
Nein!
So verlief es nun doch nicht ganz, obwohl Darnas weg geducktes ängstliches Ich durchaus so etwas in Betracht gezogen hatte. Nein, ganz zum Schluss war da doch noch etwas Abenteuerlust und vor allem Vertrauen in Leon gewesen. Letztendlich hatte sie sich dann doch fallen lassen und sogar ihre Vorstellung von goldenen Schleiern bewahrheitete sich ...fast. Genauer gesagt, waren es eher silbrige Schleier die ihre Wahrnehmung umhüllten, silberner Nebel der kühl ihre Haut streichelte und in den Augenwinkeln kitzelte wie Wattewolken. Ob es Leons Nebel war, in den sie da eintauchte? Er fühlte sich nicht bedrohlich an, eher ganz das Gegenteil war der Fall. Eine unglaubliche Klarheit und Ausgeglichenheit machte sich in ihrem Körper breit. Selbst der Fluch schien für einen Moment zu Ruhen.
Leider verpassten so alle das Gefühl, wie es wohl sein würde zu fliegen. Dass der Geisterdrache sie nicht auf seinem nicht existenten Rücken hatte reiten lassen, war im Nachhinein vielleicht sogar nachvollziehbar. In dem Trance-artigen Schlaf, in den Fiddatan sie alle versetzt hatte, nahmen sie nichts von ihrer Umwelt war. Da waren maximal ein paar schnelle Schatten, die unter ihnen hinweg huschten, aber der kleine Rest von Selbstwahrnehmung, der geblieben war, verriet nichts von der Welt. Einzig ihre direkten Nachbarn auf dem Flug in der Nebelwolke, die nahmen sie unterbewusst war. Da waren Andere Auren, die Delilah selbst durch geschlossene Augen sah und Darna spürte den dumpfen Druck in ihrem Innern, dem es irrationaler Weise sehr gefiel so zu reisen, und nur zu gern aus ihr heraus gebrochen wäre. Doch Delis und Leons Nähe machten es ihm unmöglich, auch nur zu ihr in Kontakt zu treten. Vielleicht hätte ihr Dämon sonst sogar eine Möglichkeit gefunden, ihr eine bessere Sicht und mehr Wachheit zu verschaffen. Schließlich war er genauso ein Kontrollfreak wie sie, aber dafür hätte sie ihm mehr Raum in ihrer Seele geben müssen und dazu war sie nicht bereit.
…
Als der Nebel sich zu lichten begann, spürten alle, dass sie auf unebenen Boden lagen. Ihre Gelenke waren steif gefroren und ihre Muskeln begannen unwillkürlich zu zittern und zu beben. Zähne klapperten und eine Wärmequelle wurde schlagartig zu dem größten Verlangen in ihrer aller Köpfen, mehr noch als der Durst der ihre ausgedörrten Rachen quälte. Hunger hatten sie auch und alle fühlten sich steif, müde und ausgelaugt. Doch dieser Zustand musste schnell überwunden werden, denn mit dem schwindenden Nebel offenbarte sich ihre nächtliche Umgebung. Anscheinend hatte der Geisterdrache sie mitten in einem besonders stark verwilderten Wald abgesetzt. Die Bäume machten einen verwachsenen Eindruck, die Äste teilten sich in hunderte kleineren Zweige und auf dem Boden, sowie an der Rinde der Bäume war saftiges und kräftiges Moos zu finden, welches dort prächtig gedieh. Der Nebel löste sich nun langsam vollständig auf und enthüllte auch eine große Lichtung auf der Verano lag. Doch vielleicht entdeckten sie ihn erst später, denn ein gewaltiges Bauwerk dominierte die Szenerie. Ein Turm, welcher systematisch in einem Quadrat erbaut wurde, zeigte seine beeindruckende Größe. Seine Mauern waren aus einem grauen Stein geschaffen worden und eine mächtige ebenfalls aus grauen Gestein bestehende Ranke schlängelte sich an ihm hinauf. Die Spitze des Turmes reichte weit über die Baumkronen des Waldes hinaus. Die wenigen Fenster, welche der Turm besaß, waren allesamt sehr klein und wurden nicht von Läden verschlossen. Da sie nur in dem oberen Bereich vorhanden waren, war dies auch nicht nötig und auch das Tor machte bei genauerer Untersuchung einen recht stabilen Eindruck. Blätter und sogar Erde lagen vor dern Tür und zeugten, davon, dass sie seit sehr langer Zeit nicht mehr geöffnet worden war.
Reisig und Holz gab es in der näheren Umgebung genügend um ein Feuer zu entzünden und der fest und tief schlafende Drache hatte diesen Ort anscheinend ausgewählt, war er schwer zugänglich und gut verborgen war, sah man von dem gewaltigen Turm einmal ab. Der Wald um sie her schien dafür um so unwegsamer und das dichte Unterholz machte jeden Schritt zu einem Kampf gegen die Natur. Der Lagerplatz war also gut gewählt und Chasin, Leon, Darna und Delilah mussten erst einmal wieder zu Kräften finden. Wo sie genau waren, war ein Rätsel über das man Vermutungen äußern konnte. Leon rieb sich die Arme und begann sofort Holz zu sammeln. Chasin sah sich etwas unglücklich um, schnupperte und rümpfte die Nase und stopfte eilig ihre Pfeife um dann große Ringe in die nächtliche Luft zu hauchen. Immer wieder sah sie den großen Tum an und wirkte dabei sehr nachdenklich. Orientierte man sich am Stand des Mondes und der vorangeschrittenen Dunkelheit, so mussten sie ungefähr 26 Stunden geflogen sein. Chasin sah auch ab und an zu Verano und auf 'etwas' Größeres das wohl um ihn herum lag. Die Tha'Roon wandte sich an Delilah:
"Könntest du bitte dafür sorgen, dass der Graf nicht friert? Vielleicht baut ihr das Lager in seiner Nähe auf. Er... wirkt ausgelaugt ...und wird vermutlich eine ganze Weile nicht aufwachen."
Jetzt war es also an ihnen sich um den schlafenden Drachen und seinen Wirt zu kümmern.