Vor dem Rathaus

Auf der trockenen Erde steht der Marktplatz von Santros. Viele Waren findet man hier, auch seltene Stücke, welche die Seemänner von ihren Reisen mitbringen. Ebenso handelsübliche Waren wie Nahrung und Waffen gibt es, wie in jeder anderen Stadt auch.
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Vor dem Rathaus

Beitrag von Gestalt » Mittwoch 13. Juli 2011, 21:42

Rajakjel kommt vom Hafen

Nachdem die Gassen passiert worden waren, befand sich das Trio auf dem Marktplatz der Stadt. Hier waren noch die letzten Händler damit beschäftigt, die restlichen Waren gut zu verstauen und hie und dort ein wenig den Dreck zu bereinigen. Morgen würden sie wieder hier stehen und ihre Waren anbieten, daher musste die Umgebung sauber gehalten werden, denn wo sich der Dreck tummelte, blieben die Kunden aus – das wusste jeder Händler. Hin und wieder riefen sich einige Standnachbarn Bemerkungen zu und es wurde gescherzt und gelacht. In den Gassen, die von dem Platz weg und zugleich hinführten, sah man Pärchen und solche, die es werden wollten, wie sie sich in Tavernen drückten oder diese verließen. Alles in allem, war es eine angenehme Atmosphäre, die es lohnte genossen zu werden, doch dem war zumindest einer Bewohnerin von Santros bestimmt nicht zu mute.
Zu Rajakjel’s Linker, befand sich – nicht besondern pompös, doch trotzdem mit Charme – das wichtigste Gebäude der Stadt: Das Rathaus. Hier residierte und agierte Serana Turan – die Bürgermeisterin und das Oberhaupt der Stadt.
Vielleicht fiel Rajakjel auf, bevor sie sich dem Rathaus zuwandte, dass es auffällig still hinter ihr geworden war. Sollte sie sich umsehen, so würde sie feststellen, dass Luca nicht mehr bei ihnen war. War er abgehauen? Wurde er entführt? Hatte Galdir was damit zu tun? Oder kam er gleich wieder, weil er eine Bekannte gesehen hatte?
Der erste Quartiermeister hingegen, erhob erneut das Wort an seine Herrin: “Herrin, was ist eigentlich los? Erklärt mir, was euch dazu trieb, das Haus zu verlassen?“ Dass Luca verschwunden ist, schien Galdir nicht zu stören.
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Re: Vor dem Rathaus

Beitrag von Rajakjel » Mittwoch 13. Juli 2011, 22:14

Während ihres Weges versuchte Rajakjel, wieder einen kühleren Kopf zu bekommen. Wut war schön und gut und führte oftmals zu recht überraschenden Ergebnissen, doch Rajakjel würde logisches und durchdachtes Handeln jederzeit dem impulsiven vorziehen.
Dass Luca ihr weiterhin nicht antwortete, half dabei allerdings nicht wirklich. Stattdessen begann er wieder sein Spielchen mit den Frauen, die ihnen begegneten, genauso wie auf dem Hinweg. Sein Verhalten hatte sich im Vergleich zu vorher nicht geändert, auch wenn es nun viel offensichtlicher darauf anelegt war – ja, was? Rajakjel oder Galdir zu provozieren, sie eifersüchtig zu machen oder ihr einfach nur zu zeigen, dass er vorhin dasselbe auch schon gemacht hatte, und zwar mit Absicht?
Was es auch war, inzwischen war sich Rajakjel sicher, dass etwas mit Luca ganz und gar nicht stimmte.

Dann waren sie auf dem Marktplatz angekommen. Hier packten grad die letzten Händler zusammen, und mit der nun hereinbrechenden absoluten Dunkelheit wurde es auch empfindlich kalt. Mit einem leichten Frösteln drehte sich Rajakjel zu ihren beiden Begleitern um… deren Anzahl sich auf seltsame Weise halbiert hatte. Nur noch Galdir stand jetzt hinter ihr, und ihn traf dann auch ihr düsterer Blick. Hatte er es ernsthaft nicht mitbekommen, dass Luca sich verdrückt hatte, oder hatte er einfach keine Lust gehabt, ihn aufzuhalten? Das konnte ja sein, immerhin hatte Rajakjel ihn nicht wirklich nett behandelt – seine Bitten, sein Flehen ignoriert, ihm nichts erzählt und dafür einfach mitgeschleppt.

“Irgendwie überrascht mich Lucas Verschwinden nicht…“

…wahrscheinlich ist er einer von Serena Turans Spitzeln und empfängt uns gleich zusammen mit ihr, ein unausstehlich fettes Grinsen im Gesicht. Ach, was solls.
Tatsächlich schien das das einzige zu sein, was ihr jetzt noch plausibel war. Das würde dann allerdings bedeuten, dass Galdir wirklich gefährlich war, denn dann musste Luca genauere und sicher begründete Informationen über ihn haben.

“Galdir, wir werden jetzt bei Serena Turan vorbeischauen. Du weißt ja, dass ich etwas mit ihr besprechen wollte.“

Ob es klug war, das zu sagen? Nun, wenn Galdir sie jetzt noch daran hindern wollte – so wie er es vielleicht mit Harla getan hatte – dann müsste er sie schon direkt zusammenschlagen und wegschaffen. Und er müsste dabei aufpassen, dass es keiner bemerkt – und sich beeilen, denn Rajakjel stapfte schon wieder ohne Rücksicht auf Verluste los, auf das Rathaus zu. Im Gehen rupfte sie sich den Schal vom Kopf – ihr Aufzug würde schon ohne falschen Turban seltsam genug wirken.

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Re: Vor dem Rathaus

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 14. Juli 2011, 09:25

Irgendwo, unweit des Marktplatzes, verlor gerade Mensch gegen Hauswand. Schmerzhaft wurde der Körper gegen die Steinwand gedrückt und die Luft somit aus den Lungen gequetscht. Ohne recht zu wissen, wie ihm geschah, befand sich Luca in einer auswegslosen Situation. Er versuchte sich instinktiv zu wehren, probierte seinen Körper von der Wand zu lösen, doch der Arm, der sich quer über seinen Hals gelegt hatte, hielt ihn mühelos an Ort und Stelle. Mit Aufgabe des Versuchs zu entkommen, schaute der blonde Schönling in das Gesicht seines Angreifers. Dann stahl sich das Licht der Erkenntnis auf Luca’s Gesicht “Du bist ein…“ doch weiter kam er nicht. Bevor er den Satz beenden konnte, gingen bei ihm die Lichter aus und sein bewusstloser Körper sackte in sich zusammen. Vorsichtig ließ der Unbekannte den Blonden hinunter und besah sich sein Werk. So wie Luca dort saß, sah es aus, als ob er lediglich einen im Tee hatte und dort seinen Rausch ausschlief. Ohne groß Geräusche zu machen, sah sich der Angreifer zu beiden Seiten der Gasse um und verschwand dann ebenso lautlos, wie er gekommen war im Dunkel dieser Stadt.


Galdir starrte dem sturen Frauenzimmer hinterher. Seine Geduld mit diesen Gör war schon lange überstrapaziert. Insgeheim war er es doch, der das Erbe hätte antreten sollen, zumindest was die Belange des Kontors betraf. Doch anstatt die Schiffe wieder flott zu kriegen, musste er die Gouvernante dieses Mädchens mimen und das nervte ihn. Er machte einige große Schritte und schob sich zwischen Rajakjel und dem Rathaus. Er streckte die Arme aus und sah das Mädchen eindringlich an: “Was wollt ihr von Serana Turan?!“ Die Frage klang etwas gehetzter, als er es beabsichtig hatte und sofort räusperte er sich und richtete sich auf. “Ich meine, was kann so wichtig sein, dass es gleich mit der Bürgermeisterin besprochen werden muss? Ihr wisst ebenso wie ich, dass Serana Turan alles weiß, was in dieser Stadt geschieht.“ Galdir bemühte sich zu sehr. Hatte er doch ein Geheimnis?
Offenbar hatte auch er das bemerkt und schüttelte leicht den Kopf. Er setzte ein Lächeln auf, trat Rajakjel aus dem Weg und machte eine ausschweifende Geste in Richtung Rathaus. “Verzeiht, Herrin. Nach euch.“

Galdir würde Rajakjel folgen, ohne Weiteres zu sagen.
Nur wenige Schritte trennten das Mädchen von den Stufen, die zum Rathaus führten. Eine ausladende Treppe war dies nicht, doch sie hoben das Gebäude etwas von den anderen dieser Stadt ab. Die mit nicht gar so prächtigen Säulen gerahmte Tür, wurde von zwei Wachen flankiert, die Rajakjel und ihren Begleiter musterten. Als sie sich dem Eingang näherten, versperrten sie ihnen den Weg: “Wer seid ihr und was ist euer Begehr?“ fragte einer der beiden mit monotoner Stimme. Galdir war schneller als Rajakjel und beantwortete die Frage mit “Rajakjel Lathimera und Galdir Varan ersuchen die Bürgermeisterin um ein Gespräch!“ Was hatte er gedacht? Dass Rajakjel in ihrem Alter keine Bitten stellen konnte? Dass sie sich nicht auszudrücken wusste? Immerhin hatte sie seit dem Tod ihres Vaters die Geschäfte geleitet, auch wenn dies mehr schlecht als recht passierte und sie sich nach wie vor eingewöhnen musste! Doch die Worte hatten ihre Wirkung und sie wurde durch die Tür gelassen.

Tritt man über die Schwelle, ist der Saal wesentlich pompöser, als man es von aussen annehmen möchte. In der Halle ist nicht sehr viel, lediglich ein Spalier aus Säulen, die den Besucher zum großen Schreibtisch der Bürgermeisterin führten. Die Decke hingegen, gleich dem umgedrehten Rumpf eines Schiffes, was eine nette Art war, den Bezug zur Seefahrt im Regierungsgebäude unterzubringen. Während das Duo den Weg zur Bürgermeisterin passierte, lag eine unheimliche Stille im Raum. Der kühle, weiße Marmor hier drinnen, schluckte die Wärme vom Tag und erzeugte eine Gänsehaut. Serana Turan saß, ihre Aufmerksamkeit auf Dokumente gerichtet, an ihrem Schreibtisch und unterzeichnete hie und dort irgendwelche Anträge oder Ersuchungen. Links hinter der Bürgermeisterin, stand, in einigem Abstand und mit auf dem Rücken verschränkten Armen, ein schwarzhaariger Mann, dessen blaue Augen fixierend auf die Ankömmlinge gerichtet waren. Offenbar war er die Leibwache der wichtigsten Frau der Stadt. Er trug schwarze Kleidung und war mit Sicherheit im Nahkampf trainiert, jedenfalls war sein Kreuz beachtlich ausgebaut und auch seine Arme, die nicht mit schwarzem Leder umhüllt waren, ließen den Schluss eines Kämpfers zu. Sein Gesicht war markant und geheimnisvoll, seine Augen unergründlich. Dennoch – seine ganze Haltung verriet Distanz und eine Mauer, die es nicht zu überwinden gelang.

Serana Turan sah erst von ihren Papieren auf, als die beiden vor ihr stehen blieben. Sie musterte erst Galdir, dann Rajakjel, die einen längeren Blick erntete. Wachsam glitten die Augen der Herrin von Santros über den Aufzug der Erbin und leicht kräuselten sich die strengen Lippen zu einem Schmunzeln. Dass Serana sitzen blieb, während die anderen beiden standen, hatte den bitteren Beigeschmack von Machtgehabe, zumal die beiden in einen Abstand stehen blieben, der es Serana erlaubte, ganz gelassen und ohne Verrenkung des Halses zu ihnen zu blicken. “Nun? Was führt die Tochter von Dertrian Lathimera in die Hallen der Stadt?“ Ihre Stimme war nicht laut und irgendwie hatte Serana Turan etwas Angsteinflößendes an sich. Auch ihre Leibwache, die nun auf einen unbestimmten Punkt irgendwo hinter Rajakjel und Galdir blickte, erzeugte kein Willkommensgefühl.
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Re: Vor dem Rathaus

Beitrag von Rajakjel » Donnerstag 14. Juli 2011, 21:34

“Was wollt ihr von Serana Turan?!“

Überrascht zog Rajakjel die Augenbrauen hoch. Sie hatte Galdir doch von dem Verrat erzählt, und auch von dem Plan, die Bürgermeisterin einzuweihen. Konnte er etwas von solcher Wichtigkeit verhindern wollen?
Noch bevor sie diese Überlegungen vorbringen konnte, sprach Galdir erneut.

“Ich meine, was kann so wichtig sein, dass es gleich mit der Bürgermeisterin besprochen werden muss? Ihr wisst ebenso wie ich, dass Serana Turan alles weiß, was in dieser Stadt geschieht.“

Das waren zwar andere Worte, doch sie liefen auf das Gleiche hinaus – und außerdem lieferten sie Rajakjel genau den fehlenden Beweis, der nun gegen Galdir sprach. Fast unmerklich schüttelte sie den Kopf.

“Das sagt man, ja. Aber ich bin mir nicht mehr so sicher, ob das auch stimmt. Allwissend ist niemand.“

Galdir hatte seinen Fehler offenbar bemerkt und machte nun einen – in Rajakjels Augen erfolglosen – Versuch, ihn wieder auszubügeln. Sie erwiderte nichts. Ihre Wut war einer in sich gekehrten Ruhe gewichen. Sie hatte die Entscheidung getroffen, Serena Turan zu vertrauen, und vorher niemandem. Was blieb ihr schon noch anderes übrig? Und wenn Serena Turan nicht zu trauen war, dann war eh alles verloren. Die Frau war eine Matriarchin, und es war fraglich, ob jemand anderes sie auch nur ansatzweise hätte ersetzen könnte.
Das Schweigen der jungen Frau hielt an, und ihre einzige Reaktion auf Galdirs vormundgleiches Betragen war ein schneller Blick in seine Richtung.

Das Innere des Rathauses schien nur aus einem einzigen Raum zu bestehen – einem lucalosen Raum. Flüchtig wanderte Rajakjels Blick über die Decke und die Säulen, bevor sie an dem imposanten Schreibtisch und der Frau dahinter hängenblieb. Der Weg zum Tisch nahm sich schier endlos aus. Es erinnerte – und das kam gewiss nicht von ungefähr – an die Audienzhalle eines Königs, wo die Bittsteller sich in der Größe des Raums und vor dem erhöhten Thron winzig ausnahmen. Hier war der Effekt der Gleiche, und Rajakjel und Galdir blieben in einiger Entfernung vor dem Schreibtisch stehen, als ob sie der „Königin“ nicht zu nahe treten durften.

“Nun? Was führt die Tochter von Dertrian Lathimera in die Hallen der Stadt?“

Ah, das war also ihr Spiel. Sie, Rajakjel, war nur die Tochter eines berühmten Mannes, sie wurde nur in Abhängigkeit von jemand anderem gesehen. Ein kleines Lächeln stahl sich in ihren Mundwinkel. Nun fühlte sie sich wieder sicher, auf vertrautem Grund, denn sie kannte diese kleinen Kniffe, die Einschüchterung – sie wusste, wie man sein Ziel erreichte, ohne allzu unterwürfig oder unverschämt zu sein.
Ihre Hand tastete nach dem schweren Siegelring in ihrer Tasche. Dann überwand sie auch noch die letzten Meter, bis sie direkt vor dem Schreibtisch stand. Selbst hier musste Serena nicht wirklich zu Rajakjel aufblicken – sie war nunmal sehr klein.
Behutsam legte sie den Ring auf dem Schreibtisch ab, sodass das Zeichen der Lathimeras zu Serena zeigte.

“Verehrte Bürgermeisterin Turan, die Sorge treibt mich hierher. Dieses Zeichen hier hätte euch heute schon einmal unterkommen sollen, doch die Botin, die ich mit einer dringlichen Nachricht zu Euch schickte, kam nie zu mir zurück.
Doch nicht nur diese Sorge ist es, die mich umtreibt. Ihr kanntet meinen Vater, ihr wisst sicherlich um die genaueren Umstände seines Todes Bescheid. Vor drei Tagen kam nun ein Überlebender des schlimmen Überfalls zu mir und berichtete, dass es einen Verräter in dieser Stadt gibt, jemanden, der sich hier frei bewegen kann und dabei den Dunklen, die wie die Pest das Festland überfallen, penibel Bericht erstattete – und nicht nur über meinen Vater. Das Verschwinden der Botin ist da sicherlich auch kein Zufall, ebensowenig wie die äußerst seltsamen Geschehnisse am Hafen, deren Zeugin ich heute wurde.
Nun, es heißt, ihr wisst alles über diese Stadt, vielleicht könnt ihr mir ja Näheres über diesen Verräter erzählen. Außerdem zweifle ich nicht daran, dass ihr das gleiche Interesse in seiner Verfolgung habt wie ich – und wie jeder ehrbare Bürger Santros, der nicht mit den dunklen Horden anbandeln will.
Wie ihr erkennen könnt, komme ich also in demütiger Bitte um Unterstützung und Hilfe.“


Nach einem kleinen Knicks – nicht zu tief, aber tief genug, und trotz der Hosenbeine – trat Rajakjel einen Schritt zurück. Ihr Ring blieb auf dem Tisch liegen, er schien die Bürgermeisterin anzustarren.
Nun hing alles davon ab, wie Serena Turan reagieren würde. Rajakjel wagte einen schnellen Blick über die Schulter, zu Galdir. Wieder versuchte sie, in seiner Mine zu lesen. Ahnte er, dass sie ihn verdächtigte?

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Re: Vor dem Rathaus

Beitrag von Erzähler » Sonntag 17. Juli 2011, 15:24

Aufmerksam hörte die Bürgermeisterin dem Mädchen zu, was es zu sagen hatte. Ein Mädchen, mehr war sie nicht in ihren Augen. Währen Rajakjel sprach, lehnte sich die Herrin von Santros in ihrem Stuhl zurück. Die hohe Rückenlehne, überragte den Kopf der Regentin um gut einen halben Kopf. Serana stützte ihren linken Ellbogen auf die mit Leder bespannte Armlehne und ließ ihren Zeigefinger an ihrer Wange ruhen; der Mittelfinger unterstützte das erhobene Kinn. Wachsam musterten die dunklen Augen, das Bildnis der Frau in Hosen.
Neben Rajakjel, trat Galdir nervös wirkend von einem Fuß auf den anderen. Fahrig griffelten seine Finger aneinander herum und er schenkte wechselnde Blicke zwischen Serana Turan, Rajakjel und dem Unbekannten. Ihm behagte die Situation wohl nicht sonderlich.
Nachdem Rajakjel geendet hatte, schwieg Serana Turan eine ganze Weile, ehe sich ihre Lippen endlich voneinander lösten, um zu antworten:

“Ihr sagt also, dass Eure Botin nicht zurückkehrte?“ kurz schlug sie die Augen nieder, als ob sie nachdenken würde. Dann richtete sie ihre Augen wieder auf Rajakjel. Der Blick, mit dem Rajakjel ihren Angestellten bedachte, entging ihr nicht. “Sagt, Mädchen, woher nehmt Ihr die Gewissheit, dass es sich hierbei um eine Angelegenheit der Stadt handelt?“ Serana Turan erhob sich elegant und begann damit, hinter ihrem Schreibtisch langsam auf und ab zu wandern. “Wer sagt Euch, dass es nicht Eure Botin ist, die diesen Verrat begangen hat oder zumindest darin verwickelt ist? Sie nahm Eure Notiz und machte sich aus dem Staub.“ Schloss die Regentin und blickte Rajakjel mild lächelnd an. Es war offensichtlich, dass die Beweise, wenn es denn überhaupt welche waren, viel zu dünn waren, um von Serana Turan auch nur in Erwägung gezogen zu werden. Es war nun mal allseits bekannt, dass die Bürgermeisterin von Santros ihre Schergen hatte und sogenannte ‚Vögelchen’ die ihr hin und wieder etwas zwitscherten. Sollte sich also der Verdacht von Rajakjel bestätigen, so hätte Serana Turan mit Sicherheit zumindest ähnliches läuten hören.

“So leid mir Euer Verlust tut, Rajakjel, ich kann nicht aufgrund von Annahmen handeln. Es gilt immer den Überblick zu behalten und sich daran zu gewöhnen zu filtern.“ Es war klar, was damit gemeint war. Serana lehnte ihre Hilfe ab. Rajakjel würde keine Unterstützung von der Bürgermeisterin erhalten. Der letzte Satz hatte etwas furchtbar Endgültiges und Niederschmetterndes. Das Einzige, was Galdir und Rajakjel jetzt blieb, war der Rückweg. Hier war nichts auszurichten. Doch ehe die beiden sich umdrehen konnten, erhob Serana noch einmal das Wort: “Ich werde dennoch besonders darauf achten.“ Sie nickte, mit einem eindringlichen Blick in Rajakjels Gesicht, eben jener zu und versicherte ihr somit, dass sie ihre Augen und Ohren offen haben würde, wenn sich der Verdacht der Lathimera bestätigen sollte. Immerhin etwas, oder nicht?
Galdir berührte Rajakjel kurz am Arm, als er sich auch schon umdrehte und sie damit aufforderte, mit ihm zu kommen. Hatte er es jetzt nur eilig hier rauszukommen, oder war er erleichtert?
Es musste schwer sein, wenn man einen Verrat witterte und niemand einem Glauben schenken mochte, oder man hinter jedem Freund und Fremden einen Verräter sah. Das musste an den Nerven zehren. Und wo war eigentlich Luca? Und dieser Kerl, der dort erstarrt wie eine Salzsäule stand, hatte auch etwas Unheimliches. Hatte sie nicht gesehen, wie er sie direkt angeschaut hatte? Hatte sie sich das eingebildet oder war der Blick so intensiv, dass er einfach real gewesen war? Wollte er ihr etwas sagen?

Bei all den Gedanken war es vielleicht ratsam irgendwo Ruhe zu suchen. Die Gedanken zu ordnen und neu zu überdenken. Vielleicht war der Zeitpunkt gekommen, eine hiesige Taverne aufzusuchen, oder doch lieber nach Hause? Ob man sie schon suchte? Vielleicht aber konnte sie Galdir noch ein wenig aushorchen. Eines stand jedenfalls fest: Erwachsen werden machte kein Spaß und schon gar nicht, wenn man abrupt die Verantwortung übernahm.
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Re: Vor dem Rathaus

Beitrag von Rajakjel » Montag 18. Juli 2011, 22:31

Nein, Rajakjel hatte nicht mit bedingungsloser Zustimmung gerechnet, doch die Frage nach dem Grund für ein Interesse der Stadt an dieser Sache brachte sie dann doch etwas aus dem Konzept.

“Warum es sich um eine Angelegenheit der Stadt handelt? Verehrte Frau Bürgermeisterin, bei allem Respekt, Santros ist die einzige größere Handelsstadt, die noch nicht in den Händen der Dunkelelfen ist! Und nicht nur das, hier gibt es ja nicht nur eine vergleichsweise schwache Handelsflotte wie in Andunie, sondern Kriegsschiffe, die eine durchaus reale Bedrohung für die Dunklen darstellen. Ich bin nicht so vermessen zu glauben, dass die Handelsgesellschaft der Lathimeras ein wirklich wichtiges Ziel für die Dunklen ist – wenn überhaupt, dann sind unsere Schiffe ein Ärgernis. Warum sollten die Dunklen also extra für uns einen Spion einschleusen? Nein, dieser Verräter hat sich größere Ziele gesteckt.“

“Wer sagt Euch, dass es nicht Eure Botin ist, die diesen Verrat begangen hat oder zumindest darin verwickelt ist? Sie nahm Eure Notiz und machte sich aus dem Staub.“


Auf diese Vermutung hin schüttelte Rajakjel vehement den Kopf. Als ihre Eltern grade frisch verheiratet waren, war die zehnjährige Harla mit ihrer Mutter zu ihnen gekommen. Die andunische Familie, denen sie vorher gedient hatten, zog es wieder in die Heimat zurück, und so sorgte Dertrian als freundschaftliche Geste für die beiden – und dabei blieb es. Nachdem Harlas Mutter vor fünf Jahren starb, blieb sie bei den Lathimeras und übernahm vollends die Pflichten ihrer Mutter. Nein, Harla würde Rajakjel nicht verraten.
Doch die junge Frau wusste, dass sie die Bürgermeisterin mit solchen „sentimentalen“ Argumenten nicht würde überzeugen können. Deshalb probierte sie es anders.

“Besagte Botin war meine Dienerin, bei uns eine Art Mädchen für alles. Sie lebt seit fast zwanzig Jahren bei uns und genießt unser aller vollstes Vertrauen. Wäre es da nicht sehr unklug, sich zu einem solch undurchdachten Schritt hinreißen zu lassen und dieses Vertrauen zu verspielen? Denn selbst wenn sie mich von dem Besuch bei Euch abhalten wollte – Ihr seht ja, was es genutzt hat, schließlich stehe ich vor Euch.“

“So leid mir Euer Verlust tut, Rajakjel, ich kann nicht aufgrund von Annahmen handeln. Es gilt immer den Überblick zu behalten und sich daran zu gewöhnen zu filtern.“


Hier wäre eine weitere perfekte Gelegenheit zu einem frustrierten Schrei gewesen, mindestens die zweite an diesem Abend. Rajakjel hatte eigentlich vorgehabt, Serena Turan nach Luca zu fragen, doch das würde sie nun lassen – sie wollte sich nicht in noch mehr abstrusen Geschichten verstricken.

“Ich werde dennoch besonders darauf achten.“

Oh, sie würde also darauf achten. Mit düsterer Mine erwiderte Rajakjel ihren eindringlichen Blick. Das war ja ein Erfolg. Hätte sie ohne ihren Besuch solche Berichte etwa einfach abgetan? Nein. Und das wiederum hieß, dass Rajakjel nichts erreicht hatte. Mit ungespielter Bitterkeit erwiderte sie:

“Dann sollte ich mich wohl dafür bedanken. Gehabt Euch wohl, Frau Turan.“

Nach einem knappen Knicks drehte Rajakjel sich um und folgte Galdir, der sichtlich erleichtert auf die Tür zustrebte. Ihr düsterer Blick wurde noch etwas finsterer.

Draußen war es inzwischen absolut dunkel. Licht schien nur noch aus den Häuserfenstern und den spärliche Laternen an Taverneneingängen oder anderen Gebäuden, die auch in der Dunkelheit noch Besucher anlocken wollten.
Ein paar kleine Jungen, meist Straßenkinder, hatten eine fabelhafte Geschäftsidee entwickelt: Sobald es dunkelte, entzündeten sie Laternen an langen Stöcken und stellten sich demonstrativ auf große Plätze und Straßen, um ihre Dienste als Wegeleuchter anzupreisen. Hatte man die eigene Laterne vergessen, konnte man sich einen dieser Jungs mieten, die einen dann bis zum Ziel begleiteten und dafür dann ein paar Füchse berechneten. Hier, auf dem Marktplatz, standen die meisten von ihnen, jeder allein in seinem kleinen Kegel Licht. Ein wenig unheimlich sahen sie aus, die kleinen, dünnen Gestalten, von oben von ihren Laternen beleuchtet. Auch Rajakjel würden einen dieser Jungen brauchen, denn weder sie noch Galdir hatten Licht dabei – und in Santros waren die Nächte so dunkel, wie die Tage heiß waren.
Doch zuerst blieb die junge Frau stehen und schwieg. Es gab im Hinblick auf ihren Besuch bei der Bürgermeisterin eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie glaubte ihr nicht, und alles, was sie gesagt hatte, war auch so gemeint. Wenn dem so war, dann konnte Rajakjel nichts mehr tun.
Oder aber sie wusste mehr als sie, konnte aber nicht frei sprechen – vielleicht wollte sie Galdir in Sicherheit wiegen oder konnte vor ihrer Wache nicht vertrauen (was unwahrscheinlich war). Dann konnte Rajakjel aber genauso wenig tun, denn dann würde die Bürgermeisterin ohne sie arbeiten oder sie kontaktieren, wenn Galdir nicht dabei war. Die junge Händlerin hatte immernoch einen Hoffnungsschimmer, dass die letzte Möglichkeit stimmte, denn dieser lange, intensive Blick, den Serena Turan ihr zugeworfen hatte, hatte sie stutzig werden lassen. Dann hieß es also, dass sie Galdir loswerden musste – das sollte nicht allzu schwer werden.

“Du hattest Recht… es hat nichts gebracht. Ich muss nach Hause, sonst bemerkt Tarmanto, dass ich weg bin. Vielleicht ist Harla ja auch inzwischen zurückgekehrt, und es klärt sich alles wieder auf.
Könntest du mich begleiten? Ich hab kein Geld für einen Wegeleuchter dabei, die wollen manchmal im Voraus bezahlt werden. Und ich möchte ehrlich gesagt auch nicht nochmal allein durch Santros wandern. Mir ist für heute genug passiert.“

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Re: Vor dem Rathaus

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 20. Juli 2011, 22:36

Es war mit Sicherheit niederschmetternd, dass die Bürgermeisterin so schnell das Handtuch warf. Rajakjel hätte sicher nicht den Weg gemacht, wenn sie es nicht als wichtig empfunden hätte. Doch im Grunde konnte man es der Herrin von Santros auch nicht verübeln. Man durfte lediglich darüber spekulieren, wie viel die Regentin zu tun und zu beachten hatte. Beneidenswert? Mit Sicherheit nicht. Nachdem das Duo die Hallen der Bürgermeisterin verlassen hatten, fuhr ein kühler Wind durch die Klamotten und erzeugte gespenstische Geräusche. Die kleinen Jungen und Mädchen auf dem Marktplatz, die allesamt darauf hofften, durch die Beleuchtung der Wege etwas Geld zu kassieren, komplettierten den unheimlichen Eindruck. Doch bei all dem Schauerlichen, hatte es doch auch wieder etwas Schönes an sich, wie sie dort alle standen und wie Glühwürmchen ihre Laternen im Dunkel schwangen.
Für solche romantische Gedanken, hatte Rajakjel gewiss nicht den Kopf im Moment. So vieles war an dem heutigen Tag geschehen, dass es schwer sein musste, damit umzugehen. Gerade, als Rajakjel Galdir darum bat, mit ihr zu gehen, löste sich aus den Schatten, am Fuße der Stufen, eine Gestalt. Die Hände lässig in den Taschen, strahlte ein blonder Schopf mit weißen Zähnen zu der Erbin hinauf. “Darf ich dich begleiten?“ fragte die vertraute Stimme von Luca. Als ob er sie eben ganz zufällig getroffen hätte, nahm er behände die Stufen und kam vor Rajakjel und Galdir zum Stehen. Galdir wirkte sofort angespannt und baute sich etwas auf. Er wollte gerade damit anfangen, eine Schimpftirade auf den Schönling abzufeuern, als dieser beschwichtigend die Hände hob. “Sachte Galdir, Santros ist in der Dämmerung ein raues Pflaster, auch wenn das nicht immer so war.“ Er rieb sich unterstützend die geschundene Kehle und blickte dann Rajakjel ins Gesicht. Lange Zeit sagte er nichts, und schaute sie einfach nur an, dann jedoch bot er ihr den Arm. “Es wäre mir eine Ehre dich zu führen und vielleicht sogar zu einem Abendtrunk einzuladen?“ fragte er charmant und lächelte zuckersüß. Jetzt da er wusste, dass sie eine Frau war, verfiel er deutlich in die Rolle des Charmeurs.
Galdir grunzte abfällig und stellte sich zwischen Rajakjel und Luca. “Du kannst uns erstmal erklären, Bursche, was du hier für ein Spielchen spielst. Wo warst du, was hast du getrieben und wieso bist du wieder hier? Du hättest abhauen sollen, Junge. Ich schwör dir, wenn du irgendetwas im Schilde…“ Weiter kam er nicht, denn Luca begann herzhaft zu lachen. Gelassen wischte sich der Jüngling eine Lachträne aus dem Augenwinkel und strahlte den ersten Quartiermeister offen an. “Du bist zulange alleine gewesen, was alter Seemann? Du solltest wirklich schlafen gehen und dich nicht mit..“ er blickte zu Rajakjel und täuschte einen Handkuss an “Schönen Damen umgeben. Glaube mir, Galdir – wir zwei.. wir kommen auch ohne dich zurecht.“ Galdir knurrte und es war nur eine Frage der Zeit, bis er platzen würde vor Zorn. Luca’s Verhalten jedoch, passte so gar nicht zu dem warnenden Ton, etwas früher am Abend. Vielleicht war es ganz gut, sich mit Luca noch mal zu unterhalten. Ausserdem war er einfach verschwunden und das sollte zudenken geben. Oder war es klug, sich von dem Schönling fernzuhalten?
Alles in allem war es notwendig, endlich etwas mehr Licht in das wirre Dunkel zu bringen. Wie von selbst, machte sich der kleine Trupp langsam auf den Weg, wohin auch immer. Luca führte Rajakjel galant die Stufen hinab und Galdir folgte empört. Streithähne – würde sich das irgendwann ändern? Es war mit Sicherheit ermüdend, nicht zu wissen wem man vertrauen sollte und konnte und wer die Wahrheit nur vorspielte oder ernst meinte. Vielleicht war es aber auch klug, nach Hause zu gehen und morgen, bei Licht und nach einer gehörigen Portion Schlaf, sich in Santros etwas im Seemannsviertel umzuhorchen, ein wenig nachzufragen, ob man Luca und Galdir kannte, was man von ihnen hielt.
Wie auch immer, Rajakjel musste eine Entscheidung treffen – welche auch immer. Und es galt zu bedenken, dass es hier immer noch um Harla’s Verbleib ging… Ob sie wirklich wieder zurück war? Wie sähe wohl ihre Erklärung aus?
Ganz egal, was alles in Rajakjel’s Kopf umhergeisterte, eines würde sie mit Sicherheit nicht bemerken:
Die Anwesenheit eines zurzeit noch unbeteiligten Beobachters.
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Re: Vor dem Rathaus

Beitrag von Rajakjel » Freitag 22. Juli 2011, 11:12

Mit zusammengekniffenen Augen musterte Rajakjel den blonden Seemann, der sich so unverhofft wieder zu ihnen gesellt hatte. Eine einsame Laterne auf dem Sockel des Treppengeländers warf ihren gelben Schein auf die drei Gestalten, und es schien plötzlich, als gäbe es nichts außerhalb dieses Lichtkreises, als wäre da ein schwarzes Meer – und kein Ton könnte es durchdringen, lediglich die Augen konnten die nächsten Lichtinseln ausmachen, die jedoch zu weit entfernt waren, um von irgendwelchem Nutzen zu sein.
Mit einem unwirschen Kopfschütteln verscheuchte Rajakjel diesen fast schon kitschigen Gedanken. Warum spekulierte sie darüber nach, wo es doch viel drängendere Fragen gab? Nach Harla zum Beispiel, nach Galdirs Beweggründen, und natürlich nicht zuletzt nach Lucas so überraschenden Verschwinden und nun der Rückkehr.
Bei Letzterem war sich Rajakjel nicht einmal sicher, ob sie sich freuen sollte. Immerhin ersparte es ihr die Mühe, ihn zu suchen – sie hatte schon mit dem Gedanken gespielt, Fisko anzuheuern. Denn der hatte schließlich gesagt, dass er Luca überall finden würde.

“Sieh an, der verlorene Sohn ist zurückgekehrt. Na sowas, wer hätte das gedacht.“

Das klang schroffer als geplant. Wenigstens musste Rajakjel nicht die Schimpftirade übernehmen, die sich wohl jeder ausgebüxte Sohn anhören musste – dafür stand ja Galdir schon bereit. Bei ihm konnte nicht mehr viel fehlen, und er würde Luca anfallen wie ein wütender Hund. Doch dem griff Luca vor.

“Sachte Galdir, Santros ist in der Dämmerung ein raues Pflaster, auch wenn das nicht immer so war.“

Das und der Griff zur eigenen Kehle ließ Rajakjel aufmerken. Im flackernden Laternenlicht ließ es sich nur schwer sagen, doch sie meinte fast, einen frischen roten Streifen an Lucas Hals erkennen zu können, als hätte ihn dort etwas Hartes getroffen. Stumm, mit gerunzelter Stirn erwiderte sie seinen forschenden Blick. Was hatte das nun wieder zu bedeuten?

“Es wäre mir eine Ehre dich zu führen und vielleicht sogar zu einem Abendtrunk einzuladen?“

Ah, da war er wieder, der Charmeur, der Frauenheld. Dieses Angebot war eine Versuchung – Verräter Verräter sein lassen, etwas und dann noch etwas mehr zu trinken, und das auch noch in angenehmer Gesellschaft – zumindest optisch. Ob sie Luca auch noch gut leiden konnte, wenn sie ins Reden kamen, da war sich Rajakjel nicht sicher.
Aber all das kam natürlich nicht in Frage.

“Selbst wenn ich wollte, ich kann nicht. Ich muss zurück, Tarmanto und Serblen werden sich unheimliche Sorgen machen – und was mit Harla passiert ist, weiß ich immernoch nicht.“

Dann fiel ihr erst ein, dass Luca mit all diesen Namen ja gar nichts anfangen konnte.

“Harla ist meine Dienerin und seit dem Mittag verschwunden. Ich mache mir große Sorgen.
Aber du kannst mich gerne noch nach Hause begleiten.“


… Und vielleicht fällt mir unterwegs ein Weg ein, wie ich Galdir loswerde und Luca nicht, ohne dass er Verdacht schöpft. Los, lass dir schon was einfallen.
Das könnte allerdings schwierig werden, denn Galdir troff die Missgunst inzwischen aus jeder Pore – zwar bis jetzt nur Luca gegenüber, doch Rajakjel musste vorsichtig sein. Deshalb verzichtete sie auch darauf, sich bei Luca einzuhaken, und beschleunigte ihre Schritte.
Es nützte nicht viel. Luca ignorierte ihre Ablehnung einfach, fasste sie am Arm und führte sie galant die Treppe herunter, als wäre er derjenige, vor dem man sich verbeugen müsste. Von Respekt keine Spur, er duzte sie auch weiterhin. Doch wer sollte das hier schon mitbekommen und weitertratschen? Vielleicht der Wegeleuchter, der jetzt vor ihnen herging?
Und wenn jemand tratschen würde, dann wohl eher über Rajakjels Aufzug. Daran wurde sie mit jedem Schritt erinnert. Die Hosen waren zwar weit, doch sie empfand sie trotzdem als eng und unbequem, und wahrscheinlich bewegte sie sich darin wie ein Storch.

Während Rajakjel sich mit solchen Gedanken herumschlug, nährten sie sich dem Kaufmannsviertel. Als sie schließlich vor dem Haus der Lathimeras standen und anklopften, drückte die junge Frau eher das schlechte Gewissen als die ungewohnten Beinkleider, und sie machte sich auf eine gehörige Standpauke von Serblen gefasst.

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Re: Vor dem Rathaus

Beitrag von Erzähler » Montag 8. August 2011, 18:16

Rajakjel's Weg führt nach Hause zurück
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