abermals auf. Während sie zu Atem kam, musterte Yedan Rhuna intensiver. Er machte das häufiger mal und jedes Mal war der Blick nicht recht zu deuten. Allerdings schien es durchaus so, dass er die Zeit mit Rhuna ebenso genießen konnte, wie sie mit ihm. Auch er verhielt sich natürlich und deutete damit an, dass er sich zumindest nicht unwohl fühlte. Auch wenn Yedan noch eine Spur verschlossener war als die Shyáner Elfe. Wobei er das nicht aus Kalkül zu tun schien, sondern vermutlich aus erlernter Vorsicht, die Rhuna bisher nicht kennengelernt hatte. Dass sie in Yedan offenbar jemanden gefunden hatte, der ihr diese natürliche Naivität verzieh, blieb nur als Glück zu bezeichnen. Irgendwann würde sie sicher an jemanden geraten, bei dem ihr gutes Herz und ihre offene Art nicht so aufmerksam behandelt würden. Yedan erinnerte Rhuna daran, dass sie nun nichts mehr dabei hätte, was trocken wäre und versetzte sie in eine eher unangenehme Situation. Er schien sich keine Gedanken darüber zu machen, dass seine Hose nun ein gutes Stück enger anlag und ihr damit Aussichten verschaffte, die Celest einen Herzinfarkt beschert hätten. Auch Rhuna zögerte als ihr das klar wurde. Ihr würde es ebenso gehen und doch musste sie irgendwann aus dem Wasser. Sie konnte ja nicht ewig darin sitzen. Und Yedan erneut allein losziehen lassen, um sich um das Lager zu kümmern, konnte sie irgendwie auch nicht. Sie hatte ja verlangt, dass er sie einwies in das Leben. Doofe Situation, soviel stand fest. Geduldig wartete der Halbelf, bis sich Rhuna doch entschloss, seine Hand anzunehmen. Er half ihr hoch und verlor ein wenig das Gleichgewicht, aufgrund der Schwere des Wassers, sodass sie beieinanderstanden und einander ansahen. Schon wieder. Yedan’s Braun schaffte es nicht, dem Blick zu widerstehen. Es rutschte an ihrer Gestalt herunter, wie bereits in der Oase und wieder hinauf. Flackerte da etwas in seinem Blick auf?! Oder war das die Sonne gewesen? Wie auch immer, Rhuna wollte dem reichlich intimen Moment entfliehen und brach die Situation auf, indem sie um ihn herumging und ihn mit sanftem Druck weglotste. Er grinste spitzbübisch: „He! Man wird doch wohl noch mal…“, begann er und sah ihr leise lachend nach, als sie aus dem Wasser watete und sich eilig mit einigen Kleidungsstücken hinter einen Busch zurückzog. Rhuna kümmerte sich so gut sie konnte, um ihre derangierte Garderobe und musste feststellen, dass ein Kleiderkoffer gar nicht hätte groß genug sein können. Alle Eventualitäten konnte man wahrlich nicht abdecken und da das Klima des Urwaldes nicht geeignet war, um pausenlos Wäsche zu trocknen, kam sie schneller an ihr Limit, als ihr lieb gewesen wäre.

Trotzdem, sie machte das beste aus der Situation und bemühte sich um so viel Ordnung wie es ihre Erziehung gebot und der Urwald zuließ. Was nicht viel war. Mit einem provisorischen Dutt und einem knitterigen Kleid, trat sie, ein paar Blumen in der Hand, aus dem Busch hervor. Yedan stand am Ufer noch immer im Wasser und schaute auf keinen bestimmten Punkt. Er hatte wohl auf sie gewartet, wie sie gebeten hatte. Erst, als sie ihn ansprach, kam er aus dem Wasser und schien sich an seiner nassen Hose nicht zu stören. Lag wohl auch daran, dass er nichts zum Wechseln hatte. Allerdings war Yedan das ein oder andere mehr gewohnt, was den Urwald oder generell Wälder und das Leben in freier Natur betraf. Er wusste, irgendwann würde seine Hose wieder getrocknet sein und offenbar behinderte ihn der nasse Umstand nicht in seinen Bewegungen. Der Halbelf betrachtete die Katzenminze in Rhuna’s Händen und bekam plötzlich große Augen. „Rhu…“- begann er noch, doch da war es schon zu spät: Neben ihr tauchte der Tiger auf und schabte seinen Kopf gegen ihre Hüfte, wandte ihn nach oben in Richtung Minze in ihrer Hand und schnupperte wie wild nach dem betörenden Geruch. Raji drängelte Rhuna regelrecht und lehnte seinen massigen Körper gegen ihre zarte Gestalt. Bis er sich aufbäumte und mit beiden Pfoten ihren Arm mit der Minze umklammerte und zu sich hinunterzog. Rhuna konnte allerdings spüren, dass der Tiger keine Krallen einsetzte. Weich waren die Pfoten der Großkatze auf ihrer Haut, wenngleich auch sicherlich etwas beängstigend. Yedan kam auf die beiden zu und versuchte Rhuna’s Aufmerksamkeit zu bekommen. „Wirf es bloß weg!“, meinte er warnend, auch wenn sie anhand seiner Stimme und seines Ausdruckes erkennen konnte, dass sie nicht in Gefahr schwebte. „Sonst walzt er dich noch platt vor Wonne!“, grinste er. Sobald Rhuna Raji das Kraut überlassen hätte, würde der Tiger es schnappen, sich ein Stück weglegen und damit herumspielen, es abschlecken und schmusen. Er war zumindest erstmal beschäftigt. Yedan lachte leise. „Gute Idee…“, pflichtete er ihr bei, während er neben ihr zum Stehen kam und Raji beobachtete. „Komm, wir lassen die beiden allein!“, grinste er und zog Rhuna am Ärmel ihres ‚neuen‘ Kleides mit sich. „Wir gehen gemeinsam. Ich überlasse dir das Suchen, trage aber gerne die Last. Und danach gehen wir zusammen jagen!“, meinte er. Der Tag war noch früh, der Abend würde erst in ein zwei Stunden wirklich einsetzen. Sie hatten also Zeit, das Feuer vorzubereiten, um sich dann gemeinsam in der Dämmerung, auf die Lauer zu legen. Rhuna durfte dabei entscheiden, ob sie angeln wollte oder lieber mit dem Bogen jagen. Er würde ihr die Entscheidung zugestehen und ihr dementsprechend das Werkzeug anvertrauen.
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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 21. August 2022, 17:18

Keiner der beiden konnte wissen, wie sie zueinander stehen würden, hätten sie sich woanders kennengelernt. Rhuna hatte in erster Linie gar keine andere Wahl gehabt, als Yedan zu vertrauen. Sie hatte Hilfe benötigt und er hatte sich ihrer angenommen. Es war Glück, dass sie an jemanden mit einem guten Herzen geraten war. So verklärt oder naiv war die Elfe nicht, dass sie das nicht wusste. Das Schicksal hätte ihr in vielerlei Hinsicht übel mitspielen können. Viel mehr als ihr strapazenreicher Spaziergang durch den Dschungel. Sie wäre ohne das Eingreifen des Sariers nicht einmal mehr am Leben.
Wie sich Rhuna anderen Fremden gegenüber verhalten würde, müsste sich daher zeigen. War sie misstrauisch genug, oder würde sie ein leichtes Opfer für vielerlei Leute darstellen? Zurzeit musste sie sich darüber keinen Kopf machen. Yedan war an ihrer Seite und solange er es war, konnte sie von ihm lernen, so dass sie den nächsten Herausforderungen in der Welt besser vorbereitet entgegentreten konnte.

Yedan half Rhuna beim Aufstehen und verlor dabei selbst beinahe das Gleichgewicht. Sie fanden Halt aneinander, standen aber nun sehr nah beisammen. Einen Moment verweilten sie so, sahen sich in die Augen, bis sein Blick auf Wanderschaft ging. Der Elfe blieb dies nicht verborgen – fiel es ihr doch ebenfalls schwer ihre Blicke nicht in tiefere Regionen zu richten. Seine Blicke, in diesem sehr intim wirkenden Moment, auf sich zu spüren löste verschiedene Gefühle in ihr aus. Was dachte er, wenn er sie so ansah? Wenn sein Braun so … flackerte, oder war dies tatsächlich die Spiegelung der Sonne im Wasser gewesen?
Rhuna entfloh der Situation, als sie ihn mit sanften Druck in die andere Richtung lotste. Sein Grinsen war dabei schwer zu übersehen und natürlich fühlte sich die Elfe dadurch in ihrem Gedankenwirrwar bestätigt. Yedan war sich der Verfänglichkeit der Situation sehr wohl bewusst gewesen.
„He! Man wird doch wohl noch mal…“, hörte sie ihn im Weggehen noch sagen, bevor er leise zu Lachen begann. Wie der Satz geendet hätte war nicht schwer zu erraten.
Nachdem sich Rhuna so gut es die Umstände zuließen zurechtgemacht hatte, kehrte sie mit der Minze zurück zum Halbelfen. Einen Moment zuvor hatte sie ihn stumm beobachtete, wie er noch immer am Ufer stand und aufs Wasser blickte. Sie ertappte sich bei dem Wunsch, ihn besser durchschauen zu können. Wie gerne würde sie wissen, was in seinem Kopf so vorging, doch das würde alles nur mit der Zeit klarer werden können. Wellen aufzuwirbeln brachte keine Klarheit.
Rhuna präsentierte ihm die gefundenen Kräuter für Raji und hätte diese ihm schon beinahe übergeben, als mit einem Mal der Tiger an ihrer Seite auftauchte und seinen großen und kräftigen Kopf an ihrer Hüfte rieb. Im ersten Moment hatte sie eine Mischung von Schreck und Überraschung erlebt, doch nun entfuhr ihr wieder ein kleines, wenn auch überfordertes Lachen. Die Stärke des Tieres schob die zierliche Elfe immer weiter mit dem Druck und es fiel ihr schwer das Gleichgewicht zu halten – besonders als Raji sich auch noch auf die Hinterbeine stellte und seine großen Tatzen um ihrem Arm schlang um noch näher an die Minze zu geraten.
„Wirf es bloß weg! Sonst walzt er dich noch platt vor Wonne!“ Yedans Stimme klang ebenfalls amüsiert und weil Rhuna solch einem prophezeiten Schicksal doch entgehen wollte, überließ sie dem Tiger das Büschel Kraut und erhielt gleich wieder ihre Freiheit zurück.
„Offensichtlich freut er sich doch!“, sagte sie und sah den Halbelfen lachend entgegen, froh der Großkatze eine kleine Freude gemacht zu haben und diesem Ansturm entkommen zu sein. Raji sah derzeit wie ein zu groß geratenes und verspieltes Schmusekätzchen aus.
„Komm, wir lassen die beiden allein!“, hörte sie Yedan sagen und spürte einen Zug am Ärmel. „Du hast recht, lassen wir ‚ihnen‘ die Zweisamkeit!“, bestätigte sie nur lächelnd und folgte ihm.

Zusammen machten sie sich auf die Suche nach Brennholz. Rhuna sammelte Geäst und Stöcke, so wie Laub und Yedan übernahm das Tragen von größeren Scheiten oder Ästen, die man gut nutzen konnte. So schafften sie es in kurzer Zeit genug Feuerholz zusammen zu tragen, dass sie die Nacht über nicht frieren würden.
An einer Stelle entdeckte Rhuna eine Bananenstaude, die eine reiche Ernte trug und dessen Stamm von Gewicht eines umgefallenen Baumes leicht gen Boden gedrückt wurde. Dennoch kam selbst der großgewachsene Halbelf nicht mit ausgestreckten Armen an die ‚Beute‘. Rhuna betrachtete die Entfernung und äußerte dann einen Vorschlag.
„Kannst du mich kurz hochheben?“ fragte sie und sah über ihre Schulter zum Sarier. Es gab wohl keine Frau, die sich wirklich wohl dabei fühlte, wenn man sie hochhob, doch hier ging es um ihr Abendessen. Rhuna war für eine Shyáner im Durchschnitt etwas kleiner und dank ihrer zierlichen Gestalt würde ihr Gewicht für jemanden wie Yedan wohl keine Schwierigkeit darstellen.
„Ich beeile mich auch…!“, versprach sie, als sich seine Hände schon um ihre Taille legten. Dank ihres Messers, das sie vorsorglich mitgenommen hatte, dauerte es tatsächlich nur ein paar Sekunden, die sie in der Luft verbringen musste. Doch als Yedan Rhuna wieder absetzte sah sie dennoch ein wenig verlegen drein. Mit einer Hand hatte sie sich etwas an seiner Schulter abgestützt, die sie nun losließ. In der anderen hielt sie die Traube an Bananen.
Noch einmal kehrten sie zum Lager zurück, bevor sie sich aufmachten die Hauptmalzeit zu beschaffen. Natürlich hätte die junge Shyáner Elfe gerne mit dem Bogen gejagt. Doch sie entschied sich an diesem Abend für eine Mahlzeit aus dem Fluss. Mitunter auch, weil sie wusste, dass ihr Umgang mit Pfeil und Boden nicht der Beste war.
„Bis ich den Pfeil anständig gespannt habe, ist die Beute schon längst über alle Berge…!“, gestand Rhuna mit einem verlegenen Lächeln.
Es gab auch im Fluss verschiedene Arten zu jagen. Speer, Angel, Netz oder Falle – alles konnte zum Erfolg führen. Der ein oder andere mochte sogar mit Pfeil oder mit bloßen Händen Fische fangen können. Für die Anfänge war eine Angel für Rhuna das Einfachste und Yedan zeigte ihr, wie sie mit wenig Aufwand eine Provisorische bauen konnte. Diese Methode für ein Essen zu Sorgen benötigte leider nur viel Zeit. Der Bau der Angel war nicht unbedingt das Problem. Selbst das Schnitzen eines Harkens gelang mit seiner Anweisung. Es war mehr das genaue Timing einen Fisch, wenn er denn mal anbiss herauszuziehen.
Es dämmerte bereits und die Wolken färbten sich im Lichte der untergehenden Sonne in verschiedensten Rot, Orange und Rosatönen. Es war ein wunderschöner Anblick, der sich ihnen bot, doch Rhuna konnte ihn nicht vollends genießen. Die drei Fische, die sie bisher gefangen hatten waren zum größten Teil Yedans Verdienst gewesen. Nach zwei Fehlschlägen hatte er sich hinter sie gestellt und ihre Bewegungen geführt, als ein Fisch anbiss. Und dank ihm konnten sie wohl doch noch ein Mahl genießen.
Es frustrierte sie doch, dass selbst Angeln, das so einfach aussah ihr nicht sofort gelang. Yedan hatte sich nicht über sie lustig gemacht, oder in irgendeiner Weise entmutigt, aber sie wollte ihm auch nicht ständig zur Last fallen. Wenn der Sarier sich schon die Mühe machte ihr alles zu erklären, wollte sie es auch… umsetzen können.
Ein leises Seufzen löste sich aus ihrer Kehle, als sie das letzte Mal den Köder ihre Angel ins Wasser warf. Ihr Blick wandte sich zu Yedan um, der seine Fänge zusammensammelte, weil sie aufbrechen wollten. Manchmal würde sie ihn gerne fragen, was er gerade dachte. Doch gerade war sie sich nicht sicher, ob sie seine Gedanken wissen wollte.
Plötzlich ging ein Ruck durch die Angel und Rhunas Aufmerksamkeit richtete sich auf den Fluss. Es ruckte noch einmal, dann zog sie an ihrer Rute und zog tatsächlich doch noch einen Fisch heraus. Die Elfe hatte nicht mehr damit gerechnet, doch Yedans Griffe hatten sich ihr doch eingeprägt, so dass sie am Schluss doch noch einen Erfolg feiern konnte.
„Yedan! Ich habe noch einen.“, rief sie ihm erleichtert lächelnd zu, nahm den Fisch vom Haken und lief ihm entgegen.

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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Erzähler » Montag 22. August 2022, 01:14

Die beiden Elfen suchten sich einen passablen Weg durch das Unterholz, um geeignete Äste und Zweige für ihr Lagerfeuer zu finden. Dabei hielt sich Yedan zurück, überließ es Rhuna sich die Äste auszusuchen und griff nur ab und an mal kurz ein, wenn er sie darauf hinwies, dass sie sowohl längere, dicke als auch dünne Zweige benötigte, damit das Feuer vernünftig anbrennen konnte. „Such dir auch immer etwas trockenes Gras oder zumindest trockene Blätter. Die brauchst du zum Entzünden.“, meinte er noch. Ansonsten aber war er durchaus zufrieden mit ihren Funden und trug diese ohne weitere Hinweise zum zukünftigen Lagerplatz. Auf dem Weg zurück, fiel Rhuna ein Bananenbaum auf. Beide blieben stehen und begutachteten die reiche Staude genauer. Yedan legte ihre gesammelten Scheite beiseite und klopfte sich die Hände ab. Er versuchte an die Staude heranzukommen, musste aber einsehen, dass sie trotz allem zu hoch hing. Bis Rhuna eine Idee hatte und er sie einen Moment ansah. Nickend trat er hinter sie und sie konnte durchaus die Wärme in ihrem Rücken spüren, die er ausstrahlte. Noch während sie ihm versprach, sie würde sich beeilen, griff Yedan mit seinen großen Händen um ihre Taille und brauchte kaum Mühe, sie in die Luft zu heben. Seine Muskeln waren also nicht nur Zierde, auch wenn Rhuna davon nicht ausgegangen war oder sie besonders viel wog – was sie nicht tat. Der Halbelf hielt sie sicher und mit festem Griff, bis sie die Bananen für sich eroberte und er sie langsam und beinahe behutsam wieder absetzte. Sie wirkte verlegen und Yedan registrierte das durchaus, lächelte aber nur mit schiefem Mundwinkel. Sie löste ihre Hand von seiner Schulter und er machte für einige Atemzüge keine Anstalten, sich von ihr zu entfernen. Dicht stand er noch bei ihr und seine Hände ruhten noch immer auf ihr, auch wenn sie ein Stück tiefergerutscht waren. Er lächelte sie offen an, holte tief Luft, als wolle er ihren eigenen Geruch einsaugen, ehe er Rhuna aus seiner Nähe entließ. Er kehrte zu den Scheiten zurück, klaubte sie auf und folgte der zarten Elfe daraufhin zurück zu ihrem Lager. Raji war inzwischen zur Ruhe gekommen. Das Kraut wirkte erst euphorisierend, bevor es dann auch schläfrig machen konnte. Der Tiger brummte zufrieden, als die Elfen ihren Weg zurückfanden. „Nun sieh‘ dir diesen faulen Kerl an!“, rief Yedan und trat an Raji heran, um ihn ordentlich zu kraulen. Genüsslich brummend, ließ sich der Tiger auf die Seite fallen und streicheln. Yedan kam wieder auf die Beine.
Kopfschüttelnd kehrte er zu Rhuna zurück. Gemeinsam kümmerten sie sich noch um das Lagerfeuer, damit es brannte, wenn sie ihre Abendmahlzeit gefangen hätten. Während Yedan die Scheite stapelte, bekam Rhuna die Möglichkeit, das Feuer zu entzünden. „Du musst etwas Luft von unten an das Zunderzeug lassen, damit die sie dir helfen kann.“, erklärte er und setzte sich neben sie, um seinerseits ihr zu helfen. Er schabte mit den Fingerknöcheln eine kleine Grube, legte das platte Holzstück darüber und deutete auf ihr Messer. „Ritze das platte Scheit etwas ein, damit die Luft zirkulieren kann. Danach nimmst du etwas von dem trockenen Gras, welches wir vorhin sammelten und legst es über den Riss.“, er griff über sie rüber, um an das krause Gras zu kommen und berührte dabei ihren Handrücken. Yedan schien das zu ignorieren, jedenfalls fuhr er unbeirrt fort. „So, siehst du? Danach nimmst du den Zweig und siehst zu, dass er glatt genug ist. Schnitze Ecken und Kerben ab, damit du dir nicht die Hände blutig reibst.“, erklärte er ihr und sah kurz dabei zu, wie sie den Zweig präparierte. Danach sollte sie den Stock reiben. Als sie ein wenig zu langsam war, griff Yedan, erneut eine zivilisierte Etikette vermissen lassend, einfach an ihre Hände und rieb mit ihr zusammen im richtigen Tempo. Erst danach ließ er sie los und brachte etwas Abstand zwischen sich und ihren Körper.

Der Halbelf setzte sich mit ausgestreckten Beinen neben sie, stützte sich mit den Händen auf dem Erdboden ab und wartete geduldig, bis sie endlich einen Erfolg verzeichnete. Behutsam kehrte Yedan zu ihr zurück und nickte anerkennend. „Nun puste vorsichtig, nicht zu doll, sonst geht sie wieder aus. Immer... nur … ein bisschen…“, murmelte er samtig und beobachtete genau, wie sie es machte. Der Sarier deutete auf das bereitete Lagerfeuer. „Nun bring sie her, die Flamme und lass sie die kleineren Zweige und Blätter verbrennen.“, meinte er weiter und entfernte sich, damit Rhuna Platz hatte. Die Elfe machte ihre Sache gut und nur kurz darauf, prasselte das Feuer vor ihren Augen. „Hervorragend!“, lobte er Rhuna und half ihr wie selbstverständlich dabei, aufzustehen. „Möchtest du mit dem Bogen jagen? Oder lieber der Angel?“, fragte er sie und nickte bei ihrer Entscheidung. Ihren Kommentar bediente er mit einem Zucken der Schultern und einem charmanten Lächeln aus dem Mundwinkel. „Jeder muss irgendwo anfangen, Rhuna. Das ist keine Schande.“, beschwichtigte sie ihre eventuellen Befürchtungen, sie könne einfach nicht gut genug sein. Yedan zeigte Rhuna, wie sie die Angel leicht selbst herstellen konnte. Er ging noch mal in den Wald mit ihr, allerdings nur kurz und vorne an. „Suche dir einen langen Stock, nicht zu schwer, du musst die Angel lange halten können. Dazu kannst du hier, diese Pflanze nehmen, um dir eine Art Sehne zu bauen.“, erklärte er und stand vor einer Efeu-Art, die sich um einen Baum rankte. Die Ranken waren aber noch etwas dünner als die vom echten Efeu, sodass sie hervorragend als Angelsehne durchgehen konnten. „Du musst sie abschneiden, reißen geht nicht, dafür sind sie zu stabil.“, erklärte er weiter. Daraufhin half er ihr, als sie über eine besonders große Wurzel kletterten. Dahinter lag ein größerer Stein, den Yedan mithilfe des Anspannens seiner Arme, durchaus wegheben konnte. Darunter krabbelte es wuselig und er betrachtete die fliehenden Maden und Insekten. „Du kannst dir… Halt! Hiergeblieben! … hieraus einen Angelhaken schnitzen.“, er präsentierte ihr einen dicken Käfer mit fettem Panzer.
Der Käfer krabbelte, als wüsste er, was ihm nun blühte. „Der Panzer ist aus Chitin – sehr widerstandsfähig und dennoch leicht zu bearbeiten…“, meinte er. Bevor er ihr allerdings den Käfer gab, schloss Yedan die Augen und murmelte: “Das Leben, das wir nehmen, rettet das unsere. Wir danken für die Gabe, dem Götterpaar!“. Es dauerte nur Augenblicke, aber er offenbarte ihr eine weitere Wahrheit seiner Persönlichkeit: Er konnte Lyrintha. Soweit Rhuna wusste, sprachen die Sarier celcianisch – aber eben auch Lyrintha. Kurz darauf hatte Yedan für sie beide zwei kleine, schwarz glänzende Chitin-Angelhaken geschnitzt und Rhuna gezeigt, worauf es dabei ankam.
Er nahm sich wirklich viel Zeit für sie und schien sich überhaupt nicht in seine eigenen Pläne gestört zu fühlen. Nachdem sie Angel und Haken zusammengebaut hatten, suchten sie sich ein vernünftiges Plätzchen am Flussufer. Hier gab es einen breiten Stein, der etwas in den Fluss hineinragte. Wie ein Plateau, auf dem man bequem stehen und die Rute auswerfen konnte. Rhuna brauchte einige Anläufe. Nichts wollte funktionieren und es frustrierte sie gehörig! Bis Yedan ein Erbarmen hatte – jedenfalls was das Angeln anging, nicht aber ihre flatterigen Knie, wenn er in der Nähe war, und hinter sie trat.

Erneut schmeichelte seine körperliche Wärme, ihre Haut, bevor er die Arme um sie legte, sich etwas hinunterneigte und neben ihrem Ohr die Bewegungen erläuterte. „Du muss langsam machen, nicht in Panik verfallen. Selbst wenn ein Fisch beißt, versuche ruhig zu bleiben. Sonst gehst du leer aus.“, murmelte er. Laut sein brauchte er nicht, so dicht wie er bei ihr stand. Sein Atem streichelte hin und wieder ihre Ohrmuschel, bevor er sie immer wieder mit seinen Armen sanft dirigierte. „Locker aus dem Handgelenk, im Zweifel musst du lange durchhalten, sodass du deine Schultern und deinen Rücken schonen musst.“, bemerkte er noch, ehe er sie aufhielt, eine Bewegung zu machen, als es an ihrer Angel zupfte. „Warte…“, hauchte er leise und baute eine eigenartige Spannung auf. „Warte…“, flüsterte er wieder, bis die Angel einmal tiefer tauchte und er ihre Hände packte, um gemeinsam mit ihr die Angel aus dem Wasser zu ziehen. „Gut gemacht!“, sagte er lächelnd und lauter. Der Fisch baumelte am Haken, während Yedan die Nähe zu ihr plötzlich auflöste, um den Fisch vom Haken zu schneiden. Er sah Rhuna lächelnd an. „Dein erster Fisch!“, bescheinigte er ihr, doch Rhuna war ehrgeizig und verbuchte diesen Fang nicht für sich! Auch die nächsten beiden Fische waren noch mal auf Yedan’s Konto zu schreiben, denn beide Male half er ihr erneut. Frustriert und etwas zu sehr auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, blieb Rhuna nichts weiter, als den Sarier zu beobachten, wie er die Fische einpackte. Es würde reichen und mehr brauchten sie nicht zu fangen. Rhuna aber hatte ihren Angelhaken abermals ausgeworfen und tatsächlich: Sie wartete, bis die Angel tiefer tauchte, zog kräftig daran und entzog dem Fluss einen weiteren Fisch. Ihr erster, wirklich selbst gefangener Fisch!
Rhuna war glücklich und zeigte es Yedan augenblicklich. Der Halbelf blickte von seinem Tun auf, strahlte und hielt ihr die Blätter hin, in denen er die Fische transportierte. „Siehst du! Du kannst es doch!“, lobte er sie und schenkte ihr ein aufrichtig gemeintes Lächeln. Gemeinsam kehrten sie zum Lager zurück. „Würdest du dich um das Essen kümmern?“, fragte er sie und vorerst war nicht ganz klar, wieso er ihr die Arbeit nun überließ. „Es hat gestern so gut geschmeckt…“, offenbarte er ihr mit seinem entwaffnenden Grinsen. Seine Ehrlichkeit war… smart. Einen Moment lang, prasselte das neue Feuer in alter Manier und der Himmel hatte sich bereits zu einem wahren Sternenmeer entpuppt. Hier war das Blätterdach nicht vollends dicht, sodass sie durchaus einige freie Lücken zum Erkennen hatte. Die Luft klarte jetzt, wo die Sonne verschwunden war, etwas auf und erfrischte die beiden, nach dem heißen Tag. Schweigend wartete Yedan fürs Erste auf das Essen, bis sein Magen plötzlich vernehmlich knurrte. Er sah überrascht auf, dann lachte er leise. „Normalerweise hätte ich schon gegessen…“, meinte er schnell und grinste breit. „Du hast das heute gut gemacht, Rhuna.“, sagte er ihr plötzlich ohne Vorwarnung. „Wenn du weiter übst und weiter so… zielstrebig bist, wirst du weit kommen können. Auch ohne Hilfe.“, versicherte er ihr und schenkte ihr abermals einen intensiven Blick. Plötzlich hob er den Kopf und schaute gen Himmel. Für einen Moment runzelte sich seine Stirn. Er roch einmal in die Luft hinein, als auch Raji sich wieder aufsetzte und schließlich zu ihnen kam. Er grollte etwas: , „Es riecht nach Regen…“, kam es vom Tiger und Yedan nickte, während er einen Arm, um das Tier legte. „Er sagt, dass es bald Regen geben könnte.“, übersetzte er Rhuna. „Ich habs auch bemerkt.“, er biss sich kurz auf die Unterlippe, danach suchte er das Ufer ab, an dem sie saßen. „Siehst du dort die Kante am Urwald?“, fragte er Rhuna und deutete auf eine klar erkennbare Kante. Dort wo sie saßen, gab es vermehrt Steine auf Waldboden. „Normalerweise geht das Flussbett bis dort hinten.“, erklärte er und zeigte zum Fluss zurück. „Der Fluss führt wenig Wasser, sollte es aber regnen, müssen wir schleunigst hier weg. Dann kann es manchmal nur Minuten dauern, bis sich der Fluss in reißende Ströme verwandelt…“, warnte er die andere, schien sich aber derzeit noch keine Sorgen zu machen. Raji schlummerte zwischen Rhuna und Yedan und ließ sich kraulen. Selbst Rhuna konnte sicher wagen, ihn anzufassen, wenn sie wollte. Es lag bei ihr. Auch wie und ob sie das Essen zubereitete. War sie denn schon müde? Vielleicht wäre Schlaf nicht so verkehrt. Oder aber sie nutzte die Gelegenheit, sich vielleicht noch die eine oder andere Information aus Yedan’s zu stibitzen, wenn sie ihn fragte, was sie wollte.
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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Dienstag 23. August 2022, 23:07

„Such dir auch immer etwas trockenes Gras oder zumindest trockene Blätter. Die brauchst du zum Entzünden.“, hörte Rhuna Yedan sagen, während sie den Boden noch nach trockenem Reisig absuchte. Ihre gemeinsame Suche nach Brennmaterial für ihr Lagerfeuer war wie ein kleiner Spaziergang. Keine Gefahren waren in Sicht und die junge Elfe genoss es, dass sie ihr heutiges Ziel bereits erreicht hatten. So kümmerten sie sich lediglich noch um die Vorbereitungen des Abends und konnten sich dabei in Ruhe unterhalten. Die neuen Informationen, die sie von Yedan erhielt saugte sie in sich auf, wie ein Schwamm das Wasser. Sie wollte ihm nicht dauerhaft zur Last fallen und sich wie ein dummes Ding fühlen, dass nichts konnte – auch wenn ihr der Halbelf nie das Gefühl gab, dass er so über sie dachte.
„Es hat ja nun schon einige Tage nicht geregnet. Was sollte ich machen, wenn ich nur durchnässtes Holz und Laub finden würde?“, fragte sie, als sie einen modrig feuchten Stock inspizierte und wieder zurücklegte.
Die Stimmung war entspannt und heiter. Rhuna beachtete nicht mehr die Tatsache, dass sie in ihrem Unterkleid umherlief. Wenn man, wie sie beide mit leichtem Gepäck im Urwald reiste, musste man pragmatisch denken und allzu schwer fiel es ihr nicht, wenn man von der Verlegenheit absah, die sie ihm gegenüber hier und da empfand. Noch dazu kam, dass sie sich in Yedans Gegenwart wirklich … wohl fühlte. Mit ihm erschien alles einfacher zu sein – auch das Lernen.
Als sie das Bananengewächs fanden und beide feststellen mussten, alleine zu klein zu sein, um an die leckeren Früchte heranzukommen, machte Rhuna dem Halbelf den Vorschlag sie hochzuheben. Sein Blick ruhte einen Moment auf ihr, doch dann trat er nickend näher und Rhuna spürte schnell seine Nähe und Wärme in ihrem Rücken. Yedan hob sie hoch, als wöge sie nicht mehr wie eine Feder. Nicht ein kleines Zittern ging durch seine Arme, doch die Brünette beeilte sich dennoch die Früchte schnell abzuschneiden. Dann kam es wieder zu einem dieser kleinen Momente. Er setzte sie behutsam ab, ließ sie allerdings nicht gleich los. Er blieb dicht bei ihr stehen, seine Hände an ihrer Hüfte ruhend. Verlegen sah Rhuna auf und begegnete seinem Blick und seinem Lächeln, das stetig mehr Einfluss über ihr Herz zu gewinnen schien. So gerne sie es täte, sie konnte seinen Blick dennoch nicht deuten. Und bevor sie näher solche Gedanken verfolgen konnte, entließ der Halbelf sie aus seiner Nähe und sammelte das Holz auf, das er nur kurz abgelegt hatte, um sie hochzuheben.
„Hättest du die Stauden auch mit einem Pfeil hinabschießen können?“, fragte Rhuna, als sie weiter und zurück zum Lager gingen. Sie hatte ihn noch nie im Umgang mit Pfeil und Bogen beobachtete, doch sie war sich sicher, dass er geübt und zielsicher war und über ein gutes Auge verfügen musste. Zurück bei Raji angekommen luden sie alles ab. Der Tiger lag wohlig brummend und entspannt herum und schien sich nicht so schnell von Ort und Stelle bewegen zu wollen. Lächelnd beobachtete die Elfe Yedan dabei, wie dieser zu seinem Freund ging und ihn einmal kräftig durchschwumpelte. Der Anblick des Tigers wurde ihr immer vertrauter und ihr Misstrauen und ihre Angst Raji gegenüber hatten sich ebenfalls gelegt. So wie es aussah würde er sie nicht erneut für eine Mahlzeit halten und solange sie dem Halbelf nichts antun würde, würde er sie wohl tolerieren. Das war für die kurze Zeit mehr als genug, was sie erwarten konnte.
Rhuna legte die Bananen unter ein großes Blatt und ließ sich dann auf den Boden neben Yedan nieder, der mit ihr zusammen das Lagerfeuer in Gang setzte. Besser gesagt er leitete sie erneut an und brachte ihr bei, wie man es zu tun hatte. Es waren vielleicht nur Kleinigkeiten – Grundlagen fürs Überleben, aber für die Elfe waren es wichtige Lektionen, an denen sie wachsen konnte.
Ungeschickt stellte sie sich nicht unbedingt an, doch alles brauchte ein wenig Übung. Die Technik, wie sie den Stock am besten reiben musste, um am effektivsten Hitze zu erzeugen zeigte Yedan ihr, indem er seine Hände auf die ihren legte. Im ersten Moment war sie zu konzentriert, so dass seine Nähe sie nicht gleich wieder aus der Ruhe brachte. Doch als er sie wieder losließ und die Wärme, die seine Hände auf ihrer Haut hinterlassen hatten, langsam verflog, wurde ihr etwas klar. Sie kamen sich immer häufiger nah. Die körperliche Distanz war, von Yedan aus, nie groß gewesen. Und auch Rhuna hatte nicht streng an Etikette und geziemten Abstand festgehalten. Doch nun schien es so, als würden sie sich so natürlich berühren, wie Geschwister es taten, die sich ein Leben lang kannten. Mit Freunden konnte es die Elfe nicht wirklich vergleichen, denn sie hatte nie großartig Freunde besessen, denen sie so nah gekommen war. Auch zwischen Pharus und ihr hatte stets ein Restabstand bestanden.
Die verfliegende Wärme prickelte leicht auf ihren Handrücken. Sie rieb weiter den Stock im vorgegebenen Tempo, so dass kurze Zeit später die ersehnte Glut entstand, mit der sie das Feuer entzünden konnte.
„Nun puste vorsichtig, nicht zu doll, sonst geht sie wieder aus. Immer... nur … ein bisschen…“ Wie der Halbelf ihr vorgab, folgte Rhuna unter seinem wachsamen Blick der Anleitung. Ja, es waren auch seine Blicke, die nun häufiger auf ihr lagen - was gezwungenermaßen so war, wenn ein Lehrer einen Schüler beaufsichtigte. Doch sein schönes Braun auf sich zu spüren, zu wissen, dass er sie immer besser zu lesen lernte, bescherte der Elfe ein weiteres sonderbares Gefühl von Nervosität. Diese hatte nichts mit der Sorge zu tun etwas nicht richtig zu machen. Es war einfach sein Blick auf ‚ihr Selbst‘. Und diesen konnte sie nicht mit ihren Brüdern vergleichen.
Als das Feuer prasselte betrachtete Rhuna dieses mit einer inneren Zufriedenheit, die sie bisher selten gespürt hatte. Doch noch war keine Zeit sich auszuruhen, wenn sie denn etwas mehr zu Essen haben wollten, als die Bananen.
Yedan brachte Rhuna wieder in den Wald, wo sie sich um die Angel und den Köder kümmern würden. Die Krabbeltierchen, die unter dem großen Stein hervorkamen waren, zu Hauf, nicht unbedingt ihre beliebteste Gesellschaft. Besonders Maden hatten es der Elfe nicht angetan. Dennoch hockte sie sich zu ihrem Begleiter, der ein größeres Exemplar eines Käfers fing, ihr entgegenhielt und verkündete, dass sich aus dessen Panzer wunderbar ein Angelharken herstellen ließ.
„Daraus?“, fragte sie mit leichter Skepsis und durchaus aufkommendem Mitleid für das Krabbeltier. Bevor sie ihn entgegennahm, sprach Yedan plötzlich in ihrer Muttersprache eine Art Dankesgebet, was die Shyáner Elfe natürlich aufgrund des vertrauen Klangs aufhorchen ließ. Für einen Augenblick sah sie ihn einfach nur erstaunt an, ehe ihre Lippen ein Lächeln zierte, das nicht einfach zu beschreiben war.
„Ich hatte vergessen, dass Sarier auch Lyrintha sprechen!“, gestand Rhuna irgendwie glücklich, denn der Halbelf war ihr in diesem Moment noch vertrauter, als schon zuvor.
Celcianisch zu sprechen hatte ihr keine Probleme bereitet, doch es war, wenn auch ein wenig ungewohnt, schön Yedan Lyrintha sprechen zu hören. Das hatte er wohl schon die ganze Zeit getan, wenn er für die Gaben dankte, doch es war ihr bisher stets entgangen.
Sie nahm den Käfer mit zwei Fingern entgegen und betrachtete ihn. In Shyána dankten sie den Göttern ebenfalls, doch nicht stets im selben Augenblick, indem sie sich etwas nahmen. Es fühlte sich plötzlich falsch an es nicht direkt zu tun. Man konnte die verborgene Elfenstadt nicht nur aufgrund ihrer harmonischen Bewohner und der Schönheit der Architektur, wie auch Umgebung als paradiesisch bezeichnen. Die Elfen, die dort lebten besaßen alles, was sie brauchten und litten keine Not. Es war nicht so, dass sie nicht schätzten, was die Götter ihnen schenkten – auch dankten sie ihnen - doch Rhuna konnte sich kaum daran erinnern, dass sie je groß nach dem Pflücken einer Frucht ein Dankesgebet gehört hatte. Sie eingeschlossen…!
Yedan bedankte sich bei allem. Und die junge Elfe fühlte sich plötzlich sehr ignorant.
“Denkst du, es wäre Heuchelei, wenn ich meinen Dank auch ausspreche?“, fragte sie im Wissen, dass dem Halbelfen aufgefallen sein musste, dass sie es bislang nie getan hatte.

Yedan schnitzte zwei Angelharken aus dem Panzer der Käfer. Rhuna kniete sich dicht neben ihn, als er diese feine Arbeit vollbrachte und in der brünetten Elfe offene Bewunderung auslöste.
„Du hast wirklich geschickte Hände. Wenn du einen so filigranen Angelharken aus einem Käferpanzer fertigen kannst, weiß ich nicht, was du alles aus Holz schnitzen könntest!“, sagte sie bewundernd und beugte sich etwas näher zu ihm. Ihre Wange streifte für einen kurzen Augenblick seine Schulter, als sie sich die feine Handarbeit betrachtete, bevor Yedan ihr ihren Harken überreichte.
„Daheim gehörten Handarbeiten nie wirklich zu meinen Leidenschaften. Ich war meiner Mutter stets zu ungenau und unruhig.“ Gelernt hatte sie diese dennoch. Geschnitzt hatte die Shyáner allerdings noch nie. Und wenn sie es könnte, würde wohl eines ihrer ersten Werke eine zweizackige Haarnadel sein, mit der sie ihre Haare zurückstecken könnte. Der Stock, den sie dafür nutzte war für ihre Länge nicht uneingeschränkt geeignet und ein Zoof war ohne anständigen Kamm dank ihrer Locken auch keine Freude zu flechten.
Nachdem sie zwei nutzbare Angeln gebaut hatten, folgte nun die praktische Anwendung. Wieder am Fluss angekommen erklärte Yedan Rhuna, wie sie am besten angeln konnte. Doch die Theorie war einfacher, als die tatsächliche Umsetzung seiner Worte. Besonders, weil die junge Elfe zu hastig reagierte, wenn denn mal ein Fisch anbiss. Der Halbelf beobachtete sie eine Weile, bevor er sich erbarmte und hinter sie trat. Sein Körper schmeichelte sich an ihren Rücken und seine Arme griffen, einer Umarmung gleich nach vorne - vor sie und unterstützten ihren Griff um die Rute. War es verwunderlich, dass sich Rhunas Herzschlag kräftig erhöhte und sie sich kaum zu atmen traute? Sein Gesicht war ihrem so nah, dass sie seinen Atem über ihre Ohren streicheln fühlte. War ihr je jemand außerhalb der Familie, noch dazu männlichen Geschlechts so nahegekommen?
Seine Stimme war leise und raunend und löste in ihr mehr als nur weiche Knie aus. Ein ungewohntes … wohliges Schaudern durchlief ihren Körper, das nicht gerade zu der Ruhe beitrug, die sie beim Angeln empfinden sollte.
„Yedan…“, begann sie, als ein Zucken der Angel die Elfe ablenkte. Sie wollte schon an der Rute ziehen, als er sie schnell aufhielt. „Warte…“, sprach der Dunkelhaarige leise in ihr Ohr und umfasste ihre Hände. Rhuna traute sich in diesem Moment nicht sich zu bewegen und das lag in erster Linie nicht am Fisch, der an der Angel zog. Ganz leicht versuchte sie in sein Gesicht zu sehen, möglichst ohne ihres dabei groß zu drehen. Machte diese Nähe so gar keinen Unterschied für ihn und er nahm sie wie stets als etwas Gewohntes an?
Plötzlich zog Yedan mit ihren Händen an der Rute und den Fisch so aus dem Wasser. Rhuna schreckte kurz zusammen, war sie doch anderweitig abgelenkt gewesen. Doch konnte man es ihr übelnehmen, dass sie in diesem Augenblick nicht die aufmerksamste Schülerin gewesen war?
Mit einem Mal ließ der Sarier von ihr ab, so dass Rhuna befürchtete, dass ihre Knie, durch die verlorene Stütze nachgeben würden. Noch immer mit stark schlagendem Herzen sah sie zu, wie er den Fisch vom Harken schnitt und ihr mit den Worten „Dein erster Fisch!“ lächelnd präsentierte.
Die brünette Elfe war dank des Sariers innerlich völlig aufgewühlt und er lächelte sie an, als wäre nie etwas gewesen. Für ihn war es wohl auch nicht mehr gewesen, als eine einfache Lehreinheit übers Angeln. Wie gerne hätte Rhuna ihn in diesem Moment einfach ins Wasser geschubst!
„Hm-hm..!“, bestätigte sie nur wortkarg seine Begeisterung über ‚ihren‘ Erfolg, während sie versuchte das zittrige Gefühl aus ihren Beinen gedanklich abzuschütteln.
Es war nicht verwunderlich, dass die junge Frau Yedans Anweisungen nicht beim zweiten Versuch umsetzen konnte. Und als sie ihn erneut so nah bei sich spürte, weil er ihr wieder half, versuchte sie verbissen seine ‚Nähe‘ nicht an sich heranzulassen. Sie versuchte sich auf seine Worte und Tipps, grob gesprochen einfach aufs Angeln zu konzentrieren, was ihr nur halb gelang. Und nach 2 weiteren Fischen, die auf das Konto des Halbelfen gingen, hatten sie theoretisch genug gefangen, um satt zu werden. Frustriert darüber, dass sie von Yedan so abgelenkt war, warf sie ein letztes Mal die Angel ins Wasser. Weniger, weil sie hoffte am Schluss doch noch einen Fisch selbst zu fangen, als um einen Moment zu haben, indem sie sich sammeln konnte.
Rhuna wurde sich langsam bewusst, dass der sarische Halbelf ihr unter die Haut ging. So naiv war sie nicht, dass sie das nicht verstand. Sie war kein kleines Mädchen mehr, dass sich einer Schwärmerei nicht bewusstwerden wollte. Wenngleich sie auch nicht zu den erfahrenen Frauen gehörte, die in ihr noch ein naives junges Ding sehen würden.
Yedan war attraktiv und das in mehrfacher Hinsicht. Wieso sollte sie das leugnen? Das war ihr schon vorher aufgefallen. Auch dass es in Shyána einige andere junge Elfenfrauen geben würde, die seinem Charme erliegen würden. Musste sie nun etwas ändern oder sich anders verhalten? Rhuna mochte es sowieso nicht vorschnell etwas einen Namen zu geben.
Ein kleiner Ruck an ihrer Angel riss sie aus ihren Gedanken. Und dieses Mal schaffte es die Elfe tatsächlich ihren ersten eigenen Fisch zu fangen. Glücklich darüber lief sie zu Yedan, der ihr ein ehrliches Lächeln schenkte. „Siehst du! Du kannst es doch!“, lobte er sie und Rhuna sah ihn eine Weile an, ehe sie lächelte.
Nein, sie musste nichts ändern! So, wie es derzeit war, war alles gut und es war nicht so, dass sie seine Nähe nicht mochte. Alles hier war anders und neu. Yedan brachte sie dazu sich zu verändern und das war genau das, was sie wollte. Niemand wusste außerdem, was noch passieren würde.

Auf dem Weg zum Lager fragte Yedan sie plötzlich, ob sie das Essen übernehmen könnte.
„Natürlich, das hatte ich sowieso vor!“, antwortete Rhuna und wich ein paar größeren und spitzwirkenden Steinbrocken aus, ehe sie seinem Blick begegnete. „Es hat gestern so gut geschmeckt…“, gestand der Halbelf plötzlich mit einem seiner entwaffnenden Lächeln und traf natürlich mit solch einer Äußerung auf einen Nerv. Er spielte wirklich unfair!
„Soll ich dir das Kochen beibringen?“, fragte sie neckend und sah ihn nun ihrerseits schelmisch lächelnd an. Rhuna lief leise lachend ein paar Schritte vor und begann gleich mit den Vorbereitungen für das Essen, als sie ankamen. Der Wind frischte ein wenig auf und das Feuer kam etwas mehr in Bewegung, was zum Braten der Fische nur minder geeignet war. Doch das war kein Problem, mit dem sie nicht umgehen konnte.
Die Fische waren nach kurzer Zeit, fein gewürzt auf 'Holzspieße' geschoben und nahe des Feuers zum Anbraten drapiert, als ihre Ohren ein Knurren vernahmen, das nicht von Raji kam. Schmunzelnd hob sich ihr Blick auf ihren Begleiter.
„Normalerweise hätte ich schon gegessen…“, gestand Yedan lachend. Im Wissen, dass sie seine Zeit und Geduld stark in Beschlag genommen hatte, kam ein schlechtes Gewissen bei Rhuna auf.
„Nun ergeben deine Blicke zumindest Sinn.“, sagte sie ein wenig anspielend und wendete die Fische, damit die Haut nicht verbrannte. „Keine Sorge, es dauert nicht mehr so lange. Und ich bemühe mich besser im Jagen und Angeln zu werden…!“ Sein Lob kam ein wenig unerwartet und seiner Äußerung, dass sie auch ohne Hilfe weit kommen könnte, wenn sie weiterüben und zielstrebig sein würde, begegnete sie mit einem selbstkritischen Lachen. „Ich weiß nicht genau! Vielleicht werde ich es irgendwann schaffen mich selbst zu versorgen und irgendwie durchzuschlagen, aber …“, sie versank in Gedanken und beendete ihren Satz nicht. Es gab ein Thema, das sie belastete und das sie bisher nicht anzusprechen wagte. Yedan, wie auch Raji boten ihr einen Ausweg aus ihre Gedanken und dankbar nahm sie diesen an und lauschte seinen Erklärungen über die Flusslage. Sie sah ebenfalls empor, entdeckte allerdings nur einen sternenklaren Himmel. Doch auch die Elfe wusste, wie schnell das Wetter im Urwald umschlagen konnte. Das war auch im Tal der Fall.
„Wäre es dann nicht sicherer das Lager woanders aufzuschlagen?“, fragte Rhuna, als Raji sich neben sie und Yedan ablegte und ihr Begleiter begann diesen zu kraulen. Die beiden schienen sich dahingehend noch keine Sorgen zu machen.
Der Fisch und auch die Bananen, die Rhuna ebenfalls ein wenig verfeinert hatte, waren nach kurzer Überprüfung fertig und sie reichte dem Sarier eine Portion. Auch sie begann zu essen und bemerkte, dass auch ihr Hunger groß geworden war.
Eine gemütliche Stimmung kehrte ein und der Urwald, der ihr in der vergangenen Nacht noch große Angst eingejagt hatte, wirkte schon ein kleines bisschen weniger beängstigend. Ein bisschen zumindest!
Eine Weile aßen sie schweigend und Rhuna fragte sich, ob er noch immer nicht gerne über sich reden würde. Viel Zeit war immerhin nicht vergangen.
„Wie lange ziehst du nun schon alleine durch die Wälder?“, fragte die Brünette vorsichtig, nachdem sie aufgegessen hatte. Raji lag auf der Seite und schien die Wärme des Feuers zu genießen und so wagte sie den Versuch ihren gestreiften Wegbegleiter zu streicheln, der dies zu ihrer Überraschung sogar gestattete. Alleine das machte die Atmosphäre noch etwas gemütlicher und mit den streichelnden und kraulenden Bewegungen merkte Rhuna, wie sich langsam Müdigkeit in ihr ausbreitete. Dennoch … ihr Blick wurde einen Moment abwesend und erst nach einer Weile brach sie plötzlich das Schweigen.
„Ich kann … seine Augen nicht vergessen...! Jetzt, wo es dunkel ist, wird es sogar noch schwerer…“, begann sie mit deutlichem Unbehagen und ohne aufzusehen dss Thema anzusprechen, das sie die ganze Zeit noch gemiede hatte. Sie versuchte sich selbst durch die streichelnden Bewegungen durch das Tigerfell zu beruhigen. Ihr Dutt war mittlerweile gelöst und ihre Haare fielen in sanften, wenn auch etwas unordentlichen Locken über ihre Schultern.
„Wir wissen in Shyáner natürlich über die anderen Elfenvölker Bescheid. Über Gemeinsamkeiten und Unterschiede… doch wir wissen nicht wirklich, was außerhalb unserer Stadtmauern vor sich geht. Ich habe erst von Pharus erfahren, wie viele Unruhen in Celcia herrschen. Und dass eine besonders große Bedrohung von den Dunkelelfen ausgeht.“ Rhuna hob den Blick langsam und sah seitlich über Raji zu Yedan.
„Pharus starb durch den Angriff eines Dunkelelfen. Durch eine ihrer Magien oder ein Gift… ich weiß es nicht. Ich frage mich die ganze Zeit, ob er von dem Dunkelelf getötet worden ist, dessen Leichnam Raji gefunden hat.“ In Gedanken sah die Elfe die toten roten Augen, die sie bis in ihre Träume verfolgten und vor sich sah sie in das warme Braun, das Yedan besaß.
„Es… tut mir leid, dass ich plötzlich damit anfange. Mir ist aufgefallen, dass dich der Fund der Leiche beschäftigt hat. Und es hat … auf mich den Anschein, als wärst du besorgt. Pharus hat mich - nein eigentlich alle Shyáner vor den Bedrohungen der Dunkelelfen gewarnt. Doch seine Warnungen wurden nicht erhört und stießen auf taube Ohren.“ Rhuna fiel es nicht so leicht das Thema anzusprechen, wie es wohl den Anschein hatte. Sie hatte schon als kleines Mädchen Dunkelelfen unheimlich gefunden, die bis dahin nur in Erzählungen und Geschichten ihr Leben gekreuzt hatten. Doch durch Pharus und dem Fund der Leiche, war diese kindliche Angst zur Realität geworden. Ihre Unwissenheit und ihr Angsttraum verbesserten die Lage natürlich nicht.
„Ein weiterer Grund, wieso ich meine Heimat verlassen habe ist, weil ich wissen will, wie die Lage in Celcia tatsächlich aussieht. Ich halte es für falsch die Augen abzuwenden. Deshalb … können wir darüber reden?“ Ihre Angst war ihr anzusehen. Doch die junge Elfe wollte ihre Ängste kennen. Sie wollte mehr darüber wissen und herausfinden, ob sie berechtigt waren, oder übertrieben – sie wollte nicht blind in etwas reinrennen. Und wenn die Dunkelelfen bereits nicht nur vereinzelt und selten, sondern öfters und gehäuft durch diese Wälder streiften, wollte sie auch darüber Bescheid wissen.

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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 24. August 2022, 14:17

Die kleinen Hinweise und Tricks, die Yedan ihr gab, halfen Rhuna mehr und mehr, Stück um Stück, sich ein wenig sicherer in ihrer unbekannten Umgebung zu fühlen. Er erklärte ihr die banalsten und doch überlebenswichtigen Dinge und das in einer Selbstverständlichkeit, die ihr die Scheu davor nahm, zu fragen. Wie sollte sie also Feuer machen, wenn der Urwald in einem tagelangen Regenschauer gefangen war? Yedan war da pragmatisch und hatte lediglich geantwortet, dass es durchaus Situationen gab, in denen sie kein Feuer würde, machen können. Es könne aber helfen, wenn sie trotzdem Stöcke sammelte, diese dann an einem geschützten Ort trocknen ließ und dann ein Feuer erzeugte. Seine Antwort ließ ihr allerdings genug Interpretationsspielraum, dass er oft genug in regennasser Umgebung ausharren musste und das Leben durchaus entbehrlich sein konnte. Wie es wohl bei Yedan mit der Einsamkeit stand? Er schwor zwar, dass er lieber allein unterwegs war, doch so einige Hinweise erhielt Rhuna dann doch, dass dem nicht gänzlich so sein konnte. Immerhin schenkte er ihre eindringliche Blicke oder zögerte hier und dort mal die Nähe zu ihr hinaus, bevor er wieder abbrach. Sehnte er sich vielleicht nach Nähe? War es das, was ihn manchmal innehalten ließ? Rhuna mochte seine Handlung nicht ganz zu deuten, doch auch das würde die Zeit mit Sicherheit verbessern. Ihre Frage nach einem gezielten Schuss, kommentierte er allerdings wieder in gewohnter, selbstischerer Art: „Natürlich!“, schwor er grinsend und ließ die arme Elfe wieder mal etwas ratlos zurück, denn der Wiederspruch von Aussage und Mimik war deutlich. Beweisen tat er es indes nicht. Das nächste Puzzleteil erfreute Rhuna allerdings: Yedan sprach Lyrintha und schaffte so noch eine Brücke zu ihren Wurzeln. Der sanfte Klang dieser Sprache schaffte Vertrauen und gleichzeitig brachte es die Shyáner zum Nachdenken. War sie undankbar, wenn sie die Gaben der Götter nicht pries? Yedan schüttelte langsam den Kopf. „Rhuna, jedes Lebewesen lebt auf seine Weise. Wer wäre ich, wenn ich dir vorschreibe, wie du zu leben hättest?“, meinte er sanft und offenbarte gleichzeitig, dass er durchaus weltoffen und tolerant war. Woher das wohl kam? In der Regel waren Sarier und Waldmenschen recht dogmatisch mit ihrem Wald und Glauben verbunden. Und auch die Shyáner Elfen lebten einzig nach den Werten, die sie für richtig erachteten. Yedan war – wieder mal – anders und baute Stein für Stein eine Brücke zu ihrem Herzen. Ihre Bewunderung für sein filigranes Handwerk, brachte ihr einen schelmischen Seitenblick ein. „Wenn du Jahre allein im Wald leben würdest, könntest du das auch. Hier gibt es ja nichts anderes zu tun!“, lachte er, ehe er sich wieder auf die Schnitzerei konzentrierte. Plötzlich aber war sie es, die die Nähe, vielleicht unbewusst, vielleicht gewollt, forcierte. Und Yedan? Er blickte auf ihren Scheitel, während sie den Käfer-Haken in seinen Händen betrachtete und sie traf erst ein überraschter, dann ein milder und warmer Blick. Bis er sich wieder auf die Arbeit konzentrierte.

Bei den nächsten Lektionen musste Rhuna allerdings feststellen, dass er vielleicht unbedarfter war als sie. Dass ihm die kleinen Berührungen und Mimik nicht so sehr an die Nieren gingen, wie ihr. Yedan ließ keine Rückschlüsse auf seine Intentionen zu, während er ihr half das Feuer zu entzünden oder aber zeigte, wie sie den Fisch an der Angel halten konnte. Es war nicht einfach zu ergründen, ob er sie mochte oder sich einfach nur nicht seiner Handlung und deren Auswirkung bewusst war. Für Rhuna war es indes beinahe wohliger Folter. Noch nie war sie einem Mann auf die Art nähergekommen oder hatte überhaupt darüber nachgedacht. Weiche Knie? Flattriges Herz? So etwas gab es bei ihren Brüdern selbstverständlich nicht und bei Lorgés? Auch nicht. Sie hatte ja bereits angenommen, dass ihr diese Art von Gefühl fehlte! Und da kam dieser zottelige Sarier, um sie zu retten und ihr dann auch noch zu zeigen, dass sie nicht ganz so gefühllos in dieser Richtung eingestellt war, wie sie glauben wollte. Yedan bedeutete Balsam für ihre Seele. Doch konnte das gutgehen? Er hatte klargemacht, dass er den Wald nicht würde verlassen können. Was aber, wenn die Gefühle sich weiter drohten einzumischen? Und wenn der Tag kommen würde, an dem der Waldrand erreicht und sie Phraus‘ Bitte ausführen wollte? Dachte sie überhaupt darüber nach? Vermutlich nicht. Zu aufregend war das alles, zu neu. Sie war ja erst einen Tag und ein wenig mehr unterwegs und alles andere war schiere Zukunftsmusik! Mit ihrer Beute kehrten die beiden Elfen zurück zu ihrem heutigen Lager. Das Feuer hatte kaum an Größe eingebüßt, sodass Rhuna sich um das Essen kümmern konnte. „Meinst du denn, du bringst einem alten Elfen noch neue Tricks bei?“, wollte er grinsend wissen und nickte knapp. „In Ordnung. Ich lerne gern, wie ich die zähen Hasen und Fische etwas bekömmlicher zubereite. Kochen kann ich nämlich überhaupt nicht. Ich verkohle alles und esse dann nur die Hälfte, weil das andere viel zu bitter schmeckt!“, plauderte er aus dem Nähkästchen und strich sich verlegen am Nacken entlang. Am Feuer sah er ihr dabei zu, wie sie den Fisch zubereitete und griff sich daraufhin die kleine Kräutermischung. Er roch daran, bevor er es ihr wiedergab. „Was ist da drin?“, wollte er wissen. Bis sein Magen knurrte und er grinsen gestand, dass er bereits gesättigt irgendwo zur Ruhe finden würde. Rhuna allerdings fasste das etwas falsch auf, wodurch sich plötzlich eine Richtung ergab, die Yedan stutzen ließ: “ „Nun ergeben deine Blicke zumindest Sinn. Keine Sorge, es dauert nicht mehr so lange. Und ich bemühe mich besser im Jagen und Angeln zu werden…!“ Der Elf räusperte sich verhalten und wandte den Blick verlegen ab. War das eine gewisse Röte auf seinen Wangen?! Nein… sicher nur der Feuerschein. Wie gut, dass Rhuna aufgrund seines Komplimentes weitersprach und er sich wieder auf etwas anderes konzentrieren konnte als auf ihre Anspielung. „Ich weiß nicht genau! Vielleicht werde ich es irgendwann schaffen mich selbst zu versorgen und irgendwie durchzuschlagen, aber …“ Er hob die Augenbrauen. „Aber was?“, wollte er wissen, bis Raji sich einmischte und das Thema auf anderes lenkte.

Yedan erklärte Rhuna, was Raji bemerkt hatte und ihren Einwand kommentierte er mit einem Nicken. „Stimmt, wäre es, aber willst du das Feuer jetzt wieder aufgeben?“, grinste er und schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ich denke wir bleiben heute Nacht verschont und morgen sehen wir zu, dass wir uns einen Unterschlupf suchen, falls es losbricht.“. Daraufhin servierte Rhuna das Abendessen und es schmeckte köstlich. Yedan schob sich zügig Bananen und Fisch in den Mund und aß sogar mit großem Appetit. Offenbar war das etwas, worauf er nie sonderlich geachtet hatte. Essen war eine Notwendigkeit. Dass es schmecken konnte und manchmal sogar ganze Kulturen zusammenführte, daran hatte der Halbelf lange keinen Gedanken verschwendet. Eine Weile wurde es still um die beiden, bis Rhuna eine Frage zu stellen wagte. Yedan war bereits fertig und saß zufrieden neben Raji, den er ab und an streichelte. Gedankenverloren brauchte er einen Moment, um sich wieder bei ihr einzufinden. „Mein halbes Leben…“, antwortete er knapp und mit so viel Möglichkeit hinter seine Fassade zu schauen. Er zeigte Rhuna, dass er eben nicht entschieden hatte, allein zu leben. Dass es einen Auslöser gegeben haben musste, denn sein warmes Braun änderte für einen aufmerksamen Beobachter die Nuance von offen zu schmerzlicher Erinnerung. „Ich bin 62 Jahre alt,“, offenbarte er weiter und blickte Rhuna an. „36 davon verbringe ich in den Wäldern Celica’s. Raji traf ich vor 8 Jahren“, erklärte er weiter und schaute seinen schläfrigen Freund an. „Er ist älter als er aussieht…“, lächelte er milde und blickte wieder zur Shyáner, als sie sich traute den Tiger zu streicheln. Yedan schenkte ihr einen anerkennenden Blick, da er sicher ahnte, dass es sie Überwindung kosten musste, nach allem, was sie erlebte.
Doch plötzlich war sie es, die ihren schwermütigen Gedanken Luft machen musste. Yedan ließ von Raji ab und lauschte auf ihre Fragen und Ängste. Er gab ihr die Zeit, die Worte zu finden und wartete geduldig, bis sie fertig war. Das Feuer knisterte, während es sich durch das Holz fraß. Irgendwo echote ein Waldkauz, doch nichts schien das aufkommende Thema zu stören. Yedan seufzte leise und nickte behutsam. Dass Shyána Nelle auch eine Blase sein konnte, war ihm nicht neu. „Der… Dunkelelf im Wald mit den violetten Augen…“, begann er und beschwor natürlich auch die Bilder herauf. „Ich hörte davon, dass das Volk der Tabiki einem Angriff durch eine kleine Gruppe Söldner ausgesetzt gewesen ist. Deshalb sind sie derzeit auch nicht so gut auf Fremde zu sprechen. Sie hatten wohl Hilfe bei dem Überfall… Jedenfalls Raji erzählte mir davon, dass er so etwas aufgeschnappt hatte. Es war eine Frau, nun… jedenfalls halb – oder so… weißt du, es gibt alle Arten von Wesen in Celcia. Na, jedenfalls... Diese Frau half den Tabiki und bekämpfte die Dunkelelfen. Dieser eine dort wies Klauenspuren auf, aber dünner und feiner als von einem Tiger wie Raji. Und sie waren älter. Ich schätze... ich fürchte, dass die Tabiki ihn dem Urwald übergeben haben und… naja, der Urwald den Rest erledigte. So verletzt wie er war, war er gleich zum Tode verurteilt.“, antwortete er und bemühte sich, sie nicht zu erschrecken. Andernfalls ließ sich das wohl kaum vermeiden, bei dem Thema. „Ich hielt es bis zu deinem Fund nur für Gerüchte. Jetzt aber…“, murmelte er und man sah auch ihm an, dass ihm das Sorgen machte. „Sie waren schon mal so nahe.“, eröffnete er und sein Blick glitt ins Feuer. Die Schatten tanzten auf seinem markanten Gesicht und zeigten Rhuna, dass er sich an etwas erinnerte. „Du fragst dich nach der Lage in Celcia? Außerhalb dieser Wälder… tobt ein Krieg, Rhuna. Pelgar… Andunie… gefallen. Und sie rücken vor…“, murmelte er und schluckte trocken. Sie überfielen unser Dorf. Es ist ein paar Monate her. Und sie kommen Shyána Nelle näher. Noch liegt der Fokus nicht auf uns… aber das wird er und wenn niemand etwas unternimmt, wird es… Kapayu, Hajikya und Shyána Nelle so nicht mehr geben.“, sprach er weiter und zeichnete ein düsteres Bild. Yedan hob den Blick und betrachtete Rhuna. Ihm muss klar sein, dass er ihr hier gerade die Beine wegzog. Der Halbelf seufzte. „Es tut mir leid, dass du das so… geballt erfährst, Rhuna. Ich… es gibt einfach keinen guten Weg, das zu… erzählen.“, meinte er entschuldigend und sah sie unsicher an. Wie mochte sie wohl reagieren?
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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Mittwoch 24. August 2022, 23:04

Über den Tag hinweg erfuhr Rhuna immer wieder kleine Neuigkeiten über ihren Begleiter. Er ging spärlich mit Informationen um und schien weiterhin keine eindeutigen Antworten geben zu wollen. Das beschäftigte die Elfe natürlich. So nah sie sich Yedan fühlte, er war und blieb auch ein Geheimnis. Es war ein zweifelhaftes Gefühl zu wissen, dass er, aufgrund ihrer Freigiebigkeit mit Erzählungen über ihr bisheriges Leben, sie bereits viel besser kannte und einschätzen konnte. Rhuna sammelte Fragmente seiner Persönlichkeit und seines Lebens auf und versuchte sie zu einem sinnigen Bild zusammenzusetzen. Viel hatte sie noch nicht, doch es gab Momente in denen die Elfe glaubte, seinen Ausdruck schon besser lesen zu können. Es waren nur Vermutungen, doch es hieß nicht, dass sie nicht zutreffen konnten.
Während sie angelten, konnte Rhuna mit sich und ihren Gefühlen ein wenig ins Reine kommen. Tatsächlich war sie einfach froh dem Sarier begegnet zu sein. Bei ihm konnte sie sein, wie sie war und sich selbst ein wenig kennenlernen und ihren Charakter festigen. Vielleicht stellte sie deshalb auch ihre Gewohnheiten in Frage und dachte darüber nach einige andere, wie beispielsweise dem Dankesgebet, zu übernehmen. Die Shyáner kannte sich doch selbst noch nicht vollständig. Würde sie sich vielleicht sogar selbst überraschen?
Die Gefühle, die sie für Yedan empfand waren neu. Nicht alleine, weil sie sich erst kurze Zeit kannten, sondern weil sie vorher nie etwas Vergleichbares für jemand anderen empfunden hatte. Die Gefühle verwirrten sie, doch unterm Strich war sie glücklich darüber diese überhaupt empfinden zu können. Wie häufig hatte sie anderen Elfenpaaren bei ihren verliebten Spielereien zugesehen? Und obwohl diese teils äußerst nervig hatten sein können, war hin und wieder doch ein Funken Neid aufgekommen. Nun schien sie den Gefühlen selbst habhaft zu werden und das alleine war doch eigentlich ein Geschenk. Sie konnte diese ‚Frühlinge‘ auch erleben, es hing lediglich vom Partner ab, ob sie reagierte. Über viel mehr oder wo das hinführen konnte, machte sich Rhuna noch keine Gedanken.
„Meinst du denn, du bringst einem alten Elfen noch neue Tricks bei?“, hörte sie von seiner Seite, als sie zum Lager zurückkehrten. Kurz blieb sie stehen und schien ihn abwägend und kritisch zu mustern. „Hm… könnte schwierig werden, doch ich genieße Herausforderungen!“ Rhuna stimmte verhalten in sein Lachen mit ein, bevor er ihr seinen Kunstgrad im Kochen beichtete. Ihr zumindest hatten die Fische, die er ihr zum Frühstück ‚serviert‘ hatte geschmeckt.
„Du solltest Angebranntes auch nicht essen. Davon kannst du krank werden.“, erklärte die Elfe, allerdings ohne jeden Zweifel daran, dass er schnell kochen lernen könnte, wenn er es wollte. Wahrscheinlich gab der Halbelf nur vor, nicht gut kochen zu können, um ihr das Gefühl zu geben, zumindest in einem Bereich besser zu sein als er.
„Man muss nur ein paar Dinge über Zubereitungsarten kennen. Der Rest liegt an Kleinigkeiten, wie beispielsweise der Würze. Darin zum Beispiel ist lediglich Salz mit gemörsertem Rosmarin. Mit Kräutern kann man viel verfeinern.“ Sie beobachtete Yedan, wie er sich das kleine und gekorkte Fläschchen betrachtete, das sie in ihrer Tasche mit sich trug. Er schnupperte am Inhalt, ehe er es ihr wieder reichte, so dass sie damit weiter den Fisch würzen konnte. Als sein Magen plötzlich knurrte und Rhuna mehr aus Spaß seine Blicke auf sie mit seinem Hunger in Verbindung brachte, bemerkte sie, dass seine Worte in ihm etwas ausgelöst hatten. Darüber überrascht musterte die Elfe das Gesicht des Brünetten Sariers etwas eingehender. War er etwa verlegen…? Da Rhuna selbst nicht an die weitere Möglichkeit der Interpretation ihrer Worte gedacht hatte, brauchte sie einen Moment, um ihre ungewollte Anspielung zu erkennen. Das Ergebnis war nicht, dass sie darüber in Verlegenheit geriet. Die junge Frau fand Yedans Reaktion eher … interessant!
Doch keiner von ihnen ging weiter darauf ein und ihr gemütlicher Abend schien zu beginnen.
Beide aßen und Rhuna war es eine ehrliche Freude dem Halbelfen dabei zuzusehen. Es schien ihm tatsächlich zu schmecken, was der kleinen Hausfrau in ihr natürlich schmeichelte.
Sie aßen langsam auf und nach einer Weile wagte die Elfe es Yedan eine persönliche Frage zu stellen. Das Feuer brasselte und knackste auf den Holzscheiten und für einen Moment glaubte sie keine oder wieder nur eine knappe Antwort zu bekommen, ehe er noch etwas weiter ausholte. Endlich erfuhr sie, wie alt Yedan war. Nur 11 Jahre trennte sie voneinander, was unter Elfen keinen erheblich großen Unterschied darstellte. Doch über die Freude, die sie empfand etwas über ihn erfahren zu haben, legte sich ein Schatten, als er ihre Frage genauer beantwortete. Rhuna begriff anhand seiner Worte und seiner Miene, dass er nicht ganz freiwillig so lange alleine gelebt hatte. Und dass er … es nicht tat, was seinen vorigen Äußerungen widersprach.
„36 davon verbringe ich in den Wäldern Celica’s. Raji traf ich vor 8 Jahren“, erklärte er weiter und schaute seinen schläfrigen Freund an, der zwischen ihnen lag. Rhuna schwieg für einen Moment und dachte über die Bedeutung seiner Worte nach. Mit 26 Jahren hatte er begonnen für sich alleine und selbstständig in den Wäldern zu leben. Es fiel ihr schwer sich das vorzustellen. 26 Jahre waren für eine Elfe nicht besonders alt. Die meisten Elfen in diesem Alter, die sie kannte waren im Grunde noch Kinder. Ein bedrückendes Gefühl eroberte ihr Herz und als würde es auch ihr guttun, begann sie Raji zu streicheln. Da dieser dies gewillt zuließ war sie einen Moment abgelenkt, doch wirklich vergessen, konnte sie den Sinn seiner Worte nicht.
„… ich könnte das nicht.“, sagte die Brünette leise und erwiderte den Blick des Halbelfen. „Ich… dachte es würde mir nichts ausmachen alleine zu reisen. Aber schon nach ein paar Stunden war ich gänzlich anderer Meinung. Ich bin … wirklich froh dir begegnet zu sein Yedan!“, gestand sie und beendete damit ihre Andeutung von vorhin. Sie hatte es bereits vermutet, doch nun war sich Rhuna sicher, dass auch Yedan die Einsamkeit nicht wirklich genoss. Irgendetwas war passiert, dass er diesen Weg beschritt - etwas was sie noch nicht wusste und was er ihr wohlmöglich noch immer nicht erzählen wollte.
"Du musst es mir nicht sagen, wenn du es nicht kannst oder möchtest! Es ist nur... wieso hast du ... dein Dorf in so jungen Jahren verlassen?" Ihre Finger, die durch das Tigerfell strichen fanden die seinen, der dies ebenfalls vorgehabt hatte. Rhuna griff sachte nach seiner Hand und hielt sie mit ihrer. Dieses Mal hatte die Berührung nichts mit einer Hilfestellung oder ihrem Überlebensunterricht zu tun. Es war eine Geste, die stumm sagte, dass sie nun für ihn da war. Wie lange stand für beide in den Sternen, denn die Shyáner würde ihr Versprechen an Pharus niemals brechen. Doch momentan verflochten sich ihre Leben miteinander und sei es nur für die Weile eines Weges.
Einen Moment wurde es still und die intime, aber auch ein wenig schwermütige Stimmung löste eine große Sorge, die Rhuna nicht länger mit sich alleine ausmachen konnte. Sie machte ihren Ängsten Luft und erzählte Yedan von ihren Sorgen und Gedanken über die Dunkelelfen und die Lage Celcias. Solange der Halbelf ihre Hand nicht von seiner löste, hielt sie seine weiter. Sie hatte ihre Position leicht verändern, saß etwas seitlich geneigt und ihre zweite Hand fand in das warme Fell des Tigers. Ihre Finger dieser Hand spürten die unterschiedlichen Haarstruckturen. Das Deckhaar war fester und wirkte glatt, doch darunter verbarg sich weichflauschige Unterwolle, die die Raubkatze vor Wind und Wetter zu schützen vermochte. Ihre andere Hand fühlte eine Wärme, die ihr bereits bekannt war.
„Der… Dunkelelf im Wald mit den violetten Augen…“, begann Yedan mit einem Seufzen. In seinem Blick erkannte Rhuna Sorge und fand darin die schreckliche Bestätigung, dass Pharus Warnungen der Wahrheit entsprachen und ihre Sorgen und schlimmen Vorstellungen Realität werden konnten.
Sie nickte und fühlte, wie ihr Herz verkrampfte, als sie wieder an die Gemeinsamkeit erinnert wurde. Yedan begann vom Angriff auf die Tabiki zu erzählen und ihr Blick lag vor sich gerichtet, schien allerdings kein besonderes Ziel zu fixieren.
Wieder wurde eine Frau erwähnt, die in diesen Wäldern etwas Gutes hatte ausrichten können. Ob es dieselbe Frau gewesen war, die Yedan einst vor 8 Jahren das Leben gerettet hatte? Oder waren es zwei verschiedene Personen?
Seine Erzählung war manchmal nicht ganz einfach nachzuvollziehen. Schien er doch mehr Bilder vor Augen zu haben, als sie, doch die Shyáner versuchte ihm zu folgen. Doch kleine Details waren hier nicht einmal wichtig. Ihr Begleiter vermittelte eine Sache klar und deutlich:
„Du fragst dich nach der Lage in Celcia? Außerhalb dieser Wälder… tobt ein Krieg, Rhuna. Pelgar… Andunie… gefallen. Und sie rücken vor…“ Mit jedem weiteren Wort spannte sie sich mehr an. Und dieses Mal schlug ihr Herz nicht wegen Yedan oder ihrer Nähe zu ihm. Es war ein krampfhaftes Schlagen, das einen kleinen, aber ziehenden Schmerz durch ihre Venen trieb.
„Sie überfielen unser Dorf. Es ist ein paar Monate her. Und sie kommen Shyána Nelle näher. Noch liegt der Fokus nicht auf uns… aber das wird er und wenn niemand etwas unternimmt, wird es… Kapayu, Hajikya und Shyána Nelle so nicht mehr geben.“ Rhuna schloss gequält die Augen bei seinen Worten, die schonungslos die harmonische Welt der jungen Elfe zerrissen. Wer von ihrem Volk wusste davon? Es konnte nicht sein, dass es niemanden in Shyána Nelle gab, der von Celcias Lage wusste! Ihre Königin musste davon Kenntnis haben, doch hatte sie tatsächlich vor, in alter Manier die Angelegenheiten anderer Völker nicht als die der Shyáner Elfen zu betrachten?
Yedan hatte vor ein paar Monaten Tod und Zerstörung erfahren. Sein Dorf war angegriffen worden und Elfen und Menschen, die ihm etwas bedeuteten waren verletzt oder gar getötet worden.
„Es… tut mir leid…!“, sagte sie leise – fast tonlos. Anders als zuvor sah sie ihn derzeit nicht mehr an und auch ihre Hände zog sie zurück und umfasste sie nun in ihrem Schoß selbst, auf nervöse und angespannte Art und Weise. Auf seine Entschuldigung hin schüttelte sie leicht mit dem Kopf.
„Nein, ich wollte es erfahren. Und es ist nicht so, dass ich es nicht … schon irgendwie wusste.“, gestand Rhuna wahrheitsgemäß. Pharus hatte sie nicht nur gewarnt, sondern ihr ebenfalls von den Überfällen und Unruhen erzählt. Vielleicht hatte er sogar vom Dorf der Waldmenschen gesprochen – hatte es nur nicht so benannt.
Natürlich wünschte sie sich, dass all dies nicht wahr war und die Probleme sich von alleine lösen würden. Doch die Brünette wusste, dass dies nicht der Fall sein würde. Und sie wollte nicht die Augen verschließen – nicht wie es ihr Volk gerade wissenden oder unwissenden Auges tat.
Eine Weile sagte Rhuna nichts mehr. Sie stand auf und ging ein paar Schritte von Yedan weg, blieb mit dem Rücken ihm zugewandt nahe des Ufers stehen und sah in den sternenüberfluteten Himmel. Die Lichter spiegelten sich im Fluss wieder, verliefen allerdings durch den Strom, als würde man schimmernde Tinte auf einem Pergament verwischen.
Die schlechte Nachricht hatte sie natürlich aufgewühlt. Niemand der in harmonischen Zeiten aufgewachsen war, glaubte tatsächlich, dass sie tatsächlich einen Krieg erleben könnten. Was ihr jedoch am meisten zu schaffen machte, war die Tatsache, dass sie gerade nicht viel tun konnte. Daheim hatte niemand Pharus Warnungen Glauben oder Gehör geschenkt, es als simple Übertreibung abgetan. Zurückkehren und die Warnungen erneuern, da sie von Yedan bestätigt worden waren, würde nur dasselbe Ergebnis bringen. Shyáner sehnten sich nach Harmonie und wollten mit Gewalt, Blut, Leid und Verderben soweit es ging nicht in Berührung kommen. Belange anderer Völker waren kaum gewichtig. Und ihrer Ansicht nach lag es nicht in ihrer Verantwortung sich einzumischen.
Rhuna dachte darüber anders. Ein paar Kiesel aufhebend hockte sie sich ans Ufer. Der Wind hatte an Stärke gewonnen und wehte ihre Haare zurück. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihrer Haut und in Gedanken versunken rieb sie sich mit der freien Hand über den Oberarm. Es war nicht nur die Kühle der Nacht und des aufkommenden Regenfalls, der sie frösteln ließ.
Die junge Elfe erhob sich und ging langsam und ohne eine wirkliche Antwort gefunden zu haben, was sie nun tun sollte, zurück zum Lagerfeuer. Sie setzte sich neben Yedan, ihr Blick huschte nur ganz kurz über sein Gesicht, bevor sie ihn wieder vor sich richtete.
Ein paar Zusammenhänge waren ihr nicht ganz klargeworden. Yedan hatte immerhin erzählt wie lange er bereits alleine umherzog. Doch seine Eltern hatten die ganze Zeit im Waldmenschendorf gelebt – ohne ihn? Weshalb? Und hatte er seine Eltern besucht, als das Dorf angegriffen worden war? Der Halbelf hatte ihr bereits gestern erzählt, dass seine Mutter bei diesem Angriff getötet worden war. Das bedeutete…. der Verlust war noch ganz frisch. Sah er sie vielleicht deshalb so an?
Ein weiterer Gedanke, der nicht besonders angenehm war, huschte der Elfe nicht zum ersten Mal durch den Kopf. Wenn Dunkelelfen sein Dorf angegriffen hatten, war er sicher dem ein oder anderen roten oder violetten Augenpaaren begegnet. Denn lag der Ursprung der Dunkelelfen nicht in Shyána Nelle? Ihre Hände umfassten die kleinen Kiesel, die sie noch immer hielt, stärker. Fühlte sich Yedan vielleicht jedes Mal an den Tod seiner Mutter erinnert, wenn er sie ansah?
„Der Tod deiner Mutter tut mir sehr leid.“, sagte sie betroffen und schlug die Augen nieder. In ihr wuchs der Impuls ihn zum Trost zu umarmen, doch immer, wenn er etwas von sich Preis gab schien er eine Mauer um sich zu errichten. „Der ganze Angriff auf dein Dorf muss furchtbar gewesen sein.“ Rhuna wollte sich das Gräuel nicht vorstellen, doch es zwängte sich von ganz alleine in ihre Gedanken. Und nur einen Gedankenschritt weiter stellte sie sich vor, wie es irgendwann auch Shyána Nelle treffen würde. Sie zog die Beine etwas näher an den Körper, weil die Wärme nicht mehr so recht zu ihr durchdringen wollte. Wahrscheinlich, weil diese durch die Gedanken hervorgerufen, von innen kam.
Konnte Rhuna überhaupt etwas tun? Sie überlebte ja nicht einmal einen Tag im Kapayu ohne Unterstützung. Aber war Nichtstun nicht ihr schlimmster Feind? Schon wieder wurde der Elfe ihre Unfähigkeit schmerzlich bewusst.
„Yedan…?“, begann Rhuna und sah seitlich zu ihm, aber ihr Blick erreichte nur den Tiger, den sie wieder zu kraulen begann, nachdem sie die Kiesel weggelegt hatte. Traute sie sich nicht mehr ihn anzusehen? Was waren eigentlich die Ziele des Halbelfen gewesen, bevor er sie vor Raji gerettet hatte? War es wirklich in Ordnung ihn völlig für sich… einzunehmen? Obwohl er viel mehr durchgemacht hatte, als sie?
„Ich… weiß nicht was ich … sagen soll. Was soll ich tun? Ich will helfen, doch … wie nur? Was kann ich überhaupt tun? Kann ich dir irgendwie helfen? Oder deinem Dorf?“

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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 25. August 2022, 13:46

"Du musst es mir nicht sagen, wenn du es nicht kannst oder möchtest! Es ist nur... wieso hast du ... dein Dorf in so jungen Jahren verlassen?"… Yedan hob die Augen, als sich ihre Hände berührten. Er betrachtete ihre schlanken Finger, die nach seinen griffen und seine Hand umschlossen. Er zuckte nicht zurück, sondern harrte einige Atemzüge aus. Dann kletterte sein Braun über ihren Arm und hinauf zu ihrem Gesicht. Als würden seine Augen etwas darin suchen, tastete er ihre feinen Züge ab, bis er schließlich in ihren violetten Augen innehielt. Sein Gesicht bescherte ihr sehr viel Mienenspiel. Sie konnte die Überraschung über ihre liebevolle Geste erkennen. Dass es ihn freute, dass er sich damit wohlfühlte. Und dann brach etwas in seinem Blick, sodass er die Hand von ihrer löste. Er ließ sich damit Zeit, als würde er es bereuen so zu handeln, drückte ihre Finger zum Schluss noch mal und entzog sich ihr vollständig. Er nahm sogar die Hand vom Tiger und legte sie über seine Knie, umfasste sie mit seiner Linken. Yedan zog sich zurück, buchstäblich. Er presste für einen Moment die Lippen aufeinander, ehe er seufzte und sich durch die Haare strich. „Rhuna… ich…“ – er brach ab. Es schien ihm schwer zu fallen. Er konnte nicht darüber sprechen. Langsam schüttelte er den Kopf. „Ich kann nicht.“, murmelte er reuevoll. „Tut mir leid.“, entschuldigte er sich doch tatsächlich bei ihr. Yedan war empathisch genug, um zu verstehen, dass sie das durchaus kränken könnte. Doch das was auch immer er verborgen hielt, schien ihn dazu zu zwingen, ihr vor den Kopf zu stoßen. Auch wenn es ihm leidtat. Für einen Moment wurde es still um die beiden, bis Rhuna das Thema rücksichtsvoll wechselte. Zwar behielt es eine gewisse Schwere bei, doch erlöste es Yedan auch von seinem inneren Dilemma. Er erzählte ihr von dem was er wusste. Die Informationen, die er teilte, waren schmerzhaft in ihrer Bedeutung und äußerst beunruhigend. Jemand wie Rhuna, die ahnte, dass etwas nicht stimmen konnte, weil sie der Warnung eines Fremden Gehör geschenkt hatte, war sicherlich weniger überrascht über die tatsächliche Wahrheit. Doch wie mochte es wohl um all jene stehen, die davon nichts ahnten? Für sie musste es wie ausgedacht klingen, wenn sie solche Dinge hörten. Krieg? Um sie herum? Überall? Das war doch wahnsinnig unwahrscheinlich und vielleicht ahnte Rhuna, wieso die Shyáner so zögerlich waren. Nur weil es jemand erwähnte… musste es noch lange nicht wahr sein. Und außerdem würde das grundsätzlich bedeuten, dass ihre Lebensweise, ihr geliebter Wald, ihre Heimat – all das unwiederbringlich in Gefahr geriet. Wer reagierte schon angemessen, wenn er vor solch eine Zukunft gestellt wurde? Auch Rhuna schmerzten die neuen Informationen. Das was Yedan sagte erfasste sie wie ein unheilvoller Sturm. Es hielt sie nicht auf ihrem Platz und das braune Augenpaar folgte ihr als sie etwas Abstand brauchte. Yedan musterte Rhuna, wie sie die Informationen verarbeiten musste. Dass er nun bereits der zweite in kürzester Zeit war, der ihr die schonungslose Wahrheit erzählte, brauchte natürlich Zeit. Es gab jetzt einfach kaum noch Zweifel und all das was damit einherging, flutete unweigerlich ihren Verstand. Es gab so viele Fragen! Wo sollte sie beginnen? Was sollte sie mit ihrem Wissen anfangen?
Yedan beobachtete die junge Elfe, während sie die Kiesel gedankenverloren in der Hand wog. Er verstand sie. Aber er gab ihr auch die nötige Zeit, bis sie wieder zu ihm zurückkehrte. Sie setzte sich dieses Mal neben ihn, sodass Raji nicht mehr zwischen ihnen lag. Der Tiger schien von der Aufgewühltheit der beiden Elfen kaum etwas mitzubekommen. Er schlummerte zufrieden, bis er sich plötzlich streckte und herzhaft gähnte. Raji trottete plötzlich um das Feuer herum und ließ sich wie selbstverständlich und als hätte er nicht versucht, sie zu fressen, neben Rhuna nieder. Für ihn war die Welt deutlich einfacher. Krieg und Verderben gab es in seiner Welt nicht. Nur fressen und gefressen werden. Ab und an Streicheleinheiten – oder aber er spürte ihre derzeitige Hilflosigkeit? Sich wieder ausgiebig ausbreitend, schnarchte der Tiger alsbald weiter und Yedan und Rhuna blieben mit ihren Sorgen allein. Der Halbelf blickte über seine Schulter, den Mund leicht dagegen lehnend, zur Braunhaarigen. „Der Tod deiner Mutter tut mir sehr leid. Der ganze Angriff auf dein Dorf muss furchtbar gewesen sein.“, sprach sie ihm Mitgefühl aus. Yedan’s Blick rutschte zur Seite ins Feuer und er nickte langsam. „Ich danke dir, Rhuna…“, meinte er und sah sie wieder an. Er betrachtete sie genau, sah ihr an, wie sehr sie zu kämpfen hatte. „Yedan…?“ „Ja?“ „Ich… weiß nicht was ich … sagen soll. Was soll ich tun? Ich will helfen, doch … wie nur? Was kann ich überhaupt tun? Kann ich dir irgendwie helfen? Oder deinem Dorf?“ Yedan holte tief Luft und richtete sich etwas auf.

Während Rhuna Raji kraulte, erhob sich der Halbelf und legte ein Holzscheit nach, damit das Feuer nicht ausging. Bis er sich dicht neben Rhuna wieder niederließ und wie selbstverständlich einen Arm um ihre schmalen Schultern legte. Yedan schaute nach vorne, blickte in die Dunkelheit hinter dem Feuer. Er zog Rhuna sanft zu sich und gab ihr Wärme. Aber mehr noch, er gab ihr Geborgenheit und strich flüchtig und sanft über ihren nackten Oberarm. „Das fatale am Krieg ist, dass immer gelitten wird.“, begann er plötzlich und seine Stimme war aufgrund ihrer Nähe brummend und tief. Seine Brust vibrierte. „Du wirst nichts davon verhindern können oder ungeschehen machen, was passiert ist. Deine Intention helfen zu wollen ehrt dich, Rhuna. Aber du darfst nicht vergessen in welcher Position du bist. Dein Volk lebt noch in seiner Traumblase aus Harmonie und Frieden. Während anderswo die Völker aus ihren Heimaten vertrieben und versklavt werden. Rhuna, dein Herz ist zu gut für diesen Schatten.“, murmelte er und drückte sie unbewusst noch etwas dichter an sich, als wolle er sie beschützen. „Alles was du tun musst ist, auf dein Herz aufzupassen. Das was andere erleben, das was sie erleiden, sollte nicht auf dir lasten. Mitgefühl ist gut – versteh mich nicht falsch. Aber lade dir ihren Schmerz nicht auf… Das würde dich nur zerstören.“, meinte er weiter und seine Stimme wurde leiser. „Du wirst deinen Platz finden, davon bin ich überzeugt. Und du machst den ersten Schritt – du wachst auf. Und du willst nicht länger belogen werden. Und du wirst deine Aufgabe und deine Rolle in diesen Zeiten finden, das tun wir alle irgendwann.“, versicherte er ihr und blickte auf sie herunter. Er lächelte sanft auf sie nieder, hüllte ihren aufgewühlten Geist in den Glanz seiner warmen Augen. „Behalte deinen Fokus. Lass dich nicht von den Schrecken überrennen. Das ist alles, was ich dir raten kann. Du wirst Ausdauer brauchen, denn dieser Krieg ist darauf ausgelegt, ganz Celcia unter der Führung der dunklen Armee zu wissen.“ Er schaute wieder ins Feuer zurück. Die Schatten des Lichts tanzten auf seiner Brust, seinem Hals und seinem Gesicht. Yedan war rätselhaft. So einfühlsam wie er sich ihr gegenüber gab, schaffte er es dennoch nicht ihr alles von sich anzuvertrauen. Dabei wirkte er ganz und gar nicht so, als ob er ihr nicht vertrauen würde. Dafür war er zu… nahe. Zu vertraut im Umgang mit ihr. Auch jetzt, während er sie im Arm hatte, war es irgendwie… natürlich von seiner Seite aus. Dass aus dem jungen Elfen, der jahrelang allein im Wald lebte und das offenbar nicht freiwillig so jemand sanftes geworden war, war schon erstaunlich. Wie sollte jemand wie er in keine Gemeinschaft passen? Ob ihre gemeinsame Zeit, die ja begrenzt schien, ausreichen würde, dass sie es eines Tages erfuhr? Und was jetzt? Sein Rat war wenig präzise und doch hatte er vermutlich Recht mit dem was er sagte. Sie durfte neben all den Nebenschauplätzen den Fokus nicht verlieren. Ihr Ziel war Santros. Sie musste dieses Versprechen erfüllen – oder wurde das nebensächlich bei all dem, was sie erfahren hatte? Sollte sie vielleicht doch noch mal nach Shyána Nelle zurückkehren und ihr Glück versuchen, das verblendete Volk zu warnen? Sollte sie alles rückgängig machen? Oder wacker voran, darauf vertrauend, dass sie einen Sinn entwickeln würde, der sich dann auch erfüllte? War dies schon wieder ein Scheideweg?
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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Donnerstag 25. August 2022, 22:53

„Rhuna… ich… Ich kann nicht. Tut mir leid.“ Die von Reue erfüllte Entschuldigung drang an ihre Ohren und mit leerer Hand, die auf Rajis warmen Fell ruhte, lag ihr Blick auf dem Halbelf, der sich ihr in diesem Moment vollkommen entzogen und verschlossen hatte. Stille brach zwischen ihnen aus und ihre Hand schließend, zog sie diese zurück auf ihren Schoß. Was war passiert? Im ersten Moment schien sie Yedan mit ihrer Geste erreicht zu haben. Sein Mienenspiel hatte der Elfe den Eindruck vermittelt, dass er zwar überrascht gewesen war, sich dann aber gefreut hatte. Doch dann war etwas passiert, was sie nicht so recht rekonstruieren konnte.
„Nein… nein! Ich hätte nicht fragen sollen. Es tut mir leid. Ich habe dir doch von vornherein gesagt, dass du dich mir nicht anvertrauen musst, wenn du es nicht willst.“ Denn dieses Vertrauen schien sie sich noch nicht verdient zu haben. Rhuna spürte das Stechen in ihrem Herzen und musste erst einen Moment darüber nachdenken was genau dieses auslöste. Es war weniger, dass er nicht mit ihr reden wollte. Es war das Zurückziehen seiner Hand gewesen, dass sie verletzt hatte. Es war nur eine kleine Geste gewesen. Sie hatte ihm zeigen wollen, dass sie für ihn da sein würde, wenn er es brauchte. Deshalb konnte Rhuna seine Verschwiegenheit auch akzeptieren. Doch das Zurückziehen seiner Hand war wie das Errichten einer Mauer gewesen, die nicht hätte nötig sein müssen. Sie waren sich an diesem Tag so häufig nah gekommen, näher und irgendwie intimer als vorhin, doch es schien ein Unterschied zu bestehen. Und diesen versuchte die Elfe zu erkennen, um zu verstehen, was sie falsch gemacht hatte. Sie schien lediglich zu ahnen, dass das was Yedan vor ihr verbarg, mit schmerzhaften Erinnerungen verbunden schien. Und sie konnte nichts tun, wenn er sich nicht helfen ließ.
Zwischen ihnen herrschte einen Moment Stille, bis sie über die Dunkelelfen und Lage Celcias sprachen. Die schlechte Nachricht traf sie nicht wirklich unvorbereitet. Doch war nicht jeder im ersten Moment überfordert mit den Nachrichten über einen Krieg? Einen Krieg der andauern und Zerstörung und Leid mit sich bringen würde – auch in ihre kleine verborgene Welt!
Einen Moment lang brauchte Rhuna etwas Raum und Zeit für sich. Sie entfernte sich und versuchte die ganzen Informationen zu verarbeiten. Es fühlte sich so… unwirklich an. Doch der Leichnam des Dunkelelfen hatte ihr gezeigt, dass all die Erzählungen der Wahrheit entsprachen. Die naheliegenste Frage war natürlich: Was konnte sie tun?
Eine Weile rätselte sie und zerbrach sich den Kopf – doch fand schlussendlich keine Antwort. Natürlich fragte sich die Elfe, ob es nicht besser wäre zurück nach Shyána Nelle zu gehen, um erneut zu versuchen ihre Leute zur Einsicht und zum Erkennen der bedrohlichen Lage zu bewegen. Doch sie war sich sicher, dass sie nichts bewegen würde. Nein, zurück würde sie noch nicht gehen. Es war unmöglich, dass ihre Königin nichts von den Kriegen und der Zerstörung wusste. Vielleicht wussten sogar mehr Shyáner Bescheid, als sie je vermuten würde. Würde das Elfenvolk ihr Paradies tatsächlich sehenden Auges ins Verderben stürzen lassen nur, weil sie der Wahrheit nicht begegnen wollten? Das konnte und wollte Rhuna nicht glauben. Doch schlussendlich war es das Bewusstsein darüber, dass es jemanden in Shyána gab, der seinen Blick im Ernstfall nicht verschließen würde.
„Ich bitte dich nicht dich um Mama zu kümmern, weil ich Azúl schon darum geben habe… aber tu du mir den Gefallen - auch wenn ihr Pharus Warnungen nicht so ernst nehmt wie ich - vergiss sie bitte nicht und versuch ein Ohr nach draußen zu richten.“ Ihre Bitte an Fílías kam ihr ins Gedächtnis. Die östlich gelegenen Städte waren ihren Grenzen nah – und sie vertraute darauf, dass ihr Bruder seine Ohren und Augen offenhalten würde. Er war vielleicht skeptisch gewesen, doch er war ihr ähnlich genug, um initiativ zu werden, wenn es Anlass geben würde. Darauf vertraute die junge Elfe.

Fröstelnd kehrte Rhuna zurück zum Lagerfeuer und setzte sich neben Yedan. Der Halbelf hatte ihr Zeit gegeben sich ihre eigenen Gedanken zu alldem zu machen. Das Damoklesschwert hing über ihrer aller Köpfe und sie mussten sich dessen bewusstwerden. Doch das half natürlich nichts gegen die Hilflosigkeit, die sie zurzeit empfand. Ob Raji ihre Unruhe spürte? Der Tiger erhob sich plötzlich und legte sich unerwarteter Weise neben die Elfe ab. Überrascht sah sie auf den Fellhaufen neben sich, der sein Nickerchen fortzusetzen beabsichtigte. Der Lichtschein des flackernden Feuers wanderte über das gestreifte Fell und ließ die orangerote Farbe des Fells wunderschön leuchten.
Rhuna war irgendwie gerührt- auch wenn sie sich nicht sicher sein konnte, ob der Tiger tatsächlich feinfühlig reagiert hatte. Lächelnd hob sie ihre Hand und strich erneut durch das glatte und zugleich weiche Fell. Egal was der Grund war – Raji hatte ihr mit dieser kleinen Geste geholfen, wenngleich die Sorgen damit nicht verschwanden.
„Ich… weiß nicht was ich … sagen soll. Was soll ich tun? Ich will helfen, doch … wie nur? Was kann ich überhaupt tun? Kann ich dir irgendwie helfen? Oder deinem Dorf?“, fragte Rhuna in der Hoffnung zumindest eine Kleinigkeit tun zu können. Yedan erhob sich kurz um einen neuen Holzscheit ins Feuer zu werfen, nur um sich dann dicht neben sie zu setzen und plötzlich einen Arm um sie zu legen. Nach der Situation von vorhin, in der er Rhunas körperliche, wie auch emotionale Nähe vollkommen abgewiesen hatte, hatte sie nicht damit gerechnet, dass er diese nun wieder von sich aus aufbaute.
Er tröstete sie, spendete ihr Wärme und Geborgenheit. Es war … nicht gerecht. Sie durfte nicht für ihn da sein…!
Der Halbelf zog die Brünette näher an sich heran, so dass sie auf seiner Haut das Vibrieren seiner Stimmbänder spüren konnte, als er begann zu sprechen.
„Du wirst nichts davon verhindern können oder ungeschehen machen, was passiert ist. Deine Intention helfen zu wollen ehrt dich, Rhuna. Aber du darfst nicht vergessen in welcher Position du bist. Dein Volk lebt noch in seiner Traumblase aus Harmonie und Frieden. Während anderswo die Völker aus ihren Heimaten vertrieben und versklavt werden. Rhuna, dein Herz ist zu gut für diesen Schatten.“
Rhuna schwieg und hörte Yedan einfach nur zu. Sie spürte, wie sein Griff um sie fester wurde und sie so immer näher an ihn gezogen wurde. Ihr Herz schlug einen Takt schneller und ein merkwürdiges Gefühl befiel sie, von dem die Elfe nicht wusste, ob es angenehm war, oder das Gegenteil.
„Alles was du tun musst ist, auf dein Herz aufzupassen. Das was andere erleben, das was sie erleiden, sollte nicht auf dir lasten. Mitgefühl ist gut – versteh mich nicht falsch. Aber lade dir ihren Schmerz nicht auf… Das würde dich nur zerstören.“ Rhunas Herz krampfte sich ein wenig zusammen. Wieso glaubte er das? Wirkte sie wirklich so schwach auf ihn? Natürlich …
„Behalte deinen Fokus. Lass dich nicht von den Schrecken überrennen. Das ist alles, was ich dir raten kann. Du wirst Ausdauer brauchen, denn dieser Krieg ist darauf ausgelegt, ganz Celcia unter der Führung der dunklen Armee zu wissen.“ Yedan gab ihr eine Antwort auf ihre Frage. Ob diese ihr tatsächlich half lag nun an ihr. Die Worte des Halbelfen ließen ihr viel Spielraum die Richtung selbst zu finden.
Noch immer an ihn gelehnt sah die brünette Frau vor sich ins Feuer. Von außen betrachtet sah das Bild auf die Drei harmonisch aus. Doch obwohl Rhuna in der Umarmung und Nähe zu Yedan Trost fand, konnte sie es nicht so unbeschwert und natürlich hinnehmen und sich entspannen, wie zuvor. Es beschäftigte die junge Elfe natürlich, dass er sie nur oberflächlich an sich heranließ. Ihre Brust hob sich sanft, als sie tief Luft holte und für einen Moment resignierend die Augen schloss.
„Du hast recht. Irgendwann finde ich meinen Weg. Der Krieg wird früher oder später auch mich erreichen. Und bis dahin muss ich alles daransetzen so viel zu lernen, dass ich ihm begegnen kann. Auf dem einen oder anderen Weg...“ Rhuna richtete sich etwas auf und sah wieder seitlich zu Raji, den sie begann hinter den Ohren und im Nackenbereich zu kraulen. An ihrem Weg hatte sich gerade für die Elfe noch nicht viel verändert. Wieso auch? Sie musste erst einmal lernen auf eigenen Beinen zu stehen. Dann konnte sie weiter nach vorne schauen. Pharus Brief lag geschützt in ihrer Tasche. Und dort würde er auch noch etwas bleiben müssen. Doch sie würde ihr Versprechen einhalten und ihn Bjorg überreichen. Die Reihenfolge und Schnelligkeit würde am Wachstum ihrer Fähigkeiten liegen. Doch durften sich zwischendurch nicht neue Ziele entwickeln? Das Leben war ungewisser denn je. Und mittlerweile schien es besser, Rhuna würde die nächsten Schritte einfach auf sich zukommen lassen.
„Ich weiß zumindest eine Sache: Ich werde für das, was mir wichtig ist kämpfen und es verteidigen und beschützen.“ Sie wandte ihren Blick um und sah ihm das erste Mal wieder in sein warmes Braun. Natürlich besaßen ihre Worte keine große Kraft, weil sie kaum etwas konnte. Natürlich hatte sie Angst, doch die wollte Tapfer sein. Natürlich würde sie Rückschläge erleiden und an Punkte kommen, an denen sie einfach umkehren wollte. Doch Rhuna meinte jedes Wort ernst und war entschlossen alles dafür zu tun, dass dieser Satz in keiner Lüge enden würde. Und wenn die Shyáner eines sein konnte, dann dickköpfig.
Zu diesem schweren Thema schien erst einmal alles gesagt zu sein. Doch Rhuna fiel nicht wirklich ein neues Thema ein, das sie ansprechen könnte. Sie hatte heute viel gelernt und wäre für etwas Neues kaum noch aufnahmefähig. Und Yedan hatte sich ihr vorhin so vehement verschlossen, dass sie keinen neuen Versuch wagen wollte, mehr zu erfahren. Auch wenn ... er so aussah, als würde er sich damit selbst verletzen. Von sich aus hatte er sie auch kaum etwas gefragt. Wahrscheinlich, weil die junge Shyáner ihm von sich aus bereits viel erzählt hatte und dies völlig ausreichte.
Was waren sie eigentlich? Freunde? Reisekameraden? Eine reine Zweckgemeinschaft? Ein müdes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Sie war dumm sich solche Gedanken zu machen.
„Wir sollten schlafen…!“, schlug Rhuna vor und sah neben sich. Sie saß dicht zwischen Yedan und Raji und dieses Mal trennten keine Blätter ihr Lager. Ohne noch viele Gedanken daran zu verschwenden legte sie sich ab und schmiegte sich ein wenig an den Tiger, solange er dies duldete. Doch noch bevor Ruhe im Lager einkehrte und sie die Augen zur Nacht schloss, entschied sich Rhuna doch noch eine kleine Sache anzusprechen
„Yedan…?“ Ihre Stimme durchbrach noch einmal die Stille. „Du hast vorhin behauptet ich hätte ein gutes Herz. Und ich solle mir den Schmerz anderer nicht auflasten, weil es mich zerstören könnte.“ Sie drehte sich auf den Rücken und sah zu ihm auf. In ihrem Blick schwang ein wenig … Sorge.
„Das hast du auch. Wahrscheinlich ein viel Größeres, als ich! Doch deines scheint bereits verletzt zu sein… und trotzdem hörst du dir all meine Sorgen an und versuchst mich aufzubauen und zu trösten. Ich darf meinen Schmerz mit dir teilen. Du … forderst nie etwas zurück! Ich glaube, du solltest deinen Rat selbst beherzigen und auf dein Herz aufpassen!“ Das Gefühl, dass der junge Sarier eigentlich einsam war und seine Sorgen und seinen Schmerz schon viel zu lange in sich verbarg, ließ Rhuna nicht los. Einen Moment lang lag ihr Violett in seinen Augen - musterten seine Züge und versuchten aus seiner Miene zu lesen. War sie wieder zu weit gegangen? Es war wirklich nicht so, dass sie ihn drängen wollte, sich ihr anzuvertrauen.
„Das wollte ich dir… nur sagen. Und noch mal danken. Ich habe wieder viel gelernt!“ sagte sie leise und drehte sich wieder zu Raji, so dass Yedan ihr Gesicht nicht sehen konnte.

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Re: Auf unbekannten Wegen

Beitrag von Erzähler » Freitag 26. August 2022, 12:50

Es war bezeichnend, dass Yedan sich Rhuna entzog. Und natürlich hinterließ sein Handeln Spuren. Es war nur folgerichtig, dass die Shyáner davon ausging, dass er ihr einfach nicht genug vertrauen konnte. Auch wenn es wehtat. Ob dem tatsächlich so wäre, würde Rhuna vorerst nicht erfahren. Yedan lenkte nicht ein, obwohl ihm seine Entscheidung sichtlich schwergefallen war. Sie hatte in seinem Blick den Bruch gesehen. Was diesen ausgelöst hatte, verstand sie nicht, doch das Ergebnis war ohnehin das gleiche: Yedan zog sich zurück und überließ sie ihrer gestrandeten Geste. Nachfolgend nutzte Rhuna die Schwere ihres Herzens aus, um ein Thema anzusprechen, dass ihr keine Ruhe mehr ließ. Und sie wurde nicht enttäuscht, als Yedan wahrheitsgemäß antwortete. Doch was sollte sie damit anfangen? Zu erfahren, dass der Krieg um sie herumtobte und kein Hirngespinst eines fiebernden Kranken war, war deutlich aufwühlender als von einem Tiger gefressen zu werden. Das wäre wenigstens endgültig und die Entscheidung getroffen. So allerdings… Rhuna wusste nicht wohin mit sich, nahm sich den Abstand, den sie nötig hatte und wurde von dem Sarier nicht bedrängt. Er hing seinen eigenen Gedanken nach, achtete darauf, nicht das Feuer ausgehen zu lassen und war bereit, sobald sie seine Gesellschaft wieder ertragen konnte. Ihre Hilflosigkeit führte dazu, dass Yedan erneut eine gewisse Distanz überschritt. Er war es nun, der ihr helfen konnte, indem er ihr beistand und ihr eine Geborgenheit gab, die ihr derzeit fehlte. Doch Rhuna hatte Mühe diese verwirrenden Zustände zusätzlich zu verarbeiten. Sie wäre ebenso gern für ihn dagewesen, doch das hatte er ganz klar abgeblockt. Jetzt aber schien es ihm nichts auszumachen und Rhuna erkannte folgerichtig: Hier ging es um sie, nicht um ihn. Er entblößte nicht sein Seelenheil vor ihren Augen, sondern kümmerte sich um sie. Das schien ihm deutlich leichter zu fallen. Dennoch war es nicht minder herzlich und schon gar nicht vorgeschoben, um ihr näherkommen zu können. Yedan hielt Rhuna, ohne weitere Hintergedanken zu hegen. Er spendete ihr Trost, wo seine Worte es nur mäßig konnten. Doch auch sie wurde vorsichtiger, während er sie näher zu sich zog. War das nun gut oder schlecht? Irgendetwas dazwischen? Sie ergründete es nicht vollständig, sondern hörte weiter zu, machte sich ihre Gedanken und empfand das was er sagte, gleichzeitig als Indiz für seine Sicht auf sie. Sah er in Rhuna nur die kleine Shyáner Elfe, die einfach ein Abenteuer erleben wollte? Die sich kühn aufmachte, um sich die Welt anzusehen? Sah er sie so? War es denn Schwäche, wenn jemand ein gutes Herz besaß? All die Fragen, auf die sie keine Antworten bekommen würde, führten zu einem müden Geist und bleiernen Augenlidern.

Der Abend hatte sich bereits vorgekämpft bis spät in die Nacht als sich Rhuna endlich zur Ruhe legen wollte. Ihrer Entschlossenheit begegnete Yedan mit einem Nicken und leichtem Lächeln. Er hatte sie inzwischen losgelassen, während Rhuna sich eine gemütliche Position zum Schlafen suchte. Raji indes schnarchte schon immer mal wieder und schien von einer Jagd zu träumen, denn seine Schnurrhaare zuckten und er schmatzte ab und an mal. Er störte sich nicht daran, als Rhuna sich neben ihn legte und sich etwas an ihn kuschelte. Yedan saß noch da, wie er die ganze Zeit gesessen hatte. Die Beine leicht aufgestellt, die Arme um seine Knie gelegt. Er schaute seitlich auf Raji und Rhuna, bevor sie noch mal das Wort erhob. „Du hast vorhin behauptet ich hätte ein gutes Herz. Und ich solle mir den Schmerz anderer nicht auflasten, weil es mich zerstören könnte. Das hast du auch. Wahrscheinlich ein viel Größeres, als ich! Doch deines scheint bereits verletzt zu sein… und trotzdem hörst du dir all meine Sorgen an und versuchst mich aufzubauen und zu trösten. Ich darf meinen Schmerz mit dir teilen. Du … forderst nie etwas zurück! Ich glaube, du solltest deinen Rat selbst beherzigen und auf dein Herz aufpassen!“ Er hörte schweigend zu und als sich ihre violetten Augen in seine stahlen, erwiderte er ihren Blick lange. Seine Miene war musternd und er schien das, was sie sagte, in Einklang mit dem zu bringen, was er empfand. Ob sie Recht hatte? Yedan brauchte einen Moment, um zu reagieren. Dann jedoch nickte er langsam und lächelte schief. „Vielleicht hast du Recht. Aber manchmal reicht das nicht aus…“, meinte er und schon wieder nur undurchsichtig! Es lag Bitterkeit in seinen Worten und doch kannte sie den Grund nicht dafür. „Manchmal muss man das Leben ertragen, wie es ist und kann nichts daran ändern…“, murmelte er, den Blick bereits von ihr abgewandt und seufzte als wäre sie nicht neben ihm und könnte erkennen, dass er schwer an etwas zu knabbern hatte. Sie war wohl auf der richtigen Spur, das konnte sie an seiner Haltung ausmachen. Er lächelte ihr noch mal aufmunternd zu, als wäre sie diejenige, die es gebrauchen könnte, ehe er sich erhob. „Ich mache noch eine kleine Runde, dann komme ich zurück und morgen sehen wir zu, dass wir den Euwin überqueren und den Neldoreth erreichen.“. Er flüchtete. Sie konnte es klarsehen, er flüchtete mit seinen Gedanken vor einer Vergangenheit, die ihm Schmerzen bereitete. Und er konzentrierte sich lieber auf sie, auf ihre Sicherheit und dass sie das bekam, was sie wollte. Er nahm sich zurück, nahm sich nicht wichtig und überließ ihr den Vortritt. Er lächelte ihr erneut kurz zu, wollte sie beruhigen, dass er gleich wieder da wäre und machte sich auf den Weg, mit seinem Bogen, um nach dem Rechten zu sehen. Ob Rhuna wartete oder die Müdigkeit sie einholte war nicht entscheidend, denn der nächste Morgen kam mit lautem Vogelzwitschern und den Sonnenstrahlen, die ungewöhnlich heiß auf ihrer Nase brannten.
Sofort beim Aufwachen war klar: Es würde heiß werden. Die Luft war stickig und stand, kein Lüftchen wehte. Wo am Abend noch Kühle einen Regenguss versprochen hatte, wurde diese Hoffnung am Morgen zunichte gemacht. Das Feuer war runtergebrannt, Sand bedeckte mögliche Glutnester. Yedan kam gerade auf sie zu, als sie erwachte. Er lächelte leicht und reichte ihr eine der Bananen, so wie einige Beeren zum Frühstück. „Füll‘ deine Flasche noch am Fluss auf, bevor wir weitergehen.“, riet er ihr und sobald Rhuna vollständig erwacht und fertig für die Reise war, würde es auch schon wieder losgehen.

Der Tag war… lang. Er war mühsam und auch wenn der Urwald sich dieses Mal gnädig erwies und der Weg am Fluss entlang nicht allzu beschwerlich war, war doch die Luft und die Hitze das Problem. Raji lief neben ihnen ebenfalls langsamer her. Er hatte das Maul immer öfter offenstehen und wenn sie das Ufer des Flusses verließen, um Hindernissen auszuweichen, nutzte er jede noch so kleine Wasserpfütze aus, um sich zu erfrischen. Auch Yedan litt unter der Hitze. Sein nackter Oberkörper schimmerte zunehmend und sein dunkles Haar klebte an seiner Haut. Es war schlicht und ergreifend eine Tortur. Dennoch hielt der Sarier an ihrem Plan fest. Er führte Rhuna bis an die Grenze zum Neldoreth, um sich dann endlich dem Fluss zuzuwenden. Hier zeigte er wiedermal, wie gut er sich auskannte und wie achtsam er gegenüber der Shyáner war. Bevor sie die fließende Grenze von Kapayu und Neldoreth überschritten, bog Yedan ab und musste sich zusammen mit ihr durch einige dichter werdende Ranken kämpfen. Rhuna konnte den Fluss weiter hören, auch wenn sie ihn seit Stunden nicht mehr gesehen hatte. Bis Yedan innehielt und auf sie wartete, bis sie sich ebenfalls durch das Grün gekämpft hatte. „Bist du bereit?“, lächelte er sie verschmitzt an, ehe er sie um eine engstehende Baumreihe führte und nur ein paar wenige Schritte später zeigte, dass sie offenbar eine Anhöhe erklommen hatten. Rhuna konnte auf einen Wasserfall blicken, der zwar nicht reißend und tosend lärmte, aber doch imposant war. Der Kapayu war, wie sie auf ihrem Marsch feststellen konnte, aufgebaut wie ein Schichtwald. Man merkte manchmal gar nicht, dass man einem Weg folgte, der auf erhöhte Plateaus führte oder in eine tiefe Senke glitt. Hier jedenfalls tat sich unter ihnen ein See auf, der sich natürlich gebildet hatte. Er war deutlich umfangreicher als die kleine Oase am ersten Abend und lud in jedem Fall ein, zum Schwimmen. Gerade nach dem Marsch! Yedan legte Bogen und Köcher ab und grinste ihr noch mal entgegen, bevor er, ohne zu zögern vom Plateau sprang und platschend im Nass landete. Einen Moment war an seiner Stelle nichts mehr zu sehen, sondern nur das aufgeschäumte Wasser, ehe seine schwarzen Haare auftauchten und er einen zufriedenen Ruf ausstieß. Er lachte! „Komm runter! Das ist herrlich erfrischend!“, rief er Rhuna zu und schwamm einige Meter beiseite, um ihr – falls sie springen wollte – Platz zu machen. Yedan tauchte, genoss das Nass und erfrischte sich ausgiebig. Sie gönnten sich einen Moment Pause, erholten sich -entweder schwimmend oder anderweitig-, aßen etwas, was Rhuna ihnen kredenzte und trockneten in der warmen Luft. Es waren ausgelassene Momente. Die Schwere vom Vorabend war verflogen und während die beiden ein wenig plänkelten, zogen sich über ihren Köpfen langsam die Wolken zu. Nach einigen Stunden der Pause, drängte Yedan zum Weitergehen. Er wollte den Neldoreth noch erreichen und der See war die perfekte Stelle gewesen, um an das andere Ufer zu schwimmen. Hier führte er, nachdem er Bogen und Köcher bereits zu ihnen geholt hatte, sie weiter und weiter, bis sie erneut die fließende Grenze erreichten.

Rhuna folgt dem Weg zu Unter den Blättern des Neldoreth
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