Unterwegs im Sarius

Dieser seltsame, aber auch einzigartige Wald liegt im Südwesten. Er ist zum Großteil ertränkt in Wasser und nur mit einem Floß lässt er sich durchquehren. Die Namudus sind die Einheimischen dieses Waldes, sie haben sich dessen Nachteile zunutze gemacht.
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Unterwegs im Sarius

Beitrag von Erzähler » Samstag 27. Oktober 2007, 13:15

[Asmodeus kommt vom Grasland -> Wettlauf gegen die Zeit]

Dass es nicht reagierte, nahm Mallahall inzwischen schweigend zur Kenntnis. Irgendwie hatte sich mit der endgültigen Vereinigung der Seelen einiges in ihm abgeschaltet. Ob nur vorübergehend oder dauerhaft vermochte sie nicht zu sagen. Aber sie würde an seiner Seite bleiben. Er brauchte sie, auch wenn er es vielleicht nicht wusste. Solange Zanraia nicht da war ... er brauchte Mallahall. Sie war die einzige Brücke zu Realität, die es im Augenblick besaß. Selbst dann, wenn es nicht einmal am Fuße dieser Brücke stand. Es fuhr darunter hindurch, das seltsam fremde Schiff. Es nahm die Brücke zur Kenntnis, senkte vielleicht den Mast ein wenig, damit es unter ihr hindurch schippern konnte. Aber das war es auch schon.

Die einzige Reaktion, auf die Mallahall bislang hoffen konnte, war sein Schauen. Mit den zwei verschiedenen Augen. Eines geschlossen, das andere offen. Und es hatte bereits für ihn geweint ... Sie drückte Asmodeus' Hand, die sich so leblos anfühlte und doch lebte der Körper.

Und dann schaute es auf das Tränensteinchen, auf sein kleines Stück Unschuld, welches doch niemals hätte größer sein können. Ein unschuldiger Dämon ... welches Wesen aus Harax konnte schon von sich behaupten, so viel Unschuld jemals gezeigt zu haben. Und Asmodeus ... hatte sie verschenkt. Die meisten Dämonen besaßen wohl nicht einmal so viel Unschuld wie das Splitterchen, welches am Herzen dieses Wesens in einem sicheren Kokon ruhte und die Seelen behütete. Seelen, welche nun Eins waren und sich der Welt nicht mehr zeigten.

Verschollene Seelen, aber auch ... verlorene?

Mallahall glaubte nicht daran. Sie verfolgte das Starren des Nichts auf das Steinchen um ihren Hals. Sie unternahm nicht, als es danach griff, doch blickte überrascht und teils auch erschreckt, als nicht einmal ein Zischen sich entrang. Keine verbrannte Haut. Es schmerzte nicht mehr. War der Dämon fort und nur Seelchen zurückgeblieben? Das reine Seelchen, welches eben geweint hatte?

Mallahall streichelte die Hand, welche in ihrer eigenen lag. "Es ist deins. Deine Unschuld. Ich bewahre sie", wiederholte sie ihre Worte, in der Hoffnung, dass sie durch diese Leere hindurch drangen. Oder einfach nur so, um sich selbst zu beruhigen und Mut zuzusprechen.
Und dann wie aus heiterem Himmel ließ Asmodeus das Steinchen los und setzte sich in Bewegung. Mallahall folgte sofort, würde nicht zulassen, dass es ihre Hand losließ.

Sie erreichten nach etwa einer halben Stunde gemäßigten Marsches endlich den Sarius. Der Boden war immer schlammiger und weicher geworden und zwischen den Bäumen zeigten sich bereits kleine und große Tümpel. "Vielleicht sollten wir ein Floß bauen", meinte Mallahall. Sie ahnte ja nicht, was sich plötzlich vor den Augen des Nichts auftat. Es sah ... im Geiste. Besaß Nichts überhaupt einen Geist? Jedenfalls sah es. Wieder diese Tiere, doch sie kamen auf zwei Beinen, hielten Speere und kleine Messer. Sie beobachteten. Sie starrten es an. Es hob eine Hand, zart und zerbrechlich. Es schlug nach einem der Tiere, schlug diesem den Kopf ab. Ein Bär. Sein Kopf flog und landete auf hölzernem Untergrund. Es war eine Maske.

<i>Oh, du bist kein Tier. Ein Mensch bist du. Ich hab Angst. Seht, mit mir stimmt etwas nicht. Guckt nur! Er soll wiederkommen. Holt ihn! Ich verzeih ihm auch. Er soll mich nicht so allein lassen. Es ... es macht mir Angst.</i>

Zanraias Stimme. Wie ein Wind flog sie durch den Sarius in das Sein des Nichts. Es würde dieser Stimme folgen können. Es war wie ein Band, wie Markierungen. Kinder spielten oft solche Versteckspiele. Sie hinterließen mit Kreide gemalte Zeichen auf Bäumen und Steinen und suchten sich so gegenseitig. Aber Regen vermochte die Zeichen zu verwischen.

Zanraias Stimme jedoch war klar. Endeutig vorhanden. Existent. Wie ihre Angst.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Sonntag 28. Oktober 2007, 13:36

Wie fühlte es sich an wenn einem die Hand gedrückt wurde und man nicht wusste welche Emotion damit verknüpft war? Asmo hätte diese Frage vermutlich beantworten können – wenn es gesprochen hätte. Doch kein Wort verliess seine Lippen die seit der Vereinigungen wie versiegelt schienen… oder war nur nicht der passende Schlüssel zur Sprache dieser einen neuen Seele gefunden worden? Was hatte dieses Wesen zu erzählen was nichts sagte? Nichts war und nichts weiteres tat als einem intuitiven Hauch zu folgen wie ein Fuchs der die Fährte aufgenommen hat.

Doch Asmo war kein Fuchs. Asmo war Nichts. Es jagte nicht. Es folgte nur. Wandelte. Suchte? Ja… vielleicht.

Das einzige Fakt – es reagierte auf einen Impuls. Zanraia. Er sah mit ihren Augen, die Verwirrtheit, dass Chaos in ihrem Geiste kam seiner nichtigkeit – seiner Leere gleich, denn bei ihr war zuviel an Sinnesreizen, zuviel an Emotion, an Gedanken, dass daraus… Nichts entstehen – und existieren konnte. Ihr Innerstes bot Raum für Asmo. Dieser wurde durch Zanraia nahezu magisch angezogen, dabei war dies eine Macht welche weit über Magie hinausging. Plötzlich beschleunigte das Es seinen Gang, das Laufen wurde zum schreiten. Es reagierte nicht auf Mallahalls Vorschlag ein Floss zu bauen – die war wohl kaum noch verwunderlich für die Lichtmaga. Ihr blauen Augen konnten mitansehen wie das Wesen von einer fremden Kraft gelenkt plötzlich die Richtung änderte und zielsicher tiefer in den Wald stapfte, dabei ab und an bis zu den Unterschenkel im Schlamm einsank und einfach stur weiter watete. Als wäre es keine zähe kalte Masse durch welche er sich da kämpfte, sondern weiche warme Butter.

Es begann unter der Anstrengung zu keuchen und in seinen Bemühungen ähnelte es nun doch mehr dem vernichtet geglaubten Dämon, als Seelchen. Asmo blieb an einer versunkenen Wurzel hängen und stürzte in den Schlamm. Tauchte kurz unter und war für einen Augenblick verschwunden. Ob Asmo wusste was ersticken war?

Ja. Der Überlebenstrieb machte selbst vor dem Nichts nicht halt. Es wand sich im Schlamm und riss sich selbst wieder auf die Beine. Asmo sah aus wie ein Monster. Der Dreck lief ihm übers Gesicht, darunter diese leeren Augen – nicht mehr dieses Schimmern.. nein Augen eines Nichts. Welche sahen und nicht begreifen wollten. Sahen und nicht erkannten – nichteinmal die eigene Unschuld.

Mit seinem Atem stiess er kühle Wölkchen aus und das Nichts wurde von seinem eigenen Husten und Keuchen geschüttelt.

Vor seinem Geistigen Auge sah es sich, wie es die Hand nach der Maske ausstreckte. Spürte Angst… ohne zu wissen was das war. Wusste nur, dass seine Zanraia. Hier irgendwo in der Nähe sein musste. „Zanraia!“ Heulte es schliesslich und eilte weiter.

Es kann diesen einen Namen. Er wies ihm den Weg zu seiner Liebsten. Nein… zur Liebsten von zwei Seelen. Den das Nichts, liebte nicht. Es folgte nur.

Wandelte.
Suchte.
Zanraia.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Erzähler » Montag 29. Oktober 2007, 19:11

Mallahall folgte dem Es, jedoch ließ sie bald seine Hand los. Nicht, weil sie sich von ihm trennen wollte. Nicht, weil sie ihn allein ziehen lassen wollte. Ihr war nur der Weg zu unsicher, den das Wesen einschlug. Es achtete nämlich kein bisschen auf seine Umgebung, obwohl es sie anscheinend dennoch sehr deutlich wahrnahm. Zielstrebig verliefen nämlich seine Bewegungen, nur ließ es sich dabei von nichts aufhalten. Einmal wich es nur knapp einem Baum aus, ein anderes Mal sank es bis zum Oberschenkel im Morast ein.

Mallahall lief an der Seite, sprang von Wurzel zu Wurzel. Der Boden war längst nur noch eine schlammige, wässrige Masse. Und es wurde stetig schlimmer. "Vielleicht solltest du aus dem Wasser kommen", meinte die Lichtmagierin. Denn inzwischen konnte man von Boden nicht mehr sprechen. Sie hatten den unter Wasser gesetzten Teil des Sarius erreicht. Hier gab es gefährliche Fische und andere Tiere. Mallahall schaute besorgt zu Asmodeus herüber. <b>Ob er sich in seinem Zustand gegen angreifende Fische wehren würde?</b> "Bitte, komm aus dem Wasser", rief sie ihm zu.

Und es rief zurück. Jedoch galt sein Ruf nicht Mallahalls Bitte, sondern .... <i>"Zanraia!"</i>

Dies brachte Mallahall so aus der Fassung, dass sie nicht hinschaute und die Wurzel verfehlte. Kopfüber landete sie im Wasser, kam jedoch schnell und prustend wieder heraus. Sie hustete und schleppte sich aus dem Nass. Da hob sie den Kopf und blickte direkt in das Gesicht eines Waschbären – aus Holz (?) und mit menschlichen Armen und Beinen. Außerdem war er mit einem kleinen Speer bewaffnet. Neben dem Waschbären tauchte ein zweibeiniges Wildschwein auf – jedenfalls sah das Gesicht ganz danach aus. Diese Gestalten trugen Masken und sie redeten miteinander in einer Mischung aus Schnattern, Klackern und Schnalzen.

<span style="color:D1ED7D;">"Wer ist das? Noch eine Frau ohne Maske."
"Ja, aber die ist krank. Anders krank als das Mädchen. Hör nur, sie hustet."</span>
Die beiden Wesen mit den Tiergesichtern schauten Mallahall musternd an. Schließlich hob eines seine Maske. Mallahall blickte in neugierige Augen und hustete wieder. Sie nahm ihren Mut zusammen. "Habt ihr eine rothaarige Frau gesehen? Zanraia?"

<span style="color:D1ED7D;">"Sie hat dasselbe Wort gesagt wie das Mädchen. Bringen wir die Frau auch zu Nuka Koeka."
"Und der da hinten? Blauhaar?"</span> Waschbär und Wildschwein schauten zum Es. Sie beobachteten, winkten schließlich. Einer von beiden wagte einen Versuch und auch wenn es ein wenig klackernd klang, so würde das Es vielleicht verstehen. <span style="color:D1ED7D;">"Zanraia?"</span>

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Montag 29. Oktober 2007, 20:42

Asmo schwamm beinahe durch denn Wald, dabei war ihm anzusehen, dass das Es dies gar nicht konnte. Es lief eher. Versuchte irgendwie voran zu kommen und sackte dabei immer weiter ein. Bis es sich wieder mühsam hoch buddelte Damit es weiterwaten konnte. Es wandte sich nicht um als Mallahall stürzte und niedersank… hätte es sie gar einfach liegen gelassen wäre sie ernsthaft in Not geraten? Eine schreckliche Vorstellung… und doch schien sie - so bitter es war - auf ernüchternde Weise wahrscheinlich.

War Asmo wirklich so weltenfremd geworden, dass es Freundschaft nicht mehr erkannte und zu schätzen wusste? Offensichtlich nicht. Doch es wusste was es tun musste… schliesslich Fragte Asmo gleich wie der graue Esel – nicht nach dem Warum, sondern tat es einfach.

Immer weiter immer tiefer in den Wald hinein. „Zanraia!“ Heulte es wieder, doch es war kein schmerzliches Heulen, jedoch auch kein freudiges. Es war nicht einzuschätzen. Nicht erkennbar, welche Emotion dahinter steckte – weil effektiv keine da war. Asmo heulte aufgrund der erhöhten Anstrengung hier im Sumpf. Das schien der einzige Grund zu sein. Es bemerkte die Maskenmenschen doch reagierte nicht auf sie obwohl er sie eigentlich hätte erkennen müssen – waren sie doch in seinem geistigen Auge aufgetaucht. Doch selbst dort schien seine Auffassungsgabe auf nur ein Wesen beschränkt zu sein: Zanraia.

Wieder sank es ein und stürzte in den Schlamm. Wand sich darin schluckte Dreck und wühlte sich wieder keuchend hoch. Hustete. Krümmte sich kurz und lief dann ungerührt weiter. Doch als der Eingeborene „Zanraia“ sagte blieb Asmo abrupt stehen. Drehte sich um. Starrte. Durch den Mann hindurch. Ja. Es hatte gehört. Den Namen. Konnte jedoch nicht einordnen in welchem Bezug. Es war wie ein kurzes aufhorchen. „Chächh“ Machte es und seufzte auf diese Weise hörbar. Oder war es eher ein grollendes Schnauben? So was dämonenähnliches? Nein.

Nur kalte Lungenflügel.

Immerhin… machte Asmo irgendwelche Laute. War dies nicht eine Verbersserung… seines Zustandes? Geübte und erfahrene Heileraugen wie Mallahall sie besass erkannten vermutlich, dass das Wesen vor ihr je mehr es sich Zanraia näherte immer unruhiger und verwirrter wurde. Vielleicht regten sich Dinge in ihm, welche es nicht ordnen konnte? Seelensegmente? Verschollene Gefühle?

Ohne die Fremden und Mallahall zu beachten stapfte es weiter.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Erzähler » Dienstag 30. Oktober 2007, 12:59

Der Waschbär war es, der den Namen einer Frau ausgesprochen hatte, die einst von zwei Seelenteilen im Inneren dieser lebenden Hülle geliebt worden war. Zanraia. Es hatte zwar leicht klackernd und schnalzend geklungen, denn der Tiermaskierte hatte es in seiner Muttersprache gesagt, doch das änderte im Fall eines Namens kaum etwas. Seine Muttersprache war die der Namudus, denn er selbst zählte sich zu den Einheimischen dieses Waldes. Hatten sie etwa Zanraia gefunden?

Es schaute den Namudu an, schaute durch ihn hindurch. Und dann stieß es ein seltsam klingendes Seufzen aus. Der Waschbär hob seinen Speer.
Mallahall hob ihre Arme. "Nicht, er ist nicht böse. Nur ... verwirrt. Verletzt ihn nicht!" Der Namudu mit der Wildschweinmaske griff nach Mallahalls Arm. Beide Einheimischen tauschten Blicke.

<span style="color:D1ED7D;">"Sollen wir die Frau und diesen seltsamen Blauhaarigen mitnehmen? Ins Dorf? Zu Nuka?"
"Ich weiß nicht. Doch, nehmen wir sie mit. Die Frau. Sie hat das Wort gesagt. Zanraia. Der andere ruft es. Sie kennen das Mädchen vielleicht."</span>

Der Wildschwein-Maskierte zog Mallahall näher an einen der Bäume heran. Er klackerte und schnalzte, hopste vor ihr auf und ab. Die Lichtmagierin begriff, dass dieser Fremde ihr wohl etwas zeigen wollte. Denn immer wieder sprach er auf Nimuk Zanraias Namen aus und zeigte in den Sarius hinein.
Mallahalls blaue Augen weiteten sich, seit Langem trat Freude in ihre Züge und sie wandte sich zum Es um. "Asmodeus, hörst du? Ich glaube, sie habe Zanraia gefunden. Wir sollten ihnen folgen."

Doch es hörte eben nicht. Es stapfte weiter. Es kannte den Weg. Es sah ihn. Zanraia selbst hatte ihm gezeigt, wo es langgehen musste. Zumindest kannte es die Richtung. Aber je weiter es gehen würde, desto größer wäre wohl die Wahrscheinlichkeit, dass es im Wasser irgendwann unterging. Oder von gefährlichen Lebewesen darin angegriffen würde. Es konnte ja nicht wissen, <i>wie</i> Zanraia an ihr derzeitiges Ziel gelangt war. Doch vielleicht sah es nun das Transportmittel.
Der Namudu mit der Waschbärenmaske sprang nämlich neben dem Es her, von Wurzel zu Wurzel und schließlich stoppte er. Er zog an einer dünnen Schnur und schon schwappte ein Floß aufs Wasser.

Wildschwein-Maske führte Mallahall zum Floß und zeigte ihr an, sich darauf zu setzen. Beide Namudus betraten dann ebenfalls den schwimmenden Untersatz. Einer griff an die Seite und hielt plötzlich einen langen Stecken in der Hand. Mit diesem stakte er ins Wasser und drückte das Floß von den Bäumen weg. So schwammen sie, während Es noch immer durch den Wald stapfte – platschend und stetig wieder einsinkend.
Mallahall schaute es bedauernd an. "Komm doch auf das Floß, Asmodeus. Dann sind wir schneller und es ist ungefährlicher. Wir finden Zanraia bestimmt. Diese Fremden hier wissen etwas. Komm zu mir." Sie streckte die Hand nach ihrem Reisegefährten aus. Das Floß schwamm mit gleicher Geschwindigkeit neben Es her. Mallahall nahm ihre Hand nicht zurück. Die Namudus tauschten erneut Blicke.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Dienstag 30. Oktober 2007, 17:53

Das Wesen schreckte kurz zurück als der Eingeborene seinen Speer hob. Er starrte ihn an. Genau so wie er Gras anguckte. Er hatte nur nicht damit gerechnet, dass es so auf ihn zielen konnte. Die Gefahr dahinter rührte ihn nicht, es war einzig die Bewegung, welche seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Wr wandte sich ab. Asmo stapfte weiter, liess sich nicht dadurch stören, dass die anderen auf dem Floss neben ihm hertrieben. Sein Blick streifte kurz Mallahall. Dann wandte er ihn wieder nach vorn und sank erneut ein. Tauchte gänzlich unter. Für einige Meter tstrampelte er unter dem schlammigen Wasser voran bis er wieder an die Oberfläche gelangte. „Chächhhh“ Keuchte er als er auftauchte und gierig nach Luft schnappte. Ehe es weiterstapfte. Es schien den Zusammenhang zwischen dem schlammigen Untergrund und seinem Absinken irgendwie nicht zu verstehen. Angestrengt setzte es seinen Marsch fort. Ausserdem fror es sichtlich, kümmerte sich aber nicht darum. Es hetzte sich nicht so wie es der Dämon getan hatte, auf diese selbst zerstörerische Art. Ehe aufgrund von… Unwissen. Arglos. Ungreifbar.

Die Hand der Lichtmaga blieb unberührt. Sein Blick starr nach vorn gerichtet. Ab und an änderte er seinen Weg abrupt, dieser unsichtbaren Spur folgend. Asmodeus war noch nie im Wald Sarius gewesen und hätte sich wohl auf diese Weise gnadenlos verirrt. Doch die Karte welcher er folgte, war makellos und der Weg so unendlich klar für ihn. Doch er achtete nicht auf Hindernisse, wie Schlamm, Tiere oder Flösse es war für ihn alles nur ein annehmbarer Teil seiner Umwelt – es war da weil es existierte. Er ein Nichts, interagierte nicht.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von fremde Frau » Mittwoch 31. Oktober 2007, 10:50

Als sein Blick Mallahall streifte, wusste sie, dass es nicht nach ihrer Hand greifen würde. Nicht jetzt und wohl auch nicht später. Dennoch streckte sie sie weiterhin aus – eine Rettungsleine, sollte Asmodeus sie jemals brauchen. Mallahall wäre für ihn da.
Da ging es unter, tauchte unter Wasser und kam Sekunden später mit einem krächzenden "Chächhhh" wieder an die Oberfläche. Die Lichtmaga nahm sofort war, dass ihm die Lungen bereits brennen mussten vor Kälte. Sie selbst bibberte ja ebenfalls noch von ihrem Sturz ins Wasser.

Sie erhob sich, blickte die Namudus an, welche ihren Blick mit stummen Masken erwiderten. Der Waschbär schob sein Gesicht aus Holz zurück und blinzelte Mallahall fragend an. Das Wildschwein nahm unterdessen den Stecken, mit dem sie das Floß vorantrieben.
"Ich bitte euch", begann die Magierin, "helft mir, ihn aus dem Wasser zu holen. Er wird krank, nein, ist es schon. Er bekommt noch eine schwere Lungenentzündung." Sie wandte sich an Asmodeus. "Hörst du? Du wirst krank! Begreifst du das nicht? Wenn du weiterhin im Wasser rumläufst, wirst du so krank, dass du vielleicht sterben könntest. Wie willst du dann Zanraia suchen? Tot?" Da der Name seiner Geliebten das einzige war, auf das er bisher gehorcht – ja, das er gar selbst ausgesprochen hatte – wiederholte Mallahall nun den Namen. Immer und immer wieder, wie ein heiliges Gebet, wie eine magische Formel. Ein Lockruf an das Es.

Zusätzlich entriss sie dem Namudu den Floßstecken und stakte das Wassergefährt näher an Asmo heran. Die Namudus drängten sich in eine Ecke des Floßes, das Wildschwein zog ein kleines Messer aus Gebein. Langsam war ihnen die Sache nicht mehr geheuer. Erst benahm sich das Blauhaar so seltsam, so schrecklich unbekannt für beide ... und jetzt wurde diese Frau auch noch seltsam. Immer wieder rief sie "Zanraia" und stakte auf Blauhaar zu. Bis das Floß gegen seinen Leib prallte und ihn so am weiterwaten hinderte.

Mallahall bremste vor Asmo ab. Sie schaute ihn an, sprach ein letztes Mal Zanraias Namen aus, hustete dann. Und sie packte Asmo an den Schultern. Nicht länger zögernd und nicht gerade sanft. Auf der einen Seite wurde ihr langsam bewusst, dass kein Dämon sich wehren würde. Auf der anderen Seite kehrte das alte Muster in sie zurück. Ein Muster, in welchem Mallahall die Schülerin Adelmunds war, eine hervorragende Lichtmagierin und vor allem Heilerin, die keine Widerrede duldete. So zog sie das Es mit aller Kraft zum Floß hin, damit es sich endlich auf das schwimmende Holz setzen würde.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Donnerstag 1. November 2007, 13:13

Es watete durch das eisig kalte Wasser. Stetig, ausdauernd, folgend. Es reagierte nicht auf Mallahalls ausgestreckte Hand, sah sie wohl, verstand aber die rettende und hilfeanbietende Gestik nicht. Er nahm sie einfach so hin wie sie war, eine ausgestreckte Hand. Teil dieser Welt. Nicht mehr, nicht weniger. Es fror sichtlich. Doch dies hinderte es nicht im geringsten am weiterlaufen. Frieren, Kälte, Schmerz war einfach Teil dieser Welt. Er nahm es hin als solches. Sah es als gegeben. Nicht mehr. Nicht weniger.
Es schnaubte und stiess graue Atemwölkchen aus. Stapfte ungerührt neben dem Floss her doch es war deutlich zu sehen, dass Asmo den Weg vorgab. Mallahall versuchte erneut mit dem Nichts zu kommunizieren.

<i>"Hörst du? Du wirst krank! Begreifst du das nicht? Wenn du weiterhin im Wasser rumläufst, wirst du so krank, dass du vielleicht sterben könntest. Wie willst du dann Zanraia suchen? Tot?"</i>

Was bedeutete für ein Nichts wohl der Tod? Es wäre ein Nichts, welches aufhören würde zu existieren. Ein totes Nichts war etwas anderes, als ein lebendes und doch irgendwie… gleich? Asmo stellte sich keine solchen Fragen. Es stellte sich überhaupt keine Fragen. Asmo watete einfach durch den Sumpf nur ein einziger Name, der Inbegriff all seines Seins und seiner Hoffnung war, fand den Weg in sein seltsames Bewusstsein, dass doch irgendwie keines sein wollte.
„Zan..-„ Er sank wieder ein und der Rest des Namens verwandelte sich in ein Blubbern. Diesmal dauerte es besorgniserregend lange bis das es einige Meter vor ihnen wieder auftauchte, es schien unter dem Schlamm einfach weitergelaufen zu sein. Jetzt jedoch schnappte es wieder gierig und gleichermassen hustend nach Luft. Erneut dieses seltsame „chääächhhh“ jedoch gedehnter und kratziger. Es schabte sich mit einer Hand über die Brust und watete dann unbeirrt weiter. Mallahall ergriff inzwischen die Initiative da ihre Lockrufe nicht den gewünschten Effekt zeigten. Sie konnte wohl sehen, dass Asmo jedes Mal wenn sie Zanraia aussprach kurz innehielt und aufhorchte – dann aber wieder seiner inneren Spur folgte, die weder für die Namudus noch für die Lichtmaga hätten begreiflich sein können. Für sie sah es eher wie ein sinnloses umherirren aus. Die Magierin holte auf und überholte das laufende Nichts gar, lenkte das Floss so, dass es sich ihm in den Weg stellte, er prallte dagegen und kippte mit dem Oberkörper leicht aufs Floss. Das es keuchte verwirrt. Verkrallte sich am Holz. Doch dann wurde es auch schon gepackt und hochgezogen. Keuchend lag es auf dem Floss, rollte sich zusammen und starrte „chäääächhh“ keuchend vor sich her. Es hielt still – wie damals im Grasland als es sich plötzlich hingelegt und stillgehalten hatte. Es sah so aus als wollte es ruhen, doch vielleicht wusste es einfach nicht was es tun musste. Asmo schien verwirrt zu sein. Doch zumindest lag er im trockenen. Frierend und bibbernd. Jedoch schmerzlos vor sich hinstarrend. Es blickte in jene Richtung, wo es Zanraia zu finden wusste.

Doch würde sie in ihm… ihren Geliebten noch finden können?

Eine Träne bildetel sich wieder am Augenwinkel des Es. Es schien nicht sonderlich glücklich zu sein – über die ganze Zeit hinweg nicht, schliesslich wusste es nicht was Glückseeligkeit war. Doch es schien so etwas wie Angst verspüren zu können. Es weinte. Stumm. Ausdruckslos. Die klaren Tränen bahnten sich ihren weg durch sein schlammverdrecktes Gesicht.

Es atmete heftig, die Arme und Hände dicht an den eigenen Körper gepresst.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 1. November 2007, 22:55

<i>"Zan...–"</i> Und dann Blubbern. Asmo versank unter Wasser. Die Namudus sprangen auf und guckten. Beide schnatterten, klackten und schnalzten sie aufgeregt, die Blicke aufs Wasser gerichtet. <span style="color:D1ED7D;">"Glaubst du, er entkommt den Raubfischen? Die sind bissig."
"Und die Schlangen sind giftig. Aber vielleicht ..."</span>
Mallahall schaute ebenfalls aufs Wasser. Sie war die erste, die Asmo auftauchen sah. Prustend brachte er erneut ein krächziges "chääächhh" hervor, doch was die Lichtmagierin vielmehr in seinen Bann zog, war seine Bewegung der Hand. Mit den Fingern kratzte es sich über die Brust. Mallahalls Augen wurden groß.

Schnell wuchtete sie ihn zu sich aufs Floß, sogar die Einheimischen packten mit an. Kaum auf dem schwimmenden Holz rollte es sich zu einem Knäuel zusammen. Noch immer gab es diesen kratzigen Ton von sich, der überhaupt nicht gesund klang. Mallahall legte ihm die Hand auf die Brust, strich darüber. Mahnend und doch mit gewisser Sanftheit wie bei einer Mutter sprach sie ihn an. "Kein Wunder, wenn dir dir Lungen schmerzen. Zu dieser Jahreszeit rennst du durchs kalte Wasser. Deine Kleider könnte ich dir eigentlich schon wieder ausziehen, die sind klatschnass." <b>Meine aber auch</b>, gestand sie sich ein und hoffte, die Namudus würden sie zu einem warmen Lagerfeuer bringen.

Doch wohin ihre Reise ging, wussten nur die beiden Träger der Tiermasken, welche das Floß bereits wieder tiefer in den Sarius steuerten.
Mallahall wandte sich indessen ganz ihrem Begleiter, ihrem Schüler und Freund zu. Der lag bibbernd da, keuchte, starrte ... schwieg.
Sie beugte sich zu ihm und drückte ihr Ohr an seine Brust. Der Herzschlag war zufriedenstellend, aber die Lungen blähten sich angestrengt auf, dass man es hören konnte. Sie überlegte. Ihre Kräfte waren noch nicht wieder ganz erholt. Sie selbst hatte Husten und mit den Einheimischen konnte sie sich nicht wirklich verständigen. Wie sollte sie ihnen begreiflich machen, dass sie medizinische Hilfe brauchten?

So entschloss sich Mallahall das zu tun, was ihre Pflicht war: zu heilen und denen zu helfen, die Hilfe benötigten, ungeachtet wie es ihr selbst ging. Sie legte Asmo erneut die Hand an die Brust. "Ich heile dich jetzt", erklärte sie und wollte bereits ihre arkanen Kräfte wecken – da verharrte sie still. Mallahall betrachtete die leeren Augen, aus denen sich Tränen einen Weg über die Schmutzkruste im Gesicht bahnten.
"Wir finden sie", flüsterte Mallahall und nahm ihren Schützling in den Arm, dieses kleine Häuflein Nichts, in dessen Weiten sich ihre Freunde verbargen. Würden sie jemals zurückkehren?
Mallahall drückte Asmo, drückte ihn eng an sich, strich durch sein Haar, um ihn zu beruhigen. Dann schaute sie die Namudus an, die die Szene beobachtet hatten.

"Zanraia?", fragte sie. Offenbar war es auch für die beiden Einheimischen das einzige Wort, auf das sie ansprangen. Die beiden nickten, zeigten in den Wald hinein und trieben das Floß weiter voran. Langsam ließen sich hoch oben in den Bäumen Konturen erkennen und wenig später entdeckte Mallahall kleine Baumhäuser, die über wackelige Hängebrücken miteinander verbunden waren.

Ob Asmo sie sah? Vielmehr roch er ... wie ein Nichts Gerüche wahrnahm und ob er irgendetwas dabei empfand, war unbekannt. Doch dieser Geruch, es kannte ihn. Dieser Duft sprach Bände mit nur einem einzigen Wort. Zanraia.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Samstag 3. November 2007, 20:56

Es keuchte vor sich her. Starrte vor sich hin. Zuckte zusammen als Mallahall ihren Kopf auf seine Brust legte. Er atmete unbeirrt weiter. Seine Lungenflügel versuchten sich zu blähen. „chhhäächhH“. Keuchte Asmo als sie eine schmerzliche Grenze erreichten – es aber instinktiv glauben musste noch nicht genügend Luft bekommen zu haben. Es verstand den Zusammenhang zwischen der Kälte, der klatschnassen Haut, seiner Lungen und den Schmerz den sie aussandten nicht. Verstand nicht, was eine Erkältung war die, wie Mall richtig schätzte, drohte sich zu einer ausgedehnten Lungenentzündung zu entwickeln- Asmo… der einstige Medicus… verstand dies nicht. Es konnte nicht mal mehr eine Erkältung diagnostizieren unter deren offensichtlichen Symptomen es selbst litt. Litt es wahrlich? Nein. Es lebte einfach damit, nahm es als gegeben.

Es starrte Wildschweinmaske an. Ohne Emotion. Ohne Regung. „chääächhh“. Machte es nur und wurde eine Spur blasser. Seine Füsse waren Taub. Doch es äusserte dies nicht, spürte es nicht einmal oder verstand nicht, dass dies nicht so sein sollte.

<i> Kein Wunder, wenn dir dir Lungen schmerzen. Zu dieser Jahreszeit rennst du durchs kalte Wasser. Deine Kleider könnte ich dir eigentlich schon wieder ausziehen, die sind klatschnass."</i> Es schnaubte. Erinnerte etwas an den Dämon der oft so trotzig geschnaubt hatte wenn ihm etwas nicht passte und ihm hatte so ziemlich alles nicht gepasst was Mallahall zu ihm gesagt hatte. Doch dies was so an ihre verschwundenen Freunde erinnerte, konnte genau so gut einfach Zufall sein.

Es weinte – wie Seelchen es oft tat. Mallahall schloss Asmo in ihre Arme. Es klammerte sich nicht an sie, stiess sie nicht von sich. Liess es einfach geschehen – eine Willenlosigkeit die einem verzweifeln lassen könnte. Er hätte wohl gleich reagiert wenn sie ihn geschlagen hätte! Dies machte dieses Wesen so ungreifbar und so hilflos. Es existierte in dieser Welt, in welcher Form sie immer war – es nahm sie als gegeben an. Interagierte nicht.

Weitere Tränen kullerte über sein Gesicht. Es spürte Mallahalls Wärme nicht. Keinen Trost, wusste ja nicht mal dass es traurig war. Es spürte lediglich, dass es gedrückt wurde. Es etwas enger hatte in seiner Welt. In welcher es ohnehin nur einen minimalen Platz einnahm und sich damit begnügte zu atmen und nach Zanraia zu suchen – ohne zu wissen warum.

Er atmete vor sich hin und obwohl der Schmerz offensichtlich hätte sein müssen atmete es wieder regelmässig. „Chäää-…“ Es hielt plötzlich inne. Schnupperte. Richtete sich auf. Starrte in die Richtung des Dorfes, durch die Häuser hindurch – auf einen Bestimmen für andere nicht sichtbaren Punkt. Zanraia?

Es starrte jedoch noch immer so leer. Wirkte eher etwas irritiert als erfreut oder sehnsüchtig. Es nahm etwas war und spürte wohl einen gewissen Drang der Spur zu folgen. Verstand es aber nicht.

„Chääuuuüüü“ Heulte es diesmal. Hockte unruhig da.
Zuletzt geändert von Asmodeus am Samstag 3. November 2007, 21:00, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Erzähler » Sonntag 4. November 2007, 10:51

Immer wieder keuchte es. Mallahall drückte Asmo fester an sich, versuchte, ihn mit ihrem eigenen Körper zu wärmen und dann legte sie ihm schließlich doch noch einmal die Hände auf. Licht durchströmte seine Brust, arbeitete sich bis zur Lunge vor und umhüllte sie wie eine zweite Haut. Dort saß die Erkältung, verklebte die Bronchien und verteilte überall Schleim, während sie bei jedem Atemzug brannte.
Mallahall spürte instinktiv, dass sie die Krankheit nicht würde heilen können – noch nicht. Ihr fehlte selbst die Kraft dazu. So brach sie ihr Vorhaben ab, ehe es richtig begonnen hatte. Die Namudus aber schauten sie mit staunender Haltung an.
Mallahall hob ihre Hände. "Magie", erklärte sie. Beide Einheimischen schnalzten vor sich hin, betrachteten die Hände.

Da schnaubte es und lenkte die Lichtmaga wieder ab. Es weinte wieder, doch lag reglos in ihren Armen, als Mallahall es beruhigen wollte.
Die Namudus fuhren das Floß in ihr Dorf. An einer Wurzel dockten sie an und zwar genau in dem Moment, als Asmo innehielt und schnupperte. Es roch nach ihr, nach Zanraia. Ihr Duft war so präsent in diesem durchwässerten Wald, dass wohl nur noch ein Fünkchen fehlte, um ihn zu einem farbigen Neben werden zu lassen.

Unruhig hockte es da und heulte, dennoch wurde sein Wehklagen oder was immer es war von einem "chächhh" durchzogen. Er musste dringend ins Warme gebracht werden, ehe die Lungenentzündung richtig ausbrechen konnte. Genau dies versuchte Mallahall, den beiden Einheimischen nun klar zu machen. Inzwischen tauchten aus Baumhäusern und auf Wurzeln weitere Gestalten auf. Sie alle trugen Tiermasken und die größeren unter ihnen waren mit Speeren bewaffnet. Einige klackerten neugierig in die Stille hinein, andere schauten nur. Und dann ... stand sie da.

Wie ein roter Fleck in einem Meer von Grau stach sie heraus. Ihr Haar war der Fleck, ein Heiligenschein, der ihren Kopf umspielte. Schimmerte und glänzte. Darunter die ewig blauen Augen, zwei wunderschöne Saphire, hell und so voller Unschuld wie es sonst nur Seelchen hatte zeigen können.
Sie trug einfache Kleidung aus verarbeitetem Fell und Leder: einen Rock und darüber eine warmhaltende Lederweste, alles grob hergestellt, aber es erfüllte seinen Zweck. Ihre Füße waren mit Verbänden aus dicken Blättern umwickelt, trotzdem stand sie aufrecht da und schaute von ihrem Platz vor einem der Baumhäuser auf das Floß herab.

<img src="http://i140.photobucket.com/albums/r21/ ... anraia.jpg">

Zanraia.

Mallahall schaute zu ihr hoch, ihre Augen weiteten sich und sie weinte vor Glück. "Wir haben dich gefunden. Zanraia! Wir haben dich gesucht und endlich gefunden!"
Die Rothaarige schaute auf das Floß herab. "Mallahall", antwortete sie nur, dann wanderte ihr Blick weiter und ... sie schrie ... rannte zurück ins Baumhaus.
Sie hatte den gesehen, der ihr wehgetan hatte.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Sonntag 4. November 2007, 17:27

Es spürte ihre Präsenz. Zanraia musste so unglaublich nah sein. So nahe wie schon lange nicht mehr und dennoch schienen die beiden Geister so weit voneinander entfernt. Asmo, durch seine Einigkeit – die im Nichts endete und Zanraia in ihrer tiefen Verletzung die das völlige Chaos mitsich brachten. Konnte das Nichts gemeinsam mit dem Chaos tatsächlich… eine neue Ordnung schaffen? Sprach nicht alles dagegen… bis auf… die Lebe die sie verband? Der einzige Anker….
Unruhig verharrte es in Mallahalls Armen. Der Dämon hätte sich wohl sehr über diesen Innigen Kontakt geärgert – hätte ihn vermutlich gar nicht ausgehalten, den Asmos Hinterkopf drückte gegen die Seelenkette. Es reagierte nicht. Die Unschuld war da, doch der Ursprüngliche Besitzer schien verschollen. War weit fort. Irgendwo und noch weniger erreichbar, als das Nichts. Genau so verhielt es sich mit Seelchen. Ob sie… vereint an jenem Ort waren, wohin sie verschollen sind? Vielleicht ist Asmodi zurück in die Welt des Harax verschwunden… und Seelchen… der Medicus? Bei Lysanthor? Doch nein… sie waren doch nicht tot! Sie waren nicht in einer Nachwelt… nein… denn sie waren… gar nicht mehr.

Mallahall legte ihm erneut die Hände auf. Es atmete angestrengt. Fror sichtlich. Drückte seine Hände nahe an seinen Körper – zumindest die Kälte musste es doch spüren? Es war noch immer klatschnass und von Schlamm überzogen. Die Tränenbahnen waren deutlich unter der Dreckskruste zu sehen – er sah ziemlich unheimlich aus – besonders wegen seinen seltsamen Augen. Kein leuchten. Augen die weder blau noch schwarz waren und keinen funken Energie oder Leben besassen, nur schlichte Existenz. Nicht mehr, nicht weniger.

Asmo starrte dumpf zu jenem Punkt im Dorf an welchem er Zanraia spürte. Die vorbeiziehenden Häuschen und die neugierigen Maskenträger sah es einfach als gegeben – reagierte nicht darauf. Verspürte nichts. „Chächchh…. Zanraia….“ Keuchte es vor sich her, es war bereits so ungewohnt geworden, wenn Asmo überhaupt sprach. Seine Stimme hörte sich so quälend monoton und fremd an. Leer. Nur funktionell ohne Emotion

Aber warum hatte es den nach ihr gesucht? Es war da etwas, was aber das Nichts nicht begriff.

Sie erreichten das Dorf. Es verharrte ruhig… und dann… nach einer Weile… Zanraia. Es starrte sie an. Blickte ihr in die Augen. Suchte. Es guckte sie nur an. Vermutlich hätte Mallahall eine etwas grössere Reaktion erwartet, doch das Wesen tat nichts weiteres als verwirrt wirkend zu gucken.

Dann ein Schrei. Zanraias Schrei. Es durchzog das Nichts wie ein gleissender Schwerthieb. Es heulte auf, krümme sich zusammen, hielt sich die Hände über die Ohren presste seine Nägel in die Haut, drückte so stark. Es heulte weiter, gequält. Zitterte am ganzen Leib.

Es empfand. Schmerz.
Ihren Schmerz. Sein Herz ächzte, seine Lunge brannten seine Seele… diese seltsame neue Seele – begriff nicht.
Es sah es einfach als gegeben eine Existenz in Schmerz zu sein.

Es empfand. Angst.
Ihre Angst. Er krümmte sich zusammen hielt die Augen fest geschlossen bibberte vor Furcht, war leichenblass und atmete hektisch.
Es sah es einfach als gegeben eine Existenz in Angst zu sein.

Es empfand. Verzweiflung.
Ihre Verzweiflung. Sie liess ihm die Tränen in die Augen treten. Sie kullerten über seine Wangen. Klare salzige Tränen die stumm über den Kummer erzählten die dieses Wesen empfand und bei anderen auslöste.
Es sah es einfach als gegeben eine Existenz in Verzweiflung zu sein.


Es empfand. Hass.
Ihr Hass. Ihre Wut. Es brachte sein Blut zum kochen, liess sein Herz schneller Schlagen und ihn seine Finger zur Faust ballen. Es knurrte und keuchte.
Es sah es einfach als gegeben eine Existenz in Hass zu sein. Ein Dämon zu sein.

Es empfand. Liebe.
Ihre Liebe. Sie war da und liess ihr Herz so schwer schlagen. Wie seins. Dennoch konnte selbst der Hass nicht über sie hinwegtäuschen. Sie liebte ihn… er wusste es.
Es sah es einfach als gegeben eine Existenz in Liebe zu sein. Seelchen.

Doch verstehen…. Tat es dies alles nicht.
Denn es war Asmo.
Ein Nichts, dass Empfand und diese Emotionen… zu Nichts machte indem es alles als gegeben sah.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Erzähler » Sonntag 4. November 2007, 20:12

Als Zanraia aufschrie, fortrannte und sich im Baumhaus verschanzte, schrieen auch einige der Namudus wild durcheinander. Andere traten an die Baumhaustür und die Fenster heran. Sie klackerten und schnalzten ins Innere. Als Antwort erhielten sie nur: "Geht weg! Geht weg! Er darf mich nicht finden. Ich war keine gute Frau!"

Als dann auch noch Asmo aufheulte, war es um die Namudus geschehen. Wild kreischend und schreiend sprangen sie von den Bäumen, hoben ihre Speere und starrten hinter ihren Masken auf das blauhaarige Menschenwesen herab, das dort zu Mallahalls Füßen auf dem Floß lag, sich krümmte und heulte, ächzte und keuchte.
"Nein! Tut das nicht!", rief die Lichtmagierin und hielt abwehrend eine Hand über Asmo, die andere zum Schutz vor sich selbst. Sie streichelte das Etwas, versuchte, Ruhe in seine Welt zu bringen ... denn noch immer glaubte sie, ihn irgendwie erreichen zu können.

Die Namudus aber ließen sich nicht abhalten. Einer warf seinen Speer nach dem Es. Die Spitze traf knapp neben dessen Schulter das Floß und der Griff vibrierte heftig. Eine Warnung, doch andere würden wohl ernst machen.
Die Tiermasken wirkten mit einem Mal ziemlich bedrohlich. Bären, Raubkatzen, Wildschweine, Waschbären und sogar Hasen beäugten Mallahall und Asmo argwöhnisch.

Und dann hoben alle ihre Speere zum entscheidenen Schlag.
<span style="color:D1ED7D;">"Aufhören!"</span>, rief plötzlich eine Stimme und die Namudus senkten ihre Waffen. Zwischen den Bäumen trat eine Gestalt hervor. Dem Körperbau nach musste es sich um eine Frau handeln. Sie trug eine Fuchsmaske und mit gleichem Namen wurde sie auch von ihren Untertanen empfangen. <span style="color:D1ED7D;">"Nuka Koeka, Nuka Koeka!"</span>

Die Namudus wichen zur Seite aus, machten der Frau mit der Fuchsmaske Platz. Diese hatte eine Hand locker auf einem langen Zahn an ihrem Gürtel liegen, den sie wohl als Jagdmesser verwendete. Die andere hing ausbalancierend in der Luft. In eleganten Bewegungen schlich die Fuchsfrau heran.

<img src="http://i140.photobucket.com/albums/r21/ ... s/nuka.jpg">

"Ihr sein keine Namudus. Ich sein Nuka Koeka ... ähm ... Fuchs. Ich sein Anführer von Sippe. Von Namudus. Ihr haben erschreckt unsere Gastin. Zanraia."

Mallahall hob den Kopf. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, trotz der schrecklichen Worte, die Nuka soeben übermittelt hatte. "Oh, Ihr versteht mich. Lysanthor sei Dank! Bitte ... er und ich müssen zu Zanraia. Wir müssen mit ihr sprechen. Es geht um ein großes Missverständnis. Versteht Ihr? Ein Problem. Wir wollen uns entschuldigen. Außerdem ..." Mallahall schaute auf das Es hinab. "Er ist krank. Hilfe. Wir brauchen Hilfe."

"Krank", wiederholte Nuka und ihr Blick wanderte zum Baumhaus hinauf, in dem Zanraia verschwunden war. "Krank wie sie? Sie sein nicht krank. Großes .... hmm ... Glück. Wunder. Zanraia. Aber er sein krank, ja, ich sehen." Nuka blickte auf Asmo herab, sah seine fahle Haut, hörte gar das Rasseln seines Atems. Die Lungenentzündung bahnte sich an. Einen Moment schien die Namudu-Anführerin zu überlegen. Dann rief sie ihren Untertanen zu: <span style="color:D1ED7D;">"Wir helfen diesen beiden. Bringt das Blauhaar hoch zu Zanraia ins Baumhaus. Passt auf, dass sie nicht wegrennt. Sie soll noch nicht viel laufen mit ihren Füßen. Aber der hier muss zur Eule. Er ist krank. Helfen wir."</span>

Sofort setzten sich die Einheimischen in Bewegung. Einige liefen zum Baumhaus rauf und hinein. Dann gab es einen Schrei. Wieder war es Zanraia, doch dieses Mal schrie sie nicht verängstigt. Sie wehrte sich.
"Was macht ihr?", rief Mallahall und konnte nicht länger sitzen blieben. Sie sprang auf, doch die Namudus hielten sie mit ihren Speeren auf.
"Ruhig bleiben. Mir folgen", sagte Nuka. Sie marschierte los, auf das Baumhaus zu, in dem Zanraias Schreie nun verstummt waren. Andere Einheimische piekten Asmo an, damit auch er sich in Bewegung setzte. Doch Mallahall erklärte, dass sie ihm helfen müssten, sonst bliebe er wohl ewig dort liegen. Als die Einheimischen nicht begriffen, nahm die Magierin Asmos Hand und zog daran, versuchte, ihn auf die Beine zu bekommen. Wenn dies gelänge, würde sie Nuka folgen – zu ihrem Ziel. Zu Zanraia. In der Hoffnung, sie würde sie anhören und verstehen.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Sonntag 4. November 2007, 22:30

Es heulte und krümmte sich weiter. Zuckte sichtlich zusammen als sich der Speer des Eingeborenen dicht neben seinem Ohr ins Holz bohrte. Es spürte gar das Vibrieren in seinem Ohr nachklingen. Doch war es sich bewusst, dass dieses Geschoss für ihn bestimmt gewesen wa? Das man vorhatte ihn… das Nichts. Welches existierte, einfach auszulöschen?
Es starrte die Tötungswaffe an. Begriff deren Sinn nicht. Die Wucht hatte ihn tatsächlich erschreckt doch er konnte nicht nachvollziehen was dies für seinen Körper bedeutet hätte… dabei war er doch Medicus… er hätte so was… wissen müssen!

Asmo heulte weiter. „Chäääächhh“: Keuchte es. Es kriegte kaum Luft. Es schabte sich aufgeregt und unruhig über die Brust. Alles um ihn herum schrie. Die Eingeborenen. Mall. Zanraia! Er riss sich an den Ohren. Heulte gequält. Plötzlich eine fremde Stimme und dann herrschte Stille. Asmo beruhigte sich wieder. Wurde still. Ausdruckslos – als wäre nichts gewesen. Es lag keuchend auf dem Floss und starrte vor sich her. Es hörte wohl wie die Königin sprach und spürte wohl ihren Blick aufsich… wie auch jene aller anderen Eingeborenen. Sie musterten ihn, beobachteten ihn…. Eine falsche Bewegung… Doch die machte er nicht, er machte gar keine.

Asmo war völlig ruhig…
… und dann wieder Zanraias Schrei, doch diesmal war er anders. Sie wehrte sich. So unempfindlich Asmo auf die ganze Welt zu reagieren schien, so sensibel war er auf ihre Laute. Er starrte hoch. Riss sich auf die Beine und knurrte. Grollte tief. Es machte sich gross und mit seinen 1.90 wirkte er auch ziemlich einschüchternd, zumal er trotz seiner Aggression noch immer so unendlich leer Blickte. Doch auch wenn es knurrte, interagierte es nicht. Es starrte nur vor sich her. Schnaubte. „Chrrrrrrr“ Knurrte es kratzig. Doch es schnappte nach niemanden und griff auch niemanden an… zeigte sich nur bedrohlich.

Dann jedoch verstummte ihr Schrei. Asmo lauschte verwirrt. Leglte seinen Kopf schief.

Asmo wurde ruhig. „chäääächhh.“ Macht es und rollte sich wieder auf dem Boden zusammen. Starrte vor sich her. Kein Knurren. Kein Grollen. Als wäre dies nie geschehen. Da wurde es von den Eingeborenen angepiekt. Es reagierte nicht. Zuckte nur etwas zusammen. Starrte nur. Sie piekten weiter bis Mallahall sich einschaltete und ihm die Hand nahm. Ihn hochzog. Asmo folgte. Ging leicht gekrümmt. „Chääääaurrrhg“ Machte es und trottete hinter Mallahall her. Schien jedoch angestrengt zu lauschen.

Je näher sie jedoch Zanraias Baumhütte kamen umso unruhiger wurde es. „Zanraia…“ Keuchte es. Seine Hand hing in jener Mallahalls. Er drückte nicht dagegen. Sie war einfach.

Was war bloss mit Zanraia? Warum hatte sie geschrieen... sie war keine gute Frau - hatte sie gesagt und Asmo hatte dies gehört... begriff aber die Worte nicht. Verstand den Sinn nicht. Asmo war nur ein hohler Kessel der Gefüllt werden konnte.

Asmo hinkte leicht weil es die Füsse nicht mehr richtig spürte. Noch immer war es von oben bis unten mit Schlamm verdreckt. Seine Haut war eisig kalt. Die Lippen bläulich und das Gesicht so fahl. Doch es war nicht so wie wenn Asmodeus krank war. Auch nicht wie wenn der Dämon litt. Es war... Nichts.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Erzähler » Montag 5. November 2007, 21:42

Die Namudus waren sich nicht sicher, ob es richtig war, ein Wesen wie das Blauhaar zur Eule zu bringen. Es hatte geschnaubt und geknurrt, sich aufgerichtet – es war sehr viel größer als die Einheimischen – und es hatte gegrollt. Unheimlich.
Aber die Namudus vertrauten auf die Entscheidung ihrer Anführerin. Immerhin hieß sie Nuka und das bedeutete Fuchs. Sie war schlau, sie wusste, was zu tun war. Zumindest hofften die Namudus dies.

Mallahall hatte ebenfalls seine bedrohlich wirkende Haltung bemerkt, doch vielmehr war ihr sein nachfolgendes Verhalten aufgefallen. Er hatte gelauscht. Eindeutig. Denn er hatte seinen Kopf schief gelegt. Irgendwie machten diese kleine, kaum merklichen Details in seiner Reaktion Mallahall wieder Mut. Sie motivierten sie und zeigten ihr, dass es richtig war, ihn nicht aufzugeben. Wo immer er – sie beide – auch waren.
Nur eines gefiel ihr nicht und soeben war es wieder zu hören: <i>"chäächhhh!"</i>
Außerdem ging es ihm gesundheitlich wohl immer schlechter. Das bisschen Haut, was man unterhalb der Schlammkruste noch erkennen konnte, war blass und bläulich. Er hatte sich eindeutig unterkühlt. Am liebsten wäre Mallahall sofort an Ort und Stelle stehengeblieben, um Asmodeus zu heilen – doch auch sie war nur ein Mensch und auch sie brauchte endlich Erholung. Ihr Körper schüttelte sich, als sie von einem Hustenanfall gepackt wurde.

"Du sein auch krank. Du am besten auch gehen zur Eule. Eule ist weise, machen Kranke wieder heil", meinte Nuka und schritt voran die Hängebrücke zum Baumhaus hinauf. Mallahall schüttelte den Kopf. "Vielen Dank für Euer Angebot, aber das wird nicht nötig sein. Ein Schlafplatz und etwas zu Essen dürften reichen, dann kann ich mich selbst heilen."
"Ich bringen dich und Blauhaar zu Eule."

Wohl eher zu Zanraia, wollte Nuka wohl sagen. Bezeichneten sie die junge, verwirrte Frau als "Eule"? Hielten sie Zanraia aufgrund ihres chaotischen Geistes als weise?
Nein. Nuka wusste genau, wen sie meinte. Sie, Mallahall mit Asmo im Schlepptau und der Namudu mit der Waschbärenmaske betraten das Baumhaus. Es war für Einheimischen-Verhältnisse gut eingerichtet: An einer der aus aufrecht und nebeneinander zusammengebundenen Äste, die als Wände dienten, stand ein überraschend begabt gezimmertes Bett. Gut, es war im Grunde nur ein durch Äste eingezäuntes Strohlager mit Fellen, aber es erfüllte seinen Zweck. In der Mitte des Baumhauses ragten dicke Äste des Stammes mitten durch den Raum. Dazwischen war eine Händematte aus Tierfell aufgehängt worden.
Neben der Tür fand sich ein ausgehölter Ast, in dem allerlei Krimskrams lag. Von Fellen, über Essensreste bis hin zu kleinen Knochen und Ketten fand man hier einiges. Solcherlei Aufbewahrungskisten fanden sich im Baumhaus noch mehrere.
Soviel zur Einrichtung. Interessanter waren jedoch die beiden Personen, die sich in dem Raum befanden. Eine dicke und scheinbar schon sehr alte Namudu-Frau stand im hinteren Teil des Zimmers. Sie trug ein langes Gewand aus grauen und schwarzen Vogelfedern, der jedoch nicht den Buckel verdecken konnte, zu dem sich ihr Rücken gebildet hatte. Ihr Gesicht war ebenfalls hinter einer Tiermaske verborgen. Eine Eule. Dies war die Eule. Sie stand bei einer weiteren Gestalt. Diese hockte am Boden, kauerte sich zusammen und blickte unglücklich in die Welt hinein.

"Zanraia!", rief Mallahall, ließ Asmos Hand los und näherte sich ihr. Zanraia zischte, klackerte böse mit den Zähnen. Sie hatte schon etwas von den Namudus gelernt. Und dann sprang sie auf, schubste die Eule zur Seite, hechte zu einer der Kisten und zog einen Raubtierzahn. "Geh weg! Du hast ihn mir genommen. Böse Mallahall! Behalte ihn. Ich war keine gute Frau, aber lass mich dann auch zufrieden. Sonst töte ich dich!" Der Zahn flog, direkt auf Mallahall zu. Diese wich aus. Der Zahn landete vor Asmos Füßen.
Zanraia blickte ihren Liebsten, den sie verlassen hatte, unglücklich an. "Du hast mir wehgetan! Weh! Es tut weh, ich bin krank. Du hast mich krank gemacht!"

Zum ersten Mal meldete sich die Eule zu Wort. "Nicht krank." Auch sie beherrschte Ansätze von celcianisch. Sie wanderte mit trippelnden Schritten zu Zanraia, die Asmo anschaute, und legte ihre Hand auf ihren Kopf. Zan, drehte selbigen, blickte zu Mallahall hinüber. "Geh weg, ich mag dich nicht!"
"Es tut mir leid, Zanraia. Es ist ein Missverständnis."
"Du hast seine Hand gehalten und auf dem Floß hat er in deinen Armen gelegen. Ihr habt euch geküsst! Geht weg, ich mag euch beide nicht", sprach sie und war den Tränen nahe. Dann krabbelte sie wie ein Tier auf ihren Platz am Ende des Raumes zurück und kauerte sich erneut zusammen.

Zanraia hatte es nicht gesehen. Sie hatte die Leere des Körpers nicht gesehen. Sie hatte das Nichts nicht bemerkt, so sehr war sie auf Mallahall und deren scheinbar böses Spiel zwischen ihr und ihrem Liebsten festgefahren. Jetzt hockte sie da, schluchzte leise und starrte auf eine Schale mit Nüssen, die die Eule ihr vor wenigen Stunden gebracht hatte.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Dienstag 6. November 2007, 15:42

Asmo betrat die Baumhütte. Das Nichts sah sich nicht um. Es lief einfach hinein. Spürte vielleicht das Knarren der Holzdielen. Ob es dabei was empfand? Wohl kaum. Es wunderte sich nicht über die Holzschnitzereien und musterte auch nicht nachdenklich die seltsamen Dinge die sich in den Kisten befanden. Asmodeus hätte sich früher vermutlich ängstlich nach Arnikakräutern umgeschaut – weil er darauf so allergisch reagierte – respektive sein Dämon. Doch nun, nichts dergleichen. Der sonst so aufmerksame Medicus starrte einfach vor sich hin. Er war es schliesslich nicht mehr, sondern nur noch eine leere Hülle.

Es starrte an der Eule vorbei zu Zanraia und dann durch sie hindurch. „Chäächh“. Machte es. Hustete. Die Hände zitterten vor Kälte, wie der Rest seines Leibes. Zeigte an das das Nichts lebend – existierte. Es legte seinen Kopf schief. Hielt inne. Lauschte. Schnupperte… blickte verwirrt. Schnupperte wieder. Lauschte länger. Hielt völlig inne. Selbst als Zanraia wütend aufklackerte und sie anknurrte, gar den Spitzen Zahn nach Mallahall warf lauschte Asmo. Es zuckte zusammen und wich zurück als sich der Zahn vor seinen Füssen in den Holzboden bohrte.

Offensichtlich verspürte das Es die Angst vor körperlichem Leid.

Es starrte den Zahn an. „Chäähchh.“ Dann wieder völlige Innehaltung. Es blickte vor sich her. Schabte sich über die Brust. Legte den Kopf schief. „Chäuuhr?“ Es hatte seine Spur verloren. Es wusste nicht mehr was ihn angetrieben hatte. Was er gefolgt war. Diese Spur die aus der Hoffnung bestanden hatte seine Liebste zu finden, war zerstört, denn er hatte sie nicht gefunden. Nur Trauer und Schmerz.

„Chä…-.“ Ein Nichts das für nichts existierte. Ohne Ziel, ohne Suche. Ohne Liebe. Ein herber Rückschlag war das Wesen schliesslich zeitweise aufgetaut und hatte gar formen von Kommunikation gezeigt, indem es geguckt und geweint hatte. Doch jetzt war alles verloren und die letzte hartnäckige Verbindung zu den verschollenen Seelen war gekappt. Es gab nun nichts mehr, was Asmo mit ihnen verband. Ausser die Erinnerung die seine Freunde in ihren Herzen trugen. Doch dies war für das Nichts, nicht mehr erreichbar.

Es hörte auf zu keuchen. Es hörte auf zu frieren. Kein „chäh.“ Kein Atemzug. Nichts. Es stand einfach da und hielt absolut inne. Dennoch tat es etwas. Es suchte. Versuchte die Spur wieder zu finden. Denn ohne jene, war Asmo nur eine tote Existenz. Eine Hülle, ein lebloses Nichts. Nur das Herz schlug noch. Langsam. Schwach. Aber es schlug.

Asmo stand da wie eine Statue. Es sah so unglücklich aus, trotz der Leere die es umgab. Die Dreckskruste auf seinem Gesicht liessen ihn noch fremdartiger Erscheinen. Zudem wirkte es surreal, dass sich Asmo nicht bewegte, nicht zitterte obwohl die Haut an den Lippen und den Fingerkuppen tiefblau geworden war.

Sein ganzer Körper war eiskalt geworden. Es starrte. Sah nichts. Starrte Zanria an. Fand sie nicht.

Alles stand in ihm still.
Nun… alles.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Erzähler » Dienstag 6. November 2007, 19:31

Es schnupperte, lauschte und legte den Kopf schief. Es rief "chääächhh". Eine Weile lang. Dann folgte Stille. Asmo rührte sich nicht mehr, stand wie zur Salzsäule erstarrt da, schaute ins Nichts – dabei war es doch selbst nur eine Hülle, erfüllt von nichts. Denn das kostbare Band ... ein hauchdünner Faden zu zwei Persönlichkeiten, zwei Seelen, die einst die Hülle bewohnt hatten ... dieser Faden war zerrissen oder zumindest verloren gegangen. Zurück blieb nichts.

Nuka, die Eule und der Waschbären-Namudu blickten Asmo verwirrt an. Sie verstanden ein Wesen wie ihn nicht. Warum erstarrte er? Sie begriffen nicht.
Mallahall jedoch bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Mit nur einem Sprung war sie bei ihm, fühlte Puls und Herzschlag. "Er lebt, aber ...", sie wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum, "er reagiert gar nicht mehr." Die Magierin nahm Asmos Hand und drückte sie. "Was hast du nur? Was fehlt dir?"

Zanraia. Wie ein Schatten huschte sie auf Mallahall zu und stürzte sich auf sie. "Du hast ihn kaputt gemacht und jetzt willst du mir wehtun?! Ich bin seine Frau! Ich, ich, ich! Ich bin keine gute Frau, aber zu dir soll er nicht!" Sie biss und kratzte, zerrte an Mallahalls Haaren und schrie wie eine Furie. Und dann ... zauberte sie.
Zanraia war Nekromantin, sie hatte eine magische Veranlagung. Diese hatte sich sehr lange nicht gezeigt, da sie sie wegen ihrer chaotischen Art ohnehin nicht oft einsetzte, doch jetzt war ein Moment gekommen, in dem sie zu allen ihr verfügbaren Mitteln griff.

Das Gewand der Eule plusterte sich auf. Federn stoben auf Mallahall zu. Nein, es waren keine Federn, es waren Raben und zwar zwei Stück. Sie hatten sich aus den Vogelfedern der Namudu-Alten manifestiert. Sie waren magische Raben, Todesboten. Zanraias Nekromantie entsprungen und jetzt machten sie Sturzflüge auf die Lichtmaga. Sie verfingen sich in ihren Haaren, hackten und pickten nach ihr.
Zanraia guckte eine Weile zufrieden. Sie schaute Asmo an. Die leere Hülle.

Gedanken ... ordneten sich. <b>Mallahall hat dich geküsst. Du liebst nur mich, hast du gesagt. Du hast mir wehgetan.</b> Tränen stiegen in ihren Augen hoch.
Endlich reagierten auch Nuka und ihr Namudu. Der Waschbär hob den Speer und stach auf die Raben ein. Einen erwischte er. Dieser explodierte wie ein platzender Federball und war verschwunden. Der andere krächzte und hackte weiter auf Mallahall herum. Blut rann ihr bereits die Stirn herunter, während sie nach dem Vogel schlug.

Nuka schnappte sich Zanraia kurzerhand und drängte sie in eine Ecke. Sie klackerte und schnalzte wild. Zanraia war noch nicht lange genug bei den Einheimischen, um deren Sprache zu verstehen, aber sie ließ sich von der Frau mit der Fuchsmaske ablenken. So konnte der Waschbär auch noch den anderen Raben erstechen.
Erschöpft fiel Mallahall in seine Arme.

<span style="color:D1ED7D;">"Füchsin, sie ist verletzt, was soll ich tun?"
"Schaff sie raus. Zanraia reagiert wütend auf jede ihrer Handlungen. Bring sie ... in meine Hütte. Zu meinem Sohn. Und versorge sie, so gut du kannst!"</span>

Der Waschbär stützte Mallahall und brachte sie nach draußen. "Asmodeus", murmelte sie, blickte zurück. Schaute zu Zanraia, die ihren Blick zornig erwiderte. "Ein Missverständnis. Glaub mir. Ich ... ich hab ihn zu dir gebracht, weil er dich braucht. Er braucht dich, Zan!"
Dann war Mallahall verschwunden. Nuka gab Zanraia frei. Diese aber blieb in der Ecke hocken. Die Eule hingegen trat vor Asmo.

Sie entschied mit kurzer Musterung, dass Asmo dringend Wärme brauchte. Er war unterhalb des Schmutzes ganz blau, auch wenn er nicht zitterte. Die Eule war eine weise und trotz ihres Alters recht mutige Frau. Und obwohl das Blauhaar einen furchteinflößenden Eindruck machte, nahm sie seine beiden Hände und zog ihn vor. Sie führte ihn bis zum Bett. Es war nicht leicht, aber schließlich schaffte sie es, ihn hineinzulegen.
Sie deckte ihn bis zum Kinn mit Fellen zu. Anschließend griff sie in eine der Kisten, holte Blätter hervor, zerkrümelte sie und mischte sie mit einer matschigen Masse, die in einer Schale auf dem Fenstersims stand. Diesen Brei rieb sie Asmo nun unter die Nase und auf den Hals. Sofort verbreitete es einen angenehmen Duft und Wärme drang in den Körper des Nichts ein.

Da lag es nun. Kerzengerade. Reglos.
Die Eule zog sich zurück. Sie winkte Nuka Koeka zu, sagte etwas zu ihr und beide verließen das Baumhaus. Zanraia blieb in ihrer Ecke hocken. Sie starrte zu Asmodeus. "Kaputt", murmelte sie und schniefte leise. "Ich bin krank ... aber du bist ... kaputt."

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Freitag 9. November 2007, 12:53

Oh welch Leid diese starren Leeren Augen doch vor sich sah, diese schwere Bürde welche die Freundschaft zu ihm für einen jeden Bot. Mallahall wurde für ihre Hilfestellung und ihre treue gegenüber dem Wohl von Asmodeus nun auf eine harte und fürchterliche Weise bestraft, dann noch von jener Person, die ihr vermutlich hätte dankbar sein sollen, denn die Heilerin hatte ihr ihren Geliebten zurück gebracht. Ja. Er sah zumindest wie ihr Geliebter aus. Doch das Bild war Unvollständig, nur ein Schein, nur eine Hülle – ohne Innenleben. Nur mit… nichts. Dem Nichts, welchem sie schon im Turm begegnet war. Es starrte und nahm die Szenen die sich direkt vor seiner kalten, blauen Nase abspielte in sich auf. Kein „chääch.“ Nichts. Es stand einfach da. Ob es aber auch wirklich ungerührt war? Es musste doch dieses Leid, diese Tragik empfinden können! Nein – nichts. Es nahm die Situation einfach als gegeben – interagierte nicht. Selbst dass Zanraia immer wieder erwähnte, sie wäre Krank – was den Medicus bestimmt in tiefste Sorge versetzt hätte – trat reaktionslos in seine Sinne. Ihre Worte, sie geisterten irgendwo in diesem leeren Verstand herum. Ohne widerhall, ohne dass sie eine Seele hätten hervorlocken können. Weder Dämonisch – Beschützend, noch Menschlich – sorgend.

Nichts.

Es stand reglos da als es dem Namudu gelang auch den zweiten Raben zu erstechen und es rührte sich nicht als Zanraia ihm vorwarf, ihr weh getan zu haben. Er starrte nur durch sie hindurch.

Es herrschte Chaos. Das Chaos in Zanraias Geist nahm viel Raum in der kleinen Baumhütte ein. Auch im Nichts herrschte ein solches Chaos, jedoch durch Leere entstanden. Nur noch sinnlose nicht funktionierende Bruchstücke und ein kleines zerrissenes Band.

Die Eingeborene trat vor Blauhaar. Wenn sie wüsste, dass er selbst auch Heilkundiger war… und dennoch so verkommen konnte… er hatte sich vor sich selbst nicht retten können. Vor seiner eigenen Vereinigung mit einem Wesen, welches zwar fast sein halbes – künstlich verlängertes Leben lang. Körper und Geist mit ihm geteilt hatte, jedoch dennoch grundverschieden und kaum etwas mit dem Menschen gemein hatte – ausser die Liebe zu Zanraia, wenn auch auf völlig verschiedene Weise. Dies war die wahre Einigkeit gewesen.
Seine Hände wurden sorgsam in Fremde geschlossen. Die Heilerin zog leicht daran. Wollte ihn zum gehen bewegen. Asmo rührte sich nicht. Wenigstens Atmete es wieder. Schliesslich, nach etwa drei Minuten des Ziehens. Machte es ein paar Schritte. Liess sich drehen und schliesslich nach viel Geduld. Legte es sich gar hin. Starrte die Holz und Strohdecke an. Sie legte seine Brust frei. Es atmete angestrengt. Asmo sah seltsam aus, als ihn die Frau in die Felle packte. Wie wenn man eine Statue zudeckte um es zu wärmen – da fragte man sich ja auch über den Sinn dieser Massnahme – doch Asmo lebte… irgendwie unter dieser kalten Schlammkruste.

<i> "Ich bin krank ... aber du bist ... kaputt."</i> Ihr Geliebter antwortete nicht. Wenn man sein regungsloses Gesicht genauer betrachtete, konnte man sehen dass im rechten Augenwinkel eine kleine Träne hing – selbst diese bewegte sich nicht. Asmo hatte geweint, bevor er erstarrt war.

Nun stand alles Still.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von fremde Frau » Samstag 10. November 2007, 10:49

Es lag da und antwortete ihr nicht. Es tat so gut wie nichts. Es atmete nur, war da, mehr nicht. Nichts konnte allgegenwärtig sein, wie der Tod. Trotzdem blieb es nichts.

Zanraia hockte in ihrer Ecke, starrte zum Nichts herüber. Sie verstand, dass da etwas nicht stimmte, aber noch immer wurde sie angetrieben von dieser Trauer und dem daraus entstandenen Hass. Mallahall und er, ihr Geliebter. Sie hatten sich geküsst, hatten sich in den Armen gelegen. Immer wieder auf ihrer Flucht vor Asmodeus, Mallahall und sogar Etelin hatte sich Zanraia nur eine Frage gestellt: Warum?
Selbst als sie Etelins Pferd zu Tode geritten hatte und es am Waldrand die letzten Atemzüge geschnaubt hatte, während sie weiter in den Wald gerannt war. Selbst dann schwirrte diese Frage in ihrem Kopf herum, blieb beständig.
Warum? Warum nur hatte sich ihr Liebster für Mallahall entschieden? Warum hatte er sie in den Arm genommen, geküsst? Und warum hatte er ihr – Zanraia – wehgetan?

Zanraia konnte sich dies nicht begreiflich machen. Ihr Gemüt, ihr ganzes Leben baute auf Chaos auf, auf Zerstreuung und zugleich auf einer gewissen fast kindlichen Basis. Ihr Verstand würde die Gedanken nicht in logische Bahnen lenken, die ihr zu verstehen gaben, dass es ein Missverständnis war. Sie würde von allein nicht auf die Idee kommen, dass Mallahall ihr hatte helfen und sich bei ihr entschuldigen wollen.
Zanraia hob den Kopf, schaute wieder zum Es. Dass Mallahall ihn kaputt gemacht hatte, bestärkte sie nur in ihrem Glauben. "Sie hat dich kaputt gemacht und will dich jetzt nicht mehr haben."

Zanraia krabbelte wie ein Tier ein paar Schritte näher an das Bett heran. "Mallahall hat dich kaputt gemacht, will dich nicht mehr haben und bringt dich deshalb zu mir zurück." Und weitere Schritte folgten. "Zanraia hat einen kaputten Geist, mein Kopf ist nicht kaputt. Ich bin so. Aber du nicht. Dich hat sie kaputt gemacht." Sie erreichte das Bett, blieb hocken und guckte Asmo an. Dann hob sie gar einen Arm, tippte gegen die Schlammkruste. "Schmutz", gab sie sich selbst eine Erklärung ab. "Die Tiermenschen könnten dich saubermachen. Sie sind lieb. Sie haben Zanraia gern, guck nur." Sie streckte ihm einen der verbundenen Füße entgegen. "Tut gar nicht mehr weh. Hmmm." Sie ließ den Fuß sinken, schaute Asmo an. "Warum ... hast du mir wehgetan? War ich keine gute Frau?" Ihre Finge kratzten über den trockenen Schlamm. Langsam schabte sie ihn von der Haut, mehr um sich zu beschäftigen, als dass sie ihn wirklich entfernen wollte.

"Du warst .... böse. Du hast mir hier wehgetan." Zanraias Hand fuhr ihren Leib herab. Doch dann wanderte sie hinauf, bis zu ihrer Brust, hinter der ein schweres, vewirrtes Herz schlug. "Aber es tut hier weh ... die ganze Zeit. Dabei hab ich dich doch lieb. Ich liebe dich." Sie schlug ihm gegen die Brust. "Jetzt sag was. Antworte mir!" Zanraia schaute ihn zornig schmollend an. Er hatte noch kein einziges Wort gesagt, hatte sich nicht mal gerührt. Sie kletterte auf ihn, hockten nun auf seinem Oberkörper, ein Fliegengewicht. Auch Zanraia hatte unter der Flucht gelitten. Sie war leicht unterernährt, machte aber sonst keine Anzeichen eines kranken Menschen – körperlich nicht.

Zanraia starrte das Nichts an und dann weiteten sich ihre Augen. "Wo bist du?" Erst jetzt schlich sich die Erkenntnis in ihren Verstand. Asmodeus war nicht kaputt, er war ... "Fort. Wo bist du? Wo seid ihr? Medicus? Dämon? Asmodeus?" Sie suchte nach ihnen, schaute dem Nichts direkt ins Gesicht. Sie starrte ihm in die Augen. Leere. Keine blauen Sterne, keine dämonische Finsternis. Nichts.
Zanraia streckte einen Finger aus. Sie tippte gegen das Auge, in dessen Winkel die Träne festhing. "Hallo-hoooo! Asmodeus?"
Sie bohrte ihm mit demselben Finger im rechten Nasenloch. "Versteckst du dich?"
Dann berührte sie seine weißen Lippen, die durch die von der Eule aufgetragene Substanz etwas Farbe zurückgewannen – eine einfache Reaktion des Körpers, dazu waren Seelen nicht notwendig.

Zanraia kam dicht an seinen Mund heran, sehr dich. Sie zog ihm die Kiefer auseinander. Ihre blauen Augen spähten in die Mundhöhle hinein. "Liebster? Wo bist du?", rief sie hinein.
Nichts antwortete.

Tränen rannen der Rothaarigen über die Wangen. Sie schluchzte und schniefte. "Wo bist du denn?", klagte sie, weinte und steigerte sich immer heftiger hinein. Schließlich jammerte sie bitterlich. Zanraia krabbelte zur Hülle unter die Decke, schmiegte sich an. Fort war der Hass, übrig aber blieb die Trauer, doch auch diese hatte schlagartig eine Wandlung vollzogen.
Sie schmiegte sich an, eng, sehr eng. Einer ihrer Arme legte sich um den schlammig-kalten Leib. Und nur noch ein Hauch zweier Worte verließ Zanraias Mund, neben Schluchzern und Schniefern.
"Asmodi ... Aurelius ..."

Stille kehrte ein.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Montag 12. November 2007, 02:18

Still lag sie da, diese von Seelen verlassene Hülle. Dieses Häufchen sichtbares Nichts. Es atmete. Hielt seine Lebensfunktionen aufrecht. Auch Nichts existierte nun mal und nahm sich den wenigen Platz den es für sich beanspruchte.

Doch so wie das Nichts in jenem Raum präsent war in seiner „Nichtanwesenheit“, so war auch die verwirrte Aura jenes kleinen, zerbrechlichen und doch, auf eine verschrobene Art wissenden Wesens stark spürbar… und Schmerz. Tiefer, quälender Schmerz, er drückte sich durch den Raum und verdunkelte ihn. Das zerrissene Band, verstörter Liebe. Die beiden getrennten Enden, sie waren einander Nah und blickten direkt auf die Kluft die sich zwischen ihnen ergeben hatte, in scheinbarer Unerreichbarkeit. Zanraia krabbelte auf ihn zu. Wütend. Das Nichts resorbierte diese Wut. Auch wenn es äusserlich keinerlei Regung zeigte war es doch da. Empfing die Gefühle, die Emotionen und die Stummen Botschaften über Schmerz und Verletzung. Über Angst und Verrat, über Zorn und Trauer… obwohl das nichts es einfach so annahm – es als gegeben sah, wusste es doch tief in seinem Kern. Tief in dieser Leere drin, dass es falsch war. Nicht so sein sollte.

<i> "Sie hat dich kaputt gemacht und will dich jetzt nicht mehr haben." </i> Das Nichts hörte. Es war kaputt? Wäre das Nichts ein… Denkendes…und nicht nur Fühlendes Wesen, besässe das Nichts so was wie eine… eigene Seele… Wünsche… so wäre es wohl tief getroffen gewesen, denn es war nun mal so. Es war das Nichts – es war nicht kaputt. So wurde es erschaffen. Es wachte über die Hülle der vereinigten Seele. Denn in der Welt waren zwei Vorgesehen gewesen. Zwei Seelen. Gevatter Tod hatte einst gesagt, es wäre eine zuviel von der Welt genommen worden… nun war eine zuwenig wahrlich da. Das Nichts war der Platzhalter. Es kompensierte die fehlende Seele – doch so musste es doch diesen Körper teilen… mit der Einigkeit? Diese eine Seele musste in diesem Körper hausen! Sie musste einfach! Sie konnte… doch gar nicht fort sein! Wie auch? Ohne Körper? Ohne Ziel? Ohne Heimat? Ohne Existenzberechtigung? Ohne zu Wissen, wie es hiess und was es geworden war. Weder Mensch, noch Dämon, oder doch beides? Weder gut noch böse, doch auch nicht neutral… was dann? War das Nichts, die Einigkeit selbst? War das Ergebnis der Kreuzung zwischen Böse und Gut… das Nichts? Ist die Aufhebung aller natürlicher Abgrenzungen… das Nichts? War das Nichts, gar zwei… weil es Existent und doch nicht da war? Weil es Beseelt und doch nicht wahrlich mit der Welt verbunden war? Oder war es was völlig Fremdes – ein Platzhalter eben.

Zanraia schickte es, dies herauszufinden – indem sie auf das Es zukrabbelte. Sie hatte dieses Wesen schon einmal gesehen. Damals hatte Asmo jedoch mit ihr kommuniziert. Es hatte sie nach seinem Namen gefragt, hatte gefragt wer es ist. Damals jedoch, waren zwei Seelen wiedergeboren – nicht vereint gewesen. Damals hatte sie Splitter zusammengefügt. Das vernichtete neu belebt. Einen neuen Dämon und neuen alten Medicus geformt. Die Seelen offen gelegt.

Zanraia kam näher. <i>Schmutz</i> Hauchte sie. War das Nichts Schmutz? Das Wort drang in sein inneres. Doch welche Wege es ging, blieb jedem Verborgen. Das Wort – aufgenommen, empfangen versank irgendwo in diesem seltsamen leeren Geist.

<i>"Die Tiermenschen könnten dich saubermachen. Sie sind lieb. Sie haben Zanraia gern, guck nur." Asmo guckte nicht. Starrte nicht einmal die Decke an obwohl seine Augen darauf gerichteter waren. Vorhin hatte es sich wenigstens bewegt und es hatte geguckt… oh ja und wie es geguckt hatte. Mit schiefem Kopf und einem geschlossenen Auge. Es schien sogar nachgedacht zu haben… war es nun einfach Traurig? Oder Verzweifelt, dass es sich nicht rührte? Oder war wahrlich der letzte Rest einer vereinten Seele, fort?

<i>"Tut gar nicht mehr weh. Hmmm."</i>

[ï] "Warum ... hast du mir wehgetan? War ich keine gute Frau?"</i> Amsodeus hätte sich bei diesen Worten bestimmt verkrampft und angespannt. Der Dämon hätte sie vermutlich angestarrt. Doch nichts geschah. Keine Reaktion und doch hörte das Nichts.

<i> "Du warst .... böse. Du hast mir hier wehgetan."</i> Ja. Der Dämon war böse gewesen, beängstigend. Hatte sie genommen, sie missbraucht. Obwohl er liebte. Doch dämonische Liebe – war zerstörerische Liebe und in seiner Art – unrein. Denn das Böse durfte nicht lieben. Dennoch hatte es der Dämon getan, war selbst in seinen eigenen Reihen zum Sünder geworden.

<i> "Aber es tut hier weh ... die ganze Zeit. Dabei hab ich dich doch lieb. Ich liebe dich."</i>
<b>Ich liebe dich</b>
Keine Reaktion. Sie schlug ihm gegen die Brust. Man hörte den Aufprall ihrer Fäuste in seinem Atemmuster, es presste ihm die Luft aus den kranken Lungen. Eine normale körperliche Reaktion. Mehr nicht.
"Jetzt sag was. Antworte mir!" Er Antwortete. Doch Zanraia würde zu ihrem eigenen Leid nichts davon mitkriegen. Denn ihre Worte hatten tief ihn ihm etwas bewirkt. Er hatte ihre Liebe empfangen. Sie als gegeben gesehen. Wusste nun, was gefehlt hatte. In ihm arbeitete es. Hinter den Leeren Augen – arbeitete es.

Sie hockte sich auf ihn. Guckte ihm in die Augen. Er erwiderte ihren Blick nicht.

<i> "Fort. Wo bist du? Wo seid ihr? Medicus? Dämon? Asmodeus?"</i>
<b>Medicus…. Dämon… Asmodeus?</b>

Sie piekte ihm ins Auge. Reflexartig schloss es sich. Eine Reaktion. Es öffnete sich nicht mehr, blieb geschlossen. Mallahall hatte ihn einige Male so gesehen.

<b>Dämon</b>
<b>Medicus</b>
<b>A-s-m-o-d-e-u-s - der Name des einen</b>

<i> "Versteckst du dich?"</i>
Sie bohrte ihm in die Nase – nichts mal kitzeln tat es ihn.
<b>Dämon – alte Seele, verruchte Seele, böse Seele, schwarze Seele, schwarz wie die Nacht.</b>

<b>Medicus – junge Seele, tote Seele, beherrscht und unterdrückt, weiss, bitter, helfend und treu.</b>

<b>Asmodeus – Seelenträger, zwei Seelen in einer Brust, schwarz und weiss, böse und gut. Gefäss, Hülle, Wesen – Geliebter</b>

Das Nichts ordnete.

Sie öffnete seinen Kiefer. Es lag einfach da.

<b>Eine Seele, keine Seele. Zwei die Eins sind. Eins die Zwei sind. Vereinigt in Zweisamkeit. Vereinigt in Liebe.</b>

Sie schmiegte sich dich an ihn. Wärmte seinen kalten Leib. Dann sagte sie ihm, was er vergessen hatte. Sie nannte ihn beim Namen und erinnerte eine Seele, an ihren Ursprung. Der Dämon, hatte nicht Vergessen. Der Medicus schon. Nur sie kannte seinen Namen – nur sie war der Schlüssel zu beiden Seelen. Denn in ihrem Herzen, existierten nur sie beide… sie Liebte beide… sie liebte zwei Seelen. Erinnerte sich an zwei Seelen und bot beiden Platz in ihrem Herzen. Gab beiden ein Recht zur Existenz – unabhängig und doch vereint – in Liebe.

"Asmodi ... Aurelius ..."

Zanraia besass eine Gabe…. Eine wundervolle Gabe – sie bewirkte Wunder – sie sprach Seelen an. Erreichte sie… und lockte sie. Rief sie beim Namen. Rief sie zu sich. Ihr Verschrobener Geist, durchbrach jegliche weltliche Schranke und vielleicht… ja vielleicht war es auch ihre nekromantische Begabung, die Seelen, aus dem Nichts befreien konnten.

Ein schwaches blaues Glimmen in seinen Augenhöhlen verrieten eine Seele, die zurückgefunden hatte. Das Glimmen wurde stärker, blaue Sterne erhellten seine Leere. Aurelius atmete deutlich leichter. Seine Hände fuhren Zanraias Körper entlang drückten sie näher an sich. Er lächelte. Lächelte sie an.

Der Medicus erinnerte sich an seinen Namen. Der nur ihm gehörte. Der nicht vereint war mit dem Dämon.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von fremde Frau » Montag 12. November 2007, 20:18

Schweigend lag sie an der Seite des Mannes, den sie liebte. Nein, das war so nicht ganz richtig. Sie liebte keinen Mann. Sie liebte zwei Seelen, die sich eine menschliche Hülle teilten – geteilt hatten. Denn langsam fragte sich auch Zanraia in all ihrem Chaos, wo Asmodi und Aurelius verschwunden waren. Nie zuvor hatte sie den Namen des Medicus ausgesprochen, ja, sie kannte ihn eigentlich nicht einmal. Er war urplötzlich in ihrem Verstand aufgetaucht. Unter all den Haufen an ungeordneten Gedanken und Erinnerungen stach dieser Name zusammen mit dem des Dämons heraus, wie ein blutrotes Leuchten in einem Meer von Grau.
Aber was hatte es ihr jetzt gebracht? Nun lag sie bei ihm, bei der reglosen Hülle. Nicht ganz tot und doch nicht für sie da. Zanraia kannte keine Erklärung für diesen Zustand. Sie nannte es "kaputt", denn besser konnte sie es sich selbst nicht begreiflich machen.

"Wo bist du? Alles ist verwirrend. Ich kann nicht denken", flüsterte sie leise, kuschelte sich noch etwas enger an ihn. Der getrocknet Schlamm und die halbfeuchte Kleidung störten sie nicht. Sie war verrückt genug, dass sie sich um solch banale Dinge keine Gedanken machte. Diese würden ihr ohnehin nur wie Schmetterlinge im Kopf herum schwirren. Anwesend und doch ungreifbar für ihren zerstreuten Verstand.

Sie ahnte ja nicht, was sie mit ihren wenigen Worten, mit ihrer noch immer beständigen Liebe im Nichts bewirken konnte. Kleiner Schlüssel, kleine Zan.

Sie sah das Glimmen nicht, die kleinen Sterne. Winzig klein, aber vorhanden. Sie sah auch nicht, wie sie wuchsen und zu großen Sternen wurden, die wohl nur für sie strahlten. Zanraia hatte sich so dich an seinen Leib geschmiegt, dass sie nichts von alledem bemerkte. Sie hing ihren Gedanken nach, ihrer Unordnung. Sie fragte sich, ob sie eine andere Seele holen sollte. Eine Hülle war vorhanden. Wusste sie ja nicht, dass das Leben in diese Hülle zurückkehrte – und blau vor sich hin glomm.

Erst, als sie seine Finger auf ihrer Haut spürte. Als seine Hände über ihren Körper fuhren und sie näher an den seinen drückten. Erst dann hob Zanraia den Kopf, schaute ihn an .... und sah.
"Da bist du ja." Ein Lächeln stahl sich auf ihre Züge. Auf einmal schaute sie so unbeschwert. Ihre Gedanken ordneten sich, legten sich brav in vorgefertigte Bereiche, in Schubladen und auf kleine Stapel. Zurück blieben Erinnerungen, Erinnerungen, die nur sie und die beiden Seelen betraf, die sie liebte.

Nun legte auch sie ihre Arme um ihn, erwiderte sein Lächeln mit leuchtenden hellblauen Augen, umrahmt von feuerrotem Haar. Sie drückte sich eng an ihn, küsste ihn.
"Zanraia ist ein Wunder, meinen die Namudus." Ihre Augen ruhten ruhig auf ihm. Ihr Lächeln wollte nicht schwinden.
"Ich bin schwanger", sagte sie.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Samstag 17. November 2007, 22:26

Chaos war ein schier unerträglicher Zustand für den Geist eines Individuums, bei manchen führte das Chaos dazu, dass er sich in seiner schieren Verzweiflung überstürzt davonmachte und in der Gegend herumirrte, ohne Hoffnung auf Vertrautheit und Sicherheit. Die ganze Welt erschien plötzlich Fremd und sich selbst, empfand man als schrecklich unverstanden. Der eigene Körper wurde zum Feind. Wunder zu Krankheiten, Liebe zu Schmerz, Sehnsucht zu Angst.

Das Chaos warf alles durcheinander und so konnten Freunde zu Feinde und Seelenhüterinnen zu betrügerischen Flittchen werden… und der Geliebte… zu einem verletzenden Mann. Der nicht da war, wo sie ihn doch so sehr brauchte…

Ja… wahrlich, Chaos wa ein schier unerträglicher zustand für den Geist eines Individuums und umso verwirrender, wenn in einem Körper gerade zwei Individuen existierten, die so unabhängig und eigenständig sie im Grunde waren, völlig vereint werden sollten. Dies war existenzielles Chaos und griff so in tiefe Ebene des Seins ein… was war wurde… was existierte schwand, Sein wurde zum gewesen und die Gegenwart zur Zeitlosigkeit. Ein Halbdämon zum Nichts.

War Liebe etwa Ordnung? Wohl kaum, so stürmisch und chaotisch sie doch manchmal einen erfasste… doch vielleicht… war sie ordnend….

Bei Asmodeus und Zanraia schien sie es zumindest so zu sein.

In jenem Moment stand die Zeit Still. Es war ein magischer Augenblick, wenn sich Liebende wieder fanden. Asmodeus lächelte. War unendlich froh seine Geliebte wieder in seinen Armen zu wissen, er hatte sich so gesorgt!

<i> "Da bist du ja."</i> Er nickte. „Hier bleibe ich auch, was auch geschehen möge.“ Hauchte er seiner süssen lieblichen Angebeteten zu. Seinem kleinen Schlüssel, der ihm so viel Bedeutete. Sie drückte sich an ihn. Er genoss den kleinen geschmeidigen Körper der zur ungezähmten Verführung – wie er ja bereits mehrfach erfahren hatte – fähig war und sich nun an ihn drückte. Kontakt zu ihm herstellte. Haut auf Haut. Herz an Herz und in tiefer Verbundenheit auch das Wunder… des Lebens.

Sie küsste ihn und er erwiderte feurig. Die Sehnsucht war gross gewesen und die Sorge drückend. Umso schöner die Erleichterung. Ihre Lippen berührten sich und ihre Zungen tanzten einen freudigen Wiedersehensreigen. Sein Herz pochte aufgeregt vor Freude.

Asmodeus hatte keine Ahnung wo er war. Noch was in der Zwischenzeit – seit seiner Einheit mit ihm und dem Dämon.. dem Nichts geschehen war. Er war inexistent gewesen. Doch noch bevor er sich fragen konnte wo er war…

<i>"Zanraia ist ein Wunder, meinen die Namudus."</i> Asmodeus nickte. „Du bist ein kleiner Seelenschlüssel“ Hauchte er ihr zu. „Mein Seelenschlüssel. Du bist… wahrlich Einzigartig und ein Geschenk an die Welt.“

Sie sahen sich tief in die Augen. Asmodeus strahlte. Reines blau, keine dunkle Trübung in diesen sonst so leeren Höhlen. Wahrlich, Mensch war er nicht mehr, denn man blickte ihm direkt in die Seele. Seelchen. Eine reine Medicusseele. Liebend.

<i>"Ich bin schwanger"</i>
<i> "Ich bin schwanger"</i>

<i>schwanger…</i>

Es hallte in seinen Sinnen nach. Diese drei Worte, bedeuteten für Asmodeus die Welt.

Er blickte Zanraia an. Seine Augen, sein wunderschönes blaues Glimmen es strahlte förmlich ohne zu blenden.

„Zanraia.“ Hauchte er und weinte vor Glück. Sah jener Frau in die Augen, die ihm eine Zukunft, eine Familie schenkte. Er legte seine blau schimmernde Hand auf ihren Bauch und wollte das aufkeimende Leben in jenem Leib erspüren. Nun schlugen zwei Herzen in ihr. Bewohnten zwei Seelen ihren Körper. Wo er Eins geworden war, war sie Zwei geworden. Ein seltsames paradoxum.

Er schmiegte sich an sie, bettete seinen Kopf sanft auf ihren Bauch.
„Ich Liebe dich Zanraia und schwöre dir und unserem Kind treue.“ Er blickte zu ihr hoch.
„Du schaust mich an, du lächelst… du bist wunderschön Zanraia.“ Hauchte er.

Er lebte diesen Moment. Kümmerte sich nicht darum wo er war. Was geschehen war. Es gab in jenem Augenblick nur sie beide… und ihr grosses Glück.

Ein Wunder.
Ein Leben.
Zuletzt geändert von Asmodeus am Samstag 17. November 2007, 22:26, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von fremde Frau » Sonntag 18. November 2007, 17:21

Die Welt war in Ordnung. Vollkommene Ordnung. Sie hätte es sein können. Wenigstens herrschte in Zanraia Ordnung. Und Leben ... neues Leben nahm die Herrschaft an sich. Es wuchs und bald würde es Celcia sehen.
Asmodeus schaute seine Liebste aus seinen reinen blauen Augen an. Er weinte und zugleich strahlte er vor Glück. So wie Zanraia strahlte.
Die Nekromantie befasste sich damit, Hüllen Leben einzuhauchen. Magie erfüllte tote Körper mit einem Unleben. Untot. Doch jetzt wuchs natürliches Leben heran. Keine Magie konnte auf solche Art und Weise Leben schaffen. Dies gelang nur zwei Seelen, die sich liebten – oder drei.

Sie betrachtete seine Hand, die auf ihrem Bauch ruhte. Die bläulich schimmerte. So viel Blau. So viel Himmel, Hoffnung, Freiheit und ... Frieden. Endlich wieder.
Zanraia strich durch seinen blauen Kamm, der schon wieder nur ein zerzauster Haarwust war, teilweise mit Schlamm verkrustet. Sie störte das nicht. Es war in Ordnung, denn Ordnung herrschte. Friede. Und doch ...

<i>"Ich liebe dich, Zanraia, und schwöre dir und unserem Kind Treue."</i> "Es ist auch sein Kind." Sie schaute ihn an. Sie hatte Recht, irgendwo. Ja, es war auch sein Kind. Doch wo steckte er? Wo war Asmodi? Das Dämonische hatte sich nicht gezeigt.
Zanraia rollte sich um den Kopf des Medicus zusammen wie um einen Ball. "Kommt er auch wieder? Ich vermisse ihn so, wie ich dich vermisst hab. Ich will nicht ohne euch beide! Er soll dabei sein, wenn ich Mama werde."

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von Asmodeus » Montag 19. November 2007, 13:14

Asmodeus lag einfach da, als einzelne grosse Schlammkruste und doch strahlten seine Augen so glücklich und vom Leben begeistert. Er liebte für diesen Moment die Welt und seine Existenz. Schon vielmal war er als Arzt mit dem einzigartigen Wunder von neuen Leben in Berührung gekommen, hatte sogar schon manch ein Säugling entbunden. Hatte dem Kind den eintritt ins Leben so ermöglicht, es in der neuen Welt willkommen geheissen, doch nun… nun hatte er etwas getan was kein Mediziner künstlich zu tun vermochten – er hatte zusammen mit Zanraia… neues… Leben geschaffen.

Sie rollte sich über ihm zusammen, ihr Körper presste sich an seinen Kopf, er lag ruhig da. Schon über 150 Jahre weilte sein Geist nun bereits auf dieser Welt, aufgrund des dämonischen in ihm daran gehindert schon längst vergangen zu sein. Er schloss seine Augen. Es war seltsam, dass sein Fluch ihm es nun ermöglichte, dieses Glück zu erfahren. Er überstreckte seinen Kopf nach hinten und lächelte Zanraia an. „Ich liebe dich Zanraia.“ Hauchte er.

Doch dann umschlich ihn ein unbehagliches Gefühl, sie hatte von Krankheit gesprochen – sie wäre Krank. Er hoffte, sie meinte damit nicht in ihrer Wut die Schwangerschaft. Doch was dann? Was fehle ihr?

Asmodeus war ein Mann der tausend Sorgen – er schien immer über irgendwas besorgt zu sein. Er musterte sie aufmerksam und spannte sich an als sie sprach. Von ihm. Asmodi. Dem Dämon.

Ein schrecklicher Gedanke jagte durch seinen Geist. Dämonische Liebe, dämonische Brut, verdorbenes Erbe und just in jenem Moment sagte seine Geliebte:

<i> "Es ist auch sein Kind."</i>

Eine unheimliche Feststellung, Asmodeus schauderte, war das Kind etwa in jenem gierigen Moment des Dämons gezeugt worden als er sich im Haus der toten dort in diesem von Pestilenz verseuchten Dorf von Zanraia nahm was er wollte? Nämlich sie.

Oder war es im Grasland gewesen?
War ER es gewesen?

Ihm schauderte bei dem Gedanken. Ein Kind nicht aus Liebe… sondern Gier gezeugt. Er wusste, das er damit gar dem Dämon unrecht tat, auch dieser liebte… wenn auch völlig anders.

<i> „Kommt er auch wieder? Ich vermisse ihn so, wie ich dich vermisst hab. Ich will nicht ohne euch beide! Er soll dabei sein, wenn ich Mama werde."</i>

Er starrte dumpf vor sich her. Er wusste nicht wo Asmodi war, doch er wusste, dass er wohl noch existieren musste, irgendwo in ihm. Als Medicus hatte er sich schon längst Gedanken um sein unnatürliches Alter gemacht, vermutlich war es allein der dämonische Anteil in seinem Blut, der ihn so lange und noch immer am Leben erhielt.

Ja, Dämonen starben nicht, sie wurden höchstens Vernichtet. Einem Dämon war die Gnade des Sterbens wohl kaum gestattet, nicht auf natürliche Weise. Jenes Verdorbene wollte keine Nachwelt aufnehmen – nur die Unterwelt… und nun… nun wünschte seine Liebste die Nähe mit einem solchen Wesen.

<b> Bist du denn nicht glücklich mit mir allein, liebster kleiner Schlüssel?</b> Fragte er sich heimlich.

Er wusste nicht wo Asmodi war noch was mit ihm geschehen ist.

„Ich will, dass du glücklich bist.“ Hauchte er und hustete. Hielt sich seine Brust. Schmerz durchzuckte ihn, seine Augen verdunkelten sich kurz. Doch das war auch alles. Kein Dämon, kein Grollen, kein Knurren. Nur Asmodeus, der seine Liebste anlächelt.

„Bist du denn, nicht glücklich Zanraia?“ Fragte er sie und legte seine Hand auf ihre Wange, sah zu ihr hoch. „Mach ich dich, nicht glücklich… so wie du mich glücklich machst?“

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Re: Unterwegs im Sarius

Beitrag von fremde Frau » Dienstag 20. November 2007, 10:32

"Ich liebe dich auch", antwortete sie ihm und es stimmte. Sie liebte ihn nach wie vor, dachte im Augenblick nicht daran, dass sie Mallahall vor kurzem noch mit nekromantischen Raben angegriffen und ihr vorgeworfen habe, sie wäre für Asmodeus' Zustand verantwortlich. Aber der Gedanke existierte noch. Allein die Abwesenheit des Dämons würde Zanraia wieder darauf aufmerksam machen. In ihrem zerstreuten Geist war es nämlich die Lichtmaga, welche die alleinige Verantwortung für diesen Schrecken trug. Sie hatte Asmodeus umarmt und geküsst. Keine Missverständnisse. Für Zanraia zeigte sich dieses Bild klarer denn je.

Im Augenblick aber gehörte Mallahall nicht in ihren Wahrnehmungsbereich. Alles, was ihr wichtig war, hatte sie um sich. Fast alles.
Auch ihr Geliebter schien sich Gedanken und vor allem Sorgen darum zu machen. Seine Eckpunkte waren allerdings andere. Er zweifelte daran, dass sie nur mit ihm allein würde glücklich sein können. Hatte er Recht? Er musste es wissen.

<i>"Ich will, dass du glücklich bist."</i> Zanraia nickte, legte ihm die Hand auf seine, welche über seiner Brust lag. Die Erkältung. Die seltsame Salbe der Eule hatte sie eine Weile unterdrückt, doch nun war sie in die Haut gezogen. Um die Erkältung vollkommen zu vertreiben, dafür hatte es jedoch keineswegs gereicht. Schon bahnte sich ein Kratzen im Hals des Medicus an. Er war krank, das konnte er wohl schnell selbst diagnostizieren. Er musste zusehen, dass er die Schlammkruste loswurde; dass man ihn warm einpackte und er viel schwitzte. Außerdem wären Kräuter oder Medikamente hilfreich.
Doch Asmodeus dachte in erster Linie nicht an sich. <i>"Bist du denn nicht glücklich, Zanraia? Mach ich dich nicht glücklich ... so wie du mich glücklich machst?"</i>

"Ich <i>bin</i> glücklich. Weil du wieder da bist und weil du mich liebst. Weil Mallahall nicht hier ist", antwortete sie. "Aber ich vermisse auch den Bösen. Dämon. Und Freunde ... wo ist Etelin?" Sie rollte sich noch enger zusammen. "Ich will, dass sie da sind. Beide. Zanraia ist krank, sagen die Namudus."
Wieder sprach sie davon. Aber weder eine Erkältung lag über ihr noch schien sie unglücklich über ihre Schwangerschaft zu sein. Gab es da etwa Probleme?
"Die Eule hat meinen Bauch angeguckt. Zanraias Baby – und dein Baby – und Asmodis Baby – sie sagt komische Dinge. Sie sagt, ich darf das Baby nicht im Dorf bekommen. Jemand soll dabei sein, der Dämonen kennt, sagt sie. Asmodi ist Dämon und Etelin ist ... Etelin. Er weiß viel. Ich bin glücklich, aber ich hab Angst. Ich bin krank."

Ihre Hände klammerten sich an den Hals ihres Liebsten, sie suchte Halt. Zanraia bibberte leicht, nicht aber vor Kälte. Etwas wuchs in ihrem Leib. Keiner von beiden, weder Dämon noch Medicus, hatten das Kind allein gezeugt. Zwei Seelen, ein Körper ... beide schienen ihren Teil gegeben zu haben. Und Zanraia trug das Ergebnis unter dem Herzen.

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