Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Viele kleine und große Häuser reihen sich hier aneinander. Bunte Farben zieren die kahlen Wände und vor allem die Dächer. Mit diesen Farben symbolisieren die Magier ihren Rang und ihr Können in einer oder mehr Magiearten.
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Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 3. Mai 2023, 10:10

Sarin kommt vom Grasland -> Wo es beginnt

Während auf Celcia die Sonne aufging und ihre ersten frühlingshaften Strahlen den Schnee etwas auflockerten, damit sich bald ein Feld aus violetten Krokussen und weißen Schneeglöckchen über das Grasland ziehen könnte, bekam Sarin davon nichts mit. Sie bewegte sich nämlich erneut unter Tage. Mit dem Schlüssel, den sie von Hyacinthus noch erhalten hatte, gelang es ihr spielend leicht, den Zugang zum magischen Fluchttunnel zu öffnen. Es dauerte wirklich deutlich weniger lang, ihn zu nutzen. Außerdem war es für sie im Moment auch sicherer, da sie sich erst einmal nicht um das Tageslicht sorgen musste. Jenes sah sie wieder, als sie aus dem Hinterzimmer der fliegenden Schänke herausgeschlichen kam. Es war noch zu früh, als dass sich im Schankraum schon reges Treiben wiederfand. Die Vorhänge waren zugezogen und alles lag noch im Stillen da. Kein Wirt, keine Hilfskraft, niemand zeigte sich. Das hatte allerdings auch zur Folge, dass die Tür zur Taverne abgeschlossen war. Sarin mochte als Nachtelfe mit einigen Vorurteilen zu kämpfen haben, aber bestätigen konnten sie sich an ihr nicht. Sie war weder eine Diebin, noch Assassinin und gewiss auch keine Einbrecherin. So blieb ihr nichts Anderes übrig, als im Schankraum eine Weile auszuharren. Die Zeit konnte sie nutzen, um nach Cas zu schauen. Er lag noch immer friedlich zwischen garn und Flicken in seinem Nähkästchen. Sein schwaches Leuchten war unverändert, aber das konnte man auch insofern positiv auslegen, als dass sich sein Zustand nicht verschlimmert hatte.
Nach einer geschlagenen Stunde schlurfte endlich der Wirt des Gasthauses in den Schankraum. Er gähnte und streckte sich, hielt in der Bewegung jedoch inne, als er Sarin entdeckte. Überrascht schien er nicht, eher genervt, denn er rollte mit den Augen. Er nahm sich nicht einmal die Zeit, sie zu grüßen oder sonst ein Wort zu verlieren. Stattdessen stapfte er grummelnd zu einer Keksdose und förderte den Tavernenschlüssel daraus zu Tage, mit dem er Sarin die Lukentür öffnete. "Worauf hab ich mich da damals nur eingelassen?", brummelte er und schaute die Nachtelfe an. Dann winkte er sie auffordernd, die Luke zu nehmen. "Na los, los. Sonst verpasst du noch deinen Unterricht! Nächstes Mal sei vor der Hundswache hier, dann ist Zapfenstreich." Erneut grummelte er. "Jeder Zyraner sollte mit einem magischen Zeitmesser ausgestattet werden, damit ihr es wenigstens pünktlich hierher schafft, wenn ihr schon feiern geht statt zu lernen. Pha!" Zumindest ließ er Sarin ohne weitere Konsequenzen ziehen.

Nun stand sie hier, erneut in Zyranus und hatte nicht so Recht einen Plan, wohin es nun gehen sollte. Ihr Ziel war ihr bekannt. Sie wollte Mallahall aufsuchen. Nur die Lichtmagierin konnte ihr mit Cas' Zustand helfen. Außerdem musste sie ihr noch mitteilen, dass das matte Lichtlein das Einzige war, was von Castus geblieben war. Das würde kein Leichtes werden, aber erst einmal musste sie herausfinden, wo Mallahall steckte.
Zuletzt hatte sie die Blonde gesehen, wie sie durch zuckende Energieblitze aus der Hand des Großen Avatars zu Boden gegangen war, zusammen mit ihrer Mutter Gundula di Svanwiss. Beide hatten sich gestritten, während man Castus im hohen Rat der Magie anhörte und sie hatten sich auf keine andere Weise trennen lassen. Wenigstens war der Große Avatar weitsichtig genug, beide sofort in Behandlung bringen zu lassen. Das ließ Sarin sich bis zum Hospital der Magierstadt durchfragen. Auch dort musste sie erneut einige Zeit warten, bis man sich ihrer überhaupt annehmen konnte. Die Flüchtlingswelle grandessarischer Soldaten und Dunkelelfen hielt Einzug in die magische Stadt. Zu viele waren verletzt und brauchten Versorgung. Die heilkundigen Magier waren bereits jetzt unter Druck, so dass nicht einmal der freundlich Magus am Empfang sich sofort um Sarins Belange kümmern konnte. Irgendwann aber huschte eine Pflegekraft eilig zu ihr und teilte ihr mit, dass Mallahall di Svanwiss bereits im Stadthaus ihrer Familie untergekommen sei. Es ginge ihr deutlich besser als ihrer Mutter, welche noch immer ein Bett hier bezog.
Sarin nutzte die Gelegenheit, sich sofort eine Wegbeschreibung geben zu lassen und so kam es, dass sie wenig später vor dem Anwesen der Lichtmagierin stand. Die Sonne hatte beinahe ihren Zenit erreicht. Der Nachtelfe knurrte gehörig der Magen und der mangelnde Schlaf ermüdete sie. Trotzdem konnte und wollte sie sich nun keine Ruhepause gönnen. Sie war so weit. Es fehlte nur noch, dass sie den goldenen Türgriff in die Hand nahm und anklopfte.
Das Haus selbst war interessanterweise wenig beeindruckend für zyranische Verhältnisse. Es besaß eine scharfkantig eckige Architektur. Die Dächer der Türmchen fielen pyramidenförmig aus und selbst die Laterne neben dem Eingang erinnerte eher an einen rechteckigen Zylinder. Verspielt wirkte hier nichts im Gegensatz zu den Nachbarhäusern. Große Verzierungen besaß das Heim ebenfalls nicht. Es machte einen ... immens strukturierten Eindruck und erinnerte an die Portion Logik inmitten von kreativem Chaos. Hätte es sich um ein geschneidertes Kleid gehandelt, so wäre das Haus der di Svanwiss ein großer, rechteckiger und sehr gerade aufgenähter Flicken auf einem Kleid aus wallenden Stoffbahnen mit viel Bausch, Schleifchen und glitzernden Schmetterlingen aus Seidentuch. Es wirkte so fehl am Platz! So ... wenig zauberhaft wie der Rest der Stadt. Vielleicht war auch das der beeindruckende Anteil dieses Gebäudes.

Sobald Sarin durch Klopfen oder Läuten der Türglocke auf sich aufmerksam machte, öffnete ihr jemand die Pforte. Es handelte sich um einen Hausdiener, adrett gekleidet. Sarin hatte einen ähnlichen Anzug einmal für einen nachtelfischen Diener angefertigt. Bei ihrer Version war sie jedoch kreativ vorgegangen und hatte winzige, Manthala gefällige Nachtrosen als Saum aufgestickt. Dieser Diener hier war eine Fleisch gewordene Interpretation des Stadthauses selbst. Er sah ordentlich aus. Zu ordentlich! Das Revers seines Fracks passte sich nahtlos an seine steife Haltung an. Die Schuhe waren auf Hochglanz poliert, die Falten in seiner Hose stachen hervor. Dieser Mann konnte in seinem ganzen Leben noch nicht einmal Spaß gehabt haben! Davon zeugte auch seine Miene. Selbst die Falten auf seiner durch Alter etwas ergrauten Haut machten einen geometrisch perfekten Eindruck. Nur der Leberfleck, welcher sich über seine Halbglatze bis hinunter zum Auge zog, gab dem Mann eine Spur Persönlichkeit. Er musterte Sarin über die halbmondförmigen Gläser eines vergoldeten Brillengestells hinweg mit dem neutral höflichen Blick einer Person, die gelernt hatte, nur so zu schauen.
"Guten Morgen, Fräulein. Darf ich erfahren, welche Belange Euch an die Tür derer di Svanwiss führen? Die Hausherrin und Ratsmitglied des Hohen Rates der Magie zu Zyranus ist leider nicht zugegen." Damit konnte er nur Gundula meinen, denn Mallahall war nicht Teil des Magierrates. Schon wollte der Diener mit einem Räuspern die Tür wieder schließen, da er keinen Anlass sah, jemanden herein zu lassen, wenn man die Hausherrin nicht antreffen konnte. Wie es mit einem Ehemann oder eben der Tochter Mall aussah, schien ihn nicht zu interessieren. Wenn Sarin ihm also nicht Einhalt gebot, würde sie gleich nach dem ersten Klopfen, respektive Läuten wieder vor verschlossener Tür stehen.
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Sarin Kasani » Dienstag 9. Mai 2023, 15:39

Das Ian auf das Thema Verhütung nicht, bzw. nur mit Scham reagierte, irritierte Sarin etwas. Sie waren überein gekommen, wichtige Themen anzusprechen, sich nichts zu verschweigen und offen über alles zu reden und nun...
...nun schweigt er doch.
Es fühlte sich wie ein kleiner Stich an, aber Sarins Gedanken waren viel zu voll, als dass sie sich lange damit beschäftigen konnten. Es galt wichtiges zu erledigen. In leicht panischer Eile hatte die Nachtelfe dem Ruf ihrer Unvernunft die Oberhand gegeben und sich in Windeseile angezogen. Auch ein Kästchen für Cas war gefunden.
"... so unvernünftig!"
Iryan trat hinter sie und griff nun nach ihrem Handgelenk. Sofort sah sie fragend zu ihm auf.
"Ja, wie Castus manchmal und wie du ebenfalls, jedenfalls im Moment. Sarin ... ich weiß, du hast Angst um ihn, aber renn doch nicht kopflos einfach nach vorn. Du willst Mallahall aufsuchen? Gut und schön, aber sie wird um diese Zeit ohnehin noch schlafen."
Er zog die Nachtelfe erneut an sich heran, um sie zu umarmen und zu drücken.
"So schnell verlässt du mich schon wieder...Gib uns doch noch die paar Stunden bis zum Morgengrauen. Wir beobachten Cas und wenn er noch kleiner wird, bringe ich dich persönlich in die Magierstadt hinein."
Nun war er unvernünftig! Sarin brummte wie eine kleine unwillige Katze, was sich furchtbar niedlich anhören musste und kämpfte verspielt mit sich und irgendwie auch mit ihm, wippte ungeduldig auf den Ballen... um ihn dann anzuspringen und zu küssen. Ihr Herz war hin und her gerissen.
„Ich...wir... ja... Unvernunft ist der Liebe Geleit.“
, gab sie zu und nickte ein paar mal an seiner Brust. Sie waren alle unvernünftig. Sehr sogar, aber trotzendem konnte sie es nicht lassen. Aber Ian ging es ähnlich wie ihr. Er hatte nur noch sie. Allein sein treues Herz war es, das ihn überhaupt warten und ausharren ließ.
... für wie lange,
fragte sie sich nicht wirklich, denn er hatte es gesagt.
...neun Monate.

, klang lang, aber die Zeit konnte auch wie im Fluge vergehen.
Ja, er würde warten.
Ian selbst hatte ihnen diese 'neun Monate' gegeben. So lange war Dhan sicher, dass hatte ihr dunkler Ritter selbst gesagt. Wenn Sarin sich auf etwas verlassen konnte, dann auf Ians Wort. Nicht, dass Sarin vorhatte diese Zeit auszureizen! Schließlich wollte sie ihn auch wieder sehen. Ihre Liebe zu Dhan hatte 'eine andere Farbe' als die zu Ian oder Castus, war aber genauso einmalig. Dahn hatte sie von ihrem Fluch befreit, ohne es zu wissen. Er hatte ihrer Welt eine Tür geschenkt, aus der sie hatte entschlüpfen können. Sie würden ihn finden! Aber erst einmal musste Cas gerettet werden, denn Sarin erfüllte eine unbestimmte Angst, dass wenn sie sein kleines Leuchten verlor, dann auch Ian verlieren würde.
...irrational...
So waren Gefühle. Sie fand ein kleines Kästchen, das Cas auch sofort als Transportmittel akzeptierte und sie stopfte es sich in eine ihrer in tiefen Falten verborgenen Rocktaschen. Wieder ihre eigene Kleidung zu tragen, fühlte sich gut an und gab ihr etwas Selbstsicherheit zurück. In dieser Kleidung, selbst wenn sie für die Reise bestimmt gewesen war, strahlte sie ihre hochadelige Herkunft aus.
Dann traf sie die letzten Vorbereitungen. Ethel wurde für das Kästchen gedankt, Xot bekam noch einen dankbaren Kuss auf die graugrüne Wange und den 'Befehl' ja auf alle gut aufzupassen und Cinni wurde natürlich auch umarmt. Nur Ian bekam einen so langen und so heißen Kuss, mit Anschmiegen und leichtem Zerren seiner Nackenhaare, dass es sie fast 'umgebracht' hätte. Sich von ihm zu trennen schmerzte. Aber inzwischen wusste Sarin, dass der Dunkelelf durchaus auf sich aufpassen konnte.
...zumindest besser als ich.
Ja, vielleicht war es etwas unvernünftig allein ...als Frau ...kleine Nachtelfe ...und weltfremde Schneiderin in die Stadt zu gehen, jetzt da so viele Flüchtlinge dort ebenfalls Schutz suchten. Aber sie hatte auch Verbündete in dieser Stadt. Sie musste sie nur finden. Zyranus durchlebte gerade einen Wandel, der langsam von statten ging, aber das Bild der Stadt für immer verändern würde. Sarin gestand sich auch ein, dass sie gern einen Führer wie Hyazinthus gehabt hätte, aber sie würde auch allein gehen und verstand, warum er hier blieb.
Ich schaff das!
...
So fand sie sich alsbald in der noch geschlossenen Taverne wieder. Es war noch zu früh. Kein Wirt, keine Hilfskraft, niemand zeigte sich. Das hatte allerdings auch zur Folge, dass die Tür zur Taverne abgeschlossen war.
Mist! Ich sollte mir mal zeigen lassen, wie man ein Schloss knackt.
Ihr waren keineswegs alle Fähigkeiten der Nachtelfen einfach angeboren. Also nutzte sie die Zeit, um nach Cas zu schauen. Er lag friedlich zwischen Garn und Flicken in seinem Nähkästchen. Da die Zeit nur sehr langsam verrann, sie zählte auch die Handvoll Rubine, die ihr gemeinsames Starkapital mit Ian und Dhan zum Überleben hätte sein sollten, prüfte gründlich ihr Aussehen, nähte vielleicht noch ein bisschen um den ein oder anderen winzigen Schaden zu reparieren, den ihre Gewandung auf der Reise vielleicht davon getragen hatte. Ein guter erster Eindruck öffnete Tür und Tor. Ein zerlummpter Bettler würde wegen seiner Kleidung abgewiesen, wo ein Adeliger durch gewinkt wurde. Auftreten war in dieser Welt alles, egal mas man 'darunter' trug. Da konnte man noch so eine schöne reine Seele haben, wenn das Äußere nicht dazu passte, wurde man veruteilt.
Nach einer geschlagenen Stunde schlurfte endlich der Wirt des Gasthauses in den Schankraum. Überrascht schien er nicht, eher genervt, denn er rollte mit den Augen. Grummelnd öffnete er die Lukentür.
"Worauf hab ich mich da damals nur eingelassen?"
, brummelte er und schaute die Nachtelfe an. Dann winkte er sie auffordernd, die Luke zu nehmen.
"Na los, los. Sonst verpasst du noch deinen Unterricht! Nächstes Mal sei vor der Hundswache hier, dann ist Zapfenstreich."
Die Ausdrucksweise war Sarin fremd.
Hundswas?
"Jeder Zyraner sollte mit einem magischen Zeitmesser ausgestattet werden, damit ihr es wenigstens pünktlich hierher schafft, wenn ihr schon feiern geht statt zu lernen. Pha!"
Zumindest ließ er Sarin ohne weitere Konsequenzen ziehen.
Na dann mal auf ins Getümmel...
Kaum stand sie unterhalb der Treppe, die hinauf zur Taverne führte, sah sie sich um.
Zyranus ist nicht gerade klein und ich... unglaublich unerfahren in dieser Welt. Verflixt! Wo steckst du Mall?
Einen Moment lang war sie vollkommen überfordert.
Wo soll ich da nur anfangen? Hm... da hinten ist der Magierturm. Dort wissen sie bestimmt wo Mall wohnt, aber das könnte auch wieder Fragen nach Castus aufwerfen... Neeee....
Sie sah sich aufmerksam um und entdeckte unteschiedliche Gebäude im Umkreis. Eines wies ein ähnliches Symbol auf, dass auch Hyazinthus verwendet hatte um die Verletzten zu bergen.
Ein rotes Kreutz... Der große Avatar hatte Mall und ihre Mutter verletzt. Vielleicht können die mir dort sagen, wo ich sie finde.
Aber dort musste sie einige Zeit warten, bis man sich ihrer überhaupt annehmen konnte. Die Flüchtlingswelle grandessarischer Soldaten und Dunkelelfen hielt Einzug in die magische Stadt. Zu viele waren verletzt und brauchten Versorgung. Fast hätte sie sich angeboten, auch hier auszuhelfen, wenn eine saubere Naht gebraucht wurde, aber sie biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf das dringlichste!
Castus! Ich muss Mall finden!
Irgendwann erbarmte sich eine Pflegekraft und teilte ihr mit, dass Mallahall di Svanwiss bereits im Stadthaus ihrer Familie untergekommen sei. Es ginge ihr deutlich besser als ihrer Mutter, welche noch immer ein Bett hier bezog.
"Das ist sehr freundlich von ihnen."
, bedankte sich Sarin herzlich bei der Frau, denn in diesen Zeiten war ein nettes Wort viel wert. So folgte darauf sogar eine Wegbeschreibung.
Wenig später stand sie vor dem Anwesen.
Hm... schmucklos trifft es wohl sehr treffend...
, dachte sie, als sie davor stand. Der Nachtelfe knurrte gehörig der Magen und der mangelnde Schlaf ermüdete sie. Um wacher und rosig zu wirken, kniff sie sich leicht in die Wangen, wappnete sich und klopfte an.
Nach kurzem warten öffnete ihr jemand die Pforte. Es handelte sich um einen Hausdiener, adrett gekleidet. Sarin hatte einen ähnlichen Anzug einmal für einen nachtelfischen Diener angefertigt.
...nur dieser hier hat keinerlei Finesse... genauso wie das Anwesen... oder Malls Mutter.
So wie sie die Hausherrin kennen gelernt hatte, sprichwörtlich eisig und mehr als nur kalt, da passte auch der Diener ins Bild. Seine Miene verriet keinerlei Emotion. Selbst die Falten auf seiner durch Alter etwas ergrauten Haut machten einen geometrisch perfekten Eindruck, was ihm ein fast schon wieder interessantes Gesicht verlieh.
Geometrie in einem lebendigen Gesicht... faszinierend.
Einzig ein Leberfleck, welcher sich über seine Halbglatze bis hinunter zum Auge zog, gab dem Mann eine Spur Persönlichkeit. Er musterte Sarin über die halbmondförmigen Gläser eines vergoldeten Brillengestells hinweg.
"Guten Morgen, Fräulein. Darf ich erfahren, welche Belange Euch an die Tür derer di Svanwiss führen? Die Hausherrin und Ratsmitglied des Hohen Rates der Magie zu Zyranus ist leider nicht zugegen."
Schon wollte der Diener mit einem Räuspern die Tür wieder schließen.
Oha! So einer... erst fragen und dann einfach die Tür schließen? Wie unhöflich. Also hat nicht nur das Nachtelfenreich mit schlechtem Personal zu kämpfen.
Noch während der Mann gesprochen hatte, hatte Sarin ihre linke Baue langsam nach oben wandern lassen, was ihr einen kritischen Gesichtsausdruck verlieh. Jetzt war sie wirklich froh, dass sie sich so gut es eben ging zurecht gemacht hatte und entsprechend auftreten konnte. Im sprichwörtlichen 'Leinensack' hätte dieser Kerl vermutlich sofort die Tür geschlossen, ohne auch nur zu fragen. Sie kannte diese Art von Bediensteten nur zu gut und so passte sie ihre Aussprache entsprechend kühl im Ton an:
„Mein Begehr, junger Mann...“
Schließlich war sie eine Elfe und denen sah man ihr Alter selten an. Sie trug auch keine der hiesigen Schuluniformen und war so nicht leicht einzuordnen. Auch war sie gerade sehr froh, dass sie Melongiar von ihrer alten Freundin gelernt hatte. Sicher hörte man ihr einen starken Dialekt des Nachtelfenreiches an, aber das war zu vertreten.
„... gilt NICHT der Hausherrin, sonder ihrer Tochter Mallhalla di Svanwiss. Kündigt ihr Prinzessin Sarin des Nachtfrüstentums Kasani an. Sie erwartet mich. Ich bin weit gereist um sie zu sehen. Und...“
Sarin sah sich abschätzend und auch ein bisschen gelangweilt um. Nach gelangweilt kam verärgert und diese Art von Spiel hatte sie bei ihrer Cousine sehr oft beobachten dürften. Lucil war das perfekte Vorbild einer überkandidelten, hochnäsigen Adeligen. Aber auch 'dieses' Verhalten hatte sein gutes. Es ließ übereifrige Diener stutzen und öffnete Türen.
„Eine Erfrischung wäre angenehm...“
Nicht kleckern... klotzen! Bei solchen Kerlen muss man das.
Schon drängte sie sich an dem Mann vorbei, sofern dieser sich nicht bewusst in den Weg stellte. Drinnen angekommen, blieb sie aber wohl erzogen stehen und wartete darauf, dass er ihr den Weg und eine Sitzgelegenheit zum warten wies.
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Erzähler » Sonntag 14. Mai 2023, 10:55

Natur war chaotisch, nicht symmetrisch. Trotzdem zeichnete sich der Schädel des Hausdieners als enorm gleich auf beiden Seiten aus. Lediglich der Leberfleck gab ihm diesen kleinen, aber gut sichtbaren Makel und jener war es auch, der den Mann von seiner gesamten Umgebung wahrlich abhob. Sarin erhaschte zunächst nur einen knappen Blick über die Schulter des Dieners, doch selbst in diesem Ausschnitt konnte sie erkennen, dass die Einrichtung des Anwesens eine ebenso überordentlich strukturierte, ja wenn nicht eiskalte Erscheinung machte wie die Hausfassade selbst.
Sie erkannte zwei Teile von Bildern an der Wand, welche zum einen Gundula die Svanwiss zeigten, zum anderen einen Mann, der Sarin gänzlich unbekannt war. Sie könnte bei dem Portrait mit den grau merlierten, blonden Haaren und sorgsam gepflegten, wenngleich dünnen Vollbart erstmal auf Hyacinthus schließen, letztendlich würde sie aber anhand der Augen Verbindungen zu Mallahall knüpfen können. Somit ließ sich schlussfolgern, dass der blauäugige Portraitierte ihr Vater sein musste. Unter beiden Bildern fand sich eine schmucklose graue Vase auf einem weißen Flurtisch. Alles war sauber und zu sehr gepflegt. Irgendwie fehlte das Leben in diesem Ausschnitt eines zyranischen Herrenhauses. Die Vase enthielt keine Blumen, auf dem Tisch lag nichts herum, das auf die Bewohner schließen ließ. Sterilität herrschte vor. Das und strenge Ordnung.
Dass auch die Etikette des Haushalts dieser Ordnung folgte, wurde Sarin bewusst, als der Diener sie abzuwimmeln versuchte und schon dabei war, die Tür vor ihrer feinen Nase zu schließen. Er ging einfach davon aus, Wichtigeres zu tun zu haben als sich mit einem Besuch zu unterhalten, der die Hausherrin ohnehin nicht antreffen würde. Dass Sarin jedoch überhaupt nicht mit Gundula die Svanwiss sprechen wollte, machte sie gerade noch rechtzeitig deutlich, ehe die Tür ins Schloss fallen konnte.
Der Diener zerstörte seine eigene Symmetrie, als er eine Braue anhob. Aber er ließ Sarin nicht nur eintreten, sondern öffnete ihr dieses Mal sogar willentlich die Pforte. Jene schloss sich erst nach ihrem Eintreten in den großen und wie zuvor schon angenommenen überaus strukturierten Eingangssaal. Die Decke war hoch, besaß aber kein gewölbtes Dach. Ein Leuchter, der mehr einem weißen Kasten mit diffusem Licht hinter Milchglas glich, erhellte die perlweißen Wände und grauen Steinboden. Selbst der quadratische Teppich im Zentrum machte mit seiner blassblauen Farbe kaum einen Blickfang aus. Er war so schmucklos wie die Halle. Nur die goldenen Rahmen der Portraits verpassten allem ein wenig Farbe. Selbst die eisblauen Vorhänge verschmolzen mit ihrer Umgebung, so dass man vom Gesamtblick erst einmal etwas geblendet war - ohne den positiven Effekt des Staunens über Prunk oder architektonischen Stil. Mallahalls Heim war schlichtweg langweilig zu nennen.
"Mallahall di Svanwiss", betonte nun auch der Diener. Er hatte die Haustür hinter sich geschlossen und trat nun an Sarins Seite. Beide Hände hatte er im Steiß gefaltet und seine Haltung war steifer als Iryans beste Vorzüge letzte Nacht. "Nicht Mallhalla, aber das wisst Ihr sicherlich, werte Prinzessin. Die Tochter und Gast dieses Hauses ist ebenfalls ... unpässlich." Er räusperte sich, mehr aber um seine Missbilligung herunter zu schlucken. "Ich werde gemäß der zyranischen Höflichkeitsfloskeln dennoch nachfragen, ob sie Euch empfangen möchte. Bitte, folgt mir in den Salon für Gäste." Mit einer einladenden Geste wies der Diener Sarin hin, ihn zu begleiten. Er ging nicht weit, sondern trat lediglich durch einen eckigen Torbogen in einen wesentlich kleineren, dadurch nicht minder langweiligen, weißen Flur. Die dunkle Tür aus Walnussholz hob sich geradezu stechend von den Wänden ab. Der Diener öffnete sie, blieb aber an der Pforte stehen, als er Sarin hinein verwies.
"Ihr findet Gebäck und Erfrischungsgetränke auf dem Kaffeetisch. Bedient Euch, während Ihr wartet, aber bitte verlasst den Raum nicht. Sollten körperliche Bedürfnisse Euch drängen, könnt ihr die Gästetoilette hinter dem weißen Vorhang im Raum nutzen. Ich beeile mich, um Euch die Wartezeit so weitaus möglich zu verkürzen."
Er verneigte sich steif und schloss auch diese Tür hinter Sarin, sobald sie eingetreten war. Der Salon entpuppte sich als farbenfroh im Vergleich zur Eingangshalle. Zwar waren die Wände hier ebenso weiß, der Steinboden grau und das Mobiliar ebenfalls in beiden Farben gehalten, aber der Diwan und der Sessel boten mit ihren hellblauen Polstern ein wenig Freude. Außerdem zeigte sich nun, dass doch mehr als namenlose Ordnung unter diesem Dach lebte. Schneeflockenförmige, blaue Kissen und runde Sitzpolster in knallgelb mit Fransenquasten an den Enden erwärmten das Herz. Die Decke des Kaffeetisches war ebenfalls gelb gehalten. In der kleinen Porzellanschale fand Sarin rundes Spritzgebäck, das teilweise mit Erdbeermarmelade garniert worden war. Einzelne Knabberstangen aus Zartbitterschokolade ragten wie die in der Halle fehlenden Blumen aus einem hohen Glas. Daneben fanden sich eine Karaffe mit Wasser, sowie eine Flasche Wein. "Graslandrebe, Jahrgang 2A-64b" stand auf einem Etikett, was immer die Zeitangabe auch bedeuten mochte. Interessanter für Sarin dürften allerdings die Stickereien in der Tischdecke sein, die sich wie ein runder Kranz um die Gebäckschale legten. Es waren tatsächlich Runenstickereien. Kombinationen aus den Runen Fehu und Gebu deuteten für eine Kundige sofort darauf hin, dass hier jeweils der Handelsaspekt angesprochen wurde. Während Gäste sich also am Gebäck labten, sollte die Magie der Runen für mögliche Handelsbesprechungen Einfluss nehmen. Die Zweierkombination der Runden ging einmal kreisrund um die Schale, immer getrennt von einem eingestickten Lysanthorzeichen. Sarin hatte Zeit, die Runen zu betrachten, aber auch noch genug, um etwas zu essen oder zu trinken. Es dauerte bestimmt eine knappe Viertelstunde, bis erneut die dunkle Tür zur Halle aufging und jemand den Salon betrat.
Dass es sich bei der gänzlich in schwarz gekleideten, verschleierten Frau um Mallahall handelte, konnte Sarin nur erkennen, weil sie ihr bereits vertraut war. Die Haltung, wenngleich etwas geknickt, der Gang und nicht zuletzt die Art wie sie ihren Kopf anhob, verrieten es noch ehe ihre tiefblauen Augen auf Sarins trafen.
"Geschätzte Freundin", begrüßte Mallahall und schon versagte ihr die Stimme. Sie schluchzte und wandte das Gesicht ab. Ihre Schultern bebten, aber sie fasste sich rasch wieder.
"Benötigt Ihr Ruhe, Herrin? Ich kann den Besuch der Tür verweisen", drang die Stimme des Dieners von der Tür.
"Nicht nötig, Adalbert", erwiderte Mall. Sie winkte ab und beteuerte, dass sie es schaffen würde. Der Diener nickte, ließ sie und Sarin dann endlich allein. Kaum, dass die Tür geschlossen worden war, schlich Mallahall in trostloser Langsamkeit zum Diwan, um sich zu setzen. Sie faltete die Hände in ihrem Schoß. Die Rechte umklammerte ein Spitzentuch aus schwarzem Stoff, mit dem sie sich gelegentlich die Augen tupfte. Jene richtete sie dann mit so viel erzwungener Freude auf Sarin, wie die Trauernde aufbringen konnte. "Es tut gut, ein lebendiges Gesicht mehr zu sehen. Ich habe mir Sorgen gemacht." Sie sah Sarin an, ihre Mimik hinter der schwarzen Schleier verborgen. Sie fragte nicht nach Iryan, nicht nach Castus. Sie wagte es nicht, denn entweder fürchtete sie die Antwort oder wusste angesichts ihrer Aufmachung bereits um das Schicksal ihres kleinen Lieblings - nur woher?
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Sarin Kasani » Montag 15. Mai 2023, 08:09

"Mallahall di Svanwiss"
, korrigierte der Diener klangvoll. Die Haustür schloss sich und der Diener trat an Sarins Seite.
"Nicht Mallhalla, aber das wisst Ihr sicherlich, werte Prinzessin. Die Tochter und Gast dieses Hauses ist ebenfalls ... unpässlich."
Er räusperte sich, mehr aber um seine Missbilligung herunter zu schlucken.
Merkwürdig, dass Mall mich nie korrigiert hat, wenn ich sie so angesprochen hab...? aber ER?... Arrogant, pingelig und unsympathisch. Da fühlt man sich doch gleich wie Zuhause. …
Als 'Zuhause' war in diesem Zusammenhang das allgemeine Nachtelfenreich gemeint. Im Mentharas Palast gab es so einige dieser Schnösel, die Sarin nur zu gut kannte und man am besten mied, ignorierte... oder... voll plapperte:
„Oh, vielen Dank! Ein 'A' im Nahmen vertauscht, verstehe. Da war Mall aber sehr milde mit meiner Aussprache. In meiner Sprache klingt es eben mehr wie Mallhalla... Da muss ich wohl, noch ein wenig an meinem Dialekt schleifen. Aber Ja. Ja, der Etikette muss aber genüge getan werden.“
Soll er sich doch wichtig fühlen. Wenn es sein Ego streichelt, dann kann ich auch das bedienen.
Gleichwohl stichelte sie gleich noch mal mit einer vertraulichen Verkürzung ihres Namens hinterher und vertrieb seine ach so wichtige Zeit mit Nichtigkeiten. Dann holte sie theatralisch Luft, als würde sie gleich in einen erneuten Redeschwall ausbrechen und ließ sich aber von ihm 'höflich' unterbrechen.
"Ich werde gemäß der zyranischen Höflichkeitsfloskeln dennoch nachfragen, ob sie Euch empfangen möchte. Bitte, folgt mir in den Salon für Gäste."
Sarin folgte darauf hin dem Diener brav.
"Ihr findet Gebäck und Erfrischungsgetränke auf dem Kaffeetisch. Bedient Euch, während Ihr wartet, aber bitte verlasst den Raum nicht. Sollten körperliche Bedürfnisse Euch drängen, könnt ihr die Gästetoilette hinter dem weißen Vorhang im Raum nutzen. Ich beeile mich, um Euch die Wartezeit so weitaus möglich zu verkürzen."
Sarin nickte huldvoll, wedelte scheinbar vom gut gefüllten Tablett bereits abgelenkt mit den Fingern , dass er sich entfernen könne und sah sich um.
Ist Mall an diesem Ort aufgewachsen? ...so kühl.
Sarin empfand eine kleine Welle des Mitleides, denn auch wenn sie nur kurze Zeit von ihren Eltern warm und herzlich geliebt worden war, so war ihr es doch vergönnt gewesen, von diesem Gefühl in ihrer Kindheit geprägt zu werden. Der Ersteindruck von Malls Mutter war jedoch mehr als nur kalt gewesen. Da gab es viel Differenzen in dieser Familie... aber wer hatte das nicht?!
Während sie sich weiter umsah, fiel ihr Blick intensiver auf den Teetisch. Die Stickereien in der Tischdecke waren tatsächlich Runenstickereien.
Fehu und Gebu... Sie sollen bestimmt ihre Gäste für mögliche Handelsbesprechungen öffnen.
Sarin strich mit den Fingern darüber und fühlte die Magie, wie sie in ihrer eigenen ein Echo fand.
"Wer das wohl gewebt hat? Professor Synapse vielleicht?"
, fragte sie sich leise. Die Anwendung war sehr 'alltäglich' und doch sehr zielgerichtet. Es würde zu der Zwergin passen. Sarin nahm sich aber trotzdem ein paar Stücke Gebäck, selbst wenn sie damit ein kleine wenig bezaubert würde und flanierte weiter durch den Raum. Sie hatte nichts dagegen und besuchte auch einmal kurz den Abort hinter dem Vorhang. Wenn man länger nur Plumpsklosetts, oder sich eilig hinter Bäumen erleichtert hatte, dann wusste man jeden Luxus zu schätzen. Ein Glas Wasser später öffnete sich erneut die dunkle Tür zur Halle.
Mall?...
Sarin erkannte sie gerade so. In schwarz gekleideten und verschleierten wirkte Mallahall sehr verändert. Die Haltung, wenngleich etwas geknickt, der Gang und nicht zuletzt die Art wie sie erst ihren Kopf und dann den Blick anhob, verrieten es noch ehe ihre tiefblauen Augen auf Sarins trafen. Sie hatte also auch ihren Schleier gehoben.
"Geschätzte Freundin."
Sarin trat auf sie zu, hätte sie am liebsten gleich in den Arm genommen, aber der Diener war noch da. Sie schluchzte und wandte das Gesicht ab. Ihre Schultern bebten, aber sie fasste sich rasch wieder.
"Benötigt Ihr Ruhe, Herrin? Ich kann den Besuch der Tür verweisen"
, drang die Stimme des Dieners von der Tür.
Frechheit!
, diesmal war Sarins Empörung echt, denn Mall hatte sie gerade eben als 'geschätzte Freundin' angesprochen und schlug nun vor sie trotzdem hinaus zu werfen? Dieser Diener maßte sich wirklich zu viel an. Ob er sich auch so bei der Hausherrin verhielt? Falls ja, müsste sein Stand hier im Haus mindestens der eines ...'Liebhabers' sein... würde Lucil zumindest dreist behaupten und frech auch dies verbreiten. Ein solches Gerücht kostete schnell einem Bediensteten die Stellung.
"Nicht nötig, Adalbert"
, erwiderte Mall.
Was für ein passender Name... ob er den schon bei seiner Geburt hatte, oder ihn extra für diesen Stand angenommen hat?
Sie winkte ab und beteuerte, dass sie es schaffen würde. Der Diener nickte, ließ sie und Sarin dann endlich allein. Sarin schaute noch einen Moment auf die Tür und lauschte, ob sich seine Schritte auch wirklich entfernen würden, oder ob er zum Lauschen einfach stehen geblieben war. Ihre spitzen Ohren, zusammen mit dem grauen Steinboden, sollten ihr darüber Auskunft geben können.
Mallahall hatte sich auf dem Diwan nieder gelassen und Sarin setzte sich nun dicht neben sie. Ihre Hände umklammerte ein Spitzentuch aus schwarzem Stoff, mit dem sie sich gelegentlich die Augen tupfte. Jene richtete sie dann mit so viel erzwungener Freude auf Sarin, wie die Trauernde aufbringen konnte.
"Es tut gut, ein lebendiges Gesicht mehr zu sehen. Ich habe mir Sorgen gemacht."
Sarin erwiderte erst einmal nichts und nahm sie einfach in den Arm. Noch während sie sie hielt und ihren Rücken streichelte, stolperte ihr Unterbewusstsein über die Formulierung:
...ein lebendiges Gesicht mehr... mehr... eines mehr... Hat noch wer überlebt? Aber eins nach dem anderen...
Ein winziger Funke Hoffnung entzündete sich an Malls Worten, doch würde Nahrung brauchen um zur Flamme zu werden, oder eben wieder erlöschen. Sarin richtete sich wieder etwas auf, strich Mall über ihre Schultern, ordne ihren Schleier ganz unbewusst auf ihrem Kopf zusammen – eine fürsorgliche Geste, die sie in ihrem Beruf schon tausend Mal gemacht hatte. Dann nahm sie Malls Gesicht in beide Hände und küsste sie links auf die Wange und wischte ihr dann rechts eine Träne von der Haut. Das strahlende Blau ihrer Augen, dass sie schon immer auch an Castus erinnert hatte, war umrandet vom Rot des beweinten Verlustes. Einen Moment sahen sich dann die beiden Frauen nur still an und hielten sich bei den Händen. Castus war tot und der Schmerz über seinen Verlust war auch bei Sarin noch nah, auch wenn ihrer nicht annähernd so kraftvoll sein konnte wie bei ihrer Freundin. Im Leid gab es keinen Vergleich nur ...Schmerz.
„Mall...“
, flüsterte sie leise. Keine kondolierenden Worte konnten da helfen, kein noch so gut gemeinter Wunsch nach Stärke oder Hymnen des Mitgefühls.
Vielleicht ist es gut gleich zum Punkt zu kommen. Sie muss wissen, dass...
„...weine nicht zu lange, liebe Mall. Castus hat uns etwas hinterlassen und er... es... ich brauche deine Hilfe.“
Einen Moment schaute sie sicher in das fragendes Gesicht ihrer Freundin, gab ihr die nötige Zeit sich zu sammeln, dann holte sie das Kästchen aus der Rocktasche. Sarin hielt es in ihren Händen und hoffte, Mall würde sogleich Cas Geschenk erkennen, wenn sie es erblickte. Während sie den Verschluss löste und den Deckel langsam hob, berichtete sie stockend von dem Geschehenen.
„...als … als er ...gegangen war, da blieb das hier zurück. Ich bin mir ganz sicher, dass es ein Teil von ihm ist. Aber ich verstehe nicht was es ist, oder was es braucht um zu bestehen. Zu Anfang war er... also Cas... also Ian und ich haben ihn so genannt. Er war größer und er verausgabt sich immerzu. Er ist aber auch immer bei mir gewesen, Mall. Es hat mir das Herz etwas leichter gemacht. Es … es ist wie ein Geschenk, aber auch irgendwie lebendig und verbindet mich mit Castus Andenken.“
Sarin atmete kurz durch.
„Es tut mir leid, dass ich erst jetzt zu dir kommen konnte. Ich war zwei Tage lang ohne Bewusstsein. Sieh... sieh ihn dir bitte an. Hilf mir zu verstehen. Ich berichte dir alles was ich weis, wenn du willst.“
Und das würde sie auch tun.
...bis ins kleinste sicher dann etwas peinliche Detail, wenn nötig. Sie musste verstehen, was hier vor sich ging. Gemeinsam würde sie Cas vielleicht wieder 'aufladen?' können? Aber noch etwas anders krabbelte in Sarins Unterbewusstsein. Sie fürchtete sich auch ein klein wenig. ...davor, dass Cas jetzt bei Mall bleiben wollen könnte. Aber das wäre dann auch in Ordnung, denn seine Tante hatte sein ganzes Leben, bzw. zwei Jahre mit ihm verbracht, wo Sarin nur im Vergleich eine kurze Randerscheinung in seinem Dasein gewesen war. Trotzdem liebte sie ihn und wenn die Liebe zu ihm verlangen würde, dass sie ihn los ließ, dann würde sie auch das tun. Trotzdem hatte sie Angst davor.
Was wenn Mall ihn für sich haben will... um ihren Schmerz zu heilen?
Sarin könnte es verstehen, aber wie sollte sie... ihn selbst loslassen?
Wie sollte ich das Ian erklären, wenn ich ohne ihn... Aber... Nein. Er würde es auch verstehen. Aber Ian war auch noch stärker mit Cas verbunden ...oder? Ach verflixt! So vieles verstehe ich einfach nicht...
Besorgt um sein so klein gewordenes Leuchten und auch um ihre gemeinsame Zukunft ließ sie ihren Blick zwischen Mallahalls blauen Augen und seinem blauen Leuchten langsam hin und her wandern. Hoffentlich konnte Castus Tante die Hilfe geben, nach der sie sich sehnte. Und anders herum spendete das Wissen um Cas kleines Geschenk vielleicht auch Mall etwas Trost.

Später wollte Sarin auch nach den Geschehnissen bei Mallahall fragen. Natürlich war sie auch gespannt, was in Zyranus in den zwei von ihr verschlafenen Tagen geschehen war. Oder war Mall selbst vielleicht noch garnicht draußen gewesen? Sie wirkte gerade noch so... 'untröstlich', dass es nur natürlich gewesen wäre, aber um so wichtiger war es dann, dass sie beide sich mit dem wichtigsten ablenkten – mit Castus Erbe – diesem kleinen wundervollen Geschenk, was er ihnen hinterlassen hatte und sicher wollte, dass sie beide weiter lebten.
War es denn wirklich ein Geschenk nur für mich? Oder werde ich ihn ...wieder verlieren?
Auch Sarin weinte und wischte sich ein paar Mal eilig die Tränen von den perlmuttfarbenen Wangen.
„Was hältst du von alle dem?“
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 17. Mai 2023, 13:07

Der Diener musterte Sarin ohne die Regung auch nur eines Muskels. Symmetrische Linien formten sein Gesicht und doch schaffte er es, so unnahbar und verachtend auf sie herabzuschauen, dass man meinen könnte, ihre Rollen wären vertauscht. Er maßte sich eine Menge an gegenüber einem Gast, der noch dazu den Titel einer Prinzessin trug. Doch so waren sie, die Zyraner. Arroganz galt als eine Eigenschaft so weitläufig wie ihre Fähigkeit, Magie zu wirken. Ob der Diener jedoch wirklich auch Magier war, ließ sich nicht feststellen. Bisher hatte er zumindest nicht gezaubert, sondern nur zwischen den Zeilen oder gar offen belehrt. Vielleicht war es sein Ventil in einer Welt aus Magie, an der er nicht teilhaben konnte? War er begabt? Wie auch immer, Sarin versuchte, ihn mit Worten abzuwimmeln, ohne sich durch einen kleinen Fehler denunzieren zu lassen. Mallahall hatte sie schließlich nie korrigiert und sie trug den Namen!
Der Diener aber musterte sie mit strafendem Blick. "Ihr bewegt Euch in Zyranus, der Stadt der Magie. Magie fußt auf Logik und vor allem Ordnung. Vertauscht auch nur eine Komponente eines größeren Zaubergeflechts und Ihr werdet mit den Konsequenzen leben müssen. Oder auch nicht, falls es Euch tötet." Ganz Unrecht hatte der Diener nicht und das wusste auch Sarin. Wenn sie bei ihren Runenkombinationen auch nur ein Zeichen in die falsche Reihenfolge brachte, könnte die Wirkung ganz anders aussehen. Spontan schossen Bilder durch ihre Erinnerung, als sie Iryan die Runen spiegelverkehrt aufgezeichnet hatte. Irgendetwas war dort auch anders geschehen. Zunächst hatte sie geglaubt, damit gar keine magische Wirkung zu erzielen, aber sein Körper hatte trotzdem mit der allergischen Reaktion gekontert. Demnach musste irgendetwas geschehen sein. Die Worte des Dieners erinnerten sie daran, ohne dass jener sich auch nur im Ansatz bewusst war, was er angestoßen hatte. Er nahm lediglich Anstoß an Sarins Gebaren. Glücklicherweise musste er sich aber auch dem Wort eines Hausbewohners unterwerfen und Mallahall erschien endlich. Sie verwies Adalbert - so sein Name - des Raumes. Der Diener verneigte sich schicklich und ging. Selbst Mallahall atmete hinter ihrem schwarzen Spitzenschleier kurz auf. Sarin hingegen lauschte genau, ob sie jenseits der Tür Schritte hören konnte und tatsächlich: Der Diener schien sich zu entfernen. Offenbar hatte er Wichtigeres zu tun. Selbst Mallahall badete nicht im Licht seiner Gunst. Er mochte ihr unterstellt sein, aber die Antipathie im höflichen Gewand der Etikette hatte Sarin auch bei der Lichtmagierin gespürt. Ihr aktuelles Gewand hingegen erfüllte sie mit Mitgefühl. Mallahall trauerte. Sie sah aus wie eine im Krieg dazu gemacht Witwe. Sie versuchte, aufrecht zu stehen, Fassung zu tragen, doch alles, was sie wirklich trug, war schwarze Trauer.
Keine Beileidsbekundungen konnten dieses Gefühl vertreiben, aber vielleicht machte es alles ein wenig erträglicher, wenn Mallahall wusste, damit nicht allein zu sein. Sarins Arme fanden einen Weg um ihren Körper und die Magierin lehnte sich etwas hinein. Die Frauen waren unter sich und so konnte man jegliche Maske zyranischen Anstands fallenlassen.
"Mall..."
Die Angesprochene nickte schwach. "Gib nichts auf die Worte von Mutters Hausdiener. Er nimmt sich viel mehr heraus, seit er der einzige Mann im Anwesen ist. Nun, den einzigen, den Mutter sieht", fügte sie etwas verbittert an, denn sicherlich gab es weitaus mehr Bedienstete in einem Anwesen wie diese. Aber schon im Reich der Nachtelfen war es eine allgemeine Erwartungshaltung der nobleren Gesellschaft, dass einfaches Gesinde unsichtbar zu sein hatte. Selbst Sarin hatte sich gerade in den Anfängen ihrer Schneider-Karriere im Palast kaum offen blicken lassen dürfen. Nur ihre Kleider, ihre Anzüge und noblen Zierden für einen Frack, einen Hut oder eine Damentasche hatten sich präsentieren dürfen. Im Stadthaus der di Swanviss' funktionierte es gut. Der Elfe war schließlich nur Adalbert aufgefallen, aber sein Auftritt hatte genügt.
Sarin konzentrierte sich auch nicht weiter auf den Diener. Das war es ihr überhaupt nicht wert! Sie war aus wichtigeren Gründen hier und diese brachte sie der Lichtmagierin sofort dar. "Weine nicht zu lange, liebe Mall. Castus hat uns etwas hinterlassen und er ... es ... ich brauche deine Hilfe." Die Augen der Magierin weiteren sich über dem Rand ihres schwarzen Schleiers. Sie brachte kein Wort heraus, weil es ihr die Kehle zuschnürte. Sarin, die eher ein fragendes Gesicht erwartet haben mochte, wartete noch einen Moment. Sie gab Mall Zeit, sich wieder zu sammeln, aber das schien nicht einzutreffen. So zückte sie das Nähkästchen und öffnete dessen Verschluss.
Zwischen sorgsam aufgerolltem Garn in verschiedenen Farben und kleinen Flicken unterschiedlicher Größe, neben einigen sicher aufbewahrten Nadeln, da ruhte Cas. Sein Licht pulsierte schwach, aber kontinuierlich. Es sah nicht danach aus, als schwebte er in Lebensgefahr. Vielmehr erhob er sich gerade etwas, um ein wenig aus dem Kästchen heraus zu schweben. Mallahalls Anwesenheit zog ihn förmlich an. Er setzte sich auf den hölzernen Rand des Kästchens ab, auf jene Seite, die der Magierin am nächsten war.
Mallahall starrte das kleine, schwachblaue Licht an. Dann hob sie den Blick zu Sarin und wurde kreidebleich hinter ihrem Schleier.
"... Als ... als er ... gegangen war, da blieb das hier zurück. Ich bin mir ganz sicher, dass es ein Teil von ihm ist", begann die Nachtelfe mit ihren Ausführungen und berichtete rasch alles, was sie über Castus' Erbe in Form des kleinen Lichtes wusste. Auch teilte sie Mallahall mit, wie sie ihn nannte. Ihr Gegenüber reagierte überhaupt nicht darauf, von ihrem Starren abgesehen. Aber sie hatte jegliche Farbe verloren. Selbst das goldblonde Haar wirkte plötzlich nicht mehr so kräftig.
"Es tut mir leid, dass ich erst jetzt zu dir kommen konnte. Ich war zwei Tage lang ohne Bewusstsein. Sieh ... sieh ihn dir bitte an. Hilf mir zu verstehen. Ich berichte dir alles, was ich weiß, wenn du willst." Sarin wartete eine Antwort der anderen ab. Sie gab ihr alle Zeit, die sie brauchen könnte und war auch bereit, Cas in ihre Hände zu überreichen. Zugleich aber kämpfte sie mit einem Funken Furcht, dass ihr letztes verbliebenes Stück Erinnerung an ihren geliebten Halbdämon sich abwenden könnte. Dass sie auch ihn verlieren könnte und so irrational es Sarin vorkam, fürchtete sie, dadurch auch Iryan von sich schwinden zu sehen.
"Was hältst du von alle dem?" In ihrer aufkommenden Angst bemerkte sie viel zu spät, dass Mallahall noch überhaupt nicht geantwortet hatte. Sie griff auch nicht nach Cas oder dem Nähkästchen. Sie starrte Sarin lediglich an und Tränen überschritten die Grenze ihrer Lider, um sich im Stoff ihres Schleiers zu verfangen. Dahinter formten sich ihre Lippen zu Worten, die sie noch nicht aussprechen konnte. Sie brauchte Zeit, bis ihre Stimme dafür bereit war.
"C-Castus ... ist ... tot?!" Ihr Wispern durchbrach mit brachialer Gewalt die Stille und füllte jede noch so kleine Ecke des Salons. Es zu hören erschreckte Mallahall selbst. Sie zuckte zusammen, berührte den Schleier auf Höhe ihrer Lippen und begann, am ganzen Leib zu zittern. "Tot? Er ... ist ...?" Die Tränen, die sie bislang vergossen hatten, galten nicht ihm. Sie hatte nicht um Castus geweint, nicht um ihn getrauert und die Nachricht traf sie nun bis tiefs ins Mark.
Mallahall galt schon immer als starke, selbstbewusste Persönlichkeit. Wenn sie Anweisungen gab, widersetzte sich niemand - nicht einmal ein Dämon. Asmodeus hatte sich ihr lange Zeit unterworfen und das sogar freiwillig. Ihr Wort hatte eine Macht über das Haraxwesen gehabt wie nichts Anderes. Doch selbst jene Befehlsgewalt war am Ende daran gescheitert. Der Dämon hatte sich von ihr gelöst, um seinen eigenen, blutigen Pfad zu gehen. Und Mallahall hatte dennoch aufrecht gestanden, stets weitergekämpft, ihn gar weiterhin vor dem zyranischen Rat in Schutz genommen und sich bemüht, weiterhin einer guten Ideologie zu folgen. Nichts hatte sie erschüttern können. Sie jetzt so zu sehen - selbst wenn man, wie Sarin, nur wenig von ihrer Vergangenheit und noch weniger von den Hintergründen wusste - schmerzte. Gram gebeugt kauerte sie am Rand des Sitzpolsters, vorgebeugt und das Gesicht in den zitternden Händen vergraben, während die Schultern so stark bebten, dass man Angst haben musste, unter der Bewegung brachen ihre Knochen entzwei. Was definitiv splitterte, war Mallahalls Seele. Sie zerbrach. Neben Sarin saß eine gebrochene Frau. All die Stärke floss zusammen mit ihren Tränen aus ihr heraus, bis sie nichts mehr vergießen konnte.
Das kleine Cas-Licht hob sich vom Rand des Nähkästchens. Es schwebte auf Mall zu, berührte sie aber nicht. Es schwebte wie unschlüssig neben ihr auf und ab. Dann kehrte es zu Sarin zurück und "hockte" sich auf deren Schulter. So glaubte Sarin, zwischen all den Schluchzern der Magierin in ihrem Geist einen Namen auszumachen. Ebenfalls leise und doch schwirrte er kurz durch ihr Denken: Asmodeus.
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Sarin Kasani » Montag 22. Mai 2023, 09:48

"C-Castus ... ist ... tot?!"
Malls Wispern durchbrach die Stille und füllte jede noch so kleine Ecke des Salons. Es war als knackte etwas in Sarins Kopf. Ihre leise erstickte Stimme zu hören erschreckte Mallahall selbst. Sie zuckte zusammen, berührte den Schleier auf Höhe ihrer Lippen und begann, am ganzen Leib zu zittern.
Moment... sie...
"Tot? Er ... ist ...?"
Die Tränen, die sie bislang vergossen hatten, galten nicht ihm, dass begriff jetzt auch die Nachtelfe.
Sie hat nicht um Castus geweint, nicht um ihn getrauert...
Sie jetzt so zu sehen - selbst wenn man, wie Sarin, nur wenig von ihrer Vergangenheit und noch weniger von den Hintergründen wusste - schmerzte. Außerdem war Sarin ein mitfühlendes Wesen. Es schnürte ihr die Kehle zu und sie fühlte, dass auch ihre Augen brannten. Neben Sarin saß eine gebrochene Frau. All die Stärke floss zusammen mit ihren Tränen aus ihr heraus, bis sie nichts mehr vergießen konnte und Sarin konnte sie nur halten.
Ich habe ...ich habe nur Castus verloren... SIE hat Castus und ...
Das kleine Cas-Licht hob sich vom Rand des Nähkästchens. Es schwebte auf Mall zu, berührte sie aber nicht. Es schwebte wie unschlüssig neben ihr auf und ab. Dann kehrte es zu Sarin zurück und "hockte" sich auf deren Schulter. So glaubte Sarin, zwischen all den Schluchzern der Magierin in ihrem Geist einen Namen auszumachen. Ebenfalls leise und doch schwirrte er kurz durch ihr Denken:
...Asmodeus.
Mall trauerte um Asmodeus. Flüsternd kamen langsam und stockend die Worte:
„Verzeih mir. Ich … ich dachte nicht, dass du … Ich dachte du trägst Trauer, weil du wüsstest … Ich...“
Sarin versagte die Worte über ihre Fehleinschätzung.
„Du trauerst um Asmodeus... richtig? Und ich... ich …bringe schlimme Kunde und bitte dich auch noch um Hilfe. Verzeih. Verzeih. ...“
Sarins Arme umfingen immernoch den bebenden Leib der Lichtmaga.
„Es tut mir so leid.“
Sarin hatte nur am Rande erzählt bekommen, nur Bruchstücke von Asmodeus Leben auf Erden und den Zusammenhang nie ganz erfahren. Mall hatte nie erzählt, wie eng die Beziehung zu ihm gewesen war und so verstand Sarin auch sofort, wie es zu ihrer Fehleinschätzung gekommen war. Es tat ihr leid, dass Mall um den Mann trauerte, den sie selbst nur als Monster kennen gelernt hatte. Es war schwer zu begreifen, aber Sarin begann zu ahnen, dass es mehr gegeben haben musste, als die Gräueltaten und den Hass auf Zyranus im Leben von Castus Vater. Aber nun hatte Mall nicht nur ihren... alten 'Freund'? ...verloren, sondern auch seinen Sohn.
Sarin hielt sie im Arm und ließ sie weinen.
Mehr konnte sie nicht tun.
Oder?
Nauthiz...
Die Bedeutung der Rune war: Leid und Erlösung und ihre Wirkung: hilft bei Trauer, Krankheit, Seelenschmerz. Sarins Leben war selbst einst übermächtig erfüllt gewesen, von diesem Gefühl und damals hatte eine alte Freundin sich ihrer angenommen. Verlust konnte eine Seele brechen und in Trauer, Frustration, ja sogar Hass und Rachegedanken ertrinken lassen. Aber das hätte auch Castus nicht gewollt. Castus war besser als sie alle gewesen. Sarin konnte nur eins tun und Mall den Rücken streicheln, ihr dabei in langen weichen und warmen Zügen vielleicht mit ihrer Magie ein wenig Linderung verschaffen, damit Mallahall das Geschenk sah, dass Castus zurück gelassen hatte. Denn es war ein Geschenk.
Sarin hatte nie selbst Trauerarbeit leisten müssen, fühlte sich sehr unsicher in dieser Rolle, aber gab ihr Bestes. Sie war da, bot Halt und ließ Mall weinen. Irgendwann würden auch diese Tränen versiegen. Vielleicht würde Mall dann einfach nur schlafen wollen, vielleicht aber würde sie aber auch etwas über den Mann erzählen wollen, der Asmodes einmal gewesen war um sein Andenken zu ehren. Sarin würde gern ein paar gute Gedanken über Castus Vater hören und so fragte sie irgendwann leise:
„Würde es dir helfen, wenn du mir von ihm erzählst? Wie er war?“
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 24. Mai 2023, 14:41

Ein folgenschweres Missverständnis bahnte sich seinen Weg. Mallahall sank sichtlich in sich zusammen, zitterte am ganzen Leib und versuchte doch noch immer krampfhaft die Stärke auszustrahlen, die sie mit jeder Träne nun verließ. Tränen, die jetzt für Castus' Verlust flossen, wie Sarin feststellen musste. Die Lichtmagierin trug das Schwarz nicht zum Zeichen der Trauer um ihren Ziehneffen. Sie hatte noch viel mehr verloren. Vor allem aber hatte sie gehofft, dass ihr Liebling - Castus - noch einmal mit seinem Vater sprechen würde. Dass er versuchen würde, ihn zurück auf den rechten Weg zu führen. Dass dies niemals der Plan des Halbdämonen gewesen war, hatte sich auch erst nach und nach in Sarins Denken breit gemacht und am Ende kam die Erkenntnis zu spät. Da gab es kein Zurück mehr, obgleich sie beim Anblick der wandelnden Überreste des Vaters kaum mehr auf ein gutes Ende für ihn hätte hoffen können. Für Asmodeus war es das Beste gewesen, dass es ein Ende nahm. Er war nicht mehr zu retten gewesen und Castus schien das von Anfang an gewusst zu haben. Deshalb sein stets entfernter Blick, der so viel Schönheit mit sich führte, aber auch Nachdenklichkeit, dass es fast traurig wirkte. Er hatte all das gewusst und deshalb Mallahall nicht in seiner Nähe haben wollen, wenn er sich dem Vater stellte. Ihm war klar gewesen, dass es mit Verlust endete. Aber er hätte auch ahnen müssen, dass er sie nicht vor der Trauer bewahren könnte. Wenigstens trafen nicht beide Schreckensbotschaften gleichzeitig ein. Mallahall trauerte bereits - um Asmodeus, nicht um Castus. Sarin hatte es fehlinterpretiert und nun war sie die Verkünderin einer Botschaft, die allein aufgrund der vorangegangenen nur noch schlimmer erschien.
Die Nachtelfe legte ihre Arme enger um Mallahall. Sie spürte deren Kraftlosigkeit. Die Magierin fühlte sich dünn an und ihre Muskeln zitterten unkontrolliert. Sofort bat Sarin sie um Verzeihung für ihren Fehler, dabei konnte es ihr doch niemand zum Vorwurf machen. Woher hätte sie es wissen sollen? Dass Mallahall überhaupt über einen Tod informiert worden war ... keiner ihrer Begleiter konnte dafür verantwortlich sein. Iryan schaffte es gar nicht bis nach Zyranus hinein und mit Hyacinthus, Xot Hau'r oder der alten Ethel hatte Mallahall doch überhaupt keinen Kontakt gehabt. Wer könnte sie aufgesucht haben? Kurz flog Neriélles Name als Hoffnungsschimmer durch Sarins Geist, doch verkümmerte er auch ebenso rasch wieder. Mall kannt die Elfe noch weniger gut als Sarin. Es blieb niemand übrig, der ihr von Asmodeus' Tod hätte berichten können.
Und nun musste sie um zwei Verluste trauern. Hielt ihre Seele das denn noch aus?
„Es tut mir so leid.“
Éntweder hatte sie Sarin nicht gehört oder sah sich nicht in der Lage, auf das Leben noch zu reagieren. Mall hing einfach nur in den Armen der anderen, wimmerte und schluchzte. Sie weinte längst keine Tränen mehr, denn es war kaum mehr etwas übrig. Sie musste bereits so schrecklich viel um Asmodeus geweint haben, dass sie Castus' diese Symbolik nicht mehr schenken konnte. Er würde sie ohnehin nicht sehen, nicht erleben. Er war fort. Diese neue Erkenntnis ließ die Magierin nicht los. Sie beruhigte sich nicht, trotz Sarins Versuchen, Trost zu spenden. Erst als die Elfe auch ein wenig Magie zu Hilfe nahm und - bewusst oder nicht - die Rune Nauthiz mit ihren Fingern als Streicheleinheit auf Mallahalls Rücken nachzog, gelang es mit der Zeit, das Zittern aus dem Körper der anderen zu vertreiben. Mall beruhigte sich etwas. Vielleicht war sie inzwischen aber auch einfach zu erschöpft. Sie rührte sich nicht.
Da nichts weiter geschah versuchte Sarin, die Stille zu überbrücken. Sie stellte eine Frage, ob Mallahall ihr von Asmodeus erzählen wollte. Denn einerseits könnte sie die Magierin so vielleicht ein wenig von ihrem Kummer ablenken - wenn sie die schönen Dinge benannte, die ihr zum Verlorenen einfielen - und andererseits könnte sie Sarins Neugier stillen. Denn jene war aufrichtig daran interessiert, mehr über Asmodeus zu erfahren. Er war nicht nur der tyrannische Dämon aus dem Harax, der alles in Chaos bringen und Zyranus hatte vernichten wollen. Er war auch Vater gewesen und Freund. Er war genug gewesen, dass eine Frau wie Mallahall um ihn weinte und Sarin wollte es nachvollziehen können. Sie glaubte an Gutes, sie wollte auch in Asmodeus Gutes finden. Daher fragte sie: "Würde es dir helfen, wenn du mir von ihm erzählst? Wie er war?"
Geraume Zeit blieb es still. Mallahall rührte sich erst, als man schon glauben mochte, sie würde ihre Position nie wieder verändern. Ihr knackender Rücken aber verriet sie. Langsam lehnte sie sich aus der Umarmung heraus in eine halbwegs gerade Haltung zurück. Sie wischte sich noch einmal über die Augen. Tränen gab es keine mehr, das Brennen ließ sich nicht vertreiben. Es war eine Übersprungshandlung, bis ihre Stimmbänder in der Lage waren, Sarin eine Antwort zu geben. Oh wie kratzig und heiser sie klang, als hätte sie ihre Stimme Jahre lang nicht mehr benutzt! Und so leise ... zum Glück besaß Sarin von Geburt her feine Sinne, sonst hätte sie sich wirklich anstrengen müssen, Mallahall zu verstehen.
"Ich weiß nur wenig von ihm", begann sie. Dann griff sie nach einem der bereitgestellten Gläser, um sich etwas frisches Wasser einzuschenken. Zumindest war das ihr Vorhaben. Sie schaffte es nicht einmal, die Karaffe anzuheben. Sarin musste helfen. Das Glas hielt sie auch in beiden Händen und beugte sich mehr zur Erfrischung, als dass sie jene an die Lippen hob. Danach seufzte sie und musste eine Weile einfach nur stillsitzen, bis erneut genug Kraft durch ihren Körper floss. "Er war zwei. Da gab es ... Asmodeus. Er war der Mensch, der Wirt. Ein Medicus und viel zu alt, um noch auf Celcia zu bestehen. Als Nichtmagier lebt man nicht so lang." Ihre Erzählungen waren von Pausen bestimmt, so dass selbst die wenigen Worten die Zeit erfüllten. Stunden mochten vergehen, bis Mallahall mit ihren Ausführungen endete und immer wieder wurden diese durch Intervalle des Schweigens, erneuten Kummer in Form von Wimmern, Schluchzen und Zittern oder dem Versuch unterbrochen, die eigene Kehle zu befeuchten. Sarin musste reichlich Geduld mitbringen, bis sie die ganze Geschichte erfahren hatte. Oder jenen Teil, den Mallahall ihr anvertraute. Da beide sich als Freundinnen sahen, hielt die Magierin aber auch nichts bewusst zurück.
Sie erzählte: "Wer Asmodeus vor seinem Pakt mit dem Dämon war, weiß ich selbst nicht. Offenbar in seiner Region ein angesehener Medicus, aber nicht so hervorstechend, dass er sich je einen Namen hätte machen können. Einen Namen, den holte sich der Dämon, als er durch ein Ritual nach Celcia fand. Wie genau es vonstatten ging, dass der Medicus sich überhaupt als Wirt hatte anbieten können, weiß ich nicht. Ich weiß tatsächlich so wenig! Aber das Haraxwesen in ihm nannte sich Asmodi. Es schenkte dem Wirt seine dämonische Kraft, so dass er alterlos blieb und weiter seiner Profession nachgehen konnte. Im Grunde war sein Pakt mit dem Harax aus dem Wunsch, Gutes zu tun hervorgegangen. Das rechne ich ihm immer noch hoch an. Er versuchte, mit Asmodi auszukommen, wie er mir oft erzählte. Aber er hatte das Chaos unterschätzt. Asmodi wollte nur eines: Celcia unterjochen. Dabei handelte er vollkommen irrational, verletzte sogar seinen eigenen Wirtskörper, wenn er nicht weiter wusste und bemächtigte sich dessen wie es eine zweite Seele tut, wenn sie sich einen Körper teilen muss. Er drängte den Medicus in sich selbst zurück und beide fochten stets einen Kampf zwischen Heilung und Chaos. Asmodeus suchte Hilfe und fand sie bei mir .. und Etelin, einem Nekromanten, der seinen eigenen Kampf ausfocht. Er wollte sein Handwerk nämlich in Zyranus betreiben. Da er so schon eine Kontroverse darstellte, wunderte es niemanden, dass er Asmodeus als Lehrling unter seine Fittiche nahm. Uns stellte sich noch ein guter Freund zur Seite: Adelmund Constellano d'Artinell zu Zyranus. Mein geschätzter Freund verlor sein Leben, weil der Dämon sich nicht unter Kontrolle hatte. Doch Etelin und ich hielten an ihm fest. Ich war überzeugt, dass auch in Asmodi etwas Gutes steckte. Ich wollte es hervorlocken, ihn für die celcianische Gesellschaft umgänglich machen. Ich wollte eine Brücke zwischen Menschen und Dämonen bauen." Sie schluchzte auf. "Ich habe versagt. Oh, wie naiv bin ich doch gewesen! Kein Dämon trägt Gutes in sich ... ich war dumm. Doch dann tauchte Zanraia auf. Die wirre, von Rache geleitete Zanraia, deren Geist so viel Chaos beinhaltete, dass man selbst sie als Dämon hätte bezeichnen können. Sie verliebte sich. Sie liebte Asmodi, aber nicht Asmodeus. Trotzdem vereinte sie sich oft genug mit ihm, dass es zwangsläufig zu einer Schwangerschaft hatte kommen müssen. Niemand von uns ging davon aus, dass das Kind haraxisches Blut tragen würde. Dämonen pflanzen sich nicht fort. Sie werden im Harax geschaffen, aber nicht geboren. Doch dann trafen wir auf Asmodis ... hm ... Schöpfer? Es war ein Dämon, der sich zumindest so bezeichnete. Er habe Asmodi aus einem Teil seiner Macht geschaffen und wollte ihn nutzen, um nun ebenfalls nach Celcia zu gelangen. Wir konnten das verhindern, aber er verwünschte ihn. Er sagte, er würde ihm das Kostbarste entreißen und daraufhin schnitt er mit seinen Dämonenklauen einmal über Zanraia und ihn hinweg. Wir konnten diesen Dämon bändigen, doch Zanraia war verletzt. Und ihre Schwangerschaft hatte ein jähes Ende genommen. Kein Schlechtes, muss ich sagen. Castus war plötzlich da, kein Neugeborenes, sondern mehr ein Säugling, aber gesund und munter. So herzensfromm und lieb!" Während sie Castus beschrieb, kehrte Wärme in Mallahalls Stimme. Man hörte deutlich die Liebe, die sie für dieses Kind empfand. Und dann musste Sarin sehr lange warten, bis sie wieder erzählte, denn der Magierin wurde erneut bewusst, dass sie ihren kleinen Liebling niemals wiedersehen würde. Das war der Moment, in dem das blaue Cas-Licht sich noch einmal von Sarins Schulter löste. Es schwebte zu Mallahall herüber. Es sammelte all seine Kraft. Es leuchtete einmal heller auf, aber dann stockte es und hatte Schwierigkeiten, sich selbst in der Luft zu halten. Mit letzter Energie kehrte es zu Sarin zurück, suchte nun aber Schutz in seinem Nähkästchen. Nein, es konnte Mallahall nicht helfen. Es durfte nicht, wenn sie nicht auch Castus' Geschenk verlieren wollten. Wenigstens war es nun vernünftig genug das zu erkennen. Die Lichtmagierin musste Kraft aus ihrer eigenen Seele ziehen. Es kostete sie viel.
"Castus war so gut", setzte sie nach einer gefühlten Ewigkeit fort. "Zu gut. Asmodi ertrug so viel Güte nicht. Er ertrug sein eigenes Kind nicht. Überhaupt schien er ... boshafter geworden zu sein. Er ignorierte Zanraia, schimpfte sie eine Verräterin und verbannte sie von jener chaotischen Liebe, die er für sie empfunden haben mochte. Er wollte nur noch Rache an Zyranus nehmen. Die Stadt hatte ihn einsperren wollen. Doch das Schlimmste, was seiner Zeit geschehen war, war Etelins Eindämmung." Wieder musste Mallahall durchatmen. Es fiel ihr wirklich nicht leicht, über all das zu sprechen. "Der Hohe Rat der Magier zu Zyranus hatte Etelins Magie in ihm eingedämmt, damit er ... damit ... sie wollten nicht, dass noch einmal etwas wie Asmodi auf Celcia losgelassen würde und sahen Etelin als Verantwortlichen, weil er weiterhin an seinen Lehrling glaubte. So sperrten sie seine magische Kraft und seinen Geist in sich selbst ein. Er lebt ... er ist sicher, zusammen mit Zanraia. Sie wohnen nun in Shyána Nelle, einer Elfenstadt inmitten des Urwaldes Kapayu. Dort wird niemand sie erreichen. Allerdings ist auch mein Freund Etelin nicht mehr ... er selbst."
Verlust, das war das Los, das Mallahall trug, weil sie an Asmodeus festgehalten hatte. Sie hatte so lange und so sehr darum gekämpft, das Gute in einem Dämon zu finden und zu fördern, dass sie nicht gesehen hatte, wie hoch der Preis dafür war. Sie hatte ihren Freund Adelmund verloren, ihren Mentor Etelin. Zanraia hatte ihre Liebe und sie Asmodeus den Medicus hinter sich lassen müssen. Und gebracht hatte es nichts. Asmodeus und Asmodi waren für immer vernichtet ... und selbst Castus hatten sie mitgenommen. Und trotzdem trauerte die Lichtmagierin auch um den Dämon.
"Es gab gute Momente. Dämonen können keine Nachkommen zeugen. Asmodi hat es geschafft. Dämonen unterwerfen sich niemanden. Asmodi hat mich zu seiner Herrin erkoren und mein Wort hatte Gewicht. Ich hatte Macht über ihn, Befehlsmacht - jedenfalls eine Weile lang. Bis zu Castus' Geburt." Sie berührte ihren Hals. Dann knöpfte sie ihre Bluse auf und griff unter den schwarzen Stoff. Malllahll holte etwas hervor, das an einer kleinen, goldenen Kette hing. Es war ein kristallener Tropfen, jedenfalls sah er so aus. "Dämonen weinen nicht. Asmodi hat diese Träne für mich vergossen. Ich habe immer geglaubt, er ist die Ausnahme." Sie löste das Kleinod von der Kette und legte die Kristallträne in ihre offene Handfläche. "Sie ist Sinnbild für meine Naivität und wird mich für immer an meine Fehler erinnern. Fehler, die das Leben anderer kosteten. Mein kleiner Castus...!" Die Dämonenträne fiel, als Mallahall erneut von einem Zittern erfüllt wurde und die Arme um sich schlang, um es zu unterbinden. Der Kristall aber landete auf dem steinernen Grund. Er brach nicht, es klirrte nur leise und das kleine Cas-Licht puslierte im Klang des Aufpralls. Mallahall jedoch verfiel in einen erneuten Ausbruch höchster Trauer und dieses Mal gab ihr Körper auf. Nach wenigen Schluchzern nur erlosch das Zittern. Es schwand aus ihrem Leib gleichermaßen wie die Kraft und die Magierin ruschte seitlich gegen Sarin in eine schwarze Bewusstlosigkeit.
Da klopfte es an der Tür und jemand trat ein. "Psssst!", machte die Gestalt und legte einen ihrer Finger an die Lippen. Sie schloss die Pforte leise hinter sich, ehe sie mit Trippelschritten zu Mallahall und Sarin schritt. "Adalbert muss nicht ständig hier herum schleichen. Er ist mir so unsympathisch. Ich suchte eigentlich nach Mall, ich wusste nicht, dass Ihr zu Gast hier sei- oh, da ist sie ja. Oh, Mall! Geht es ihr gut?" Nun waren die kleinen Trippelschritte noch schneller, als die zwergische Runenmeisterin Yolantha Synapse sich dem Diwan und dem Kaffeetisch davor näherte. "Noch ein Anfall von Kummer? Oh, sie ist vermutlich die einzige, der Asmodeus' Tod so mitnimmt." Nun konnte Sarin schlussfolgern, von wem Mallahall die Nachricht erhalten hatte.
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Sarin Kasani » Dienstag 30. Mai 2023, 14:51

Sarin lauschte still dem Andenken des Mannes, der Castus Vater gewesen war. Vieles gab nun mehr Sinn, aber allem voran stand der feste Glaube an das Gute in Malls Stimme. Sie hatte an ihn geglaubt, bis zum Schluss. Ob sie damit irrte oder nicht, war nicht wichtig. Es hatte ihr Halt gegeben und sie fasste es in einem Moment am Ende ihrer stockenden Erzählung zusammen:
"Es gab gute Momente...“
Sarin nickte und streichelte sanft mit ihrem Daumen über Malls Handrücken.
Die gibt es immer. Keine Geschichte war je nur schwarz oder je ganz weiß... Licht und Schatten gehören zusammen.
Wer wüsste das nicht besser, als eine Jüngerin Manthalas. Mall berichtete den Rest ihrer Geschichte mit dem Mann der mal Asmodeus und mal Asmodi gewesen war:
„... Dämonen können keine Nachkommen zeugen. Asmodi hat es geschafft. Dämonen unterwerfen sich niemanden. Asmodi hat mich zu seiner Herrin erkoren und mein Wort hatte Gewicht. Ich hatte Macht über ihn, Befehlsmacht - jedenfalls eine Weile lang. Bis zu Castus' Geburt."
Sie berührte ihren Hals. Dann knöpfte sie ihre Bluse auf und griff unter den schwarzen Stoff. Malllahll holte etwas hervor, das an einer kleinen, goldenen Kette hing. Es war ein kristallener Tropfen, jedenfalls sah er so aus. Sarins Blick heftete sich an das Kleinod.
"Dämonen weinen nicht. Asmodi hat diese Träne für mich vergossen. Ich habe immer geglaubt, er ist die Ausnahme."
Sie löste das Kleinod von der Kette und legte die Kristallträne in ihre offene Handfläche.
"Sie ist Sinnbild für meine Naivität und wird mich für immer an meine Fehler erinnern. Fehler, die das Leben anderer kosteten. Mein kleiner Castus...!"
In ihrer Trauer gibt sie sich die Schuld an allem...
Doch plötzlich erbebte Mall und Sarin fing sie in eine erneute Umarmung. Die Dämonenträne fiel dabei zu Boden. Es klirrte leise und das kleine Cas-Licht pulsierte im Klang des Aufpralls. Die Nachtelfe blickte kaum hin, denn die Freundin in ihren Armen war gerade wichtiger. Mallahall jedoch verfiel in einen erneuten Ausbruch höchster Trauer und dieses Mal gab ihr Körper auf. Nach wenigen Schluchzern, erlosch das Zittern und die Magierin sank in Bewusstlosigkeit. Sarin hielt sie noch einen Moment, da klopfte es an der Tür und jemand trat ein.
"Psssst!"
, machte die kleine Gestalt und legte einen ihrer Finger an die Lippen. Sie schloss die Pforte leise hinter sich, ehe sie mit Trippelschritten zu Mallahall und Sarin schritt.
"Adalbert muss nicht ständig hier herum schleichen. Er ist mir so unsympathisch. Ich suchte eigentlich nach Mall, ich wusste nicht, dass Ihr zu Gast hier sei- oh, da ist sie ja. Oh, Mall! Geht es ihr gut?"
Sarin schüttelte nur langsam den Kopf. Sie hatte Yolantha erkannt, aber von 'gut' war Mall sehr weit entfernt.
"Noch ein Anfall von Kummer? Oh, sie ist vermutlich die einzige, der Asmodeus' Tod so mitnimmt."
Sarin nickte traurig, aber war da nur halb der gleichen Meinung. Inzwischen wusste bestimmt die ganze Stadt, dass der Dämon vor ihren Toren gefallen war. Sarin sah zu der kleinen Frau auf und meinte, ohne Mall los zu lassen:
„Das ist es leider nicht nur! ... Ich musste ihr die Nachricht vom Tod ihres Neffen überbringen. Castus hat sich geopfert, damit wir anderen leben und Frieden finden können.“
Das hatte er in der Tat und nach dem was die Anderen so erzählt hatten, hatte sogar dieser Friede, diese Akzeptanz in Zyranus Einzug gehalten. Sie hatten ihre Tore für die Welt geöffnet. Sarin lehnte sich vorsichtig zur Seite und ließ Malls bewusstlosen Körper auf das Sofa gleiten. Kurz hockte sie vor dem Möbelstück und streichelte Malls Wange. Ihr eigenes Herz schmerzte so sehr vom Leid der anderen, dass es ihr schwer viel zu atmen. Dabei wollte Sarin doch stark für sie sein. In ihrer beider Trauer hatten sie sich aneinander fest gehalten, aber die Nachtelfe wusste, dass sie jetzt nicht schwach sein durfte. Etwas umständlich löste sie sich von Mall, hob die gefallene Träne auf und betrachtete sie einen Moment.
...warum hat sie sie von der Kette gelöst? Was wollte sie damit tun, bevor...?
Auf jeden Fall war es Malls größter Schatz und sie achtlos herum liegen zu lassen kam nicht in Frage. Also legte Sarin sie zu Castus Leuchten in das kleine Nähkästchen. Irgendwie hatte er ja auch auf das kleine Ding reagiert. Sarin erhob sich aus der Hocke und setzte sich in einen Sessel. Die Trauer hatte sie erschöpft. Lange betrachtete sie nur still das Kästchen und hing ihren Gedanken nach. Yolanta hatte sie zwar nicht vergessen, aber gerade keine Worte für sie. Hin und wieder wischte sich Sarin die brennenden Augenwinkel. Das Leid in Mallahall war untröstbar und Sarin spürte die dunkle Spirale, die alle Energie aus einem Körper saugte. Nicht mal ihre Magie hatte wirklich geholfen, oder wenn dann nur kurz und was sollte sie sonst noch tun? Die Hilflosigkeit einem leidenden Menschen zuzusehen und nichts machen zu können war fast so schlimm wie das Leid selbst. Es zog einen hinab in die Schwärze der Hoffnungslosigkeit.
So will ich aber nicht sein!
Sarins Seele begehrte auf, fand aber nicht die Kraft sich jetzt schon zum Kampf des Lebens zu erheben. Sie fühlte sich schlecht. Trauer umgab sie wie eine düstere Aura, von der sich Dämonen ernährten, wie sie schmerzlich gelernt hatte. Aber Cas war anders gewesen. Cas war ein Licht in all diesem Dunkel gewesen. Er war besser als sie alle!
Sarin zitterte.
Was soll ich nur machen?!?
Als Cas Mall hatte trösten wollen, hatte sie es gesehen. Er liebte bis zur Selbstaufgabe, aber in dem Moment, als er fast erloschen war, da war er zurück gewichen.
Muss ich das jetzt auch? Abstand halten?
Sarin sah zu Malls reglosem Körper und sofort traten ihr wieder die Tränen in die Augen.
War es falsch hier her zu kommen? Hab ich alles nur schlimmer gemacht?
Sarin hatte sich Hilfe erhofft und das Gegenteil war eingetreten. Sie entkam dem Strudel aus Leid einfach nicht. Sie wollte helfen, aber ihre Hilfe wirkte nicht oder ging fehl. Alles begann sich falsch anzufühlen. Plötzlich schlug sie die Hände vors Gesicht und sprang dabei fast auf. Sie wollte gerade nicht von der Zwergin gesehen werden. Sie wandte sich ab und lief mit großen Schritten zum nächsten Fenster.
Ich brauche Luft...
Die Trauer in diesem Raum erstickte jedes andere Gefühl. Die Angst auch noch durch ihren eigenen Fehler jetzt Cas letztendlich zu verlieren... Castus noch einmal zu verlieren... sein letztes Leuchten, machte sie fast wahnsinnig. Schluchzend lehnte sie sich an den Fensterrahmen, nachdem sie die Flügel aufgeschoben hatte und atmete hektisch. Es brauchte ein paar lange Atemzüge, bis sie sich soweit beruhigt hatte und den Anblick der Außenwelt wieder wahr nahm. Erst dann konnte sie das Nähkästchen wieder in die Hand nehmen und vorsichtig öffnen.
Cas, ich bin hier her gekommen um dir zu helfen... dich wieder aufzuladen, aber ich habe alles nur schlimmer gemacht. Verzeih mir.
Sarin war seit diesem einem epischen Moment, da sie aus dem Wald gestolpert und auf ihrem Hintern gelandet war, als Licht sie umhüllt hatte und Castus sie das erste mal erblickt hatte immer erfüllt von Hoffnung gewesen.
Doch das hier... erstickte sie.
Sogar Malls Geist entzog sich dieser Welt und ließ einen stillen Körper zurück. Leid konnte eine Seele töten, Trauer konnte Gefühle vergiften und war man in ihr gefangen, fand man auch keinen Weg hinaus, so sehr man es sich auch wünschte oder dafür kämpfte. Man nannte Träume voller Trauer und Leid nicht umsonst Alb. Sarin erlebte gerade einen Wach-Alb und fand nicht hinaus. Sie war eben nie eine Priesterin des Unterbewusstseins geworden, die Ideen und Gefühle mit Gebeten in den Verstand eines anderen Wesens setzen konnte. Sarins Mutter hatte in ihrer Position als Hohepriesterin die Träume der Nachtelfen überwacht und beschützt. Sie wandelte durch sie, wie durch fremde Welten, wenn Manthala ihr den Segen dazu gab. Auch Geistermagie und Schamanenmagie erfüllte diesen Zweck zuweilen. Aber Ilana Kasanis tief gläubigen Gesänge öffneten Tor und Tür für Manthalas Mächte, aber Sarin hatte sie nicht alle gelernt. Besonders die Trauerlieder der Nachtelfen hatte sie lange nicht mehr gesungen, da sie sie stets auch an ihren eigenen viel zu frühen Verlust erinnerten. Leid war etwas, dass man nur eine Zeit lang ertragen konnte und dufte. Danach musste auch wieder Hoffnung gesät werden und das ging am besten über Gebete. Sarin war gläubig und im Namen Manthalas getauft worden. Sie diente der Göttin als Novizin und wäre damals bald Priesterin geworden. Doch jetzt half ihr das gerade alles leider überhaupt nicht. Denn die Trauer die sie sonst vielleicht hätte tröstend geben und lindern können war auch ihre eigene und hallte in ihr laut wieder, wie in einem Echo. Es blockierte sie. Ohne Hoffnung im Herzen schwieg ihre Seele. Still starrte sie aus dem Fenster. Trauer war wie eine Krankheit. Sie steckte jedes mitfühlende Herz in ihrer Umgebung an.
Mall hatte sich auch kaum der schönen Momente erinnert sondern mehr dem Leid ihrer Erfahrungen mit Asmodi hin gegeben, als sie von ihm erzählt hatte. Sarin hatte gehofft mit ihrer Frage, mit ihrer Bitte jenen Teil zu öffnen, der eben den kleinen Momenten vorbehalten war, wo Freude und Liebe herrschte, aber Mall ließ sich nicht leiten. Sie wählte am Ende doch die Stille.
Hat sie schon aufgegeben?
Sarin dachte es nur, sorgte sich und wagte nicht mal sich umzusehen.
Kann ein Wesen am Leid zerbrechen? ...womöglich sterben?
„Yolanta.... bitte kümmere dich um sie.“
, bat sie voller Sorge auch wenn sie dies vermutlich nicht musste. Die Zwergin und Mall hatten eine Vorgeschichte. Sie waren wahre Freundinnen und kannten sich wahrscheinlich schon länger... viel länger als Sarin es tat. Sie würde auf sie aufpassen und Sarin sah auf das so winzig gewordene Leuchten in dem Kästchen auf das SIE nicht hatte aufpassen können.
Cas!... Ich... Es tut mir so leid. Ich kann nichts für dich tun und habe dich auch noch in eine Situation gebracht, die... die dir 'die Luft' zum atmen nimmt.
Der Ausdruck war bei einem Leuchten sicherlich nicht richtig, oder? Brauchte ein kleines Glühen wie Cas überhaupt Luft? Er war ja kein Funke im eigentlichen Sinne. Sarin spürte nur, dass das Umfeld in das sie ihn gebracht hatte, selbst ihr die Hoffnung raubte, die sonst doch immer so strahlte - wie sollte da Cas wachsen können???
Sie war davon ausgegangen, dass Mall eben jenen Funken nähren würde, wenn sie ihn sah – dass sie Hoffnung schöpfen würde, wie es bei Sarin geschehen war, als sie Castus Geschenk erhalten hatte. Aber das genaue Gegenteil war geschehen und Sarin wusste nicht mehr ein noch aus. Castus hatte immer für unschuldige Freude gestanden, aber jetzt hatte Sarin durch ein dummes Missverständnis alles zerstört.
Ich hab alles falsch gemacht.
Dieses Gefühl von Schuld, von Ohnmacht, Frustration und Unfähigkeit wob einen Schattengeflecht um ihr Herz, das wie aus harten scharfen Drähten gemacht war und sich enger und enger zog, ohne dass sie einen Weg fand sich daraus zu befreien. Schon schnitten die dünnen harten Fäden in das weiche Fleisch. Trauer war ansteckend und bisher hatte Cas diese durch seine bloße Existenz aufhalten können. Doch nun hatte Sarin einen Fehler gemacht, den sie sich nicht verzeihen konnte. War das Herz ein Muskel oder doch mehr? Der Muskel blutete unter dem Versuch weiter zu schlagen, wo das Drahtnetz sich eng geschlossen hatte. Jeder Schlag brachte eine neue Verletzung. Und doch...
… Es tut so weh!... aber... Castus hätte nie gewollt, dass ich mich so quäle!
Es war nur 'ein' Gedanke. Ein einziger der gegen das ganze Leid von zwei Frauen mal zwei Verlusten ankämpfen musste.
Was soll ich nur machen?
Sarin hatte in ihrer Jugend genug Verlust erfahren. Ihr Onkel hatte ohne ein Wort (manchmal auch mit) ihr immer die Schuld gegeben und nicht einmal die Flucht in die liebenden Arme eines Mannes war ihr gelungen um dort mit der Zeit Heilung zu finden. Schon einmal hatte Sarin mit ihren Fehlern leben müssen und ihren Fluch angenommen, allein zu bleiben. Ihr selbst genähtes Brautkleid hatte ihr jenen Weg versperrt und nun war Sarin abermals in der Situation, dass ein Fehler von ihr, ihr jedes Glück zu nehmen drohte. Wie sollte sie mit der Schuld leben, Malls Seele zerstört zu haben? Sollte sich dieses selbst gemachte Leid denn immer wiederholen?
Die Hände zu Fäusten geballt presste sie sich die Knöchel auf die Augäpfel bis ihre Nerven sie blutrote Funken hinter ihren geschlossenen Lidern sehen ließen. Dann ließ sie erschöpft die Arme fallen und lehnte ihre erhitzte Stirn gegen das kalte Fensterglas. Die Welt dort draußen sah sie nur verschwommen.
Nach außen hin stand sie einfach nur steif am Fenster und wandte dem Geschehen sogar den Rücken zu. Manch einer könnte denken, ihr wäre die Trauerarbeit an ihrer Freundin zu viel, aber genau das Gegenteil war der Fall. Sarin war ZU mitfühlend, zu sensibel als dass sie die nötige Distanz aufbauen konnte, die es brauchte um einem anderen Menschen helfen zu können. Der Moment, als Malls Körper 'aufgegeben' hatte sich der Trauer zu stellen, war jener gewesen, in dem Sarin mitgerissen worden war. Sie fühlte die Schwere ihrer stumpfen Gedanken und drehte sich im Kreis. Sarin brauchte einen 'kleinen Schubs' in die richtige Richtung, wie ihre Mutter stets gesagt hatte. Ilana Kasani war dafür in die Träume der Trauernden gereist. Wie sie es schaffte dort jene Gedanken zu nähren, die die guten Erinnerungen gedeihen ließen, statt die Gefühle von Verlust und Einsamkeit...
Ich weis es nicht.
Die Kälte des Glases hielt sie in der Wirklichkeit, aber vielleicht brauchte es mehr als nur das um in ein normales Denken zurück zu finden. Sarin hatte sich in Mallahalls Schmerz verirrt. Sie hatte sich mitreißen lassen und Mall war in jenem Moment aus dem Prozess 'geflohen', bevor Sarin hatte ihre Stärke im Verzeihen wieder finden konnte. Nun erdrückte sie die Stille ihrer Fehler.
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 31. Mai 2023, 13:32

Auch wenn Mallahall di Svanwiss in Asmodeus selbst bis zu dessen Vernichtung hin einen guten Kern gesehen und ihn gesucht hatte, so ließ sich nicht abstreiten, dass er die Schattenseite der Lichtmagierin gewesen war. Wo Licht existierte, da gab es auch Schatten. Asmodeus hatte diese Rolle eingenommen. Trotzdem erinnerte Mall sich vor allem gern an die harmonischen Momente, auch wenn es wenige gewesen sein mochten.
Sarin stimme ihr im Stillen zu. Sie zog auch keine harten Grenzen. Gerade als Nachtelfe wusste sie, dass es in allem mehr Zwielicht gab als Celcianer es sich ausmalten. Sie war ein Kind des Zwielichts. Sie lebte mit ihren Brüdern und Schwestern stets im Schatten. Sie konnte das Licht nicht genießen, ohne Schaden zu nehmen. Somit war es nicht für jeden etwas Gutes. Es kam auf die Perspektive an. Mallahall hatte das gesehen - in Asmodeus gesehen.
Nun aber legte sich etwas auf ihre Seele, das schwärzer nicht hätte sein können. Aus einem Missverständnis heraus erfuhr sie auch vom Ableben ihres geliebten Ziehneffen. Sie hatte nicht nur den haraxisch besessenen Medicus verloren, sondern auch dessen Sohn. Und Sarin hatte es ihr unverblümt offengelegt, aus einem Irrtum heraus. Es traf sie hart. Schlimmer war jedoch, dass sie sich Vorwürfe machte. Sie schob sich selbst die Schuld zu. Sie hatte zu wenig getan, zu wenig versucht, auf zu wenig Zeichen geachtet. Vor allem aber sah sie sich als letzte Verbliebene des Kreises, der einst ihre Familie ausgemacht hatte. Es gab eine Bezeichnung dafür: Überlebensschuld. Mallahall fühlte sich schuldig, weil sie nicht mit Asmodeus und Castus gegangen war. Sie gab sich die Schuld daran, dass sie noch lebte. Mehr noch, sie war nicht einmal anwesend gewesen, denn ihr kleiner Liebling hatte alles in die Wege geleitet, damit sie sein Ende nicht würde miterleben müssen. Und nun brach es wie eine Welle Eiswasser über sie ein. Es lähmte sie, ließ nur Zittern zurück ... und Schuld.
Die Emotionen waren zu stark. Der Geist rettete sich vor Schaden, indem er den Körper deaktivierte. Mallahall sank in Sarins Armen in eine tiefe Bewusstlosigkeit. Wenige Herzschläge später betrat Jolanta die Bühne. Als Zwergin mochte sie klein sein, doch ihre bloße Anwesenheit strahlte Größe aus. Sarin konnte darin etwas Halt finden, auch wenn die Runenmeisterin im ersten Moment geschockt über den Zustand ihrer zyranischen Freundin war. Jolanta aber fing sich schnell wieder. Offenbar erlebte sie hier nicht die ersten Spuren von Kummer.
"Das ist es leider nicht nur!", gab Sarin zur Antwort. Rasch erklärte sie, dass Mallahalls Herz nun auch um Castus trauern musste und gestand im gleichen Atemzug, dass sie die Überbringerin der schlechten Nachricht war. Jolantas Gesicht versteinerte. Sie nahm die Informationen mit sachlichem Blick auf. Sie gab sich keiner eigenen Emotion hin. Das würde die Zwergin im Stillen mit sich selbst ausmachen, denn jetzt musste sie stark sein. Warum? Weil kein anderer es war und es dennoch Notwendigkeit dafür gab. Jemand musste es tun! Jolanta Synapse ware jetzt diese Person.
Während Sarin die Bewusstlose langsam auf das Diwan gleiten ließ und einen Platz davor am Boden einnahm, suchte die Zwergin nach einer Decke. Dabei plauderte sie fast, wäre ihre Stimme nicht gedämpft im Ernst der Situation. "Ich hörte von ihrem Neffen. Er war nicht wirklich mit ihr verwandt, oder? Kennenlernen durfte ich ihn nicht. Das erscheint mir als Verlust, denn ich sehe auch in Euren Zügen Trauer." Jolanta erreichte die Sitzgarnitur und warf eine weiche Decke über Mallahall. Sie stopfte mit der Fürsorglichkeit einer Mutterhenne den Saum unter ihren Körper, damit sie es warm und bequem hätte. Derweil entdeckte Sarin den zu Boden gefallenen Kristall. Eine haraxische Träne, das musste ein Unikat sein. Mallahall war es kostbar. Die Elfe verstand nicht, warum sie es von ihrer Kette gelöst hatte, aber sie wollte es nicht achtlos herumliegen lassen. Am Ende würde das so wertvolle Kleinod noch verloren gehen. Also legte sie es zwischen Flicken und Garn in ihr Nähkästchen. Cas schien sofort davon angezogen zu werden. Sein schwaches Schimmern reflektierte an den kristallenen Facetten, als er sich mit seiner geheimnisvollen Existenz dagegen lehnte. Bis er plötzlich durch den Kristall schwebte und sich in dessen Innerem befand. Es war wie ein winziger Palast für das Lichtlein, das aufgrund des Schliffs der Träne mehrfach gebrochen wurde. Cas erschien mit einem Mal heller und stärker. Dann schwebte er wieder aus dem Kristalltränchen heraus und blieb daneben ... sitzen ... liegen. Er war einfach da.
Sarin musste sich nun auch setzen. Ihr Körper verlangte danach. Sie fühlte sich ausgelaugt und schwach. Die Zwergin bemerkte, wie die Elfe so in sich gekehrt in einem der Sessel hockte, das Nähkästchen auf ihrem Schoß. So suchte Jolanta auch für Sarin eine Decke, legte sie ihr aber nur über die Knie. "Ruht Euch ein wenig aus", riet sie milde. "Ich achte darauf, dass Adalbert uns nicht findet." Sie zwinkerte und wandte sich der Tür zu. Hätte Sarin hingeschaut, wär ihr die Runenmagie sofort ins Auge gesprungen. Jolanta zeichnete einige Kombinationen mit einem Stück Kreide auf den Rahmen der Tür. Aber Sarin schaute nicht hin. Sie konnte nicht. Sie kämpfte ebenfalls, so wie Mallahall. Doch wo die Lichtmagierin sich mit ihrem Kummer auseinandersetzen musste und mit einem falschen Schuldgefühl, da trat Sarin gegen eine schwarze Hoffnungslosigkeit an, die in ihrem Inneren heran wuchs.
Beinahe schlimmer als das Leid eines Betroffenen war das Mitleid eines Außenstehenden, dessen Herz so sehr dafür brennt zu helfen und der nichts tun kann. Sarins Herz brannte auf diese Weise, doch jetzt fühlte es sich so an, wie das kleine Cas-Licht aussah. Es war noch da, aber zu schwach, um für andere zu leuchten. Es würde vergehen, wenn es seine verbliebene Kraft für einen solchen Akt opferte. Dann könnte es niemandem mehr helfen, deshalb musste es nun zurückstehen. Doch in Sarin kamen dadurch nur neue Zweifel auf, ob sie sich nicht hätte von Mallahall fernhalten sollen. Sie kämpfte verzweifelt darum, eine beruhigende Antwort in ihrem Inneren zu finden. Stattdessen aber geriet sie nur mehr und mehr in eine Spirale düsterer Gedanken, die drohte, sie in den tiefsten Abgrund ihrer Seele zu ziehen. Einen Ort, den sie nicht einmal für existent gehalten hatte, aber jeder besaß ihn und heute schien der Tag zu sein, an dem Sarin ihn erkundete.
Die Decke fiel zusammen mit dem Nähkästchen von ihrem Schoß, als die Nachtelfe aufsprang. Mit den Fingern vor den Augen suchte sie das nächstbeste Fenster auf. Jolanta schaute von der Tür zu ihr herüber. Die Zwergin besaß die Weisheit des Alters, auch wenn sie noch keine Ergraute ihres Volkes war. Sie lebte dennoch schon lang genug auf Celcia um zu wissen, dass Sarin nun einen Moment für sich benötigte. Außerdem war die magische Runenkombination noch nicht vollendet. Jolanta ging sehr sorgfältig vor. Jeder Kreidestrich musste perfekt sitzen, damit der Diener auch nicht einmal den Gedanken entwickelte, den Raum betreten zu wollen. So blieb Sarin von der Zwergin vorerst unbehelligt. Es war ein anderer - etwas Anderes - das sie beobachtete. Cas schwebte aus dem Nähkästchen. Sein kleines Licht erinnerte an das Glimmen eines Streichholzes kurz vor dem Erlöschen, nur dass er bläulich war und nicht rotgolden wie Feuersglut. Wie die Erinnerung eines Glühwürmchenflugs schwebte auch er in Richtung des Fensters. Bei Mallahall hatte das Lichtlein gezögert. Es war zurückgewichen, statt zu helfen. Wie weit würde es gehen, wenn Sarin die Betroffene war?
Sarin bekam es nicht mit. Sie öffnete die beiden Seiten, die das Fenster zusammenhielt. Tageslicht begrüßte sie, aber es war ihr egal. Sie musste atmen. Sie spürte nicht einmal die Wärme der Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Der Tag war zu frisch. Noch war die Zeit des Erwachens nicht angebrochen, so blieb sie als Nachtelfe aber ebenfalls vor den Folgen ihrer Tat geschützt. Lysanthors Licht vermochte nicht, ihre Haut zu verbrennen. Es piekte leicht, wie Ameisen oder winzige Nadeln, aber Brandblasen würde sie vorerst keine entwickeln. Das dürfte erst mit der Zeit geschehen und wenn sie sich kontinuierlich im Licht aufhielt. Jetzt aber spürte sie das Prickeln nur als sanften Schmerz, der sie daran erinnerte, dass es neben der Trauer hinter ihr noch Anderes gab, das sie am Leben hielt. Es war beinahe einladend. Nur die kühle Morgenluft mochte angenehmer auf Sarin wirken.
Nach einer Weile, in der Sarin ihre innere Ruhe gefunden hatte, suchte sie nach dem Nähkästchen. Sie hatte es öffnen wollen, aber es lag bereits offen da, auf der niedergeworfenen Decke. Cas fehlte, doch er war nicht fort. Er schwebte in ihrer Nähe, bewegte sich nun auf Höhe ihres Gesichts, als wollte er sie ansehen. Er war immer noch da, aber Sarins Trauer ebenfalls. Still starrte sie an Cas vorbei und aus dem Fenster hinaus.
"Jolanta ... bitte kümmere dich um sie."
"Um euch beide", erwiderte die Zwergin. Endlich verließ sie ihren Posten an der Tür, trappelte aber nur bis zum Diwan, auf dem Mall lag. Dort erklomm sie den unteren Part und setzte sich, dass ihre Beine baumelten. Sie trug bequeme Hausschuhe und braune Socken mit kleinen, eingestickten Zwergen mit roten Zipfelmützen, dass es geradezu lächerlich wirkte.
Sarin hatte keinen Blick dafür. Sie tanzte in der Spirale ihres eigenen Unglücks, drehte sich und wirbelte immer wieder die gleichen Ängste auf. Auch sie machte sich Vorwürfe, aber Manthala schenkte ihr keine friedliche Ohnmacht. Sie musste sich mit ihren Gedanken auseinandersetzen, die Cas im Stillen um Verzeihung baten. Das kleine Licht aber schwebte nur näher, angezogen wie eine Motte vom Schein der Laterne. Erst im letzten Moment wich es zurück, nur um alsbald wieder auf Sarin zuzuschweben. Es schien unschlüssig, ob es den letzten Schritt wagen sollte. Jenen, der es endgültig vernichten könnte?
Sarins Kummer zu erleben schien dem Lichtlein unerträglicher. Es schwebte ein letztes Mal. Es kam ein letztes Mal auf Sarin zu und dann schmiegte es sich an ihre Wimpern. Es streifte die Tränenspuren fort, glitt an ihrer Wange vorbei zu ihren Lippen und verharrte dort in einem Aufglühen bläulichen Lichtes.
Sarin spürte die Wärme nicht. Cas war zu schwach. Sie spürte nur, dass etwas sie berührte. Es war kein körperlicher Kontakt. Etwas berührte ihre Seele. Etwas schickte ihr ... Bilder. Vor ihrem geistigen Auge sah sie die Düsternis ihrer eigenen Gedanken. War es wirklich ihre Seele, auf die sie einen Blick warf? Sie sah schwebende Inseln aus schwarzem Gestein mit Felsen, die wie organische Geschwüre aus dem Boden wuchsen. Hier und da platzten sie auf, überreife Pickel einer Welt aus Finsternis, Depression und Elend. Der Lava ähnliche, schmierige Eiter glitt zähflüssig aus den Kratern, bewegte sich über den unebenenen Boden und tropfte giftiger Galle gleich von den Klippen der schwebenden Inseln in eine Tiefe, für deren Farbe es keine Bezeichnung gab. Schwarz wirkte grell, wollte man diese Finsternis damit beschreiben. Und doch mangelte es nicht an Farbe wie es bei Schwarz üblich war. Dies war etwas Anderes, aber je mehr man den Blick nach oben richtete, desto rötlicher wurde alles. Blutrot. Purpurrot. Purpurviolett. Der Himmel brannte in diesem seltsamen Licht, das ans Ende aller Tag denken ließ. Und zwischen all dem erkannte sie einen dieser wulstigen Berge organischen Lebens. Gliedmaßen stießen sich aus seinem pickligen Fleisch hervor. Extrmitäten, die unnatürlich schienen, weil sie alles waren, außer natürlich. Finger besaßen mehrere Nägel, teils spitz, teils gesplittert. Augen wuchsen einfach aus dem Fleisch, hingen an ihren Strängen, besaßen keine Pupillen oder nach innen wachsende Wimpern. Lider schlossen sich, indem sie von allen vier Himmelsrichtungen über den klebrigen Augapfel fuhren, ehe sie sich wieder zurückzogen, um einen Blick in wirbelndes Chaos zu zeigen. Denn aus nichts Anderem schienen diese Spiegel zu bestehen, die keine Seele besaßen. Keins davon. Keines dieser unzähligen, wild wuchernden Augen. Keines bis auf ein Paar, das Sarin in der Sekunde eines Herzschlags plötzlich direkt anstarrte. Sie erkannte blau. Es waren blaue Galaxien, umgeben von glitzernden kleinen Sternen, tosenden Wirbeln und milchigem Zaubernebel, in dem sie zu versinken drohte. Sie kannte diese Augen. Sie liebte diese Augen.
Und dann waren sie fort, denn ein schwarzes Portal versperrte ihr den Blick auf sie, auf all dieses Unnatürliche und diese Welt der Abscheulichkeit. Ein schwarzes Portal mit Schwingen, mit Klauen, mit Zähnen, Augen und dem Wahn im Blick, den sie bei Asmodi gesehen hatte. Im nächsten Moment schwand das Bild aus ihrem Geist. Cas schwand von ihrem Leib. Er zog sich zurück, schwebte vor ihr, flackerte und sank dann langsam auf den Fensterrahmen nieder. Nicht, um zu vergehen. Er schien sich zu setzen, um kurz durchzuatmen - falls ein geheimnisvolles, kleines Licht überhaupt atmen konnte.
"Ich gebe bald ei Seminar zur Runenmagie und einer Theorie, die ich die letzten Jahre aufgebaut habe. Vielleicht wollt Ihr Euch ablenken und daran teilnehmen?", drangen Jolantas Worte von Zentrum des Raumes zu ihr herüber und wirkten nach diesem Traumgebilde von Castus' Augen in ihrem Geist seltsam fern.
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Sarin Kasani » Montag 5. Juni 2023, 10:36

Von dem Moment noch ganz ergriffen, von Trauer durchzogen, betrachtete die Nachtelfe das winzige Leuchten, wie es durch den Kristall schwebte und sich dann in dessen Innerem befand.
Wie wunderschön...
Es glich einem winzigen Palast. Myriaden von gestreuten Farbpartikeln ergossen sich innerhalb des weichen Samtes auf die Innenwände, überstrahlten für einen Herzschlag jede Trauer und ließen einen Funken Hoffnung zurück, dass doch noch alles wieder gut werden könnte.
Vielleicht würde Cas irgendwie wieder wachsen können? Er wirkte etwas heller und stärker. Dann schwebte er wieder aus dem Kristalltränchen heraus und blieb daneben sitzen.
Sarin fühlte sich ausgelaugt, während die Zwergin ihr eine Decke um die Knie legte.
"Ruht Euch ein wenig aus... Ich achte darauf, dass Adalbert uns nicht findet."
„Ich danke euch.“
Sarin wunderte es nicht einmal, dass die Zwergin wieder zur höflichen Anrede übergegangen war, wo sie zuvor schon beim 'Du' gewesen waren. Das bewirkte bestimmt die Situation und diese... kalte Umgebung. Sie bekam eh gerade nicht viel mit... obwohl in diesem Zustand manche Dinge auch um so schärfer hervor traten. Sarin bemerkte nicht, wie die Runenmaga ihre Kunst wirkte, aber jedes unbewusste Zucken auf Mallahalls Gesicht ließ sie mitleiden. Sie brauchte Abstand um das hier verarbeiten zu können, also wandte sie sich zum Fenster. Cas schwebte aus dem Nähkästchen ihr hinterher. Sarin bekam es nicht mit. Sie öffnete das Fenster und Tageslicht begrüßte sie. Sie musste atmen. Sie spürte im ersten Moment nicht einmal die Wärme der Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Lysanthors Licht hatte noch nicht die sommerliche Stärke, ihre Haut zu verbrennen, aber es pikte leicht, wie winzige Nadeln, was die Nachtelfe sogar gerade ein wenig begrüßte, denn der kleine Schmerz konnte ein wenig von dem Großen in ihrem Innern ablenken. Nach einer Weile bemerkte sie das Leuchten neben sich.
...Ach Cas...
Ihr Herz war so schwer. Er schwebte in ihrer Nähe, bewegte sich nun auf Höhe ihres Gesichts. Er war immer noch da, aber Sarins Trauer für Mall und ihren Verlust ebenfalls.
"Jolanta ... bitte kümmere dich um sie."
"Um euch beide"

, erwiderte die Zwergin und Sarin versuchte sich an einem kleinen dankbaren Lächeln, aber es erreichte nicht ihre Augen. Da war zu viel Leid in Sarins Herzen. Das kleine Licht aber schwebte nun näher, angezogen wie eine Motte vom Schein der Laterne. Erst im letzten Moment wich es zurück, nur um alsbald wieder auf Sarin zuzuschweben. Es schien unschlüssig, ob es den letzten Schritt wagen sollte. Jenen, der es endgültig vernichten könnte?
Sarin wirkte fast ängstlich, als sie dies beobachtete, aber würde auch niemals zurück weichen, oder über ihn bestimmen wollen, ihm etwas verbieten. Cas war ein eigenständiges Wesen. Es schwebte auf Sarin zu und dann schmiegte es sich an ihre Wimpern. Es streifte die Tränenspuren fort, glitt an ihrer Wange vorbei zu ihren Lippen und verharrte dort in einem Aufglühen bläulichen Lichtes. Fast erleichtert, stellte Sarin fest, dass sie die Wärme nicht spürte. Cas war zu schwach um seine Magie zu wirken, aber verging auch nicht vollständig. Sie spürte nur, dass etwas sie berührte. Es war kein körperlicher Kontakt. Etwas berührte ihre Seele. Etwas schickte ihr ...
...Bilder?
Vor ihrem geistigen Auge sah sie schwebende Inseln aus schwarzem Gestein mit Felsen, die wie organische Geschwüre aus dem Boden wuchsen. Hier und da platzten sie auf, in einer Welt aus Finsternis, Depression und Elend. Nein, das waren nicht ihre eigenen Gedanken! So etwas hatte sie noch nie gesehen und hätte sie sich auch niemals vorstellen können.
Cas... was zeigst du mir da???
Dieser Welt mangelte es nicht an Farbe, aber die die es gab, wirkte ….furchterregend. Der Himmel brannte in diesem seltsamen Licht, das ans Ende aller Tag denken ließ. Und zwischen all den kranken Bergen erkannte sie Augen. Sie wuchsen aus dem Fleisch und ließen Sarin erschaudern. Diese Augen hatten keine Seele... bis auf... Sarin entdeckte inmitten all dem:
Cas... Castus?
Blaue Galaxien, umgeben von glitzernden kleinen Sternen, tosenden Wirbeln und milchigem Zaubernebel, in dem sie zu versinken drohte. Sie kannte diese Augen. Sie liebte diese Augen. Instinktiv streckte sie eine Hand nach ihm aus.
Und dann waren sie fort.
NEIN!
Ein schwarzes Portal versperrte ihr den Blick. Das schwarze Portal war mit Schwingen, mit Klauen, mit Zähnen besetzt. Es hatte Augen und dem Wahn im Blick, den sie bei Asmodi gesehen hatte. Im nächsten Moment schwand das Bild aus ihrem Geist.
Cas?
Cas zog sich zurück, schwebte vor ihr, flackerte und sank dann langsam auf den Fensterrahmen nieder, wohin Sarins Blick ihm folgte. Er war nicht erloschen, was sie aufatmen ließ, aber...
Was ...war das???
Sarin war zu erschüttert um etwas anderes zu denken. Die Bilder hatten sie tief getroffen.
War... ist das der Harax?
Cas schien so erschöpft und Sarin wagte es nicht ihn aus den Augen zu lassen, als könnte sie ihn beim nächsten Blinzeln verlieren.
Was war das? Was hast du mir da gezeigt?
Sarins Gedanken schwirrten um Möglichkeiten, was das eben zu bedeuten hatte. Hatte es eine Bedeutung?
Waren das meine eigenen Gedanken? Oder war das etwas, dass Castus mir geschickt hat?
Ein heftiges Zittern ließ sie bebend sich am Fensterbrett festhalten. Sarins Kopf schwirrte.
Ich verstehe nicht. Könnte es... wenn es meine eigenen Gedanken waren, könnte es ein Bild gewesen sein, was es Cas in mir sieht, wenn ich mich von Trauer und Leid zerfressen lasse? Wie er sich in mir sieht, wenn ich leide? Oder...
Die andere Möglichkeit, war fast noch erschreckender:
...oder zeigt er mir... Castus der im Harax gefangen ist? Ooooohhh....
Sarins Knie drohten einzuknicken.
Allein die Möglichkeit, dass Castus noch irgendwo in so einem Grauen existierte, zog ihr den Boden unter den Füßen weg. Natürlich wollte sie sofort zu ihm. Die Intension war da gewesen, aber wie könnte sie??? Sie konnte ja noch nicht mal Dhansair helfen! Wie sollte sie da in den Harax reisen können um Castus da zu helfen? Ihre Schlussfolgerungen wahren vielleicht auch völlig falsch und ihr Verstand flatterte wie ein aufgescheuchter Vogel. Plötzlich drangen dann auch noch Worte an ihre Ohren, die sie zusammen zucken ließen – einfach, weil sie noch so sehr von den Eindrücken zuvor so gefangen war:
"Ich gebe bald ein Seminar zur Runenmagie und einer Theorie, die ich die letzten Jahre aufgebaut habe. Vielleicht wollt Ihr Euch ablenken und daran teilnehmen?"
, drangen Jolantas Worte von Zentrum des Raumes zu ihr herüber und wirkten nach diesem Traumgebilde von Castus' Augen in ihrem Geist seltsam fern. Sarin sah immernoch nicht von Cas auf und machte nur leise:
„Hmhm...“
, was alles bedeuten konnte. Sie brauchte noch einen Moment um sich zu fangen. Dann griff sie nach dem Nähkästchen und hielt es an die Kante vom Fensterbrett um Cas vorsichtig wieder dort hinein zu schieben. Mit der hohlen Hand versuchte sie ihn zu dirigieren, ohne ihm zu schaden.
„Cas... was machst du nur... ?“
Als es geschafft war, schloss sie den Deckel vorsichtig, steckte das Kästchen wieder ein und rieb sich einmal stark über die Arme. Eine dicke Gänsehaut hatte sich ihr eingeprägt und wollte nicht so recht verschwinden. Trotzdem nahm sie sich zusammen und versuchte ihre gewohnte Kontrolle zurück zu gewinnen. Dafür war die Zwergin auch genau das richtige Gesicht, also ging Sarin zurück zur Couch und setzte sich in einen nahen Sessel. Sie strich sich eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn und klemmte sie hinter ein Ohr.
„Danke Yolanta für das Angebot. Ein wenig Ablenkung wäre sicher gut... nur weis ich gerade nicht...“
Sie schüttelte sanft den Kopf, wie um die durcheinander gepurzelten Bausteine ihres Selbst wenigstens ein bisschen in Form zu rütteln.
„... Ich weis nicht, ob das jetzt gerade passt. Ich habe meinen Freund in einem nahen Dorf zurück gelassen, kann aber über spezielle Wege schnell hier sein. Ich habe versprochen vor Mitternacht wieder zurück zu sein. Ich möchte Mall helfen ihre Trauer anzunehmen und zu verarbeiten. Sie darf nicht vergessen, wofür ihr Neffe gestanden hat. ...Es gibt aber noch andere ...neue Faktoren, ...“
Dabei versuchte sie die eben gesehenen Bilder nicht gleich wieder herauf zu beschwören.
„...die es zu berücksichtigen gilt, aber grundsätzlich würde ich gerne von dir lernen! Sehr gerne sogar, wenn es möglich ist. Es wäre mir eine Ehre.“
Sarin hatte noch keinen Plan was die nächste Zeit anging. Einiges stand an und anderes überrollte sie einfach wie eben jene seltsame Vision. Sie wollte unbedingt Ian davon erzählen, denn er stand Castus eigentlich noch näher als sie... wenn man vergleichen würde... aber wog Liebe mehr oder weniger als das Band einer Seele? War es überhaupt wichtig oder relevant? Sarin schüttelte noch einmal ihren Kopf.
„Entschuldige. Ich bin etwas durcheinander, denke ich. Du hast mit Mall so viel zu tun und ich will dich nicht auch noch belasten. Ich würde... lieber helfen oder... etwas tun. Das hilft mir immer mich zu erden. Ich … schneidere wenn ich den Kopf klar brauche.“
Sarin sah kurz still vor sich hin und auf keinen bestimmten Punkt. Sie war erschöpft von der Last der Trauer aber ihr Körper würde sich wohler fühlen, wenn sie irgendwo mit anpacken könnte. Ihre Finger nestelten unstet am Saum ihres Rockes herum. Sich so schlecht zu fühlen, bekam ihr nicht gut und jetzt kam zur Trauerarbeit auch noch die Angst dazu, dass Castus irgendwo im Harax litt... wenn dem so war. Fast hoffte sie, dass es sich bei den Bildern 'NUR' um ein entartetes Bild ihrer eigenen Gefühlswelt gehandelt hätte, denn dagegen hätte sie dann etwas tun können. Aber gleichermaßen ahnte sie, dass es nicht so sein könnte... solch Wiederwertigkeit wohnte nicht in ihr. Aber warum hatte Cas ihr dann diese Bilder gezeigt? Wohl bestimmt nicht nur um ihr zu zeigen, das andere Seelen MEHR litten, als sie oder Mall. Das wäre grausam und so war er nicht. Warum also dann? Damit sie ihn rettete? Allein die Vorstellung erschien unmöglich.
Aber da waren auch diese anderen Gedanken...
Mall hatte ihr von Beschwörern und Nekromanten erzählt. Natürlich weilten die alle nicht in Zyranus – wäre ja auch zu praktisch gewesen. Shya'Nell war namentlich gefallen...
Aber dies waren Magieformen, die ihr fremd waren und unheimlich – sicher zu recht. Aber... trotzdem waren sie da, als kleine Fetzen, Eingebungen, Ideen, flüchtig wie ein Fähnchen Nebel im Wind und damit noch nicht wirklich greifbar. Sarin ließ ihren Oberkörper nach vorne kippen und sank mit ihrer Stirn auf ihre Handballen. Die Finger in die Haare vergrabend versuchte sie einen 'roten Faden' in all dem Chaos zu finden.
Konnte sie Yolanta erzählen, was sie eben gesehen hatte? Die Zwergin war zwar Malls Freundin und somit vertraute Sarin ihr, aber sie kannte weder Asmodes noch Castus, soweit Sarin wusste. Wenn dann wäre es auch Mallahalls Aufgabe ihre Freundin in alles einzuweihen und um Hilfe zu bitten, aber Mall war ausgeschaltet. So blieb Sarin erst einmal nur das Warten. Warten auf mehr ...mehr Information. Ja, das brauchte sie. Sie musste etwas Abstand von dem allem bekommen um wieder klar sehen zu können. Somit war Yolantas Vorschlag vielleicht wirklich ganz gut. Manchmal lösten sich Probleme erst dann auf, wenn man sie aus der Ferne als ganzes betrachtete. Sarin rieb sich die Tränen aus den Augenwinkeln und blinzelte ein paar mal schnell. Etwas unschlüssig sah sie auf, aber sie hatte sich wieder gefasst und auch deutlich beruhigt.
„Vielleicht sollte ich wirtlich an einer Vorlesung teil nehmen. Das bringt mich gewiss zu Ruhe. Wann ist denn die nächste?“
Sarin atmete noch einmal tief durch und strich den Stoff ihres Kleides auf den Schenkeln glatt. Sie saß wieder aufrecht da und wirkte nach außen hin fast wieder 'normal'. In ihrem Innern lauerten noch immer Abgründe, Bilder, Erinnerungen und Ängste, aber sie ließ sich von ihnen nicht mehr vereinnahmen. Das täte niemandem gut.
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Erzähler » Samstag 10. Juni 2023, 08:17

Die Umstände mochten besondere sein, vor denen auch eine Runenmeisterin wie Jolanta Synapse nicht gefeit war. Anders ließ sich nicht erklären, warum die Zwergin plötzlich zu alten Sitten zurückkehrte und Sarin das vertrautere Du entzog. Man sah es ihr vielleicht nicht an, aber Jolanta ließ das Schicksal ihrer Kollegin und Freundin Mallahall nicht los. Sie musste diese bereits vor ihrem jetzigen Zusammenbruch gesehen haben. Möglicherweise hatte sie auch den Wandel von der lichtenen, selbstbewussten Magierin zu Trägerin von Trauer und Schwarz miterleben müssen. Vielleicht war es ihre Nachricht vom Ende Asmodeus' gewesen und die Zwergin zog eine gewisse Schuld auf sich selbst, durch die Botschaft ihrer Freundin so großen Kummer bereitet zu haben. Was auch immer der Grund sein mochte, er brachte selbst eine Nogroterin ordentlich aus der Fassung. Sarin, welche im Grunde nur Außenstehende ihrer Beziehung zwischen Mall und Jolanta war, berührte es schließlich auch! Aber so sehr, dass sie Schauerbilder einer geheimnisvollen Welt sah, in deren unheimlicher, organischer Mitte Castus' Augen sie in Wirbeln aus Galaxien direkt betrachteten?
Man sprach immer von Dingen, die man sich nicht ausmalen konnte, aber wenn es um Traumbilder ging, so griff der eigene Verstand stets auf die Informationen zurück, die man ihm gegeben hatte. Sarin hatte gerade in jüngster Zeit Schreckliches mitansehen müssen. Nichts davon aber glich diesem Weltenausschnitt, der noch immer in ihrem Geist herum tanzte. Es konnte unmöglich aus ihrer eigenen Vorstellung zusammengesetzt worden sein, was sie gesehen hatte! Sofort fiel ihr Blick auf Cas. Das Licht wirkte weder stärker noch schwächer, aber doch irgendwie ebenso mental erschöpft wie sie alle. Geradezu dankbar ließ es sich zurück in das Nähkästchen verfrachten, um dort bei der Dämonenträne zu ruhen. Sarin hingegen war innerlich nun auf's Neue aufgewühlt. Sie musste sich an den Fensterrahmen klammern, dass ihre Nägel sich in das Holz desselben fraßen, so sehr zitterte sie. Ihre Knie fühlten sich wie zerlaufene Butter an, aber noch konnte sie sich aufrecht halten. Was sie vor ihrem geistigen Auge gesehen hatte, entsetzte sie und Sarin wusste nicht, ob sie sich lieber einen Albtraum wünschte oder eine Vision vom Schicksal ihres geliebten Halbdämonen. Natürlich hoffte sie, dass er noch da war - irgendwie! - aber wenn er Qualen zu erleiden hatte, weil er sich plötzlich als Teil dieses ... dieses ... Geschwürs von einer anderen Welt wiederfinden musste, dann wäre der Tod vielleicht die bessere Alternative gewesen. Sarin mutmaßte sofort, dass es sich auch um ein Bild des Harax handeln könnte und schon wuchs in ihr neue Verzweiflung. Sie befand sich mitten in der magischen Stadt Zyranus. Hier wimmelte es von Zauberkundigen, aber sie würde hier kaum einen Ritualmagier finden. Denn Zyraner waren verbohrt, nicht offen für dunkle Magie-Arten und das Beschwören von Dämonen zählte nicht zu ihren Praktiken. Mallahall hatte während ihrer Reise einen Mann erwähnt, der sich über all das hinweg gesetzt hatte: Etelin, der Nekromant und Ritualmagier, der beides mitten in Zyranus praktiziert hatte. Soweit es die Nachtelfe wusste, befand sich jener aktuell aber in Shyána Nelle, einem Ort, von dem sie noch nie zuvor gehört hatte. Aber Mall hatte ihr auch in einem Nebensatz erwähnt, dass Etelin nicht mehr derselbe sei - ein Opfer von Asmodeus. Trotzdem hatte die Lichtmagierin weiterhin zu dem Dämon gehalten, welcher nun vernichtet war. Er und sein Sohn ... oder doch nicht? Ihre von Angst und Verzweiflung getriebenen Gedanken wirbelten um sich selbst, rissen sie in eine bedrückende Spirale in die Tiefe und nur Jolanta war es zur verdanken, dass Sarin nicht sofort in den Abgrund stürzte. Ihre unverhoffte Erwähnung des Seminar-Unterrichts wirkte so pietätlos, so fehl am Platz, dass sie genau zur rechten Zeit kam. Ablenkung, das brauchte ihr Geist nun. Sie würde sich sicherlich kaum auf ein Runenmagie-Seminar konzentrieren können und doch würde es helfen, damit sie sich wieder sammelte. Jolanta ahnte offenbar nicht einmal, was sie gerade bewirkt hatte. Ein sanftes Funkeln in ihren Augen strafte dieser Annahme Lügen. Auch sie schien sich wieder beruhigt zu haben. Die Vertrautheit kehrte zurück, als die Zwergin sacht nach Sarins Hand griff.
"Danke, Jolanta, für das Angebot. Ein wenig Ablenkung wäre sicher gut ... nur weiß ich gerade nicht ..." Sarin war unsicher. Durfte sie sich nun überhaupt etwas Derartiges erlauben? Die Zwergin verstand sofort. Sie tätschelte kurz die perlmuttfarbene Handfläche. Dann schob sie Sarin erneut die Decke über die Knie und klemmte sie zwischen ihren Schenkeln und dem Polster des Sessels ein. Sarins Mutter hatte das immer getan, kurz vor dem Einschalfen. Damit ihr Kind warm eingepackt wäre und keine Höhlenwanzen unter ihre Decke krochen. Diese existierten natürlich nie, aber das Ritual hatte stets ein Gefühl von Nähe bedeutet.
"Es gibt zu tun, für dich und für mich." Endlich war die Zwergin wieder die Alte. Das Du war zurück, sie hatte sich gefasst. Und nun wollte sie Sarin ebenfalls auf die Pfade der Ruhe zurückholen. Es half nicht, an der Ohnmacht zu verzweifeln. Das würde ihr selbst ebenso wenig helfen wie Mallahall und gerade die Lichtmagierin musste neuen Mut schöpfen.
"Wenn du etwas tun möchtest, um dich abzulenken und dazu ein Handwerk brauchst, in dem du dich wohlfühlst, habe ich eine Idee. Sei eine Gasthörerin meines Seminars. Als solche darfst du in einer der studentischen Unterkünfte der Akademie zu Zyranus wohnen. Du wirst während deines Aufenthalts verpflegt, kannst das Wissen der Bibliothek nutzen und natürlich auch an mehr als einem Seminar teilnehmen, falls du es wünschst. Du bist dann ... ja ... eine richtige, zyranische Studentin!" Sie lächelte auf, als Erinnerungen ihrer eigenen Vergangenheit an die Oberfläche traten. "Als solche steht es dir natürlich auch frei, jederzeit den Unterricht zu schwänzen und im Selbststudium zu lernen." Sie zwinkerte. Es gäbe Sarin auf jeden Fall alle Freiheiten, sich in Zyranus und Umgebung zu bewegen. Sie könnte somit auch immer wieder ins nahe Dorf zurück, um Iryan zu besuchen. Aber das war es nicht, worauf Jolanta hinaus wollte. Sie hob einen ihrer kurzen Finger. "Natürlich braucht eine Gaststudentin auch entsprechende Kleidung, damit man sie als solche erkennt. Das ist hier so üblich. Auf dem Akademiegelände tragen unsere Lernbegierigen stets Magierroben ihrer Semesterklasse oder in deinem Falls eine spezielle Abwandlung, um dich als Gast zu kennzeichnen. Wir haben viele davon auf Vorrat, aber vielleicht möchtest du deine eigene nähen? Ich kann dir einige Muster zur Verfügung stellen. Was sagst du dazu?"
"Vielleicht sollte ich wirklich an einer Vorlesung teilnehmen. Das bringt mich gewiss zur Ruhe. Wann ist denn die nächste?"
Jolanta hatte erreicht, was sie wollte. Das Lächeln drang nun auch in ihre Augen ein. "Da es neben meinen Vorlesungen der Runenmagie und ihrer Grundlagen das einzige Seminar ist, das ich in diesem Semester gebe und es nur auf einer einzigen Sitzung besteht, wiederholt es sich. So will ich meinen Studenten die Möglichkeit geben, es auf jeden Fall besuchen zu können. Denn sie müssen mindestens einmal anwesend sein, um die Erlaubnis zu erhalten, an einer der Prüfungen teilzunehmen. Davon bist du natürlich ausgeschlossen. Ich bin sicher, du kennst dich genug mit der Runenmagie aus, auch wenn die Inhalte meines Seminars bestimmt auch für dich neu sein werden." Sie hüllte sich in Geheimnisse, die die Neugierigen lockten. Geheimnisse, die erneut ablenken könnten. "Aber ein Schritt nach dem anderen. Ruh dich noch ein wenig aus. Sobald du bereit bist, lasse ich dich ins Studentendorf bringen. Dann kannst du dich dem Nähen widmen und ansonsten deine Freizeit füllen, wie du möchtest, bis das Seminar beginnt." Die Zwergin warf einen Blick über die Schulter zurück. Mallahall hatte sich nicht einmal gerührt. "Ich kümmere mich um unsere gemeinsame Freundin. Wenn es ihr besser geht, lass ich nach dir schicken, falls du das wünschst."
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Sarin Kasani » Freitag 16. Juni 2023, 12:38

Nur Jolanta war es zur verdanken, dass Sarin nicht abstürzte. Ihre unverhoffte Erwähnung des Seminar-Unterrichts kam genau zur rechten Zeit. Ein Schuss Realität in all dem Wirbel aus Angst Trauer und Vermutungen war jetzt genau das Richtige! Ablenkung und Stabilität, das brauchte ihr Geist nun. Ein Runenmagie-Seminar würde es helfen, damit sie sich wieder sammelte. Die Vertrautheit zwischen den zwei Frauen kehrte wieder zurück, als die Zwergin sacht nach Sarins Hand griff und der Druck wurde dankbar erwidert:
"Danke, Jolanta, für das Angebot. Ein wenig Ablenkung wäre sicher gut ... nur weiß ich gerade nicht ..."
Die Zwergin tätschelte kurz die perlmuttfarbene Hand. Dann packte sie die Nachtelfe in die Decke ein. Sarins Mutter hatte das immer getan, ein Ritual das stets ein Gefühl von Nähe für sie bedeutet hatte. Sie nickte dankbar, denn die Anspannung der letzten Situation hatte sie tatsächlich frösteln lassen.
"Es gibt zu tun, für dich und für mich."
Endlich war die Zwergin wieder die Alte. Das Du war zurück, sie hatte sich gefasst.
"Wenn du etwas tun möchtest, um dich abzulenken und dazu ein Handwerk brauchst, in dem du dich wohlfühlst, habe ich eine Idee.“
Sarin nickte eifrig, unterbrach die Zwergin aber nicht, damit sie weiter redete.
„Sei eine Gasthörerin meines Seminars. Als solche darfst du in einer der studentischen Unterkünfte der Akademie zu Zyranus wohnen. Du wirst während deines Aufenthalts verpflegt, kannst das Wissen der Bibliothek nutzen und natürlich auch an mehr als einem Seminar teilnehmen, falls du es wünschst. Du bist dann ... ja ... eine richtige, zyranische Studentin!"
Das klingt toll.
"Als solche steht es dir natürlich auch frei, jederzeit den Unterricht zu schwänzen und im Selbststudium zu lernen."
Als Gast-Studentin habe ich nicht die gleichen Verpflichtungen, wie wenn ich voll eingeschrieben wäre. Das gäbe mir auch genug Zeit um Iryan zu besuchen.
Aber das war es nicht, worauf Jolanta hinaus wollte. Sie hob einen ihrer kurzen Finger.
"Natürlich braucht eine Gaststudentin auch entsprechende Kleidung, damit man sie als solche erkennt. Das ist hier so üblich. Auf dem Akademiegelände tragen unsere Lernbegierigen stets Magierroben ihrer Semesterklasse oder in deinem Falls eine spezielle Abwandlung, um dich als Gast zu kennzeichnen. Wir haben viele davon auf Vorrat, aber vielleicht möchtest du deine eigene nähen? Ich kann dir einige Muster zur Verfügung stellen. Was sagst du dazu?"
Sarin nickte eifrig und ihre Finger zuckten, als wollten sie schon los legen.
"Vielleicht sollte ich wirklich an einer Vorlesung teilnehmen. Das bringt mich gewiss zur Ruhe. Wann ist denn die nächste?"
Sarins überreizter Geist brauchte das und ihre unsteten Finger eine Beschäftigung. Jolanta hatte erreicht, was sie wollte. Das Lächeln drang nun auch in ihre Augen ein.
"Da es neben meinen Vorlesungen der Runenmagie und ihrer Grundlagen das einzige Seminar ist, das ich in diesem Semester gebe und es nur auf einer einzigen Sitzung besteht, wiederholt es sich. So will ich meinen Studenten die Möglichkeit geben, es auf jeden Fall besuchen zu können. Denn sie müssen mindestens einmal anwesend sein, um die Erlaubnis zu erhalten, an einer der Prüfungen teilzunehmen. Davon bist du natürlich ausgeschlossen.“
Eigentlich schade...
„... Ich bin sicher, du kennst dich genug mit der Runenmagie aus, auch wenn die Inhalte meines Seminars bestimmt auch für dich neu sein werden."
Ob ich auf dem gleichen Lehrstand bin, das bleibt noch abzuwarten. Ich kann sicher viel von ihr lernen und ...wenn genügend Zeit wäre, dann würde ich gern eine Prüfung bei ihr ablegen... allein schon für den Vergleich, ob meine alte Freundin und Lehrmeisterin dem Stand der Magierstadt gerecht geworden ist.
Sarin hatte schließlich keine Vergleichsmöglichkeiten gehabt und ahnte nicht im geringsten wo sie stand, welchen Rang sie unter Runenmagiern einnehmen würde oder welche Klasse sie besuchen könnte.
"Aber ein Schritt nach dem anderen. Ruh dich noch ein wenig aus. Sobald du bereit bist, lasse ich dich ins Studentendorf bringen. Dann kannst du dich dem Nähen widmen und ansonsten deine Freizeit füllen, wie du möchtest, bis das Seminar beginnt....Ich kümmere mich um unsere gemeinsame Freundin. Wenn es ihr besser geht, lass ich nach dir schicken, falls du das wünschst."
Beide sahen einen Moment still zu der schlafenden Lichtmaga.
„Ja bitte. Mallahall ist mir sehr wichtig und eine gute Freundin geworden. Ich möchte unbedingt wissen, wenn ich irgendwie helfen kann, oder sie nach mir... oder Cas fragt.“
Es brauchte für Yolanta sicher eine kleine Erklärung.
„Cas... er ist dieses kleine Phänomen, das Castus ihr Neffe zurück gelassen hat. Wenn sie wieder klarer denken kann, dann wird sie bestimmt ihn noch einmal sehen wollen, denke ich.“
Sarin überlegte kurz, ob es in Zyranus Parallelen gab, was das Studentenleben anging und erfasste, dass ...sie keine Ahnung hatte. Also fragte sie:
„Brauche ich ein Schreiben von euch, damit ich in dieses Studentendorf oder an den Seminaren teilnehmen kann? Auf dem Lehrgelände... soll ich dich da wieder mit Professorin Synapse und mit höfischem 'ihr' ansprechen? Ich kenne die Gepflogenheiten hier nicht. Gibt es eine Etikette zu bewahren? Ich möchte so wenig wie möglich auffallen.“
Sarin war sehr gespannt und es zog sie hin und her. Einerseits wollte sie in Mallahalls Nähe bleiben, wenn diese sie brauchte, aber Yolanta übernahm diese Rolle. Die andere Seite von Sarin wollte etwas sinnvolles tun und ihrer Berufung nachgehen. Eine Ecke ihres Gehirns arbeite schon am Schnitt und musste nur noch die Vorgaben des Schulsystems eingeben. Diese Ecke freute sich schon auf die Arbeit und dieses 'Studentendorf'. Das klang aufregend und als 'Neue' und 'Gast-Studentin' wollte Sarin einen guten Eindruck machen. Dazu gehörten nun mal auch perfekt sitzende Kleidung. Als Meisterschneiderin würde sie sich mit nichts geringerem als Perfektionismus zufrieden geben und hatte fest vor, die best gekleidete Studentin zu werden, die Zyranus je gesehen hatte. Angemessenes Auftreten war fast genauso wichtig, denn beides zollte dem Gegenüber Respekt. Man sprach ja auch bei keinem König im Schlafanzug vor.
Oder wäre es besser wenn ich hier... oh... nein. Bei diesem unhöflichen Diener hier... lieber nicht. Und womöglich laufe ich hier Mallahalls Mutter über den Weg. Nein. Lieber gleich ins Studentendorf.
„Ich kann im Moment nicht... ruhen.“
Auch wenn ich es wirklich gern würde um Manthala darum zu bitten, mir vielleicht zu zeigen wo Dhansair ist, oder anders herum, dass wir ihn suchen und nicht vergessen haben, aber... Aber das ist gerade alles ein bisschen viel für mich. Ich brauche...
„... Ich brauche Beschäftigung. Es wäre schön, wenn du mich bald in dieses 'Dorf' schicken könntest, damit ich mich dort einleben kann.“
Sarin war früh von Ian aufgebrochen und hatte noch den ganzen Tag Zeit. Ebne hatte noch der junge Morgen ihre Haut geküsst, als sie am Fenster gestanden hatte. Bis zur nächsten Mitternacht, wo er sie zurück erwartete, konnte sie noch viel erledigen und wo sie danach genau in den nächsten Tagen schlief, das würde sich noch zeigen. Dass sie vor hatte abendlich die Taverne zu besuchen um sich dann über die magische Abkürzung mit ihrem Liebsten zu treffen, war unter Studenten sicher nicht all zu ungewöhnlich. Die zeitliche Planung zum Seminar-Unterricht musste nur mit den Öffnungszeiten der Schenke abgestimmt werden.
„Yolanta? Wann ist eigentlich diese... Wolfsstunde?“
Hatte ich das richtig verstanden?
Der Schankwirt meinte ja, bis da hin sollte sie wieder da sein, da er dann wohl wieder die Tür, bzw. die Luke die in die Stadt führte wieder verriegeln würde.
„Und wann genau ist deine Vorlesung?“
Das hatte die Zwergin auch noch nicht beantwortet, aber vielleicht gab es ja irgendwo eine Art Übersichtsplan... eine Art 'Stundenplan', an dem man sich orientieren konnte, damit nicht alles durcheinander lief und Sarin sich leichter einfinden konnte. Es lag in ihrer Natur, dass sie sich bereits sorgte irgendwo zu spät zu kommen, oder sinngemäß ein Auftragsstück nicht zum Ball fertig zu stellen. Wenn sie es schaffen würde diese Art von Perfektionismus zu bedienen, dann würde sie es vielleicht auch schaffen den Rest ihrer Probleme zu meistern.
...auch wenn ich keine Ahnung habe, wie oder wo ich diese Bilder einordnen soll...
Allein daran zu denken, bereitete der Nachtelfe Kopfschmerzen. Ohne Schnittmuster, bzw. ohne Plan stürzte sie sich normaler Weise nicht ins Abenteuer. Da brauchte es schon einen sexy Dunkelelfen, der in ihre Schneiderei spazierte und nach einem neuen Hosenknopf für den Vater seines Herrn verlangte. Schmunzelnd erinnerte Sarin sich an jenen Tag zurück, der ihr ganzes Leben aus der Bahn gehoben hatte. Ian hatte aber auch verboten gut ausgesehen und schon jetzt sehnte sie sich nach seiner Nähe.
Ob er sich auch nach mir sehnt?
Jetzt hatte sie aber erst einmal anderes zu tun, als sich in romantischen Gedanken zu verlieren... auch wenn ihr das dank drei großartiger Männer seit einiger Zeit ...sehr leicht fiel! An Ian zu denken erdete ihre Seele und machte ihr Herz weit und groß. Er war ihr Anker in dieser verwirrenden Welt und wenn sie ehrlich war, so freute sie sich schon ein 'klein wenig' auf die Nacht und ihre Rückkehr zu ihm um sich von seiner Liebe umarmen zu lassen... zu durchdringen. Für eine Sekunde ließ Sarin die Bilder ihrer letzten Verbindung wieder auferstehen, lächelte kurz und atmete dann tief durch. Ihre Erinnerungen gaben ihr Kraft. Kraft die sie jetzt für ihr Vorhaben brauchte. Diese Welt war nicht nur schlecht und grausam, sie hatte auch Liebe und Glück zu bieten und davon konnte auch Sarins Herz zehren.
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Re: Das Stadthaus der Familie di Swanviss

Beitrag von Erzähler » Freitag 23. Juni 2023, 12:57

Jolanta war zählte nicht zu jenen, die sich groß in den Vordergrund stellten und das lag gewiss nicht daran, dass sie eine Zwergin war. Denn gerade si galt als große Zwergin der zeitnahen Geschichte! Immerhin war sie eine Meisterin ihres Fachs und so konnte Sarin sich mehr als geehrt fühlen, wenn sie von ihr zu einem ihrer Seminare eingeladen wurde. Jolanta tat dies aber nicht grundlos. Zum einen besaß auch Sarin runenmagische Fähigkeiten und die Zwergin war daran interessiert, wie fähig die andere Frau in diesen Dingen war. Zum anderen - und das war wichtiger - bot es Sarin eine Möglichkeit, sich inmitten all der jüngsten Schrecken und damit verbundenen Schockzustände zu erden. Erde und Gestein waren wichtig, für jeden Zwerg. Jolanta wusste, dass man nur dann die hinderlichen Felsen an Problemen bewältigen konnte, wenn man vorher auf den Boden der Tatsachen zurückgefunden und die Kühle des Steines unter den nackten Füßen gespürt hatte. Wer dazu nicht in der Lage war, dem half sie auf die Sprünge. Dabei blieb sie selbst nur ein Kiesel. Allerdings konnte sogar der kleinste Stein eine Lawine ins Rollen bringen.
Sarin ließ sich nur allzu dankbar von ihr begraben. Besser ausgedrückt, ließ sie sich ordentlich einpacken. Jolanta zeigte fast mütterliche Fürsorge, als sie die Decke fest unter den schlanken Leib der Nachtelfe stopfte. Aber auch auf seelischer Ebene wurde sie gut umhegt. Jolantas Angebot umfasste nicht nur die Einladung, einem ihrer Seminare beizuwohnen, sondern machte Sarin sofort zur Studentin in Zyranus. Eine Gast-Studentin, der es frei stand, ihre Zeit nach Belieben einzuteilen. Somit stünden ihr auch keine weiteren Vorlesungen oder anderen Pflichten im Wege, wenn ihr Herz sie zurück in das namenlose Dörfchen und in Iryans Arme zog. Allein die Aussicht darauf weckte in ihr die Sehnsucht, sich bei ihm wieder einzufinden. Es war erst Stunden her, aber schon vermisste sie ihn. Sie vermisste seine ungebrochene Haltung. Selbst wenn er trauerte, ließ er es sich kaum anmerken. Einzig auf dem Totenacker und in unmittelbarer Gefahr, alles zu verlieren, was er noch liebte, war seine Fassade gebröckelt. Dass er allerdings weitaus gefühlvoller war als man es sich überhaupt bei einem Dunkelelfen vorstellen könnte, wusste Sarin. Ihr liebster Ian war eine Seele, die man niemals gehen lassen durfte. Auch Castus hatte das erkannt und einen Teil seiner eigenen geopfert, damit der Elf hatte weiterleben dürfen. Wie eng die beiden miteinander verbunden waren, ließ sich nur erahnen. Sarin hatte mit Iryan niemals darüber gesprochen, aber er schien auch nicht viel davon zu wissen. Er lebte und das zählte für ihn, denn nur so konnte er Dhansair nachreisen, um ihn zu retten. Und Castus? War irgendetwas von ihm - war er? - noch zu retten? Sarin hatte seine Augen inmitten dieses schauerlichen Bildes organischer Pervertiertheit gesehen. Die strahlenden Galaxien mit den glitzernden Sternchen inmitten ihres zauberhaften Nebels, der um alles wirbelte. Ein solches Paar Augen gab es kein zweites Mal, aber woher war das Bild gekommen? Warum hatte Cas es ihr gezeigt? Warum ausgerechnet in diesem Moment?
Auf all diese Fragen besaß sie keine Antworten und es war wichtig, sich nicht ganz von ihnen erdrücken zu lassen. Sie musste innere Ruhe finden, um genug Stärke aufzubauen, sich anschließend damit befassen zu können. Jolanta half ihr dabei. Ihr Angebot half dabei.
Sie schlug Sarin nicht nur vor, das Seminar zu besuchen und sich in einer der studentischen Unterkünfte breit zu machen, sondern auch ihre eigene Robe dafür zu nähen. Das kam der Elfe gerade Recht! Nichts lenkte sie besser ab als die handwerkliche Arbeit, die sie gelernt hatte. Gemeinsam besprachen Jolanta und Sarin die nächsten Schritte. Die Zwergin würde noch eine Weile bei Mallahall bleiben und Sarin rufen lassen, wäre die Lichtmaga wieder ansprechbar. Inzwischen sollte es für die Nachtelfe ins Studentendorf von Zyranus gehen, auf das Akademie-Gelände. Bevor sie jedoch dorthin aufbrach, kam sie auch noch auf Cas zu sprechen.
Jolanta lauschte den Ausführungen, die gerade so reichten, um ein wenig zu verstehen. Trotzdem nickte sie aufmerksam, ohne den Blick von Sarin zu nehmen. "Cas ... er ist diese kleine Phänomen, das Castus, ihr Neffe, zurückgelassen hat. Wenn sie wieder klarer denken kann, dann wird sie bestimmt ihn noch einmal sehen wollen, denke ich."
"Nicht nur Mallahall wird an ihm interessiert sein. Castus, ihr Neffe. Als wir hinter den sicheren Mauern der Stadt warten mussten, teilte sie mir mit, was im Turm der Magie geschehen war. Ich weiß von Castus." Jolanta blieb neutral. Welche Haltung sie gegenüber einem Halbdämon besaß, der im Audienzsaal des Hohen Rates der Magie einen seiner Freunde zu seinem toten Bruder geschickt hatte, sagte sie nicht. Ohnehin teilte sie Sarin nicht mit, wieviel Mallahall ihr von ihrem kleinen Liebling erzählt hatte. Sie wusste von Castus und das schien genug zu sein. Sie hakte nicht weiter zu ihm nach. Sie fragte lediglich: "Cas ist das kleine Licht in deinem Nähkästchen?" Mit einem Finger zeigte sie darauf. Es lag noch immer geschlossen auf Sarins Schoß. Cas musste im Inneren ... nun ... existieren. Ob ein Licht wie er schlief, ließ sich nicht ergründen. "Geben wir ihm auch etwas Ruhe. Vielleicht finde ich in der Zeit mehr über ihn heraus, soweit es meine Fähigkeiten erlauben."
Somit war zu Castus und Cas vorerst alles geklärt. Wichtiger wurden nun die Details zu Sarins studentischer Gastzeit in der Stadt. Sie besaß ein helles Köpfchen, was Formalitäten anging. Viele Vergleiche hatte sie nicht, aber wohl wusste sie, dass ihre einstige Stadtherrin sehr viel auf schriftlichem Wege klären ließ. Woher sie das wusste? Als Schneiderin am königlichen Hof erhielt sie ständig Aufträge, gerade die Kleidung der Dienerschaft zu erneuern. Schreiber und Boten der Stadtherrin mussten dabei nicht nur mit geheimen Taschen ausgestattet werden, die einem Assassinen besser zu Gesicht standen. Sie brauchten auch genug Freiraum in passender Größe am Körper, um Schreibmaterial oder einen gesiegelten Umschlag mit sich führen zu können. Mentára Tronás regelte wirklich viel in Schriftform. Eine gewisse Bürokratie wahrte sie und da Zyranus noch ordentlicher, noch struktureller erschien, ging Sarin von vornherein aus, dass auch hier Papier und Feder häufig zum Einsatz kamen.
Jolanta bestätigte es ihr, als sie einen flachen Stein zückte, der gerade so in Sarins Handfläche Platz hatte. Er war sechseckig und so geschliffen, dass er wie eine steinerne Plakette aussah. In seinem Zentrum prangte die Rune Pherto. Sie besaß keine besonderen Eigenschaften und war doch eine der wichtigsten Runen überhaupt, denn mit ihrem Bild auf der Haut führte man nicht nur die Initiation zum Runenmagier durch, sondern alle anderen wussten auch, dass man einer war.
Jolanta legte den Stein in ihre flache Hand und drückte dann ihren Daumen auf Pherto. "Kraft meines Amtes als Runenmeisterin Jolanta Synpase, geboren in Nogrot, präge ich diese Plakette auf meine Schülerin..." Sie schaute auf, bis sie den vollen Namen der Nachtelfe erhalten hatte und fuhr dann fort: "... auf meine Schülerin Sarin Kasani aus dem Reich der Nachtelfen." Dann zog sie ihren Daumen zurück und Pherto leuchtete kurz rotgolden auf. "Fertig. Führe die Plakette immer bei dir. Sie ist ein Ausweis und jeder Magier, der seinen Finger auf die Rune legt, wird über deine Erlaubnis informiert, hier studieren zu dürfen - Schülerin Sarin Kasani." Jolanta lächelte. Sie übergab das Kleinod und ließ Sarin noch ein wenig Ruhe. Die Nachtelfe musste nun eine Weile nach Mallahall sehen, denn die Zwergin stahl sich erneut für kurze Zeit davon. Sie kehrte mit einer fremden Frau zurück, die in ihren Menschenjahren verglichen kaum älter sein konnte als Sarin. Auch sie trug eine Runenplakette wie eine steinerne Brosche an ihrer sonst eher schmucklosen Robe. Sie musste eine von Jolantas Studentinnen sein. Runenmagier trugen fast langweilige Farben. Die Robe war braun und grau gehalten mit diveseren Goldstickereien an den Säumen. Hier und dort ließen sich eingearbeitete Runen erkennen, aber sie waren nicht in Kombination verbunden und sahen ohnehin nicht danach aus, als dass ihre Magie Einfluss auf die Umwelt nehmen könnte.
Jolanta stellte die Frau als ihre Schülerin vor, welche Sarin ins Studentendorf mitnehmen und ihr eine Unterkunft zuweisen würde. Darüber hinaus hätte sie mit der anderen aber nicht viel zu tun. Vielleicht sähe man sich noch einmal bei Jolantas Seminar, aber allgemein gesprochen war die Studentin erpicht, zu ihren Lehrmaterialien zurückkehren zu können. Entsprechend rasch fand schließlich der Abschied von Jolanta und Mallahall statt, die nach wie vor ihr Bewusstsein nicht wiedererlangt hatte. Aber Sarin würde informiert und das beruhigte.
Im Schlepptau der anderen Studentin stahl sie sich heimlich aus dem Anwesen der Familie di Swanviss, sobald sie sich dazu in der Lage sah. Jolanta musste bis zur Tür unsichtbare Runenketten gelegt haben, denn Adalbert tauchte nicht erneut auf. So konnte Sarin sich im Windschatten ihrer Führerin aus dem Haus stehlen und ihre Reise setzte neue Schritte in Richtung Magierakademie.

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