Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Sie steht direkt am Strand. Hier wird die Wassermagie gelehrt, aber das ist offensichtlich. Das Wasser fließt nämlich aus Fenstern und über Zinnen, wie kleine Wasserfälle, bildet einen Graben um sie und strömt schließlich ins Meer hinein.
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Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Dienstag 25. April 2023, 20:11

Madiha kommt von Eine salzige Brise der Zweisamkeit

Caleb winkte Madiha und Kjetell'o hinterher. Er selbst blieb bei der Tür zu Corax' Zimmer zurück, wo der Rabe zusammen mit seiner Liebsten Azura noch sein musste. Letztere würde nachkommen, so hatte man es ihr ausgerichtet. Ersterer hatte derweil die Illusion von Kjetell'o genommen, so dass er nicht länger wie die Feuerhexe Serpentis aussah. Er war wieder er selbst und nun, da er mit Madiha an der Hand durch den Gang spazierte, verströmte er auch wieder das angenehme Misch-Aroma von Vanille und Zitrone. Corax' Illusionen überdeckten somit auch Gerüche. Er war wirklich ein mächtiger Grauschelm, aber war war mit der gebürtigen Sarmaerin? Was war mit Madiha?
Sie zweifelte an ihren eigenen Fähigkeiten. Kjetell'o mochte Potenzial in ihr sehen, aber was, wenn er sich irrte? Er hatte versucht, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Er hatte damit argumentiert, dass sie es trotz all ihrer mangelnden Kontrolle geschafft hatte, ihre eigene geistige Zuflucht in ihrem Inneren vor Serpentis' Feuersbrunst zu verteidigen. Etwas, das nicht einmal ausgebildeten Magiern so leicht gelungen wäre, aber sie hatte es geschafft. Für Kjetell'o war das Beweis genug. Er wollte Madiha fördern. Er wollte sie unterrichten und alles aus ihr herausholen, was sich in ihrem Inneren verbergen mochte. Außerdem wollte er keine Zeit verlieren. Die Lebensspanne eines Menschen war um so vieles kürzer!
Mit weiten Schritten, aber eleganten Bewegungen erklomm er gleich zwei Treppen hintereinander. Die erste führte einfach nur eine weitere Etage empor. Die zweite Treppe aber schickte beide in einen Turm hinauf. Er war breit, so dass das Geländer sogar aus Stein gearbeitet worden war. Hier hätten drei Personen bequem nebeneinander die Stufen hinauf nehmen können. Glücklicherweise handelte es sich nicht um den höchsten Turm des Institutes, so dass sich der Aufstieg in Grenzen hielt. Madihas Beine hatten schließlich schon den langen Weg vom Strand aus bewältigt. Die Aussicht war allerdings mehr als beeindruckend.
Der Turm besaß vergitterte Fenster, so dass sie immer wieder einen Blick hinaus werfen konnte. Kalter Wind pfiff ihr dabei entgegen und unter ihr lag nur das weite Meer. Sie konnte von hier aus lediglich noch einige Dächer der Akademie und einen Teil der Küstenfelsen erkennen. Ansonsten existierte da nur Graublau, dass es ihren eigenen Iriden nahe kam. Meer, so weit das Auge reichte und weit hinten am Horizont mischte es sich mit einem gleichfarbigen Himmel. Ventha schickte erneut Regen auf die Welt, von dem ein kleiner Teil durch die Gitterfenster geblasen wurde. Kjetell'o zog noch ein wenig mehr das Tempo an, damit sie beide nicht durchnässt den Raum erreichten, den er für seinen Unterricht auserkoren hatte.
Kreisrund war er und konnte nur durch eine Luke im Boden betreten werden. Glücklicherweise schuf die herausziehbare Konstruktion keine Leiter, sondern eine hölzerne Treppe. Ansonsten wäre es Madiha wohl ein Rätsel gewesen wie der einarmige Corax hier hätte heraufkommen können. Selbst in Rabengestalt hatte er nur noch einen Flügel besessen. Er würde nie wieder fliegen...
Madiha fühlte sich beinahe so, als ob sie es täte. Sie war so weit oben! Das runde Turmzimmer besaß Fenster zu allen Seiten. Tatsächlich bestand es aus mehr Fenstern denn Wänden, aber alle ließen mit Hilfe von Drehhebeln so verschließen, dass man sich Wände schuf. Hölzerne Rundplatten schoben sich dann vor die Öffnungen, die beinahe einen 360-Grad-Blick zuließen. Zwei davon waren aktuell vorgezogen, so dass man keinen Blick auf das Meer hatte. Das letzte Drittel an Fenster stand jedoch offen und auch die die gläserne Schicht kurbelte Kjetell'o nun ein Stück weit auf. "Wir müssen hier oben aufpassen, dass keine Unterlagen wegfliegen. Eigentlich öffne ich die Fenster nur bei Windstille", sagte er, machte für Madiha nun jedoch eine Ausnahme. Zum ersten Mal in ihrem Leben konnte sie einen weiten Blick über das Festland werfen. Es war trotz des regnerischen Wetters wunderschön.
Nie zuvor hatte Madiha so viel ... Natur gesehen. Sie kannte die kostbaren Gärten Sarmas. Kleine angelegte Bereiche für allerlei Pflanzenbewuchs, der jedoch eher aus krautigen Sträuchern, Kakteen und anderer Flora bestand, die wenig Wasser zum Überleben benötigte. Das Festland aber wurde von Venthas Segen geradezu reich beschenkt und ebenso reich gab es seine Früchte zurück. Wo Madiha zuvor einen Blick auf das endlose Blau des Meeres hatte werfen können, zeigte sich ihr nun ein bunter Flickenteppich aus verschieden grünen Wiesen, Äckern, Wäldern und den graubraunen Bergen im Hintergrund. Celcia malte das schönste Landschaftsbild, das sie sich vorstellen konnte. Sie sah die Stadtmauern Andunies, sowie ein entstehendes Bauwert nahe der Mauer. Die hohen Schuhtzzäune verhinderten einen Blick hinein, aber von hier oben konnte sie die tempelartige Anlage gut erkennen. Jenseits der Stadtmauern taten sich ganze Quadrate aus Bäumen auf. Noch standen sie nicht in voller Blüte, aber im Laufe des Jahres würden die Apfelplantagen wie weiße Bräute aussehen, ehe aus den bestäubten Blüten dicke, rote Äpfel wuchsen. Noch weiter im Landesinneren erstreckte sich ein gigantisches Feld aus jungen Gräsern, die bald schon die Zeit des Erwachens ankündigten. Teilweise mischten sich bunte Farben wie gelb, pink oder ein sanftes lila mit hinein. Erste Blumen begrüßten Madiha vom Grund der Stillen Ebene aus. Ein Fluss schlängelte sich durch die Landschaft. Er entsprang von den Bergen und führte einmal quer durch das Land. In der Ferne konnte Madiha ein Dorf oder eine Siedlung als braunen Fleck aus Häusern ausmachen. Noch weiter entfernt, sowohl im Westen als auch im Osten zeugte dunkleres Grün von dichten Wäldern. Hier herrschte so viel Leben! Nirgends war Wüste zu sehen.
"Gefällt dir die Aussicht?", fragte Kjetell'o. "Sie soll Schüler, die hier oben lernen, inspirieren. Das muss sie nun aber hinter Fensterglas tun. Du wirst sicher viele Aufzeichnungen anlegen und nichts davon soll vom Wind aufgewirbelt werden." Er kurbelte das Glas wieder zurück. Die Holzlädenwand ließ er aber offen, damit auch genug Licht in das Turmzimmer gelangte. "Schreibmaterial stelle ich dir im Namen der Akademie zur Verfügung. Jetzt möchte ich aber erst einmal sehen, wie gut du dich erholt hast." Er trat an einen Kamin heran, der interessanterweise mitten im Raum stand. Er war dort direkt in eine Steinsäule eingelassen und von zwei Seiten über Luken zu öffnen. Gekachelte Bänke am Rest der Säule konnten so beheizt werden, so dass dort Sitzende es richtig gemütlich hätten. Im Moment brannte aber kein Feuer.
Kjetell'o öffnete eine der Luken. "Es ist etwas zugig hier, meinst du nicht? Vielleicht solltest du uns ein bisschen ... einheizen." Er lächelte warm. Dann zog er sich einen von vielen Stühlen heran, um sich darauf zu setzen. Abgesehen vom Kamin und den faszinierenden, kurbelbaren Fenstern war dies im Grunde aber auch nur ein Lehrraum. Es gab eine große Tafel, ein Pult fur die Lehrkraft und viele kleinere Tische mit Sitzgelegenheiten für Schüler. Nahe der Bodenluke fanden sich einige steinerne Truhen, die wie Särge mitten im Raum verteilt zu sein schienen. Ihr Gewicht verhinderte in jedem Fall ein Fortwehen bei zu kräftigem Wind. Darin musste sich Lehrmaterial für den Unterricht befinden. Ansonsten ließ sich kaum mehr etwas Interessantes ausmachen, das Madiha hätte ins Auge fallen können. Aber sie sollte sich nun ohnehin auf das Kaminfeuer konzentrieren.
"Mach dir keine Sorgen", meinte Kjetell'o. Er streckte die Hand aus, um sie Madiha in den Nacken zu legen wie er es schon in Serpentis' Gestalt bei Corax getan hatte. Er kraulte sie sogar leicht. "Vergiss nicht, dass ich von nun an als dein Lehrmeister agieren werde. Du kannst mich aber weiterhin Kjetell'o nennen und jederzeit Fragen stellen. Wenn etwas schiefgeht, bin ich hier, um dich aufzuhalten ... und nein, ich werde dir kein Haar krümmen. Ansonsten müsste ich mich wohl Corax' Zorn stellen. Oh und auch Calebs, wie ich sehe." Er lächelte wissend. "Wie ist eigentlich dein Verhältnis zu Azura, wenn mir die Frage erlaubt ist. Kennst du sie gut, die van Ikari? Welchen Platz belegt sie denn im Stammbaum der Familie?"
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 30. April 2023, 12:53

Es würde dem Wüstenmädchen sicher nie ganz leichtfallen, sich in der Welt zurechtzufinden. Sie würde immer wieder auf Menschen treffen, die ihre Naivität auszunutzen wussten. Die sie als minderwertig und unbrauchbar betrachteten. Als Schandfleck, der es nicht wert wäre, dass man ihn hegte und pflegte. Doch Madiha wünschte sich gar nicht, dass ein jeder sie mochte oder sie willkommen hieß. Sie wollte sich nur sicher fühlen können. Sie wollte, wenn sie erstmal ihr Vertrauen schenkte, auch sicher sein dürfen, dass es gut aufgehoben war. Madiha fiel es schwer nicht sofort alles in eine Waagschale zu werfen, sondern zu dosieren. So würde Caleb immer bedingungslos alles von ihr erhalten können. Er würde sie um alles bitten können, würde sie mit Leichtigkeit lenken und formen können. Gerade bei ihm hielt kein gesundes Misstrauen oder Vorsicht das Mädchen zurück. Keiner genoss so viel Handhabe, wie er. Bei Corax wollte Madiha eine Verbindung sehen, doch noch immer war sie sich nicht sicher, ob der Rabe sie nicht sofort vernichten würde, wenn es nur die richtige Person befahl. Aber auch er war nahe dran, dass sich das Mädchen haltlos abhängig machte. Dass er ihr Vertrauen uneingeschränkt besitzen würde und die Macht bekäme, sie mit Leichtigkeit zu zerstören. Azura jedoch war schwierig. Sie akzeptierte, dass die Andunierin hier war und sie war ehrlich in ihren Gefühlen bei der rituellen Waschung. Es hatte sie ehrlich entsetzt, dass die andere sich ein Ende bereiten wollte, und es berührte sie, wie sie und Corax nach langem Warten wieder zueinandergefunden hatten. Darüber hinaus wusste Madiha aber nicht, ob sie sich auf die Adelige verlassen könnte. Und, ob ihr Vertrauen in sie oder im weiteren Verlauf ihre Zuneigung vielleicht viel zu schnell aufgebraucht würden. Und Kjetell’o. Er war gerade erst aufgetaucht und das Mädchen wusste ihn nicht einzuschätzen. Caleb’s Erzählungen veränderten die Waage ihres Vertrauens deutlich zu seinen Gunsten. Doch so, wie der Elf reagierte und wie er sprach, hatte Madiha das Gefühl, nicht besonders sicher in seiner Nähe zu sein. Seine Absichten mochten derzeit ehrlich sein. Doch wofür? Wofür half er gerade ihr? Weil sie Fähigkeiten besaß. "Du bist so unglaublich neugierig. Ich wünschte wirklich, ich könnte deinen Hunger stillen, aber vielleicht gelingt es mir ja in Bezug auf deine eigenen Fähigkeiten." Er half ihr, um ihrer Magie willen und Madiha akzeptierte das. Auch wenn sie nicht genau wusste, ob er sie nicht, doch noch würde ausmerzen wollen, sobald er sich sicher wäre, dass sie eine Gefahr blieb. Denn wenn sie nicht lernen würde, ihre Magie zu kontrollieren… Könnte er das ruhigen Gewissens so belassen, damit sie ein Leben leben durfte? Die Unsicherheit gegenüber Kjetell’o blieb. Ihm schenkte Madiha nicht mit vollen Händen ihre Seele. So folgte sie dem Elfen im feuermagischen Körper eher schweigsam. Caleb’s Ausbruch hatten sie nachdenklicher werden lassen. Sie hatte den bösen Scherz abgetan, doch der Dieb war es, der sie daran erinnerte, dass sie inzwischen nicht mehr Leibeigene war und solche Dinge akzeptieren musste. Man machte keine Scherze mit dem Leben anderer. Caleb würde das nie tun. Doch Madiha musterte für einen Moment die Rückansicht der falschen Feuerhexe und runzelte nachdenklich die Stirn. Auch Corax hatte angedeutet, sich in Dunia zu verlieren, wenn er sie zu lange trug. War das bei Kjetell’o auch so? Er lenkte sie allerdings mit anderen Dingen ab. Und sie glaubte an einen Scherz, den er verneinte. Madiha aber erzählte von ihren desaströsen Versuchen. Einzig ihren erstmaligen Ausbruch verschwieg sie.
Damals, als sie Khasib beinahe in Brand gesteckt hatte und dafür in den Zellen landete. Und die Narben erhielt. "Der Leidträger sieht das anders. Du hast ihm das Leben gerettet und dich später seiner Seele angenommen. Er wäre nicht zu dem geworden, was er jetzt ist, ohne dich. Das würde ich durchaus einen Erfolg nennen." Sie blieb kurz stehen und schaute ihn zweifelnd an. „So sieht er das?“, flüsterte sie fast tonlos und sichtlich erstaunt darüber. Erneut runzelte sie die Stirn und dachte darüber nach, während sich Caleb und Kjet unterhielten. Corax betrachtete sie wirklich so? Madiha war überrascht, denn im Grunde war sie in ihren eigenen Augen einfach nur eine Übergangslösung, bis sich Azura wieder besann und ihren Raben zurückverlangte. Nie hatte das Mädchen geglaubt, dass Corax ihr tatsächlich mehr beimaß als das. Sie lächelte leicht bei dieser Erkenntnis. Es war ein schönes Gefühl, dass sie hatte helfen können. Dass sie eben nicht unnütz war, wie sie selbst glaubte. Es gab ihr Auftrieb und sie hob ein wenig den Kopf. Dann fiel ihr erneut ein, dass sie ihre Fähigkeiten kontrollieren musste und abermals rutschte sie etwas in die Unsicherheit.

Noch bevor sie das Zimmer von Azura und Corax erreichten, musste sie sich abermals vergewissern, was geschehen würde, wenn sie es nicht schaffte. Mit der Reaktion hatte sie allerdings überhaupt nicht gerechnet, weshalb sie verdattert stehenblieb und auf die sich hinkniende Hexe starrte. Röte schoss ihr in die Wangen und sie blinzelte fragend. Als er ihre Hand ergriff zuckte sie unter der Berührung zusammen. "Es stimmt, dass ihr Menschen wesentlich weniger Zeit habt, eure arkanen Fähigkeiten zu perfektionieren als wir Elfen. Zudem kommt noch dazu, dass abgesehen von den Zyranern nur wenige Menschenvölker so viel natürliches Potenzial aufweisen, diese Stufe überhaupt vor ihrem Ableben zu erreichen. Aber... Ich irre mich nicht.“ Seine Zuversicht ließ Madiha aufsehen und sie erwiderte den direkten Blick. Ihr Graublau erfasste die grünen Augen mit den goldenen Sprenkeln und sie wurde etwas ruhiger. Sein eigenes Aussehen war dazu geboren, Gemüter zu beruhigen. Zumindest was die Sarmaerin anging. "Ich habe es gesehen. Serpentis' Feuer, das dein Haus bedrohte. Kannst du die Erinnerungen in deinem Geist abrufen, Madiha? Siehst du das Haus? Siehst du es, wie ich es gesehen habe?" Der Druck seiner Hand und die Festigkeit seiner Stimme, halfen Madiha sich zu fokussieren. Sie starrte in die Augen der Feuerhexe und erinnerte sich zu sehr gut daran. Sie brauchte nicht viel Konzentration, sondern sah ihr Seelenhaus, wie es von dem Feuersturm bedroht worden war, wie es sich versuchte dagegen zu behaupten und wie ihre innere, kleine Flamme gefährlich zitterte. Sie sah, wie die kleinen Ecken ihres Lebens sich langsam kräuselten und vergehen wollten. „Ich kann es sehen..“, bestätigte sie erstickt und in ihren Augen sammelte sich etwas Flüssigkeit. Die Angst war groß gewesen alles falsch gemacht zu haben. Es war noch sehr real, da ihr einfach eine Woche Abstand fehlte. Doch die zärtliche Geste auf ihrer Haut, halfen ihr dabei nicht wieder zurückzugleiten in den Abwärtsstrudel ihrer Gedanken. "Einige der Balken standen in Flammen, Teile waren angesengt und verkohlt worden, aber es steht doch noch, nicht wahr? Im richtigen Leben besäße es nun einige kleine Schäden, die man mit ein wenig Mühe wieder aufbauen kann. Vielleicht setzt man hier und da sogar noch einen Stützbalken mehr ein, verwendete brennsicheres Material und trifft einige Vorsichtsmaßnahmen. Was ich im Grunde sagen will: Feuermagie mit der Macht, wie sie Serpentis auf dich losgehetzt hat, reißt nicht nur ein Haus nieder. Es hätte deine gesamte Existenz gerodet und das binnen Sekunden! Nichts als Asche wäre übrig geblieben.“ Madiha sah, wie ihr Seelenhaus zwar gelitten hatte, aber noch stand. Ja sogar noch intakt genug wäre, um weiterhin darin zu wohnen. Sein fester Griff holte sie aus ihrem inneren Blick zurück und sie sah wieder in seine gesprenkelten Augen. Sie war ganz ruhig und ihre Züge zeugten von Entspannung. Ihr Atem glitt ruhig über ihre Lippen und als ahnte sie, was er sagen wollte, hielt sie ihn gespannt an. "Madiha, verstehst du es? Du konntest ihre Magie vielleicht nicht in dir aufnehmen, geschweige denn, sie allein auf Serpentis zurückschleudern, aber sie konnte dich auch nicht auslöschen. Du hast das Feuer angenommen - ihr Feuer! Du hast es aufgenommen und bewahrt, ohne großen Schaden zu nehmen ... und das als ungeübte Magierin. Stell dir vor, was du erreichen könntest, wenn du die volle Kontrolle besitzt! Ich soll mich irren? Glaubst du das immer noch?"
Ihr Blick flackerte. Konnte es wahr sein? Aber… er hatte Recht, nicht wahr? Sie war noch hier. Und.. niemand hatte wahrlich Schaden genommen. Sie waren alle noch hier! Erneut schwammen ihre Augen als er sich aufrichtete und ihr Gesicht berührte. "Auch das hier hat dir etwas oder jemand angetan, aber zerstört bist du nicht. Du bist immer noch hier und wie ich hörte, sogar inzwischen vollkommen frei ... du bist selbst zu einer Herrin geworden. Ich werde dich diese Freiheit auf der magischen Ebene lehren. Ich will erfahren, wieviel ein Mensch mit diesem Potenzial erreichen kann in der Zeit, die er hat." Es bedeutete ihr viel. Kjetell’o zeigte ihr eine Sichtweise, die sie selbst niemals hätte erkennen können. Dass er sie an ihren Narben berührte, war ungewohnt, doch sie ließ es zu. Gebannt von seinen Worten und der leisen Erkenntnis, die sich in ihr manifestierte. Madiha schluckte ihre Ergriffenheit hinunter, als Kjetell’o den Moment unterbrach und Caleb bat, Azura zu informieren.

Doch Madiha rief sich die Worte wieder zurück und hörte sie abermals. Sie hatte standgehalten. Sie hatte ausgehalten, was sonst alles hätte vernichten können. Sie hatte sich nicht falsch entschieden. Sie hatte instinktiv etwas getan, was sie hätte vernichten sollen… doch sie war hier und das sogar halbwegs unversehrt. Was waren ein paar Kratzer, ein paar vulnerable Handflächen… wenn sie überlebt hatte? Schon wieder? Madiha’s Herz wurde bedeutend leichter. Sie spürte, wie Kjetell’o ihr eine neue Perspektive gegeben hatte. Wie er es schaffte, den großen Stein zu lösen, der ihr Gemüt beschwerte. Ihr rollte eine Träne der Erleichterung über die Wange und ihr Stand wurde etwas aufrechter. Ja! SIE konnte das. Sie würde es schaffen. Und bei seiner kleinen Demonstration hatte sie es doch gespürt… Das Feuer war Teil ihrer selbst. Wollte sie sich den Flügel stutzen, wie es Corax getan hatte, nur um dazuzugehören? Madiha sah zu Caleb, der gerade erwähnte, mit Corax sprechen zu wollen. Es tat noch immer weh. Aber… konnte sie Caleb denn an sich binden, wenn er nicht wollte? Sie wollte für sich selbst auch die Freiheit. Und sie würde ihm diese immer gewähren. Er besaß als einziger alles von ihr. Und sie würde alles tun für ihn. Doch ihre Magie aufgeben? Das konnte sie nicht. Also musste sie lernen, dass sie keine Gefahr bleiben würde. Dass niemand Angst vor ihr haben musste. Madiha fasste einen Entschluss: Sie würde das Wissen, welches Kjetell’o bereit war zu geben, wie ein Schwamm aufsaugen und fleißig sein. Sie würde es schaffen können! Sie würde es ihnen beweisen… So folgte sie dem Elfen, der nun wieder er selbst war. Sie betrachtete ihn auf dem Weg, den sie ein wenig hinter ihm bestritt. Madiha hatte endlich Zeit, den Elfen genauer zu mustern. Er sah wirklich vollkommen anders aus als jene, die Madiha nun bereits hatte kennenlernen dürfen. Die Männer in ihrer Welt waren doch recht… herb gewesen. Sie roch das ihm eigene Aroma und lächelte kurz. Dann aber schloss sie etwas zu ihm auf. „Woher kommt ihr, Kjetell’o?“, fragte sie ganz ihrer neugierigen Art entsprechend. Sie folgte den behänden Bewegungen hinauf und wartete auf eine Antwort, bis sie von den kurzen Ausschnitten der Gitterfenster abgelenkt wurde. Sie wurde ruhiger, während sie bei jedem Fenster einen Blick hinauswarf. Sie konnte das weite Meer erkennen, die verschiedenen Blautöne und die schiere Unendlichkeit, die ihr bereits auf der Blauen Möwe den Atem geraubt hatte. Die Regentropfen pritzelten etwas auf ihrem nackten Arm, doch das störte sie nicht. Sie mochte den Regen irgendwie. Dennoch kam sie nur kurz hinter Kjetell’o im obersten Raum an. Sofort huschte ihr neugieriger Blick umher und sie staunte über die vielen Fenster. "Wir müssen hier oben aufpassen, dass keine Unterlagen wegfliegen. Eigentlich öffne ich die Fenster nur bei Windstille", hörte sie seine Worte und beobachtete gespannt, was passierte, als er die Drehhebel betätigte.

Dann öffnete sich aber Madiha’s Blick in purem Staunen. Ihre Augen wurden groß und ihr Mund öffnete sich. Sie trat an die geöffneten Fenster heran und starrte regelrecht auf die Welt, die ihr zu Füßen lag. Das Mädchen war vollkommen gebannt von der schieren Weite, die sie erfassen konnte. Sie legte eine Hand an das Gemäuer und ließ den Blick schweifen. Sie sah über Andunie, über die Baustelle und weiter über das Land. Die verschiedenen Grüntöne zauberten ihr ein erhelltes Lächeln ins Gesicht. „Celcia… ist so groß…“, flüsterte sie ehrfürchtig und lehnte sich neugierig vor, um noch mehr sehen zu können. Sie erfasste die Flüsse, Seen und die endlos wirkende Grasdecke. Sie sah die Wälder, die Bäume vor der Stadt. „Es ist so grün alles.“, murmelte sie und wechselte mit einem Mal das Fenster, um noch anderes zu entdecken. Wie ein aufgeregtes Kind sog sie sämtliche Perspektiven in sich auf und ließ sich kaum davon abbringen. „Was ist das dahinten?“, fragte sie und deutete auf die Berge. Nie hat sie solche Gebilde gesehen. Nie davon gehört. „Sie wirken so winzig und doch kann ich sie sehen!“, schnatterte sie und wurde immer gelöster. Kjetell’o bemerkte vermutlich, wie sehr Madiha dieses ‚Geschenk‘ genoss. Erneut wechselte sie den Ort und starrte weiterhin hinaus. „Sind das die Apfelbäume? Caleb hat mir davon erzählt…“, plapperte sie losgelöst von aller Schwere und Unsicherheit. Madiha wollte lernen, wollte entdecken und erleben. Sie hungerte nach der Schönheit eines Landes, die sie bisher nie hatte sehen dürfen. "Gefällt dir die Aussicht?", sie nickte ohne Umschweife. „Wer pflegt das alles?“, wollte sie wissen, weil sie glaubte, vor einem immens großen Garten zu stehen. Jemand musste das ja alles stutzen und hegen und pflegen. Sie konnte ihren Blick nicht von der Aussicht lösen und lehnte ihren Kopf gegen das Fenster. "Sie soll Schüler, die hier oben lernen, inspirieren. Das muss sie nun aber hinter Fensterglas tun. Du wirst sicher viele Aufzeichnungen anlegen und nichts davon soll vom Wind aufgewirbelt werden." Sie wich etwas zurück, ehe sie ihre Hand an das Fensterglas legte und noch einmal hinausstarrte. „Es ist wunderschön… Ich könnte für immer hierbleiben…“, murmelte sie und lächelte selig. "Schreibmaterial stelle ich dir im Namen der Akademie zur Verfügung. Jetzt möchte ich aber erst einmal sehen, wie gut du dich erholt hast."
Das holte sie tatsächlich wieder zurück aus ihren Träumereien. Madiha blinzelte und sah über ihre Schulter zu Kjetell’o, der sich gerade dem Kamin zuwandte. „Schreiben? Oh.. ich…“, sie räusperte sie verlegen und legte ihre Hände auf den Rücken. „Ich kann nicht gut schreiben… eigentlich gar nicht… also.. ich hab angefangen es zu lernen, aber…“, sie hustete und wich seinem Blick aus. „Aber dann war da der Angriff und… naja.“, sie führte das nicht näher aus. Kjet würde gewiss ahnen, dass sie nicht genug Zeit gehabt hatte, etwas Brauchbares zu lernen und, dass ihr Leben, das bisher nicht vorgesehen hatte. Als Sklavin, die das Bett mit vielen teilte, musste sie weder lesen noch schreiben können. "Es ist etwas zugig hier, meinst du nicht? Vielleicht solltest du uns ein bisschen ... einheizen."

Sie hob die Augenbrauen und sah zum Kamin. „Natürlich“, nickte sie und suchte tatsächlich als erstes und in gewohnter Manier nach Zunderzeug. Sie sah sich richtig um, betrachtete die Pulte und suchte. Madiha hat in ihrem Leben nicht oft einen Kamin entzünden müssen, doch sie gereinigt und in kalten Wüstennächten, die auch in Sarma mal für Frische sorgten, hier und dort einen entzündet. Sie fand aber nichts und wollte das gerade mitteilen, als er die Hand nach ihr ausstreckte. "Mach dir keine Sorgen. Vergiss nicht, dass ich von nun an als dein Lehrmeister agieren werde. Du kannst mich aber weiterhin Kjetell'o nennen und jederzeit Fragen stellen. Wenn etwas schiefgeht, bin ich hier, um dich aufzuhalten ... und nein, ich werde dir kein Haar krümmen. Ansonsten müsste ich mich wohl Corax' Zorn stellen. Oh und auch Calebs, wie ich sehe." Madiha zuckte unter der Berührung zurück. Sie trat von Kjetell’o weg und verdeckte ihren Nacken mit ihrer eigenen Hand. „Nicht…“, meinte sie und schlug die Augen nieder. „Tut das nicht…“, bat sie ihn und fühlte sich an unangenehme Stunden mit Khasib erinnert. „Es… ich mag das nicht.“, gestand sie ihm und war tatsächlich ungewohnt ehrlich damit. Eine Gänsehaut hatte sich auf ihre Arme gelegt. „Ich werde fleißig sein.“, versicherte sie ihm, wurde dann aber etwas rot, weil er Caleb’s Beschützerinstinkt ansprach. „Er… passt auf mich auf.“, gestand sie auch hier und schien trotz allem ein wenig mehr Vertrauen zum unbekannten Elfen zu fassen. Gleichwohl hatte sie verstanden, dass eben jener nicht meinte, sie solle den Kamin auf herkömmliche Weise entzünden. Über ihre Naivität rollte Madiha ungesehen die Augen. Sie hätte sich das durchaus denken können. Aber Kjet schien es gar nicht groß wahrzunehmen oder er war darauf bedacht, sie nicht zu verunsichern, weil sie sich in ihrer neuen Rolle noch nicht zurechtfand. Jedenfalls wechselte er das Thema "Wie ist eigentlich dein Verhältnis zu Azura, wenn mir die Frage erlaubt ist. Kennst du sie gut, die van Ikari? Welchen Platz belegt sie denn im Stammbaum der Familie?" Das überraschte Madiha dann aber doch. Sie sah ihn an und runzelte die Stirn.
Ihre Augen huschten über seine Züge und wollten ergründen, wieso er ein so großes Interesse an der Adeligen hatte. „Ich habe gar kein Verhältnis zu ihr. Sie und Corax… kamen zusammen auf das Schiff, auf dem Caleb und ich waren. Die Umstände brachten uns zusammen. Wieso wollt ihr das alles wissen? Azura ist mit Corax zusammen.“, bemerkte sie leichthin und musterte seine Reaktion darauf. „Ich weiß nichts von Stammbäumen. Oder wer ihre Familie ist, was sie für einen Einfluss hat oder hatte. Ich kenne davon nichts. Fragt sie selbst – sie wird euch wohl am besten Auskunft geben können…“, bemerkte sie schulterzuckend und drehte sich zum Kamin. Madiha betrachtete ihn und seine staubige Dunkelheit. Wie sollte sie es anstellen? Hatte sie jemals ihre Magie einfach zu abgerufen? Nein… Aber jetzt, jetzt sollte sie es tun? Sie runzelte konzentriert die Stirn. Dann blickte sie auf ihre Hände und wieder zurück. Vor ihrem Auge flackerte mit einem Mal die Erinnerung an das Lagerfeuer, das Kjetell’o ihr suggeriert hatte. Madiha trat an den Kamin heran und in ihren Gedanken an das Lagerfeuer. Dann betrachtete sie die züngelnden Flammen und hatte das Gefühl, dass ihr dieses Mal das Licht nichts anhaben würde. Sie griff in die Flammen und spürte… „Wärme..“, flüsterte sie ehrfürchtig, während sie auf ihre rechte Hand blickte. In ihren Gedanken schöpfte sie etwas von dem Lagerfeuer auf ihre Hand, als würde sie ein kleines Tier halten. Dann versuchte sie die Gedanken-Flamme zu übertragen und auf ihre echten Hände zu bringen, um somit den Kamin zu entzünden. Ob es ihr gelänge? Sie wusste schließlich nicht, wie sie die Magie anzapfen und leiten konnte. Sie vertraute ihrem Gefühl, einer Intuition und ließ sich davon leiten. Davon und dem Selbstvertrauen, das Kjetell’o ihr für den Anfang vermittelt hatte.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 3. Mai 2023, 15:33

Madiha fiel es noch immer schwer, zu Kjetell'o Vertrauen zu fassen. Jedenfalls konnte sie die Bande unmöglich als so eng geknüpft ansehen wie bei Corax oder gar Caleb. Doch dass Letzterer sich gut für den Elfen aussprach, der so angenehm nach Vanille und Zitrone duftete, setzte ein Zeichen. Trotzdem hielt die Sarmaerin einiges bei ihm zurück. Er brauchte nicht zu wissen, dass ihre Magie Auslöser für so vieles gewesen war, das sie bis heute zeichnete. Sie verschwieg den ungewollten Brandanschlag auf Khasib, der ihre Narben zur Folge hatte. Es war für Kjetell'o nicht wichtig, dies zu wissen und würde ihn wohl auch mit seinem Plan, Madiha zu lehren nicht weiterbringen.
Was das Gemüt des Mädchens jedoch auf neue Höhen beförderte, waren die Aussagen, die der Elf zu Corax traf. Genauer gesagt, zitierte er dessen Meinung über Madiha und diese fiel überraschend aus für das Mädchen. Corax sah deutlich mehr in ihr als sie selbst. Er hob sie auf ein Podest, auf dem sie aus eigener Sicht gar nichts zu suchen hatte. Corax glaubte, sie habe ihn gerettet und auch zu dem geformt, der er jetzt war. In seinen Augen schien sie alles andere als unnütz zu sein. Caleb sah sie ebenfalls so, aber er liebte Madiha! Und Corax? Er hatte auf auf die Frage des Diebes mit Ja geantwortet. Liebte er Madiha. Ja ... aber anders als Azura, doch er tat es. Sie alle sahen so viel mehr in ihr als sie selbst. Sogar Kjetell'o reihte sich in diese Sichtweise ein. Mehr noch, er glaubte, dass in ihr enormes Potenzial steckte. Offenbar genug, dass es für ihn Motivation war, es heraus zu kitzeln. So nahm er Madiha bis hinauf in einen der Akademie-Türme mit. Dort angelangt vergaß sie erst einmal alles um sich herum, denn die weite Aussicht hinab auf Celcia zog sie in ihren Bann. Wie weit das Land doch war und wieviel sie davon sehen konnte! All die Flächen aus Braun, Gelb und verschiedenen Grüntönen, die einen wunderschönen Flickenteppich aus Natur schufen verzauberten sie. Madiha konnte sich gar nicht satt sehen an dem Anblick.
Kjetell'o beobachtete sie aus der Mitte des Raumes. Seine feinen Elfenohren nahmen selbst das kleinste Flüstern auf. Er schmunzelte und trat zu Madiha an das Fenster, als sie nach einem Flecken der Welt fragte. Er folgte ihrem Fingerzeig, bis er die lange Gebirgskette im Norden ausmachte, hinter der sich besseres Wetter erhob als es derzeit in Andunie herrschte.
"Das östliche Drachengebirge", erklärte er. "Richtig gehört. Das Östliche. Es führt bis weit in den Westen, wo der Wald Arus eine grüne Schneise zwischen den Zacken dieses Gebirges und jenen des Schattengebirges bildet. Was wir von hier oben erfassen können, ist nur ein sehr kleiner Teil Celcias." Er ließ diese Information sacken.
"Wer pflegt das alles?" Caleb hätte auf diese Frage hin vermutlich gelacht, erneut ob Madihas so unschuldigem Gemüt, nicht um sie zu verspotten. Kjetell'o nahm sie da tatsächlich aber noch eine Spur ernster. Er lachte nicht, sondern gab ihr sogar eine plausible Antwort: "Das heilige Götterpaar Florencia und Phaun sind Gärtner und Verwalter allen tierischen Lebens. Sie hegen ihre Schöpfung, lassen sie gedeihen und schenken uns damit nicht nur eine reiche Fülle an Nahrungsmitteln oder eine Vielfalt an kleinen und großen Gefährten. Allein dieser Anblick sollte uns gegenüber ihrer Macht und kreativen Schöpfung stets demütig stimmen. Wir können dankbar sein, Teil ihres gigantischen Gartens sein zu dürfen." Sein Blick schweifte zur näheren Umgebung. "Und die Göttin Ventha schenkt ihnen den lebensspendenden Regen oder verteilt ihre Saat, indem sie Winde aufkommen lässt, die sie über ganz Celcia verteilen. Jeder hat einen Platz in ihrem Schaffen, auch wenn er - oder sie - es noch nicht sehen mögen." Sein Blick legte sich auf Madiha, bevor er ihr anriet, den Raum aufzuheizen. Auf ihr Geständnis, nicht besonders gut Schreiben zu können ging er gar nicht ein. Stattdessen beobachtete er sie mit vor Überraschung gehobener Braue, als Madiha sich auf die Suche nach einem Zunderkästchen machte. Brennmaterial fand sich ja direkt beim Kachelofen, aber es gab nichts, womit man es hätte anfeuern können. Natürlich nicht, denn Kjetell'o hatte das Zunderkästchen sorgsam entwendet, als Madiha sich der Aussicht gewidmet hatte. In einer Wasserakademie lagen jederzeit bei jedem Ofen die nötigen Utensilien herum. Gerade Wassermagier mussten sich derer bedienen, aber der Elf wollte ja, dass Madiha einen anderen Weg nutzte, um ein Feuer zu erschaffen. Dass sie allerdings nicht sofort von selbst darauf kam, überraschte ihn. Um ihr einen kleinen Schubs in die richtige Richtung zu geben, wandte er die gleiche Methode an wie schon zuvor bei Corax. Er neigte dazu, anderen seine Finger in den Nacken zu legen und sie zu weisen wie eine Puppe, der man durch Zauberhand das Laufen beibrachte. Madiha wich dieser Geste jedoch aus.
"Nicht ... Tut das nicht ... Es ... ich mag das nicht."
Kjetell'o hinterfragte es nicht. Er nickte nur und ließ seine Hand wieder sinken. Doch in seinen Augen blitzte nun mehr auf als die goldenen Sprenkel. Bestätigung über ein Wissen, das er vorher errungen haben mochte, funkelte in seinem Blick. Davon angespornt wagte er sich noch einen Schritt weiter vor und fragte nach Azura. Er zeigte schon zum zweiten Mal Interesse an ihr, aber nicht in der Form, wie er es bei Madiha präsentierte. Er wollte sich über die Andunierin informieren, ohne gezielte Beweggründe zu nennen, jedenfalls bisher. Es hatte nicht den Anschein, als lägen seine Ambitionen bei ihr, sie in Wassermagie zu unterrichten. Vielleicht konnte er das auch gar nicht, immerhin war er selbst ein Feuermagier. Und dennoch ... irgendetwas schien ihn an ihr zu faszinieren.
Madiha vermutete sogleich anderweitiges Interesse und wies darauf hin, dass Azura mit Corax zusammen war. "Wieso wollt Ihr das alles wissen?", stellte sie eine Gegenfrage, die ihn erneut schmunzeln ließ. Fast schuldig senkte er den Kopf. "Ich bin wohl etwas zu offensichtlich vorgegangen", murmelte er nun. Dann sah er Madiha wieder an, schüttelte den Kopf. "Es ist nicht so wichtig. Jedenfalls nicht für dich. Ich wäre dir aber dankbar, wenn es unter uns bleibt, dass ich ... Interesse an der jungen van Ikari habe." Er wandte sich ab, sah zu den Fensterwänden. Regen prasselte inzwischen deutlich heftiger dagegen, was eine angenehme Melodie der Natur verursachte, der man nur allzu gern lauschte. Und dann seufzte Kjetell'o. Für den Moment verlor er sich in seinen Gedanken, achtete nicht auf Madiha, sowie ihren ersten Versuch, das innere Feuer bewusst anzuzapfen und in ihre Handfläche zu rufen.
Jene trat an den Kamin heran und im Geiste an das Lagerfeuer, das zum Herzen ihrer magischen Kräfte geworden war. Sie spürte förmlich die Wärme in ihrem Inneren, tauchte ihre Hand hinein und ließ die Flammen daran lecken. Wie erwartet verbrannte ihr Feuer sie nun nicht. Es zeigte ähnliche Neugier wie sie, züngelte an ihrem Arm empor, erkundete und ertastete. Für das Arkane war sie ebenso faszinierend wie umgekehrt. Eine innere Kraft und eine Seele standen sich nun gegenüber und begutachteten sich. Beide erkannten einander als den bislang nicht wahrgenommenen Teil. Und beide wollten einander etwas näher kennen lernen. Das Feuer in ihrem Geiste wanderte nun über ihren Arm hinweg, bis es Madihas Seele vollkommen in Feuer hüllte. Mit jedem Atemzug, mit jedem Herzschlag spürte sie den warmen Impuls an- und abebben. So versuchte sie, einen Teil davon zu schöpfen wie man es mit einer Kelle bei einer äußerst delikaten Suppe anstellte. So wollte sie etwas der Magie in ihrer Hand sammeln.
Da kehrte Kjetell'o aus seinen Gedanken zurück zu ihr. Er wandte sich um und betrachtete ihr Tun. "Die Wasserakademie nimmt offensichtlich Einfluss auf deine Vorgehensweise, aber du bist keine Wassermagierin, Madiha." Er nahm hinter ihr Aufstellung. "Die Idee ist trotzdem nicht schlecht. Wenn wir nur talentierter dafür wären, alle Elemente in uns zu vereinen, um ihre Kräfte zu nutzen, würde es so gewiss gelingen. Aber schon das meistern einer einzigen elementaren Magie-Art stellt uns vor Herausforderungen. Versuch nicht, das Wasser zu bändigen, wenn du mit dem Feuer spielst", sagte er und wieder huschte seine Hand empor. Dieses Mal legte sie sich nicht in ihren Nacken. Er berührte sie nicht einmal, sondern zeigte ihr nur seine Geste. Am vorgehaltenen Arm züngelten bei Kjetell'o die Flämmchen auf, wanderten bis zu seinen Fingern und formten sich in seiner Handfläche zu einem brennenden, kleinen Ball. "Feuer kommt aus dem Herzen, denn es ist das Organ, das unseren Körper antreibt. Versuche, auf deinen Herzschlag zu hören und in seinem Rhythmus die Kraft in dir in eine Richtung zu lenken. Anfängern gelingt es manchmal besser, wenn sie die Magie bei jedem Atemzug wandern lassen. Das könnte dir hier ebenfalls von Vorteil sein, denn Ventha ist hier." Er ließ eine Pause entstehen, in der man nicht nur das stete Regenprasseln hören konnte, sondern auch den Wind, der um den Turm peitschte.
"Als Feuermagierin ist Wasser deine Nemesis. Lass dich davon aber nicht beeindrucken. Die Göttin Ventha ist nicht nur Wasser. Sie herrscht auch über den Wind und ein Feuersturm kann sich schneller ausbreiten als Wassermassen ihn löschen könnten. Wenn es dir leichter fällt, mach ich mit dir einige Atemübungen. Aber ich wette, du schaffst es auch ohne sie. Konzentriere dich auf dein Herz. Es schlägt vielleicht lauter, wenn du an bestimmte Momente in deinem Leben denkst ... oder ... an Personen, die dir etwas bedeuten. Menschen, die dein Blut in Wallung bringen. Männer ... vielleicht nackt?" Er sagte es so ernst, dass man niemals glauben würde, dass er breit dabei grinste. Das Glucksen konnte er sich allerdings verkneifen. Er wusste, wie er Hitze zumindest in ihre Wangen steigen lassen konnte. Die Frage war nun, ob es Madiha auch gelang, dieser Hitze mit Hilfe ihres eigenen Herzschlages bis in ihre Handfläche zu lenken, damit sich dort Flammen manifestieren könnten.
Tatsächlich sollte es ihr gelingen! Vielleicht sogar etwas zu gut. Denn sobald sie sich auf den Rhythmus in ihrem Inneren eingespielt hätte, war es ihr ein Leichtes, die Wärme durch ihre Adern fließen zu lassen. Sobald sie ihre Hand erreichten, musste sie diese Hitze nur nach außen schicken. Wie Schweiß, der aus den Poren hervortrat, sammelten sich kleine Funken mit sanftem Prickeln auf ihrer Haut. Sie wuchsen zu Flämmchen heran, dann zu Flammen. Ja, es funktionierte und zwar überaus gut. Die Stichflamme reichte weit empor und sie konnte von Glück sprechen, dass der Turm ein spitz zulaufendes Dach besaß, sonst hätte sie nun einen neuerlichen Rußfleck verursacht.
"Du hast so viel Potenzial!", lobte Kjetell'o und wies dann zum Kamin. "Versuch, dein Talent zu drosseln. Du musst nicht eifrig vorgehen. Leg dem wilden Feuer Zügel an, lenke es, aber wage nicht, es gänzlich zu zähmen. Wir beide wollen doch, dass du brennst. Oh und das Holz im Kamin auch. Wenn ich bitten darf, meine talentierte Schülerin?"
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 8. Mai 2023, 12:16

Für jemanden wie Madiha, waren Lob und Anerkennung seltene Dinge, die sie nur schwer annehmen konnte. Zu erfahren, dass Corax sie in einem Licht sah, wie sie es selbst vielleicht niemals könnte, brachte sie zum Nachdenken. Für ihre Begriffe, hatte sie nun wirklich nichts getan und auch er hatte ihr immer wieder zu verstehen gegeben, dass er sich im Zweifel stets für anderes entschied als für sie. Madiha hielt Corax für launisch und gefangen in sich selbst. Er hatte ein Leben geführt, das sie zumindest in Teilen ebenfalls kannte – auch wenn er wohl einige Jahre mehr darin hatte verbringen müssen – und das schuf eine Ebene, auf der sie mit Corax interagieren konnte. Sie verstand seine Welt sehr viel besser als zum Beispiel die von Caleb oder gar Azura. Das sie Gefühle für ersteren hegte machte es deutlich einfacher, dass sie Teil seiner Welt sein wollte, doch wirklich verstehen, konnte sie jene nicht. Aber sie wollte lernen. Sie wollte Wissen dazugewinnen. Schon bei Dunia in der Akademie legte sie einen Wissendurst an den Tag, der es ihr ermöglicht hatte ein wenig lesen und schreiben zu lernen. Lesen beherrschte sie da noch am besten, auch wenn es ihr viel Konzentration abverlangte und viel Ruhe bedurfte, dass sie die Buchstaben zu Wörtern mit Sinn zusammensetzen konnte. Schreiben war da… noch etwas ganz anderes. Sie brachte gerade mal ihren eigenen Namen zu Papier. Und auch nur den Vornamen. Madiha würde dahingehend wohl immer ungebildet bleiben, doch sie wollte anderes Wissen mehren. Wissen um die Welt, das Land, in dem sie lebte, die Stadt, die ihrem Dieb so viel bedeutete. Sie wollte alles erfassen und so war es kaum verwunderlich, dass sie sich an dem Ausblick aus dem Turm kaum sattsehen konnte. Es gab so vieles, das sie bisher nicht gesehen hatte und das wurde ihr just in dem Moment bewusst, da sie die Wiesen, Felder und Landstriche erfasste und ihre Augen schließlich ein gedachtes Ende der Welt erkannten, als sie das Gebirge erkannte. Ganz ihrer eigenen, neugierigen Art entsprechend, fragte sie geradeheraus, was das war. Es wirkte so immens, so stabil und massiv, dass es sie beeindruckte. "Das östliche Drachengebirge. Richtig gehört. Das Östliche. Es führt bis weit in den Westen, wo der Wald Arus eine grüne Schneise zwischen den Zacken dieses Gebirges und jenen des Schattengebirges bildet. Was wir von hier oben erfassen können, ist nur ein sehr kleiner Teil Celcias." Madiha staunte. Offenkundig und ohne sich dessen zu schämen. Sie verhüllte ihre Unwissenheit nicht, sie versteckte ihre Naivität nicht. Nicht jetzt. Dafür war sie viel zu ergriffen. Sie sog die Informationen auf und nickte verstehend. Ein Wald… ein echter Wald! Sie wusste, es gab einen Wald Balarus auf der Insel oberhalb von Sarma. Gesehen hatte sie ihn nie. „Ich war noch nie in einem Wald.“, murmelte sie ihre Gedanken laut heraus und kannte nur den Sand und die Hitze.

So fragte sie sich auch, wer diese ganzen Grünanlagen denn pflegte. In Sarma mussten die reichen Pfeffersäcke enorm viel Geld aufwenden, damit das Wasser bis zu ihren Villen kam und dort die schönsten Blüten erblühen ließ. Kjetell’o antwortete und versetzte Madiha abermals in Staunen. "Das heilige Götterpaar Florencia und Phaun sind Gärtner und Verwalter allen tierischen Lebens. Sie hegen ihre Schöpfung, lassen sie gedeihen und schenken uns damit nicht nur eine reiche Fülle an Nahrungsmitteln oder eine Vielfalt an kleinen und großen Gefährten. Allein dieser Anblick sollte uns gegenüber ihrer Macht und kreativen Schöpfung stets demütig stimmen. Wir können dankbar sein, Teil ihres gigantischen Gartens sein zu dürfen. Und die Göttin Ventha schenkt ihnen den lebensspendenden Regen oder verteilt ihre Saat, indem sie Winde aufkommen lässt, die sie über ganz Celcia verteilen. Jeder hat einen Platz in ihrem Schaffen, auch wenn er - oder sie - es noch nicht sehen mögen." Madiha wurde ruhiger. Sie ließ ihren Blick über den Garten der Welt wandern und verarbeitete seine Worte. „Es klingt beruhigend, irgendwie…“, murmelte sie nachdenklich. „So viele finden Trost in den Göttern. Und… und wenn Florencia und Phaun das alles erschaffen… Ihr habt recht. Man sollte ihnen danken, an jedem Tag.“, murmelte Madiha und würde sich dem Thema gewiss noch mal widmen, sobald sie mehr Zeit hatte. Sie empfand es als interessant, dass alles ineinandergriff und ein jeder seinen Teil im Gesamtgefüge beitrug. Sie selbst also auch? Ihr entging der Blick seitens Kjetell’os, doch jener verlangte nun einen anderen Fokus. Sie sollte Feuer machen. Ganz in ihrem erlernten Verhalten aufgehend, suchte Madiha schlicht nach Feuerzeug und Zunder. Sie war sich nicht sicher, ob es hier welches gab und so suchte sie den Zündstein, bis ihr dämmerte, was Kjet genau gemeint hatte. Zuvor aber beantwortete sie Fragen bezüglich Azura. Der Elf wich ihrer Gegenfrage aus und hinterließ bei dem Wüstenmädchen einen schalen Beigeschmack, als er sie bat, sein Interesse für sich zu behalten. Sie reckte trotzig das Kinn und sah ihn fest an. „Wenn mich jemand fragt, werde ich nicht lügen.“, gab sie zu verstehen, räumte allerdings gleichzeitig ein, dass sie von sich aus Stillschweigen bewahren wollte. Allerdings würde sie seine Interesse gewiss nicht über die von Caleb oder gar Azura stellen. Dafür kannte sie ihn viel zu wenig. Nun aber galt es, ihre Magie zu erkunden. Jene kannte sie auch noch nicht so gut, sodass sie rein instinktiv versuchte eine Verbindung aufzubauen. Wie man es anstellte, wusste das Mädchen nicht, doch Madiha versuchte es.
Sie gab sich große Mühe und versuchte seine bisherigen Worte aufzugreifen, sein gezeigtes Lagerfeuer zu verwenden und das Feuer reckte sich ihr neugierig entgegen. Sie betrachtete die züngelnden Flammen und lächelte mit einem Mal als sie erkannte, dass es gar nicht verbrannte. Sie hatte das Gefühl einen alten Freund zu treffen. Sie fühlte sich sicher und geborgen, selbst als die Flamme ihren Arm hinaufkletterte und sie schließlich vollkommen einhüllte. Sie holte tief Luft und spürte mit einem Mal, dass es ihr nicht schaden wollte. Es … komplettierte sie auf eine skurrile Art und Weise. Sie lächelte abermals und schloss die Augen. Die warmen Impulse waren wie Balsam für ihre Seele. Es fühlte sich so… selbstverständlich an, dieses Feuer zu haben. Es war ein unglaublich schönes Gefühl. Madiha versuchte, etwas von diesem Feuer abzuschöpfen und in ihre Hand zu nehmen. Da unterbrach die Stimme des Elfen ihr Tun: "Die Wasserakademie nimmt offensichtlich Einfluss auf deine Vorgehensweise, aber du bist keine Wassermagierin, Madiha.“ Sie lief rot an. Woher sollte sie es denn wissen? Sie wusste überhaupt nicht, was sie da tat! Kjetell’o stand in ihrem Rücken und seine ureigene Note wehte zu ihr herüber. Vanille und Zitrone war eine interessante Kombination und das Mädchen schloss unwillkürlich die Augen. Es wirkte beruhigend. "Die Idee ist trotzdem nicht schlecht. Wenn wir nur talentierter dafür wären, alle Elemente in uns zu vereinen, um ihre Kräfte zu nutzen, würde es so gewiss gelingen. Aber schon das Meistern einer einzigen elementaren Magie-Art stellt uns vor Herausforderungen. Versuch nicht, das Wasser zu bändigen, wenn du mit dem Feuer spielst" Sie blickte auf seine Geste und das aufflammende Feuer funkelte in ihrem Graublau. "Feuer kommt aus dem Herzen, denn es ist das Organ, das unseren Körper antreibt. Versuche, auf deinen Herzschlag zu hören und in seinem Rhythmus die Kraft in dir in eine Richtung zu lenken. Anfängern gelingt es manchmal besser, wenn sie die Magie bei jedem Atemzug wandern lassen. Das könnte dir hier ebenfalls von Vorteil sein, denn Ventha ist hier.“ Sie blickte zum Fenster und lauschte dem Regen und dem Heulen des Windes. "Als Feuermagierin ist Wasser deine Nemesis. Lass dich davon aber nicht beeindrucken. Die Göttin Ventha ist nicht nur Wasser. Sie herrscht auch über den Wind und ein Feuersturm kann sich schneller ausbreiten als Wassermassen ihn löschen könnten. Wenn es dir leichter fällt, mach ich mit dir einige Atemübungen. Aber ich wette, du schaffst es auch ohne sie. Konzentriere dich auf dein Herz. Es schlägt vielleicht lauter, wenn du an bestimmte Momente in deinem Leben denkst ... oder ... an Personen, die dir etwas bedeuten. Menschen, die dein Blut in Wallung bringen. Männer ... vielleicht nackt?"

Madiha spürte das Brennen ihrer Wangen und Ohren und schlug die Augen nieder. Ihr Herz pochte mit einem Mal schneller und sie konzentrierte sich darauf. Beständig hörte sie es in sich und schloss die Augen nach einem Moment des Lauschens. Und wie gut es funktionierte! Madiha spürte mit einem Mal, dass es ganz einfach war. Keine Barriere, kein kompliziertes Abschöpfen oder Abtragen von einem imaginären Lagerfeuer. Sie musste nicht so kompliziert denken, sondern brauchte lediglich das Tor zu öffnen, damit die Magie durch ihren Körper floss und im Takt ihres Herzens wellenartig bis in die entlegensten Winkel ihres Körpers kroch. Es war unbeschreiblich. Jede Welle schob ihre Magie bis in ihre Fingerspitzen und dort musste sie sie nur noch freilassen. Madiha hatte die Augen noch immer geschlossen, öffnete aber ihre Handfläche und entließ mit einem Seufzen die Magie aus sich hinaus. Erst war da nur ein kleines Flämmchen, doch mit jeder weiteren Welle wuchs dieses zu einer Stichflamme heran und Madiha spürte, wie sie sich gelöster fühlte. „Es ist wie… atmen…“, flüsterte sie ehrfürchtig und öffnete ihre Augen. Ihre eigene Magie funkelte in ihrem Blick und warf Schatten auf ihre Züge. In jenem Moment war sie kein gebrochenes Sklavenmädchen. Sie strahlte eine Standhaftigkeit aus, eine Festigkeit, die kein Sturm hinfort reißen könnte. Madiha wirkte selbstsicher, während ihre Magie floss und sie lächelte zufrieden. Das hier war sie. Das hier gehörte zu ihr, wie die Narben auf ihrem Körper. "Du hast so viel Potenzial!“, wärmte der Elf das Mädchen von außen und erntete damit einen Blick. Sie lächelte etwas breiter.
Es war Balsam zu erkennen, dass diese Magie ihr gehörte und sie nicht einer unkontrollierbaren Gefahr glich. Sie brauchte nur Übung. Jemand, der ihr das Vertrauen in sich und ihr Tun einräumte. "Versuch, dein Talent zu drosseln. Du musst nicht eifrig vorgehen. Leg dem wilden Feuer Zügel an, lenke es, aber wage nicht, es gänzlich zu zähmen. Wir beide wollen doch, dass du brennst. Oh, und das Holz im Kamin auch. Wenn ich bitten darf, meine talentierte Schülerin?" Madiha lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die züngelten Flammen auf ihrer Hand. Vorsichtig bewegte sie sich noch etwas staksig, als könnte sie das Feuer sonst verlieren, doch auch jetzt spürte sie, wie sie sich mit ihrem Element mehr und mehr verband. Es verängstigte sie nicht mehr. Auch wenn sie selbst das Potenzial gewiss nicht erkennen konnte, da sie keinen Vergleich hatte, doch Madiha atmete tief ein und als würde sie das Feuer einatmen dabei, verringerte sich die Stichflamme ein Stück und war auf ein Normalmaß geschrumpft, als sie ihre Hand zum Holz führte und die Flamme überspringen ließ. Dabei verlor sie ihre Flamme aber nicht, sondern entzündete das Feuerholz an mehreren Stellen, damit es gleichmäßig zu brennen anfangen konnte. Dann lehnte sie sich zurück und schaute glücklich auf ihr Werk. Nach einem Moment drehte sie sich zu Kjetello und hatte noch immer die Flamme in ihrer Hand. Sie schaute darauf, holte abermals Luft und die Flamme ging aus. Ja…, wenn ihr die Ketten des Lebens nicht die Luft raubten, war es auf einmal tatsächlich für sie, wie atmen. „Das war unglaublich!“, strahlte sie mit einem Mal den anderen an. „Ich… ich habe gespürt, wie es auf mich reagiert. Ich habe …“, sie schaute auf ihre Handfläche und rieb mit der anderen Hand darüber. „Es ist so warm und so… es fühlt sich so… selbstverständlich an.“, murmelte sie und lächelte. „Was jetzt?“, fragte sie aufgeregt und sah wieder auf. Er hatte nicht nur ihr magisches Feuer entfacht. Madiha wollte mehr. Sie wollte lernen – und zwar alles!
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Dienstag 9. Mai 2023, 11:51

Madiha war wie ein Schwamm und das machte es umso seltsamer, dass in ihr nicht doch eine kleine Wassermagierin schlummerte. Zumindest wenn es um Wissen ging, konnte man es von ihr behaupten. Sie wollte lernen und alle Informationen aufsaugen, an die sie heran käme. Seien es weitere Hintergründe zu Corax' geheimnisvollem Schicksal, sei es Calebs Vergangenheit und sogar für Azuras Welt konnte sie sich einen Deut weit begeistern. Die Bande zu ihr mochten noch lose Fäden sein, aber allein durch den Umstand, dass Madiha wenigstens versuchen wollte, die Andunierin zu verstehen - ihre Entscheidungen, ihre Gefühlswelt, einfach ein letzter Versuch auf Frieden - es genügte, dass sie Azura nicht aus ihrem Leben ausschloss. Doch am meisten interessierten sie aktuell Celcia selbst und ihre eigenen Kräfte.
Die Welt, auf die sie herab blickte, reichte so immens weit und war so unsagbar grün. Nicht nur Berge entdeckte Madiha zum ersten Mal, auch Bäume, die so dicht beieinander standen, dass man sie als Wald zusammenfasste, wurden ihr offenbart. Vom Turm aus erinnerten sie auch nur an einen besonders bauschigen grünen Flicken auf dem weiten Landteppich von Florencia und Phauns Gärten und doch hoben sie sich daraus ab, dass sie ihr auffielen.
"Ich war noch nie in einem Wald."
Auch wenn Madiha es nur gemurmelt hatte, ein Elfenohr nahm weitaus leisere Töne wahr. Kjetell'o warf ihr einen Blick zu, in dem mehr Gefühl stand als er bislang gezeigt hatte und das, obwohl er doch durchaus immer charmant und zuvorkommend wirkte. "Das ist das Traurigste, das ich in meinem ganzen Leben gehört habe", entgegnete er. Tatsächlich schien er wahrlich erschüttert. "Das werden wir ändern. Wir müssen!" Dafür blieb allerdings noch Zeit. Kjetell'o hatte nicht vor, seinen Unterricht dadurch schleifen zu lassen. Im Gegenteil, er schnappte sich Madiha, um sie sofort in eiskalte Wasser zu werfen - metaphorisch gesehen, denn schließlich sollte sie ja ein Feuer entzünden. Dass es ihr mit der eher knappen Anleitung des Elfen sofort gelang, erstaunte selbst diesen. Er nahm sich nicht heraus, mit seinen Fähigkeiten als Lehrmeister zu prahlen, sondern zeigte offene Faszination für das überwältigende Ergebnis seiner kleinen Schülerin.
Ehe die von ihr geschaffene Stichflamme jedoch das Gebälk des Turms erreichen konnte, um dort zu kokeln, gab Kjetell'o noch Anweisungen, die Kräfte ein wenig zu drosseln. Auch das gelang Madiha auf Anhieb, dass ihr Lehrer sogleich begeistert in die Hände klatschte. Seine großen Augen zeugten von der Begeisterung, die er für Madihas Erfolg empfand. Das Mädchen konnte ihr eigenes, geschaffenes Feuer in den goldenen Sprenkeln flackern sehen und so brannte es auch in dem graublauen Meer ihrer eigenen Iriden.
Nachdem sie mit Hilfe der Order, ihre Flamme anhand der eigenen Atmung und des Hezrschlages brennen zu lassen, etwas gezügelt hatte, ließ Madiha die Funken auf das Holz im Kachelofen überspringen. Es dauerte nicht lang und der Raum füllte sich mit dem warmen Licht und der Wärme. Sie spürte es auf der Keramik, auf welcher sie und Kjetell'o Platz genommen hatten, um ihr Werk zu bewundern.
"Es ist so warm und so ... es fühlt sich so ... selbstverständlich an."
"So?" Kjetell'o musterte sie. Dann nickte er. "Du kannst stolz auf dich sein. Du bist also ein Naturtalent, das ist wirklich aufregend." Madiha war aber nicht nur das, sondern entpuppte sich erneut als kleiner Schwamm, ganz begierig darauf, Wissen in ihre Poren saugen zu können. Schon fragte sie danach, wie es nun weiterging. Kjetell'o schmunzelte, aber auch in seinen Zügen erkannte man den Eifer, sofort zu experimentieren und mehr zu wagen. Im Gegensatz zu seiner Schülerin hatte er aber durch die Jahre auf seinen Schultern ebenso an Erfahrung gewonnen. Er wusste, dass es nach hinten losging, wenn sie jetzt alles überstürzten. So hob er einen Finger in die Höhe. "Jetzt wirst du üben. Immer wieder. Ich gebe dir Aufgaben oder nennen wir sie lieber Herausforderungen. Erst wenn du eine gemeistert hast, erhältst du die nächste. Wir tasten uns schrittweise an deine Möglichkeiten heran und in der Zeit werde ich dir die eine oder andere Frage stellen, um herauszufinden, welchen ethischen Bezug zur Feuermagie hast."
Er erhob sich, um bis nach vorn zum Lehrerpult zu gehen. Von dort schnappte er sich einige Papiere, sowie Schreibmaterial. Damit kehrte er zu Madiha zurück, überreichte ihr aber nichts davon. Stattdessen bereitete er sich selbst vor, Dinge zu notieren. Noch einmal ließ er den Blick über sie schweifen, während sein betörendes Aroma dem Mädchen erneut angenehm entgegenschlug. "Versuchen wir etwas Leichtes. Eine Flamme kannst du beschwören. Kannst du ihr auch eine Form verpassen? Am einfachsten dürften eine Kugel oder ein Zylinder sein. Such dir eines davon aus, du wirst ohnehin beide üben müssen. Hierbei kann dir der Herzschlag nun nicht helfen. Es ist dein reiner Wille, der die Flammen in Position bringt. Versuch es!"
Kjetell'o beobachtete die Übungen eine Weile. Gelegentlich schrieb er sich etwas auf, aber die meiste Zeit ruhten seine Augen auf Madiha. Er begutachtete dabei nicht einmal, ob und wie gut sie die Flamme leiten konnte, sondern achtete mehr auf ihre eigene Verfassung. Er hatte längst gesehen, was sie konnte. Mit genug Übung würde sie ihre Kräfte zu beherrschen lernen. Darüber hinaus interessierten ihn ganz andere Dinge. So fragte er irgendwann: "Würdest du das Feuer auch gegen andere einsetzen? Überlege, bevor du antwortest und bedenke mögliche Umstände, die dich in eine Richtung zwingen könnten. Würdest du dem folgen oder selbst gesteckten Prinzipien treu bleiben ... wie es dein Freund Caleb versucht hat?"
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 12. Mai 2023, 19:58

All die Dinge, die Madiha noch nicht kannte oder bisher in ihrem Leben nicht hatte kennenlernen dürfen, waren nun ehrliche Chancen. Wo andere schon lange keinen Blick mehr für die kunstvoll erschaffene Akademie zu Andunie hatten, fielen Madiha die imposanten Linien und hohen Türme erst recht auf. Wenn andere durch einen Wald liefen und kaum die Schönheit wahrnahmen, so würde Madiha staunend das Wunder von Florencia und Phaun bewundern. Das Mädchen mochte auf so einige naiv und vielleicht auch etwas doof wirken, aber sie hatte ihr Herz am rechten Fleck behalten und sich niemals durch all das, was ihr widerfahren war, brechen lassen. Madiha entdeckte durchaus Schönheit im Leben und Wunder auf der Welt. Celcia sollte ihr neues Zuhause werden und sie freute sich unglaublich darauf. So staunte sie auch ganz unverhohlen, während Kjetell’o ihr die eine oder andere Frage beantwortete. Bei seiner Ernsthaftigkeit bezüglich des Waldes aber, wandte das Mädchen den dunklen Schopf und musterte den Elfen. Erst dachte sie, sie müsste sich dafür schämen, doch dann erkannte Madiha, dass er eine gewisse, ehrliche Bestürzung darüber zu empfinden schien, dass sie bisher nicht einen Wald betreten hatte. Dass er es hingegen ändern wollte, brachte Madiha dazu, die Nase kraus zu ziehen. Wollte er das wirklich? Wollte er mit ihr durch die Weltgeschichte wandeln und einen Wald aufsuchen? Sie bezweifelte es, sagte aber nichts in diese Richtung. In ihrem Leben hatte sie gelernt, dass es manchmal einfach besser war, zu schweigen. Meistens die ganze Zeit, wenn sie ehrlich war. Doch das hatte sich zum Glück geändert. Und noch etwas hatte sich gewaltig geändert: Durch die ungeteilte Aufmerksamkeit und die Worte des Elfen, fühlte sich Madiha tatsächlich einmal wichtig. Und zwar auf eine gänzlich neue Weise als es zum Beispiel mit Caleb der Fall war. Hier hatte jemand tatsächlich Interesse an ihren Fähigkeiten, ohne Gefühle für sie zu hegen. Das war etwas, das Madiha ebenfalls noch nicht kennengelernt hatte. Das Mädchen fühlte sich geschmeichelt und das belebte ihr Selbstbewusstsein immens. So traute sie sich tatsächlich, seinen Anweisungen Folge zu leisten und mit einer gewissen Gelassenheit darauf zu vertrauen, dass es klappen könnte. Auch seine Worte bezüglich Corax hatten diese Möglichkeit erst entstehen lassen. Sie fühlte sich ein wenig selbstsicherer und das zeigte sich auch sogleich an ihrer Übung. Es fühlte sich so leicht und natürlich an, als hätte sie schon immer gewusst, wie ihre magischen Fähigkeiten anzuwenden waren. Und das wiederum beflügelte sie noch mehr. Madiha hörte die Begeisterung des Anderen und lächelte gelöst. Kjetell’o schaffte es tatsächlich, dass sie sich ihm ein wenig offenbarte. Sein Enthusiasmus lockte ihre wahre Natur hervor und ließ einen Blick auf ihre innere Stärke erhaschen, die sich zumeist nur im Trotz gezeigt hatte. Doch jetzt war da kein Trotz. Es war pure Freude und Staunen darüber, zu was sie fähig war. Und es lockte ihre Neugierde hervor, sodass sie mehr lernen wollte. Immer mehr und immer weiter. Sie glaubte in eben jenem Moment, dass sie nicht würde scheitern können. Kjetell’o tat sicherlich gut daran, hier seinen Erfahrungen den Vorzug vor seiner eigenen Begeisterung zu geben. Madiha hätte nun die Zügel gänzlich losgelassen und wäre auf den brennenden Hengst gesprungen, um die Wildheit und ungezähmte Natur zu fühlen. Das Feuer war mehr als nur ein Teil von ihr. Es war sie! Es machte sie aus und sie fühlte sich mit einem Mal so sehr verbunden, dass sie es nie wieder hergeben wollte. Es war, als hätte sie etwas Verlorenes wiedergefunden und sie spürte eine innere Stärke, die sie gewiss nachhaltig beeinflussen könnte.

"Jetzt wirst du üben. Immer wieder. Ich gebe dir Aufgaben oder nennen wir sie lieber Herausforderungen. Erst wenn du eine gemeistert hast, erhältst du die nächste. Wir tasten uns schrittweise an deine Möglichkeiten heran und in der Zeit werde ich dir die eine oder andere Frage stellen, um herauszufinden, welchen ethischen Bezug zur Feuermagie hast." Sie hob die Augenbrauen. Das, was er sagte, verstand sie nicht sofort und so zögerte sie, während er sich Schreibmaterial holte. Sie beobachtete den Elfen und als er sich wieder setzte, beruhigte sein Duft sie auf ein Neues. Seine Ausstrahlung war schon seltsam und auch wenn Madiha nicht leichthin von der Männerwelt zu beeindrucken war, war es allein die Tatsache, dass er ihr etwas beibringen konnte, die sie ihn bewundern ließ. Fasziniert von seinem Wissen und der Tatsache, dass dieses ihr dabei half, etwas zu lernen, hing sie an seinen Lippen und atmete unbewusst immer wieder Zitrone und Vanille. "Versuchen wir etwas Leichtes. Eine Flamme kannst du beschwören. Kannst du ihr auch eine Form verpassen? Am einfachsten dürften eine Kugel oder ein Zylinder sein. Such dir eines davon aus, du wirst ohnehin beide üben müssen. Hierbei kann dir der Herzschlag nun nicht helfen. Es ist dein reiner Wille, der die Flammen in Position bringt. Versuch es!" Sie nickte und richtete ihren Blick auf ihre Handfläche. So wie eben, schaffte sie es mithilfe ihres Herzschlages, dass eine – dieses Mal kleinere – Flamme entstand. Erneut durchflutete sie Freude und so lächelte sie offen, während die Flamme Schatten auf ihrem Gesicht hinterließ. Einen Moment lang blickte sie stolz auf die züngelnde Hitze und dann bemühte sie sich, eine Form zu verleihen.
Da Madiha nicht wusste, wie ein Zylinder aussah, wählte sie die Kugel. Es dauerte einen Moment und im ersten Versuch verformte sich die Flamme zwar, doch war sie weit davon entfernt, eine Kugel zu werden. Madiha brach den Versuch ab, dehnte ihren Nacken und versuchte es noch einmal, höchst konzentriert. Dann glätteten sich allmählich die Kanten, die Flamme wurde runder und runder und schließlich gelang es ihr, eine glatte Kugel zu formen. Sofort strahlte sie und hob den Blick, wobei die Konzentration wieder abbrach und die Flamme erneut hochzüngelte. Madiha aber richtete ihr Augenmerk wieder darauf, probierte es abermals und es gelang ihr schon leichter. Mit jedem Schritt weiter in Sachen Magie, hatte sie das instinktive Gefühl, sie zu verstehen. Sie einfach… nutzen zu können. Es war aufregend! „Ich weiß nicht, wie ein Zylinder aussieht.“, bemerkt sie dann aber und formte abermals eine Kugel – noch schneller. Nachdem ihr Kjet erklärt hatte, wie so ein Zylinder aussah, probierte sie auch diesen, bis er gelingen wollte. Wenn er denn wollte. Noch in ihrer Übung vertieft, riss Kjetell’o sie aus ihrer Konzentration und die Flamme verlor die Form, ehe sie sie erlöschen ließ. "Würdest du das Feuer auch gegen andere einsetzen? Überlege, bevor du antwortest und bedenke mögliche Umstände, die dich in eine Richtung zwingen könnten. Würdest du dem folgen oder selbst gesteckten Prinzipien treu bleiben ... wie es dein Freund Caleb versucht hat?" Madiha ließ ihre Hand sinken und sah kurz zur Seite. Tatsächlich beantwortete sie die Frage nicht sofort. Sie dachte darüber nach, sah Caleb mit dem Dolch in der Hand und wie er Corax ohrfeigte für das, was er getan hatte.
„Ich möchte schützen, was und wen ich … gern habe.“, begann sie leise. Es war doch recht intim und gleichwohl meinte sie jedes Wort ernst. Sie hob den Blick in den des Elfen. „Ich habe versucht die Magie von Serpentis abzusagen, damit sie niemanden mehr Schaden anrichten kann. Es war… ein inneres Bedürfnis.“, erklärte sie und erinnerte sich auch an ihren Schutzring für Corax und Azura. „Ich will nicht verletzen, ich habe sogar Angst davor, jemandem mit meiner Magie zu schaden – selbst jetzt noch.“, meinte sie und spielte auf ihre Begeisterung an. „Aber ich glaube… nein, ich fühle, dass meine Magie Gutes sein kann. Dass sie Wärme spenden kann aber auch Hoffnung. Dass sie ein Licht im Dunkel sein könnte, wenn ich nur fleißig lerne. Ich glaube, meine Magie kann beschützen – ohne zu verletzen.“, überlegte sie und versank ein wenig in ihren Gedanken. Sie musste an Ilmy denken, die glaubte, sie wäre eine echte Kriegerin. Madiha fühlte sie nie so. Auch jetzt nicht. „Ich möchte nicht erleben, dass jemand Schaden erleidet, weil ich nicht genug gelernt habe.“, schloss sie ihre Antwort und hob den Blick fest in seine Augen zurück. „Aber ich brauche Hilfe dabei.“, gestand sie und formulierte so die stumme Frage, ob Kjetell’o ihr so lange zur Seite stünde, bis sie ausreichend Sicherheit im Umgang erlernt hatte. Und Madiha wagte einen echten Vorstoß: Denn sie bot ihm hier ihr kostbares Vertrauen an und bat ihn stumm darum, dieses nicht zu enttäuschen.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Montag 15. Mai 2023, 12:34

Kjetell'o besaß einen ganz eigenen Charme. Wo er bei Azura eher das Herz zum Flattern brachte, schenkte er Madiha den nötigen Auftrieb, die eigenen Flügel auszubreiten. Beschwingt durch seine Worte lernte sie langsam das Fliegen. Und es zeigte sich, dass seinen Komplimente bezüglich ihres Potenzials einen Kern Wahrheit innewohnen musste. Madiha fiel es so leicht, das innere Feuer anzuzapfen! Sie konnte schon beim nächsten Versuch, eine Flamme zu beschwören, genug Kontrolle aufbringen, um nicht erneut das Gebälk in Gefahr zu bringen. Sie heizte nicht nur den Ofen an. Die tanzenden Flammen auf dem Holzscheit erwärmten auch ihr eigenes Herz. Jetzt begann sie, auch endlich an sich selbst zu glauben. Das weckte Neugier, sowie den Wunsch, ihre Fähigkeiten nicht nur näher kennen zu lernen, sondern auch zu fördern.
Kjetell'o wollte Madiha auf diesem Weg begleiten. Er wies sie auch sogleich an, das Wichtigste in Sachen Selbststudium zu unternehmen: Üben. Auch wenn Madiha ein Naturtalent zu sein schien, würde sie ohne regelmäßige Übungen irgendwann nicht weiterkommen. Sie musste ein Gespür dafür bekommen, was ihr so selbstverständlich erschien. Nur dann gelänge es ihr, die Kontrolle auch in brenzligen Situationen zu halten und auf jene wollte der Elf sie vorbereiten.
Madiha spielte also eine Weile mit ihren Flämmchen herum. Sie ließ sie aufsteigen, über ihre Finger wandern und auf Kjetell'os Wunsch hin neue Formen annehmen. Eine Kugel zu formen erwies sich als überaus leicht, obwohl gerade diese Form selbst reine Perfektion darstellte. Keine andere besaß so viel geballte Makellosigkeit. Nur die Kugel war ohne Ecken und Kanten. Sie war rein, mit glatter Oberfläche, flexibel im Ausnutzen ihrer Umgebung und war sie erst einmal angestoßen, würde sie mit immer mehr Kraft und Geschwindigkeit auf all jene Niederollen, die ihr in den Weg traten. Madiha war eine solche Kugel und Kjetell'o sah es als seine Pflicht an, sie in eine Richtung zu lenken, in der sie nicht zur brennenden Gefahr würde. Er beobachtete ihr Tun, nickte wenn ihr etwas gelang und gab Ratschläge, um Details zu verbessern oder auf Kleinigkeiten zu achten. Er erklärte ihr die zylindrische Form, indem er einfach eines seiner Papiere zu einer Röhre drehte. Als Flammen war es schwieriger, vor allem, als Kjetell'o erwartete, dass die einzelnen Brandzungen dieselbe Höhe haben sollten. Nun hatte Madiha etwas, an dem sie länger arbeiten und experimentieren durfte.
"Wenn es dir gelingt, über deiner Hand einen Zylinder mit symmetrischen Flammenwänden zu formen, werde ich dir beibringen, wie du ihn problemlos um deinen oder den Körper anderer legen kannst. Nur wenige trauen sich, durch eine solche Flammensäule zu treten. Dabei ist es weniger gefährlich als sie glauben." Er gluckste. "Ein beherzter, schneller Sprung und man versengt sich nicht einmal die Kleidung." Erneut erwähnte er, ihre Magie auch bei anderen einzusetzen - gegen andere. Seine Frage, ob sie dazu in der Lage wäre, beschäftigte Madiha mehr als die arkanen Kräfte in ihrem Inneren. Sie befolgte seinen Rat, einen Moment lang über die Entscheidung nachzudenken. Schließlich aber antwortete Madiha damit, dass sie ihre Magie lediglich zum Schutz einsetzen wollen würde und nicht, um jemandem zu schaden.
Kjetell'o musterte sie, ohne durchblicken zu lassen, wie er zu ihren Worten stand. Seine Augen waren ruhige, tiefe Wälder, auf die Sonnenlicht traf. Es schlängelte sich durch die Blätter, um die Schatten am Waldgrund zu vertreiben, aber es gab keinen Aufschluss darüber, was die Sonne selbst zum moosigen Boden dachte.
"Ich glaube, meine Magie kann beschützen - ohne zu verletzen."
Der Elf öffnete den Mund. Seine Lippen trennten sich nur weit genug, dass sie fast einander berühren könnten. Es erinnerte an zwei Liebende, die ihre Hände nacheinander ausstreckten und sich doch nicht erreichten. Er holte Luft. Und dann schob sich die Luke zum Turmzimmer empor und Azuras Kopf erschien in dem eckigen Loch.

Azura kommt von Stille Wunden

Den Weg bis hierher zu finden, war für Azura kein Hindernis gewesen. Die vielen Stufen den Turm empor jedoch schon mehr, aber ausgelaugt fühlte sie sich dadurch nicht. Inzwischen peitschte starker Regen gegen die gläserne Fassade, die beinahe die gesamte 306-Grad-Wand des Raumes ausmachte. Der Himmel war dunkel und das Wasser erschwerte die Sicht nach außen. Trotzdem bot Venthas wetterlicher Gemütszustand noch immer einen sagenhaften Anblick. Azura hingegen sah wohl zuerst den Lehrraum an sich, nachdem sie all die Stufen und schlussendlich auch die Stiege durch die Dachluke gemeistert hatte. Kreisrund war er mit einem Kachelofen in der Mitte. Das Feuer darin verbreitete Licht und Wärme. Die Fensterwände waren geschlossen, trotzdem spürte man instinktiv die windige Brise, die den Regen gegen die Scheiben peitschte. Das Prasseln mischte sich mit dem Knistern der Flammen, als sie sich durch den Holzscheit fraßen.
An freien Stellen der Wände - von denen es wirklich nicht viele gab - standen Regale mit Büchern, Unterlagen und anderem Lehrmaterial. Am einen Ende des Raumes befand sich ein Pult. Weitere, schmalere Tische mit Stühlen waren ihm zugewandt. Eine kleine Tafel befand sich hinter dem Lehrsessel, jedoch war sie unbeschriftet. Madiha und Kjetell'o saßen auf den erwärmten Kacheln am Ofen nebeneinander. Das Mädchen hielt eine magische Flamme über ihrer offenen Handfläche am Brennen, während der Elf den Blick gen Luke hob. Er hatte wohl gerade etwas zur Sarmaerin sagen wollen, wandte sich nun jedoch direkt an den Neuzugang. Dabei lächelten seine Augen Azura freundlich entgegen.
"Da ist ja meine zweite Schülerin! Schön, dass du uns so eilig aufsuchst. Bitte, Azura, komm doch herein und lass dich bei uns nieder. Ich wollte Madiha gerade eine gewichtige Frage stellen." Seine Augen lösten sich nur schwer von Azuras Anblick, um zu Madiha zurückzukehren. Dort trat ernst in den Blick, zusammen mit einer unangenehmen Form von Distanz. Sie ließ Kjetell'o erstmals in einem kälteren Licht erscheinen.
"Wenn du mich mit einem Feuerball angreifen müsstest, um Azura zu beschützen, würdest du es tun?" Er hob eine Hand an. "Halt, sprich noch nicht!" Dann lächelte er. "Überlege. Tausche gedanklich die Personen aus. Mich angreifen, Azura retten? Azura angreifen und mich retten? Caleb angreifen...?" Er ließ gerade diese Option mit einer längeren Sprechpause sacken. Schließlich setzte er nach: "... um Celcia zu retten?" Sein Blick ruhte noch einen Herzschlag lang auf Madiha. Schließlich erhob er sich, um zur Luke zu gehen und Azura eine helfende Hand anzubieten. "Einer van Ikari gebührt die nötige Aufmerksamkeit, sagte man mir." Er lächelte sie an und zog sie in den Raum hinein. "Wessen Sprössling bist du eigentlich genau? Nicht, dass es von Belang wäre. Ich möchte nur höflich sein." Er winkte sie mit sich. "Und ich möchte wissen, warum deine Fähigkeiten für dein Alter so unausgebildet sind. Du bist ein grob geschliffener Klotz, an dem nicht einmal ein Schnitzerlehrling Hand angelegt hat. Wie kommt es, dass das noble Haus der van Ikaris keine Magierin fördert?"
Er setzte sich zurück an Madihas Seite, bot Azura einen Platz zu seiner anderen Hälfte, so dass er wie der Hahn im Korb zwischen den Mädchen hocken könnte. Das sorgte zwar dafür, dass er der Sprechenden stets das Gesicht zuwenden und beide nie gleichzeitig anschauen konnte, aber das störte ihn offenbar wenig. "Wie auch immer, ich bin bereit, euch beiden auf eurem magischen Weg zur Verwirklichung zu helfen - wenn ihr ihn denn zu meinen Bedingungen gehen wollt."
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Azura » Dienstag 16. Mai 2023, 12:45

Seine Worte über seine Gefühle ließen sie lautlos seufzen und obwohl ihre Erwiderung neckend gemeint war, lag auch Sanftheit in ihrer Stimme, als sie, mit derselben Überzeugung wie vorhin, anmerkte:"Dann sollten wir Träume wahr werden lassen!" Nicht, dass sie sich ihm sofort öffnen könnte in ihrer jetzigen Gestalt, das meinte sie damit nicht. Aber er sollte immer daran denken, dass sie einen ordentlichen Sturkopf besaß und dieser würde nicht so leicht aufgeben auf dem Weg zu einer Lösung für seine... fehlenden Teile.
Als er fortfuhr, grinste sie schon wieder frech und herausfordernd. "Na, das will ich dir auch geraten haben!", konterte sie und wusste selbst, dass sie ebenfalls nichts davon vergessen können würde.
Wie denn auch? Es war für sie, obwohl sie nichts weiter als ein Geist gewesen war, so intensiv und erfüllend und erregend gewesen, dass sie sogar in ihrem derzeit dermaßen vertrockneten Zustand beinahe schon so etwas wie Feuchtigkeit produzierte bei der Erinnerung daran. Doch genauso vermochten die Bilder der heißen Quellen sie in Entzücken versetzen, wenn sie es denn zugelassen hätte.
Jetzt hingegen wurde sie ihrerseits herausgefordert und als seine Augen aufblitzten, stemmte sie einen flüchtigen Moment lang die Hände in die Seite. "Natürlich war es das! Ich bin schließlich ein Naturtalent! Und du hattest Glück, das Wasser war auf unserer Seite.", gab sie frech zurück. Trotzdem konnte und wollte sie nicht zu lange bei diesem Thema verharren, denn neben der möglichen Lust würde es auch die Sehnsucht nach seinem Körper, dem Gefühl, von ihm gehalten zu werden, wecken und damit wollte sie sich noch weniger befassen, solange sie keine Aussicht auf Erfüllung hatte.
Bei den nächsten Worten ihres Raben verschloss sich ihre Mimik etwas und sie schnaubte leise abfällig. Dennoch schlich sich ein feiner Roséton in ihre Wangen, als sie den Blick verlegen abwandte und sich hinter ihrer Abneigung für den Kapitän verschanzte. "Er hatte nicht mal den Anstand, mich auf meine Erscheinung hinzuweisen!", beschwerte sie sich lahm.
Ehe ihr etwas anderes auffiel. Ihre Augen weiteten sich und erschrocken sah sie ihn an. "Du... du weißt von... von dem Ku... Kuss...?", keuchte sie und nun wurden ihre Wangen richtig rot, als sie den Blick senkte.
"Es war... es war dumm von mir, einfach nur dumm.", murmelte sie in seltener Einsicht und lehnte sich seufzend nach vorn, um ihre Stirn an seiner Schulter abstützen zu können. "Aber falls es dir schmeichelt, an dich kommt er nicht heran, definitiv nicht!", nuschelte sie und kniff die Augen fest zusammen, um diese Erinnerungsfetzen nicht aufkommen zu lassen.
Auf der anderen Seite wollte sie jedoch auch nicht unbedingt von ihrer ruhmlosen Vergangenheit mit Van Tjenn sprechen, sodass sie den passenden Moment verstreichen ließ und sich lieber auf das Thema Eltern konzentrierte, das er ins Spiel brachte. Einerseits wollte sie die ihren finden und sehen und wissen, dass es ihnen gut ging! Andererseits aber konnte sie ihnen auf keinen Fall in dieser Aufmachung gegenüber treten... Doch dafür gab es auch noch andere gedankliche Möglichkeiten, sodass sie den Spieß unbewusst ein wenig umdrehte und seine Blutlinie ansprach.
Er hatte seine Zweifel und sie konnte es verstehen, nickte sogar leicht und wollte es dabei bewenden lassen, wenn ihr nicht etwas eingefallen wäre. "Oh ja, wir haben vielleicht einen Anhaltspunkt!", entfuhr es ihr etwas stürmisch, bevor sie sich auf die Unterlippe biss und ihm ein entschuldigendes Lächeln schenkte. Dann zuckte sie mit den Schultern. "Nun ja... weißt du noch, auf dem Schiff? Die Nadeln, die uns auch getroffen haben? Da war was... eine Erinnerung, ganz, ganz fern... aber damit hatte es angefangen. Du warst ein Säugling, in einem Zimmer, bevor der ganze Alptraum angefangen hat. Vielleicht... Ach, ich weiß auch nicht!" Sie seufzte und nun wurde auch ihr Blick entschuldigend, falls sie ihm zu viele falsche Hoffnungen machte. "Manchmal gibt es ja das ein oder andere Detail in Räumen, das einem helfen kann. Man muss es nur finden! Und zumindest kann ich mich nicht erinnern, dass es um dich herum schmuddelig oder vollkommen ärmlich gewesen wäre."
Wenn sie nur selbst noch einmal jede einzelne Facette dieser Erinnerung vor ihr geistiges Auge holen könnte! Ach, wenn sie doch mehr Wissen damals gehabt hätte und sich dadurch besser darauf hätte konzentrieren können!
Wie gut, dass zwischen ihnen keine richtige Trauerstimmung aufkam, sondern sie erneut zu Scherzen und Albernheiten aufgelegt waren. Solange, bis sie gestört wurden und es deutlich wurde, dass ihre Zweisamkeit vorerst ein Ende finden sollte. Gerne hätte sie es noch hinaus gezögert oder überhaupt eine andere Lösung gefunden, aber diesmal war Corax wohl anderer Meinung. Fast schon keimte ein Anflug von Eifersucht in ihr auf ob der Tage, welche die Männer unter sich verbracht hatten und von denen sie nichts wissen konnte. Allerdings rang sie ihn nieder und bemerkte dadurch den Blick ihres Liebsten auf die Schriftrolle.
Jene Rolle, wegen derer sie ins Leben zurück geschickt worden war... und die sie eigentlich seit ihrem Erscheinen beinahe schon wieder vergessen hatte, jetzt, wo sie diese in Händen gehalten hatte. Kurz kaute sie auf ihrer Unterlippe und überlegte, dann nahm sie diesen Ausblick auf viel Magie doch an sich und verließ den Raum.
Naturgemäß nicht ohne einer letzten, abschließenden Stichelei. Grinsend rief sie über die Schulter zurück:"Bist du wohl!" Und ging kichernd weiter, wenngleich sie nicht auf den verwirrten Kapitän achtete. Sollte er es wissen wollen, müsste er schon direkt fragen.
Somit nahm sie langsam und sich etwas aufmerksamer als zuvor umsehend den Weg in Richtung Turmzimmer. Dabei hielt sie die Schriftrolle weiterhin in der Hand und wusste nicht so recht, was sie damit anfangen sollte. Ventha einfach so überreichen? Wo denn überhaupt, wie und wann? Oder Bedingungen stellen und der Göttin einmal mehr auf den Geist gehen? Wäre das klug? Wobei... hatte sie das in ihrem Palast der Stille denn aufgehalten? Oder sollte sie einen Blick hinein werfen, sich womöglich an dem ein oder anderen Zauberchen selbst versuchen? Nein, lieber nicht, das könnte in einer Katastrophe enden! Wobei... wenn sie an sich hinab sah, war da sowieso Hopfen und Malz verloren!
Mit diesen Gedanken setzte sie gemächlich Schritt für Schritt und fand sich irgendwann an einem der Fenster wieder, da von Zeit zu Zeit Licht herein ließen. Zumindest, wenn es Tageslicht gab. Jetzt hingegen war das Wetter draußen alles andere als einladend, sodass Fackeln entzündet worden waren, damit man bei den Stufen nicht ins Stolpern geriet.
Ihr Blick fiel hinaus in den Regen und sie seufzte leise. Leider gab es keinen Griff an dem Fensterrahmen, sonst hätte sie es womöglich geöffnet und die Hand rausgehalten, um das herabfallende Wasser auf ihrer Haut prickeln zu spüren. So blieb ihr lediglich der Blick und die Vorstellung davon, während sie da stand und die Stirn gegen das kühle Glas lehnte, das sich die Akademie geleistet hatte.
Wie lange sie so vor sich hinstarrte, wusste sie nicht. Nur, dass irgendwann ein Ruck durch ihren Körper ging und sie eine Entscheidung getroffen hatte. Mit dieser nickte sie sich selbst zu und steckte die Schriftrolle in ihren Gürtel, soweit hinten, dass der Überwurf ihres Oberteils sie leicht verdecken konnte. Sie würde sich nachher in Ruhe Zeit nehmen und darüber nachdenken, hatte sie beschlossen, um ausnahmsweise mal nichts zu überstürzen. Immerhin war dieses Schriftstück ein gewaltiger Trumpf, den sie nicht leichtfertig aus der Hand zu geben gedachte.
Danach atmete sie tief durch, straffte ihre Haltung und nahm auch den Rest der Treppe in Angriff, bis zu der Luke, die offenbar der Zugang zu dem gewählten Raum darstellte. Warum auch immer es so weit oben und abgeschieden sein sollte! Als ihr Kopf durch die Öffnung kam, hielt sie erst einmal unwillkürlich inne und nahm sich die Zeit, sich rasch umzusehen.
Wie schon im Aufgang war es hier eher dämmerig und Feuer kämpfte mit seinem Licht gegen die dunklen Wolken und dem Regenvorhang von draußen an. Durch die große Glasfront konnte sie jetzt auch hören, wie sehr das Nass herabprasselte, als hätte es sich monatelang zusammengestaut und wurde endlich durch geöffnete Schleusen erlöst. Der Raum selbst erinnerte sie an ein Studierzimmer, das ein oder andere Utensil kam ihr viel zu bekannt von ihrem eigenen Unterricht vor, was nicht gerade Begeisterung bei ihr auslöste.
Und dann entdeckte sie die zwei Personen, die bereits anwesend waren. Flüchtig runzelte sich ihre Stirn, als sie deren beinahe schon vertraute Haltung zueinander einzuordnen versuchte, da wurde sie schon direkt angesprochen. Unwillkürlich stellten sich die feinen Härchen in ihrem Nacken beim Klang seiner Stimme auf und ihr Herz machte einen unerlaubten Hüpfer, sodass sie die Lippen fester als nötig aufeinander presste, um sich wieder zu fassen. Da war es nur von Vorteil, dass er sich prompt wieder der Sarmaerin zuwandte, während sie, bedauerlicherweise nicht ganz so geschickt und elegant wie gewohnt, durch die Luke schob.
Schließlich aber stand sie in dem Raum und sah sich noch einmal um, auch, um Zeit zu schinden, ehe sie sich erneut mit dem Waldelfen befassen musste, der ihre Sinne so nachhaltig zu verwirren verstand. Solange, bis er sich direkt zu ihr begab und ihr einladend die Hand hinhielt, die sie dennoch zögerte, anzunehmen. Seine Worte waren freundlich und vermutlich lag es mehr an ihrer eigenen Gemütsverfassung, aber irgendwie... konnte sie nicht anders, als den Haken dahinter zu suchen.
Dadurch ließ sie sich anfangs stumm mitführen, während er weiter plauderte. Diesmal jedoch gab es eine Antwort... oder nun ja, hätte es gegeben, wenn er sein Interesse nicht sogleich wieder relativiert hätte. Jetzt runzelte sich ihre Stirn merklich und sie legte den Kopf leicht schief, als sähe sie ihn auf diese Weise zum ersten Mal, wie eine Nuss, die es zu knacken gelte. Oder wie früher ein möglicher Galan, den sie erst subtil darauf hatte aufmerksam machen müssen, dass er sie zu umschwärmen hätte wie der Rest ihrer Umgebung.
"Somit gehe ich recht in der Annahme, Stammbäume verstehen zu langweilen? Ein Wissen, das sich zu merken lohnt... für den passenden Zeitpunkt, nicht wahr?", gab sie eine Spur kühl zurück, in jener Tonlage, die es früher verstanden hatte, erst recht Interesse zu wecken.
Ehe sie sich im nächsten Moment ernsthaft empören musste. "Also bitte, ich bin vieles, doch gewiss kein Klotz!", beschwerte sie sich und entzog ihm endgültig ihre Hand nach dieser Beleidigung. Trotzdem hatte er sie inzwischen bis zu der Sitzgruppe geführt, um ihr dort einen Platz zu zuweisen.
Den sie prompt und äußerst demonstrativ ausschlug, ganz Adelige, die auf diese Weise ihr Missfallen auszudrücken verstand. Stattdessen stellte sie sich neben die Sarmaerin, sodass diese sich wohl unverhofft in der Mitte wiederfand, und nickte ihr mit einem angedeuteten, freundlichen Lächeln zu, setzte sich aber nicht hin.
Danach wurde ihre Miene wieder eine Spur kühler und sie legte eine Hand auf ihre Hüfte, während die andere auf ihrem Oberschenkel ruhte. Es war gar nicht so einfach, doch sein Verhalten half ihr durchaus ein wenig dabei, ihr Herzflattern unter Kontrolle zu halten. "Und welche Bedingungen wären das?", fragte sie somit auch konkret, ohne bislang näher auf ihre Ungelerntheit eingegangen zu sein, noch zu beantworten, ob sie daran überhaupt etwas ändern wollte. Und ob mit ihm...
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 22. Mai 2023, 09:23

Niemand schenkte dem Mädchen je Vertrauen. Wozu auch? Sie war eine Leibeigene gewesen, seit sie denken konnte. Man hatte ihr weder Selbstvertrauen noch einen eigenen Willen eingepflanzt oder bestehende Attribute keimen lassen. Ihr Leben verlief bisher nicht zu ihren Gunsten und dennoch behielt der kleine Keimling in ihrem Innern mit einem gewissen Trotz den Kopf oben. Kein Platttreten, kein Ausdörren oder Vergessen konnten ihren eigenen Willen brechen und so landete Madiha dort, wo sie nun stand. In einer Wasserakademie und einem fremden Elfen gegenüber, der ihr etwas vom Feuer erzählen wollte. Das Mädchen besaß zu wenig Weltsicht, um über diese Ironie vielleicht lachen zu können. Aber die Zuwendung, die Kjetell’o ihr scheinbar uneigennützig zuteilwerden ließ, die machte etwas mit ihr. Vorsichtig reckte der trotzige Keimling die Blätter empor und sonnte sich in der Aufmerksamkeit. Es war eine andere Form davon und Madiha hatte sie bisher nur selten wirklich erfahren. Eigentlich nur eine Handvoll Male, und immer war Caleb dabei gewesen. Nun – Madiha musste zugeben, dass auch Dunia ihr eine Form von Aufmerksamkeit geschenkt hatte, die das Kind der Wüste mit Fleiß und Hartnäckigkeit belohnen wollte. Alles, was die Heilerin ihr hatte beibringen wollen, sog Madiha auf, wie ein Schwamm. Auch wenn die Zeit zum richtigen Lernen viel zu kurz gewesen war, sodass ihre Künste in Lesen und Schreiben mehr schlecht als recht zu benennen waren. Doch das machte nichts. Madiha wurde nicht belächelt, dafür, dass sie eben nicht konnte, was man bisweilen von einem Mädchen in ihrem Alter erwartete. Der fremde Elf nahm sie, wie sie war. Und das war etwas, das Madiha durchaus aus ihrem Schneckenhaus herauslocken konnte. So fasste sie ein neues Vertrauen in sich selbst und sah sofort die Resultate anhand ihrer arkanen Macht. Es war ein schier wunderbares Gefühl, die Magie so zu nutzen und ganz gezielt auf sie zugreifen zu können. Der schwere, klebrige Knoten in ihrem Innern war gar nicht nötig. Er war nur der Anfang all dessen gewesen, wenn sie selbst nicht weiterwusste. Madiha aber brauchte nicht bis in den späten Abend zu üben, wie es beim Lesen und Schreiben der Fall gewesen war: Feuer lag ihr. Sie konnte instinktiv spüren, wie es als ein Teil von ihr durch sie hindurchfloss und mit jeder Übung, jeder Aufgabe seitens Kjetell’os, füllte sich ihr ganzes Selbst randvoll davon an. Es war großartig und beflügelte ihre Seele auf eine neue Art und Weise. Madiha spürte das Glück in sich und zeigte es durch ein Strahlen auf ihrem Gesicht. Trotzdem mahnte der Elf sie, dass sie zu üben hatte. Doch darin sah Madiha keine Schwierigkeit. Sie wollte lernen. Sie wollte üben und alles wissen, was er bereit wäre, ihr zu erklären. Madiha spürte einen immensen Drang, diese neue Welt zu erkunden. Mit eben jenem war sie schon immer gesegnet, doch jetzt, wo sie hier und dort mal den Finger in den Zuckertopf gestippt hatte, da wollte sie mehr – viel mehr. Sie wollte diese Wälder sehen. Sie wollte den Markt sehen, den Caleb beschrieb. Sie wollte Feuermagie lernen und sie wollte wissen, was hinter den großen Bergen war.

Madiha wollte alles wissen und in eben jenem Moment, in dem sie sich an einem Zylinder versuchte, hatte sie das Gefühl, nichts könne sie mehr aufhalten. Dabei war es überhaupt nicht schlimm, dass ihr der symmetrische Zylinder nicht ganz gelingen wollte. Zwar erhielt das Feuer, nachdem Kjetell’o ihr erklärte, was er meinte, die richtige Form, doch dass sie auch ebenmäßig war, war wirklich kniffelig. Immer wenn sie sich auf eine Seite konzentrierte, brach die andere wieder etwas aus. Doch das spornte sie nur noch mehr an und so experimentierte Madiha fleißig weiter und biss sich daran fest. Bis er ihr eine weitaus gewichtigere Frage stellte, die sie aufschauen ließ. Das Feuer in ihrer Hand wurde wieder eine harmlose Flamme, da sie den Fokus auf das Gesicht des Elfen legte. Madiha dachte darüber nach und nachdem sie ihre Antwort formuliert hatte, schien es, als wolle er etwas erwidern. Abwartend wollte sie seiner Antwort lauschen, als sie abgelenkt wurden. Das Mädchen sah zum Aufgang und erkannte den roten Schopf sofort. „Azura..“, meinte sie und lächelte sogar leicht. "Da ist ja meine zweite Schülerin! Schön, dass du uns so eilig aufsuchst. Bitte, Azura, komm doch herein und lass dich bei uns nieder. Ich wollte Madiha gerade eine gewichtige Frage stellen." Madiha kehrte mit ihrer Aufmerksamkeit ebenfalls zurück zum Elfen und runzelte leicht die Stirn. Sein Blick war mit einem Mal distanziert und unnahbar. MAdiha fühlte sich unbehaglich auf einmal und sie hielt dem Blick nicht lange stand. Unruhig flog er zur Seite, als er auf Azura traf, die hereinkam. Madiha war es gewohnt, entweder keine Aufmerksamkeit zu bekommen oder sie aber teilen zu müssen. Doch musste er sie gleich so ansehen, weil Azura den Raum betrat? Madiha verlor ein wenig den Mut, bis Kjetell’o begann zu sprechen: "Wenn du mich mit einem Feuerball angreifen müsstest, um Azura zu beschützen, würdest du es tun?“, sie klappte den Mund auf und sah ihn noch immer verwirrt an. Doch er hielt sie mit einer simplen Geste auf. "Halt, sprich noch nicht!“, sie gehorchte. Natürlich gehorchte sie. Bis sein Lächeln sein Gesicht wieder erwärmte und Madiha trotzdem fragend zurückließ. Was sollte das?
Das Mädchen hatte ein wenig den freudigen Glanz verloren, während sie ihre Flamme auf der Handfläche betrachtete. "Überlege. Tausche gedanklich die Personen aus. Mich angreifen, Azura retten? Azura angreifen und mich retten? Caleb angreifen...?", sie hob den Blick langsam wieder in sein Gesicht. Eine Sekunde lang, hatte Madiha das Gefühl, nur die Augen des Elfen zu sehen. Die Umgebung verschwamm, während in ihrem Innern ein ungutes Gefühl aufstieg, das er dann mit seinen nächsten Worten bestätigte: "... um Celcia zu retten?" Eins. Zwei. Drei… dann riss die Verbindung ihrer beiden Blicke ab und Madiha aus ihrem unguten Gefühl. Kjetell’o wartete keine Antwort ab, sondern kümmerte sich um Azura als hätte er nicht soeben Madiha’s winzige Welt ins Wanken gebracht. Das Mädchen sah in das Kaminfeuer, während sich Azura und Kjetell’o unterhielten. Seine Frage war nicht leicht zu verdauen und trotz ihrer ungebildeten Art, war Madiha nicht dumm. Sie wusste, dass die Frage nicht einfach so zu beantworten wäre – beziehungsweise… nicht für sie. Caleb war ihre Welt. Sie würde ihn nicht angreifen, um eine ihr vollkommen Fremde zu retten. Aber Madiha wusste, dass man nicht ein Schicksal über das von vielen stellen durfte. Und Madiha wusste auch, dass ihre Welt nichts bedeutete, wenn die Welt vieler in Gefahr wäre. Azura war es, die sie aus ihren Gedanken riss, als sie sich wegen irgendetwas echauffierte, das Madiha nicht mitbekommen hatte. Das Mädchen hob den Kopf, als sich Azura neben sie stellte und erwiderte das tatsächlich freundliche Lächeln, ebenso. Dann blickte auch das Graublau zurück zu Kjetell’o, der sich nun, durch Azura’s Platzwahl, einer Front gegenübersah. Musste Madiha ihm jetzt noch die Frage beantworten? Oder war es einfach nur, dass sie für sich darüber nachdachte? Noch immer hielt sie die Flamme in ihrer Hand, schloss dann aber ihre Finger darum und ließ sie erlöschen. MAdiha blieb auf ihrem Platz sitzen, musterte aber den Elfen ebenso wissbegierig, wie Azura, die wissen wollte, welche Bedingungen Kjetell’o an sie beide stellte. „Alles hat einen Preis, nicht wahr?“, murmelte sie ganz Kind aus Sarma, das bisher nichts umsonst bekommen hatte. Madiha zahlte stets einen Preis – sie kannte es gar nicht anders. Aber wenn es sich lohnte – so wie sie ihre Freiheit mit Narben bezahlte -, dann würde sie nichts aufhalten können.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Dienstag 23. Mai 2023, 13:18

Während Azuras Weg sie Stufe um Stufe den Turm empor führte, fand sie Zeit über Corax' Worte nachzudenken, ehe sie sich beide verabschiedet hatten. Ob sie dabei auch an seine Erklärung bezüglich Caleb dachte, wusste nur sie selbst. Ihr Rabe hatte wie jemand gegrinst, der sich über einen anderen amüsierte, ohne ihn kränken zu wollen. Denn so sah er van Tjenn und hatte ihn gar in Schutz genommen. "So ein absolut unerfahrener Mann denkt beim Anblick nackter Haut mit Spitzen garantiert nicht daran, dass du diese Blöße bedecken solltest. Du hattest Glück, wenn er überhaupt noch ein Wort formulieren konnte." Dann hatte Corax wehmütig geseufzt und fast neidvoll angefügt: "Wenn jegliches Denken sich plötzlich zentral sammelt und man nur noch diese Nähe möchte, selbst ohne das Glück zu kennen, das dahinter steckt."
Sein Gefieder hatte geraschelt und war schon wieder zum Überwurf eines Gewandes gewachsen, in das man seine Finger versenken wollte. Azura hatte darunter die Nuancen aller Regenbogenfarben gesehen, doch hätte man sie erst freilegen müssen. Jedoch könnte sie nachempfinden, wie die Sehnsucht ihres Raben aussehen musste, denn ohne ihr Zutun erinnerte sich ihr Geist an dieses Glücksgefühl von Hoffnung und Freude, das ihren Leib durchflutet hatte, nachdem Corax diese schwarzen Schwingen abgelegt und sein komplettes Äußeres zeitweise getauscht hatte. Seine Illusion hatte ihr nicht unbedingt gefallen, aber das Gefühl sehr wohl. Er sehnte sich ebenfalls nach Glück und nie zuvor bereute er die Tat seiner unterwürfigen Loyalitätsbeweise mehr. Umso sturköpfiger setzte Azura sich ein, ihm helfen zu wollen und sicher hätte sie noch weiter auf ihrer Idee herumgesponnen, mit Naturmagie neue Körperteile nachwachsen zu lassen, wäre ihr Gespräch nicht erneut in Richtung des andunischen Kapitäns geschippert. So erfuhr sie auch, dass Corax von dem Kuss zwischen ihr und Caleb wusste.
Sie setzte einen weiteren Schritt auf die nächste Stufe des Turmes empor und hörte ihre eigene Stimme in ihren Erinnerungen. "Du ... du weißt von ... von dem Ku ... Kuss...?" Sie erinnerte sich aber auch an Corax' Reaktion, die so seltsam durchwachsen gewesen war. "Mach dir keine Gedanken", hatte er gesagt und erneut gegrinst. "Ich hab Caleb schon eine dafür verpasst." Doch dann hatte er ja noch anfügen müssen: "Ich will nur, dass du glücklich bist ... und wenn das heißt, dass du andere küssen musst, dann..." Er würde sich immer zurückstellen, ob es ihm gefiel oder nicht. Er würde es immer akzeptieren, weil er glaubte, nichts verlangen zu dürfen. Er musste aus diesem Sklavendenken heraus, doch dies würde ein immens langer Weg werden, der viel Geduld erforderte. Corax hatte sein ganzes Leben lang eingetrichtert bekommen, auf welcher Stufe er stand und dass sein Wert für Celcia und seine Herrschaften gering war. Er hatte es hingenommen, so dass es ihm natürlich schwer fiel, inzwischen etwas Anderes zu sehen. Aber er befand sich bereits in einem Lernprozess. Er bereute seine Taten ... und er hatte van Tjenn eine Ohrfeige gegeben, weil er seine Azura mit den Lippen berührt hatte! Es ging bergauf ... gleichermaßen wie der Weg der Andunierin, aber endlich erreichte sie die Luke zum obersten Turmzimmer, in dem Kjetell'o und Madiha schon auf sie warteten.
Die Sarmaerin begrüßte sie nicht nur mit einem Lächeln und dem Ausruf ihres Namens. Über Madihas Hand schwebte gemächlich flackernd eine kleine Flamme, geschaffen aus ihrer eigenen, arkanen Kraft. Sie übte bereits damit und Kjetell'o beobachtete es. Nun, jetzt nicht mehr. Der Elf legte seine Schreibunterlagen beiseite, um sich der Luke zu nähern. In seiner freundlichen Art bot er Azura eine Hand an, damit sie es leichter beim Klettern hatte. Azura musste an sich halten. Allein der Klang seiner Stimme schaffte es, ihr Herz wilder beben zu lassen. Sobald Kjetell'o allerdings in ihrer unmittelbaren Nähe war, nahm sie auch wieder sein feines Aroma auf. Liebliche Vanille mit einem Hauch erfrischender Zitrone. Der Duft konnte beruhigen, zugleich aber auch anregend wirken. Er belebte in jedem Fall irgendein inneres Feuer der Isnpiration, das zugleich auch im Blick des Elfen funkelte. All diese goldenen, kleinen Sterne, die munter zwischen seinem Grün tanzten. Er besaß keien Juwelen als Seelenspiegel wie Corax, aber nicht immer mussten es Reichtümer sein, um die eigene Erfüllung darin zu finden.
Mit zusammengepressten Lippen gelang es Azura, sich von dieser Verlockung zu lösen - nicht zuletzt, weil Kjetell'o sich auch wieder Madiha zuwandte. Seiner Schülerin, wie er sie nannte. Die beiden hatten sich offenbar in irgendeiner Lektion befunden, zu der der Elf nun noch einige Worte abgeben wollte.
Azura hingegen ließ dies noch nicht zu. Sie schnappte Kjetell'os Anmerkungen auf, bekam sie allerdings in den falschen Hals und fuhr ihre Krallen aus. Feine, von einer Feile geschliffene Krallen, mit kleinen Diamantpigmenten besetzt, damit sie glänzten. Dennoch verbarg sich die Schärfe dieser Waffen nicht unter all den glänzenden Worten. "Somit gehe ich Recht in der Annahme, Stammbäume verstehen zu langweilen? Ein Wissen, das sich zu merken lohnt ... für den passenden Zeitpunkt, nicht wahr?"
Kjetell'os Blick huschte zurück zu Azura und traf sie wie ein gezielt abgefeuerter Pfeil. Sie konnte seinen scharfen Augen kaum ausweichen. Er fokussierte sie und blickte sie eine Nuance zu lange an. Dann aber lächelte er. "Mir sind alle Arten von Bäumen lieb, aber am interessantesten scheinen doch die jungen Zweige zu sein. Mit Knospen, deren Erblühen man erleben möchte." Er umrundete Madiha, um sich zu einer ihrer Seiten niederzulassen, so dass er zwischen den Frauen gesessen hätte, wäre Azura nicht neben der Sarmaerin stehengeblieben. Das drückte jedoch in keinster Weise auf Kjetell'os Stimmung, im Gegenteil. Mit Stolz wies er auf Madiha. "Schau, wie diese Knospe erblüht, Azura! Ich freue mich wirklich, so viel Potenzial zu sehen und wie es sich entfaltet." In einer längeren Atempause richtete sich sein Blick erneut auf die Adlige. "Dein Potenzial muss ich allerdings noch tiefer ergründen. Du wirkst so ... unbearbeitet, wie ein herausgeschnittener Holzklotz, an dem man noch schleifen muss."
"Also bitte, ich bin vieles, doch gewiss kein Klotz!"
Er lachte herzlich auf, wies Azura mit einem gehobenen Finger liebevoll zurecht. "Doch, doch ... und von einem Kundigen der Schnitzerei könntest du kein besseres Kompliment erhalten. Es bedeutet, dass er eine Vorstellung von deiner Schönheit besitzt und Teil sein will, sie zu formen. Er möchte dich mit seinen Händen spüren, all deine Maserung, die kleinen Unebenheiten so anpassen, dass ein Makel wie gewollt aussieht und dich nur noch mehr in Szene setzt. Holzschnitzer lieben Klötze - sie sind der Anfang von etwas Großem." Plötzlich stutzte Kjetell'o, winkte mit der Hand ab und schüttelte unter einem nicht enden wollenden Lächeln den Kopf. Er erhob sich, ging ein paar Schritte vor den Frauen auf und ab, blickte dabei nun aber aus der verregneten Fensterfassade hinaus in weite Ferne. "Ihr beiden...", murmelte er und drehte sich wieder zu Madiha und Azura herum. "Ihr seid euch eurer Wirkung auf andere gar nicht bewusst." Und damit wandelte sich die Stimmung nun doch etwas. Es wurde ernster. Kjetell'o setzte seine Lektion für Madiha fort, indem er ihr eine geistige Aufgabe stellte. Sie sollte entscheiden, wie weit sie mit ihrer Magie gehen würde. Könnte sie verletzen, um einen anderen zu retten und wenn ja, wen? Schließlich holte der Elf das Extrem heraus und hakte nach, ob sie Caleb etwas antun könnte, wenn es bedeutete, ganz Celcia zu retten. Er erwartete nicht sofort eine Antwort. Vielleicht ließ er es auch dabei bewenden und gab Madiha mehr als nötig Zeit. Immerhin musste sie hier eine schwer wiegende Entscheidung treffen und sei es nur in der Theorie. Kjetell'o leitete sie nicht nur magisch auf neue Wege. Er stellte ihr moralische Fragen und wusste scheinbar genau, wo er ansetzen musste, dass sie mit dem nötigen Ernst über diese nachdachte.
Madiha entschied sich, dem Elfen bereits jetzt zu antworten. Wahrscheinlich würde sich ihr Standpunkt auch nach Stunden des Überlegens nicht ändern. Caleb war ihre Welt. Könnte sie ihre eigene Welt zerstören, um eine andere zu retten? Eine, auf der sie ebenfalls leben müsste und die existieren und wohlauf sein musste, damit sie mit ihrer anderen Welt glücklich wäre. Instinktiv bemerkte sie, dass es keine simple Antwort auf diese Frage gab. Genauso wenig wie es irgendetwas gab, ohne eine Gegenleistung. Sie hätte es wissen müssen, dass selbst ein so zuvorkommender Elf wie Kjetell'o nicht uneigennützig handelte. Er stellte Bedingungen. Azura aber war es, die nach diesen Bedingungen fragte. Beide würden von ihm nichts lernen, wenn sie sich nicht an Vorlagen hielten, doch die Andunierin wollte diese zumindest vorab kennen. Das waren ihre Bedingungen.
Kjetell'o nickte. Er hatte nicht vor, hier nun ebenfalls den Geheimnisvollen zu spielen, auch wenn ihm das offenbar in die Wiege gelegt worden war. Allein in seinen Augen steckte so viel Mysteriöses, das man erkunden und entdecken wollte, dass sein Blick genügte, um Azura erneut die Knie weich werden zu lassen. Oh, wenn er jetzt nur irgendetwas verlangte und ihr im Gegenzug Unanständiges versprach, er hätte es erhalten. Wie sollte sie auf Dauer diesem Blick nur widerstehen können? Corax' Abwesenheit machte es nicht leichter.
"Und welche Bedingungen wären das?"
Alles hat einen Preis, nicht wahr?"

Der Elf blickte von einer jungen Frau zur anderen. Madiha lächelte er entgegen. "Leider ist das so, ja. Selbst Liebe kostet - einen Teil der eigenen Freiheit. Aber manchmal gewinnt man auch Ungeahntes dazu." Seine Augen flogen zu Azura zurück. Dann eröffnete er: "Meine Bedingungen sind einfach. Ich bin sicher, ihr beide werdet sie problemlos meistern können. Alles, was ich erwarte - nein, leider muss ich es fordern - ist ein vertrauensvoller Gehorsam eurerseits, wenn es um um euer Magiewirken geht." Er hob eine Hand. "Explizit das. Ich mache euch nicht zu Sklaven wie es unser kleiner Leidträger ist. Aber das wird er sich gewiss noch abgwöhnen." Er schmunzelte. "Ich möchte, dass ihr auf meine Erfahrung vertraut, selbst wenn eine Entscheidung zweifelhaft sein könnte. Bietet mir keinen Widerstand, wenn ich euch eine Aufgabe stelle, eure Magie einzusetzen. Rebelliert nicht, sondern handelt nach meinem Wunsch und ich kann euch versprechen, dass ich alles aus euch beiden herausholen werde, was euer Talent hergibt. Ihr werdet schimmern wie blank poliertes Holz. Und ich möchte euch fördern, das dürft ihr mir gern glauben."
Kjetell'o sank vor den Mädchen auf ein Knie herab. Es wirkte beinahe, als wollte er beiden sogleich einen Antrag stellen. Dann aber veränderte er seine Position, bis er vor beiden kniete, den Hintern auf seine Fersen abgesetzt. Er streckte ihnen jeweils eine Hand offen entgegen. "Möchtet ihr euch unter diesen Bedingungen zu meinen Schülerinnen erklären, euch fördern lassen und von mir lernen? Falls ja, dann ergreift meine Hand und ich binde uns unter einem Schwur auf das heilige Götterpaar aneinander. Ein Bruch brächte nur meine Enttäuschung mit sich, aber ich möchte euch bereits durch die Symbolik aufzeigen, wie ernst es mir ist. Bitte, habt Vertrauen ... auch in euch."
Draußen blitzte es und keine Sekunde später schluckte ein lang anhaltendes Donnergrollen das Echo von Kjetell'os Worten. Trotzdem hingen sie noch immer im Raum, warteten auf eine Reaktion, ebenso wie seine ausgestreckten Hände.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Azura » Dienstag 23. Mai 2023, 21:22

Noch immer hatte sie die Worte ihres Raben im Ohr und wie er zu erklären versucht hatte, wie ein Mann in gewissen Situationen... dachte. Leise und wenig damenhaft schnaubte sie und musste dennoch unwillkürlich fein grinsen. Denn war es nicht immer das gewesen, was sie mit ihren Kleidern und ihrem Auftreten hatte provozieren wollen?
Und trotzdem... dabei war sie stets zumindest angezogen gewesen und zwar vollständig! Nun ja... soweit, wie es ihre Generation schlussendlich definiert hatte. Nicht nur einmal hatte sie ältere Matronen darüber tuscheln hören, dass ihre Ausschnitte regelrecht obszön tief waren und nur mit großer Mühe beisammen hielten, was sie eingeschnürt hatte. Oh, waren das noch Zeiten gewesen!
Lautlos seufzte sie und schüttelte den Kopf, bemühte sich, nicht daran zu denken. Zu viel hatte sie verloren und ein Blick an sich herab reichte, um ihr das mehr als deutlich vor Augen zu führen. Nein, besser sie sah jetzt erst einmal nach vorn und beschäftigte sich nachher mit ihrer Erscheinung. Vielleicht fände sie ja einen Weg, Venthas Nerven soweit zu strapazieren, dass diese ihr noch einmal half... Und die Schriftrolle wäre ihr Köder! Ja, das klang nach einem Gedanken, auf dem sich aufbauen lassen könnte. Aber eben später erst!
Jetzt hingegen bewältigte sie die Treppe hinauf bis zu dem Turmzimmer und versuchte, sich innerlich davor zu wappnen, gleich wieder jenem Mann gegenüber zu stehen, von dem sie gedacht hatte, dass er... Fest presste sie die Lippen aufeinander und verdrängte auch diese Erinnerung lieber vorsorglich.
Also atmete sie noch einmal tief durch, dann stieß sie die Klappe auf und streckte ihren Kopf durch die Öffnung, um einen ersten Blick zu riskieren. Die Szene, in die sie geriet, musste sie erst einmal in sich aufnehmen, sodass sie den Gruß der anderen nicht sofort erwiderte. Doch das würde noch kommen, so viel Wandlung hatte sich bei ihr schließlich schon gefestigt.
Zuvor allerdings nahm ausgerechnet jener Mann, der ihre Sinne so verwirrte, ihre Aufmerksamkeit für sich ein, als er sich ihr näherte und ihr auf den letzten Zentimetern bis in den Raum hinein half. Sein Duft stieg ihr in die Nase und sie musste an sch halten, um ihre Augen nicht zu schließen und ihn tief in sich einzusaugen.
Was machte dieser Elf nur mit ihr?! Gerade erst hatte sie einem anderen ihre Gefühle gestanden und jetzt...? Wie gut, dass er sich abwandte und nicht ausschließlich um sie kümmern konnte, sodass sie sich wieder fangen konnte. Wenigstens ein bisschen! Ja, mehr noch, sie verstand es, seine Worte so auszulegen, dass sie ihre Unsicherheit und mögliche erneut aufgeflammte Schwärmerei für ihn in Empörung umzuwandeln.
Zwar meinte sie es nicht böse, sondern wollte es zum Auftakt eines kleines Kräftemessens werden lassen, so, wie sie es von früher kannte und auch mit ihrem Raben wohlweislich gepflegt hatte. Zugleich aber sollte es ihm auch zeigen, dass sie trotz seiner Hilfe und seiner Wirkung auf sie nicht glauben sollte, sie wäre nur ein kleines Mädchen, das sich einer männlichen Hand sofort fügen würde, wenn diese es verstand zu winken.
Seine Reaktion hingegen... ließ ihr einen Moment lang den Atem stocken. Dieser Blick, dieser funkelnde Pfeil, der sie prompt traf... Nein, er jagte ihr keine Angst ein oder wäre geeignet dazu gewesen, sie stiller und fügsamer zu machen. Im Gegenteil! Er wirkte wie eine Herausforderung und ließ ihr Herz schneller schlagen, brachte sie sogar dazu, unwillkürlich etwas härter zu schlucken.
Trotzdem erwiderte sie ihn und nach ihrer ersten körperlichen Reaktion war sie in der Lage, ihre Augenbrauen leicht anzuheben und das Kinn vorzurecken als Zeichen, dass er sie so gewiss nicht unterkriegen würde. Gleichzeitig straffte sie ihre Schultern und wünschte sich umso mehr im Stillen ihr altes Aussehen zurück.
Doch dann... war dieser Moment vorbei und sein Lächeln ließ ihn wieder so freundlich wie eh und je wirken, regelrecht harmlos. Fast schon... bedauerlich! Auch wenn sein Süßholzraspeln nett war, der andere Waldelf hatte ihr irgendwie... besser gefallen.
Azura blinzelte und schalt sich eine unverbesserliche Närrin, ehe sie bewusst Abstand zu ihm suchte und es bevorzugte, sich neben die Sarmaerin zu stellen, anstatt sich neben ihn zu setzen. Bei dieser Gelegenheit holte sie endlich die Begrüßung nach, die sie ihr noch schuldig war. Kurz lächelten die Zwei sich an, ein Anblick, über den sich ein gewisser Kapitän bestimmt außerordentlich gefreut hätte.
Daraufhin forderte der Hahn im derzeitigen Korb wieder die Aufmerksamkeit ein und lobte die andere. Ihre Augenbrauen wanderten erneut ein kleines Stück nach oben und sie fragte sich, ob er damit mehr bezwecken wollte. Das hätte allerdings zu weiteren Gedanken geführt, die absolut abstrus gewesen wären und die sie nicht hegen durfte. Also beschloss sie, eine mögliche versteckte Botschaft dahinter nicht suchen zu wollen. Stattdessen streifte sie die Sarmaerin mit ihren Fingern an der Schulter wie ein kühler, feuchter Hauch.
"Eine Wüstenblume braucht viel Potential, um es bis zum Erblühen überhaupt schaffen zu können.", erwiderte sie genauso lobend und tat dennoch gleichzeitig so, als fiele ihr jetzt erst das herannahende Gewitter auf, das immer mehr vom letzten Rest an Tageslicht verschluckte. Man musste es schließlich mit der Annäherung nicht gleich übertreiben!
Ohnehin schaffte der Mann es mit Leichtigkeit, ihre Konzentration auf sich zurück zu lenken und dieses Mal musste sie nirgends in sich graben, um sich über seine Formulierung zu echauffieren. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte beleidigt, als er zu lachen begann. Schließlich wandte sie sogar den Kopf demonstrativ und mit einem leisen, empörten Laut ab, als wolle sie gar nicht mehr zuhören.
Was ihr jedoch nicht gelang. Es wurde sogar noch schlimmer, denn hinter ihren gesenkten Lidern konnte sie sich bei seinen Formulierungen ganz andere Dinge vorstellen, die dafür sorgten, dass sich ihre Wangen zart rosé färbten. Oh, was machte er nur mit ihr?! Wieso konnte er es nicht sein lassen mit seinen Anspielungen, die ihre Phantasie auf eine Weise beflügelten, die sie sich tunlichst abgewöhnen sollte?!
Mit einem lautlosen Seufzen schloss sie die Augen und bemühte sich, an Corax zu denken, um endlich davon wegzukommen. Doch anstatt, dass es dadurch einfacher für sie werden würde... machte es alles nur noch schlimmer, denn damit weckte sie ihr schlechtes Gewissen ihm gegenüber. Fest presste sie die Lippen aufeinander und versuchte, wenigstens durchzuatmen und dadurch etwas klarer im Kopf zu werden.
Dadurch verpasste sie einen Teil seiner Reaktion, bis er plötzlich vor ihnen stand und eine neuerliche Behauptung aufstellte. Ein weiteres Mal kam ihr ein leises Schnauben über die Lippen und der Hauch eines Grinsens huschte über ihre Lippen. "Oh ja, als ob ich meine Wirkung noch nie hätte einsetzen können...", nuschelte sie in sich hinein und war einen Moment lang tatsächlich darüber amüsiert.
Solange, bis er sich wieder ihnen beiden zuwandte und sein Vorhaben aussprach. Eines, das selbstverständlich in ihr sofort die Skepsis weckte, die sie auch prompt aussprach. Sie erhielt ein leises Echo, sodass auch sie kurz zu der anderen sah. Die Antwort darauf jedoch... ließ sie zurück blicken und den Kopf leicht schief legen, weil es auch bei ihr ein Nachdenken anregen könnte. Zumindest dann, wenn er sie mit seinem Blick nicht gleich wieder davon abgelenkt hätte.
Gerne wäre sie darin versunken, wenn seine Worte nur dazu gepasst hätten. Aber da sie es nicht taten, sondern vielmehr dazu angetan waren, erneut ihren Hang zur Rebellion zu wecken, konnte sie ihm widerstehen... dieses Mal! Wie von selbst wanderten ihre Hände zu ihrer Mitte und sie stemmte diese in ihre einst so berückend schmale Taille, die einen solch vorteilhaften Kontrast zu ihrer üppigen Oberweite gebildet hatte. Mit gerunzelter Stirn beobachtete sie ihn, wie er vor ihnen auf ein Knie sank und so tat, als hätten sie dem Ganzen bereits zugestimmt und wären bereit, ihm den geforderten Gehorsam zu versprechen, um von ihm zu lernen.
Just in diesem Atemzug blitzte es draußen derart heftig, dass das Zimmer für einen Lidschlag lang taghell erleuchtet war. Ihr Kopf ruckte zu der Fensterfront und der Donner wäre ohrenbetäubend gewesen, wäre er durch das teure Glas nicht gedämpft worden. Unwillkürlich musste die junge Frau leise kichern, denn sie glaubte fest daran, dass dieses Wettergeschehen kein Zufall war. Natürlich hatte ihre Göttin des Wassers viele Gläubige, die ihre Aufmerksamkeit ersehnten, erbettelten und manchmal auch erhielten. Und dennoch... glaubte Azura noch immer daran, dass sie keine unter vielen war, sondern immer wieder den Fokus auf sich ziehen konnte.
"Mir scheint, da protestiert jemand.", murmelte sie und richtete schließlich ihren Blick zurück auf den Knienden. In ihren Augen funkelte es amüsiert und herausfordernd zugleich und ihre Lippen waren zu einem feinen Schmunzeln geformt, das früher einen äußerst verlockenden Anblick geboten hatte. Wie es hingegen jetzt sein mochte... daran dachte sie derzeit nicht. "Und ich schließe mich dem an. Gehorsam war noch nie etwas, das... in meiner Natur lag."
Sie ließ das kurz sacken und warf einen weiteren Blick hinaus, um danach zurück zu ihm zu sehen. "Außerdem würde das deinen Unterricht langweilig machen, mehr noch, als wenn ich von meinem Stammbaum anfange zu plaudern und Zweig für Zweig bis in die kleinste Verästelung aufzählen würde."
Sie trat einen Schritt vor und beugte sich zu ihm, um dieses Mal von sich aus einen näheren Augenkontakt zu ihm zu suchen. "Vielleicht wird es auch für dich Zeit, dich neu... schnitzen und Rebellion zu zulassen. Heißt es nicht oft, erst der Disput belebt?", raunte sie ihm mit einem Abglanz jenes Timbres zu, das sie früher oft genug genutzt hatte, um einen neuen Galan endgültig um den Finger wickeln zu können.
Noch einen langen Atemzug blieb sie so stehen, dann richtete sie sich wieder auf und trat zurück an die Seite der anderen. Dabei zuckte sie mit den Schultern, als hätte sie nicht gerade versucht, mit ihm zu verhandeln und ihn zugleich für sich einzunehmen. "Und ein bisschen Entstauben wäre sicherlich nicht verkehrt, nicht wahr?", setzte sie noch hinzu, wenngleich sie in seinem Fall noch nichts von seinem wahren Alter wissen konnte. Allerdings... er wirkte älter, reifer als ihr Rabe und demzufolge hätte sie sich nun auch noch einen Urgroßvater... oder einen mit noch mehr Ur davor ausgesucht, um sich von ihm den Kopf verdrehen zu lassen.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Mittwoch 31. Mai 2023, 23:00

Kjetell’o verlangte von Madiha einiges. Das Mädchen, das bisher nichts wahrlich besessen hatte, sollte nun überlegen, ob es etwas aufgeben würde, von dem sie gerade erst anfing zu glauben, dass es ihr gehören könnte. Schon sehr früh hatte Madiha dem Dieb aus Sarma mit andunischen Wurzeln alles geschenkt, was sie hatte. Ihr Herz gehörte ihm und das aufrichtig und mit jeder Faser ihres Seins. Maßhalten kannte sie nicht. Ebenso wenig das durchaus anregende Spiel, mit der Zuneigung zu kokettieren, wie es Azura einstweilen gewohnt gewesen war. Davon kannte sie nichts, aber das schmälerte ihre Gefühle mitnichten. Madiha dachte noch über Kjetell’os Frage nach, während sich der Elf und die Andunierin aneinander rieben. Azura fuhr in altbekannter Manier die Krallen aus und trotzdem bekam das Mädchen nichts davon wirklich mit. Erst als Kjetell’o neben ihr wieder auftauchte und enthusiastisch berichtete, wie schnell sie fortschritte machte, wechselte Madiha Blicke mit beiden. "Schau, wie diese Knospe erblüht, Azura! Ich freue mich wirklich, so viel Potenzial zu sehen und wie es sich entfaltet." stirnrunzelnd blickte Madiha in das Gesicht des Elfen. Sie vermutete sogar, Spott darin zu erkennen, doch musste sie feststellen, dass er scheinbar aufrichtig war. Nun nahm auch Azura ihren Platz neben ihr ein und überraschte Madiha tatsächlich am meisten: "Eine Wüstenblume braucht viel Potential, um es bis zum Erblühen überhaupt schaffen zu können." Beide Augenbrauen wanderten in die Höhe und Madiha musterte Azura. Irgendwie hatte sie das Gefühl, beleidigt worden zu sein, doch konnte sie im Gesicht der anderen nichts davon ausmachen. Vermutlich war sie einfach viel zu sehr gewohnt, dass die andere kein nettes Wort oder überhaupt ein Wort für sie übrighatte, sodass so viele auf einmal sie bereits verwirrten. „Ehm… danke?“, ließ sie leise verlauten, doch ging das Thema bereits weiter und Kjetell’o erwähnte das Potenzial von Azura. Dass er sie mit einem Klotz verglich, ließ Madiha leicht das Gesicht verziehen, denn sie ahnte bereits, dass ihr das ganz und gar nicht schmecken würde. Und so fiel auch die Reaktion aus, die sie erwartet hatte. Obgleich der andere Elf sehr wohl mit Worten umzugehen verstand und ihr sogleich ein neues Kompliment machte. Madiha wechselte lediglich Blicke. Die Art zu sprechen war für sie schwer zu verstehen. Zweideutigkeiten, Subtexte und Sarkasmus, waren für das Mädchen noch Neuland und so drifteten ihre Gedanken wieder zu der Frage ab. Würde sie Caleb opfern, um Celcia zu retten? Doch erneut wusste Kjet, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Denn gerade sprach er davon, sie lehren zu wollen, solange sie ihre Bedingungen akzeptierten. Madiha horchte auf. Azura hingegen setzte ein bezeichnendes Gesicht auf und Madiha ahnte bereits, dass die einstige Schönheit nicht im Traum daran dachte, diese Forderung zu erfüllen. Sie hingegen sah auf das ebenmäßige Gesicht des Elfen, der nicht mit seinem Preis hinter dem Berg hielt: "Meine Bedingungen sind einfach. Ich bin sicher, ihr beide werdet sie problemlos meistern können. Alles, was ich erwarte - nein, leider muss ich es fordern - ist ein vertrauensvoller Gehorsam eurerseits, wenn es um um euer Magiewirken geht. Explizit das. Ich mache euch nicht zu Sklaven wie es unser kleiner Leidträger ist. Aber das wird er sich gewiss noch abgewöhnen.“ Madiha schlug den Blick nieder und sah aus dem Fenster. Sie erinnerte sich an die Schönheit der Welt und was sie alles hatte erkennen können, nur weil sie Kjetell’o bis hierher gefolgt war. Caleb glaubte, dass der Elf zwar nicht uneigennützig aber im besten Sinne handelte. Seine Menschenkenntnis war vielleicht um einiges vertrauenswürdiger als ihrer, denn Madiha hatte selten erlebt, dass der Preis angemessen war. Der Elf jedoch sprach noch weiter und lenkte ihren graublauen Blick zurück zu ihm. "Ich möchte, dass ihr auf meine Erfahrung vertraut, selbst wenn eine Entscheidung zweifelhaft sein könnte. Bietet mir keinen Widerstand, wenn ich euch eine Aufgabe stelle, eure Magie einzusetzen. Rebelliert nicht, sondern handelt nach meinem Wunsch und ich kann euch versprechen, dass ich alles aus euch beiden herausholen werde, was euer Talent hergibt. Ihr werdet schimmern wie blank poliertes Holz. Und ich möchte euch fördern, das dürft ihr mir gern glauben." plötzlich aber sank er auf eines seiner Knie und erntete einen fragenden Blick seitens der Sarmaerin. "Möchtet ihr euch unter diesen Bedingungen zu meinen Schülerinnen erklären, euch fördern lassen und von mir lernen? Falls ja, dann ergreift meine Hand und ich binde uns unter einem Schwur auf das heilige Götterpaar aneinander. Ein Bruch brächte nur meine Enttäuschung mit sich, aber ich möchte euch bereits durch die Symbolik aufzeigen, wie ernst es mir ist. Bitte, habt Vertrauen ... auch in euch."

Stille breitete sich in Madiha aus, wo die Rebellion in Azura weiterwuchs. Madiha war ohnehin wieder erheblich still geworden. Vielleicht lag es an der Adeligen und der seltsamen Stimmung zwischen ihr und dem Elfen, oder aber an der Frage, die Kjet ihr gestellt hatte. Doch Madiha betrachtete Kjetell’o, der derzeit nur Azura betrachtete. Die Adelige verschaffte Madiha noch Zeit, bevor auch sie etwas sagen sollte. "Mir scheint, da protestiert jemand. Und ich schließe mich dem an. Gehorsam war noch nie etwas, das... in meiner Natur lag. Außerdem würde das deinen Unterricht langweilig machen, mehr noch, als wenn ich von meinem Stammbaum anfange zu plaudern und Zweig für Zweig bis in die kleinste Verästelung aufzählen würde." Madiha rollte mit den Augen und rutschte etwas zurück, um der Bewegung der Adeligen etwas Platz zu machen. Jene beugte sich soeben leicht vor und war noch nicht fertig. "Vielleicht wird es auch für dich Zeit, dich neu... schnitzen und Rebellion zu zulassen. Heißt es nicht oft, erst der Disput belebt?“ Madiha aber erhob sich und schaffte Abstand zu den beiden anderen. Was auch immer Azura da trieb und vorhatte, sie selbst musste ebenfalls eine Entscheidung treffen und eben jene trieb sie zu den Fenstern hinter denen Ventha offenbar zürnte. MAdiha blickte nachdenklich auf die Welt dort zu ihren Füßen und dachte über die Worte des Elfen nach. Er versprach ihr Wissen. Im Gegenzug aber einen Gehorsam, der in ihr Ablehnung auslöste. Er sprach sogar selbst von Sklaven, die er nicht aus ihnen würde, machen wollen. Doch konnte sie ihm versprechen, niemals ihre Stimme gegen etwas zu erheben, das er befehlen würde? Ihr ganzes Leben lehnte sie sich auf… konnte sie denn etwas anderes sein? Madiha war hin und hergerissen. Es blieb unbenommen, dass sie lernen wollte. Der Erfolg war nicht von der Hand zu weisen und hatte ihren Hunger nach weiterem angefacht. "Und ein bisschen Entstauben wäre sicherlich nicht verkehrt, nicht wahr?",, setzte Azura noch einen drauf und erreichte damit auch, dass Madiha sich wieder umdrehte.
Noch immer hatte sie kein Interesse daran, das Spiel der anderen mitansehen zu müssen. Man sah ihr die Unsicherheit an. Einen Zwiespalt, den das Leben sie gelehrt hatte. Nachdem Azura ihre Scharade beendet hatte, räusperte sich das Kind der Wüste etwas und trat an Kjetell’o heran. Ihr Blick lag aufrichtig auf ihm und sie wartete, bis er diesen erwidern würde. „Ich…“, begann sie zögerlich und warf Azura kurz einen Seitenblick zu. „Ich möchte lernen.“, gestand sie und unterstrich damit nur, was sie bereits gezeigt hatte. „Ich möchte das wirklich. Endlich habe ich das Gefühl…“, sie wurde leiser. Mit einem Mal war es ihr unangenehm, doch sie räusperte sich neuen Mut zu. „…etwas zu können.“, sie wurde rot und sprach schnell weiter: „aber ich habe mein ganzes Leben… damit verbracht, den Bedingungen anderer zu folgen.“, ihre Miene wurde verschlossener. Das Leben hatte sie vorsichtig werden lassen. „Darf ich darüber nachdenken?“, fragte sie und sah zu der kleinen Luke. „Ich weiß nicht, ob ich das einfach so versprechen kann.“, gestand sie noch und hatte mit einem Mal das Bedürfnis, mit Caleb zu sprechen. Sie wollte seine Meinung hören und brauchte seinen Rat. „Das eine gibt es nicht ohne das andere?“, fragte sie noch mal genauer nach und man konnte durchaus erkennen, dass sie ein wenig resigniert wirkte. Madiha zahlte stets einen Preis. Aber konnte sie das dieses Mal auch?
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 1. Juni 2023, 13:31

Für Azura war der Umgang mit Kjetell'o ein Wechselbad der Gefühle und so ganz konnte sie noch nicht einschätzen, wie sie eigentlich zu dem Elfen stand. Es ließ sich nicht leugnen, dass sein Äußeres eine unheimliche Anziehung auf sie ausübte. Sein Blick, sein Duft, jede seiner fließenden Bewegungen besaß ihren Reiz. Wäre es allein um die Oberflächlichkeiten gegangen, hätte er haushoch gegen jemanden wie Corax gewonnen. Da halfen nicht einmal die schönen Rubinaugen ihres Raben über Fakten hinweg, dass er optisch mindestens so stark litt wie Azura, wenn nicht sogar mehr. Sie mochte verwelkt aussehen und sicherlich auch einen gewissen, neuen Eigengeruch entwickeln haben, aber sie besaß noch alle Extremitäten. Ihr fehlten weder ein Arm, noch ein Zeh oder ... Fortpflanzungsorgane. Allein das wäre in ihren gesellschaftlichen Kreisen ein Grund, Corax als potenziellen Freier auszuschließen. Was sollte eine junge Adlige mit einem Mann an ihrer Seite, der für keinen Erben sorgen könnte? Er war dadurch nahezu nichts mehr wert und Andunier dachten hierbei sogar weniger auf der menschlichen Ebene. Ihnen ging es um Kontakte und Geschäftsbeziehungen. Diese konnte man nicht festigen, wenn man seinen Stammbaum bereits am ersten Zweig kappen musste, weil nicht eine Blüte knospen wollte. Wie es um Kjetell'os Libido stand, konnte Azura jedoch nicht sagen. Er besaß seinen Reiz, es herausfinden zu wollen. Andererseits hatte sie Corax gerade erst aufrichtig ihre Gefühle gestanden und wollte ihn im Grunde auch gar nicht betrügen. Zumal der Waldelf sich auf verbaler Ebene nur bedingt mit ihrem Raben messen konnte. Er besaß die Gabe, mit einem Blick sofort ihren Schoß in Wallung zu versetzen, aber er konterte nicht so spitzzüngig wie ihr liebster Grauschelm. Er schien lieber am Rand der Tribüne zu stehen, auf der Azura und Corax sich regelmäßg Bälle aus kleinen Neckereien zuwarfen, nur um am Ende in Leidenschaft übereinander herzufallen. Oh, wie lange hatte sie keine Freuden dieser Art mehr erleben dürfen und wie seltsam es doch war, sich so sehr danach zu sehnen, wo sie vor den heißen Quellen doch ein ganzes Leben lang hatte durchbringen können, ohne auch nur wahrlich daran zu denken. Jetzt kreiste ihr Geist ständig um die hormonell getriebenen Gedanken, dass es fast schon anstrengend war. Dabei musste sie sich konzentrieren! Jetzt ging es nicht darum, einen Mann um den Finger zu wickeln. Es ging ausnahmsweise um etwas Anderes. Es ging um Magie ... und Bedingungen.
Madiha hatte ebenfalls zu kämpfen. Sie hing jedoch immer noch der Frage nach, ob sie bereit wäre Caleb zum Wohle Celcias zu opfern. Nichts in dieser Welt schien ohne Bedingungen zu funkionieren außer ihrer Liebe zu dem gebürtigen Andunier. Madiha war bereit, ihm alles von sich zu geben, sich ihm vollkommen hinzugeben mit Leib und Seele. Es war fast schon eine Abhängigkeit und Selbstaufgabe, die sie Caleb da anbot und wäre er aus einem anderen Holz geschnitzt - um Kjetell'os Metapher noch einmal aufzugreifen - würde er die Verliebtheit des Wüstenmädchens eiskalt ausnutzen. Aber Caleb war nicht so, überhaupt nicht und das allein wurde Madiha nun zum Verhängnis. Sie fand keine Antwort, weder auf den Konflikt Celcia zu retten und Caleb zu opfern, noch auf die Bedingungen, die Kjetell'o stellte. Tatsächlich handelte es sich im Grunde nur um eine einzige: Er erwartete in Sachen Magieanwendung absoluten Gehorsam, sowohl von ihr als auch von Azura.
Die Adelstochter der van Ikaris ließ sich darauf natürlich nicht ein. Sie begehrte bereits auf, ohne überhaupt erlebt zu haben, was Kjetell'o an Wassermagie alles aus ihr hervorlocken könnte. Madiha hingegen spürte noch immer die Wärme ihrer eigenen Kräfte unter den Fingerspitzen. Sie schien nun in regelmäßigen Intervallen dorthin zu fließen, in Erwartung erneut herausbrechen zu dürfen. Es fühlte sich an wie ihr Pulsschlag, nur war er von Wärmeschüben durchdrungen. Konzentrierte sie sich darauf, konnte sie ihre Magie fast atmen fühlen mitten in sich selbst. Bei Azura war es anders. Sie ließ sich vom peitschenden Wasser der Regentropfen treiben, die gegen das Fensterglas schlugen. Andunies aufgewühlte Küste und das anhaltende Gewitter über ihren Köpfen türmten im Geist der Andunierin ebenfalls die Wogen auf. Zwar ließ sie keine Flutwelle über Kjetell'o hernieder, aber sie gab ihm doch unverblümt zu verstehen, was sie davon hielt, anderen Gehorsam zu leisten. Und wo sie aufgebehrte, bereit für Diskussionen war, da zog sich die Wüstenblume etwas zurück.
"Vielleicht wird es auch für dich Zeit, dich neu zu ... schnitzen und Rebellion zuzulassen. Heißt es nicht oft, erst der Disput belebt?"
Kjetell'o lächelte Azura entwaffnend entgegen, aber sie gewann zumindest das Blickduell, denn der Elf brach den Augenkontakt ab. Nachdenklich schaute er zu Boden, bis sich seine Lider über das vergoldete Waldgrün senkten und er in sich selbst hinein horchte. Ein feines Schmunzeln breitete sich dabei auf seinen Zügen aus. Er sah so ruhig aus, so friedlich. Man wollte sich am liebsten zu ihm legen und sich von dieser Idylle auf seinen Zügen streicheln lassen, den Duft seines Körpers einatmen. Dann war der Moment vorbei. Der Elf nickte und öffnete die Augen. Offenbar hatte er eine Antwort für sich gefunden, kam aber noch nicht dazu, sie mitzuteilen. Azura teilte weiterhin aus.
"Und ein bisschen Entstauben wäre sicherlich nicht verkehrt, nicht wahr?" Corax hätte gekontert. Beide hätten sich gegenseitig angeheizt, beleidigt, gereizt und schließlich entweder verärgert voneinander abgewandt oder direkt wild geküsst. Am Ende wäre es auf leidenschafltiche Versöhnung hinausgelaufen. Kjetell'o aber war nicht der Rabe und so ließ er sich auf Azuras kleine Provokationen gar nicht ein, wie sie es erwartete. Er lachte nur auf über ihre Worte, ohne sie zu verspotten. Er schien wirklich amüsiert über das, was sie sich herausnahm. Dann neigte er den Kopf. Nur sein Mundwinkel blieb gehoben, dass ein schiefes Schmunzeln entstand. "Das klingt fast so, als hältst du mich für alt. Du bist vielleicht erstaunt, wenn ich dir sage, dass ich selbst vielleicht gerade meine Reife hinter mir habe. 139 Jahre sind noch kein Alter für einen Elfen." Er lächelte mild. "Es kommt wohl der Vernunft eines Menschen im besten Mannesalter gleich ... wenn er erkennt, dass er sesshaft werden und sich um eine Familie kümmern sollte." Etwas stand im Raum und schwieg über Kjetell'os Worte hinweg, während er Azura viel zu lange musterte. Dann aber wandte er den Blick von ihr ab und erhob sich.
"Ich ... Ich möchte lernen." Sein Blick huschte zu Madiha, die sich endlich wieder am Gespräch beteiligte. Er nickte ihr zufrieden zu. Es war eine stumme Versicherung, dass er sie lehren würde, damit sie dieses Ziel erreichte. Damit sie ihren Wunsch erfüllen könnte, aber noch immer standen die Bedingungen ebenfalls im Raum und sie erwarteten eine Reaktion - auch von ihr. "Ich habe mein ganzes Leben ... damit verbracht, den Bedingungen anderer zu folgen. Darf ich darüber nachdenken? Ich weiß nicht, ob ich das einfach so versprechen kann. Das eine gibt es nicht, ohne das andere?"
Kjetell'o ließ seinen Blick nun über beide potienziellen Schülerinnen gleiten und erstmals funkelte das Gold darin fast mit einer Spur Bedauern. Außerdem seufzte er, was er bisweilen nicht einmal getan hatte. Es passte auch nicht zu ihm. Es gab ihm eine seltsame Note, die seine Ruhe und Zuversicht störte. Doch offensichtlich beschäftigten auch diesen geheimnisvollen Elfen Dinge, die er nicht jedem offen preisgab.
Er breitete die Arme ein wenig aus, als er beiden Frauen eröffnete: "Ich wünschte, es wäre anders. Ich bin ebenfalls kein Freund davon, mich an Bedingungen und Regeln zu halten." Da war es wieder, sein seichtes Schmunzeln. Es stand ihm besser. "Aber um nochmal auf das Entstauben zurückzukommen: Das ist bereits geschehen, vor Jahrzehnten schon und es hat mich reifen lassen. Es hat mir aufgezeigt, dass man manchmal nicht um Bedingungen und Regeln herum kommt. Dass man sich Verantwortung stellen muss, zum Wohl von größeren Dingen. Zum Wohl aller." Er ließ die Worte sacken, nur um sie anschließend mit einem Augenaufschlag beiseite zu wischen. Er wandte sich zunächst an Madiha: "Wir haben heute viel gelernt und sicher möchtest du zu deinem Kapitän zurückkehren. Das kannst du tun. Ich entlasse dich aus der heutigen Lektion. Denke über deine Entscheidung nach und teile sie mir bei unserem nächsten Zusammentreffen mit. Ich ..." Er dehnte das Wort, ließ seinen Blick zu Azura wandern und trat schließlich an ihre Seite, als wollte er ihre Hand ergreifen. Irgendetwas hielt ihn davon ab, mutmaßlich seine eigenen Überlegungen. "Ich will euch entgegenkommen, soweit es mir möglich ist. Daher ändere ich meine Bedingung. Seid frei. Lernt von mir und diskutiert mit mir. Halten wir den Unterricht ... lebendig." Gold blitzte aus dem Wald seiner Iriden noch einmal zu Azura herüber, ehe es wie ein quirliges Glühwürmchen in Madihas Richtung flatterte. "Aber es wird der Moment kommen, in dem ich euch absoluten Gehorsam werde abringen müssen. Warum? Weil es nicht anders gehen wird. Ich kann, darf und will euch dazu noch nicht mehr sagen, denn es könnte alles verändern und das ... darf nicht geschehen. Nicht jetzt." Er verstummte kurz, unschlüssig, wieviel er noch erzählen sollte. Schließlich rang er sich zu weiteren Worten durch, die einen Ernst über alles legten, dass sogar das Gewitter draußen für diese Zeit den Atem anzuhalten schien. "Es geht um Leben Unbeteiligter, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren und für die wir - ich - nun das richtige tun muss. Und das könnte bedeuten, dass schwere Entscheidungen getroffen werden müssen. Ich werde sie euch abnehmen, ebenso wie jegliche Konsequenz, aber dafür müsst ihr in einem Moment eures Lebens - einem einzigen nur - zwingend auf meine Order hören und sie ausführen. Wenn ihr dazu nicht bereit seid, dann ... trennen sich unsere Wege, so sehr ich es bedauern würde. Aber ich kann in diesem Fall keine Zeit für Aufmüpfigkeit aufbringen, wenn es um Leben und Tod geht." Seine Augen hefteten sich an Azura. Sie waren fest, entschlossen. Er würde sich hierbei wahrlich auf keine Rebellion einlassen. "Für niemanden." Erneut seufzte Kjetell'o, dass man ihn am liebsten dafür geschlagen hätte, nur damit er es beendete. Melancholie stand ihm ganz und gar nicht. Es hielt glücklicherweise nur sehr kurz an. Schon strahlte er erneut die Zuversicht aus, mit der er Madihas Magie zum Brennen und Azuras Herz zum Flattern bringen konnte. "Denkt darüber nach und verzeiht mir, dass ich kryptisch bleiben muss." Mit einem Nicken wollte er Madiha nun endgültig aus dem Unterricht entlassen. Im letzten Augenblick hielt er sie aber noch einmal zurück. "Madi! Leben stehen auf dem Spiel, aber Caleb wird es nicht betreffen. Es geht hier nicht um eine Entscheidung zwischen ihm und Celcia." Dann ließ er das Wüstenmädchen gehen.
Azura hingegen sollte noch bleiben. Er winkte ihr, ihm zu folgen, während er sich zurück zum Kachelofen begab und dort niederließ. Seine Hand wanderte an den Gürtel. "Natürlich hast auch du Bedenkzeit. Ich werde dich jedoch keine Wassermagie lehren, ehe deine Entscheidung gefallen ist. Was ich aber tun möchte, ist, mit dir über diese Perlen zu sprechen." Er löste ein Beutelchen von seinem Gürtel. Es war das Behältnis aus dem Stoff ihres eigenen Kleides. Jener kleine Beutel, den Corax gefertigt hatte und mit dem roten Band zusammenhielt, das sie aus seinem Herzen im Traum gezogen hatte. Azuras Lachen klimperte hell wie das von Kindern aus dem Inneren des Beutels, als dort die Tränenperlen aneinander prallten. "Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich glaube, diese Perlen sind Fragmente deiner Seele. Das bedeutet, sie müssen zu dir zurück, damit du wieder ... vollständig bist. Und ich habe das Gefühl, sobald dies geschehen ist, kannst du auch diesen äußerlichen Fluch von dir werfen. Es lässt sich vielleicht mittels eines Rituals lösen, aber dazu benötige ich mehr Informationen ... über dich, deinen Zustand und wie es dazu kam. Corax hat ein paar Dinge erzählt, doch ich möchte es auch von dir hören. Bist du bereit, dich mir zu öffnen, um deiner selbst Willen?"
Er lächelte sacht. "Glücklicherweise sind daran keine Bedingungen geknüpft, gegen die du rebellieren müsstest. Obwohl ich diesen Trotz an dir durchaus schätze. Es macht dich ... kämpferisch."
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Donnerstag 1. Juni 2023, 21:24

Jeder hätte wohl Verständnis aufbringen können, wenn Madiha herbe Schwierigkeiten damit gehabt hätte, Vertrauen zu fassen. Doch das, was sie am Leben hielt und ihre Seele freier machte, als andere Sklaven war eben, dass sie nicht gebrochen worden war. Man hatte es versucht – redlich versucht – aber Madiha hatte standgehalten. Das Mädchen verlor sich nicht in einer Lethargie und sie glaubte nach wie vor daran, dass das Leben auch für sie etwas bereithielt. Und sie wurde nicht enttäuscht: Ihr Trotz erhielt den Nährboden, auf dem er weiterwachsen und gedeihen durfte. Denn Caleb trat an ihre Seite und wurde so viel mehr für sie als der bloße Retter in der Not, den sie sich nie gewünscht hatte. Und laut Kjetell’o war auch Corax jemand, der weitaus mehr sein konnte als derjenige, der nur eine Lückenbüßerin in ihr sah. Madiha fand Halt in einer ihr fremden Welt, weil sie um ihretwillen gemocht wurde. Es würde noch etwas dauern, bis sie das wahrlich erkennen könnte, doch die Keimlinge streckten bereits die ersten Blätter der Sonne entgegen, die einmal ihr Selbstbewusstsein sein würde. Kjetell’o brachte ihre Sonne zum Glühen und half dabei, dass sie weiterwachsen durfte. Und sie war wissbegierig und dankbar dafür, dass er das tun wollte. Ihre Vorsicht ihm gegenüber schmälerte das nur im geringen Maße, doch sie glaubte daran, dass er ihr wirklich helfen wollte. Dass er dabei Bedingungen stellte, schreckte Madiha nicht ab. Sie glaubte ohnehin, dass sie für alles einen Preis zahlen musste. Das bestimmte ihr Leben und trotzdem musste sie wohl abwägen, ob sie bereit dafür war, diesen zu zahlen. Denn er verlangte uneingeschränkten Gehorsam und auch wenn sie es im ersten Impuls versprechen wollte, zögerte Madiha. Sie glaubte nicht daran, dass sie es wahrlich würde halten können. Noch immer begehrte sie zeitweise auf und sie fürchtete sich davor, dass sie wieder in ihr altes Leben mit neuem Gewand zurückkehren würde. Sie konnte das nicht einfach so entscheiden, sie brauchte Hilfe dabei. So bat sie Kjetell’o darum, nachdenken zu dürfen. Und erntete einen Seufzer. Azura hatte bereits verdeutlicht, dass sie nicht gewillt war, sich diesem Zwang zu beugen. Nachdenklich musterte Madiha die andere und fragte sich insgeheim, warum sie sich allem in den Weg stellen musste. Sie würde etwas dafür erhalten, was sie bisher nicht besaß. Madiha würde sofort einwilligen, wenn sie nicht diese Angst gehabt hätte, sich wieder selbst zu versklaven. Aber Azura? Wer würde eine Azura van Ikari versklaven wollen? Doch sie schaffte einen Kompromiss zu erwirken, den Kjet nach einem Moment der Stille gewillt war zu präsentieren: "Ich wünschte, es wäre anders. Ich bin ebenfalls kein Freund davon, mich an Bedingungen und Regeln zu halten."

Das Mädchen musterte den Elfen eingehender. Ihre Augen tasteten sein Gesicht ab und sie fragte sich, was ihn dazu bewog, sie dann dazu zu drängen. Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass Kjetell’o sehr viel weiter dachte. Wäre das möglich? Dass er sie etwas lehren wollte, weil er… einen Nutzen daraus generieren wollte, den sie bisher noch nicht erfahren hatten? Madiha versank im Antlitz des Mannes und hing ihren Gedanken nach. "Aber um nochmal auf das Entstauben zurückzukommen: Das ist bereits geschehen, vor Jahrzehnten schon und es hat mich reifen lassen. Es hat mir aufgezeigt, dass man manchmal nicht um Bedingungen und Regeln herum kommt. Dass man sich Verantwortung stellen muss, zum Wohl von größeren Dingen. Zum Wohl aller." Er hob den Blick, doch Madiha senkte ihn. Seine Frage war nicht fort, sie verlangte noch immer eine Antwort. „Zum Wohle aller…“, murmelte sie leise und runzelte die Stirn. Zielte seine Frage denn bereits auf eine konkrete Entscheidung ab? Sie fröstelte kurz. "Wir haben heute viel gelernt und sicher möchtest du zu deinem Kapitän zurückkehren. Das kannst du tun. Ich entlasse dich aus der heutigen Lektion. Denke über deine Entscheidung nach und teile sie mir bei unserem nächsten Zusammentreffen mit. Ich ..." Sie sah auf und folgte seiner Bewegung an Azura’s Seite. Madiha spürte, dass es Zeit wurde, die beiden allein zu lassen. Das Mädchen hatte feine Nuancen kennengelernt und verinnerlicht, sodass sie wusste, wann sie störte. Also nickte sie auf seine Vermutung hin. „Ich habe schon eine Antwort für dich…“, sagte sie dennoch, lächelte dann aber schräg. „Aber… ich lasse euch vorerst allein.“, nickte sie und trat bereits an die Tür. "Ich will euch entgegenkommen, soweit es mir möglich ist. Daher ändere ich meine Bedingung. Seid frei. Lernt von mir und diskutiert mit mir. Halten wir den Unterricht ... lebendig.", sie wandte sich noch mal um und musterte den Elf und die Adelige. "Aber es wird der Moment kommen, in dem ich euch absoluten Gehorsam werde abringen müssen. Warum? Weil es nicht anders gehen wird. Ich kann, darf und will euch dazu noch nicht mehr sagen, denn es könnte alles verändern und das ... darf nicht geschehen. Nicht jetzt.“ Unbehagen setzte sich in ihrer Brust fest und rührten das Feuer in ihrem Innern an. Es pumpte schneller durch ihren Körper, sie konnte es spüren. Kjetell’o hatte mit nur ein paar wenigen Übungen ihre Magie entknotet und nun floss sie, wie ein unerschöpflicher Quell an Wärme. Es war unbeschreiblich. "Es geht um Leben Unbeteiligter, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren und für die wir - ich - nun das richtige tun muss. Und das könnte bedeuten, dass schwere Entscheidungen getroffen werden müssen. Ich werde sie euch abnehmen, ebenso wie jegliche Konsequenz, aber dafür müsst ihr in einem Moment eures Lebens - einem einzigen nur - zwingend auf meine Order hören und sie ausführen. Wenn ihr dazu nicht bereit seid, dann ... trennen sich unsere Wege, so sehr ich es bedauern würde. Aber ich kann in diesem Fall keine Zeit für Aufmüpfigkeit aufbringen, wenn es um Leben und Tod geht." Nun aber sah sie den Waldelfen besorgter an.
Eine Gänsehaut legte sich auf ihre Arme. Sie musterte Kjetell’os Ausdruck nachdenklich. „Du… brauchst unsere Hilfe…“, murmelte sie mehr zu sich als zu ihm, denn sie ahnte, dass jetzt nicht der Moment war, um alles zu erfahren. Aber Kjetell’o hatte damit etwas in die Waagschale geworfen, das Madiha durchaus beeinflussen konnte. Sie nickte leicht. „Danke, dass du so ehrlich, wie du sein kannst, warst.“, meinte sie, ehe sie die Bodenluke öffnete und schon die erste Sprosse betrat. Sie fühlte sich seltsam schwer und die Euphorie von der Lehrstunde war kaum noch vorhanden. "Madi! Leben stehen auf dem Spiel, aber Caleb wird es nicht betreffen. Es geht hier nicht um eine Entscheidung zwischen ihm und Celcia." Sie sah auf und schob die Augenbrauen zusammen. Dann atmete sie erleichtert aus und lächelte mit einem dankbaren Nicken. Es war gut, dass er sie nicht glauben ließ, es ginge tatsächlich um diesen Schweregrad an Entscheidungen. Was nicht hieß, dass sie ihm nicht bei Gelegenheit die Antworten geben würde, die sie bereits jetzt zu formulieren begann. Aber Madiha hütete sich vor vorschnellen Dingen. Ihr fehlte die Weitsicht in solchen Belangen, sodass sie sich tatsächlich Hilfe erhoffte. Hilfe und eine Entscheidung, die sie selbst nicht imstande war zu finden. Sie kletterte den Turm wieder hinab und folgte den Stufen. Sie würde zum Zimmer gehen, wo sie Caleb vermutete. Allerdings kreisten ihre Gedanken immer wieder um Kjetell’o und seinen Ausdruck als er ihnen offenbar so einiges offenbarte, um sie auf kommendes vorzubereiten. Wollte Madiha Teil dessen werden? Was wollte sie überhaupt anfangen mit ihrem Leben, nun, da sie keine Sklavin mehr war? Sie wusste es noch nicht, aber sie wusste, dass die Magie ihr eine Richtung zeigen könnte… Und sie hoffte, dass Caleb ihr dabei half.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 1. Juni 2023, 22:11

(Für Madiha geht es weiter bei Stille Wunden)
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Azura » Donnerstag 8. Juni 2023, 10:37

Es war gar nicht so leicht, ihre widerstreitenden Gefühle und verwirrenden Gedanken zu sortieren, in eine Bahn zu lenken, aber vor allem... zu verstehen. Sie begriff nicht, wie es sein konnte, dass sie den einen Elfen zu lieben glaubte, ihm alles geben wollte und ihm bis in den Harax folgen würde, um ihn nach seiner Rettung für ihre Mühen persönlich wieder dorthin zu befördern, während sie allein schon beim Anblick des anderen Herzklopfen bekam und Vorstellungen hatte, die bis zu den heißen Quellen für sie reine Phantasie gewesen waren.
Wieso war ihr Herz auf einmal so wankelmütig geworden? Warum konnte sie sich nicht auf einen Mann konzentrieren und sich damit zufrieden geben, dass er sie ebenso begehrte? Und ganz besonders... seit wann kümmerte sich ihr Gewissen dermaßen darum, dass sie die Aufmerksamkeit mehrerer auf sich zog und mit diesen nach Lust und Laune kokettieren könnte, wenn sie es wollte, sie um den kleinen Finger wickeln könnte, um sie nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen?!
An ihrem derzeitigen, mehr als ramponierten Aussehen konnte es nicht liegen. Ob sich wohl die Galane, die es vielleicht hin und wieder ernst mit ihr gemeint hatten, ebenso gefühlt hatten? Jetzt war eigentlich nicht der rechte Zeitpunkt für diese Gedanken und trotzdem... je mehr sie sich verbot, diesen nachzugehen, desto größeren Einfluss hatten sie auf ihre Reaktionen.
Erst recht, da er sich auf ihre spitze Zunge so gut wie nicht einzulassen schien. Das stachelte sie natürlich umso mehr an, ihn herausfordern zu wollen. Wie lange wohl sein Geduldsfaden wäre? Wann und wie könnte sie es schaffen, diesen zum Zerreißen zu bringen? Und... was würde dann geschehen? Wollte sie das überhaupt herausfinden? Da gab es nur eine kurze, klare Antwort: ja, definitiv! Doch im Moment war es noch nicht soweit.
Stattdessen verleitete er sie dazu, ein tatsächlich ehrlich gemeintes Kompliment auszusprechen. Da war es fast schon bedauerlich, dass der Kapitän das nicht mithören konnte. Aber es war nun einmal so, wie es war und sie meinte jedes ihrer Worte genau so. Dass die andere davon verwirrt war... nun, das war nicht ihre Sache.
Außerdem war sie gedanklich sowieso schon wieder beinahe woanders, sodass sie auf den spärlichen Dank hin lediglich flüchtig Augenkontakt suchte und nickte. Danach jedoch wurde sie mit einem Klotz verglichen und konnte das selbstverständlich nicht auf sich sitzen lassen. Sie plusterte sich auf und echauffierte sich, ohne ihn wirklich aus der Reserve damit locken zu können.
Allerdings... so leicht gab sie nicht auf, ihn aus der Ruhe bringen zu können. Nicht nur, weil sie sich im Recht fühlte, sondern, weil sie auch meinte, durch das Donnern draußen auf göttliche Unterstützung zählen zu können. Also gab sie deutlich ihre Meinung kund und wartete darauf, wie er darauf reagieren mochte.
Dabei war sie so sehr auf den Waldelfen fixiert, dass sie lediglich am Rande wahrnahm, dass sich die Sarmaerin zurück zog, und diesem Umstand kaum Beachtung schenkte. Wenn, dann hätte sie höchstens angenommen, dass sie ihr den Vortritt ließ, weil sie in Wortgefechten nun einmal mehr Erfahrung besaß. Somit blieb ihr Blick fest auf ihn gerichtet, voller Erwartung, dass er endlich mal etwas mehr zeigen würde als diese unerschütterlich wirkende Ruhe.
Und er? Er... lächelte! Er lächelte und irgendwie wirkte es nachsichtig, so, als wäre sie ein bockiges Kind, das die Puppe nicht erhielt, die sie unbedingt haben wollte, ganz egal, wie viele in dieser Machart sie schon besaß. Nun gut, vielleicht war sie so ein Kind gewesen und konnte deswegen diesen Vergleich gut nachempfinden, aber... sie war inzwischen eine erwachsene Frau! Sie wollte sich nicht mehr so behandeln lassen! Ihre Augen wurden ein wenig schmäler und immerhin, sie errang einen kleinen Sieg, als er seinen Blick abwandte.
Stille trat ein, in der sie mit leicht erhobenen Brauen ihn beobachtete und vorerst gewillt war, sogar zu warten, denn sie baute darauf, es endlich geschafft zu haben. Nur... irrte sie, denn sie erntete ein Lachen. Gutmütig, warm und dennoch... eindeutig nicht das, was sie hören wollte! Ihre Ablehnung und ihr Trotz wuchsen, sodass sie die Arme vor ihrer einst so wohlgeformten Brust verschränkte und ihr Kinn herausfordernd vorreckte.
Konnte diesen Kerl denn gar nichts aus seiner vermaledeiten Ruhe bringen?! Anscheinend musste sie andere Geschütze auffahren, wollte sie endlich einen richtigen Erfolg erzielen.
Als er zu sprechen anfing, schlich sich auch auf ihre Lippen ein feines Grinsen, das den hochmütigen Zug der sich überlegen fühlenden Jugend trug. Doch sie sagte nichts dazu, denn sie wollte sich diese kleine, vielleicht auch etwas gemeine Spitze lieber für einen späteren Moment aufheben.
Dann aber erwähnte er sein Alter und ihre Stirn runzelte sich noch mehr. Das klang ja fast nach der Lebensspanne, die auch ihr Rabe bereits hinter sich gebracht hatte, so, wie dieser sich selbst eingeschätzt hatte. Und dennoch... die beiden Männer waren so verschieden wie Tag und Nacht! Wie konnte das sein? Der eine so unreif, impulsiv und irgendwie... ihrem eigenen Wesen viel ähnlicher, der andere dermaßen beherrscht, überlegt und in sich selbst ruhend, dass man ihn am liebsten schütteln würde, um ihn mehr als solch ein gutmütiges Lächeln entlocken zu können!
Sie war in Gedanken noch bei diesem Vergleich, als sie seinen Blick auf eine Art und Weise auf sich ruhen fühlte, dass es sie zurück holte und ihr die feinen Härchen im Nacken aufstellen ließ. Was...? Blinzelnd sah sie ihn an. Dies war der Moment, in dem sich auch die Sarmaerin wieder ins Gespräch einbrachte, sodass es nun Azura war, die eine kleine Atempause erhielt.
Bis sein Seufzen sie aufhorchen ließ, denn es war der erste Riss in seiner so ausgeglichenen Fassade. Und es ärgerte sie ein wenig, dass nicht sie es gewesen war, die dies hervorgelockt hatte. Oder etwa doch...? Sie legte ihren Kopf ein wenig schief und betrachtete seine Mimik aufmerksam.
Bei seiner Behauptung, er würde sich auch nicht sonderlich gern an Regeln halten, konnte sie ein belustigtes Schnauben nicht unterdrücken. "Ist nicht wahr!", murmelte sie mit einem süffisanten Grinsen in sich hinein.
Daraufhin jedoch wurde er wieder... sachlicher und sorgte dafür, dass sie die Augen verdrehte, sich abwandte und zu einer der Scheiben trat, um sich dagegen zu lehnen und das kühle Glas an ihrer Wange zu spüren, als Ersatz für den Regen, der draußen noch immer herunter prasselte. Was interessierte sie das Wohl aller? Sie kannte diese Leute nicht, war ihnen nicht verpflichtet und sah erst recht nicht ein, sich auch nur irgendwie darum mehr zu kümmern als diese um sie. Nein, das war ihr viel zu allgemein gehalten und berührte sie nicht. Wäre es indes um ihre Eltern gegangen... oh ja, das wäre etwas vollkommen anderes gewesen!
Ihr Blick glitt hinaus und der Wunsch, nicht länger in diesem Zimmer zu verweilen, sonden raus zu gehen, um Venthas Gabe auf ihrer Haut zu fühlen, wuchs in ihr heran. Lautlos seufzte sie und ihre Lider senkten sich ein wenig, als wolle sie sich zumindest vorstellen, wie die Regentropfen auf sie prasselten, wenn sie ihr Gesicht in die Höhe reckte.
Da holte sie eine Bewegung im Augenwinkel zurück in die Gegenwart und sie drehte instinktiv den Kopf. Mit stiller Verwunderung hob sie ihre Brauen wieder an, als sie erkannte, wie nahe er an sie heran getreten war. Warum? Was hatte er vor? Im Moment sprach er lediglich weiter und trotzdem beschlich sie das Gefühl, dass da mehr dahinter stecken könnte, als er ausführte. Vielleicht bildete sie sich das aber auch ein, weil er sie grundsätzlich ja verwirrte.
Als er fortfuhr, vertiefte sich ihr Stirnrunzeln noch mehr, während ein beinahe schon triumphierend zu nennendes Funkeln in ihre Augen trat, als er ihren Wünschen so offensichtlich nachgab. Solange, bis er es konkreter machte und auf einen ominösen Moment bestand, in dem es trotz allem um blinden Gehorsam gehen sollte. Erneut rollte sie mit den Augen und wandte ihren Blick wieder dem Regen zu, wenngleich sie ausnahmsweise weiter lauschte und sich zugleich ihre eigenen Gedanken machte.
Er wollte sie unterrichten... nicht aus Uneigennützigkeit, sondern aus irgendeinem Grund. Da leise, gehauchte Vermutung hätte auch von ihr stammen können, denn auch für sie klang es ganz so, als würde er sie brauchen, sie beide. Sie und ihre Magie, die er herauszukitzeln und zu formen gedachte. Nur wozu, das wollte er nicht preisgeben. Warum nicht? Warum verschanzte er sich hinter diese lahmen Ausrede, dass dies alles verändern würde? In ihr begann es zu arbeiten.
Ja, irgendwie wollte sie mehr von ihrer Magie kennen lernen, es beherrschen lernen und das am besten, ohne sich danach halbtot fühlen zu müssen. Auf der anderen Seite hingegen... wozu? Sie war noch nie besonders gern eine Schülerin gewesen... außer vielleicht in Corax' Armen. Und bislang war sie auch ganz gut ohne irgendwelchen Lehrer der Wassermagie zurecht gekommen und hatte ein paar nette Tricks zustande gebracht. Was also hätte sie davon?
Während sie ihren eigenen Gedanken nachhing, zog sich die andere zurück und ohne, dass die junge Andunierin es bemerkte, befand sie sich mit einem Mal allein mit dem Waldelfen. Sie nahm es noch nicht wahr.
Erst, als er sie erneut und direkt ansprach, kehrte sie blinzelnd aus der Betrachtung des Regens zu ihm zurück und sah ihn skeptisch an. Ihr Blick glitt von ihm ab und suchte einen Momnt lang nach der anderen. Doch noch ehe sie diese gefunden hatte, erwähnte er etwas, das sofort sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zog.
"Was...?", entkam es ihr keuchend und sie griff sich unwillkürlich an ihren Hals, als hätte das Beutelchen dort hängen sollen. Hatte es nicht, sonst hätte er es ja nicht in seinen Händen. Und dennoch... es war irgendwie ein beklemmendes Gefühl, dass er ihr Geschenk an Corax so unbekümmert hielt und damit klimperte, dass ein Hauch ihres eigenen Lachens an ihre Ohren dringen konnte.
Sollte sie es ihm entwenden und selbst an sich drücken? Was hatte er damit vor? Was würde geschehen, wenn er diese Perlen... wie auch immer, beschädigen wollen würde?! Würde er nicht... oder?!
Noch befand sie sich bei der Glasscheibe, aber nun löste sie sich von ihrem Platz und kam langsam zu ihm hin, den Blick wandernd zwischen dem Beutel und seinem Gesicht. Schon streckte sie ihre Hand danach aus... und war dennoch nicht mutig genug, um wirklich nach ihrem Opfer an ihren Liebsten zu greifen, aus Angst, dass dadurch etwas Unvorhergesehenes geschehen könnte.
Ihre Augen allmählich auf ihre Gabe heftend, keuchte sie leise auf und hielt inne. "Sie... sie waren ein... ein Geschenk...", murmelte sie und vergaß einen Moment lang dabei sogar, wem sie dieses Geständnis gerade machte.
Solange, bis sein Lachen sie aus ihrer eigenen Gefühlswelt zurück holte. Sie sah ihn an, schweigend, einen Herzschlag lang... dann noch einen... Bis sich ihr Mundwinkel leicht anhob und ihre Arme sich erneut vor ihrer Brust verschränkten. "Und trotzdem bleibst du die Ruhe selbst. Wüsste ich es nicht besser, wäre ich direkt... gekränkt.", stichelte sie.
Um schließlich leise zu seufzen und ihn mit einem schiefen Blick zu betrachten. "Was hat Corax erzählt?", hakte sie nun, hörbar misstrauisch, nach.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Sonntag 11. Juni 2023, 08:21

Azura hatte erst sterben müssen, um von ihrem adligen Ross ... nun, nicht vollkommen herabzusteigen, aber wenigstens mal einen Blick nach unten zu werfen, auf jene, die ihren Steigbügel hielten. Und sie war auf einem guten Weg, diesen Personen mehr als nur einen Augenaufschlag zu schenken. Sie hatte Madiha ein Kompliment zu ihren Fähigkeiten gemacht und das ohne jeglichen Sarkasmus! Sie hatte Corax ihre Gefühle gestanden und sie schien in kleinen Häppchen nicht mehr ganz so schlecht von van Tjenn zu denken. Sie war auf einem guten Weg! Warum also musste ausgerechnet Kjetell'o ihr da einen Strich durch die Rechnung machen? Er war ein fremder Elf, mit dem sie bislang im Grunde nicht viel zu tun gehabt hatte. Sie hatten kurz und spontan gegen einen gemeinsamen Feind gekämpft und nur deren Nachhut in Form einer von Dunkelelfen eingenommenen Magier-Akademie hielt dieses Bündnis aufrecht. Im Grunde verband sie doch nichts mit dem Elfen. Warum fand sie ihn dann so anziehend? Sie kannte ihn nicht! Sie liebte Corax! Aber vielleicht war es genau das. Vielleicht machte es genau die Tatsache aus, dass sie sich in eine vergebene Position manövriert hatte, wobei auch das nicht einmal klar war. Waren Corax und sie nun ein Paar? Dann müsste sie dringend ihre Eltern finden, um ihn vorzustellen und eine Ehe zu arrangieren ... sofern sie den Segen von Mutter und Vater erhielt. Corax war nicht von Adel, auch wenn das einzige Indiz seiner Vergangenheit vor den Stockmännchen Anzeichen darauf gab, dass er zumindest nicht in ärmlichen Verhältnissen hätte aufwachen können. Darüber hinaus hatte sie jedoch nichts. Sie würde vielleicht noch einmal versuchen müssen, in Corax' Erinnerungen zu tauchen. Wenn das möglich wäre, könnte sie mehr erkennen als er in seinem Säuglingszustand. Vielleicht wäre eine Zukunft mit ihm möglich, auch wenn er sich noch immer als Madihas Sklave ansah. Warum also ließ sie sich dann ständig von jeder noch so kleinen Geste seitens Kjetell'o becircen?!
Lag es daran, dass sie sich wirklich an Corax gebunden sah, wenngleich nur ein bisschen ... vorerst? Oder war das Geheimnisvolle hinter dem Waldelfen der Grund? Sie wusste so wenig von ihm. Waren seine Augen schuld, in denen sie sich immer wieder zu verlieren drohte oder machte seine ausgeglichene Art den Reiz aus? Letzteres schien naheliegend. Sie wollte ihn reizen. Sie wollte eine Reaktion aus ihm herauslocken jenseits eines sanften Lächelns und ruhiger Worte. Sie wollte ihn so richtig aus der Haut fahren lassen! So wie sie es immer wieder mit Corax trieb.
Azuras Gedanken kreisten um beide Männer, so dass sie Madihas Schwinden viel zu spät bemerkte. Hätte Kjetell'o sie nicht angesprochen, wäre es ihr wohl überhaupt nicht aufgefallen, dass die Zeit sich auch ohne ihre Aufmerksamkeit weiter drehte. Aber auch das war ein Punkt, den Azura noch intensiver lernen musste. Wenn das gelänge, würde sie in vielerlei Hinsicht über den eigenen Tellerrand schauen und auch mehr als sich und ihre unmittelbare Umgebung einbeziehen. Sie kümmerte sich nicht um das Wohl Celcias. Solange es ihr gut ging, brauchte sie das auch nicht. Aber sie dachte immerhin bereits an die Möglichkeit, dass ihre Entscheidung anders ausfiele, ginge es um ihre Eltern. Und war nicht sie es gewesen, die in ihrem halb verwesten Zustand durch Andunie bis zur Akademie empor gelaufen war, sich Wachen und anderen Gefahren gestellt hatte, nur um einen Mann zu retten, der sein eigenes, wundervolles Selbst mit Füßen trat, weil auch er noch zu lernen hatte? Vieles davon erforderte Zeit. Die Frage war, ob ein jeder von ihnen sie hatte.
Azura erhielt zumindest ein Quäntchen davon, um durchatmen zu können. Es sah nicht danach aus, dass sie sich nun in Hektik und ohne die Chance, ihre Schritte zu überdenken in den nächsten Gefahrenkessel würde werfen müssen. Die Zeit, die sie hier oben unter Venthas Gewitterdach und mit Kjetell'o verbringen würde, war ihr Moment des Luftholens. Einatmen, halten, ausatmen. Danach könnte es weitergehen. Eintatmen in seiner unmittelbaren Nähe war allerdings ein zweischneidiges Schwert. Er duftete. Vanille und Zitrone umgarnten sie und lockten erneut. Die Kombination entriss Azura aus ihren eigenen Gedanken. Das war ausnahmsweise nicht gut, denn Azura hatte soeben den Rand ihres Tellers erreicht und versuchte, Schlüsse zu ziehen. Sie war inzwischen davon überzeugt, dass eine Lehrstunde in Sachen Magie mit Kjetell'o nicht aus reiner Herzensgüte stattfände. Er wollte die Gelegenheit nutzen, zwei Magierinnen aus ihnen zu formen, um sie dann einzusetzen und zwar in diesem einen Moment, der seine Bedingung darstellte. Was immer er dann von ihnen verlangte, konnte unmöglich trivial sein. Ansonsten würde er nicht ein solches Geheimnis daraus machen, dessen Offenbarung er jedes Mal auswich - mit lahmen Ausreden, wie Azura feststellte. Aber er ließ die Antwort bisweilen nicht aus sich herauskitzeln.
Kjetell'o aber verstand es, schon mit wenigen Worten so sehr abzulenken wie sich sein Duft in das Denken anderer einschleichen und dort nisten konnte. Er brauchte nur den Beutel mit Azuras Tränenperlen zu erwähnen, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Sie griff zu ihrem Hals. Dort hing er nicht mehr. Sollte sie ihn nicht haben? Oder hatte ... Corax hatte ihn an den Waldelfen übergeben? Hatte er ihn sich in einem stillen Moment ergaunert? Sie konnte es aktuell nicht sagen. Tatsache war, dass der kleine Beutel mit dem klimpernden Lachen ihrer Seele nun in seiner Hand lag. Er öffnete ihn gar und entnahm eine der kleinen Tränenperlen. Sie schimmerte und glänzte, obwohl ihre Oberfläche an Milch erinnerte.
"Sie ... sie waren ein ... ein Geschenk ...", entkam es der Andunierin und ihr Gegenüber nickte mit dem nötigen Respekt, den es verlangte, wenn einem ein solches Geheimnis anvertraut wurde. "Ich weiß", erwiderte er. Dann steckte er die eine Perle zurück zu ihren Schwestern und verschloss den Beutel auf's Neue. "Und es gibt nur einen Grund, dass Corax dieses Geschenk aus der Hand gab." Seine Augen wanderten zu Azura empor, um ihren Blick einzufangen. Er rief nach ihrem sanften Grün, damit es eins mit seinen intensiven Wäldern wurde und unter seinen Sprenkeln aus goldenem Sonnenlicht tanzte.
Plötzlich war Kjetell'o ihr wieder so nahe. Nur noch wenige Zentimeter trennten ihre Gesichter voneinander. Er starrte sie an, ohne dass es aufdringlich wirkte. Eindringlich, das war es, vor allem aber besaß es eine seltsame Intimität, die so ungemein vertraut wirkte. Sie war warm und offerierte Geborgenheit. Allein seine eigenen Worte vermochten den Bann aufzudröseln, in den sein Blick Azura fädelte. "Du bist der Grund, zusammen mit der Hoffnung, dass du wieder vollständig wirst, sollten wir die Perlen dem Rest deiner Seele zurückführen können." Da war wieder, Kjetell'os mildes Lächeln. "Ich erwähnte bereits, dass ich ein rettendes Ritual hinter allem vermute. Ich bin kein Ritualmagier und ich bezweifle, dass eine Dämonenbeschwörung dich retten würde. Aber ich werde recherchieren und notfalls auch versuchen, auf eine andere Magie-Art zuzugreifen, um dir und dem Leidträger zu helfen." Er ließ seine Augen einmal über ihre gesamte Gestalt wandeln. "Denn ich möchte wissen, wie schön du wirklich aussiehst."
Offenbar hatte Corax den Waldelfen bereits mit Erzählungen gelockt, dass seine Neugierde geweckt war. Azura hakte nach. Sie wollte wissen, wieviel ihr Rabe von ihr preigegeben hatte. Kjetell'o lachte leise auf. Seine innere Ruhe war zum aus der Haut fahren, außer für ihn! "Corax trägt nicht nur das Leid aller auf seinen Schultern, sondern auch sein Herz auf der Zunge. Zumindest, wenn es um dich geht. Er spricht sehr offen davon, wie sehr er dich liebt. Es scheint ihm ein großes Bedürfnis zu sein, dich glücklich und vollständig zu sehen. Er ist bereit, alles dafür zu geben." Ein Schatten huschte über die Züge des Elfen, nur kurz wie von einem Raubvogel, der über ihn hinweg zog. "Hätte ich noch diesen einen Arm, würde ich ihn mir erneut herausreißen, um Azura zu retten. Das hat er gesagt. Ich frage mich, ob er es wirklich so getan hat. Kann man sich den eigenen Arm ausreißen?" Kejtell'o dachte einen Moment darüber nach, ehe er mit den Schultern zuckte und den Gedanken wieder beiseite schob. Azura hatte ihn etwas gefragt und er hatte nur bedingt geantwortet. Jetzt streckte er seine Finger nach den ihren aus, um die Hand über ihre zu legen und einmal sanft zu drücken.
"Du bist Azura, eine Adlige aus Andunie - eine van Ikari wie ich inzwischen weiß. Das hat Corax nicht erzählt, denn er kannte deinen Familiennamen nicht. Er teilte mir nur mit, dass er dich bei der Eroberung der Stadt aus deinem eigenen Haus heraus entführt hatte. Es sei für dich die schlimmste Entscheidung deines Lebens gewesen, für ihn aber die beste, die er je getroffen hätte. Und er weiß nicht, ob er es bereuen soll, dir all das angetan zu haben. Es lastet schwer auf ihm, aber ich konnte ihn beruhigen. Er mag dich entführt haben, aber vielleicht hat er dich auf diese Weise vor einem Schicksal gerettet, dem andere Adlige der Menschen zum Opfer fielen." Kjetell'o ließ diese Information sacken. "Was ist aus dem Rest deiner Familie geworden?", fragte er schließlich nach. "Hast du Eltern oder Geschwister? Andere Verwandte? Wo sind sie?"
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Azura » Sonntag 2. Juli 2023, 13:44

Der Tod war ein einschneidendes Erlebnis, das durchaus dazu fähig war, eine Wandlung zu erreichen. Trotzdem war er absolut nicht empfehlenswert für diejenigen, die gewillt waren, ihr Leben noch ein wenig länger weiter führen zu wollen. Dass die junge Frau eine zweite Chance erhalten hatte, war wohl vor allem dem Interesse ihrer Göttin geschuldet... und ein wenig ihrem Sturkopf, der sich so einfach selbst im Jenseits nicht geschlagen gegeben hatte.
Nun allerdings musste sie diesen Umstand nutzen und das am besten so, dass die Herrin der Stürme ihre Entscheidung nicht bereute oder gar auf die Idee käme, sie rückgängig zu machen. Da lief sie letzten Endes lieber erst einmal als lebendige Leiche herum, als gar nicht mehr im Diesseits laufen zu können.
Wenngleich sie das vor neue Herausforderungen stellte, unter anderem vor jene herauszufinden, was dieser Waldelf tatsächlich von ihr wollen könnte. Dass er ihre magische Fähigkeit fördern und für seine Zwecke einsetzen wollte, das hatte sie inzwischen erfahren und war sich bislang nicht darüber im Klaren, was ihre Meinung dazu wäre. Ja, natürlich, sie könnte gerne das ein oder andere mehr mit dem Wasser bewirken, würde sich nur zu gerne mit ihrem Element beschäftigen. Allerdings barg das auch Gefahren für ihre Gesundheit, ohne deren Gründe zu kennen. Und außerdem hatte sie etwas dagegen, sich für ein Ziel benutzen zu lassen, das sie gar nicht kannte.
Vielmehr zu schaffen machte ihr jedoch seine Wirkung auf sie. Warum versuchte er sie ständig um den Finger zu wickeln oder zumindest den Anschein dessen zu erwecken? Und aus welchem Grund sprang sie derart leichtfertig darauf an, obwohl sie eigentlich ganz anders denken und ganz besonders fühlen sollte?!
Es verwirrte sie und kratzte gehörig an ihren Nerven, weil sich im Gegensatz zu früher auch ihr Gewissen dabei ständig meldete und ihr noch mehr zusetzte. Was sollte sie also von der ganzen Sache halten? Was sollte sie tun?
Jetzt erst einmal verblieb sie allein mit diesem verboten anziehend wirkenden Mann in dem Turmzimmer, während draußen ein Unwetter tobte, dass es in ihren Fingern nur so kribbelte und sie anzog, um ein wenig den Regen auf sich spüren zu können. Vielleicht hätte das ja ihr Gemüt etwas gekühlt und ihren Kopf klarer werden lassen? Oder zeigte Ventha gerade ihren Zorn, weil sie womöglich ahnte, dass die begehrte Schriftrolle bereits gefunden war und ihr nicht sogleich übergeben wurde? Lautlos seufzte sie und tastete unwillkürlich ihren Gürtel entlag bis zu jener Stelle, an der verborgen der Schatz ruhte.
Was sie wenig später zu einem anderen Kleinod mit großem Wert lenkte, denn ihre Gesellschaft sprach direkt an, was er in der Hand hielt und womit er sich nun beschäftigen wollte. Irgendwie war es ein... unangenehmes Gefühl, es in seinen Fingern zu wissen, ganz gleich, wie viel es von ihrer Seele beinhalten mochte. Es war einst ein Teil von ihr gewesen, bis sie es geopfert hatte in dem Versuch, auf diese Weise Trost zu spenden. Und es bedeutete ihr sehr viel, so viel, dass ihr sogar der Hintergrund dazu ein wenig entschlüpfte.
Als sie sich selbst sprechen hörte und auch begriff, was ihr das über die Lippen kam, röteten sich ihre Wangen ein wenig. Doch er lachte nicht oder wirkte sonstwie belustigt deswegen, sonderrn gab ihr lediglich eine bestätigende Replik darauf, mitsamt einer kleinen Erklärung. Nicht, dass es ihr Empfinden hätte beruhigen können. Nein, noch immer verspürte sie den Drang, ihm den Beutel möglichst schnell zu entwenden, um ihre geweinten Perlen selbst an ihre schlaffe, hängende Brust zu drücken und dort zu bergen.
So sehr beschäftigte sie sich gedanklich damit, dass sie leicht zusammenschrak, als der Waldelf plötzlich unmittelbar vor ihr stand. Mit einem leisen, überraschten Laut sah sie zu ihm auf... und drohte direkt, in seinem Blick zu versinken, beinahe wie in der Betrachtung der See. Ihr Herz schlug ihr direkt im Hals und ihre Knie fühlten sich unnatürlich weich an, während sie sich zu fragen begann, wie es wohl wäre, gegen ihn und in seine Arme zu sinken.
Würde er sie fallen lassen oder auffangen? Würde er sie auf Händen tragen oder wie einen Sack über die Schulter werfen, um sie zu einer Sitz- oder Liegemöglichkeit zu befördern? Wie würde es sich anfühlen, seine Haut nahe der ihren zu spüren? Würde er sich zu mehr hinreißen lassen, als sie zu stützen, und wenn ja, wie wäre das? Wie würden sich seine Lippen auf den ihren anfühlen, wie seine Finger, wie sein Gewicht zwischen ihren Schenkeln...? Wäre er in dieser einen Situation stürmisch oder wäre er auch dabei von absolut enervierender Ruhe und Gelassenheit, gegen die sie sich so machtlos fühlte, weil sie seinen wunden Punkt noch nicht gefunden hatte? Ob ein intimes Beisammenliegen zur Belohnung von gemeisterten magischen Hürden werden könnte...?
Während des Blickkontaktes schossen ihr diese und noch mehr Fragen durch den Kopf, solange, bis seine Stimme diese zum Schweigen brachten. Ja, mehr noch, er holte sie damit in die Wirklichkeit zurück und blinzelnd wich sie einen halben Schritt zurück, als bräuchte sie diesen Abstand, um tatsächlich zurück finden zu können. Oder sich nicht sofort wieder in seinem Blick und ihren Vorstellungen zu verlieren... Die sie obendrein sofort zu bereuen begann.
Nicht nur, weil er erneut Corax ins Gespräch brachte, wenngleich eher indirekt, sondern auch, weil sie sich mit einem Mal irgendwie... ausgeliefert und entblößt vor ihm fühlte. Ganz so, als wäre sie nichts weiter als ein naives, unwissendes Dummchen mit zu rasch hochschießenden Säften, mit der er spielte und auch darum wusste.
Ihre Wangen brannten schlagartig wie Feuer und sie presste ihre Lippen fest aufeinander, während sie sich zwang, den Blick von seinen wundervollen Augen abzuwenden, um wieder etwas mehr zur Besinnung zu kommen. Dabei schlang sie die Arme um sich selbst, als könne sie sich auf diese Weise den nötigen Halt geben.
Er hingegen sprach mit seiner unerschütterlichen Ruhe weiter und sorgte dafür, dass es in ihr noch mehr brodelte, wenngleich in einer Mischung aus Zorn auf sich und auf ihn. Abrupt wandte sie bei seinem vermeintlichen Kompliment ihren Kopf und warf ihm einen zweifelnden Blick zu. "Und was versprichst du dir davon?", fragte sie direkt und etwas schärfer, als wahrscheinlich notwendig wäre. Doch sie war viel zu durcheinander, um sich so leicht zurück halten zu können.
Denn im Gegensatz zu ihm, war sie durchaus jemand, der rasch provoziert werden konnte und mitunter mit recht einfachen Mitteln. Wenn sie nur endlich herausfinden könnte, wie sie ihm das vergelten könnte! Das würde ihr inneres Gleichgewicht vermutlich rascher wiederherstellen können, da sie dann wüsste, mit welchen Methoden sie sich gegen seine Wirkung zur Wehr setzen könnte. Oder sie wäre ihm dadurch nur noch mehr verfallen, sobald er tatsächlich so etwas wie Leidenschaft zeigen würde... Oh, bloß nicht daran denken! Vor allem nicht, weil er schon wieder von ihrem Raben sprach und sie daran erinnerte, welch schlechtes Gewissen sie ihm gegenüber hegen musste allein wegen ihrer eigenen, viel zu blühenden Phantasie.
Sie hörte zu und sie fand etwas, womit sie ihre Wut auf sich und den Mann vor ihr umleiten konnte. Leise und wenig damenhaft schnaubte sie und schüttelte entschieden den Kopf. "Er soll bloß aufhören damit, dauernd irgendwelche Körperteile herzugeben!", schimpfte sie und machte damit wohl eindrücklich klar, was sie von solchen Opfern hielt. Wobei... im Prinzip war sie bei ihren Perlen nicht viel besser gewesen... aber das zählte jetzt gerade nicht!
Viel eher kam ihr etwas anderes wieder in den Sinn, etwas, das ihr ebenfalls keine Ruhe ließ. Und während ihr Gegenüber darüber sinnierte, wie man sich eines angewachsenen Armes entledigen könnte, sprudelte es schon über ihre Lippen, was sie über den gegenteiligen Weg dachte:"Und wie ist das mit dem Nachwachsen lassen, wenn ein Annähen nicht mehr möglich ist? Wenn ich meine Tränen zurück bekommen kann, was ist dann mit ihm und seinen Opfern? Wenn Lichtmagie bei ihm versagt hat, gibt es nicht andere Wege, ihm zu helfen?" Erstaunlicherweise verplapperte sie sich nicht, denn eigentlich wäre ihr, so schändlich es auch klingen mochte, die Heilung seiner Männlichkeit bei weitem wichtiger als sein Arm, aber es war für sie ein zu tabubehaftetes Terrain, als dass sie es sofort ausgesprochen hätte.
Ohnehin wurde sie auch schon wieder abgelenkt, als sie warme, viel zu angenehm sich anfühlende Finger spüren konnte, die sich um ihre Hand schlossen. Azura erstarrte regelrecht und hielt sogar den Atem an bei dieser unerwarteten Berührung und war kaum fähig, den Sinn seiner Worte zu begreifen.
Es dauerte, bis sie nach und nach in ihr Gehirn vordringen konnten. Fest presste sie die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und starrte auf den Boden zwischen ihrer beider Füße, um nicht erneut sich in seinem Blick zu verlieren. Ja, es war furchtbar gewesen, von Corax entführt und aus ihrem alten Leben gerissen zu werden. Dennoch war auch ihr bewusst, dass es für sie viel schlimmer hätte kommen können, hätte er es nicht getan.
Und inzwischen wusste sie ja auch, warum es geschehen war, dank der Schriftrolle mit seinen Gedanken und Gefühlen, die sie heimlich gelesen hatte. Die sie ihm noch zeigen und um seine Vergebung für ihre Neugier bitten musste...
Wie von weiter Ferne drangen die Fragen des Waldelfen zu ihr durch und sorgten dafür, dass sie blinzelnd trotz ihres Vorhabens aufsah. "Mei... meine... Eltern...?", wisperte sie, von diesem Gedanken erst einmal aus dem Konzept gebracht.
Ein unüberhörbares Grollen von draußen lenkte sie ab, ehe sie in dem Grün mit den goldenen Sprenkeln ein weiteres Mal zu versinken drohte, und sorgte dafür, dass sie den Kopf Richtung Fenster drehte. Ihr Herz wummerte ein weiteres Mal wie wild und zu allem Chaos mischte sich auch erneut die leise Sorge um diese beiden Personen, nach denen sie eigentlich hatte suchen wollen. Ob es ihnen gut ging? Ob sie gerade ebenfalls von Venthas heftigem Segen beglückt wurden?
"Ich weiß es nicht...", hauchte sie in diesem Moment vollkommen vergessend, an wen sie diese Worte dabei richtete. Nein, sie wusste nicht, wo sich ihre Eltern derzeit aufhielten. Nein, sie hatte keine Geschwister, zumindest waren ihr keine bekannt. Und nein, sie wusste nicht, ob sie noch andere Verwandte besaß. Ja, die Familie ihres Stiefvaters hatte den ein oder anderen Zweig mit möglichen lebenden Personen, allerdings waren diese mit ihr weder bekannt, noch blutsverwandt. Würde das also zählen? Nein, im Prinzip nicht... oder?
Würde ihr Ventha helfen, ihre Eltern zu finden, um ihnen eine Nachricht zukommen lassen zu können? Um sie zu sehen, wenn sie nicht mehr ein derart schauriger Anblick wäre? Oder würde die Göttin ihr gegenüber stumm bleiben...?
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 6. Juli 2023, 12:57

Würde man jedem Verstorbenen eine zweite oder gar dritte, vierte, x-te Chance geben, es noch einmal im Leben zu versuchen, wäre die Empfehlung, sich selbst im Jenseits zu reflektieren vollkommen sinnlos. Es würde an Bedeutung verlieren wie der Tod selbst. Dass Azura eine Ausnahme bildete und doch noch einmal einen Versuch wagen durfte, sollte sie daher nicht vergessen. Ebenso wenig wie sie sich erinnern sollte, dass die Göttin, die mitgeholfen hatte, ihre Chance zu erhalten, noch immer auf ihre magische Schriftrolle wartete. Jene hing nach wie vor am Gürtel der Adligen. Sie spürte deren Gewicht. Sie wusste um deren Wichtigkeit, aber auch um die Macht, die diesem Schriftstück innewohnte. Mit ihm wäre man in der Lage, deutlich leichter die Kräfte des Wassers bändigen zu lernen. Etwas, das für Azura durchaus von Vorteil wäre, aber brauchte sie das? Ihr wurde bereits angeboten, ihre Kräfte zu fördern. Der Waldelf Kjetell'o mochte selbst kein Magier dieser Richtung sein und doch trat er überzeugt genug auf, dass man ihm seinen Willen aufrichtig glauben konnte. Er wollte Azura lehren. Er wollte, dass sie ihre Kräfte besser kontrollierte. Aber er wollte auch eine Gegenleistung und die junge Andunierin war ihrerseits nicht gewillt, sich so benutzen zu lassen. Wo sich Madiha Bedenkzeit erbeten hatte und somit nicht kategorisch ausschloss, sich unterrichten zu lassen, da lehnte Azura eher ab. Sie hatte ihr Leben bisher auch sehr gut bestritten, ohne dass sie ihre Wassermagie in einem Ausmaß einsetzen musste, das an ihre Gesundheit ging. Allerdings war ihr Leben bis dahin auch in geregelten, teilweise sogar langweiligen Bahnen verlaufen. Sie musste zugeben, dass es von Vorteil gewesen wäre, hätte sie in der einen oder anderen, jüngsten Situation ihre Kräfte besser beherrscht. Trotzdem konnte sie hier nicht über ihren Schatten springen. Stattdessen lag ihr mehr daran, den Elfen aus der Reserve zu locken und so mehr von ihm zu erfahren. Wer war Kjetell'o? Welche Motive leiteten ihn und schien er wirklich so interessiert an ihr zu sein, dass es seine ständigen Reize rechtfertigte? Er schlich sich in ihre Gedanken wie Gift, breitete sich dort aus und ließ sie Traumbilder zeichnen von kräftigen, gebräunten Lenden, die ihren Schoß einnahmen, wo ihr Herz eigentlich einem ganz anderen Mann gehörte. Einem, den Kjetell'o sogar immer wieder erwähnte, als sähe er in Corax entweder keine Konkurrenz oder wollte Azura indirekt für ihre mögliche Untreue verwarnen, wo sie sich genug einschritt. Warum aber kam er ihr dann immer wieder so nahe? Warum provozierte er sie mit all dieser Geduld und Ruhe?! Kjetell'o war ein Rätsel und somit weitaus interessanter zu entschlüsseln als sich ihrer eigenen Probleme widmen zu müssen.
Erneut war es der Waldelf, der jedoch nicht davon abließ. Er hatte Azuras Probleme aber auch eher vor Augen als sie, denn solange sie nicht in einen Spiegel oder an sich selbst herab sah, war es leicht, ihr Äußeres zu vergessen. Er hingegen musste sich ständig mit ihrer fahlgrauen Haut auseinandersetzen, mit ihren hängenden Brüsten, den knochigen Extremitäten und ihrem Geruch. Warum kam er ihr dann weiterhin ständig so nahe? Warum becircte er sie mit vielsagenden Worten, die verheißungsvolle Stimmungsbilder in ihrem Geist formten? Die Antwort, die er ihr offen gab, war simpel: Er wollte sie von diesem Leid befreien, um ihre wahre Schönheit erblicken zu können. Azura hingegen durfte erneut einen Blick in die Tiefen seiner Seelenwälder werfen, die vom tanzenden Licht goldener Flecken gezeichnet wurden. Es war so unglaublich schwer, sich seinen Augen zu entziehen und er schien nicht einmal zu ahnen, welche Wirkung er damit erzielte! Er schaute sie so unendlich ruhig an.
Azura brach den Blickkontakt ab. Sie musste wieder zur Besinnung kommen. Ihre Wangen brannten und ihr Herz pochte wild, während Geist und Schoß weiter Traumbilder des Möglichen in ihren Geist zeichneten. Sie durfte das nicht zulassen ... oder doch? Hätte Corax etwas dagegen? Würde sie überhaupt so weit gehen wollen? Rasch umschlang sie ihren eigenen Körper. Sie spürte die Knochen unter der dünnen Haut, deren Blässe nicht von adliger Anmut zeugte, sondern von Verfall. Sie konnte winzige Flecken darauf sehen, welche sonst nur mehr als betagte Matronen besaßen, die ihren Zenit weit überschritten hatten und angesichts anderer Dringlichkeiten vorerst von Gevatter Tod höchstpersönlich vergessen worden waren. Ihre Zeit würde kommen. Für Azura war sie allerdings noch nicht vorüber. Sie hatte sich nicht zurück ins Leben gekämpft, um sofort wieder ins Jenseits zu driften, weil ihr altersschwach gewandelter Körper nicht mehr mitspielte!
Auch Kjetell'o wollte das nicht zulassen. Sein Wunsch, ihre Schönheit sehen zu wollen, schwang noch als ausgesprochene Sehnsucht im Raum mit, als sie ihm endlich antwortete. "Und was versprichst du dir davon?"
Endlich ... erstmals durchbrach sie seine beherrschte Haltung. Kjetell'o stutzte und senkte dann die Augen. Er horchte in sich selbst hinein. Sie hatte es geschafft, hatte ihn aus dem Konzept gebracht. Wenn auch nur kurzzeitig, Azura durfte es als ersten, winzigen Sieg verbuchen. Er war also nicht so unnahbar, dass man seine Schale nicht würde knacken können. Warum gerade sie thematisch zum wunden Punkt wurde, klärte sich nicht auf. Sie konnte darüber nur mutmaßen, während er ihr eine Antwort schuldig blieb. Kjetell'o hob nämlich nur die Schultern, lächelte entwaffnend und schüttelte den Kopf. Schließlich rang er sich dazu durch, ihr wenigstens zu sagen: "Ich weiß es nicht. Ich schätze, es liegt in der Natur der Sache. Ich würde wirklich gern wissen, wie du frei von diesem Schicksal aussiehst. Wie du unter deiner eigenen Schönheit erblühst, bis sich ein Hain aus Lieblichkeit um deine Seele bildet, in den man eintauchen und dessen Idylle man selbst genießen möchte."
Sie mochte seine Mauern mit einem kleinen Riss versehen haben, aber er blieb weitgehend standhaft. Seine Antwort wirkte aufrichtig, sein Lächeln ebenfalls. Aber Kjetell'o ließ sich erneut nicht aus der Ruhe bringen. Selbst seine Worte kleidete er in Harmonie, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Würde er es schaffen, ihr eigenes Wasser so unrein werden zu lassen, wenn er sich mit seinem Leib erst einmal in ihr versenkte, weil sie jegliche Gefühle für Corax in den Wind schlug, nur für diesen einen Moment, seine Leidenschaft zu wecken?
Am schlimmsten an allem war nicht sein betörender Charakter und ein ansehnliches Äußeres, sondern dass der Elf es verstand, sie zum einen mit seinen Worten zu locken und dann ihr schlechtes Gewissen in den Vordergrund zu ziehen, weil er nach diesen indirekten Verheißungen erneut ihren liebsten Raben erwähnte. Er sprach nicht einmal schlecht von Corax. Auch an dessen Wohl schien er interessiert zu sein, aber auch ihn nutzte er für seine eigenen Zwecke. Aktuell, um sich bei Bedarf immer wieder in Serpentis Mortis zu verwandeln. Waren es überhaupt seine Motive oder ging es mehr um Andunie selbst und dass man die Dunkelelfen unterwandern wollte? Kjetell'o sprach so vieles an und doch gab er so wenig preis!
Die Wut, die in Azura aufkeimte, lenkte sie auf Corax und seine selbstzerstörerische Ader. "Er soll bloß aufhören damit, dauern irgendwelche Körperteile herzugeben!"
"Soweit ich weiß, wurde ihm der kleine Zeh durch Calebs Säbelstreich abgetrennt ... als er ein achtarmiges Ungetüm der Meere war? Er besitzt wirklich Potenzial." Kjetell'o schenkte Azura erneut einen ruhigen Blick. "Ihr alle. Ihr müsst es nur anwenden lernen, dann könntet ihr über euch selbst hinaus wachsen."
"Und wie ist das mit dem Nachwachsen lassen, wenn ein Annähen nicht mehr möglich ist?", beharrte Azura weiterhin auf Corax und seinem abgetrennten Arm. Dass in ihrem Hinterkopf andere, fehlende Organe von größerer Bedeutung waren, verschwieg sie. Kjetell'o lauschte ihren Ausführungen. Dann hob er erneut die Schultern. "Licht ist die arkane Essenz der Heilung, deshalb gibt es so viele lichtmagisch begabte Heilkundige auf Celcia. Es kann den Körper leichter durchdringen als andere, elementare Magie-Arten, weil Licht nur von Schatten eingeschränkt wird. Es analysiert Verletzungen unter seinem eigenen Schein und weiß mit der magischen Note Ordnung zu schaffen, so dass wieder zusammenwachsen kann, was zusammen gehört. Im Grunde heilt es nicht wie der Laie es sich vorstellt. Es fördert. Wenn ein Lichtmagie mehr seiner eigenen Kräfte opfert, ist er in der Lage, diese Förderung so sehr zu beschleunigen, dass seine Magie wirklich heilt. Neue Gliedmaßen wachsen zu lassen entzieht sich aber auch seinen Mächten."
Kjetell'o schritt vor Azura auf und ab. Er tippte sich nachdenklich an sein Kinn, während er seinen Gedanken freien Lauf ließ. Dass er in seinem Monolog mehr Passion zeigte als sonst, deutete erneut darauf hin, wie wichtig ihm selbst dieses Thema war. Es regte ihn an, darüber nachzudenken, selbst wenn er keine Antworten bekam. Azura spürte unwillkürlich den Eifer seiner Seele, der von ihm ausging. Er war warm, prickelte fast wie kleine Funken auf ihrer Haut. "Vielleicht könnte ein Naturmagier diese Hindernisse überwinden. Immerhin beschäftigt er sich auch damit, Florencias Segen beim Wachstum zu unterstützen. Aber selsbt dazu würde er ein Samenkorn benötigen, die passende Umgebung und könnte mit seiner Magie nur fördern, was das Körnchen mit genug Zeit auch allein zustande brächte. Wenn er einen Teil seiner eigenen Kräfte opfert, beschleunigt er den Prozess auch nur wie es ein Lichtmagier tun würde. Doch könnte er Neues schaffen? Einen Arm schaffen? Hmmm... Oh!" Kjetell'o zuckte zusammen, als sich von seinem Zeigefinger eine Flamme löste, die ihm beinahe die Haut am Kinn verbrannt hätte. Er starrte dem Feuer entgegen und wischte es anschließend fort, dass es sich in Nichts auflöste. In den Duft von Vanille und Zitrone mischte sich eine rauchige Note. Der Elf räusperte sich, wandte sich dabei zu Azura um und schlug die Hände im Steiß zusammen. "Ein anderes Mal, aber ich behalte die Überlegungen im Hinterkopf. Für jetzt reicht es zu wissen, dass wir beide nicht genug wissen." Er lächelte. Dann wechselte er das Thema erneut auf Azura, ihre Herkunft und familiären Beziehungen. Er erwähnte ihre Eltern und ob sie über deren Aufenthaltsort Bescheid wüsste. Dieses Mal war er es, der sie aus dem Konzept brachte, denn das Interesse sprang bei ihm so plötzlich hin und her und doch schien er aus seinen Fragen keine belanglose Plänkelei zu machen. Er wollte erfahren, was Azura wusste. Leider war das nicht viel. Sie wusste nur, dass sie ihre Mutter und ihren Ziehvater immer mehr zu missen begann. Daran war vor allem die Eroberung Andunies durch die dunklen Völker schuld, denn auch wenn ihre Eltern zu dem Zeitpunkt nicht einmal in der Stadt waren, bedeutete es nicht, dass sie sie in Sicherheit wissen konnte. Wer sagte ihr denn, dass andere Teile Celcias kein ähnliches Schicksal widerfahren war? Sie hatte nichts mehr von ihnen gehört, ebenso wenig hatte sie von sich aus mit ihnen Kontakt aufnehmen können. Eine innere Sorge breitete sich aus.
Kjetell'o bemerkte dies. Ernst durchschritt seine grünen Wälder, schob dort Zweige und Laub beiseite, so dass nicht mehr jeder Fleck golden darauf traf. Schatten legten sich über seine Seelenspiegel wie die Last der Schuld über die Schultern des Reuigen. Er machte erneut einen Schritt auf Azura zu. Dieses Mal hob er seine Hand zu ihrer Wange. Er schob zwei Strähnen hinter ihr Ohr und musterte jenes. Dann fuhr er mit dem Finger über ihre Ohrmuschel hinweg, über die winzige Erhebung, die sie nicht vollkommen rund machte. Mit dem Daumen strich er nach und schließlich ließ er die Hand auf ihre Schulter sinken. "Azura...", begann er und verstummte sofort wieder. Er wog gedanklich etwas ab, aber sein Zögern währte nur kurz. Kjetell'o atmete durch. Er traf eine Entscheidung. "Azura, sei unbesorgt. Wengistens, was deine Mutter betrifft. Aquila van Ikari ist unversehrt zu Hause in ihrem Anwesen. Und ich bin sicher, sie würde dich liebend gern wieder in ihre Arme schließen." Er strich mit seiner Zunge über die Lippen, um sie zu befeuchten. Sein Blick wanderte von Azuras Haar hinüber zur verregneten Fensterfront. "Was deinen Vater angeht..." Er zögerte erneut. Draußen blitzte es und Kjetell'o senkte die Lider, bis der Donner folgte. Dann schaute er Azura wieder an. "Er wünscht sich gewiss dasselbe - seine geliebte Tochter zu halten. Wo auch immer er sich gerade aufhält."
In einem Anflug von Gedankenlosigkeit schob Kjetell'o seine Hand bis in Azuras Nacken. Er übte dort sanften Druck aus, der mit mehr Elan sie in seine Richtung und gegen seine Brust manovriert hätte. Im letzten Moment besann er sich seiner Tat und zog die Hand gänzlich von ihr fort.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Azura » Freitag 7. Juli 2023, 14:16

Bislang hatte sie noch nicht die Ruhe und ein Fleckchen hier für sich gefunden, um darüber nachzudenken, was sie mit der so plötzlich aufgetauchten und bedeutungsvollen Schriftrolle tun sollte... und wollte. Dass sie diese früher oder später an ihre Göttin übergeben würde, wie es abgemacht gewesen war, stand für sie außer Frage.
Allerdings hatten sie niemals konkret festgelegt, wie lange sie sich dafür Zeit lassen konnte, sodass sie es deswegen auch nicht ganz so eilig hatte damit. Warum auch? Sie ahnte, dass dieses Schriftstück sehr wichtig war, und entsprechend wollte sie diese nicht leichtfertig aus der Hand geben. Ja, sie hatte schon als Preis im Voraus etwas erhalten, ihr Leben, jedoch wollte sie es auch so zurück, wie sie es verlassen hatte. Nun ja, zumindest optisch gesehen. Bei allem anderen war sie sich da selbst nicht mehr vollkommen sicher, was sie davon tatsächlich vermisste und nicht nur aus Bequemlichkeit zurück haben wollte.
Aber das war noch nicht alles. Nein, neben dem Aspekt des Zeitlichen, hatten sie auch nicht über das Örtliche gesprochen. Wo sollte sie denn hin mit diesem Ding an ihrem Gürtel, sodass es tatsächlich Ventha wäre, die es bekommen würde und nicht sonst irgendjemand, der daraus dann für sich Kapital schlagen würde? Wie sollte sie es übergeben? Würde ihre Göttin noch einmal erscheinen als Person und es entgegen nehmen? Oder sollte sie es verbrennen, um das darin enthaltene Wissen über den Rauch den Wolken zukommen lassen zu können? Oder ins Meer werfen, mit einem Stein daran, damit das Wasser jedes Detail aufnehmen würde? Warum hatte sich niemand im Vorfeld darüber Gedanken gemacht, sodass sie nun nicht vollkommen blank dastehen würde und selbst erst auf die geeignetste Lösung drauf kommen müsste?
Soweit war sie allerdings noch gar nicht, denn im Moment bot ihr dieses Kleinod, das von ihrem Überwurf verborgen wurde, lediglich etwas Halt, vielleicht sogar eine Spur Trost, in einer Situation, die sie in gewissen Maße trotz all ihres koketten Gehabes überforderte. Denn die Rollen war hier eindeutig vertauscht und Azura konnte mit Fug und Recht zugeben, dass es ihr absolut nicht behagte, in welche Position sie sich manövrieren ließ, weil ihr die Macht fehlte, sich daraus zu befreien. Ein Blick, eine Geste, ein Wort konnte schon ausreichen, um ihre Gedanken Karrussell fahren zu lassen auf eine Art und Weise, die sie nicht wollte und dennoch nicht vermeiden konnte. So, wie sie es früher bei ihren Galanen hatte erreichen wollen, so machte es der Waldelf nun mit ihr.
Ob ihre Verehrer damals auch sehenden Auges in diese Art von Unheil gelaufen waren, angezogen, wie die Motte vom Licht? Oder gelang es nur ihr, weil sie früher eben diese andere Rolle innegehabt hatte? Oder... was noch viel schlimmer wäre, sowohl für ihr Selbstbewusstsein, als auch für alles andere in ihrem Denken und Fühlen, bildete sie es sich gar nur ein, dass er ein tatsächliches Interesse an ihr haben könnte, trotz ihrer derzeitigen Erscheinung?
Aber... warum sollte er sonst ihr bisheriges Äußeres erwähnen, das Bestreben, sie in ihrem alten Glanz erstrahlen sehen zu wollen? Um sie noch mehr dem Spott und Hohn preiszugeben, weil sie längst verbraucht und nicht mehr unberührt wäre? Oder auf anderweitige Weise vorzuführen? Oder... war ihr Misstrauen fehl am Platze und er hatte dank Corax' Erzählungen tatsächliches Interesse an ihr entwickelt? Nein, dieses hatte er ihr schon zuvor, bei ihrem Gang durch die Akademie, zu vermitteln gewusst.
Und dennoch... irgendetwas war seltsam an der Sache, jedoch konnte sie dieses Gefühl absolut nicht greifen. Womöglich war es auch nur Angst vor der Verletzung in einer Mischung mit ihrem schlechten Gewissen ihrem Raben gegenüber. Schließlich war sie nicht mehr vollkommen frei... zumindest ihr Herz nicht, ohne wirklich benennen zu können, was das zwischen ihnen beiden wäre und wohin das jemals führen könnte oder sollte... oder dürfte!
Wenn das so weiter ginge, müsste sie sich ernsthaft überlegen, wie sie dem Waldelfen aus dem Weg gehen könnte. Unerheblich davon, ob er eine tatsächlich funktionierende Lösung für ihr optisches Problem hätte oder nicht.
Allerdings weckten seine Worte auch ihre Zweifel, ihre Unsicherheit und dass sie es ausgerechnet mit dieser schaffte, seine sonst so glatte, unaufgeregte Fassade zu durchbrechen, hätte sie niemals vermutet. Doch sie sah sein Zögern, kaum, dass ihre Worte seine Ohren erreicht hatten, und dann war er es, der den Blick abwandte. Ihre Stirn runzelte sich flüchtig und ihre Lippen zuckten, aber der Triumph wollte sich nicht vollkommen einstellen. Nein, dazu fiel seine Reaktion zu... schwach aus. Trotzdem war es ein Anfang und sie würde es sich merken für andere Gelegenheiten, sofern es klug wäre, solche zu suchen.
Wobei... wann hatte sie das letzte Mal ernstlich klug gehandelt? Nun, das war ein anderes Thema!
Seine Antwort hingegen war irgendwie... unbefriedigend. Mehr noch, sie fiel überaus kitschig aus, dass es selbst sie, die durchaus einige dieser dazu passenden Schnulzen in einsamen, langweiligen Stunden aus der Not heraus gelesen hatte, zu einem wenig damenhaften Schnauben anregte. "Jetzt verrate mir noch den Namen, unter dem du diesen Schwulst zu Papier bringen wirst, und ich nenne dir einige Häuser, deren Töchter ihn mit wohligen Seufzern lesen werden.", spöttelte sie.
Dabei hätte sie diese Worte auch ganz anders, viel schlüpfriger verstehen können, wenn... wenn er den Blickkontakt zuvor nicht abgebrochen, sondern sie in dieser schamlosen Stimmung damit erwischt hätte. So allerdings fand sie es einfach nur unpassend und bei weitem nicht so, dass es einer tatsächlichen Erklärung entsprochen hätte, die sie im Gegenzug hätte hören wollen.
Das und noch so viele andere, unausgesprochene, in ihr gärenden Gefühle sorgten dafür, dass ihre Gemütsstimmung sich wandelte und schließlich auch offenbarte, was sie von den ganzen Opfern ihres Liebsten hielt. Dadurch war sie nicht für das Kompliment oder gar die Möglichkeit empfänglich, an ihren magischen Fähigkeiten zu wachsen und damit sogar für positive Überraschungen sorgen zu können, ja, womöglich Gutes zu tun, sodass sie dabei lediglich unwirsch abwinkte.
Stattdessen wandten sich ihre Gedanken bereits in eine andere Richtung, so vordergründig, dass sie auch sogleich über ihre Lippen drangen. Und obwohl sie erst einmal nur auf den Arm anspielte, wartete sie durchaus mit ehrlichem Interesse auf eine Erwiderung oder gar Lösungsvorschläge, um auch andere Körperregionen... heilen zu können. Was sie dagegen erhielt, war... eine langweilige Ausführung über die Wirkungen und Hintergründe von Lichtmagie, bei deren zweiten Satz sie schon das Gefühl hatte, gleich laut und deutlich gähnen zu müssen.
Ihre Hand wanderte wie von selbst erneut an ihren Gürtel und sie konnte sich ein ungeduldiges Tippen mit dem Finger nicht verkneifen, während er vor ihr, ganz der Lehrer, auf und ab zu schreiten begann, als könne er auf diese Weise seinen ermüdenden Inhalt besser vortragen. Warum machten das Leute immer so, wenn sie jemand anderem eine sinnbefreite Lektion erteilen wollten? Bekam man das so beigebracht, wo auch immer man lernte, einmal Lehrer zu werden?
Azura biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick, um den Anschein zu erwecken, sie würde überhaupt noch zuhören. Dabei schweiften ihre Überlegungen längst ab und das Gesagte drang bei ihr gerade einmal beim einen Ohr ein, um beim anderen unbemerkt wieder auszutreten. Wie gut, dass Corax nie solch eine Anwandlung gehabt hatte, wenn er ihr etwas hatte erklären wollen! Wobei... wirklich viel gesagt hatte er ja generell nicht, wenn es darum ging, dass sie etwas lernen sollte. Was hatte er ihr eigentlich überhaupt bewusst und nicht unter viel Gezank und Gezeter beigebracht? Nun, eine Sache, das auf jeden Fall, aber das war ja auch eindeutig mit einem gehörigen Schuss Praxisbezug einhergegangen.
Ein feines, freches Schmunzeln schlich sich in ihren Mundwinkel, als sie sich unwillkürlich vorstellte, wie sie und er in einem Zimmer sitzen würden und unter dem Tisch kleine Streicheleinheiten austauschten, während sie so täten, als würden sie dem Waldelfen, ihrem Lehrer, bei seinem Vortrag über Magie und Potential und all dem unsinnigen Zeug zuhören. Und wie sie sich dabei so zum Köcheln bringen würden, dass sie den begonnenen Unterricht kaum noch ertragen könnten, weil sie viel lieber übereinander herfallen wü...
Ein Prickeln auf ihrer Haut, das sämtliche noch vorhandenen, feinen Härchen aufrichtete, ließ sie blinzelnd aufsehen, gerade noch rechtzeitig, um zu erkennen, dass aus dem Zeigefinger ihres Gegenübers ein Flämmchen empor züngelte, das er jedoch bereits verlöschen ließ. Eine neue Duftnote mischte sich mit seiner bisherigen und ließ sie unwillkürlich schlucken. Denn so sehr sie sein bisheriger Geruch schon hatte verwirren und betören können, diese neue Variante schien das Ganze noch einmal verstärken zu wollen. Ob er so auch riechen würde, wenn sie ihn aus seiner enervierenden Ruhe bringen würde, auf welche Weise auch immer?
Seine Bewegung in ihre Richtung ließ sie unwillkürlich zu seinem Gesicht aufblicken, während sie gedanklich noch bei dieser Frage verharrte. Was er als nächstes meinte, ging ebenfalls wie sein Vortrag von vorhin an ihrem Geist vorüber.
Nicht so jedoch seine Fragen nach ihrer Familie, die sie wieder in eine ganz andere, wenngleich ebenfalls nicht sonderlich angenehme Richtung schickte. Als wäre das nicht schon genug des Ganzen, war er ihr plötzlich wieder viel zu nahe und auch wenn die rauchige Note allmählich verblasste... ihre Nase erinnerte sich viel zu deutlich daran, was ihr Herz schneller schlagen ließ.
Er schien es zu ahnen... oder konnte man es ihr derart deutlich ansehen? Auf jeden Fall wich er nicht vor ihr zurück, wie ein anständiger Mann das getan hätte, sondern begann damit, bei ihr auf Tuchfühlung zu gehen. Nicht so, wie ihr Rabe das getan hätte oder es sich früher ihre Galane gewiss gewünscht hätten. Dennoch konnte sie nicht abstreiten, dass seine sanften Berührungen ihr einen nicht enden wollenden Schauder bescherten, ihr die Knie weich und den Schoß feucht werden ließen. Wobei... letzteres wäre wohl nur dann geschehen, wenn sie nicht in einem halb vertrockneten Leichnam gesteckt hätte.
Und als er dann auch noch ihren Namen aussprach... da konnte sie nicht anders, als ihre Lider ein wenig zu senken und ein kaum wahrnehmbares "Ja?" zu hauchen, so, als hätte er ihr bereits alles Mögliche ins Ohr gesäuselt, um sie zu umgarnen. Bildete sie sich das ein oder gar ihr Körper nach, als wolle sie gegen ihn, in seine Umarmung sinken in Erwartung jenes Kusses, der sicherlich folgen würde?
Doch ehe es soweit kommen konnte, da erhob er erneut die Stimme... und durchbrach jenen Zauber, den er gerade selbst um sie gewebt hatte. Blinzelnd erstarrte sie mitten im Sinkvorgang, wie ein Schiff in Venthas Fluten, dessen Leck lediglich auf den ersten Blick verheerend gewirkt hatte. "Was?", entkam es ihr im ersten Moment wenig sinnvoll und es dauerte, bis sie allmählich in die Wirklichkeit zurück fand, aber vor allem zu jenem Thema, das sie eigentlich gerade besprochen hatten.
Ihre Eltern... ihre Mutter... in Andunie? Daheim? Und ihr Vater... Ziehvater... ganz egal, er nicht...? Wie war das möglich...? Die Beiden waren zusammen unterwegs gewesen! Was war geschehen? Warum hatten sie sich räumlich getrennt? Was sollte sie jetzt tun, was denken? Sollte sie zu ihrer Mutter laufen und...? Nein, bloß nicht, das würde alles nur noch schlimmer machen! Nicht nur entehrt und mit einem Dunkelelfen beisammen, sondern auch verfaulend am Leben und...
Mit einem Mal hatte sie das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, so sehr wirbelten diese neuen Gedanken und Gefühle jenes Chaos in ihrem Inneren durcheinander, das er ohnehin schon entfacht hatte. Sie begann leicht zu zittern, das Herz hämmerte ihr heftig in der Brust und das Blut rauschte in ihren Ohren, als sich eine Hand in ihren Nacken legte, warm, kräftig und vielversprechend, wenn... wenn sie es nur zulassen würde. Nein! Nein, das konnte sie nicht! "Nein...", wisperte sie plötzlich und riss sich los, während er selbst seine Hand bereits zurück zog.
Erschrocken keuchend und zugleich wie aus einem Traum erwacht, starrte sie den Waldelfen einen Moment lang an, ehe sie an ihm vorbei eilte. "I... ich... ich brauch... Luft... frische Luft!", stammelte sie und eilte zu der Luke, durch die sie diesen Raum betreten hatte. Würde er sie nicht aufhalten, würde sie ihn kurzerhand so stehen lassen und fliehen, vor dieser Situation, vor ihm, vor ihren Gedanken und Gefühlen... einfach vor all dem, was sie in diesem Raum durchmachen musste!
Sie würde die Treppe hinunter eilen bis zu jenem Gang, aus dem sie gekommen war, würde dort nach einer anderen Möglichkeit suchen, um nach unten und im besten Falle in den Hof zu gelangen, direkt unter Venthas noch immer währenden Regenguss. Und würde mitten auf diesem Weg den helfenden Gedanken haben, dass sie gar nicht so weit würde laufen brauchen, denn in jenem Raum, in dem sie an diesem Tag erwacht war, hatte es schließlich auch einen Balkon gegeben. Dieser wäre letzten Endes ihr Ziel, ohne noch nach links oder rechts zu blicken und sich darum zu kümmern, ob und wer sie dabei sehen könnte. Würde sie sich hinaus in den Regen stellen, sich fest am Geländer anhalten und sich von dem kühlen Nass ganz und gar durchtränken lassen in der Hoffnung, am Ende ruhiger und klarer zu werden. Ohne Angst vor den gleißenden Blitzen und dem krachenden Donner.
Das alles würde sie tun, wenn... wenn er sie jetzt nicht aufhalten würde.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Montag 10. Juli 2023, 10:30

Man konnte schlussfolgern, dass Azuras aktueller Zustand mit der Aufgabe zusammenhing, die Ventha ihr gestellt hatte. Sie hatten den Vorzug erhalten, schon ins Leben zurückzukehren, um die Schriftrolle der Wassermagie zu finden, eben weil sich diese in der Welt der Lebenden befunden hatte. Nur deshalb schien ihre Göttin sich überhaupt auf den Handel eingelassen zu haben. Immerhin war sie Ventha und nicht Manthala. Die Herrin von Nebel und Träumen wäre den zuvorkommenden Schritt vielleicht nicht so leichtfertig gegangen. Ventha aber hatte ihrem Kind damit nicht nur eine zweite Chance ermöglicht, sondern ihr auch Vertrauen geschenkt. Bedingungslos war dies allerdings nicht geschehen. So ließ sich spekulieren, ob Azuras verweste Erscheinung nicht damit zusammenhing, dass sie die Schriftrolle noch überreichen musste. Vielleicht würde sie ihr altes Äußeres zurückerlangen, sobald Ventha die Sammlung magischer Formeln in ihren vollkommenen Händen hielt. Nur wie sollte Azura ihr diese darbieten? Sie wusste es nicht, wollte das hart erarbeitete Kleinod daher auch nicht gedankenlos aus der Hand geben. Solange sie also keine Lösung für eine Übergabe gefunden oder Ventha sich noch einmal persönlich gemeldet hätte, behielt sie die heilige Schrift lieber zusammengerollt und versiegelt an ihrem Gürtel, gut verborgen vor anderen. Anderen wie Kjetell'o, obgleich der Waldelf weniger Interesse an magischen Artefakten zu haben schien als an ihr. Das Problem an der Sache war, dass die Adlige so sehr darauf reagierte. Ihr Herz klopfte eifriger, wenn der Elf sich näherte. Sie gewöhnte sich mit zu viel Wohlwollen an den Duft von Vanille und Zitrone und als sich gar eine rauchige Note hinzugesellte, blähten sich ihre Nasenflügel noch ein wenig mehr auf, um möglichst viel von dem Aroma in sich aufzunehmen. Ihre Knie fühlten sich weich an, wenn er ihr zu nahe kam. Sein Blick schlug sie in den Bann. Dennoch fühlte sich alles irgendwie anders an als bei ihrem Raben, aber vielleicht war auch genau das so reizvoll. Kjetell'o, den sie kaum kannte und der sie mit seiner Optik bereits zu verzaubern wusste, weckte etwas Vertrautes in ihr. Ob es nur sein Bild, seine Gesten oder das Wenige an Persönlichkeit war, das er preisgegeben hatte, irgendetwas lud Azura dazu ein, sich ihm öffnen zu wollen. So sehr, dass ihr Körper bereits Bilder aussandte, wie sie nicht nur ihre Seele, sondern auch ihre Schenkel für ihn aufschob, um jede Faser von ihm einzulassen. Allein die Neugier wie er sich anfühlen könnte, ließ in ihr etwas hochsteigen und das war seltsam. Er war wie Madiha ein Feuermagier. Sie hatte es nun gesehen, dieses winzige Flämmchen, an dem er sich beinahe selbst verbrannt hätte. Es machte ihn nur noch sympathischer und genau hier lag der Knackpunkt. Kjetell'o übte nicht diese Abneigung auf sie aus. Denn Azura und Madiha konnten sich auf einer neutralen Ebene durchaus verstehen. Sie konnten und sie hatten bereits zusammengearbeitet, ohne dass eine unter der Macht der anderen vergangen wäre! Kjetell'o hatte sogar gefördert, dass sie ein Miteinander suchten. Aber bei ihm war es von Anfang an anders gewesen. Azura hatte in keinster Weise gegen Barrieren anrennen müssen. Wo sie bei Madiha das Gefühl hatte, beide stünden sich auf einem Schlachtfeld gegenüber, das lud Kjetell'o sie in einem Bild auf einen glänzenden Parkettboden ein, um mit ihr zu tanzen. Machte ihn das nun vertrauenswürdiger oder gefährlicher als die andere junge Frau aus Sarma?
Azura wusste Kjetell'o nicht vollends einzuordnen. Weder ihn noch seine Interessen und auch sein Kompliment über den Wunsch, sie in all ihrer Schönheit zu sehen, klang zu überladen mit Lieblichkeit, als dass sie ihn so ernst hätte nehmen können wie eine geraunte Liebesbekundung ihres Raben nachdem sie sich wieder gegenseitig verbal an die Gurgel gegangen waren.
"Jetzt verrate mir noch den Namen, unter dem du diesen Schwulst zu Papier bringen wirst, und ich nenne dir einige Häuser, deren Töchter ihn mit wohligen Seufzern lesen werden."
Sein Blick traf sie direkt, aber es fehlte der durch ihre Worte provozierte Zorn. Corax besaß diesen. Er konterte dann und sie stachelten sich gegenseitig auf, bis die Luft zwischen ihnen zu flirren begann. Kjetell'o hingegen musterte Azura so ruhig, so ausgeglichen. Es war zum Verrücktwerden! Auch er konterte, aber auf eine ganz andere Art und Weise, um sie zu entwaffnen. "Ich wäre aber nur an dem Seufzen einer einzigen Tochter aus hohem Haus interessiert." Nun gab er es offen zu. Existierten noch Zweifel? Er hatte es selbst gerade angesprochen, oder nicht? Meinte er es anders? Sein Blick wanderte über Azuras Gesicht, suchte seinerseits nach einer Reaktion. Dann räusperte der Elf sich und lenkte das Gespräch in andere Bahnen. Dennoch führte es die beiden früher oder später wieder zu Azura zurück. Dieses Mal war die Rede von ihren Eltern. Ein unliebsames Thema für die Adlige, denn sie wusste nichts über deren Verbleib und das machte ihr Sorgen. Schlimmer jedoch wurde es, als Kjetell'o ihr offenbarte, dass er zumindest über die Sicherheit ihrer Mutter informiert war. Er hatte sogar durchscheinen lassen, dass sie Zuhause steckte! Sie war daheim, in ihrem Anwesen! Und sie war allein. Wo steckte ihr Ziehvater? Warum wusste der Waldelf nichts von Alycide van Ikari zu erzählen?!
In Azura brodelte ein innerer Konflikt empor. Die Sehnsucht, ihre Mutter wiederzusehen und in die eigenen Arme zu schließen rang mit dem Wissen um ihren noch immer desolaten Zustand. Sie würde Aquila nur verschrecken, entsetzen und vielleicht sogar mehr Schaden als Hilfe sein. Das konnte sie ihr nicht antun, die doch auf ihre Weise immer so gut für ihr kleines Mädchen gesorgt hatte. Azura musste nicht einmal mit dem Gedanken spielen, dass sie wohlmöglich enttäuscht wäre über ihre verlorene Unschuld oder den Skandal, dass es ein Dunkelelf gewesen war, ohne Namen und Titel. Wobei auch hier die Wahrheit noch unergründet blieb, aber darauf konnte Azura sich nun nicht fokussieren. Ihr Geist drehte sich plötzlich um den Wunsch, ihre Mutter zu treffen und die Angst aus gleichen Gründen. Außerdem sorgte sie sich um ihren Ziehvater.
Die Ungewissheit schürte Angst und beide überforderte sie. Auf einmal glaubte sie, in einem viel zu engen Korsett zu stecken, während man ihr abverlangte, die Hunderdste Runde mit einem Galan durch den Tanzsaal zu drehen. Niemand, der nicht als Töchterchen eines Adligen aufgewachsen war, konnte sich vorstellen, welche körperliche Belastung es bedeutete, die wunderschöne Prinzessin in den schweren, viel zu dicken, wallenden Kleidern zu sein, welche sie mit ihrem zierlichen Körper über den viel zu schlitterig polierten Boden schleppen musste. Die Füße steckten dabei in viel zu schmalen Schuhen, welche mit ihren Pfennigabsätzen kaum Halt boten, im Gegenteil. Jeder Schritt war eine Bedrohung, sich den Knöchel zu brechen und für immer zum Krüppel zu werden, den kein Ehrenmann mehr ehelichen wollte. Trotzdem verlangte die Gesellschaft von ihr, dass sie damit das Gewicht des Ballkleides und ihr eigenes trug, zusammen mit einer Turmfrisur voller Perlen und anderem Prunk. Man erwartete, dass sie das Haupt hob, schön aussah und lächelte, während sie sich unter all den Lagen aus Stoff die kleinen Füße wund tanzte. Und weil eine so zierliche Prinzessin immer schlank und schön sein musste, presste man sie in ein Korsett, um ihre Taille dünner zu drücken als das eigene Handgelenk. Viel zu viele junge Damen erlagen einer Ohnmacht und der Adel feierte es noch als Schwärmerei und dass eine solche Frau gewissen Männern nicht hatte widerstehen können und sich deshalb in die Bewusstlosigkeit rettete. Bei manchen Familien galt es als Brauch, dass dies eine stumme Einwilligung für eine Ehe war, die in der Zeit der Ohnmacht jener Tochter über ihren Kopf hinweg entschieden wurde. Deshalb interessierten sich gerade feiste, alte, aber reiche Persönlichkeiten ebenfalls dafür, ein junges Mädchen auf die Tanzfläche zu führen. Sie erhofften sich, in ihrem Leben noch einmal heiraten und ihren faltigen Körper über eine unverbrauchte Schönheit schieben zu können. Auch dieser Gedanke, diese Furcht, nahm einer Adligen viel zu schnell die Luft zum Atmen.
Bei Azura waren es jetzt aber weder diese gesellschaftlichen Schattenseiten noch ein Korsett, sondern allein die Sorge um ihre Eltern und die Überforderung dessen, was sie von Kjetell'o erfahren hatte. Kjetell'o ... der ihr immer noch viel zu nahe kam, weil er Interesse hatte. Raus, sie musste raus. Nur weg. Die Ohnmacht wollte sich nicht einstellen, aber sie hatte auch nicht vor, sich dieses Mal so auszuliefern. Denn es war nur Kjetell'o in ihrer Nähe und von ihm wollte sie nun ebenfalls entfliehen wie vor der Angst, die seine Worte geschürt hatten.
Er hielt sie nicht auf. Viel zu überrascht war er von ihrer Reaktion und dem doch so schnellen Handeln, aus dem Turmzimmer zu entkommen. Er rief ihr lediglich nach und sie hörte ihren Namen auch dann noch entfernt, als sie bereits die Stufen herunter wankte. Sie hörte Schritte. Kjetell'o folgte ihr, also musste sie schneller sein, noch schneller. Sie brauchte nicht wirklich Luft. Ihr Körper sehnte sich nach Venthas Segen. Sie brauchte Wasser, um ihren inneren Frieden wiederzufinden. Wo die Göttin Wellen aus Wut aufpeitschen ließ und Stürme des Zorns heraufbeschwor, da fand ihre adlige Anhängerin stets innere Ruhe in der Wildheit des Wassers. So war es auch dieses Mal, als sie ihre Füße bis zu dem Zimmer führten, in dem sie Corax wieder begegnet war. Der Rabe stand weder vor der Tür noch wartete er im Inneren und auch Madiha und Caleb fehlten. Wo steckte überhaupt Jakub? Ihn hatte Azura schon lange nicht mehr gesehen. Sie konnte sich nun aber auch damit nicht beschäftigen. Sie war aus einem bestimmten Grund bis in diesen Raum geflohen. Er besaß einen Balkon. Die Tür, die mehr einem mannshohen, doppelflügeligen Fenster glich, stand noch immer offen. Es regnete herein und der steinerne Boden vor dem Zugang zum Balkon war schon richtig nass. Eine große Pfütze hatte sich gebildet, von der die Vorhänge jedoch verschont blieben, da der ebenfalls kräftige Wind sie tief bis ins Innere des Raumes hinein wehte. Azura wurde von einer Brise aus salziger Luft und Regentropfen begrüßt. Sie breitete ihre Arme aus, um ihn zu empfangen. Sie trat auf den Balkon, streckte ihr Gesicht dem Gewitter entgegen. Blitze erleuchteten ihre aschfahle Haut, Donner rollte über die Wolken und zerrüttete sie, dass sie ihrem faltigen Antlitz glichen. Die Andunierin aber spürte nur die Frische und den Regen. Er spülte ihre Furcht hinweg. Er reinigte sie von den Sorgen und ließ ihre Seele atmen, denn er nahm den Druck von ihr. Kalt traf er auf ihre Haut, durchdrang die Kleidung und ließ sie nicht nur klamm, sondern bei den helleren Stoffen auch fast durchsichtig werden. ihr Körper reagierte auf die Kühle, dass sich gar die Knospen ihrer verwelkten Weiblichkeit hart gegen den Stoff reckten und versuchten, noch ein wenig Reiz auf das Männerauge auszuüben. Der einzige Mann, der sie so sah, war Kjetell'o.
Der Elf mochte sie im Turm nicht aufgehalten haben, doch ihre Reaktion hatte ihn reichlich erschreckt. Wo Azura in Sorge um ihre Eltern die Wendeltreppe hinab geflohen war, da war der Elf ihr aus Sorge um ihr eigenes Wohl gefolgt. Er hatte sie gerufen, immer wieder, aber sie hatte nicht reagiert. Dunkelelfische Wachen waren aufmerksam geworden und hatten Kjetell'o eine Weile aufgehalten, bis es ihm möglich gewesen war, sich zu erklären. Dass er von einem von ihnen eine Ohrfeige eingefangen hatte, würde er nicht ansprechen. Er ignorierte diese Behandlung ebenso wie den Schmerz. Er hatte es hingenommen und sich das Gesicht des Wächters gemerkt. Rache war nicht Teil von Kjetell'os Gemüt, ungeschoren würde er den Wächter aber auch nicht davonkommen lassen. Serpentis würde ihm eine Ration kürzen, als Grund aber eine Ausrede angeben. Ihm fiele schon etwas ein. Details konnte er später überdenken. Nun war keine Zeit dafür. Er hatte tatsächlich andere Prioritäten. Eine, die sehr weit oben auf seiner Liste stand, fand er in Corax' Unterkunft. Da stand sie, auf dem Balkon, umweht von den wild flatternden Vorhängen, die eigene Akademie-Kleidung durchnässt und zwar auf eine Weise, dass er Elfe hastig den Blick abwandte, nachdem ihm die weiblichen Vorzüge aufgefallen waren. Sie mochten noch so verwest sein und noch so hängen. Es waren Knospen wie kein Mann sie besaß und somit ein Blickfang für jenes Geschlecht, wenn man nicht das eigene bevorzugte.
Sich gänzlich abzuwenden stand dem Elfen aber auch nicht zu Gesicht. Er war nicht Caleb. Er besaß offensichtlich genug Erfahrung, um mit einer solchen Situation umzugehen. In Ermangelung einer Decke, denn die Bettsachen wollte er dazu nicht nutzen, trat er ohne Hilfsmittel bis an Azura heran und umarmte sie behutsam von hinten. Seine Bewegungen waren langsam, um sie nicht zu erschrecken. Er zögerte in seiner Tat aber nicht. Er war nicht nervös, scheute nicht vor ihrem Körper zurück.
"Ich weiß, es ist dein Element, aber selbst Wassermagier können sich erkälten", raunte er ihr an den Hinterkopf. "Bitte, komm ins Trockene." Sofern Azura sich nicht sträubte, zog Kjetell'o sie zurück in den Raum. Ersatzkleidung fand sich in den Schränken, aber er wollte er einmal nach Azuras Gemütszustand sehen, ehe er ihr den Vorschlag machte, sich umzuziehen. Vielleicht hatte sie auch etwas ganz Anderes vor als das, denn erneut war er ihr nahe und der Regen durchtränkte nun auch seine Kleidung.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Azura » Donnerstag 13. Juli 2023, 13:27

Sie bräuchte Ruhe und Zeit, um sich über all das Erlebte, zumindest jenes seit ihrem letzten Aufwachen, etwas klarer werden zu können. Doch diese stand ihr im Moment nicht zur Verfügung. Ja, selbst ihre Konzentration war mitunter erheblich getrübt, sobald der Waldelf ihr zu nahe kam oder mal wieder eine Bemerkung fallen ließ, die ihr Herz kräftig zum Pumpen brachte. Nicht nur das, er bescherte ihr so einiges an Empfindungen, die sie weder haben wollte, noch durfte in Anbetracht dessen, dass sie eigentlich Gefühle für einen anderen hegte.
Einen, mit dem sie unendlich lange und heftig streiten konnte, dem es gelang, sie zur Weißglut zu treiben, und dem sie es mit gleicher Münze zurück zu geben verstand. Einer, der ihr gezeigt hatte, welche Freuden es zwischen Mann und Frau geben konnte, auch für letztere, und dem sie definitiv keine Schmerzen zufügen wollte. Nun ja, bis auf ein gelegentliches Ohren-Langziehen und ähnliches natürlich.
Aber sie würde ihm das Herz brechen, sollte er auch nur im Ansatz erfahren, was sie über diesen anderen Elfen dachte und welche Bilder seine Stimme gemeinsam mit seinem Duft in ihrem Kopf auslösen konnte. Oh nein, das musste ihr Geheimnis bleiben, um ihn zu schützen! Und sie durfte es niemals, absolut niemals soweit kommen lassen, dass sich auch nur eine Winzigkeit davon in der Wirklichkeit umsetzen ließe.
Wenn es eben nicht so verdammt schwer wäre, ihn auf Abstand zu halten, ihn, der die Ruhe selbst war, dass es sie um so mehr reizte, ihn aus der Haut fahren zu lassen... Ob es ihr jemals gelingen würde? Und wie er dann wohl wäre...? Hatte er überhaupt Leidenschaft in sich? Wäre diese der ihren ebenbürtig?
Ließe sich das denn mit derjenigen von ihrem Raben vergleichen? Nein, nicht auch das noch! Keine Vergleiche zwischen diesen Männern, nein, nein und nochmals nein! Sie würde sich nur noch tiefer in ihr Unglück verstricken damit, davon war sie überzeugt.
Jedoch... brauchte sie das eigentlich noch? Denn sein Konter auf ihre Worte ließ sie leicht zusammen zucken und... und erröten wie ein unerfahrener Backfisch, der das erste Mal einem ansehnlichen, geschickten Galan gegenüber stand. Rasch wandte sie den Blick ab und presste die Lippen zusammen, damit ihr nichts, absolut gar nichts zu diesen Worten entschlüpfen konnte, was die Situation für sie selbst umso schlimmer gemacht hätte. Es reichte das Brennen in ihren Wangen, das viel zu deutlich verriet, dass sie diese Aussage auf sich bezog.
So war sie ja schließlich auch gemeint! Oder...? Ein Rest von Unsicherheit, den es lediglich aufgrund ihrer desolaten Optik gab, blieb bestehen und half ihr dabei, wirklich den Mund zu halten.
Da war es nur von Vorteil, dass er das Thema wechselte. Oder etwa nicht? Nein, nicht sonderlich, denn er traf damit einen weiteren, wunden Punkt bei ihr. Einen, der sogar noch empfindlicher war, als sie sich bewusst sein konnte. Es ging um ihre Eltern, genauer gesagt darum, dass ihre Mutter nach Andunie zurück gekehrt war, angeblich ohne deren Ehegatten. Jenen Mann, dem sie ihren hohen Lebensstandard, ihre gute Erziehung und auch ihr bislang sorgenfreies Dasein verdankt hatte. Und den sie, trotz allen offiziellen Leugnens, durchaus gern hatte. Ob das wahre Tochtergefühle für diesen nicht blutsverwandten Mann waren in Ermangelung eines leiblichen Vaters oder nicht, könnte sie nicht beantworten. Aber es beunruhigte sie erheblich, dass er nicht an der Seite seiner Gemahlin weilte, ganz gleich, wo die Beiden wären.
Dies war letztlich jener besagte letzte Tropfen, der das Fass in ihrem Inneren zum Überlaufen brachte. Überfordert mit sich, ihrem Seelenleben und der gesamten derzeitigen Situation gab es für sie allein noch einen einzigen Impuls, dem sie nachgeben musste, wollte sie nicht in ein gefühlt bodenloses Loch fallen, ihrem Gegenüber noch weitaus mehr als bisher ausgeliefert und unfähig ihren eigentlichen Liebsten vor sich selbst und der Wahrheit zu schützen. Flucht! Sie musste fliehen, musste raus hier und einen Ort finden, an dem sie wieder etwas besser atmen könnte.
Als hätte sie etwas gestochen oder wäre sie frisch wie eine Puppe aufgezogen worden, wirbelte sie herum und entloh diesem unheilvollen Moment in dem Turmzimmer. Ob und was der Waldelf ihr nachrief, ob er ihr folgte oder nicht, dafür hatte sie keinen Blick. Nein, für sie gab es gerade gar nichts außer jenen Gang, zu dem sich ihr Blickfeld verengte, und der durch einen reinen Zufall einen kleinen Notausgang erhielt, weil es offenbar zu lange dauern würde, das eigentliche Ziel zu erreichen. Doch das machte nichts, auch hier gab es in Form eines Balkons einen Ausweg, sodass sie wenig später im strömenden Regen stand.
Schlagartig und eiskalt prasselte das Wasser aus den dunklen Wolken auf sie herab, sorgte dafür, dass sie nur noch dieses spüren und endlich tief ein- und wieder ausatmen konnte. Azura schloss ihre fahlen Lider, hob ihren Kopf an und empfand diesen Guss als wahren Segen, der alles um sie herum auszublenden schien. Kein Blitz konnte ihr dabei Angst einjagen, kein Donnern zu laut in den Ohren schallen. Rasch war sie bis auf die Haut durchnässt und würde schnell auskühlen, doch davon spürte sie gerade gar nichts.
Nein, sie stand direkt unter Venthas Segen, der auf Andunie herabfiel, und fühlte sich schlicht und ergreifend pudelwohl dabei, während sie tief die salzige Note inhalierte, die für sie stets für Freiheit gestanden hatte. Zeit wurde irrelevant, körperliche Bedürfnisse ebenso und wenn es nach ihr gegangen wäre, sie hätte Stunden... ja, Tage an diesem Ort verbringen können, solange sie nur ihre Göttin auf der Haut hätte fühlen dürfen.
Dies war ihr allerdings nicht vergönnt, denn ehe Ventha sich entschließen mochte, den Regen leichter werden oder gar versiegen zu lassen, da legten sich wärmende, wenngleich nicht minder nasse Arme um sie, hielten sie schützend und geborgen und dirigierten sie nach kurzem in die entgegen gesetzte Richtung. Ein leises Wimmern, mühelos übertönt von einem erneuten Donnerschlag, entrang sich ihren etwas bläulich wirkenden, zitternden Lippen, als ihr klar wurde, wessen Stimme da an ihr Ohr gedrungen war. Doch ihr fehlte die Kraft, sich gegen diese ruhige Entschlossenheit ernsthaft zu wehren, jetzt, nachdem sie einmal kräftig hatte durchatmen können und der Großteil ihrer Panik vorerst verblasst war. Obendrein lief ihr noch ausreichend Wasser aus dem Haar und benetzte generell ihre Haut an ihrem gesamten Körper, dass sie sich an diesen Segen erinnern und diesen nachfühlen konnte.
Mehr noch, es löste ein wenig ihre Zunge, brachte sie dazu, Worte zu hauchen, die sie unter gefassteren Umständen niemals derart direkt und schon gar nicht mit solch ehrlicher Verzweiflung nach ehrlicher Antwort ausgesprochen hätte. "Warum...?", wisperte sie, den Blick jedoch weiterhin in den strömenden Regen hinaus gerichtet, als würde sie sich dabei trotz allem nicht an den Mann hinter sich wenden, der sie noch immer hielt und ihren bebenden Körper zu wärmen verstand. "Warum tust du das? Was... was willst du von mir?" So, nun war es heraus und sie konnte es nicht mehr ungeschehen machen.
Aber sie konnte sich auch ansonsten nicht wirklich weiter rühren, weder aus seiner Umarmung befreien, noch sich darin drehen, um ihn ansehen zu können. Oder gegen ihn zu sinken... oder ihn zu küssen... Wie sich diese Lippen wohl anfühlen mochten...?
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Freitag 14. Juli 2023, 09:18

Der innere Konflikt zerrte an Azura. Es war nicht einmal eine Stunde her, da sie Corax im stillen Zusammensein endlich ihre Gefühle offenbart hatte. Selbst, wenn sie sich darüber noch nicht ganz im Klaren war, so hatte Aufrichtigkeit aus ihr gesprochen. Andernfalls hätte sich die unter dieser Bedingung verborgene Schriftrolle der Wassermagie nicht gezeigt. Sie hatte Corax den Liebesschwur nicht nur sagen, sondern ihn auch meinen müssen. Als er ihr nämlich während seines Fieberwahns bei den Zwergen das Gelöbnis abgerungen hatte, war nichts geschehen. Damals hatte er befürchtet, unter seiner Verletzung sterben zu müssen und sie angefleht, es ihm zu sagen. Sie hatte es getan, damit er sich beruhigte und erholen konnte. Es war nicht von Herzen gekommen. Dieses Mal jedoch ... und ausgerechnet jetzt kam ihr ein anderer Mann so schrecklich nahe. Selbst Azuras Flucht bewirkte nichts. Kjetell'os Rufe hallten ihr nach wie eine Meute aufgescheuchter Jagdhunde dem Fuchs. Sie bedeutete ihm etwas, ansonsten würde er sich nicht so sehr um sie bemühen. Er würde ihr nicht nachlaufen. Es war eine Haltung, die man bei dem ruhigen Elfen im Grunde nicht einmal vermutete, denn das eilge Nachlaufen einer jungen Frau, die nahezu hysterisch den Raum verließ, zeugte von einer gewissen Leidenschaft für sie. Und hier war der Knackpunkt: Azura genoss es. Sie konnte nicht abstreiten, dass sie es reizend fand, ihn aus der Reserve zu locken. Sie konnte ebenso wenig leugnen, dass ihr Herz kräftiger schlug, je näher er ihr kam oder dass sie seine Arme mit stummem Wohlwollen empfing, als er sie von hinten um ihren durchnässten, kalten Körper legte. Kräftige und doch schlanke Arme, die ihr Wärme spendeten, Geborgenheit und Trost. Arme, die ein Problem darstellten, weil ihr Herz eigentlich für Corax schlug. Was sollte sie nur tun? Warum ließ Kjetell'o auch nicht ab von ihr?! Warum bemühte er sich so sehr um sie. Er wusste um die Gefühle des Raben. Er sprach selbst davon und wie sehr Corax sie liebte. Der Einarmige machte sich so von ihr abhängig. Er konnte ohne seine Azura nicht mehr bestehen, dass hatte sie herausgefunden. Sie hatte die Bilder durch den Spiegel des Totenreichs gesehen. Sie hatte sein Leiden gesehen. Band sie sich nur deshalb noch an Corax? War es Mitleid, das ihre Gefühle leitete? Die Antwort lautete nein. Sie empfand für ihn und das nicht nur, weil er der erste Mann war, den ihr Körper empfangen hatte. Es war mehr. Bie Kjetell'o war da aber auch mehr als nur reine Sympathie für den schönen Waldelfen. Etwas lockte, etwas war da. Azura empfand eine so tief verbundene Vertrautheit in seiner Nähe, dass einem angst und bange werden konnte. Dann aber raunte er sanfte Worte oder hüllte sie mit irgendeiner Geste in seinen Duft aus Vanille und Zitrone ein und sie wollte sich dem Ganzen nur noch vertrauensvoll hingeben. Was machte dieser Elf nur mit ihr? Er stellte alles auf den Kopf!
So konnte es nicht mehr weitergehen. Sie würde nur immer tiefer in die Konfliktspirale geraten. Sie musste herausfinden, ob ihr Empfinden überhaupt auch nur ansatzweise erwidert wurde. Vielleicht erging es Kjetell'o gar nicht wie ihr und sie machte sich unnötig Sorgen ... oder Hoffnungen? Dann brächte Sie Corax' ebenso unnötig in Gefahr. Er durfte niemals hiervon erfahren. Sie würde nicht ertragen, sein Herz brechen zu sehen. Hätte sie aber Erlebtes mit Madiha geteilt, hätte ihre Angst auch um mögliche Rache-Aktionen des Raben kreisen können. Er war so schnell bereit gewesen, so viele zu Madihas Schutz einfach abzuschlachten. Nicht auszudenken, was er bereit zu tun wäre, wenn er erführe, dass Azura - seine geliebte Azura - einem anderen Mann verfiel. Nein, zu viele betraten gefährliches Pflaster füreinander. Diese Geschichte musste ein Geheimnis bleiben! Aber sie musste sich auch endlich aufklären. Azura bat darum mit zitternden Lippen, auf die sich bereits ein bläulich unterkühlter Schimmer legte. Kjetell'o sah es nicht. Sie hatte sich nich zu ihm umgedreht, als sie ihn ansprach.
!Warum...? Warum tust du das? Was ... was willst du von mir?"
Atem, so angenehm warm wie seine Umarmung, hauchte gegen ihr Haar. Es durchdrang die nassen Strähnen und erreichte ihren Nacken. Kjetell'os Seufzen streichelte sie. "Ich komme wohl nicht drumherum", murmelte er mit einer Stimme, von der man sich wünschte, sie würde etwas mehr Härte besitzen. Eine Stimme, die düstere, aber verlockende Verheißungen raunen sollte, um Stellen des Körpers zu wärmen, an die Arme aktuell nicht heran reichten. Kjetell'o blieb allerdings ganz er selbst. Mit der Ruhe eines spiegelglatten Sees im Mondschein antwortete er: "Ich möchte dich kennenlernen. Ich möchte alles und noch mehr erfahren - wer du bist, wie du bist." Er war es, der sie nun in seinen Armen drehte, dass sie dicht vor ihm stand und zu seinem glatten Gesicht aufsehen konnte. Er war es, der zwei Finger unter ihr Kinn gleiten ließ, um es anzuheben und ihr anschließend seine Hand wie eine zweite Haut um die aschfahle Wange legte. Er kleidete sie mit seiner Schönheit, verband sich mit ihr auf eine so vertraute, intime Weise. Dabei ruhten seine Augen direkt auf ihr. Goldene Flecken funkelten durch die lichten Stellen seiner tiefgrünen Wälder. Azura konnte den frischen Duft der Natur fast riechen, weil sie im Hintergrund noch immer das anregende Prasseln des Regens hörte. Er spülte nicht nur den Staub aus Andunies Straßen. Er vermochte auch, die Natur zu reinigen. Er ließ Laub und Gräser satter wirken, verwandelte weiche Moosbetten zu saftigen, dunkelgrünen Gewändern für umgestürzte Riesen, die die Bäume waren. Er drang zwischen Blätter und ins Erdreich ein, nahm beides für sich ein. Er eroberte eine Welt, die nicht die seine war. Er eroberte die Wälder, die nur weiter bestehen konnten, weil er sich auf sie stürzte. Kjetell'os Stimme stürzte mit ähnlicher Intensität auf die Andunierin herab.
"Ich möchte erfahren, was eine Azura van Ikari liebt, was sie verabscheut. Welche Kleinigkeiten erfreuen ihr Herz und lassen es tanzen? Wie kann man sie zum Lächeln bringen und was muss ein Mann mitbringen, um sie liebevoll erröten zu lassen?" Seine Hand strich an ihrer Wange entlang, fuhr erneut unter ihr Haar und schob es hinter das Ohr. Dabei wanderte der Daumen zum wiederholten Mal über ihre Ohrmuschel. "Welche Geheimnisse hat sie und würde sie einige davon mit mir teilen, damit ich es meinerseits erwidern kann? Damit ich den Mut hätte, ihr Dinge zu sagen, für die er mir aktuell noch immer fehlt. Ich ... möchte so sehr Teil deines Lebens sein, seit ich erfahren habe, dass du existierst. Seit ich deinen Namen kenne. Azura..." Kjetell'os Blick erhielt eine Wärme, die tief auf seinem Inneren kommen musste. Es erinnerte vielleicht ein wenig an Madiha, denn hier sprach nicht nur die Seele, sondern auch die Feuermagie. Sie tanzte durch seine Wälder, ohne das Laub zu verbrennen. Sie streifte es nur und hinterließ einen warmen Glanz darauf, der die goldenen kleinen Flecken zum Glühen brachte. "Ich springe über meinen eigenen Schatten und bin bereit, Ungeahntes zu tun. Entgegen meiner eigenen Motive oder Pflichten. Ich möchte so sehr erfahren, welcher H..." Er stockte. "Welcher Mensch vor mir steht. Bitte ... lass es mich herausfinden. Wende dich nicht von mir ab. Es ändert alles für mich zu wissen, dass es dich gibt und dass du mir so nahe bist." Kjetell'o neigte sich vor, langsam und in diesen sanften Bewegungen, die die Ruhe seiner Seele nur unterstrichen. Dass aber auch seine Lippen zitterten, konnte er nicht verhindern. Sie trafen auf Haut. Sie berührten Azura, ungeachtet ihrer äußeren Hülle. Sie waren weich, lösten kaum Druck aus. Sie streichelten hauchzart über ihre Stirn. Dorthin, wo Kjetell'o es wagte, einen Kuss abzusetzen, knapp neben den verblassten Stern, den Ventha ihr hinterlassen hatte.
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Azura » Freitag 14. Juli 2023, 14:12

Seit einiger Zeit, genauer gesagt, seit ihrer gewaltsamen Entführung durch ihren Raben, verstand Azura oftmals die Welt nicht mehr. Begriff nicht, wie es jemand wagen konnte, ihr seinen Willen aufzuzwingen und sie auszunutzen, während er gleichzeitig ihr Herz stahl und nicht bereit war, es wieder herzugeben. Wie es überhaupt geschehen konnte, dass außerhalb ihrer goldenen Blase so vieles so anders war, als sie es kannte und jemals gewillt gewesen wäre, sch vorzustellen.
Doch als wäre das noch nicht genug, verstand sie auch immer weniger sich selbst. Gerade erst vor... wie viele Minuten mochte es her sein? Sicherlich noch keine ganze Stunde... oder? Jedenfalls noch nicht vor sonderlich viel Zeit hatte sie es gewagt, ihre Empfindungen in Worte zu fassen und dem Mann, der sie für sich gewonnen hatte, ihre Liebe zu gestehen.
Aber wie konnte es dann sein, dass sie sich im nächsten Moment danach sehnte, in die Arme eines gänzlich anderen zu sinken, von ihm gehalten, gestreichelt, liebkost zu werden? Warum nur? Warum war sie eine derart untreue, wankelmütige Seele, wo sie bislang gedacht hatte, wenigstens dieses allertiefste Innerstes von ihr wäre nicht so verdorben wie der Rest ihres verzogenen Charakters?
Stets hatte sie sich dagegen gesträubt, ihr Herz zu verschenken, aus Angst davor, dass diesem genau so etwas passieren würde, wie sie es im Gegenzug im Begriff war zu tun. Oder war es nicht längst zu spät dafür? Hatte das Ganze nicht schon bei ihrem ersten Treffen mit dem Waldelfen begonnen, noch ehe sie ihren eigentlichen Liebsten hatte retten können? Jenen Mann, der ihr die Unschuld geraubt hatte, der ihr wunderschöne Gefühle beschert hatte und dem sie gewiss nicht weh tun wollte!
Wie nur konnte sie das tun, ihm antun, ganz gleich, ob er es nun erführe oder nicht? Sie wollte das nicht! Und dennoch... sie war machtlos dagegen, sobald der andere den Raum betrat.
Ja, mehr noch, sie war vor ihm sogar geflohen, weil sie es nicht mehr ausgehalten hatte! Aber was tat er? Er folgte ihr, folgte ihr und umarmte sie und hüllte sie ein in all das, was ihn auszumachen schien.
Wenn da nur nicht diese beständige, nervige Ruhe gewesen wäre, die sie so sehr provozierte, endlich auch ihn einmal ordentlich zu reizen! Was sie dafür tun müsste? Und... wie er dann wohl wäre? Würden wiederum Flammen aus seinen Fingern züngeln oder lediglich in seinem Blick lodern, wenn er sie mit seinen goldenen Sprenkeln anfunkelte? Oh, allein bei dem Gedanken daran, dass er sie mit Leidenschaft ansehen könnte, rieselte es ihr schon wohlig den Rücken hinunter! Oder war ihr gerade lediglich kalt nach dem heftigen Regenguss, dem sie sich ausgesetzt hatte? Bestimmen konnte sie es nicht und so, wie er sie hielt, wollte sie, unabhängig von der Wahrheit, zu ersterem tendieren. Bedauerlicherweise...
Während sie somit noch mit sich selbst, ihren Sorgen, Ängsten, Nöten und... und genau bei dem Falschen wiederkehrenden Gelüsten beschäftigt war, da bewegte er sich hinter ihr und sorgte dafür, dass sie sich in seinen Armen umdrehen, ja, mehr noch, ihn letzten Endes auch ansehen musste. Unsicher und zugleich voll stiller Sehnsucht, dass all ihre widerstreitenden Empfindungen nicht mehr als Lug und Trug wären, war ihr Blick zu ihm hoch gewandert.
Seine Worte klangen so schön, so sehr danach, was sie hören wollte und wovor sie sich zugleich fürchtete. Sie ließen ihr Herz schon wieder schneller schlagen und ihre Knie weich werden, sodass sie instinktiv nach seinen Schultern griff aus Angst, ansonsten den Halt zu verlieren. Und sie wollte definitiv nicht wie ein nasser Sack in seinen Armen hängen, jetzt erst recht nicht! Stattdessen wurde ihr Blick ein wenig unruhig, suchte in dem seinen nach etwas, nach irgendetwas, das ihr endgültig verraten würde, ob er das ernst meinte oder es ihr lediglich unter die Nase rieb, um sie für seine Wünsche, welcher Art auch immer, gefügig zu machen.
Wie war es nur möglich, dass er dieses Interesse an ihr hegte, an ihr, der wandelnden, hässlichen Leiche? Trotzdem kam er ihr nahe, sagte ihr diese viel zu süß klingenden Worte, berührte sie, wie nur Corax es ohne Scheu tun würde.
Unwillkürlich schmiegte sie sich an seine warme, weiche Handfläche und spürte, wie sich ihre Lider vertrauensvoll zu senken begannen. Es wäre so einfach, wenn sie nicht derart hässlich wäre, wenn ihr nicht ständig bewusst wäre, was sie verloren hatte und noch weitaus mehr verlieren würde! Wieso nur? Wieso sah er über ihren desolaten, verwelkten Zustand nur dermaßen hinweg? Wie konnte er das, er, der sie weder kannte, noch in ihrer wahren Pracht je zu Gesicht bekommen hatte? Lediglich aufgrund der Erzählungen ihres Raben? Es war so schwer vorstellbar...
Indes fuhr er fort, hüllte sie ein mit dem Klang seiner Stimme, mit dem Zauber seines Blicks und mit den sanften Berührungen seiner Finger, die ihr Gesicht entlang strichen und dort wohliges Kribbeln hinterließen, wo sie vorbei gekommen waren. Ihre Atmung beschleunigte sich ein wenig, das konnte sie gar nicht verhindern, und auch zwischen ihren Schenkeln machte sich ein feines, leises Pochen bemerkbar. Wenngleich bei weitem nicht mit jener Intensität wie früher, denn im Prinzip war sie auch dort absolut vertrocknet und bezweifelte, dass sie dies in ihrem jetzigen Zustand jemals würde ändern können.
Und trotzdem löste dieser Mann bei ihr gefühlt mehr aus, als ihr Liebster es vermocht hatte. Oder hatte es daran gelegen, dass sie ihn auf Abstand gehalten hatte, damit es gar nicht erst soweit kommen würde? Aus Angst davor, dass er sie nackt sehen und verabscheuen würde? Warum also gelang ihr das bei diesem Waldelfen nicht?! Im Gegenteil, wie konnte es sein, dass sie sich bei dem Gedanken, er könne damit beginnen, sie zu entblößen, nicht vorstellen konnte, sich dagegen zu sträuben? Die junge Frau begriff das nicht und es nagte an ihr ebenso wie ihr Gewissen, das mal lauter, mal leiser daran zu erinnern versuchte, dass hier der falsche Mann vor ihr stand und all diese süßen Worte zu ihr sagte.
Aber als wäre noch nicht genug, verstummte er plötzlich und ihr war, als würde die Zeit stehen bleiben müssen bei dem Anblick, den er ihr bot, jenen winzigen Atemzug lang, ehe er sich zu ihr herab zu beugen begann. Unwillkürlich sog sie mit einem leisen Laut die Luft ein und wähnte sich schon kurz vor einem Kuss auf ihre Lippen, der sie noch schwächer werden lassen würde, als... als eine sanfte Berührung ihre Stirn traf. Dennoch senkten sich ihre Lider und sie konnte ein kleines Seufzen nicht unterdrücken, das sich ihre Kehle empor kämpfte.
Es... es fühlte sich gut an, gut und verheißungsvoll zugleich, voller Versprechen, dass er diese Hürde überwunden hatte und dieser Berührung noch viel mutigere, leidenschaftlichere folgen würden. Wie es wäre mit ihm, in seinen Armen, mit seinen Liebkosungen? Er wäre nicht so stürmisch wie ihr Liebster, das konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen. Nein, wahrscheinlich wäre er auch dabei die Ruhe selbst und würde sie damit in den Wahnsinn treiben, in einen köstlichen, nicht enden wollenden Wahnsinn, von dem sie niemals genug bekommen könnte. Der es ihr ermöglichen würde zu vergessen, wie viel Leidenschaft und Feuer sie mit ihrem Raben geteilt hatte, der auch sanft zu ihr hatte sein können, es jedoch genauso verstand, wild mit ihr umzugehen, ohne sie ernsthaft zu verletzen. Einer, der sich trotz seiner Entstellung überwunden hatte, sich ihr zu präsentieren, ihr unendliche, ungekannte Freuden zu schenken und der nun nie mehr...
Corax glutvoller, rubinroter Blick tauchte vor ihrem inneren Auge auf und durchbrach in diesem Moment den Zauber, den der andere um sie gewoben hatte. Schlagartig meldete sich ihr Gewissen und ließ sie aufkeuchen. Sie riss die Augen auf und fand die Kraft, endlich ihre Hände von seinen Schultern zu nehmen und gegen seinen Oberkörper zu drücken, obwohl ihr Versuch, sich aus seiner Umarmung zu lösen, recht schwach ausfiel. Würde er nicht rücksichtsvoll reagieren und sie ziehen lassen, sie hätte kaum die Kraft, sich wirklich durchzusetzen.
"Nicht...", bat sie wispernd und spürte, wie ihre Augen verräterisch zu brennen begannen. Dennoch zwang sie sich dazu, zu ihm wieder aufzusehen, als sie den Kopf sacht schüttelte. "Das... das... das ist nicht richtig. Das dürfen wir nicht... ich nicht... Das darf ich Corax nicht antun!", kam es endlich über ihre Lippen und sollte er sie noch immer halten, würde sie einen erneuten Versuch wagen, sich zu befreien.
Ganz gleich, wie dieser ausgehen würde, daraufhin wandte sie den Blick ab und umarmte sich selbst, als wolle sie sich auf diese Weise vor dem Wunsch nach seinem Halt befreien und nicht, als könne sie damit anheben und vorteilhaft wirken lassen, was seit ihrem Erwachen so dramatisch schlaff herab hing.
"Wieso...?", fuhr sie nach einem kurzen Moment des Zögerns dann fort und musste die Nase hochziehen, die allmählich zu laufen begann. Ob wegen der zu bekämpfenden Tränen oder der Kälte, die ihren Körper durch das viele Wasser im Griff hatte, blieb dabei ungewiss.
Nun allerdings hielt sie es nicht mehr aus und sah wieder zu ihm hin, wenngleich sie ahnte, dass sie damit einen schweren Fehler beging und ihm ein weiteres Mal verfallen würde, sollte er sich nicht zurück halten. "Wie kannst du all diese Sachen zu mir sagen? Ausgerechnet zu mir?! Du siehst doch, wie ich aussehe. Diese Hässlichkeit kannst du gar nicht übersehen! Und trotzdem tust du so, als wäre ich in meinem besten Staat erschienen und der Glanz jedes Festes. Das stimmt so nicht! Ich habe nichts mehr an mir, gar nichts! Wieso also benimmst du dich so?", sprach sie all ihre Sorgen aus, die einfach aus ihr heraussprudelten, mehr noch, als in der Gegenwart ihres Liebsten.
Beinahe war es so, als könne sie sich bei diesem Mann hier viel weniger zurück halten und zusammen reißen, als wolle sie sich ihm unbedingt anvertrauen und von ihm dennoch die Bestätigung hören, dass sie nicht vollkommen verachtenswert wäre ob ihres Äußeren. Ja, sie hatte ihm zugehört, und ja, sie wollte ihm so gerne sein Interesse glauben, das nicht allein auf ihre Schönheit aufbaute. Nur... es fiel ihr schwer, so unendlich, unglaublich schwer, weil sie aus einer Welt stammte, in der nur zwei Dinge zählten: das Aussehen und das Vermögen. Und wenn jemand gar beides im positiven Übermaß besäße, wäre das der reinste Glücksgriff, unerheblich davon, was sonst hinter der Fassade alles im Argen liegen könnte.
Dass der Waldelf hingegen Interesse an ihrem zukünftigen Erbe haben könnte, kam ihr im Gegensatz dazu überhaupt nicht in den Sinn. Es wäre für sie, die ihn beständig in dieser unerschütterlichen Ruhe erlebte und in seiner Anwesenheit so oft an die ohnehin reiche, voller Leben strotzende Natur denken musste, schlichtweg zu abwegig, ihm auch nur im Geringsten diesen banalen Beweggrund zu unterstellen. Nein, es musste etwas anderes sein, etwas, das sie nicht erkannte... oder... erkennen wollte... oder einfach die Wahrheit...
So oder so, eigentlich sollte sie es gar nicht ergründen wollen, sondern ein für alle mal klarstellen, dass es für sie allein Corax gab... geben durfte. Nur... warum nur fiel ihr das unglaublich schwer?!
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Re: Eine Lehrstunde in Sachen Magie

Beitrag von Erzähler » Samstag 15. Juli 2023, 10:02

Affären waren keine Seltenheit, besonders nicht in adligen Kreisen. Andunie machte da keine Ausnahme und selbst Azura wusste von so mancher Mutter ihrer Freundinnen und deren geheimen Treffen mit Teilen der Dienerschaft. Die Stiefmutter der Kaufmannstochter Maribelle van Glynn sollte sich sogar gelegentlich mit ihrer Zofe auf ein Stelldichein treffen, natürlich ohne dass ihr Gatte davon wusste. Es erklärte aber, warum sie ihm keine Kinder mehr gebar. Sie war nicht darauf auf, Männer erfolgreich in ihren Schoß zu lassen.
Stets hatten Azura und ihre Mädchen sich einen Spaß daraus gemacht, den neuesten Klatsch und Tratsch auf der Ebene geheimer Liebschaften auszutaschen. Es war aufregend, skandalös und immer einen Grund zum gespielt schockiertem Echauffieren wert. Azura hatte es geliebt! Und nun? Nun befand sie sich auf bestem Wege in eine dieser Affären hinein, aber hier fand sich der Unterschied zu anderen Adligen. Azura konnte es nicht. So sehr ihr Herz auch zu klopfen begann, wenn Kjetell'o ihr auch nur zu nahe kam, sie konnte es nicht. Sie hatte ... ein Gewissen aufgebaut. Es nährte sich aus Liebe. Vielleicht war es sogar eher die Liebe, die Corax ihr gegenüber ausdrückte als umgekehrt, aber sie konnte es nicht tun. Sie hatte gesehen, wie sehr er an ihr hing und wozu er alles bereit war. Sie hatte ihn schon einmal gebrochen, als er fälschlicherweise annahm, sie sei seine Herrin und habe ihn an Bord der Blauen Möwe verstoßen. Daraufhin war er gestorben und irgendwie auch nicht. Sie würde ihn vernichten, wenn er hiervon erführe, aber auch hier ging Azura noch einen Schritt weiter. Es würde nichts zum Erfahren geben, weil sie nicht weiter gehen konnte.
Es war schwer, unendlich schwer. Mit jeder Nuance, die Kjetell'o ihr schenkte, wollte sie nachgeben, sich hingeben. Seine warme Hand an ihrer Wange trug nicht dazu bei, ihre Mauern zu stärken, im Gegenteil. Der Elf riss sie nicht ein wie es ihr Rabe getan hätte. Er baute die Mauern ab, Stein um Stein, denn er arbeitete sich geduldig und besonnen voran. Allein dafür konnte sie schon wieder aus der Haut fahren und zugleich insgeheim froh sein, dass er sich Zeit ließ. Nicht auszudenken, ob sie weiterhin hätte widerstehen können, wäre er nun mit impulsiver Leidenschaft über sie hergefallen. Und dann seine Worte! Wenn er es nur ansatzweise ernst meinte, schwebte Azura über allen Wolken. Er konnte romantisch sein, liebevoll und wusste, mit seinem Charme zu spielen. Corax trat da eher wie ein forsches Werkzeug auf, das versuchte, sie so zu bearbeiten wie er selbst war: ein Klotz, kantig und klobig und ... lieb, wenn es darauf ankam.
Kjetell'o hatte sie Klotz genannt. Sie passte nicht zu ihm, zu diesem filigranen Elfen voll Ruhe und Ausgeglichenheit! Würde man ihre magischen Fähigkeiten aufgrund ihrer Persönlichkeiten deuten, hätte er der Wassermagier sein müssen! Aber ganz gleich wie man es drehte und wendete: Azura war ein Klotz und sie wollte ihrem anderen Klotz treu sein. Ihrem geliebten Klotz am Bein, der es seit ihrer Entführung nicht einmal hatte loslassen wollen. Er hing schwer an ihr und für diesen einen Moment konnte sie dafür nur dankbar sein. Trotz Corax' Abwesenheit spürte sie das Gewicht seiner Liebe zu ihr. Es wog schwerer als ein Kuss von federweichen Lippen, der nicht einmal die ihren traf. Das Klötzlein an der Waage gewann.
Mit weniger Kraft als erwartet stieß Azura sich von Kjetell'o los. Er ließ es zu, leistete überhaupt keinen Widerstand. Er schaute lediglich etwas fragend und wartete erneut mit der Geduld Tausend Jahre alter Steine auf eine Antwort.
"Das ... das ... das ist nicht richtig."
"Was meinst du?", entkam es dem Elfen, aber Azura sprach bereits weiter. Sie musste sich selbst hören, damit ihre Entscheidung nicht an Entschlusskraft verlor. "Das dürfen wir nicht ... ich nicht ... Das darf ich Corax nicht antun!" Azura wandte nicht nur ihren Blick ab, sondern auch sich selbst. Gelöst aus Kjetell'os warmer Umarmung blieb ihr nichts Anderes übrig als die eigenen Arme um ihren Körper zu schlingen. Sie fühlten sich lange nicht so stark nach Geborgenheit an wie er, aber die Andunierin wusste, dass es das Richtige war.
Kjetell'o hingegen brauchte geraume Zeit, um zu verstehen, woran sie gedacht hatte. Dann stutzte er und seine Hand fuhr hinauf zum eigenen Mund. Er sah wahrlich erschrocken aus. "Du ... du dachtest, ich wollte ... oh!" So brachte man seine Ruhe also ins Wanken. Aber wenn er es nie darauf abgesehen hatte, Azura körperlich nahe zu kommen, sie zu küssen und vielleicht auch mehr, was sollten seine Spielereien dann sein? Was sollten all die Berührungen, als erkundete er mit hauchzarter Neugier ihre Nähe? Was sollten die warmen Worte darüber, sie kennen lernen und ihre alte Schönheit sehen zu wollen?!
"Wieso...?" Azura musste es wissen. Das sah auch Kjetell'o ein. Er biss sich zwar auf die Unterlippe, ergab sich ihrer Frage aber schließlich. Mit einem Seufzen senkte er den Blick und drehte sich nun auch halb von ihr fort. Noch drang kein Wort über seine Lippen. Er wägte ab, was und wieviel er sagen könnte. Damit aber spornte er Azura nur an, weiter nachzuhaken. "Wie kannst du all diese Sachen zu mir sagen? Ausgerechnet zu mir?! Du siehst doch, wie ich aussehe. Diese Hässlichkeit kannst du gar nicht übersehen!"
Er seufzte erneut, lächelte dabei jedoch. Und er nickte. Ja, er sah sie. Er sah, welchen Glanz sie verloren hatte. Er sah ihre fahle Haut, die Ringe unter ihren Augen, die teilweise verbundenen Stellen an ihrem Körper, unter denen Knochen und totes Fleisch offenlagen, ohne zu bluten. Er sah die Flecken, die nur Leichen bildeten, wenn der Verfall einsetzte. Er sah ihr stumpf gewordenes Haar und die hängenden Brüste. Aber er sah nun auch mehr: Er sah ein, dass es keinen Sinn mehr hatte, um den heißen Brei herum zu tanzen. Kjetell'o hob den Blick an. Nach wie vor luden tiefe Wälder ein jeden ein, sich in ihnen zu verlieren. Sie waren so saftig grün und von Sonnenlicht gesprenkelt. Wer könnte sich nicht in diesen Anblick verlieben? Aber wie konnte er es, sobald diese Wälder auf Azuras Hülle trafen? Wie konnte er sich über ihre Hässlichkeit hinweg setzen?
Kjetell'o lächelte schwach. "Das eigene Töchterchen wird für einen Vater immer die schönste Person Celcias sein..." Er ließ die Worte sacken, die er nun endlich unverblümt und ohne jedes Ausweichen offenbarte. Sein Spitzohren zuckten. Sie nahmen auf, was er sagte und hörten es. Es war ausgesprochen. Er hatte seit langem ein Geheimnis preisgegeben. Etwas, das er sich im Grunde nicht erlauben durfte. Es hatte immer Konsequenzen, auch jetzt. Die Erkenntnis kam zu spät, dafür mit Schrecken. Kjetell'os wunderschöne Augen weiteten sich. Der Vater wich vor seinem Kind zurück, starrte sie an und doch durch sie hindurch. Er riss die Hand zum eigenen Mund, während die Ruhe aus seinen tiefen Wäldern schwand. Das Licht schwand. Es wurde verschluckt von einem Feuer, das sich darin ausbreitete. Ein Waldbrand fegte das gesamte Grün hinfort und züngelte dann aus den verborgenen Lichtungen heraus. "Was habe ich getan? Das hätte ich nicht sagen dü-"
Der Rest des Satzes wurde verschluckt, ebenso wie Kjetell'o. Der Waldelf voller Geheimnisse ging in Flammen auf. Es geschah so schnell, dass er selbst es nicht einmal richtig bemerkte, bis die Hitze sich um ihn herum ausbreitete. Flammen züngelten aus seinen Augen, wanderten über seine Schultern die Arme herab. Sein gesamte Rumpf loderte! Das Feuer fraß sich durch seine Kleidung, versengte die Spitzen seiner Haare und vernichtete all die schönen Perlen, Federn und Holzschnitzereien darin. Kjetell'o packte geistesgegenwärtig an seine Brust. Er riss die kleine, hölzerne Einhornfibel los, die seinen waldgrünen Umhang zusammenhielt. Er schleuderte sie vor Azuras Füße. Das Holz hatte sich bereits etwas dunkel gefärbt, aber war durch Kjetell'os Einsatz vor den Flammen gerettet, die nun um ihn selbst herum tanzten. Feuer, das er nicht gebändigt bekam. Er war durch seine Offenbarung vollkommen aus der eigenen Ruhe gebracht worden und hatte nun die Kontrolle verloren. Glücklicherweise bestanden Boden und Decke des Raumes aus Stein. Würde er aber weiter zurückweichen, entfachte er noch die Schränke an der Wand, die Betten, die Truhe ... in der sich Azuras Tasche mit Corax' Schriften befand.
Er bekam das magische Feuer nicht in den Griff. Er taumelte immer weiter zurück, aber die Flammen wurden nicht kleiner. Jemand musste etwas unternehmen, bevor es zur Katastrophe kam.
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