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Die Spur des Windes

Verfasst: Dienstag 21. Dezember 2010, 19:58
von Erzähler
Isildur kommt von Leuchtende Wolken?

Der Weg zur Luftakademie gestaltete sich als netter Spaziergang. Das Trio passierte aneinandergereihte Häuser mit wolkenartigen Dächern und weißen Mauersteinen, kleinen Vorgärten mit flauschigen Blumenbeeten und einer Menge ähnlich gestalteter Parkanlagen. Sie kamen an einer Koppel vorbei, in der junge Pegasusfohlen miteinander spielten. Ihre Schwingen besaßen noch nicht die nötige Stärke, um sie abheben zu lassen.
Die ersten Sonnenstrahlen begleiteten sie auf ihrem Weg. Sie wanderten über den Rand der schwebenden Stadt hinaus, erklommen die Häuser und erhellten schließlich alles mit ihrem Schein. Vögel zogen über Hymlia hinweg. Erste Bürger verließen ihre Behausungen. Ein neuer Tag brach an.
Helior schlenderte voraus, die Hände gemächlich auf dem Rücken gefaltet. Allzu eilig hatte er es nicht. Trotzdem ging er mit der nötigen Geschwindigkeit, um Isildur und Sylcia immer ein paar Schritte voraus zu sein. Er gönnte der Hymlianerin, mal mit dem Elfen so gut wie allein zu sein.
Sylcia spazierte gedankenversunken neben Isildur her. Immer wieder warf sie ihm einen verträumten Blick zu, musterte seinen Zopf oder betrachtete sich die Art wie er ging, seine Haltung oder das leichte Heben und Senken seines Brustkorbes. Sie war wie verzaubert. Schließlich, als Helior gerade um eine Ecke bog und somit für kurze Zeit außer Sicht- und Hörweite war, sagte sie: "Ich war es, die dein Ohr gekrault hatte. Myrjala meinte, das magst du. Ich … mache das gern wieder, wenn du möchtest. Ihr Elfen habt sehr weiche Ohren." Jetzt mied sie bewusst Isildurs Anblick und so plötzlich wie sie gesprochen hatte, verfiel sie auch schon wieder in Schweigen. Diese Stille hielt an, bis man erneut die Luftakademie erreichte.
Isildur und seine Schwestern waren schon einmal hier gewesen, in den Hallen der Himmelsreiter. Dieses Mal aber führte Helior den Elfen in die Akademie selbst hinein. Sie besaß große, offene Fenster, die breite Simse besaßen. Man konnte sich dort bequem hinsetzen oder –legen. Auch Pegasusreiter landeten bisweilen dort, in den Akademiehallen jedoch eher seltener, denn die Magier bevorzugten Ruhe, mussten sie sich doch konzentrieren.
Männer und Frauen in langen Seidenroben, aufgebauschten Gewändern oder mit scheinbar selbstständig in der Luft schwebenden Bändern, die an Haaren oder Kleidung befestigt waren, kamen an dem Trio vorbei. Einige grüßten Helior, andere musterten Isildur interessiert.

"Ich habe mit den Magiern vereinbart, dass wir uns im Westflügel treffen", sagte Helior und genau dort führt er seine Begleiter hin. Der Westflügel zeichnete sich durch einen großen Lesesaal aus. Hier studierten die jungen Magier in gesammelten Chroniken hymlianischer Aufzeichnungen. Diese türmten sich zu Hauf in meterhohen Regalen. Von langen Querbalken hingen Banner herab mit Weisen und Lehrzitaten berühmter Hymlianer.
Lausche dem Wind, er erzählt von fernen Ländern, hieß es da oder Erst wenn du mit der Luft zauberst, wie du sie atmest, kannst du dich wahrlich Magier nennen. Unter einem Banner, auf dem mehrere Lehrsätze eines Luftmagiers namens Platio verzeichnet waren, standen zwei ältere Herren. Ihr Haar war weiß wie Schnee und beide pflegten es, offen und lang zu tragen. Auch in Statur und Kleidung unterschieden sich die Männer nicht voneinander. Sie waren hoch gewachsen, sehr schlank und eher schmächtig gebaut. Die Roben aus weißer Seide, unter denen Untergewänder blauen Stoffes hindurch schimmerten, raschelten bei jeder Bewegung. Luftwirbel waren in sie eingewebt, die sich immer wieder zu neuen Mustern zu formen schienen. Beide Männer trugen dunkelblaue Stirnbänder, sowie jeweils eine schwere Kette, die bis zur Bauchmitte reichte. Daran hingen magische Symbole aus irgendeinem weißen Gestein.
Zwei Paare eisblauer Augen musterten Helior, Isildur und Sylcia, als sie auf die Männer zu kamen. Es bestand kein Zweifel, dass diese beiden Zwillinge waren.
"Ich grüße euch, Rih und Tuuli." Die Angesprochenen neigten die Köpfe. Selbst ihre Bewegungen waren gleich! "Würde es euch etwas ausmachen, celcianisch zu sprechen, damit unser Gast Isildur euch versteht?"
"Gewiss nicht", sagte der eine.
"Aber gern", meinte der andere.
Ihre Stimmen besaßen etwas Rauchiges und waren kaum voneinander zu unterscheiden. Der Erstere – es handelte sich um Tuuli – klang kaum merklich höher als sein Bruder, aber dazu musste man schon ein Gehör wie Isildur besitzen, um es überhaupt wahrzunehmen.
"Du wolltest noch jemanden mitbringen wegen der Spur, die wir im Wind gefunden haben", stellte Rih fest.
"Sind das die beiden? Dann können wir ja mit unseren Auslegungen beginnen", antwortete Tuuli. Es war nicht ganz einfach beiden zuzuhören.
"Wir fanden Spuren des Pegasus Wolkenschwinge im Wind, der mit Sylcias Rückkehr bis nach Hymlia kam."
"Wir konnten die Spur zurückverfolgen und das Gebiet eingrenzen, in dem sich dein verschollener Freund nun aufhalten muss." Rih lächelte zuversichtlich, was Sylcia hoffnungsvoll strahlen ließ. Vor lauter Glückseligkeit und Aufregung griff sie nach Isildurs Hand, hielt sich daran fest und bemerkte es nicht einmal.
Einer der Magier – Rih oder Tuuli? – fuhr mit seinen Erläuterungen fort: "Es kostete uns weitaus mehr Mühe, das Gebiet zu benennen als es ausfindig zu machen. Wir in Hymlia haben so gut wie keine Karten der Bodenwelt."
"Glücklicherweise fanden wir aber Aufzeichnungen über Gebirgsspitzen und da sich dein Pegasus derzeit wohl sogar unter der Erde befindet –"
"Unter der Erde?!" Helior riss die Augen auf. Wie konnte ein geflügeltes Pferd nur unter die Erde geraten? Er tauschte Blicke mit Isildur und Sylcia. Dann weiteten sich seine Augen noch mehr, aber er setzte ein Lächeln auf. Ihm war das Händchenhalten aufgefallen. Die Magierzwillinge ließen sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Sie nickten zeitgleich. "Ja, unter der Erde", sprachen sie im Chorus. "Und es kommt noch bizarrer. Dort sollen kleine Leute leben. Wir wissen nicht genau, ob es Menschen sind, aber sie besitzen eine Stadt im Stein, so vermuten wir."
"Es ließen sich viele Minerale aus den Windspuren ablesen. Einige haben Geruch und Geschmack von bearbeitetem Metall."
"Wir konnten das Gebiet eingrenzen. Die Bodenzacken nennen sich Draigongebirge oder so ähnlich. Es soll dort viele Luftelementare geben."
"Wir empfehlen, zuerst nach diesen zu suchen und sie um Hilfe zu bitten. Anschließend sollte ein Weg unter den Stein gesucht werden."
Helior hob beide Hände, damit die Brüder in ihrem Redefluss stoppten. Er schaute zu Isildur herüber. "Verfügt deine Schwester nicht seit neuestem über einen Luftelementar? Der könnte euch helfen, dieses Gebirge zu finden. Zu schade, dass sie und Yavanna jetzt zwei Tage fort sind. Hm, sie sollten sich doch finden lassen, wenn sie Hymlia nicht verlassen haben. Es wäre die beste Möglichkeit, die Suche nach Wolkenschwinge fortzusetzen."
"Wo könnten sie stecken?", fragte Sylcia nun, die es plötzlich gar nicht abwarten konnte, sich auf den Weg zu machen. Die Hoffnung, ihren Pegasus bald wiederzusehen, ließ ihr Herz wild auf und ab hüpfen – oder war es die Tatsache, dass sie bemerkt hatte, wie ihre Hand Isildurs hielt?

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Donnerstag 23. Dezember 2010, 15:21
von Isildur Ranarion Ni'Tessin
Isildur war über die Frage von Helior verwundert. Natürlich kannte er Türen, doch alles mit Türen zu versperren war ihm nicht bekannt. Neldor hatte eine Tür, doch wusste er das besonders die Waldelfen den angeblichen Nutzen einer Privatatmosphäre dort hinter nicht verstanden. Waldelfen, wie Isildur, sagten deutlich, wenn sie tatsächlich ihre Ruhe brauchten oder suchten sich einen Platz, wo keiner störte. Wie Isildur auf hohen Bäumen oder tief im Wald.
Neldor neigte nicht umsonst dazu, die Tür abzuschließen, damit er nicht beim Zaubern gestört wurde.
So begriffen selbst die stursten Elfen, dass kein Zutritt gewährt wurde.
Die Waldelfen hatten in ihren Behausungen keine Türen. Sie legten in Zelten, In magisch geformten Baumhöhlen oder den freien Himmel. Doch woher sollte Helior das wissen.
Doch Isildur hatte nie das Bedürfnis gehabt dort zu stören.
Überhaupt war das Lager in seinem Dorf für allen offen. Es kam auch schon mal vor, das man in einem anderen Zelt schlief. Die Gemeinschaft war groß und scheu, dass man bei etwas überrascht wurde, kam selten vor. Jeder ging mit allen ziemlich gelassen um. Wer sich gestört fühlte, der sagte es. Und nach Isildurs Meinung, wer sich das nicht traute, hatte selber schuld.
Doch bevor Isildur darauf reagieren wollte, hörte er lieber weiter zu. Er bemerkte mit einem Stirnrunzeln wie Helior plötzlich abwesend war.
die hängen wohl alle mit dem Kopf in den Wolken. Seltsame
Menschen…was ?...genau das richtige Volk für Myrjala und Yavanna

Er sah Helior deswegen ziemlich geschockt an, als dieser erklärte, dass man wohl doch aus Hymlia fallen konnte.
oh, nein…mach dich nicht verrückt…meine Schwestern sind zwar neugierig, doch sie kennen Gefahr…zumindest Yavanna. …so was Dummes würden sie nicht machen…Es wird nichts passieren…Ruhig…aber wo ist ihre Mutter?... oh!... sie hat keine Eltern mehr? Kein Wunder das sie so ist…hmm
Isildur sah zur Tür, von wo man die Geräusche von Wasser hören konnte. So entging ihm fast das Grinsen im Gesicht von Helior. Die Bemerkung bezüglich des Liebhabers quittierte Isildur mit einem schrägen Seitenblick.
„brauchst nicht so zu grinsen“ antwortete er nur darauf.
Als Antwort bekam Helior nur einen leichten Schlag auf den Oberarm zurück. Der bei Isildur grundsätzlich etwas heftiger ausfiel.
Tatsächlich hielt er Helior für robuster.
„ wir nehmen sie mit…“ und er selber konnte sich jetzt ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dies wurde sogar ein Spur breiter, als Sylcia an ihm vorbeirauschte.
sie ist ein reiner Wirbelwind…


Dann machten sie sich gemeinsam auf den Weg. Der Weg war nicht lang und Isildur versuchte seinen Drang sich nach seinen Schwestern umzuschauen nicht nachzugeben. Doch er blickte sich aufmerksam um. Vielleicht sah man sie ja doch. Mehr und mehr faszinierten ihn jedoch die seltsamen Häuser und die fast farblose Natur.
Jetzt da die Sonne höher und höher stieg, wurde ihm bewusst, wie auffällig er hier war. Ein Umstand den Isildur gar nicht mochte. Er schritt wachsam und vorsichtig voran. Ernst blickte er und konzentriert. ich falle hier viel zu sehr auf…keine Deckung…hmm… die Menschen hier sind fast schon Ton in Ton…sie sind verträumt…alles wirkt wie im Taum..oh! …na hier würden bestimmt Myrjala und Yavanna die Zeit verbringen…Jungtiere sind schon immer etwas für die beiden gewesen…sind ja auch niedlich, die Fohlen.…aber weiter…bilde ich mir das ein? …sie beobachtet mich…irgendetwas muß ich gemacht haben…hmm, ob sie das mit meinen Ohren war?
Gerade wollte Isildur zu seiner Frage ansetzen, da sah ihn Sylcia an.
"Ich war es, die dein Ohr gekrault hatte. Myrjala meinte, das magst du. Ich … mache das gern wieder, wenn du möchtest. Ihr Elfen habt sehr weiche Ohren."
Myrjala!?...du kleines Biest…aber schön war es
„ meine Schwester also, hmm…war sehr schön. “ erwiderte Isildur sanft. Er musste unwillkürlich grinsen, als er bemerkte wie sie zu Boden blickte.
du bist wirklich scheu… süß…

Sie schlossen wieder zu Helior auf, der zwischenzeitlich mal seinen Schritt drosselte oder anzog.
du weißt was sie für mich empfindet, oder?...soso,…na mit dir rede ich noch…
Sie erreichten bald die Halle der Himmelsreiter. Kurz blieb der Elf davor stehen. Er holte tief Luft. Zwar wusste Isildur, dass in diesem Gebäude wegen der Pegasi keine Enge herrschte, jedoch überkam ihm eine Bekommenheit.
Gebäude war Gebäude.
nur keine sorge…dort ist es nicht eng…du warst dort schon mal drin…ruhig…durchatmen Tatsächlich war er jetzt sogar eine Spur nervöser als beim letzten Mal. Seine Schwestern würden wohl sich vor lachen auf den Boden kringeln. Ihr Bruder machte alles, wenn es als Vorbild oder um Hilfe für seine Familie ging, doch ging es um ihn selber, hatte auch er seine Probleme.
So strich er sich eine Strähne aus dem Gesicht, atmete tief durch und betrat die Hallen der Himmelsreiter.
„ Wo lang?“ fragte er noch Helior, doch dieser schritt schon voraus und zeigte so den Weg.
Nach Sylcia sich umschauend, ob sie mitkam schritt Isildur mit hoch erhobenem Kopf weiter. Sein Herzschlag war am rasen und er drosselte gewaltsam sein Tempo, doch sobald er die Weite des Raumes sah, beruhigte er sich. Auch konzentrierte er sich auf Sylcia, damit er ruhiger wurde. Bilder, was die letzte Nacht hätte geschehen können, spielten sich in seinem Kopf ab. So lächelte er kurz verschmitz sie an.
Sie liefen durch die Akademie und seine Aufmerksamkeit wurde mehr und mehr von diesem eingenommen. Er staunte nicht schlecht, dass hier alles nicht nach Papier wie bei Neldor roch. Es roch nach Wind und Luft. Genüsslich zog er den Geruch ein. Unbekanntes mischte sich mit dem vertrauten Gerüchen von Helior und Sylcia. Besonders Sylcias war wurde ihm mehr und mehr vertrauter.
kein Wunder…ich hatte sie heute Nacht im Arm gehabt…es ist wirklich ruhig hier…sie wirken alle so friedlich….ohne Sorgen….fast schon zu sorglos
Isildur wurde von Helior zu zwei Männern geführt. Zwillinge.
Der Waldelf gesellte sich zu Helior, die Arme wie so oft vor der Brust verschränkt, nickte er den beiden Magiern begrüßend zu.
typisch Magier… sehen fast gleich… Tuuli klingt höher ..und riecht feiner….so ähnlich sind sie dann doch nicht….
"Du wolltest noch jemanden mitbringen wegen der Spur, die wir im Wind gefunden haben"
Tuuli
"Sind das die beiden? Dann können wir ja mit unseren Auslegungen beginnen"
Rih!...sie reden abwechselnd…. Der eine führt tatsächlich das andere fort… ist das immer bei Zwillingen?… eigentlich kenne ich nur Draug und Finrod…und sie sind wesentlich verschiedener Natur…und sie sehen verschieden aus
„ Eigentlich fehlen noch meine Schwestern, doch die scheinen die Stadt zu erkunden. Ich werde sie informieren.“
Da Isildur die beiden auseinander halten konnte, so kam er gar nicht in die Zwickmühle, ihnen nicht folgen zu können. Er schenkte so immer dem die Aufmerksamkeit, der gerade sprach.
"Wir konnten die Spur zurückverfolgen und das Gebiet eingrenzen, in dem sich dein verschollener Freund nun aufhalten muss."
„ das ist gut“
Isildur merkte wie etwas seine Hand ergriff. Er blickte runter. Sylcia hielt seine Hand. Ihre Haut war weich und warm.
merkt sie das überhaupt… Sein Daumen strich zärtlich über ihre Finger.
Er lächelte ihr zuversichtlich zu.
Tuuli und Rih fuhren fort.
„ Wie? Unter der Erde?...“ Isildur sah Helior ebenso geschockt an, wie dieser.
Unter der Erde bedeutet enge…das wird nicht klappen…wir sind nicht für so was gemacht…aber ich habe gesagt, ich helfe…das wird mehr als hart
Isildur drückte etwas mehr die Hand von Sylcia, nicht so stark, dass sie verletzt wurde. Es beruhigte ihn ein wenig. Er schluckte hart.
„Zwerge?“ Isildur sprach es laut aus.
„ Zwerge leben in Steinbauten…“ teilte er den Anwesenden mit.
Isildur war selber nie Zwergen begegnet, jedoch kannte Myrjala welche. Sie hatte damals davon berichtet. Doch leider hatte Isildur nicht viel mitbekommen. Seine Aufmerksamkeit ging in ihrem Redefluss unter. Aber er wusste, dass Zwerge klein waren, unter der Erde in Steinbauten hausten und sich gerne mit Erdmineralien umgaben.
„ gute Idee…aber das Gebirge ist mir auch fremd, ich komme nicht aus diesem Land…Luftelementare…hmm“ Der Waldelf wurde von helior unterbrochen.
„ …hat sie…ja… da kann sie noch mehr Unsinn anstellen…wäre eine Möglichkeit…ebenso sollten wohl auch die Menschen dieses Dreigongebirge kennen… „
Er zeigte nach unten.
„…die unten hausen…dann hätten wir eine Richtung. Sie finden?...sie sind ziemlich auffällig…jedenfalls hier oben…ich kann sie notfalls wittern, dann würde es schneller gehen, dann folge ich direkt ihre Spur. …Wir sollten uns auf machen…Zeit ist kostbar“ Er sah Sylcia ermutigend an.
Isildur hatte zwar nicht Lust schon wieder eine Wandlung durchzuführen, jedoch würde es schneller gehen. Er konnte zwar Nachtschatten auch beauftragen.
Nur hatte er diesen bis jetzt nicht gesehen. Das konnte bedeuten, dass seine Schwestern ihn dabei hatten. Auch verstand der Wolf den Elfen nicht so gut und Nachtschatten war meist immer etwas gereizter, wenn Isildur eine Wandlung zuvor gemacht hatte. Wahrscheinlich verstörte ihn der Umstand, dass der Bruder von Yavanna mal ein Elf, mal ein Wolf war. Außerdem neigten die beide zum Konkurrenzkampf über die Alpha –Position im Rudel.
„ Sie hatten eine Nachricht hinterlassen…danach wären erst in zwei Tagen zurück. Keine Ahnung wo sie sind….wir sollten sie suchen...wir holen die beiden, dann kommen wir zurück. Helior, komm!“
Auf Magie zurückzugreifen fiel ihn nicht ein. Wie gesagt, Isildur mochte Magie nicht so sonderlich und nur wenn er überhaupt nicht weiter wusste, akzeptierte er sie.
Er nickte den Zwillingen nochmals zu, dass war seine Art des Danke sagens und drehte sich zum gehen. Sylcias Hand hielt er noch immer fest. .
„ Sylcia, ich brauche einen ruhigen Ort , wenn ich mich wandel…von der Leuchtwolke aus, ziehen wir dann los…oder eine andere Idee?“
Fragend sah er die beiden an. Nicht das Isildur seine Entscheidung nicht schon getroffen hätte. Er würde sich wandeln, seine Schwestern aufspüren und los.Sie mussten sich beeilen, also dann auf den schnellsten Weg. Wer wusste schon, was mit dem Pegasus war.



Sorry, das der post so lang geworden ist.. :drop:

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Sonntag 26. Dezember 2010, 00:23
von Erzähler
Helior schmunzelte über Isildurs Sorge. Er hatte es ja ganz schön eilig. "Deine Schwestern werden schon nicht aus allen Wolken fallen", kicherte er. Aber er meinte es sogar ernst. Myrjala und Yavanna mochten etwas chaotisch sein - besonders Myrjala -, aber bisher hatten beide weitaus weniger verträumte Eindrücke auf den Hymlianer gemacht als seinesgleichen. Sie würden schon schauen, wo sie ihre Schritte setzen.
Er selbst war zielstrebig und absichtlich ein wenig schneller gegangen. Isildur und Sylcia sollten ruhig ein wenig ungestört sein. Er mochte die verwaiste junge Frau, gönnte ihr vor allem das Glück, sich in jemanden verliebt zu haben. Außerdem schien der Elf zu erwidern, wenngleich er es nicht offen zugab - noch nicht. Sein Knuff gegen Heliors Schulter hatte so viel mehr ausgesagt. Der Hymlianer rieb sich über die Stelle. Das würde einen blauen Fleck geben, denn es schmerzte immer noch, wenn er die Muskeln drückte.

Sylcia hingegen war frei jeglichen Schmerzes. Sie fühlte sich wie im Himmel und dazu hätte sie nicht einmal in Hymlia sein müssen - nur in Isildurs Nähe. Als er entgegnete, dass ihre Ohrenkraulerei sehr schön gewesen sei, schlug ihr das Herz bis zum Hals. Rasch drückte sie beide Hände gegen die Brust, damit es nicht durchbrechen und davon hopsen konnte. Ihr Gesicht fühlte sich heiß an, denn die Wangen färbten sich rot, ebenso wie ihre Ohren. Selig lächelte sie. Nichts konnte diesen Moment zerstören.
Erst als Isildur plötzlich stehen blieb, stoppte auch sie, schaute fragend zu ihm auf. Sie standen vor der Luftmagie-Akademie. Helior war bereits durch das Eingangsportal verschwunden. Warum also war Isildur stehen geblieben? Sylcia betrachtete ihn. Erstmals schien es, dass sich sein Blick änderte. Sylcia konnte ihn nicht genau deuten. Hat er Angst? Nein, Isildur doch nicht! Trotzdem wirkte es so. Er atmete auch ganz anders. Sylcia presste die Lippen aufeinander. Sie wollte sich selbst das Bild ihres strahlenden Elfen nicht brüchig werden lassen, also entschied sie, ihn zu stärken. Sanft legte sich ihre Hand in sein Kreuz und mit noch sanfterem Druck schob sie ihn voran. Dabei sagte sie nichts, schaute ihn nicht einmal mehr an. Sie blickte geradeaus in die Halle, die sie betreten würden. Helior wartete bereits. Zum Glück setzte sich Isildur in Bewegung.
Sylcia wich nicht von seiner Seite. Ihre Hand behielt sie in seinem Kreuz, streichelte gar verstohlen mit dem Daumen über die Kleidung des Elfen.

In der Akademie selbst traf das Trio auf ein Duo. Rih und Tuuli, die beiden Hymlianer-Zwillinge, konnten einiges an Informationen über Wolkenschwinges Verbleib liefern. Leider erfuhren sie auch, dass sich der Pegasus wohl unterhalb des Erdbodens befand. In diesem Moment spürte Sylcia - die Isildurs Hand ergriffen hatte - leichten Druck, der darauf ausgeübt wurde. Sie blickte wieder flüchtig zu dem Elfen hoch. "Shhh", hauchte sie, kaum hörbar. In ihren Augen hatte dieser Mann keine Angst, das würde sie sich niemals eingestehen. Er hatte sie, zusammen mit seinen Schwestern und den Blauelfen, welche nicht mehr hatten mitreisen wollen, aus dem komischen Ofen befreit. Er wollte Wolkenschwinge für sie finden und er konnte sich sogar in einen Wolf verwandeln, obwohl es ihn anstrengte, vielleicht auch schmerzte. Sylcia konnte nur noch Bewunderung für diesen spitzohrigen Helden an ihrer Seite aussprechen.

"Was sind Zwerge?", fragte sie jedoch, abgelenkt von dem Gespräch mit den beiden Luftmagierin. Die Magier schauten auch nicht minder verwirrt drein. Sie zuckten mit den Schultern. "Kennen wir nicht", meinte Rih. "Nie gehört", antwortete Tuuli. Auch Helior konnte mit dem Begriff nichts anfangen. Erst als Isildur eine kurze Erklärung zu Zwergen abgab - so viel wie ein Elf selbst eben über die zu kurz Geratenen wissen konnte - ließen die übrigen ein verstehendes Seufzen erklingen.
"Ihr meint also, diese kleinen Leute im Boden, das sind Zwerge?"
"Haben wir endlich einen Namen für sie, Bruder. Wir sollten ihn schriftlich festhalten." Tuuli schritt quer durch den Raum, um sich von einem der Tische Feder, Tinte und Pergament zu stibitzen.
"Unbedingt, lieber Bruder. Zwerge ... ein hart klingendes Wort. Es fehlt jegliche luftige Nuance darin."

Sollten die Magierzwillinge weiterhin über die Zwerge nachdenken, Isildur wollte aufbrechen. Er hatte es plötzlich noch eiliger, aber die Zuversicht, die er Sylcia vermittelte, ließ auch diese hektischer werden. "Ja, gehen wir. Der liebe Derat könnte uns zurück auf das Bodenland von Celcia bringen."
Helior folgte Isildur und Sylcia, die sich wieder bei ihm eingehakt hatte. Sie waren rascher aus der Luftakademie draußen als sie herein gekommen waren. "Und nun?", fragte die Hymlianerin. "Wie sollen wir deine Schwestern finden?" Doch Isildur gab sofort Antwort. Er würde sich erneut in die wölfische Form begeben. Die Hymlianerin strich daraufhin sofort über die Silbersträhnen in seinem Haar. "Nochmal ein Wolf? Sagtest du nicht selbst, es ist schwierig?"
Auch Helior blickte skeptisch. Er hatte gesehen, wie es Isildur ergangen war, als sich dieser in Wolf und zurück in Elf verwandelt hatte. Er glaubte nicht, dass es ein leichtes war, die Gestalt zu wechseln. Trotzdem würde er ihn nicht daran hindern.
"Ruhige Orte gibt es genug. Hinter der Luftakademie steht ein Pavillon in einer kleinen Parkanlage. Den könntest du nutzen." Er zeigte zu einem umzäunten Park herüber. Auch hier besaßen die Bäume weiße Blätter, die Blumen nur pastellfarbene, blasse Töne und sogar das Gras wuchs in einem milchigen Weiß aus dem hymlianischen Wolkenboden. Zwischen all dem Bewuchs stand ein schöner Pavillon mit weißem Dach und Holzstreben, die es hielten. Die Stufen, die auf das erhöhte Podest der Laube führten, waren blau gestrichen worden, ebenso wie die Bank, die im Pavillon stand und Besucher erwartete. Weiße Ranken schlängelten sich an den Streben herauf. Von ihnen hingen blassrosa Beeren herab, die nicht einmal traubengroß waren. Ein romantischer Ort. Ob Helio ihn absichtlich genannt hatte?

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Sonntag 2. Januar 2011, 15:59
von Isildur Ranarion Ni'Tessin
Der Elf hatte diese Reaktion von dem Zwillingen innerlich erwartet. Kaum erfuhren sie mehr, so reagierten sie wie jeder, der gerne Wissen weitergeben wollte. Meist in geschriebener Form. Selbst seine Schwester Yavanna hatte ein Buch, wo sie neue Erkenntnisse oder Pflanzen eintrug. Angeblich nur, weil der Magier Neldor vom Heimatdorf sich dafür interessierte.
Neldor selber schrieb auch alles nieder was in seinen Augen wissenswert und weitergetragen werden sollte, nieder.
Mal nebenbei das Isildur nicht schreiben konnte, hatte der Waldelf kein Verständnis für so was. Das Wichtigste lernte man auch ohne Bücher. Er konnte lesen was die Natur ihn mitteilte, das reichte dem Elfen.
So verdrehte er nur die Augen als die beiden Magier ihre neue Information über Zwerge gleich aufschreiben mussten.
ist wohl überall gleich…Magier
Sylcia war inzwischen auch zum Aufbruch bereit und konnte es wohl nicht mehr abwarten.
"Ja, gehen wir. Der liebe Derat könnte uns zurück auf das Bodenland von Celcia bringen."

Ein verächtliches Schnaufen kam über Isildurs Lippen. Er mochte Derat einfach nicht…und mit dem Drachen fliegen fand er noch schlimmer. Doch es schien die einzige Möglichkeit.
“ ja…der Drache könnte das…Schwierig ist das falsche Wort, es kann sehr anstrengend und auch schmerzvoll sein. und einen Teil von mir selbst kosten… vergesse nicht, was einst Neldor zu dir gesagt hat… das Blut ist wild und Elf und Wolf werden Zeiten haben, wo sie kämpfen…aber nicht heute. Ich denke, der Traum war der Beweis. Es ist beides ein Teil von mir… doch keine Angst, der Schmerz gehört dazu…lasst mich dann kurz allein. Und so oder so, komme ich nicht ums Haare einfärben herum. Mein Körper ist gestärkt und mein Geist auch, es wird schon klappen.”
Auch Helior sah skeptisch drein. Er hatte die erste Verwandlung von Isildur mitbekommen und kannte ihre Auswirkung auf den Elfen, doch schien er die Nützlichkeit der Verwandlung erkannt zu haben.
“Ruhige Orte gibt es genug. Hinter der Luftakademie steht ein Pavillon in einer kleinen Parkanlage. Den könntest du nutzen."
Auf den Vorschlag von Helior nickte Isildur diesem dankbar zu. Das was Isildur sah, wirkte vielversprechend. Aber es war fast schon eine Spur zu romantisch.
Er sah dem Hymlianer mit einer hochgezogenen Augenbraue fragend an.
versuchst du mich von meiner Arbeit abzuhalten?… denkst du, ich lasse mich ablenken?
Der Ort den Helior genannt hatte war wahrlich traumhaft und lud förmlich dazu ein. Die dezenten Farbtöne verstärkten den Eindruck sogar noch.
Isildur , der eigentlich kräftige Grüntöne bevorzugte, wusste innerlich jedoch zugeben, dass es was hatte. Viele Frauen würden wohl so einem Ort mehr als nur romantisch einfinden. Doch war Isildur nicht gerade der Romantiker schlechthin.
Und irgendwie hatte er dass Gefühl nicht richtig hier zu sein. Es war wie eine Schlinge, die sich um seinen Hals legte. Ein Gefühl, dass er kannte, wenn er auf eine feste Partnerschaft angesprochen wurde.
Isildur konnte es sich nicht vorstellen.
Er war, jedenfalls seiner Meinung nach, viel zu jung. Und eine Bindung an nur einem Partner war nicht immer üblich bei den Elfen.
Er mochte Sylcia wirklich. Mit ihr der Liebe frönen, hatte seinen Reiz auf ihn.
Sie strahlte etwas aus, was er nicht differieren konnte. Sie war die erste Person außer seinen Schwestern, die ihn als Wolf geflauscht hatte. Sie hatte ihm die Ohren gekrault, als er schlief. Er hatte gespürt, wie er besitz ergreifend nach ihr wurde.
in Ordnung, ich gebe ihr Klarheit… und sie kann dann selber entscheiden… verdammt ich belüge mich doch selber. …gerne würde ich doch die Zeit für etwas schönes benutzen…nein, erst den Pegasus finden… danach hat man vielleicht die Zeit
Doch wie sollte er mit ihr reden, wenn Helior gleich neben den beiden war. Den Elfen mochte es nicht stören, doch Sylcia bestimmt.
“ Helior…geh mal ein paar Schritte schneller, ich muss mit Sylcia reden. Allein!”
Worte , die keinen Widerspruch duldeten.
Er nahm die junge Hymlianerin an die Hand und führte sie zum Pavillon.
“ Hör zu…” Er atmete tief durch. Verletzen wollte er sie nicht, aber wie sollte er so was sagen.
“ähm…ich bin ein Waldelf… ich glaube zu wissen, was du für mich empfindest…
Ich mag dich auch… aber ich bin keiner für eine feste Partnerschaft… das sind Elfen öfters nicht… doch ich merke, dass ich etwas mehr für dich empfinde… du bist hübsch… dein Körper fühlt sich gut an… Dein Kraulen ist unglaublich… doch erst immer die Arbeit… ich…!”
Er seufzte laut auf, drehte sich kurz weg.
Wie viel würde sie von dem verstehen, was er meinte? Ein Elf der vielen Worte war er auch nicht.
Zuhause gab es öfter, dass sich ein Elf oder eine Elfin sich mehrere Partner nahm.
Dann drehte er sich um, legte eine Hand an ihr Gesicht und drückte seine Lippen auf die ihren. Ihm war es tatsächlich mal egal, was die Arbeit sagte.

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Dienstag 4. Januar 2011, 19:15
von Erzähler
Sylcia warf Isildur einen besorgten Blick zu. "Schmerzvoll?", wiederholte sie. Das hatte sie nicht gewusst. Er sah als Wolf doch so bezaubernd aus, so niedlich. Und erst sein Fell mit all den silbernen Spuren! Nicht einmal seine Worte, dass Schmerz eben zu einer Verwandlung dazu gehörte, konnte sie vollkommen beruhigen. "Vielleicht finden wir einen anderen Weg."
Glücklicherweise erkannte Helior, dass sich Isildur nicht mehr von seinem Vorhaben abbringen lassen würde. Er führte ihn zu einem Pavillon, damit er sich dort verwandeln konnte. Diesen Ort suchten normalerweise nur Paare auf und ganz bestimmt nicht am Tag. Hymlianer waren meist Romantiker. Sie lebten ihre Romantik zu Sonnenauf- und Untergang aus. Man hatte Zeit.
Trotzdem zeigten Isildurs Haltung und Mimik, was er von diesem abgeschiedenen Ort hielt. Helior zwinkerte daraufhin nur. Sein neckisches Grinsen verriet seine Gedanken. Du solltest Sylcia erst einmal beruhigen. Ich werde auch nicht stören. Er kicherte leise in sich hinein. Zustimmend nickte er und verdrückte sich, als Isildur genau das aussprach, was er erwartet hatte. "Gut, ich spaziere ein bisschen herum." Er drehte sich auf dem Absatz seiner weißen Stiefelsohlen herum und marschierte davon. Sein Blick war zum Himmel gerichtet. Er wirkte zufrieden. Sicherlich würden sich die beiden gleich küssen! Helior grinste breiter.

Wie sehr der Hymlianer doch Recht behielt, ahnte er ja nicht. Allerdings hatte er auch nicht bedacht, dass sich Isildur wenig wohl fühlte bei dem Gedanken, sich derart eng an Sylcia zu binden. Für Abenteuer besaß er stets ein offenes Ohr, aber für ein Leben unter dem zierlichen Pantoffel einer Frau war der elfische Krieger nicht geschaffen. Noch nicht, wie er selbst fand.
So machte er Sylcia nur allzu deutlich, was er dachte. Es ging überraschend leicht, nachdem sich seine Zunge mit den ersten Worten erst einmal gelockert hatte. Die Hymlianerin stand ihm nur gegenüber, die blauen Augen weit aufgerissen und sichtlich errötend. Dieses Mal schien sie selbst zu gebannt, um verlegen den Kopf zu senken.
Ihre Hand fühlte sich mit einem Mal sehr verschwitzt an. Sie war nervös – oder enttäuscht? Eher nicht, denn sie lächelte. Ihre Gedanken kreisten um seine Worte. Isildur findet mich hübsch und das Kraulen hat ihm auch gefallen! Myrjala, du bist die Beste! Es ist alles so wundervoll! Leider berührten seine Komplimente sie derart, dass sie die eigentliche Botschaft hinter seinen Worten vollkommen überging. Möglicherweise auch deshalb, weil sie es nicht wahrhaben wollte. Isildur war doch gewiss kein gewöhnlicher Elf, der sich nicht band und eine Partnerschaft scheute. Immerhin konnte er sich auch in einen Wolf verwandeln! Irgendwie hatte Sylcia den Eindruck, dass nicht jeder Elf dazu in der Lage war. Sie lächelte noch seliger. Isildur war eben etwas ganz Besonderes. Und er mag mich. Das hat er gesagt. Ich mag dich auch.
Sie brachte es nicht über die Lippen, aber Isildur würde es möglicherweise einfach von ihnen herunternehmen können. Plötzlich waren beide in einem Kuss verbunden. Sylcia zuckte zusammen. Ihre Augen wurden noch größer, dass man sich in der Weite dieser blauen Spiegel verlieren konnte.
Sanft begann sie, den Kuss zu erwidern, zögerlich zuerst, aber dann immer zärtlicher und zugleich fordernder. Ihre Hand fuhr bis zu seiner hoch, die die glühende Wange hielt. Sylcia glaubte fast, zu brennen, so heiß war ihr. Spürte Isildur das denn nicht? Verbrannte er sich nicht? Vielleicht schmolz sie auch gleich!
Ist doch vollkommen egal. Ihr Herz pochte wild. Ihre Hand fand seine und legte sich darüber. Nicht loslassen. Es war ein so wundervolles Gefühl. Nie zuvor hatte Sylcia etwas Vergleichbares gespürt. Nie zuvor schwebte sie so leicht, so weit oben im Himmel. Das war ihr erster inniger Kuss und Isildur legte genug Leidenschaft hinein, dass sie ihn niemals wieder vergessen würde.

Irgendwann jedoch löste sich die Hymlianerin von ihrem Schwarm, denn irgendwann ging alles einmal vorbei. Das Strahlen in ihrem Blick würde allerdings noch eine ganze Weile bemerkbar sein. "Was war das denn?", hauchte sie, jedoch keineswegs vorwurfsvoll. Vielmehr war sie freudig überrascht und dankbar, dass der Elf es mit ihr geteilt hatte. Sie sehnte sich bereits nach einer Wiederholung.
"Als Wolf kannst du vermutlich nur schlecken." Ein Lachen huschte über Sylcias Züge. Sie wurde mutiger, hob noch einmal die Hand. Sanft kraulte sie Isildurs linkes Elfenohr. "Du verwandelst dich aber auch wieder zurück, ja?" Dann könnten wir … nochmal … Die aufsteigende Röte in ihren Wangen, die jetzt bis zu den Ohren wanderte, verriet Sylcias Wunsch.

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Sonntag 9. Januar 2011, 17:45
von Isildur Ranarion Ni'Tessin
Isildur sah ihre großen Augen, die sich vor Schreck weiteten.
Mach ich was falsch?
Gerade wollte er sich von ihr wieder lösen, da spürte er wie sie den
Kuss erwiderte. Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht.
Sie forderte ihn nach mehr auf und er erfüllte ihr nur zu gern diesen Wunsch.
Ihre Hand legte sich auf die seine und seine dunklen Augen waren liebevoll auf die ihren gerichtet.
Ihre Hand war warm und ihr Geruch schien sich um das zehnfache verstärkt zu haben. Er konnte deutlich das Pochen ihres Herzens hören, welches sich fast am überschlagen war. Erst als sich ihr Herzschlag etwas beruhig hatte, löste er sich von ihr.
Er grinste sie an.
„Ein Kuss! Ich muß dir dazu nichts erklären, Sylcia“ erwiderte er nur darauf. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Man müsste blind sein um das nicht zu bemerken.
Hoffentlich hat sie verstanden, was ich ihr vorher gesagt habe
Isildur lachte bei ihrer Frage auf.
„ja…Tiere bekunden so ihre Zuneigung…auch ich dann“ Er neigte den Kopf leicht zur linken Seite und schloss für einen Moment die Augen. Sie konnte wirklich gut kraulen. Eine leichte Gänsehaut machte sich bei ihm breit. Wäre Isildur eine Katze so hätte er vermutlich geschnurrt.
Wieder fiel ihn sein Vater ein, dass man angeblich daran eine Partnerin erkenne. Doch davon wollte der Waldelf nichts hören.
Seine Hand griff nach der ihren und er gab ihr einen weiteren Kuss auf die Finger und ließ sie los.
„ ich habe nicht vor so zu bleiben…wir wiederholen das, in Ordnung?... du solltest wegschauen. Es sieht nicht nett aus, nachdem was mir Yavanna erzählt hat….aber…bleib in der Nähe.“
Er nahm seinen Bogen ab und drückte ihn Sylcia in die Hände.
„ aufpassen, bitte…und ich werde dich anstubsen, wenn ich etwas gefunden habe…ihr müsst mir dann folgen. Ich kann als Wolf nicht reden“ Erklärte ihr noch, während er sich ins Gras setzte.
So, dann wollen wir mal
Isildur begab sich in den Vierfüßlerstand. Sein Blick schweifte nochmals umher. Routine, um den Platz abzuchecken.
Dan atmete er tief durch. Er konzentrierte sich auf den Wolf. Auf die Gerüche und Geräusche. Er hörte seinen herzschlag und mehr und mehr spürte er das Pulsieren seines eigenen Blutes. Dann folgte der Erste Schmerz. Es zuckte durch seinen Körper. Die Atmung wurde bei isildur schneller. Gezielt atmete er in den Schmerz rein, nutzte jede Welle um die Wandlung fortzuführen. Deutlich spürte er wie sich Knochen, Muskeln, Haut dehnten. Sich neu positionierte. Sich mehr und mehr Haare bildeten und das Fell wuchs. Wie alles sich an Gerüchen, Färben und Geräuschen veränderte.
Nicht auf…ge..ben…wie..ter…
Sein Rücken bog sich, seine Knochen verschoben sich. Er keuchte und knurrte zugleich. Die Prozedur dauerte …wie lange, dass wusste Isildur nicht.
Der Schmerz ließ nach. Die Wandlung war komplett.
Erschöpft sackte er zusammen. Sein Atem war heißer.
Jedoch es wurde scheinbar immer leichter, oder lag es daran, dass er sich an die Schmerzen gewöhnte.
Er wartete eine Weile, dann erhob er sich. Sein Fell schüttelte er erst mal kräftig durch. Seine Augen suchten nach Sylcia. Genüsslich zog er den Geruch von allem ein.

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Montag 10. Januar 2011, 19:26
von Gestalt
Isildur konnte es unmöglich leugnen: Sylcia war bis über beide Ohren in ihn verliebt. Allein ihr Strahlen zeugte doch davon, wie glücklich sie war, überhaupt in seiner Nähe zu sein. Und dann der Kuss. Ob Isildurs Lippen schon bei anderen Frauen zuvor danach so gekribbelt hatten? Aber es kribbelte ihm auch unter den Fingerkuppen. Vielleicht lag es an der Durchblutung.
Hinzu kam ein wohliges Gefühl, als die Hymlianerin ihn kraulte. Als Wolf fühlte sich das fast noch besser an. Da wuschelten seine Schwestern ihm bekanntermaßen das Fell, was für ein Tier oft als herrliche Massage empfunden wurde. Es entspannte ungemein.
Doch diese Liebkosungen mussten ein Ende haben – vorerst. Isildur unterbrach Sylcias Zuneigungsausdrücke, indem er ihre Hand ergriff. Einen Moment blickte sie besorgt. Gefiel es ihm nicht? Aber als er sprach, nickte sie nur. Vorfreude glänzte auf ihrem Gesicht wie kleine Wassertröpfchen nach einem Regenschauer. "Keine Angst, ich gehe nicht weg", sagte sie, als sie ihre Hand aus seiner löste und sich gehorsam umwandte. Den Bogen drückte sie eng und doch mit aller Vorsicht an sich, die sie aufbringen konnte.

Isildur hätte sie allerdings auch warnen sollen, sich die Ohren zuzuhalten. Seine Verwandlung hörte sie, mit aller Deutlichkeit. Und da man zwischen Myrjala und Sylcia bereits einige Parallelen entdeckt hatte, war es nicht verwunderlich, dass sie sich ebenfalls der Neugier hingab. Eine einzige Drehung genügte. Dann starrte sie.
Sylcia konnte noch erleben, wie sich Isildurs Körper dem eines Wolfs anpasste. Seine Knochen verformten sich. Der Brustkorb wuchs, wurde breiter und schob sich ein Stück weiter nach oben. Die Schultern drehten sich etwas zurück, während die Arme Pfoten bildeten. Aus dem Steißbein ragte ein naturfarbener Wurm, auf dem sofort die silbrigen Haare sprossen, die sie so liebte. Isildurs Ohren legten sich enger an den Kopf an, passten sich zugleich aber auch einer wölfischen Vorlage an. Jetzt spross überall Fell. Es sah schrecklich aus, aber Sylcia konnte ihren Blick nicht mehr davon nehmen.

Sie starrte, bis die Wandlung vollendet war. Dann stürzte sie auf den Jetzt-Wolf zu, hockte sich sofort zu ihm und tätschelte seinen Kopf. "Tut mir leid, ich hab nicht auf dich gehört. Das muss ja sehr wehgetan haben!" Sie kraulte ihn wieder, um ihm etwas Zärtlichkeit nach all der Anstrengung zu spenden. "Oh, du siehst aber trotzdem sehr schön aus", lobte sie.
"Na? Gefällt es dir besser, wenn er ein Wolf ist?" Verschmitzt grinsend tauchte Helior beim Pavillon auf. Sylcias Wangen nahmen sofort eine schüchterne Röte an. Sie verteidigte sich: "Aber er muss doch zum Wolf werden – damit er seine Schwestern finden kann."
Helior lachte, klopfte Sylcia im Vorbeigehen die Schulter, um zu signalisieren, dass er sie nur hatte necken wollen. Dann betrachtete er Isildur.
"Er kann nicht mit uns reden", gab die Hymlianerin den Hinweis. Helior nickte. "Aber er versteht uns? Isildur? Führ uns zu deinen Schwestern!"

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Samstag 19. Februar 2011, 13:29
von Isildur Ranarion Ni'Tessin
Isildur hob den Kopf. Sein Fell hatte sich nach der Schüttelaktion wieder gelegt. Und wo es nicht richtig lag leckte er kurz drüber. Tatsächlich war er erschöpft, doch es wurde besser. Schneller als es die ersten Male der Fall war.
Hmm, mich in einen Wolf zu wandeln ist leichter als andersrum…aufpassen mein Lieber
Den Geruch von Sylcia fiel ihm sofort auf. Sie war zu ihm geeilt und er blickte sie mit großen Augen an. Ihre Hand fand gleich sein Ohr und sie kraulte ihn beruhigend. Dabei entschuldigte sie sich für ihre Neugier. Tatsächlich hatte er vergessen, dass er auch etwas lauter bei der Wandlung war.
Er schluckte den Schmerz nicht stumm, sondern machte ihm Luft.
Nicht so schlimm…ist nicht angenehm, aber es geht…hmm, kannst gerne weitermachen.
Er bog seinen Kopf ihr entgegen. Seine feuchte Nase stupste an ihre Hand. Doch zu lange konnte er es ja nicht genießen. Ein Geräusch ließ ihn aufhorchen. Die Ohren stellten sich auf. Sofort streckte er seine Nase in die Luft. Ein bekannter Geruch.
Oh, Helior…kommst ja gerade recht…und keine dummen Sprüche
Er erhob sich um Helior zu begegnen.
Dieser konnte es jedoch nicht lassen, Sylcia nochmals zu necken.
Isildur sah ihn mit wachen Augen an und legte den Kopf schief.
Du bist ganz schon raffiniert…du hast es doch gewusst, was sie für mich empfindet, oder? Ich merk mir das, glaub es mir, mein Freund.
Da stand der ehemalige Waldelf und folgte wachsam die Reaktionen der beiden Hymlianern. Er machte mehrere Schritte um die beiden herum.
Wir wollen los…macht schon….ich will mich bewegen…Halt!...denk an die Arbeit… aber es riecht hier wirklich frisch. Anders als bei den Pegasi…ich hätte richtig Lust kurz hier über die Wiese zu rennen…nein, erst die Schwestern finden
Als sich dann Helior an ihn wandte, war er froh sich in Bewegung zu setzen zu dürfen.
Ich versteh dich sehr gut…ich bin nicht dümmer geworden
Isildur bellte kurz als Antwort, dass er alles verstand.
Dann folgt mir mal.. wo fange ich an?....hmm, erst mal zurück
Er machte sich auf den Weg, blieb dann kurz stehen und blickte sich dann um. Sie mussten ihn immerhin folgen können. Und Isildur war auf vier Pfoten doch um einiges schneller als ein Mensch. Er hätte Sylcia auch auf den Rücken transportieren können.
Helior konnte er nicht zusätzlich tragen. Er war zwar größer als ein gewöhnlicher Wolf, doch die gleiche Größe wie Nachtschatten hatte er nicht. Und der konnte wirklich ohne Probleme zwei Personen tragen.
Tatsächlich musste Isildur immer wieder aufpassen, dass die beiden nicht verloren gingen.
Es ist toll…dieses Laufen…diese Gerüche…ich liebe es
Er rannte durch die die Gassen. Schnüffelte mal hier und dort. Der Jagdtrieb war bei ihm stark und wurde stärker. Und es war immerhin eine Jagd. Schon als Elf mochte Isildur die Jagd in den Wäldern.- Das Anschleichen und das Gefühl mit sich im Reinen zu sein. Der Kampf um das Überleben. Auch wenn Yavanna jeden Mall um die Tiere bangte, welche dabei sterben könnten.
Als Wolf genoss er es ebenfalls. Seine Schwestern konnten nicht ahnen, wie viel es ihm gab. Die Verbundenheit zur Natur war berauschend. Das Gefühl der Erde unter den Pfoten. Die Gerüche und Geräusche. Einfach unbeschreiblich. In solchen Momenten konnte er seine Schwester Yavanna mehr als nur gut verstehen, was es für einen Druiden und Waldläufer hieß, eins mit der Natur zu sein.
Er stoppte schlagartig. Seine Schnauze wanderte zum Boden.
Ich bin noch nicht mal bei der Taverne und es riecht schon nach ihnen. Seltsam. Eine schwächere Spur und eine stärkere Spur. Nachtschatten und Sturmkralle…sie sind hier mehrmals vorbeigekommen!...dann folgen wir ihr mal.
Isildur jaulte auf. Seine Rute schlug aufgeregt hin und her, während er mehrmals an Sylcias Hand stupste.
Er zeigte mit seinem Kopf, in eine Richtung. Setzte sich und erhob sich wieder.
Dann flammte das Jagdfieber auf.
Isildur bellte und machte sich auf den Weg. Die Nase immer am Boden folgte er den Gerüchen. Und die gingen quer durch die Stadt. Hin zur Taverne.
Sind sie wieder zurück? Es riecht hier so stark nach ihnen…nein, Bär und Wolf sind bei der neusten Spur nicht dabei…seltsam…
Der große Wolf blickte sich um. Er stand vor der Taverne. Da fiel ihn etwas ins Auge. Ein flatterndes Etwas.
Das kann doch nicht wahr sein….was habt ihr gemacht?
Isldur jaulte und blickte zu dem Schild hoch. Dort hing kein Schild mehr! Nur ein Stück Leder mit einer aufgemalten Wolke. Der Wolf richtete sich so gut er konnte auf zwei Beine auf und streckte sich dem provisorischen Schild entgegen. Seine Nase erkannte den Geruch seiner Schwestern.
Na ihr werdet was erleben
Er ließ sich wieder fallen und ließ knurrend seinen Unmut los. Dann beschnuffelte er den Boden in der Taverne. Viele Gerüche waren da, doch kein so frischer wie bei dem Schild und vor der Tür.
Sie sind nicht rein gegangen…also weiter.
Er bellte auf, drehte sich und suchte weiter. Schnell hatte er die Fährte wieder. Das Isildur wohl die Leute um sich herum ziemlich erschrecken würde, war ihm egal. Sein Weg führte ihn durch die Stadt. Alle Orte, die des Nachts von seinen Schwestern aufgesucht wurden auf ihren Weg zur Akademie, wurden jetzt nochmals von dem silbernen Wolf besucht. Der Waldelf verstand überhaupt nicht, was sie an den vielen Orten gemacht hatten. Die von seinen Schwestern hinterlegten Sachen fand er nicht. Und das die Hymlianern es unbedingt einen großen Wolf zeigen würden, der selbst über die Abtrennungen der Gärten sprang, war zu bezweifeln.
Nach und nach begann die Suche Isildur mehr und mehr Spaß zu machen. Wie das Versteckspielen mit seinen Schwestern, was sie gerne Zuhause in den Wäldern spielten. Sie hatten sich immer geärgert, wenn er ihnen als Wolf auf die Spur kam. So hatten sie versucht ihn zu verwirren, und liefen zu vielen verschiedenen Orten bis sie sich wirklich versteckten. Eine bessere Übung hatte er nicht bekommen können. Anfangs hatte es noch geklappt, aber mit der Zeit konnte er die Gerüche trennen und ging nur den frischen nach. Hier war es nicht anders.
Es war so vertraut, obwohl es auch fremd roch. Doch es machte die Sache noch spannender für den Waldelfen. So sprang er manchmal etwas übertoll umher, drückte sich an Sylcia und schupste Helior etwas voran.
Dann blieb er schlagartig stehen. Seine Ohren stellten sich auf. Er hatte ein Heulen gehört.
Yavanna?...Nachtschatten?...
Er legte den Kopf zurück und heulte ebenfalls. Sein Ruf war eine Antwort und die Suche nach den anderen. Lang zog sich das Geheul durch die Straßen. Was wohl Sylcia und Helior davon hielten? Dann rannte er los. Er schlug Hacken und rannte in die Richtung woher das Geheul kam. Hier gab es immerhin nicht viele, die so was machten
Ich hab euch!

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Mittwoch 23. Februar 2011, 20:09
von Erzähler
Offenbar gewöhnte sich sein Körper langsam an die Wandlungen. Es fiel Isildur immer leichter, sich in einen Wolf zu formen. Der Schmerz ließ zudem überraschend schnell nach. Vielleicht könnte er sich eines Tages ohne jegliche Probleme verwandeln. Das wäre nur von Vorteil. Sicherlich hätte Yavanna aber wieder ein Auge auf ihn. Sie meinte ja stets, er sollte diese Wandlung nicht zu oft vollziehen, als wüsste sie mehr. Doch es wurde jedes Mal leichter!
Außerdem bemerkte er, dass sich seine wölfischen Sinne schneller festigten. Verstärkten sie sich auch nach jeder weiteren Wandlung oder lag es an seinen Gefühlen zu Sylcia, dass er ihre Witterung sofort wahrnahm, ohne überhaupt richtig schnüffeln zu müssen?
Auch Helior roch er schnell. Ja, seine Sinne mussten nun noch besser funktionieren. Sollte er dies als gutes oder schlechtes Zeichen sehen? Auf jeden Fall konnten sie sich nun auf den Weg machen. Er würde seine Schwestern sicher mit Leichtigkeit finden, er kannte ihren Geruch.

Sie machten sich auf den Weg. Dabei bemerkte Isildur schnell, dass Myrjala und Yavanna die halbe Nacht durch Hymlia gestreift sein mussten. Er rekonstruierte mit seiner feinen Wolfsnase ihre Pfade. So jagten er, Sylcia und Helior ebenfalls durch die halbe Stadt. Sie bekamen die Schneise des Chaos mit, die die Elfenschwestern hinterlassen hatten.
Vor der Schenke Zur leuchtenden Wolke stellten sie fest, dass das Tavernenschild verschwunden war. Ein Tuch hatte man als Ersatz oder Bezahlung zurückgelassen. "Ich verstehe das nicht", schüttelte die Wirtin den Kopf. "Wer braucht denn schon ein Schild?" Sie war ratlos.
In den Straßen, die sie passierten, war es nicht anders. Ein alter Hymlianer, dessen Haare bereits ergrauten und so ihren silbrigen Glanz verloren, beschwerte sich über die Kinder der Nachbarschaft. "Sie haben ihm seine Lieblingsblume gestohlen", übersetzte Sylcia.
Andernorts suchte eine Frau nach ihren Wolkenkissen und wunderte sich über diese flauschigen Dinger – Felle! – die nun als Sitzpolster auf ihrer Bank lagen. Darüber lachte Sylcia herzlich. Sie tätschelte Isildurs Kopf. "Sie glaubt, hier rennt ein Tier nun nackt herum." Ihr Lachen dauerte an, bis sie eine andere Seitenstraße erreichten. Es war just zu dem Zeitpunkt, als der wölfische Isildur ein Heulen wahrnahm. Während er auf dieselbe Art und Weise antwortete, rief Helior überrascht aus: "He, die gehören doch zu euch!"
Aus einer Gasse tappten der junge Bär und der gewaltige Wolf, die mit den Elfen in die Wolkenstadt gereist waren. Ihnen folgte stets auf und ab schwebend das Luftelementar, das zu Myrjala gehörte. Lufti entdeckte das Trio und sauste voraus. Er verfing sich absichtlich in Sylcias Haar, wirbelte ihre Strähnen auf und huschte dann gewitzt unter Isildurs Bauch hindurch. Er wollte ihnen mitteilen, dass die Tiere zeitig erwacht waren und sich Sorgen um ihre Freunde machten, weil diese noch nicht zurück gewesen waren. Also hatten sie es wie Isildur gehalten und waren ihren Gerüchen gefolgt. Leider konnte sich Lufti natürlich nicht auf diese Weise mitteilen. Yavanna und Myrjala hatten er und die beiden Tiere jedenfalls nicht gefunden.
Und da rannte Isildur auch schon los. Yavannas Wolf sprang ihm mit gewaltigen Sätzen hinterher. Da blieb Helior und Sylcia nichts Anderes übrig, als ebenfalls zu folgen. Der Hymlianer tätschelte den kleinen Bären. Sturmkralle war bereit zu folgen. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg, immer den beiden Wölfen und dem Gejaule nach.


Isildur, du kannst jetzt zu deinen Schwestern zurückkehren und dort weiterposten. Es beginnt dann ein Zwischenspiel mit Tahmo ;)

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Mittwoch 26. Juni 2024, 11:37
von Erzähler
Synnover kommt von: Deutlich zu spät

Auch wenn sich der Tag bereits langsam dem Ende neigte, war es immer noch hell in Hymlia. Hier gab es keine Wolkendecke, die die Sicht auf das Blau oder die Sonne verwehrte. Die Stadt schwebte oberhalb dieser Wolken, die sich als Sturm auf hoher See entpuppt hatten. Syn aber wurde mit einer zauberhaften Stadt belohnt. Alles war ordentlich, rein und weiß. Er konnte verstehen, wieso Lariana nicht glauben konnte, dass Pflanzen grün oder bunt waren. Hier in Hymlia sah man fluffige, weiße Wolkenblüten die nichts mit den Pflanzen auf dem Boden gemein hatten. Sie wirkten fremdartig und doch waren sie ebenso faszinierend und hübsch. Lariana führte Syn an Häusern vorbei mit hübschen Vorgärten und er konnte die Menschen hier bei ihrem Alltag entdecken. Einige unterhielten sich am Gartenzaun, andere lasen ein Buch auf einer Gartenbank, während Kinder lachend im Garten spielten. Syn konnte sehen, wie man den fluffigen Rasen bewässerte und manche wohl gerade erst von ihrer Arbeit nach Hause gingen. Alles in allem wirkte dieser Ort vollkommen… banal. Es gab keinen Hass, kein böses Wort. Man grüßte sich höflich oder hielt für einen Plausch an. Ansonsten aber gab es hier nicht das enervierende Gefühl von Angst oder List. Hier brauchte man nicht zu fürchten überfallen zu werden. Lariana führte Syn weiter und hielt die Bücher fest in ihrem Arm. Dann deutete sie mit ausgestrecktem Arm auf eine Koppel. „Schau mal, das sind die Pegasi-Fohlen. Sie sind noch zu klein, um zu fliegen aber bald schon wird man anfangen sie auszubilden!“, lächelte sie und blieb gar einen Moment stehen. Sie beobachtete die geflügelten Tiere und lachte als sich eines mit seinem Bruder anlegte und sie herumtollten. Lariana musterte Syn einen Moment. „Die gibt es bei euch nicht, oder?“, fragte sie und führte ihn wieder weiter den gepflasterten Weg entlang. Sie führte ihn über den Marktplatz, durch Wohnviertel und schließlich fand sich der Weg in einer geraden Linie, die über eine Brücke führte. Diese verband zwei Teile von Hymlia miteinander, die scheinbar abgesplittert waren.
Lariana blieb kurz stehen und hielt Syn am Arm auf. „Warte...“, sagte sie und deutete auf eine ganze Wolkengruppe die milchweiß an ihnen vorbeizog. Nachdem sie sich verzogen hatte, gab sie allerdings den Blick auf ein imposantes Gebäude frei. Im Licht der untergehenden Sonne glänzten Kuppeldächer aus weißem Stein, goldenen Absätzen und Glas. Alles war aus Glas! „Willkommen in der Luftakademie zu Hymlia!“, verkündete Lariana feierlich und strahlte Synnover an. „Da drin ist es etwas zugig manchmal, aber keine Sorge, man wird nicht weggepustet!“, lachte sie, als wäre das alles nicht schon abwegig genug. Lariana führte den Weg über die Brücke an und schon befanden sie sich gemeinsam in der großen Eingangshalle der Akademie. Hier liefen Syn so einige Schüler und Schülerinnen entgegen. Sie alle wirkten geschäftig oder aber in Gespräche vertieft. Sie waren ungefähr in seinem Alter oder aber jünger. Lariana zupfte an seinem Arm und führte ihn gleich rechts in einen gläsernen Gang. Er konnte alles sehen, den ganzen, weiten Himmel. Unter seinen Füßen gab es einen Glasboden, der ihm den Blick auf die Wolkendecke zeigte. Hier waren sie schwarz und grau. Blitze zuckten als helle Impulse hindurch. Der Sturm tobte noch immer. Er konnte in einiger Entfernung einen Riss in der Wolkendecke sehen und darunter das fast schwarze Meer. Hier oben aber war alles hell und freundlich. Lariana folgte dem Gang und ging dann einige Stufen empor zu einem Klassenzimmer.

Vor der offenen Flügeltür standen einige Mitschüler von Lariana, die sie begrüßten. Dann aber wurde Synnover neugierig gemustert und angelächelt. Lariana kicherte nur und zog Syn weiter. „Sie sind alle so neugierig, aber mach dir keine Sorgen. Sie wollen nur wissen, wer dieser gutaussehende Kerl ist!“, zwinkerte sie und führte Syn an der Hand zu ihrem Sitzplatz. Die Bänke waren links und rechts eines breiten Ganges angeordnet, an dem sich die Studenten setzen konnten. Sie waren durchgezogen, sodass es keine eigenen Tische gab und alle nebeneinander in einer Reihe Platz nehmen konnten. In der Mitte hatte der Dozent dann die Chance, seinen Unterricht abzuhalten. Noch war er wohl nicht da und nur einige Schüler tummelten sich auf ihren Plätzen. Lariana bedeutete Syn, dass er sich ruhig neben sie setzen konnte. „He Lari!“, hörte Syn dann eine männliche Stimme. Daraufhin folgten Schritte und ein Junge, etwa in seinem Alter mit hellblauen Augen und etwas dunklerer Haut als seine Eigene kam an ihren Platz. „Pavlo“, begrüßte Lariana ihn verhalten. Der Junge wurde von einem bildschönem Mädchen flankiert, das jedoch ein bittersüßes Funkeln in den kleinen Augen besaß. Ihr Haar war fließend und reichte ihr bis über den Apfelpo. An den Spitzen trug sie rote Farbe, die sie von den anderen unterschied. Überall hingen Kettchen, Armbänder und Ohrringe, dass jeder Schritt klimperte, wie Syn’s Kleidung. Daneben stand noch ein Junge. Er wirkte nicht ganz so ebenmäßig, wie die anderen und Syn selbst. Seine Augen besaßen einen milchigen Ton, während er eine dicke Narbe auf der Wange trug. „Wer ist der Neue?“, fragte Pavlo und Lariana sah zu Syn. „Ein Freund.“, stellte sie ihn knapp vor und das Mädchen kicherte. Sie betrachtete Syn genauer. „Ich habe dich noch nie gesehen ‚Freund‘ !“, sie neigte sich vor. „Du… wärst mir aufgefallen!“, säuselte sie offensiv in seine Richtung, während Lariana schnaubte. „Da bin ich mir nicht so sicher, Galina. Du hast einen zu hohen Verschleiß!“, biss Lariana in ihre Richtung und das Mädchen lachte. Sie war wirklich bezaubernd, doch scheinbar nur äußerlich. „Kein Grund zum neidisch-Sein. Dich will auch irgendwann jemand!“, winkte sie überheblich ab und zwinkerte Synnover dann zu. Pavlo setzte gerade an, um etwas zu sagen, da kam ein älterer Mensch herein und sofort wehte ein Luftzug durch den Raum, der jeden Schüler und alles an seinen angestammten Platz beförderte.
Die Schüler schienen das wohl schon zu kennen, denn keiner wehrte sich gegen diese Behandlung, sondern setzte sich brav und hielt den Mund. Pavlo, Galina und der Narbenjunge saßen Lariana und Synnover gegenüber. Während Galina ihm immer wieder Blicke zuwarf, die eindeutig waren, versuchte Lariana Pavlo’s Blicke zu ignorieren. Der ältere Mensch aber bekam von diesen Dingen nichts mit. Er trug einen himmelblauen Umhang und darunter einen pastell-grünen Zweiteiler. Locker hatte er seine Ärmel nach oben geschoppt und wedelte mit seiner Hand. Daraufhin entstanden einige Luftwirbel, die sich zu Wolken ausbildeten und tatsächlich ein kleines Gewitter entstehen lassen. „Kalte Luft, Warme Luft – Luft ist nicht gleich Luft. Wir behandeln heute das Thema“ – Er hielt inne, als Lariana’s Hand nach oben glitt. „Ja?“, sagte er und blickte das Mädchen abwartend an. „Professor Filius, wir haben heute einen Gast. Syn. Er … spricht unsere Sprache nicht, würdet Ihr den Unterricht auf celcianisch halten ausnahmsweise?“, fragte sie liebreizend und der Professor blickt verwirrt zu Syn. Dann erhellte sich seine Miene. „OH! Ein Neuzugang. Willkommen in meinem Unterricht, Syn. Immer eine Freude!“ Er schickte seine Gewitterwolke auf Syn los, die ihn umrundete und er sogar das leise Donnern hören konnte. Blitze zuckten, eine Briese umwehte Syn’s Haare etwas, ehe sie vor Syn stehenblieb. „Schick sie zu mir, Junge.“, forderte er Syn auf und wartete interessiert ab, ob Syn dazu in der Lage war. Fiel ihm etwas ein? War er möglicherweise in der Lage dazu?

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Donnerstag 27. Juni 2024, 02:03
von Synnover
Synnover begleitete Lariana zur Akademie Hymlias. Er machte dies, nachdem sie ihn gefragt hatte, warum man ihn nicht in den Übungshallen erwarten würde, die er nach wie vor für eine himmlische Variante der morgerianischen Schwarzen Arena hielt. Die Frage allein erinnerte ihn nämlich daran, dass er frei war und nicht nur Zarrah keinerlei Erwartungen an ihn besaß. Daher blieb Syn der Tochter des Botschafters auch eine Antwort schuldig. Sie hakte nicht nach, also verlor es sich mit jedem Schritt, den sie auf Larianas Ziel zu machten.
Die Akademie der Luftmagie zu Hymlia. Sie war die erste Akademie überhaupt, die Synnover betrat. Er wusste nicht einmal, ob in Morgeria eine existierte, denn von den Nachtklingen hatte keiner je magische Begabungen gezeigt. Wenn Karrish, Yolintha oder Zarrah eine Magie-Richtung beherrschten, verbargen sie es geradezu perfekt vor der gesamten Welt. Und auch wenn man derlei Fähigkeiten bei dem weißen Kaninchen festgestellt hatte, so hatte es ja genügt, ihn in der Bibliothek ein paar einzelne Bände finden zu lassen, aus denen er zumindest den Atemnot-Zauber hatte ableiten können, gleichermaßen wie die Aussprache des Zaubers auf Hymlikor. Letztendlich hatte er sich dies aber alles aus eigener Kraft angeeignet, so dass er durchaus stolz auf seine Erfolge sein konnte. Auch Lariana sah mehr in ihm als nur schöne Dekoration. Er war schließlich kein Blümchen, das man in einer Vase auf den Fenstersims stellte.
"Magst du Blumen?", erkundigte sich Syn, als er die Sehnsucht in Larianas Art zu sprechen herauszuhören glaubte. Sie hatte bereits eine Spur von Fernweh für das Meer gezeigt wie er es nur von seinem großen, grünen Orkfreund her kannte. Als Lariana seine Worte über das Meer wiederholte, erinnerte sie ihn stark an Razag. Wo er jedoch voller Begeisterung darüber schwadroniert hatte, bald einen alten Freund wiederzusehen, so schwang in ihrer Stimme der Wunsch mit, diesen Fremden kennenzulernen und ihn zum Freund machen zu wollen. Es fiel Syn nicht allzu schwer, dieses Gefühl nachzuvollziehen. Er schaute nach oben, zum Himmel. Er war umgeben von ihm und doch hatte er ihn immer noch nicht erreicht. Ewig würde diese Weite über ihm stehen, wie sie über allem stand. Ungreifbar, unerreichbar und so mächtig, dass sich alles ihm unterordnete, selbst die Götter. Auch wenn Lysanthors Licht soeben sein Gewand mit Rot und Gold schmückte, staffierte er ihn doch nur aus, um ihm zu schmeicheln. Selbst die Götter buhlten um die Gunst des Himmels. Syn wandte den Blick ab. Er stellte fest, dass er den Himmel wohl niemals erreichen würde, aber auch, dass er sich das erste Mal in seinem Leben damit ... zufrieden gab. Sonst hatte er es nur hingenommen, war dankbar für jeden blauen Flecken, den er von den morgerianischen Fenstern aus hatte sehen dürfen. Er hatte es angenommen wie alles, was ihm sein Leben bislang geschenkt hatte, das nicht gerade mit Elend, Schmerz oder Angst verbunden war. Er hatte sogar die Betten anderer Frauen angenommen, weil das eine Nacht weniger bei Yolintha bedeutete. Er war immer dankbar gewesen. Und nun? Nun war er dem Himmel so nah, wirkte zufrieden und doch ... seine Sehnsucht zeigte in eine andere Richtung. Er konnte es noch nicht ganz greifen, aber das Gefühl änderte sich und auch das Ziel.
Syn bemerkte gar nicht, wie er den Blick zu Boden gerichtet hatte. Lariana fiel es hingegen auf. Sie schien seinen gesenkten Kopf jedoch anders zu interpretieren, mutmaßte dahinter noch immer seine Aussage, nur als Dekoration an ihrer Seite zu sein. "Ich bin mir sicher, dass du viel mehr kannst als schön auszusehen."
Sie drückte seine Finger, aber es brauchte keine Aufmunterung. Schon gar nicht, wenn Syn all sein Innerstes hinter der Maske der Selbstsicherheit verbarg. Er erwiderte den Druck, den Lariana auf seine Hand ausübte, lächelte ihr kokett zu und sagte: "Natürlich kann ich mehr. Viel mehr. Du ahnst noch nicht, was." Schon neigte er sich im Gehen wieder in ihre Richtung. "Aber sobald wir einander besser kennen, zeige ich dir, was ich perfektioniert habe. Ich werde deine ganz eigene Blume zum Blühen bringen, Schöne."
Ob das Lariana nun erneut etwas aus dem Konzept brachte oder ihr nur ein warmes Pochen im Schoß bescherte, sie suchte sich zu beruhigen. Und so erinnerte sie nicht nur sich, sondern auch Syn daran, wie langweilig ihr Hymlia doch war. Sie nahm ihn mit zur Akademie, zeigte ihm unterwegs aber die - aus ihrer Sicht - Eintönigkeit ihrer Welt. So weiß sich Hymlia jedoch auch gab, lag es im Auge des Betrachters, dieses Reich langweilig zu schimpfen. Ja, es war hell und durch die wolkenhaften Rundungen überall auch irgendwie sehr weich. Wer Schneid in Form einer Kante suchte, wurde enttäuscht. Aber Hymlia konnte gerade für einen Fremden sehr faszinierend sein. Am Boden existierten schließlich keine Pflanzen, die an Watte erinnerten. Und nicht alles war weiß. Gerade wenn die Abendsonne den Himmel in ein anderes Licht tauchte, nahm auch die Wolkenstadt selbst seine Farben an. Ansonsten harmonierten viele Pastelltöne und bei einem weitreichenden Gewitter über längere Zeit, konnte das Grau schon einmal den Boden etwas verdunkeln.
Synnover besaß dennoch keinen Blick für die Stadt selbst. Nicht, dass ihn nicht fasziniert hätte, doch es gab Anderes, auf das er sein Hauptaugenmerk richtete. Er musterte die Menschen. Er betrachtete sich die Hymlianerinnen und Hymlianer. Er stellte mehr als Ähnlichkeiten fest. Sie waren allesamt schön. Selbst die Betagteren unter ihnen, deren Haar auch aufgrund des Alters heller bis schlohweiß geworden waren, strahlten noch immer einen Charme und eine Eleganz aus, welche er sonst nur von sich selbst kannte. Tatsächlich fiel Syn im Grunde kaum auf, wenn nicht durch seinen gewagten Kleidungsstil. Natürlich trugen die ansässigen Hymlianer auch eher luftige Stoffe. Sie schmückten sich mit Perlen, kleinen Juwelen oder Glitzersteinchen, aber lange nicht in dem Ausmaß wie er es getan hatte. Das ließ Syn nach wie vor ein wenig hervorstechen. Genug, dass Vorbeiziehende einen Blick auf ihn warfen. Er glich allerdings nicht dem, den er von Morgeria gewohnt war. Sie schauten neugierig, betrachteten eher seine Garderobe als seine exotische Schönheit. Würde er sich genau wie sie kleiden, fiele er kaum auf. Es gab keine begehrenden Blick, kein Lippenlecken oder ein eifersüchtiges Funkeln aus den Augen der Männer, denen er vielleicht in derselben Nacht noch die Frau ausspannen würde. Allein das verunsicherte Syn stark genug, dass er sich eng an Lariana hielt. Diese führte ihn an den Rand einer Koppel heran.
"Schau mal, das sind die Pegasi-Fohlen. sie sind noch zu klein, um zu fliegen, aber bald schon wird man anfangen, sie auszubilden!" Sie blieben stehen, damit Syn sich die geflügelten Jungtiere betrachten konnte. "Du meintest, du kannst sie reiten", erinnerte er sich und lenkte nach einiger Seit den Blick zurück auf Lariana. Die Pferde waren schön und die Schwingen beeindruckend, aber er musste nicht über Stunden hinweg den Fohlen beim Toben zuschauen. Die Pegasi interessierten ihn auf andere Weise. "Ist es mir erlaubt, das ebenfalls zu lernen? Das Reiten und ... Fliegen?"
Er flog ja eigentlich schon. Er spazierte durch eine Stadt, die gänzlich am Himmel flog, aber der kurze Ritt hinter Laerevor auf dem Rücken des Pegasus hatte sich noch einmal anders angefühlt. Es ließ sich nicht einmal mit dem luftigen Gefühl von Freiheit vergleichen, das er im Ausguck der Silberpfeil verspürt hatte. Es war ... mehr. Es weckte den Wunsch in ihm, es zu wiederholen und noch schneller als Laero zu sein.
"Die gibt es bei euch nicht, oder?", richtete Lariana mit ihrer Frage den Bezug zurück auf die Pegasi. Syn schüttelte den Kopf. "Nein. Bei uns haben sie keine Flügel. Dafür reiten viele auf Wargen." Nach einer längeren Pause, in der Lariana wohl mit dem Begriff an sich kämpfte, setzte Syn nach: "Unglaublich große, unglaublich hässliche und noch bissigere Wolfshunde. Ihr Fell stinkt nach dem Staub der Toten Ebene, ihr Atem nach Verwesung. Eine Flucht aus der Stadt bedeutet einen schmerzhaften, aber schnellen Tod, wenn eins dieser Biester dich verfolgt und zwischen die Zähne bekommt. Sie brechen dir das Genick, ehe du schreien kannst. Jedenfalls habe ich das gehört." Syn hatte nie selbst versucht zu fliehen. Er sah keinen Grund, hatte er nie gesehen. Sogar im Elend des Reißer-Clans zu leben war mehr Luxus als eine Flucht ins Draußen, das er sich zu jenem Zeitpunkt damals nicht hatte vorstellen können. Warum also das Risiko wagen, totgebissen zu werden, nur um etwas Fremdartiges zu rennen? Er hatte diesen Drang gänzlich verloren, als man ihn ins Haus der Nachtklingen holte. Dort war sein Leben gut gewesen. Es gab keinen Grund, sich mit Wargen auseinanderzusetzen. Nicht für ihn, außer wenn er gegen sie in der Arena hatte antreten müssen. Ich war damals schneller als diese Bestie, aber dem hatten sie auch übel zugesetzt. Kurz fragte er sich wie seine Chancen gegen ein gesundes Exemplar standen, aber Lariana lenkte ihn ab, als sie seinen Arm festhielt, um ihn am Überqueren der Brücke zu hindern. Dahinter lag die große Akademie der Luftmagie.
Wenig später, als die Wolken an ihnen vorübergezogen waren und sie die Brücke hatten überqueren können, wuchs der Gebäudekomplex nur noch größer über ihn hinweg. Syns Augen weiteten sich etwas. Er staunte aufrichtig. Niemals zuvor hatte er an einem Gebäude so viel Glas gesehen. Er konnte direkt in die offenen Hallen, die Lehrräume und Studierzimmer schauen. Er sah eine Menge Schüler beim emsigen Lernen. Er konnte aber auch nach unten sehen und dort die eher dunkle Wolkendecke erkennen. Kurz stutzte er, blieb stehen und betrachtete sich das Schauspiel aus ausgetürmten Grau, welches immer wieder von Blitzen durchzuckt wurde. Irgendwo unterhalb dieser finsteren Wand kämpfte eine gesamte Schiffsmannschaft gegen den Regen an. Irgendwo darunter lief Razag über Deck. Sicherlich lachte er ob des vielen Wassers. Crystin würde helfen, wo sie nur konnte und allen ein kleiner Lichtschimmer an Hoffnung sein. Und Zarrah ...? Ob sie ihn schon vergessen hatte?
Lariana lenkte ihn ein weiteres Mal ab, forderte ihn auf, mit ihr eine Treppe emporzusteigen. Gemeinsam ging es zu ihrem Klassenzimmer. Allerdings betraten die beiden es nicht sofort, da Blicke einiger Mitschüler sofort auf den fremden Hymlianer fielen. Syn nutzte die Gelegenheit, sich unbeeindruckt zu geben, posierte jedoch gezielt und zeigte eine Vielzahl erlernter Gesten und Blicke, bei denen sein Körper in jedem Licht einfach nur perfekt aussah. Ein fast scheuer Augenaufschlag über die Schulter hinweg, ein schnelles Wegsehen, wenn sein lindgrüner Blick sich mit dem einer hymlianischen Schülerin kreuzte. Er spielte das gesamte Repertoie ab, bis Lariana ihn wieder mit sich nahm.
Schon hatte er die Neugierigen vergessen und musste selbst an sich halten. Ein Klassenzimmer war ihm vollkommen fremd. Lesen, Schreiben und all die anderen Dinge waren ihm von Lehrern oder Karrish selbst stets in der Bibliothek des Anwesens beigebracht worden. Ein Raum für eine Vielzahl wissbegieriger junger Menschen mit Sitzen, die alle zum vorderen Zentrum ausgerichtet waren, war ungewohnt. Und doch verglich Syn es gedanklich mit den Zuschauerbänken der Arena. Ob man vorn würde kämpfen müssen? Aber er sah weder Sand, noch besaß das Klassenzimmer weitere Zugänge für Gladiatoren, zu Tode verurteilte Sklaven oder Raubtiere. Keine besagter Gruppierungen strömte in den Hörsaal hinein. Dafür näherte sich ein Trüppchen Hymlianer ihm und Lariana. Syns Begleitung schienen sie zu kennen, grüßten sie tauschten kurz Worte auf Hymlikor aus. Syn erkannte die Sprache, aber nicht die Bedeutung des Gesagten. Hier und da mochte er Klänge aufschnappen, die er mit viel Mühe würde deuten können, aber so sehr konzentrierte er sich gar nicht darauf. Stattdessen ließ er den Blick über die Schüler wandern, musterte vor allem die Mädchen unter ihnen länger. Natürlich fiel jene mit den gefärbten Haarspitzen sofort auf und auch sie schien ein Auge auf Syn geworfen zu haben.
"Du ... wärst mir aufgefallen!", säuselte das Mädchen, welches von Lariana als Galina angesprochen wurde. Der andere, recht hübsche Hymlianer hieß Pavlo, abder den Namen des Vernarbten fand Syn nicht heraus. Er schwieg auch zu seinem - vorerst. Stattdessen konnte er nicht umhin, sofort Galinas Hinweis zu kontern, denn mit Geplänkel und Kokettieren kannte er sich aus. So neigte Syn sich seinerseits ein wenig über den langen Tisch und in ihre Richtung. Er reckte das Kinn eine Nuance höher und schmunzelte fast schon spitzbübisch. Aber Lariana kam ihm zuvor: "Da bin ich mir nicht so sicher, Galina. Du hast einen zu hohen Verschleiß!"
"Oh, gewiss wäre ich das", hielt Syn dagegen. "Galina? Ohja, ich wäre dir aufgefallen, nicht nur mit einem schönen Blick. Danach aber hättest du keinen anderen mehr gesehen. Du würdest jeglichen Mann in deinem Leben ausblenden und nur noch mich ansehen, dich nach mir verzehren, während ich mich sehnsüchtigen Funkeln deiner wunderschönen Augen bade. Sie strahlen wie Sterne!" Dass Lariana darauf etwas bissig reagieren könnte, damit rechnete Syn nicht. Er ging nicht davon aus, weil er es gewohnt war, von jemandem wie Yolintha nur zu dem Zweck anderen Frauen vorgestellt zu werden, um diese um den Finger zu wickeln. Seine einstige Herrin wusste, dass es falsch und einstudiert war - sie hatte es ihn gelehrt! Sie wusste, dass das Herz ihres weißen Kaninchens nur für sie schlug und sie so oft darauf herumtrampeln konnte, wie es ihr gefiel. Er gehört ihr, hatte ihr zu gehorchen, hatte nach ihren Wünschen mit anderen zu spielen ... so wie Syn es noch immer nicht ablegte und folglich Galina in sein Spiel hineinzog. Sie aber wandte sich an Lariana und zwar mit Worten, die Syn nicht unerwidert lassen konnte. Immerhin war Lari sein Herr... Er stutzte. Dann fiel sein Blick auf beide jungen Frauen.
"Kein Grund zum Neidisch-Sein. Dich will auch irgendwann jemand!", meldete Galina sich zu Wort. Syn nickte und warf sehr schlicht ein: "Ich zum Beispiel." Und schon neigte er sich zu ihr herüber, griff nach Larianas Hand und kam ihrem Ohr ganz nahe. Syn flüsterte so leise wie möglich, denn nur sie sollte es hören: "Soll ich sie umgarnen und mit ihr gehen? Würde dir das Vorteile verschaffen? Beziehungen? Macht? Du weißt, dass mein Herz nur für dich schlägt, Schöne. Du weißt, dass ich meine Poesie nur auf deinem Körper schreiben will ... und das werde ich tun. Wort für Wort, so hauchzart, dass dir vor Lust schon die Beine zittern, noch ehe ich im Tal fließenden Glücks mich mit Zunge und Schwert verewigen werde."
Syn zog sich zurück, fing gerade noch Galinas Zwinkern auf und erwiderte es mit einem angedeuteten Luftkuss. Im nächsten Moment war jedoch nicht länger er das Zentrum des Geschehens, sondern ein älterer Hymlianer, der das Klassenzimmer betrat. Mit einem einzigen Wink gelang es ihm, die Schüler förmlich in ihre Sitze zu wehen. Syn beobachtete den Einsatz der Luftmagie mit Staunen.
Schon ging der Unterricht los, aber Lariana unterbrach schnell. Sie machte den Lehrer - Professor Filius - auf Syn aufmerksam und dass er nur des Celcianischen mächtig war. Es gefiel ihm gar nicht, mit diesem Umstand mangelnden Wissens vor allen so vorgeführt zu werden, aber er schnitt Lariana nicht das Wort ab. Stattdessen wahrte er Haltung, blickte gar ein wenig reserviert, als könne kein noch so großer Makel seinem Ruf schaden. Der Professor hingegen zeigte sich einfach nur entzückt, einen weiteren Schüler an seinem Wissen teilhaben lassen zu können. Aber er wollte zunächst in Erfahrung bringen, wie weit sein Studiosus denn war. So sandte er seine magisch geschaffene Gewitterwolke zu Syn aus. Sie blieb knapp über seinem Teil des Tisches in der Luft schweben. Das graue Gebilde formte sich immer wieder neu, wirbelte und türmte sich. Blitze erhellten es gelegentlich, ohne gefolgtes Donnergrollen. Sie waren klein, aber sicherlich konnten sie durchaus einen Schlag versetzen.
"Schick sie zu mir, Junge". forderte der Professor auf. Syn warf ihm einen Blick zu, ehe er zur Gewitterwolke zurückkehrte. Er betrachtete sie. Schnell zweifelte er daran, sie einfach nehmen und werfen zu können, aber auch ein wenig Luftfächeln mit der Hand würde nicht reichen. Es war klar, dass Professor Filius hier Magie erwartete. Syn presste die Lippen aufeinander und engte die Augen. Er senkte den Blick auf seine rechte Hand. Mit ihr war er inzwischen in der Lage, den Odem zu wirken. Ein Zauber, der Luft spendete, aber er verband ihn nicht damit, sie auch wie einen Luftstoß Wolken schieben zu lassen. Dann wanderten seine Augen zur linken Hand. Er drehte die Handfläche ein wenig, musterte seine Finger. Der Atemnot-Zauber nützte hier noch weniger. Wie sollte man einer Wolke die Luft abschnüren?!
Syn schaute auf. Sein Blick war fest, seine Miene glatt. Er würde sich nicht anmerken lassen, wie sehr es ihn ärgerte, öffentlich zu zeigen, dass er unfähig war. Er überspielte es, als belastete es ihn kein bisschen. Wer brauchte schon Luftmagie? Ha! Nicht das weiße Kaninchen! Aber so rebellisch trat er dann doch nicht auf. Trotzdem würden seine Worte wohl so manche ungeahnte Reaktion hervorrufen.
"Meinesgleichen erlaubt man nicht, Magie zu erlernen, wenn deren Nutzen nicht im Fokus Erwarteten liegt. Das war bei mir nicht der Fall. Aber..." Syn lenkte den Blick vom Professor hinüber und die Sitzreihen der anderen Schüler entlang. Er musterte jeden einzelnen von ihnen kurz. Dann meinte er vollkommen schlicht, aber auch ebenso überzeugt von seinen Fähigkeiten: "Aber ich könnte euch alle umbringen ... gemeinsam oder einzeln. Je nach Forderung. Das schaffe ich sogar ohne eine Waffe." Seine Augen blieben an Lariana hängen. Er hob seine Hand, allerdings langsam und somit in keinster Weise so, als wollte er es nun an ihr demonstrieren. Stattdessen berührte er ihre Wange, streichelte sie dort kurz, während er ihr in die Augen sah. "Dich nicht, Schöne", beteuerte Syn und legte den Kopf leicht schief, um anschließend seine Worte zu besiegeln, indem er ihre Lippen mit den seinen versiegelte. Der Kuss war kurz und relativ anständig, immerhin schaute eine Lehrkraft zu. Aber er war der erste, den Syn mit Lariana austauschte und entsprechend schenkte er ihr anschließend auf einen vielsagenden Blick. Da gab es mehr, wenn sie nur wollte. Inzwischen kannten sie einander ja gut genug. Jedenfalls, wenn es nach Synnovers Schema des lieblosen Beglückens ging.

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Donnerstag 27. Juni 2024, 10:11
von Erzähler
Die Banalität Hymlia’s war überhaupt keine. Es gab auf Celcia nichts Vergleichbares und Syn hatte in seinem Leben wohl auch eher das absolute Gegenteil kennengelernt. Das, was Lariana ihm neidete war etwas, was sie sich in ihrem reinweißen Leben nicht vorstellen musste. Synnover erkannte auf dem kleinen Spaziergang zur Akademie, dass hier die Welt in Ordnung schien. Niemand trug im Gesicht zur Schau, dass er ihn besitzen wollte. Ja, man begegnete ihm mit Neugierde aber mehr dergestalt, wer er war. Und nicht, wofür man ihn einsetzen könnte. In der Gesellschaft dieser schönen Menschen, in der er nicht sonderlich herausstach und trotzdem entdeckt wurde, war er um seinetwillen interessant. Sie sahen an der schönen Fassade vorbei und versuchten einen Blick ins Innere zu erhaschen. Wer war der neue? Was machte ihn aus? Wie war sein Name und woher kam er? Für Synnover war das neu und er begegnete den Blicken auf bekannte Weise. Lariana aber selbst bekam es nicht mal mit. Sie begrüßte Bekannte, ansonsten aber achtete sie nicht weiter darauf. Sie wollte Syn ja nicht vorführen oder feilbieten. Stattdessen nutzte sie diesen Weg, um sich ein wenig mit ihm zu unterhalten. Dabei zupfte sie ihm jedoch nicht ständig am Ärmel, strich ihm durch die Haare oder lachte übertrieben über seine ‚Witze‘. Sie kokettierte nicht mit ihm, wie es die Dunklen teilweise auf Empfängen getan hatten. Wenn er genau hatte sehen können, wie sie ihn nur auf das eine reduzierten und auch nur dafür mit ihm sprachen. Lariana hörte ihm tatsächlich zu. Ihr Blick war aufmerksam, ihre Haltung ruhig und interessiert.
“Magst du Blumen?“, fragte er sie und das Mädchen lächelte ein wenig verlegen. „Ja, schon… Ich…“, sie gluckste etwas. „Welches Mädchen denn nicht?“, stellte sie eine Gegenfrage und zog ihn weiter. Lariana war sehr offen in ihrer Art und verbarg nichts für den geübten Augen Synnovers. Er hatte stets lesen lernen müssen, was es bedeutete die Wünsche und Gefühle seiner Gegenüber zu erkennen. Er hatte lange geübt und war ausgezeichnet darin. Lariana zeigte ihm aber ganz offen, dass sie scheinbar nicht sehr viele Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht hatte. Gleichwohl war sie aber nicht so schüchtern, wie Crystin sich gezeigt hatte. Sie wirkte nicht naiv und sie traute sich, ihre Sehnsüchte durchaus zu teilen. Sie war kein verschrecktes, graues Mäuschen. Nachdem sie Syn von ihrem Vater und dessen Verbot berichtet hatte, dass sie Abenteuer auf dem Boden erleben durfte, konnte er sich denken, dass sie sehr behütet aufwuchs. Sie war der seltene Singvogel in einem goldenen Palast. Auf dem weiteren Spaziergang versicherte sie ihm, dass sie davon überzeugt war, dass er sehr viel mehr konnte als nur eine Dekoration zu sein. Sie meinte es ehrlich. "Natürlich kann ich mehr. Viel mehr. Du ahnst noch nicht, was. Aber sobald wir einander besser kennen, zeige ich dir, was ich perfektioniert habe. Ich werde deine ganz eigene Blume zum Blühen bringen, Schöne."

Hochrot zeichnete sie die Hitze auf ihrem makellosen Gesicht ab. Lariana fächelte sich lächelnd etwas Luft zu. „Du musst wirklich ein Poet sein, dort, wo du herkommst, Syn.“, wisperte sie und strich sich eine Strähne hinter das Ohr. Sie lächelte noch immer und brachte ihn schließlich an die Koppel der Pegasi. Hier blieben sie einen Moment stehen. "Du meintest, du kannst sie reiten", antwortete er auf ihre kleine Information, dass sie bald ausgebildet werden würden. Lari nickte. „Richtig, man kann sie irgendwann reiten. Aber zuvor müssen sie lernen, dass dazu Sattel und Zaumzeug nötig sind. Dass es eine Arbeit ist, der sie nachgehen werden.“ Sie hielt einen Moment inne. „Man könnte glatt denken, dass man ihnen das aufzwängt, aber Pegasi sind sehr intelligent. Sie brauchen Beschäftigung und eine Aufgabe, sonst verkümmern sie. Mein Bruder arbeitet mit ihnen…“, sie lächelte etwas schmaler. „Er darf sie auch reiten und… er war schon am Boden.“ Sie war neidisch, aber nicht auf die hässliche Art, sondern sie wünschte sich eben solche Freiheiten. Einen Moment betrachteten sie beide stumm die Tiere, ehe Syn fragte: "Ist es mir erlaubt, das ebenfalls zu lernen? Das Reiten und ... Fliegen?" Lariana sah zu ihm auf und nickte daraufhin. „Na sicher! Wenn du daran Interesse hast, dann gehen wir morgen vielleicht mal zu den Ställen und fragen, ob du mal ausprobieren darfst?“, sie zuckte die Schultern. „Irgendwelche Vorteile muss es ja haben, dass mein Bruder ein Himmelsreiter ist…“. Lariana wollte bereits weiter, da hielt sie noch mal inne: „Also, bei uns dürfen nur Himmelsreiter die Pegasi reiten und mit ihnen fliegen. Aber du kannst es wirklich versuchen, dafür sorge ich. Und wenn es dir gefällt und… naja wenn mein Vater herausfindet, dass du hierher gehörst – offiziell meine ich -, dann kannst du auch ein Himmelsreiter werden. Du würdest ausgebildet und am Ende hast du sogar deinen eigenen Pegasus.“, nickte sie. Für sie war das gar keine Hürde. Hier durfte man seinen Weg selbst wählen. Sie fragte, ob es Pegasi am Boden gab, obwohl sie die Antwort bereits zu kennen schien. "Nein. Bei uns haben sie keine Flügel. Dafür reiten viele auf Wargen." „Warge?“, harkte sie nach, weil sie damit wirklich nichts anfangen konnte. Doch dann erhellte sich ihre Miene. „Oh… diese… Untiere“, erinnerte sie sich. Sie hatte davon gelesen, doch Syn präzisierte: "Unglaublich große, unglaublich hässliche und noch bissigere Wolfshunde. Ihr Fell stinkt nach dem Staub der Toten Ebene, ihr Atem nach Verwesung. Eine Flucht aus der Stadt bedeutet einen schmerzhaften, aber schnellen Tod, wenn eins dieser Biester dich verfolgt und zwischen die Zähne bekommt. Sie brechen dir das Genick, ehe du schreien kannst. Jedenfalls habe ich das gehört." Lariana verzog das Gesicht. „Schrecklicher Gedanke…“, wisperte sie und drückte die Bücher mehr an sich. „Trotzdem ist die Vielfalt bei euch beeindruckend.“, versuchte sie etwas Nützliches daraus zu ziehen.

Syn wurde einmal mehr daran erinnert, dass er etwas zurückgelassen hatte als sich der Himmel nach ihm ausstreckte. Er ahnte, dass Razag, Crystin und auch Zarrah da unten mit Erin und Amos, Sprotte und all den anderen gegen den Sturm kämpften. Sofern sie überhaupt noch in der Lage dazu waren. Wie heftig ein Sturm auf See sein konnte, wusste Syn nicht. Aber die Schwärze zu seinen Füßen war beeindruckend. Dennoch wurde sein Blick wieder abgelenkt. Hymlia bot so viel Ablenkung, dass die Gedanken an seine Freunde in den Hintergrund rückten. Mit geübter Selbstinszenierung, heizte Syn das Interesse der Mitschüler gekonnt an. Lariana führte sie dann gemeinsam zum Sitz und gleich darauf machte Syn mit einigen weiteren Mitschülern Bekanntschaft. Wo Lariana aber versuchte die offensiven Versuche von Galina zu unterbinden, da befand sich Syn plötzlich wieder ganz in seinem Element. Und wie er das konnte! "Oh, gewiss wäre ich das. Galina? Ohja, ich wäre dir aufgefallen, nicht nur mit einem schönen Blick. Danach aber hättest du keinen anderen mehr gesehen. Du würdest jeglichen Mann in deinem Leben ausblenden und nur noch mich ansehen, dich nach mir verzehren, während ich mich sehnsüchtigen Funkeln deiner wunderschönen Augen bade. Sie strahlen wie Sterne!" Galina klappte für einen Moment der Mund auf, ehe sie sich wieder fing und ein Blitzen durch die hübschen Augen huschte. Er hatte sie an der Angel. „Wer dich an seiner Seite hat, würde auch niemand anderen mehr brauchen, da bin ich mir sicher…!“, hielt sie säuselnd dagegen und lächelte ebenso kokett, wie er es konnte. Auch Galina schien ein Repertoire zu beherrschen, das Männern den Kopf verdrehen konnte. Sie wusste sich zu bewegen, wie Syn, um sich ins rechte Licht zu rücken. Sie streifte mal hier scheinbar unbeabsichtigt über Körperstellen, die Blicke auf sich ziehen sollten oder hob die Lider in vollendeter Perfektion an. Galina konnte das auch! Lariana sah von Galina zu Syn und zurück. Ihre Miene verdunkelte sich etwas. Das Mädchen mit den roten Spitzen im Haar war offenkundig nicht ihre Freundin. Auf die kleine Gemeinheit in Richtung Lariana aber handelte Syn. Er wollte schließlich beide Frauen glücklich wissen. "Ich zum Beispiel.“ Lariana stutzte und auch Galina hob eine Augenbraue. Syn aber wandte sich an Lari und griff ihre Hand. Seine Nähe, das Streichen seines Atems an ihrem Ohr, bescherte ihr eine Gänsehaut und eine Röte im Gesicht. "Soll ich sie umgarnen und mit ihr gehen? Würde dir das Vorteile verschaffen? Beziehungen? Macht? Du weißt, dass mein Herz nur für dich schlägt, Schöne. Du weißt, dass ich meine Poesie nur auf deinem Körper schreiben will ... und das werde ich tun. Wort für Wort, so hauchzart, dass dir vor Lust schon die Beine zittern, noch ehe ich im Tal fließenden Glücks mich mit Zunge und Schwert verewigen werde." Sie blinzelte dann doch überrascht. „Wa…s?“, japste sie und wandte den Blick zu Synnover. Sie war sprachlos und wusste im Moment nichts zu sagen.
Galina aber funkelte Synnover an. Er hatte ganz offenbar ihr Interesse nachhaltig geweckt. Dann neigte sich Galina erneut vor und ließ sich offensichtlich nicht von seinen Worten einschüchtern. „Was auch immer sie dir verspricht… Ich werde um Längen besser sein. Du wirst nicht wissen, ob du lachen oder weinen sollst, wenn ich deinen Körper in Brand setze. Du wirst dich nach mir verzehren, dich winden und dich fragen, wo ich all die Zeit über gewesen bin!“, sie hauchte ihm einen Kuss auf seine Ohrmuschel, ehe der Professor für Ordnung sorgte und die Aufheizung der Luft beendete. Das Thema hätte wohl nicht passender gewählt sein können, bedachte man die Worte, die Synnover und Galina verwendet hatten. Sobald der Professor aber Syn entdeckt hatte, wollte er sehen, was der neue ‚Student‘ konnte. Synnover musste überlegen, denn nichts, was er hatte lernen müssen, würde ihm nun hier helfen. Seine Zauber waren klar definiert und doch… er ließ sich nicht vorführen.

"Meinesgleichen erlaubt man nicht, Magie zu erlernen, wenn deren Nutzen nicht im Fokus Erwarteten liegt. Das war bei mir nicht der Fall. Aber...“ Pavlo schnaubte abfällig auf, während Galina die Hände faltete und ihr Kinn entzückt darauf bettete, um Syn anzusehen, während er sprach. "Aber ich könnte euch alle umbringen ... gemeinsam oder einzeln. Je nach Forderung. Das schaffe ich sogar ohne eine Waffe." Ein Raunen ging durch die Schülerschaft und auch Lariana japste auf. „Syn…“, während Filius die Hände hob. Er trat näher an Synnover heran, um ihn direkt anzusehen. Syn aber wandte sich an Lari: "Dich nicht, Schöne", beteuerte er und die Botschaftstochter zog die Augenbrauen zusammen. Sie wusste nicht recht damit umzugehen. Daraufhin aber ging ein Raunen und Pfeifen durch die Studenten als Syn Lariana küsste. Das Mädchen war sichtlich überrascht davon, doch dann schloss sie die Augen und lehnte sich etwas in den Kuss hinein. Ihr Herz klopfte wie wild und sie lächelte, als er sich löste. Der Professor hob erneut die Hände und beschwichtigte seine Schülerschaft, die teilweise sogar applaudierten. Galina lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, verschränkte die Arme und lächelte Syn anerkennend zu. Genialer Schachzug. Er war ein Schauspieler auf der Bühne der Unwissenden! Und sie erkannte das. „Ruhe!“, mahnte der Lehrer und trat an die Sitzbank heran, auf der Syn saß. „Vortreffliche Inszenierung, Syn.“, er meinte es so. Er tadelte ihn nicht. Offenbar war sein Gebaren hier nicht unschicklich oder skandalös. Was ihm auch die Anerkennung in manchem Gesicht zeigte. Der Narbenjunge aber schaute Syn entsetzt an. Er sah aus, als hätte er ihn mit einer Klinge getroffen, so verletzt wirkte er. „Ich kann die Liebe nur unterstützen, gerade bei jungen Menschen wie euch, aber ich bitte dennoch darum, meinem Unterricht etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken.“, sprach Filius. „Du bist also ein Bodengänger? Nun, ich habe bereits selbst einige Reisen dorthin unternommen. Was unser werter Freund hier sagte stimmt. Nicht immer ist die Luftmagie zu nützlichen Zwecken auserkoren. Manche lernen lediglich die gewaltige Kraft dahinter kennen. Syn demonstrierte das verbal ganz anschaulich. Ja. Luftmagie ist in der Lage zu töten. Es gibt den Zauber Atemnot, der jemandem sämtliche Luft raubt. Dabei ist zu beachten, dass man die Luft dem armen Tropf entzieht. Wir sind aber als Magier in der Lage jene Luft zu nutzen. Also.. weiter zu nutzen. Wir können Luft nehmen und sie zu etwas anderem werden lassen.“, erklärte der Professor und nickte Syn zu.
„Ich bin beeindruckt, dass du in der Lage bist, diesen Zauber zu wirken. Ein junger Mann in deinem Alter sollte diese Art der Kraft noch gar nicht wirken können.“, er deutete in die Runde. „Keiner meiner Studenten kann das.“, sagte er und lächelte Syn zu. „Du bist mit Sicherheit eine Bereicherung in meinem Klassenzimmer. Also!“, kehrte er zum Unterricht zurück. „Ändern wir für heute das Programm. Gewitter kann warten, nutzen wir die Chance jemanden heute bei uns zu haben. Syn würdest du vortreten und mit bei etwas assistieren?“, fragte Filius und lud Syn mit einer Geste zu sich nach vorne ein. Sollte Syn einwilligen, würde Filius sich ihm gegenüberstellen. „Ich möchte etwas ausprobieren, in Ordnung? Keine Sorge, dir passiert nichts. Der Mann war ein paar Zentimeter kleiner als Syn selbst, aber seine Ausstrahlung war immens. Ein Mann, der viel erlebt, viel gesehen und noch mehr Wissen hatte. Er hatte eine ganz andere Autorität als zum Beispiel Karrish. „Atme ein und aus, entspanne dich. Ich möchte sehen, welche Macht in dir ruht.“, weihte er Synnover ein. Dann spürte Syn einen Luftzug um sich herum, der sehr schnell zu einem tosenden Sturm wurde. Pergament flatterte aufgeregt, Stühle rückten, es wurde lauter und lauter. Syn stand im Auge des Sturms zusammen mit Filius und konnte durch den Sturm die Schüler verzerrt sehen, die beeindruckt auf sie starrten. „Syn!“, sprach Filius ihn an und blickte ihm in die Augen. „Bändige den Sturm.“, forderte er ihn auf und gleichzeitig heraus. Synnover wusste, dass er keinen Sturm bändigen konnte. Aber bevor er sich mit einer Maske bedecken und überheblich ablehnen konnte, spürte er wieder etwas Vertrautes. Ein feines Säuseln, das ihm bereits einmal begegnet war. Er musste nur hinhören, sollte er wollen. Über das Tosen hinweg. Er spürte eine Präsenz. „Bändigung“, hörte er dann deutlich das Wort. Es war wie bei Zarrah. Und sollte Syn dem Flüstern folgen, würde er mit Sicherheit den Sturm besänftigen können…

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Donnerstag 27. Juni 2024, 20:39
von Synnover
Pfade taten sich auf. Damit waren nicht nur jene physischen gemeint, denen Synnover und Lariana folgten oder gar die Leichtigkeit, mit der er sich ins Herz der Hymlianerin schlich. Einen solchen Pfad kannte er. Egal wie weit der Weg war und wie sehr er den Schlüssel für die Zugangspforte mit lieblichen Worten schleifen musste, das Ziel lag am Ende immer im Schoß der Angebeteten. Bei Lariana war Syn auf einem guten Weg. Ihre Unerfahrenheit machte es gar noch einfacher, denn es genügten bereits die simplen Schmeicheleien, um sie erröten zu lassen. Syn spielte mit ihr, genoss es aber nur bedingt. Natürlich war er ganz vernarrt in die Ergebnisse, die er erzielte. Sie streichelten sein Ego, zudem galten sie als die wenigen Momente seines Lebens, in denen er sich machtvoll fühlen durfte. Alles andere war letztendlich kein Genuss für ihn, sondern Arbeit. Er musste ihr nicht nachgehen und immer wieder erinnerte er sich inzwischen sogar selbst daran. Doch dann kamen Zweifel über seine eigene Existenz auf und die Erkenntnis, wie wenig Kontrolle er eigentlich über sein Leben besaß, wie viele Masken er trug und wie ... benutzt er schon war. Wer würde sich seiner überhaupt jemals ernsthaft annehmen wollen? Eine hatte es getan, aber sie war nicht hier. Und weil es nun eine zweite auf ihre eigene Art und Weise versuchte, rückte Erstere gerade ein wenig in den Hintergrund. Syn spielte die üblichen Schemata ab, routiniert und gekonnt, aber bei Lari bereitete es ihm auch gewisse Freude. Vielleicht, weil sie sich über die typischen Spielereien hinaus noch für ihn interessierte ... und offen daran glaubte, dass er etwas aus sich machen könnte. Ähnlich wie Zarrah ihm einst ihre Finger auf das Nachtklingenbild im Nacken gelegt hatte und sagte: Du könntest so viel mehr sein.
Eine Gänsehaut erfasste ihn, dass Syn sich wie unter einem Frösteln über die Arme streifte. Ehe Lariana Verdacht schöpfen konnte, wiegelte er ab. So würde sie darin wohl nur die Aufregung vermuten, dass sie über ihren Bruder die Beziehungen spielen lassen wollte, damit auch er das Pegasusreiten erlernen dürfte. "Wenn du daran Interesse hast, dann gehen wir morgen vielleicht mal zu den Ställen und fragen, ob du mal ausprobieren darfst? Irgendwelche Vorteile muss es ja haben, dass mein Bruder ein Himmelsreiter ist..."
"Himmelsreiter", wiederholte Syn mit einem letzten Blick zu den sich balgenden Pegasi. Er dachte den übrigen Weg bis hin zur Akademie darüber nach. Er, ein Himmelsreiter? Und hier ließ sich wieder der Bogen zum Anfang spannen. Synnover eröffneten sich neue Pfade. Welche, die er in Morgeria niemals hätte beschreiten dürfen, höchstens am Rand, wenn es Karrish oder Yolintha einen Vorteil verschafft hätte. Und selbst dafür wär die Erwartungshaltung an ihn hoch gewesen. In Hymlia aber wollte man es ihm einfach so ermöglichen, weil er ... Interesse zeigte. Oder weil er Talent besaß!
Denn ein anderer Pfad, der sich ihm erschließen könnte, zeigte sich vertreten durch Professor Filius. Nachdem Synnover zuvor bei Galina mit seinen an Lariana gerichteten Worten Eindruck geschunden hatte, staunte nun die ganze Klasse über seine Aussage. Einigen blieb vielleicht die Luft im Halse stecken, aber genau das hatte er angeboten. Er konnte kein Gewitterwölkchen verschieben, wohl aber jedem hier im Raum die Luftzufuhr abschnüren. Es kostete ihn nur eine geballte Faust und den Namen der Zauberformel auf Hymlikor. Vielleicht etwas mehr, wenn der Lehrer wirklich erwartete, dass er allen mit einem Streich den Garaus machte. Da überschätzte Syn sich eventuell sogar selbst, aber er könnte sie nach und nach überwinden. Das hatte er schon oft getan, in der Arena. Daher war es für so selbstverständlich anzubieten wie bei anderen die Hilfestellung, schweres Gepäck zur Türschwelle zu tragen. Es war sein täglich Brot gewesen. Das Auslöschen eines Lebens bedeutete ihm ebenso wenig wie Sex mit der nächstbesten Frau, auf die Yolinthas Finger deutete. Aber Yolintha war nicht hier, er frei und andere Fähigkeiten von größerem Interesse. Vor allem aber, weil man sein Interesse damit wecken wollte. Wenn er in Hymlia etwas lernen würde, dann um seinetwillen. Und diese Erkenntnis stand als Schild neben jedem neuen Pfad aufgestellt, auf den er einen Fuß setzen sollte. Syn musste nur noch lesen lernen!
Warum jedoch lesen, wenn man ein Poet war? Um Lariana von dem Schrecken seiner Worte zu befreien - Syn hatte ihr Japsen bemerkt - griff er zum üblichen Repertoire und schenkte ihr einen beruhigenden, sanften Kuss. Dass er damit ins Schwarze traf, verrieten ihre Lippen, die sich ein wenig gegen seine schmiegten, als sie sich in den Kuss hinein lehnte. Außerdem sorgte er dafür, dass sie bald in aller Munde wäre. Das Raunen und Pfeifen ging schon durch die übrige Klasse. Vielleicht hatte er auch soeben ein paar Neider auf den Plan gerufen. Lariana würde es gut haben, plötzlich von anderen umgarnt zu werden. Sie könnte wählen - zu ihren Bedingungen. Er hatte ihr den Weg bereitet. Sicher wartete nun im Gegenzug das Pegasusreiten. Zufrieden löste er sich von ihr, als Professor Filius zur Ruhe rief. Der Lehrer lobte seine Darbietung und schlussfolgerte sofort richtig. Er kannte sich mit der Luftmagie aus und wusste, wie Syn es meinte. Er schien auch als einziger nicht sofort entsetzt gewesen zu sein ob der Aussage des Gastschülers. Stattdessen hatte jener seine Neugier geweckt. Professor Filius wollte einen Versuch starten.
"Ich bin beeindruck, dass du in der Lage bist, diesen Zauber zu wirken. Ein junger Mann in deinem Alter sollte diese Art der Kraft noch gar nicht wirken können. Keiner meiner Studenten kann das."
"Ich hab ihn mir selbst beigebracht", erwiderte Syn in vollem Bewusstsein. Das würde Filius sicher imponieren. Syn steigerte seinen Wert und das mit vollem Erfolg. Der Luftmagie-Lehrer änderte prompt den Lehrplan, holte Syn zu sich nach vorn und gab ihm Atemanweisungen. Syn tat wie geheißen, weil er das immer tat. Er erkannte Filius als die Obrigkeit im Raum und folglich hatte er seinen Weisungen zu unterstehen. Aber ich bin frei, erinnerte ein kleiner Teil seines Inneren ihn selbst und kämpfte erneut gegen eingebrannte Verhaltensweisen an. Syn nickte für sich. Ich bin frei zu entscheiden, seinen Wünschen jetzt Folge zu leisten. Er will meine Macht sehen. ICH will meine Macht sehen. Er lechzte geradezu danach. Wieviel Macht besaß er? Wozu war er in der Lage? Karrish hatte ihn lernen, aber nie in dem Ausmaß entfalten lassen, dass Syn seinen Fortschritt hätte messen oder ausbauen können. Der Atemnot-Zauber hatte immer genügt. Wäre er eines Tages nicht mehr ausreichend gewesen, hätte Syn in der Bibliothek wohl das nächste sonderbare Buch entdeckt. Wieviel Macht er dadurch wirklich besaß, wusste er nicht. Professor Filius wollte es herausfinden und Syn ebenso. Er atmete langsam durch, war entspannt. Er fürchtete sich auch nicht. Warum? Schlimmer als in Morgeria konnte es nicht sein. Er verspürte nicht einmal Unbehagen ob des geschlossenen Raumes. Da alles aus Glas bestand, fühlte Syn sich dennoch in luftiger Weite. Die Akademie gefiel ihm.
Dann schwand ihr Bild, als der Professor einen gewaltigen Wirbelsturm hervorrief, einfach so, mitten im Klassenzimmer. Syn schaute sich um, aber er konnte nicht einmal mehr die Schemen der anderen Schüler ausmachen. Sie waren verwaschene Flecken vor einer tosenden Wand aus Rauschen und starker Brise. Im Zentrum, im Auge, war es jedoch ruhig. Hier wirbelten nur am Rande einige Blätter umher und schwache Kräfte zupften an Synnover feiner Gewandung. Er musterte seinen Gegenüber.
"Bändige den Sturm."
Syn hob eine Braue. Er hatte nicht einmal eine Gewitterwolke schieben können. Er hatte Filius mitgeteilt, wozu er in der Lage war. Was sollte er tun? Ein Sturm atmete nicht. Er konnte ihm nichts rauben, was er nicht besaß. Plötzlich erreichte ihn ein Säuseln. Es war so fein, dass selbst ein Wispern es hätte hinwegtragen können. Dennoch traf es genau auf Synnovers Sinne. Sanft war es, fast lieblich. Es schlich sich in seinen Gehörgang, nistete sich dort mit einer schwachen Vertrautheit ein und flüsterte ihm eine Formel zu wie schon im Wald, als er um Zarrahs Überleben hatte kämpfen müssen. Dieses Mal war es aber nicht der Odem, den er geschenkt bekam. Bändigung hieß das neue Wort und Syn glaubte, es sofort zu verstehen.
Er warf Professor Filius einen Blick zu, ob jener das Säuseln ebenfalls wahrgenommen hatte. Falls ja, kaschierte der Ältere es offenbar. Syn wollte es versuchen. Beim Odem hatte es funktioniert, vielleicht würde er es wieder schaffen. Er konzentrierte sich, lauschte auf seine Mitte und suchte darin das, was er für sich als Magie definierte. Es war sein persönlicher Sklave. Es diente ihm und er musste es nur mit den richtigen Worten unterwerfen. Im Geiste sprach er es an: Du gehörst mir. Du hast dich meinem Willen zu unterwerfen. Widersetzen wird bestraft, also gehorche. Denn ohne meinen Befehl bist du nichts. Gar nichts! All dein Fühlen und Denken ist genauso bedeutungslos wie deine Rebellion. Albern! Ich verlache es. Er zuckte zusammen, weil er in seinem Geist nicht seine eigene Stimme hörte, sondern Yolinthas Gelächter von damals. Beinahe hätte es ihn aus der Bahn geworfen, so dass er mit einer Hand unwillkürlich durch die Leere wischte. Hoffentlich verpasste er Filius dabei keinen Hieb. Syn merkte es nicht. Er war vollauf in seinem Inneren und zwang seine Magie zum Gehorsam. Gehorche mir! Du hast dich mir zu fügen, denn du hast keine Wahl! Ohne mich bist du nichts! Also gehorche und ...
"Bändigung!" Das Wort kam ihm so spielend leicht über die Lippen, als hätte er Hymlikor schon immer gesprochen. Seine Zunge wusste, wie sich sie gegen die Zähne zu drücken hatte. Seine Stimmbänder spannten sich genau zum richtigen Zeitpunkt und seine Lippen verformten sich, damit der ausgestoßene Laut auch das Wort ergab. Es war fast schon zu einfach. Aber würde es glücken? Bisher hatte die Magie sich von ihm unterwerfen lassen, deshalb nutzte er weiterhin diese harsche Methode. Syn hatte es nicht anders gelernt. Er wandte an seinen eigenen Mächten an, was man mit ihm getan hatte. Er fühlte Macht in sich aufsteigen, ob eingebildet oder echt. Er konnte das Hochgefühl nachvollziehen, ein anderes Sein mit bloßen Worten zu unterwerfen und ihm den eigenen Willen aufzuzwingen. Für einen einstigen Sklaven, der noch immer auf der Suche nach der eigenen Freiheit und ihren Möglichkeiten war, war es pure Euphorie. Adrenalin pumpte durch Syns Adern, als er seine Magie freiließ, damit sie seinen Willen erfüllte. Es zehrte an ihm. Er spürte es, spürte wie er sich kaum auf den Füßen halten konnte. Seine Kräfte wollten ihn mit in den Wirbel reißen, doch er stämmte sich dagegen, verlagerte seinen Fuß und somit auch sein Gewicht. "Bändigung!", rief er noch einmal, um seinen Kräften einzubläuen, wer hier das Sagen hatte. Sie würden ihm gehorchen, denn sie mussten es tun. Er war Karrish. Er war Yolintha. Und die Luftmagie nur ein wertloses, kleines Etwas, das man benutzen konnte, bis es irgendwann nicht mehr aufstehen würde. Dann warf man es fort.
Erschreckt vor dieser Erkenntnis wich Syn vor seiner eigenen Magie zurück. Er ließ sie fallen, ohne zu wissen, ob sich der Sturm schon gelegt hatte. Er verlor sie, dafür traf ihn das Wissen, was er ihr gerade angetan hatte. Seine Augen brannten, doch er wagte nicht, vor Filius und der Klasse zu weinen. Er würde es nicht tun, sondern sich zusammenreißen. Jemand wie er hatte das zu tun. Karrish und Yolintha hatten ihn in dieser Hinsicht auch regelmäßig gebändigt. Er schluckte leer und starrte den Professor an, dessen Bild langsam wieder klarer vor ihm wurde. Syn suchte nach einem Pfad mit der gleichen Aussicht auf luftmagischen Erfolg, aber zur Abwechslung vielleicht gepflastert statt ausgetreten. Zum ersten Mal in seinem Leben ... sehnte er sich nicht danach, ebenfalls mächtig zu sein. Denn er kannte die andere Seite, das untere Ende dieses Machtkampfes. Was hatte er gerade nur getan?!

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Donnerstag 27. Juni 2024, 22:08
von Erzähler
Manchen boten sich allerhand Möglichkeiten im Leben. Sie brauchten nur den Finger kreisen zu lassen und darauf zu zeigen, dann würde sich dieses oder jenes Schicksal erfüllen. Sie waren übersättigt mit allem und verlernten hin und wieder die Wertschätzung ihrer Möglichkeiten. Anderen wiederum wurde jeder Weg versagt. Sie wurden an Schicksale gebunden, die andere für sie erkoren hatten und niemand fragte danach, was sie eigentlich wollten. Es gab sie in vielfacher Zahl, mal männlich mal weiblich aber sie alle teilten ein gewisses Schicksal. Synnover wurde aus jener trostlosen Existenz befreit. Es brauchte manchmal nur ein gutes Herz, ein wachsames Auge und eine starke Hand, die sich zu etwas verbanden, dass die Ketten sprengen konnte. Er hatte in jener Hinsicht Glück gehabt, auch wenn er es selbst noch nicht gänzlich erkennen konnte. Sein Weg war gewiss nicht einfach und er nicht frei von Rückfällen. Aber er würde ihn gehen, weil er Hilfe hatte. Den Anfang hatte jemand gemacht, den er bisher im falschen Licht gesehen hatte. Jemand, den er nicht einfach lesen und mit ihm spielen konnte. Jemand, dem er wichtig genug war, um ihn gehen zu lassen. Damit er genau hier stehen konnte und … lernen durfte. Und zwar genau das, was ihn interessierte. Damit er erfahren durfte, was sein Leben hätte sein können und es sich zurückholen konnte, so er denn wollte. Liebe bestand nicht darin, dass man immer und zu jeder Zeit das tat, was der andere wollte. Sie bestand in den Dingen, die man losließ, damit sie irgendwann zu einem zurückkehren konnten. Freiwillig. Aber dann für immer. Es war ein Wagnis, das man einging, um die Echtheit zu verifizieren. Synnover durfte frei entscheiden. Das wurde ihm versprochen und so nahm dieser jemand in Kauf, dass er vergessen wurde. Dass er sich Hoffnungen machte, die nie erfüllt wurde. Liebe konnte grausam sein, aber sie forderte diese Opfer, damit man sich sicher sein konnte. Synnover hätte sich sicher sein können, wenn er das Konstrukt von Gefühlen und Verbindungen bereits vollends verstanden hätte. Dann hätte er erkannt, welch großes Opfer man für ihn brachte. Und wie wichtig er war. Jetzt aber reichte es, dass er Lariana die Luft raubte, indem er sie küsste.
Das Jubeln der Klasse war lediglich Musik in seinen Ohren. Er tat das für sie. Sie würde ab sofort begehrt werden. Die Männer würden sich nach ihr umdrehen und sie würden sie umschwärmen. Sie brauchte nur den Finger kreisen zu lassen und zu wählen. So sie denn wollte. Im Moment konnte Syn nicht erkennen, was Lari wollte. Sie war rot geworden und schlug verlegen lächelnd die Augen nieder. Allerdings war es der Professor, der sich nun die Aufmerksamkeit holte. Er rief seine Klasse zur Ordnung zurück und bat Syn dann für eine Unterweisung nach vorn. Die Klasse folgte dem Schauspiel gebannt und als sich der Sturm zusammenbraute, mussten einige von ihnen ihre Kopfbedeckungen festhalten. Allerdings schien der Professor äußerst versiert, denn er brachte das Chaos nicht an diesen Ort. Er bändigte es. Und er verlangte von Syn das gleiche zu tun. Synnover hatte nie einen derartigen Zauber besessen. Alles hatte er sich selbst angeeignet und Filius war durchaus beeindruckt. Offenbar wusste Syn nicht viel, aber seine Magie war fortgeschritten. Jetzt aber wusste er sich nicht zu helfen. Im Grunde hätte er es mit ‚Atemnot‘ probieren können. Das Wort an sich war gar nicht der ausschlaggebende Punkt. Denn was tat der Zauber, was hatte Filius gesagt? Er nahm die Luft. Wäre es nicht also auch möglich gewesen, dem Sturm die Luft… zu nehmen und ihn damit zu bändigen? Und wäre es nicht ebenso möglich, mit ‚Odem‘ Luft abzugeben, die eine kleine Gewitterwolke verschob? Synnover wusste darüber nichts, doch das musste er just in dem Moment auch nicht. Er hörte das Säuseln, das Wispern und lauschte. Es drang in seine Seele und platzierte dort ein Wissen, das er sonst nicht gehabt hätte. Filius merkte auf und beobachtete Synnover genau. Er aber griff auf all das zurück, was er selbst hatte durchleiden müssen. Mit Yolintha’s Stimme in seinem Kopf, projizierte er die Worte auf die Magie, die er selbst oft genug hatte hören müssen. Er dominierte seine Magie, er packte sie und unterwarf sie sich. Er war der Herr dieser kleinen Magie und würde sie zertrampeln, wenn sie nicht spurte. Filius stand dort und beobachtete mit großem Interesse, was Syn nur auf seiner Mimik spiegelte. “Bändigung!“, sprach er aus und der Sturm brauste abermals auf. Syn spürte seine Macht ganz genau. Er fühlte, wie stark er sein konnte. Aber etwas lehnte sich gegen ihn auf.

Seine Magie, der Wind selbst. Er wollte nicht gebändigt werden. Synnover aber ließ nicht locker. Er war der Herr und Meister dieses Sturms. Er gebot über Erhalt oder Vernichtung. Und was für ein Gefühl, das war… Macht… sie war süß und bitter zu gleichen Teilen. In ihm brandete ebenso ein Wind auf, der all seine Empfindungen, seinen Stolz, sein Hochgefühl durcheinanderwirbelte. Er hatte das Gefühl, als würde ihn seine Magie von den Füßen reißen und tatsächlich musste er sich gegen eine unsichtbare Wand stemmen, die ihn versuchte aus dem Sturmauge zu drängen. Hinein in den Wirbel, bei dem er keine Kontrolle mehr hätte. Dabei wurde er ganz genau von dem Professor beobachtet, der jedoch nicht einschritt. Er sah zu, was Syn tat und wartete ab. Während sich seine Magie gegen diese Behandlung aufzulehnen versuchte, durchzuckte den Menschen auf einmal eine Erkenntnis. Der Sturm brandete weiter auf, während er die Konzentration über diese Eingebung verlor, die er nicht erwartet hatte. Ihm wurde bewusst, dass er gerade nichts anderes tat, als man ihm selbst antat. Er war doch aber frei… und er sehnte sich nach einer Freiheit, die er verstehen konnte. Wollte er denn die Magie dann dasselbe durchmachen lassen, wie er es hatte erleben müssen? Er rutschte über den Boden, während er den Fokus verlor. Seine Magie glitt ihm aus den gedanklichen Fingern, während er schon mit einem Bein im Sturm stand. Plötzlich aber hörte es auf. Er ließ von seiner Magie ab, zuckte zurück und auch der Sturm endete abrupt. Filius blickte Syn etwas zerzaust an, ebenso, wie der Rest der Schülerschaft. Der Professor kam auf den jungen Mann zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Alles in Ordnung?“, fragte er ihn mit ehrlicher Sorge. Sein Gesicht besaß hier und dort einige Fältchen an den Augen und Mundwinkeln. Um seinen Mund herum begann bereits wieder Flaum zu wachsen. Allerdings machte ihn das keineswegs ungepflegt. Es wirkte weise. Syn sahen zwei hellgrüne Augen entgegen und seinen nicht unähnlich. Auch seine Augen besaßen einen Bruch. Sie wirkten nicht gänzlich zufrieden, wie es zum Beispiel bei Lariana der Fall war. Oder Laerovor. Synnover konnte erkennen, dass auch Filius offenbar eine Last trug, die er aber kaschieren wollte. „Die Stunde ist für heute beendet. Ich möchte, dass ihr mir bis kommende Woche einen Aufsatz über den Gebrauch und Missbrauch von Luftmagie schreibt.“ Ein Murren ging durch die Studenten. „Die Note fließ in die Gesamtnote ein!“, verkündete der Professor scharf und schon war Ruhe. Lariana sah zu Synnover und musterte ihn besorgt. Stumm fragte sie, falls er zu ihr sah, ob alles in Ordnung war, doch dann scheuchte Filius allesamt raus. „Syn, ich würde gerne noch einen Moment mit dir sprechen“, bat der Professor, ehe sich die Schülerschaft aus dem Klassenzimmer bewegt hatte. Lariana hatte Syn bedeutet, dass sie draußen auf ihn warten würde und dann die Tür hinter sich zugezogen. Nun waren Syn und der Professor allein. Filius bot Syn einen Stuhl an und ging dann zu einem kleinen Beistelltisch mit einer Karaffe Wasser. Er goss etwas in ein Glas, bevor er dann zu ihm zurückkehrte und ihm hinhielt. „Trink etwas.“, bat er und hob einige wüste Unterlagen von einem Schemel, auf den er sich dann setzte.
Der Berg Pergament rutschte fast zeitgleich mit seinem Hinsetzen vom Stapel und verteilte sich auf dem Boden. Filius schloss entnervt die Augen. „Arbeiten… sie müssen noch korrigiert werden“, er seufzte und strich sich dann müde über die Augen. Daraufhin verschränkte er die Arme und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er betrachtete Syn genauer und nichts an seinem Blick war anzüglich oder gar auf jene Art interessiert. Er betrachtete ihn väterlich und mit einer Sorge im Grün, die Syn vermutlich unbekannt war. „Das, was du da eben gezeigt hast, war beeindruckend. Wieder.“, schmunzelte er. Trotzdem seufzte er gleich darauf. „Aber ich kann dir sagen, dass dieser Weg nicht lange gutgehen wird. Du bist zweifelsfrei mächtig und aus dir könnte ein… ja, ein großer Magier werden. Wenn du den richtigen Umgang verinnerlichst.“, mahnte er ihn. Filius lehnte sich wieder etwas vor. „Möchtest du mir erzählen, wie dein Leben bisher verlaufen ist, Syn? Es könnte Aufschluss geben, wieso sich die Magie mit dieser Vehemenz gegen dich stellt, wenn du sie wirken möchtest.“, grübelte er. Dann hob er aber beide Hände und hielt sie in beschwichtigender Geste vor ihn. „Du musst natürlich nichts, alles freiwillig in Ordnung? Ich dachte nur, dass es dir vielleicht den Zugang erleichtern würde. Letztendlich sind wir alle aber ewige Schüler.“, er schmunzelte erneut gutmütig. Professor Filius wirkte tatsächlich vollkommen authentisch. Falls Syn irgendwelche Haken suchte, fand er bisher keine. „Woher hast du gewusst, welche Formel du verwenden musst?“, wollte er dann aber wissen.

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Freitag 28. Juni 2024, 20:34
von Synnover
Synnover war kein Magier. Nur, weil in der Lage war, Luftmagie zu wirken, bedeutete es noch lange nicht, dass er mit ihr umgehen und sie zu beherrschen wusste wie jemand, der im Umgang geschult worden war. So viel hatte Karrish ihm nie gewährt. Offenbar war seine Begabung für das unsichtbarste der vier Elemente einfach nur aufgefallen und die älteste Nachtklinge hatte entschieden, ein Experiment zu wagen. Er hatte Syn Zugang zu genug Wissen bereitgestellt, damit jener sich beweisen konnte. Da das Interesse des Kaninchens für den entdeckten Atemnot-Zauber damals groß genug gewesen war - immerhin bot er einen Vorteil in der Arena - war er darauf angesprungen und hatte gelernt. Er hatte sich alles selbst beigebracht. Folglich hatte Syn nur auf Methoden und Wissen zurückgreifen können, das er über eigene Erfahrungen gesammelt hatte. Es war schwer gewesen, überhaupt die Magie anzuzapfen, für sich zu nutzen und dann in diesen Zauber zu formen. Karrish hatte ihn machen lassen, denn er konnte die Ergebnisse entdecken. Mehr gestattete er seinem Sklaven allerdings nicht. Wenn jener gut genug war, einen Zauber aus einem Buch soweit zu erlernen und zu kontrollieren, dass er ihm im Kampf zur Verfügung stand, wäre es fatal, ihm noch mehr Möglichkeiten in die Hände zu legen. Es gab genug Geschichten, in denen Sklaven rebellierten, gegen ihre Herrschaften aufbegehrten. Natürlich scheiterten sie, darum sorgte sich kein Dunkelelf Morgerias. Aber der Verlust seines Kaninchens wäre aus finanzieller Sicht ... bedauerlich gewesen. Immerhin hatte er durchaus Arbeit in die Formung dieses Gladiatoren gesteckt, von der Diskussion mit Yolintha brauchte er gar nicht erst zu sprechen. Ob sie Karrish aktuell Vorwürfe hielt, da jener das mutmaßlich tote Karnickel nicht einmal geborgen hatte, damit seine Schwester ihn hätte ausstopfen und doch noch gebrauchen können? Syn würde es nicht erfahren. Er dachte auch nicht darüber nach. Seine Konzentration lag derzeit darauf, den Sturm unter Kontrolle zu bekommen und wieder kam ihm ein sanftes Säuseln zugute, das ihm einen neuen Zauber zuflüsterte. Trotzdem konnte er sich auch hierbei nur dem bedienen, was er gelernt und selbst erfahren hatte. Er war kein ausgebildeter Magus. Niemand hatte ihm Alternativen beigebracht - Wege, die ein harmonisches, vielleicht sogar freundschaftliches Wirken zwischen Begabtem und der Magie vorsahen. Er kannte nur Demütigungen, Spott, Unterdrückung und Dominanz. Es war an der Magie, ihm zu gehorchen und so sparte er auch nicht damit, alles in seine Befehle zu legen, was ihm selbst über all die Jahre angetan worden war. Nicht einmal allein von den Nachtklingen. Die Befehle der Orks hatte das hymlianische Kind nur selten verstanden, weshalb seine jüngsten Jahre von Gebrüll, Prügel und viel zu engen Schränken beherrscht worden waren. Dass er sich überhaupt zu einem halbwegs umgänglichen jungen Mann entwickelt hatte, verdankte er seinem eigenen Überlebenswillen. Er strebte nicht nach mehr, war im Grunde sogar sehr genügsam. Er gab sich mit dem Luxus zufrieden, den er sich erarbeiten konnte und war bereit, sich selbst dafür zu opfern, weil Syn falsche Gefühle vor absoluter Einsamkeit bevorzugte. Er trug die Masken nicht nur zum Schutz vor anderen, sondern auch, um sein trauriges, echtes Gesicht darunter nicht sehen zu müssen. Jetzt aber starrte er sinnbildlich in einen Spiegel und erkannte das Entsetzen, welches seine Forderungen bei der Magie bewirkten. Sie war erschreckt, ängstlich und fassungslos, dass er sie so wenig wertschätzte. Nein, dass er sie offenbar hasste und nur noch nicht vernichtet hatte, weil sie an irgendeiner Stelle in seinem Leben einen Nutzen besaß. Im Gegensatz zu seinem eigenen Schicksal schaffte es die Magie aber, Widerstand zu leisten. Sie begehrte auf, rebellierte. Sie war kein aus dem Himmel gefallenes Kind, das man allein in einer Welt wie Morgeria gefühlt allem ausgesetzt hatte, wovor man ein solches Kind eigentlich bewahren sollte. Sie hatte sich über ganz Celcia ausbreiten, mentale Stabilität erlangen und stark werden können. Sie besaß allen Grund, sich nicht unterdrücken zu lassen - schon gar nicht vor Syn, der nicht einmal ein richtiger Magier seiner Zunft war!
In ihrer Gegenwehr erkannte Synnover erst, was er ihr antat - was man ihmangetan hatte und wie schmerzhaft all das Erlebte noch immer auf seiner Seele brannte. Die ungebändigte Wut der Luftmagie riss bei ihm alte Narben auf und ließ ihn mit der Erkenntnis zurück, was er alles durchlitten hatte. Er war vollkommen kaputt. Mehr noch, er war gebrochen worden und hatte es nicht einmal erkannt. Stattdessen war er mit seinem falschen Lächeln auch noch auf die nächste Festivität spaziert, hatte sich dargeboten und in fremden Betten geleistet, was man von ihm erwartete. Er hatte mit distanzierter Genugtuung den Blick nicht in die Zuschauerränge der Arena erhoben und dennoch im Rauschen ihres Jubels gebadet, mit dem Wissen, dass gerade die Frauen ihn noch mehr begehrten, weil er sie eben nicht ansah. Er hatte sich arrogant und selbstgefällig gegenüber einfachen Sklaven des Hauses verhalten, weil er dem Irrglauben verfallen war, wertvoller zu sein als sie. Er hatte all das mit einem Lächeln Tag für Tag auf's Neue mit sich machen lassen ... und war noch dankbar gewesen. Niemand, nicht einmal Zarrah, hatte ihm begreiflich machen können, dass seine Seele auf's widerlichste missbraucht worden war. Sie hatte ihm erste Fenster einen Spalt weit geöffnet und ihn selbst im eigenen Tempo hinaussehen lassen. Freiheit, die Möglichkeit, nicht mehr tun zu müssen, was man von ihm erwartete - weil Zarrah nichts erwartete. Sie war sanft mit ihm umgegangen und es hatte geholfen, ihn erste Schritte gehen zu lassen. Oh, hätte er sie nur nach Hymlia mitgenommen, als guten Schutzgeist, der über seine Seele weiterhin wachte. Aber Zarrah war fort und ihm blieb nur die Magie. Sie ging weniger behutsam mit ihm um, war sie doch zornig ob seiner Behandlung - seiner Misshandlung! Sie wirbelte auf, schlug ihm Wellen der bitteren Wahrheit ungeschönt und mit ganzer Wucht entgegen. Syn verlagerte seinen Fuß nach hinten, um nicht in den Sturm gedrückt zu werden. Er kannte den Zauber, hatte ihn als liebliches Säuseln gehört. Er versuchte, ihn über seinen Willen durchzusetzen, aber er schaffte es nicht. Nicht so. Nicht, wenn er dafür bereit war, die Magie selbst zu brechen ... wie man ihn gebrochen hatte. Sein Wille löste sich in Wohlgefallen auf. Er ... wollte der Macht, die sich ihm so offen gezeigt hatte, nicht das gleiche antun. Er wusste nur nicht, wie er es bewerkstelligen könnte.
In diesem Moment ahnte Synnover, dass ihm der Zugang zu mehr Luftmagie verwehrt bliebe. Sie zu kontrollieren, Macht über sie zu haben, fühlte sich unbeschreiblich an. Es war mit nichts Anderem zu vergleichen, aber er konnte sich dieser Macht nicht bedienen. Nicht auf die einzige Art und Wiese, die er kannte. Er brachte es nicht über sich. So ließ er jegliche Versuche fallen, sie zu bändigen. Er war bereit, hier und jetzt von den Füßen in ihren Wirbel ge- und vermutlich zerrissen zu werden. Bin ich das nicht bereits?, dachte er mit einer Bitterkeit, die er niemals zuvor so offen in seiner Mimik an den Tag legte.
Professor Filius erkannte diese Veränderung. Er beobachtete den Gastschüler genau und bemerkte wohl, dass er aus eigener Kraft den Sturm nicht würde bändigen können. Nein, er wollte es nicht. Das Potenzial schien ja vorhanden zu sein, aber er versuchte es nicht weiter. So musste der Lehrer die Winde wieder beruhigen. Aber schritt Filius wirklich ein oder ... hatten die arkanen Kräfte mit diesem geschundenen Etwas Erbarmen, das auf weichen Beinen stand, die Schultern dabei hängen ließ und so blass um die Nase geworden war, dass sie als weißer Fleck aus seinem ohnehin schon hellen Antlitz geradezu herausstach?
Synnover wusste es nicht. Er stand einfach nur da. Er spürte, dass es geendet hatte. Er fühlte sich vollkommen ausgelaugt, aber nicht auf physischer Ebene. Das Gewicht einer fremden Hand legte sich auf seine Schulter. Der Professor merkte wohl, wie sein Assistent darunter etwas einknickte.
"Alles in Ordnung?
"Nein." Syn erschreckte sich vor seiner eigenen Antwort. Sie entkam ihm, bevor er auch nur den Versuch wagte, die Fassung zurückzugewinnen und nach seiner Maske zu angeln. Filius erlebte diesen jungen Mann so ehrlich wie sonst nur sehr ausgesuchte Personen, die man an einer Hand abzählen konnte. Schlimmer aber war, dass es Syn gerade nicht gelang, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Er schaffte es nicht. Er brachte die Kraft nicht auf, dabei fiel es ihm sonst doch so leicht. Selbst vor Lariana hatte er nach seinem kleinen Ausbruch wieder glatte Züge zeigen und innere Ruhe ausstrahlen können. Jetzt war da nur Erschöpfung, gepaart mit einer bleiernen Schwere, die an seinen Schultern zog. An ihren Gewichten hing das Wissen, was er der Luftmagie angetan hatte und was ihm angetan worten war. Es erdrückte ihn beinahe. Syn hob den Blick, sah in seine Augen. Nein, nicht seine, aber ebenfalls von einem sanften Grün und ebenfalls mit einem Schatten darüber, wenn man nur tief genug suchte. Dann schwanden sie, lösten sich von ihm wie die Hand von seiner Schulter. Er wollte durchatmen, doch es gelang nicht so ganz. Er keuchte stattdessen. Ich krieg keine Luft! Und während Professor Filius alle Schüler inklusive Lariana des Klassenzimmers verwies, legte Syn sich zwei zitternde Finger an die Lippen.
"Odem..." Ich bekomme keine Luft! Ich weiß, was ich dir angetan habe. Und er wusste auch, dass er im Grunde kein Recht mehr hatte, an die Luftmagie noch Forderungen zu stellen. Allerdings... Ich will nicht sterben. ... ... ... Bitte ...
Ob sie auf ihn hörte und ihm seinen Zauber gewährte oder ob er ihn aus den Reserven seiner eigenen Kraft noch hervorbrachte, blieb ungewiss. Möglich war auch, dass Syn sich langsam etwas beruhigte aus dem Chaos in seinem Kopf und mehr noch, in seinem Herzen. Auf jeden Fall fühlte er, wie Luft seine Lungen füllte und er sie verbraucht wieder entließ. Er atmete dennoch eher flach wie unter Schmerzen. Seinem Körper fehlte nichts, trotzdem brannte etwas in seiner Brust. Larianas besorgten Blick übersah er, aber sie konnte wohl erkennen, dass irgendetwas in ihm vor sich ging und auch wenn es mit der objektiven Sicht eines außenstehenden Beobachters als positive Entwicklung vermerkt werden konnte, so bedeutete das noch lange nicht, dass der Weg kein steiniger wäre. Veränderung war niemals leicht.
"Syn, ich würde gerne noch einen Moment mit dir sprechen."
Er nickte mechanisch, wartete. Seine Beine hätten ihn nun ohnehin nicht aus dem Raum tragen können. Und wohin sollte er auch gehen? Der Professor deutete auf einen Stuhl. Syn klammerte sich an diesen Strohhalm. Er schlurfte zu dem Sitplatz und ließ sich darauf nieder. Es ging keineswegs mit der selbstsicheren Eleganz und dem Charme vonstatten, mit dem er zuvor noch den Jubel der Klasse eingeheimst und Larianas Herz zum Flattern gebracht hatte.
Ein mit Wasser gefülltes Glas schob sich in sein Sichtfeld. "Trink etwas." Er tat, wie geheißen. Er griff danach. Das Glas wog schwer in seiner Hand. Aber Syn rang sich durch, es festzuhalten. Man erwartete es. Er trank. Geleert stellte er es anschließend auf einen freien Platz des Schreibtischs. Sein Blick blieb gesenkt. Er war vollkommen in sich gekehrt. Die Erkenntnis, die er eben durch die Luftmagie nicht nur erfahren, sondern auch begriffen hatte, hallte hauchfein in ihm nach, dass es ihm fast die Trommelfelle zerriss. Und selbst das Lob, welches der Professor mit einem Schmunzeln an ihn richtete, drang kaum weit genug zu ihm durch, als dass er darauf hätte stolz sein können.
"Du bist zweifelsfrei mächtig und aus dir könnte ein ... ja, ein großer Magier werden. Wenn du den richtigen Umgang verinnerlichst."
Wie in Zeitlupe straffte Syn seine Schultern. Er setzte sich gerade auf, die Hände nun locker auf beiden Knien. Die Finger zitterten nicht mehr und auch seine Züge gewannen die reservierte Glätte zurück. Trotzdem musste Syn noch einmal durchatmen, ehe er den Blick hob, um ihn auf den Hymlianer zu richten. "Nein", sagte er mit einem Kopfschütteln. Es klang nicht rebellisch, kein bisschen wie die Luftmagie, die so viel mutiger war, sich gegen den Missbrauch zur Wehr zu setzen. Es schwang ein Hauch Kummer mit, den der Silberhaarige nicht ganz kaschiert bekam. Aber seine Stimme war ruhig und besaß wieder Festigkeit. Er zwang sich, damit er den nötigen Abstand gewinnen konnte, sein Schicksal anzunehmen. Lieber das als den Schmerz um seinen wahren Zustand und die Gewissheit, welch zerstörtes Elend er eigentlich war - selbst hier, in Hymlia, weit weg von Morgeria. In Freiheit.
"Nein", wiederholte er, um den roten Faden seiner Antwort wieder aufzusammeln. Es fiel ihm um so vieles schwerer als sonst, die Maske zu tragen. Wahrscheinlich, weil sie mit all den kleinen Rissen nicht mehr so richtig halten wollte. "Ich bin nicht dafür vorgesehen, ein Magier zu werden." Ob er wollte oder nicht. Andere hatten schon vor langer Zeit für ihn entschieden und ihn so geformt - verformt! -, dass es ihm offensichtlich unmöglich war, davon loszukommen. So sehr andere sich auch die Mühe machten, so sehr er es sich vielleicht selbst wünschte, ohne es bisweilen zu wissen. Es würde nicht geschehen. 'Du weißt nicht, was Liebe ist.' Syn zuckte zusammen, als sein Herz sich verkrampfte. Sein Ausdruck blieb ruhig. Ja. Es würde nicht geschehen, denn andere hatten vor langer Zeit für ihn entschieden, was sein durfte und was nicht. Und er war nicht der mutige, schöne, unzähmbare Wind.
"Möchtest du mir erzählen, wie dein Leben bisher verlaufen ist, Syn? Es könnte Aufschluss geben, wieso sich die Magie mit dieser Vehemenz gegen dich stellt, wenn du sie wirken möchtest."
"Ich wirke sie nicht", gestand er seine Einsicht. "Sie flüstert mir zu, was ich tun soll. Sie nennt mir die Zauber. Sie gestattet mir, sie soweit zu nutzen, dass ich meinen Zweck erfülle." Sein Blick wanderte über den Schreibtisch und die verteilten Unterlagen, ehe das warme Grün zum Professor zurückkehrte. Noch immer trug er die teils bröckelnde, teils rissige Maske aus Selbstschutz, aber seine Worte gegenüber Filius waren wahr. Jedenfalls glaubte er das. Es war eine Wahrheit, die man ihm lange genug auf's Auge gedrückt hatte, bis er keine andere mehr sah. Weil er nichts Anderes zu sehen hatte. Nicht einmal Freiheit schien etwas ändern zu können. Sie sorgte nur dafür, dass er seine eigenen Qualen weitergab. Er war nicht wirklich frei, denn er verstand Freiheit nicht. So wie er nicht verstand, was Liebe ist. Er würde es nie verstehen, wie Yolintha es ihm prophezeit hatte. Also nahm er an, was er bekommen konnte. Sei dankbar!
"Ich bin Gladiator. Ich kämpfe. Ich attackiere, weiche Angriffen aus und ich töte. Ich bestehe, Tag für Tag, bis ein Stärkerer mich irgendwann niederstreckt und ich sterbe. Aber solange ich siege, habe ich das Privileg, mehr zu sein." Er holte Luft. Sein Blick wurde härter, distanzierter, aber Syn zwang sich, dem Professor zu antworten. "Dann bin ich Liebhaber, umschwärme und verwöhne, für wen ich ausgesucht wurde. Ich flüstere feine Worte zu, küsse, berühre fremde Leiber, die unter meinen Taten erbeben. Ich bringe sie um den Verstand, spende Lust und Leidenschaft. Jede Nacht, wann immer Interesse an mir besteht. Wann immer ich es wert bin, meine Aufwartung zu machen. Wann immer ... es erwartet wird." Die Worte gingen ihm immer leichter von den Lippen. Sich selbst sie sagen zu hören, war noch um einiges intensiver, als sie aus dunkelelfischem Munde zu vernehmen. Denn es bedeutete, dass er seine Bestimmung akzeptierte - akzeptieren musste. So wie es sein sollte. Es machte ihm auch kaum mehr etwas aus. Warum war er überhaupt aus Morgeria geflohen? Er hatte es doch gut mit seinem Schicksal. Er hatte sich daran gewöhnt. Und solange er diesem Pfad folgte, würde nur er mit all den Demütigungen, der Unterdrückung, dem Missbrauch, den zerstörerischen Worten, dem Spott und Hohn belastet werden. Er brauchte es nicht an andere weitergeben.
"Ich bin ... war morgerianischer Sklave. Aber vielleicht ... sollte ich zu dem zurückkehren, was von mir erwartet wird." Syn blinzelte, aber eine einzelne Träne entkam doch seinen fein geschwungenen Wimpern. "Ein Leben in Freiheit ist genauso wenig für mich vorgesehen wie Magie ... und andere Dinge." Syn erhob sich steif und ohne die Tränenspur von seiner Wange zu wischen. "Darf ich gehen?", fragte er. "Lariana erwartet mich und sie ist ... nett. Das macht es mir leicht." Er schob den Stuhl an den Schreibtisch heran, dass der viele Schmuck seiner Handschuhe und Seidengewänder klimperte. Syn schaute darauf herab. Er lächelte jenseits aller Freude. "Und schau! Sie lässt mich diese traumhafte Kleidung tragen. Ich darf mich mit so viel wunderbaren Dingen schmücken, um für sie schön zu sein!" Er wirbelte umher, dass die Seide über seiner Haut aufflatterte. Er drehte sich mit einstudierter Eleganz, gab ein Lachen von sich. Es war falsch, hörbar falsch. Syn blieb erneut stehen. Er schaute auf seine halb ausgestreckten Arme herab, drehte die Hände. "Ich bin so unglaublich schön wie es keinen zweiten in Morgeria gibt." Plötzlich riss er beide Hände hoch, verbarg sein Gesicht. Er versuchte noch, die Überreste der Maske festzuhalten, aber sie zerbröselte zwischen seinen Fingern. "Scheiße." Sie brach, so wie er gebrochen war. "SCHEISSE!"
Aufgewühlt, aber vor allem verzweifelt vor Hilflosigkeit, weil er mit all dem Chaos in seinem Inneren nicht umzugehen wusste, brüllte er es aus sich heraus, dass die gläsernen Wände des Klassenzimmers erzitterten. Er konnte nicht mehr. Er konnte die Masken nicht tragen, wie man es von ihm erwartete. Nicht, nachdem er gesehen hatte, was hätte sein können, aber nie sein würde. Er konnte nicht tun, was er wollte, denn dann würde er all das, was ihn gebrochen hatte, auf andere übergehen. So sehr Synnover sein Leben lang nur auf das eigene Überleben geachtet hatte, so wenig wollte er nun, dass andere ebenfalls dazu gezwungen würden. Die Magie nicht, andere Menschen nicht ... aber was sollte er tun? Er hatte es nicht gelernt. Er sollte es nicht lernen, nicht wissen, nicht begreifen.
Syn senkte die Hände von seinem Gesicht. Müde blickte er über die Schulter zurück zu Professor Filius. "Hilfe", bettelte er wie niemals zuvor in seinem Leben.

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Montag 1. Juli 2024, 16:52
von Erzähler
Nichts war in Ordnung, aber das konnte der Professor unmöglich in all der Gesamtheit wissen. Es war eine leichtsinnig formulierte Floskel, die oft benutzt und noch öfter mit Lügen beantwortet wurde. Jetzt aber nicht. Syn konnte in diesem Moment nicht lügen. Die Maske passte nicht, sie saß nicht richtig und rutschte ihm hinunter. Sie offenbarte nicht nur dem Professor ein Mienenspiel, wie es Synnover sonst niemals gezeigt hatte. Auch er begriff in diesem Moment, dass es nicht gut war. Nichts war in Ordnung. Die Luft fehlte ihm zum Atmen, die Wellen der Verzweiflung wollten ihn ertränken und er schaffte es nur mit Mühe und Not überhaupt noch einen Ausweg zu finden. Zu erkennen, dass er der Magie seinen Willen mit aller Gewalt aufzwingen wollte und die Parallelen dahinter zu entdecken war zu viel. Syn bekam keine Luft mehr und mühte sich, sich selbst Luft zu geben. In seiner beginnenden Panikattacke, japste er nach magischer Luft und tippte sich gegen die Lippen. Die Magie schien einen Moment zu überlegen, ob sie Synnover gewähren sollte. Er flehte sie an und tatsächlich konnte er kurz darauf spüren, wie ein feiner Hauch in seinen Mund und Nase strömte und dort die so dringend benötigte Luft schenkte. Die Magie aber war es nicht. Er bildete sich ein, dass er den Zauber wirkte, den er bei Zarrah hatte anwenden können. Das Ergebnis aber blieb das gleiche: Syn’s Atmung wurde etwas ruhiger und er schaffte es, die drohende Ohnmacht abzuwenden. Filius blieb an seiner Seite.
„Beruhige dich, Syn. Ganz ruhig atmen!“, redete er mit sonorer Stimme auf ihn ein und legte erneut eine Hand auf seine Schulter. „Atmen…“, half er ihm und ließ daraufhin seine Finger einmal kreisen, ehe Syn ein feiner Luftwirbel umwehte, der eine kühle, frische Briese brachte. „Gut so, Junge. Weiter, atme…“, beruhigte er ihn und nickte als Syn langsamer wurde. Der Hymlianer schaffte es, sich wieder zu besinnen und konnte gar den Worten des Lehrers folgen. Allerdings war er nicht der selben Meinung. “Nein“, wiederholte er bereits auf die Aussage, er könnte ein Magier werden. Synnover glaubte nicht daran, dass Syn das werden konnte. Es war ihm nicht gestattet, nicht gewollt. Wäre es gewollt, hätten die Nachtklingen ihm die Mittel zur Verfügung gestellt. Für diesen Weg war er nicht vorgesehen! Filius ließ sich nicht beirren und fragte behutsam nach seinem Werdegang und seiner Art, die Magie zu nutzen. "Ich wirke sie nicht. Sie flüstert mir zu, was ich tun soll. Sie nennt mir die Zauber. Sie gestattet mir, sie soweit zu nutzen, dass ich meinen Zweck erfülle.“ Der Professor runzelte etwas die Stirn bei seinen Worten und lauschte dennoch weiter. Synnover war nicht fertig mit seiner Erzählung. "Ich bin Gladiator. Ich kämpfe. Ich attackiere, weiche Angriffen aus und ich töte. Ich bestehe, Tag für Tag, bis ein Stärkerer mich irgendwann niederstreckt und ich sterbe. Aber solange ich siege, habe ich das Privileg, mehr zu sein."

Die Worte waren niederschmetternd. Synnover musste sich so unverhofft mit seinem Leben auseinandersetzen, dass es ihm den Boden unter den Füßen entriss. Wer hätte ahnen können, dass er das hier tat? Hier in einer Akademie in Hymlia? Einem vollkommen Fremden? Filius beobachtete Syn und hörte ihm aufmerksam zu. Er gab ihm die Zeit und unterbrach ihn nicht. Dabei zeigte Filius aber weder Spott noch Hohn oder gar Ekel. Sein gealtertes Gesicht wurde nachdenklich als Syn sich erhob. Die Träne blieb gewiss nicht unbemerkt. "Ein Leben in Freiheit ist genauso wenig für mich vorgesehen wie Magie ... und andere Dinge. Darf ich gehen? Lariana erwartet mich und sie ist … nett. Das macht es mir leicht. Und schau! Sie lässt mich diese traumhafte Kleidung tragen. Ich darf mich mit so viel wunderbaren Dingen schmücken, um für sie schön zu sein! Ich bin so unglaublich schön wie es keinen zweiten in Morgeria gibt." Er schnaubte. „Ich kann dir versichern, dass Lariana Varalo sich nicht mit dir schmückt. Wenn sie dir die Sachen überließ, dann, weil sie sie dir aus reiner Herzensgüte schenkt.“, antwortete er mit einem freundlichen Lächeln. Es war ihm ernst. „Du darfst jederzeit gehen, Syn. Hier bist du kein Sklave und niemand erwartet von dir Dinge zu tun, die du nicht tun willst. Dafür verbürge ich mich.“, nickte er, auch wenn er wusste, dass das für Syn nicht unbedingt ein Grund zum Glauben ist. Syn wollte gehen aber er wusste nicht wie. Plötzlich überkam es ihn und er schrie die Hilflosigkeit heraus. Filius seufzte betroffen.
"Hilfe", entkam es Syn und der Professor erhob sich von seinem Stuhl. Er ging auf Syn zu und legte erneut eine warme Hand auf seine Schulter. „Wenn du Hilfe haben willst, dann verspreche ich dir, dass du hier genau richtig bist. Hier wirst du sie bekommen, Syn. Hymlia ist unverkennbar deine Heimat, ob du hier den ersten Teil deines Lebens verbracht hast oder nicht.“ Filius hob eine Hand in sein Sichtfeld. Er ließ erneut einen Wirbel entstehen, der jedoch keinem Gewitter glich sondern einer Miniatur Version eines Wirbelsturms, der sich durch den Raum bewegte, ohne etwas zu zerstören.

„Es ist nicht zu spät für dich. Ganz im Gegenteil! Offenbar hat das Leben gemeint, dass du die Freiheit verdienst. Wie solltest du sonst hergekommen sein? Das, was du durchgemacht hast kann nicht von heute auf morgen heilen. Damit sollten wir beginnen. Du solltest aber erkennen, dass du nicht – und das meine ich vollkommen ernst – der Sturm bist, der alles vernichtet. Syn, du trägst keine Schuld an dem, was andere dir antaten. Und verdient hast du es noch dreimal nicht.“, sprach er weiter. Er blieb dabei vollkommen ruhig und gleichwohl ehrlich. Nun nickte er zu dem Wirbelsturm. „Auch wenn du umherirrst und nicht weißt, wo dein Platz sein könnte, nachdem man dir jahrelang sagte, wohin du angeblich gehörst…“, er hob die Hand und hielt den Sturm an, der sich nun auf der Stelle drehte und schließlich immer ruhiger wurde, ehe er sich auflöste und zu einer milden Briese wurde. „Wirst du ihn finden, wenn du nur daran glaubst, dass du es wert bist.“, schloss er. Dann drehte er sich zu Syn um und fing seinen Blick auf. Er lächelte ihn warm an und das Grün seiner gealterten Augen besaß keine Verschlagenheit. „Hymlia mag überfordern. Es mag Rückschläge geben. Aber hier darfst du lernen, leben und lieben, wie du es willst! In Hymlia unterstützen wir uns. Wir finden Freunde, auf die wir uns verlassen können. Hymlia ist ein Miteinander und niemand muss hier etwas tun, das er nicht will. Das gilt auch für dich! Du bist jetzt hier, einer von uns! Lass den Boden für eine Weile hinter dir... atme durch und konzentriere dich auf etwas anderes. Dafür brauchst du nichts zu tun, falls du das denkst. Lariana schenkt dir keine Kleidung, damit du im Anschluss etwas tust. Sie tut es, weil sie ein gutes Herz besitzt. Versuche zu lernen, was es heißt ein Mitglied unserer Gesellschaft zu sein und ich verspreche dir, du wirst Hymlia als dein Zuhause erkennen. Du wirst Freunde finden, eine Ausbildung beginnen – egal in was. Etwas, das dein Herz entflammt. Vielleicht eine neue Liebe?“, er lächelte. „Syn, dir steht hier alles zur Verfügung. Und wenn dir nach Magie ist – dann kommst du zu mir! Ich zeige dir, wie du ohne das Flüstern Magie wirken kannst.“ Kurz runzelte er erneut die Stirn. „Denn… das erscheint mir… seltsam…“, überlegte er. Doch dann lächelte er ihn wieder an, bevor er ernster wurde. „Und wenn du einfach nur jemanden brauchst, der dir zuhört… dann steht dir meine Tür zu jeder Zeit offen! Du… bist nicht allein!“, beteuerte er ihm.

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Montag 1. Juli 2024, 19:45
von Synnover
Hilfe.
Im Grunde etwas vollkommen Selbstverständliches. Der Mensch ist ein soziales Lebewesen. Er rottet sich in Familien zusammen, in Gemeinschaften, bildet Dörfer und Städte, deren komplettes System darauf aufbaut, dass man einander hilft. Für ein Handwerk erhält der Leistende Lohn. Beide Seiten profitieren davon, beiden Seiten ist geholfen. Selbst wenn man menschliche Kinder beobachtet, erkennt man schon, wieviel Hilfsbereitschaft im unschuldigen Kern des Menschen steckt. Gerade Kinder achten dabei wenig auf Herkunft, Aussehen oder beispielsweise religiöse Hintergründe. Erkennen sie, dass jemand Hilfe braucht, versuchen sie zu helfen. Mit ihren beschränkten Möglichkeiten ereichen sie vielleicht noch nicht viel, aber der Wille ist da. Angesichts dieses Sozialverhaltens sollte man meinen, dass aus der Kindheit herausgewachsene Menschen kein Problem haben, um Hilfe zu bitten oder sie auch anzunehmen. Und doch musste jemand wie Syn erst an den Rand der Verzweiflung geraten, sein Weltbild endgültig erschüttert bekommen und einen nervlichen Zusammenbruch erleiden, um das erste Mal in seinem Leben wahrlich um Hilfe zu bitten. Nein, er bettelte. Er flehte Filius mit den letzten verbliebenen Stücken seiner Seele an, die noch nicht zertrümmert waren, die Scherben mit ihm aufzusammeln. Er wollte nicht einmal Heilung. Darauf hoffte er nicht. Er bat um Leim und eine Ecke, damit er die zersplitterten Fragmente seines Selbst wieder halbwegs zusammensetzen konnte. Damit er weiter funktionieren konnte in einer Welt, die nur aus Lügen bestand, ihn benutzte und für ihn das Schicksal aussuchte.
Glücklicherweise lag diese Welt hinter ihm. Er war in Hymlia angekommen. Das erklärte ihm auch Professor Filius. Dass er ausgerechnet bei ihm erlitt, was Zarrah aus ihm herauskitzeln hatte wollen - vielleicht mit der Hoffnung, ihn zu trösten und sein neues Leben aufbauen zu können - kam überraschend. Immerhin war der hymlianische Lehrer vollkommen unbeteiligt und gewiss hatte er sich seinen heutigen Unterrichtstag auch anders vorgestellt. Aber wie Filius Synnover ebenfalls erklärte, war Hymlia anders als alles, was er am Boden hatte erdulden müssen. Wer in Hymlia um Hilfe bat, erhielt sie - ohne eine Gegenleistung zu erbringen. Man half einander aus ...
"Herzensgüte", wiederholte Syn, als sein Gegenüber andeutete, dass jemand wie Lariana Geschenke ohne jeglichen Hintergedanken verteilte. "Warum?" Syn verstand das nicht. Er erhielt doch nie etwas umsonst. Es gab nur eine Ausnahme. Diese eine Person, die von ihm niemals etwas forderte. Nicht einmal, dass er bei ihrer Mission half. Zarrah hatte dort auch um Hilfe gebeten. Vielleicht hätte Syn bei ihr bleiben sollen, aber dann wäre ihm jetzt verwehrt geblieben, was er sich insgeheim erhofft hatte und weshalb er den Weg nach Hymlia allein angetreten war. Er musste die Welt mit neuen Augen sehen und sich von allem lösen können, was ihn am Boden gefangen hielt. Erst danach könnte er zurück - falls er es dann noch wollte. Ob Zarrah wirklich auf ihn warten würde, in Rumdett?
Nicht nur seine Gedanken wirbelten umher. Professor Filius beschwor erneut die Luftmagie herauf und mit ihr eine winzige Windhose, die sich eifrig um sich selbst drehte, durch den Raum wehte und doch ... verloren wirkte. Syns Blick fiel auf den Luftwirbel. Er verfolgte dessen zielloses Vorankommen. Er bewegte sich. Letztendlich blieb er aber doch nur auf der Stelle, drehte sich um seine eigene kleine Welt. Er war in ihr gefangen und glaubte, alles sei richtig so, denn im Auge dieses minimalistischen Sturms war es ruhig.
"Es ist nicht zu spät für dich. Ganz im Gegentei! Offenbar hat das Leben gemeint, dass du die Freiheit verdienst. Wie solltest du sonst hergekommen sein?" Synnovers Augen hefteten sie an jene des Älteren. Auch die des Professors waren grün, wirkten jedoch erfahrener. Er hatte mehr Zeit auf Celcia verbringen können, mehr Wissen sammeln können. Er war frei gewesen und nun stand er hier, um Synnover Ratschläge zu erteilen ... einfach so ... Aus Herzensgüte. Er verlangt nichts. Jedenfalls hatte er es bisher nicht getan. Syn betrachtete wieder den kleinen Wirbel, der seinen Weg fand und sich langsam aus sich selbst heraus löste. Er entfaltete sich, wuchs ein wenig, wurde schön und breitete sich im Raum aus. Er wurde Teil des Ganzen, so dass man ihn nicht mehr von der übrigen Luft unterscheiden konnte. Er war frei, hatte sich integriert und nun war er so gleich wie alle anderen. Hier kam es keine Herren, keine Sklaven. Hier in Hymlia herrschte Freiheit, die er sich so lange herbeigesehnt hatte. Aber nicht das Leben meinte, dass er sie verdiente. Sein Leben hatte nicht dazu beigetragen, dass er nach seinem Sieg im Triell an Blutverlust und seinen Verletzungen starb. Sein Leben endete nicht auf einem Leichenberg gefallener Gladiatoren, aber es hatte auch nicht dafür gesorgt, dass er von dort fort kam. Es hatte ihn nicht durch Crystin aufpäppeln und von Razag durch Höhlensysteme tragen lassen. Es hatte ihm keine Wälder - richtige Wälder!- gezeigt oder mit ihm in einem wilden Fluss gebadet. Es saß nicht mit ihm am Lagerfeuer, wo Crystin Geschichten über Hirschgötter erzählte, die so weiß waren wie sein Haar. Auch hatte es ihm nicht gesagt, dass er frei war, ihn nicht die Weite des Himmels sehen lassen - erst im Wald, dann an den Klippen, über einer ebenso weiten Masse aus Wasser. Das Meer.
Sie hatte all das getan. Sie hatte ihn gerettet, mitgenommen, die Freiheit gezeigt. Sie war mit ihm durch die Wälder gestreift, wo sie den Spuren der Häscher gefolgt waren, um Razag und Crystin zu befreien. Sie hatte seinen Namen gekannt, seinen richtigen. Sie hatte ihn genannt, ohne ihn zu stehlen oder für sich zu beanspruchen. Im Gegenteil. Sie hatte ihn zurückgegeben, zusammen mit mehr. Mit Informationen zu Hymlia, damit Syn überhaupt erst herausfinden konnte, wo er hin musste, um nun hier zu sein. Sie war es gewesen und er hatte sie zurückgelassen...
Er keuchte, als sich das letzte Bild von ihr in seiner Erinnerung festigte. Diese tapferen grünen Augen, die versuchten, die Trauer zu verschleiern. Auch sie hatte um Hilfe gerufen, ganz still. Er hatte es nicht gehört, nicht gesehen.
Syn keuchte auf, als etwas in seiner Brust stach. Es schmerzte, zog sich zusammen und hinterließ ein seltsam flaues Gefühl. Er wusste nicht, was es war, aber er ahnte, dass es verschwinden würde, wäre jemand Bestimmtes nun hier. Vielleicht sollte ich zurück...
Der Professor zerstreute seine Gedanken. "Auch wenn du umherirrst und nicht weiß, wo dein Platz sein könnte, nachdem man dir jahrelang sagte, wohin du angeblich gehörst, wirst du ihn finden, wenn du nur daran glaubst, dass du es wert bist."
"Aber wie stelle ich meinen Wert unter Beweis, wenn ich weder als Gladiator kämpfe, noch als Lustdiener verführe?" Ohne seine Leistung war er nichts wert, das hatte Syn sogar schon bei den Orks gelernt. Ansonsten hätten sie ihn gefressen oder getötet. "Wenn Hymlia keine Sklaven hat, was soll ich dann tun? Ohne meine Pflichten bin ich ... nichts."
"Lass den Boden für eine Weile hinter dir ... atme durch und konzentriere dich auf etwas Anderes. Dafür brauchst du nicht zu tun, falls du das denkst." Syn schaute noch immer hilflos drein. Es fühlte sich für ihn falsch an, einfach nur zu sein, ohne seinen Teil beizutragen. Er war in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der man das nun einmal erwartete. Es fühlte sich genauso falsch an wie damals, als Zarrah sich bei ihm entschuldigt hatte. Damals erklärte sie ihm, dass dieses Denken das Falsche sei. Syn schaute auf, in die Augen des Professors.
"Versuche zu lernen, was es heißt, ein Mitglied unserer Gesellschaft zu sein und ich verspreche dir, du wirst Hymlia als dein Zuhause erkennen. Du wirst Freunde finden, eine Ausbildung beginnen - egal, in was. Etwas, das dein Herz entflammt. Vielleicht eine neue Liebe?"
Syns Mundwinkel zuckten herunter. Dann senkte sich auf sein Blick. Filius aber redete weiterhin auf ihn ein. Er wollte ihm Mut machen. Vor allem aber wollte er ihm mitteilen, dass er in Hymlia jederzeit auf Hilfe hoffen konnte. Er musste diesen Weg nicht allein gehen und das unterschied diesen ersten Tag über den Wolken vollkommen von seinem bisherigen Leben. Ein Leben, in dem er selbst im Zentrum der Schwarzen Arena, umgeben von Tausenden Zuschauern, die alle Augen auf ihn richteten, vollkommen auf sich gestellt gewesen war. Mehr noch, am Boden erzeugte es Druck. Man erwartete von ihm Leistung, während er sich allein durchkämpfte. Immer und immer wieder. Statt eines Lobes durfte er dankbar sein dafür, dass er es nach seinem jüngsten Überwinden erneut versuchen durfte. Mehr und mehr und mehr, der nächste Gegner wartete schon. Motiviert wurde er mit Geschenken, falschem Lächeln und falscher Nähe. Selbst dafür konnte er nur dankbar sein, denn mehr gab es für ihn nicht. Nichts Echtes. Dazu musste ers jemand kommen und ihm aus seinem Gefühl, allein zu sein, herausholen. Syn erinnerte sich an den zwangsläufigen Spaziergang am Strand. Er war gestützt worden, nachdem er sich beim Rennen so übernommen hatte. Sie hatte nichts verlangt, obwohl auch in ihr eine Sehnsucht herrschte. Nicht nach Freiheit, sondern ... nach ihm. Sie hatte ihm gesagt, dass sie mehr wollte und er konnte es ihr nicht erfüllen. Aber anstatt es sich einfach zu nehmen oder von ihm zu fordern, hatte sie es akzeptiert. Niemals hatte sie etwas von ihm verlangt, sondern ihm einfach geholfen. Aus Herzensgüte...
"Syn, dir steht hier alles zur Verfügung". fuhr der Professor fort. "Und wenn dir nach Magie ist - dann kommst du zu mir! Ich zeige dir, wie du ohne das Flüstern Magie wirken kannst. Denn ... das erscheint mir ... seltsam..."
Syn musterte seinen Gegenüber. Er sagte zunächst nichts. Vieles kam ihm gerade sehr seltsam vor. Das meiste überforderte und betäubte ihn auf gewisse Weise. Allem voran aber wälzte er Gedanken, ordnete sie neu und sammelte eine weitere Erkenntnis, die möglicherweise zu spät kam. Nein, nicht zu spät, wie er sich entschied. Er musste hier sein. Er musste das nun tun, um anschließend...
"Professor Filius." Syn hatte wohl doch noch nicht vor zu gehen oder seine Beine konnten ihn nicht mehr halten. Er zog den Stuhl wieder heran, ließ sich darauf nieder und schaute den Angesprochenen an. Seine Hände ruhten auf den Knien. Er saß gerade und ruhig da, beinahe teilnahmslos, als redete er nicht über sich selbst.
"Magie richtig zu erlernen, klingt tatsächlich interessant..." Syn drehte seine linke Handfläche nach oben, ballte locker die Faust und öffnete sie dann wieder. Er betrachtete das Muskelspiel seines Handgelenkt unter der hellen Haut. "... aber ich muss etwas Anderes lernen." Wieder schaute er auf. Sein Blick wirkte gefestigter als zuvor. Er hatte sich wohl wieder etwas sammeln können und einen Entschluss gefasst. "Ich weiß nicht was Liebe ist", sagte er frei heraus. Es klang schaurig, weil es ihm so unbekümmert, so gleichgültig über die Lippen kam. Für Syn aber war es kein Gefühl, denn er hatte es tatsächlich abgelegt - ablegen müssen. Es war so bedeutungslos wie alles andere in seinem Leben, vielleicht sogar etwas mehr. Denn von anderen Dingen verstand er etwas. "Man sagte mir, ich werde es niemals wissen. Man sagte mir aber auch, dass ich niemals Freiheit genießen werde. Deshalb ... Professor Fillius, bringt mir bitte die Liebe bei. Ich ... ich muss wissen, wie es geht, denn ... da ist jemand. Ich möchte jemanden lieben." Und sobald ich weiß, wie Liebe wirklich funktioniert, muss ich zurück zu ihr. Sie hat es verdient, dass ich ihr das erfülle. Ich hoffe, sie wartet.
Plötzlich riss er den Kopf hoch, nachdem Syn erneut in Gedanken versunken war. "Und ich möchte lernen, auf einem Pegasus zu fliegen. Es ... mir kann doch einer gehören? Ist das möglich? Etwas, das allein mir gehört? Auch ein Pegasus?"

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Mittwoch 3. Juli 2024, 13:35
von Erzähler
"Herzensgüte… warum?“, fragte Synnover und Filius hob erst überrascht die Brauen, ehe er milden lächelte. „Nun, manchmal ist es eben Lohn genug, wenn sich der andere einfach… freut. Lariana hat ein gutes Herz und es erfüllt sie mit Freude, wenn sie dir helfen kann. Sie ist eine gute Schülerin, manchmal etwas ungestüm aber sie bemüht sich redlich.“ Streute er ein paar weitere Informationen. Syn sollte die Möglichkeit haben, frei zu sein. Frei zu sein, Fragen zu stellen und Antworten darauf zu erhalten.. Informationen zu sammeln, die ihm ein ganzheitliches Bild lieferten, das er dann vollkommen für sich bewerten konnte. Er durfte sich seine eigene Meinung bilden… Und wie sich der Wirbel aus Luft um die eigene Achse drehte, begannen sich auch neue Gedanken in Syn zu bilden. Er musste über die Herzensgüte nachdenken und fand in sich eine Wahrheit, die er so noch nie zuvor hatte formulieren können. Immer wieder hatten seine Gedanken ihn zurückblicken lassen, doch nie zuvor hatte er sie so greifen können, wie jetzt. Filius half ihm unbewusst dabei. Er glaubte, dass das Leben, das Schicksal oder wer auch immer für seinen Lebenswandel zuständig gewesen war. Aber Synnover fand in sich etwas, das vorher niemals dagewesen war. Er erkannte, dass es nicht eine ominöse Macht gewesen war, die ihm all das ermöglicht hatte. Es war kein ‚Wink mit dem Zaunpfahl‘, keine Eingebung oder Magie… Es war einzig und allein einer Person geschuldet. Sie war der Beginn und hatte ihm versprochen ihn zurückzubringen. Nun stand er hier und sah die Wahrheit: Nur durch sie… war er hier. Und sie hatte nichts gefordert. Sie hatte ihn angelegt, nicht allein zu gehen. Aber sie hatte akzeptiert, dass er sich frei entschieden hatte. Syn sah die grünen Augen vor sich, die für einen Moment offenbarten, was sie wirklich wollte. Er hatte direkt hinein geschaut aber erst jetzt war er auch in der Lage wirklich zu sehen. Filius unterband, ohne es zu ahnen, Syn's Gedanken daran, zu ihr zurückkehren zu wollen. Sie wollte warten. Nein… Er wollte, dass sie wartete. Er wollte sie finden, das hatte er versprochen. Aber… würde er das auch noch, wenn Hymlia erstmal seine Heimat wurde? Filius sprach weiter und Syn hörte aufmerksam zu. "Aber wie stelle ich meinen Wert unter Beweis, wenn ich weder als Gladiator kämpfe, noch als Lustdiener verführe? Wenn Hymlia keine Sklaven hat, was soll ich dann tun? Ohne meine Pflichten bin ich … nichts." Der Magier entließ kurz seinen Atem gedehnt und kratzte sich an der Wange. „Tja, Junge… im Grunde musst du dich wohl erstmal umsehen. Schauen, was dir Freude bereiten würde. Etwas, das du gut kannst, ohne, dass du dafür gleich deine Seele aufgibst oder dein Leben!“, mahnte er gutmütig. Er lächelte ihn trotz der Worte an!

„Syn, es sind nicht die Siege in einer Arena oder die Eroberungen in einem Bett, die uns unseren Wert bemessen. Das… wer auch immer dir das erzählt hat, wollte in dir nur den Profit sehen. Aber einzig du allein darfst den Wert bestimmen, der dich betrifft. Und du musst entscheiden, ob du als gefeierten Gladiator auf dieser Welt dein Dasein fristet oder als der größte Verführer Celcia’s …. Oder eben etwas vollkommen anderes. Alles, was du tust, sollte aus dir entspringen. Aus deinem Antrieb. Denn nur so kannst du auch hinter deinen Entscheidungen stehen und bist… Frei.“, versuchte er die Kompliziertheit des Lebens und Werdens, sowie Seins zu erklären. Filius gab sich wahrlich Mühe mit Syn und das vollkommen ohne einen einzigen Hintergedanken. Syn konnte weder sehen, dass der Professor ihn mit den Augen auszog, noch schätzte er ihn süffisant lächelnd ab, wie es Yolintha oft getan hatte. Die Worte des Professors waren viel und für jemanden, wie Synnover wirklich schwere Kost. Dennoch schaffte es der Magier, dass Syn tatsächlich zuhörte. In seinem Kopf begannen die Worte sich zu tummeln, zu verbinden und sich zu neuen Gedanken zu formen. Sie waren der Wirbelsturm, der sich endlich anpasste und irgendwann vielleicht auflöste. Syn schwieg und der Ältere ließ ihm die Zeit. Dass sein Tag so philosophisch werden würde, hätte er heute früh auch nicht gedacht. Aber er nahm es, wie es kam. Dafür war er zu lange Lehrer und hatte selbst in all der Zeit gelernt, sich immer wieder auf seine Schüler einzustellen. "Professor Filius.“ Der Magier tauchte aus seinen eigenen Gedanken auf und blickte Syn wieder an. Er nickte zum Zeichen, dass er zuhörte. “Magie richtig zu erlernen, klingt tatsächlich interessant.“ Filius lächelte und nickte noch mal, doch Syn ging es um etwas anderes. “ Aber ich muss etwas Anderes lernen." Nun hoben sich die Brauen des Professors. „So?“, forderte er indirekt auf, weiterzusprechen. Syn durfte also wirklich frei sagen, was er dachte. “Ich weiß nicht was Liebe ist“ Der Professor hatte soeben einen Schluck Wasser nehmen wollen, sodass er sich nun verschluckt und kurz hustete. Er sah Syn über überrascht an. „Du weißt nicht wa-..“, wiederholte er und blinzelte. “Man sagte mir, ich werde es niemals wissen. Man sagte mir aber auch, dass ich niemals Freiheit genießen werde. Deshalb ... Professor Fillius, bringt mir bitte die Liebe bei. Ich … ich muss wissen, wie es geht, denn … da ist jemand. Ich möchte jemanden lieben.“ Die Augenbrauen des Professors waren immer noch überrascht nach oben gebogen. Doch dann sanken sie wieder herab und sein Gesicht wurde zu einem warmen Lächeln. In den grünen Augen funkelte das Verstehen und er holte tief Luft. Er neigte sich vor und blickte Syn dann ernst und gleichwohl berührt an. „Im Grunde hast du deine Antwort bereits. Wenn derjenige in deinen Gedanken ist, du dir seine Nähe wünscht. Wenn es dir besser geht, ich meine emotional, wenn er in deiner Nähe ist, dann sind das die ersten Anzeichen. Wenn du denjenigen lieben lernen willst, dann verbringe Zeit mit ihm. Wenn du aber herausfinden willst, ob er wirklich derjenige ist, der dein Herz bekommen soll, dann musst du Erfahrungen sammeln. Du sagst, du weißt nicht, was Liebe ist“, er seufzte und lachte dann leise brummen,

„Das weiß wohl keiner so genau. Jeder definiert Liebe für sich anders und doch… gibt es Gemeinsamkeiten. Wenn dir die Person fehlt. Wenn sie für dich da ist, wenn sie dir hilft anstatt dich von Dingen abzuhalten.“ Nun wurde das Gesicht des Professors dunkler und er schien aus Erfahrung zu sprechen. Trauer mischte sich in seinen Blick, der ein wenig entrückt wirkte: „Wenn…. Wenn sie dich loslässt, weil sie weiß, dass es das Beste für dich ist… und das obwohl es ihr das Herz bricht, dich gehen zu lassen. Das ist Liebe Syn… Wenn jemand bereit ist, die größten Hürden auf sich zu nehmen, damit du… du sein kannst.“ Er verfiel in Schweigen. Etwas schien ihn zu beschäftigen und er blinzelte ein paar Mal, ehe er sich mit einem kaschierenden Lächeln wieder fing. „Verzeihung. Durch dich habe ich einen wirklich interessanten Tag. Ich danke dir dafür, Syn! Es freut mich außerordentlich, dich kennenzulernen!“, nickte er und lachte ehrlich. Dann hatte er sich wieder im Griff. „Also, willst du herausfinden, wie sich Liebe anfühlt, kann ich dir nur empfehlen, Erfahrungen zu sammeln. Versuche dich vielleicht daran, probiere es aus. Du sagtest, Lariana wäre nett zu dir… wäre das nicht ein Anfang? Man versteht sich, man kommt sich näher… fu verstehst. Vielleicht lernst du für dich, was es bedeutet verliebt zu sein? Und auch Galina schien ein Auge auf dich zu haben!“, er gluckste. Er kannte seine Schüler gut. „Überlegen dir, ob dir eine von ihnen sympathisch ist und dann lass dich vom Wind tragen? Du wirst erkennen, ob dein Herz bereit zum Lieben ist!“, nickte er sicher. „Oder Pavlo?“ Er zwinkerte. „Ganz egal, versuche es, probiere dich aus! Lerne…. Hier darfst du!“, bestätigte er noch einmal. „Ach, und … wir werden morgen mit der Magie beginnen.“, „Und ich möchte lernen, auf einem Pegasus zu fliegen. Es … mir kann doch einer gehören? Ist das möglich? Etwas, das allein mir gehört? Auch ein Pegasus?“ Nun lachte der Professor herzlich auf und nickte. Beschwichtigend hob er die Hände. „Ach, du machst mir Spaß! Natürlich! Du kannst auch den Weg der Himmelsreiter einschlagen Syn. Soweit ich weiß, ist Lariana’s Bruder dort stationiert. Sie kann sicher mal ein Treffen arrangieren und du kannst schauen, ob dir das zusagen würde!“, nickte er gutmütig lächelnd. „Genieße es! Ich bin mir sehr sicher, dass du dich hier gut machen wirst! Bist ein feiner Kerl, der einfach etwas Pech gepachtet hat, am Anfang seines Lebens.“, er schmunzelte etwas. „Keine Sorge. Es ist niemals zu spät, um sich neu zu erfinden! Es braucht nur Mut.“

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Donnerstag 4. Juli 2024, 13:44
von Synnover
Dass Synnover nach Hymlia zurückgekehrt war, mochte nicht nur für ihn Neues bereithalten. Auch deren Bewohner würden sich auf ihn einstellen müssen. Jemand, der aussah wie sie, aber eine vollkommen andere Sicht auf die Welt erhalten hatte. Dass man sich beispielsweise entschied, aus reiner Herzensgüte heraus anderen zu helfen oder etwas geben zu wollen, war einem einstigen Sklaven wie Syn vollkommen fremd. Das durfte nun auch Filius erkennen und hob überrascht die Brauen. Er würde mit seinen neuen Schüler noch einige Erfahrungen machen dürfen - vorausgesetzt, Syn entschied sich seinerseits, den Unterricht fortzuführen. Wenn nicht, würde der Professor dennoch seine Begabung einschätzen müssen. Es konnte sein, dass sie verkümmerte, wenn man sie nicht weiter förderte. Oft genug kam es jedoch auch vor, dass sich ein Magier entwickelte, der seine Kräfte nicht kontrollieren konnte. Er wurde dann zu einer Gefahr für seine Umgebung und nicht zuletzt für sich selbst. Es lag auch im Ermessen der erfahrenen Lehrmeister, das einzuschätzen und entsprechend zu handeln. Manche wurden zu ihrem Schicksal durch die Umstände eben doch in eine bestimmte Richtung gerückt. Synnover aber schien generell daran interessiert zu lernen. Immerhin eröffneten sich ihm so viele neue Möglichkeit, vor allem aber in einem Umfang, der über einen einzelnen Bibliotheksband hinweg hinaus ging. Ihm standen plötzlich so viele Wege offen, dass es geradezu überwältigend wirkte. Kein Wunder also, dass er von all dem etwas erschlagen war, aber der Professor war hier, um ihm auch jetzt ein Wegweiser zu sein. Er blieb geduldig, ging auf Synnover Fragen ein und beantwortete auch jene, die er sich ob seiner Denkweise gar nicht stellte.
So kristallisierte sich für ihn auch immer mehr ein Fakt heraus, den er sich nicht einmal hatte vorstellen können, weil er ihn gar nicht auf diese Weise wahrgenommen hatte. Auf einmal aber erkannte Syn, wem er alles zu verdanken hatte. Zarrah war die Antwort. Angefangen zwar mit der Beichte, ihn nur ins Haus der Nachtklingen geholt zu haben, um von sich selbst abzulenken, konnte Synnover ihr darüber nicht einmal böse sein. Aus Perspektive der Dunkelelfe hatte sie ihm einem schrecklichen Schicksal ausgeliefert und bereute, sein Leben dadurch so stark beeinflusst zu haben. Doch Syn sah es anders. Er war dem Pfuhl der orkischen Baracken mit ihrem Gestank und Dreck entkommen. Die Nachtklingen schlugen ihn nicht, sie sperrten ihn auch nicht in Schränken ein. Es stimmte, dass seine Strafen manchmal mit Arrest in seiner kleinen Kammer endeten, aber dort war er wenigstens nicht dermaßen eingeengt, dass seine Glieder schmerzten und er ob der schlechten Luft und Dunkelheit krank wurde. Sein Zustand hatte sich also nicht verschlechert. Es stimmte, man konnte nicht gerade von einer Rettung sprechen. Denn wo Prügel durch den Clan der Reißer schwand, traten Forderungen von Yolintha auf den Plan. Syn musste keine Straßenkämpfe mehr gegen tollwütige Hunde, ausgehungerte Goblins und schartige Waffen bestehen. Stattdessen hatte er in der Schwarzen Arena antreten müssen. Aber das waren Preise, die er bereit gewesen war zu zahlen. Seine Erfolge bescherten ihm immerhin Komfort, schöne Kleinigkeiten und von ihm fälschlicherweise als Liebe und Respekt wahrgenommene Anerkennung seitens seiner Herrschaften. Niemals hätte er Zarrah für dieses Schicksal im Negativen verantwortlich gemacht! Das hatte er auch zuvor nicht. Seine aufrichtigen Küsse aus reiner Dankbarkeit an sie bewiesen es. Er sollte dankbar sein, das hatte man ihm eingebläut. Bei Zarrah aber war er dem aus einem Bedürfnis seiner selbst nachgekommen. Ihr gegenüber war er dankbar!
Und sie sollte all das aus reiner Herzensgüte getan haben? Oder war da mehr? Dieser weitere Schritt, dieses Mehr, das sie sich wünschte und das Syn ihr gegenüber hatte ablehnen müssen? Ja. Dieses Mehr sehnte sie herbei. Er konnte es ihr nicht geben, weil er nicht verstand, was Liebe war. Doch nun stand ihm die Welt offen und er nutzte seine Chancen.
Mit seiner Bitte an den Professor, ihm die Liebe beizubringen, überrumpelte er ihn gehörig. Der arme Mann verschluckte sich glatt an seinem Wasser und hustete kurz. Syn kam ihm nicht zu Hilfe, sondern musterte ihn nur in einer Mischung aus Verwirrung und ... Unbehagen. War seine Frage zu dreist? Hatte er zu viel gefordert? Er schob sich einen Fuß breit zurück und war schon daran, eine Entschuldigung im Geist auszuformulieren, um den Lehrer zu beschwichtigen. Aber Synnover schaute in kein erbostes Gesicht. Er sah keine Empörtheit ob seiner Anmaßung in den Augen des Älteren glitzern. Stattdessen lächelte Filius mit einer verständnisvollen Milde, die seinen Gegenüber nur noch unsicherer werden ließ. Er wusste mit dieser Reaktion nichts anzufangen, aber auch das schien der Professor zu verstehen. Seine nächsten Worte sollten Synnovers Welt endgültig auf den Kopf stellen.
"Im Grunde hast du deine Antwort bereits. Wenn derjenige in deinen Gedanken ist, du dir seine Nähe wünschst. Wenn es dir besser geht, ich meine emotional, wenn er in deiner Nähe ist, dann sind das die ersten Anzeichen." Syn runzelte die Stirn. War es denn so einfach? Dann würde es doch bedeuten, dass er jede der teils fremden Dunkelelfendamen lieben musste, zu denen er sich ins Bett legte. Denn nach Erbringung seiner Leistungen durfte er schlafen und das baute ihn emotional immer wieder auf. Es hielt ihn über Wasser, solange er nicht darüber nachdachte, was er dafür erst hatte tun müssen. Der Weißhaarige schüttelte den Kopf. Nein, so meinte es der Professor nicht. Keine der Frauen war in seinen Gedanken. Er wünschte sich keine Nähe von ihnen im spezifischen Sinn. Er brauchte nur irgendjemanden in seiner Nähe.
"Und wenn du nicht schlafen kannst, kommst du zu mir."
Zarrahs Worte huschten wie ein Schatten durch seinen Geist, kaum greifbar und nur am Rand der eigenen Wahrnehmung. Dennoch bescherten sie ihm augenblicklich eine Gänsehaut, dass Syn langsam und tief die Luft durch die Nase einsog. Ein Schauer wanderte seinen Rücken herab und wieder empor, als der Professor weiter ausführte.
"Wenn dir die Person fehlt. Wenn sie für dich da ist, wenn sie dir hilft, anstatt dich von Dingen abzuhalten." Syn nickte. Ja, das alles tat sie. Er befeuchtete seine Lippen. Alles in ihm zog sich vor angespannter Aufregung zusammen. Gebannt lauschte er den Worten des Hymlianers, um sie wie ein Schwamm in sich aufzusaugen. "Wenn ... Wenn sie dich loslässt, weil sie weiß, dass es das Beste für dich ist ... und das, obwohl es ihr das Herz bricht, dich gehen zu lassen. Das ist Liebe, Syn ... Wenn jemand bereit ist, die größten Hürden auf sich zu nehmen, damit du ... du sein kannst."
Schweigen breitete sich aus und wo Schatten über den grünen Blick des Professors wanderten und ihn an Vergangenes erinnerten, das nur er allein wusste, da breitete sich eine neue Erkenntnis in Synnover aus wie die Morgensonne über dem Rand des Horizonts. Sie tauchte ihn in warmes, junges Licht und je länger er zuließ, dass ihn diese Erkenntnis streichelte, desto heller strahlte sie, um seine gesamte Seele zu vereinnahmen. Erst weiteten sich seine Augen, dann schwammen sie in Feuchtigkeit. Seine Muskeln zuckten. Sein Körper wusste nicht so recht, wie er auf all das reagieren sollte. Seine Lippen zitterten etwas. Er war nicht in der Lage, zu sprechen. Es fiel ihm schon schwer, all seine Gedanken zu Worten in seinem Kopf zu formen, obgleich die Antwort als hellster Tag vor ihm lag. Sie strahlte ihm so rein und schön entgegen ... aber im Zentrum erkannte Syn noch einmal diese großen, dunkelgrünen Augen, welche ihn so tapfer angeschaut hatten. Augen, die mehr wollten so wie sie es ihm anvertraut hatte. Ein Blick, der dennoch wusste, dass es besser war ihn ziehen zu lassen, damit er ... sich selbst finden konnte.
Sie liebt mich... "Sie liebt mich..."
Syn wusste nicht, ob der Gedanke auch seine Kehle verlassen hatte. Seine Lippen waren so trocken, wo seine Augen vor Nässe drohten, überzuschwappen. Die Gänsehaut kribbelte am ganzen Körper und das Gefühl bescherte ihm eine tiefe Ergriffenheit, die härter traf als jeder Faustschlag von Razag es gekonnt hätte. Seine Brust schmerzte, aber nicht, weil das Herz sich ungesund verkrampfte. Etwas Anderes stach ihn. Sehnsucht. Sie liebte ihn. Er war ... noch niemals zuvor geliebt worden. Von Yolintha hatte er es sich gewünscht und sie hatte es verlacht. Sie hatte seine Seele mit dem spitzen Absatz ihres Schuhs zertrampelt, die Scherben zu winzigen Splittern zertreten, mit der Sohle zermahlen und dafür gesorgt, dass sie sich in alle vier Himmelsrichtungen verteilten, damit Synnover sie nie wieder noch einmal zu seiner albernen Annahme zusammensetzen würde, er könnte überhaupt verstehen, was Liebe ist. Und nun stand er hier ... er verstand.
Man sagt, Liebe sei das schönste Gefühl, das ein lebendes Wesen empfinden könnte. Auf Synnover traf das nicht zu. Er konnte nicht beschreiben, ob schön war. Überwältigend war die passendere Bezeichnung. Natürlich mischten sich auf schöne Elemente mit hinein. Freude, dass er trotz all der Jahre betäubter Gefühllosigkeit eben doch lieben durfte. Hoffnung, dass die Liebe erwidert wurde. Zugleich waren da aber auch die Unsicherheit, ob er sich irrte und das Chaos, dass er trotzdem nicht recht wusste, wie er dieser Erkenntnis begegnen sollte. Wie sollte er ihr entgegentreten? Wie würde Zarrah reagieren, wenn er ihr mitteilte, dass er verstand? Und wie würde er damit umgehen? Er wollte lieben ... das hatte er bereits entschieden. Allein, weil sie es verdiente, dass er sich nun für sie aufopferte, aber Filius' Worte hatten ihn ermahnt, nur etwas zu tun, bei dem er Leben und Seele nicht hergäbe, wenn er das nicht wollte. Aber ich will...
Chaos durchflutete ihn, wirbelte um ihn herum auf wie die kleine Windhose, die der Professor ihm symbolisch gezeigt hatte, um seine Worte zu untermalen. Man sollte meinen, es riss Synnover erneut in einen emotionalen Zusammenbruch, aber wie auch bei jedem Sturm, war es im Zentrum still. Er stand ganz ruhig da, ließ all die Eindrücke auf sich einprasseln und empfing sie offen. So chaotisch sie sein mochten, er hatte niemals zuvor so etwas - so viel - gespürt. Es raubte ihm dem Atem und doch schenkte es ihm mehr Luft, als er je in sich würde aufnehmen können. Er war ganz benommen von diesem Gefühl, zugleich aber auch beschwingt. Ihm war heiß und kalt. Alles fühlte sich an, als würde er mit weichen Beinen und doch steif wie auf Holzstecken durch die Welt wandeln. Als würde er über Wolken schweben! Nun ... gewissermaßen tat er dies und sobald er sich endgültig selbst gefunden hätte, würde er Hymlia erneut verlassen. Er würde zurückkehren, zurück zu Zarrah. Zarrah ... die mich liebt. Syn schluckte leer. Wenn er wieder zum Boden zurückkehrte, wollte er sie auch lieben. Das war sein auserkorenes Ziel. Das war, was er wollte und worauf er hier in Hymlia hin arbeiten würde. Das war, was er sich wünschte. Nicht ganz ... es gibt noch etwas.
Ehe er diesen zweiten Grund gedanklich ausformulieren konnte, schwand die Stille. Professor Filius dankte ihm für seine bloße Existenz, seine Krise, seine Fragen. "Durch dich habe ich einen wirklich interessanten Tag. Ich danke dir dafür, Syn! Es freut mich außerordentlich, dich kennenzulernen!"
Syn schüttelte den Kopf. Er schüttelte die Benommenheit ab, obwohl er sie gleichzeitig nicht vollkommen loswerden wollte. "Ich habe zu danken", erwiderte er. "Ich hab ... gerade viel gelernt. Was wollt Ihr dafür von mi-?" Er stockte, blinzelte. "Herzensgüte... das war es, oder? Ich ... ich muss Euch nichts geben." Wenn er etwas für den Professor tun konnte, dann war es, das Gelernte nun in Erfahrungen umzusetzen, indem er diese sammelte. Filius spielte auch sofort auf seine Möglichkeiten an. Lariana und Galina waren beide an Syn interessiert. Er könnte sich ihnen öffnen und lernen, wie es war zu lieben.
Jeder andere, jede treue Seele, hätte das abgelehnt und betont, wem ihr Herz gehörte. Syn aber musste die Liebe wirklich noch deutlicher verstehen und ja, lernen. Für ihn kam es keinem Betrug gegenüber seinen wahren Gefühlen gleich. Diese entwickelten sich ja auch erst und er hatte sie ganz frisch entdeckt. Es konnte wahrlich nicht schaden, wenn er sie bei anderen ausbaute, damit sie entfaltet und schön jener Frau begegnen könnten, für die sie in seinem Denken bestimmt waren. So nickte er dem Professor noch einmal zu. "Ich werde üben", beteuerte er, sah es als Lektion, die man ihm mit auf den Weg gab so wie ihm die dunkelelfischen Ausbilder auftrugen, bestimmte kämpferische Bewegungsabläufe über den Tag verteilt zu studieren, bis sie ihm in Fleisch und Blut übergingen.
"Oder Pavlo? Ganz egal, versuche es, probiere dich aus! Lerne ... Hier darfst du!"
Erneut weiteten sich Syns Augen, ehe eine euphorische Röte seine Wangen erfüllte und sich als Glanz über seine Pupillen legte. "Ja!", stieß er mit einem Eifer hervor, der ihn fast selbst erschreckte. "Und morgen Unterricht, verstanden! Und mit Laris Bruder sprechen - Laero. Wegen der Pegasi. Das mache ich. Das mache ich alles, Professor Filius. Ich enttäusche Euch nicht!"
Mut brauchte Syn nicht, um sich neu zu erfinden. Er fürchtete sich nicht davor. Er hatte bislang sich selbst nur nicht die Freiheit gegeben, es versuchen zu dürfen. Weil sie ihm nicht gegeben worden war! Jetzt aber öffneten sich Pforten. Wände als Hindernisse existierten nicht und wenn doch, dann waren sie so glasklar wie jene der hymlianischen Luftakademie. Er konnte einfach durch sie hindurchsehen. Er konnte seine Möglichkeiten sehen und auch seine Ziele. Er sah Lariana, die offenbar wirklich auf ihn wartete. Ohne sich zu verabschieden, denn dazu war Syn gerade viel zu aufgeregt, verließ er das Klassenzimmer, um zu seiner Begleitung zurückzukehren. In seinem Kopf aber tobte weiter das Chaos. Er ordnete es mit jedem Schritt, damit er eine Übersicht über all die Pläne besaß, die er sich gerade machte. Luftmagie, Liebe, Himmelsreiter ... und am Ende stand die Rückkehr zu Zarrah ... die ihn liebte.

Re: Die Spur des Windes

Verfasst: Freitag 5. Juli 2024, 09:09
von Erzähler
Manchmal musste man etwas verlieren, um zu erkennen, was man hatte. Erst das Gefühl, das etwas fehlte, löste den Prozess des Verstehens aus und öffnete die Augen. Filius hatte sich Syn’s Ausbruch angenommen. Er hatte ihn weder fortgejagt, verlacht noch dafür bestraft. Der Professor zeigte Synnover, dass es durchaus anders ging und Morgeria nicht das Maß aller Dinge war. Durch ihn hatte Syn die Chance endlich ein Stück in Richtung Synnover zu rutschen und sich vollkommen frei von Angst und Befürchtungen neu zu orientieren. Es kam dem Sprengen von Ketten gleich, als Synnover endlich verstand, was die Dunkelelfe in den letzten Tagen und Wochen bereitgewesen war für ihn zu tun. Und was dahintersteckte. Er verstand endlich, dass alles, was Zarrah tat und sagte, dazu diente ihm den Weg zu zeigen. Sie hatte ihn an die Hand genommen und nur Finger um Finger gelöst, anstatt ihn auch noch zu schubsen. Sie war nicht immer liebevoll mit ihm umgegangen und hatte sich gewiss auch mal in ihrem Tun geirrt. Aber sie hatte es anschließend versucht besserzumachen. Um seinetwillen.
Es ging nur um ihn, das erkannte er dank des Professors nun. Und das Gefühl war unbeschreiblich… Niemals ging es um ihn – sein Innerstes! Stets ging es um sein äußeres und wie man es erhalten konnte, damit er tat, was andere wollten. Synnover konnte die innere Wärme fühlen, die das Gefühl auslöste, das die Erkenntnis in ihm wachrief. Ein warmer Sommerregen, eine weiche, kuschelige Decke, es waren viele Assoziationen, die er darauf verwenden konnte, aber nichts konnte das wahre Gefühl von… Glück beschreiben. Es beflügelte Synnover dermaßen, dass er die Aufregung offen zur Schau trug. Und er wurde dafür liebevoll und warm angesehen, seitens des Professors. Niemand zerschmetterte nun seine Gefühle, sondern lobte ihn dafür, dass er sie hatte! Welch Wandel. "Sie liebt mich..." Professor Filius lächelte breit bei seinem Anblick. Er beobachtete die Reaktion des ‚neuen Schülers‘ und hielt ganz still. Wie faszinierend es doch immer war, wenn die jungen Menschen endlich ein wenig Erkenntnis in die sonst so faden Hirne bekamen! Er lachte leise und sichtlich erfreut beim Anblick von Syn. „Glückwunsch, Junge!“, klopfte er ihm daraufhin die Schulter und erhob sich mit knackendem Rücken. Synnover musste nun aber den nächsten Schritt angehen. Zu erkennen, dass er durchaus liebenswürdig – der Liebe würdig! – war, war das eine. Nun musste er herausfinden, ob er auch Liebe erwidern wollte. Und ob Zarrah auch die Person sein sollte, die seine Liebe verdiente. Noch glaubte er daran, dass er ihr diesen Umstand schuldig wäre, dass er sich opfern müsste, weil er ihr etwas Gutes tun wollte. Doch würde er gewiss eines Tages erkennen, dass Liebe so nicht funktionieren konnte. Synnover aber musste einen Schritt nach dem anderen machen. Er brauchte Zeit und sie hatte ihm jene gewährt.

Nun galt es diesen entdeckten Schatz von wahrer Freiheit und wahren Gefühlen zu nehmen und zu behüten. Synnover durfte lernen – praktisch, wie theoretisch! Und das wollte er nutzen. Noch einmal durfte er Zeuge davon werden, was der Professor für ein Mensch war. Er meinte es wirklich gut mit Syn und würde gewiss für all seine Fragen durchaus der richtige Ansprechpartner bleiben, solange er in Hymlia war. "Ich habe zu danken. Ich hab ... gerade viel gelernt. Was wollt Ihr dafür von mi-?“ Der Blick des Professor’s traf Syn’s sofort. Dann lächelte er ihn wissend an und Syn erkannte es von selbst: "Herzensgüte... das war es, oder? Ich ... ich muss Euch nichts geben." Er nickte bestätigend. „Dich in dieser Freude zu sehen ist doch Lohn genug?“, zwinkerte er. "Ich werde üben" „Sehr gut, mehr will ich gar nicht. Nutze das Leben, das du nun erhalten hast und konzentriere dich auf das Jetzt!“, erklärte er abermals überzeugt von seinen Worten. "Und morgen Unterricht, verstanden! Und mit Laris Bruder sprechen - Laero. Wegen der Pegasi. Das mache ich. Das mache ich alles, Professor Filius. Ich enttäusche Euch nicht!" Der Professor lachte auf und sah dem Eifer von Syn nach, als jener ihn zur Tür trug. „Wir sehen uns morgen, Syn!“, winkte er ihm und schüttelte noch einen Moment fasziniert den Kopf. Der Tag war wirklich ganz anders gelaufen, als er am Morgen noch gedacht hatte.

Synnover weiter bei: Willkommen im Leben