Madiha Al'Sarma

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Madiha Al'Sarma
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Moderator des Spielers: Kazel
Aufenthaltsort: Hafenstadt Andunie
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch
Sprachen: Sendli
Beruf: Sklavin (ehem.)
Fähigkeiten: Durchhaltevermögen (sehr gut)
Feuermagie (rudimentär)
Schwimmen (rudimentär)
Lesen & Schreiben (rudimentär)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: Eine kleine Muschel mit Loch an einer Kette um den Hals
Tierische Begleiter: Keinen

Madiha Al'Sarma

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 21. Februar 2021, 22:20

Madihas Steckbrief
Name:
Madiha Al’Sarma
Ihr Name spiegelt die Hoffnung und gleichermaßen die Realität ihres Lebens wider: Madiha, das einzige was ihr von ihrer Mutter blieb, bedeutet so viel wie „eine Frau die es wert ist gelobt zu werden“. Al’Sarma ist ihr Nachname, weil sie keinen eigenen besitzt. Also gab man ihr den Namen ihrer Herkunft: Aus Sarma stammend.

Rasse:
Mensch, Sarmaerin

Alter:
17 Jahre

Geschlecht:
Weiblich

Beruf:
Sklavin

Heimat:
Sarma

Gesinnung:
Neutral- Madiha kennt das Böse oder sagen wir das Schlechte in Menschen viel besser, als das Gute. Trotzdem ist ihr Handeln und Denken darauf ausgelegt, sich selber voranzubringen. Sie ist kein schlechter Mensch, die wenigen Lebensjahre jedoch, haben sie geprägt und dass sie stets für sich alleine sorgen musste, zeigt heute Konsequenzen.

Magie:
In ihr schlummert Feuermagie. Inwieweit das Potential auszuschöpfen und formbar ist, bleibt abzuwarten.

Sprache:
Madiha spricht wie alle celcianisch. Fühlt sich aber mit Sendli, als ihre Muttersprache, sehr viel sicherer.

Religion/Glaube:
In ihrer Heimat findet sich der Tempel von Lysanthor. Madiha weiß, dass die hohen Herren sowie die armen Leute zu Lysanthor beten oder sogar den kleinen Gott Feylin bevorzugen, doch für sie ist das nichts. Sie versteht nicht, wieso sie ihr Schicksal in die Hände einer Gottheit legen sollte, wo sie sich doch um alles selber kümmern muss, Zeit ihres Lebens. Sie hatte nie Gelegenheit sich den Luxus eines Glaubens anzueignen.

Aussehen:
Wäre das Leben des jungen Mädchens anders verlaufen, würde man eine schlanke, schlaksige Gestalt sehen, weiblich geformt mit wunderschönen, langen schwarzen Haaren und einer sonnengebräunten Haut. Man würde sich an den Lippen kaum sattsehen können, die voll und rot entgegenleuchteten. Die grau-blauen Augen würden einen strahlend musterten und man hätte in ihnen versinken können. Die schmalen Schultern würden bei großen Händen versinken und sie würde sicherlich dem einen oder anderen den Kopf verdrehen, Beschützerinstinkte wecken. Aber so ein Leben wurde woanders gelebt:
Madiha wirkt dürr und ausgezehrt. Ihre Schultern sind spitz, ihre Haut fahler als sie unter der Sonne Sarmas sein dürfte. Man erkennt in dem jungen Mädchenkörper ein Leben voller harter Arbeit und Einbußen. Sie hatte gerade so viel auf den Rippen, dass sie nicht beim Laufen zusammenbrach. Ein dürrer, ausgemergelter Körper der wenig hatte, um jemanden die Fantasie zu wecken.

Beim Blick in das Gesicht der Sarmaerin, schreckten viele erstmal zusammen. Man erwartete nicht, dass sich die linke Gesichtshälfte in vier Bereiche aufteilte: Rot leuchtende Striemen, Narben noch nicht ganz so alt, säumten die Stirn, die Wange bis zum Kiefer und über das Nasenbein. Das Auge und die Braue sind allerdings verschont geblieben. Wer in die Situation kommen sollte, Madiha einmal in gänzlicher Blöße zu sehen, würde feststellen, dass sich eben jene Narben über ihren Nacken, zur Schulter, über den linken Arm und auf den Rücken fortsetzten. Derjenige, der ihr das angetan hatte, hatte ganze Arbeit geleistet und das Mädchen für ihr Leben gezeichnet.

Eingerahmt wurde das Gesicht von dunklen, rückenlangen Haaren die etwas wüst daherkamen. Alles in allem wirkte Madiha gerade so gepflegt, als dass sie keinen unangenehmen Geruch ausdünstete, aber so richtig herausgeputzt war sie nicht. Es reichte, damit sie als Lustsklavin noch halbwegs attraktiv gewesen war. Bis sie ihr Leben verwirkte. Die Haare wurden gespickt von vereinzelten Federn die sie sich ins Haar gedreht hatte. Es war das einzige, was ihr an Individualität zugestanden wurde. Sie hatte im linken Ohr einen selbstgemachten Ohrschmuck: Ein Vogelskelett das sie auf der Straße gefunden und umfunktioniert hatte. Sie trägt es noch nicht lange, aber sie kann ihre Individualität nicht anders zeigen.
Was Madiha als Kleidung trägt, würden andere vielleicht nicht mal als Putzlappen nehmen. Es ist ein löchriges, übergroßes, einst weißes, Leinenhemd, das sie notdürftig mit einem ausgefransten Band über ihrer Hüfte zusammengebunden hatte, damit es hielt. Darunter zeichneten sich ihre weiblichen Formen ab, aber gleichzeitig auch das Elend, aus welchem sie stammte. Barfuß ist sie derzeit und mehr hatte sie nicht. Nichts wertvolles, nichts Bedeutsames außer einem unbändigen Willen zu leben in den grau-blauen Augen: Das war sie.

Persönlichkeit:
Einen unbändigen Willen zu leben… Das beschreibt Madiha schon fast perfekt. Die Siebzehnjährige hat in ihrem Leben wenig bis gar nichts gehabt. Sie hat noch nie ein eigenes Zimmer gehabt, noch nie ein Spielzeug besessen oder war mit Freunden gesegnet. Sie hatte nur einen kurzen Moment, einen Wimpernschlag, mit ihrer Mutter und keine Zeit mit ihrem Vater. Geboren in Sarma bedeutete für Frauen, egal welcher Kaste, dass sie sich zu unterwerfen hatten. Madiha lernte dies sehr früh in ihrem Leben. So mag es verwunderlich sein, dass sie trotz allem zu einem Menschen geworden ist, der sich – verbal- zur Wehr setzen konnte. Der Schläge nicht fürchtete, der sich nicht unterkriegen ließ. Vermutlich gab es, wenn man ihre Lebensgeschichte betrachtete, genau zwei Wege, wie sie hätte werden können: Rebellisch, wütend und zäh oder still, ängstlich und innerlich tot.

Madiha weigert sich seit ihrer Geburt das Leben aufzugeben. Sie klammert sich so unbändig daran, dass man bei ihr niemals den Gedanken an Selbstmord finden würde. Natürlich hat sie die Vergangenheit geprägt und sie ist niemand, der sich einer hohen Sprache bedienen oder eine gepflegte Konversation führen konnte, denn sie kennt nichts von der Welt. Sie weiß nichts von Politik und von hochherrschaftlichen Gepflogenheiten. Nichts jedenfalls, was über das Verhältnis von Meister und Sklavin hinausging. Sie wusste, sie hatte zu knicksen, wenn jemand den Raum betrat- in ihrer Welt war es auch egal wer nach ihr den Raum betrat, jeder war ihr höher gestellt, also knickste sie auch bei jedem. Madiha war pragmatisch. Was sollte sie auch anderes sein? Sie wusste, sie musste essen, sie musste schlafen. Das was dafür nötig war, war sooft bei ihrem Herrn zu liegen und seine Wünsche zu befriedigen, wie er es wollte. Also tat sie es.
Madiha spricht Sendli und wohl eher die Version des einfachen Volkes. So kommt es nicht selten vor, dass der Pragmatismus wirkt, als wäre sie kess und witzig, doch sie weiß es einfach nicht besser. Man hatte ihr nie den Zugang zu Büchern, oder generellem Wissen gewährt. Sie bediente sich einer Ausdrucksweise, die sicherlich nicht jedermanns Sache ist.

Doch bei all dem Willen, bei all dem Temperament welches ihr innewohnte, hat sie auch viel zu oft mit ihrem Dasein zu hadern. Sie klammerte sich daran, dass es etwas Besseres für sie geben musste. Sie wollte etwas aus sich machen, etwas schaffen, etwas sein, die Enttäuschung darüber, dass sie kaum das richtige Werkzeug mitbrachte, um Sarma überhaupt verlassen zu können, schmerzte tief. Hinzu kommen die neuerlichen Narben die sie triezten und stets erinnerten, was es hieß, eine Frau zu sein. Noch dazu eine aus der untersten Kaste.
Man möchte es nicht glauben, aber trotz der Härte ihres Daseins, hat sie etwas Sanftes und Hilfsbereites in sich. Sie versteckte es gut, gleich einer verletzten Katze die niemanden an sich heranlassen wollte. Vielleicht entwickelte sich dieser Charakterzug auch gerade weil sie die andere Seite des Lebens kannte. Wer würde es schon ergründen wollen?

Stärken:
Es gibt nicht viel was Madiha als Stärke ausgelegt werden könnte. Sie hält durch, das kann mal wohl so unterschreiben. Sie kann wie ein Maulesel arbeiten, wenn sie es muss und sie gibt nicht auf. Ihr Temperament wirkt auf viele Gelangweilte erfrischend, was ihr vielleicht mal das eine oder andere vergünstigt, aber das nur am Rande. Madiha lernte lediglich durch die Schule des Lebens, nie aber steckte sie ihre Nase in ein Buch. Sie würde durchaus in der Lage sein zu überleben, sie könnte Feuer machen, könnte Wasser kochen, oder Nahrung zubereiten, könnte verschiedene Pflanzen wiedererkennen, so sie es musste, doch das war es auch schon fast. Wenn sie ein Tier erlegen müsste, würde das nur durch ihre beinahe stoische Art, es so lange zu versuchen, bis es klappte, funktionieren. Sie hatte keine Ahnung von dem Jägerhandwerk oder vom Waffengebrauch. Wenn man ihr die Chance geben würde, könnte man dennoch feststellen, dass Madiha eine schnelle Auffassungsgabe besaß. Trotz all dieser Eventualitäten, beherrschte Madiha nichts besser als rudimentär. Man könnte sagen, dass das Wirken von Magie eine Stärke ist. Madiha hat zwar das Potential, lernte aber nicht damit umzugehen. Die Magie zeigte sich bisher nur ein Mal und sie könnte sie zurzeit nicht kontrollieren.

Schwächen:
Wo sollte man anfangen? Nach der allgemeinen Regel der Gesellschaft, war Madiha ein Taugenichts. Männer hätten eventuell noch die Chance, auf ihre Kosten zu kommen, Frauen würden in ihr nichts sehen können. Madiha würde man als naiv bezeichnen, als dumm vielleicht sogar. Sie kannte nur Sarma, hatte nichts von der Welt gehört oder gesehen und wusste nichts über Politik, über Eroberungen oder wie es außerhalb Sarmas und jenseits von Wüstensand aussah. Aufgrund dessen, dass sie abgeschottet in Häusern aufwuchs und lebte, nur ins Schlafgemach von hohen Herren gebracht wurde und zurück, schnappte sie auch kaum etwas auf. Sie war zwar interessiert an Dingen die sie weiterbrachten, doch kam sie nicht an die Informationen heran. Ihre größte Schwäche ist wohl, eine Frau zu sein. Beziehungsweise, eine Frau in Sarma zu sein. Zudem kommen die Wunden die man ihr in all den Jahren zugefügt hatte. Innerlich wie äußerlich schmerzten sie und würden sie wohl den Rest ihres Lebens nicht vergessen lassen, was sie war, was sie durchmachte und wie man ihr begegnete.Körperlich gesehen, schmerzen ihre Narben immer wieder und beeinträchtigen ihre Konzentration. Bewegungen im linken Arm haben zur Folge, dass sich die Haut auf unangenehme Weise zusammenzieht, sodass Madiha das Gefühl hat, ihren Arm nicht richtig nutzen zu können. Sie vermeidet es, wenn es geht.

Lebensgeschichte:
“Bis zu deiner Hinrichtung, wirst du hierbleiben, Hexe!“ Die Worte wurden von einem unsanften Stoß begleitet, sodass die junge Schwarzhaarige ins Stolpern geriet. Sie drehte den Kopf schwungvoll herum und warf ihrem Begleiter einen funkelnden Blick zu. “Hör auf so zu glotzen, Miststück! Das hast du dir selber zu zuschreiben!“ donnerte die tiefe Stimme, ehe ein Geräusch ertönte das so ähnlich klang wie das kreischende Reiben von Metall auf Metall. Es knarzte noch mal kurz, dann entfernten sich die Schritte des Sprechers. Es wurde still um sie herum und sie betrachtete ihre neue Bleibe. Die junge Gefangene ließ den Blick schweifen und machte eine karge Zelle aus, die leicht modrig und feucht roch. In der hinteren Ecke stand ein Eimer, daneben befand sich so etwas wie ein Bettgestell. Ohne Matratze und ohne Decke oder Kissen. Eine Ratte lief völlig angstfrei an ihr vorbei zur nächsten Zelle und die Dunkelhaarige folgte ihr mit ihrem Blick. Offenbar kannte die Ratte viele Menschen… Sie würde sie sicher noch öfter sehen. Das leicht schummrige Licht hier machte es schwer, mehr zu erkennen, als das was vor einem war. Dennoch hörte das Mädchen Geräusche aus der Zelle neben sich. Ihre grau-blauen Augen verengten sich etwas und sie versuchte etwas zu erkennen, doch erst als sie die wenigen Meter überbrückte, erkannte sie einen Schemen hinter den Eisenstangen. “Wie heißt du?“ drang es zu ihr herüber und sie runzelte die Stirn. Sie kannte die Stimme irgendwoher. Irgendetwas an dem tiefen Timbre durchströmte ihre Nervenzellen. “Madiha“ erklärte sie auf die Frage und umschloss die Gitterstäbe mit ihren Fingern. Sie lehnte ihren Kopf dagegen, um besser hineinspähen zu können. Sie zuckte etwas zur Seite, als plötzlich eine Gestalt vor ihr auftauchte und so dicht war, dass sie riechen konnte, dass die Person schon länger hier saß. “Ich kenne dich…“ murmelte der Schemen und betrachtete das junge Mädchen vor sich genauer. Seine Augen wanderten von dem schwarzen Haaransatz über das Gesicht, als suche er etwas. “Du bist das.“ Kam die Erkenntnis und Madiha runzelte die Stirn. Es war ja nicht so, dass sie in ihrem bisherigen Leben ein reges Sozialleben pflegte und allem Anschein nach würde sie das auch nicht mehr nachholen können, doch woher kannte sie die Stimme? Madiha lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Zellenwand. “Nichts für ungut, aber ich weiß nicht woher wir uns kennen sollten, immerhin war ich ewig nicht auf einer Feier.“ Der Mann lächelte kurz und lehnte sich ebenfalls an die Wand, ihr zugewandt. Auch er verschränkte die Arme, spiegelte sie. “Du bist die verlauste Diebin, die mir meinen Beutel abnehmen wollte.“ Madiha öffnete den Mund und ihr entfuhr ein stummes ‚Oh'. “Dann bist du derjenige, dem ich all das…“ sie machte eine ausladende Geste “hier verdiene. Danke“ Sie lächelte zynisch und lockerte die Arme, um sich auf die Pritsche zu setzen. Sie zog ihre Beine an, legte die Arme auf die Knie und lehnte den Kopf gegen die Mauer. “Hätte ich dir die Hände abschneiden sollen, weil du geklaut- nein, klauen wolltest und nicht mal Mitglied in der Gilde warst?“ Madiha runzelte die Stirn und starrte den Mann an: “Ich war 7 Jahre alt! Was zur Hölle hätte ich machen sollen? Nehmt ihr überhaupt Kinder? Du hättest mir auch ein Brot kaufen und mich wegschicken können!“ Fuderte sie ihm entgegen und warf die Hände in die Luft. Nun war es an dem Mann sich hinzusetzen. Er senkte seinen Körper auf den Boden wo er stand und saß mit dem Rücken zu ihr. Auch er lehnte den Kopf gegen die Gitterstäbe und atmete hörbar aus. “Du hast recht, das hätte ich tun können. Aber was hättest du daraus gelernt? Dass du tun und lassen kannst, was du willst?“ Er atmete erneut hörbar. “Wie ist es dir ergangen?“ Fragte er sie und erwartete nichts Gutes zu hören. Er wusste, als er sie damals an den Edelmann Abbas ibn Melih verkaufte, dass ihr der Weg nicht wohlgesonnen sein würde.

Madiha betrachtete eine Weile den Hinterkopf des Mannes, der sie in die Lage gebracht hatte. Wollte er jetzt wirklich ihre Lebensgeschichte hören? Was erwartete er denn zu hören? In der jungen Frau machte sich ein Anflug von Unmut breit. Sollte sie ihm wie alte Freunde Rede und Antwort stehen, wenn sie nichts gemein mit ihm hatte? Wozu? Was scherte ihn, was aus dem kleinen Mädchen von damals geworden war? Konnte er sich das nicht denken? In Sarma hatten die Frauen nämlich nicht viele Möglichkeiten und wenn sie, wie Madiha selbst, bettelarm und dazu Waise waren, dann lockte nicht gerade die schillernde Zukunft. Trotzdem hatte sie auch nichts Besseres zu tun zurzeit. Sie saß hier eingesperrt und da konnte sie auch getrost jemanden ihre Geschichte erzählen, wenn sie schon dem Tod ins Auge sah. “Nun.. was soll ich sagen, wo fange ich an?“ Begann sie das Gespräch und überlegte einen Moment. “Erzähl mir doch wie dein Leben bei Abbas verlaufen ist.“ Schlug er vor und Madiha zuckte die Schultern.
“Also schön. Nachdem du mich so nett verscherbelt hast, wurde ich im Sklaventrakt einquartiert. Mir wurden verschiedene Aufgaben übertragen die ich fortan zu erledigen hatte. Ein normaler Tag sah so aus, dass ich morgens als erstes alle Vorhänge aufziehen sollte, dann die Nachttöpfe leerte, dann die Toiletten putzte, frische Waschschüsseln hinstellte und schlussendlich in der Küche half, das Frühstück zu zubereiten. Als Kind kam ich halt super in die Ecken…“ Fügte Madiha schnippisch zu und betrachtete den Hinterkopf des Mannes vor ihr. Dieser rührte sich nicht weiter und lauschte wohl, was sie als nächstes sagte: “Im Grunde hatte ich Essen und ein Dach über dem Kopf. Das war das Positive daran. Dennoch… von Kindheit keine Spur, aber davon singen die Mädchen dieser Stadt ja generell zig Lieder, nicht wahr? Also beschwere ich mich nicht. Wer weiß wo ich gelandet wäre, wenn du mich nicht verkauft hättest. – Übrigens: Was hast du damals eigentlich für mich eingestrichen?“ Sie konnte beinahe sehen, wie er lächelte: “Ist das denn wichtig? Sagen wir, ich habe gut verhandelt. Ich wusste, dass Abbas gerne Kinder nimmt, die ihm unter die Arme greifen. Er ist ein alter einsamer Mann gewesen. Er sagte immer, dass ihn die Kinder vergessen lassen, dass er alleine war.“ Madiha schnaubte eine Spur verächtlicher, als sie es beabsichtigt hatte. “Er hatte doch seinen eigenen Sohn. Naja wie auch immer. Jedenfalls war das Leben hart, aber wie erwähnt kam ich zurecht. Das änderte sich, als ich…“ Sie wurde jäh unterbrochen, als die Kerkertüren laut quietschten. Jetzt kam auch Regung in den Dieb der auf die Beine kam. Madiha betrachtete die beiden Wachen, die sich ihrer Zelle näherten und augenblicklich drückte sie das Rückgrat durch. Deutlich zu früh, sie hier herauszuholen. Die nächsten Hinrichtungen dauerten noch ein paar Tage. Dennoch wurde der Schlüssel in ihrer Zellentür gedreht und die Wachen kamen auf sie zu, packten sie links und rechts, und zerrten sie aus der Zelle. Keiner sagte etwas, auch die junge Frau nicht. Sie stemmte sich etwas gegen die Griffe, verlangsamte den Schritt und sah gerade noch, dass der Dieb in der anderen Zelle, zu seiner Tür kam und die Szenerie mit besorgten Augen betrachtete. Dann verließen sie den Zellentrakt.
Dunkelheit umhüllte Madiha’s Geist und sie stöhnte gequält auf. “Madiha!“ Donnerte es schmerzhaft in ihrem Kopf und sie stöhnte abermals. Sie fühlte sich elend und wusste nicht so recht, wo sie war. “Madiha!“ Hämmerte es abermals und sie zuckte zusammen, was ihr nur noch mehr Schmerzen bereitete. Langsam kehrte ihr Bewusstsein in ihren Körper zurück; kroch über die Ohnmacht die sich übermannt hatte hinweg und ließ sie schmerzhaft erahnen, in welcher Verfassung sie war. Als erstes spürte sie wieder, dass sie auf etwas hartem lag. Ihr Arm hing unelegant über der Kante, pochte aufgrund des Sauerstoffmangels den er durch das Abklemmen erlitt. Sie zuckte mit den Fingern und verzog das Gesicht- ein höllischer Schmerz durchzog sie und Madiha jaulte auf. Dann, ganz plötzlich, als ob ihr Geist sich entschieden hätte, dass sie nun ausgeruht genug war, durchbohrte sie die Erinnerung an das soeben geschehene. Madiha setzte sich ruckartig, kerzengerade auf und kippte gleich wieder die nach vorne und landete auf dem nassen Kerkerboden. Sie musste wie ein oller Kartoffelsack ausgesehen haben, als sie plump liegen blieb. “Mensch, Mädchen!“ Hörte sie und öffnete endlich die Augen. Verschwommen deuteten sich Umrisse an die stetig deutlicher wurden. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis Madiha wieder aufrecht saß und zumindest ansatzweise lebendig aussah. Sie befühlte mit ihren schmutzigen Fingern ihr Gesicht, ganz vorsichtig und flüchtig- der Schmerz war unaussprechbar. “Was haben sie mit dir gemacht?!“ War das eine rhetorische Frage? Konnte man nicht sehen, was sie mit ihr gemacht hatten? Das junge Mädchen schnaubte, genauso abfällig wie sie es beabsichtigte: “Geknuddelt… Umarmt und…in weiche Kissen gebettet…“ Antwortete sie sarkastisch und lächelte über ihren eigenen Witz, ehe sie wieder an ihre Verletzungen erinnert wurde. “Sie haben mich gefoltert… Sie wollen sichergehen, dass ich die Hinrichtungen nicht überstehe, selbst wenn ich verschont bleiben sollte.“ Murmelte sie und ihre Stimme klang so fremd. Sie hatte geschrien, als man ihr mit glühenden Stangen den Körper entstellte. Die Wachen waren sehr gründlich gewesen. Man hatte ihr den Rücken verbrannt, die linke Schulter, den Arm… und zum Schluss hatte man sie wie Vieh gebrandmarkt. Man hat ihr Gesicht entstellt, sodass dort nun unschöne, knallrote Striemen zusehen waren. Sie würden Madiha ihr Leben lang begleiten, sollte sie widererwarten überleben. “Wieso haben sie das getan?“ Fragte der Dieb und die einst recht hübsche Sklavin rappelte sich etwas zurecht, um besser zu sitzen. Sie zitterte aufgrund der Anstrengung, aufgrund der Hitze die die Brandwunden auslösten und ihr Körper, versuchte zu heilen. “Bevor wir so… rüde unterbrochen wurden… Abbas starb nachdem ich 4 Jahre für ihn gearbeitet hatte. Ich war inzwischen 11 und Alout, der Sohn von Abbas, verkaufte die Hälfte der Sklaven weiter. Er brauchte Geld und so kam ich…“ sie machte eine ausladende Geste die ebenso schmerzte wie das Sprechen “hierher. Khasib Ashref kaufte mich und stellte mich in seinen ganz persönlichen Dienst.“ Ihre Stimme klang bitter, doch sie sprach weiter: “Nur ein paar Tage nach meinem 12. Geburtstag und mit Eintreten in die Geschlechtsreife, wurde ich zur Lustsklavin befördert und hatte fortan jede Nacht für Khasibs Wünsche da zu sein.“ Sie spürte, wie ihr schlecht wurde. Schwindelig rutschte sie zu dem Eimer in der Ecke und erbrach sich mehrfach. Es war nicht klar zu sagen, ob aufgrund der Verletzungen oder der Erinnerungen an die letzten 5 Jahre.

Der Dieb in der anderen Zelle betrachtete das Häufchen Elend. Er lehnte seine Stirn gegen die Gitterstäbe und schluckte hart. Er konnte das kleine Mädchen vor seinem geistigen Auge sehen, wie es damals vor ihm gestanden hatte, mit großen hübschen Augen, krauser Mähne und schmutzigem Gesicht. Er hatte sie damals bei dem Versuch erwischt, seinen Geldbeutel zu stehlen. Anstatt sie – nach den Regeln der Diebesgilde für ‚wilde Diebe‘ zu bestrafen, hatte er sich entschieden, sie in die Dienste eines Edelmannes zu stellen. Es war damals seine Auffassung von ‚guter Tat‘ gewesen und bald schon, hatte er sie vergessen. Die Summe war damals nicht schlecht gewesen für einen Nebenverdienst, doch wenn er jetzt sah, was aus dem frechen Kind geworden war… Da konnte man schon mal seine Moral hinterfragen. Er selber hatte nie verstanden, wieso das sarmaische Volk seine Frauen so behandelte. Er selber stammte aus Andunie und schlug vor vielen Jahren den Weg des Diebes ein. Inzwischen war er Ende 30 und dem ‚Zauber der Schatten‘ entwachsen. Er wollte die junge Frau vor sich halten und ihr ein bisschen Wärme spenden, bevor sie ihr Leben mit zarten 17 verlieren würde. Er hatte das dringende Bedürfnis ihr etwas Licht zu schenken, doch er wusste auch, dass es dafür zu spät war. Er war überrascht davon, dass Madiha ihren Lebenswillen auch jetzt nicht verlor. “Wie kam es eigentlich dazu, dass du damals auf dem Markt ganz alleine warst?“ Wollte er wissen und inzwischen hatte sich die Sarmaerin wieder aufgesetzt. Ihr Atem ging unregelmäßig und sie hatte Mühe die Augen offen zu halten. “Meinen Vater kenne ich nicht. Meine Mutter hat nur erzählt, dass er bei den Hinrichtungen umgebracht wurde.“ Die Mundwinkel zuckten. “Zufälle gibt’s… Meine Mutter zog mich auf der Straße auf. Sie hatte selber nichts und wir lebten von der Hand in den Mund. Sie verdingte sich als Hure, damit ich essen konnte und als ich älter wurde, bildeten wir ein Team. Mundraub nennt man das wohl. Als ich 6 war, starb sie an den Folgen einer Krankheit. Ich habe nur noch sehen können, dass man sie auf einem Karren, mit anderen Toten, vor die Stadttore schaffte. Vermutlich gibt es dort ein Massengrab für die Armen und Mittellosen.“

Madiha blickte zu ihrem Gesprächspartner: “So… und wie heißt du überhaupt? Und wieso interessiert dich das alles so brennend?“ Der Angesprochene hob die Augenbrauen. Sie wirkte etwas zu kampflustig, für seinen Geschmack. “Was soll ich sagen?“ Erwiderte er und musterte Madiha. “Ich bin nicht von hier, wie du vielleicht schon bemerkt hast. Ich lebe seit 13 Jahren hier, aber ich habe die Gepflogenheiten nie ganz übernommen. Ich teile das Frauenbild nicht.“ Er hob den Blick etwas und setzte sich dann wieder auf den Boden. “Madiha ich habe damals nicht richtig gehandelt und immer mal wieder habe ich darüber nachgedacht, welche andere Option ich gehabt hätte. Zur Gilde ging nicht, ziehen lassen ging nicht, du warst erst 7 Jahre alt… Du hättest nicht überlebt.“ Er strich sich über den Kopf und das braune Haar, welches für Andunie typisch war, zerzauste etwas. Madiha starrte gegen die Decke und hörte was er sagte. Sie lächelte schwach und schloss dann für einen Moment die Augen. “Es wäre übertrieben von einem Leben zu reden. Aber ich weiß was du meinst. Wo kommst du her? Du sagtest du lebst seit 13 Jahren hier… Woher stammst du?“
“Andunie.“Antwortete er knapp und sie wurden wieder unterbrochen, bevor er weitersprechen konnte. Die Kerkertüren wurden erneut geöffnet und er hörte, wie Madiha zischte. Doch dieses Mal kamen sie nicht, um sie zu holen, sondern um ihre tägliche Ration Essen zu bringen. Es reichte gerade so, dass sie beide nicht verhungerten, aber das war es auch schon. Nachdem die beiden Wachen wieder gegangen waren, sprach der Dieb weiter. “Ich kam nach Sarma, um dem Bund der Diebe beizutreten. Das habe ich erreicht und arbeite noch heute für sie.“ Madiha starrte auf das Brot, welches sie bekommen hatte. Es war trocken und hart, sie bröselte etwas darin herum, schob sich dann das weichste Stück in den Mund und lutschte darauf herum. Kauen bereitete ihr solche Schmerzen, dass sie es erwog, einfach nichts zu essen. “Und was soll das hier?“ Fragte sie und deutete auf alles um sie herum. Er lächelte sie warm an. “Khasib gefiel meine Verhandlungstaktik nicht. Also lässt er mich hier schmoren.“ Madiha schnalzte mit der Zunge und pulte ein weiteres Stück Brot aus dem Kanten.
“Wieso aber bist du hier, Madiha?“ Sie pulte etwas weiter, als hätte sie die Frage nicht gehört. Er konnte sehen, dass sie erwog nicht darauf zu antworten, doch dann blickte sie auf. Ihr Gesicht ließ eine Gänsehaut bei ihm aufkommen. Man hatte sie übel zugerichtet. “6 Jahre lebe ich hier in diesem Haus und jede Nacht holt Khasib sich eine von uns oder zwei oder alle zu sich und vergnügt sich. Dass das nicht ohne Folgen bleibt, dürfte klar sein. Hila…“ Ihre Stimme brach etwas weg und sie schlug die Augen nieder, sammelte sich einen Moment. Offenbar was diese Hila eine Vertraute. “Sie war einige Jahre älter als ich und genoss die Gunst von Khasib, wenn man das so überhaupt sagen kann. Bis sie schwanger wurde. Ich… ich habe gesehen, wie sie Hila schlugen, weil sie nicht aufgepasst hatte. Und dann schnitten sie ihr den Bauch auf…So viel Blut“ Die letzten Worte waren kaum mehr als ein Hauch, ehe Madiha die Augen schloss und den Tränen die sich anbahnten den Weg ebnete. Es brannte höllisch als die salzige Flüssigkeit über ihre Brandwunden flossen. “Sie.. sie haben sie nachts weggeschafft und ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen. Das war vorletzte Nacht. Gestern wurde ich zu Khasib gerufen. Ich hatte so eine Wut im Bauch so… so einen Zorn ich wollte es hinausschreien und mit Fäusten auf ihn einhämmern für das was er Hila und allen anderen von uns angetan hatte. Über Jahre und Jahre…“ Der Dieb beobachtete Madiha genau. Sie schien die Situation nachzuleben und sprach wie fremdgesteuert. “Als ich in sein Schlafgemach kam, als ich ihn dick und rund auf den Kissen liegen sah… All meine Wut schien sich wie ein Klumpen schwarzes Pech in mir zu sammeln. Es kroch meine Brust hinauf, meine Kehle. All die Wut die ich verspürte und plötzlich, als ich meinen Mund zum Schreien öffnete, entzündeten sich die Kissen auf denen er lag. Sofort brannte seine Schlafstätte lichterloh und er kam nur mit Mühe davon.“

Der Dieb horchte auf. “Es tut mir leid, was dir widerfahren ist, Madiha. Ich hätte mir für dich einen anderen Weg gewünscht. Glaub‘ mir. Deine Freundin… Auch das tut mir von Herzen leid. Ist dir das mit dem Feuer schon einmal passiert?“ Madiha wischte sich über das Gesicht, bereute es wenige Sekunden zutiefst und atmete geräuschvoll aus. Dann blickte sie zu ihrem Zellennachbarn. “Ich kenne das Gefühl, wie sich ein schwerer Ball aus Wut oder Frust meine Kehle hochschiebt. Aber das mit dem Feuer ist neu gewesen.“ Er nickte auf ihre Antwort hin. Er ahnte was sie da getan hatte und in ihm arbeitete es fieberhaft, wie er dem Mädchen helfen konnte. Sie musste die Hinrichtung überleben, dann könnte er sie vielleicht an der Akademie melden. Vielleicht hatte sie Potenzial genug, damit man sie aufnahm. Er hatte Beziehungen die er nutzen würde, wenn sie standhielt. Er wollte es wieder gutmachen. Er ertrug den Anblick des Mädchens nicht und wandte die Augen kurz ab. Was hatte er angerichtet? Er hätte sie aus Sarma fortschaffen können. Als könne sie seine Gedanken lesen, sagte sie: “Es bringt nichts der Vergangenheit nachzuhängen. Man sollte immer vorwärts schauen. Ist schon gut.“ Meinte sie und spürte, wie ihr langsam die Kraft aus dem Körper wich. Er betrachtete sie und nickte ohne dass sie es sah. “Du musst durchhalten. Hörst du?“ Versuchte er ihr Stärke mitzugeben und wusste, dass sie diese durchaus im hohen Maße hatte. Er war beeindruckt davon, wie sehr sie standhielt und das trotz dessen, dass man ihr so zugesetzt hatte. Er betrachtete sie noch eine Weile, wie sie so da lag auf der Pritsche, dem Schmerz und der Müdigkeit erlegen. Sie hatte nichts weiter an, als ein zerschlissenes Leinenhemd. Die schwarzen Haare, wild und mit Federn geschmückt, die nackten Füße zerschrammt und blau vom harten Untergrund. Wenn sie die Hinrichtung überlebte, wäre das ein Wunder.
Plötzlich wurde die Tür geöffnet und eine der Wachen kam herein. Der Dieb wandte sich um und nickte, als seine Zellentür geöffnet wurde. “Du darfst gehen, Andunier.“ Offenbar hatte man das Gefühl, dass der Dieb seine Lektionen gelernt hatte. Er wandte sich noch mal an Madiha, die von alledem nichts mitbekam. “Mein Name ist Caleb“ murmelte er, nicht sicher warum er es ihr nicht vor ihrer Ohnmacht erzählte. Doch vielleicht hatte sie den Namen irgendwo tief in sich abgespeichert. Wer wusste es schon. Er würde jedenfalls dafür sorgen, dass sie zur Akademie kam, wenn sie die Hinrichtungen überlebte. Dann verließ er die Zelle die für 3 Tage sein Heim gewesen war und ließ Madiha zurück…

Das ganze war 12 Tage her. Das Gespräch mit dem Dieb in dem Kerker war Madiha gerade jetzt in den Sinn gekommen. Man hatte sie inzwischen zum Hinrichtungsplatz gebracht und unter Zuschauern im Wüstensand vergraben, bis nur noch ihr Kopf herausguckte. So war es Tradition in Sarma. Mit Madiha befanden sich noch 6 weitere zum Tode Verurteilte und vor ihnen bauten sich die Henker in Form von kameltreibenden Adeligen auf. Madiha konnte unter ihnen Khasib ausmachen. Er saß dort, fett und schwitzend auf seinem armen Tier und wog den langen Stab an dessen Ende eine Metallkugel befestigt war, in seiner Hand. Die Siebzehnjährige konnte das Metall im Licht schimmern sehen. Ihr Herz pochte schneller, als sie sich unweigerlich vorstellte, dass diese Kugel ihren Tod bedeuten würde.
Einer nach dem anderen durfte sich darin versuchen, ein Leben zu nehmen. Madiha wusste nicht, was die anderen getan hatten, um hier zu landen, doch einer nach dem anderen verlor unter grausamen Geräuschen sein Leben. Jedes Mal wenn ein Schädel schmatzend splitterte, kniff Madiha die Augen zusammen und wandte den Kopf, so gut es ging, ab. Dann war es so weit: Khasib brachte sein Kamel in Position und grinste hämisch in ihre Richtung. Ihr Herz polterte wie wild und sie spürte, wie ihr Mund trockener wurde und ihr Atem schneller ging. Dann setzte sich das Kamel in Bewegung und nahm schnell Geschwindigkeit auf. Madiha konnte den Sand vibrieren spüren, während ihr Henker näher kam. Noch kurz bevor das Kamel ihr die Sicht versperrte, meinte die junge Frau eine Gestalt in der Menge zu sehen, die dem Dieb erstaunlich ähnlich sah. Doch die Gedanken ließen sich nicht zu Ende führen, denn nur Millisekunden später, krachte die schwere Stange unter für sie ohrenbetäubendem Lärm zu Boden. Dann folgte ein dumpferer Schlag und ein wütendes Geschrei. Als Madiha ihre Augen öffnete, sah sie ein herrenloses Kamel davon schlendern und einen dicklichen Adeligen im Sand liegen. Die Stange lag einige Zentimeter neben ihr. Schnell fühlte Madiha innerlich ihren Kopf ab. Da war nichts, kein Schmerz, kein warmes Blut, das ihr die Stirn hinab lief... Sie lebte. Und sie würde weiter leben, zumindest wenn sie die nächsten 3 Tage überstand. Es war wie ein Wunder, das sie kaum fassen konnte. So grausam die Gepflogenheiten hier in Sarma sein mochten, es war eben auch Tradition, dass der Verurteilte begnadigt wurde, wenn er nicht getroffen wurde. Und wenn er die nächsten 3 Tage im Sand vergraben überstand. Madiha wagte kaum zu hoffen, doch dann verkündete der Wächter, der die Aufsicht hatte, dass man das Mädchen begnadigte, da Khasib vom Kamel gefallen war. Dieser stampfte und zeterte, warf der einstigen Sklavin hasserfüllte Blicke zu und rauschte dann mit seinem Gefolge zurück in die Stadt. Sie musste nur noch überleben... und das konnte sie.


Nun harrte sie bereits den 2. Tag im Wüstensand aus und begann zu fantasieren. Immer wieder fand sie sich in der Zelle wieder, immer wieder spielte ihr Gehirn das Gespräch ab und ließ sie glauben, sie wäre noch da. Sie konnte inzwischen nichts mehr unterscheiden was wahr und was falsch war. Die Sonne am Tag, das fehlende Wasser und Essen, die Torturen der letzten Tage, all das zerrte so unbarmherzig an ihren Lebensgeistern, dass sie sich fragte, wieso sie nicht endlich einschlief. Doch etwas in ihr wollte nicht sterben. Sie wollte einfach nicht. Es gab etwas Besseres für sie da draußen, das wusste sie. Es musste so sein… Immer wieder verlor Madiha das Bewusstsein, bis sie endgültig völlig entkräftet wegsackte. Die Dunkelheit umfing sie wie eine alte Freundin und sie hatte das Gefühl von Ruhe. Diese wurde dann jäh gestört, als man sie an beiden Armen aus der Sandgrube zog. “Die lebt noch! Boah… wie sie stinkt.“ Waberte es in ihrem Kopf, doch sie war nicht mehr fähig überhaupt irgendetwas zu erwidern oder sich zu wehren. Sie ließ es geschehen… Zumindest noch für eine Weile. “Madiha. Madiha Al’Sarma. Begnadigt.“ Donnerte eine tiefe Stimme und so etwas wie das Kratzen einer Feder auf Pergament ertönte. Dann wieder Dunkelheit. Sie hörte irgendwo ein Pferd schnauben, dann eine Stimme die ihr Gänsehaut bereitete: “Zur Akademie. Schnell.“ Sie konnte diese nicht einordnen, dafür war sie zu weit weg. Doch sie wusste, dass sie die Stimme kannte- war das etwa der Dieb?! Dann lösten sich auch diese Fetzen in Wohlgefallen auf und sie umfing eine tiefe, reine, Bewusstlosigkeit. Vielleicht war es besser so und Gläubige würden eventuell von Vorsehung sprechen, dass das Mädchen die folgenden Tage einem tiefen Schlaf erlag. Ihr Körper und ihre Seele brauchten Ruhe um zu heilen, um die Strapazen der letzten Wochen und Jahre zu verdauen. Es würde sicherlich noch Jahre dauern, bis Madiha die Schrecken verwunden hatte, doch jetzt musste sie zu Kräften kommen, denn das was sich am Himmel Sarmas anbahnte, würde jedem in der Wüstenstadt einiges abverlangen.


Inventar:
Madiha besitzt nichts außer ihren Namen.

Tierischer Begleiter:
Keiner

Einstiegspost

Die Insel Belfa // Die Wüstenstadt Sarma // Die Feuerakademie Cassandra's // Das Leben der Anderen
Zuletzt geändert von Madiha Al'Sarma am Montag 22. Februar 2021, 20:53, insgesamt 1-mal geändert.
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