Audienz beim Magierrat

Ein großer Turm ragt hervor. Man nennt ihn auch das Auge der Stadt, denn hier wohnt der Magierrat. Sie sind wohl die mächtigsten Magier dieser Stadt und verwalten diese auch in aller Strenge.
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Audienz beim Magierrat

Beitrag von Erzähler » Dienstag 22. März 2022, 09:39

Sarin kommt von Die fliegende Schänke -> Der Schankraum

Den Turm der Magier konnte man kaum übersehen. Einem mahnenden Finger gleich erhob er sich über seine Stadt, behielt alles im Blick und wahrte durch seine enorme Größe die Ordnung. Allein seine Präsenz schien die Zyraner dazu anzuhalten, den geregelten Strukturen und unausgesprochenen Gesetzen ihrer Heimat Folge zu leisten. Es besaß ein noch militanteres Gebaren als man es beispielsweise bei Pelgar oder den verfeindeten Königreichen erwarten würde. Selbst die Gruppe an Magiern, angeführt von der narbigen Vertreterin des Rates marschierte eher dem Turm entgegen, als dass sie schritten. Ihre Bewegungen mochten nicht ausladend sein, doch die Mienen blieben unbewegt und der Gang gleich einem Fluss, welcher sich durch ihre Körper zog. Er fädelte sie auf, Reihe für Reihe. Dazwischen hingen Sarin, Cadren und Castus. Sie hielten sich in diesem Meer aus Ordnung nur über Wasser, indem sie sich aneinander klammerten. Castus' Finger blieben warm. Ihnen entströmte Zuversicht, obgleich sein Blick wieder diese traurige Ernsthaftigkeit besaß, in deren Tiefe man sich verlieren wollte. Cadrens Finger schwitzten hingegen leicht. Der Elf schien überhaupt nicht zu ahnen, was ihnen bevorstand, aber er spürte die Nervosität, die wie ein Dolch über ihren Köpfen schwebte. Man sah es niemandem an, doch sie war vorhanden. Bei Mallahall bemerkte man sie wohl noch am ehesten, denn ihr Gesicht blieb eine ungerührte Maske, versteinert zu höflicher Neutralität. Was sich dahinter verbarg, konnte man nur erahnen.

Schließlich erreichte die Gruppe den Fuß des Turms. Ein gewaltiges Portal war alles, das in das Mauerwerk eingelassen schien. Fenster suchte man auf der niedrigen Ebene vergeblich. Sie existierten, säumten aber nicht den kompletten Turm. Zwischendurch gab es vollkommen blanke Etagen. Das Gestein selbst schien wie aus einem Guss. Hell und ohne erkennbare Makel reckte es sich als gleichmäßige, glatte Säule in den noch immer von Wolken verhangenen Himmel.
Die vernarbte Magierin trat an das Portal heran.
"Es hat gar keinen Knauf", bemerkte Castus überrascht. Mallahall gemahnte ihn mit einem sanften Laut zur Ruhe, nickte aber auffordernd. Er sollte hinschauen und sich die Mechanik des Öffnens offenbar gut einprägen. Für einen Nichtmagier würde es dennoch schwierig sein, das Portal jemals zu öffnen. Ein Knauf war nicht nötig, denn niemand berührte die Tür. Die vernarbte Magierin räusperte sich und nannte ihren Namen: "Abgesandte Ismelda, dritte Tochter aus dem Hause Pawelka, bringt den Gesuchten zur Audienz des Hohen Rates der Magier mit." Entweder erwartete sie keine Antwort oder erhielt diese, ohne dass ein anderer sie hörte. Aber noch immer berührte Ismelda das Portal nicht. Sie sprach auch keine Zauberformel, gab keine Geste von sich, nannte kein Passwort. Dennoch taten sich die Flügel der Pforte wie eben durch Zauberhand auf. Die Magierin setzte sich wieder in Bewegung. Ihr folgten Mallahall, Castus, Sarin und Cadren, von allen Seiten flankiert durch die goldblau berobten Zauberwirker.

Im Erdgeschoss erwarteten die Gruppe reihum hohe, gotisch geformte Türen aus dunklem Kirschholz, die die zu einem Oktagon aufgeteilten Wände in Außenräume des Turmes führten. Wohin genau, sollte Sarin nicht erfahren, denn keine dieser Pforten stand offen. Für sie und die anderen ging es auf das Zentrum des Turmes zu, wo sie eine Wendeltreppe aus kaltem, schwarzen Eisen erwartete. Trotz der farblich eher bedrohlichen Erscheinung präsentierte sich der endlos wirkende Rundgang doch von einer geradezu verspielten Seite. Welcher Schmied auch immer hier Hand angelegt hatte, musste magisch begabt gewesen sein oder zumindest mit Magiern direkt zusammengearbeitet haben. In das Geländer der Wendeltreppe waren neben zahlreichen, sehr fein ziselierten Darstellungen von Zauberern, die gegen Monster, riesige Pflanzen, Drachen oder andere Magier kämpften auch immer wieder Symbole eingearbeitet worden. Versteckt stachen sie nur einer Person ins Auge, die diese Methodik auch für den eigenen Beruf anwandte. Schon oft hatte Sarin in ihren Arbeiten Runen verwoben, die man auf den ersten Blick nicht hatte finden sollen. Sie waren dazu da, den Träger zu unterstützen oder vor Schaden zu bewahren. Umso wichtiger war es, dass sie von dessen Verhandlungspartnern oder gar Feinden nicht sofort entdeckt würden, damit sie eingreifen konnten. Sarin hatte stets darauf geachtet, dass sie sich in ein Gesamtbild aus Stickereien, Paillettenmustern oder angenähtem Federschmuck nahtlos einfügten. Der Konstrukteur dieser Treppe hatte es ebenso gehalten. Wer aber der Runenmagie kundig war, erkannte mit einem gezielten Blick, dass der eiserne Magus mit dem Spitzhut keinen seltsam geformten Wurfstock in der Hand hielt, sondern die Rune Eiwaz, welche ein magisches Abwehrmittel vor Feinden darstellte. Außerdem entdeckte sie einige Stufen weiter, dass die Sprechblasen zwischen einer elfischen Magierin und einem Drachen eine Kette aus Wunjo, Isa, Mannaz und Raidho wiederholte. Diese vier Runen ergaben zusammen die sogenannte Kombination des Streitschlichters. Die Elfe im Geländerbild versuchte also vor dem Drachen als Schlichterin aufzutreten.
Sicherlich fanden sich weitere magische Geheimnisse in der Treppe allein, die Sarin nicht ergründen konnte. Dazu müsste sie ein magisches Phänomen mit Kenntnissen aller Richtungen sein - eine Unmöglichkeit. Aber dass Runen heimlich ins Metall verwoben worden waren wie ein feiner Goldfaden in Silberstoff, konnte sie auch auf andere Vorkehrungen schließen lassen.
Die Treppe wand sich gefühlt endlos den Turm empor. Zwischendurch machte man sogar auf Etagen Pause, die genau an der richtigen Stelle angelegt zu sein schienen. Hier warteten neben Sitzmöglichkeiten auch Getränke, sowie wassermagische Fußbäder, die die Muskeln belebten, damit man noch einige Stufen mehr gehen könnte.

Ganz oben kam die Gruppe, angeführt von Ismelda Pawelka, nicht an. Tatsächlich machte der Turm beim Blick nach oben den Eindruck, dass man kaum eine Etage genommen haben konnte. Seine Spitze war nicht zu sehen, schwand in einem entfernten Punkt als dunkler Kontrast zum ihm umgebenden Weiß der Mauern. Wie eine winzige Pupille blickte er jedem entgegen, der sich die Stufen empor wagen wollte.
Wie weit sie hochgestiegen waren, konnte auch keiner von ihnen sagen. Weit, denn trotz der magischen Unterstützung brannten die Füße, Herz und Lungen pumpten und selbst der härteste Stuhl wäre ein Willkommensgeschenk gewesen. Ob sich Sarin aber wirklich jenen Stuhl herbei sehnte, der zum ersten Blickfang wurde, als sie endlich die Wendeltreppe hinter sich ließen und einen großen Saal betraten, konnte man anzweifeln.
Der Saal allein war viel zu groß, viel zu weit und von der Form her unmöglich, um ihn im Turm der Magie unterzubringen. Dennoch standen sie darin. Schlicht gehalten war er. Nicht einmal zyranische Banner hingen von den Wänden herab. Es gab keinen Teppich, so dass jeder Schritt auf dem kalten Gestein deutlich zu hören war.
"Hier entlang, bitte!" Trotz der Höflichkeit war es keine Einladung, sondern eine Aufforderung Ismeldas an ihre Begleiter, sich eine glücklicherweise nicht allzu hoch führende Holztreppe zu mehreren Logen zu begeben. Diese befanden sich an den Seiten mit Blick auf das Zentrum des Saales. Wie hölzerne Balkone hingen sie in knapp anderthalb Metern Höhe, um Zuschauern einer Audienz einen Überblick zu verschaffen. Mallahall seufzte leise, als sie alle dort hin beordert wurden. Alle bis auf Castus. Sarin musste ihn loslassen und Ismelda brachte ihn zu dem einzigen Stuhl, auf dem man hier wohl nicht Platz nehmen wollte. Allein dass er im Zentrum auf einem hölzernen Podest stand, ließ ihn schon bedrohlich erscheinen. Dass er Eisenfesseln für Hände, Füße und sogar den Hals besaß, machte die Sache nicht einfacher. Glücklicherweise verzichtete die abgesandte Magierin darauf, Castus mit Gewalt dort festzuhalten. Sie geleitete ihn lediglich zu dem thronartigen Mobiliar und der Halbdämon ließ sich dort auf dem harten Holz nieder.
So war sein Blick auf das zweite, eher längliche Podest gerichtet, das dem Thron gegenüberstand. Wie ein überdimensionales Richterpult erstreckte sich dort ein langer Tisch mit sieben Sitzplätzen. Diese waren bereits belegt. Sieben Magierinnen und Magier schauten Castus entgegen, während Ismeldas Leute sich im Halbkreis hinter dem Thron aufstellten und die Vernarbte selbst vor dem Pult eine ausladende Verneigung vollführte.
Jetzt sprach sie auf Celcianisch, somit waren ihre Worte an alle gerichtet: "Hoher Rat der Magier. Ich bringe euch auf euren Befehl hin den Zögling der Lichtmagierin Mallahall di Swanviss: Castus, Dämonenerbe der Wesenheit A, beheimatet im Haraxreich, derzeit aber vor den Toren der Stadt, um sein albernes Belagerungsspiel mit uns treiben zu wollen."
Niemand rügte Ismelda für diese Aussage. Der Magierrat blickte ihr nur wie ein Wesen entgegen, ehe der genau mittig sitzende Magier sie mit einer einzigen Handbewegung beiseite wischte. Ismelda verstand dne Wink und tret schweigend an den Rand des Podestes. Somit hatte der gesamte Rat nun Sicht auf den als Dämonenerben betitelten Castus. Dieser saß aufrecht und viel zu erwachsen auf dem Thron, blickte allerdings mit neutraler, wenngleich ernster Miene.
"Mallahall di Svanwiss hat Euch gut erzogen", merkte eine Magierin des Rates an, deren Augen zwar absolut nichts mit der genannten Lichtmagierin gemeinsam hatten, ansonsten zeigte sich aber eine erschreckende Ähnlichkeit bei ihr. Wallendes, blondes Haar, eine Haut so zart wie ein Pfirsisch, volle Lippen und eine gerade Nase wie Mallahall selbst sie besaß. Lediglich die leichten Fältchen um die eisblauen Augen bewiesen, dass es sich um keine Zwillingsschwester handeln konnte. Mall rutschte auf ihrem Logenstuhl ein wenig tiefer, als wollte sie sich verstecken. Die Magierin im Rat blickte nicht eine Sekunde zu ihr herüber. Aber auch die Augen der übrigen Mitglieder waren eher auf Castus gerichtet.

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Da war der genau mittig sitzende und dennoch in die Höhe ragende Magier mit der violetten Haut, durch die sich Altersfalten zogen. Sie ließen ihn nicht gebrechlich erscheinen, im Gegenteil. Er strahlte eine ganz eigene Energie aus, dass einem Angst und bange werden konnte. Ein Nachtelf war er nicht, obgleich auch dieses Volk sich manchmal durch einen violetten Hautschimmer auszeichnete. Aber seine Farbe war ein so stolzes Purpur, dass Sarin kein Geschöpf benennen konnte, dem er angehörte.

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Zu seiner Rechten saß ein eher untersetzter, durch seine steife Haltung aber trotzdem Erhabenheit ausstrahlender Mann in güldenen Roben. Sein steifer, wie ein Sonnenrad geformter Speichenkragen glänzte bei jeder noch so kleinen Bewegung. Seine hohe Stirn hingegen blitzte nur gelegentlich im Licht der Kandelaber auf, die hier überall an den Wänden angebracht waren.

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Mallahalls ältere Doppelgängerin mit den eiskalten Augen saß zur Linken des Violetten. Sie trug weiße Gewänder mit eingearbeitetem, eisblauem Muster, für das Sarin sich Wochen lang die Finger wund hätte arbeiten müssen. Der Stoff allein könnte eine bürgerlich nachtelfische Familie für mehrere Monate durchfüttern, so wertvoll war er. Die darin eingearbeiteten Schneeflockensterne verdoppelten den Preis sicherlich noch.

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Neben dieser Schönheit einer reifen Frau saßen im starken Kontrast dazu eher unscheinbare Vertreter des Magierrates. Die beiden deutlich älteren Männer steckten die Köpfe zusammen und tuschelten so leise miteinander, dass kein Laut bis zu Sarins feinen Ohren durch drang. Aber sie zeigten sich angesichts von Castus' Erscheinen offenbar sehr neugierig. Dem Magier mit dem kürzer gestutzten Bart kippte plötzlich sein goldener Kelch um und Wein ergoss sich über die Ärmel seines Sitznachbarn. Jener kam jedoch nicht aus der Ruhe. Er schreckte nicht einmal auf, suchte allerdings nach einem Tuch, um sich zu trocknen. Jetzt vernahm Sarin ein sanftes "Alter Schussel", aber es besaß keinen verärgerten Tonfall.

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Die beiden Knacker hätten fast von der einzigen anderen Frau des Magierrates abgelenkt. Zurückhaltend, aber bedeutsam schön saß sie in ihrem hohen Lehnstuhl und betrachtete Castus über den Rand ihres Handrückens hinweg, auf den sie das fein zulaufende Kinn abgestützt hatte. Sie war eine Elfe, aber keine aus Morgeria stammende Dunkelelfe oder eine Vertreterin des Nachtelfenreiches. Dennoch wiesen ihre spitzen Ohren und ihre hohen Wangenknochen sie sofort als eine aus. Sanft, wie flüssiges Silber, ergoss sich ihr Haar über die Schultern und obgleich auch sie Castus anschaute, wirkte sie doch in eine tiefe Träumerei versunken.

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Hingegen wirkte ihr rechter Sitznachbar alles andere als in einem Tagtraum gefangen. Sein Blick war kalt und streng, so dass er glauben machte, er wolle Castus gleich an die Gurgel gehen. Die Hände hielt er vor sich, je einen Finger an den Zwilling der anderen Hand gepresst, dass seine Fingerknöchel weiß hervor treten. Die Miene war streng, fast schon verbissen. Es täte ihm gut, mal ein wenig zu lächeln, aber man konnte anzweifeln, ob er überhaupt dazu in der Lage wäre.

Endlich erhob sich der Violette und der ganze Saal verstummte. Mit innerer Ruhe blickte der Mann in den Raum, ließ die Augen über jeden einzelnen hier schweifen. Als er Sarin ausmachte, verweilte er einen Deut länger auf ihr. Dann richtete er seinen Fokus auf Castus: "Willkommen im zyranischen Rat der Magier. Man nennt mich den großen Avatar. Ich leite den Hohen Rat seit mehreren Jahren und werde nun die Mitglieder vorstellen. Zu meiner Linken sitzen die hoch angesehene Lichtmaga Gundula di Svanwiss," - Mallahall zuckte zusammen und sank noch tiefer in ihren Stuhl - "der Geistermagier und Dozent unserer Universität Calvodian Caléra, sowie Alchemist Ambrosius Goldblum, unser Meister der Parkanlagen." Ambrosius schmunzelte über den Titel. Sein feuchter Ärmel war längst vergessen.
"Zu meiner Rechten stelle ich Euch Hippokratoles Äskulaptus vor, Dekan und Professor der Universität und ein ausgezeichneter Anwender der lysanthorischen Magierichtung. Daneben sitzt die bezaubernde Historikerin Lirdalia Aeroquätus."
"Hm? Was?" Die Elfe ruckte mit dem Kopf wie aus einem Tagtraum gerissen hoch und blickte sich verwirrt um. Dann kicherte sie geradezu lieblich, als Castus ihr mit einer Hand offen zuwinkte und lehnte sich in ihrem Stuhl wieder zurück. Der Große Avatar räusperte sich: "Entsprechend ihrer Magierichtung hat sie den Kopf wie üblich in den Wolken." Selbst er konnte scherzen, doch so trocken vorgetragen klang es überhaupt nicht danach. "Und ganz zu unserer Rechten, quasi als rechte Hand des Rates, sitzt Thantalur Isádriar, vorstehender Abgesandter."
"Hm." Thantalur erhob sich. Dabei streckte er seinen Zeigefinger nach Castus aus. "Lasst uns keine weitere Zeit vergeuden und diese Haraxbestie endlich schuldig all seiner Taten und der seines Vaters sprechen. Lasst uns nicht noch einmal einen Fehler bei dem Gewürm des Harax begehen."
"Ge...würm?" Castus blinzelte.
Der Große Avatar deutete Thantalur an, sich wieder zu setzen. Er selbst tat es ihm gleich. Mit ausgestreckten Händen, die nun flach auf dem Holz des Pultes lagen und so eine beruhigende Energie verströmten, derer sich alle vom Magierrat anzuschließen schienen wartete er so einige Momente, ehe er wieder zu sprechen begann. Dieses Mal richtete sich der Violette direkt an Castus: "Ihr seid Castus, tatsächlicher ... Sohn des A? Oh, verzeiht. Des Dämons, der sich selbst Asmodeus nennt?"
"Äh .. ja, das bin ich. Hallo!"
Lirdalia, die luftmagische Elfe, kicherte erneut. Nicht nur der Große Avatar, sondern auch Thantalur und Gundula di Svanwiss warfen ihr einen strengen Blick zu. "Ich wiederhole mich", sagte der Avatar dann. "Ihr seid sein Sohn? Biologisch gezeugt und von einer Frau geboren?"
"Ja." Castus wirkte verwirrt. "So funktioniert das doch. Muss ich es Euch erklären?"
Dieses Mal kicherte die Elfe nicht, aber ihre Augen leuchteten amüsiert auf.
Mallahall umfasste den Rand ihrer Logenbank und erhob die Stimme: "Seid verständnisvoll, Hoher Rat. Er ist ein unschuldiges Kind und sich der Sitten in der Welt noch ni-"
"Du beschämst meine Erziehung!" Als hätte man sie mit einem Eiszapfen erdolcht warfen die eisigen Worte von Gundula di Svanwiss Mall zurück auf ihren Platz. Endlich blickte die Ältere zur Loge empor und selbst Sarin spürte die Kälte an ihrem Körper herauf wandern.
"Oh, Tantchen! Alles in Ordnung?", rief Castus daraufhin. Er wurde sofort vom Großen Avatar unterbrochen: "Castus! Fakt ist, dass den unerlaubten Studien grandessarischer Ritualmagier zufolge Wesen des Harax nicht in der Lage sind, sich fortzupflanzen. Sie suchen sich einen Wirt, saugen dessen Lebensenergie aus und ernähren sich von ihm wie ein Parasit, bis nichts mehr von ihm übrig ist. Dann verlassen sie den Körper, um von einem anderen Besitz zu ergreifen. Erklärt uns daher genau, wie es möglich ist, dass Ihr behauptet, gezeugt und geboren worden zu sein!"
"Nun, äh..."
Die Audienz schien beendet und ein Verhör nahm seinen Anfang...
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Re: Audienz beim Magierrat

Beitrag von Sarin Kasani » Sonntag 3. April 2022, 14:27

Mit gefangen, mitgehangen...
Das alte Sprichwort stach in ihre Seele, wie der einzelne Halm Heu im Nadelhaufen.
Alles schien sich gegen sie verschworen zu haben. Sarin war aber niemand, die dem Schicksal oder einer unbestimmten Gottheit dafür die Schuld gegeben hätte. Dafür war sie viel zu pragmatisch. Ja es tat ihr fast ein wenig leid, als sie nach Cadrens Hand griff und ihn mit sich aus der Taverne auf den Weg ins Ungewisse zog.
...aber er hatte sich schon lange vor mir für diesen Pfad entschieden. Er und sein Bruder hatten sich entschlossen Castus zu helfen.
Also drückte sie sanft aber bestimmt seine Finger um ihm zu zeigen, dass was auch immer jetzt kommen würde, eben für sie alle schon lange so geplant war.
Sie selbst hielt sich an den dargebotenen Händen genauso fest wie anders herum. Dieser Sturm trug sie hinauf auf ein unbekanntes Meer und sie konnte nur hoffen, dass irgendjemand in ihrer Gruppe schwimmen und die anderen damit über Wasser halten konnte, wenn man sich es bildlich formulieren wollte. Der Fluss in den sie einbogen trug sich fort von allem Bekannten und hinauf zum Magierturm Zyranus wo der Rat auf sie wartete, doch vorher gab es ETLICHE Stufen zu erklimmen!
MANTHALA, meine BEINE! Runter muss mich jemand tragen...oder ich springe...
Sarin war nie sportlich gewesen und lange Wanderungen waren ihr erst kürzlich auf ihrem Lebensweg erschienen. Doch diese Treppe überstieg alles, was man sich vorstellen konnte.
Obwohl... sie ähnelt in der Anzahl der Stufen jener die ins Nachtelfenreich führt...
Aber jene hatte die zarte Nachtelfe in einer gemütlich Sänfte erklommen, bzw. sich hinauf tragen lassen. Das einzige, was sie nach den ersten Stockwerken abzulenken vermochte, das waren die Runenzeichnungen, die ein Kunsthandwerker hier hinterlassen hatte. Besonders ein Bild fiel ihr dabei deutlich ins Auge. Ein Bildnis zeigte eine elfische Magierin die mit Drachen sprach und die Sprechblasen enthielten eine Kombination aus Wunjo, Isa, Mannaz und Raidho. Diese vier Runen ergaben zusammen die sogenannte Kombination des Streitschlichters. Die Elfe im Geländerbild versuchte also vor dem Drachen als Schlichterin aufzutreten. Sarin folgte einen Impuls und schob Castus und ihre ineinander verschränkten Finger zu dem Geländer und ließ sie darüber gleiten.
Vielleicht hilft es, vielleicht nicht. Wenn die Magie schon zu alt ist, ist sie vielleicht verblichen...
Bald darauf erreichten sie wohl ihr Stockwerk und Sarin kam aus dem Staunen kaum heraus und nur ihre gute Erziehung verhinderte, dass ihr die Kinnlade herunter fiel. Der Anblick des Ratssaals war sowohl imposant, hoch magisch als auch Furcht einflößend.
"Hier entlang, bitte!"
Trotz der Höflichkeit war es keine Einladung, sondern eine Aufforderung Ismeldas an ihre Begleiter, sich eine glücklicherweise nicht allzu hoch führende Holztreppe zu mehreren Logen zu begeben. Diese befanden sich an den Seiten mit Blick auf das Zentrum des Saales. Wie hölzerne Balkone hingen sie in knapp anderthalb Metern Höhe, um Zuschauern einer Audienz einen Überblick zu verschaffen. Mallahall seufzte leise, als sie alle dort hin beordert wurden. Alle bis auf Castus. Sarin musste ihn loslassen, was sich furchtbar anfühlte und ihre Handfläche sehnsüchtig nach ihm kribbelnd zurück ließ. Ismelda brachte ihn zu dem einzigen Stuhl, auf dem man hier wohl nicht Platz nehmen wollte. Gebannt sah Sarin zu, was nun geschah.
Der Violette erhob sich und der ganze Saal verstummte.
Mit innerer Ruhe blickte der Mann in den Raum, ließ die Augen über jeden einzelnen hier schweifen. Als er Sarin ausmachte, verweilte er einen Deut länger auf ihr.
Huch?
Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihr breit. Was war hier los? Das dieser Mann sie angesehen hatte, bereitete ihr Kopfschmerzen. Es ging hier doch nicht um sie und dann richtete er auch schon seinen Fokus auf Castus:
"Willkommen im zyranischen Rat der Magier. Man nennt mich den großen Avatar. Ich leite den Hohen Rat seit mehreren Jahren und werde nun die Mitglieder vorstellen. Zu meiner Linken sitzen die hoch angesehene Lichtmaga Gundula di Svanwiss,"
Ich hätte sie für eine Eismagierin gehalten, dem Gewand nach...
Mallahall zuckte bei der Vorstellung neben Sarin zusammen und sank noch tiefer in ihren Stuhl, also ergriff die Nachtelfe nun ihre Hand um sie leicht zu drücken, sofern dies nicht offen sichtbar war. Die Balkone boten hoffentlich einen kleinen Sichtschutz.
"Der Geistermagier und Dozent unserer Universität Calvodian Caléra, sowie Alchemist Ambrosius Goldblum, unser Meister der Parkanlagen."
Ambrosius schmunzelte über den Titel. Sein feuchter Ärmel war längst vergessen.
"Zu meiner Rechten stelle ich Euch Hippokratoles Äskulaptus vor, Dekan und Professor der Universität und ein ausgezeichneter Anwender der lysanthorischen Magierichtung...“
...also Lichtmagier?
„... Daneben sitzt die bezaubernde Historikerin Lirdalia Aeroquätus."
"Hm? Was?"

Die Elfe ruckte mit dem Kopf wie aus einem Tagtraum gerissen hoch und blickte sich verwirrt um. Dann kicherte sie geradezu lieblich, als Castus ihr mit einer Hand offen zuwinkte und lehnte sich in ihrem Stuhl wieder zurück. Der Große Avatar räusperte sich:
"Entsprechend ihrer Magierichtung hat sie den Kopf wie üblich in den Wolken."
Luftmagie?
Selbst er konnte scherzen, doch so trocken vorgetragen klang es überhaupt nicht danach.
"Und ganz zu unserer Rechten, quasi als rechte Hand des Rates, sitzt Thantalur Isádriar, vorstehender Abgesandter."
"Hm."

Abgesandter von was?
Thantalur erhob sich. Dabei streckte er seinen Zeigefinger nach Castus aus.
"Lasst uns keine weitere Zeit vergeuden und diese Haraxbestie endlich schuldig all seiner Taten und der seines Vaters sprechen. Lasst uns nicht noch einmal einen Fehler bei dem Gewürm des Harax begehen."
WIEBITTE?!?
"Ge...würm?"
Castus blinzelte.
Mistkerl!
Der Große Avatar deutete Thantalur an, sich wieder zu setzen. Er selbst tat es ihm gleich. Mit ausgestreckten Händen, die nun flach auf dem Holz des Pultes lagen und so eine beruhigende Energie verströmten, derer sich alle vom Magierrat anzuschließen schienen wartete er so einige Momente, ehe er wieder zu sprechen begann. Dieses Mal richtete sich der Violette direkt an Castus:
"Ihr seid Castus, tatsächlicher ... Sohn des A? Oh, verzeiht. Des Dämons, der sich selbst Asmodeus nennt?"
"Äh .. ja, das bin ich. Hallo!"
Lirdalia, die luftmagische Elfe, kicherte erneut.
Ok, die mag ich.
Nicht nur der Große Avatar, sondern auch Thantalur und Gundula di Svanwiss warfen ihr einen strengen Blick zu.
"Ich wiederhole mich"
, sagte der Avatar dann.
"Ihr seid sein Sohn? Biologisch gezeugt und von einer Frau geboren?"
"Ja."

Castus wirkte verwirrt.
"So funktioniert das doch. Muss ich es Euch erklären?"
Dieses Mal kicherte die Elfe nicht, aber ihre Augen leuchteten amüsiert auf.
Mallahall umfasste den Rand ihrer Logenbank und erhob die Stimme:
"Seid verständnisvoll, Hoher Rat. Er ist ein unschuldiges Kind und sich der Sitten in der Welt noch ni-"
"Du beschämst meine Erziehung!"

Als hätte man sie mit einem Eiszapfen erdolcht warfen die eisigen Worte von Gundula di Svanwiss Mall zurück auf ihren Platz. Endlich blickte die Ältere zur Loge empor und selbst Sarin spürte die Kälte an ihrem Körper herauf wandern.
Eismagie! Ganz klar Eismagie... Kälte bin ins Herz hinein... nicht gut.
"Oh, Tantchen! Alles in Ordnung?"
, rief Castus daraufhin. Er wurde sofort vom Großen Avatar unterbrochen:
"Castus! Fakt ist, dass den unerlaubten Studien grandessarischer Ritualmagier zufolge Wesen des Harax nicht in der Lage sind, sich fortzupflanzen. Sie suchen sich einen Wirt, saugen dessen Lebensenergie aus und ernähren sich von ihm wie ein Parasit, bis nichts mehr von ihm übrig ist. Dann verlassen sie den Körper, um von einem anderen Besitz zu ergreifen. Erklärt uns daher genau, wie es möglich ist, dass Ihr behauptet, gezeugt und geboren worden zu sein!"
"Nun, äh..."

Die Audienz schien beendet und ein Verhör nahm seinen Anfang...
Vielleicht muss man diesen verstaubten Magiern doch mal erklären wie das mit der Liebe zwischen Mann und Frau funktioniert... Ich glaube, wenn Nhi'on noch hier wäre, würde sie das nur zu gern übernehmen. Plastisch und in allen Einzelheiten! Und wie sagt man doch so schön? Ausnahmen bestätigen die Regel! Denken die, dass sie schon alles gesehen haben in ihrem Leben? Alles wissen?...hm... sie sind Magier in Zyranus. Sie denken es.
Ein klein bisschen Wut wechselte mit Resignation in ihrer Gefühlswelt. Sarin rang mit sich. Zu gern hätte sie den Leuten hier dargelegt, wie herzensgut ihr Liebster war, aber sie wusste auch um die strengen Hierarchien und Fallen die ein solches Parkett bergen konnte. Hier gleich zu Anfang unangenehm aufzufallen, war vielleicht nicht der beste Plan. Erst einmal beschloss sie also weiter zuzuhören, da sie keine Möglichkeit sah, hier positiv einwirken zu können. Mall hatte sie schon mit dem Segen der Manthala bedacht.
Was kann noch ich tun?
Das einzige, was sie nicht mal bewusst, sondern eher ihr Unterbewusstsein tat, das war unablässig sich selbst und Mall die Runen der 'Schlichterin', die sie beim besteigen der Treppe gesehen hatte in ihre Handfläche zu malen. Mall würde man noch am ehesten für ihn sprechen lassen und wenn auch nur ein kleines Band zu Castus seit ihrer verbindenden Nacht miteinander bestand, so war dies wie ein stilles Gebet, ihm Kraft für diesen 'Akt' zu schenken. Auch fiel ihr Blick dabei immer wieder auf die 'luftige' Elfe, die sie irgendwie an das Darstellung im Geländer erinnerte.
Wie alt sie wohl sein mag?
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Re: Audienz beim Magierrat

Beitrag von Erzähler » Freitag 15. April 2022, 16:19

Obwohl Castus im Grunde noch nicht ein Wort gesagt hatte, schien die Situation immer brenzliger zu werden. Aus einer einfachen Begutachtung des Dämonensohnes wurde zunächst eine Anhörung. Inzwischen hatte das Blatt sich jedoch erneut gewendet und die Schwere eines Verhörs hing im Raum. Der Magierrat, sowie Tanthalur - deren oberster Abgesandter - löcherten Castus jetzt mit Fragen und je nachdem, wer sie stellte, spickte die Formulierungen mit Fallen. Der Lichtmagier Hippokratoles erhob nicht nur das Wort, sondern auch sich selbst. Er war kein allzu hochgewachsener Mann, wirkte eher etwas stämmig, vor allem für einen Magier. Dem Klischee nach erwartete man ja stets halbstarke Hänflinge oder zauselige Tatterkreise mit langem Bart. Ambrosius Goldblum kam der Vorstellung hierbei noch am nächsten. Hippokratoles hingegen wirkte wie ein etwas zu klein geratener Richter, der jedoch an immenser Ehrfurcht gewann, wenn er sich auf ein Höckerchen stellte und so das Kinn, sowie den steifen Kragen seiner sonnengoldenen Robe über die Blicke hinweg schweifen ließ. Auch wenn man ihn nicht persönlich kannte, bestand kein Zweifel, dass er die Magierakademie mit strenger Hand und reichlich Ordnung führte. Die zyranischen Eleven hatten zu lernen und ihr Potenzial zu entfalten. Nicht weniger erwartete dieser Magus von ihnen. Tatsächlich begegnete er Castus mit gleicher Haltung. "Ihr sitzt hier den sechs Mitgliedern des Magierrates zu Zyranus vor, inklusive unserem hochgeschätzten obersten Abgesandten der Magiergarde und Ihr wurdest aufgefordert, Antworten zu präsentieren." Hippokratoles blickte in die Runde auf seiner Seite des langen Pultes. Von den Magiern zu seiner Linken erhielt er zustimmendes Nicken. Selbst der Große Avatar gesellte sich in diese Gruppe, obgleich er nur mit einem einzigen Lidschlag zu nicken schien. Seine Präsenz war allumfassend und nahm an Macht zu, je weniger er sich rührte. Der Luftikus von Elfe neben Hippokratoles hingegen neigte nur ihren Kopf, dass ihr Haar wie flüssiges Silber über die rechte Schulter strömte und einen seidigen See auf dem Holz des Tisches schuf. Sie stützte das Kinn in eine Hand, betrachtete Castus nun mit mehr Sinn für die Realität.
Der junge Halbdämon wusste offenbar überhaupt nicht, was man von ihm erwartete. Hilfe suchend blickte er zur Loge herüber, doch anstatt einen anhaltenden Kontakt zu Mallahall aufzubauen, schaute er Sarin scheinbar direkt in die Seele. Was wollen die von mir?, schienen die Galaxien seiner Augen zu fragen, während darin Unsicherheit auffunkelte. Seine Tante konnte ihn nicht unterstützen. Sie beugte sich zwar gerade etwas vor, während ihre Finger das Logengeländer fester umfassten, als just in diesem Moment ein weiterer eisiger Blick von ihrer älteren Doppelgängerin aus dem Rat zu ihr herüber stach. Er fegte Mallahall nach hinten, ließ sie klein werden und schweigen. Gundula di Swanviss musste eine noch strengere Mutter sein als Hippokratoles ein Dekan, wenn es ihr gelang die gütige und stets selbstbewusste Lichtmagierin mit einem einzigen Blick so in die Schranken zu weisen. Sie hatte sich nicht einzumischen und die anderen offenbar auch nicht. Gundulas kalte Augen streiften auch Sarin und Cadren. Der verbliebene Wipfelwind-Zwilling schob sich dichter an die Nachtelfe. Er wandte ihr mit fragendem Blick den Kopf zu und berührte ihre Hand mit nur dem kleinen Finger seiner eigenen. Seine Stimme war ein Wispern, das von Sarin abgesehen ungehört in der Größe der Halle unterging.
"Was ist das für ein Ort? Warum wird Castus forgeführt, als ginge es gleich zur Schlachtbank? Sarin ... was ... machen diese Fremden mit ihm? Ist er in Gefahr?" Der Elf presste die Lippen aufeinander in stummer Selbstkritik. Nie zuvor schien er es so sehr zu bereuen, die celcanische Allgemeinsprache so wenig zu beherrschen. "Ich nein verstehen", murmelte er und versuchte dennoch sein Bestes, dem Verhör zu folgen, das jenseits ihrer Zuschauerränge vor sich ging.
Castus hatte noch immer nicht geantwortet, aber alle Augen aus dem Rat warteten nur darauf. Sie pinnten ihn mit durchdringenden Blicken bereits am hohen Lehnstuhl fest, auf dem er nach wie vor hockte, als sei er ein verlorenes Kind. Sogar Lirdalia, luftmagisch begabte Elfe, beobachtete ihn nun genauer.
Es war dennoch erstaunlich, wie der Blauschopf seine innere Mitte zurückfand. Er schloss für einen kurzen Moment die Augen, atmete tief durch und schon schien sein gesamter Körper sich zu entspannen. Als fiel die Last von hundert Leben von ihm ab, kehrte sein Fokus zum Hier und Jetzt zurück. Die Unsicherheit wich und Sarin erkannte diese tiefe Ruhe wieder in seinen Augen. Es waren friedvolle Flecken aus Schwärze, um die gesprenkelte Sternengalaxien einen tanzenden Reigen schufen, der im Blau seiner Iris verwirbelt wurde und sich irgendwann auflöste. Wie konnte der Blick aus solchen Augen nur den Anschein erwecken, sein dämonisches Erbe könnte Zyranus gefährlich werden?!
"Wie ich geboren wurde, kann ich natürlich nicht wiedergeben, obwohl ich dabei war", begann der junge Mann. Von Lirdalia erntete er ein Schmunzeln, aber wer Castus kannte, wusste, dass er aufrichtig sprach und gar nicht versuchte, einen Scherz zu machen. Er antwortete mit der Reinheit seiner Seele, bedacht und vollkommen wahr. "Ich weiß es durch die Erzählungen meiner Mutter und meiner Ziehtante Mallahall. Sie waren anwesend als mein Vater Asmodeus wiederum seinem Vater gegenüberstand und..."
"Moment! Wollt Ihr damit sagen, Asmodeus selbst ist auch ein gezeugter Dämon und ... und ... eine weitere haraxische Bestie wandelt auf dem guten celcianischen Boden?" Ambrosius musste aufpassen, sich nicht an seinem eigenen Schock zu verschlucken. Er hustete und bedauerte nun, seinen Becher mit Wasser nicht mehr zur Verfügung haben. Reuig schob sein Sitznachbar Calvodian ihm das eigene Getränk zu. Während Ambrosius sich unter einigen Schlucken wieder beruhigte, griff der Große Avatar selbst die Frage erneut auf: "Ein Dämon aus dem Harax fand seinen Weg nach Celcia, zeugte Objekt A, bekannt als Asmodeus, wie ein celcianischer Mann und Frau Nachkommen schaffen und Ihr wurdet auf gleiche Weise wiederum von Asmodeus gezeugt?"
"Äh ..." Castus' Blick huschte zu Mallahall auf die Zuschauerbänke hinüber. Die Lichtmagierin tauschte aber einen kurzen Blick mit ihrer Mutter. Jene nickte sacht, so erhob Mallahall sich endlich. Sie richtete Kleid und Haltung. Dann sprach sie: "Wieviel Glauben wir dem Dämonenwesen, das sich Asmodeus' Vater nennt, zusprechen können, kann ich nicht sagen. Er erschien in einem Riss zwischen den Welten Celcia und des Harax, konnte von Asmodeus selbst aber zurückgedrängt werden. Jener war nicht begeistert, den anderen Haraxier zu sehen. Das ist zwei Jahre her und aus dieser Begegnung und unter einem dämonischen Wink des mutmaßlichen Großvaters wurde die Schwangerschaft von Zanraia - Castus' Mutter - bekannt."
"Zanraia war urplötzlich schwanger? Durch dämonische Kräfte?", hakte Hippokratoles nach.
"Nun", Mallahall zögerte. "Auch das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, denn ... es gab durchaus ... Verkehr zwischen ihr und Asmodeus. Nicht nur einmal", fügte sie leiser an und räusperte sich. Mallahalls Mutter lenkte eine ganze Salve an eisigen Blicken auf ihre Tochter, dass diese sich ruckartig wieder hinsetzte. "Und du hast dabei tatenlos zugesehen, während ein Dämon sich mit einer Celcianerin paart?!"
"Zügelt Euch, Maga di Swanviss", ging der Große Avatar mit ruhiger, aber kraftvoller Stimme dazwischen. Gundula biss sich empört auf die Unterlippe. Sie und ihre Tochter würden noch ein ernsteres Wort darüber verlieren, so viel stand fest. Aber nicht hier und nicht jetzt. Das entschied der Große Avatar.
"Es könnte eine Vergewaltigung gewesen sein", mutmaßte Calvodian und Ambrosius nickte zustimmend. Er rieb sich den Bart. "Derlei Unfälle kommen in den sittsamsten Familien vor."
"Ha! Es ist die Pflicht der Ehefrau...", warf der Abgesandte Tanthalur ein.
"Ruhe." Mit wiederholte Festigkeit in der Stimme, aber selbst kaum lauter als die anderen brachte der Große Avatar dennoch den ganzen Saal zum Schweigen. "Lasst uns über diese Thematik heute nicht debattieren, werte Kollegen. Wir sind aus anderen Gründen hier und nach wie vor haben wir nicht allzu viele Informationen erhalten." Sein Blick wanderte zu Castus zurück.
"Meine Eltern lieben einander", antwortete der Blauschopf ohne verteidigenden Trotz in der Stimme. Er sprach es voller Aufrichtigkeit aus. Es war Fakt. "Mein Vater liebt den Wahnsinn in der Seele meiner Mutter und sie liebt es, Ordnung in seinem Chaos zu finden. Sie würden einander niemals Böses tun."
"Ha!", kommentierte Tanthalur spöttisch. Castus ging nicht darauf ein. Er wandte sich mit seinen Worten vor allem an die übrigen, die eigentlichen Mitglieder der Hohen Rates der Magier. "Mein Vater ist ein Dämon ... und ein Mensch. Ein Celcianer, besessen von einem Dämon. Unter dieser Besessenheit bin ich entstanden, als ein Kind der Liebe aus allen Beteiligten. Ich trage haraxisches Blut in mit, aber ich bin auch Celcianer ... und keine Gefahr für euch. Mein Vater, draußen vor euren Toren, ist aktuell die wahre Gefahr. Ihr muss ich mich stellen, deshalb kann ich nicht bleiben, wenn ihr fertig seid, Fragen zu stellen."
"Blasphemie!", kam es erneut aus Tanthalurs Nische. Der Abgesandte wurde offenbar vom ürbrigen Magierrat als Respektsperson akzeptiert, dass er sich diese Einwürfe konsequenzlos erlauben konnte, aber dieses Mal war er mit seiner Reaktion nicht allein. Gundula die Swanviss starrte kälter als das Eisreich auf Castus herab. Hippokratoles und Calvodian rümpften die Nasen. Ambrosius schüttelte den Kopf. Nur Lirdalia, die Luftmagiern, lächelte sanft. Der Große Avatar verzog überhaupt keine Miene.
"Ihr tragt ein lsyanthorisches Eindämmungszeichen als Hautbild auf Eurer Stirn", sagte er. Castus nickte. "Es soll Eure dämonischen Kräfte binden und wurde schwarz, weil Ihr sie eingesetzt habt. Es verdarb, weil es Euren Mächten nicht standhalten konnte. Ist das richtig, Castus, Sohn des A.?"
"Es war kein Fehler, meine Fähigkeiten zu-"
"Antwortet nur auf die Frage!"
"Äh ... dann ... ja, schätze schon."
"Oh, mein Junge", murmelte Mallahall besorgt und leise. Cadren hatte Sarins Hand nun vollends ergriffen. Er wusste überhaupt nicht, was vor sich ging. Wie sollte er auch all den schwierigen Formulierungen und den Anschuldigungen folgen können? Aber er spürte, dass die Lage für seinen Freund nicht gut aussah. Er drückte Sarins Hand. Sein Körper spannte sich an.
"Ihr gebt also zu, bewusst Eure Macht eingesetzt zu haben und Euch bewusst dazu entschieden zu haben, ein Euch auerlegtes Schutzsiegel zu zerstören?", hakte der Große Avatar nach. Seine Frage kam schlicht, ruhig und doch mit der Schärfe eines schneidenden Windstoßes.
Castus lernte gerade, wie das Verhör funktionierte und antwortete demnach endlich, wie sie es von ihm erwarteten: "Ja."
"Und Ihr würdet es wieder tun?"
"Oh ja, natürlich!"
Ein ersticktes Raunen ging durch den Magierrat. Tanthalur erhob sich und verließ seinen Platz. Dabei nickte er der vernarbten Hauptfrau der Magiergarde und ihrem Gefolge zu. Doch Castus wandte sich noch einmal an den Großen Avatar: "Ich habe eine Seele gerettet."
"Das ist wahr!", ließ sich nun auch Mallahall vernehmen. Sie hatte den Blick ihrer Mutter durchbrochen und war von ihrem Platz augestanden. "Mein Junge würde niemals schlecht handeln, hoher Rat. Er muss sich diese Tat wohlüberlegt haben und es muss ernste Gründe gegeben haben, dass er das Siegel freiwillig brach. Castus riskiert keine-"
"Ruhe!" Die Stimme des Großen Avatars ließ Mallahall verstummen. Dieses Mal legte er etwas mehr Energie in seinen Tonfall. Damit beförderte er sie zwar nicht auf ihren Platz zurück, sorgte aber wiederholt für Ordnung. Er schaffte, was in einem pelgarischen Gericht der Hammer des Richters an Macht besaß. "Wir haben genug gehört", fuhr er fort. Dann blickte er nacheinander die Reihe des Rates ab. "Wir entscheiden wie folgt über das Schicksal des halben Haraxiers in unserer Mitte. Gundula, Euer Urteil, bitte!"
"Wir können uns nicht darauf verlassen, dass er nicht so verdorben ist wie das Siegel an seiner Stirn."
"Ambrosius Goldblum?" Der alte Magier erhob sich und stützt sich dabei auf seine Stuhllehne. Er nickte zu Gundulas Aussage. "Wenn man eine fremde Pflanze in den heimischen Garten setzt, kann ihre Zucht den eigenen Ertrag bereichern. Im schlimmsten Fall aber raubt sie den anderen Pflanzen ihren Lebensraum, verdirbt deren Saat und den Boden." Unter einem Ächzen ließ er sich zurück in den Stuhl sinken. Es war nun an Calvodian, dem geistermagischen Dozenten der Universität, zu sprechen. "Ich stimme meinen Vorrednern zu", sagte er. "Wieviel können wir auf das Wort eines halben Haraxiers geben, dass er uns nicht gefährlich wird, nachdem er bereits ein Eindämmungssiegel verdarb und soeben bestätigte, eine solche Tat zu wiederholen? Das Risiko ist in meinen Augen zu groß."
"Dekan Äskulaptus, Euer Urteil?"
Hippokratoles nickte der Bitte des Avatars zu. Auch er erhob sich nun, faltete die Finger vor seiner untersetzten Gestalt zusammen und reckte das Kinn. Es verschaffte ihm die nötige Erhabenheit seiner Position. "Als Lichtmagier und Diener Lysanthors erwartet man von mir eine besondere Affinität zum Gerechten, zur Wahrheit und lichtenen Entscheidungen. Es schmerzt mich, dass sein schützendes Siegel mit Füßen getreten wurde für den Einsatz von so fatal gefährlichen Mächten wie jenen aus dem Harax. Es hätte einen anderen Weg gegeben."
"Dann wäre Ian gestorben!", warf Castus ein. Der Dekan blieb bei seinem Urteil: "Es hätte einen anderen Weg gegeben und sei es jener des Endes gewesen, wäre der Betroffene vor Lysanthor getreten, um Gerechtigkeit im Danach zu erhalten." Damit setzte der Lichtmagier sich wieder. Plötzlich herrschte Stille. Die Magier beugten sich etwas vor, um am Großen Avatar und Hippokratoles vorbei zu schauen. Letzterer räusperte sich. Als auch das keinen Erfolg hatte, stupste er Lirdalia an. Die Elfe zuckte nicht zusammen. Sie lächelte nur sanft auf, ohne die Lider zu heben. Ihr Silberhaar schimmerte und dann hörte man ihre Stimme ganz leise, wie das Flüstern im Wind: "Er hat es im Guten versucht. Nicht alles scheint böse, aber ein wachsamer Geist und ein beobachtender Blick sind vonnöten - zu unserem Schutz."
"Wachsamer Geist", höhnte es von Tanthalurs Seite aus. Er stand inzwischen neben Castus beim Lehnstuhl, gab aber kein eigenes Urteil ab. So viel Entscheidungsgewalt besaß der Mann beim Rat dann also doch nicht. Der Halbdämon schaute zu Tanthalur auf, dann wieder zum Pult mit den versammelten Magiern herüber. Er zeigte sich geduldig.
Endich erhob sich der Große Avatar. Nun wusste man, warum er diesen Titel trug. Er war wirklich mehr als hoch gewachsen und durch sein Aufstehen fielen die Falten seiner ewig langen Robe, als hätte jemand einen nicht enden wollenden schweren Stoff über den Turm der Magie geworfen. Der Avatar ragte über alle Köpfe hinweg und er verkündete nun Castus' bevorstehendes Schicksal: "Ich, der Große Avatar, Vorsteher und oberster Vertreter des Hohen Rates der Magier zu Zryanus, habe die Urteile meiner Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis genommen und bin zu einer Entscheidung gekommen. Mit dem vollen Umfang meiner geistigen und körperlichen Kräfte entscheide ich im Namen des Hohen Rates über das Schicksal des halb haraxischen Wesens Castus, Sohn des A., das sich freiwillig dieser Anhörung unterzogen hat und sich somit auch dem Urteil voll umfänglich unterwerfen wird." In einer kurzen Pause ließ er das Formelle sacken, ehe es zum finalen Ende dieser Audienz kam: "Castus - wir bezweifeln nicht Eure guten Absichten in Euren Taten. Wir bezweifeln nicht, dass Ihr an Eure Worte und Entscheidungen glaubt. Wir gehen sogar davon aus, dass es zu einem gewissen Grad Euer Wunsch ist, Gutes zu tun. Doch das Risiko des Haraxischen in Euch ist angesichts der von Euch angesprochenen, lauernden Gefahr durch Euren biologischen Vater vor den Toren zu groß. Die Erfahrungen mit Objekt A. haben uns bereits gelehrt, dass wir haraxischen Versprechen oder gar Treueschwüren nicht glauben können. Ihr seid nicht Euer Vater, aber Ihr seid Spross aus seinen Lenden. Ihr tragt Dämonenblut in Euren Adern. Das können und werden wir nicht unberücksichtig lassen. Daher ergeht das Urteil, dass Ihr Euch zu Eurem und unserem Schutz in die Obhut des Turmes der Magie begebt."
"Nein...", keuchte Mallahall und wurde ganz fahl im Gesicht.
"Ihr werdet Euch nun magische Schutzfesseln anlegen und Euch von Tanthalur in eine speziell gesicherte Zelle einer Turmkammer führen lassen. Ihr seid kein Gefangener! Das möchte ich ausdrücklich betonen. Ihr seid ein Gast, den es zu beobachten gilt, bis der Hohe Rat der Magier zweifelsfrei für die Sicherheit seiner Stadt Zyranus garantieren kann."
Mallahall warf das Gesicht in ihre Hände, sank zu einem Häuflein Elend auf ihrem Stuhl zusammen und versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken. "Ich bitte Euch, tut ihm das nicht an", wisperte sie mit erstickter Stimme. Doch in diesem Moment gab der Große Avatar bereits das Zeichen an Tanthalur. Einer seiner goldblau gekleideten Magier brachte ein Paar mit magischen Zeichen verzierter Handschellen auf einem Samtkissen heran. Der Abgesandte forderte Castus auf, die Hände zu präsentieren, damit man ihn fesseln und abführen könne.
Bei all dem konnte Sarin nur zuschauen. Sollte sie eingreifen? Das geschah doch nun nicht wirklich? Das durfte nicht passieren! Castus würde so nicht mit seinem Vater sprechen können und Asmodeus würde die Magierstadt angreifen, wie er es geplant hatte. War der Hohe Rat der Magier zu verblendet, um zu erkennen, dass alles vom Sohn des Dämonenbesessenen abhing? Aber was sollte Sarin da unternehmen? Was konnte sie nun tun?
Nichts. Aber das musste sie auch nicht. Ein anderer griff ein. Mit einem beherzten Sprung schwang Cadren sich über das Geländer der Zuschauerloge. Fast lautlos kam er auf dem Grund auf, federte die Landung ab und sprang bereits weiter. Seine Bewegungen zeigten, dass er ein Elf aus Shyána Nelle war, denn er fügte sich selbst in dieser fremden Umgebung wunderbar in jene ein. Sein Vorankommen schien so natürlich und gelang so schnell, dass keiner aus dem Hohen Rat schnell genug einen Zauber weben konnte, um den Elfen aufzuhalten. Schon war Cadren bei Castus angekommen. Wer nun aber glaubte, er würde ihn von Tanthalur mit seinen magischen Eisenfesseln losreißen, der irrte. Cadren zog den Blauschopf lediglich auf die Beine, drehte ihn in seine Richtung und streckte sich ihm entgegen. Elfische Lippen berührten jene, die Sarin so voller Zuneigung und Leidenschaft geküsst hatte. Cadrens Lippen streichelten Castus, pressten sich gegen ihn und seine Hände suchten die des Halbdämons. Er umfasste seine Finger, hielt sich an ihnen fest, während er mit fest geschlossenen Augen und immer energischer den Kuss vertiefte.
Castus stand seinerseits nur da, ließ es geschehen. Sein Haar loderte in blauen Flammen auf, welche unter sanftem Zucken an seinen Armen entlang wanderten und auf Cadren übergingen. Dann lösten sie sich auch schon auf und im nächsten Moment blinzelte der junge Halbdämon dicke Tränenbahnen über den Rand seiner Augen. Sie benetzten seine Wangen, strömten am Kiefer entlang und tropfen von dort aus auf seine Kleidung oder versickerten im Saum seines Kragens. Jede einzelne Träne vergoss er für einen Einblick in Cadrens Seele und was immer ihm dort offenbar wurde, berührte auch seine Seele tief.
"Habt ihr jemals einen Haraxier Tränen vergießen sehen?", fragte der Große Avatar in die Runde, ohne sich nach seinen Magierkollegen umzuschauen.
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Re: Audienz beim Magierrat

Beitrag von Sarin Kasani » Donnerstag 21. April 2022, 09:33

DIE SPINNEN DOCH!
Sarin saß zur Untätigkeit verbannt mit den Anderen in der Loge und ihre Finger krallten sich teils vor Wut, teils vor Verzweiflung in Cadrens Hand. Sie hielten sich wohl gegenseitig zurück. So wie er kaum ein Wort verstand, so verstand sie die Reaktion dieser Menschen hier nicht. Auch ihr Segen, den sie Mall zu Teil hatte werden lassen, war hier sinnlos, denn Mall hatte nicht die Kraft sich gegen ihre Mutter aufzulehnen. Die Verhandlung wurde immer vertrackter und verfahrener!
Wo ist denn da die Logik?!
Immer mehr verwandelte sich das Schauspiel von einer gerichtlichen Sitzung in eine Hexenjagd.
Wo die Gerechtigkeit?! Wo sind hier Beweise für seine Schuld?
Jeder Beitrag bewies nur einmal mehr, dass ein einzelner Mensch vermutlich in der Lage gewesen wäre Vernunft zu bewahren, aber wenn mehrere zusammen kamen, dann siegte die Furcht. Und Furcht war es, die sie hier wahrnahm - Verborgen unter Verbitterung, Vorurteilen und blanker Missgunst.
Sie haben Angst vor dem Unbekannten und blenden sich selbst, in dem sie ihre wertvollstes Mittel gegen den Feind... vielleicht die einzige Möglichkeit... Wie....Wie könnte man ihnen zeigen, dass sie irren???!
Endlich erhob sich der Große Avatar. Nun wusste man, warum er diesen Titel trug. Er war wirklich mehr als hoch gewachsen und zog damit alle Aufmerksamkeit auf sich. Ein kurzer Gedanke huschte bei seinem Anblick durch Sarins Geist:
Ob er einer dieser sagenumwobenen Nebelgeister ist, von denen ich gelesen habe? ...Taaah - irgendwas?
Aber in ihrem Geist fanden solche Überlegungen gerade wenig Raum. Der Avatar ragte über alle Köpfe hinweg und er verkündete nun Castus' bevorstehendes Schicksal:
"Ich, der Große Avatar, Vorsteher und oberster Vertreter des Hohen Rates der Magier zu Zryanus, habe die Urteile meiner Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis genommen und bin zu einer Entscheidung gekommen...“
Wie? Jetzt schon?
„... Mit dem vollen Umfang meiner geistigen und körperlichen Kräfte entscheide ich im Namen des Hohen Rates über das Schicksal des halb haraxischen Wesens Castus, Sohn des A., das sich freiwillig dieser Anhörung unterzogen hat und sich somit auch dem Urteil voll umfänglich unterwerfen wird."
Das kann doch nicht wahr sein!
"Castus - wir bezweifeln nicht Eure guten Absichten in Euren Taten. Wir bezweifeln nicht, dass Ihr an Eure Worte und Entscheidungen glaubt. Wir gehen sogar davon aus, dass es zu einem gewissen Grad Euer Wunsch ist, Gutes zu tun. Doch das Risiko des Haraxischen in Euch ist angesichts der von Euch angesprochenen, lauernden Gefahr durch Euren biologischen Vater vor den Toren zu groß. Die Erfahrungen mit Objekt A. haben uns bereits gelehrt, dass wir haraxischen Versprechen oder gar Treueschwüren nicht glauben können. Ihr seid nicht Euer Vater, aber Ihr seid Spross aus seinen Lenden. Ihr tragt Dämonenblut in Euren Adern. Das können und werden wir nicht unberücksichtigt lassen. Daher ergeht das Urteil, dass Ihr Euch zu Eurem und unserem Schutz in die Obhut des Turmes der Magie begebt."
"Nein..."
, keuchte Mallahall und wurde ganz fahl im Gesicht.
"Ihr werdet Euch nun magische Schutzfesseln anlegen und Euch von Tanthalur in eine speziell gesicherte Zelle einer Turmkammer führen lassen. Ihr seid kein Gefangener! Das möchte ich ausdrücklich betonen. Ihr seid ein Gast, den es zu beobachten gilt,...“
Gast...hm... Gastrecht... bedeutet auch den Schutz gewährleisten zu müssen. Wenn sie den Harax als fremdes Land ansehen... Oh, das ist weit her geholt, aber dann müssen sie Castus als Proxenos (diplomatischen Gesandten) anerkennen und damit hätte er Rechte... Er könnte...
„... bis der Hohe Rat der Magier zweifelsfrei für die Sicherheit seiner Stadt Zyranus garantieren kann."
Mallahall warf das Gesicht in ihre Hände, sank zu einem Häuflein Elend auf ihrem Stuhl zusammen was Sarin aus ihren rasenden Gedanken riss.
"Ich bitte Euch, tut ihm das nicht an"
, wisperte sie mit erstickter Stimme. Doch in diesem Moment gab der Große Avatar bereits das Zeichen an Tanthalur.
Das geht alles zu schnell! Wir brauchen Hilfe... Beweise... Wie kann ich nur ihren zeigen, dass Cas voller Liebe ist!?!
Sarin war voller Liebe für den halben Dämon, also konnte sie auch nur in diese Richtung denken. Ihre Ideen rasten um verschiedene Szenarien. Sogar Aufspringen, zu ihm eilen und ihn zu küssen, damit die Menschen hier sahen, wie sehr er lieben konnte... doch was würde das ändern?! Die griesgrämigen Männer würden es nur als Akt der Begierde herunter spielen. So verzweifelt Sarin war, sie wusste, dass Liebe hier nicht helfen würde. Sie glaubten ja nicht mal an die Liebe zwischen einem Dämon und einer Frau. Was konnte also helfen? Sie hielt Cadrens Hand und flehte still um Hilfe:
Oh Manthala, bitte hilf! Du hast hier eine treue aber dumme Dienerin, der nichts mehr einfällt. Was kann ich tun, was kann irgendjemand hier tun, damit diese verbohrten alten Sä...
Die Intensität ihres Gebets war stark und ehrlich, aber auch sehr von ihren Emotionen durchzogen.
Ein goldblau gekleideter Magier brachte ein Paar mit magischen Zeichen verzierter Handschellen auf einem Samtkissen heran.
Was sind das für Dinger?
Der Abgesandte forderte Castus auf, die Hände zu präsentieren, damit man ihn fesseln und abführen könne. Der Klos in Sarins Hals hatte die Größe einer reifen Orange angenommen. Sie konnte nicht einmal mehr schlucken, geschweige denn reden. Bei all dem konnte Sarin nur zuschauen. Sollte sie eingreifen? Nur Wie? Das geschah doch nun nicht wirklich? Das durfte nicht passieren! Castus würde so nicht mit seinem Vater sprechen können und Asmodeus würde die Magierstadt angreifen, wie er es geplant hatte. War der Hohe Rat der Magier zu verblendet, um zu erkennen, dass alles vom Sohn des Dämonenbesessenen abhing? Aber was sollte Sarin da unternehmen?
Was kann ich tun? Was kann das Schicksal bewirken, wenn die Liebe im Herzen nicht mehr helfen kann. Wie kann man ihnen zeigen, dass er gut ist?!?
Ein Ruck neben ihr und das Losreißen seiner Finger ließ Sarin zusammen zucken.
Hat er...
Hatte Cadren etwas von dem gespürt, dass Sarin durch den Kopf gegangen war? Unwahrscheinlich... aber mit einem beherzten Sprung schwang Cadren sich über das Geländer der Zuschauerloge. Etwas zu dem Sarin die Eingebung oder die Zeit gefehlt hatte. Fast lautlos kam er auf dem Grund auf, federte die Landung ab und sprang bereits weiter. Schon war Cadren bei Castus angekommen. Cadren zog den Blauschopf lediglich auf die Beine, drehte ihn in seine Richtung und streckte sich ihm entgegen. Elfische Lippen berührten jene, die Sarin so voller Zuneigung und Leidenschaft geküsst hatte und Sarins Kehle entkam ein kleiner Seufzer. Cadrens Lippen streichelten Castus, pressten sich gegen ihn und seine Hände suchten die des Halbdämons. Er umfasste seine Finger, hielt sich an ihnen fest, während er mit fest geschlossenen Augen und immer energischer den Kuss vertiefte. Sarin starrte auf die Szenerie wie wohl fast jeder hier gebannt an und ein Gedanke formte sich:
...w...a...s...was kann Leid im Herzen bewirken, wenn Liebe nicht mehr helfen kann...
Sarin wusste was gerade in diesem Moment passierte. Sie wusste, dass Castus Magie in Cadrens Seele eintauchen würde und was er dort finden würde. Sein Haar loderte in blauen Flammen auf, welche unter sanftem Zucken an seinen Armen entlang wanderten und auf den Elfen übergingen. Dann lösten sie sich auch schon auf und im nächsten Moment blinzelte der junge Halbdämon dicke Tränenbahnen über den Rand seiner Augen. Sie benetzten seine Wangen, strömten am Kiefer entlang und tropfen von dort aus auf seine Kleidung oder versickerten im Saum seines Kragens. Jede einzelne Träne vergoss er für einen Einblick in Cadrens Seele und was immer ihm dort offenbar wurde, berührte auch seine Seele tief.
"Habt ihr jemals einen Haraxier Tränen vergießen sehen?"
, fragte der Große Avatar in die Runde, ohne sich nach seinen Magierkollegen umzuschauen. Sarins ebenfalls tränennasser Blick folgte den Worten hin zum Avatar und ...sie lächelte voller Trauer.
Er hat es verstanden. Ein Dämon würde nicht weinen.
Mit dem nächsten Herzschlag sah sie zu der luftigen Elfe und weiter die Runde der Magier entlang. Nicht jeder würde sicher so reagieren wie der große Avatar, aber die Waagschale zu Castus Gunsten hatte einen kleinen Schubs bekommen. Wie weit würde dieser reichen um sein Schicksal zu ändern? Und noch immer fragte sie sich:
Was könnten wir noch tun?
Doch in all dem Chaos, all ihrer Liebe und Verzweiflung hatte sie sich wohl ein wenig im dichten Unterholz verirrt. Vielleicht brauchte es einen kleinen Wink des Schicksals, damit Sarin doch noch Teil dessen werden konnte? Aber auch so fieberte sie für Castus und stand für ihn in Flammen, wenn es sein sollte.
Mit gefangen, mitgehangen. ….Ich könnte mich als seine Assistentin... Assistentin eines Proxenos anbieten, oder... als seine Beobachterin, wenn sie ihn einsperren, mich mit einsperren lassen... als seine Zofe... als seine Geliebte... als seine Verlobte... Ach verdammt! - Lysanthor, oder wer auch immer diese finstere Seele da drüben ausgebrannt hat...
Damit sah sie zu dem 'finstersten' aller Magier, der Castus sicher verwahrt sehen wollte.
Gib ihm Milde, Geduld und einen klaren Verstand.
Nicht mal in ihren Gedanken konnte Sarin richtig böse werden. Dafür war sie bereit alles zu tun, damit das hier für Castus erträglich werden würde.
Darf hier jeder sprechen? Was wenn ich...
Sie flüsterte nah am Ohr der Lichtmaga:
„Ich tu alles.“
Sie sah fragend zu Mall, doch dieses war in ihrem Kummer versunken. Sarin ergriff sanft und doch bestimmt ihre Hand. Wozu hatte sie sie so gut vorbereitet, wenn sie jetzt nicht kämpfte. Wozu den Segen erbeten, wozu die Kraft gefunden? Mall musste ihren Neffen hier raus holen und durfte nicht verzweifeln. In Ermangelung einer eigenen Idee pressten Sarins Finger eine einzelne Rune stark und mit dem Druck ihrer Fingernägel in Malls Handfläche: Ansuz (Inspiration). Die 'F'-förmige Rune war mit drei schnellen kräftigen Druckpunkten gut im Fleisch zu verewigen, wenn auch sicher nicht für lange. Wenn Sarin also nicht selbst helfen konnte, dann hoffentlich jemand anders!
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Re: Audienz beim Magierrat

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 28. April 2022, 14:36

Sarin mochte sich in der gehobenen Gesellschaft der Dunkelelfen auskennen, aber selbst als Hofschneiderin hatte sie ihre Augen und Ohren nicht überall. Wie die Stadtherrin der Nachtelfen wohl mit einem Fall wie jenem umging, dem sie aktuell beiwohnte? Ihr Herz schlug für Castus, also war sie ohnehin voreingenommen und hielt ihn grundsätzlich für unschuldig, aber das derzeit gebotene Schauspiel ließ sie stocken. Denn auch aus objektiver Sicht konnte man den Blauschopf doch nicht für die Taten seines Vaters haften lassen, nur weil er sein Sprössling war! Das Urteil zeigte sich zwar nicht rein aus Böswilligkeit geboren, aber man spürte dennoch, dass eine allgemeine Vorsicht gegenüber Haraxwesen oder deren Halbverwandten herrschte. Sogar die verträumte Elfe Lirdalia äußerte Bedenken. Sie alle hielten es für besser, Castus zu beobachten. Dass Zyraner in einem solchen Fall dazu neigten, den Betroffenen einzusperren und ihre Entscheidung mit verblümten Worten zu kaschieren, konnte Sarin nicht wissen. Sie entdeckte es erst jetzt und Mallahall, die so selbstbewusste Lichtheilerin, schrumpfte neben ihr zu einem Häuflein Elend zusammen. Gegen ihre Mutter konnte sie nichts ausrichten. Sie wagte es nicht, ihr gegenüber weiter aufzubegehren. Bei der Eiseskälte, die von Gundula di Swanviss ausging, wunderte es aber auch niemanden. Warum nur musste ausgerechnet sie im zyranischen Rat der Magier sitzen?
Sarin war hin- und hergerissen. Durfte sie überhaupt ein Wort für Castus einlegen? War es ihr erlaubt zu sprechen oder sollte sie selbst bei einem Verbot einfach handeln? Andernfalls würde er doch gleich in Ketten abgeführt werden wie ein verurteilter Verbrecher! Das durfte sie nicht zulassen! Ihre Gedanken rasten, knobelten sich durch ein Geflecht aus Szenarien, wie sie ihrem Liebsten nur beistehen konnte, aber in all dem Wust aus ideenreichen Fäden verstrickte sich Sarin immer mehr. Bald war sie so sehr in ihren eigenen Planungen verworren, dass sie sich überhaupt nicht mehr rühren konnte. Glücklicherweise handelte ein anderer.
Cadren hatte mit so schnellen Bewegungen die Loge verlassen, dass nicht einmal die aufmerksamsten Mitglieder des Magierrates oder deren Ordnung wahrenden Abgesandten hätten handeln können. Flugs war der Shyáner zu Castus geeilt, ohne dabei ein lauteres Geräusch zu verursachen als ein Blatt, das vom Wind umher gewirbelt wurde. Und dann war es vollkommen still um ihn und den Halbdämonen geworden, nachdem ihrer beider Lippen einander berührt hatten. Tränen strömten über Castus' Wangen. Seine Augen glänzten feucht unter den vor Mitgefühl zusammengezogenen Brauen. Er hielt Cadrens Finger fest in seinen, streichelte mit den Daumen über die Handrücken des Elfen, löste sich aber nicht aus dem Kuss heraus. Derweil spürte man noch die Aura seines blauen Feuers, das längst in Cadrens Leib übergegangen war, aber dennoch irgendwie weiterhin in der Luft hing. Es fühlte sich warm an oder war es die Rührung, die die Herzen der Zuschauer erfüllte? Sarin wurde es warm. Sie wusste schließlich, was dort geschah. Castus verbrannte den Shyáner nicht. Er sah in seine Seele und seine Tränen waren Beweis dafür, dass er Mitgefühl besaß.
Der Große Avatar war kein Ritualmagier, doch kannte er sich wohl genug mit Dämonen aus, um zu wissen, dass keines dieser Wesen eine Träne vergoss. Chaos und schwarze Untugenden leiteten sie, führten sie über düstere Rituale aus ihrer eigenen Welt heraus nach Celcia, wo sie mit ähnlicher Machtgier auf Eroberungszug gingen wie aktuell die dunklen Völker im Verbund mit dem Königreich Grandessa. Das Oberhaupt des Magierrates erkannte schnell, welchen Unterschied Castus' Reaktion machte.
Er schaute in die Runde seiner Mitglieder. Fast alle waren inzwischen von ihren hohen Lehnstühlen aufgesprungen. Nur die Elfe Lirdalia saß noch, das Gesicht in beide Hände gestützt und mit einem seligen Schmunzeln auf den Lippen. Ihr verträumter Blick wanderte von den Küssenden hinüber zu Sarin. Da die Nachtelfe gerade selbst ihre Aufmerksamkeit auf den Rat richtete, um dessen Reaktion einzufangen, kreuzten sich ihre Blicke.
"Ich hätte gedacht, er und die blasse Elfe dort sind ein Paar", säuselte Lirdalia. Dann zuckte sie mit den Schultern und lehnte sich zurück. "Sei es drum. Die beiden Männer sind ja auch sehr niedlich zusammen."
Neben ihr räusperte sich Hippokratoles mit hochrotem Kopf. Dass sich gerade vor seinen Augen zwei Männer küssten, brachte den offenbar etwas konservativeren Magier durchaus in Verlegenheit. Er versuchte, seine Unbeholfenheit zu überbrücken, indem er sich auf die Frage des Großen Avatars konzentrierte. So antwortete er ihm: "Da wir keinen Ritualmagier in Zyranus wissen und uns nicht einmal Etelin zur Verfügung steht," - erneut entkam dem höchsten Abgesandten Tanthalur ein verächtliches Schnauben - "müssen wir auf unsere eigenen Kenntnisse bezüglich haraxischer Wesen zurückgreifen. Nun, meiner Expertise nach ist es diesen Wesen aufgrund ihrer böswilligen Ader überhaupt nicht möglich, zu weinen. Lysanthor allein gestattet diese Form der Empathie nicht."
Der Große Avatar nickte. Er wandte den Kopf in die entgegengesetzte Richtung, um nun auch die Meinung der anderen Ratsmitglieder zu hören. Die beiden alten Magier Ambrosius Goldblum und Calvodian Caléra hatten die runzligen Köpfe zusammengesteckt. Gedämpft tuschelten sie, aber die Aufregung in ihrem Wispern verdeutlichte ihre Überraschung ob des Gesehenen.
"Nun?", hakte der Avatar nach. Seine Haut schimmerte tief violett unter seinem geduldigen Blick. Die beiden Alten richteten ihre Kragen, tauschten noch einmal Blicke aus und nickten dann auf die Worte ihres lichtmagischen Kollegen. "Dekan Äskulaptus hat Recht", begann Calvodian mit fester Stimme zu sprechen, während er an seinem schlohweißen Schnäuzer zwirbelte. "Auch mir ist nicht bekannt, dass ein Dämon jemals eine Träne vergossen hätte."
"Wohl aber sind von Dämonen Besessene in der Lage zu weinen", mischte sich nun Ambrosius ein. "Sie sind Parasiten, die sich im Körper eines Celcianers einnisten wie die Mistel auf einem breiten Eichen-Ast. Sie ernähren sich von der Kraft des Lebenden, lassen diesen aber eingeschränkt sein Leben weiterführen. Können wir sicher sein, dass der junge Mann dort wirklich ein gezeugtes Kind und nicht besessen ist? Das würde es doch erklären."
"Wägt man das Alter des Subjekts A. ab, gleicht er ihm aber bis auf's Haar. Das wäre nur möglich, wenn er schon vor der Besessenheit gezeugt worden ist und..."
Gundula di Swanviss unterbrach die beiden Alten mit einer Frage direkt an Castus: "Wie alt seid Ihr, selbsternannter Halbdämon? Hört auf, Euren Liebhaber in unsittlichster Weise abzulecken und antwortet. Der Anblick allein lässt mir die Galle hochkommen und ich verwette meine Ehre darauf, dass vorab kein Ehegelöbnis unter göttlichem Segen abgegeben worden ist!" Dabei warf die Magierin ihrer Tochter Mallahall einen flüchtigen, dadurch aber nicht minder eisigen Blick zu. Mallahall übersah diesen zum Glück, denn soeben lauschte sie dem leisen Wispern von Sarin an ihrer Seite. Sie entzog dieser ihre Hand, die die Nachtelfe so energisch gegriffen hatte. Mallahalls zarte Fingerspitzen strichen über den Abdruck der Rune, die Sarin mit ihren Nägeln in die Haut gepresst hatte. Ob sie wusste, was diese bewirkte? Sie nickte lediglich schwach. Die Magie schien sich zu entfalten. Mallahall erhielt die nötige Inspiration, die Sarin sich für sie erhofft hatte, denn die Frau erhob sich langsam.
"Castus ist gute zwei Jahre alt", antwortete sie für ihren Zögling. Alle Augen richteten sich nun auf die Lichtmagierin. "Es lässt sich mir nicht anders als mit dem Einfluss seines väterlichen Erbes erklären, dass er in dieser Zeit von einem Säugling bis ins junge Mannesalter gewachsen ist. Das Ergebnis aber seht ihr vor euch, verehrter Rat." Sie ließ ihre saphirblauen Augen über die Mitglieder schweifen, mied aber bewusst den Blickkontakt zu ihrer Mutter. "Castus mag wie ein Mann aussehen, doch sein Gemüt ist noch immer das eines unschuldigen Kindes. Er ist weit weg von den Untaten seines Vaters und-"
"Untaten, die du unterstützt hast", schnitt die Mutter der Tochter das Wort ab. "Du warst es, die von Beginn an uns appelliert hat, seine menschliche Seite - seine gute Seele - zu berücksichtigen. Zyranus wäre unter dem Vertrauen, das wir in dich setzten, beinahe zerstört worden. Und selbst dann hast du dich lieber mit dem geächteten Nekromanten Etelin zusammengetan, um die Haraxbestie auch noch zu schulen." Sie verließ ihren Plat, ignorierte den Versuch des Großen Avatars, sie zu bremsen. Gundula die Svanwiss kam nun endlich in Fahrt. Mit ausholenden Schritten und dem Stöckeln spitzer Hacken, das dem Brechen von Eis mit einer Spitzhacke gleich kam, näherte sie sich der Loge. Obwohl sie auf diese Weise zu ihrer Tochter aufsehen musste, schien ihr Blick nach oben Mallahall kleiner zu machen. Beide Frauen musterten einander. Die kalten Augen der Mutter versuchten, die Tochter in die Schranken zu weisen. Diese aber trotzte ihr still. So fuhr Gundula fort: "Hast du deinen alten Freund und Mentor schon vergessen?"
"Sprich nicht seinen Namen aus!", forderte Mallahall und erstmals klang ihre Stimme beinahe so kalt wie die ihrer Mutter. Gundulas Augen blitzten auf. Sie wusste, dass sie nun einen tiefen Nerv traf. Das triumphale Grinsen lag ledigilich in ihrem Blick, als sie sich nicht aufhalten ließ: "Hast du vergessen, dass der angesehene Lichtmagier Adelmund Constellano d'Artinell - dein Mentor! - durch die Hand des Asmodeus hatte sterben müssen? Weil du es nicht einsehen wolltest, dass er verdorben war?"
"Hör auf."
"Adelmund opferte sich im Namen seiner Heimat und dennoch ließen du und dieser verflixte Etelin nicht davon ab, zu glauben, dass ein Dämon ein Herz besäße. Selbst als wir Asmodeus in Gewahrsam nahmen, bliebst du stur."
"Ich sagte, du sollst aufhören, Mutter."
"Du hast dich mit einer Gruppe Waldelfen zusammengetan, um ihn zu befreien."
"Aufhören!"
"Du hast dich über zyranisches Gesetz hinweg gesetzt und ihn unserer Obhut entrissen. Was haben wir nun davon? Er steht vor den Toren, spielt dort den beleidigten Hampelmann, so dass wir uns erneut mit diesem Störfaktor beschäftigen müssen."
"Das tut ihr doch nicht einmal!"
"Und jetzt schleppst du seinen nicht minder verdorbenen Abkömmling mit den gleichen, alten Argumenten hierher. Du hast nichts gelernt, uneinsichtiges Balg!"
"DAS GENÜGT!" Die Stimme des Großen Avatars hallte durch den Saal, noch ehe Mallahall unter den giftigen Worten ihrer Mutter zu einem Schrei ausholen konnte, um sich Luft zu machen. Beide Frauen erstarrten, denn Magie hielt sie fest. Aus den ausgestreckten Fingern des Avatars zuckten blaue und violette Blitze heraus, die sowohl Mallahall als auch Gundula umfassten. Sie verletzten die Frauen nicht, schienen ihnen aber die Energie zu rauben, denn beide sanken langsam in die zuckenden Blitze hinein wie in die Arme edler Ritter. Der Avatar ließ die Frauen behutsam zu Boden gleiten und nickte dann Tanthalurs Abgesandten zu. Die Magierinnen und Magier in den goldblauen Roben eilten herbei, um sich den Frauen di Svanwiss anzunehmen.
"Familiäre Angelegenheiten können bei einer dafür abgestimmten Audienz besprochen werden, wenn es intern nicht zu klären ist", entgegnete der Große Avatar ohne Rührung. Er wandte sich seinen Kollegen zu. "Dennoch sind Gundulas Worte zu berücksichtigen. Ihr Wahrheitsgehalt ist offensichtlich. Es waren Mallahall und Etelin ihrerzeit, die das Unheil in Form von Subjekt A. über Zyranus brachten. Nicht nur Adelmund Constellano d'Artinell wurde Opfer der haraxischen Machtgier. Auch unser Turm der Magie trug Schäden davon, ebenso zahlreiche unserer treuen Mitarbeiter."
Nicken von den beiden alten Magiern. Lirdalia schien sich in einem Tagtraum verfangen zu haben. Es war schwer zu deuten, ob sie dem Avatar überhaup zuhörte. Der lichtmagische Dekan hingegen setzte eine immer strengere Miene auf. "Ich erinnere mich an Adelmund. Er besaß so viel Potenzial." Die Trauer hielt er zurück, doch sie war echt. Die Zyraner mussten unter Asmodeus bereits hohe Verluste erlitten haben.
"Das Urteil ist gesprochen, aber wir werden das Schauspiel von Emptahie dennoch berücksichtigen. Es mag sein, dass Mallahall und Etelin damals bei Asmodeus irrten. Aber er ist ein Besessener, eine an den Harax verlorene Seele. Sein mutmaßlich biologischer Sohn jedoch ... könnte geformt werden und wer weiß, in welche Richtung uns die Erforschung seiner Existenz bringen mag."
Mit diesen Worten richtete nicht nur der Große Avatar seine Aufmerksamkeit wieder zurück auf Castus. Auch die übrigen Magier schauten zu dem Blauschopf hin. Selbst Gundula und Mallahall - beide erschöpft, aber bei Bewusstsein und in den Armen der Abgesandten - hoben die Blicke träge.

Castus und Cadren hatten sich in ihrem anhaltenden Kuss nicht stören lassen. Es war fraglich, wieviel die beiden von dem Geschehen eben mitbekommen hatten. Erst jetzt löste der Halbdämon sich langsam von dem Elfen. Die Tränenbahnen auf seinen Wangen trockneten langsam. Das Mitgefühl in seinen Augen aber blieb. Er löste die rechte Hand aus Cadrens und legte sie an dessen Gesicht. Er streichelte ihn sanft. Beide waren noch immer ganz mit sich selbst beschäftigt. Sie schlossen die Welt um sich herum aus. Das hier ging nur sie etwas an - noch.
"Ich fühle es nicht einmal halb so sehr wie du es spüren musst", raunte Castus an Cadren gewandt. Dem Shyáner glänzten die Augen inzwischen ebenfalls feucht, aber er hielt die Tränen zurück. Langsam nickte er. Castus lächelte ihn traurig an: "Ich helfe dir natürlich." Endlich löste er seinen Blick von dem Shyáner Elfen und spähte in den Raum. Er suchte nach Sarins Augen, lächelte auch ihr zu. In seinen Galaxien lag eine stilles Bitten um Verzeihung. Mit demselben Blick sah er Mallahall an. Die Magierin erwiderte ihn müde, konnte nur schwach den Kopf schütteln. Castus sah weiter zum Großen Avatar hin. Dieser schaute erwartungsvoll und geduldig, dass der Halbdämon sein Schicksal annahm und sich nun endlich die Fesseln anlegen und abführen ließ. Castus seufzte. Dann umarmte er Cadren, raunte an sein Spitzohr, dass alle es dennoch hören konnten, so still war es im Saal: "Es geht nicht anders, es muss jetzt geschehen. Und ich werde es tun, trotz der Konsequenzen. Nein, mach dir keine Gedanken. Gib dir keine Schuld, dein Herz ist schwer genug. Danke für alles, mein Freund." Beide Männer umarmten sich eng. Dann geschah alles ganz schnell. Cadren lehnte sich zurück, präsentierte in der losgelassenen rechten Hand sein Jagdmesser und Castus griff danach. Die Klinge blitzte silbern auf, aber schon im nächsten Moment schimmerte sie rot von Blut. Mit einem einzigen Streich schnitt er seinem Gegenüber ein rotes Lächeln über den Hals. Darüber lächelten auch Cadrens Lippen, als sein Blick brach und das Licht seiner Augen das Glimmen verlor. Er röchelte nicht einmal, rang nicht nach Luft, sondern sank nur schwer in die von Blut gesprenkelten Hände des Halbdämonen.
Mallahall versuchte, nach Castus zu rufen. Ihre Stimme war zu schwach. Dafür erhob der Große Avatar sie erneut, aber Tanthalur ließ bereits durch seine Abgesandten eingreifen. Wie eine Schar ausgehungerter Wölfe stürzte sich die Gruppe aus Blau und Gold auf Castus. Sie entrissem ihm Cadrens leblosen Leib, breiteten ihn auf dem Boden aus, während sie gleichzeitig nach dem Blauschopf packten, ihm die Klinge entrissen und die Hände auf den Rücken zerrten. Sogleich legte man ihm die magischen Eisenfesseln an. Castus wehrte sich nicht. Mit Blutspritzern auf seinen von Tränen benetzten Wangen schaute er auf Cadren herab. Erst als Ambrosius rief, man solle den Elfen sofort mittels Lichtmagie heilen, erhob Castus die Stimme: "Nein! Lasst ihn! Rettet ihn nicht!"
"Mallahall ist in der Kunst des lichtmagischen Heilens ausgebildet", lenkte Hippokratoles ein. "Sie könnte-"
"Nein!", übertönte Castus ihn erneut. Jetzt begann er doch, sich zu wehren und versuchte, sich aus dem Griff der Abgesandten zu befreien. "Macht mein Werk nicht zunichte. Beide Brüder müssen vereint sein."
Von den Blaugoldenen bei den di Svanwiss-Frauen meldete sich eine Magierin zu Wort: "Mallahall ist durch den Energiezauber des Großen Avatars zu geschwächt und nicht in der Lage, nun ihre Kräfte anzuwenden, ohne sich in Gefahr zu bringen."
"Dann holt einen Lichtheiler von außerhalb", befahl Hippokratoles.
"NEIN!", spie Castus aus und warf sich gegen die Kraft der Abgesandten Arme und Hände, die ihn zurückhielten.
"Führt ihn ab", orderte der Große Avatar, woraufhin Asmodeus' Sohn nur lauter zu rufen und sich zu wehren begann. Doch er konnte sich nicht befreien und musste mit ansehen, wie man sich über Cadrens Leichnam beugte, um ihn vielleicht doch noch dem Griff des Todes zu entreißen. Er konnte nichts mehr tun, außer zusehen. Und am Rande des wilden Geschehens stand Sarin nach wie vor in der Loge, stille Zeugin eines Mordes durch die Hand des wohl unschuldigsten Wesens, das sie bisher hatte kennen lernen dürfen.
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Re: Audienz beim Magierrat

Beitrag von Sarin Kasani » Freitag 29. April 2022, 14:54

Ein Kuss!
So ein schöner Kuss!
Ein Kuss der sicher in die Geschichtsbücher der Stadt eingehen würde. Sarin seufzte leise, allein schon weil der Anblick zwischen den beiden sie so rührte.
"Ich hätte gedacht, er und die blasse Elfe dort sind ein Paar"
, säuselte Lirdalia. Sarin zuckte ein bisschen zusammen, da sie sich spontan angesprochen fühlte und bekam zart fliederfarbene Wangen.
...sind wir ja auch...
"Sei es drum. Die beiden Männer sind ja auch sehr niedlich zusammen."
Neben ihr räusperte sich Hippokratoles mit hochrotem Kopf. Dass sich gerade vor seinen Augen zwei Männer küssten, brachte den offenbar etwas konservativeren Magier durchaus in Verlegenheit.
...wenn die wüssten...
Er versuchte, seine Unbeholfenheit zu überbrücken, indem er sich auf die Frage des Großen Avatars konzentrierte. So antwortete er ihm:
"Da wir keinen Ritualmagier in Zyranus wissen und uns nicht einmal Etelin zur Verfügung steht,"
Erneut entkam dem höchsten Abgesandten Tanthalur ein verächtliches Schnauben.
Hm...ob er wegen diesem Etelin wütend ist?
"...müssen wir auf unsere eigenen Kenntnisse bezüglich haraxischer Wesen zurückgreifen. Nun, meiner Expertise nach ist es diesen Wesen aufgrund ihrer böswilligen Ader überhaupt nicht möglich, zu weinen. Lysanthor allein gestattet diese Form der Empathie nicht."
Der Große Avatar nickte.
Ist das gut? ...das ist gut...denke ich. Einer mehr, der überzeugt werden konnte?...
Hoffnung wollte sich in der Nachtelfe aufbäumen wie ein junges Fohlen. Der große Avatar wandte den Kopf in die entgegengesetzte Richtung, um nun auch die Meinung der anderen Ratsmitglieder zu hören. Die beiden alten Magier Ambrosius Goldblum und Calvodian Caléra hatten die runzligen Köpfe zusammengesteckt. Gedämpft tuschelten sie, aber die Aufregung in ihrem Wispern verdeutlichte ihre Überraschung ob des Gesehenen.
"Nun?"
, hakte der Avatar nach. Die beiden Alten tauschten noch einmal Blicke aus und nickten dann auf die Worte ihres lichtmagischen Kollegen.
"Dekan Äskulaptus hat Recht."
, begann Calvodian mit fester Stimme zu sprechen, während er an seinem schlohweißen Schnäuzer zwirbelte.
"Auch mir ist nicht bekannt, dass ein Dämon jemals eine Träne vergossen hätte."
Seht ihr!!
"Wohl aber sind von Dämonen Besessene in der Lage zu weinen"
, mischte sich nun Ambrosius ein.
Mmmoooaaahhhh.... Kann dem nicht mal jemand den Mund zu nähen?! Castus ist einfach ein Guter! Warum sehen sie das alle nicht?!
Sarins Unterbewusstsein verfiel kurz in fast kindlich bockige Verhaltensweisen, doch nur kurz, denn das Gespräch ging rasant weiter:
"Sie sind Parasiten, die sich im Körper eines Celcianers einnisten wie die Mistel auf einem breiten Eichen-Ast. Sie ernähren sich von der Kraft des Lebenden, lassen diesen aber eingeschränkt sein Leben weiterführen. Können wir sicher sein, dass der junge Mann dort wirklich ein gezeugtes Kind und nicht besessen ist? Das würde es doch erklären."
"Wägt man das Alter des Subjekts A. ab, gleicht er ihm aber bis auf's Haar. Das wäre nur möglich, wenn er schon vor der Besessenheit gezeugt worden ist und..."
Gundula di Swanviss unterbrach die beiden Alten mit einer Frage direkt an Castus:
"Wie alt seid Ihr, selbsternannter Halbdämon? Hört auf, Euren Liebhaber in unsittlichster Weise abzulecken und antwortet. Der Anblick allein lässt mir die Galle hochkommen und ich verwette meine Ehre darauf, dass vorab kein Ehegelöbnis unter göttlichem Segen abgegeben worden ist!"
Dabei warf die Magierin ihrer Tochter Mallahall einen flüchtigen, dadurch aber nicht minder eisigen Blick zu. Mallahall übersah diesen zum Glück, denn soeben lauschte sie dem leisen Wispern von Sarin an ihrer Seite. Sie entzog dieser ihre Hand, die die Nachtelfe so energisch gegriffen hatte. Mallahalls zarte Fingerspitzen strichen über den Abdruck der Rune, die Sarin mit ihren Nägeln in die Haut gepresst hatte. Ob sie wusste, was diese bewirkte? Sie nickte lediglich schwach. Die Magie schien sich zu entfalten. Mallahall erhielt die nötige Inspiration, die Sarin sich für sie erhofft hatte, denn die Frau erhob sich langsam.
"Castus ist gute zwei Jahre alt"
, antwortete sie für ihren Zögling. Alle Augen richteten sich nun auf die Lichtmagierin und Sarin hätte sich am liebsten irgendwo versteckt.
Gut so. Du hast die Kraft für ihn zu kämpfen!
"Es lässt sich mir nicht anders als mit dem Einfluss seines väterlichen Erbes erklären, dass er in dieser Zeit von einem Säugling bis ins junge Mannesalter gewachsen ist. Das Ergebnis aber seht ihr vor euch, verehrter Rat."
Sie ließ ihre saphirblauen Augen über die Mitglieder schweifen, mied aber bewusst den Blickkontakt zu ihrer Mutter.
"Castus mag wie ein Mann aussehen, doch sein Gemüt ist noch immer das eines unschuldigen Kindes. Er ist weit weg von den Untaten seines Vaters und-"
"Untaten, die du unterstützt hast"

, schnitt die Mutter der Tochter das Wort ab.
"Du warst es, die von Beginn an uns appelliert hat, seine menschliche Seite - seine gute Seele - zu berücksichtigen. Zyranus wäre unter dem Vertrauen, das wir in dich setzten, beinahe zerstört worden. Und selbst dann hast du dich lieber mit dem geächteten Nekromanten Etelin zusammengetan, um die Haraxbestie auch noch zu schulen."
Schon wieder dieser Name... Etelin... Aber sie greif Mall an... Steht sie denn hier vor Gericht?! Das ist doch Unsinn!
Mit ausholenden Schritten und dem Stöckeln spitzer Hacken, das dem Brechen von Eis mit einer Spitzhacke gleich kam, näherte sich jetzt die Eismagierin der Loge.
Ohweia... Deckung...
Sarin bekam schon eine eiskalte Gänsehaut, nur da sie neben Mall stand, die offensichtlich das Ziel dieses 'Angriffs' werden sollte. Die kalten Augen der Mutter versuchten, die Tochter in die Schranken zu weisen. Diese aber trotzte ihr still. So fuhr Gundula fort:
"Hast du deinen alten Freund und Mentor schon vergessen?"
"Sprich nicht seinen Namen aus!"
, forderte Mallahall und erstmals klang ihre Stimme beinahe so kalt wie die ihrer Mutter.
Autsch... gut so! Wehr dich!
Gundulas Augen blitzten auf. Sie wusste, dass sie nun einen tiefen Nerv traf. Das triumphale Grinsen lag lediglich in ihrem Blick, als sie sich nicht mehr aufhalten ließ und so ergoss sich nun ein Schwall emotionalen Eises in die Loge:
"Hast du vergessen, dass der angesehene Lichtmagier Adelmund Constellano d'Artinell - dein Mentor! - durch die Hand des Asmodeus hatte sterben müssen? Weil du es nicht einsehen wolltest, dass er verdorben war?"
"Hör auf."
"Adelmund opferte sich im Namen seiner Heimat und dennoch ließen du und dieser verflixte Etelin nicht davon ab, zu glauben, dass ein Dämon ein Herz besäße. Selbst als wir Asmodeus in Gewahrsam nahmen, bliebst du stur."
"Ich sagte, du sollst aufhören, Mutter."
"Du hast dich mit einer Gruppe Waldelfen zusammengetan, um ihn zu befreien."
"Aufhören!"
"Du hast dich über zyranisches Gesetz hinweg gesetzt und ihn unserer Obhut entrissen. Was haben wir nun davon? Er steht vor den Toren, spielt dort den beleidigten Hampelmann, so dass wir uns erneut mit diesem Störfaktor beschäftigen müssen."

Kann nicht mal jemand dazwischen gehen?! Was hat das noch mit Castus zu tun?!
"Das tut ihr doch nicht einmal!"
"Und jetzt schleppst du seinen nicht minder verdorbenen Abkömmling mit den gleichen, alten Argumenten hierher. Du hast nichts gelernt, uneinsichtiges Balg!"
"DAS GENÜGT!"

Die Stimme des Großen Avatars hallte durch den Saal. Beide Frauen erstarrten, denn Magie hielt sie fest. Aus den ausgestreckten Fingern des Avatars zuckten blaue und violette Blitze heraus, die sowohl Mallahall als auch Gundula umfassten. Sie verletzten die Frauen nicht, schienen ihnen aber die Energie zu rauben, denn beide sanken langsam in die zuckenden Blitze hinein wie in die Arme edler Ritter. Der Avatar ließ die Frauen behutsam zu Boden gleiten und nickte dann Tanthalurs Abgesandten zu. Die Magierinnen und Magier in den goldblauen Roben eilten herbei, um sich den Frauen di Svanwiss anzunehmen.
Ww... Was war denn das?
"Familiäre Angelegenheiten können bei einer dafür abgestimmten Audienz besprochen werden, wenn es intern nicht zu klären ist... Dennoch sind Gundulas Worte zu berücksichtigen. Ihr Wahrheitsgehalt ist offensichtlich. Es waren Mallahall und Etelin ihrerzeit, die das Unheil in Form von Subjekt A. über Zyranus brachten. Nicht nur Adelmund Constellano d'Artinell wurde Opfer der haraxischen Machtgier. Auch unser Turm der Magie trug Schäden davon, ebenso zahlreiche unserer treuen Mitarbeiter."
Nicken von den beiden alten Magiern. Lirdalia schien sich in einem Tagtraum verfangen zu haben. Es war schwer zu deuten, ob sie dem Avatar überhaupt zuhörte. Der lichtmagische Dekan hingegen setzte eine immer strengere Miene auf.
"Ich erinnere mich an Adelmund. Er besaß so viel Potenzial."
Die Trauer hielt er zurück, doch sie war echt. Die Zyraner mussten unter Asmodeus bereits hohe Verluste erlitten haben.
"Das Urteil ist gesprochen, aber wir werden das Schauspiel von Empathie dennoch berücksichtigen. Es mag sein, dass Mallahall und Etelin damals bei Asmodeus irrten. Aber er ist ein Besessener, eine an den Harax verlorene Seele. Sein mutmaßlich biologischer Sohn jedoch ... könnte geformt werden und wer weiß, in welche Richtung uns die Erforschung seiner Existenz bringen mag."
Geformt?... Ach, jetzt doch eine Waffe...
Mit diesen Worten richtete nicht nur der Große Avatar seine Aufmerksamkeit wieder zurück auf Castus. Auch die übrigen Magier schauten zu dem Blauschopf hin. Selbst Gundula und Mallahall - beide erschöpft, aber bei Bewusstsein und in den Armen der Abgesandten - hoben die Blicke träge.
Wo soll das hier noch hinführen? Alles was wir sagen, schlägt kaum ins Gewicht und was sie vorbringen wird als Wahrheit angenommen.
Sarin war langsam am verzweifeln. Diese Magier sahen überhaupt keinen Menschen mit Gefühlen in Castus, sondern nur ein Objekt 'C' das es zu erforschen galt. Sie blickte zu ihm. Er und Cadren hatten sich in ihrem anhaltenden Kuss nicht stören lassen. Erst jetzt löste der Halbdämon sich langsam von dem Elfen. Er löste die rechte Hand aus Cadrens und legte sie an dessen Gesicht. Er streichelte ihn sanft. Seine Stimme war kaum zu hören, aber doch zu vestehen:
"Ich fühle es nicht einmal halb so sehr wie du es spüren musst."
, raunte Castus an Cadren gewandt. Dem Shyáner glänzten die Augen inzwischen ebenfalls feucht, aber er hielt die Tränen zurück. Langsam nickte er. Castus lächelte ihn traurig an:
"Ich helfe dir natürlich."
Endlich löste er seinen Blick von dem Shyáner Elfen und spähte in den Raum. Er suchte nach Sarins Augen, lächelte auch ihr zu. In seinen Galaxien lag eine stilles Bitten um Verzeihung.
Was tust du? Was hast du vor? Warum siehst du mich so an? ... Helfen?... Wie meint er das?...
Mit demselben Blick sah er Mallahall an. Die Magierin erwiderte ihn müde, konnte nur schwach den Kopf schütteln.
Nein... warum...
Castus sah weiter zum Großen Avatar hin. Dieser schaute erwartungsvoll und geduldig, dass der Halbdämon sein Schicksal annahm und sich nun endlich die Fesseln anlegen und abführen ließ. Castus seufzte. Dann umarmte er Cadren, raunte an sein Spitzohr, dass alle es dennoch hören konnten, so still war es im Saal:
"Es geht nicht anders, es muss jetzt geschehen. Und ich werde es tun, trotz der Konsequenzen. Nein, mach dir keine Gedanken. Gib dir keine Schuld, dein Herz ist schwer genug. Danke für alles, mein Freund."
Beide Männer umarmten sich eng. Etwas krampfte sich um Sarins Gedärme und ließ sie erschaudern.
Er wird doch nicht...
Dann geschah alles ganz schnell. Cadren lehnte sich zurück, präsentierte in der losgelassenen rechten Hand sein Jagdmesser und Castus griff danach. Die Klinge blitzte silbern auf, aber schon im nächsten Moment schimmerte sie rot von Blut. Mit einem einzigen Streich schnitt er seinem Gegenüber ein rotes Lächeln über den Hals.
….................
Entsetzen....
Verstehen....
Mitgefühl....
und wieder Entsetzen brachen über Sarin herein.
Cadren sank schwer in die von Blut gesprenkelten Hände des Halbdämonen.
Mallahall versuchte, nach Castus zu rufen. Ihre Stimme war zu schwach. Dafür erhob der Große Avatar sie erneut, aber Tanthalur ließ bereits durch seine Abgesandten eingreifen. Wie eine Schar ausgehungerter Wölfe stürzte sich die Gruppe aus Blau und Gold auf Castus.
Alles vergebens... jetzt werden sie ihn niemals gehen lassen.
Sie entrissen ihm Cadrens leblosen Leib, breiteten ihn auf dem Boden aus, während sie gleichzeitig nach dem Blauschopf packten, ihm die Klinge entrissen und die Hände auf den Rücken zerrten. Sarin fühlte sich fast ebenso zu Boden gerissen und fühlte dass ihre Knie nachzugeben drohten. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie aufgesprungen war und ihre Finger sich um die Balustrade krallten. Man legte ihrem Liebsten die magischen Eisenfesseln an. Castus wehrte sich nicht. Mit Blutspritzern auf seinen von Tränen benetzten Wangen schaute er auf Cadren herab. Erst als Ambrosius rief, man solle den Elfen sofort mittels Lichtmagie heilen, erhob Castus die Stimme:
"Nein! Lasst ihn! Rettet ihn nicht!"
"Mallahall ist in der Kunst des lichtmagischen Heilens ausgebildet"
, lenkte Hippokratoles ein.
"Sie könnte-"
"Nein!"

, übertönte Castus ihn erneut. Jetzt begann er doch, sich zu wehren und versuchte, sich aus dem Griff der Abgesandten zu befreien.
"Macht mein Werk nicht zunichte. Beide Brüder müssen vereint sein."
Verstehen...
Von den Blaugoldenen bei den di Svanwiss-Frauen meldete sich eine Magierin zu Wort:
"Mallahall ist durch den Energiezauber des Großen Avatars zu geschwächt und nicht in der Lage, nun ihre Kräfte anzuwenden, ohne sich in Gefahr zu bringen."
"Dann holt einen Lichtheiler von außerhalb."

, befahl Hippokratoles.
...außerhalb...
"NEIN!"
, spie Castus aus und warf sich gegen die Kraft der Abgesandten Arme und Hände, die ihn zurückhielten.
"Führt ihn ab!"
, orderte der Große Avatar, woraufhin Asmodeus' Sohn nur lauter zu rufen und sich zu wehren begann.
Entsetzten...
Doch er konnte sich nicht befreien und musste mit ansehen, wie man sich über Cadrens Leichnam beugte, um ihn vielleicht doch noch dem Griff des Todes zu entreißen. Er konnte nichts mehr tun, außer zusehen. Und am Rande des wilden Geschehens stand Sarin nach wie vor in der Loge, stille Zeugin eines Mordes durch die Hand des wohl unschuldigsten Wesens, das sie bisher hatte kennen lernen dürfen.
Mitleid...
Unbemerkt von allen und sich selbst rannen ihr die Tränen über die Wangen. Weniger war es Cadrens Verlust, der sie schmerzte, denn den verstand sie. Es war sein Wunsch. Es war das Leid – das Mitleid - das sie fühlte, das Leid was Cadren jetzt sicher ertragen würde müssen. Das Leid, dass Mall durch den Verlust ihres Zöglings ertragen musste. Das Leid um die Schuld, dass Asmodeus seinem Sohn in die Wiege gelegt hatte, allein durch seine bloße Existenz. Wenn Asmodeus sich vom Leid der Menschen ernährte, so wie sein Sohn sich vom Glück labte, dann wäre wohl Sarin wohl in diesem Moment zu einer unwiederstehlichen Praline verzaubert worden. Und trotzdem war da mitten drin, ganz tief in ihr verborgen ein kleiner süßer Kern aus Liebe, der sie nun handeln ließ, ohne nachzudenken. Sie folgte einfach dem Willen, der hier geschehen war und dem was jetzt das einzig richtige war. Sie folgte im Leid dem Pfad der Liebe.
...Vielleicht war es unmöglich, ...vielleicht auch nur dem ausgebrochenen Chaos geschuldet, dass sie die Loge verlassen konnte und sich zu Cadrens Leichnam begab um seine Seele auf die letzte Reise zu schicken. Denn das war das einzige, was sie nun für ihn, wie auch Castus tun konnte. Sie hatte in letzter Zeit schon zu viele Körper gesegnet und ihren Geistern eine gute Reise gewünscht. Die Begräbnis-Runen waren also nichts ungewohntes und gingen ihr sicher und leicht von der Hand. Vielleicht brauchte der angeforderte Heiler von 'auswärts' ja ein paar Minuten, die ihr die Möglichkeit gaben, Cadrens Wunsch zu erfüllen um ihn wieder mit seinem Bruder zu vereinen. Castus sollte seine Tat nicht bereuen, so merkwürdig das auch anmutete. Vielleicht ließ man sie einfach zu dem Waldelfen, da sie ja zu seiner Gruppe irgendwie dazu gehörte. Vielleicht durfte sie ihn noch einen Moment im Arm halten und ihm Frieden schenken.
„Cadren... Geh mit Manthalas Segen hinüber in die Schatten, auf das du deinen Bruder wieder sehen kannst. Grüße ihn im Reich der Toten. Mögest du dort Ruhe und Frieden finden.“
Geflüsterte Worte, doch aus tiefsten Herzen gesprochen und mit vergossenen Tränen - flüssige Diamanten die die Magie auf seinen Körper malten.
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Re: Audienz beim Magierrat

Beitrag von Erzähler » Montag 9. Mai 2022, 12:35

Immer wieder fiel der Name dieses ominösen Fremden: Etelin. Er schien Nekromant zu sein, so viel hatte Sarin durch ihre Beobachtungen bisher in Erfahrung bringen können. Und er hatte Mallahall geholfen, sich um Castus' Vater - Asmodeus - zu kümmern. Beide schienen an das Gute in ihm geglaubt zu haben und waren damit offensichtlich auf die Nase gefallen. Sie hatten Zyranus damit in Gefahr gebracht. So wie es aussah, wollte Asmodeus sich nun dafür bei der Stadt rächen. Hatte er deshalb alles in Bewegung gesetzt, sogar die grandessarische Armee für sich gewinnen können? Würde er nur aus Rache die Stadt der Magier angreifen und so viele Unschuldige ins Verderben stürzen wollen? Aber er war ein Besessener. Wer wusste schon, was ein Dämon im Körper eines Celcianers anrichten konnte.
Was fest stand, war, dass Castus nicht dazu zählte. Er besaß dämonisches Blut, direkt in seinen Adern. Dennoch hätte Sarin sicherlich nicht vermutet, dass er dieses Erbe in sich trug, wenn es ihr nicht vorab gesagt worden wäre. Castus hatte sich ihr und jedem anderen gegenüber immer so zuvorkommend, hilfsbereit und gutherzig verhalten, wie konnte man da von einem halben Haraxwesen ausgehen? Vielleicht lag auch hier des Pudels Kern. Vielleicht sorgte nur eine Besessenheit dafür, dass das Chaos durchbrach. Dies müsste erforscht werden und genau das schienen die Mitglieder des Hohen Rates der Magier zu planen. Die Frage blieb, ob Castus unter ihrer Form der Forschung würde leiden müssen. Der Große Avatar hatte bereits erwähnt, dass er Gast und kein Gefangener sein würde, dennoch wollte er Sarins geliebten Halbdämon nun in Fesseln abführen lassen. Zuvor jedoch kam es zu einer Tat, die man durchaus einem Dämon zuschreiben konnte.
Cadrens Körper stürzte wie in Zeitlupe vor Sarins Augen zu Boden. Niemand griff ein. Niemand konnte eingreifen. Erst danach stürzten die Abgesandten sich auf Castus, entrissen ihm das blutige Mordwerkzeug und legten ihn in die magischen Fesseln. Er hielt still, ließ es über sich ergehen und wirkte dadurch nicht einmal sonderlich bedrückt. Seine Sorge galt Cadrens Zustand. Würde er sterben, bevor jemand es verhindern konnte? Erst als man davon sprach, ihn retten zu wollen, zeigte sich rebellischer Widerstand beim Sohn des Asmodeus. Entgegen aller Schlussfolgerungen der anderen erkannte Sarin jedoch, woher dieses Verhalten kam. Sie hatte genug Zeit in Castus' Nähe verbringen können, um ihn einzuschätzen. Jedenfalls glaubte sie das und demzufolge hatte er Cadren von seinem Leid erlöst. Sarin war ein Einzelkind und konnte nur erahnen, wie es sich anfühlen musste, ein Geschwisterkind zu verlieren. Für einen Zwilling musste es noch bedeutsamer sein, denn er war mit seinem Ebenbild von der ersten Sekunde, die er auf Celcia verbrachte, zusammen. Nein, sogar schon den Mutterleib teilten Zwillinge miteinander, lebten von der Kraft und entwickelten sich im Bauch gemeinsam. Schon dort knüpften sie Bande, die enger waren als jene eines Liebespaares. Man sagte doch immer, dass Blut dicker als Wasser sei. Wie verhielt es sich, wenn man das Blut mit einem Seelenverwandten teilte, mit dem man alles bisher geteilt hatte: die Zeit im Mutterleib, die Geburt, das gemeinsame Aufwachsen... Wie leer und einsam musste Cadren sich nur gefühlt haben, dass es einem Halbdämon nicht nur die Tränen in die Augen trieb, sondern ihn sogar dazu verführte, die Brüder im Tod wieder zu vereinen?
Es war eine Erlösungstat gewesen und niemand außer Sarin sah es. Mallahall hätte es vielleicht ähnlich verstanden, doch sie hatte von dem Anschlag nichts mitbekommen. Sie lag noch immer bewusstlos neben der ebenfalls ohnmächtigen Gundula di Swanviss. So friedlich und nahe zugleich waren sich Mutter und Tochter für sehr lange Zeit nicht mehr gewesen. Gerade brachten einige Magier der Abgesandten Tragen für die Frauen herein. Man würde sie aus dem Audienzsaal bringen. Und Cadren?
Niemand achtete allzu sehr auf ihn. Er war tot, wohl nur noch durch Lichtmagie zu retten, aber sie käme offenbar schon zu spät. So reagierten Magier mit der Rationalität der zyranischen Einheimischen: Sie wandten sich einem anderen, noch offenen Problem zu, das mehr Priorität besaß. Alle Augen waren auf Castus gerichtet, der sich nach wie vor wehrte. Niemand bemerkte Sarin in dem Tumult, als sie ihre Starre endlich hinter sich ließ und mit leisen, aber schnellen Schritten zu dem leblosen Körper huschte.
Sie kniete sich zwischen den Magiern nieder, die Nachtelfe in ihrer eigenen schützenden Kleidung mit den darunter verborgenen Juwelen als letzten Notgroschen und doch fiel sie trotz ihrer Optik überhaupt nicht auf. Der Grund war, weil Sarin aktuell nicht ins Gewicht fiel. Mallahall und ihre Mutter in medizinische Obhut zu verfrachten, wo es für Cadren zu spät war, sowie Castus aus dem Saal zu befördern, erschien den Zyranern nun wichtiger zu sein. Alle wuselten umher wie ein Schwarm aufgescheuchter Bienen, der seinen Stock vor Angreifern zu verteidigen suchte. Dabei übersahen sie den wahren Feind, der draußen vor den Toren lauerte.
"Wie lange werden eure Forschungen denn dauern? Ich muss bald los, zu meinem Vater." Castus sprach es mit wissender Ruhe aus als sorgte er sich nicht, dass das Schicksal für ihn andere Wege bereit hielt. Oder als fürchtete er nicht, dass ihn jemand aufhalten könnte. Genau diese unterschwellige Warnung schien den Magierrat zu alarmieren. Sie hatten soeben gesehen wie der Blauschopf binnen weniger Lidschläge einen geliebten Freund aus einem Kuss in den Tod geschickt hatte. Sie gingen offensichtlich davon aus, dass Castus keine Sekunde zögern würde, seine Ziele zu erreichen. Das machte ihn in den Augen des Rates zu einer Gefahr. Zwar sprachen weder der Große Avatar noch ein anderes Mitglied aus, dass sie den jungen Halbdämon gefangennehmen würden, trotzdem hing es einem unheilvollen Omen gleich über ihren Köpfen. Selbst Castus schien zu ahnen, dass Zyranus nun lieber auf Nummer sicher ging. Nach wie vor sträubte er sich aber nicht mehr gegen die Behandlung durch die Abgesandten. Er hatte längst gesehen, dass Cadren nicht mehr zu retten war und es beruhigte ihn. Dass Sarin nun bei ihrem gemeinsamen Freund niederkniete, zauberte ihm sogar ein verliebtes Lächeln auf die Lippen. Er nickte sacht, als wolle er der Elfe stumm mitteilen, dass sie nichts zu befürchten habe. "Ich werde gehen", sagte Castus mit bestimmter Ruhe. Dann ließ er sich endgültig abführen.
Der Große Avatar schaute ihm mit steinerner Miene hinterher. Seine Kollegen versammelten sich wieder an dem langen Pult. Die Männer unterhielten sich ausgiebig. Gundula di Svanwiss und ihre Tochter wurden soeben auf den herbeigeschafften Tragen hinaus befördert. Tanthalur war mitsamt einer Kohorte der Abgesandten und Castus zwischen ihnen verschwunden. Zurück blieb der Leichnam des Shyáners, an dem nur noch die Nachtelfe kniete.
Sarin beendete gerade ihr stilles Gebet. Die Runen für den Übergang in eine mögliche Nachwelt schimmerten magisch auf der blass gewordenen Haut. Trotz allem sah Cadren zufrieden aus. Er lächelte nicht. Die Gesichtsmuskeln waren wie alle anderen erschlafft, aber es lag eine tiefe Dankbarkeit, ja beinahe Glückseligkeit, auf den nun glatt gewordenen Zügen. Die Hand des Elfen hielt noch immer den Ohrring seines Bruders, wenngleich die Kraft aus den Fingern gewichen war. Sarin kümmerte sich darum, dass die Haltung nicht verändert wurde. Er war mit Codrin wieder vereint. Es war perfekt.
Für einen Moment glaubte Sarin, dass Cadrens Seele auch ihr dankte. Sie spürte ein sanftes Streichen an ihrer Wange entlang, als küsste er sie wie eine warme Sommerbrise. Dann aber fiel ein Schleier aus Silber in ihr Sichtfeld. "Wirklich zu schade. Er war ein sehr schöner Mann." Lirdalias Stimme war nur ein Flüstern, hauchzart wie die feinen Strähnen ihres Haares, das Sarin für einen Moment die Sicht auf ihr ebenes Gesicht verwehrte. Dann schob die Elfe sie hinter ein Spitzohr. Beide Frauen musterten sich für die Dauer eines Herzschlages. Lirdalia lächelte. "Ihr seid aber auch ungemein schön." Sie ging neben Sarin in die Hocke, betrachtete Cadren und strich mit der flachen Hand über ihn hinweg, ohne ihn zu berühren. Über die Begräbnisrunen aus Blut und Tränen legte sich eine kaum sichtbare Aura. Die Luft flimmerte dort wie unter großer Hitze. "Von diesem Tag werde ich träumen", säuselte die Elfe. Dann zog sie ihre Hand zurück, umschlang ihre Knie mit beiden Armen, blickte zur Decke des Saales hinauf und seufzte tief aus. "Mallahall di Svanwiss ist ein so gutes Herz, aber auch hierfür wird sie den Preis zahlen müssen. Ich frage mich, ob du Gelegenheit bekommen wirst, sie zu sehen, bis man über ihr Verhalten entschieden hat." Lirdalia schaute Sarin nicht an. Ihr Blick hing an der schmucklosen Decke, trotzdem lächelte sie immer wieder auf, als würden unter dem Dach das Saales Dutzende bunter Schmetterlinge tanzen. "Möchtest du mein Gast sein, fremde Elfe? Meine Kammern haben gern Gesellschaft, wenn ich nicht da bin ... und du wärst ihm näher." Sie brauchte nicht explizit zu erwähnen, dass sie Castus meinte. Lirdalia gab Sarin hier eine Chance, sie musste diese nur ergreifen, so wie sie die zarte Hand der Elfe erfgreifen müsste. Lirdalia streckte ihr die Finger entgegen. Wie filigran sie waren, so kostbar und zerbrechlich wie ein einzelner Faden eines unschätzbar wertvollen Garns. Handarbeiten war diese Frau definitiv nicht gewohnt. Sie arbeitete mit dem Kopf und jener schien fernab des Gesprächs zu sein, trotzdem zeigte sie sich aufmerksamer gegenüber ihrer Umgebung als ihre männlichen Kollegen.
"Schickt nach Tanthalur", durchbrach die Stimme des Großen Avatars den Raum. Er richtete seine Worte an die verbliebenen Abgesandten. Zwei davon neigten gehorsam die Köpfe, erwarteten vor ihrem Aufbruch aber weitere Order. "Der Körper des unglückseligen Elfen muss entfernt werden. Wir bewahren ihn in einer der eismagischen Kühlkammern auf, bis entschieden ist, ob er in Zyranus bestattet oder in seine Heimat zurückgegührt werden soll. Mallahall di Svanwiss kann uns mit Sicherheit Aufschluss über seinen Herkunftsort geben. Und teilt unserem ... Gast ... mit, dass man sich im Laufe des Tages noch einmal mit ihm auseinandersetzen wird. Bis dahin soll er seinen körperlichen Bedürfnissen entsprechend versorgt werden."
Erneutes Nicken aus den Reihen der Abgesandten. Dieses Mal setzten sie sich in Bewegung. Der Auftrag war klar. Was noch ungeklärt blieb, war die Frage nach Sarins Schicksal in diesem Spiel nun. Sie befand sich ohne ihre Gruppe in einer Stadt, die sie nicht kannte. Vor den Toren wartete ein Dämon darauf, diese Stadt dem Erdboden gleichzumachen, während ihre verbliebenen Freunde von ihr getrennt waren. Was sollte sie nun tun?
"Ihr da, Begleiterin des Dämonensohnes." Der Große Avatar wandte sich nun direkt an Sarin. Lirdalia erhob sich neben ihr und tänzelte zum Pult zurück. Als sie an dem violetten Oberhaupt vorbei kam, kicherte sie und säuselte etwas von Glöckchen. Er ignorierte ihr Gebaren. "Die Lichtmaga die Svanwiss wird sich Eurer vorerst nicht annehmen können und auch der Kontakt zu Eurem Begleiter Castus ist Euch untersagt. Ich möchte Euch daher bitten, den Turm der Magie nun zu verlassen. In der fliegenden Schänke findet Ihr gewiss eine Unterkunft. Falls Ihr über den Ausgang der heutigen Audienz und den nun folgenden Anhörungen unterrichtet werden wollt, so hinterlasst beim Hinausgehen einem unserer Abgesandten Informationen zu Eurem Namen und Aufenthaltsort, damit wir Euch einen Boten entsenden können. Über den Verlust Eures Gefährten spreche ich im Namen des gesamten Magierrates mein Beileid aus." Er räusperte sich und faltete die Hände vor seinem langen Gewand. Anschließend wandte er sich an seine Kollegen: "Wir verlegen die Pause nach vorn, um den Abgesandten Zeit zu geben, hier aufzuräumen. Anschließend erfolgt die nächste Audienz. Welchen Bittsteller dürfen wir erwarten?"
"Nun..." Der Magier Goldblum suchte eilig in seinen Unterlagen nach dem nächsten Punkt des Tages. Das war es also. Die Audienz mit Castus endete einfach so. Der Mord an seinem Freund Cadren war vom Tisch, ebenso wie Castus selbst. Und nach wie vor erwähnte niemand, was angesichts der Gefahr von außen nun unternommen werden sollte. Aber vielleicht war dies längst geschehen. Sarin war hier nur Gast, eine Außenstehende. Sie hatte nichts mit Zyranus zu tun, abgesehen davon, dass ihre Freunde sich nun in alle Winde verteilt hatten. Was sollte sie nun machen?
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Re: Audienz beim Magierrat

Beitrag von Sarin Kasani » Montag 9. Mai 2022, 14:35

Was für ein Chaos...
"Wie lange werden eure Forschungen denn dauern? Ich muss bald los, zu meinem Vater."
Für Sarin klang in seinen Worten die Unerfahrenheit der kurzen zwei Jahre seines Lebens mit. Castus war wie ein kleiner Junge, der drängelte. Aber seine Umgebung reagierte leider auch genauso darauf. Niemand antwortete ihm. Sie nahmen sein Verhalten als Grausamkeit, von der sie einfach ausgingen, dass es sein Motiv gewesen wäre. Es war auch so einfach. So oft schlossen die Leute von ihrem Denken auf das von anderen und kamen gar nicht auf die Idee, dass sie sich irrten. Nicht in jeder Seele wohnten Argwohn und Furcht, Hass, Lüge und Verrat. Doch hier zwischen all diesen alten vom Leben vergrämten Bürgern einer arroganten Stadt, hier würde Sarin nur wenig solch unbescholtenen Gedankenguts fündig werden. Ihre Befürchtungen bewahrheiteten sich schnell, denn sie zerrten Castus in Fesseln mit sich. Nur dass Sarin nun bei ihrem gemeinsamen Freund niederkniete, zauberte ihm sogar ein verliebtes Lächeln auf die Lippen. Er nickte sacht, als wolle er der Elfe stumm mitteilen, dass sie nichts zu befürchten habe.
"Ich werde gehen"
, sagte Castus mit bestimmter Ruhe. Tonlos formten Sarins Lippen:
Ich liebe dich.
Dann ließ er sich endgültig abführen. Der Große Avatar schaute ihm mit steinerner Miene hinterher. Seine Kollegen versammelten sich wieder an dem langen Pult. Gundula di Svanwiss und ihre Tochter wurden soeben auf den herbeigeschafften Tragen hinaus befördert. Tanthalur war mitsamt einer Kohorte der Abgesandten und Castus zwischen ihnen verschwunden. Zurück blieb der Leichnam des Shyáners, an dem nur noch die Nachtelfe kniete und Sarin beendete gerade ihr stilles Gebet. Die Runen für den Übergang in eine mögliche Nachwelt schimmerten magisch auf der blass gewordenen Haut. Trotz allem sah Cadren zufrieden aus. Tiefe Dankbarkeit, ja beinahe Glückseligkeit lagen nun auf den nun glatt gewordenen Zügen. Die Hand des Elfen hielt noch immer den Ohrring seines Bruders, wenngleich die Kraft aus den Fingern gewichen war. Sarin kümmerte sich darum, dass die Haltung nicht verändert wurde indem sie seine Hände über dem Herzen kreuzte und dort auch das Schmuckstück barg.
Er ist mit Codrin wieder vereint.
Für einen Moment glaubte Sarin, dass Cadrens Seele auch ihr dankte. Sie spürte ein sanftes Streichen an ihrer Wange entlang, als küsste er sie wie eine warme Sommerbrise. Dann aber fiel ein Schleier aus Silber in ihr Sichtfeld.
"Wirklich zu schade. Er war ein sehr schöner Mann."
...und ein Guter!
Beide Frauen musterten sich für die Dauer eines Herzschlages. Lirdalia lächelte.
"Ihr seid aber auch ungemein schön."
Sarin konnte nicht ganz verbergen, dass ihre Brauen ein wenig in die Höhe gingen. Sie war es zum einen nicht gewohnt 'schön' genannt zu werden, noch dazu 'ungemein', oder überhaupt bemerkt zu werden und außerdem fragte sie sich, was die Elfe zu ihr getrieben haben mochte. Sie war so anders als die anderen Ratsmitglieder. Sie ging neben Sarin in die Hocke, betrachtete Cadren und strich mit der flachen Hand über ihn hinweg, ohne ihn zu berühren. Über die Begräbnisrunen aus Blut und Tränen legte sich eine kaum sichtbare Aura. Die Luft flimmerte dort wie unter großer Hitze.
"Von diesem Tag werde ich träumen"
, säuselte die Elfe.
Ich auch. Mathala sei uns allen gnädig.
Dann zog sie ihre Hand zurück, umschlang ihre Knie mit beiden Armen, blickte zur Decke des Saales hinauf und seufzte tief aus.
"Mallahall di Svanwiss ist ein so gutes Herz, aber auch hierfür wird sie den Preis zahlen müssen. Ich frage mich, ob du Gelegenheit bekommen wirst, sie zu sehen, bis man über ihr Verhalten entschieden hat."
Lirdalia schaute Sarin nicht an, aber die Nachtelfe betrachtete sie nun von der Seite her.
Erstaunlich, dass sie zu ahnen scheint, dass ich mich um sie alle sorge. Nun... so erstaunlich ist es vielleicht nicht, wenn man ein empfindendes Herz hat. Nicht so wie diese vertrockneten...
Ihr Blick hing an der schmucklosen Decke, trotzdem lächelte sie immer wieder auf, als würden unter dem Dach das Saales Dutzende bunter Schmetterlinge tanzen.
"Möchtest du mein Gast sein, fremde Elfe? Meine Kammern haben gern Gesellschaft, wenn ich nicht da bin ... und du wärst ihm näher."
Sie brauchte nicht explizit zu erwähnen, dass sie Castus meinte. Lirdalia gab Sarin hier eine Chance, sie musste diese nur ergreifen, so wie sie die zarte Hand der Elfe ergreifen müsste. Lirdalia streckte ihr die Finger entgegen und Sarin nahm sie. Wie filigran sie waren, so kostbar und zerbrechlich wie ein einzelner Faden eines unschätzbar wertvollen Garns. Handarbeiten war diese Frau definitiv nicht gewohnt. Sie arbeitete mit dem Kopf und jener schien fernab des Gesprächs zu sein, trotzdem zeigte sie sich aufmerksamer gegenüber ihrer Umgebung als ihre männlichen Kollegen. Gemeinsam hatten sie sich im allgemeinen Getümmel erhoben.
"Schickt nach Tanthalur"
, durchbrach die Stimme des Großen Avatars den Raum. Er richtete seine Worte an die verbliebenen Abgesandten. Zwei davon neigten gehorsam die Köpfe, erwarteten vor ihrem Aufbruch aber weitere Order.
"Der Körper des unglückseligen Elfen muss entfernt werden. Wir bewahren ihn in einer der eismagischen Kühlkammern auf, bis entschieden ist, ob er in Zyranus bestattet oder in seine Heimat zurückgeführt werden soll. Mallahall di Svanwiss kann uns mit Sicherheit Aufschluss über seinen Herkunftsort geben. Und teilt unserem ... Gast ... mit, dass man sich im Laufe des Tages noch einmal mit ihm auseinandersetzen wird. Bis dahin soll er seinen körperlichen Bedürfnissen entsprechend versorgt werden."
Erneutes Nicken aus den Reihen der Abgesandten. Dieses Mal setzten sie sich in Bewegung. Der Auftrag war klar. Was noch ungeklärt blieb, war die Frage nach Sarins Schicksal in diesem Spiel nun.
Und plötzlich bin ich allein...
Sie befand sich ohne ihre Gruppe in einer Stadt, die sie nicht kannte. Vor den Toren wartete ein Dämon darauf, diese Stadt dem Erdboden gleichzumachen, während ihre verbliebenen Freunde von ihr getrennt waren. Was sollte sie nun tun?
"Ihr da, Begleiterin des Dämonensohnes."
Hui, klingt ja 'fast' wie eine Beleidigung. Doch nicht ganz so sachlich der große Avatar? Inhaltlich richtig, aber Höflichkeit ist ihm fremd. So schnell lasst ihr euch beeinflussen...!
Der Große Avatar wandte sich direkt an Sarin und Lirdalia tänzelte nun zum Pult zurück. Als sie an dem violetten Oberhaupt vorbei kam, kicherte sie und säuselte etwas von Glöckchen. Er ignorierte ihr Gebaren.
"Die Lichtmaga di Svanwiss wird sich Eurer vorerst nicht annehmen können und auch der Kontakt zu Eurem Begleiter Castus ist Euch untersagt. Ich möchte Euch daher bitten, den Turm der Magie nun zu verlassen. In der fliegenden Schänke findet Ihr gewiss eine Unterkunft. Falls Ihr über den Ausgang der heutigen Audienz und den nun folgenden Anhörungen unterrichtet werden wollt, so hinterlasst beim Hinausgehen einem unserer Abgesandten Informationen zu Eurem Namen und Aufenthaltsort, damit wir Euch einen Boten entsenden können. Über den Verlust Eures Gefährten spreche ich im Namen des gesamten Magierrates mein Beileid aus."
Er räusperte sich und faltete die Hände vor seinem langen Gewand. Anschließend wandte er sich an seine Kollegen:
"Wir verlegen die Pause nach vorn, um den Abgesandten Zeit zu geben, hier aufzuräumen. Anschließend erfolgt die nächste Audienz. Welchen Bittsteller dürfen wir erwarten?"
"Nun..."

NEIN! SO NICHT! Ich lass mich nicht einfach abschieben!!!
„Danke, … aber Nein.“
Sarin stand immer noch aufrecht in der Mitte des Saals. Sie sprach nun laut und mit klarer Stimme.
„Ich werde nicht in die Taverne zurück kehren. Ich nehme sehr gern das Angebot von Lirdalia an und werde hier ihr Gast.“
So kann ich wenigstens noch ein Weilchen in seiner Nähe sein und ich geben die Hoffnung noch nicht auf, dass man bei diesen Sturköpfen vielleicht doch etwas bewirken kann! ...oder wenigstens kann ich vielleicht noch etwas erfahren, was nützlich sein könnte...
Nachdem der Leichnam von ihrer Seite fort gebracht worden war, war er nur noch eine Hülle und der Avatar hatte es schon passend gesagt: Mall würde wissen was mit ihm zu geschehen hatte. Für Sarin war dies nun zweitrangig, denn sie war sich sicher, dass seine Seele nun dort war, wo sie hatte hin gewollt. Das ihr Tun zwar im allgemeinen Tumult unter gegangen war, war ihr ganz recht, jedoch die Nähe zu der Luftigen Elfe hatte bewiesen, dass es nicht 'gänzlich' unbemerkt geblieben war. Sarin mochte mit ihrer Ausstrahlung einer Untergebenen, Angestellten oder Dienstbotin genau das bewirkt haben, was sie wollte – sie hatte handeln können, ohne aufzufallen – aber jetzt da sie allein zurück blieb, fiel zwangsläufig das Augenmerk auf sie. Jetzt musste sie handeln. Was soll ich ihnen nur sagen?
...Und Ja. Ich habe Interesse daran wie die weiteren Befragungen verlaufen oder wie ihr Castus, den Sohn des Asmodes behandelt. Ich bin seine Gefährtin und er hat mir beigelegen! Um womöglich eine dritte Generation im Auge zu behalten, solltet ihr mich vielleicht besser nicht weg schicken... Dann sperren sie mich auch ein und ich kann ihm vielleicht gar nicht mehr helfen. Nein, das ist nicht der rechte Zeitpunkt für solche Enthüllungen... vielleicht wenn gar nichts mehr hilft...
Sarin war inzwischen verzweifelt genug, sich selbst in Gefahr zu bringen um Castus irgendwie zu helfen, oder eben etwas wirklich WIRKLICH DUMMES ZU TUN, aber sie wusste auch gerade nicht so recht, wie sie das anstellen sollte. Diese fremde Stadt und ihre seltsamen Menschen waren ihr neu. Sie brauchte noch mehr Informationen und die einzige Anlaufstelle war eben jene Hand, die sie im Tumult ergriffen hatte. Lirdalia würde sicher ihr Angebot nicht zurück ziehen, zumal Sarin eine gewisse Neugierde bei der Elfe gespürt hatte. Trotzdem musste sie vorsichtig sein. Aber erst einmal hier in 'Seiner' Nähe zu bleiben, war wenigstens ein dünner Faden Hoffnung, den sie fest ergriff und mit all ihrer Macht in ihrem eigenen Schicksalsgewebe verflocht. Ja, sie mochte somit auch bestimmt ihrer eigenen Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden, aber es war immernoch besser, als der wirklich DUMME Plan...
...oder einfach zu Asmodes hinaus spazieren, ihm sagen, dass sie hier in Zyranus Mall und seinen Sohn gefangen halten und ihn die Stadt zerstören lassen... - Hm... auch eine Wahl - wenn auch keine wirklich gute.
Abwartend der Dinge, die sich nun in Gang setzten würden, stand Sarin mit erhobenen Haupt da. Sie hatte sich noch immer nicht offiziell vorgestellt, aber zu diesem Zeitpunkt, hatte sie auch niemand dazu aufgefordert. So blieb sie erst einmal eben 'nur' die Begleiterin des Dämonensohnes, was vielleicht auch seine Vorteile haben konnte. Ihre eigene Geschichte hatte in der Taverne für gute Ablenkung gesorgt, ihnen wertvolle Zeit verschafft, aber hier? Sarin war sich noch nicht sicher, ob sie, bzw. ihre Geschichte überhaupt hier her gehörten. Im Moment nahm auch ohne ihr Zutun alles seinen Lauf und nur sehr wenige 'Fäden' im Schicksalsteppich schauten mal hier oder da heraus, dass man an ihnen hätte ziehen können. Sie musste sich also in Geduld üben, bis sich eine Möglichkeit offenbarte um das Geflecht zu verändern.
Meine Cousine würde sich vermutlich anders verhalten... dreister... sich bei diesem vorlauten und sicher nicht ganz korrekt verhaltenen Sohn aus dem Hause Marcaundt unter dem Vorwand, dass sie ihn ja kenne einladen. Vielleicht hat er, vielleicht auch nicht, eine Verbindung zum Rat, aber das ist mir zu unsicher... Lieber ist mir da das luftige Gemüt von Lirdalia. Bleibt zu hoffen, dass sie ihren Sitz im Rat sich verdient hat und nicht nur... wegen ihre Schönheit oder als Ausgleich für die Männer hier sitzt.
Sarins sonst so positiven Gedanken waren etwas 'angeknackst', was sicher unter den Umständen verständlich war. Blieb zu hoffen, das das Schicksal es gut mit ihr meinte.
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Re: Audienz beim Magierrat

Beitrag von Erzähler » Montag 16. Mai 2022, 15:41

Der letzte Blick, den Castus zurück in die Runde warf, galt Sarin. Seine Augen lächelten mit einer Ruhe, die auf sie übergehen sollte. Denn für Worte reichte es nicht mehr aus. Er wurde aus dem Saal gebracht und war fort. Unerreichbar für die Nachtelfe, ebenso wie Mallahall, die sich zusammen mit ihrer Mutter erst einmal von der seltsamen Macht erholen musste, welche der Große Avatar an den Tag gelegt hatte. Er blieb zurück, zusammen mit den übrigen Mitgliedern des Rates, dem er vorstand und einzig Lirdalia schien Empathie für Sarins Lage aufbringen zu können. Denn die andere Elfe lud sie spontan ein, Gast in ihren Gemächern zu sein. Noch ehe Sarin das Angebot annehmen oder ablehnen konnte, wurde ihr leises Gespräch mit Lirdalia jedoch vom Ratsoberhaupt unterbrochen. Der Große Avatar hatte nicht nur Ruhe in den Streit zwischen Gundula und Mallahall gebracht, sondern auch Castus fortbringen lassen und Magier organisiert, die nun auch den verblichenen Cadren auf eine Trage beförderten. Dabei wurde ein Tuch aus weißer Seide über seinen Körper und den Kopf geworfen, dass er wie ein schlafender Geist aussah. Das kostbarste Material für die Toten. Spinnen woben mit ihrer eigenen Seide ihr Schicksalsnetz. So wurde aus Sicht einer Schneiderin das Leichentuch zu einer ganz besonderen Bedeutung. Der Stoff, aus dem eine Spinne das Schicksal wob, wurde zum Gewand, mit dem die Seele auf ihrer letzten Reise den Göttern entgegentreten würde. Ob Manthala wohl Gefallen an dem schönen Stoff fände, der so weiß wie das Gefieder ihrer Götterboten war? Würde Cadren der Nachtgöttin überhaupt gegenübertreten oder besaß er einen anderen Glauben? Es gab so viel, das Sarin nicht von ihm wusste und nun niemals würde kennen lernen können.
Dunkelelfen hatten sie um diese Gelegenheit gebracht. Dunkelelfen, die nun unter Asmodeus' Befehl vor Zyranus die Zelte aufgeschlagen hatten. Man musste gegen sie vorgehen oder eine Lösung für das Dilemma finden. Castus schien zumindest ein Ziel vor Augen zu haben. Er musste seinen Vater sehen. Es könnte so vieles verändern. Doch nun steckte er in der Magierstadt fest, ebenso wie Sarin. Hätte Lirdalia sie nicht angesprochen, wäre sie nun auch gänzlich von ihren Freunden getrennt worden, denn der Große Avatar riet ihr, den Turm der Magie zu verlassen. Sarin aber rüstete sich. Sie ergriff den ihr gereichten Strohhalm. Im Hintergrund lächelte die verträumte Elfe geistesabwesend vor sich hin.
"Danke, aber ... Nein. Ich werde nicht in die Taverne zurückkehren. Ich nehme sehr gern das Angebot von Lirdalia an und werde hier ihr Gast."
Niemals zuvor während Castus' Anhörung hatte Lirdalia soviel Aufmerksamkeit erhalten. Alle Augen des verbliebenen Magierrates waren nun auf sie gerichtet. Calvodian starrte sie regelrecht nieder, während Ambrosius Goldblum neben ihm einen wiederholten, leichten Hustenanfall bekam.
"Ist das wahr?", hakte der Große Avatar nach.
Lirdalia stutzte und sah auf. Ihr Blick traf das Oberhaupt. Sie schmunzelte. Dann schaute sie weiter, bis ihren Augen klar und wach auf Sarin lagen. "Es ist mir eine Ehre, eine Manthala-Priesterin in meinen Gemächern zu Gast zu haben. Man kann sicherlich viel von ihr lernen, während sie auf den Ausgang des Prozesses ihres Begleiters wartet. Großer Avatar, wir haben hier keinen Tempel der Mondgöttin in der Stadt. Wie soll die schöne Elfe die Kosten für ein Tavernenzimmer decken? Nein, sie ist mein Gast. Ich bin gespannt, was sie mir beibringen kann."
"Manthala-Priesterin, hm?" Der Lichtmagier Hippokratoles betrachtete Sarin nun mit etwas anderen Augen. Er schien im Glauben an Lysanthor sehr gefestigt zu sein, das hatte sein Gebaren gegenüber Castus und des verdorbenen Lichtgott-Siegels bereits gezeigt. Natürlich stand er der schattigen Schwester des Gottes dann mit Argwohn gegenüber und legte diese Haltung auch gleich über mutmaßliche Dienerinnen der Göttin. Dass Sarin letztendlich keine Priesterin in Manthalas Gefolge war, konnte er nicht ahnen. Lirdalia musste ihr Gebet aufgeschnappt haben, als sie Cadren die Begräbnisrunen aufgezeichnet hatte. Die Elfe war aufmerksamer als es ihr verträumtes Äußeres vermuten ließ.
"Sei es drum", sprach der Große Avatar. "Ich werde mich nicht in die privaten Entscheidungen meiner Kollegin einmischen. Euer Gast hat dennoch nicht das Recht, einfach durch den Turm der Magie zu schlendern und Blicke in die Räumlichkeiten zu werfen."
"Natürlich nicht", erwiderte Lirdalia. "Das wäre verantwortungslos. Manche Räumlichkeiten bergen doch viel zu große Gefahren oder könnten ihr zartes Gemüt erschrecken. Ich wollte als Gast in einer fremden Stadt sicherlich auch nicht das ... Gästezimmer für den jungen Castus anschauen. Aber dazu müsste sie ja von meinem Salon aus erst einmal neun Stockwerke tiefer gehen und sich stets links halten. Zumal sie ohne ein Erkennungszeichen wie die Medaillen den Forscher oder die Roben eines Abgesandten überhaupt nicht erst in die Korridore dürfte. Nein, macht Euch da keine Sorgen, großer Avatar." Lirdalia kicherte. "Es gibt sicherlich auf anregendere Dinge für eine Frau ihres Schlages."
Das Oberhaupt des Magierrates erwiderte Lirdalias sanftes Schmunzeln mit einem unnahbaren Blick. Was hinter der violetten Stirn vor sich gehen mochte, blieb ungewiss. Der Große Avatar war schwer zu lesen, allerdings ließ er sich auch nicht für dumm verkaufen. Er wandte sich Sarin zu: "Ich schicke Euch durch einen Abgesandten in Lirdalias Gemächer. Zu Eurer Sicherheit lasse ich aber auch einen Zauber auf die Tür sprechen. Ich möchte wirklich nicht, dass Ihr versehentlich den falschen Korridor betretet."
Er klatschte zweimal in die Hände und einer der blaugold berobten Magier trat aus den Reihen am Rande des Saales. Es war ein hagerer Magus jüngeren Alters. Er musste sehr fähig in den arkanen Talenten sein, andernfalls konnte man sich kaum vorstellen, was ihn zu einem Abgesandten befähigte. Schlaksig war er, dass ihm die blaue Robe mit den goldenen Ornaten und Säumen viel zu groß auf den Schultern hing. Der untere Saum lag sogar so unvorteilhaft über seinen spitz zulaufenden, goldenen Schuhen, dass er ihn beim Laufen ergreifen und etwas anheben musste, um nicht über die eigenen Füße zu stolpern. Das Gesicht war klassich für einen Zyraner sehr hell. Durch seine roten Locken, die ihm bis über die Ohren hingen und bei jedem Schritt verspielt wippten, wirkte er schon beinahe kränklich blass. Unterhalb des linken Auges besaß er drei tätowierte Sterne. Sie waren das einzige, das ihm etwas Besonderes und Magisches verliehen. Ansonsten wirkte der Abgesandte so fehl am Platz hier wie Sarin.
"Clem, bitte führt Lirdalias Gast zu ihrem Salon und versiegelt die Tür durch einen Schutzzauber. Anschließend könnt Ihr Euch Euren Studien widmen."
Der schlaksige Clem neigte den Kopf, dass ihm die Locken tief ins Gesicht wippten. Danach wiederholte er die Geste bei Sarin. "Ich grüße Euch. Mein Name ist Clem Auerbruch. Es freut mich, Euch zu Diensten zu sein. Bitte, folgt mir." Mit einem sanften Wink in ihre Richtung wies er Sarin an, durch einen der Seitenausgänge zu verschwinden. Was nun im großen Audienzsaal weiter vor sich ging, blieb der Nachtelfe verborgen.

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