Eine Nacht im Sarius

Dieser seltsame, aber auch einzigartige Wald liegt im Südwesten. Er ist zum Großteil ertränkt in Wasser und nur mit einem Floß lässt er sich durchquehren. Die Namudus sind die Einheimischen dieses Waldes, sie haben sich dessen Nachteile zunutze gemacht.
Benutzeravatar
Synnover
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 119
Registriert: Mittwoch 28. Dezember 2022, 18:03
Moderator des Spielers: Madiha Al'Sarma
Aufenthaltsort: Morgeria
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch (Hymlianer)
Sprachen: Celcianisch
Krz'ner (bruchstückhaft)
Lerium (passabel)
Hymlikor (wenige Wörter)
Beruf: Ex-Sklave/Gladiator, nun frei
Fähigkeiten: Luftmagie (rudimentär)
Dolche (rudimentär)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
- zwei metallene Kampffächer
- ein Dolch
- Reisegepäck (Schlafsack etc.)
- ein schwarzes Brautkleid
- falsche Hasenohren an einem Holzreif
Tierische Begleiter: Razag!!!

Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Dienstag 7. November 2023, 07:25

Nach all den Strapazen eines jungen Lebens, die vor allem die eigene Kindheit gefressen hatte, war es verständlich, dass sich ein vernachlässigtes, getretenes Herz nach jeder noch so kleinen Zuwendung verzehrte, die es erhalten konnte. Nachdem die Nachtklingen Synnover aus orkischer Hand befreit und in ihre eigene, dunkle Welt geholt hatten, verfiel er nicht nur den Verlockungen gemeinsamer Stille bei Wein und Lese-Unterricht, sondern auch der fleischlichen Lust. Syn ließ sich viel zu leicht um den Finger wickeln, ließ sich viel zu leicht Liebe vorgaukeln, nur um dann mit wenigen Worten niedergeschmettert zu werden. Und selbst danach spielte man weiterhin mit seiner Seele, aber er hatte gelernt. Das weiße Kaninchen überlebte, weil es sich anpasste. Es floh, verschaffte sich Übersicht aus der Distanz und kehrte zurück, um am Spiel teilzunehmen, bis sich eine Gelegenheit ergab. Wenn es bis dahin hieß, sich erniedrigen, unterdrücken und vorführen zu lassen, nun, dann musste es sich anpassen. Vielleicht aber tat es das auch nur unbewusst, denn selbst ein Körnchen Zuwendung aus falschen Motiven heraus fühlte sich wärmer an als all das, in dem er hatte aufwachsen müssen.
Zarrah'lindae, jüngste der Nachtklingen, hatte ihn nun aber davon befreit. Oder war es ihr persönliches Spielchen und sie warf nur ihren Stein endlich mit auf das Brett? Als Syn ausgeruht erwachte und den Kopf der Wärme zudrehte, war sie noch da. Still schlief sie neben ihm. Ihre Stirn glänzte nicht mehr vom Schweiß des Fiebers und überhaupt fühlte sie sich besser an. Ihre Haut war sanft, weich und warm. Syn bemerkte nicht, dass er lächelte, als er sie so betrachtete. Er erinnerte sich nur an die Erkenntnis, die sie ihm offenbart hatte. Er war frei. Er musste sich nie wieder einer anderen Person beugen, nicht einmal ihr. Er musste sich nie wieder benutzen lassen in einer Weise, die er nur durch Anpassung überstanden hatte. Maske auf, lächeln, genießen und sich darin bewegen, als wären es seine eigenen Gelüste, die es zu befriedigen galt. Er hatte es Jahre lang mitgemacht, bis er daran glaubte. Bis er fest davon überzeugt gewesen war, dass es so sein musste. Einzig dass es keine Liebe war, hatte er gewusst. Yolintha hatte es ihm mit Worten eingebrannt wie die Reißer ihr Zeichen in seine Haut. Syn rieb unwillkürlich seinen Knöchel an der Wade des anderen Beins, um die die einzigen Narben zu fühlen, die auf diesem sonst so makellosen Leib je Bestand gehabt hatten. Er griff sich in den Nacken, wo das Hautbild nur minimal zu erfühlen war. Er hatte es nie gesehen. Ihm war gesagt und durch Wandteppiche und Wappenbanner gezeigt worden, wie es wohl aussah. Keines der beiden Symbole hatte jetzt noch Bedeutung. Er war frei.
Und all das verdankte er...
Seine Hand legte sich mit der Sanftheit von Seide um ihre Wange. Er berührte sie im Grunde kaum, wagte nicht, ihren Schlaf zu stören. Er musterte sie. Zarrah sah etwas besser aus. Ihre Haut besaß nicht mehr diese Blässe oder den fiebrigen Glanz. Sie wirkte so innerlich ruhig wie Syn sich fühlte. Er zögerte, dann näherte er sich ihrem Gesicht. Seine Lippen spitzten sich, aber noch ehe er die ihren versiegeln konnte, stutzte er. Dann glitt er auf sein Lager zurück, lächelte, gluckste, lachte leise. Er ließ von Zarrah ab und schaute nach oben, hinauf in den Tag. Er betrachtete den Himmel, seufzte tief aus, streckte die Glieder. Liebevoll strich eine laue Brise seine Haut. Die Sonne wärmte sie. Das leichte Blätterrascheln drang an seine Ohren und spielte ihm Symphonien. Der Duft feuchtsaftiger Landschaft lag in der Luft. Syn blieb liegen, denn auch das war Freiheit.
Irgendwann aber regte es sich neben ihm. Zarrah erwachte. Syn gab ihr die Zeit. Er war damit beschäftigt, in den Himmel zu schauen. Er rührte sich nicht und nur seine offenen Augen kündeten davon, dass er diese lange vor der Dunkelelfe aufgeschlagen hatte. Das und sein Lächeln. Er strahlte mit weichen Zügen, dass es ihn auf einer ganz anderen Ebene schön erscheinen ließ.
Syn rührte sich kaum, als Zarrah sich aufsetzte. Er spähte zunächst nur flüchtig aus dem Augenwinkel zu ihr herüber. Als sie allerdings damit begann, ihre Verletzung zu begutachten, setzte auch er sich auf, um an ihr vorbei zu spähen. "Wir haben noch Salbe aus Crystins Vorräten übrig", begann er, doch Zarrah unterbrach seine aufkommenden Vorschläge dillettantischer Heilkunst.
"Gut geschlafen?" Dass sie Synnover mit dieser simplen Frage vollkommen aus dem Konzept brachte, hätte nicht einmal er erwartet. Er stockte, setzte sich etwas zurück und erneut glitt sein Blick zum Himmel empor, als könnte dieser ihm die Antwort geben. Vielleicht geschah genau das. Nach einem Moment breitete sich nämlich erneut Glück auf seinen Zügen aus, kräuselte sich in seinen Mundwinkeln und ließ diese ansteigen. Syn richtete den Blick nach innen. Er lauschte auf sein Herz, auf sein Wohlbefinden. Dann nickte er. Sein fast schon überraschter Blick ob dieser Erkenntnis traf Zarrah. "Ja", antwortete er ihr. "Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so gut geschlafen." Er lächelte jetzt beinahe verlegen. Flugs glitt sein Blick an ihr vorbei und auf den Schlafsack, der ihnen als zusätzliche Unterlage zu den Schutzmatten gedient hatte. Syn räusperte sich. "Natürlich hätten wir in einem richtigen Bett noch besser schlafen können." Anschließend neigte er sich zu ihr vor, als wollte er sie küssen und schien sich selbst erst im letzten Moment daran zu erinnern, dass dies nicht mehr nötig war. Er musterte Zarrahs Lippen, ehe er zu ihr empor spähte und sich erneut zurückzog. An Freiheit musste man sich erst gewöhnen.
Bevor es noch weiter unangenehm werden konnte, verließ Syn das Lager. Er machte sich schon daran, beim Feuer Holz nachzulegen, um es erneut zu schüren, da teilte Zarrah ihm ihre Pläne für den restlichen Tag mit. Offensichtlich fühlte sie sich wieder gesund genug, die Verfolgung in Angriff zu nehmen. "Wir sind erheblich in der Unterzahl und wer weiß, wie es Crystin und Razag geht."
Syns Lächeln schwand. Er machte sich nur geringfügig Sorgen um seine Gefährten, wenngleich auch hier noch gelernt werden musste, hinter die Maske zu blicken, die man sich selbst aufsetzte. Vielmehr bekümmerte ihn, Überbringer schlechter Nachrichten zu sein. Denn das fiel oftmals auf den Boten zurück und er sah nicht ein, für diese Information nun Zarrahs Konsequenzen ihrer gesunkenen Laune zu kassieren. Trotzdem hielt er nicht damit hinter dem Berg. Besser war es, die Sache jetzt anzusprechen als später. Das Risiko, dass sie im entscheidenden Moment die Fassung verlor und dann nicht einsatzbereit wäre, war größer. Also erwiderte er: "Crystin ... ich fürchte, sie lebt nicht mehr. Sie fiel, kaum dass der Pfeil ihre Brust durchbohrt hat. Und dann ... fiel Razag auf mich drauf. Und dann...?" Syn stutzte. Er konnte sich kaum mehr an die Momente erinnern. Seine Panik hatte alle Klarheit überdeckt und so blieben lediglich Bildfetzen einer Flucht in den Wald. "Ich bin ... gerannt ... und dann war ich doch wieder am Lager. Ich hab mich versteckt, ehe ..." Er sah zu Zarrah, suchte ihren Blick wie in jener Nacht, als sie einannder hinter den Bäumen gefunden hatten, nur um anschließend gemeinsam in einen sicheren, aber kalten Unterschlupf zu fliehen. Seine Augen wanderten zu ihrer Verwundung herunter. "Sie haben dich zuerst erwischt. Deshalb warst du so lange fort"; schlussfolgerte er und wartete auf eine Erklärung.
Syn nutzte die Zeit, die Habseligkeiten einzupacken. Sofern Zarrah nicht darauf hinwies, dass gewisse Dinge sie nur ausbremsen würden, wenn sie alles mitschleppten, ließ er sie zurück. Aber gerade Crystins Rucksack mit all den Heiler-Utensilien wollte er mitnehmen. Außerdem Razags Bärenschädel, Flussnadel und natürlich seine eigenen Sachen. Flüchtig blickte er auf das Hochzeitskleid. Syn ließ es liegen. Es gehörte zu einem alten Leben, in dem er vorgeben musste, sich gern in Frauenkleidung zu zwängen und damit noch perfekt auszusehen. Es stimmte zwar, dass er sich eigentlich recht gern ausstaffierte, aber das konnte er auch, ohne optisch das Geschlecht zu wechseln. Da kam ihm etwas in den Sinn, vor allem, weil Zarrah lediglich davon sprach. Informationen sammeln zu wollen.
"Was, wenn ich mich ihnen ausliefere, sobald wir sie einholen? Ich bin nur ein Sklave - furchtsam und allein. Ich könnte unterwürfig nach allem fragen, was ich von meinen neuen ... Herren wissen muss." Syn unterbrach seine Arbeiten, um an Zarrah heranzutreten. Er berührte sie nur knapp an der Schulter, aber eben weil er es dabei beließ, unterstrich die Geste den Ernst in seinen Augen umso mehr. "Du solltest dich gar nicht zeigen. Du bist..." Er verstummte. Sie mochte ihm die Freiheit zugestanden haben, das bedeutete aber nicht, dass er es schon wagte, offen die Schwäche seiner einstigen Herrin beim Namen zu nennen. "... eingeschränkt", formulierte Syn es daher so diplomatisch wie es ihm möglich war. Fest stand aber, dass Zarrah keine Chance gegen die anderen Dunkelelfen hätte. Sie waren in der Unterzahl und sie konnte offensichtlich nicht kämpfen, ohne sich selbst umzubringen. Syn wäre in der Lage, einigen Angriffen auszuweichen und vielleicht einen von ihnen mitzunehmen, ehe der Rest sich auf ihn stürzte, aber auch das würde kein zufriedenstellendes Ergebnis liefern. Ihnen war beiden klar, dass es nicht auf einen Kampf hinauslaufen durfte. Aber sollten die Jäger überhaupt erfahren, dass Syn und Zarrah einander gefunden hatten? Das Kaninchen war natürlich für andere Vorschläfe offen. Vielmehr würde es sich diesen auch fügen. Noch war er nicht soweit, seiner einstigen Herrin Paroli zu bieten und ihre Entscheidungen zu untergraben. Dass er von sich aus allerdings bereits eigene Ideen einwarf, zeugte davon, dass er diesen Weg gehen wollte. Das und sein Lächeln, welches sich erneut in seine Züge stahl. Sein großer, grüner Kumpel hatte erneut Recht: Manchmal genügte eine einfache Umarmung, mehr Körperlichkeit war überhaupt nicht nötig, um mental wieder aufgebaut zu werden.
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7015
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 8. November 2023, 23:53

Synnover hätte sein Leben in der Lüge verbracht, wenn ihm nicht unerwartet das echte Leben am Schopf gepackt und in den Dreck geschleudert hätte. Der einstige Sklave und beliebter Gladiator, hatte erkennen müssen, dass sein Leben nur so viel wert war, wie es jemand anderes bewertete. Nichts von dem, was er empfand, tat oder sagte war von Bedeutung, solange es niemand wissen, sehen oder hören wollte. Synnover musste erkennen, dass er nichts wäre, wenn nicht jemand sein Leben auch erlebte. Wenn ihn niemand sah, würde keiner seine Taten anerkennen. Wenn ihm niemand zuhörte und seine Gedanken erfahren wollte, wozu sollte er sie dann haben? Das Leben wurde leer, wenn man allein war. Wenn man sich einschloss und niemand daran teilhaben ließ, was man war. Wer man war. Synnover hatte sich aus Selbstschutz viele Gesichter angeeignet. Er hatte gelernt, dass er immer jene Maske tragen konnte, die sein Gegenüber gerade sehen wollte. Er war ein Meister darin geworden, den hohen Herren und Damen genau das zu geben, was sie brauchten. Denn wenn sie bekamen, was sie wollten, dann bekam auch er, was er brauchte. Und Synnover erhielt nicht wenig Geschenke in Form von Zeit mit einem schweigsamen Dunkelelf in dessen Bibliothek. Oder zwischen den Schenkeln einer drallen Frau, die ihm das Gefühl von Wärme schenkte. Er hatte es in den Jahren perfektioniert und zog sich stets das heraus, was ihm gefiel. Und er gefiel sich äußerst gut in seinem Leben. Das weiße Kaninchen, das alle Welt narrte und am Ende als Sieger dastand. Einzig bei einer Person scheiterte er mit seinem Können. Er bemühte sich, ihr sein Repertoire zu präsentieren und sich darzustellen als das, was sie brauchte. Er versuchte es auch bei den anderen und hatte teilweise Erfolg. Nur nicht bei ihr. Zarrah’lindae von den Nachtklingen wollte nicht seine Kampfkünste. Sie wollte nicht seinen Körper und sie wollte nicht seine Gesellschaft. Sie verlangte nichts und brachte ihn damit aus dem Konzept. Ihre Worte verstand er anfangs nicht, konnte nichts damit verbinden, denn noch nie hatte er zuvor solche Dinge zu hören bekommen. Er witterte einen Test, eine Finte oder gar ein perfides Spiel, doch jedem Gedanken an Schlechtes, strafte Zarrah Lügen. Was auch immer die jüngste Nachtklinge wollte… er wusste es nicht. Allerdings stieß sie ihn auch nicht voller Zorn weg. Selbst das hätte er verwenden können, hätte sich besser vorbereiten und danach handeln können. Jetzt aber… Jetzt aber stand er vollkommen ohne weitere Maske in seinem Repertoire und wusste nicht zu handeln. Zarrah aber ließ ihn in diesem Zustand und auch hier lachte sie ihn nicht aus. Im Gegenteil. Während Synnover ob des Ausbleibens neuer Masken erkennen musste, dass sie tatsächlich ihr Wort halten würde und die Angreifer nicht von ihr geschickt oder gar eingeladen wurden, da schwieg sie. Seine Erkenntnis und vor allem das Verstehen ihrer Worte war ein Prozess und der kroch nur langsam in ihm empor. Synnover konnte sich gegen die Heftigkeit der Emotionen nicht wehren und trotzdem erhielt er weder Tadel noch Spott. Zarrah schwieg, bis sie beide nebeneinander und sich gegenseitig wärmend, einschliefen.

Die Stunden des Schlafens verliefen ruhig und keiner störte die nötige Heilung. Syn war lange vor Zarrah wach und genoss seine neue Erkenntnis, die sich auch nach den paar Stunden des Schlafens nicht verflüchtigten. Die Elfe wirkte besser in ihrer Konstitution, sodass er sich nicht direkt an die Weiterbehandlung nach den Angaben der Heilerin machen musste. Er hatte Zeit… Zeit, in der er sie betrachten konnte. In der ihm klar wurde, dass sie es war. Sie schenkte ihm die Freiheit, die er bisher nicht gekannt hatte. Er würde lernen müssen, viel lernen, und doch wusste er, dass er diese haben würde. Sofern sie nicht wegstarb und er allein auf weiter Flur stand. Synnover lächelte über den Frieden in seinem Herzen und berührte sie so sanft, dass sie nicht mal zuckte. Ein Lufthauch gleich streichelten seine Finger über ihre Wange und kamen einer zärtlichen Brise gleich. Ein Gefühl machte sich bereit… wollte sich in ihm hochschieben, sodass Bewegung in seinen Körper kam. Er neigte sich vor, bereit sie aus dem Schlaf zu küssen, bevor er innehielt und stutzte. Synnover erkannte, dass er niemals wieder so nahe an jemanden herankommen musste, wenn er es nicht wollte. Er erkannte, dass er ihr nicht sexuell gefallen musste. Er erkannte, dass sie nicht die Person war, die er nach ihren Worten hatte finden sollen. Wenn es jene überhaupt jemals geben würde. Sie war es nicht. Und er musste es nicht vorgeben zu sein! Sie hatte es deutlich gesagt: Er musste sie nicht befriedigen. Und er war in Hochstimmung, ihr das auch zu glauben. Zarrah erwachte kurz darauf aus ihrem Schlaf und setzte sich auf. Als erstes überprüfte sie die Wunde und unterbrach Syn’s Bericht mit einer simplen Frage. Nie hatte sich jemand nach seinem Schlaf erkundigt. Und als er in sich hineinhorchte, da wurde ihm bewusst, dass er hervorragend geschlafen hatte. "Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so gut geschlafen." Ihre Augen zuckten in seine Richtung und sie wollte gerade nicken, da neigte er sich erneut vor und schickte sich an, ihr nahezukommen. Zarrah versteifte sich und beobachtete ihn genau. Nur kurz zuckten ihre Finger, bevor Syn selbst zur Vernunft kam. Er musste nicht aufgehalten werden – er hielt sich selbst auf. Er lernte bereits. Die Dunkelelfe wandte den Blick ab, nachdem der Kuss ausblieb und erhob sich. Sie teilte ihm die Pläne mit und war wieder ganz geradlinig und zielgerichtet.

Auch Syn hatte sich entfernt und die Nähe zu seiner einstigen Herrin aufgelöst. Jetzt aber hielt er inne und rang mit sich. Er wollte nicht der Bote schlechter Nachrichten sein, denn das ging meist nicht gut aus. "Crystin ... ich fürchte, sie lebt nicht mehr. Sie fiel, kaum dass der Pfeil ihre Brust durchbohrt hat. Und dann ... fiel Razag auf mich drauf. Und dann...?" Ihr Blick zuckte, während sie innehielt. Sie wandte sich ihm nicht zu, sondern warf ihm nur einen Seitenblick zu. „Ich bin ... gerannt ... und dann war ich doch wieder am Lager. Ich hab mich versteckt, ehe ..." Nun wandte er sich ihr zu und die Elfe straffte ihre Schultern. Ihr Ausdruck war hart und distanziert. Sie betrachtete das Kaninchen, das gerade einer Eingebung folgte. "Sie haben dich zuerst erwischt. Deshalb warst du so lange fort" Zarrah musterte den Menschen einen Moment. Der Wind wehte ihr durch die weißen Haare, die einst zu einem langen, dicken Zopf gebunden gewesen waren. Jetzt hatten sich einige Strähnen verirrt und umspielten das dunkle Gesicht. „Sie hätten sie nicht mitgenommen, wenn sie tot wäre.“, erwiderte sie auf seine erste Aussage und wandte sich dann ab. Zarrah machte sich daran, alles, das als Waffe dienen konnte, in ihre Habe einzupacken. „Ich kam von meinem Rundgang um das Lager zurück, da bemerkte ich sie.“, antwortete sie dann tatsächlich auf seine zweite Feststellung. „Sie sind beide tot. Und die anderen nur noch zu viert.“, schloss sie ihren wenig detaillierten Bericht. Was sollte sie auch bereden? Sie hatte zwei der gut ausgebildeten Angreifer im Nahkampf gestellt und war dabei fast tödlich verletzt worden. Einzig ihrer sturen Verbissenheit war es zu verdanken, dass sie hier stand. Das… und der Tatsache, dass sie erkannt hatte, dass Synnover es nicht allein schaffen würde. Dass sie kurz den Gedanken gehegt hatte, einfach aufzugeben, das ließ sie sich nicht anmerken. Die Elfe würde weiter machen. Sie hatte einen Plan. „Nimm nur das Wichtigste mit. Lass alles andere hier.“, wies sie ihn tatsächlich an und Synnover musste sich von seinem Brautkleid trennen. Es würde nicht mehr gebraucht werden. Der Mensch war frei zu tun, wonach ihm der Sinn stand und niemand würde erwarten oder wollen, dass er Kleidung trug, die er gar nicht tragen wollen würde.
Zarrah war ohnehin immer dagegen gewesen es mitzunehmen und so achtete sie auch nicht darauf. Syn aber kramte Crystin’s Tasche zusammen, verstaute alle Verbände, Tinkturen, Pasten und das Buch sorgsam und griff sich noch den Bärenschädel und schließlich auch Flussnadel- wenn es denn dagewesen wäre. Das gefundene Schwert mit dem seltsamen Aussehen, befand sich nicht länger unter den Habseligkeiten des Orks. Auch sonst fand es sich nicht mehr an. "Was, wenn ich mich ihnen ausliefere, sobald wir sie einholen? Ich bin nur ein Sklave - furchtsam und allein. Ich könnte unterwürfig nach allem fragen, was ich von meinen neuen ... Herren wissen muss." Die Elfe hatte bereits ihre Tasche geschultert und sich angezogen. Sie hatte das Hemd in die dunkle Hose gesteckt, damit die Wunde noch etwas geschützter blieb. Alles sah langsam etwas derangiert aus, doch wirkte der schlanke Elfenkörper nicht mehr so erschöpft. „Du willst dich selbst in Gefahr bringen und womöglich opfern für einen derart ungewissen Ausgang? Was, wenn sie dich auf der Stelle töten?“, fragte sie und musterte Synnover. „Überlasse mir lieber die Konfrontation.“, erwiderte sie. "Du solltest dich gar nicht zeigen. Du bist...“, erneut glitt der grüne Blick zu ihm und wartete darauf, was er sagen wollte. “….eingeschränkt“, meinte er diplomatisch und Zarrah’s Mundwinkel zuckte. „Du meinst ich bin verletzt und nicht in der Lage, die vier Bluthunde zu besiegen?“, fragte sie freiheraus und engte ihre Augen kurz. „Ich habe weitaus schlimmeres überlebt, Syn. Mach dir keine Sorgen darüber.“, winkte sie ab, stutzte dann aber noch mal kurz. „Dennoch wollen wir lediglich Informationen. Aber bevor wir uns darüber Gedanken machen können, ob wir dich oder mich opfern, sollten wir sie zuerst einmal finden.“, erinnerte sie daran. Sie ging zwei Schritte voraus, bevor sie abermals anhielt und sich noch mal zu ihm umdrehte. „Aber die Idee, dass wir einander nicht begegnet sind, ist… gut. Wir behalten das bei. Hast du hören können, was sie sagten, bevor wir uns gefunden haben?“, fragte sie nach und spielte auf das Gerede auf Lerium an, das auch Syn gehört hatte. Zarrah aber besah sich die Spuren und fand sehr schnell die Richtung, in die sie zu gehen hatten. Die Bluthunde hatten einen gewissen Vorsprung und sie würden nicht hastig hinterher hetzen. Sie mussten vorsichtig vorgehen, verdeckt und vor allem behutsam. Aufschrecken durften sie sie nicht, denn wie schon kalkuliert, würden sie diese Konfrontation gewiss nicht überleben. Nun aber folgte Zarrah den Spuren tiefer in den Sarius hinein.
Bild

Benutzeravatar
Synnover
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 119
Registriert: Mittwoch 28. Dezember 2022, 18:03
Moderator des Spielers: Madiha Al'Sarma
Aufenthaltsort: Morgeria
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch (Hymlianer)
Sprachen: Celcianisch
Krz'ner (bruchstückhaft)
Lerium (passabel)
Hymlikor (wenige Wörter)
Beruf: Ex-Sklave/Gladiator, nun frei
Fähigkeiten: Luftmagie (rudimentär)
Dolche (rudimentär)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
- zwei metallene Kampffächer
- ein Dolch
- Reisegepäck (Schlafsack etc.)
- ein schwarzes Brautkleid
- falsche Hasenohren an einem Holzreif
Tierische Begleiter: Razag!!!

Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Samstag 11. November 2023, 00:33

Freiheit war befremdlich. Sie bedeutete nicht nur, in allen Dingen endlich eine Wahl zu haben. Sie bedeutete vor allem, viele Dinge lernen zu müssen, die andere als selbstverständlich ansahen. Für Synnover hieß das, aus seiner üblichen Routine auszubrechen. Wie oft war er vor den Frauen erwacht, die er in der vorhergehenden Nacht noch in den Schlaf gestoßen hatte? Unzählige Male und jedes einzelne davon hatte er den leicht zerzausten, aber nicht minder schönen Prinzen gespielt, der die holde Maid wach küsste. Heute musste er es nicht tun und die Erkenntnis zeichnete ein Lächeln auf seine Züge. Es blieb dort haften, auch nachdem seine Wald- und Wildnisprinzessin Zarrah von allein erwacht war. Sie erhob sich, um ihre Verletzung zu untersuchen. Syn ließ sie gewähren. Er war kein Heilkundiger, auch wenn er sich bemüht hatte, letzte Nacht einer zu sein. Sofern seine Herrin - einstigte Herrin! - ihn nicht aufforderte, sich darum zu kümmern, würde er es nicht tun. Oder doch? Er schmunzelte. Er hatte ab sofort die Wahl, nicht wahr? Eine freie Wahl, ohne Konsequenzen in Form einer Strafe erwarten zu müssen. So war es doch, frei zu sein? Während er noch darüber grübelte, unterbrach Zarrah ihn und fragte, wie gut er geschlafen hatte. Syn konnte es gar nicht richtig verarbeiten, dass es das erste Mal war, dass ihm jemand diese Frage stellte. Niemanden interessierte, was in ihm vorging. Niemals. Nicht einmal Zarrah hatte es interessiert, als er nach dem Triell-Kampf und seinem Zusammenbruch auf den Säcken und erwacht war. Sie hatte lediglich sein furchtbar entstelltes Gesicht kommentiert. Und jetzt ... fragte sie. Die Frage allein aber beschäftigte ihn so sehr, dass er es nicht wahrnahm. Denn er stellte vielmehr fest, wie erholsam und ... friedlich sein Schlaf vonstatten gegangen war.
Manthala hatte Syn gesegnet, wenn man es so sehen wollte. Obgleich er bereits als Kleinkind viel hatte mitmachen und unter harten Umständen hatte aufwachsen müssen, war er von Albträumen größtenteils verschont geblieben. Vielleicht, weil man ihm schnell beigebracht hatte, nicht zu träumen. Für ihn gab es nichts Erstrebenswertes, also schuf er sich nicht einmal gedankliche Ziele im Schlaf. Das war beinahe noch schlimmer, wenn man überhaupt nicht träumte. Der Verstand verarbeitete Erlebtes, so dass man über Nacht nicht nur neue Energie für einen neuen Tag entwickelte, sondern auch Probleme behandelte und eindordnete. Der eigene Kopf schlief nie. Er versuchte, Probleme zu lösen, die er in wirren Traumwelten und -geschichten zusammenstellte. Er behandelte Erinnerungen, schickte Emotionen an die Oberfläche und ja, manchmal suchte er sich dabei leider auch die traumatischen Erlebnisse aus. Nur nicht bei Syn, jedenfalls nicht oft. Er träumte, natürlich tat er das. Aber er erinnerte sich selten daran und noch seltener riss es ihn in Angst aus dem Schlaf. Wenn ihn etwas weckte, dann waren es andere, die von Albträumen geplagt wurden. Dunkelelfinnen hatten es eben auch nicht leicht. Das wusste er und er hatte instinktiv gehandelt, bis ihm die routnierten Bewegungen und beruhigenden Worte in Fleisch und Blut übergegangen waren. Auch bei Zarrah hatte er sie schon angewandt, als er sie in der Nacht in seinen Arm gezogen und ihr halb genuschelt beteuert hatte, alles würde gut gehen. Schließlich war er ja da, auch wenn Syn zu dem Zeitpunkt nicht einmal wirklich wach gewesen war. So sehr hatte er schon gelernt, auf die Bedürfnisse anderer zu reagieren. Seine eigenen blieben immer unberücksichtigt. Niemand fragte ihn, wie er sich damit fühlte, stets Liebhaber, Wärmekissen, Wachküss-Prinz und nächtliches Auffangbecken für schlechten Schlaf zu sein. Niemand fragte ihn, ob er träumte oder wie er geschlafen hatte.
Jetzt war er frei. Erste Dinge änderten sich. Irgendwann würde er es bemerken. Zunächst aber stellte er fest, dass sein Schlaf perfekter denn je verlaufen war. Ja, so gut, dass nicht nur seine Laune davon profitierte. Er fühlte sich überraschend ausgeruht und energetisch. Er war bereit, Zarrah zu folgen und das würde er. Auch wenn er es nicht offen ansprach, sie hatte ihm die Freiheit geschenkt und das würde er ihr vergelten. Da er seinen Körper dafür nicht mehr einsetzen wollte, blieb ihm nur, sie zu begleiten und Razag als auch Crystin zu retten. Selbst wenn er Letztere für tot hielt.
"Sie hätten sie nicht mitgenommen, wenn sie tot wäre", hielt Zarrah erneut dagegen. Syn beließ es dabei. Was nutzte es, mit ihr zu streiten? Er war ohnehin noch nicht soweit, ihr in dieser Hinsicht Paroli zu bieten. Das hätte bedeutet, ihre Entscheidungen anzuzweifeln. Das konnte er im Stillen tun, aber offen wagen durfte er es als Sklave nicht. Ich bin keiner mehr. Er zuckte zusammen, aber da war der Moment einer kleinen Rebellion bereits vorbei. Zarrah berichtete schon von ihren nächtlichen Erlebnissen.
"Ich kam von meinem Rundgang um das Lager zurück, da bemerkte ich sie. Sie sind beide tot. Und die anderen nur noch zu viert." Syn musterte die Dunkelelfe, aus deren einstigem Zopf sich zahlreiche Strähnen gelöst hatten, die ihr Gesicht wie silberne Spinnfäden umtanzten, wenn der Wind sie erfasste. Er betrachtete die Frau, die zwei der Feinde aus dem Weg geräumt hatte. Nahezu lautlos, denn am Lager hatte niemand etwas bemerkt - bis Crystin von einem der Pfeile getroffen worden war. Ich hasse diese Leisetreter von Dunkelelfen. Syns Blick verengte sich, als er die Brauen zusammenzog. Dann befolgte er stumm die Anweisung, nur das Nötigste einzupacken. Das war nicht schwer. Er nahm dabei Crystins Rucksack auf und stopfte ihn in den eigenen. Viele Kleinigkeiten packte er aus oder ließ sie gleich liegen. Darunter auch das schwarze Brautkleid, bei dem die Heilkundige sich so viel Mühe gegeben hatte. Er würde es nicht mehr tragen. Es gehörte einem alten Leben. Sein Neues sah keine Frauenkleider vor, solange er nicht plante, eine Rolle zu spielen. Von den eigenen Dingen nahm Syn nur die Kampffächer mit, obgleich er sie nicht handhaben konnte, sowie seinen Schlafsack und was an Vorräten noch vorhanden war. Razags Bärenschädel stopfte er ebenfalls in eine Tasche und auch den verbogenen Hasenohrreif ließ er nicht zurück. Dieser war nötig! Den Dolch behielt er am Gürtel. Er wäre die einzige Waffe, die er nutzen könnte, falls seine Magie und Beine versagten.
Lediglich Razags Flussnadel konnte er nirgends finden und Syn nahm sich etwas Zeit, das verwüstete Lager danach abzusuchen. Schließlich hatte Zarrah die Klinge als wertvoll erachtet. "Die Waffe, die du Razag gegeben hast, fehlt", merkte er an, als er zu Zarrah aufschloss, ansonsten aufbruchbereit. Sein Blick wanderte an ihrem Körper entlang, blieb an ihrer Seite hängen. Sie stand wieder. Sie hatte kein Fieber mehr, aber sie war noch nicht wieder munter.
"Du meinst, ich bin verletzt und nicht in der Lage, die vier Bluthunde zu besiegen? Ich habe weitaus Schlimmeres überlebt, Syn. Mach dir keine Sorgen darüber."
Ihre Worte sorgten nur dafür, dass das Kaninchen sie mit strengerem Blick betrachtete. Schließlich trat er dichter heran, achtete dabei darauf, ob sie sich wie sonst auch kurz anspannte. Ohne Vorwarnung legte er seine Finger an jene Stelle ihres Rückens, an der er schon mehrmals nun die kleine Unebenheit in Form ihrer Narbe erfühlt hatte. "Du sprichst hiervon?", fragte er, schien aber keine Antwort zu erwarten. Denn Syn zog die Hand sofort wieder ab. Er griff stattdessen nach Zarrahs Rucksack, um ihn ihr von der Schulter zu ziehen. Schon hievte er das Gewicht auf die eigene. Er ächzte dabei nicht einmal, auch wenn er derart körperliche Arbeiten im Haus der Nachtklingen eigentlich nicht verrichtet hatte. Es hieß nicht, dass er schwach war! Karrish hatte ihn zu vielen Trainingsrunden geschickt. Man überlebte nicht in der Schwarzen Arena, wenn man sich nicht stählte. Syn mochte kein Muskelprotz wie Razag sein, aber er war auch kein Hänfling. Bei weitem nicht.
Die neue Last hatte er aber schon längst vergessen. Zarrah hatte all seine Aufmerksamkeit. Er neigte sich zu ihr vor, erneut wie zu einem Kuss bereit. Langsam machte er sich ein Spiel daraus, es immer wieder anzudeuten und dann doch nicht ihre Lippen zu berühren. Aber Syn schaute sie an, tief in ihre Augen, dass sie sich in den seinen spiegelten. "Ich bin wahrlich der Letzte, den du beeindrucken müsstest." Er gluckste. Denn das wäre peinlich. Wer versuchte schon, bei einem Sklaven Eindruck zu schinden? Ich bin keiner mehr... Das Grinsen schwand von seinen Zügen, trotzdem wiederholte er: "Du musst mich nicht beeindrucken. Vielmehr frage ich mich, wie ich dir nützlich sein kann, wenn du dich so zu behaupten weißt. Du meintest, du brauchst unsere Hilfe, aber ... eigentlich passt du eher auf uns auf. Und du hast am Morgen im Gejagten Eber behauptet, mir zu helfen." Die Frage nach dem Warum hing unausgesprochen in der Luft. "Du lässt uns frei. Wir könnten einfach ... gehen. Nun, Razag und Crystin könnten es." Syn hob die Hand, griff nach einer Strähne von Zarrahs Haar, schob sie ihr hinter das Ohr und legt dann seine Handfläche auf ihren Scheitel. Er schaute sie immer noch an dabei. Sein Blick intensivierte sich. Entschlossenheit stand darin. Syn hatte eine Entscheidung getroffen, denn ab jetzt hatte er eine Wahl.
Die Finger glitten an ihren Haaren herab. Er genoss es, sie zu berühren. Er mochte es, selbst wenn es dringend mehr Pflege bedurfte. Aber vermutlich sah auch er absolut unvorzeigbar aus und roch bestimmt auch nicht sehr anziehend. Er vermisste die Duftwässerchen, die Yolintha ihm hatte zukommen lassen. Für einen Herzschlag fand seine Sehnsucht zurück in sein altes Leben. Dann blinzelte Syn und konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt. Es fand mitten im Wald Sarius statt. Es gab hier weder gemütliche Zimmer, noch Duftwässerchen oder die Sicherheit eines dunkelelfischen Hauses voller Nachtklingen. An seiner Seite befand sich nur eine und die war verletzt. Aber wenigstens plante sie schon wieder und sie verschaffte sich einen Überblick über die Informationen, welche sie besaßen.
"Hast du hören können, was sie sagten, bevor wir uns gefunden haben?"
"Nur bedingt", erwiderte Syn, der jetzt beide Rucksäcke trug. Er würde Zarrah den ihren nicht ohne Widerstand zurückgeben ... nun, er würde es zumindest versuchen. Im Grunde genügte eine strenge Aufforderung, dass er ihn ihr wieder überließ. "Es war nicht nötig, mich in Sprachen zu unterrichten und ich glaube, Karrish schätzte es, dass ich nicht alles verstand, was er auf Lerium mit anderen besprach." Syn senkte den Blick, richtete seine Gedanken nach innen. Karrish hatte ihm wirklich nur Dinge im Selbststudium zur Verfügung gestellt, durch die auch er nicht angreifbar gewesen wäre ... oder die in seinem Kaninchen nicht den Wunsch nach Freiheit geweckt hatten. Ohne Sprachbarrieren hätte er vielleicht irgendwo einmal aufschnappen können, dass es weitaus mehr gab als Morgeria. Nein, so denkst du nicht. Das war nicht deine Intention, Karrish. Oder? Du ... würdest mich den Himmel sehen lassen, wenn ich darum bitte... Er hob den Kopf an, richtete den Blick nach oben. Zwischen den Bäumen, die so hoch hinaus wuchsen, gab es nur bedingt einen Blick auf das, was er suchte. Dazu müsste er klettern, doch dafür blieb im Moment keine Zeit. Er konnte die Weite des Himmels jetzt nicht sehen, aber Synnover wusste inzwischen, dass sie exsitierte. Über ihnen und unendlich reichend. Sie war immer da.
"Sie suchen jemanden - mich, schätze ich. Und sie wollen mich lebend, weil..." Syn kniff die Augen zusammen, dachte angestrengt nach. Er hatte die Worte vernommen, aber konnte er sich noch erinnern. Konnte er jetzt, nachdem etwas Zeit vergangen war, einordnen, dass sie Zarrah mit Lebendbeute anlocken wollten? Hatte er überhaupt alles von dem verstanden, was gesagt worden war? Es war so viel passiert in jener Nacht! Aber jetzt hatte er Schlaf bekommen und die innere Ruhe, nicht allein durch die Wälder streifen zu müssen. Vielleicht war sein Verstand dadurch auch etwas klarer und konnte abrufen, was er in nicht vorhandenen Träumen nicht verarbeitet hatte.
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7015
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 16. November 2023, 09:44

Es war ein gefährliches Unterfangen, wenn man in einem engen Rahmen gelebt hatte und plötzlich erkannte, dass jener auch eine Öffnung hatte. Synnover hatte endlich verstanden, dass er aus dem Konstrukt des Sklaventums herausfallen und auf eigenen Füßen stehen konnte. Dass er nicht an unsichtbaren Fäden gehalten wurde, damit er perfekt die Mitte des Rahmens ausfüllte und sich ja nicht zu weit in eine Richtung entwickelte. Er wurde sich bewusst, dass er all die Jahre, die eine deutliche Verbesserung für ihn gewesen waren, trotzdem nur möglichst klein gehalten wurde. Er sollte weder herausfallen noch zu stark in eine Richtung schlagen. Er sollte tun, was andere für ihn erdacht haben und er sollte vor allem nicht darüber nachdenken, ob das auch seinem Wunsch entsprach. Seit dem Triell in der schwarzen Arena, wo er noch gewusst hatte, was man von ihm erwartete, war plötzlich alles anders gewesen. Plötzlich hatte er einen vollkommen anderen Rahmen, in dem er sich weder auskannte noch wusste, welche Aufgaben jener umfasste. Es war eine Erschütterung in seiner Welt, die nachhaltig alles zerriss, was ihn einst so schützend umgeben hatte. Mit einem Mal war er kein großer Fisch im kleinen Teich. Es war genau andersherum und jeder, ausnahmslos jeder, zeigte dem einstigen Kaninchen, dass es keine Ahnung von der Welt hatte. Da Synnover allerdings stets sehr gelehrig war, zog er sich besser zurück. Er war schon immer intelligent genug, sich die Gegebenheiten erstmal anzusehen und aus dem Hintergrund seine Informationen zu sammeln, um sie anschließend für sich arbeiten zu lassen. In Morgeria – seinem winzig kleinen Morgeria, das man ihm gestattete zu sehen- hatte das hervorragend funktioniert. Er war schlau genug, sich die Damenwelt genau anzusehen und mit den Jahren zu erkennen, was jene wollten. Er entwickelte eine Fähigkeit, die Frauen und ihre Wünsche zu lesen und schließlich dann auch zu erfüllen. Man hatte ihn darauf vorbereitet und ihm die Werkzeuge an die Hand gegeben. Und er hatte sie zu nutzen gewusst.

Synnover aber musste erkennen, dass es nicht reichte. Er reichte einfach nicht. Der große Fisch wurde mit einem Mal ganz klein und musste wieder von vorne, von unten, beginnen. Er erkannte, dass die Welt so viel größer war. Dass es Menschen, Elfen und Orks gab, die in Freiheit lebten und sagen, sowie tun und lassen konnten, was sie wollten. Es gab nicht DIE Herrscherrasse, auch wenn die Dunkelelfen wohl überall einen gewissen Ruf genossen. Er musste einsehen, dass ein Ork wie Razag, der Freiheit kannte, jetzt an ihm vorbeizog und bedeutend schneller lernte sich umzustellen und klüger agierte. Zumindest, wenn es nicht um Herzensangelegenheiten ging. Da half ihm dann doch die Nüchternheit des Kaninchens, das Zeit seines Lebens Gefühle immer nur dargestellt, aber nie empfunden hatte. Syn entdeckte zum ersten Mal die Schönheit, die diese Welt zu bieten hatte und erkannte die Weite dieser. Berauscht davon, schäumten seine gebundenen Gefühle ganz von selbst auf und er spürte zum ersten Mal wahre Dankbarkeit. Schon bei Karrish hatte er immer wieder ein Gefühl von tiefer Verbundenheit gehabt. Aber das… Das hatte er ihm auch nicht bescheren können. Es waren stete Tropfen, die sein Herz höhlten, damit es Platz haben konnte, für das, was endlich zu einer wichtigen Erkenntnis führte: Er. War. Frei. Zarrah hatte es immer wieder betont und hatte ihm nie zu verstehen gegeben, dass sie dieselben Dinge, wie ihre Geschwister, verlangte. Allerdings war sie einfach nicht zu lesen für ihn. Er versuchte sich an das zu halten, was er gelernt hatte und alles schien an ihr abzuprallen. Woran lag das? Ganz egal, denn es führte dennoch zu einem Erfolg. Synnover konnte endlich begreifen, dass es stimmte, was die jüngste Nachtklinge sagte. Sie log ihm nicht ins Gesicht. Und mit der Erkenntnis, dass er tun und lassen konnte, was er wollte, kam auch die Gefahr. Denn mit einem Mal fluteten Endorphine seinen Körper. Freiheit war etwas Großartiges, berauschendes und es verbreitete sich schnell wie ein Lauffeuer. Jede Faser seines Körpers wurde angereichert mit Glück und dem Gefühl, alles schaffen zu können. Jeder Weg stand ihm offen, er konnte gehen, wohin er wollte. Er brauchte nur eine Richtung zu wählen und loszugehen. Keiner könnte ihn aufhalten – nicht so, wie früher. Kein Befehl dürfte ihn abhalten. Nur seine eigene Entscheidung, wenn die Argumente ihn überzeugten.
So war es auch seine Entscheidung, Zarrah folgen zu wollen. Er wusste noch immer instinktiv, was besser für ihn war. Aber jetzt tat er es nicht, um Tand und flüchtige Freuden zu erlangen. Er tat es, weil er wusste, dass seine Freiheit nicht ausreichen würde, zu überleben. Er kannte die Regeln hier in der Freiheit nicht. Er wusste zu wenig und musste erstmal geschützt und mit ausreichendem Abstand, lernen. So, wie er es immer getan hatte, wenn er in eine neue Umgebung kam. Er beobachtete und lernte, bis er sich Freiheiten gewährte, die er für sich selbst haben wollte. So schaffte es Synnover, dem berauschenden Gefühl von ‚alles ist möglich‘ nicht nachzugeben und an Ort und Stelle zu bleiben, um der einzigen Person in seiner Nähe zu folgen, die ihm auch etwas nutzte. Ja, sie war es, die ihm das ermöglichte. Aber sie musste es nun auch sein, die ihm einige Regeln erklärte. Eine davon war, dass er ihr nicht körperlich gefällig sein musste. Trotzdem hatte er Fragen und die Gelegenheit schien günstig für ein paar Antworten. Doch zuvor mussten sie zusehen, dass sie die Spuren der Bluthunde nicht verloren. Sie packten rasch alles zusammen. "Die Waffe, die du Razag gegeben hast, fehlt", bemerkte er und Zarrah ließ kurz den Blick schweifen. Sie schnaubte. „Natürlich – sie ist wertvoll und außergewöhnlich. So etwas lassen sie nicht liegen.“, murmelte sie zur Antwort, ehe sie weiterpackte. Syn offenbarte, was er dachte. Es war erfrischend das zu tun, auch wenn es sich noch etwas ungewohnt anfühlte. Dass sie ihm dafür weder eine langte noch eine Strafe androhte, zeigte ihm, dass er auf sicherem Terrain trat. Er kam näher, was sie aufmerken ließ. Während er die Distanz überwand, beobachtete sie ihn nur lauernd. Als er den Arm zu einer Berührung anhob, konnte er sehen, wie sich ihr Körper versteifte. "Du sprichst hiervon?" Sie zischte und zeitgleich mit seiner Bewegung, drehte sie ihren Rücken von ihm weg. In ihrem Blick glomm ein Feuer, das Synnover so noch nicht entdeckt hatte. Sie war wütend. Voller Hass und Abscheu. Keine kalte Schulter, keine Maske. Er sah ungefiltert, was sie empfand. Aber nicht ihm gegenüber oder darüber, dass er es ansprach. Es war viel tiefergehender, viel persönlicher.

Es dauerte Sekunden, dann hatte sie sich im Griff, verbarg, was verborgen bleiben sollte. „Zum Beispiel!“, gab sie nur gepresst zurück und wandte den Blick ab. Er nutzte die Bewegung und griff nach ihrem Rucksack. Erneut wandte sie den Kopf, doch ließ sie ihn gewähren. Das, was er gesehen hatte, hallte nach, auch wenn sie es hervorragend verstand, die Gefühle wegzusperren. Einzig, dass sie keine Gegenwehr zeigte und ihm ihren Rucksack überließ, zeugte davon, dass sie noch nicht ganz zurückgekehrt war in ihren Rahmen. Nun neigte er sich abermals vor. Spielte damit, eine Spannung aufzubauen, die er nicht ausführen wollte. Zarrah engte die Augen. "Ich bin wahrlich der Letzte, den du beeindrucken müsstest." Noch tiefer wurde die Furche, die ihre gesenkten Augenbrauen hinterließ. "Du musst mich nicht beeindrucken. Vielmehr frage ich mich, wie ich dir nützlich sein kann, wenn du dich so zu behaupten weißt. Du meintest, du brauchst unsere Hilfe, aber ... eigentlich passt du eher auf uns auf. Und du hast am Morgen im ‚Gejagten Eber‘ behauptet, mir zu helfen. Du lässt uns frei. Wir könnten einfach ... gehen. Nun, Razag und Crystin könnten es." Nun aber trat sie einen Schritt zurück und löste die Nähe zu Synnover auf. Seine Hand glitt über ihr Haar und verlor es dann. Sie straffte die Schultern und hob den Kopf etwas an, als könnte das noch mehr Distanz schaffen. „Warst du nicht nützlich?“, stellte sie eine Gegenfrage und betrachtete Syn. „Ich wäre ohne dich verblutet oder an einer Blutvergiftung gestorben.“, gab sie nüchtern zu. Sie war sich nicht zu schade anzuerkennen, dass sie ohne Synnover gestorben wäre. Aber er musste das auch erkennen. „Wir haben einen Auftrag. Einen Pakt. Ihr seid frei und nachdem die Schriftrolle gefunden wurde, werdet ihr bezahlt und der Auftrag ist erledigt. Ihr könnt tun, was ihr wollt. Ihr habt diesen angenommen und das bedeutet, dass wir aufeinander aufpassen, Syn. Du auf mich, ich auf euch und Razag auf Crystin, während Crystin darauf achtet, dass wir alle vernünftig essen, schlafen und unsere Wunden nicht zu schwer sind. Jeder hat seine Aufgabe. Und du wirst deine auch finden – gib dir Zeit, in deinem neuen Leben anzukommen. Keiner verlangt von dir, dass du binnen eines Atemzugs erkennst, wer du eigentlich bist.“, sagte sie ungemein klar und vor allem ehrlich. Auch das gehörte zur Freiheit. Dinge zu sagen und nicht zu sagen. Sich zu entscheiden, was nun Priorität hat und was nicht. „Im ‚Gejagten Eber‘ bin ich zu weit gegangen und es war nicht richtig von mir. Ich kann dir versprechen, dass es den Zweck hatte, dir zu zeigen, dass es mehr geben kann. Dass“, sie zögerte und kurz flackerte eine zarte Ahnung von Unsicherheit in ihrem Blick auf. Dann war sie verschwunden und ihr Ausdruck wieder kühl. „- Ich habe dir gezeigt, dass du es so nicht mehr machen musst. Ohne Gefühl. Du solltest erkennen, dass es nicht das ist, was du willst.“, schloss sie, auch wenn eine Ahnung zurückblieb, dass es nicht ganz das war, was sie hatte sagen wollen. Sie hielt ihn auf Distanz. „Sieh‘ es als Anker. Erinnere dich daran, wenn du das Gefühl hast, etwas tun zu müssen, was du nicht willst. Dann wirst du den richtigen Weg schon wählen.“, schloss sie und hatte sich längst abgewandt.
Sie klaubte noch ihre eigenen Waffen auf, die gut versteckt in ihren Mantel eingenäht waren, bevor sie dann den Befehl zum Abmarsch gab. Sie ließ ihn ihre Sachen tragen und hing sich selbst nur den Mantel um. Sie verließen das Lager und kurz darauf wollte sie wissen, was er alles mitbekommen hatte. "Nur bedingt. Es war nicht nötig, mich in Sprachen zu unterrichten und ich glaube, Karrish schätzte es, dass ich nicht alles verstand, was er auf Lerium mit anderen besprach." Sie erwiderte darauf nichts, was auch einer stummen Zustimmung gleichkommen konnte. "Sie suchen jemanden - mich, schätze ich. Und sie wollen mich lebend, weil...", sie blieb stehen und wandte sich zu ihm um. „Weil was?“, hakte sie nach. Dann glitt ihr Blick zur Seite, sie überlegte etwas. „Sprich die Worte nach!“, verlangte sie und musterte Syn. „Versuch sie dem Klang nach nachzusprechen.“, wirkte sie auf ihn ein und Synnover musste versuchen einen klaren Kopf zu bekommen. Musste die empfundene Panik beiseiteschieben und sich das Gesagte in Erinnerung rufen. Er hatte genug Lerium in seinem zweiten Leben gehört, um zumindest die Klänge zu imitieren. Vermutlich wäre der Sinn nicht gänzlich der richtige und die Betonung vielleicht auch nicht. Aber Zarrah könnte dann hören und interpretieren, was eventuell gesagt worden wäre. Und gleichzeitig, würde sie Synnover beibringen, wie die Worte richtig ausgesprochen würden. Er könnte anfangen zu lernen. Richtig zu lernen.
Sobald sie mit einiger Zeit die Worte herausgefunden hatten, nickte sie verstehend. „Sie sind meinetwegen hinter uns her. Sie wurden nicht geschickt, um dich und Razag zu finden.“, offenbarte sie und schien darüber nachzudenken. Wieso sollte ihr Volk ihr Jäger auf den Hals hetzen? Zarrah schien nicht weiter darauf eingehen zu wollen. Sie wandte sich von Syn wieder ab und schritt weiter, den Blick auf den Boden gesenkt. Dann entdeckte sie wenige Schritte weiter eine vernünftige Spur. „Hier.“, wies sie ihn an und deutete darauf. Synnover konnte bei Nähertreten umgeknickte Zweige, Gräser und eine tiefe, breite Furche im Erdreich erkennen. Wenn er den Blick schweifen ließ, würde er sie noch in einiger Entfernung ausmachen können. „Was erkennst du an der Spur?“, fragte Zarrah nach einem Moment. Das Leben bot viele Möglichkeiten und Zarrah war gerade dabei, Syn einen winzigen Teil davon beibringen zu wollen. Erst hatte sie ihm gezeigt, wie er Lerium richtig aussprechen konnte und schuf einen Ansatz, den er verfolgen könnte, wenn er wollte. Eine neue Sprache zu lernen oder aber sie zeigte ihm jetzt, worauf es beim Fährtenlesen ankam. Sie bot ihm gleich zwei neue Möglichkeiten und würde ihm gewiss Fragen weiter beantworten. Synnover hatte es geschafft, dass Zarrah ihm etwas näher gerückt war, ohne dass er sie hatte befriedigen müssen. Sie öffnete sich – ohne dass er in ihr aller heiligstes vordringen und ihre Sehnsüchte erkunden müsste. Freiheit war…. Anders – aber mindestens genau so aufregend.
Bild

Benutzeravatar
Synnover
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 119
Registriert: Mittwoch 28. Dezember 2022, 18:03
Moderator des Spielers: Madiha Al'Sarma
Aufenthaltsort: Morgeria
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mensch (Hymlianer)
Sprachen: Celcianisch
Krz'ner (bruchstückhaft)
Lerium (passabel)
Hymlikor (wenige Wörter)
Beruf: Ex-Sklave/Gladiator, nun frei
Fähigkeiten: Luftmagie (rudimentär)
Dolche (rudimentär)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
- zwei metallene Kampffächer
- ein Dolch
- Reisegepäck (Schlafsack etc.)
- ein schwarzes Brautkleid
- falsche Hasenohren an einem Holzreif
Tierische Begleiter: Razag!!!

Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Donnerstag 16. November 2023, 21:03

Synnover hatte bereits im Clan der Reißer verstanden, dass sein Leben leichter zu ertragen war, wenn er den Erwartungen entsprach. Mit jedem neuen Tag hatte er getan, wofür man ihn ausgesucht hatte. Ob es bedeutete, einfach nur existent und mickrig, aber an der Seite von Sodth zu sein, damit dieser das weiße Fell seines Schopfes mit den fettigen Pranken betatschen konnte oder ob es hieß, dass er in Hinterhöfen gegen Goblins kämpfte. Nein, das hatte man nie erwartet. Der Kampf war es nicht, worauf es ankam, sondern der Sieg. Ersteres wurde erst mit dem Verkauf an das Haus der Nachtklingen wichtig, denn jene wollten mit ihrem weißen Kaninchen nicht nur gewinnen, sondern auch eine Schau bieten. Sie stellten neue - andere - Erwartungen an ihn. Plötzlich musste er sich auch darum bemühen, sein Überleben auf dem Sand besonders spannend zu gestalten. Es musste gut aussehen. Er musste gut aussehen und das wurde von weiteren Erfolgen gekrönt. Plötzlich schauten ihm Frauen nicht mehr nur zu, weil er schnell, flink und unbesiegbar schien, sondern auch, weil er dabei so hübsch aussah wie in der Ruheposition vor und nach seinen Kämpfen. Plötzlich warf Yolintha ein Auge auf ihn und ihr folgten weitere ihrer Kontakte. Plötzlich wurde noch mehr von ihm erwartet.
Synnover hatte alle an ihn gestellten Forderungen erfüllt. Nun aber blieb unklar, ob es so bleiben würde. Zarrah hat ihm deutlich gemacht, dass er nicht länger Sklave war, doch hatte er verstanden, dass er damit in allen Lagen seines neuen Lebens entscheiden durfte? Hatte er begriffen, was hieß, wirklich frei zu sein? Sie glaubte es und setzte neue Erwartungen in ihn. Denn sie hatte gesehen, wie sich die Erkenntnis in sein Herz geschlichen und die Freiheit dort gepflanzt hatte, bis sie tränenreich alles Leid aus ihm gespült hatte. Sie glaubte zu wissen, dass er es nun wusste, weil sie aufgrund ihrer Wahrnehmung Erwartungen an ihn stellte. Zarrah erwartete, dass Synnover sich nun seine Freiheit gestaltete.
Und er? Das Kaninchen traf immerhin erste Entscheidungen, aber ganz aus freiem Willen entsprangen sie noch nicht. Er wägte einfach nur ab. Er überlegte nicht mehr, was von ihm erwartet wurde, sondern welche Ansprüche er an sich selbst stellen musste, um sein tägliches Überleben zu sichern. So erkannte er, dass es im Moment die Jüngste der Nachtklingen war, die es gewährleisten konnte. Wieviel Wahl hatte er denn durch seine Freiheit nun gewonnen? Wie viel Entscheidungsgewalt besaß er, wenn sein Überleben weiterhin davon abhängig blieb, dass sie überlebte?
Er hinterfragte es nicht. Das tat er nie. Er nahm die Dinge wie sie kamen und würde sich anpassen. Wenn das hieß, dass er eben nicht einfach losziehen und Freiheit in vollen Zügen genießen konnte, dann war dem so. Wenn es bedeutete, dass er Zarrah weiterhin folgen, sie beschützen und zu allem Überfluss noch Razag und Crystin würde retten müssen, dann folgte er diesen Forderungen. Man stellte eben weiterhin Erwartungen an ihn. So gesehen hatte sich nichts geändert ... aber warum hatte er dann geweint? Warum lächelte er, als er mit Blick zum Himmel erwachte? Syn wusste es selbst nicht genau zu sagen - noch nicht. Er war noch nicht soweit. Es würde Zeit brauchen. Schließlich lernte er nun erst einmal, was es hieß, frei zu sein.
Darüber hinaus lernte er noch etwas kennen. Etwas, das ihn innehalten ließ, als sie sich halb abwandte mit diesem von Hass genährten Feuer in ihren Augen. Er musterte sie und schwieg. Stattdessen schnappte er sich ihren Rucksack, versuchte, das Gespräch wieder aufzunehmen, aber von ihren Erinnerungen zu entfernen. Er spielte mit ihr, denn das beherrschte er. Sie ließ sich von seinen Worten zwar nicht so locken wie die meisten, aber auch sie schnappte nach dem Köder. Syn hatte eine Leine ausgeworfen, um den Fisch zu verführen, zu ihm in seichte Gewässer zu gelangen und fort von den düsteren Raubfischen, die in der Tiefe lauerten. Die Frage war, ob er dieses Mal seine Angel überhaupt mit einer Beute einholen wollte. Als der Fisch nahe genug war, befestigte Syn einen weiteren metaphorischen Wurm am Haken. Dieses Mal aber warf er die Leine aus, um zu schauen, wie sein Fischlein auf den neuen Köder reagieren würde. Der Köder bestand aus einer ungestellten Frage. Sie hing zwischen ihnen und zwischen seinen Worten im Raum: Warum hatte Zarrah ihm gesagt, dass sie ihm helfen würde?
Er musterte sie. Er beobachtete. Er wappnete sich bereits für Ausreden und Lügen, denn jene wahren auch sein Spezialgebiet. Er wandte sie so oft an, dass er gelernt hatte, sie bei anderen zu finden. Er musste nur auf gewisse Anzeichen achten. Viele Frauen spielten mit ihren Haaren, wenn sie logen ... oder von seiner Schönheit überwältigt waren. Warum bin ich es, der mit Zarrah Haaren spielen will? Das Kaninchen runzelte die Stirn, als sie ausführte, dass auch er seinen Nutzen besaß. Dann kehrte seine Aufmerksamkeit zu ihr zurück und er hörte zu. Er hörte das offen ausgesprochene Kompliment. Es war keine Seltenheit, dass er eines erhielt. Ach, was lobten Yolintha und ihre Freundinnen ihn doch regelmäßig! Und Karrishs Schweigen nach einem harten, aber erfolgreichen Arenakampf besaß nur noch mehr Kraft als liebreizende Worte. Doch das hier ... das war neu. Zarrahs Kompliment war offen, aber auch aufrichtig. Sie versuchte nicht, ihm zu schmeicheln. Sie belohnte ihn nicht mit zufriedenem Schweigen, aus dem er neuen Antrieb schöpfen konnte, um seine Leistung zu wiederholen. Sie blieb bei den Tatsachen, die durchaus seine Nützlichkeit beinhalteten. Sie lobte nicht, sie benannte es. Sie ging ehrlich mit ihm um und ... sie dankte ihm. Er hatte ihr Leben gerettet.
"Ich wäre ohne dich verblutet oder an einer Blutvergiftung gestorben."
"Und ich musste nicht einmal mein Leben für deines geben. Ich bin demnach nicht nur nützlich, sondern auch effizient", erwiderte er. Er sprach durch die Maske, um die durch ein aufrichtiges Lob gleichermaßen aufrichtig entstandene Wärme in seinem Herzen nicht nach außen zu tragen. Er durfte ihr keine Zielscheibe bieten. Wenn sie sah, wie sehr er nach solcherlei Lohn lechzte, würde sie es sich zu Nutzen machen, so wie Syn es tat. So hatte er es gelernt. So hatte sein Alltag ausgesehen. Nur so hatte er überleben können. Aber Zarrah war keine Gefahr. Sie spielte kein falsches Spiel mit ihm. Sie wahr ... ehrlich.
Er wurde ganz ruhig, als er ihren Worten lauschte. "Keiner verlangt von dir, dass du binnen eines Atemzugs erkennst, wer du eigentlich bist." Syn schnaufte aus ... und sog die Luft langsam wieder durch die Nase ein. Er wartete ab. Noch ein Atemzug. Warten. Weiteratmen. Warten. Nichts. Er schaute auf. "Was siehst du, wenn du atmest? Wer bin ich in deinen Augen?" Erneut verringerte er die Distanz zu ihr. Dieses Mal berührte er sie jedoch nicht, beobachtete aber aufmerksam, ob sie sich wie so oft versteifte, wenn er so dicht war. Denn seine Lippen kamen ihrem Gesicht erneut gefährlich nahe. Nahe genug, dass sie seinen Atemzug auf ihrer Haut spüren konnte. "Bin ich schwach? Hilflos, damit du einen Vorwand hast, mir ... zu 'helfen'?" Er betonte es auf eine eindeutige Art und Weise, nämlich auf jene, die er kannte. Jene, die ohne Gefühl auskam, während sie als einziges Ziel die eigene Befriedigung hatte. Freiheit war auch, dass ein Sklave sein Misstrauen zu äußern wagte, wirklich frei zu sein. Er hatte vieles davon mit seinen Tränen fortgeschwämmt, aber eine Flut wusch nur die Straßen rein. Sie reparierte nicht die Risse und Löcher darin.
"Im 'Gejagten Eber' bin ich zu weit gegangen und es war nicht richtig von mir."
Syn hob die Schultern an. "Ich nehme es dir nicht übel, dass du die Finger nicht von mir lassen konntest. Du bist gewiss keine Ausnahme." Es war sein Alltag. Morgens trainieren, mittags kämpfen, sich abends frisch machen für den zweiten, den nächtlichen ... Kampf. Zarrah mochte jenen auf die Morgenstunden verlegt haben, aber sie hatte ihn bestritten. Syn hatte es erwartet, deshalb war er zu ihr doch ins Zimmer und in ihr Bett gekrochen. Zu ihr, nicht zu Jasmina, der Wirtin. Das war doch der Grund gewesen. Oder nicht?
"Ich kann dir versprechen, dass es den Zweck hatte, dir zu zeigen, dass es mehr geben kann. Dass..." Syn hob eine Braue an, als Zarrah ins Stocken geriet. Sie wich seinem Blick aus. Entweder log sie nun oder sie verschwieg die Wahrheit. Es lief am Ende auf dasselbe hinaus. Jetzt hing der Fisch am Köder. Syn grinste auf und holte langsam die Angelschnur ein. Er neigte sich über Zarrahs Schulter, dass ihr Rucksack ihm schwer von der eigenen herab hing. Aber er grinste noch immer. "Dass ...", wiederholte er, den Schalk im Nacken. Und dann beendete er ihren Satz mit einem sinnlichen Raunen an das dunkle Spitzohr. "Dass du mich liebst?"
"Ich habe dir gezeigt, dass du es so nicht mehr machen muss. Ohne Gefühl." "Fühlst du denn?", hielt er dagegen. Seine Nasenspitze streifte ihr Ohr, aber Zarrah wandte sich weiter ab. Sie blieb weiter sachlich, doch irgendetwas lag zwischen den Zeilen. "Du solltest erkennen, dass es nicht das ist, was du willst."
"Was willst du denn, Zarrah? Willst du mich?" Er schmunzelte, neigte sich erneut in ihre Richtung, offenbar bereit für Leidenschaft. Ihre Erwartungen waren zu hoch. Er setzte noch immer die Maske auf, weil das Terrain einfach sicherer war. Vielleicht bemerkte er es nicht einmal. Jahre lange Anerziehung verlor man nicht, nur weil jemand über Nacht die Freiheit erteilte. Nicht einmal, wenn man in dieser Nacht selbst erstmal die Erkenntnis hatte. Aber Zarrah löste sich. Sie wandte sich nun gänzlich ab mit einem letzten Rat: "Sieh es als Anker. Erinnere dich daran, wenn du das Gefühl hast, etwas tun zu müssen, was du nicht willst. Dann wirst du den richtigen Weg schon wählen."
Der Angler ließ sein Werkzeug los und der Fisch entkam. Syn richtete sich langsam wieder auf, schaute Zarrah nach. Er neigte den Kopf auf eine Seite, während sie ihren Mantel überstreifte und die Waffen darunter versteckte. Langsam kroch in Syn etwas an die Oberfläche. Je länger Zarrah gesprochen hatte, desto eher glaubte er nun zu wissen, was er wollte. Zumindest hatte er sich für einen Weg entschieden. Doch es würde noch Zeit brauchten. Wie sie erwähnt hatte, würde er mehr als einmal durchatmen müssen. Und jetzt war nicht die richtige Zeit für seinen Plan, der im Grunde noch keiner war. Er musste wachsen und reifen, aber Synnover wollte ihn in die Tat umsetzen. Es war etwas, woran er festhalten könnte, während er die Freiheit erkundete.
Zunächst aber lernte er, dass Freiheit auch bedeutete, frei zu sein, jegliches Wissen sich aneignen zu dürfen. Jedenfalls wenn man einen Lehrer dafür besaß. Zarrah und er wanderten eine Weile durch den Wald. Der Tag breitete sich darüber aus wie der Waldboden unter ihren Schritten. Sie konzentrierten sich nun auf das, was vor ihnen lag. Nun, Zarrah konzentrierte sich. Synnover ließ sich immer wieder ablenken. So sehr seine Gedanken auch auf das gemeinsame Vorhaben ausgerichtet waren, so sehr lockte eben auch eine ihm gänzlich fremde Welt. Der Sarius mochte nicht so farbenfroh sein wie der Neldoreth, aber er reichte vollkommen aus, dass Syn immer wieder neue Ecken zum Betaunen fand. Und wenn er sie nicht entdeckte, richtete er den Blick zum Himmel. Beinahe wäre er gegen Zarrah gelaufen, als sie ihn nach den Worten der morgerianischen Hunde fragte. Sie stellte es klug an, als ahnte sie schon, dass Syn ihr nicht wiedergeben könnte, was er erfahren hatte. Doch er konnte versuchen, ihr zu erzählen, was er gehört hatte. Zunächst erschien es, als stellte Zarrah die Erwartungen erneut zu hoch. Wie sollte Syn sich mit seinem unsteten Gemüt all die Klänge merken, die er in der Nacht und nach seiner panischen Flucht vernommen hatte? Doch es gelang. Natürlich musste er etwas in sich gehen, sich konzentrieren und natürlich konnte er sie nicht eins zu eins wiedergeben, aber es fiel ihm doch recht leicht, den Kern zu treffen. Er wiederholte, was er vom Klang her in sich aufgenommen hatte. So wie er von sich aus seinem Zauber einen Namen gegeben hatte, ohne zu wissen, dass er damit auf Hymlikor genau dessen Funktion benannte: Atemnot.
"Nein. Er ... Sonnenschein ... hat die Erde geschluckt. Finden ... ihn ... Hm, nein ... das stimmt so nicht. Finden ... sie? Sie wird nicht kommen, wenn ... sterben. Besorgt es ihm ... lebend." Natürlich bestand Syns Lerium-Vokabular aus Begriffen, die er im alltäglichen Gebrauch immer wieder hörte. Doch nach einigen Versuchen hatten Zarrah und er die Bedeutung zusammen und so wusste seine einstige Herrin wohl rasch, dass es nicht das Kaninchen und auch nicht Razag waren, hinter denen die Bluthunde her waren. Sie suchten Zarrah und sie wollten sie mit lebenden Ködern locken. Es bestand Hoffnung, dass es Crystin und Razag wirklich noch gut ging.
Interessanterweise ertappte Syn sich dabei, erleichtert durchzuatmen, als sich diese Erkenntnis in ihm festigte. Er blinzelte daraufhin verwirrt. Zarrah hingegen nahm die Fährte auf. Nicht nur das, sie fand alsbald sogar eine deutliche Spur. Abgenknickte Äste, plattgedrückte Gräser, vor allem aber eine breite Furche im Erdboden.
"Was erkennst du an der Spur?"
Syn ging in die Hocke, betrachtete den aufgewühlten Boden. Dann erhob er sich wieder, um einen übersichtlicheren Blick auf das Gesamtbild zu erhalten. Seine Augen huschten zu Zarrah. Sie flackerten unsicher hinter der unnahbaren Maske aus ungetrübtem Selbstbewusstsein. Welche Antwort erwartete sie? Der Druck wuchs mit jeder Sekunde, die er ihre Geduld auf die Probe stellte. Syn atmete tief durch. Er musste nicht wissen, wer er war. Noch nicht. Er musste auch das hier nicht wissen, denn er hatte das spurenlesen nicht gelernt. Sein Blick wanderte erneut auf die Fährte, kehrte zu Zarrah zurück. Sie lehrte ganz anders als ihre Geschwister. "Es erinnert mich an die schmutzigen Pfade im Orkviertel, wenn ich zu einem der goblinischen Kampfringe geführt wurde", meinte er. "Die schlammigen Straßen besaßen manchmal tiefe Furchen, wenn der Leichenfledderer seinen Karren besonders schwer beladen hatte. Aber dann gab es immer zwei Furchen ... von den Karrenrädern." Hier erkannte er nur eine, die dafür deutlich breiter war. Syn schüttelte den Kopf. "Ich bezweifle, dass es Leichenkarren in diesem Wald gibt ... hier kann man doch jeden einfach liegen lassen, so wie..." Er verstummte, bevor ihm Saqirs Name über die Lippen dringen konnte. Dann schüttelte er erneut den Kopf. "Nein, mehr erkenne ich daran nicht."
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7015
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Sonntag 19. November 2023, 23:03

Syn spielte. Er spielte, weil er gelernt hatte, dass jeder nur irgendein Spiel verfolgte. Die einen wollten unterhalten werden. Die anderen befriedigt. Wieder andere verhätschelt. Egal was es war, am Ende blieb ein Spiel um Befindlichkeiten. Und so hatte Synnover sich seinen Stand zu eigen gemacht und war zum Beobachter geworden. Er hatte gelernt, wie die Meister dieses Spiel handhabten und wandte dann die Regeln dafür alsbald selbst an. Und er war gut. Er lernte schnell und schaffte es noch schneller, jedem genau das zu geben, was er sich erhoffte. Karrish sein gehorsames Kaninchen, das er in die Arena schicken und gewinnen sehen konnte. Dem er etwas beibringen konnte und der sich auch noch unsagbar dankbar zeigte. Einfach, indem in ihm ein so treues Herz heranwuchs, dass er auch jetzt noch freiwillig zu ihm zurückkehrte, sollte er nach ihm schnippen. Yolintha war da weitaus einfacher, weil er keine echten Empfindungen in sich fand, wenn er über die dralle Lebefrau nachdachte. Ihr gab er das rammelnde Karnickel, das niemals müde und niemals schlaff wurde. Denn wenn er ihnen gab, was sie wollten, erhielt er im Gegenzug auch das, was er wollte. Oder zumindest glaubte zu wollen. Auch die anderen Damen wollten seine Aufmerksamkeit, seine geraunten Worte, Nettigkeiten, Kunststücke, seinen Körper und sein Aussehen. Alle wollten etwas von ihm und nun stand er mitten in der Pampa und sah sich grünen Augen gegenüber, die … nichts wollten. Jedenfalls nichts für sich selbst. Sie war es, die ständig davon sprach, was sie für ihn wollte. Die ihm nicht aus der Hand fraß, ihm nicht nachlief, ihn nicht um etwas bat, was er mühelos erfüllen könnte. Syn biss auf Granit. Granit in seiner schönsten Form, mit weißen Einschlüssen von Marmor und einem Hauch von Smaragd. Zarrah’lindae war gewiss kein Fischlein, das sich einfach so den nächst besten Wurm schnappte. Man brauchte Geduld, musste behutsam im trüben Wasser waten, um auch nur den Hauch einer Ahnung zu erhalten. Und endlich hatte er diesen. Da war etwas. Sie zeigte ihm Zorn, Hass und Abscheu. Sie hatte Dinge erlebt, die sie prägten und sie verbarg sie die allermeiste Zeit hervorragend. Zarrah gab nichts preis, aber sie war verletzt. Und er hatte ihren Dank inne, weil er sie gerettet hatte. Es war die schlichte und doch gewichtige Wahrheit, die Zarrah ein Stück aufbrechen ließ. Und das sagte sie ihm auch. Sie wollte allerdings damit bezwecken, dass er nicht glaubte, er müsse sofort seinen Platz finden. Er hatte Zeit und musste begreifen, dass sie nichts von ihm erwartete. Außer Gehorsam vielleicht in manchen Situationen, aber das war etwas anderes. Es ging nicht um die Pflichterfüllung eines Sklaven gegenüber seiner Herrin. Sondern die Notwendigkeit, manchmal zu folgen und zu anderer Zeit zu führen. "Und ich musste nicht einmal mein Leben für deines geben. Ich bin demnach nicht nur nützlich, sondern auch effizient", gab er nur salopp zurück und erntete einen halbherzigen Blick in seine Augen. „Das ist wohl so“, antwortete sie vage und Syn ging einen Schritt weiter.
Er wollte von ihr wissen, ob er schwach wäre und hilflos, sodass sie sich bemüßigt fühlte, ihm helfen zu wollen. Zarrah runzelte kurz die Stirn ob der Worte. Dann räumte sie ihren Fehler ein. Doch Syn war nicht so weit und sie zu schnell. Er konnte es gar nicht verstehen, doch das hatte sie ja bereits gesagt: Er musste nicht sofort alles verstehen. Sie wusste, er war ein guter Beobachter und würde irgendwann über ihre Information stolpern. Oder auch nicht – mehr konnte sie nicht dafür tun. "Ich nehme es dir nicht übel, dass du die Finger nicht von mir lassen konntest. Du bist gewiss keine Ausnahme.“ Sie schnaubte und wandte den Blick ab. „Da bin ich mir sicher.“, brummte sie lediglich und ließ seine Frechheit von sich abperlen.

Sie folgte weiter ihrem Kurs und versuchte es mit einer echten Entschuldigung. Als sie stockte, nahm er es zum Anlass das ganze mit Füßen zu treten: "Dass du mich liebst?" „Würdest du erkennen, wenn es so wäre?“, hielt sie ihn nüchtern auf Abstand und wandte den Blick leicht zurück. Sie erklärte sich weiter, erwähnte, was ihre Intention war, doch Syn schaffte es an diesem Punkt nicht, es gut sein zu lassen. "Fühlst du denn?“ Sie wandte den Blick ab und straffte die Schultern. Sie überging seine Frage geflissentlich. Es ging nicht um sie und dabei wollte sie es auch belassen. Aber er hörte nicht auf. Er konnte nicht. Es war das, was er kannte, was er konnte, und er wandte es instinktiv an. Er glaubte herauszuhören, dass sie gerne Aufmerksamkeit hätte. SEINE Aufmerksamkeit. Er glaubte, sie wollte auf Tuchfühlung gehen, weil sie ihn liebte.. Unabhängig davon, dass er wusste, was das war. "Was willst du denn, Zarrah? Willst du mich?" Die Elfe beendete die Nähe und zog sich ihren Mantel an. „Nein, Syn. Will ich nicht.“, gab sie ärgerlich zurück und schenkte ihm nicht mal mehr einen Blick. Sie wandte sich ab, ging voraus und machte klar, dass das Gespräch beendet war und sie sich wieder auf das Wesentliche fokussierte. Bevor es nun aber gänzlich soweit war, gab sie ihm einen letzten, gut gemeinten Rat. Ob er ihn annahm, annehmen konnte, oder nicht, war nicht mehr ihre Baustelle. Zarrah zog sich zurück. Sie hatte viel zu viel offengelegt und war um einige Grad aufgetaut. Und hatte es bereut. Für jemanden wie sie, war es nun ein leichtes wieder zurückzukehren zu den Dingen, die sie kannte und beherrschte. Die Elfe führte Synnover weiter durch den Sarius, um ihm zu zeigen, dass er durchaus auch lernen konnte. Solange es nicht um sie ging, war sie erstaunlich mitteilsam. Sie fragte ihn nach den Worten und zeigte ihm dann, wie er sie besser aussprechen konnte. Synnover hatte lange genug unter Dunkelelfen gelebt, um einen gewissen Sinn für die Sprache zu bekommen. Jetzt konnte sie ihm den Feinschliff beibringen, was sie auch tat. So erhielt sie die gewünschte Information und teilte sie ihm auch gleich mit. Was Syn dazu brachte, dass er tatsächlich so etwas wie Hoffnung verspürte, Crystin und Razag lebend zu finden. Die Empfindung war neu und noch nicht so greifbar, doch es fand ein Wandel statt. Er fühlte es irgendwo tief in sich. Die nächste Lektion lernte Syn, als sich die Dunkle anschickte ihn zu fragen, was er über das Spurenlesen wusste. Dabei stellte sie es geschickt an und wollte von ihm lediglich wissen, was er auf dem Boden erkannte. Offenbar war auch Zarrah längst nicht mehr so abgekühlt, wie noch zu Beginn.
Sie wirkte aufgeschlossener, zumindest in solchen Dingen. Ob sie noch mal persönlich werden würde, bliebe abzuwarten. Doch der Ärger über seine Witzeleien war vorerst vergraben. Sie wartete geduldig, bis er seinen Eindruck mit ihr teilte: "Es erinnert mich an die schmutzigen Pfade im Orkviertel, wenn ich zu einem der goblinischen Kampfringe geführt wurde. Die schlammigen Straßen besaßen manchmal tiefe Furchen, wenn der Leichenfledderer seinen Karren besonders schwer beladen hatte. Aber dann gab es immer zwei Furchen ... von den Karrenrädern. Ich bezweifle, dass es Leichenkarren in diesem Wald gibt ... hier kann man doch jeden einfach liegen lassen, so wie...“ Ihr Blick musterte ihn kurz, als er stockte. “Nein, mehr erkenne ich daran nicht.", schloss er und Zarrah nickte. „Sehr gut. Du hast recht. Es ist eine tiefe Furche, was auf mehr Gewicht schließen lässt.“, löste sie auf und deutete dann auf die abgeknickten Äste im Verlauf. „Sie haben etwas – oder wohl eher jemand – schweres hier durchgeschleift. Wir müssen nur der Spur folgen, dann finden wir sie.“, beendete sie ihren Satz und setzte sich gleich in Bewegung.

Syn weiter bei: Zurück ins Leben
Bild

Antworten

Zurück zu „Der Wald Sarius“