Die Schiffe der Lathimera's

Einen wahrhaftig großen Hafen besitzt die Handelstadt. Viele Schiffe legen hier an, sowohl Handelschiffe fremder Länder und Kriegsschiffe der Stadt finden hier einen Platz.
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Die Schiffe der Lathimera's

Beitrag von Gestalt » Freitag 8. Juli 2011, 20:53

Rajakjel kommt vom Wohnviertel


Nachdem sie in eine weitere Gasse gebogen waren, konnten sie vor sich bereits die vielen Masten der Boote erkennen und nachdem auch die letzte Häuserecke verschwunden war, befanden sind links die Schiffe der Lathimeras. Stolz und majestätisch wog sich der Rumpf im sanften Gewässer und das Knarren der Kiele hatte etwas Beruhigendes. Die Sonne war inzwischen gänzlich verschwunden und tauchte die Umgebung in ein sanftes Dunkelblau. Ein Blick gen Himmel verriet, dass es eine laue und sternenklare Nacht werden würde. Nur wenige Meter und sie würden die Schiffe der Handelsflotte erreichen und gewiss würde Rajakjel dann auch Galdir finden. Bevor sie jedoch die Schiffe erreichten, hielt Luca inne und packte das Mädchen am Arm, um sie zurückzuhalten. Ernst war der sonst so vergnügte Ausdruck und seine Stimme nahm einen unheilvollen Klang an: “Also, wegen Galdir – hör mal – vielleicht solltest du es doch erstmal bei einem anderen Käpt’n versuchen. Dieser Galdir ist wirklich.. sagen wir, er ist gefährlich, in Ordnung? Du solltest vorsichtig sein, Mann.“ Die Warnung kam unvorbereitet und die Ernsthaftigkeit die Luca dabei an den Tag legte, konnte eine Gänsehaut verursachen.
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Re: Die Schiffe der Lathimera's

Beitrag von Rajakjel » Montag 11. Juli 2011, 15:34

“Ja, das will ich. Du brauchst gar nicht so – „
Vielleicht war es ganz gut, dass in diesem Moment ein weiterer Riese von einem Seemann ihnen den Weg versperrte. Wer wusste schon, wie gut Luca mit schnippischen Antworten von – in seinen Augen – halbwüchsigen, schmächtigen Landratten umgehen konnte? Auch wenn er bis jetzt einen sehr lässigen Eindruck machte.
Rajakjel brachte ihren Satz jedenfalls nicht zu Ende, denn grade musste sie sich darauf konzentrieren, nicht in den massigen Seemann vor ihr hineinzulaufen. Der wirkte auf keinen Fall so, als ob ihm das nichts ausmachen würde. Groß und bullig war er und zumindest sein Ohrschmuck ließ keinen Zweifel daran, dass er kein wirklich… netter Matrose war. Mit leichtem Befremden musterte Rajakjel den Knochen, der daran hing. War das wirklich das Überbleibsel eines Fingers?
Dann wanderte ihr Blick weiter zu den schmalen, fiesen Augen, die Luca fixierten. Nein, mit dem hier war nicht gut Kirschen essen. Da er es aber anscheinend nur auf Luca abgesehen hatte, trat die junge Frau einfach etwas zur Seite und aus der Schusslinie. Wirkliche Angst hatte sie nicht – hier war es einfach zu belebt, als dass etwas Schlimmes passieren konnte. Deshalb begnügte sie sich damit, dem Gespräch zuzuhören. Luca ging es da wohl anders als ihr – kein Wunder, denn der Riese hatte es ja eindeutig auf ihn abgesehen, und er wusste wohl auch genau, warum.

Fisko hieß er also. Und er wollte Geld, dass Luca ihm schuldete, und zwar schon seit längerem, darauf würde Rajakjel wetten. Luca regelte die Situation nicht wirklich souverän, das überraschte sie etwas. Er hatte schließlich vor knapp zehn Minuten ohne mit der Wimper zu zucken einen Seemann getötet, der es gut und gerne mit Fisko hätte aufnehmen können, und nun verstrickt er sich vor diesem in wirklich hanebüchene und widersprüchliche Aussagen. Schade, irgendwie hatte sich Rajakjel mehr von ihm erwartet. Und als ihm dann wirklich nichts Besseres einfiel, als sie da auch noch mit reinzuziehen, wurden ihre Augen beinahe genauso schmal wie Fiskos, die nur noch Schlitze in dem feisten Gesicht waren. Aber was sollte es, Luca hatte ihr das Leben gerettet, und das war das Mindeste, was sie nun für ihn tun konnte. Außerdem, und das war wirklich etwas seltsam, jagte Fisko ihr immernoch keine Angst ein. Also trat sie einen Schritt auf ihn zu und antwortete mit ruhiger und klarer Stimme:

“Was Luca sagt, stimmt. Wir wollten grad zum Hafen gehen, um es zu holen, es ist noch in meinem Seesack an Bord. Ich versichere dir, dass du es nachher in der Kneipe kriegst.“

Mit einem kräftigen Nicken bestätigte Rajakjel das Gesagte. Was sie sagte, war jetzt nicht wirklich eine Sicherheit für Fisko, aber es kam ohnehin mehr auf die Selbstsicherheit und Ruhe in ihrer Stimme an.

“Wehe, wenn das ein Trick ist, Luca, ich finde dich. Überall. Und den da auch!“

Na, Fisko, wenn du dich da mal nicht täuschst…Ungerührt beobachtete Rajakjel, wie Fisko Luca am Kragen fasste. Diese Verhandlung hier unterschied sich gar nicht wirklich von den Verhandlungen wegen geliehener Gelder, die sie manchmal zwischen ihrem Vater und anderen Leuten beobachtet hatte. Ja, die Drohungen waren vielleicht nicht ganz so subtil und die ganze Luft etwas geladener, aber insgesamt lief es doch nur auf Worte, Beteuerungen und das Vertrauen in diese Worte hinaus.
Und auch Fisko vertraute, wenn auch wahrscheinlich widerwillig und gegen besseren Wissens, auf Lucas und Rajakjels Worte. Nachdenklich sah Rajakjel ihm hinterher, bevor sie sich an Luca wandte.

“Wieviel schuldest du ihm?“

Sie fragte völlig ungeniert, denn nach seinem Verhalten war er ihr zumindest diese Erklärung schuldig, und vielleicht konnte sie ja als Dankeschön seine Schulden begleichen. Luca hingegen hatte wieder sein charmantes Grinsen aufgesetzt, und mit einem Mal regte sich Argwohn in Rajakjel. Dafür, dass er sie für einen Jungen hielt, war er wirklich ausgesprochen nett zu ihr, für ihren Geschmack etwas zu nett. Ihre Kommentare fielen dann auch etwas kühler aus als vorher.

Du willst also Seemann werden, was? Nunja, also – bei Galdir wirste wohl kein Glück haben, der ist n echt harter Brocken. Der nimmt nich’ jeden, habs auch schon versucht.“

„Mein Vater kannte ihn, vielleicht nimmt er mich deshalb ja trotzdem.“

“Ganz ehrlich, wenn du auf die See willst, musst du aber etwas zulegen. Sonst verreckst du noch.“


Dafür hatte Rajakjel nur ein Schulterzucken übrig. Wegen ihrer Statur hatte sie sich schon etliche besorgte Kommentare anhören müssen, das ging bei ihr inzwischen durch das eine Ohr rein und durchs andere direkt wieder raus.
Dann bogen sie um eine weitere Ecke und nach ein paar Schritten lag der Hafen vor ihnen. Ein Schiff reihte sich an das nächste, es war ein kollektives Schaukeln, Knarren und Ächzen. Für diese Anzahl an Schiffen war ein mittelgroßer Wald draufgegangen.
Mit leuchtenden Augen schaute Rajakjel sich um. Sie liebte den Hafen, die großen Schiffe, deren Bäuche mit Kostbarkeiten gefüllt waren, die Lastenträger, die riesige Kisten zu den Lagerhallen schleppten, das kollektive Gewusel… Es war alles so lebendig! Mit einem Blick hatte sie ihre beiden Schiffe entdeckt. Auf dem vom Sturm beschädigten Schiff – ihr Vater hatte es „Chintra“ getauft, nach ihrer Mutter – war einiges los, die Reparaturarbeiten waren in vollem Gange. Das andere Schiff direkt daneben lag ruhig da. Es konnte nicht auslaufen, solange die Meere noch von Piraten und Dunkelelfen wimmelte, nicht alleine.
Schon wollte Rajakjel auf die beiden Schiffe zugehen, da hielt sie inne – „Raj“ wusste ja nicht, wo er Galdir finden konnte. Deshalb wartete sie, bis Luca voranging. Kurz vor dem Schiff bremste er jedoch plötzlich ab, drehte sich zu ihr um und packte sie so fest am Arm, dass sie einen Protestlaut ausstieß und den Arm zurückreißen wollte – bis sie seinen Gesichtsausdruck sah. Der war ernst, so ernst, dass er normalerweise nicht bei jemandem wie Luca zu finden war.

“Also, wegen Galdir – hör mal – vielleicht solltest du es doch erstmal bei einem anderen Käpt’n versuchen. Dieser Galdir ist wirklich.. sagen wir, er ist gefährlich, in Ordnung? Du solltest vorsichtig sein, Mann.“

Mit großen Augen schaute Rajakjel Luca an. Galdir? Gefährlich? Der Mann, der die rechte Hand ihres Vaters und nun auch die von Rajakjel selbst geworden war? Ein Bild schoss durch ihren Kopf – Galdir, vor Gram gebeugt, und vor ihm ihre weinende Mutter. Würde Luca sie nicht grade so unheimlich ernst angucken, so hätte sie ihn geschlagen.
Dann erst sickerte die Bedeutung dieses Satzes zu Rajakjel durch. Nun stand das Wort Lucas gegen Galdir. Einer der beiden musste lügen. Falls es Luca wäre – was hätte er davon? Wusste er, wer sie war, und versuchte sich Galdirs Position zu erschleichen? Oder… mit einem Mal weiteten sich ihren Augen vor Schreck. Harla! Steckte Luca da mit drin, war er der Grund für ihr Verschwinden und versuchte er nun, Rajakjel von der Suche nach ihr abzuhalten?
Oder aber… an diese Möglichkeit wollte Rajakjel gar nicht denken. Aber sie zwang sich dazu. Wenn Luca nun nicht log, dann war etwas an Galdir faul. Entweder er hatte irgendwelchen Dreck am Stecken, war gefährlich, oder er steckte gar mit den Dunkelelfen unter einer Decke und wäre damit auch für den Tod ihres Vaters verantwortlich.
Wie war das? Er hatte mit acht anderen Seeleuten von unterschiedlichen Schiffen überlebt, zusammen waren sie über Land nach Santros zurückgereist, wo er ihrer Familie die Nachricht von Dertrians Tod überbracht hatte. Vier Wochen später kamen zwei weitere Überlebende, diesmal von dem nicht gesunkenen Schiff in Santros an, von denen einer noch zusätzlich behauptet hatte, ein Gespräch belauscht zu haben, bei dem ein Seemann das Vorhaben ihres Vaters an einen der Dunklen verriet - oder zumindest an einen ihrer Verbündeten. Wenn dieser Seemann nun Galdir gewesen war, dann musste er mit den anderen acht von den Dunklen gerettet worden und wieder zurück nach Santros geschickt worden sein, im Gegensatz zu den beiden anderen Überlebenden. Rajakjel hatte ihm von dem Verrat erzählt, er wusste also, dass sie Serena Turan benachrichtigen wollte, und es wäre für ihn ein Leichtes gewesen, Harla abzufangen. Was wäre dann mit dem Schiff in Serna? Es wäre verloren, die Dunkelelfen würden es finden und versenken.
Der Nutzen des Ganzen lag klar auf der Hand. Rajakjel war so unerfahren, dass Galdir mit Leichtigkeit die Macht des Handelshauses an sich reißen könnte. Am Ende würden die Schiffe nicht Andunie, sondern die Dunklen versorgen.

Ungläubig schüttelte Rajakjel den Kopf. Es passte alles so gut zusammen, dass es so oder ähnlich zumindest plausibel war, und trotzdem sträubte sich alles in ihr dagegen. Hilflos wandte sie sich an Luca.

“Was genau meinst du mit gefährlich, was hat er gemacht?“

Dann fiel ihr noch etwas ein, sie runzelte die Stirn und fügte in einem schärferen Tonfall hinzu:

“Du wolltest doch selber bei ihm anheuern! Warum solltest du das tun wollen, wenn er doch so gefährlich ist?“

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Re: Die Schiffe der Lathimera's

Beitrag von Gestalt » Dienstag 12. Juli 2011, 08:28

Luca öffnete den Mund, um die Fragen von „Raj“ zu beantworten, doch er kam gar nicht mehr dazu. Ehe er auch nur ein Wort sagen konnte, klappte er den Mund zu, sah Rajakjel mit hochgezogenen Augenbraun und einem seltsamen, verkniffenen Lächeln an. Die Hände in den Taschen, zog er die Schultern hoch und deutete mit dem ganzen Körper in die Richtung der Schiffe. “Wenn man.. vom Teufel spricht.“ raunte er ihr zu und wandte sich dann dem Kommenden zu. Als der erste Quartiermeister vor ihnen anhielt und sie argwöhnisch musterte, lächelte Luca etwas ertappt und hob die Hand zum Gruß. “Galdir.“ grüßte er den Seemann und wandte sich an Rajakjel: “Raj, das ist Galdir – Galdir, das ist Raj – er denkt über eine Anheuerung nach.“ Stellte er die beiden vor und trat einen halben Schritt zurück, um den beiden Raum zu geben. Entfernen tat er sich allerdings nicht, sondern verschränkte die Arme vor der Brust und musterte die beiden mit undurchschaubarer Miene.
Galdir hingegen hatte inzwischen nur Augen für „Raj“ und unheilvoll kniff er sie zusammen. “Raj?“ fragte er misstrauisch und kam einen Schritt näher. Der Seemann war größer als Rajakjel, was nicht weiter schwierig war und hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt. Er musterte ihr Gesicht und hob dann die Augenbrauen: “Rajakjel!“ enttarnte er sie und es war eigentlich nicht verwunderlich, dass er das Gesicht der hübschen Frau erkannte, sooft sie in letzter Zeit miteinander zutun hatten. Nun wirkte Galdir alamiert und sah argwöhnisch zu Luca. Er trat noch einen Schritt näher an das Mädchen heran, als wolle er sie beschützen, vor dem Zwielicht dieser Gegend. Luca sah dem Schauspiel verwirrt zu, als Galdir wieder das Wort ergriff: “Was tut ihr hier, Herrin?! Ihr solltet nicht alleine durch Santros streifen! Ihr wisst, zu was die Dämmerung fähig ist!“ mahnte er sie und es schwang Sorge mit. Luca hingegen löste seine Arme erstaunt aus der Verankerung und deutete perplex auf die beiden. “Was denn?! Rajakjel?! Etwa Rajakjel Lathimera?!“ Seine Augen suchten die von „Raj“ und wollten eine Antwort darin finden.

Nun war wohl Auflösung angesagt, denn leugnen hatte kaum einen Sinn mehr. Die Situation hatte irgendwie einen unangenehmen Geschmack und gerade deshalb, weil Luca nicht dazu kam, Rajakjel zu erzählen, weshalb er Galdir für gefährlich hielt. Irgendwie überschlugen sich die Ereignisse und wem sollte man noch trauen? Es gab einen logischen Ablauf, der bezüglich des Verrates einleuchtete und dennoch kannte sie Luca nicht. Vielleicht log auch er und er wusste von Anfang an, wer sie war, führte sie hinters Licht und säte Zwietracht, um von sich selber abzulenken. War er vielleicht doch auf einem ihrer Schiffe? War er vielleicht der belauschte Seemann? Doch die Reaktion von ihm, auf ihren wahren Namen, wirkte nicht gespielt. Doch woher sollte man das schon wissen, wer kannte diesen Seemann, der ohne mit der Wimper zu zucken getötet hatte, schon wirklich?

Vielleicht wurde der Erbin klar, dass man, in ihrer Position weniger Freunde hatte als man dachte. Jeder trachtete nach Profilierung, welcher Art auch immer. Jeder konnte sie hintergehen und es war ihre Aufgabe, den Richtigen zu vertrauen. Diese Situation zeigte deutlich, dass wesentlich mehr dazu gehörte ein solches Unternehmen zu führen, als bloße Kenntnis über Gewässer und Handelsrouten.
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Re: Die Schiffe der Lathimera's

Beitrag von Rajakjel » Dienstag 12. Juli 2011, 13:02

Rajakjel hätte schreien mögen. Erst kam Galdir dazwischen, als Luca ihr genaueres erzählen wollte, und dann enttarnte er sie einfach. Kein diskretes „Ja, dann werd ich mal mit ihm sprechen“, nein, Galdir musste natürlich direkt ihren vollen Namen nennen und sie auch noch mit „Herrin“ betiteln.
Äußerlich versuchte sie, sich nichts anmerken zu lassen. Mit einem kleinen, entschuldigenden Lächeln an Luca wandte sie sich Galdir zu. Ihr Blick huschte über sein Gesicht, suchte nach Argwohn, nach Verrat, nach irgendeiner Spur, doch alles, was sie fand, konnte genauso gut ein Produkt ihrer Einbildung sein.

“Was tut ihr hier, Herrin?! Ihr solltet nicht alleine durch Santros streifen! Ihr wisst, zu was die Dämmerung fähig ist!“

„Anscheinend muss es jetzt nicht dunkel sein, um schlimme Dinge passieren zu lassen. Es gibt einen Grund für meinen… Nunja, ungewöhnlichen Aufzug. Ich erklär es dir später, wenn keiner zuhört.“


Das war jetzt vielleicht ein Schlag ins Gesicht für Luca, aber andererseits konnte er sich ja nicht wirklich mehr erwarten als ein Dankeschön und einen Beutel Münzen. Aber Rajakjel war noch nicht bereit, ihn jetzt gehen zu lassen, deshalb musste sie irgendwie Zeit schinden. Sie wandte sich wieder zu ihm um.

“Luca, du kennst Galdir ja. Galdir, das ist Luca, er hat bei… bei wem hast du nochmal angeheuert, Luca?“

Das war eine kleine Prüfung, sie wollte wissen, was er sagte, ob Galdir widersprach, ob es irgendein Anzeichen dafür gab, dass hier irgendetwas faul war.

“Nun, ich schulde ihm jedenfalls Dank, da er mir das Leben gerettet hat, als ich törichterweise in einen übleren Teil des Seemannsviertels stolperte. Luca, das Mindeste was ich tun kann, ist, dir deine Schulden bei Fisko zu bezahlen. Du hast mir immernoch nicht gesagt, wie viel es ist.“

Die junge Frau hatte zwar kein Geld bei sich, aber entweder würde Galdir es vorstrecken oder Luca müsste zu ihr nach Hause kommen und es dort abholen. Ihre Augen huschten zwischen den beiden Männern hin und her. Luca wirkte noch immer völlig perplex, und irgendwie glaubte Rajakjel nicht, dass er so gut schauspielern konnte. Galdir hingegen hatte sich überraschend schnell gefasst, und das allein genügte, damit Rajakjels Kopf ihre Theorie ganz von selbst weiterspann.

Erstmal war es schon seltsam, dass die zwei späteren Überlebenden erst vier Wochen nach Galdir in Santros eintrafen, denn beide Gruppen hatten angeblich den Landweg gewählt. Sollte Galdir der Verräter sein, war er aber wahrscheinlich von den Dunkelelfen mitgenommen und erst kurz vor Santros wieder abgesetzt worden – das sparte Zeit.
Dann hatte der Seemann – Rusko sein Name – ihr eindeutig nicht alles erzählen können. Er hatte auf die Frage nach der Identität des Verräters sehr ängstlich gewirkt, und als sie dann weiterfragte, warum er weder ihrem Vater noch sonst jemandem davon erzählt hatte, hatte er nur wild den Kopf geschüttelt. Das konnte daran liegen, dass er irgendwie an den Verräter gebunden war, vielleicht durch Freundschaft, Schuld oder die Hierarchie an Bord – letzteres würde auf Galdir zutreffen. Vielleicht hatte Rusko aber auch einfach nur Angst davor gehabt, dass der Verräter, wer immer es war, ihn finden könnte.
Irgendwie war dieser letzte Teil aber sinnlos. Wenn es Galdir gewesen wäre, hätte Rusko ihr das erzählen müssen, da sie Galdir sonst ganz arglos von diesen Neuigkeiten berichten würde – das hatte sie ja auch getan, und nun steckte sie in einem Schlamassel, der sich mehr und mehr ihrer Kontrolle entzog. Hoffentlich hatte Rusko keinen Schaden genommen, hoffentlich hatte er sich irgendwo verkrochen, wo er nicht gefunden werden konnte.
Rajakjels Gedanken begannen, sich im Kreis zu drehen. Was sprach gegen Luca? Vor allem, dass sie absolut nichts über ihn wusste. Aber gleichzeitig vertraute sie ihm momentan mehr als Galdir, von dem sie wusste, dass er aus dieser ganzen Sache Profit schlagen könnte.
Und was war nun, wenn das alles ein großes Missverständnis war? Wenn sowohl Galdir als auch Luca sauber waren und Luca ihr nur erzählen wollte, dass die Seeleute unter Galdirs Kommando vielleicht etwas härter arbeiten mussten als anderswo? Nein, dazu passte dieser Ernst nicht, den Luca an den Tag gelegt hatte.
Es war hoffnungslos, die junge Frau konnte das Chaos einfach nicht entwirren, dazu wusste sie einfach zu wenig. Aber vielleicht konnten ihr ja Lucas und Galdirs Antworten auf ihre Fragen Aufschluss geben.

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Re: Die Schiffe der Lathimera's

Beitrag von Gestalt » Mittwoch 13. Juli 2011, 08:15

Luca betrachtete das Schauspiel vor sich und verzog die Miene, als Rajakjel ihn als Störenfried bezeichnete. Sein Gesichtsausdruck der darauf folgte, ließ die Erbin vielleicht erahnen, was er gerade von ihr hielt. Dann zuckte er die Schultern, legte sein gewöhnlich lässiges Gehabe auf und lächelte süffisant, als Rajakjel ihn fragte, wo er denn angeheuert hatte. “Hier jedenfalls nicht.“ war seine sehr vage Antwort. Offenbar hatte er auch keine Lust etwas hinzuzufügen, daher verbarg er seine Hände in seinen Taschen und verlagerte lässig sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Galdir musterte Luca argwöhnisch und die dunklen, eher buschigen, Augenbraun zogen sich nach unten. “Ich kenne dich doch…!“ meldete sich dann der erste Quartiermeister zu Wort, doch Rajakjel erzählte weiter. Aufmerksam hörte er seiner Herrin zu und erneut trat ein eigenartiger Ausdruck auf sein Gesicht. Er schien etwas sagen zu wollen, aber wirkte, als ob sein Gehirn die Informationen noch nicht richtig sortiert hatte.

Luca hingegen stand nach wie vor etwas Abseits und beobachtete das Treiben. Als „Raj“ erneut fragte, wie viel Geld er Fisko schuldete und dass sie ihm diese als Dank bezahlen wollte, hatte er kaum Gelegenheit zu antworten, als Galdir auch schon auf ihn losging. So plötzlich, wie sich der erste Quartiermeister aus seinen Überlegungen gerissen hatte, blieb Luca keine Chance zur Flucht. Sofort lag der Blonde am Boden, sich den Magen haltend und röchelnd. Galdir, zwar wesentlich älter aber auch erfahrener, stand über ihm und hatte eine drohende Position eingenommen. “Herrin, ihr werdet ihm gar nichts bezahlen, darauf hat er es doch nur angelegt! Er ist ein Schwindler!“ grollte er und sein Atem ging schwer. Luca hatte sich inzwischen etwas gefangen und warf, zwischen den Beinen von Galdir hindurch, einen Blick zu Rajakjel. Er wirkte fast hilfebedürftig, rappelte sich jedoch auf und war nun mit dem Angreifer auf einer Augenhöhe. “Ich habe bis eben nicht gewusst, dass sie Lathimera ist!“ verteidigte sich der blonde Schönling. “Hör mal Freundchen, ich kenne dich und diesen Fisko! Du hast bei mir angeheuert! Und Fisko auch! Was treibt ihr hier für ein Spiel?!“ knurrte er und hatte sich schützend vor die Erbin gestellt. Luca versuchte, Rajakjel’s Blick aufzufangen und beteuerte seine Unschuld, als er ihren Blick auffing.

Irgendwie geriet das ganze aus den Fugen. War Rajakjel nicht nur aufgebrochen, um Harla zu finden? Sie wollte sich lediglich eine Leibwache holen, als sie daran dachte Galdir aufzusuchen. Und nun stand sie hier, zwei Männer, zwei verschiedene Versionen und Harla, die nach wie vor verschwunden ist. Wenn sie nur verschwunden ist und nicht schon irgendwo tot in einer Gasse lag.
Dass Luca versucht hatte, bei Galdir anzuheuern, war nichts Neues. Dass Fisko es ebenso getan hatte, war definitiv neu und auch, dass Luca doch gewusst haben sollte, wer sie war. Seine Reaktion hingegen war so echt und strahlte Vertrauen in seine Person aus. Wie konnte sie sich sicher sein? Sie musste mehr über Luca herausfinden. Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte sie bemerkt, dass er nicht aus Santros stammte. Dafür war sein Äußeres zu hell und seine Augen zu blau.

Inzwischen war es wirklich frisch geworden und der Wind am Hafen nahm eine unangenehme Kühle an. Das Knarren der Kiele im Wasser versetzte eine unheimliche Stimmung und auch die Fackeln, die hie und dort Licht spendeten flackerten und warfen ein Zwielicht auf das Trio. Es lag nun an Rajakjel zu entscheiden, wie sie die Situation anging. Entweder entschärfen oder Galdir befehlen, den Lügner zu verhören. Alles in allem war dies ein doch sehr ereignisreicher Abend und das zerrte mit Sicherheit an den Nerven.
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Re: Die Schiffe der Lathimera's

Beitrag von Rajakjel » Mittwoch 13. Juli 2011, 13:57

Oh nein, jetzt ist er eingeschnappt. Versteht er denn nicht, dass ich hier einfach nicht offen reden kann? Rajakjel gestattete sich ein inneres Seufzen, fuhr jedoch mit ihren Ausführungen fort. Vielleicht musste sie jetzt die arrogante, befehlende, reiche Händlerin spielen, um etwas aus ihm herauszubekommen.
Doch noch bevor sie irgendetwas sagen konnte, hatte Galdir sich schon auf Luca gestürzt, und Rajakjel schrie auf. Fassungslos schaute sie den sich vor Schmerzen krümmenden Luca an, dann wanderte ihr nun eindeutig zorniger Blick zu Galdir.

“Herrin, ihr werdet ihm gar nichts bezahlen, darauf hat er es doch nur angelegt! Er ist ein Schwindler!“

"Was fällt dir eigentlich ein! Er hat einen Räuber getötet, der grade dabei war, mich auszunehmen, und ich werde mich dafür bestimmt nicht mit Missachtung und Schlägen bedanken!"


Aufgebracht ging sie um Galdir herum, der sich zwischen sie und Luca geschoben hatte. Letzterer beteuerte nun auch seine Unschuld, doch Galdir schien nicht überzeugt zu sein.

“Hör mal Freundchen, ich kenne dich und diesen Fisko! Du hast bei mir angeheuert! Und Fisko auch! Was treibt ihr hier für ein Spiel?!“

Das kam nun wirklich überraschend. Sofort trat Rajakjel einen Schritt zurück, während sich in ihrem Kopf die Gedanken überschlugen. Luca hatte doch bei Galdir angeheuert, zusammen mit Fisko? Sie kannten sich? Aber selbst wenn die Sache mit den Schulden gestellt worden war, was war mit dem Räuber? Der... der war doch tot gewesen, oder? War das am Ende auch nur gespielt? Rajakjel hatte noch nie zuvor eine Leiche aus der Nähe gesehen, außerdem hatte sie unter Schock gestanden...
Aber wenn das alles nur gespielt war, dann musste Luca extrem sorgfältig geplant haben - oder er war von jemand anderem in dessen Plan eingebaut worden. Aber wo lag der Sinn des Ganzen? Er hatte sie ja am Ende doch zu Galdir gebracht, und das bestimmt nicht, um von diesem dann enttarnt zu werden!

"Gut, das reicht jetzt! Was wird hier eigentlich gespielt? Luca, zum letzten Mal, bei wem und für wen arbeitest du? Was war das mit Fisko? Und ich schwöre dir, du kommst hier nicht weg, bevor sich das geklärt hat!"

Jetzt war sie wirklich wütend, doch gleichzeitig wurde ihr klar, dass diese ganze Geschichte sie Zeit kostete, Zeit, die sie oder Harla vielleicht nicht hatten. Deshalb fuhr sie fort, ohne dass einer der beiden irgendetwas sagen konnte.

“Ich habs mir anders überlegt, du kannst die Fragen beantworten, während wir gehen. Galdir, du kommst auch mit. Wir müssen uns beeilen, also los.“

Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sich die junge Frau um und stapfte auf die Straße zu, die zum großen Markt und damit auch zum Rathaus führte. Sie vertraute darauf, dass zumindest Galdir ihr folgen würde und Luca dann keine andere Wahl blieb. Außerdem war sie so wütend – auf Harla, auf sich, auf Galdir, Luca und die ganze beschissene Situation – dass sie die beiden im Notfall auch einfach mitschleifen würde.

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Re: Die Schiffe der Lathimera's

Beitrag von Gestalt » Mittwoch 13. Juli 2011, 21:44

Auf Rajakjel prasselten wüste Verwünschungen und herzerweichende Entschuldigungen gleichermaßen ein. Zum einen Galdir, der sich nicht darum scherte, was seine Herrin ihm zu sagen hatte im Bezug auf Luca und eben jener, der versuchte, seine Unschuld nachzuweisen. Doch beide Männer hatten kein Glück bei der schönen Erbin. Trotz ihres jugendlichen Alters, hatte sie das Rückgrat und die Ausstrahlung einer Frau, die genau wusste, was sie tat. Ihr etwas vorzumachen war weitaus schwieriger, als man annehmen durfte. Während also Rajakjel innerlich die Röcke raffte und den Weg zurück ging, den sie eben in Begleitung von Luca gekommen war, starrten die Männer ihr überrascht nach. Während Galdir besorgt bemerkte, dass seine Herrin keine Minute mehr verschwenden wollte und drauf und dran war, alleine ihren Weg zu finden, feixte Luca und schaute ihr nach. Innerlich applaudierte er dem Mädchen und während er sich langsam in Bewegung setzte, bekamen seine Augen einen wissenden Glanz.

Galdir und Luca folgten der Santronerin und es war der erste Quartiermeister, der das Wort ergriff: “Herrin, wo in drei Teufels Namen wollt ihr zu dieser Stunde hin? Wir haben keine Leibwächter bei uns und es ist unklug zu dieser Stunde hier zu sein.“ Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: “Auch wenn das Volk von Santros eher friedliebend ist. So wartet doch!“ Flehte er eindringlich, als Rajakjel sich weigerte, ihr Tempo zu mindern. Luca hingegen schritt lässig hinter Galdir her und schien kein Problem damit zu haben, dass sich die Situation so entwickelte. Generell machte er einen sehr entspannten Eindruck und hatte nach wie vor ein seltsames Lächeln auf seinen Lippen.

Während das ungleiche Trio, seinen Weg durch die Gassen fortsetzte, kam es – wie schon zuvor – hin und wieder zu Begegnungen zwischen Frauenzimmern und Luca. Er umgarnte und verführte nach Lust und Laune und hatte dennoch keine Mühe mitzuhalten. Schweigend folgte er der Erbin und ihrem – in seinen Augen – gehorsamen Hund.
Das Treiben in den Gassen, rund um den Marktplatz, erzeugte eine Wohligkeit. Hier war das Lachen ein jedermanns Begleiter und die Freundlichkeit der Santroner am Größten. Generell waren die Menschen in Santros eher freundlicher und zugleich friedliebender Natur und der Vorfall, der sich zu Beginn von Rajakjel’s Reise ereignete, passte nicht so recht ins Stadtbild. Doch ebenso wenig passte das Verschwinden von Harla, denn auch wenn es hier raubeinige Seebären und Halunken gab, so hatte die Stadt Santros eine eher niedrige Kriminalität. Die Überlegung über diese Umstände, rief mit Sicherheit ein eigenartiges Gefühl der Bedrohung in jemanden hervor, der sich das ganze mal objektiv betrachtete. Erst das Verschwinden, dann der Überfall und das unmittelbar hintereinander. Dann die Warnung über jemanden, der seit Jahren Freund der Familie war. Die Andeutungen und Bemerkungen. Irgendetwas lag in der Luft und dieses Mal war es mit Sicherheit kein fischiger Geruch.


Für Rajakjel geht es zum Rathaus
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