verbotene Pfade

Hier lernen schon die Kinder wie man mit Magie und besonderen Gegenständen umgeht. Jeder Bewohner hat diese Universität schon besucht, einige wurden weiter gefördert und sind nun mächtige Magier
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Gestalt
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verbotene Pfade

Beitrag von Gestalt » Montag 28. Februar 2011, 22:26

[Dormian kommt von hier: Bellamies Residenz]]

Das Glück war den beiden Studenten holt, als sie ihren ersten Verstoß gegen die Gesetze der Akademie begingen. Die meisten Studenten und Magister befanden sich zu dieser Zeit in den vielen Hörsälen, hielten Vorträge oder verfolgten mehr oder weniger interessiert die Unterrichtsstunde. Die Korridore der Universität waren darum fast wie leer gefegt. Nach den überfüllten Straßen von Zyranus war das bestimmt eine angenehme Überraschung. Trotzdem hieß es wachsam bleiben, während sie sich die Treppen nach unten arbeiteten. Für die ersten Untergeschosse gab es keine Beschränkungen, doch trotzdem würden die beiden wohl Rede und Antwort stehen müssen, sollte man sie erwischen.
Es war seltsam, wie sich dieses prunkvolle Gebäude veränderte, je tiefer man in es abtauchte. Waren die Obergeschosse noch aus Marmor und mit Prunk und Schmuck behangen, so bildeten die ersten beiden Keller nur Gewölbe aus glattpoliertem Stein. Schön verarbeitet, aber trotzdem düster und kalt. Immerhin spendeten vereinzelte Kronleuchter an den Decken warme Lichtpegel. Hier war es oft ähnlich geschäftig wie in den oberen Bereichen, vor allem der Alchemieunterricht fand fast ausschließlich in den unterirdischen Hallen statt. Rufus führte Dormian an vollen Klassenzimmern vorbei. Er schien sich hier unten sehr gut auszukennen. Immer wieder warf er nervös Blicke über die Schultern, als fürchtete er sich, von hinten angefallen zu werden.
Als sie um eine Ecke bogen, wurde es schlagartig düsterer. Am Ende des Gangs war eine Treppe zu sehen, vor der eine dunkelrote Kordel hing. Ab hier durfte man sich nur noch mit einer Sondergenehmigung frei Bewegen. Vor der simplen Absperrung blieb Rufus stehen. Alles andere als glücklich bückte sich der rothaarige Magier und krabbelte unter dem Seil hindurch. Fast wäre er die Treppe hinunter gestürzt, als er sich ungeschickt wieder aufrichtete. Das er die ganze Zeit über sein schweres Buch an sich klammerte, machte solche Aktionen bestimmt nicht leichter. Oder vielleicht war er mit den Gedanken einfach nur woanders. Ob Rufus wohl jemals zuvor gegen eine der Regeln der Universität verstoßen hatte? Das war in diesem Augenblick wohl kaum vorzustellen.
Die Treppe, die es nun hinunter ging, führte in das unterste Geschoss der Universität. Zumindest sagte man immer, dass es ab hier nicht mehr tiefer ging. Aber wenn Bellamie recht hatte, so würde es hier bestimmt noch weiter hinunter gehen. Fürs erste jedenfalls eröffnete sich vor den beiden ein Gang, der bestimmt seine hundert Meter Länge und 15 Meter Breite hatte. Lediglich ganz am Ende befand sich auf der rechten Seite eine einsame Tür. Das polierte Messingschild daneben verkündete in Kapitälchen “Gifthalle“. Darunter war nachträglich “Betreten verboten – Giftige Tiere“ auf etwas unbeholfene weise eingeritzt worden. Hier unten war es wesentlich dunkler als oben. Kronleuchter gab es hier nicht, aber ein halbes duzend magische Fackeln schenkten zumindest ein wenig Licht. ”Da wären wir. Die Gifthalle. Jetzt liegt es an dir, denn mehr als dich hier hinführen kann ich nicht.“

[Du hast hiermit freie Hand beim finden und öffnen des Durchgangs. Dieser ist ein zugemauerter Gang, der an einer verschlossenen Marmortür endet.
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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Dormian Arboris » Dienstag 1. März 2011, 18:11

Dormian warf einen kurzen Seitenblick zu seinem Begleiter. Die Tatsache, dass Rufus ihm trotz seiner Bedenken gefolgt war, verwunderte und erfreute den jungen Erdmagier gleichzeitig. Doch nach so langer Zeit - jedenfalls für ihn - war er endlich so kurz vor seinem Ziel! Die Schriftrolle der Erdmagie würde ihm gehören, was auch immer sich ihm auf diesem Weg entgegenstellen würde. Schon immer hatte der Arboris mit seiner Schwester friedlich konkurriert, was Macht und Ansehen in der Familie anging, auch wenn Mesophes seine Sprösslinge gleich schätzte und achtete. Aber der Vorteil des höheren Alters Lukretias machte es dem Burschen schwer, Schritt zu halten. Jetzt würde er sie übertrumpfen können und vielleicht stärker werden als je zuvor!
"Danke, dass du dich so entschieden hast. Jetzt werde ich meinen Teil erfüllen", sprach der Zauberlehrling und schritt geradewegs durch den Korridor auf die Tür zu, welche bis auf das Warnschild einen sehr harmlosen Eindruck machte. Giftige Tiere... Dormian kannte unzählige Pflanzen, die einem Menschen durchaus gefährlich werden konnten und auch ein paar Tiere, mit denen die Naturmagierschaft seiner Familie ab und zu experimentierte. Mit genügend Vorsicht und Ruhe würde sich auch dieses Problem bewältigen lassen. Seine Schritte unterdessen hallten fast schon unrealistisch laut von den Wänden und auch das Pochen seines Stabes schien in diesen Gemäuern lauter als sonst zu sein. Ein Schutz gegen zu neugierige Schüler? Dormian warf einen Blick zurück, doch außer Rufus, der sich dicht hinter ihm hielt, war da niemand. Was hatte ein Lehrer oder Professor schon zu Unterrichtszeiten hier verloren? Jedenfalls blieb der junge Mann kurz darauf vor der schlichten Tür stehen und berührte vorsichtig den Türknauf. Er war kalt und sogar ein wenig staubig, was darauf schließen ließ, dass schon lange kein Magier mehr hier nach dem Rechten gesehen hatte. Kurz fürchtete sich der Lehrling, dass in dieser Zeit sämtliches Viehzeug dort drinnen unbeaufsichtigt gewesen war. Was, wenn sie sich befreit hatten? Dormian schüttelte entnervt den Kopf und drehte die Klinke entschlossen um, zog und trat in die berüchtigte Gifthalle ein.

Abgestandene, nach Tier riechende Luft wallte Dormian entgegen, als er den nach der Tür folgenden Raum betrat. Im ersten Moment konnte der Magier auch gar nicht erkennen, wie es hier aussah, da seine Augen sich zunächst an die Dunkelheit gewöhnen mussten, die hier herrschte. Es schwebten nur einige magische Fackeln in der Luft oder hingen an den Wänden, sodass es von Schattenspielen und seltsamen Lichtreflexen nur so wimmelte. Der erste Lichtreflex war das blutrote Funkeln von vier Augenpaaren, die gleich in Dormians Nähe zwischen verstärkten Gitterstäben aufblitzten. Ihnen folgten weitere und bald gewöhnte sich der Bursche an das Zwielicht hier. Der Anblick, der sich den zwei Zauberern bot, gefiel ihnen nicht wirklich. Unzählige Käfige reihten sich, mehrfach aufgestapelt und von verschiedensten Formen und Größen, zu gassenähnlichen Durchgängen auf dem Boden und überragten nicht selten die Größe der Anwesenden. Die einzigen Lebewesen, die menschlich waren. Ganz in Dormians Nähe hockte eine zwergengroße, in allen möglichen Grüntönen schillernde Spinne, deren Augen den Neuankömmling starr und doch irgendwie lauernd begutachteten. Dormian ekelte sich nicht vor Insekten oder ähnlichen Tieren, doch mit dem Wissen, dass dieses Tier ihn ohne große Probleme töten konnte, wenn es denn aus dem Gefängnis befreit wurde, musste er kurz schlucken.
"Wir sollten zusammenbleiben. Feylin allein weiß, ob nicht doch eines der Viecher aus den Käfigen entkommen ist...", raunte Dormian und versuchte, seine Gänsehaut zu ignorieren. Die Spinne unterdessen hatte ihren Blick nicht abgewendet, sondern knackte nur leicht mit ihren mindestens vierzehn Zentimeter langen Fangzähnen. Wo liefen solche Bestien nur frei herum? Diese Frage wollte der junge Magier nun doch nicht wirklich beantwortet haben, sondern setzte langsam einen Fuß vor den anderen. Er machte keine zu schnellen Bewegungen, da das die Biester in ihren Käfigen nur aufscheuchen würde. Aber trotz allem Unwohlsein, welches er hier verspürte, so faszinierten ihn doch diese verschiedenen Geschöpfe, von denen es nur selten zwei gleiche Exemplare gab. Neben der Spinne befand sich ein -wie es anfangs aussah- Haufen Seile mit fauligen Flecken. Bei näherer Betrachtung entpuppten sich diese Taue als zwei Schlangen, wobei jede Einzelne zwei Köpfe mit spitzen Schnauzen und einem dritten Auge auf der flachen Stirn besaß. Grünlicher Speichel tropfte zwischen den hervorstehenden Fängen der Tiere hervor und das Zischen, das jedesmal zu hören war, wenn die Tropfen den magisch versiegelten Käfigboden berührten, sprach für sich. Am Unheimlichsten aber war das Wesen, dass in einem Käfig kauerte, der auf einer Kreuzung der Gifthalle stand, die Dormian mehr und mehr an ein Labyrinth erinnerte. Dieser Käfig war groß genug, um einen Elefanten darin zu beherbergen. Tatsächlich aber saß darin eine Kreatur, die Dormian nicht einzuordnen wusste. Sie erinnerte ihn vom Körperbau her an eine etwa tigergroße Katze. Fell besaß sie allerdings keines und der Kopf schien aus einem blanken Knochen zu bestehen, der sich sensenartig nach hinten bis zwischen die Schulterblätter des Ungeheuers streckte. In den leeren Augenhöhlen glühten blutrote Pupillen ohne jegliches Weiß darum herum auf, während die knochigen, dolchlangen Reißzähne im trüben Licht der Fackeln blitzten. Der Rest des Körpers schien, ähnlich wie bei einem Igel, mit stromlinienförmig aneinander gereihten Stacheln zu bestehen, die teilweise die Dicke eines Zeigefingers aufwiesen. Das ging zu krallenbewehrten Pranken und einem Schweif über, der am Ende tatsächlich so etwas wie eine knochige Sichel aufwies. Ein Hieb damit und ein kampferprobter Zwerg würde mit seiner Kriegsaxt vor Neid erblassen.

Dormian riss sich zusammen und ging um den Käfig herum. Die ihm unbekannte Kreatur folgte ihm mit ihren Augen, soweit dies ohne eine andere Bewegung möglich war. Als der Erdmagier ihr Blickfeld verließ, hörte man ein rasselndes Knurren, doch mehr geschah nicht. Der Bursche und sein Begleiter atmeten erleichtert aus.
"Hier gibt es Viecher, von denen Celcia entweder noch nie oder schon vor etlichen Jahren nichts mehr gehört und gesehen hat. Ich will gar nicht wissen, was hier noch so alles ist... suchen wir diesen verdammten Eingang oder was auch immer. Hauptsache, wir kommen hier weg. Ah... warte kurz...", murmelte Dormian auf einmal und lehnte seinen Stock an einen der zahlreichen Holztische, auf denen Reagenzgläser und andere Utensilien gestapelt waren, die man zum Giftbrauen oder anderen chemischen Vorgängen benötigte. Der Magier kniete sich auf den Boden und konzentrierte sich. Anschließend faltete er kurz die Hände, staute seine Magie und entließ sie kurz darauf mit beiden Händen, welche er flach mit gespreizten Fingern auf den kalten Boden presste. Ein kurzes Zischen war zu hören und ein fadendünner Riss tat sich im Granit auf. Er wanderte blitzschnell zwischen die Käfige in die Richtung, aus der der Wirker und Rufus gekommen waren. Manchmal hörte man ein aufgeschrecktes Fauchen oder Knurren, doch sonst blieb es still. Dormian stand wieder auf und klopfte sich den Staub von den Knien.
"Den Zauber hab ich mir mal ausgedacht", erklärte er.
"Damit erschaffe ich einen hauchdünnen Riss, der quasi mit mir verbunden ist. Es ist ähnlich wie eine Spur, siehst du?"
Tatsächlich , als Dormian eine kreisende Bewegung mit den Zehen seines rechten Stiefels über den Boden machte, bildeten sich dort kleine Kratzer.
"Es ist eigentlich nicht mehr, als würdest du mit einer Klinge über den Boden fahren, deshalb ist er auch leicht aufrecht zu erhalten. Da es aber in der Erde ist und man ihn mit bloßem Auge kaum sehen kann, kann ich ihn erspüren und verliere so nicht so einfach die Orientierung. Gehen wir weiter!"

Das taten die zwei Freunde auch kurz darauf, wobei sich die nächste gefühlte Stunde nicht wirklich etwas Aufregendes tat. Die Tiere waren zwar weiterhin bedrohlich und verfolgten die Eindringlinge mit ihren hungrigen, unheimlichen Blicken, ließen aber sonst nichts weiter von sich hören. Als Dormian zwei katzengroße, gelbe Ratten entdeckte, die sich gerade paarten, verlor die unheimliche Atmosphäre der Gifthalle ihre Macht über den Lehrling. Augenverdrehend ging er weiter und überließ den Bestien ihre Privatsphäre. Von einer Tür, geschweige denn einem Torbogen war weiterhin nichts zu sehen. Unter den Käfigen der Gassen konnte er sich nicht befinden, das kam Dormian nur logisch vor. Es wäre wohl kaum ehrbar gewesen, hätte man den Käfig eines dreiköpfigen Pudels darauf gestellt. Das wäre eine Schande für das Andenken und die Arbeit der Baumeister gewesen. Wo also konnte dieses Tor der Erde nun sein? Diese Frage stellte sich der Erdmagier immer wieder, bis er auf einmal stehenblieb und Rufus, der sich ja dicht hinter ihm bewegte, gegen ihn stieß. Sie waren am Ende der Halle angekommen. Man hatte die Käfige so positioniert, dass sie etwa drei Meter vor den Wänden den Boden frei ließen. Dafür standen dicht an dicht etliche weitere Alchemietische und Laborgeräte herum, wobei genau vor ihnen ein weiterer, großer Käfig stand. Das Wesen darin war auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Etwa so groß wie Dormian und offensichtlich mit Federn bedeckt hockte es auf einer Stange, die etwa einen Meter über dem mit so etwas wie Taubendreck zugedeckten Käfigboden angebracht worden war. Wie einen Mantel hatte die Kreatur ihre Flügel um den Körper geschlungen, sodass der Körper selbst zunächst kaum zu sehen war. Als Dormian allerdings einen langsamen Schritt nach vorne machte, erbebte der Leib kurz und zog seine Schwingen leicht zurück. Eine nicht zu verachtende Frau erschien, mit üppigen Brüsten und einem makellosen Aussehen, wenn da nicht die gräuliche Hautfarbe, die ausdruckslosen Augen und die in vogelartige Füße endenden Beine gewesen wären. Ihr Haar war verfilzt und struppig, ähnelte mehr einem schwarzen Fellball als einer Frisur, die ihr bis zu den geschwungenen Hüften glitt. Bekleidet war sie natürlich nicht, sodass man ungehindert ihr fast schon verschwenderisch flaumigen Hügel entdecken konnte, der zwischen ihren formvollendeten Schenkeln spross. Aus den Brüsten tropfte ab und an eine lilafarbene Flüssigkeit, die rissigen Lippen verzerrten sich zu einem abartigen Grinsen. Dormian biss sich auf die Unterlippe, um seine Furcht niederzukämpfen. Den Chemieprofesser sah er ab heute mit ganz anderen Augen.
"Diese Art von Harpie muss schon längst ausgestorben sein. So etwas habe ich bis jetzt in keinem einzigen Buch gesehen...", raunte Dormian, worauf das Ungeheuer plötzlich schrill aufschrie und sich gegen die Gitterstäbe warf. Ihre Zunge war um ein Vielfaches länger, als sie hätte sein sollen und zischte pfeilschnell auf Rufus zu. Geistesgegenwärtig und mehr aus Glück denn aus Talent zuckte das obere Ende von Dormians Stab zwischen Zungenspitze und Rufus, worauf sich das Körperteil wie eine Schlange um das Ebenholz schlang. Hastig packte der Magier seinen Stab mit beiden Händen, zog mit aller Kraft daran und als er merkte, dass die Harpie ihn erfolgreich in seine Richtung zog, ließ er das untere Stabende nach oben zischen und rammte es horizontal ins Gesicht des Monsters. Schmerzhaft aufschreiend wich es zurück und hielt sich mit den klauenhaften Fingern die blutige Stirn, um anschließend nur noch tollwütiger gegen ihr Gefängnis zu springen. Dieses wackelte und gab scheppernde Geräusche von sich, doch sonst schien es ausbruchsicher zu sein. Dormian und Rufus wichen sofort zurück; wer wusste schon, wie weit diese tierische Furie ihre Zunge ausstrecken konnte.

Allerdings hatte die Sache auch ihr Gutes. Als die Harpie nach vorne gesprungen war, hatte Dormian die Umrisse eines versiegelten Eingangs entdeckt, der von Staub und "Vogeldreck" schon fast komplett zugekleistert worden war. Doch man konnte deutlich erkennen, dass sich hier vor einiger Zeit eine Art Durchgang befunden haben musste, dessen Tür man ausgebaut und zugemacht hatte. Bei näherer Betrachtung sah Dormian sogar einige Runen, deren Sinn sich ihm aber nicht verschloss. Das wäre etwas für Rufus gewesen.
"Tja... das ist es, hier müssen wir durch. Jetzt muss nur noch dieses Weibstück weg...", murmelte Dormian nachdenklich und sah zu den Käfigen links neben sich. Bis auf das Skelett eines Affen waren sie leer.
"Rufus, kletter lieber auf diese Käfige und mach dich bereit, wegzulaufen, falls jetzt schief geht, was ich vorhabe."
Der Zauberlehrling fackelte nicht lange, sondern erklomm hastig die Käfige, um Dormians Willen auszuführen. Er würde schon wissen, was er tat. Dieser bog zwei Meter in den Gang zu seiner Rechten und gleichzeitig damit zur Linken der Harpie ein. Dann stellte er sich so hin, dass zu seiner Rechten die Kreatur in ihrem Gefängnis war und links der Gang, aus dem er und Rufus gekommen waren. Dann kniete sich der Bursche hin und beendete zunächst den Fährtenzauber, der bis jetzt gut funktioniert hatte. Langsam sammelte sich seine magische Kraft. Zwei Zauber mussten nun noch gelingen, um seinen Weg zur Schriftrolle zu ebnen, wenn alles so geschah, wie er es geplant hatte. Als die Kraft ausreichte, entließ er sie auf traditionelle Art mit einer Berührung des Bodens. Die Magie schlug an und kurz sah es so aus, als würde der Untergrund unter Dormians Händen flüssig werden, denn gerade so, dass die Fingernägel noch zu sehen waren, sank die Handfläche in den Boden. Dann verfestigte sich der Granit und Dormian schloss angestrengt die Augen. Er sah nichts, konzentrierte und erfühlte sich nur durch den Boden, unter den Käfig der Harpie, an ihr vorbei, die künstliche Wand im Durchgang hinauf. Unwillkürlich öffnete Dormian die Augen und ballte die Hände zur Faust, worauf aus der Mauer hinter der Harpie plötzlich zwei steinerne Abbildungen der Hände des Zauberers entstanden, die sich knackend bewegten und blitzschnell die Stäbe des Käfigs packten. Die Bestie darin kreischte und tobte, doch schon schoben die steinernen Hände das eiserne Gefängnis an, schoben sie bis in den Gang hinein und wurden von länger werdenden Armen dabei gestützt, während sich auf Dormians Stirn Schweißtropfen bildeten.
"Du stehst da noch nicht ganz richtig, Mistvieh!", knirschte der Erdmagier und ließ die Fäuste zurück- und plötzlich wieder nach vorne zischen, worauf sie brutal gegen den Käfig schlugen und diesen durch die Wucht einige Meter in die Gasse Richtung Katzenbestie schleuderten. Wie durch ein Wunder hielt der Käfig dem Aufprall stand, nur die Geräusche der Harpie waren eine wahre Folter für das menschliche Ohr. Zusätzlich erwachte nun die gesamte Gifthalle aus ihrem Schlummer und die verschiedensten Schreie ertönten. Fluchend brach Dormian seinen Zauber ab und stemmte sich zitternd auf die Beine. Rufus bemerkte dies und eilte zu seinem Gefährten, um ihn zu stützen. Dankbar ergriff Dormian die ihm angebotene Hand und zog sich daran in die Höhe.
"Einer noch... hier ist gleich das halbe Kollegium, wenn auch nur einer hier in der Nähe ist!", knurrte der junge Erdmagier und kämpfte sich erschöpft wie nach einem ganzen Tag sportlicher Ertüchtigung zu dem versiegelten Durchgang. Schon beim Beschwören des Zaubers war dem Magier aufgefallen, dass das kein einfacher Granit war. Granit war nicht so fest, nicht so glatt von Oberfläche und Innenleben. Marmor.

Dormian legte die Hände darauf und spürte den kalten, dreckigen Marmor unter seinen Fingern. Er ertastete deren Essenz, verband sie mit seiner Magie und konzentrierte sich.
"Danach brauch ich nur ... ein paar Minuten Ruhe... es strengt mich immer noch zu sehr an...", brummte der Arboris von sich selbst enttäuscht und ließ seinen Zauber wirken. Der Marmor zwischen den Bögen des Durchgangs verfestigte sich und wurde greifbar, verformte sich und es war eine primitive Schiebetür entstanden, die nach Dormians Bitte er und Rufus gemeinsam aufstemmten. Dormian selbst hatte die mit den angrenzenden Granitplatten verbundenen Marmorstücke getrennt und eine von dem Bogen isolierte Fläche gemacht, die man wie eine Tür auf- und zuschieben konnte. Wenn der Magier losließ, würde sich der Zauber zurückziehen und wieder eine feste Einheit mit dem Torbogen bilden, sodass es so aussah, als habe niemand diesen Ort passiert, auch wenn das dem Käfig der Harpie nach zu urteilen sehr wahrscheinlich war. Doch wenn kein Erdmagier unter den vermutlich bald auftauchenden Professoren war, würde es sehr lange dauern, bis dieses Hindernis überwunden war. Sobald Dormian und Rufus also auf der anderen Seite des versiegelten Durchgangs waren, musste dieser nur wieder zugeschoben werden und Dormian einen Schritt zurücktreten. Dieser Schritt bedeutete für den jungen Erdmagier vermutlich einen der Letzten auf die Schriftrolle der Erdmagie zu.

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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 2. März 2011, 00:34

Während die beiden Magier sich ihren Weg durch die Gifthalle suchten, wobei Rufus wohl vordergründig damit beschäftigt war, hinter Dormian herzuwatscheln wie ein Schatten, herrschte zumindest von Seiten des Rothaarigen Schweigen. Man mochte nun denken, dass Rufus sich an diesem ort alles andere als Wohl fühlen dürfte, doch irgendwie wirkte er zwischen den tödlichen Raubtieren, Echsen und Fabelwesen, sehr ... entspannt? Da er sich hier unten genau so wenig auskannte wie der junge Arboris, beschäftigte er sich hauptsächlich damit, die verschiedenen Bestien hier unten genauer unter die Lupe zunehmen. Das eine ums andere Mal war er sogar so keck, gegen eine Glasscheibe, oder gegen Gitterstäbe zu klopfen, um die Bewohner der jeweiligen Gehege zu reizen. Dabei blieb er jedoch bei den größeren Ungetümen weiterhin auf respektvollen Abstand. Soweit reichte sein neugewonnener Mut wohl doch nicht.
Erst vor einem gewaltigen Käfig, in dem eine seltsame, bösartig anmaßende Kreatur lebte, erhob er die Stimme, Seit sie die letzte Treppe hinunter gekommen waren, hatte er nichts mehr gesagt. ”Sieh an, ein Mantikor,” gab er seine Fachmännische Meinung zu dem Katzenartigen Tier mit dem Skorpionschwanz ab. Während Dormian dem Bösartigen Monster nicht lange Aufmerksamkeit schenkte, kniete sich Rufus vor dem Käfig hin, um mit dem Mantikor auf Augenhöhe zu sein. Ohne ein Anzeichen von Angst und mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen umklammerte seine rechte Hand eine der Gitterstäbe und rüttelte leicht daran. Sie saß so fest wie nur irgend möglich, dieser Zwinger war auf jede erdenkliche, magische Art gesichert worden. Nicht auszudenken, was passieren würden, wenn dieses tödliche, gewissenlose – und bekanntlich recht Magierestente - Tier in der Universität Amok laufen würde. Verletze und Tote in gewaltigen Mengen und dieses seltene Exemplar würde man auch ausschalten müssen, um schlimmeres zu verhindern. ”Aber solange du in diesem Gefängnis sitzt und keinen Schlüssel kriegst, bist du harmlos wie ein kleines Kätzchen!” Er murmelte leise und kaum hörbar. Zumindest nicht für Dormian hörbar, der bereits ein Stück weiter war.
Rufus griff sich an den Gürtel und löste einen der flaschenkürbisförmigen Behälter aus seiner Fassung. Die kleine Urne wurde aufgeschraubt und der Magier schüttete sich etwas in die rechte Hand, was aussah wie weißer Sand. Der Mantikor war indes bis zu den Gitterstäben gekommen, seine emotionslosen, roten Augen verfolgten neugierig und hungrig jede Bewegung des Menschen. Dann ohne Vorwarnung blies Rufus kräftig in seine Handfläche und der Sand flog dem Ungeheuer in die geöffneten Augen. Er brüllte wütend auf, während Rufus sich die letzten Körner von der Hand rieb und sich an die Verfolgung seines Kameraden machte. Da dieser ein paar Meter weiter mit der Ausführung eines Zaubers beschäftigt wesen war, blieb diese kleine Episode wohl unbemerkt.
Sehr interessiert folgte er danach den Ausführungen von Dormian, der seinen Zauber erklärte und Rufus kniete sich sogar abermals hin, um mit den Fingern über den hauchzarten Riss zu fahren. Es war wohl zweifellos besser als eine Spur aus Brotkrumen, aber irgendwo war es auch schade um den Fußboden. ”Hoffentlich werden wir nicht erwischt. Es reicht mir, dass ich den Kellerboden zwei Stockwerke höher neu verlegen durfte.” Zumindest konnte der Magier wieder Witze machen, auch wenn er weiterhin einen recht unglücklichen Eindruck machte.
Nach dem Zusammentreffen mit dem Mantikor hielt Rufus sich mehr zurück und vermied es fortan, mit Käfigen oder Terrarien in Berührung zu kommen. Nur bei einem Aquarium, in dem ein halbes duzend Fische schwammen, die nur noch aus Knochen und einigen gut sichtbaren Organen bestanden, konnte er es nicht lassen. Stumm beobachtete er, wie diese abstoßenden Meeresbewohner beim Klopfen gegen das Glas auseinander schwärmten und sich in der anderen Ecke des Glaskastens wieder gruppierten. Immer noch diese seltsamen Tiere beobachtend, bemerkte er den Käfig mit der Harpyie gar nicht, vor dem Dormian stehen geblieben war. Nun den Käfig schon, nur den Bewohner nicht. Darum schreckte er sehr zusammen, als dieses Wesen, halb Mensch, halb Vogel, einen grauseligen Ton von sich gab. Erschrocken wandte sich der rothaarige Zyraner zum Ursprung des Lauts um und sah eine messerscharfe Zunge wie einen Pfeil auf sich zufliegen. Nur dem raschen eingreifen seines Kumpanen und dessen Stab war es zu verdanken, dass das Vogelwesen sein Ziel nicht wie gewollt erwischte. Trotzdem, der junge Arboris war nicht schnell genug gewesen, um allen Schaden zu verhindern, denn ein tiefer Schnitt zierte sein hübsches Gesicht, der sich vom Nasenrücken über die gesamte linke Wange zog. Auch wenn die Wunde schlimm und tief aussah, trat kein Blut hervor. Rufus schien nicht einmal bemerkt zu haben, dass er erwischt worden war. In der Zeit, in der sein Retter noch mit der Furie um seinen Stab kämpfte, wich Rufus einfach mit erschrockenem Blick zurück, griff aber nicht helfend ein. Da Dormian es auch alleine schaffte, seinen Stab zurück zu ergattern, wäre diese Hilfe ohnehin überflüssig gewesen.
”Ist dir klar was du getan hast?,” fragte er schwer atmend, als auch Dormian neben ihn zurück wich. ”Wer eine Harpyie reizt, der zieht sich ihre ewige Feindschaft ein. Sollte dieses Biest jemals freikommen, wird es dich auf jeden Fall töten wollen.” Aber an Situationen wie diesen kristallisierte sich mal wieder ganz klar heraus, dass Rufus Angst mit Dormians Heldenmut nicht konkurrieren konnte, denn der Arboris-Spross schien sich an eine Vendetta mit einem eingesperrten Vogelmonster nicht zu stören. Nein, Dormian entdeckte sogar das Ziel ihrer momentanen Suche, dass sich direkt hinter dem Käfig der Harpyie befand. Andere wären nach dem Kampf gegen dieses Biest wohl zu aufgeregt oder hektisch geworden, um solche Feinheiten zu entdecken, nicht so aber der junge Erdmagiestudent. Ein Torbogen, kaum zu erkennen unter dem Schmutz von jahrzehnten. “Die Runen dort oben sind wirklich in einem schlechten Zustand. Die ersten zwei Worte sind nicht ganz zu erkennen, danach kommt so etwas wie „Kammern der Altvorderen.“ Zumindest darin war Rufus ein Ass wie es schien. Verständlich, wo er doch Sprachen und Schriften studierte.
Während Rufus noch darüber nachdachte, wie man nun dieses große Gehege aus dem Weg räumen konnte, hatte Dormian auch hier bereits eine Lösung parat. Es war ganz klar zu sehen, dass der Rotschopf glücklich darüber war, sich in Sicherheit bringen zu dürfen. Wortlos, nur mit einem Kopfnicken als Reaktion erklomm er einen der Käfige in der nähe, dessen Bewohner vom Zahn der Zeit dahin gerafft worden waren. Von seiner erhöhten Position konnte er das erste mal den gesamten Raum überblicken, der die Ausmaße einer Kathedrale hatte. Einige wenige Behausungen ragten weit über die anderen heraus, darunter das Heim des Mantikors, zu dem er Magier einen kurzen Blick warf, ehe er sich Dormian zuwandte.
Zugegeben, der Zauber mit dem er den Käfig der Furie von der Wand rückte und zur anderen Ecke des Raums beförderte. Er lies einen anerkennenden Pfiff hören. Als ein weiter Zauber gewoben wurde, sprang Rufus von seinem sicheren Hochsitz, um den Freund zu unterstützen. Mit vereinten Kräften gelang es, den schweren Marmorblock, der den Durchgang versperrt hatte, wie eine Tür aufzuschieben. Beide Männer hatten schweiß auf der Stirn stehen, aber um gerecht zu sein, auch Kerle die besser in Form waren, als zwei junge Magier, hätten ihre Probleme gehabt.
Beide schlüpften durch den geschaffenen Durchgang und befanden sich in einen engen, staubigen Korridor, mit einer niedrigen Decke. Erhellt wurde der gang nur durch ein mystisches, blaues Leuchten, das anscheinend von den mauern selbst ausging. ”Gut, dann komm erst einmal wieder zu Kräften. Ich übernehme dann die Führung.” Rufus stemmte sich von innen alleine gegen den Marmorblock. Da er sich nun mit den Beinen an der gegenüberliegenden Wand abdrücken konnte, schaffte er es alleine, den Durchgang wieder zu schließen. So konnten sie zumindest sichergehen, dass niemand sie störte. Vor allem keine Lehrer.
Der Rotschopf setzte sich nur langsam in Bewegung und den nur schwach erleuchteten Gang entlang. Seine tastende Hand glitt über das grobe Mauerwerk, denn alleine auf seine Augen konnte man sich nicht verlassen. Das was zu erkennen war, machte jedoch wenig Hoffnung. Das Mauerwerk war schlecht verarbeitet worden, es fehlte an Schmuck oder anderen schönen Dingen sowie Licht. Die Luft war feucht und schmeckte muffig und abgestanden. Aber nach etwa 20 Metern war die Strecke zuende. Der Ging lief sich an einer Tür aus. Sie war aus einem schwarzen Material gefertigt, ob Stein, Holz oder etwas anderes war schwer zu sagen und wurde von schweren Silberverschlägen verstärkt. Ein weißer Lichtstrahl schoss durch das Schlüsselloch und zeichnete ein Gegenstück auf den Boden. Vorsichtig rüttelte er an der Klinke, doch die Pforte war versperrt. Doch Rufus schien dies ausnahmsweise mal nicht zu entmutigen. ”Überlass das mir.” Die leise Stimme klang ungewöhnlich laut in dem ansonsten absolut stillen Korridor wieder. Die Geräusche der Tiere aus der Gifthalle waren in dem Moment verstummt, da der Marmorblock sich geschlossen hatte.
Rufus tat sich dieses mal etwas schwer damit, sich den Sand aus seinem Flaschenkürbis in die offene Handfläche zu schütten. Bereits das Lösen des Behälters und aufschrauben des Deckels war im Dunkeln ein Akt gewesen. Den weißen Pudersand pustete der Magier direkt ins Schloss, dass sich langsam zu füllen schien. Dabei wirkte er bereits seinen ersten Zauber, der verhinderte, dass die winzigen Steine auf der anderen Seite wieder hinaus liefen. Nach wenigen Sekunden war das gesamte Schloss dicht gefüllt und Rufus legte seine rechte Hand auf. Langsam drehte er sie nach links. Im inneren der Verriegelung setzte sich damit der Sand in Bewegung, der wiederum die Riegel verschob. Es dauert nicht lange und die Tür gab ein lautes Klicken von sich. Sofort schwang der Rothaarige sie auf und musste bei dem Lichtschwall, der ihm entgegen kam die Augen schließen.
Die angrenzende Kammer war Kreisrund, mit einem Durchmesser von vielleicht zehn Metern. Gefertigt aus purem, weißen Granit und von hunderten Kristallen erleuchtet, machte der mit goldenen und silbernen Ornamenten verzierte Raum gewiss Eindruck. Dabei war es eigentlich kein richtiger Raum, sondern mehr eine Galerie. Nach zwei Metern endete der begehbare Teil in einen Abgrund. Mit offenem Mund ging Rufus vor und blieb am Rand des Geländers stehen, dass unvorsichtige Besucher vor einem Sturz bewahren sollten. Es ging gewiss hundert Meter oder noch mehr in die Tiefe! Aus der Innenseite seiner Robe zog der Magier eine Münze hervor und lies sie hinunter fallen. Der Aufschlag war selbst in dieser totalen Stille nicht zu vernehmen. “Bei allen Infamen und den Geistern der Adjuntanten ...“ entglitt es Rufus unbewusst, denn der Anblick war einfach überwältigend. Also wenn Bellamie DAS HIER mit dem Brunnen gemeint hatte, war es bestimmt die Untertreibung des Jahrtausends gewesen, selbst wenn man eine gewisse Ähnlichkeit nicht bestreiten konnte.
Man musste den Abgrund halb umrunden, um zum Ansatz einer Rundtreppe zu kommen, die sich den gesamten Abstieg entlang hinter Zog. Das runter gehen war hier wohl nicht das Schlimme, vielmehr bereitete allein der Gedanke ans erneute hochsteigen einem einen gehörigen Muskelkater.
Trotzdem wartete Rufus nicht einmal auf Dormian, sondern rannte mehr, als das er ging, die Treppen hinunter. Was mit ihm passieren würde, wenn er stürzte, schien ihm nicht in den Sinn zu kommen. Es dauerte gewiss eine halbe Stunde, bis er unten ankam. Die letzten fünfzehn Meter stand die Treppe alleine in der Luft, denn der Brunnen verbreiterte sich zur Decke einer Halle, deren Anblick nicht minder atemberaubend war, als der des Rundgangs oben. Am besten konnte man diesen Ort mit einem Stern vergleichen, einem Stern mit 18 Spitzen. Der Grundriss war zwar der eines gleichmäßigen Vielecks, doch von jeder flachen Seite ging ein Gang ab. Über jedem dieser Gänge war eine Steinplatte mit einem Symbol eingelassen, jedes war stellvertreten für eine Magieart. Ein Blatt für Naturmagie, stilisierte Flammen für Feuer, ein Totenschädel für Nekromantie. Und ein vereinfachter Felsen für Erdmagie. Bis jetzt war alles, was Bellamie prophezeit hatte, eingetreten. Ob er mit den Toren und den Kammern auch recht haben würde?
Als Rufus endlich unten angekommen war und versuchte seine schmerzenden Beinmuskeln zu ignorieren, fiel er auf die Knie. Er war von der Atmosphäre dieses Ortes überwältigt worden. Wie war es nur möglich, solche Orte zu schaffen? Was für Kräfte waren dafür nötig? Und vor allem ... was für Hindernisse erwartete die beiden noch?
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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Dormian Arboris » Donnerstag 10. März 2011, 16:01

Dormian trat bis an das Geländer vor und warf einen vorsichtigen Blick nach unten. Schon nach einigen Metern verlor sich der Brunnen, von dem Bellamie geredet hatte, in unendliche Schwärze und es war unmöglich einzuschätzen, wie tief dieser Schlund wirklich war. Der alte Mann hatte mit der Bezeichnung "Brunnen" schlichtweg die Untertreibung des Jahrhunderts gelandet. Dieses gigantische Bauwerk hatte Ausmaße, in denen sich ein ausgewachsener Golddrache klein vorgekommen wäre. Der junge Erdmagier warf einen Blick die Treppen hinab, die Rufus schon längst in Angriff genommen hatte; woher kam auf einmal der Mut des Studenten, den er bis jetzt sehr gut versteckt haben musste? Seufzend machte er sich also daran, ihm zu folgen, wobei die Gedanken des Aufstiegs nach dem Fund der Schriftrolle ihm nicht gerade behagten. Einige Zeit später kamen die Beiden auch endlich unten an, worauf Rufus einige seltsame Töne von sich gab. Verwundert sah Dormian zu ihm; war das eine andere Sprache gewesen?
"Sei vorsichtig. Dieser Ort wird sicher nicht nur mit seiner Ausstrahlung beschützt", warnte Dormian und entdeckte nun auch die einzelnen Symbole über den einzelnen Toren, welche für die darin enthaltene Schriftrolle standen. Er zweifelte nicht daran, dass hinter dem Tor die eine oder andere Falle versteckt lag. Langsam setzte der Arboris einen Fuß vor den anderen auf das Tor mit dem Fels-Symbol zu; es hatte tatsächlich eine unglaublich erhabene und altehrwürdige Aura, die auf den jungen Mann hereinbrach wie Wellen gegen die Klippen der Insel Belfa. Das alles hier... sein Vorfahr war tatsächlich einer der Baumeister gewesen, die dieses Wunderwerk der Architektur erschaffen hatten?

Doch für das Schwelgen vergangener Ereignisse oder die mysteriöse Schönheit dieses Bauwerks war später Zeit. Es galt, einen Schatz der Magie zu finden. Dormian entdeckte, dass die mächtigen Steintüren des Erdportals geöffnet worden waren. War schon jemand hier gewesen?
"Verflucht... beeilen wir uns, vielleicht ist noch jemand hier unten!", knurrte Dormian hektisch und eilte mit Rufus an seiner Seite durch das Portal. Es folgte ein unendlich langer Gang, der jedoch in ein bräunliches Zwielicht getaucht wurde, das von in dieser Farbe leuchtenden Steine an den Wänden produziert wurde. Die Schritte hallten unnatürlich laut von den Wänden zurück und unwillkürlich musste der junge Magier auf seine Magie zurückgreifen. Sie in seinen Fingerspitzen zu spüren, wie sie bereit war, auszubrechen und sich nach seinem Willen zu formen, brachte ein Gefühl der Sicherheit. Doch konnte es wirklich sein, dass schon jemand vor ihnen hier gewesen war? Hatte jemand Bellamie schon vor ihnen aufgesucht? Dormian wollte lieber nicht daran denken, sondern folgte weiter dem glatt geschliffenen Gang, welcher alles andere als fallenträchtig wirkte. Irgendwann jedoch, es war ungefähr zehn Minuten später gewesen, blieben die zwei Magier abrupt stehen. Vor ihnen tat sich ein Riss im Boden auf, der sich bis zu zehn Meter in den Tunnel hinein erstreckte, ehe er endete und weiterführte. Fluchend stampfte der Erdmagier auf und bemühte sich, seine berühmte Ruhe zu bewahren.
"Ganz toll! Wie sollen wir jetzt weiterkommen? Hier war mal irgendeine verfluchte Brücke die jetzt zerbro... hm?", stutzte er plötzlich in seinem Zorn und zog die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Im Zwielicht der braunen Leuchtsteine konnte man erkennen, dass der Abgrund vor ihnen nicht allzu tief war. Einige dieser glimmenden Brocken ragten auch an den Wänden unter ihnen aus dem Gestein und offenbarten große Trümmerteile, die entfernt an die Stücke... einer Brücke erinnerten? Dormian verfiel wieder in sein Grübeln. Diese Schriftrollen waren nicht nur durch Tore geschützt. Nur jemand, der auch wirklich Erdmagie beherrschte, würde sie sowohl erreichen als auch etwas mit ihr anfangen können. Dann war das gar keine Falle, sondern ein Test, wie er schließlich folgerte!
"Rufus? Gib mir einen Teil deiner Kraft. Vertrau mir, es wird dir nicht wehtun", bat der junge Arboris seinen Begleiter, der zwar verwundert aber bereitwillig einen Schritt näher trat und seine Linke auf die Schulter des Magiers legte.

Daraufhin schloss Dormian die Augen und konzentrierte sich. Er spürte den Fluss der Erdmagie, die durch seinen Gefährten in seinen eigenen Strom der Macht gelenkt wurde. Zusammen ergaben sie etwas viel Größeres, was ihm die Fähigkeit verlieh, seine folgenden Zauber auszusprechen.
"Höret auf meinen Befehl, ihr Stücke aus dem Fleisch des Urgeistes! Füget euch zusammen und werdet zum Ganzen, auf dass meine Füße den Pfad meines Schicksals weitertragen mögen! Erhebt euch, fügt euch meiner Macht! Spürt die Berührung der Macht eines Arboris!", rief Dormian ergriffen, wobei diese Silben ihm halfen, seine Moral in die Kraft des Zaubers fließen zu lassen. Sein geistiges Auge suchte nach den Trümmern der Brücke, suchte nach den Verbindungsstellen, in der er seine Energie lenken konnte.
Erfassen...., geisterte das ausgesprochene Wort durch die Gedanken des Zauberlehrlings und er spürte, wie die Verbindung zwischen ihm und den Brückenteilen fester und stärker wurde.
Auflösen....
Die Felsbrocken erbebten, zerfielen langsam in unzählige, kleine Teile aus Gestein, ehe sie im Boden versanken und zu Dormians Füßen wuselten.
....Zusammen....ZUSAMMENSETZEN!
Dormian riss die Augen auf und streckte seinen Stab mit beiden Händen gepackt nach vorne, worauf von seinen Füßen, die genau an der Kante des Abgrunds standen, ein Schwall Gestein brach, der wie eine graue Fontäne den Abgrund überbrückte, das andere Ende erfasste und dort geräuschvoll einschlug. Ein paar Sekunden bewegte sich die magisch geschaffene Brücke wie eine sterbende Schlange, wand sich unter Dormians Befehl, bis sie schließlich erstarrte und sich nicht mehr rührte. Seufzend senkte Dormian seinen Stab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Das erste Hindernis war bewältigt worden.

Verzeih mir, ich wollte ursprünglich mehr schreiben, aber ich brauche nun doch einen kleinen Anstoß ;)

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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Gestalt » Samstag 12. März 2011, 16:28

Es schien wirklich fast so, als wäre irgendeine Veränderung mit Rufus geschehen. Dieser, vor Tatendrang und Neugier nur so überschäumende, Mann hatte wenig mit dem ängstlichen und zurückhaltenden Tollpatsch gemein, der in der vorangegangenen Nacht fast durch Eigenverschulden von einem Regal erschlagen worden war. Oder täuschte das nur? Vielleicht war der zyranische Student ja wirklich jemand, den man erst einmal zu etwas großem animieren musste, der dann aber auch 120% gab. Schwer zu sagen, vor allem da Dormian seinen Begleiter erst seit kurzem kannte. Während er alleine am unteren Ende der Treppe wartete, drehte sich Rufus langsam auf der Stelle und betrachtete mit großen Augen ein Portal nach dem anderen. Die meisten waren geschlossen, nur einige wenige standen speerangelweit offen. Ein unachtsamer Besucher oder Fledderer, die hier unten auf Schätze ausgewesen waren? Da nirgends Staub oder Dreck war, konnte man nur raten, wann die Pforten das letzte mal geöffnet worden waren. Aber das schien Rufus ohnehin nicht zu interessieren. Seine Lippen bewegten sich stumm, fast so als würde er die Tore abzählen. Seine grauen Augen huschten von einem Elementarsymbol zum nächsten, ohne auf die mit Perlmut verkleideten Wände, die Stuckarbeiten oder die Säulen aus Gold, Marmor und Platin großartig zu beachten.
Als Dormian endlich zu Rufus aufgeschlossen war, hatte dieser seine Neugier wohl gestillt. Er blickte stumm zu der großen Tafel, auf der ein Elfenbeinschädel eingelassen worden war. Für welche Magieart dieses Symbol stand, lag wohl klar auf der Hand. “Heuchler ... Auf der einen Seite verpönen sie diese abscheuliche Kunst, auf der anderen Bauen sie ihr einen eigenen Trakt. Wäre es nicht vielleicht besser, die Nekromantie-Schriftrolle zu vernichten, anstatt ihr einen Altarraum zu errichten?“ Als wäre der gewaltige weiße Totenschädel eine Offenbarung gewesen, schien Rufus wieder in seine alte Haltung zurück zu fallen. Jedenfalls lief er wieder stumm hinter seinem Kumpanen her, die Unterhaltung beschränkte sich abermals auf ein gedrücktes Schweigen. Einen Meter hinter Dormian hertrottend, blickte er ehrfürchtig nach oben, als sie den gelbbraunen Achat passierten, der das Erdsymbol darstellte. Auch die ganze Zeit lang, die die beiden Magier durch den Gang liefen, der im Gegensatz zu der Halle, direkt aus dem Fleisch der Berge gehauen worden zu sein, wanderte sein Kopf in jede Richtung, als wolle er sich jede Einzelheit einprägen. Das einzige, was noch fehlte, war das Rufus sein Buch aufschlug und begann die groben Steinwände zu skizzieren.
Es dauerte eine ganze weile, bis sich der Anblick änderte und sich ein gewaltiger Abgrund vor den freiberuflichen Archäologen auftat. Als Dormian sich laut fragte, wie es nun weiter gehen sollte, zuckte der Rotschopf nur mit den Schultern. Vorsichtig schlich er zum Rand der Schlucht und blickte in den Abgrund hinab. An den tiefen, glatten Felswänden hinab zu klettern, war unmöglich und selbst wenn sie es geschafft hätte, wie sollte man auf der anderen Seite wieder hinauf kommen? Und über diese Distanz einen Sprung zu wagen, kam einem Selbstmordversuch gleich. ”Sieht so aus als hätte hier mal eine Brücke rüber geführt, aber die scheint über die Jahre eingestürzt zu sein.” Das Dormian bereits ein ganz ähnlicher Gedanke gekommen war, konnte er natürlich nicht wissen, als er versuchte hilfreiche Hinweise zu geben.
Für den unerschütterlichen Dormian schien aber auch dies nur eine Prüfung zu sein, die es zu bestehen galt, kein unüberwindliches Hindernis. Als der junge Arboris seinen Begleiter um einen Teil von dessen Magie bat, zögerte Rufus zuerst ein wenig, legte ihm dann aber dennoch die rechte hand auf die Schulter. Er wusste nicht genau, was sein Freund vorhatte, aber er fühlte, wie Teile seines inneren Reservoirs durch seine Hand hinaus in den Körper von Dormian floss. Die eigene Magie abzugeben war immer ein unangenehmes Gefühl, weshalb man dem Schriftgelehrten auch keinen Vorwurf machen konnte, als dieser die Miene verzog. Was auch immer Dormian für einen Zauber ausübte, er war anscheinend sehr anstrengend, doch schien auch zu gelingen. Da Rufus die Augen zugepresst hatte, in tiefer Konzentration versunken, konnte er nicht sehen was vor sich ging, aber er hörte seltsame Geräusche, schaben, brechen und reiben, alles schwer einzuordnen. Er hörte Dormian etwas sagen, aber achtete nicht auf den genauen Wortlaut, da die Worte ganz eindeutig nicht ihm galten.
Der Zauber endete, wie Rufus daran fühlte, dass keine Magie mehr aus ihm herausgezogen wurde und er öffnete die Augen. Vor ihm erstreckte sich ein bogenartiger Übergang, der direkt aus der Kante heraus ragte, bis hinüber zur anderen Seite. Ein leiser, anerkennender pfiff war alles, was der Rotschopf dazu zu sagen hatte. Es war zwar nicht unbedingt der sicherste Weg hinüber, aber gab es eine Alternative? Ohne zu murren folgte er seinem Freund über die improvisierte Brücke. Wer von ihnen aber auf eine Veränderung gehofft hatte, wurde enttäuscht. Der immergleiche Weg, den sie bereits zurückgelegt hatten, eröffnete sich vor ihnen, Kerzengrade und von einem angenehm warmen, bräunlichen Leuchten erhellt. Wenn jeder der achtzehn Durchgänge über die selben Ausmaße verfügte, dann war diese ganze, unterirdische Anlage gewaltig! Warum wurde sie nur so geheim gehalten? Man konnte diesen Teil von Zyranus geradezu als Weltwunder bezeichnen!
Der Weg führte nun leicht aufwärts, aber nicht steil genug, um Treppenstufen zu erfordern. Der Mittag war bestimmt lange verstrichen, als der Gang sich mit einem Mal verbreiterte und in eine Halle auslief. Am Ende dieser großen Kammer, war in der Wand ein gewaltiges Tor eingelassen Worden. Die Standbilder von zwei steinernen Magiern, jeder bestimmt vier Meter hoch, ragte zu jeder Seite auf wie eine Schildwache. Etwa anderthalb Meter vor dem Tor ragte ein Podest aus dem Boden. Aber eine Prüfung stand den beiden noch bevor. Denn der Weg zu Portal und Podest war versperrt. Dreißig Statuen, kleiner als die der Magier, aber nicht weniger Beeindruckend, standen in einer Linie nebeneinander und verhinderten ein weiterkommen. Die Steinwächter waren ein wenig größer als Rufus, der wiederum ein stück höher gewachsen war, als Dormian. Sie hatten aber nur wenig mit Menschen gemein. Aus ihren Oberkörpern ragten jeweils vier Arme, in jeder Hand ein Steinschwert. Kopf und Hals waren der einer Schlange, mit feingearbeiteten Federkopfschmücken. Auf dem Rücken trugen die Wächter etwas, das an einen Schildkrötenpanzer erinnerte. Vor den dreißig Wächtern standen Runen in den Boden gemeißelt.
“Respekt. Ehrfrucht. Unterwürfigkeit. In der Trollsprache. Darunter ist eine Warnung, das diese Schlangenwesen blutig Verderben säen.“ Rufus sah durch die Halle zu den Steinwesen hinüber, die Reglos da standen. Eine sah aus wie die andere. ”Vielleicht greifen sie uns an, wenn wir uns ihnen nähern. Aber lass mich etwas ausprobieren!“ Rufus streckte sich kurz und stellte sich dann in eine Pose, die an einen Nahkämpfer erinnerte. Er atmete einmal tief ein, dann trat er zwei Schritte nach vorne und trat kräftig auf den Boden. Als sein Fuß auftraf, flog eine Kopfgroße Steinkugel aus dem Boden und etwa auf Gürtelhöhe. Rufus drehte sich auf der Stelle, nutzte den Schwung und trat gegen die Steinkugel, die wie eine Kanonenkugel beschleunigt wurde und zielsicher auf eine der Wächterstatuen zuflog. Aber noch bevor das Geschoss, das einen Menschen hätte zermatschen können, sein ziel traf, wurde die Statue je lebendig. Alle vier Krummsäbel schnellten nach vorne und zerschnitten die Steinkugel, als wäre sie aus Wachs. Die einzelnen Bruchteile knallten nutzlos gegen die steinerne Brust. Als wäre nichts passiert, ging die Statue in ihre Ausgangsstellung zurück.
””Mhh, sie einfach zu zerstören wäre auch zu einfach gewesen. Fällt dir etwas ein, Dormian?“
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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Dormian Arboris » Samstag 12. März 2011, 19:53

Dormian antwortete zunächst nicht auf die Frage von Rufus, sondern beobachtete die Wächterstatuen. Der Zauber, den sein Begleiter eben benutzt hatte, war etwas gänzlich Anderes gewesen, als die Methoden des Arboris. Er hätte die Kugel durch Magie gestoßen oder geworfen, doch Rufus benutzte seine Körperkraft, die nicht eben gering zu sein schien. War das auch eine Möglichkeit, Erdmagie einzusetzen? Seine eigene Körperkraft zu erhöhen oder das Fleisch so zu verhärten, dass es einem nichts ausmachte, mit voller Kraft Dinge aus Stein oder gar Stahl zu treten? Der Lehrling würde ihn später einmal darauf ansprechen, doch zunächst galt es, ein weiteres Rätsel zu lösen! Dormian lächelte daraufhin und lachte leise.
"Weißt du... mir gefällt es hier irgendwie. Hier kann man seine Fähigkeiten auf die Probe stellen, lernt viele neue Dinge, unter anderem Dinge, die man von sich selbst noch nicht wusste. Wenn es so einfach wäre, dann sollte der Rat den Studenten Orte wie diese hier einrichten. Wo man seine Kräfte testen und verbessern kann."
Sein Blick wanderte auf den Boden, der sich unschuldig und glatt präsentierte. Wenn man sich diesen Figuren näherte, griffen sie einen gnadenlos an. Obwohl die Waffen der vielarmigen Gebilde aus Stein gehauen schienen, so wie ihre Besitzer selbst, waren sie scharf genug, um Gestein wie Wachs zu zerteilen. Sich ihnen einfach zu nähern wäre ein aussichtsloses Wagnis.
"Einen Moment, ich muss überlegen...", murmelte Dormian und verschränkte die Arme vor der Brust. Hätten seine Fähigkeiten gereicht, dann hätte er eine Brücke oder einen Tunnel um die Wächter herum erschaffen können, doch selbst mit der Hilfe von Rufus würde sich das als schwierig gestalten.

Fast zehn Minuten lang sagte Dormian kein Wort, sondern starrte die Statuen der vierarmigen Geschöpfe mit scharfen Augen an. Irgendwann griff er seinen Stab fester, holte kurz Schwung und ließ ihn auf den Boden schnellen.
"Mal sehen, was uns die Beobachtung bringt", sprach der junge Magier und als das Echo des Pochgeräusches seines Stabes verhallt war, begann der Boden vor ihnen plötzlich zu knirschen. Dormian wusste, dass größere Schöpfungen seiner Macht ebenso viel Energie verbrauchten, wie kleinere. Dies gedachte er zu umgehen. Ähnlich wie bereits bei Rufus erschuf er einen etwa trollkopfgroßen Ball aus Stein, der auf einer Säule in die Höhe wuchs und auf Dormians Brusthöhe erstarrte. Der Bursche legte seine freie Hand auf jene Kugel, ging die einzelnen Verwandlungsschritte durch, bis er seine Magie ausströmen ließ. Die Kugel bekam Risse, welche sich über den gesamten Körper erstreckten, ungleichmäßig, aber einem gewissen System folgend. Dormian zog seine Hand kurz zurück, sammelte sich und verpasste dem Gebilde eine Ohrfeige. Dieser leichte Klaps löste eine Kettenreaktion aus: Der Steinball zerplatzte in mindestens vierzig kleinere Brocken, die zwar verschieden groß waren, jedoch in der Richtung der Wächter zugespitzte, abgeschliffene Enden aufwiesen. Als Dormians Hand ihren Schwung auslaufen ließ, zischten diese primitiven Dolche in einem breiten Bogen nach vorne, direkt auf die Statuen zu. Diese erwachten aprubt zum Leben und begegneten den Geschossen ebenso wie dem Angriff von Rufus. Entweder zerschnitten die Gesteinsklingen die Magie Dormians wie Messer durch lauwarme Butter oder jene Geschosse trafen die Gesichter und Oberkörper, worauf sie zerplatzten. Der Zauber war nicht stark, doch ebenso hatte es der Zauberer gewollt. Während des Scheinangriffs hatte er die Bewegungen und Schläge der Statuen genau beobachtet. Doch die Zeit reichte nicht, um etwas herauszufinden.

"Und noch einmal!", rief Dormian, worauf sich der Angriff von eben bereits zum vierten Mal wiederholte. Es war immer die gleiche Prozedur: Erschaffen einer Kugel, Kugel rissig machen, sie schlagen, die Splitter auf die Wächter werfen, Wächter beim Zerlegen der Splitter beobachten. Der Erdmagier wurde nicht müde, diese Technik einzusetzen, da sie nicht viel Kraft kostete und einzig mit physischen Kräften wirkte. Auch, wenn seine Kraft dieser Physik ein wenig auf die Sprünge half. Als er eine weitere Kugel, mittlerweile das fünfte Exemplar, erschaffen hatte, verharrte er nach der Berührung, die die Risse erzeugen sollte.
"Sie reagieren immer, wenn man sich auf eine bestimmte Distanz angenähert hat. Ungefähr vier Meter. Dein Ball und meine Geschosse. Ab dieser Entfernung erst bewegen sich diese Dinger. Das bedeutet, wir können uns zumindest bis auf diese vier Meter ohne Gefahr nähern", sprach Dormian seine Gedanken laut aus und ließ die Kugel die selbe Behandlung durchmachen wie ihre Vorgänger. Der Arboris wischte sich den Schweiß von der Stirn, lächelte aber. Diese Herausforderungen gefielen ihm, wie ein kleines Kind sich über ein Schaukelpferd oder ein Holzschwert freute.
"Komm!"
Gesagt und getan, Dormian schritt entspannt auf die Statuen zu. Es stimmte; bis zu dem Punkt, wo Dormian stehen blieb, rührten sich die Wächter keinen Milimeter. Das Podest und das Tor mit den beiden Magierfiguren stand unbewegt und starr hinter dem Hindernis. Bewegungslos und doch so lebendig wirkend, als hätten sich zwei alte Zauberer dazu entschlossen, hier ihr Ende zu finden, sich in Statuen zu verwandeln und auf ewig Wache zu halten, um die Erdschriftrolle zu beschützen. Dormian würde sich dieser Schriftrolle als würdig erweisen.
"Es muss mit den Wörtern zu tun haben, die du übersetzt hast... Respekt, Ehrfurcht und Unterwürfigkeit, oder?.... Hm.... vielleicht müssen wir den Sinn dieser Wörter irgendwie veranschaulichen", rätselte der junge Magier und betrachtete zum unzähligsten Mal jede einzelne der Statuen. Wie sollte man solche Eigenschaften denn am besten "spielen"? Etwas unsicher, aber trotz allem unverändert neugierig, sank Dormian dort, wo er stand, auf sein rechtes Knie und legte den Stab parallel zu ihm neben sich. Anschließend senkte er den Kopf und streckte seinen rechten Arm halb aus, berührte mit gespreizten Fingern den Boden und verharrte so in dieser Position. Diese Pose der Unterwürfigkeit hatte der Zauberlehrling einmal in einem Buch gefunden, in der ein Soldat zu seinem König heimkehrte, um den Sieg einer bedeutenden Schlacht zu verkünften und seinem Herrscher mit dieser Geste seine Loyalität zu zollen. Vielleicht funktionierte es auch hier?

Endlich umgearbeitet, wird nie mehr so lange dauern :D

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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Erzähler » Samstag 26. März 2011, 14:37

Eine gewisse innere Unruhe und deutlich spürbare Ungeduld schien von Rufus besitz ergriffen zu haben. Zumindest wirkte er ein wenig angespannt. Sein Blick huschte immer wieder zwischen den steinernen Wächtern und Dormian hin und her, dabei wippte er mit dem Oberkörper leicht vor und zurück. Für einen Erdmagier hatte er schon einen seltsamen Charakter. Man sagte dieser Gattung von Zauberkundigen im allgemeinen ja nach, dass sie ruhig, gelassen und Geduldig waren. Rufus hingegen schien eher wechselhaft und hektisch zu sein. Aber das konnte auch an diesem Ort liegen. Hier, tief unter den Lehrsälen der Universität, tief im Herzen unter Zyranus zu stehen, nur ein paar Meter von einem großen Tor entfernt, dass wer weiß welche Geheimnisse verschloss ... wer konnte ihm da eine gewissen Ungeduld versagen?
Dormian, der damit beschäftigt zu sein schien, die Funktionalität der Statuen näher zu verstehen, bekam von dem seltsamen Benehmen seines Kameraden sicherlich nicht viel mit. Mit rutinierten Handbewegungen schuf er immer wieder eine Steinkugel, nur um diese in splitterartige Dolche zu zerteilen und den Statuen entgegen zu schießen. Natürlich ließen sich diese seltsamen Schlangenwesen aus Stein davon genauso wenig irritieren, wie durch das Geschoss von Rufus. Die meisten bewegten sich nicht einmal, als die dünnen Splitter gegen sie prasselten ohne auch nur Kratzer zu hinterlassen. Nur bei etwas größeren Fragmenten nutzten einige Wächter ihrer breiten Schwertklingen wie Schilde. ”Das bringt nichts. Mein Zauber hätte eine Steinmauer einreißen können und diese Dinger hat es nicht einmal ein gekümmert.” Sagte Rufus ein wenig gereizt und griff seinem Begleiter von hinten an die Schulter. Dass der junge Arboris mit seinem tun etwas anderes bezweckte, als die Golems anzugreifen, schien ihm nicht in den Sinn zu kommen.
Nach der vierten oder fünften Wiederholung erklärte Dormian endlich, was es mit seinem Experiment auf sich hatte, woraufhin er sich ein anerkennendes Nicken von Rufus erntete. Jetzt wo er es gesagt hatte, klang es ganz einleuchtend, mit den geschossen die Entfernung auszuloten, bevor sie sich weiter annäherten. Stumm folgte der Rotschopf seinem Freund, als es näher an die geheimnisvollen Wächter ging, hielt jedoch trotzdem ein wenig abstand, so als fürchtete er sich davor, dass sich Dormian doch geirrt hatte.
Doch nur, weil sie den Statuen nun ein wenig näher waren, brachte sie das nicht viel näher an das Tor der Erde heran. Noch immer standen sie da, leblose Krieger, wie eine unüberwindliche Mauer. Wenn ihre Schwerter in der Lage waren, Steine zu Zerschneiden wie weichen Lehm, was konnten diese Waffen dann mit weichen, menschlichen Körpern anstellen? Nein, Dormian hatte schon recht. Irgendwie musste das ganze etwas mit den Worten zu tun haben, auf denen die beiden Magier nun standen. Rufus hatte bereits eine Idee, doch wollte er weiterhin Dormian den vortritt lassen. Bisher hatte sich der Arboris-Spross als Anführer bewiesen, da sollte es an dieser Stelle nicht plötzlich anders laufen.
Aber auch Dormian schien eine richtige Eingebung zu haben. Er ging vor den Statuen auf die Knie und streckte ihnen die Hand entgegen. Ein Gruß, wie er eines Herrschers würdig war! Gab es denn eine Art, wie man noch deutlicher Respekt und Demut zeigen konnte? Zumindest den Statuen schien es zu genügen, als diese sich nach einigen Sekunden, mit läuten gepolter in Bewegung setzten. Die Vier Wächter, die genau in der Mitte standen, machten einen langen Schritt nach hinten. Dann teilten sie sich auf, zwei schritten in der zweiten Reihe nach links, die anderen beiden Nach rechts. Dann fiel jede einzelne Statue aufs rechte Knie und reckte jeweils ein Schwert nach vorne. Es war ein schleifendes Geräusch, wie Fingernägel auf einer Schiefertafel, als die zwei duzend Steinknie über den Boden kratzen. Aber es gab keinen Zweifel daran, dass sie den Weg frei gemacht hatten.
Schnell huschte Rufus durch die entstandene Lücke, wobei sich alle Schlangenkopfe ihm zuwandten, als wüssten sie, dass soeben jemand passiert war, der keine Ehrbezeugung getan hatte. Aber sie bleiben in ihrer Position, nur einige gaben böse, zischende Geräusche von sich.
Als Rufus an das Pult trat, das sich vor dem Tor erhob, gab es ein leises, platschendes Geräusch. Angewidert hob er den rechten Fuß an, der in eine Blutlache getreten war. Rund um das Podest war ein See aus halbgetrocknetem und geronnenen Blut. Ohne sich weiter um die den Altar und die Runen darauf zu kümmern, folgte Rufus neugierig dem dünnen Zufluss, bis er vor einem der beiden riesenhaften Magierstatuen stand. Zuerst sah es so aus, als würde der linke Bein des Magiers Bluten, doch als Rufus den Steinriesen umrundete, sah er den wirklichen Ursprung. Der kahle Schädel und ein Teil des Oberkörpers eines Mannes, ragte unter der Hacke hervor. Der Mann war eindeutig tot, zerquetscht zwischen Podest und Fuß der Statue. ”Sieh dir das an Dormian. Plattgetreten wie ein Insekt.”
Mit neugierigem Interesse ging Rufus neben dem unbekannte Mann, mit den schreckensstarren Augen, in die Knie. Seine Finger glitten über die Stirn des Toten und blieben an einem kleinen Juwelensplitter hängen. Der spitze Amethyst war etwa so groß wie eine Fingerkuppe. Vorsichtig entfernte der rothaarige Magier den Splitter aus dem kalten Fleisch, dass jedoch keinen unangenehmen Geruch verströmte. ”Das ist wirklich seltsam, nicht wahr?” fragte er leise und betrachtete das Edelsteinfragment zwischen Daumen und Zeigefinger. Dann schnipste er ihn in die Luft, fing ihm mit der Hand auf und steckte den Splitter durch seinen Kragen in einen unteren Teil seiner Kleidung.
Als wäre die Geschichte damit beendet, ging der Magier zurück zum Steinpodest und las kurz die Runen, die Darauf eingemeißelt worden waren. Egal wer das hier errichtet hatte, er war ein wahrer Künstler gewesen! ”Um es kurz zu machen: Trägst du das Blut eines Erzmagiers oder Baumeisters in deinen Adern und kannst dich gleichzeitig als Ehrenhaften Bürger von Zyranus bezeichnen, so fülle ein paar Tropfen in die Vertiefung und das Tor wird sich öffnen. Kling ja ganz einfach.” Mit erwartungsvollen Augen sah Rufus zu Dormian rüber. Laut Bellamie trug dieser ja angeblich das Blut eines Baumeisters in sich ...
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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Dormian Arboris » Montag 28. März 2011, 14:05

Dormian staunte nicht schlecht, als die Statuen auf seine respektvolle Verbeugung tatsächlich zur Seite wichen und sich ebenfalls auf ein Knie herabließen. Rufus schien weit weniger Geduld zu haben, als es die Magie in ihm zuließ und eilte neugierig durch die entstandene Gasse der Wächter, um das Portal mit den großen Zauberern und dem kleinen Altar begutachten zu können. Das wütende Zischen der Schwertschwinger aus Stein war dem jungen Erdmagier nicht entgangen, doch da sie nichts weiter unternahmen, tat Dormian es als harmlos ab. Vorsichtig stand er auf, klopfte sich den Staub von der Robe und ergriff seinen Stab, den er wie immer daraufhin leise pochend mit sich führte. Ein Blick aus den Augenwinkeln verriet ihm, dass die Wächter ihn beobachteten. Doch das Zischen und Knurren, dass sie Rufus zuvor hatten angedeihen lassen, blieb aus. Diese toten Augen aus Stein schienen etwas an sich zu haben, was man bei Freunden sehen konnte, wenn sie ihre Gefährten nach langer Zeit wieder trafen. Doch der Bursche war sich recht sicher, nie zuvor mit diesen Gestalten aus Magie und Erdreich etwas zu schaffen gehabt zu haben.

"Beim Urgeist", raunte Dormian erschrocken, als er das alte Blut um den Altar und die Leiche entdeckt hatte, neben der sich Rufus noch aufhielt. Der Student wuselte von dem armen Kerl, der dem Wächtermagier zum Opfer gefallen war, zu jenem Altar und las laut die Inschrift vor, worauf die Augenbrauen des Arboris in die Höhe wanderten. War das der Grund, wieso ihn die Schwertkrieger aus Stein so angesehen hatten? Rufus sah ihn abwartend an, doch etwas anderes erregte die Aufmerksamkeit des"Anführers".
"Eines verstehe ich trotzdem nicht...", murmelte er und hob die rechte Hand, streckte sie horizontal zur Seite und drehte die Handfläche so, dass sie nach unten zeigte.
"Wenn man das Blut eines Erzmagiers oder Baumeisters braucht... oder ein ehrenhafter Bürger unserer Stadt sein muss..."
Der Boden unter der Handfläche bekam Risse und ein einzelner, dolchlanger Stein schwebte hervor, der sehr scharfkantig wirkte und sich sanft in Dormians geöffnete Hand begab, die er vorsichtig schloss, um sich nicht zu verletzen.
"Wieso ist der Mann da hinten dann getötet worden? Wäre er nicht ehrenhaft gewesen, hätten ihn die Statuen von eben sicher nicht vorbei gelassen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass er sie trotz dieser Tatsache überwunden hätte. Er muss ähnliche Wurzeln wie... ich gehabt haben."
Die Hand um den Stein schloss sich fester und ein unangenehmes Ziehen machte sich in ihr breit. Dormian verzog keine Miene; er spürte, wie sein Blut sich einen Weg zwischen Finger und Stein suchte, dem Gesetz der Schwerkraft folgte. Langsam positionierte der Magier die verletzte Hand über der Vertiefung, während sich sein Lebenssaft an der untersten Stelle seiner Hand ansammelte. Noch ein bisschen mehr, und die ersten Tropfen würden in diese Vertiefung fließen.
"Es muss mehr dabei sein, als nur sein Blut zu vergießen. Ich glaube, vor der Schriftrolle wartet noch eine weitere Prüfung."
Er lächelte.
"Und auch die werden wir bestehen."

Dormian drückte die Hand über der Vertiefung noch ein wenig fester, trieb die scharfen Kanten des Steines darin tiefer in sein Fleisch und sofort tröpfelte ein Rinnsal Blut in die Mulde auf dem Altar. Sein Blick huschte von den Runen über die rote Flüssigkeit zu Rufus neben sich und dann zu den Gesichtern der beiden Magier, die als stumme und harmlos wirkende Wächter das Portal bewachten. Was würde nun geschehen?

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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Erzähler » Montag 28. März 2011, 16:04

Kaum berührte der erste Tropfen von Dormians Blut das Steinpodest, da glühte auch schon die erste Rune mit einem schwachen goldenen Schimmer auf. Das Glühen sprang auf die beiden links und rechts daneben über, dann weiter, bis schließlich der gesamte Text, rund um den Opferaltar von einem hellen Schimmer umhüllt wurde. Die Vertiefung, in der sich die Tropfen des Blutes gesammelt hatten, erstrahlte nun ebenfalls. Ein goldener Faden zog sich aus der Vertiefung über die Rückseite des Podests, dann über den Fußboden, wo er sich aufteilte und in die beiden Torhälften endete. Einen Moment lang geschah nichts und es schien so, als wäre außer dem hübschen Leuchten keine Wirkung eingetreten. Dann begann die erde zu Zittern. Mit einem leichten rumpeln schoben sich die beiden gigantischen Torflügel in das Fleisch der Höhle hinein. Ein Spalt tat sich auf, der sich langsam aber doch unaufhaltbar vergrößerte. Ein gleißendes Licht von der anderen Seite des Tores verhinderte, dass man etwas erkennen konnte, das jenseits der Schwelle lag, gleichzeitig wurde auch der Tunnel geflutet. Sowohl Dormian als auch Rufus mussten den Blick abwenden um ihre Augen zu schonen. Das Rumpeln endete abrupt und die Torflügel blieben stehen. Die Öffnung, die entstanden war, war gewiss groß genug, dass vier korpulente Männer nebeneinander hindurch treten konnten ohne sich zu berühren. Auch die künstliche Sonne von der anderen Seite ebbte ab und erlaubte nun einen Blick in die Kammer, in der sich Dormian einen seiner größten Wünsche erhoffte.
Der neue Raum war eben so hoch, wie der kreisrunde Saal, aus dem sie kamen und gleichfalls mit weißem Marmor und goldenen Säulen verschönert worden. Kein vergleich zu dem gewöhnlichen Tunnel, durch den sie gekommen waren, herrschte hier. Im Zentrum der zwölfeckigen Kammer, war abermals das Symbol der Erde eingelassen worden. Der gelbbraune Erzkristall leuchtete von einem inneren Licht heraus und schien auch die Hauptbeleuchtung hier drinnen zu sein. Aber was wirklich die Blicke auf sich zog, waren die Statuen. Sechs Steinbilder, genau so groß wie die beiden Torwächter, standen um Halbkreis an den Wänden verteilt. Noch eindrucksvoller jedoch als die beiden mahnenden Wächter, sah jeder Seinriese anders aus. Vier von ihnen waren Männer, die anderen zwei waren Frauen und alle hatten königliche Posen eingenommen. Die Mauern hinter den Statuen waren mit detailgetreuen Bildern verziert, die eindeutig den Standbildern nachempfunden worden waren.
Doch weder die Statuen noch ihre Wandgemälde schienen hier in dieser Kammer wirklich wichtig zu sein. Nein, egal ob es die Haltungen der steinernen Magier oder die Posen der gemalten waren, sie alle lenkten Blick auf die sechs länglichen, rechteckigen Erhebungen, rund um das Erdsymbol. Auf den ersten Blick waren sie schwer zu deuten. Tresore, oder Podeste oder ...
”Nach dir,” meinte Rufus freundlich und streckte seine hand in Richtung des Durchgangs aus. Sein Blick war nicht zu deuten, als Dormian losschritt, über die Pforte und hinein in den geheimnisvollen Raum. Eine gewisse Kälte lag in der Luft, nicht unangenehm aber doch genug um jemanden in Sommerkleidung eine Gänsehaut zu verursachen. Als Dormian näher an die marmornen Steinkästen heran ging, wurden die Lobpreisungen in Melangior deutlich, die überall mit Meistehrhand eingearbeitet worden waren. Sarkophage! Dieser Ort hier war nicht dazu gedacht, den magischen Schriftrollen eine Heimat zu bieten. Sie war eine Grabkammer ...
”Na los, schnapp ihn dir, bevor er auf eine Dummheit kommt!” Eine kalte, gleichgültige Stimme erklang in Dormians Rücken, gleichzeitig ertönte ein Geräusch, wie wenn ein schweres Buch auf den Boden viel. Dormian hatte grade noch genügend Zeit um sich umzudrehen und festzustellen, das Rufus zwar seinen Folianten weggeworfen hatte, aber noch immer alleine vor dem Altar stand, als einer der beiden Torwächter sich durch den Durchgang beugte und seine gewaltige Hand um den jungen Arboris schloss. Der steinerne Griff war unbarmherzig fest und es gab keine Möglichkeit ihm zu entkommen.
Rufus schien sich derweil köstlich zu amüsieren, jedenfalls von seinem herzhaften lächeln her zu schließen. Als er sich sicher war, das Dormian sich nicht mehr bewegen konnte, setzte der Magier sich in Bewegung und überquerte lässig die Pforte. Dabei knöpfte er sich einen um den anderen Knopf seiner Robe auf und lies das graue Studentengewand unachtsam von seinen Schultern auf den Boden gleiten. Darunter trug er etwas, das an eine Mischung aus Magierrobe und Priestergewandung erinnerte, gehalten in Braun und hellen Goldtönen. Die roten Haare schienen in Bewegung zu sein. Nach ein paar Schritten schimmerten sie feucht, dann begannen blutrote Tropfen rings um ihn auf den Boden zu fallen. Mit jeder blutigen Welle wurden die Haare heller und als er endlich vor Dormian stehen blieb, waren die einst roten Haare dunkelblond geworden. Mit einem Ruck riss er sich das Stirnband vom Schädel und warf es achtlos von sich fort.
”Ich danke dir wirklich vielmals, Dormian,” schnarrte die selbe düstere Stimme weiter, “Ohne dich hätte ich dieses verdammte Tor niemals öffnen können.“ Der Magier verbeugte sich lakonisch vor dem gefangenen Dormian und lachte dann kurz und boshaft auf. Seine linke Hand wanderte nach oben an sein Gesicht. Er griff sich selber an Auge und zog das untere Lied nach unten, bis man das Blutige rot sehen konnte. Die langen, schmalen Finger bohrten sich tiefer ins Fleisch und dann .... rissen sie die Haut abrupt herunter! Das freundliche Gesicht des Rufus von Weißenstein löste sich mit einem widerlichen Geräusch, wie eine Maske vom Kopf des Mannes, dann warf er das tote Fleisch, dessen Innenseite rötlich schimmerte, auf den Boden. Dort wo nun Knochen, Muskeln und Blutgefäße hätten sein müssen, war jedoch das ganz gesund wirkende, jugendliche Gesicht eines Mannes, der kaum älter zu sein schien als Dormian. Aber es wirkte so leichgültig, kalt und unnahbar, viel mehr wie eine Maske, als das Haupt eines Menschen. Auf seiner Stirn prangte ein schwarzes Mal. Ein schräges Kreuz, das von zwei Schlangenlinien eingerahmt wurde ( ~ X ~ ). “Faust. Rufus Faust. Meines Zeichens Ausgestoßener, Schwarzmagier und Totenschänder, zumindest nennen mich die ehrbaren Zyraner so.“ Der Mann, der einmal Dormians Weggefährte gewesen war, lachte ein weiteres Mal leise auf, schüttelte leicht den Kopf und ging dann zu einem der Steinsärge um sich respektlos auf die Platte zu setzen. “Du hast ja bereits von mir gehört. Vor dreihundert Jahren war ich eine regelrechte Berühmtheit. Aber genug von mir, ich möchte dir noch jemanden vorstellen.“
Faust wies mit dem Daumen über die Schulter und auf die Statue eines Mannes, der eine seltsame Ähnlichkeit mit Dormian hatte. Vielleicht ein paar Jahrzehnte älter und mit einem Vollbart, aber trotzdem war Gleichheit beeindruckend. “Das hier ist Lucrecious Dinivan Arboris. Dein Urahn und der zweite Erderzmagier von Zyranus. Übrigens auch der Baumeister dieser wunderbaren Hallen, voller unglaublicher Geschenke.“
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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Dormian Arboris » Montag 28. März 2011, 19:53

Dormians Augen weiteten sich, als Rufus sein wahres Gesicht zeigte. Rufus Faust, Schwarzmagier... Totenschänder? Durch den Griff der Statue daran gehindert, sich zu bewegen, konnte der junge Erdmagier nur dabei zusehen, wie sich sein vermeintlicher Freund auf einen der Sarkophage setzte. Er verstand die Welt nicht mehr, konnte sich keinen Reim auf das Verhalten seines Gefährten nicht erklären. Er war hintergangen worden, schändlich betrogen und ausgenutzt.
"Was zum...!", keuchte der Bursche und begann, sich gegen den unbarmherzigen Griff der Statue zu wehren; natürlich ohne Erfolg. Doch als ob es noch nicht genug der Offenbarungen wäre, sprach Faust plötzlich auf die Person an, auf deren Sarkophag er saß. Zumindest dachte Dormian dies, da die Statue, auf die der Mann deutete, genau hinter jenem Sarkophag stand. Die Ähnlichkeit stach dem Arboris sofort ins Auge und seine Vermutung wurde bestätigt. Ein Arboris, seines Zeichens ein Erderzmagier und der Erbauer dieser Hallen.

Dormian hörte auf, sich gegen sein Gefängnis zu wehren und starrte nur das steinerne Antlitz des Magiers an, dessen Blut in seinen Adern floss. Lucrecious Dinivan Arboris. Ein Blick auf den Stammbaum, der sich im Stab des jungen Zauberers befand, hätte ihm sicherlich mehr verraten, wie weit das Zeitalter dieses Ahnen zurücklag. Doch seine Wissbegier war in diesem Moment fehl am Platz. Faust saß auf den Überresten dieses Mannes, dem Ursprung seiner Familie. Eine schändliche Demütigung, doch Faust hatte sich ja als Totenschänder vorgestellt. Er machte seinem Namen alle Ehre. Dormian senkte den Blick und sah auf die Hand, die seine Hüfte umklammert hielt.
"Rufus Faust... Dinivan Arboris... Rufus von Weißenstein und Dormian Arboris... ist doch eine seltsame Ironie, nicht wahr?", murmelte Dormian und ballte die Fäuste. Eine nie gekannte Wut stieg in ihm auf. Diese Gestalt da vor ihm, die schon längst nicht mehr unter den Lebenden wandeln dürfte, war der Ursprung eines Gefühls, wie es der junge Lehrling nie im Leben verspürt hatte.
"Hier ruhen Jahrhunderte der magischen Geschichte. Ich sehe meinen Urahnen und einen Verbrecher, beide schon so viele Jahre alt... und hierher sind wir gekommen als zwei Jugendliche, Gefährten und auch Freunde... doch bei allem Wissen kann man sich wohl irren... dafür danke ich dir, Faust... Du gibst mir eine Erfahrung und eine Erkenntniss... dass der Schein über Intelligenz hinausgehen kann......."
Langes Schweigen folgte, als Dormian schließlich wieder den Kopf hob und Faust ansah. Er sprühte vor Wut, Zorn und Hass. Die haselnussbraunen Augen des Arboris schienen kräftiger zu leuchten, als es für sie normal schien.
"Schieb deinen unwürdigen Arsch von dem Denkmal meiner Familie.... Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal solch unzivilisierte Worte in den Mund nehmen muss, aber jetzt tue ich es sogar gerne... Wie kannst du es wagen, diese Stätte zu entweihen und mich dafür auch noch zu missbrauchen... dafür wirst du bezahlen, du schmierige, heuchlerische Totenschabe... DAFÜR WIRST DU BEZAHLEN!!!!!"

Erfassen, Formen, Zusammensetzen!, blitzte es wie gewohnt durch Dormians Gedanken, doch diesmal kam eine ungewohnte weitere Zutat dazu: Hass und noch mehr Entschlossenheit, als es der Magier je für seine Zauber gebraucht hatte. Seine Magie erfasste die Hand um seinen Leib. Da Rufus offenbar ebenfalls Erdmagie benutzt hatte, hatte sein Einfluss diese Statue längst verlassen. Das war das Grundprinzip dieser Magie, sich nach dem Entstehen zurückzuziehen, bis man das Ziel wieder beeinflusste. Dormian biss die Zähne zusammen und machte seiner Wut Luft, indem er wütend aufschrie und sich gegen sein Gefängnis stemmte. Die Magie in ihm strömte heraus, erfasste jedes noch so kleine Teilchen des Gesteins um ihn herum.
"ICH BIN STINKSAUER, WEISSENSTEIN!!!", schrie der sonst ruhige und ausgeglichene Zauberschüler und ließ seine Kraft wirken. Sein Zauber zersetzte das Gestein, machte es porös und brüchig, worauf es selbst einem schwächlichen Zyraner gelang, diesen zu zerstören. Splitternd löste sich die Hand der Statue in tausende Brocken auf, stob nach allen Seiten davon, als sei es zu Boden geworfenes Porzellan. Dormian fing seinen kurzen Fall ab, indem er auf die Knie ging, seinen Stab packte und mit der rechten Hand eine faustgroße Kugel aus dem Marmor zog, diese nach Rufus warf und sie ähnlich wie zuvor zersplittern ließ. Ihm war in diesem Augenblick egal, ob sein Gegenüber weitaus begabter war als er selbst. Dreihundert Jahre Erfahrung gegen 10 Studienzyklen und der Entschlossenheit, das Andenken seiner Familie zu beschützen. Dormian pfiff in diesem Augenblick auf Vernunft und Ruhe, sondern attackierte Faust mit einem Regen aus spitzen Gesteinsbrocken. Was auch immer geschah, er würde nicht zulassen, dass ein Schwarzmagier seine Familie schändete.

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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Erzähler » Dienstag 29. März 2011, 00:03

Es war diese Gelassenheit und Gleichgültigkeit, die Rufus Faust, den vor Jahrhunderten so hoch dekorierten Magier, nun so unnahbar und einschüchternd wirken lies. Kein einziges Mal hatte er eine Miene verzogen, als Dormian seiner Wut freien lauf lies und den vermeintlichen Freund anbrüllte. Das überlegene Lächeln, dass sein so jugendhaftes Gesicht beherrschte, schien dort eingemeißelt worden zu sein. Es gab nur ein einziges Kennzeichen, dass erkennen lies, dass dieser Mann mit dem schwarzen Brandmal auf der Stirn und tollpatschige und ängstliche Magieschüler wirklich ein und dieselbe Person waren: Die Augen. Diese schwarzen, toten Augen, die niemals blinzelten, sondern immer nur halb geschlossen und mit einer gewissen Arroganz auf Dormian ruhten. Faust bewegte sich auch nicht, als Dormian sein Gefängnis sprengte und auf den Boden rollte, fast so als wäre das überhaupt nicht nötig. Dormian hatte es sich ja bereits gedacht, auch wenn er es in seinen Hinterkopf verbannt hatte. Faust war bereits vor dreihundert Jahren, im Alter von grade mal 20 als Genie abgestempelt worden. Nun hatte sich der junge Arboris, der grade einmal ein gutes Jahrzehnt magische Ausbildung genossen hatte, gegen einen der ältesten und wohl mächtigsten Erdmagier stellen, die noch auf Celcia wandelten. Wie sehr diese unzähligen Jahre Faust verändert hatten, konnte sich Dormian nicht einmal in seinen Alpträumen vorstellen.
Als der Magiestudent seinen Zauber gegen den respektlosen Widersacher sandte, schlug dieser entspannt die Beine übereinander und faltete die Hände im Schoß. Die Dolchartigen Steinsplitter, die Dormian erzeugt hatten, blieben allesamt eine Handlänge weit vor ihrem Ziel in der Luft hängen. Auf ein kurzes Nicken von Seiten des Abtrünnigen fielen die Projektile auf den Boden und verschmolzen mit dem Stein. Einen Herzschlag später tat sich der Boden unter Dormian auf und er glitt hinunter, doch sein Fall wurde nach einem halben Meter gestoppt. Das Gestein um ihn herum schien zu schmelzen und verflüssigte sich, passte sich seinem Körper an und drückte die schmale Gestallt des Erdmagiers aus dem Loch heraus. Wie die Magma nach einem Vulkanausbruch verhärtete sich die Masse wieder und quetschte Dormian schmerzhaft, aber ohne ihn zu verletzen zusammen. Nur noch der Kopf des Zyraner lugte hervor, der Rest war in dem Stalagmit eingeschlossen, der sich um ihn herum gebildet hatte und die Eleganz im Bild der Kammer ruinierte.
“Aber Dormian, ich dachte wir beide sind Freunde. Lass mich besser nicht bedauern, dass ich dir das Leben lassen will.“ Die falsche Trauer, die in Fausts Worten mitfloss, war kaum zu überhören, aber sie enthielten auch einen Funken wahrheit. Noch hatte der Schwarzmagier ihn nicht getötet und das obwohl er sicherlich dazu in der Lage gewesen wäre. Er räusperte sich vernehmlich und sprang nun doch von dem Deckel des Sarkophags auf. Dabei griff er in die Innentasche seines Gewandes und Zog den kleinen Splitter hervor. “Nun sei schön brav. Wir wollen uns Unterhalten, bevor ich dich verlasse. Du hast schließlich ein recht zu erfahren was du alles verschuldest. Beginnen wir mit dem grundlegendem: Weißt du was das hier ist?“ Er ging ein paar Schritte auf Dormian zu. Der Edelsteinsplitter, den er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt leuchtete schwach auf, doch er flackerte immer wieder, wie eine Kerze die kurz vor dem erlischen steht. “Man nennt sie Energiekristalle. Sie können die Magie eines Zauberers speichern und für später aufheben. Das hier ist freilich nur der Splitter eines Energiekristalls, aber der darin enthaltene Bruchteil meiner Magie ist dazu in der Lage, unter anderem andere Menschen mit meinen Kräften auszustatten. Auch wenn sie diese nicht kontrollieren können. Aber wozu erzähle ich dir das alles?“
Mit einem breiten Grinsen steckte Faust den Splitter zurück in seine Tasche und ging nun zu dem Sarkophag links neben dem Urahn der Arboris. Der Name auf dem Sockel der Statue dahinter, lautete Johann Faust, wie Dormian selbst auf die Distanz entziffern konnte. Rufus’ trat hinter den Steinsarg und ertastete mit seiner linken hand die Fuge zwischen Deckel und Truhe. Mit einer unmenschlichen - und gewiss auch unheiligen – Kraft riss Faust an der Steinplatte und schleuderte sie mit nur einer Hand gegen die gegenüberliegende Wand, wo der Marmor zersplitterte. Für einen Moment verschwand der Oberkörper des Hexers im inneren des Sarkophags, erhob sich dann mit einem noch breiteren Lächeln wieder. In seiner rechten Hand hielt er einen Amethyst von der Größe eines Schwerthefts. Der Edelstein pulsierte mit einem kraftvollen, gelblichen Licht, fast wie ein Herz.
“Manche Magier stellen zu lebzeiten einen Solchen Energiekristall ihrer eigenen Kraft her, damit ihre Magie auch nach dem tot noch weiter existiert. So wie mein Vater zum Beispiel!“ Faust warf den Kristall in die Luft, fing ihn mit der anderen Hand und steckte ihn dann in den Gürtel. “Ich persöhnlich hätte ja lieber deinen Vorfahren gehabt, aber der war umsichtiger. Nur wenige Magi sind sich der Folgen bewusst, sollte so ein Schatz in die Hände eines Nekromanten-Meisters fallen. Wie mir oder meinen Adjutanten. Darum sind diese Grabkammern auch so gut geschützt worden. Die Gänge sind ein Witz, aber diese Portale sind leider unzerstörbar wie ich feststellen musste. Und mein eigenes Blut funktioniert auch nicht mehr als Schlüssel. Natürlich nicht, schließlich ist es ja längst nicht mehr mein Blut. Leider hat niemand daran gedacht, den Schutz auch hinter den Pforten aufzubauen. Was bedeutet, dass ich mich für einen Moment empfehlen muss!“
Der hochgewachsene, blonde Mann wandte sich von Dormian ab und ging auf eine der Seitenwände zu. Eine abfällige Handbewegung reichte bereits aus und in dem festen Mauerwerk zerschmolz alles zu einem mannshohen Tunnel. Wie er bereits gesagt hatte, verlies Faust die Kammer für mehrere Minuten und lies Dormian mit seinem Urahn und den fünf anderen Erd-Erzmagiern alleine. An eine Flucht aus seinem neuen Gefängnis war gar nicht zu denken. Der von Faust bearbeitete Stein schien sich vollkommen verändert zu haben und hatte nichts mehr mit den Felsen gemein, die durch die Macht des Urgeists bearbeitet und geformt werden konnten. Aber war es denn überhaupt möglich, eine so verdorbene Version von Erdmagie zu nutzen, dass sie die Schöpfungen eines Gottes selbst besudeln konnten? Im Gegensatz zu anderen Magiearten, musste man die tatsächliche Kraft bei Erdmagie aus einer höheren Quelle beziehen, oder etwa nicht?
Nach vielleicht zehn Minuten kehrte Faust zurück. In seinem Gürtel glühten nun auch drei weitere Energiekristalle. Rot, hellblau und weiß pulsierten sie, aber ob man dadurch auf die Magieart schließen konnte, war gewiss fraglich. Gelassen lies sich Rufus Faust wieder auf dem Grab nieder, in dem der Stammhalter der Arboris ruhte und legte seine Hände auf die Oberschenkel.
“Wie bereits erwähnt habe ich zuerst versucht das protal mit meinem eigenen Blut zu öffnen. Oder besser gesagt, ich habe Christoffus dort draußen die Macht dazu gegeben, es zu versuchen, doch er versagte, worauf ich ihn bestrafen musste,“ erzählte Faust in freundlichem Plauderton weiter, so als unterhielten die beiden sich über das Wetter. “Ein toter Eleve bereitet mir nicht unbedingt Kopfschmerzen. Sie sind leicht ersetzt, denn es gibt eine Menge junger Magier, die für Ruhm und Macht alles tun würden. Ganz so wie auch du, mein lieber Dormian. Und nun behaupte nicht das Gegenteil! Deine Suche nach der Erdschriftrolle ahndet schon fast in Besessenheit aus! Du warst so begierig darauf, diesen Schatz zu finden, dass du jeden Zufall und jedes glückliche Ereignis hingenommen hast, ohne es zu hinterfragen. Ich muss dich Enttäuschen, wie dir sicher selber inzwischen klar ist, befindet sich die Schriftrolle nicht hier. Ich musste ein wenig Schicksal spielen, damit du mir freundlicherweise halfst, meinen eigenen Plan auszuführen. Wo fange ich nur an ...? Ich habe zuerst mehrere mögliche Opfer meiner Intrige beobachtet, aber du schienst mir von den drei möglichen zielen das am leichtesten zu manipulierende. Von der Schriftrolle, die ich dir in der Bibliothek zeigte, gab es mehrere Kopien, die ich in vielen Läden in der Stadt verteilt habe. Als du gestern den Laden für Schreibwerke betratst, war ich zufällig Anwesend. Du kannst dir meine Freude vorstellen, als ich dich den laden betreten sah. Aber anstatt die Abteilung für Erdschriften zu durchstöbern, musstest du ja diesen schwächlichen Greis anbeten, auf das er dir Helfe ...“ Lakonisch rollte Faust mit den Augen und schwenkte seine rechte hand einmal gelangweilt durch die Luft. Aus dem Boden vor Dormian wuchs eine kleine Schrifttafel heraus, gleich der, die in der Tasche des jungen Magiers ruhte. “Den Ladenbesitzer musste ich deshalb natürlich ausschalten. Er hatte gesehen, wie ich einen Zauber wirkte, Pech für ihn. Leider warst du nicht in der Lage, diese simplen Trollrunen zu übersetzen. Das einfachste war natürlich, dass ich selber auf den Plan trat und in die Rolle des Rufus von Weißenstein schlüpfte. Für diesen Zweck habe ich bereits vor einigen Wochen einen Knaben namens Gorén von Weißenstein getötet und sein Gesicht gestohlen. Ich übersetzte dir den text und gab dir die Schriftrolle, die du im Laden übersehen hast. In der Nacht tötete ich dann Bellamie, der tatsächlich einer der weinigen nicht Erzmagier war, die von diesen Hallen wussten. Er wehrte sich verzweifelt, war mir aber selbstverständlich unterlegen. Als wir sein Haus dann gemeinsam betraten, belebte ich seinen toten Körper. Ich unterschätzte seine Willenskraft, wie ich gestehen muss, aber der Dämmerling sagte nichts, was eine Gefahr darstellte. Ab da war alles ganz einfach. Ich lies dich im Glauben mich zu führen, der stärkere, klügere und mutigere zu sein. Alles hat perfekt funktioniert!“
Faust, der sich ganz offensichtlich in Ekstase geredet hatte, erhob sich wieder von dem Grab des Arboris, umrundete Dormian in seinem Gefängnis und blieb bei seiner Schülerrobe auf dem Boden stehen. Er bückte sich hinunter und nahm einen der Flaschenkürbisse in die Hand, um mit ihm zurück in Dormians Sichtfeld zukehren. Vorsichtig entkorkte er das Gefäß und lies die schlammartige Flüssigkeit darin auf den Boden sickern, wo sie Blasen warf und begann langsam den Fußboden zu zersetzen.
”Nun denn, aber wozu das ganze, das fragst du dich nun sicherlich, nicht wahr? Als von natur aus gütiger Mann werde ich dir das auch verraten. Ich habe mir soeben vier Energiekristalle angeeignet. Einen des Elements Erde, dann noch Feuer, Eis und Energie. Ich habe ein Ritual entwickelt. Ich werde die Seelen dieser vier Magier in neue Gefäße aus verdorbener Erde pflanzen. Sie werden über ihre Persönlichkeit, über ihr Wissen UND ihre Magie verfügen, jedoch unverletzbar, unsterblich und mir willenlos gehorsam sein! Die Kristalle hast du mir geliefert. Die verdorbene Erde werden meine Adjutanten inzwischen im Gut meiner Familie vorbereitet haben. Es fehlen nur noch das Blut und die Lebensenergie von passenden Opfern. Und die hat mir auch schon jemand besorgt. Weißt du, ich habe einen neuen Diener mit viel Ehrgeiz gefunden, der mir eine Menge über dich erzählt hat. Sein Name lautet Krytas. Er hat mir auch sofort ein Opfer für den Feuerkristall vorgeschlagen. Seine Schwester glaube ich. Es wärmt mir wirklich das herz, wenn ich so bereitwillige junge Leute sehe. Nun denn. Es wird langsam zeit für mich. Oh, entschuldige mich kurz.”
Faust zog plötzlich einen Kleinen Handspiegel aus dem inneren seines Gewandes und schien sich darin zu betrachten. Eine unbekannte, aber sehr jung wirkende Mädchenstimme sagte Worte, die für Dormian keinen Sinn ergaben und von Faust in gleicher weise beantwortet wurden. Wahrscheinlich sprachen sie Haraxisch. Faust war grade im Begriff, seinen Spiegel der Verbindung wegzustecken, als er innehielt. Den Blick ins lehre Gerichtet, lauschte er an der Oberfläche und schien ganz in Gedanken verloren. ”Aio, du böses Mädchen, ich hab dir doch verboten zu lauschen. Aber bitte, da du schon mal mitgehört hast. Du weißt wo sich der Junge befindet, vielleicht hast du ja doch noch die Gelegenheit, dich mit ihm zu amüsieren, ehe er stirbt.” Dann verschwand der Spiegel entgültig wieder in seiner Tasche. Der blubbernde und brodelnde Fleck im Boden war inzwischen auf die Ausmaße eines Rades herangewachsen und begann langsam in die Höhe zu wachsen.
Faust schien es nun plötzlich sehr eilig zu haben, aber schließlich hatte er inzwischen auch alles, was er haben wollte. Der ganze Redeschwall, den Dormian über sich hatte ergehen lassen, diente bestimmt nur dazu, dass dieser dämonische Bastard von Schwarzmagier sich besser fühlte, vielleicht auch um den jungen Mann zu peinigen. ”Ich hätte dich wirklich gerne von hier unten wieder mitgenommen, Dormian. Aber ein böser Junge, der mit Steinen nach anderen Leuten wirft, muss man nun mal bestrafen. Da ich aber ein fairer Spieler bin, werde ich dir eine Chance geben. Ich werde nun gehen. Aber Barnabas hier wird bleiben. Vielleicht schaffst du es ja, ihn zu vernichten, bevor die Harpyie und der Mantikor dich aufgestöbert haben. Oh, hatte ich erwähnt das ich ihre Käfige präpariert habe? Aber wahrscheinlich bekommst du keinen der beiden mehr zu Gesicht. Ein Schlammgolem ist ein verdammt gemeiner Gegner! Aber wenn du das hier überleben solltest und wir uns irgendwann wieder sehen, werde ich mir mit vergnügen deine Magie einverleiben. Vielleicht nehme ich mir sogar deinen Körper, wenn dieser hier stirbt? Wer weiß ... Alsdann, lebe Wohl!”
Mit diesen Worten verabschiedete sich der Schwarzmagier und verließ wehenden Schrittes die Grabkammer. Das große Portal schlug hinter ihm zu, doch als die Pforte sich schloss, löste sich auch Dormians Gefängnis auf. Für einige Minuten war er frei, aber alleine und eingesperrt mit diesem Wesen, dass dort heran wuchs. Der schlammige Körper nahm langsam Menschliche Konturen an, war aber größer und Breiter als gewöhnliche sterbliche. In der Partie, die wohl der Kopf sein sollte, glühten zwei bronzefarbene Abgründe. Der Golem brüllte plötzlich auf, ein langer, intensiver laut, der nichts menschliches an sich hatte. Einen Augenblick lang schien „Barnabas“ ohne Orientierung zu sein, bevor er Dormian bemerkte. Der klaffende Riss, der wohl ein Mund war, verzog sich zu einem abstrakten grinsen. Dann setzte er sich in Bewegung. Das Ziel war klar: Einen Menschen zermatschen!
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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Dormian Arboris » Dienstag 29. März 2011, 16:58

Dormian hörte mit fassungsloser Miene zu, wie sich Faust ihm erklärte. Bis ins tiefste Mark erschüttert senkte der junge Magier den Blick und begriff, dass an all dem nur seine Gier nach Macht und Wissen schuld war. Er hatte Rufus vertraut, das Gute in ihm geglaubt zu sehen und ihm geholfen, nur um festzustellen, dass er und seine verdammte Gutgläubigkeit nur ausgenutzt worden waren. Wie konnte es nur so weit kommen... Über dies und noch so viele andere Dinge zerbrach sich Dormian den Kopf; er versuchte, die Geschehnisse zu verarbeiten, doch die Wörter "Du bist schuld!" geisterten immer eindringlicher und lauter werdend durch seine Gedanken. Hätte der Arboris nicht so blind nach der Schriftrolle gesucht, hätte seinen Wunsch danach, seinen Ahnen nachzueifern, beherrschen sollen! Aber für Reue war es jetzt zu spät. Faust war fort und mit ihm die Magiekristalle von Zauberern, an deren Macht wahrscheinlich nicht einmal der Hohe Rat heranreichen konnte. Und er war ganz allein verantwortlich dafür. Und Krytas... diese korrupte, machthungrige Made. Dormian kannte ihn gut genug, um zu wissen, in ihm einen Feind für´s Leben gefunden zu haben. Doch er kannte ihn nicht gut genug, um an die Gefahren hinter denen des Jugendkriege heranzukommen. Damals in der Bibliothek hatte er ihn besiegt und für Jahre hinweg gedemütigt. Doch ein Feuer, dass nicht gänzlich erloschen war, konnte immer wieder ausbrechen. Dormian verstand nun, dass er nicht besser gewesen war als sein Erzfeind und gleich den Preis für seine Dummheit zahlen würde. Seine Strafe, die sich ein Krimineller und Machtsüchtiger in den tiefsten Winkeln seines kranken Geistes ersonnen hatte, nahm soeben vor dem jungen Mann Gestalt an. Ein verzerrtes, menschliches Abbild aus verunreinigter Erde, die sich jeglicher Kontrolle eines rechtschaffenen Magiers entzog. Die Kraft dieser unheiligen Schöpfung war erschreckend leicht zu erahnen. Ein Schlag des Golems und sein Opfer wäre ebenso flüssiger Dreck wie er selbst.

Dormian kniete auf dem Marmor, der von den Händen seines Urahnen geschaffen worden war. Seine Hände gesellten sich dazu und ein starrer, tränengeschwängerter Blick starrte das verschwommene Abbild des polierten Bodens an.
"Es ist meine Schuld... ganz allein meine Schuld... ich war blind...", schluchzte Dormian und schloss die Augen. Wo war sein Mut? Wo war sein unübertroffener Wille, Neues zu lernen und es anzuwenden? Diese Fragen gesellten sich plötzlich zu den Schuldgefühlen, die in seinem Geist einen grausigen Chor sangen. Jeder gestampfte Schritt des Golems erschütterte den Boden und ließ Dormian zusammenzucken. Sollte das das Ende sein? Er hob den Kopf und sah der Bestie ins Gesicht, die ihn in wenigen Augenblicken töten würde. Er verstand nun alles, begriff die gesamte Situation. Sein Tod stand direkt vor ihm, stellte sich vor und war bereit, ihn zu sich zu holen. Sein Name würde in Schimpf und Schande fallen, seine Freunde, seine Familie, vielleicht sogar ganz Zyranus. Alles, was ihn ausmachte, ihn zu dem Menschen machte, der er war, würde unter Faust zerspringen wie eine Glaskugel aus einer Meile Höhe. Das alles, wenn Dormian sich nicht änderte. Und er verstand nun, was er ändern musste. Mit zittrigen Beinen stand der junge Zauberer auf, klammerte sich an den Stab seines Urgroßvaters.
"Ich habe.... es verstanden... Meine Gier und mein blinder Hunger nach Macht und Wissen haben mich erst in diese Lage gebracht. Faust und Krytas... ihr wolltet das Gleiche wie ich und ich verstehe nun, dass das nicht der Weg ist, den ich gehen will. Allein um dir zu zeigen, was du mich gelehrt hast, werde ich nicht sterben, Faust...", raunte Dormian und begann, leicht zu lächeln. Er hob den Blick und sah in die glühenden Abgründe, die das Gesicht des Golems ausmachten. Noch ein Schritt und der tödliche Streich würde folgen.
"Ihr trachtet nach Macht, um euch daran zu laben und das Wissen zu besitzen, über allen anderen zu stehen. Das wollte ich offenbar einst auch. Nein, ich trachte ab sofort nicht mehr nach der Macht, die ihr euer Eigen nennen wollt..."
Dormian machte einen halben Schritt zurück, zog seinen Stab zurück und hielt seinen ausgestreckten Arm mit gespreizten Fingern und senkrecht stehender Handfläche von sich.
"Ich werde mir eine eigene Macht schaffen, für die ich keine Opfer und keinen Hunger benötigen werde. Sie wird stärker sein als alles, was IHR euch zu erhoffen wagtet. Wahre Macht erhält man nicht, wenn man sie sich gewaltsam nimmt. Sie entsteht durch Glaube, Wille, Herz und Mut, Neues zu erfahren und dieses rechtschaffen und weise einzusetzen. Diese Macht wird mein sein! Ich brauche keine Schriftrolle, keine Kristalle oder anderen Plunder, der etwas enthält, was nicht von mir stammt. Meine Macht wird eine gute Macht sein, die euch in den Boden stampft und aufhält, mit allem, was ihr mit eurem Trugbild zu erreichen versucht!"

Dormian war nach seinem Schock über den Verrat und die Intrigen von Faust bereit, das Beste aus seiner Situation zu machen. Und dies konnte nur funktionieren, wenn er überlebte. Es galt nun, ein unheiliges Wesen, geschaffen aus verunreinigter Erde, zu besiegen. Schon während der Gefangenschaft in dem Stalakmiten hatte er bemerkt, dass seine Magie diese Erde nicht kontrollieren konnte. Verunreinigt und entweiht entzog sie sich jedem Einfluss eines durchschnittlichen Studenten. Wie also konnte er diesem Ungeheuer beikommen? Wie erwartet schlug das Ungeheuer wuchtig zu, sodass dem Zauberer nichts anderes übrig blieb, als sich fallen zu lassen und nach hinten auszuweichen. Im Nahkampf hatte er nicht einmal den geringsten Hauch einer Chance. Probehalber versuchte er es stattdessen mit dem altbekannten Trick der Splitterkugel. Das Ergebnis war abzusehen. Die scharfkantigen Brocken hätten Fleisch ohne Mühe durchlöchert und schwere Wunden gerissen, doch dieses Monster bestand aus formbarem Schlamm. Sie blieben im Körper der Kreatur stecken, während die kräftigeren Geschosse einfach durch den Leib hindurchjagten und wirkungslos zu Boden fielen. Würde Dormian die Macht verfügen, ganze Körperteile mit Erdklingen abzusäbeln, sie würden vermutlich nur umso schneller wieder nachwachsen. Also musste er sich anders behelfen.
Vielleicht reicht es schon, ihn zu stark zu deformieren. Wenn ich ihn in genügend Einzelteile spalte, könnte das reichen, um die Magie, die ihn am Leben erhält, verpuffen zu lassen... einen Versuch ist es wert, Arboris... Zeig, was du kannst!
Nachdem er einige Schritte weiteren Abstand genommen hatte, kniete sich Dormian hin und berührte mit der rechten Hand erneut den Marmor. Noch war er sich nicht sicher, wie schnell dieser Schlammgolem wirklich war. Der Hieb war wuchtig gewesen, doch es hatte nicht gereicht, das Geschwindigkeitspotenzial des Widersachers einzuschätzen. Lieber kein Risiko eingehen.
"So ein Miestvieh wie dir kann einem doch nur leidtun! Ein willenloser und zudem hässlicher Sklave, der nach der Pfeife einer Totenschabe tanzt, die durch ihre Arroganz glaubt, der Stärkste zu sein. Das kann nur eine Schwäche sein und das werde ich dir beweisen! Dir und deinem schmierigen Herrchen!", rief Dormian und entließ erneut einen Schwall Magie. Drei etwa faustgroße Kugeln aus Gestein formten sich aus dem Marmor. Einen winzigen Augenblick lang hatte er geglaubt, die vertraute Magie seiner Familie zu spüren. Dieses Kribbeln in den Fingern, diese Geborgenheit, jedesmal wenn man das Haus betrat, in dem er und seine Familie lebten... Einbildung womöglich, oder der letzte Rest der Macht, die sich in den Gemäuern hier befanden. Schließlich hatten Arboris dieses Werk geschaffen. Diese drei Kugeln begannen plötzlich, sich rasend schnell um die eigene Achse zu drehen, bis sie auf einen Fingerzeig ihres Schöpfers hin auf den Golem zurasten und wie erwartet dumpf platschend in diesem verschwanden. Doch genau das wollte Dormian. Zweimal noch schaffte er es, je zwei solcher Kugeln zu erzeugen, die wieder ihren Weg in den leib des Golems fanden. Zu mehr war der Wirker nicht fähig, denn bei diesem simplen Trick war mehr dabei als das bloße Verschleudern von Bällen aus Marmor. Zu jedem jener Bälle hatte Dormian die geistige Verbindung von Element und Magie behalten, eisern umklammert und seiner Kontrolle unterworfen. Es wurde nicht gerade einfacher, als diese Schöpfungen drohten, sich mit dem unreinen Dreck von Faust zu vermischen. Mit viel Schweiß und Kopfschmerzen gelang es jedoch.

Angestrengt keuchend wich Dormian zu einer der Statuen zurück. Es war Lucrecious Arboris, an dessen Seite sein Nachfahre nun Schutz suchte vor dem, was nun geschah.
"Steh mir bei, ich flehe dich an. VERRECKE, MISTVIEH!!!!!", schrie Dormian und ließ mit einem einzelnen Gedanken die Magie in den Kugeln im wahrsten Sinne des Wortes explodieren. Die Kugeln im Innern des Schlammgolems waren nach dem gleichen Prinzip aufgebaut wie die anderen Splittergeschosse. Diese allerdings sollten nicht nach einer Richtung sondern nach allen Seiten explodieren und sich wie eine fallen gelassene Vase nach allen Seiten ausbreiten. Die Kettenreaktion sollte aus den Splittern weitere Splitter erzeugen, die mit denen der anderen Kugeln kollidierte und diesen Vorgang so lange wiederholte, bis feiner Staub als Endprodukt herauskam. Dies fand in den Bruchteilen einer Sekunde statt, sodass eine wahrhaftige Splittergranate im Innern des Golems gezündet wurde. Und als Dormian völlig entkräftet zu Boden sank, fast sämtlicher Magie beraubt, die er für diesen Zauber benötigt hatte, folgte der ersehnte und hoffentlich wirkungsvolle Knall...
Faust.... mögen dir alle Götter gnädig sein, wenn ich dich zwischen die Finger bekomme... wenn ich mächtig genug bin, dass dir mit meiner bloßen Anwesenheit die Robe flattert.... das schwöre ich....
BUMMM!!!!!!

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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Erzähler » Freitag 1. April 2011, 14:07

Der Schlammgolem, den Faust Barnabas genannt hatte, war zwar inzwischen zu seiner vollen Größe heran gewachsen, doch seine Bewegungen waren noch langsam, ruckartig und unkoordiniert. Es erinnerte sehr stark an eine Marionette, die von einem untalentierten Puppenspieler gelenkt wurde. Doch das war gewiss kein Grund, diesen übernatürlichen Feind zu unterschätzen. Das Erdelementar war nicht nur über alle Maße stark – unter seinen Hieben könnten die kräftigsten Männer einfach zerschmettert werden – nein, das Schlammwesen war auch noch, zu allem übel, mehr als Zornig! Barnabas war gewiss nicht freiwillig in die Dienste des Nekromanten Faust getreten, im Gegenteil. Der verdorbene Magier hatte das Elementarwesen auf einer seiner Reisen aufgespürt, besiegt, versklavt und in ein magisches Gefängnis gesperrt. Es war gewiss schon Jahrzehnte her, dass der Dämon sich frei bewegen konnte. Die vielen Jahre der Gefangenschaft, unfähig sich zu Bewegen hatten den primitiven Geist des Golems von allen Gedanken außer Zerstörung und Rache gesäubert. Nun, da er endlich wieder frei war, war es ihm vollkommen gleich, gegen wen sich seine Wut richtete, solange er etwas zerschmettern konnte. Zumindest eins war klar: Reden konnte man mit Barnabas nicht!
Die ersten plumpen Attacken des Golems konnte Dormian noch mit einer gewissen Leichtigkeit unterlaufen und den schlecht gezielten Schlägen ausweichen, ohne selbst zu schaden zu kommen. Als es dann an der Reihe des Magiers war, die Offensive zu ergreifen, weitete sich der konturlose Schlund, der einen Mund ersetzte, zu einem breiten und unebenen Lachen. Dumpfe Töne, wie das Schaben von Kreide über Stein, drangen aus dem Rachen, als die Steindolche auf ihn zu flogen und sich in seinen weichen Körper bohrten. Die meisten durchbrachen die Schlammhülle einfach und klirrten wirkungslos gegen die nächste Wand oder fielen auf halben Weg dorthin auf dem Boden. Die Steinsplitter, die es geschafft hatten in dem feisten Leib stecken zu bleiben, schienen nach innen gesogen zu werden. Wenige Sekunden später, war auch klar warum, als der Golem die Projektile wie Bolzen aus seinem Schlund spuckte. Zwar verfehlten sie den Magier um haaresbreite, doch es machte deutlich, wie gefährlich dieses Wesen war. Immerhin war es in der Lage, die Geschosse des Magiers einfach wieder zurück zu werfen. Wie sollte ein Erdmagier, nur ein solches Ungetüm besiegen?
Einer seiner Dozenten hatte einmal erklärt, dass man einen Golem mit einer entgegengesetzten Magie bekämpfen musste. Einen Erdgolem musste man zum Beispiel einfrieren oder mit Feuermagie aushärten, damit der Körper zerplatze. Gute Ratschläge, gute Ideen, doch leider verfügte Dormian nur über das selbe Element wie sein Feind. Mit seinem geringen Wissen in der Naturmagie konnte er wohl auch nicht viel reißen.
Aus diesem grund begann der Spross der Familie Arboris wohl auch, eine andere Taktik zu verfolgen. Es bestand zumindest eine Chance auf erfolg, wenn er nun versuchen würde, den Golem zu zersprengen. Zumindest würde es ihm Zeit erkaufen und eben das zählte, auch wenn es nicht reichte, ihn zu befreien. Wenn das Portal sich doch nur nicht hinter Faust geschlossen hätte! Und es gab hier keinen Hinweis ob oder wie man das Tor von innen öffnen konnte. Nun, vielleicht doch, aber Dormian war ja nicht n der Lage, diese seltsamen Runen zu entziffern, die überall eingraviert waren. Andererseits war da ja noch das Buch, dass Faust mitgenommen hatte und das nun wie weggeworfen neben dem Tor lag. Doch eins nach dem anderen!
Dormian erzeugte weitere seiner Steinkugeln, um sie gegen den Schlammgolem zu schicken. Aufgrund ihrer größeren Masse durchstießen sie den formlosen Körper nicht, sondern blieben darin stecken. Aber wie schon die Dolchsplitter zuvor, wurden sie von dem sumpfartigen Körper nach innen gesaugt. Außerdem hielten die Geschosse das Elementar auch nicht auf, sich weiter in Dormians Richtung zu bewegen, nicht einmal, als dieser hinter der Statue seines Vorfahren in Deckung ging. Grade noch rechtzeitig vollführte der Erdmagier die Sprengung seiner Kugeln, denn das erste Projektil war bereits wieder bis ins Maul hinauf gewandert.
Die Explosion, die folgte, als die Kugeln sich in Sekundenbruchteilen immer weiter in ihre Bestandteile aufteilten, brachte die Statuen leicht zum beben. Schlamm spritze herum und besudelte die Monumente, der verschiedenen Magier. Doch hatte es gewirkt? An der Stelle, wo Barnabas gestanden hatte, ragte eine bräunliche Masse aus dem Boden. Der Unterkörper schien vollkommen unversehrt zu sein, aber der Oberkörper sah so aus, als wäre er einfach aufgeplatzt! Der rechte Arm fehle, ebenso wie der Kopf, während der linke Arm und der verbliebene Teil des Torsos seltsam weit zur Seite gedehnt war. Aber das Wesen war noch nicht gefallen!
Der verspritze Schlamm begann sich langsam auf den Erddämon zu zubewegen. Die Spritzer, die um die Beine herum verteilt waren, verschmolzen mit dem angeschlagenen Golem, der daraufhin langsam wieder zusammen wuchs. Mehr als Zeit hatte sich der junge Arboris wohl wirklich nicht erkauft, aber zumindest schien der Golem für den Moment paralysiert zu sein, unfähig sich zu bewegen, bevor er wieder komplett war. Eine kurze Verschnaufpause für Dormian, so wie eine Gelegenheit, sich eine neue Taktik zu überlegen. Irgendwie musste der Golem zu fall gebracht werden können! Faust hatte es ja auch geschafft und der war genau so ein Erdmagier wie Dormian!
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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Dormian Arboris » Freitag 1. April 2011, 14:26

Fluchend stemmte sich Dormian, dem Großteil seiner Kräfte beraubt, an der Statue wieder auf die Beine. Sein Konter hatte ihm nicht den erhofften Sieg gebracht, denn Barnabas setzte sich in diesem Moment wieder zusammen. Es war folglich unmöglich für den jungen Erdmagier, mit den ihn zur Verfügung stehenden Mitteln durch Gewalt zu gewinnen. Doch was blieb ihm dann noch? Fieberhaft sah er sich um, suchte nach einem Ausweg aus dieser Situation, doch etwas Hilfreiches zu entdecken gab es nicht. Der Arboris kannte sich zwar mit Elementaren aus, wusste um ihre Entstehung und Zusammensetzung, ihre Stärken und Schwächen, aber er besaß keine derartige Magie, die entgegen des Elements des Golems wirkte. Naturmagie? Feuermagie? Beides undenkbar, bei der einen Art kannte Dormian sich so gut wie gar nicht aus, die Feuermagie lag ihm nicht einmal im Blut. Blieb also nur noch über kurz oder lang die Flucht. Aber wohin, das war die nächste Frage. Faust hatte den Gang, welchen er zuvor genutzt hatte, wieder versperrt und bereits zu der Entstehung des Monsters musste Dormian bemerken, dass er ihn nicht kontrollieren oder anderweitig beeinflussen konnte. Die Erde war unheilig, verdorben und verschmutzt, er brauchte jedoch etwas, was im Einfluss des Urgeistes lag.

Die Abbilder seines Ahnen blickten ruhig und besonnen auf ihn hinab. Lucrecious hätte gewusst, wie man solch eine Bestie bezwingt, doch Dormian war Dekaden davon entfernt, an das Können seines Verwandten zu reichen. Der Blick des jungen Mannes fiel auf das Buch, welches neben einem der Sarkophage lag. Barnabas setzte sich langsam, aber stetig wieder zusammen. Vielleicht noch eine Minute und er würde wieder brutal seinem aufgezwungenen Lebenssinn folgen! Also rannte der Sprössling der Arboris zu jenem Sarkophag, schnappte sich das Buch und rannte damit an das andere Ende der Halle. So sah er Barnabas zumindest kommen und konnte ihm vielleicht noch ein- bis zweimal ausweichen. Irgendwie musste diese Bestie doch zu schlagen sein! Krampfhaft darin versucht, nicht in Panik zu geraten, wischte Dormian über den dicken Wälzer seines neuen Erzfeindes und versuchte kurz darauf, es aufzuschlagen. Irgendetwas musste in diesem Buch stehen, was ihm helfen konnte. Es musste einfach!

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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Erzähler » Sonntag 3. April 2011, 13:34

Der wild mit den Armen rudernde Barnabas hatte fast wieder seine menschenähnliche Form angenommen, nur das der Kopf noch fehlte. Seltsam erstickte, gurgelnde Geräusche drangen aus dem Loch in seinem Rumpf, an dem bei einem Menschen der Hals ansetze. In seinem blinden und aufgeschrockenen Zustand tobte die Bestie noch schlimmer als zuvor und das auch noch vollkommen unkoordiniert. Unter den ungezielten Hieben, der baumstammdicken Arme ging grade einer der Steinsärge zu Bruch, als Dormian nach Fausts Folianten langte. Die konservierte Magierin, die nun zum Teil sichtbar geworden war, wirkte so gut erhalten, als hätte sie sich grade erst zum schlafen gebettet. Anscheinend lag auf den Sarkophagen, oder vielleicht auch auf der ganzen Kammer, ein Zauber, welcher der Verwesung entgegen wirkte.
In seiner entfernten Ecke war Dormian im Augenblick noch vor den Schlägen des wahnsinnigen Golems geschützt, doch das würde nicht mehr sehr lange vorhalten. Wenn der Foliant des Hexenmeisters wirklich irgendwelche hilfreichen Ratschläge beinhaltete, so musste der junge Erdmagier diese äußerst schnell finden. Aber auch wenn der unbeschriftete, schwarze Ledereinband und die unterschiedlich gefärbten Bänder, die als Lesezeichen am Rücken befestigt waren, eine gewisse Aufregung rechtfertigten, so war bereits die erste überflogene Seite eine Ernüchterung, wie ein Wurf in eiskaltes Wasser! Bei allem was Faust angeleiert und inszeniert hatte, wer hätte da gedacht das er wirklich nichts anderes als ein Silben- und Wörterbuch mitgenommen hatte?? In Dormians Händen lag das Wissen, duzende Sprachen, Runen und Zeichen in verständliches Melongiar zu übersetzten. Doch was sollte das gegen einen Feind wie das Erdelementar helfen? In der Zeit, die der Erdstudent gebraucht hätte, um die Runen an der Pforte zu übersetzten, hätte der zornige Schlammgolem ihn bereits zwei mal zerquetscht und zu einem blutigen Brei umgewandelt. Hatten ihn denn wirklich alle guten Geister und Götter verlassen? Gab es denn tatsächlich niemanden mehr, der ihm noch helfen konnte?
Na ja, vielleicht hatten ihn auch doch nicht alle verlassen. Der Ebenholzstab, den Dormian seit so langer Zeit fast immer mit sich getragen hatte und der niemals ein Anzeichen von magischen Fähigkeiten bewiesen hatte, begann mit einem mal leicht zu vibrieren. Es war fast so, als würde eine Unsichtbare Macht am unteren Ende des schwarzen Stabes ziehen ... und zwar direkt in Richtung des Sarkophags seines Urahnen! Lucrecious Arboris selbst war schon seit tausend Jahren und noch mehr tot, das war gewiss, aber hatte Faust nicht gesagt, dass die Erzmagier mit einem persönlichen Gegenstand begraben wurden? Sein Vorfahre hatte vielleicht keinen Energiekristall bei sich – Wobei eine Auffrischung der magischen Reserven ohnehin wohl nicht viel gegen Barnabas gebracht hätte – aber vielleicht hatte der ehemalige Erzmagier doch etwas bei sich, dass seinem Nachfahren in dieser brenzligen Situation helfen konnte. Eine letzte, winzige Hoffnung, gewiss, aber sie war da ....
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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Dormian Arboris » Sonntag 3. April 2011, 15:18

Wieder wurden Dormians Erwartungen enttäuscht, als sich das Buch zwar als wertvolle Übersetzungshilfe, jedoch nicht als Rettung aus seiner Lage entpuppte. Barnabas setzte sich Stück für Stück wieder zusammen, brüllte wütend und machte klar, dass sein Peiniger keine Gnade erhoffen durfte. Erneut war der junge Erdmagier kurz davor, aufzugeben und mit seinem Leben abzuschließen. Doch seine Ahnen hielten zu ihm. Der Stab, den er schon seit so langer Zeit mit sich herumtrug, begann plötzlich zu vibrieren und wie ein Magnet in eine bestimmte Richtung zu ziehen. Dormian folgte dieser Richtung und sein Blick blieb an einem der Sarkophage hängen. Es war das Exemplar, in dem Lucrecious ruhte. Irgendwie reagierte der Stab auf die Ruhestätte seines Vorfahren und bevor es galt, in Selbstmitleid zu versinken, ergriff der Bursche lieber den Hoffnungsschimmer, der sich ihm gerade bot. Schnell eilte er zu dem Sarkophag, während sein Stab wie ein wütender Bienenschwarm summend zu dem Gebilde strebte. Dort angekommen suchte Dormian verzweifelt nach einem Öffnungsmechanismus, doch auch daran hatte der Baumeister gedacht. Kein Schlitz oder Schlüsselloch, was es einem Grabplünderer ermöglicht hätte, mit fetter Beute zu verschwinden. Ächzend legte der Arboris beide Hände auf die Steinplatte und schloss die Augen; der Stab selbst klebte wie ein echter Magnet an der Seite des Sarges aus steinernem Fleisch.
"Ich habe nie jemanden zu etwas gezwungen oder aufgefordert, mir etwas zu geben oder etwas für mich zu tun... aber jetzt.... Lucrecious, vergib mir deine Entweihung.... doch ich brauche deine Hilfe!!!!", rief Dormian und riss seine Hände in die Höhe. Die verbliebenen Erdkräfte in seinem Leib rissen die Steinplatte von ihrem angestammten Platz und unter dem Aufwirbeln einer Staubwolke und dem folgenden Aufprall jenes Sargdeckels offenbarte sich dem Zauberer ein friedlicher und zugleich mitreißender Anblick. Sein Vorfahr lag da, friedlich und mit geschlossenen Augen, die Hände vor der Brust zusammengefaltet. Als habe er sich wie die Magierin in dem zerstörten Sarkophag eben zu einem Schläfchen hingelegt. Ungläubig und mit zittrigen Händen berührte Dormian sanft die Wange des Toten. Er sah ihm so unglaublich ähnlich, dass es fast schon unheimlich war.
"Werde ich je so groß und edel werden wie du...", raunte der junge Mann er griffen und für wenige Sekunden war die Gegenwart des marodierenden Schlammgolems vergessen. Doch es half nichts, für nostalgische oder sentimentale Momente war später noch Zeit. Es galt, eine Gefahr aufzuhalten und dafür brauchte Dormian den Grund für das Verhalten seines Stabes. Prüfend huschte sein Blick über den Körper des Magus. Irgendetwas musste dort sein, was ihm helfen würde. Es musste einfach so sein!

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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Erzähler » Montag 4. April 2011, 13:32

Was bei Faust so leicht ausgesehen hatte, war in Wirklichkeit ein Kraftaufwand ohnegleichen. Was hatte dieser Schwarzmagier nur mit seinem Körper gemacht, dass er die tonnenschwere Granitplatte durch die Luft schleudern konnte, wie eine Sperrholzplatte? Dormian hatte im Gegensatz zu diesem Ungeheuer Faust wesentlich mehr Probleme, das Grab seines Urahnen zu öffnen, vor allem da er den Gebeinen des verstorbenen Respekt zollte und sie nicht entweihen wollte. Eigenschaften die dem Nekromanten wohl gänzlich abhanden gekommen waren, wenn man bedachte wie er mit dem Sarg seines eigenen Vaters umgesprungen war. Nur unter Zuhilfenahme der letzten, magischen Reserven seines Körpers, schaffte Dormian es letztlich doch noch, den Deckel des Sarkophags zur Seite zu schleifen und dass innere frei zu legen. Der Schlammgolem hatte bereits wieder die Konturen eines Kopfes, mitsamt dem klaffenden Riss, der wohl ein Mund war, Nur die Augen fehlten noch, bevor er sein Zerstörungswerk weiter fortsetzen würde.
Der Ebenholzstab vibrierte inzwischen so stark, dass er sich zu erhitzen begann, zerrte aber nicht mehr an dem jungen Magier, so als wüsste er, dass sein Ziel erreicht worden war. Nun hieß es keine Zeit zu verlieren, obgleich es wohl nur allzu menschlich war, vor Ehrfurcht einen Moment innezuhalten. Im inneren des wundervoll gearbeiteten Steinsarges ruhte der Mann, der wohl einer der größten war, den die Sippe der Arboris je hervorgebracht hatte. Die weißen Haare und der gleichfarbige Bart waren lang und wirkten wie frisch gekämmt. Er hatte tatsächlich verblüffende Ähnlichkeit mit seinem Urenkel, auch wenn er gewiss hundertfünfzig Jahre älter gewesen war, als er verstarb. Aber auch eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Angrod und Lucrecious nicht zu bestreiten war. Er war gekleidet in eine sehr edle, Sandfarbe Robe, mit einem prächtigen Gürtel, in seinen Haaren waren mehrere Steinklammern befestigt. Handschuhe trug er keine und die Hände waren auf der Brust gefaltet. Er wirkte fast so, als wäre er eben eingeschlafen und würde gleich aufwachen, weil der amoklaufende Golem so einen Radau veranstaltete. Natürlich war das Unsinn, der Brustkorb hob sich nicht, wie es bei einem lebenden der Fall gewesen wäre und das lächelnde Gesicht war wächsern und ohne Leben. Wenn Dormian die Runen, im Sockel der Statue hinter sich hätte entziffern können, so hätte er gegen Ende der Lobpreisung erfahren, Das Lucrecious friedlich im Schlaf gestorben war, nach einem langen, erfüllten Leben. Das Half seinem Nachkommen zwar nicht weiter, wäre aber vielleicht ein tröstlicher Gedanke gewesen.
Der persönliche Gegenstand, mit dem der Erzmagier begraben worden war, fiel nicht sofort auf, zuerst sah es so aus, als wäre außer dem Toten nichts in dem Steinsarkophag. Erst nach genauerem Hinsehen konnte man den wunderschön gearbeiteten Silberring, versehen mit dem Familienwappen der Arboris aus einem einzigen Amethyst erkennen, der zwischen den gefalteten Händen hervorlugte. Dass musste es sein! Einen anderen Grund gab es nicht, das Lucrecious den Ring nicht trug, obwohl seine rechte Hand zwei schmucklose Goldringe zierten! Dormian müsste nur seine Hand ausstrecken um ihn sich zu nehmen. Doch was war, wenn es wirklich nur ein Siegelring war, nichts weiter als hübscher Schmuck, ein Erbstück ohne besondere Kräfte? Daran durfte man gar nicht erst denken!
Doch jetzt hieß es Handeln, denn Barnabas gab just in diesem Moment einen überlegenen, grölenden Schrei von sich. Sein Körper war wieder ganz und gar zusammen gesetzt. Und schlimmer noch, er schien nun wesentlich agiler und zielgenauer zu sein als zuvor! Mit einem gezielten Schlag zerschmetterte der Golem, der nun gut ein Meter größer war als der Erdmagier, eine der Statuen genau im Zentrum, woraufhin etwas erklang, dass wie ein höhnisches Lachen klang. Jetzt wurde es wirklich ernst ...
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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Dormian Arboris » Montag 4. April 2011, 14:50

Dormians Augen begannen zu glitzern, als er den Ring entdeckte. Schon immer hatte sich der Junge für seine Wurzeln interessiert, war stolz auf seine Abstammung und die Liebe seiner Familie gewesen. Doch dies alles erreichte soeben einen Höhepunkt. Selbst wenn zwei Drachen und eine ganze Horde dieser Golembestien auf ihn eingestürmt wäre, wenn alles um ihn herum nun einbrechen würde. Nichts konnte ihm die Erfüllung rauben, die er verspürte, als er den Ring vorsichtig und zärtlich berührte, ihn behutsam aus den Händen seines Vorfahren nahm und sie wieder sorgsam zusammenfaltete. Der Siegelring der Arboris-Dynastie.
"Danke, Urgeist... danke, Feylin und tausendfachen Dank... Lucrecious...", raunte Dormian und striff sich mit angehaltenem Atem den Ring über. Nicht eine Sekunde hatte der junge Mann daran gezweifelt, dass sein Stab nicht grundlos so ein Verhalten an den Tag gelegt hatte. Sein Vertrauen in seine Ahnen sollte sich nun endgültig und dauerhaft auszahlen. Und Dormians Augen wurden kurz schwarz. Es war, als würden ganze Dekaden an Lebensjahren an ihm vorbeiziehen. Er sah durch die Augen seines Vorfahren, erlebte, was er erlebte. All das Wissen, all diese wertvollen Momente im Leben eines Menschen. Die Geburt seiner Kinder, die vielen Lehrjahre an der Universität! Dies und noch viel mehr durchdrang jede Faser von Dormians Geist und Körper, erfüllten ihn mit Mut, Hoffnung, Zuversicht und seiner ursprünglichen Kraft, die in seinen Adern pulsierte. In wenigen Herzschlägen war dieser ihm unendlich lange vorkommende Augenblick vorbei und der Erdmagier fand sich im Diesseits wieder. Hinter ihm brandete ein wütendes Brüllen und Schnauben auf: Barnabas hatte vor, sich zu rächen.

Doch nicht nur die Erfahrungen und das Leben seines Ahnen war mit Dormian verschmolzen. Neben den neuen, völlig unbekannten Zaubern der Erdmagie, die sich in seinem Geist regten wie aufkeimende Blüten nach der Zeit der dunklen Tage, zeigte sich auch seine Umgebung in einer ganz neuen Pracht. Er verstand so vieles, was ihm vorher nie aufgefallen wäre. Die Schönheit der verschiedenen Facetten des Gesteins um ihn herum, die Vielfalt jedes noch so winzigen Zentimeter des edlen Marmors, auf dem er stand. Nur das Wissen und die Leidenschaft der berühmt berüchtigten Zwerge reichten an diese Kenntniss heran, die in Dormian erblüht war. Die unkenntlichen Runen, die überall im Raum gemeißelt worden waren: er konnte sie lesen! Doch dafür war später Zeit, denn zunächst galt es, Faust zu zeigen, dass fremde und erzwungene Macht nichts war im Vergleich zu dem, was der junge Arboris nun sein Eigen nannte. Er war nicht mächtiger geworden, was die Quelle seiner Magie anging. Seine Zauber würden nicht stärker werden, das wusste der Bursche sehr wohl. Doch das Wissen, welches ihm sein Ahne offenbar freiwillig und gütig überreicht hatte, war alles, was er brauchte.

Dormian lächelte, als ein Schatten über ihn und das Antlitz seines toten Ahnen fiel. Er glaubte, den Luftzug zu spüren, der von dem stinkenden Atem des Golems und der ausholenden Faust kam.
"Nun zu dir...", sprach Dormian leise und bedächtig, während der Schlag von Barnabas erfolgte. In der gleichen Sekunde wuchs blitzschnell eine Säule aus dem Boden, die sich von unten in das geschwungene Gliedmaß des Angreifers bohrte und diesen aufbrüllen ließ. Dormian wirbelte herum, die Augen voller Entschlossenheit und einem nie gekannten Kampfeswillen förmlich glühend. Er vollführte mit seiner Rechten eine wegwerfende Geste und keinen halben Herzschlag darauf lösten sich zwei steinerne Dolche aus einer der Statue, die zielgenau auf den Schlammgolem zuflogen und seine Augen mit Hochgeschwindigkeit durchbohrten. Der Magier packte seinen Stab und das Buch von Faust, lief an dem Ungeheuer vorbei und berührte erneut den Boden, als er einige Meter entfernt zum Stehen kam. Der Deckel des Sarkophags seines Ahnen verschwand im Boden, verschmolz damit und tauchte vor Barnabas wieder auf. Ein befohlener Schwinger fegte die Bestie von den Beinen, ehe er wie eine Schlange zurück an seinen angestammten Platz glitt und sich wieder schloss. Dormian hätte es niemals gewagt, den Sarkophag offen so stehen zu lassen.
"Ich hoffe, du wirst nach deiner Niederlage vor deinem Meister erscheinen, Mistvieh! Denn was ich ihm ausrichten möchte, wird weder ihm, noch dir gefallen!", rief Dormian und streckte seinen Stab gegen Barnabas. Seine Gedanken waren so klar wie noch niemals zuvor. Sie erfassten jedes Detail seiner Zauber, korrigierten bis jetzt begangene Fehler. Dormian musste nicht stärker sein, um seine bekannten Zauber mächtiger zu machen. Fehlerfreie Formeln kosteten nicht mehr Energie, als sie gerade so zum Gelingen benötigt wurde. Vor seinem geistigen Auge manifestierte sich ein Zauber, der ebenfalls von Lucrecious stammte. Wieder huschte ein Lächeln über Dormians Lippen. Es war ein arkanes Muster, das benötigt wurde, um die von Faust verunreinigte Erde zu reinigen.
"Weder er, noch was für einen verdammten Sklaven seiner Kräfte er schickt... Ich werde ihn erwarten und erneut zurückschicken, auf dass ihm eines klar werde. Er wird niemals über die Bande einer Familie und deren Macht gebieten, wird niemals das wahre Wissen und die wahre Macht beherrschen können. SAG IHM DAS UND FAHR DANN ZUR HÖLLE!!!!", schrie der Erdmagier und entließ seine Kräfte, um sie nach seinem Willen zu formen. Zunächst geschah gar nichts und Barnabas schien sich bereits für den nächsten Angriff zu wappnen. Doch dann schien er plötzlich seine Farbe zu ändern. Der stechende, abgewandelte Ton des Marmors, aus dem er geschaffen worden war, verzog sich und färbte sich weiterhin heller und heller. Wie aus weißem Sand gefertigt stand Barnabas nun da, zwar noch brüllend und wütend, aber nicht mehr dem Einfluss des Urgeistes entzogen. Nun war es an Dormian, triumphierend und zufrieden wie Rufus Faust einst zu lächeln.
"Du wirst bezahlen, Rufus.... du wirst bezahlen...", raunte Dormian und vollführte eine Geste mit seiner freien Hand, die von unten nach oben geschwungen wurde. Vier armdicke Säulen schossen aus dem Boden, ragten senkrecht in den Himmel hinauf und nahmen Barnabas in ihr Zentrum, so dass sie und er von oben betrachtet wie die 5 auf einem Würfel aussahen. Aus diesen Säulen lösten sich einzelne Körner, deren Zahl stetig zunahm und den Golem schließlich wie in einen kleinen Sandsturm einhüllten. Sie vermischten sich mit dem nun natürlichen Schlamm, aus dem er bestand, gingen Verbindungen ein und verfestigten sich, bis aus dem Ungeheuer eine Statue seiner selbst geworden war.

Erschöpft, aber glücklich ging Dormian in die Knie und ließ sowohl Buch als auch Stab neben sich fallen. War Barnabas endlich besiegt? Im Moment wirkte er, als würde sich so schnell nichts mehr seiner Zerstörungswut opfern müssen. Ein wenig hatte der Bursche übertrieben, das war ihm bewusst. Doch er hatte nicht anders können, als diese Erfahrungen und dieses Wissen um die Zauber seiner Ahnen auszuprobieren. Sicher, seine Kraft war nun auf einem Nullpunkt. Doch das war es ihm wert. Die Gefahr schien endgültig oder besser gesagt für´s Erste gebannt.
"Danke.... danke.....", murmelte Dormian lächelnd und schloss die Augen, um sich von den Anstrengungen seines Zaubers zu erholen. Endlich wurde es still in der Halle; ganz so, wie es eigentlich sein sollte.

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Re: verbotene Pfade

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 6. April 2011, 15:38

Als Dormian den Ring seines Urahnen überstreifte, wurde der junge Erdmagier von eine Welle von Bilder überwältigt. Erinnerungen, die nicht die seinen waren, durchströmten seinen Kopf, Ereignisse, die vor vielen Jahrhunderten passiert waren, spielten sich vor seinem inneren Auge ab, als wäre er wirklich dabei gewesen! Und mit diesen vergangenen Erinnerungen, kam auch das Wissen um magische Formeln und Zauber, die wohl selbst einige Dozenten der Universität ins Staunen gebracht hätten. Die meisten dieser wirren Gesten und Rituale waren eindeutig zu kompliziert für den jungen Arboris. Sie verlangten magische Energien, für die er noch Jahrzehnte trainieren musste, ehe er über sie verfügen konnte. Nein, stärker machte dieser Ring seinen träger nicht. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb Faust sich nicht für ihn interessiert hatte, vorrausgesetzt, dass der Schwarzmagier überhaupt um das Familienerbstück von Dormians Sippe gewusst hatte. Es war Wissen, nicht Stärke, die von dem Artefakt ausgingen, doch im Augenblick war es auch genau dass, was der Student brauchte. Das Wissen um Zauber, mit denen man Barnabas besiegen konnte. Und über dieses Wissen verfügte er nun!
Durch diese neue der Entwicklung der Ereignisse motiviert und gestärkt, wich Dormian dem brutalen Schlag des Golems aus und setzte seinerseits zu einem weiteren Angriff über. Und dieser würde garantiert erfolgreicher ablaufen, als der letzte, soviel war gewiss! Nachdem er den Schlagarm des Feindes mit einer Steinsäule zerschmetterte vollführte der Erdmagier fehlerfrei die Handbewegungen für mehrere Komplizierte Zauber, die er in rasanter Folge gegen das Erdelementar sandte. Mit gut gezielten Erddolchen blendete Dormian den Golem Barnabas, die neue Form der Geschosse zerfetzte Teile des Schlammschädels mit Leichtigkeit. Doch das diente nur zur Ablenkung.
Um die Entweihung des Sarkophags seines Ahnen wieder gut zu machen, nutzte Dormian sein neues Wissen, um den Granitdeckel wieder an seinen angestammten Platz zu befördern, ehe er dem Golem den Todesstoß gab. Der geblendete Feind wurde von vier, aus dem Boden schießenden, Säulen flankiert, die sich auf Befehl des Magiers auflösten. Der entstehende Marmorstaub verschmolz mit Barnabas Schlammkörper, und härtete diesen langsam aber sicher aus. Als er seinen Zauber beendet hatte – und er erschöpft zusammen sackte – hatte Dormian es geschafft, den Golem in eine leblose Statue zu verwandeln. Gewiss, die Seele, oder was auch immer Barnabas antrieb, war so lebendig wie zuvor, doch nun in dem Granit verschlossen. Nach den jahrzehnten der Gefangenschaft, endete das kurze Abenteuer des Golems in Freiheit mit einem neuen Gefängnis. Ob er jemals daraus ausbrechen konnte, blieb mehr als fraglich.
Dormian war nun freilich am Ende seiner Kräfte. Er hatte die grenzen seiner Energie längst erreicht und war nun sehr weit darüber hinaus getreten. Das Übersetzungsbuch, dass einmal Faust gehört hatte, fiel genau so zu Boden, wie der Ebenholzstab in seiner anderen Hand. Nach diesen grauenvollen, anstrengenden Minuten war die folgende Ruhe eine wahre Erleichterung. Aber die Stille hielt nur kurze Zeit an. So als würde die Kammer spüren, dass der böse Geist in ihr zerstört worden war, glitten mit einem leichten Beben die beiden Hälften des Tores wieder auseinander und kamen mit einem dumpfen Rumpeln wieder geöffnet zum stillstand. Damit war der Weg zurück an die Oberfläche wohl doch noch gewährt. Die vielen Stufen, die es nach oben zu klettern hieß, waren jetzt wohl bestimmt ein noch schlimmerer Gedanke als zuvor. Aber immerhin gab es nun keine Gefahren mehr zu bewältigen ...
Ein markerschüttender Tierlaut dröhnte in Dormians Ohren wieder, eine Mischung aus Reptilienschrei und dem Brüllen einer Raubkatze. Dann erklang der Lärm von Stein, der zerschmettert wurde, gefolgt von einem weiteren Brüllen. Von seiner Position aus konnte Dormian so grade noch den Umriss des Mantikors erkennen, der grade die Schlangenwächter zu Steinmehl verarbeitete. Hatte der Student die Brücke über die Schlucht eigentlich wieder zusammenfallen lassen? Nein hatte er nicht, wozu auch, schließlich wollte er auf diesem Weg mit Rufus zurück nach oben gehen. Wer hätte auch gedacht, dass über diesen Pfad eine Bestie kommen würde um das zu beenden, was der Golem begonnen hatte? Ja, Faust hatte gesagt, dass er den Mantikor ebenso wie die Harpyie befreit hatte, doch als er das angemerkt hatte, hatte Dormian ganz eindeutig andere Probleme gehabt. Doch das schlimmste war, dass er sich nicht einmal mehr Bewegen konnte. Seine Muskeln brannten wie Feuer und der gesamte Körper des Studenten schien gelähmt zu sein. Da sich aber ohnehin eine Schwärze vor seinen Augen ankündigte, würde er mit etwas glück nicht mehr mitkriegen, wie das Unwesen ihn zerfleischte ...
Der letzte Wächter in Reichweite des Mischwesens war inzwischen gefallen. Die Felsen, aus denen die Schlangenstatuen bestanden hatten, schienen dem Mantikor nicht zu schmecken, doch als er Dormian erblickte, sah es fast so aus als würde er grinsen. Mit katzenartigen Sprüngen eilte er auf den jungen Arboris zu, machte einen Satz über den Steinaltar, auf dem der Blutzoll bezahlt werden mussten. Die langen, spitzen Klauen glitzerten feucht, als er zum Finalen spring ansetzte ... doch mitten im Flug erschlaffte der monströse Körper plötzlich und die Blick brach. Einen halben Meter vor Dormian schlug das Biest auf dem Boden auf. Ein silberner Bolzen war grade so in seinem Genick zu sehen.
Eine weißgekleidete Gestallt in einem kurzen Rock, einem Rüschenhemd, hohen Stiefeln und einem breitkrempigen Hut eilte schnell auf dem zusammengesackten Dormian zu, während ein düsterer gekleideter Mann, mit einer Armbrust im Anschlag, auf der Schwelle zur Kammer stehen. Die Frau in den Knappen, weißen Kleidern ging neben Dormian in die Knie und stütze den schlaffen Oberkörper des Arboris mit ihrem rechten Arm ab. ”Keine Sorge, jetzt wird alles gut ...” Ihre helle, freundliche Stimme klang wie aus weiter Ferne. Dann wurde es um Dormian herum schwarz.

[Durch den Sieg über den Erdgolem steigt Dormians Fähigkeit in Erdmagie auf Überdurchschnittlich]

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