Eine Nacht im Sarius

Dieser seltsame, aber auch einzigartige Wald liegt im Südwesten. Er ist zum Großteil ertränkt in Wasser und nur mit einem Floß lässt er sich durchquehren. Die Namudus sind die Einheimischen dieses Waldes, sie haben sich dessen Nachteile zunutze gemacht.
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Erzähler
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Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Samstag 17. März 2012, 22:33

[Naya und Nihil kommen von hier: Sonstige Orte Celcias ‹ Die Himmelsstadt Hymlia ‹ Die Luftakademie ‹ Stallungen]

Fast im Sturzflug ging es hinunter und der Erde entgegen. Nicht weil Naya es so wollte, sondern weil sie kaum eine andere Wahl hatte. Aus ihrem ursprünglichen Ziel, dem Waldmenschendorf, würde nun erst mal nichts mehr werden. Zwar hatten die beiden Hymlianer bereits ein gutes Stück bis dahin geschafft, aber bei dem schlechten Wetter, konnten sie unmöglich weiter reisen. Wenigstens regnete es nicht, aber sonst sprach alles gegen eine schnelle Weiterreise.
Von ganz alleine zielte Alban eine Lichtung an, auf der er landen konnte, kurz danach berührten seine Hufe klackernd den harten Erdboden. Der Himmel über ihnen war schwarz und selbst hier unten rüttelte der Sturm an den Bäumen. Aber wenigstens war niemand verletzt worden. Jetzt konnten sie genau so gut aus der Not eine Tugend machen und Rasten. Sicher, es gab schönere Lagerplätze ... aber wenn Naya erst mal ihre Karte studiert hätte, würde sie sicherlich feststellen, dass sie sogar noch ein wenig näher an Ganda waren, als wenn sie im Dorf der Waldmenschen übernächtigt hätten.
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Naya Shan'don
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Naya Shan'don » Montag 19. März 2012, 09:55

Es verging einige Zeit und Naya entspannte sich langsam, als sie plötzlich eine wohlige Wärme empfang. Sie spürte Albans Muskeln unter ihren Oberschenkeln, die sich deutlich entspannten und bemerkte kleine Funken um sich herum. Das konnte nur Nihil gewesen sein. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, als Nihil zu sprechen begann:
Ich hoffe so ist es ein wenig angenehmer. Meinst du es wäre möglich, einen kleinen Zwischenstop in Ganda einzulegen? Es wäre mir ein wirklich großes Anliegen und es dauert auch nicht lange“, sagte er und Naya überlegte sofort, wie sie am besten nach Ganda kommen würden. Doch gerade, als sie Nihil antworten wollte, wurden sie plötzlich von einer starken Windböe erfasst. Alban wieherte aufgeschreckt auf und Naya erstarrte sofort. Diese Situation war ihr wohl bekannt und sie wusste auch, was beim letzten Mal passiert war... Sofort sah sie auf ihre Hand, die wieder vollständig taub wurde. Dennoch versuchte sie, Albans Zügel so gut es ging zu halten und ihn einigermaßen kontrolliert durch den Wind zu führen. Doch es wurde nicht besser. Immer wieder wurden sie von Winden erfasst. Das Rauschen war laut und Naya verkrampfte immer mehr. Sie sah kurz nach hinten um sicherzugehen, dass sie sich Nihils Hände auf ihrer Hüfte nicht nur einbildete. Er saß noch hinter ihr... Zu ihrem Glück setzte ihr Gehirn nicht aus. Im Gegenteil. Sie war hochkonzentriert und führte Alban weiter durch das Unwetter. Lange dürften sie nicht mehr hier bleiben. So weit sie abschätzen konnte, waren sie wenigstens nicht mehr über dem Meer und könnten eine Landung wagen...
Als Naya das nächste mal hoch sah, war der Himmel bereits dunkel. In weiter Ferne schossen Blitze aus den Wolken, die Alban mächtig verschreckten.
"Halt dich fest!", schrie sie plötzlich und gab Alban das Zeichen, tiefer zu fliegen. Alban reagierte sofort und setzte zum Tiefflug an. Naya spürte den Druck in ihren Ohren, als sie immer tiefer flogen. Hören konnte sie kaum noch etwas. Wenigstens schien es nicht zu regnen... Wieder erfasste sie eine Windböe und Naya verlor fast die Kontrolle. Alban flog nun fast im Sturzflug auf die Erde zu und Nayas Herz begann zu rasen an. Nein.. nicht schon wieder! Gleichzeitig schwor sie sich, ihr Bestes zu geben und beruhigte sich langsam. Seit ihrem letzten Sturzflug waren einige Jahre vergangen und sie hatte - Ventha sei Dank - einiges an Flugerfahrung dazubekommen.
Nach einigen weiteren quälenden Minuten konnte Naya Baumwipfel erkennen. Den Baumarten nach zu Urteilen, waren sie über dem Wald Sarius und Naya atmete tief durch. Sie glaubte sogar, in noch weiterer Ferne wieder andere Baumarten sehen zu können. War dies vielleicht der Urwald Kapayu? Es hatte sie also nicht allzu weit von ihrer Route getrieben... Schon spürte sie Albans Tiefflug stärker werden. Er wollte nur noch auf den Boden, was verständlich war. Ohne Wiederrede ließ sie ihrem Pegasi den Willen und sah ihm dabei zu, wie er eine Lichtung ansteuerte. Es war keine große Lichtung. Aber für eine Landung würde sie reichen. Einige Sekunden später prallten Albans Hufen auf den Erdboden und Naya seufzte. Ihre Nerven waren blank und auch Alban schien immer noch unter Schock zu stehen, als er endlich zum Stehen kam. Er zitterte am ganzen Leib und sofort stieg Naya herab um ihn zu beruhigen. Sie selbst war immer noch zu angespannt, um irgendwelche körperlichen Reaktionen äußern zu können. Ihr nächster Blick galt Nihil und seinem Katzenhörnchen. Das Katzenhörnchen bewegte sich leicht in seinem Beutel - wenigstens lebte es anscheinend noch. Dann erst fiel Naya erschöpft auf die Knie. Ihre Hand war immer noch taub und sie sah die Spuren der Zügel, die sie bis eben noch so krampfhaft festgehalten hatte. Ein paar Stellen bluteten sogar leicht, doch sie spürte keinen Schmerz. Es war alles gut gegangen... Sie brauchte keine Angst haben... Alles war... gut. Gerade noch konnte sie einen Schluchzer unterdrücken, so tief saß der Schock. Noch eine Bruchlandung hätte sie nicht überstanden. Vor allem wenn sie dabei an Nihil dachte. Sie würde alles dafür geben, dass ihm nie etwas passieren würde und wollte nie der Grund dafür sein, dass er Schaden nahm. Naya wartete auf Nihils Reaktion und ging in Gedanken bereits die nächsten Schritte durch. Nachdem sie sich etwas beruhigen würden, würde sie die Karte studieren und herausfinden, wo genau sie waren. Dann könnte sie weiter planen und auch auf Nihils Wunsch, Ganda zu besuchen, eingehen. Eine Rast würden sie wohl hier machen müssen. Weiterfliegen wollte sie nun keinesfalls. Irgendwie würden sie sich schon ein Lager einrichten können, hoffte Naya und atmete tief durch.

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Nihil De´val
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Nihil De´val » Montag 26. März 2012, 21:24

Der Flug verlief völlig ruhig und problemlos... zu ruhig. Gerade, als Nihil wohl eine Antwort auf sein Anliegen bekommen sollte, wurden sie plötzlich und ohne Vorwarnung von Windböe erfasst. Kurz darauf kamen weitere Böen dazu und der Himmel verfinsterte sich. Für einen kurzen Moment schätzte Nihil ab, in wie Fern er irgendwie helfen könnte, doch waren seine magischen Kenntnisse im Bereich der Windmagie bei weitem nicht ausreichend, um einen derartigen Sturm auch nur ansatzweise zu beeinflussen. Trotzdem gab er nicht auf. Er lies den Lichtzauber erlöschen und Konzentrierte sich vollends darauf, die Windböen abzufangen. Und wenn es auch nur ein Hauch war, den er den Böen entnehmen konnte, so konnte er zumindest guten Gewissens sagen, dass er sein bestes gegeben hatte.
Auf Nayas Anweisung, sich festzuhalten, reagierte der Lichtnovize augenblicklich. Seine Hände krampften sich um Nayas Hüften zusammen, seine Knie pressten sich so fest es nur ging an Alban und mit seinem Torso fixierte er noch einmal seine Tasche, in der Suki der Ohnmacht nahe war. Sie setzten zum Sturzflug an. Schlagartig fiel der Druck ab und Nihil verlor vollends die Orientierung. Er konzentrierte sich nun nurnoch darauf, nicht loszulassen und kurz bevor er an seine körperlichen Grenzen geriet, setzten sie zur Landung an. Nihil glitt von Alban herunter und prallte auf den Waldboden. Den leichten, pochenden Schmerz nahm er garnicht wahr, zu groß war der Schock. Als er langsam wieder bei Sinnen war, erkundigte er sich nach Suki. Das kleine Tierchen lag eng zusammengekauert und zitternd in seinem Beutel und traute sich erst garnicht die Augen zu öffnen. Erst, als sie die Hand ihres Herrchens spürte, die sanft über ihren Kopf streichelte, hob sie diesen und schaute verängstigt in seine Augen. Suki kroch vorsichtig aus dem Beutel und tastete sich verwirrt über den Boden. Auch Nihils Sinne kehrten langsam zurück und er stellte fest, dass der Boden auf dem sie hier standen sich vollends von dem in Hymlia unterschied. Er war so fest und feucht und.... seltsam. Dazu fühlte sich der junge Hymlianer hier auf dem Erdboden irgendwie schwerer und das Atmen fiel ihm noch etwas schwer. Alles war anders, doch darum konnte er sich auch noch später kümmern. Die anderen waren wichtiger. Sofort schritt er auf Naya zu und untersuchte sie von oben bis unten.
"Danke..... du... lass mich erst einmal deine Wunden versorgen"
Auch wenn es nur ein paar Schrammen waren und Nihil körperlich völlig erschöpft war und auch seine mentalen Fähigkeiten schon sehr erschöpft waren musste er sich um Naya kümmern. Irgend etwas musste er doch tun. Er nahm sich noch einmal zusammen und stimmte einen harmonischen, ruhigen Gesang an. Im Gegensatz zum letzten Mal dauerte es nun schon um einiges länger, bis er seine Kräfte kanalisieren konnte, zu aufgewühlt war er noch, doch langsam begann sein ganzer Körper gold-bläulich zu glimmen. Er ging vor der am Boden sitzenden Naya auf die Knie und gab ihr die heilende Umarmung. Sofort ging der leichte Schimmer auf die Hymlianerin über und all die Schrammen und kleinen Wunden schlossen sich. Ein Gefühl der Geborgenheit und wohlige Wärme blieben zurück, doch Nihil löste die Umarmung nicht mehr. Völlig erschöpft war er nach dem Wirken seines Zaubers über Naya zusammengesackt und in einen Ohnmachtähnlichen Schlaf gefallen. Auch Suki lag neben der Tasche zusammengekauert im Tiefschlaf. Jetzt brauchten die beiden erst einmal ein wenig Erholung um wieder zu Kraft zu kommen.

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Naya Shan'don
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Naya Shan'don » Dienstag 27. März 2012, 21:50

"Danke..... du... lass mich erst einmal deine Wunden versorgen", vernahm Naya und sah auf. Vor ihr stand ein sichtlich verwirrter und erschöpfter Nihil, der dennoch versuchte etwas zu machen. Einige Augenblicke später leuchtete er blau-golden auf und kniete sich vor Naya, nur um sie dann mit dem Schimmer zu umarmen. Naya spürte wieder diese Geborgenheit und Wärme, die sie bereits beim ersten Heilversuch Nihils vernommen hatte. Nach einiger Zeit verschwand der Schimmer, doch Nihil stand nicht erneut auf. Sie spürte sein Gewicht auf ihr schwerer werden. War er etwa eingeschlafen?
Sofort wurde Naya von Schuldgefühlen übermannt. Er hatte sich wegen ihr nun völlig verausgabt... Ohne lange über ihre Tat nachzudenken, schob sie ihn ganz sanft etwas weiter, bis sein Kopf auf ihrem Schoß ruhte. Er sah nun friedlich und völlig entspannt aus. Anscheinend hatte er sich übernommen und es war nur ihre Schuld gewesen. Sie strich ihm ein paar lose Strähnen aus dem Gesicht, ehe sie sich erneut umsah. Alban graste bereits völlig entspannt, als wäre nie was passiert. Das Katzenhörnchen ahmte seinem Herrchen nach, in dem es zusammengerollt neben der Tasche schlief, aus der es herausgeschlüpft war. Würde ein Fremder vorbeikommen, so würde er denken, hier würden zwei Hymlianer einfach ihren Tag genießen, wäre da nicht die Tatsache, dass sie gezwungenermaßen hier landen mussten. Naya seufzte tief und sah wieder auf Nihil herab. Wieder fiel ihr auf, dass er vollkommen anders aussah. Ein erneuter Schub an Herzklopfen wallte in ihr auf. MIt einer Fingerspitze strich sie vorsichtig über seine Wange, um sicher zu gehen, dass das hier wirklich stattfand. Als sie seine Haut spürte, zuckte sie zusammen. Sie hoffte, sie würde ihn nicht wecken und verweilte so noch eine Weile, ehe sie sich irgendwann dazu aufraffen konnte, sich vorsichtig und äußerst langsam aus dieser Position zu befreien. Als wäre Nihil der heiligste Schatz in Celcia, legte sie seinen Kopf auf den Erdboden und stand auf. Ihr Kopf drehte sich sofort, doch der Schwindel verging.
Immer noch etwas verwirrt schritt sie auf Alban zu, der sich nciht von seinem Abendbrot irritieren ließ und ergriff die Seitentasche, die immernoch um den Sattel hing. Als sie diese vom Sattel löste, sah sie hinein und holte ihre geliebte Karte heraus, die ihr ein Gefühl der Sicherheit vermittelte. Solang sie wusste, wo sie war, war sie nicht nervös oder ängstlich. Also klappte sie die bereits alte Karte auseinander und breitete sie vor sich auf den Boden aus. Es war gerade noch genug Tageslicht vorhanden, um ein wenig erkennen zu können. SIe hatte sich nicht getäuscht. Sie mussten sich irgendwo im Wald Sarius befinden. Recht nahe der Grenze zum Urwald Kapayu, wie sie abschätzen konnte. Wie es schien, hatte Ventha den Weg für sie entschieden. Von hier aus war Ganda deutlich näher, als Zyranus, was Nihil bestimmt freuen würde. Es wäre fast dieselbe Strecke, die sie auch heute geflogen waren. Naya nickte zufrieden und packte die Karte wieder in die Umhängetasche, nur um danach festzustellen zu müssen, dass Alban nicht mehr neben ihr graste. Sie sah sich kurz um, ehe sie gerade noch seinen Schweif hinter einem weiter entfernten Baum ausmachen konnte. Sie wollte ihm hinterherufen. Doch dann erinnerte sie sich an den schlafenden Nihil und unterließ einen Ruf. Sie kannte sich hier nicht aus. Sie dürfte nicht zu weit weg von Nihil gehen, aber Alban könnte sich noch schneller verlaufen... Mit einem kurzen Blick sah sie auf das Katzenhörnchen und ging dann schnellen Schrittes zu Nihil. Sie ging kurz vor ihm auf die Knie und beugte sich runter.
"Ich muss Alban zurückholen. Ich bin gleich wieder da.", flüsterte sie und und hauchte Nihil dann - ohne zu Überlegen was sie da eigentlich tat - einen winzigen Kuss auf die Wange. Dann stand sie einfach wieder auf und rannte Alban hinterher. Nach einigen Augenblicken erreichte sie die Stelle, an der sie Alban zuletzt gesehen hatte. Vor ihr wuchsen riesige Bäume, die dicht einainder gereiht waren. Feiner Nebel schwebte um die Bäume herum und verlieh Naya Gänsehaut.
"Alban?", rief sie kleinlaut und hoffte auf ein Zeichen seinerseits. Doch es blieb stumm. Es war mittlerweile schon fast dunkel und kühl war es zudem auch noch geworden. Doch Naya musste Alban finden. Wieder rief sie nach ihm, diesmal lauter. Und wieder blieb alles stumm. Dann trat sie durch die Bäume. Vor ihr erstreckten sie noch mehr Bäume, die mit Büschen umrandet waren. Alban könnte sich hier leicht verletzen und dieser Gedanke trieb Naya in den Wahnsinn. Ihr Herz begann zu rasen und ihre Schritte wurden schneller. Wo war dieser neugiere Pegasus nur hin?...

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Nihil De´val
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Nihil De´val » Montag 2. April 2012, 22:31

Eine tiefe Schwärze umhüllte Nihil, als er seine Augen öffnete. Vor ihm stand ein Mann. Hochgewachsen und stolz blickte dieser in die Schwärze scheinbar durch den Hymlianer hindurch. Langsam ging er auf den scheinbar unbekannten zu und auch dieser bewegte sich. Es schien so, als würde er sein Spiegelbild sehen und doch war ihm diese Person unbekannt. Als er den Mann erreichte, sah er vor sich das Gemälde seines Vaters, das seine Mutter gezeichnet hatte, doch auf diesem Gemälde war nun nicht länger Nathanael, sondern Nihil zu sehen. In verworrener Weise schien es, als würde er mit seinem Vater die Rollen tauschen. Mal sah er sich, mal wieder seinen Vater in den verschiedensten Situationen und plötzlich stand er direkt vor ihm. Nathanael beugte sich zu seinem Sohn vor und flüsterte ihm ein paar Worte ins Ohr.
"Komm zu mir..."
Nihil wollte etwas erwiedern, als plötzlich ein lautes Rauschen seine Sinne betäubte und ihn wieder in Schwärze hüllte.

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Nach Luft schnappend, als wäre er dem Ertrinken nahe gewesen, öffnete Nihil seine Augen. Er fand sich auf einer Lichtung wieder in einer ihm völlig fremden Umgebung.
Was war das gerade???? Ein Traum?! Eine Naricht?! Eine Vision?!
Er fasste sich an den Kopf und versuchte ein wenig zur Ruhe zu kommen. Langsam kamen auch seine Erinnerungen an die Bruchlandung zurück. Aber wo war Naya? Als er auch Alban nicht sehen konnte, packte ihn die Angst, dass Sie ihn hier zurück gelassen hatten... aber warum?
Nihil ging zu seiner Tasche und hing sie sich um. Suki, die gerade erst erwacht war, sah sich genauso verwirrt um und kletterte dann zu ihrem Herrchen auf die Schulter.
Der junge Lichtnovize beschloss, erst einmal in der näheren Umgebung nach Naya zu suchen. Weit konnte sie ja noch nicht sein. Er sah zu Suki und lächelte sie an.
"Hilf mir meine kleine. Hilf mir Naya und Alban zu finden. Wenn du sie noch riechen kannst zeig mir ihre Spur"
Wären sie in Hymlia, so wäre es für alle wieder ein handfester Beweis gewesen, dass Suki nicht nur irgend ein Haustier war, sondern eine ganz besondere Verbindung zu Nihil hatte. Intelligenz ´funkelte in ihren Augen und als hätte sie jedes Wort verstanden, sprang sie mit einem Satz von Nihils Schulter und streckte ihre Nase in die Höhe. Dann lief das kleine Tierchen los und führte ihren Herrn durch das Labyrinth von Bäumen. Nach einigen Minuten entdeckte Nihil einen schwarzen Schweif, der zwischen den Bäumen umherhuschte.
"Alban"
Eilig huschten die beiden dem Pegasus hinterher, bis hin zu einer kleinen, glasklaren Quelle, die einem Fels entsprang. Der Pegasus stoppte und stärkte sich an dem kristallklaren, kühlen Wasser, doch wo war Naya. Suki sprang ohne zu zögern auf den Rücken von Alban und kletterte auf dessen Kopf, dann schien es so, als würden sich die beiden Tiere unterehalten, da beide abwechselnd immerzu die verschiedensten Geräusche von sich gaben. Nihil war sich sicher, dass Naya irgendwo hier in der Nähe sein musste und sicher gleich auftauchen würde. Er ging ebenfalls zur Quelle und zog sich sein Oberteil aus, um sich etwas zu erfrischen und sich den Schlaf aus den Augen zu waschen. Dann öffnete er den Zwirn, der seine Haare zusammenhielt, und die wilde Mähne fiehl ihm wieder ins Gesicht. Nihil benetzte seine Haare und seinen Oberkörper und lies sich dann zufrieden ins Gras fallen. Suki und Alban spielten nun scheinbar miteinander und Naya würde sicherlich gleich auftauchen.

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Naya Shan'don
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Naya Shan'don » Dienstag 10. April 2012, 08:37

Naya irrte eine Weile umher, in der Hoffnung, auf Albans Spur zu sein. Eine Weile verging, ehe sie die Luft anhielt und ihren Augen nicht traute. Zwischen den Bäumen, die direkt vor ihr aus dem Boden ragten, bildete sich eine Lichtung heraus. Eine Quelle entsprang dort und bildete einen winzigen See. Naya bemerkte erst jetzt, dass sie durstig war und schluckte schwer. Tatsächlich konnte sie Alban nun ausmachen. Doch er war nicht allein. Nihils Katzenhörnchen tänzelte auf seinem Kopf herum und Naya lächelte fast. Nihil müsste also auch hier sein. Er würde vermutlich nicht ohne seinen winzigen Begleiter fortgehen. Also trat Naya vor und suchte nach ihm.
Als sie ihn auf dem Gras liegen sah, blieb ihr Herz stehen. Er hatte kein Oberteil an und sein Körper war mit Wasserperlen besetzt. Hatte er etwa - bei dieser Kälte - ein Bad genommen? Naya wurde erneut rot und schimpfte nun selbst über sich. Wenn sie nur nicht immer so rot werden würde.... Dann schüttelte sie ihren Kopf und ein paar blonde Strähnen fielen ihr ins Gesicht, die sich sofort wieder aus dem Weg strich. Sie müsste sich beruhigen. Sie war eine erwachsene Frau, ja, sogar eine Himmelsreiterin! Sie dürfte sich nicht von solch einem Anblick aus der Fassung bringen lassen. Mit neu gewonnenem Mut, stampfte sie nun auf Nihil zu und ballte ihr Hände zu Fäusten.
"Du...", ihre Stimme fiel in sich zusammen, als sie nun vor ihm stand und auf ihn herunterblickte. Verlegen räusperte sie sich und sah gezwungenermaßen zu Alban und seinem neuen Spielgefährten.
"Du!", sagte sie diesmal lauter und wollte sichergehen, dass ihre Stimme normal klingen würde, wenn sie weitersprechen wollte, weshalb ihr "Du" etwas fehlt am Platz wirkte und aus dem Zusammenhang gerissen schien. "Verkühlst dich noch...", fuhr sie fort und räusperte sich erneut, ehe sie bereits bemerkte, dass ihre Wangen rot glühten. Verdammte Scham!, wieder fluchte sie über sich selbst, ehe sie - sichtlich verwirrt - auf den Felsen mit dem Quellenursprung zu ging und beide Hände, wie ein Gefäß, vor die Quelle hielt, nur am einige Augenblicke später von dem herrlichen Wasser zu kosten. Sofort fühlte sie sich belebt und - vorallem - nicht mehr so nervös. Mit einem zufriedenen Lächeln drehte sie sich wieder zu Nihil und atmete tief durch.
"Wir sollten uns ein Nachtlager suchen.", sagte sie dann ruhig und ging dann zu Alban, um ihm den Hals zu streicheln.
"Und du ... solltest nicht mehr alleine weggehen...", flüsterte sie dann zu Alban und war sichtlich froh darüber, ihn wieder an seiner Seite zu haben.

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Nihil De´val
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Nihil De´val » Samstag 14. April 2012, 06:11

Es war etwas frisch, doch das störte den jungen Hymlianer nicht weiter. In den luftigen Höhen Hymlias war es auch manchmal ziemlich kalt und trotzdem war dies kein Grund für den Lichtnovizen, nicht pünktlich zu seiner Lehreinheit zu kommen. So lag er nun auf der Wiese und driftete ein wenig ab, als er spürte, dass sich ihm etwas näherte. DIe Augen geschlossen, wartete er darauf, dass dieser jemand oder etwas nah genug an ihm war, um reagieren zu können. Innerlich bereitete sich gerade jede Zelle seines Körpers darauf vor, einen Kampf gegen irgendein Ungetüm der Bodenwelt auszutragen. ALs er dann schließlich eine zittrige Stimme hörte, die er als Naya ausmachen konnte, öffnete er die Augen, sprang auf die Beine und umarmte sie.
"Da bist du ja... du kannst mich doch nicht einfach so alleine lassen..."
letzteres sagte er mit einem neckischen Grinsen auf den Lippen. Schließlich löste er sich wieder von ihr und ging zu Alban.
"Ja ein Nachtlager können wir aufschlagen, doch sollten wir besser so bald als möglich wieder aufbrechen.... nicht, dass wir uns wieder verlieren."
Nihil setzte sich auf den Boden, zog sich sein Oberteil wieder über und holte sein Notizbuch aus seiner Tasche. Er schlug es auf und studierte die verschiedenen Zauberbeschreibungen und Nebennotizen, die er immer zu Papier gebracht hatte. Kurze Zeit später erhob er sich dann jedoch wieder und ging zielstrebig auf Naya zu. Er fasste schnell nach ihrer tauben Hand und hob sie an. Mit einem lächeln auf den Lippen blickte er darauf und studierte sie.
"Ein jeder Magier hat seine eigene Note, die sich in der Wirkung und Art seiner Zauber zeigt. Zwei Magier der selben Klasse wirken ein und den selben Zauber und trotzdem wirken beide sowohl optisch als auch in ihrer Art völlig unterschiedlich..... hat man einen neuen Zauber erlernt, so muss man erst seine eigene Note darin einbringen, um die optimale Wirkung zu erreichen. Ich denke, wenn ich meine eigene Note in den Unterstützungszauber gelegt habe, wirst du deine Hand besser und länger spüren können als bis jetzt.
Er lies die Hand wieder nach unten gleiten und blickte Naya freudig an.
"Wir beide schaffen das schon"

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Naya Shan'don
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Naya Shan'don » Sonntag 22. April 2012, 18:44

Naya staunte nicht schlecht, als Nihil sie einfach mal umarmte. Sofort wurde sie wieder nervös und räusperte sich vor lauter Verlegenheit. Dann ließ er sie los und ging zu Alban. Er war mit dem Nachtlager einverstanden. Naya war froh. Weiterfliegen wollte sie jetzt nicht, zumal die Dunkelheit eingebrochen war. Naya beobachtete Nihil. Er zog sich wieder an und studierte ein Buch auf, dass er konzentriert studierte. Schulterzuckend wandte sie sich Alban zu und streichelte ihm sanft über den Hals. "Morgen früh gehts weiter, mein Großer.", sagte sie kaum hörbar und lächelte. Sie war gespannt, was die Reise noch bringen würde.
Plötzlich wurde sie um ihre eigene Achse gedreht und blickte direkt in Nihils Augen. Er hielt ihre Hand fest und hob sie an. Dann lächelte er und studierte sie.
"Ein jeder Magier hat seine eigene Note, die sich in der Wirkung und Art seiner Zauber zeigt. Zwei Magier der selben Klasse wirken ein und den selben Zauber und trotzdem wirken beide sowohl optisch als auch in ihrer Art völlig unterschiedlich..... hat man einen neuen Zauber erlernt, so muss man erst seine eigene Note darin einbringen, um die optimale Wirkung zu erreichen. Ich denke, wenn ich meine eigene Note in den Unterstützungszauber gelegt habe, wirst du deine Hand besser und länger spüren können als bis jetzt.", sagte er und Naya blickte ihn verwirrt und völlig nervös an. Eigene Note... das klang so vertraut und... intim. Sie wurde sofort wieder rot, als sie spürte, dass Nihil ihre Hand losließ, die langsam wieder an ihre Seite sank.
"Wir beide schaffen das schon", sagte er schließlich und Naya nickte. Sie war Ventha dankbar, dass Nihil an ihrer Seite war. Alleine wäre diese Reise bei weitem nicht so toll, wie mit Nihil. Dann konnte sie sich selbst ein Lächeln aufzwängen und sah sich um.
"Hier... ist doch ein gutes Plätzchen.", stellte sie fest. Es war genug Wasser in der Nähe. Die Bäume und die Büsche würden auch vor Kälte und Wind schützen. Sie ging auf Alban zu, befestige ihn schnell und sicher an einem Baumstamm und holte dann einen Reiseumhang aus dem Beutel, der an Albans Sattel hing. Fest umklammernd ging sie zu Nihil und zeigte ihm diesen.
"Darauf müssen wir heute wohl schlafen...", stammelte sie und sah wieder auf den Boden. Dann ging sie auf einen Baum zu und breitete den Reisemanten aus, auf den sie sich sogleich niederließ. Erst jetzt bemerkte sie, wie müde sie eigetnlich war. Sie legte sich auf die Seite, hob ihre Knie an, die sie mit ihren Armen dann leicht umarmte und versank in einen traumlosen Schlaf.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Der nächste Morgen brach an und weckte Naya eher unsanft. Es war kühl und die Feuchigkeit des Erdboden hatte sich durch den Reisemantel gearbeitet. Naya stand langsam auf und bemerkte, dass sie Kopfschmerzen hatte. Stöhnen raffte sie sich auf und ging zur Quelle, um sich das Gesicht zu waschen. Das Wasser war eisig und weckte sie auf, verstärkte jedoch gleichzeitig ihre Kopfschmerzen. Sie seufzte. Was würde sie heute Nacht für ein ordentliches Nachtlager tun.... Ein weiches Bett... in einem warmen Zimmer... Sofort fühlte sie sich etwas besser und sah zu Alban, der - Ventha sei Dank- noch an selber Stelle stand. Sie tätschelte seinen Kopf und befreite ihm vom Baum. Dann holte sie nochmals die Karte aus der Satteltasche, um die Route nun genau planen zu können.

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Nihil De´val
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Nihil De´val » Freitag 27. April 2012, 17:42

Nihil machte sich sofort daran, sich vollends auf den Zauber zu konzentrieren, als wolle er ihn wirken. Als er jedoch die Kräfte dafür kanalisiert hatte, lies er sie durch jede Pore seines Körpers fahren und stimmte sich genau darauf ein. Bei simplen Zaubern war dies noch relativ leicht. Erst bei den komplizierteren Zaubern würde es schwerer werden, sich auf auf den Zauber einzustellen und seine persönliche Note hinzuzufügen. Palanthor hatte einmal erzählt, dass es einige Zauber gab, für die er mehrere Monate intensives Training benötigt hatte, um sich darauf einzustellen.
Nihil erhob sich wieder und ging zu Naya.
"Morgen früh werde ich deine Hand wieder für eine Weile bewegungsfähig machen"
Als sie den Reisemantel ausgebreitet hatte, musste der unge Hymlianer schmunzeln. Viel Platz war darauf nicht. Er wartete darauf, dass Naya sich hingelegt hatte, und legte sich dann in Löffelchenstellung von hinten an sie heran. Seinen Arm legte er um ihre Hüfte und schmiegte seinen Körper an den ihren - natürlich ohne Hintergedanken.
"So... jetzt sollte keiner von uns über nacht unterkühlen. Gute Nacht Naya...

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Als Nihil am nächsten Morgen seine Augen öffnete, stellte er schnell fest, dass Naya nicht mehr an seiner Seite lag. War sie etwa schon wieder verschwunden???? Er erhob sich und stellte fest, dass ihm jeder Knochen weh tat. Die Nacht auf dem harten Waldboden überhaupt auf dem BODEN schien ihm nicht sonderlich gut bekommen zu sein. Der junge Lichtmagier streckte sich und sah sich um. Erleichtert stellte er fest, dass Naya ein paar Meter entfernt auf dem Boden sahs und die Karte studierte. Er näherte sich von hinten und ging neben ihr in die Hocke
"Guten Morgen. Ich hoffe die Nacht war für dich erholsamer als für mich. Ich würde sagen wir essen erst einmal eine Kleinigkeit, dann kümmere ich mich um deine Hand und danach sollte einem Weiterflug nichts mehr im Weg stehen"
Mit diesen Worten ging Nihil zu dem Rucksack, dem ihm seine Mutter mitgegeben hatte und holte etwas Brot, Käse und Trockenfleisch heraus. Er gab Naya einen Teil ab und teilte seine Portion mit Suki. Als er gesättigt war, wandte er sich der Himmelsreiterin zu. Er umfasste ihre Hand und stimmte einen harmonischen, magischen Gesang an. Währenddessen, streichelte er immer wieder mit beiden Händen über Nayas Hand, von der ein leises Knistern ausging und die langsam begann zu glimmen. Plötzlich hielt Nihil inne und senkte seinen Kopf hinunter zu der Hand der Hymlianerin um sanft darüber zu Hauchen. Es fühlte sich so an, als würde eine frische Brise an einem heißen Sommertag über Nayas Haut fahren und das Gefühl in ihre Hand zurückgleiten. Zufrieden lächelte Nihil, als er spürte, dass sein Zauber gelungen war und erhob sich, um geraden Schrittes auf Alband zuzugehen.
"Das wäre geschafft... na dann auf auf"

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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Sonntag 6. Mai 2012, 22:34

Wenn man daran gewöhnt war, jede Nacht in einem weichen, warmen Bett zu verbringen, war es eine ganz ordentliche und vor allem brutale Umstellung, plötzlich auf dem harten Boden in einem kalten, feuchten Wald zu nächtigen. Für Naya, die mit ähnlichen Umständen bereits Erfahrung gemacht hatte, war es zwar nicht ganz so schlimm, wie für Nihil, aber trotzdem hinterließ so eine Nacht auch bei ihr deutliche Spuren. Dabei konnten sie noch von Glück sprechen, dass sie nur ein wenig durchnesst und steif waren. Genau so gut hätten se sich auch Unterkühlungen zuziehen können oder im Schlaf von Waldbewohnern überrascht worden sein. Aber vor beidem waren sie glücklicherweise verschon geblieben und ein paar schmerzende Knochen würden keinen der beiden umbringen. Es war doch eher eine Lektion, dass das Leben nicht überall so angenehm war, wie in der Stadt über den Wolken.
So unsanft die Nacht selbst auch gewesen sein mochte, so schön war dafür der Morgen. Es war zwar noch ein wenig frisch, aber die Sonne lachte bereits kräftig am Himmels und kündigte einen warmen Tag an. Der Wind war noch erfüllt von dem Geruch nach Regen, aber abgesehen von ein wenig Tau auf den Blättern der Büsche, war alles trocken. Es gab kein Anzeichen mehr von dem Unwetter, dass sie am vorigen Abend zu diesem Zwischenstopp gezwungen hatte. Es waren die Perfekten Vorraussetzungen, um die Reise fortzusetzen. Aber zuvor galt es natürlich die eine oder andere Kleinigkeit zu erledigen. Frühstücken stand dabei ganz oben auf der Liste. Solange sie am Boden waren, mussten sie das ausnutzen, denn auf Albans Rücken war es sehr schwer, etwas zu sich zu nehmen. Zwar fiel die Mahlzeit ein wenig schlicht und dürftig aus, aber die Proviantrationen reichten zumindest aus, um ihre Mägen zu füllen. Währenddessen untersuchte die junge Himmelsreiterin ihre Karte und legte die Reiseroute fest. Auf Nihils bitten hin änderte sie das nächste Ziel von Zyranus nach Ganda. Wie lange sie in dem großen Handelsdorf bleiben würden, stand zwar noch nicht fest, aber der Aufenthalt wäre sicherlich kürzer als in Zyranus, daher war dieser Entschluss nur logisch. Als die Hymlianerin endlich alles erforderliche festgelegt hatte, kam der Höhepunkt des Morgens, in dem der Lichtmagiernovize die Hand seiner Begleiterin abermals heilte. Tatsächlich war sein Zauber dieses mal bereits ein wenig stärker, als am Tag zuvor, aber trotzdem würde die Wirkung schneller verfliegen, als beiden lieb war. Aber zumindest den Flug über, sollte Naya keine Probleme mehr haben. Aber eventuell würden diese kommen, wenn Nihil den Belebungszauber noch häufiger einsetzte. Palanthor hatte es ihm einmal erklärt. Wenn man nur die Symptome und nicht den Ursprung mit Magie bekämpfte, konnte es sein, dass der Körper gegen den Zauber immun wurde. Bei zwei Fast-Heilung bestand da natürlich noch keine Gefahr, aber wie oft Nihil seiner Freundin noch helfen konnte, war ungewiss.
Ohne hektik brachen die beiden Hymlianer ihr Lager ab und verstauten wieder alle ihr Hab und gut in ihren Reisetaschen oder den Satteltaschen des schwarzen Pegasus’. Nachdem sie sichergegangen waren, nichts vergessen zu haben, schwang sich Naya in den Sattel und zog Nihil hinter sich auf Albans Rücken. Der Pegasus schnaubte ungeduldig und scharte mit den Hufen, begierig darauf sich wieder in die Luft zu erheben. Suki hingegen wirkte nicht sonderlich begeistert. Die kleine Katze hatte sich in Nihils Tasche versteck und wollte nicht mal mit dem Köpfchen raus gucken. Dann ging es endlich weiter! Alban musste zwar ein paar Runden um die Lichtung drehen, ehe er genug Geschwindigkeit gesammelt hatte, aber dann ging es wieder hinauf in den Himmel, der Sonne entgegen.

[Weiter geht’s für Naya und Nihil hier: Das Königreich Jorsan ‹ Das Handelsdorf Ganda ‹ Das Dorf auf dem ein Fluch lag]
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Freitag 13. Oktober 2023, 22:00

Synnover kommt von: Unterwegs im Sarius

Synnover rannte so schnell er konnte. Er sah weder wohin noch wie weit. Er rannte, schlug Haken und änderte die Richtungen, bis seine Lungen brannten und seine Beine zitternd nachgaben, sodass er fiel. Er rollte eine winzige Böschung hinunter und landete daraufhin mit seinen Beinen im moorigen Gewässer. Es roch strenger als der Erdboden und war klamm, doch es klärte auch den panischen Verstand. Syn konnte nichts hören, sofern er lauschte. Da waren lediglich unheimliche Geräusche von Käuzen und das Schlagen von Flügeln. Fledermäuse, Eulen und anderes Getier, das in der Nacht ihre Hochzeit hatten. Auch sah er weder einen Feuerschein, der auf ihr Lager hindeutete oder gar auf die Richtung, in der es liegen könnte. Es konnte nichts ausmachen, was ihm einen Hinweis darauf gab, wo er sich befand und wie weit weg er seine Freunde zum Sterben liegen gelassen hatte. Was war eigentlich geschehen? War er verletzt? Nur langsam sank der Stresspegel wieder und ließ auch Gedanken zu, die rationaler und vor allem Überlebenswichtig wären. Er hörte keine Verfolger oder Rufe jener. Er hatte nicht einen der Angreifer sehen können, sondern war ihnen entkommen, so wie er es jahrelang in der Arena getan hatte. Ob Razag und Crystin tot waren? Egal – er war entkommen, in Sicherheit. Er war…. Allein. Schutzlos, mehr denn je, denn auch seine Habe lag noch am Lagerplatz. Es war kalt und dunkel, denn seine Kleidung war vollkommen verdreckt, hier und dort zerrissen. Er besaß die eine oder andere Schramme, aber nichts, das ihn in nächster Zeit dahinraffen würde. Er hatte überlebt. Wie er es immer tat. Vielleicht dachte er darüber nach, was geschehen war, oder er wollte zurück, den Weg finden und sehen, wie es seinen Freunden ging. Freunde… Nein. Freunde waren sie nicht. Und Zarrah? Wo war seine ehemalige Herrin bei all dem? Hatte man sie erwischt? War sie… ebenfalls tot? Es mussten viele Gedanken sein, die sich in seinem Verstand tummelten, oder aber er war zu erschöpft. Ganz gleich… Synnover wusste nur eines: Er war allein, mitten in einem Wald… war er… frei?
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Samstag 14. Oktober 2023, 08:39

Er wollte nicht sterben! Nicht so und nicht hier - armselig und plattgedrückt vom Körper eines dahingerafften Orks. Was hatte er gekämpft. Was hatte Syn gerungen, gegen ihn in der Arena anzukommen. Zwei Mal hatte er sich mit Raz'ulak dem Furchtlosen gemessen. Beide Male war der Ork zu stur oder dumm gewesen, um einfach zu sterben und nun war er von Pfeilangriffen aus dem Dunkel vernichtet worden? Lächerlich, allerdings nicht, worüber Syns Verstand sich derzeit Gedanken machte. Er dachte überhaupt nicht nach. Stattdessen war sein komplettes Sein Sklave der eigenen Panik. Sie wütete in ihm, tobte und machte ihn fast blind. Er zappelte, eingeklemmt unter Razag wie ein Käfer unter der Pranke einer spielerischen Katze, bevor ihr Hunger sie zur letzten Tat zwingen würde.
Nein, so hatte er nie sterben wollen. Ihm war schon immer klar gewesen, dass er sein Ende in der Schwarzen Arena fände. Zumindest hatte er sich darauf vorbereitet, seit er zum Eigentum der Nachtklingen geworden war. Davor hatte er tatsächlich nicht einmal über den Tod nachgedacht. Jugend und der bloße Wunsch, einen Tag ohne Schmerzen, Angst und Hunger einfach nur zu überstehen waren sein Leben lang bis dahin stete Begleiter. Nein, an den Tod hatte der kleine Synnover nie gedacht, ansonsten ihn wahrscheinlich mit offenen Armen begrüßt. Sollte er es jetzt tun? Sollte er einfach aufgeben? Es hatte keinen Sinn mehr, er kam unter Razags Masse einfach nicht frei. Er sollte es sein lassen...
Und welchen Sinn hattest du dann?
Ein Funke regte sich. Sein Leben war nicht gerade wertvoll gewesen, niemals bisher. Er kannte seinen Platz, aber er hatte sich nicht in Wehleidigkeit ergeben. Er hatte sich nicht brechen lassen, sondern sich stattdessen mit seinem Schicksal arrangiert. Er hatte immer das Beste aus der Situation gemacht. Das Beste für sich! Er hatte es als einziger Sklave Morgerias wohl geschafft, seinen Stand zu genießen ... irgendwie. Auch hier trug er eine Maske und war kaum gewillt, sie abzunehmen. Doch sie hatte mit Zarrahs Auftrag zu bröckeln begonnen. Er hatte die Weite des gesamten Himmels durch die feinen Risse gesehen. Er hatte einen Sinn gesehen, nicht Matsch des Waldes zu sterben. Er sah ihn jetzt. Es war der kleine Funke, der aus dem Wirbel der Panik heraus sprang, um sich mit allen Mitteln zu befreien.
Es funktionierte sogar! Syn konnte es kaum glauben, aber plötzlich nahm das Gewicht auf ihm etwas ab. Es war gerade genug, dass er sich mit Händen und Füßen unter Razag hervor wühlen konnte. Instinktiv verhielt er sich seinem Namensgeber getreu. Er schlug Haken und sprang in die Wälder davon, ein mattweißer Fleck vor dem nächtlichen Hintergrund.
Er rannte und rannte, ohne sich umzusehen. Er spürte, wie unter seinen Stiefeln Äste knackten oder weiche Pfützen erneut drohten, ihn im Boden versinken zu lassen. Mehr als einmal stürzte er, rappelte sich aber immer wieder auf, um anschließend die Richtung zu wechseln. Als er mit einem Baum zusammenstieß und benommen zur Seite strauchelte, gab der Boden unter seinen Füßen nach. Synnover stürzte eine Böschung herab und landete in irgendeinem sumpfigen Uferstück. Kälte kroch seine Beine empor, machte sie fast taub, aber erstmals beruhigte sich dadurch auch die Angst, die ihn getrieben hatte. Er schlotterte, umklammerte sich selbst, nur um im nächsten Moment sogar die Luft anzuhalten. Er kauerte sich zusammen und schwieg. Er lauschte, doch bis auf das Rauschen in seinen Ohren vernahm er nichts. Trotzdem wagte er kaum, ein Geräusch zu verursachen. Hatte er die Angreifer abgeschüttelt?
Wie lange Syn so im Wasser saß, wusste er nicht. Erst als er das Zittern vor Kälte gar nicht mehr unterdrücken konnte, entschloss er sich, der Nässe zu entkommen und watete bis zur nächstbesten Stelle in der Dunkelheit, die sich trockener anfühlte. Sobald er wieder richtigen Boden unter sich hatte, blieb er liegen, umarmte sich und versuchte, durch Reibung wieder Leben in seine Glieder zu bekommen. Noch handelte er nahezu instinktiv, war aber nicht länger von seiner Panik getrieben. Das Wasser hatte sie fortgejagt, so wie er von den unsichtbaren Angreifern gejagt worden war. Langsam verarbeitete er die Ereignisse.
Ihr hergerichtetes Lager ... Zarrahs Verschwinden ... ein Angriff aus dem Hinterhalt und tödliche Pfeile. Er war fortgelaufen, entkommen. Er war...
"Frei?" Syn erschreckte sich selbst über seine mickrige, kratzige Stimme. Er zuckte zusammen, jenseits aller Freude über das Gewonnene. Denn über allem lag ein Schatten. Freiheit ... das versprach man auch jenen, die man in die Tote Ebene entließ. Drei Tage und Nächte mussten sie durchhalten, um anschließend wirklich frei zu sein. Wie lange waren wir unterwegs?
War es nicht drei Tage her? Und seine Herrin hatte sich mit knappen Worten aus dem Staub gemacht. Ihre Freiheit, seine jetzige Freiheit war genauso erlogen wie ganz Morgeria. Es gab keine Freiheit für Opfer der Großen Hatz. Syn kniff die Augen zusammen. Er begann zu lachen und zu husten. Beides klang kläglich in seinen Ohren. Er rollte sich auf den Bauch, damit der Boden seine Tränen schlucken konnte. Es war alles nur ein Spiel. Sie hat uns begleitet, uns in falscher Sicherheit gewiegt und ist dann verschwunden, damit ihre Jäger den Rest erledigen konnten...
Er weinte lang, fühlte sich verraten und einsam. Und er war wütend über seine eigene Dummheit, Zarrah auch nur eine Sekunde lang vertraut zu haben. Er hätte gleich zu Karrish zurückkehren und ihm beweisen sollen, dass er noch lebte. Karrish ... sein Herr ahnte sicherlich nichts von alledem. Sein Kaninchen lebte noch und ließ sich von der Schwester durch die Wälder hetzen, bis es an einem Pfeilschuss krepierte! Sein ... Gladiator lebte noch. Es musste so bleiben!
Langsam rappelte Synnover sich auf. Er spürte seinen Körper kaum mehr, da war nur dieser taube Schmerz, der sich über alles legte, außer über seinen WIllen. Irgendwie schaffte er allein es, ihn zurück in den Stand zu bringen. Trotzdem fühlte er das Zittern seiner Knie. Jeder Schritt war schwer wie Blei. Er brauchte einen sicheren Unterschlupf, wenn er die Nacht überstehen wollte. Leider sah er in der Finsternis absolut nichts. Mit ausgestreckter Hand tastete er in die Leere vor sich, bis er irgendetwas zum Greifen bekam, an dem er sich orientieren konnte: Felsen, Bäume, Sträucher. Blind trottete er weiter, ohne die Richtung zu kennen. So bekam er Zeit zum Nachdenken, es gab in der nächtlichen Finsternis ohnehin keine Alternativen.
Und wenn ich mich irre? Wenn es doch nur ein Angriff von den Verfolgern war, von denen Zarrah sprach? Wenn .. ich ihr Unrecht tue? Syn blieb stehen. Er spähte über die Schulter zurück. Nichts, nur Dunkelheit. Er hätte in jede Richtung schauen und das gleiche Ergebnis erhalten können. Sollte er zurückgehen? Zu spät. Crystin und Razag sind tot... Und er war einfach davongelaufen. Er spürte keine Reue. Es war um sein Überleben gegangen und Razag hatte ihm das sogar noch erschwert, als er sich einfach hatte treffen lassen, um auf ihn zu stürzen! Syn zuckte zusammen. Er hat lauthals nach Frieden gerufen. Er hat ... versucht, mir ein lebendes Schutzschild zu sein? Das Kaninchen sog die Luft ein, schüttelte den Kopf und wischte sich mit der Hand durch das Gesicht. "So ein Idiot", murmelte er. Sein Hals kratzte. Er schaute wieder über die Schulter zurück. Es war unsinnig, umzukehren. Es war Selbstmord, weil er seinen Häschern dann nur in die Arme laufen würde. Er musste zusehen, dass er die gewonnene Freiheit nutzte. So lange es ging. Niemand würde ihm nachjagen. Er war wirklich ... frei?
Syn setzte seinen Weg fort, bis er erneut stehenblieb. Er war frei ... und allein... außerdem...
Wiederholt glitt sein Blick nach hinten. Vor seinem geistigen Auge sah er sich selbst und wie er Zarrah die Hand auf ihren Schopf legte. Er erinnerte sich an die Weichheit ihrer Haare, an ihren fast schon überraschten Blick ob der Geste und diesem kurzen Funkeln in ihren Augen ob seiner Worte: Du bist meine Herrin, ich beschütze dich.
"... mit meinem Leben." Selbst, wenn du mich verrätst und verkaufst. Das ... muss ich hinnehmen. Was sollte ein Sklave sonst erwarten? Mit rasselndem Atem keuchte er auf. Er machte wieder zwei Schritte in Richtung dessen, was Freiheit ihm bieten mochte. Dann blieb er stehen, wirbelte herum, ging die Schritte zurück und haderte. Er drehte sich im Kreis, tigerte eine Weile ratlos und verzweifelt in der Dunkelheit umher. Schließlich ließ er die Schultern hängen. "Mein Leben gehört nicht mir." Er musste lachen. Was immer Zarrah versuchte, ihm einzureden, es war gelogen. Es gehörte nicht ihm, denn sie hatte es bereits an sich gebunden. Warum sonst drehte er nun wieder um, um zurück zu stapfen? Oder zumindest in jene Richtung, in die er das Zurück vermutete. Vielleicht fand er das Lager wieder. Vielleicht fand er Zarrah dort, wie sie die Verfolger hingerichtet hatte. Und wenn nicht ... wenn sie dort stand mit ihren Verbündeten, Razags abgetrennten Kopf in Händen wie eine Trophäe ... dann würde er sich hinzugesellen. So wie es seine Herrschaft wünschte. Was hatte er schon für eine Wahl?
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Sonntag 15. Oktober 2023, 21:55

Synnover kannte die Panik gut. Sie war wie eine alte Freundin, die sich immer mal wieder blicken ließ. Meistens zu den unpassendsten Momenten. In seiner Kindheit hatte er sie öfter gesehen, denn wenn er in den Schrank eingesperrt wurde, dann war auch sie ständig dabei. Jetzt aber hatte sie sich bereits lange nicht mehr richtig blicken lassen. Nur, um mit voller Wucht wieder da zu sein und ihn auf eine Weise zu überraschen, die gänzlich neue Kräfte in ihm wachrief. Synnover ahnte nicht mal, was ihm eigentlich da geholfen hatte, das Gewicht des bewusstlosen Orks zu heben, um darunter hervorzukriechen. Syn nutzte die Gelegenheit, fragte nicht lange nach, sondern handelte. Er grub sich unter dem Ork heraus, sodass seine Kleidung dreckig und seine Fingernägel schwarz wurden. Doch was kümmerte es ihn? Purer Instinkt ließ ihn handeln und der drängte nur noch zur Flucht. Syn lief und lief und lief, bis er überhaupt nicht mehr wusste, wo er eigentlich war. Der Fluss, auf dem sie gereist waren, den gab es längst nicht mehr. Er rannte nicht mit einem Ziel – er wollte nur noch weg. Weg von Pfeilspitzen, denen auch er nicht gut ausweichen könnte und die seine zarte, helle Haut sehr viel schneller durchbohren würden als Razag’s. Und jenen hatte es schließlich auch erwischt. Das Kaninchen hielt erst an, als das Herz schnell wummerte, die Lunge brannte und der Mund so trocken war, dass er glaubte nie wieder sprechen zu können. Er verfehlte einen sicheren Tritt und fiel in einen Tümpel, sodass das eiskalte Nass seinen Verstand zu klären begann. Endlich ließ der abebbende Fluchtinstinkt wieder Gedanken zu und jene rutschten auf eine Weise ins Dunkel ab, die nur nachvollziehbar waren. Endlich ergab alles einen Sinn! Natürlich war Zarrah nicht, was sie vorgab zu sein. Was sie heimlich, zwischen den Zeilen versprach. Sie war… sie war einfach nicht anders! Es war alles abgesprochen. Sie gaukelte ihnen vor, dass sie frei wären, um im rechten Moment das Weite zu suchen und dann rücksichtslos aus dem Hinterhalt anzugreifen. Es war nur ein perfides Spiel, bei dem einzig und allein ihr aller Leben ausgehaucht werden würde, zur Belustigung und Ertüchtigung gelangweilter Reiche! Zarrah gehörte zu ihnen. Sie war Tochter der Nachtklingen und Syn hatte geglaubt, sie würde etwas ändern. Er hatte angefangen zu glauben… aber jetzt konnte er sich den Schleier der Hoffnung selbst von den Augen reißen. Zurückgehen kam nicht in Frage, denn Syn wusste, Razag und Crystin waren längst verloren. Er hatte schauerhafte Visionen einer triumphierenden Zarrah, die die Köpfe der beiden Sklaven in den Händen hielt und breit grinste. Während die anderen ihr zujubelten. Endlich… endlich sah er klar! Synnover ließ die Verzweiflung und die Enttäuschung heraus, weinte bitterlich und ungehört von jedem. Keiner befand sich in seiner Nähe. Und der Einzige, der ihm das Herz etwas anheben konnte, lag mit dem Gesicht nach unten im Dreck… Es dauerte, bis der einzige Gladiator sich ein wenig beruhigen konnte. Es war kalt und die nasse Kleidung würde ihn bald auskühlen. Zudem hatte er trotz seiner Vergangenheit geschwitzt und jetzt fühlte sich alles klamm an. Er musste zusehen, dass er irgendwie weitermachte, denn ansonsten würde er zwar nicht durch Pfeile sterben, aber durch eine Lungenentzündung.

Das Kaninchen wandte seine Kraft auf, um endlich aufzustehen und nicht lethargisch auf dem Boden sitzenzubleiben. Ihm fiel auf, dass er nicht in der Lage war, etwas zu sehen, sodass er vorsichtig tastend einen Fuß vor den anderen setzte. Nur langsam, mit Abebben des Adrenalins in seinen Gefäßen, war er auch wieder in der Lage mehr Dinge wahrzunehmen. Er kam aus dem Tunnel der Flucht heraus und allmählich zeichneten sich Umrisse deutlicher ab. Er konnte zumindest erkennen, ob er gerade auf einen Baum zulief oder wieder den Boden unter den Füßen verlor. Weit sehen konnte er aber nicht und das war ein echtes Problem. Syn’s Gedanken drehten sich. Was wenn er sich doch geirrt hatte? Wenn Zarrah gar nicht die Böse in dieser Gleichung wäre? Aber es musste doch so sein, es passte schließlich alles zusammen. Verwirrt und allein, stampfte das Kaninchen einige Schritte vor und wieder zurück. Es drehte sich im Kreis und fand seinen Weg nicht mehr. Hin und her glitten die Bewegungen, seinen Gedanken gleich. Er konnte ohnehin nichts mehr für die anderen tun. Sie waren … tot. Düsternis schloss Syn nicht nur von außen ein, sie breitete sich auch in seinem Herzen aus. Es widerstrebte ihm, aber er wusste auch, dass er so gut wie keine Überlebenschance besaß, wenn er es allein versuchte. Er kannte sich nicht aus, er wusste nicht wohin. Wie machte man ein Feuer? Er hatte es gesehen, während ihrer Reise, hatte Holz gesammelt und wusste, welches er nehmen müsste. Aber entzündet hat es meistens Razag. Gleichwohl wusste er nicht zu jagen. Er war zwar schnell, wenn er es wirklich wollte, konnte ein Kaninchen vielleicht sogar mit der bloßen Hand fangen aber… zubereitet hatte das immer Crystin. Und wer sorgte für seine Sicherheit, wenn er schlief? Das war immer… Zarrah gewesen. Ihre Gruppe war eine gute gewesen. Sie hatten einander ergänzt und geholfen. Zumindest hatte die Gruppe ihm geholfen. Und er brauchte sie… und es war nur noch eine übrig, die ihm helfen könnte. Und der er geschworen hatte, sie mit seinem Leben zu schützen.
Synnover würde seinen Worten Taten folgen lassen und wandte sich in jene Richtung, aus der er glaubte, gekommen zu sein. Es war allerdings äußerst schwierig, die richtige Richtung zu finden. Sein Verstand hatte nicht funktioniert, also hatte er sich auch unbewusst keine Wegpunkte gemerkt. Dennoch lief er weiter, sicher in der Entscheidung, sich Zarrah wieder anzudingen, damit er der Sklaven sein konnte, der er immer sein wollte. Er hatte ja keine Ambitionen gehegt, frei zu sein! Er wollte das alles gar nicht. Konnte man ihm das dann zur Last legen? Und Karrish? Der konnte unmöglich enttäuscht sein von ihm. Was hatte Syn nicht alles überlebt in letzter Zeit! Es war eine Illusion gewesen und jetzt musste er aufwachen. Er fing wieder ganz unten an…

Das Kaninchen aber folgte weiter einem Weg, den es nicht bewusst gegangen war. Trotzdem konnte er nach geraumer Zeit ein Funkeln im Wald ausmachen. Es war weit entfernt und zuckte nur ab und zu mal auf. Es war unmöglich zu erkennen, was es war, sodass Syn gezwungen war, weiterzugehen. Er folgte dem Funkeln, wie die Motte dem Licht und bald schon konnte er tatsächlich erkennen, dass es ihr Lagerfeuer war. Sobald er lauschte, hörte er … nichts. Oder doch! Da war etwas. Er hörte Stimmen, die miteinander sprachen. Eine Frau war auch dabei. Die Klänge kamen ihm bekannt vor und wenn er noch etwas näher heranging, hörte er tatsächlich auch das Lerium, das gesprochen wurde. „…Habt ihr den anderen?“, hörte Synnover eine herrische Frau sprechen. War das Zarrah? Ein anderer antwortete: „Nein, er scheint, wie vom Erdboden verschluckt!“ Etwas wurde ins Feuer geworfen, denn Funken stoben in den nächtlichen Himmel empor und erhellten ganz kurz die Umgebung. Synnover konnte 5 Gestalten ausmachen: Eine Frau und vier Männer. Sie alle waren in schwarze, lederne Rüstung gekleidet. Sie hatten weder Umhänge noch sonstige, unnötige Habe dabei. Sie wirkten effizient, schnell und… tödlich. Etwas blitzte im Feuerschein auf. Zwei von ihnen waren über der Brust mit Klingen bewaffnet. „Findet ihn! Sie wird nicht kommen, wenn alle tot sind, also bringt ihn lebend!“, wies die Frau wieder an und ihre Stimme klang nicht nur durch das Lerium so kalt. Synnover konnte ihr Gesicht nicht sehen, da sie mit dem Rücken zu seiner Richtung stand. Aber sie wirkte ebenso effizient, wie die anderen und mindestens genau so bewaffnet. Bevor Syn jedoch eine Entscheidung treffen konnte, wie er das Gehörte bewerten sollte, da tauchte in seinem Augenwinkel ein Schatten auf. Sobald er hinsah, konnte er Zarrah sehen, die reichlich verdreckt und schwer atmend hinter einem Baum versteckt stand und wartete, bis er ihr seine Aufmerksamkeit schenkte. Die Elfe legte einen Finger an ihre Lippen und wies ihn stumm an, leise zu sein. Sie ruckte mit dem Kopf, dass er ihr folgen sollte und schlich sich daraufhin geduckt weg vom Lager.
Es ging nur langsam voran. Die Elfe vor ihm hielt sich stets sehr geduckt und wagte keine schnellen Bewegungen. Sie schien zudem ebenso wenig gut sehen zu können, wie er, sodass auch sie nur einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Allerdings war jede ihrer Bewegungen fließend - zumindest sollte es so sein. Denn Zarrah strauchelte ab und an mal, ohne wirklich den Weg oder ihren Halt zu verlieren. Sie führte Syn immer weiter weg vom Lager und einer Hilfe für seine 'Freunde'. So lange, ohne ein Wort zu sprechen, bis sie endlich den Feuerschein nicht mehr sehen konnten und sie sich endlich ein wenig aufrichtete. Kurz blieb die Elfe stehen und noch immer atmete sie schneller als normal. Sie musste viel gerannt sein, weshalb auch immer. Jetzt aber sah sie sich ein wenig um und änderte die Richtung. Sie sah kurz auf Syn und vergewisserte sich, dass er noch folgte. Ihr weißes Haar war kaum zu sehen, da es voller Dreck war. Oder sie hatte es sich mit Absicht eingeschmiert, um nicht so gut sichtbar zu sein. Nach einer weiteren Weile, in der sie langsam aber beständig vorangingen, kamen die beiden Flüchtenden tatsächlich an einen kleinen See, mitten im wässrigen Wald an. Er war umschlossen von Gestrüpp und wirkte wie angelegt. Die Natur aber bildete die verrücktesten Orte. Zarrah sah sich um, soweit sie sehen konnte. Dann wandte sie sich endlich an Syn. "Hier bleiben wir, bis zum Tag.", sagte sie immer noch gedämpft und leicht heiser.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Montag 16. Oktober 2023, 17:47

Klamm und kalt klebte seine Kleidung an ihm. Er spürte Kratzer als sanftes Brennen auf seiner Haut, zusammen mit Dreck, der langsam verkrustete. Er roch seinen eigenen Schweiß, der sich ebenfalls kalt anfühlte. Feuchtigkeit schwappte unter seinen Zehen entlang, wenn er einen weiteren Schritt durch's Unterholz setzte. Seine Stiefel waren einmal zu oft ins Wasser geraden. Ihm fröstelte. Er schlang die Arme um seinen Körper. So schlich er weiter, langsam und im Versuch, so leise wie möglich zu sein. Was war aus dem weißen Kaninchen geworden, dem Sieger des Triells der Giganten? Dem meisterhaften Gladiator der Arena, der alles und jedem mit einem Sieg entkam? Er war entkommen, aber es fühlte sich nicht triumphal an. Razags Brummen hallte in seinen Ohren nach und er hatte Crystins erschrecktes Gesicht vor Augen, als der Pfeil sie durchbohrt hatte.
Syn zog die Luft durch die Nase ein, zwang sich zum Weitergehen. Er zwang sich dazu, auf den Weg zu achten und nicht auf seine Gedanken. Sie waren fehl am Platz. Ausgerechnet jetzt kümmerte ihn der Tod anderer? Das war nie so gewesen! Der Ork, der nicht sterben wollte, hat's endlich geschafft!, gemahnte er sich verbissen, um bloß nicht mehr Razags freundlich dummes Grinsen vor sein geistiges Auge zu projizieren. Er hatte ihm das Kleinod nicht mehr gegeben, das er in seinem Rucksack verborgen hielt. Er hatte es vollkommen vergessen. Jetzt dachte er daran und auch an den geschnitzten Holzklumpen für die Heilerin. Sie würde ihren Kamm niemals nutzen können und daran wäre nicht Sinn mit seinem unsteten Talent Schuld. Sie würde überhaupt nichts mehr tun.
Mit diesen Gedanken im Kopf, die immer wieder aufkamen und sich kaum vertreiben ließen, stapfte Synnover weiter. Dass er überhaupt ein Licht in der Dunkelheit fand, welches er als Ziel auserkoren konnte und dass es sich sogar um das verlassene Lager handelte, glich einem Wunder. Vielleicht war er nur im Kreis gerannt. Er hörte Stimmen, als er sich näherte. Es war seiner Erschöpfung geschuldet, dass er selbst nur wenige Geräusche verursachte, denn er bewegte seine müden Glieder nur sehr langsam. Eine weitere Flucht würde ihm nicht gelingen. Dafür fühlte er sich bereits jetzt zu steif und kalt an. Wie eine Leiche...
Noch einmal sah er Razag, sah Crystin, schauderte. Dann trottete er wieder. Syn löste die Arme von seinem Körper, um sich an dem Baum festzuhalten, hinter dem er ein Versteck fand. Er wagte nicht, zum Lager zu schauen. Er scheute den möglichen Anblick seiner gefallenen Gefährten im Feuerschein. So lauschte er lediglich. Seine Ohren nahmen die Stimme einer Frau wahr. Er erkannte sogar das Lerium, in der sie sprach, aber die Tonfarbe glich nicht Zarrah. Syn hielt sich eine Hand vor den Mund, um bloß keinen Laut zu verursachen. Er hatte das Gefühl, sein rasselnder Atem würde ihn verraten.
Nur träge drangen die Worte zu ihm durch. Dafür erfasste er schnell, dass die Gruppe wohl noch immer nach ihm suchte. Er war schließlich der Letzte, der noch übrig war und sie wollten ihn lebend erwischen. Warum?
"Findet ihn! Sie wird nicht kommen, wenn alle tot sind, also bringt ihn lebend!" Und noch ehe Syns Gedanken die Person hinter diesen Worten formten, jene Gestalt, sie kommen sollte, sah er sie. Ihr Haar war längst nicht mehr weiß, sondern verdreckt. Somit wurde es von den Schatten verschluckt, aber ihre Augen stachen so smaragdgrün zu ihm herüber, als hätten sie alle Farben des Waldes in sich aufgenommen. Zarrah erwiderte seinen Blick und legte einen Finger an ihre Lippen. Syn nickte. Er rührte sich nicht, senkte nun aber seine Hand langsam vom Mund. Er musste sich zusammenreißen. Kämpfen. Beschützen ... Zarrah mit seinem Leben schützen. Er schluckte diesen Funken herunter, der an die Oberfläche zu kommen drohte. Er wollte nicht hoffen, noch nicht. Auch wenn alles danach schrie, dass die jüngste Nachtklinge unschuldig war. Sie hatte die Gruppe nicht verraten, sie war ebenso Beute wie er. Dennoch ... er wollte nicht wieder dieses Gefühl von Einsamkeit und Verrat spüren, sich daher nicht sofort wieder ins Vertrauen stürzen. Erst einmal mussten er und Zarrah überleben.
Endlich wagte das Kaninchen einen vorsichtigen Blick um den Baum herum. Im Feuerschein sah er fünf Gestalten, darunter eine Frau. Sie waren für eine schnelle Verfolgung gerüstet, trugen keinerlei unnötigen Ballast. Dafür waren sie mit genug Waffen bestückt, um aus ihm Hasen-Harakiri zu machen. Und Syn? Hing sein Dolch noch am Gürtel oder hatte er ihn bei der Flucht verloren? Es war einerlei, denn damit könnte er sich niemals gegen sie verteidigen. Er war Kämpfe eins gegen eins gewöhnt. Manchmal, wenn er Sklaven, Tiere oder andere schwache Kombattanten stellen musste, waren es mehr. Zwei oder drei, aber niemals fünf und niemals zuvor begannen die Verhältnisse so unausgeglichen.
Sein Blick wanderte zu seiner Linken herunter. Locker ballte er die Hand zur Faust. Der Zauber funktionierte wieder wie er sollte. Fast wünschte er sich das Kribbeln zurück. Bei den Ratten war die Atemnot auf mehrere übergegangen. Er konnte nun nicht darauf hoffen, dass es sich wiederholte, zumal Syn nicht wusste, wie er mehrere Ziele anpeilen und den Zauber auf sie jagen sollte. Er könnte einen von ihnen ausschalten. Wen? Die Frau ... sie hat das Sagen. Wenn er ihr die Luft nahm, bis sie erstickte, würden die anderen mit etwas Glück in Panik geraten. Syn bezweifelte allerdings, dass sie dann verschwänden. Vielmehr vermutete er, dass ihre Wachsamkeit stieg und sie gezielter nach ihm suchten. Er könnte nicht mehr wegrennen. Seine Glieder machten das ohne Rast nicht mit. Sie würden ihn erwischen. Die Situation schien aussichtslos.
Das erkannte auch Zarrah, weshalb sie ihr Kaninchen zu sich winkte und ihm deutete, weiterhin leise zu sein. Syn wartete einen passenden Moment ab und schlich dann in einem Bogen zu ihr herüber. Zarrah setzte sich sofort in Bewegung, ging jedoch ebenfalls langsam. Auch sie wollte lieber leise vorankommen als schnell. Gemeinsam verließen sie das Lager, stahlen sich durch die Finsternis. Syn folgte schweigend, bis sie erneut Wasser erreichten. Oh, in diesem Wald gab es eindeutig zu viel davon!
Dieser kleine See aber besaß eine perfekte Deckung durch hoch gewachsene Gräser, Schilf und Sträucher. Zarrah bewegte sich sicher dazwischen. Sie schien nicht das erste Mal hier zu sein. Vielleicht hatte sie sich hier versteckt gehalten, während man Razag und Crystin eiskalt erschossen hatte.
"Hier bleiben wir, bis zum Tag." Ihre Stimme kam ihm unverhältnismäßig laut vor, aber es war das Vertraute, das ihn abholte. Das Kaninchen nickte still, suchte sich eine halbwegs trockene Stelle zwischen dem Dickicht und kauerte sich dort hin. Er fror. Seine Finger und Füße fühlten sich taub an, seine Haut was eiskalt, bedeckt mit dem eigenen Schweißfilm. Die Kleidung klebte darüber und hing ihm schwer auf den Schultern. Er wagte nicht, sich selbst erneut zu umschlingen, um vor Zarrah nicht schwach zu wirken. Er riss sich zusammen, presste die Kieferhälften aufeinander und versuchte, nicht zu zittern.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Montag 16. Oktober 2023, 22:15

Der Weg dauerte lange. Er war gespickt von Ungewissheit, Müdigkeit und Schmerzen, die jedoch nicht Beachtung finden durften. Jetzt nicht. Die Gedanken mussten warten, ebenso das Gefühl von Kälte und Hunger. Nichts durfte jetzt an die Oberfläche dringen, denn noch waren sie nicht außer Gefahr. Synnover folgte seiner ehemaligen Herrin, die ganz bestimmt für alles verantwortlich war. Es musste so sein, denn anders konnte sich Syn nicht vorstellen, dass man sie gefunden und so überrascht hätte. Er glaubte noch immer daran, dass sie es war, die die Häscher zu ihnen geführt und die drei ehemaligen Sklaven ihrem Schicksal überlassen hatte. Das ganze Gefasel von Freiheit und Gleichheit… Nichts davon war wahr. Das Kaninchen konzentrierte sich auf seine Schritte und bemühte sich, so lautlos wie möglich zu sein. Sie schlichen weg vom Lager. Weg von Razag. Weg von Crystin. So sehr Syn sich bemühte, er schaffte es nicht, die Gedanken um seine Weggefährten gänzlich fortzuwischen. Gerade hatten sie noch Pläne gemacht, wie sie Crystin dafür entlohnen konnten, dass sie die letzten Tage unermüdlich an der Umsetzung seiner Wünsche gearbeitet hatte. Nun würde der grobe ‚Kamm‘ niemals durch das lockige Haar der Heilerin kämmen und es vielleicht in einen anderen Zustand versetzen. Das Gesicht, das Crystin gezeigt hatte, flammte immer wieder auf und wollte Syn malträtieren. Er hatte Unzählige sterben sehen. Aber noch nie hatte er jemanden ernsthaft… gekannt. Und Razag? Es hatten einige Pfeile gebraucht, um den Hünen ruhigzustellen. Wie viele genau, wusste Syn nicht zu sagen, denn irgendwann hatte seine Panik übernommen. Jetzt aber schlichen sich gemeine Fragen in seinen Kopf und fraßen sich dort durch eine Barriere, die er krampfhaft aufrechterhalten wollte. Seine einzige Hoffnung blieb Zarrah. Sie war doch die Herrin. Vielleicht wollte sie ihn für sich, wollte es genießen, ihm nun selbst das Leben auszuhauchen. Es war gleich, denn ihm gehörte nie etwas. Synnover war nicht in der Lage dazu, die Worte der Angreifer richtig einzuordnen. Lerium hatte er noch mitbekommen. Und, dass sie ihn suchten. Aber darüber hinaus… Dass sie jemand ganz bestimmtes anzulocken versuchten, der sich nicht fassen lassen wollte, das hatte er noch nicht verstanden. Wie auch? Er stand immer noch neben sich und je länger sie liefen, desto mehr rückten alltägliche Bedürfnisse in den Vordergrund. Ihm war bitterkalt, er war ausgelaugt und die Wunden brannten. Zarrah führte ihn weiter, bis das Leuchten des Feuers nicht mehr zu sehen war. Und dann führte sie ihn noch weiter, bis zu einem kleinen Ort, an dem sie zumindest etwas Trinkwasser und eine Möglichkeit zur Rast fanden. Synnover suchte sich einen Platz zwischen den Gräsern und hockte sich dort hin. Er beachtete seine einstige Herrin nicht, war nur damit beschäftigt, dass er sich keine Blöße gab. Zarrah aber suchte sich einen Platz, der ihr eine gute Übersicht gab und trotzdem versteckt war. Ein größerer Stein blockierte ihren Rücken, damit sie niemand überraschen konnte. Ihre Rechte, die zu Syn zeigte, wurde von Buschwerk bedeckt und ihre Linke blieb weitestgehend frei. Sie hockte sich ebenfalls hin, ohne auch nur einen Mucks zu machen. Dann harrte sie aus. Schweigend… Konzentriert.
Sie achtete auf die Umgebung, lauschte auf Schritte, auf verräterische Nuancen. Sie hielt in einer Hand einen schwarzen Dolch, der kaum zu erkennen war. Einzig die Nähe verhalf dazu. Jeder Angreifer würde aber erst sehen, dass sie bewaffnet war, wenn es zu spät wäre. So hockte Zarrah schweigsam dort und sorgte dafür, dass die Umgebung sicherblieb. Auch sie sprach kein Wort. Ruhe stellte sich ein und kroch unbarmherzig an ihnen hoch. Müdigkeit, Erschöpfung, geistig, wie körperlich wollte sich unablässig Gehör verschaffen. Irgendwann meldete sich der Hunger, der Durst. Aber Zarrah rührte sich nicht. Der Mond zog seine Bahn, während die Minuten zu gedehnten Stunden wurden. An diesem Ort passierte nicht viel, außer, dass Syn erkennen könnte, dass die Dunkelelfe für den weiteren Schutz sorgte. Ohne sich zu beschweren. Ohne aber auch mit ihm zu reden.

Die Gefahr war nicht gebannt, doch irgendwann wurde Manthala von Lysanthor abgelöst und der Tag begann früh ein wenig mehr Licht ins Dunkel zu bringen. Erst als die ersten Vögel ihre Lieder anstimmten, erhob sich die Elfe aus ihrer Haltung. Noch war es Dämmerlicht und doch konnte Syn sehen, dass Zarrah blass wirkte. Sie Elfe hatte die ganze Nacht ausgeharrt, in ständiger Erwartung, gleich ihre beiden Leben verteidigen zu müssen. Trotzdem folgte kein Wort, das über ihre Lippen kam. Zarrah schaute sich wachsam um. Syn konnte nun sehen, wie dreckig ihre Haut aussah. Matsch klebte an ihrer Stirn, dunkel und krustig. Ebenso war ihre Kleidung völlig verdreckt und ihr Haar wirkte beinahe schwarz. Wobei es recht gleichmäßig aussah, sodass man davon ausgehen konnte, dass sie das selbst gewesen war. Die Elfe aber wirkte gleichzeitig gehetzt. Etwas an ihr war anders und trotzdem ließ sich nicht leugnen, dass sie ihrem Ruf alle Ehre machte. Sie trat an den kleinen See heran, der sich als ordentliches Becken entpuppte. Langsam wachten auch die Insekten und anderes Getier auf, sodass es tatsächlich idyllisch hätte sein können. Hätte… denn nach wie vor war da eine Sache, die sie beide nicht besprochen hatten. Razag und Crystin… Zarrah neigte sich hinunter, presste kurz die Lippen aufeinander und schöpfte dann etwas Wasser, um es zu trinken. Sie wusch sich gleichzeitig das Gesicht, doch bekam sie den Dreck nicht ab. Die Elfe wusch sich daraufhin die Hände und hinterließ im kleinen Gewässer einige dunkle Schlieren, bevor sie sich erhob und sich mit dem Ärmel die Haut trockenrieb. Was es nicht unbedingt besser machte. Dann suchte das dunkle Grün, Synnover. Ihr Blick verharrte auf ihm, prüfend und analysierend. „Wir gehen zum Lager zurück. Nachsehen, was… übrig blieb.“, meinte sie und wartete gar nicht, bis er geantwortet hatte. Zarrah wirkte kalt und gleichzeitig gehetzt. Zielsicher verfolgte die Elfe den Weg zum Lager zurück und hielt kurz vorher inne. Sie lauschte… Nichts. Grausame Stille. So still, wie der Tod… Dann ging sie weiter und schließlich erreichten sie ihr Lager vom Abend zuvor. Als noch alles in Ordnung war und Razag sein Training aufnahm, während Crystin kochte.
Synnover und Zarrah betraten ihre Lagerstatt und konnten noch einige, kleine Glutnester des Feuers entdecken. Da lag noch der Löffel, den Crys zum Kochen benutzte und dann fallenließ. Da waren noch die beiden dicken Holzstämme, die Razag zum Stemmen genutzt hatte. Da lag der Kamm, den Syn fallenlassen hatte. Er war achtlos in den Schlamm getreten worden. Ihre Taschen waren durchwühlt, das Kleid lag im Matsch, halbfertig genäht. Und dort, da lag das Kleinod, das Syn Razag hatte geben wollen. Und da war Blut… einmal nahe beim Feuer, einmal ein Stück davon entfernt. Die Erde war ganz aufgewühlt und verwischt… Syn konnte es genau erkennen… Er… konnte es erkennen! Was in dem ganzen Chaos fehlte, waren die Körper von Razag und Crystin! Beide waren nicht hier, beide starrten sie nicht aus leeren Augen an… Aber wo ? Zarrah lehnte sich gegen einen Baum und stützte ihre Hände auf ihren Oberschenkeln ab. Endlich zeigte sie, dass sie ebenfalls erschöpft war. Sie atmete geräuschvoll aus, bevor sie sich wieder aufrichtete und abstieß. „Sie sind nicht tot…“, drang ihre Stimme unnatürlich durch den totenstillen Wald. „Sonst hätten sie sie nicht mitgenommen… Sie leben, Syn.“, versprach sie und sah zu dem Kaninchen. Zarrah jedoch wischte sie über die Stirn, die plötzlich wieder feucht geworden war. Schwitzte sie? Sie ließ keine Analyse zu, denn sie begann bereits, ihr Hab und Gut wieder einzupacken. „Wir werden ihre Spuren verfolgen. Aber… vorerst brauchen wir eine Pause…“.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Donnerstag 19. Oktober 2023, 20:42

Zeit wurde belanglos. Nur eines stand fest: Sie lief zu langsam ab. Es dauerte alles zu lange, wenn man untätig herum saß und der Körper sich durch zahlreiche Signale beschwerte, weil man seine Aufmerksamkeit nicht auf ihn richtete. Irgendwann gab er auf, ergab sich nur noch dieser Mischung aus absoluter Taubheit, Kälte und seichtem Schmerz. Synnover konnte nicht mehr deuten, was er wo fühlte. Er fühlte sich selbst kaum noch. Er wusste nur eines: Würde er sich jetzt hinlegen, so sehr der Boden auch lockte, würde er sterben. Er hatte zwar nie zuvor jemanden erfrieren sehen, wohl aber die Konsequenzen eines Gegners auf dem Sand, wenn er zu viel Blut verloren hatte. Auch jene begannen zu zittern, als wäre ihnen kalt. Sie schlossen ebenfalls die Augen, die meisten von ihnen zum letzten Mal. Syn wollte nicht so enden, zumindest nicht hier, in irgendeinem unbekannten Wald. Er hatte immer geglaubte, in der Schwarzen Arena zu sterben oder zwischen Yolinthas Schenkeln, weil sie ihn zu sehr beanspruchte. Als Kind hatte er sich gefürchtet, totgeprügelt zu werden, an Krankheit aufgrund der widerlichen Essensreste zu krepieren oder - seine größte Angst - im finsteren Schrank zu ersticken. Das kam ihm jetzt alles so lächerlich, so fern vor. Gleichermaßen wie all der Luxus fern war. Er hatte ihn als zu selbstverständlich angesehen. Er hatte längst vergessen, welche Privilegien er unter Karrishs Güte hatte genießen dürfen.
Karrish ... was gebe ich nur für ein Bild ab? Bibbernd und im Dreck.
Syn sog die Luft durch die Nase ein und straffte seine Haltung. Er klagte nur im Geiste, wagte es aber nicht offen auch nur einen Ton des Unmuts von sich zu geben. Die Schwachen wurden aussortiert und es gab keinen Schwächeren mehr, hinter dem er sich aktuell verstecken konnte. Es gab nur noch ihn und Zarrah. Sein müder Blick wanderte zu der Dunkelelfe. Sie saß still in ihrem Versteck, aber sie blieb wachsam. Mit angespannten Sinnen harrte sie aus, bereit sich zu verteidigen. Sie würde nicht schlafen. In diesem Moment entschied Synnover, dass er das auch nicht tun konnte. Sie hatte ihn nicht mitgenommen, damit er sich jetzt ausruhte. Außerdem würde er sich zum lebenden Schutzschild machen müssen, falls die Verfolger sie fanden. Er hatte Zarrah'lindae mit dem Leben zu beschützen.
Die Nacht dauerte viel zu lang an. Es gab zu wenig zu tun. Syn konnte nur auf seinen eigenen Leib hören, der ihm mit Schwindel, Hunger, Schmerz und Kälte Geisterbilder vorgaukelte. Aus Schatten wurden Ungeheuer, aus Geräuschen das Geifern von Bestien. Er versuchte, nicht hinzuhören und schaute nur zu Zarrah herüber oder auf seine eigenen Stiefel. Gelegentlich bewegte er die Zehen, um zu prüfen, ob er sie noch spüren konnte. Im Geist zählte er die Sekunden, um irgendetwas zu tun zu haben, aber er gab es schnell auf. Zählen und Rechnen war nicht seine Stärke. Natürlich war er nicht vollkommen dumm geblieben. Er hatte einen zu guten Zugang zu Büchern pflegen dürfen und sich das eine oder andere beigebracht, aber es existierten sehr viele Zahlen auf Celcia und irgendwann wusste Synnover nicht mehr, welche folgte. Oder konnte er sich einfach nur nicht mehr konzentrieren? Erfror er bereits? Starb er?
Morgerianer waren nicht dafür bekannt, vom Licht zu sprechen, wenn der Tod sie ereilte. Licht gehörte zu Faldors verhasstem Bruder Lysanthor und die meisten reihten sich als Kinder von Blutdurst und Schatten ein. Synnover nicht. Man mochte ihn über den Faldor-, sowie den Manthala-Kult aufgeklärt haben, aber Glaube wuchs nicht aus Wissen heraus. Er kam aus dem Herzen. Selbst jetzt dachte das Kaninchen nicht daran, im Stillen ein Gebet zu sprechen, obgleich er einige einfache kannte. Er sah nicht, dass die Götter ihn retten würden. Das hatten sie noch nie getan, warum sollten sie jetzt damit anfangen? Und dann wurde es hell.
Synnover hob den Kopf an. Hatte er sich all die Jahre geirrt? Hatte Morgeria sich geirrt? Kamen nicht Manthala oder Faldor in größter Not, sondern erschien tatsächlich Lysanthor? Syn spaltete seine Lippen. Sie klebten zusammen, waren verkrustet und als er sie teilte, fühlte er erst einen unangenehmen Schmerz, bevor er den vertraut metallischen Geschmack von Blut von ihnen leckte. Er ignorierte es. In der Ferne erhellte sich die Umgebung. Aus nächtlicher Schwärze wurde ein schwarzblaues Gemisch von Schatten. Dann trat etwas Grau hinein, hellte die Umgebung auf, sättigte die dunklen Farben und fügte ihnen erste Tupfen neuerer Nuancen hinzu. Endlich bekam Syn den Mund auf. Er wollte etwas sagen, ohne genau zu wissen, was es war. Aber es blieb unerheblich. Aus seiner Kehle kam nur ein trockenes Kratzen, das fast in ein Husten übergangen wäre. Syn presste seine Hand auf den Mund, um kein zu lautes Geräusch zu verursachen. Oh, wie eisig er sich anfühlte!
Wie lange hatten Zarrah und er hier gesessen?
Sein Blick wanderte zu der Elfe herüber und dann zuckte er zusammen. Der blasse Geist seiner einstigen Herrin schwebte neben ihm. Nein, sie steht. Synnover schauderte und kniff die Augen zusammen. Als er ohne den Schleier der Müdigkeit erneut hinsah, erkannte er, dass Zarrah aufgestanden war. Es mussten Stunden vergangen sein und auch wenn ihre Haut fahl und ihr Blick müde wirkte, strahlte sie weiterhin die wachsame Vorsicht einer Jägerin aus. Syn wollte ihr in Nichts nachstehen. Etwas ungelenk kam auch er auf die Beine. Seine Glieder fühlten sich seltsam hölzern an. Er schüttelte sie grob aus, während die Dunkelelfe sich im kalten Wasser des kleinen Sees wusch. Synnover verzichtete ausnahmweise. Er nahm lediglich einige der kalten Schlucke aus dem Wasser, um sein Innerstes zu befeuchten. Es weckte neue Lebensgeister in ihm, aber auch diese waren erschöpft. Zarrah schien es genau zu sehen, als ihr Blick den seinen traf. Doch er straffte sich unter ihrem analytischen Grün, hob sogar den Kopf an und legte das einstudierte, unnahbare Gesicht auf, als kümmerte ihn nichts von dem, was geschehen war. Nur der Schleier aus Erschöpfung darüber strafte seiner Make Lügen.
"Wir gehen zum Lager zurück. Nachsehen, was ... übrig blieb."
Syn nickte, aber sie schaute schon gar nicht mehr hin. Stattdessen setzte sie sich überraschend zügig in Bewegung. Ihre Glieder mussten doch auch steif und hölzern sein! Elfen waren beneidenswert. Für einen Herzschlag hasste das Kaninchen die Frau vor sich. Dann holte er mit ungelenken Bewegungen zu ihr auf und folgte in ihrem Windschatten. Erneut tauschten sie keinerlei Worte, schritten nur dem genannten Ziel entgegen. So wachsam er auch sein wollte, Synnover war zu müde, um wirklich auf seine Umgebung zu achten. Wenn diese Lerium sprechenden Verfolger - die Frau und die anderen viel zu gut ausgestatteten Männer - sie jetzt aus einem Hinterhalt angriffen, würde er ihnen noch schneller zum Opfer fallen als Crystin. Er konzentrierte sich darauf, Zarrah nicht zu verlieren. Das war hart genug.
Schließlich erreichten sie das Lager vom Vorabend. Es lag verlassen da. Tatsächlich war es vollkommen verlassen. Synnover stutzte. Er sah blutbefleckte Erde, aber keine Leichen. Razag und Crystin waren fort, ebenso jene, die beide niedergestreckt hatten. Zurückgeblieben war ein verwüstetes Schlachtfeld, das ihnen eigentlich hätte Unterschlupf sein sollen.
Das Lagerfeuer war nicht gänzlich erloschen. Langsam bewegten Zarrah und Syn sich über die Lichtung. Sie erkannten schnell, dass man ihre Sachen durchwühlt hatte. Es versetzte dem Kaninchen einen Stich, als er sein Unding von einem Kamm im Boden entdeckte. Er war tief zwischen Schlamm und Erde hineingetreten worden. Als er sich schon danach herab beugte, bemerkte er das Brautkleid. Crystin hatte sich daran gesetzt und es an mehr als einem Abend bearbeitet. Nun lag es schmutzig im Matsch, schwarzer, lebloser Zeuge der letzten Nacht. Was hatte der Stoff gesehehen? Syn wandte sich ab. Er wollte ihn nicht sehen. Es schmerzte ihn, auch wenn er den Grund dafür nicht benennen konnte.
Zarrah musste sein Verhalten bemerkt haben oder seine entgleiste Mimik, denn aktuell achtete er nicht darauf, perfekt zu wirken. Aber auch sie verlor etwas von ihrer mutmaßlichen Erhabenheit, als sie da an dem Baum lehnte, die Hände auf ihren Schenkeln abgestützt. Syn verarbeitete kaum, was sie sagte. Es erreichte seine Ohren, schob sich in seinen Verstand, aber das Gehörte musste gegen das Gesehene ankämpfen. Zarrah lehnte unperfekt am Baum ... so hässlich mit ihrem schwarz verkrusteten Haar. So ... schwach! Sie schwitzte sogar.
Etwas durchzuckte seinen gesamten Leib. Er stob vor, zumindest glaubte er es. Aber Synnover war so erschöpft wie Zarrah aussah. Er sprang nur in Gedanken eilig zu ihr herüber. Tatsächlich jedoch trottete er in ihre Richtung und als er sie endlich erreichte, da war sie schon dabei, ihre Sachen einzupacken. "Wir werden ihre Spuren verfolgen. Aber ... vorerst brauchen wir eine Pause..."
"Ja", krächzte Syn. Er hatte es geschafft. Er hatte sie erreicht und ihre Worte erreichten ihn endlich. Razag und Crystin waren am Leben. Sie würden beide finden, indem sie die Spuren ihrer Angreifer verfolgten. Sie brauchten eine Pause. "Ja", wiederholte das Kaninchen fester. Dann langte es zu. Etwas forscher als gewollt, weil er sich nicht gänzlich unter Kontrolle hatte, ergriff er Zarrahs Handgelenk. "Ja", sagte er ein drittes Mal und hörte, wie laut er selbst dabei war. Entschlossenheit legte sich auf seine Züge, geboren aus einem Pflichtgefühl, das man ihm über Jahre hinweg eingetrichtert hatte. Vor allem die letzten sechs Jahre waren noch einmal anders geprägt gewesen.
Er wusste, dass er immer nur Objekt war, ein Eigentum anderer. Er hatte gelernt, sich damit zufrieden zu geben, doch anstatt daran zu zerbrechen, hatte er das Beste daraus gemacht. Er hatte sich selbst zum Besten gemacht! Indem er glänzte, war er aufgefallen und aus dem Objekt war ein Individuum geworden. Er hatte gekämpft, sich gezeigt und irgendwann war er dafür belohnt worden. Das weiße Kaninchen hatte aus eigener Kraft die Stufen in ein besseres Leben gemeistert. Es war kein Leben wie es Dunkelelfen genossen, aber er hatte sich einige Vorteile erarbeitet. Er war immer zufrieden gewesen und er wusste, wenn er den Erwartungen entsprach, würde es ihm gut gehen. Wenn er sie übertraf, würde er auffallen und dann warf ihm sogar Karrish einen Blick zu. Dann lud er ihn zu stillen Stunden in die Bibliothek. Dann entkam er Yolinthas Lust, durfte stattdessen Wein trinken und Schach spielen. Er durfte lernen, leben. Und alles, was man von ihm erwartete, war es zu dienen ... mit allem... mit seinem Leben. Im Grunde war es doch simpel. Er musste sich nur fügen.
"Dann halte dich auch an deine Worte, verdammt, Herrin!", keifte er mehr als ungehorsam, aber entschlossen. Er zerrte Zarrah mit sich. Woher er die Kraft nahm, sich gegen sie aufzulehnen, wusste er nicht. Er machte sich darüber auch keine Gedanken. Vielleicht war die Elfe ob seiner Worte zu überrascht und leistete deshalb keinen Widerstand. Vielleicht hörte sie aber auch auf ihn - ihren Sklaven. Nein. Das war er nicht mehr. Trotzdem hielt er nun an dem fest, was man von ihm erwartete.
Syn brachte Zarrah ans Lagefeuer. Dort ließ er sie kurz stehen, um zu ihren Schlafstätten zu gehen. Jemand war über seinen Schlafsack getrampelt, an Zarrahs Fußende klebte Schlamm. Syn befreite beide grob von Schmutz und zerrte sie dann bis zum Feuer heran, wo er sie nebeneinander legte. Routine half. Sie stärkte seinen Willen. Anschließend starrte er in die kleinen Glutnester hinein. Razag hatte stets das Feuer gemacht. Er hatte nur das Holz geholt. Suchend ließ er den Blick schweifen. Es war noch da, wenn auch nicht mehr alles. Es würde ausreichen.
Syn schnappte sich ein paar Äste und versuchte, Razags Art des Feuermachens nachzuahmen. Er legte die Hölzer nach, stocherte mit einem längeren Ast in der Glut herum und warf ein paar trockene Blätter hinein, damit das Feuer neue Nahrung fand. Mit etwas Mühe gelang es. Er spürte die warmen Flammen auf seiner Haut und stöhnte auf. Sehnsucht durchflutete ihn. Am liebsten hätte er sich nun niedergelassen, ausgeruht, geschlafen. Dann fiel sein Blick auf Zarrah ... und er zog verärgert die Brauen zusammen. Mit Kraft - zumindest glaubte er es - drückte er seine Hand auf ihre Schulter. "Setz dich", forderte er sie auf, ohne darauf zu achten, was er sich da herausnahm. Dann blickte er wiederholt umher. Nicht nur Crystins Löffel lag im Schlamm. Syn entdeckte den Kochtopf, griff ihn an beiden Henkeln und stapfte los. Das Ding war schwerer als es aussah. Es wurde noch schwerer, sobald er zum Lager zurückkehrte. Zunächst aber verschwand er, ohne sich noch einmal nach Zarrah umzudrehen. Das Wasser im geschützten See war klarer, sauberer gewesen. Aber das nächtliche Versteck war ihm nun viel zu weit weg, so dass Syn zurück zum Flussufer ging. Lagen die Floße noch dort vertäut vor Anker? Er achtete nur flüchtig darauf. Wasser zu holen war ihm nun wichtiger. Mit einem gefüllten Kochtopf schleppte er sich den Weg zurück zum Lager und stellte ihn auf das hoffentlich noch immer brennende Feuer. Ansonsten würden er oder Zarrah es noch einmal entfachen.
Während Syn wartete, dass das Wasser kochte, schlurfte er die Lichtung ab. Er sammelte das Brautkleid auf, faltete es ordentlich und steckte es in den Rucksack, den er als Crystins wiedererkannte. Auch seinen Klotz von unfertigem Kamm packte er ein und die im Dreck liegenden Hasenohren. Eines davon war abgeknickt. Der Pelz war schmutzig. Syn knirschte mit den Zähnen. Dann kehrte er zur Lagerstelle zurück, griff sich dort das nächstbeste Stück Stoff, das er ergattern konnte und tauchte es in den Kochtopf.
"Wer sind die?", fragte er mit belegter Stimme, als er sich zu Zarrah kniete und unaufgefordert damit begann, ihr Gesicht zu waschen. Der Lappen war schön warm. Syn zauderte nicht mit Wasser, ging aber überraschend umsichtig mit Zarrah um. Er schob ihr schmutziges Haar hinter eines der Elfenohren, wischte ihre Stirn und den Hals. Er tupfte ihre Lider ab und erst als sie wieder großflächig sauber war, widmete er sich ihren Haaren. Auch jene würden ausgespült werden. Syn kippte mehrere Ladungen Wasser über den langen Zopf, entknotete die erdigen Stellen und nutzte seine Finger als natürlichen Kamm. Erst als das getan war, erlaubte er sich, in seiner Arbeit inne zu halten. Eigentlich wollte er nun die einzelnen Strähnen neu flechten, damit Zarrahs Haar nicht offen über ihren Rücken hing. Doch er kippte nach vorn. Seine Stirn kam auf ihrer Schulter zum Liegen. Viel zu spät wurde er sich dessen bewusst, als er ein verhaltenes "Oh ...", murmelte und sich wieder löste - glaubte er. In Gedanken zog er sich zurück, setzte seine Aufgaben fort. In der Realität lehnte er weiterhin gegen die Schulter der Elfe, die Augen geschlossen, während sein Körper jeden noch so kleinen Funken Wärme genoss, ganz gleich ob er vom Feuer oder von Zarrah kam. Ja, zum Glück hatten sie sich entschieden, eine Pause einzulegen. Wie gut würde es tun, sich in sein Zimmer zurückzuziehen, um sich frisch zu machen und später zu Yolintha zu gehen. Ein letztes Mal anstrengen. Ein letztes Mal für heute ... nur rasch ihre Aufwartung machen ... dann dürfte er neben ihr einschlafen. Ich werde mich mit ihren Speckfalten zudecken, mit diesen endlosen Bahnen aus weichem Körperfett ... und mit ihren Brüsten ... Kopfkissen aus Haut und Nippeln ...
"So weich...", raunte Syn, ohne sich zu rühren.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Freitag 20. Oktober 2023, 20:57

Synnover hatte noch nie in dem Maße den Bodensatz miterlebt. Er wusste aus seinen Erinnerungen heraus, dass er als Kind weitaus schlimmeres überstanden hatte, doch jetzt, mit dem Geist eines halbwegs Erwachsenen, da fühlte es sich weitaus schlimmer an. Zumal ihm in all den Jahren auch die Fantasie abhandengekommen war. Hier und dort tauchte sie mal auf, aber nicht so, wie es ein Kind vermochte. Ein Kind, das sich vor der Realität verschloss und sich in ganze Reiche aus Fantasie und Vorstellungskraft verlor. Er hatte mehr als einmal den Boden umarmt, war jedoch immer wieder aufgestanden. So auch jetzt, als sich Zarrah unverschämt geschmeidig nach all den Stunden des Ausharrens erhob. Zwar wirkte die Elfe tatsächlich erhaben und ihre Bewegungen fließend, doch bei näherer Betrachtung fielen die kleinen Unebenheiten doch auf. Sie wirkte blass, regelrecht fahl und unter ihren Augen fanden sich durchaus dunkle Schatten. Selbst auf ihrer dunklen Haut sah man sie. Das tiefe Grün wirkte nicht ganz so stechend und prüfend. Und als sie zum Lager loslief, da konnte Synnover erkennen, dass sie nicht so geschmeidig durch das Unterholz glitt, wie er es gewohnt war von ihr. Offenbar zerrten auch an ihr diese Entbehrungen. Gemeinsam gingen sie in Richtung Lager und wo Syn vermutlich den Weg nicht klar hätte nennen können, schien Zarrah umso sicherer zu sein. Natürlich.. sie hatte sich in ihrem Leben gewiss öfter hinausbegeben dürfen. Sie wusste, dass es eine Welt außerhalb Morgeria’s gab und lernte über die Jahre, sich darin zu bewegen. Syn wusste nichts von der Größe der Welt. Und wie klein Morgeria im Vergleich war. Seine Welt war Morgeria. Zumindest gewesen. Denn jetzt waren da ganz andere Dinge, die er dazuzählte, ohne es bewusst zu erkennen. Im Lager konnte er nicht auf die Blutflecke sehen, ohne sich in einem Gefühl der Sorge wiederzufinden. Auch der achtlos in den Matsch getretene Kamm, erregte ihn auf eine Weise, die er nicht verstand. Dann der Blick auf das Brautkleid. Das Kaninchen musste erkennen, dass er bereits ganz von selbst gewisse Verbindungen zugelassen hatte. Crystin, wie sie seinem Wunsch entsprach, obwohl er doch in der Hackordnung ganz unten stand. Die Heilerin bemühte sich um seinen Willen… Was sie jetzt wohl nicht mehr konnte. Es waren eigenartige Empfindungen, die Synnover dort spürte und er schloss sie unbetrachtet ein. Sich jetzt damit auseinanderzusetzen, würde ihn vollends überfordern und er fühlte sich doch bereits am Limit. Aber er war nicht allein. Seine Augen sahen, was sein Verstand nie für möglich gehalten hatte: Zarrah war nicht perfekt. Sie war erschöpft, ja regelrecht schwach. Sie sah weder erhaben noch wunderschön aus! Das Kaninchen verstand nicht recht, was er sehen musste. Aber seine Handlung zeugte davon, dass er seinen Schwur nicht vergessen hatte. Als er auf sie zutrat und endlich die vermeintlich weite Strecke geschafft hatte, da bückte sich die Elfe bereits, um die Sachen einzusammeln, die noch brauchbar waren. Dabei sprach sie von Verfolgen und gleichzeitig von einer Pause. Synnover hielt inne. Ja! Pause! Für sie beide. Endlich erkannte auch sie es, doch ihre Taten sprachen gegen ihre Worte. Sie würde also wieder nur Syn die Pause gönnen, die sie ebenso dringend nötig hatte. Dann packte er ihr Handgelenk, als sie gerade nach einem Schlafsack greifen wollte, sodass sie den Kopf herumruckte und ihn alarmiert ansah. Syn aber fühlte nicht etwa den prüfenden Blick aus ihren Augen, sondern etwas anderes: Als er zupackte und sich seine Finger um ihr Handgelenk schlossen, da war ihre Haut… eiskalt.
Zarrah mochte Kälte in manchen Situationen ausstrahlen, aber sie war nie wirklich kalt gewesen. Und noch etwas anderes mochte selbst den müden Verstand des Kaninchens anregen: Das sanfte Schlag des Lebens unter ihrer Hand verriet, dass ihr Herz schneller schlug als sie ausstrahlte. War sie nun erschrocken über seine Tat? Oder war sie verzückt durch seine Berührung? Sie sah nicht danach aus, aber… wer wusste es schon. Es war zumindest ungewöhnlich, dass ihr Herzschlag so raste. Synnover aber ließ die Müdigkeit weichen und an ihre Stelle trat Entschlossenheit. Er war nicht so weit gekommen, in dem er aufgab und anderen die Lorbeeren überließ. Er hatte geschworen, den Kindern der Nachtklingen – allen Nachtklingen! – zu dienen. Und Zarrah war die einzige Nachtklinge weit und breit. In Zeiten der größten Erschöpfung, der Müdigkeit und den neuen Gefühlen, die sich ungefragt regen wollten, da kehrte Syn zurück in alte Gewohnheiten. Hier war er jemand. Er konnte er glänzen.

"Dann halte dich auch an deine Worte, verdammt, Herrin!" Das war es doch! Er brach gerne mal die Regeln für sich und machte sich darüber nur interessanter. Zarrah aber starrte ihn nur an. Sie war wie zur Säule erstarrt und rührte sich nicht, während Synnover schon weiterging. Die Elfe schritt dieses Mal nicht ein. Synnover hatte ungewöhnlich leichtes Spiel mit seiner ehemaligen Herrin. Offenbar hatte seine Festigkeit in der Stimme erheblich dazu beigetragen, dass sie ihn lediglich musterte. Mit diesem blassen Gesicht, spröden Lippen und einem leichten Schweißfilm auf der Stirn. Sie stand am Feuer und sah ihm nach, während er alles zusammensuchte, was er brauchte. Zuerst kümmerte er sich um das Feuer und als es aufloderte und endlich etwas Wärme spendete, da sah er sie noch immer stehen. “Setz dich!“, befahl er ihr und endlich kehrte die Sprache zu Zarrah zurück: „Syn..“, versuchte sie es halbherzig, doch das Kaninchen hörte nicht. Es hatte eine Aufgabe. Endlich fühlte er sich nützlich. Das konnte er. Er konnte dienen! Es war so leicht gewesen und jetzt? Jetzt würde er wieder glänzen können. Während Syn alles Erforderliche zusammengesucht hatte, war Zarrah inzwischen neben dem Feuer auf die Knie gesunken und hatte ihren linken Arm locker um ihren Bauch gelegt, während der rechte Arm nutzlos hinabhing. „Was tust du da?“, fragte sie, aber Syn stellte eine Gegenfrage. "Wer sind die?" Die Elfe musterte sein Gesicht, während er mit Wasser und einem Stofffetzen versuchte, sie von all dem Dreck zu reinigen. Zarrah hielt still, ihr Grün tastete das Gesicht ihres Gegenübers ab und beobachtete, was er da tat. Während Syn ihr Gesicht und ihren Hals wusch, teilten sich die Lippen der Elfe und sie begann tatsächlich zu erzählen: „Morgeria’s Wachhunde.“, bemerkte sie knapp. Sie pausierte, denn er wischte ihr erneut über das Gesicht. „Eine Eliteeinheit, die präzise, tödlich und schnell ist. Sie liefern Ergebnisse in Tagen.“, erklärte sie und plötzlich atmete sie gepresst aus, senkte den Blick und brauchte eine Sekunde, ehe sie wieder zu seinem Gesicht zurückkehrte. Während Syn den Stofffetzen erneut in seinen Wasserkessel tunkte, spülte er den Dreck ein wenig davon aus. Und er konnte vielleicht erkennen, wie sich das Wasser nicht braun, sondern rot färbte. Es war ein dunkles Rot, sodass man es leicht verwechseln konnte. Das war kein Dreck, was er von der Elfe wusch. Ebenso das lange Haar, das sie stets zu einem Zopf gebunden hatte. Syn widmete sich diesem, nachdem er das Gesicht seiner ‚Nicht-Herrin‘ besser erkennen konnte. Auch hier ließ sie es zu und wirkte nicht so, als könnte sie es genießen. Eher wirkte sie angespannt, fahrig. Ihr Atem entließ sich nur gedehnt, als würde sie etwas kompensieren müssen. War es nun seine Nähe? Machte ihr die Behandlung zu schaffen? So verschlossen wie Zarrah war, würde er es wohl nicht herausfinden können. Die Elfe aber blieb die ganze Zeit akkurat sitzen. Einzig ihre Arme wirkten etwas kraftlos, während sie jedoch zuließ, dass er ihr Haar ausspülte. „Du musst das nicht tun…“, versuchte sie es zwischendurch mal, doch merkte sie schnell, dass er sich nicht beirren ließ. Auch Syn musste einige Dinge verarbeiten und tat es auf seine Weise. Auf eben jene, die er kennengelernt hatte. "Diese Wachhunde sind beauftragt worden, uns zu finden...", ließ sie ihn wissen, während er sich um den alten Glanz seiner ehemaligen Herrin bemühte. Nun aber spürte das Kaninchen, dass auch er nicht unentwegt weiterglänzen konnte. Er kippte nach vorn, während die langen Haare der Elfe ungeflochten auf ihren Rücken fielen. “Oh…“, entfuhr ihm und Zarrah wandte den Kopf.

Sie betrachtete den weißen Schopf an ihrer Schulter und wandte den Kopf wieder zur Seite. Sie starrte ins Feuer, rührte sich ansonsten aber nicht. Sie ließ ihn. Ließ ihn sich ausruhen, Kraft tanken. Die Scheite knackten genüsslich, während das Feuer sie fraß und Wärme spendete. Syn hatte gut beobachtet und Razag dabei zugesehen, wie er es immer angestellt hatte. Auch hatte Syn gesehen, dass die Flöße noch an Ort und Stelle waren. Und wie weit Crys mit dem Brautkleid bereits gekommen war. Sie war fleißig gewesen. Nun aber saß er an seine ‚Herrin‘ gelehnt und verfiel den heißen Versprechungen der Flammen. Es dauerte nicht lange, da Syn einschlief und nach vorn rutschte. Er wäre gefallen, doch geistesgegenwärtig hatte Zarrah ihn gefangen und aufgehalten, bevor er mit dem Gesicht auf den Waldboden aufschlug. Behutsam legte sie das Kaninchen ab und ihre Fingerspitzen glitten beinahe sanft von seinem Körper. Sie rutschte ein wenig zur Seite und keuchte auf, verzog das Gesicht, als sie sich bemühte, sich aufzurichten. Ihre Hand hatte die ganze Zeit an ihrem Bauch gelegen, während sich der Stoff allmählich tränkte. Die Elfe blickte auf ihre Hand und sah dann den Abdruck an Syn’s Schulter. Sie ächzte abermals, erhob sich aber in den Stand und blickte auf das Kaninchen zurück. Es schlief. Gewärmt vom Feuer. Zarrah aber wandte den Blick und betrachtete den roten Fleck, dort wo Crystin gelegen hatte. Sie presste die Lippen aufeinander und ballte die Fäuste. Dann sah sie zu dem großen Fleck aufgewühlter Erde, an dem Razag Syn begraben hatte. Auch hier wurde der Blick dunkel. Doch sie konnte jetzt nichts tun. Zarrah war zwar gut, aber die Elfe hatte all die Jahre nicht überlebt, weil sie unbedacht war. So ging sie hinüber zu den Sachen der Heilerin und durchstöberte ihre Habe nach Nadel und Faden. Zarrah spürte, dass ihr nicht viel Zeit blieb. Sie fand, was sie brauchte, kehrte zum Feuer zurück und hielt die Spitze der Nadel hinein, bis sie glühte.
Erst dann begann sie damit, das Mieder zu öffnen. Sie keuchte bei jeder Schnalle vor Schmerz, bis es zu Boden fiel. Dann tränkte sich der Stoff ihrer Bluse immens schnell mit dem roten Lebenssaft. Zarrah betrachtete es eine Sekunde lang, bevor sie den Blick zu Syn hob. Er verschwamm. Sie kniff die Augen zusammen und sah zurück zu dem Flecken an ihrer Taille. Dann schob sie den Stoff nach oben, entblößte ihre dunkle Haut am flachen Bauch und erkannte zum ersten Mal das gesamte Ausmaß. Zarrah konnte kaum die Wunde sehen, die sie da malträtierte. Mit jedem Herzschlag wurde eine neue Welle Blut aus ihrem Körper gepumpt. Zarrah aber biss die Zähne zusammen und griff ein wenig Stoff, um es sich gegen die Wunde zu pressen. Es half nicht. Die Wunde war groß, wie von einem langen, dünnen Schwert zugefügt. Sie ging nicht durch, aber sie hatte offenbar tief ins Fleisch geschnitten. Zarrah keuchte erneut, ihr Blick verschwamm immer wieder. Dann lehnte sie sich vor und griff nach einem Holzstock, der halb aus dem Feuer guckte. Ihre einzige Chance würde ausbrennen sein. Sie musste die Wunde verschließen. Sie hielt inne, bevor das glühende Ende ihre Haut berühren konnte. Sie könnte hier und jetzt allem entkommen. Könnte es den Göttern überlassen und einfach… einschlafen. Ihr Blick glitt zu Syn. Er würde es allein nicht schaffen. Er war noch nicht soweit. Die Elfe holte tief Luft, ignorierte den Schmerz, der dabei entstand. Dann umschloss sie den Stock und wappnete sich. Doch dafür konnte man sich nicht wappnen. Sie presste das glühende Ende auf ihre Wunde, während ein Schmerzensschrei ihre Kehle verließ. Zarrah kippte nach hinten und rang nach Luft, während sich alles drehte und ihr Herz ein Wettrennen zu bestehen schien. Dann schloss sie die Augen, verlor den Stock an den Waldboden und sank in selige Dunkelheit.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Samstag 21. Oktober 2023, 22:33

Synnovers Orientierungssinn war nicht katastrophal, aber auch nicht herausragend. Seine Welt war klein gewesen, auch wenn er es jetzt erst im Ansatz zu erkennen schien. Seine Welt hatte nicht einmal aus ganz Morgeria bestanden, sondern nur aus den abgesteckten Bereichen, in denen ihm erlaubt war, frei zu wandeln. Er kannte die Schwarze Arena, das Anwesen der Nachtklingen und zahlreiche Schlafzimmer anderer Adelshäuser. Er kannte kurze Wegstrecken zu den morgerianischen Kasernen und dem Markt, aber auch hier waren es immer dieselben Wege. Ausbrüche durfte er sich nicht gestatten, wenn er nicht eingesperrt hatte werden wollen. Halb verblasste Erinnerungen aus seiner Kindheit zeigten ihm Bilder des Armenviertels, der orkischen Baracken und schmutziger Hinterhöfe, aber die Wege dorthin hätte er allein niemals gefunden. Genauso wenig fand er sich in den Wäldern Celcias zurecht. Sie gefielen ihm grundsätzlich, auch wenn die letzte Nacht bitterkalt, nass und unbequem gewesen war. Das bedeutete jedoch nicht, dass er zwischen den immer gleich ausschauenden Bäumen, all den Sträuchern und pfadlosen Wegen, die Zarrah nahm, jemals ein Ziel erreicht hätte. Schon jetzt war ihm klar, dass er allein nicht zum See zurückfinden würde und ohne seine einstige Herrin hätte er es gewiss auch nicht zum Lager geschafft. Lediglich den Pfad hinunter zum Ufer, wo die Flöße nach wie vor sanft trieben, den fand er. Weil er nicht darüber nachdachte, wohin er gehen musste, sondern sich von Adrenalin und Instinkt leiten ließ. Dabei handelte er keineswegs selbst, auch wenn es für die erschöpfte Zarrah so aussehen musste. Ohne sie wäre er Freiwild in dieser unliebsamen Umgebung. Dann könnte er lauthals nach diesen Verfolgern rufen, damit sie ihm ein schnelles, aber weitaus gnädigeres Ende setzten als von der Natur vorgesehen. Er wollte weder erfrieren noch verhungern. Ohne Zarrah würde beides ein potenzielles Schicksal sein, das seinen Untergang mit wehenden Fahnen einläutete. Er brauchte sie und sie benötigte derzeit tatsächlich seine Hilfe. Das gab dem Kaninchen Aufschwung. Die ganze Zeit war er eher Mitläufer gewesen, für keine bessere Aufgabe geeignet als Feuerholz zu sammeln. Jetzt konnte er glänzen. Jetzt konnte er die Gunst seiner Herrin erlangen!
Es begann damit, dass sie ihm seine Frage beantwortete, ohne ihrerseits eine auf die ihr gestellte zu fordern. Sie überging es einfach, dass Syn sich nicht erklärte. Vielleicht verstand sie aber auch schnell genug, dass er sie nur waschen wollte. Während er den Schmutz von ihrer Haut und aus ihren Haaren wusch, plauderte sie Details über ihre Verfolger aus. Morgerias Wachhunde, eine Elitetruppe aus der Heimat, beauftragt, Zarrah aus dem Weg zu räumen und alle, die sie begleiteten.
"Es ist also nicht die große Hatz, die du mit uns spielst...", öffnete Syn sich ein wenig. Er war zu müde für aufmerksames Ränkespiel. Wahrscheinlicher schien sogar, dass er eher laut nachdachte als sich wirklich an Zarrah zu wenden. Er war ohnehin etwas abgelenkt. Warum färbte sich das Schmutzwasser im Kessel rot? Warum sah die Flüssigkeit im Topf wie verdünnete Blutsuppe aus? Syns Augen wanderten träge über Zarrah hinweg, aber er sah nichts, das auf eine Verletzung hindeutete, die so viel Blut hervorbrachte. Seine Gefährtin wirkte einfach nur furchtbar ausgelaugt.
Syn seufzte. Er würde auch ihr Haar ordentlich reinigen und wenigstens mit den Fingern ausbürsten müssen. Sie sah nicht dazu in der Lage aus, aber so konnte er sie unmöglich weiter herumlaufen lassen. irgendwie erinnerte sie ihn mehr an die Sklavinnen, die er in der Arena hatte niederstrecken müssen. Wenn ihm ein Streich mit dem Dolch gelungen war und das Leben langsam rot in den Sand sickerte. Er kannte diesen Blick eigentlich zu deutlich! Er könnte ahnen, was nicht stimmte, aber er sah es nicht. Auch er war schrecklich erschöpft.
Syn gab sich weiterhin Mühe, zwang sich weiterzumachen. Er hatte keine Wahl. Es gab keine Alternativen für jemanden wie ihn. Nach wie vor sah er sie nicht. Er sah nur Zarrah, ihre Blässe und diese Müdigkeit in ihrem Blick. Er sah den Schweiß auf ihrer Stirn. Darüber hinaus erinnerte er sich an ihre eisige Haut. Sie war noch kälter als seine gewesen, doch unter seinen Adern pulsierte das Blut nicht einmal halb so wild. Er hatte es geprüft, als er den Topf am Flussufer abgesetzt hatte. Er war kein Mediziner, konnte den Puls nicht gezielt von seinem Handgelenk ablesen, aber er hatte den Unterschied zwischen seinem ruhigeren Pochen und Zarrahs Rasen deutlich festgestellt. Sie benötigte mehr Ruhe als er, immerhin schien sie schon die Nächte davor auf dem Floß nur bedingt geschlafen zu haben. Zumindest war Synnover nicht aufgefallen, dass sie auch nur einmal zusammengerollt auf den Stämmen gelegen hatte, während Crystin steuerte.
"Du musst das nicht tun..."
Erstmals stockte er in seinem Tatendrang. Er verharrte, als hätte sie ihm einen Hieb verpasst, bei dem der Schmerz ihn erst Sekunden später erreichte und er nun in der Schwebe stand, auf das Signal seines Hirns zu warten. Sollte er aufschreien oder nicht. Perplex blickte Syn vor sich ins Leere. Dann engte er die Augen, als seine Mimik sich mit Erkenntnis füllte. Er lächelte schief und schwach auf, senkte den Kopf. "Ja ... richtig. Ich bin gar kein Sklave mehr." Er sagte es, aber ob er es wirklich begriff, blieb fraglich. Denn er machte trotz seiner Worte weiter, bis ihn die Kraft endgültig verließ. Dass er mit der Stirn gegen Zarrahs Schulter sank, stellte er auch erst viel zu spät fest und konnte nur einen Laut von sich geben. Um sich zu lösen, dafür reichte es nicht mehr und hätte Zarrah ihn nicht rechtzeitig gehalten, wäre er einfach seitlich abgeglitten, mit dem Gesicht voran in den Dreck. Er schlief, bevor sie ihn behutsam auf den Boden betten konnte.
Allein der Erschöpfung war es zu verdanken, dass er sich nicht mehr rührte. Andernfalls hätte er garantiert die Position geändert, nach etwas oder jemandem zum Anschmiegen gesucht und vor allem wäre er ganz von selbst näher an die Wärme des Feuers gerückt. Sein Körper handelte autonom in dieser Hinsicht. Syn hatte lange genug Möglichkeiten gehabt, sich das ganz unbewusst anzutrainieren, aber jetzt schlief er totenstill. Nichts und niemand konnte ihn wecken, mit einer Ausnahme. Es war diese eine Sache, die ihn nach wie vor aus jedem Zustand - vielleicht sogar dem Tod selbst - herausriss, ganz gleich ob er es wollte oder nicht. Es war der Grund, weshalb er nach wie vor nicht verinnerlichen konnte, was Zarrah ihm, Razag und Crystin bereits geschenkt hatte: Freiheit. Er war nicht frei, noch nicht. Denn es genügte nur ein einziger Ton, ein einziger alarmierend schmerzhafter Schreit von vertrauter Stimme, um ihn zu wecken. Beschütze die Nachtklingen mit deinem Leben. Das bedeutete auch sofort bereits zu sein, um es zu geben, jederzeit.
Als Zarrahs Schrei den Wald erfüllte, drang er bis in die letzte Faser von Synnovers Körper. Instinktiv holte es ihn aus dem Schlaf und ließ ihn aufspringen. Sofort raste er davon, schlug zackige Haken und wich hauchdünn einem Baum aus, ehe er ihn umkreiste, nur um in entgegengesetzter Richtung durch das Lager zu wetzen, bis er die andere Seite mit einer Front aus Bäumen erreichte und erkannte, dass er sich weder in einem Kampf der Schwarzen Arena befand, noch in einer Orgie eines dunkelelfischen Festsaals mit viel zu vielen, lüsternen Frauen oder bei Sodth und den Reißern, die zu viel getrunken hatten und einen Kaninchenpelz prügeln wollten. Syn blieb stehen, atmete angestrengt und blickte sich gehetzt um. Er besaß vielleicht nicht den besten Orientierungssinn, aber er konnte seine Umgebung schnell ausmachen. Das musste er beherrschen, wenn er so gewagte Haken und Fluchtversuche vor gegnerischen Hieben erfolgreich bewerkstelligen wollte. Aber hier gab es keinen Grund zur Flucht. Er musste nicht fortlaufen, ganz im Gegenteil.
Seine blassgrünen Augen erfassten Zarrah, die am Boden lag. Sie erfassten all das Blut rings um sich herum und vor allem an ihrem Hemd. Sie erfassten den glühenden Holzkeil in der Nähe. Synnover aber reagierte vor allem auf das, was er roch: verbranntes Fleisch.
So schnell wie er aus dem Schlaf gesprungen war, so rasch eilte er nun auch zu seiner einstigen Herrin. Er kam neben ihr auf die Knie, packte sie und hob sie an. Dann sah er, was sie getan hatte. Was notwendig war, wenn Crystin nicht anwesend sein und sie heilen konnte. Synnover hatte nie selbst erleben müssen, dass man ihm eine Wunde ausbrannte, wohl aber hatte er es bei anderen gesehen, gerochen. Es stank abartig. Niemals würde er diesen Geruch vergessen und daher hatte er ihn auch bei Zarrah sofort einordnen können. Warum nur hatte sie nichts gesagt?!
Weil du kein Heilkundiger bist wie Crystin. Weil du nur zum Suchen von Feuerholz taugst und um sie in einsamen Stunden zu befriedigen...
Syn schluckte. Dann schüttelte er den Kopf, legte Zarrah zurück auf dem Boden ab und drehte sie so, dass er einen guten Zugriff auf die Wunde hatte. "Ihr Dunkelelfen seid doch wahrlich das höchste Ausmaß an ... warum fürchtet man euch so? Euer Stolz bringt euch alle noch um!", schnarrte er, doch es war Sorge, die ihn so schimpfen ließ. Sorge darum, dass Zarrah schon zu viel Blut verloren hatte. Sorge, weil er eben nicht Crystin war und Sorge vor dieser unheimlichen, großen, schrecklich kalten und einsamen Welt hier draußen, sobald sie ihr Leben aushauchte. Und selbst wenn er es doch irgendwie schaffte ... nach Morgeria zurückschaffte ... sein Leben wäre verwirkt. Weder Karrish noch Yolintha ließen ihn ungestraft entkommen, wenn sie erfuhren, dass ihm Zarrah unter den Händen fortgestorben wäre. Doch was sollte er tun?
"Du musst bei mir bleiben", redete er auf sie ein und tauchte den Lappen in den Topf, nur um ihn erneut auszuwringen. Das Wasser war bereits so furchtbar schmutzig, aber nun blieb keine Zeit, frisches zu holen. Es half nichts. Er tauchte den Lappen erneut ein. "Wenn du stirbst, werde ich jedem davon erzählen, wie schwach du ausgesehen hast", drohte er. Dann tupfte Syn vorsichtig über die verödete Wundstelle. Das war alles, was er tun konnte. Er wusste, dass es irgendwie half. Zumindest wuschen die Heilkundigen der Arena, die Elfensanitäter der Kaserne, eigentlich alle stets die Wunden ihrer Patienten aus. Erst waschen, dann verbinden. Vielleicht noch irgendeine Wundsalbe...
"Crystin!" Er sprang auf. "Sie wird dir deinen Tod nicht verzeihen, Herrin!" Ein letzter Appell an Zarrah, nicht den Löffel abzugeben, während Synnover nun zur Tasche der verschwundenen Braungelockten eilte und darin herum kramte. Sie musste doch Verbände eingepackt haben! Mit Glück fand er auch irgendeine Creme, eine Tinktur oder Anleitung, was man jetzt zu tun hatte. "Ich hasse dich für immer, wenn du mich allein lässt...", winselte er und suchte fieberhaft.
Was immer er fand, wurde genutzt - irgendwie. Und sollte es tatsächlich so sein, dass Crystins Verbände fort waren - vielleicht mitgenommen von den morgerianischen Wachhunden - würde Synnover eben das größte Opfer bringen müssen. Dann zerschnitt er das Brautkleid, um Zarrah zu verbinden. Er würde nicht ruhen, bis die Wunde durch Stoff vor Außendreck geschützt wäre. Das war doch einzige Zweck dessen, oder? Er wusste so wenig! Das hinderte ein weißes Kaninchen aber nicht daran, selbstbewusst genug zu bleiben, um so viel Chaos anzurichten, dass sich dieses Mal ausnahmsweise vielleicht die Götter erbarmen mochten.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Sonntag 22. Oktober 2023, 23:36

Der Schmerz war gewaltig, selbst für jemanden wie Zarrah. Die Stimme der Elfe hallte in der Stille des Morgens wider und endete dann in einer sehr viel beklemmenderen Ruhe. Wo sich die Dunkle allerdings in eine rettende Dunkelheit verlor, da erreichte ihr Schmerz das Kaninchen im Erschöpfungsschlaf. Synnover stand alarmiert und lief mit einer immensen Geschwindigkeit die Seiten des Lagers ab. Seine Magie verselbstständigte sich im Zeichen der Gefahr und hier galt es, jene von seinen Herrschaften abzuwenden. Müdigkeit gab es nicht mehr. Kälte gab es nicht mehr. Syn war hellwach, während er von einer Seite zur nächsten lief und daraufhin feststellte, dass kein Angriff erfolgt war. Er würde nicht kämpfen müssen. Doch was war dann… Sein Blick fiel auf Zarrah, die schwer atmend und gleichzeitig bewusstlos auf dem Boden lag. Neben ihren kraftlosen Fingern lag noch der glühende Stock, der auf ihrem Bauch, neben ihrem Nabel einen hässlichen, schwarzen Fleck hinterlassen hatte. Selbst auf ihrer Haut konnte er es erkennen. Und dieser Geruch. Es war einer von jenen, die man niemals wieder vergessen konnte. Sofort hatte er erkannt, was seine einstige Herrin getan hatte, während er schlief. Seine Hände griffen nach ihr, hoben sie hoch und hielten ihren Oberkörper. Sie ächzte, wachte aber nicht auf.

Auf ihrer Stirn waren noch mehr Schweißperlen zu sehen und Syn fragte sich zu Recht, wieso sie nichts gesagt hatte. In seinem Kosmos war es nur logisch, denn er hatte keine Hilfe zu bieten! Er war das letzte Licht in dieser Reihe und niemand traute ihm irgendetwas zu, denn er konnte nichts. Crystin war die Heilerin. Die Köchin. Die Schneiderin, die Freundin… Razag war der Beschützer, der Gaukler, der schlaue Ork. Und er? Er holte Feuerholz und staunte wie ein Einfallspinsel über die grüne Natur. Warum hätte sie etwas sagen sollen? Dass die Wahrheit anders aussah, konnte Synnover nicht ansatzweise ahnen. Dafür hätte er sich selbst wieder mehr vertrauen müssen. Hätte das Selbstvertrauen aufleben lassen müssen, das er einst besessen hatte. Aber das konnte er nicht. Nicht jetzt. Hilflosigkeit machte sich allmählich breit und überkam ihn, während Zarrah leblos in seinen Armen hin. Er wusste nicht mal, wie es passiert war oder wann. Einzig, dass es passierte und er nun vor dem Scherbenhaufen kniete, wusste er.
"Ihr Dunkelelfen seid doch wahrlich das höchste Ausmaß an ... warum fürchtet man euch so? Euer Stolz bringt euch alle noch um!", brach sich seine Sorge bahn. Nicht mal um die Elfe persönlich, sondern um seine Gelegenheit, hier heil herauszukommen. Um Razag und Crystin zu finden. Den einen zum Schutz und… die andere zum Heilen. Zarrah musste ihm dabei helfen! Aktionismus durchfuhr das Kaninchen und er tastete nach dem Lappen, der wenigstens etwas Wasser auf die geschundene Haut brachte. Sie war verbrannt und etwas Kühlung sollte dabei durchaus helfen können. Er hatte es mal gesehen, glaubte er, doch das war gar nicht wichtig. Er handelte. "Du musst bei mir bleiben", flehte er dabei, während er den Lappen auf die Wunde tupfte. Zarrah ächzte abermal, drehte den Kopf. Sie hatte Schmerzen. "Wenn du stirbst, werde ich jedem davon erzählen, wie schwach du ausgesehen hast", giftete er sie an, appellierte am Stolz der Dunkelelfen und dem Gesetz der Stärke. Zarrah reagierte nicht. Unter ihren Lidern wanden sich ihre Augen und sie atmete noch immer schnell.

Während er glaubte, am Ende seines Könnens zu sein, musste er an die Sanitäter im schwarzen Rund denken. Und dabei stolperten seine Gedanken über die Heilerin in ihrer Gruppe. "Crystin! Sie wird dir deinen Tod nicht verzeihen, Herrin!", rief er, während er sie ablegte und aufsprang. Er brauchte kaum drei Schritte, bis er bei der Tasche der Heilerin war. Zum Glück für ihn, hatten die Angreifer jene nicht mit sich genommen! Oh, welch Glück! Er riss sie auf, durchstöberte sie und tatsächlich klimperte allerhand Kram darin herum. Erst fiel ihm das Nähzeug in die Hände, das Crystin verwendete, um sein Brautkleid zu nähen. Dqnsch folgten einige der selbstgemachten Schätze, die Syn in dem Zimmer von Crys hatte bewundern dürfen. Kleine, farbige Muscheln und Ketten mit Glitzersteinen, eben etwas von dem Nippes, den sie hütete. Dann aber blitzten reinweiße, saubere Wundverbände aus der Tasche hervor und ein ihm bekannter Geruch erreichte seine Nase.
Er erinnerte ihn daran, wie Crystin die Wunden von ihm und Razag versorgt hatte und jene, stinkende Paste verwendete. Sie war lindernd, kühlend und gleichzeitig entzündungshemmend gewesen. Synnover fand zudem ein kleines Notizbuch, das die Heilerin offenbar über Jahre hinweg geführt hatte. Sie hatte dabei sogar celcianisch verwendet, da sie offenbar sehr viel sicherer mit jener Sprache geworden war, anstatt ihre Heimatsprache zu benutzen. Einzig eine kleine Notiz fand sich in der Sprache Melongiar, die er aber nicht erkennen konnte. Der Rest… Syn hielt tatsächlich das kleine Leben von Crystin in den Händen. Denn dort standen Tinkturen und Behandlungen. Sie hatte gewisse Verfahrensweisen aufgeschrieben. Von Stichverletzungen, über Prellungen, Quetschungen bis hin gar zu Amputationen. Crystin hatte alles mit feinen Zeichnungen versehen und entpuppte sich als überaus talentiert. Es waren selbst für Laien erkennbare Anweisungen, sodass Synnover hier die echte Chance erhielt, Zarrah eine fundierte Behandlung zukommen zu lassen. Im Grunde war es einfach: Wärme war wichtig, Sauberkeit und das in den Griff bekommen einer eventuellen Entzündung. Die Wunde durfte nicht nässen, die Wundränder durften nicht erröten. Es musste darauf geachtet werden, dass sich der Patient schonte. Veröden war wichtig, damit die Blutung nachließ und der Körper neues Blut bilden konnte. Blut, das nicht wieder verloren ging, weil man das Loch nicht flickte.

Syn hatte eine Anleitung zum Heilen in den Händen und brauchte sie nur noch durchzuführen. Er fand sogar exakte Zeichnungen von einigen, wenigen Heilkräutern. Er könnte sich sogar auf den Weg machen und jene suchen, müsste dafür aber natürlich Zarrah sich selbst überlassen. Während Synnover sich für eine oder alle Heilanwendungen entschied, kletterte tatsächlich endlich etwas Sonne über die Welt. Der Regen hatte nachgelassen und die Wolken sich verzogen. Der Himmel blitzte hier und dort blau aus den Baumkronen hervor. Immer wieder warfen die Löcher des Blätterdachs leuchtende Lichtsprenkel auf den Waldboden. Der Wind war hier im Sarius eher angenehm, auch wenn er außerhalb gewiss kalt sein würde. Der Wald schützte sie davor und es herrschte ein gemäßigtes Klima, je später der Morgen voranschritt. Zarrah aber brauchte ungefähr eine Stunde, bis sie endlich das Bewusstsein wiedererlangte. Die Elfe regte sich und wischte sich ein wenig unbeholfen über das Gesicht. Dann schreckte sie hoch und ihr dunkles Grün suchte das Lager nach dem Kaninchen ab. „Syn?“, rief sie aus. War er noch da? Oder hatte er die Freiheit gewählt und seine Chance doch noch genutzt? Zarrah jedoch musste erkennen, dass sie zu viel Blut verloren hatte, sodass sie langsam wieder hinabsank, um den Schwindel aufzuhalten, der sich ihrer bemächtigte.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Donnerstag 26. Oktober 2023, 11:44

Zarrah schreckte aus ihrem von Fieber und Schmerz begleiteten Schlaf heraus. Ihre letzte Erinnerung müsste doch gewesen sein, dass sie den glühenden Stecken auf ihre eigene Haut gedrückt hatte, um die Wunde zu veröden. Statt aber sofort danach zu schauen oder zu tasten, rief sie den Namen dein einzig verbliebenen Gefährten aus. Er erfüllte die Stille auf der Lichtung und mischte sich unter das sanfte Knistern eines Lagerfeuers. Zarrah hatte direkt daneben geruht, aber nicht gänzlich gelegen. Ehe sie sich ihrer Schlafstatt jedoch genauer gewahr werden konnte, würde ihr Blick sicherlich andere Dinge erfassen. Zunächst einmal, dass der Gerufene - Syn - nicht in ihrem Sichtfeld anzutreffen war. Stattdessen erkannte sie Chaos und Verwüstung. Es war mehr geworden, seit sie das Bewusstsein verloren hatte. Waren ihre Häscher noch einmal zurückgekehrt? Unmöglich! Sie hätten die Elfe kaum achtlos liegen lassen, geschweige denn ihr ein Lagerfeuer bereitgestellt. Ein zweiter Blick offenbarte ihr Genaueres.
Syn war es, der hier gewütet haben musste. Das erkannte sie vor allem an dem schwarzen Brautkleid, an dem Crystin mit so viel Mühe gewerkelt hatte. Offenbar hatte das Kaninchen sich daran versucht. Das Kleid lag nahe dem Feuer am Boden, ein Ärmel ausgebreitet. Daneben fand sich Crystins Nähzeug, aber es wirkte, als hätte jemand sein Bestes versucht und schnell aufgegeben, um nichts zu ruinieren. Oder er war abgelenkt worden. Ein großes Blatt fand sich in der Nähe, auf dem verschiedene Kräuter und auch kleine Pilze zurechtgelegt worden waren. Einige schienen schon für eine Suppe geschnitten worden zu sein. Außerdem fand sich auch ein Kessel auf dem Feuer, der gemächlich vor sich hin blubberte. Es roch nur nicht nach einer Mahlzeit. Entweder machte Syn dort nur weiteres Waschwasser bereit, kochte es ab um es trinkbar zu machen oder hatte sich erneut ablenken lassen, so dass es nie zu einer nährenden Suppe kommen würde.
Verbände lagen dicht bei Zarrahs Füßen, einige davon aufgerollt und zu kleinen Rechtecken geschnitten. Daneben hatte sich jemand die Mühe gemacht, Crystins halbe Heil-Utensilien auszubreiten. Tiefelchen, Phiolen und was sie sonst noch mit sich geführt hatte, stand dort herum. Syn wollte sich offenbar ein Bild machen, was vorhanden war und was fehlte ... und hatte auf halbem Weg das Interesse verloren. Dafür hatte er Feuerholz beschafft. Das konnte er inzwischen. Es lag genug bereit, dass man noch bis zum nächsten Morgen hier lagern könnte. Außerdem hatte er die Pfeile eingesammelt, die die Häscher nicht migenommen hatten. Auch jene, deren Schäfte gebrochen waren. Sie lagen zu zwei Stapeln ebenfalls in der Nähe und auch hier war nicht genug Konzentration vorhanden gewesen, um es zu Ende zu führen. Doch wo steckte das Kaninchen?
Nicht weit. Ganz und gar nicht weit, wie Zarrah würde feststellen müssen. Seine Arme schlangen sich noch locker um ihren Bauch. Eine Hand ruhte neben, aber nicht auf der Wunde an ihrem Bauch. Sie war verbunden und der Duft von irgendeiner Kräuterpaste stieg Zarrah gewiss in die Nase. Der Verband war nicht perfekt anglegt, sondern eher laienhaft, aber so kam wenigstens kein Schmutz an ihre verödete Wundstelle. Syn hatte sich bemüht, eine Entzündung zu verhindern. Binnen einer Stunde musste er wie das flinke Kaninchen, das er war, durch das Lager gehechtet sein und alles ausprobiert haben, was in seinen Möglichkeiten zur Verfügung stand, um Zarrahs Zustand zu verbessern. Oder er hatte - erfolglos - versucht, sich abzulenken. Jetzt hockte auch er sich vom Lager auf, das er mit Zarrah geteilt hatte. Ein Doppellager, bestehend aus ihren beiden Schlafmatten. Sein Schlafsack war als isolierende Zwischenschicht ausgebreitet und mit Zarrahs hatte er sie beide zugedeckt. Sie trug keine Schuhe mehr und auch ihre Hose hatte man ihr ausgezogen! Beides lag sorgsam gefaltet neben ihr. Und daneben fanden sich Syns Sachen, von seiner Unterwäsche abgesehen. Die trug er noch. Ansonsten konnte Zarrah die angenehme Wärme seines Körpers fühlen, der sich nun wieder näher gegen sie lehnte, als Syn sich endlich aufgerichtet hatte.
"Du bist endlich wieder wach", grüßte er, fuhr mit seiner Hand unter ihr Kinn, um das Gesicht dem seinen zuzudrehen. Er musterte sie aus einem erschöpften Gesicht und unter matten Augenringen heraus. Er hatte eindeutig nicht so viel Schlaf erhalten wie sie. Trotzdem lächelte er schief auf, wenn auch schwach, nachdem er ihr Antzlitz einen Moment studiert hatte. Dann grinste er gar und kommentierte: "Du siehst übel aus..."
Syn ließ ihr Kinn los, wandte sich halb um und tastete über den Erdboden, bis er ein kleines Buch erreichte. Er griff danach, hob es an, um damit vor Zarrahs Nase zu winken. "Crystin schreibt, dass jemand mit deiner Verletzung sich schonen sollte. Und warm gehalten werden. Ich hab mich an alle Anweisungen gehalten, die ich entziffern konnte. Und bisher ist auch niemand mehr aufgekreuzt." Syn bot Zarrah das Buch an, falls sie selbst einen Blick hinein werfen wollte. Falls er müde war, ließ er es sich so gut wie möglich nicht anmerken. Er riss sich zusammen und lächelte dabei sogar noch, als wäre nie etwas geschehen. Die Maske hatte Risse erhalten, aber er trug sie weiterhin, vielleicht auch zum Schutz vor seiner eigenen Unsicherheit.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Samstag 28. Oktober 2023, 23:55

„Syn?“, hörte man in der Stille des Lagers eine ungewohnt schwache Stimme rufen. Es war bereits zu viel Aktion gewesen, sodass die Elfe spürte, wie ihr das abrupte Aufsetzen zu schaffen machte. Zarrah wandte leicht den Kopf und das dunkle Grün wanderte träge über das Lagerfeuer zu ihrer Rechten. Es spendete Wärme, doch sie fror gar nicht. Ihre Gedanken hielten sie davon ab, sich übermäßig mit sich selbst zu beschäftigen, denn tatsächlich offenbarte sie, dass sie durchaus dazu fähig war, erst an andere zu denken. Und nicht etwa an irgendwen: Es war Synnover, nach dem sie sofort rief. Er hatte also ihre Gedanken begleitet, nicht wahr? Doch bevor Zarrah ihn finden konnte, entdeckte sie das Chaos im Lager. Nun, es war bereits verwüstet gewesen nachdem die Bluthunde hier durchgefegt waren. Doch nun… Ihr Grün erfasste die Kräuter und die Ansätze eines Kochversuchs. Sie sah den Kessel, der zwar blubberte, aber keinen Geruch von Nahrung verströmte. Zarrah’s Blicl wanderte weiter und erkannte das schwarze Brautkleid. Ihr Blick huschte zügig weiter, denn es weckte unliebsame Erinnerungen. Crystin hatte es bisher schon umgenäht… doch der Stoff war der selbe, das Kleid blieb das alte. Nichts würde je ihre Erinnerungen daran ändern können. Zarrah musterte die Verbände und, dass sich jemand darangemacht hatte, sie feinsäuberlich einzuteilen. Doch das alles gab ihr keinen Aufschluss darüber, wo sich das Kaninchen befand. Ihr Blick rückte in weitere Ferne und sie musterte die Umgebung. Dabei zwang sie sich, der Schwäche nicht nachzugeben. Sie suchte mit den Augen nach Spuren und konnte doch nichts erkennen.

Plötzlich aber durchzuckte sie ein Druck. Zarrah erstarrte augenblicklich und senkte den Blick auf sich selbst herab. Ja, sie hatte nicht zuerst nach sich geguckt. Jetzt aber erkannte sie, dass ihre Beine nackt waren. Auch entdeckte sie endlich das Lager, das Syn hergerichtet hatte. Und schließlich fiel der Fokus auf den Arm. Für einen Moment stockte der Blick und mit ihm der Atem. Zarrah ließ das Grün langsam am Arm von Syn entlangwandern und just in dem Moment richtete er sich auf. Ihre Blicke trafen sich. Zarrah aber starrte Syn regelrecht an. Er war nahe und noch dazu hatte er sich nicht aus dem Staub gemacht. Die Elfe runzelte kurz die Stirn, bevor er das Wort an sie richtete: "Du bist endlich wieder wach.“ Zarrah’s Blick wandte sich ab und wollte erneut auf Entdeckungstour gehen. Doch Syn hinderte sie daran und ungewohnt willig ließ sie es zu, dass er sie berührte und sogar führte. Sie blickte ihn wieder an. "Du siehst übel aus...", grinste er, trotz der Müdigkeit, die er ausstrahlte. Zarrah blinzelte, dann engten sich ihre Augen und ihr Mundwinkel zuckte. Sie hatte den Ausspruch sehr wohl auf ihre Situation unterhalb der Arena bezogen und es amüsierte sie scheinbar, dass er ihr nun die Retourkutsche dafür lieferte.
Trotzdem wirkte sie ungewohnt geschwächt. Syn aber bestach umso mehr mit Aktionismus. Er fischte nach dem Notizbuch und hielt es Zarrah hin. "Crystin schreibt, dass jemand mit deiner Verletzung sich schonen sollte. Und warm gehalten werden. Ich hab mich an alle Anweisungen gehalten, die ich entziffern konnte. Und bisher ist auch niemand mehr aufgekreuzt.“ Zarrah blickte auf das Notizbuch und sofort senkten sich ihre Augenbrauen. „Wir müssen sie finden, Syn. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wie lange war ich weg? Wir…“, sie versuchte sich aufzurappeln, doch als sie den Schlafsack wegdrückte durchzuckte sie ein Schmerz, der sie keuchen ließ. Sie blickte auf die verbundene Wunde und fuhr mit schlanken Fingern darüber, ohne den Verband zu berühren. Ihr Blick wurde dunkel und sie sah in den Wald. „Wir verlieren ihre Spuren…“, murmelte sie, doch erneut wurde sie von Schmerzen geplagt. Zarrah sank zurück und stieß den Atem gepresst aus. „Verflucht..“, knurrte sie unwillig und wischte sich über die Stirn.

Sie hatte Fieber und das lag gewiss nicht an Syn’s neuen Fähigkeiten, Wunden zu verbinden. Sie hatte sich diese Wunde mit einem Stock ausgebrannt. Es war kein Wunder, dass sich dort eine kleine Entzündung bildete. Sie durfte nur nicht zur Sepsis werden. Die Dunkelelfen kam einen Moment zu Atem, bevor sie den Blick wieder öffnete und Synnover aus ihrer liegenden Position ansah. „Das hast du alles getan?“, wollte sie plötzlich leise wissen und schien es nicht recht glauben zu können. „Ich hätte gedacht, dass du die Gelegenheit nutzt…“, offenbarte sie und musterte ihn genauer. „Dass du dich entweder hoch hinaus in die Baumkronen flüchtest… oder fliehst.“, wurde sie zum Ende hin leiser. Zarrah aber schloss angestrengt die Augen. Erneut schwitzte sie. „Wir müssen weiter…“, murmelte sie. „Immer weiter, nur nicht… stehenbleiben.“, verloren sich ihre Worte. „Ich muss euch schützen. Es…“, sie atmete flacher, wirkte aufgewühlt. „…ist meine Aufgabe euch zu schützen…“, sprach sie weiter. Erneut schreckte sie hoch und fasste gleich an ihre Wunde. „Crystin nutzt die selbe Paste. Du hast sie angemischt?“, war sie plötzlich wieder klarer und wandte abermals den Kopf in seine Richtung. Sie musterte ihn eindringlich: „Du solltest schlafen, Syn…“ bemerkte sie und nun war sie es, die ihn berührte.
Ihr Daumen strich ungewohnt vertraut über sein Jochbein, wo seine Augenringe zu erkennen waren. „Ruh dich aus.“, ihre Hand sank hinab. „Ich passe auf…“ versprach sie, ohne mit der Wimper zu zucken. Dann machte sie sich daran, einfach aufstehen zu wollen. Dabei war sie körperlich nicht in der Lage dazu, nicht nach so einer Wunde, dem Blutverlust über Nacht und dann dem Veröden ihrer Wunde. Nun entwickelte sie eine Entzündung, die auch eine Blutvergiftung werden könnte. Aber Zarrah war ungewöhnlich mitteilsam gewesen. Die Elfe schien ein erhöhtes Maß an Pflichtbewusstsein zu besitzen. Sie war für die Sicherheit zuständig und sie hatte versagt. Dass die Wunde davon zeugte, dass sie sehr wohl einen Beitrag geleistet hatte und offenbar dabei verletzt wurde und dennoch erst dafür gesorgt hatte, dass Syn in Sicherheit wäre, das spielte für sie zumindest keine Rolle. „Wo sind meine Sachen?“, fragte sie, obwohl sie direkt neben ihr lagen. Zudem hatte Syn, während sie sich ihren Sachen zuwandte, erneut einen Blick auf die Narbe an ihrem Rücken, oberhalb des Beckens. „Ich muss sie finden…“, murmelte Zarrah bei dem Versuch, sich anzuziehen. Dabei wirkten ihre Bewegungen steif und nicht so behände wie sonst. Nein, sie war nicht wirklich fit und doch... es hatte auch einen gewissen Charme, denn sie wirkte zahmer als gewöhnlich. Sie war nicht so abweisend und vielleicht ließ sich das ja irgendwie zu Syn's Gunsten ausnutzen.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Donnerstag 2. November 2023, 01:03

Als Zarrahs Blick nach dem Erwachen und ihrem Ruf nach Syn über das Lager wanderte, konnte sie das Kaninchen selbst nicht entdecken. Wohl erkannte man aber seine eigenen Spuren zwischen der schon zuvor vorherrschenden Verwüstung. Das hieß, falls man ihn kannte und sich längerfristig bereits mit ihm beschäftigt hatte. Karrishs wachsamem Blick wären die Anzeichen sofort aufgefallen und er hätte sie wohl auch direkt zu deuten gewusst. Er hatte sechs Jahre Zeit gehabt, das Verhalten seines Sklaven zu beobachten. Er hatte schnell erkannt, dass Syns Gemüt nicht lange an Dingen festhalten konnte, für die er kein persönliches Interesse hegte. So schien ihm das Kochen bereits zu langweilig geworden zu sein, ehe er überhaupt Zutaten für eine Mahlzeit hatte finden können. Es roch nicht danach und man sah weder geschnittenes Gemüse noch eine ausgeweidete Beute. Auf dem Feuer blubberte lediglich etwas - vermutlich Wasser - in dem Kessel, den Crystin bereitgestellt hatte. Crystin ... die Heilkundige hatte sich in ihrer Freizeit daran gemacht, das schwarze Brautkleid nach Synnovers Wünschen umzunähen. Es lag noch immer auf dem Boden, aber nicht länger plattgetreten im Matsch. Jemand hatte den Schmutz nach bestem Wissen und Gewissen aus dem feinen Stoff entfernt. Nadel und Faden kündeten davon, dass auch ein Versuch des Weiternähens gestartet worden war. Derjenige musste jedoch ebenso schnell aufgegeben haben wie ihm das Vorhaben in den Sinn gekommen war. Syn ... er hatte großes Interesse für das Kleid gezeigt. Natürlich musste er es gewesen sein, der jetzt Hand anlegen wollte. Dass er offensichtlich weder einen Nadelstich getan, noch die Fransen sorgsam abgetrennt hatte, ließ auf weitaus Bedeutenderes schließen als dem bloßen Beobachter auffallen mochte. Das Kleid war Syns Steckenpferd auf der Reise gewesen, sein letzter Strohhalm eines nunmehr vergangenen Lebens. Er hatte sich geradezu daran geklammert, Crystin sehr genaue Anweisungen zum Umnähen gegeben und war stets bemüht gewesen, dass dem kostbaren Stoff nichts geschah. Er hatte definitiv Interesse daran, dass die Arbeit fertig würde. Sie nun so ungenutzt am Boden liegen zu sehen, deutete auf zweierlei Annahmen hin. Entweder hatte er sich selbst am Nähen versucht und war aufgrund mangelnder Kenntnisse des Handwerks zu schnell gescheitert. Er wollte nichts ruinieren und hatte es deshalb sein lassen. Oder aber etwas war geschehen, das ihn daran gehindert hatte, sich seiner liebsten Beschäftigung zu widmen. Eine Gefahr?
Zarrah ließ den Blick weiter schweifen. Sie erkannte andere Arbeiten, die im Lager durchgeführt worden waren. Kleine Aufgaben, die selbst jemand bewältigen konnte, der ihnen im Alltag sonst nicht nachging. Und alle schienen früher oder später abgebrochen worden zu sein. Mangelndes Interesse, ein unsteter Geist oder ... Nervosität, weil es doch eine Sache gab, an der derjenige konsequent hatte denken und sie festhalten müssen, so dass für alles andere einfach keine innere Ruhe übrig geblieben war? Eine Sache oder eine ... Person.
Zarrah sah an sich herunter und erkannte den nicht perfekt, aber ausreichend angelegten Verband. Er hatte weniger das Ausbluten verhindert, denn ihr Ausbrennen des eigenen Fleisches hatte bereits dafür gesorgt. Vielmehr bot er nun Schutz vor einer möglichen Entzündung. Dreck würde nicht mehr in die Wunde gelangen, aber besaß Syn genug Kenntnisse, um alles vorher gereinigt und desinfiziert zu haben? Wo steckte er und warum trug Zarrah nichts außer ihrem Hemd? Nein, es war nicht ihr Hemd. Es war dafür viel zu locker, viel zu weit und es besaß keine Spuren von Blut, sondern eher von Schmutz. Ihr Oberteil lag nirgends herum. Wem gehörte das Kleidungsstück, das sie trug?
Die Antwort war schnell gefunden, als Syn sich meldete und ihr Blick auf ihn fiel. Er trug nichts außer seiner Unterwäsche und er hockte so dicht neben ihr, dass sie seinen warmen Körper viel intensiver spüren konnte als das Feuer. Er teilte mit ihr das Lager, hockte mit ihr unter seinem zur Decke umfunktionierten Schlafsack und auf ihrem, der für beide den Untergrund bildete. Er hatte neben ihr gelegen und über sie gewacht. Er hatte maximal geruht, denn die Schatten unter seinen Augen verrieten, dass nur Zarrah in ihrer Bewusstlosigkeit wirklich Erholung hatte finden können. Trotzdem lächelte er sie schief an und ließ es sich nicht nehmen, sie mit den gleichen Worten zu grüßen, die sie ihrerseits für ihn damals verwendet hatte. Dabei war nicht klar, wer von ihnen übler aussehen mochte! Er hatte nicht geschlafen und Zarrah schien es nicht mehr vorzuhaben. Der Blick auf Crystins Notizbuch alarmierte sie sofort und erinnerte sie daran, dass die Hälfte ihrer Gruppe nicht anwesend war.
"Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wie lange war ich weg? Wir..." Sie rappelte sich auf, musste ihre eigene Schwäche erkennen und sank nach kurzem Studieren des Verbandes zurück auf das Lager. Syn erhielt keine Gelegenheit, auf ihre Worte einzugehen. Er war müde, denn er reagierte langsamer als man es von ihm kannte. Es reichte noch, um Zarrah bequem wieder auf das Kissen zu betten und sich dann nach einem Tuch zu strecken, um ihr den Schweiß von der Stirn zu tupfen. Der Lappen war feucht und brachte etwas Kühlung. So tupfte er auch ihre Wangen ab und ein wenig am Hals entlang.
"Das hast du alles getan? Ich hätte gedacht, dass du die Gelegenheit nutzt ... Dass du dich entweder hoch hinaus in die Baumkronen flüchtest ... oder fliehst." Zarrah musterte ihn. Syn hielt dem Blick mit ungerührter Miene stand. Nichts deutete darauf hin, dass sie im Kern Recht besaß. Er war geflüchtet. Er war gerannt, so schnell und so weit ihn seine flinken Füße tragen konnten ... und dann war er in diesen kalten Tümpel gestürzt, der ihn wieder hatte klar denken lassen. Der ihm klar gemacht hatte, dass eine Flucht ihn zwar aus der Situation holte, aber nicht aus diesem neuen Leben, das Zarrah ihm beschert hatte. Außerdem wäre er durch einen Alleingang nur benachteiligt worden. Er war das letzte Glied ihrer derzeit ohnehin durchtrennten Kette. Er war ... das schwächste Glied und sich das einzugestehen fiel ihm bei weitem nicht leicht. Natürlich würde er das Offensichtliche nicht vor Zarrah aussprechen - nämlich, dass eine Flucht für ihn absolut sinnlos wäre. Er würde keine zwei Nächte in dieser Wildnis allein überleben! Da hätte er mehr Chancen, wenn er diese morgerianischen Hunde fände und sich ihnen direkt auslieferte. Doch auch das musste er nicht tun. Er hatte Zarrah'lindae von den Nachtklingen. Sein Blick ruhte noch eine Weile auf ihr, bis Syn den Lappen beiseite legte und geradezu entrüstet das Kinn anhob.
"So denkst du von mir? Glaubst du nicht, mir wäre sehr deutlich eingetrichtert worden, wo mein Platz ist?" Eigentlich war das nicht einmal der Fall, verglich man seinen Werdegang mit dem anderer Sklaven. Synnover hatte nie den Stock oder die Peitsche fürchten müssen als Konsequenz für einen Fluchtversuch. Er hatte aber auch nie Anlass dazu gegeben. Nicht einmal bei Sodth und den Reißern wäre er auf die Idee gekommen, es allein in der großen weiten Welt zu versuchen, die er bis vor kurzem nur als Morgeria gekannt hatte. Oh, wie klein seine Welt doch geworden war und wie groß und unheimlich alles andere, in dem sich Morgeria irgendwo befinden musste. Versöhnlicher wandte er sich wieder an Zarrah. "Ich hatte nie und habe keinen Grund zu fliehen, aber mindestens einen, um zu bleiben." Er streckte seine Hand aus, um sie wie schon einige Male zuvor auf ihren Schopf zu legen. Mit Ring- und dem kleinen Finger wagte er es gar, über ihre Mähne zu streicheln. Eine Erklärung hierzu fiel nicht, aber die Geste sprach Bände. Nach wie vor würde er Zarrah beschützen - mit seinem Leben, wenn es notwendig wäre. Sie musste überleben, damit er überhaupt eine Chance hatte. Langsam ließ er seine Hand von ihrer nicht mehr ganz so seidigen Haarpracht gleiten.
Sofort wurde Zarrah wieder unruhig. Sie schickte sich gar an, erneut das Lager zu verlassen. Ihr fehlte jedoch auch nach Minuten des Ausruhens noch immer die nötige Kraft. Der Schmerz erinnerte sie daran, dass sie ihre Pflichten so nicht wahrnehmen konnte. Seltame Pflichten, von denen sie nun sprach. "Es ... ist meine Aufgabe, euch zu schützen..." Synnover runzelte die Stirn. "Wer verlangt das?", fragte er und kurz huschte Karrishs Name durch seinen Geist. Die Hoffnung starb so schnell wie die Erkenntnis kam, dass sein Herr ihn doch für tot hielt. Sein Herr, der nicht einmal die Mühe auf sich genommen zu haben schien, nach dem Arenakampf nach seinem Gladiator zu schauen. Ich irre mich. Zarrah muss sich irren. Karrish würde mich doch nicht einfach so aufgeben. Ich ... besitze Wert! Ich bin sein weißes Kaninchen. Er hat mich ausbilden lassen. Ich habe mit Fähigkeiten angeeignet, die mich wertvoll für ihn machen. Er würde nicht...
Nicht nur Zarrah wirkte aufgewühlt, aber sie wusste das Kaninchen vor beängstigenden Wahrheiten abzulenken. "Crystin nutzt dieselbe Paste. Du hast sie angemischt?" Syn blinzelte und schaute auf. Müdes, mattes Grün traf auf sein fiebriges Pendant. "Nein", erwiderte er. "Ich hab einen Vorrat in ihren Sachen gefunden. Ich bezweifle, dass ich beim ersten Versuch ein Heilmittel hätte anmischen können, das dich am Leben hält", zeigte er sich selten reflektiert. "Beim zweiten Versuch vielleicht..."
"Du solltest schlafen, Syn." Er schnaubte unverhohlen seinen Hohn aus über diese Bemerkung, mit der Zarrah sich selbst nicht einbezog. Aber Syn schreckte nicht vor ihrer Berührung zurück. Er schloss lediglich die Augen darunter. "Ruh dich aus. Ich passe auf..."
"Nein", kam es doch recht deutlich und er griff nach ihrem Handgelenk, um den Daumen von seiner Haut zu ziehen. Anschließend schob er seine Finger jedoch in Zarrahs Handfläche, anstatt sie weiter grob zu halten oder ganz loszulassen. Syn hob die Lider und betrachtete die Dunkelelfe beinahe verärgert. "Damit du dich heimlich aus dem Staub machen und die Spuren von Razags und Crystins Entführer verfolgen kannst, während ich schlafe? Damit du dich allein in Gefahr begibst und niemand mitbekommt, falls..." Er verstummte.
"Wo sind meine Sachen?" Sie hatte also erkannt, dass es nicht ihr Hemd war, das sie trug. Hose und Schuhe, sowie alles andere lag neben der Schlafstatt, ordentlich gefaltet. Bis auf ihr Hemd. Das fehlte nach wie vor. Ehe sie nochmal nachhakte, nickte Syn in Richtung des Kessels. "Ich hab es nicht geschafft, das Blut auszuwaschen. Wasser allein reicht eben nicht." Das waren die Prioritäten eines Kaninchens ohne Kochfähigkeiten. Mahlzeiten brachte er nicht zustande, aber mit dem nötigen Umgang von Kleidung, damit sie weiter tragbar wäre, kannte er sich aus. Das verschaffte ihm hier in der Wildnis aber auch keinen Zugang zu fleckenlösenden Hausmittelchen und Duftwässerchen, damit die gewaschene Kleidung auch angenehm der Nase schmeichelte. Oh, wie sehr er sich nach Ylinthas Parfumschränkchen sehnte. Syn hatte mehr als einmal ungenutzte Flakons mitgehen lassen, um seiner eigenen Kleidung einen Hauch von Verlockung aufzuträufeln. An ihm dufteten die teuren Aromen ohnehin besser! Er vermisste gerade jetzt die vielen Gerüche von Manthalarose, Faldors-Freund, Fledermausschrei oder morgerianischer Leidenschaft. Letzteres hatte auch den Damen stets gut gefallen...
"Ich muss sie finden..." Zarrahs Murmeln erreichte seine Ohren. Syn schaute ein weiteres Mal auf. Er blickte auf Zarrahs Rücken mit dieser kleinen Narbe knapp über dem Becken. Er betrachtete sie einen Moment beim Versuch, sich anzuziehen. Sie würde gehen. Sie war stur und pflichtbewusst genug, um es zu tun. Und sie würde ihn hier zurücklassen. Syn sah nur noch eine letzte Chance, um das zu verhindern. "Zarrah", rief er ihren Namen und berührte sie eher flüchtig am Unterarm. "Du bist verletzt", stellte er das Offensichtliche fest. Dann rückte er zu ihr auf, schob sich hinter sie, um wie ein Schatten in ihrem Rücken zu sein, der sich lauernd über ihren Nacken hinweg erhob. Ihm fehlte das Bedrohliche und dass er ihr nicht drohen wollte, davon zeugten seine nächsten Worte. "Wenn du jetzt losziehst ... verliere ich dich."
Syn griff von hinten um Zarrah herum. Behutsam umschlang er sie, darauf bedacht, keinen Druck auf ihre Verletzung auszuüben. Dennoch wollte er sie umarmen, schob mit der Nase ihr Haar beiseite, um den Nacken freizulegen und dort seine Stirn zu betten. Schwer atmete er gegen Hemd und Haut. Dann wisperte er ihr zu: "Ich bin ... so froh ... so heilfroh, dass du noch lebst."
Sanft landeten seine Lippen erst auf dem Kragen des Hemdes, anschließend auf ihrer Haut im Nacken. Mit den Zähnen zupfte er dort den Stoff noch weiter beiseite, ehe er warme Küsse absetzte, die langsam zu ihrer Wirbelsäule wanderten, zwischen die Schulterblätter und wieder empor, um sich an ihrer Halsbeuge zu verirren. Seine Hände suchten blind nach den ihren, um sie von jeglicher Kleidung oder anderen Dingen zu lösen, nach denen Zarrah gegriffen hatte. Er versuchte, sie zu halten und so dazu zu bewegen, von ihrem Vorhaben abzulassen, wenigstens für's Erste. Sie mussten beide ausruhen. Sie mussten aufeinander aufpassen und schlafen.
Syn reckte den Hals, knabberte an ihrem Ohrläppchen und zog seine Finger wieder zurück. Erneut achtete er darauf, ihrer Verwundung nicht zu nahe zu kommen. Dafür legte er die Hände an ihrem Rücken ab, berührte ganz bewusst die kleine Narbe, um sie abzutasten. Anschließend ließ er die Finger mit sanftem Druck ihren Rücken emporwandern und hinauf zu den Schultern. Er begann, die Verspannungen zu kneten und zu lockern. Dabei setzte er wiederholt Küsse an Hals und Nacken ab.
"Schlaf mit mir, anstatt in dein eigenes Ende zu torkeln." Syn stutzte. "Bei mir. Schlaf bei mir..." Er war es nun einmal gewohnt, es anders zu formulieren. Dann wanderte das verführerische Schmunzeln nicht nur auf seine Züge, sondern auch in seine Stimme, als er nachsetzte: "... es sei denn, du möchtest deine letzten Kraftreserven so verausgaben. Ich kann dich aber auch verwöhnen, ohne dass es dich anstrengt. Es würde dir gut tun und anschließend ruhen wir uns beide aus. Ich bin lieber erholt, wenn diese Wachhunde uns finden." Syn schloss nicht aus, dass sie erneut das Lager aufsuchen könnten, aber er sah es logisch. Lieber holte er sich eine Mütze voll Schlaf und begegnete ihnen mit klarem Verstand und mehr Kraft im Körper, als wenn er sich und Zarrah nun weiter durch den Wald hetzte, bis sie irgendwo zusammenbrachen und die Assassinen nur noch ihre erfrorenen Leichen fänden. Um das zu verhindern, würde er viel Einsatz zeigen. Er würde Zarrah bis ins Unermessliche verführen und verwöhnen. Er würde riskieren, dass ihre Wunde erneut aufbrach, falls sie sich für einen erneuten Ritt entschied. Nein, das würde er nicht tun! Es gab andere Möglichkeiten, sie in einen Höhepunkt zu treiben, der sie erschöpft und glücklich einschlafen ließe, ohne dass sie den letzten Rest ihres Blutes im Wald vergoss. Jemand wie er fände einen Weg! Das hier war nun sein Spezialgebiet. Er würde glänzen. Er würde sie verführen und dann könnte er endlich - endlich! - schlafen ohne fürchten zu müssen, allein oder gar nicht mehr aufzuwachen.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Freitag 3. November 2023, 21:48

Das Chaos im Lager zeugte davon, dass Syn nicht unbedingt rational sondern viel mehr emotional gehandelt hatte. Er war mit der Situation überfordert gewesen, als Zarrah plötzlich ausfiel. Als er sich nicht sicher sein konnte, dass sie das überleben würde. Ihre Verletzung hatte eine unterschwellige Panik in ihm ausgelöst und sich darin gezeigt, dass er viele Dinge begonnen aber keinen rechten Fokus gefunden hatte. Sein ohnehin unsteter Geist konnte die möglichen Konsequenzen nicht gänzlich verarbeiten und so flüchtete er sich in Aktionismus. Es war einfach eine glückliche Fügung, dass er in Crystin’s Tasche Anweisungen gefunden hatte. Die Heilerin war äußerst gewissenhaft und hatte in ihrem Werk in der Arena offenbar ihre Passion gefunden. Und Syn partizipierte nun daran und daran, dass er hatte lesen lernen dürfen. Nachdem Zarrah also ihre Wunde überlebt hatte und sich allmählich wieder im Hier und Jetzt befand, da wurde sie sich auch der Nähe zu Syn bewusst. Es überraschte sie, dass er nicht weit fortgelaufen war und seine Antwort sollte ihr klarmachen, dass er vollkommen logisch aus seiner Sicht gehandelt hatte. "So denkst du von mir? Glaubst du nicht, mir wäre sehr deutlich eingetrichtert worden, wo mein Platz ist? Ich hatte nie und habe keinen Grund zu fliehen, aber mindestens einen, um zu bleiben." Zarrah musterte Syn aus den grünen Augen heraus. Die Nähe zu ihm ermöglichte es, dass er den fiebrigen Glanz erkennen konnte.
„Sicher.“, bemerkte sie nur recht einsilbig und behielt ihre eigenen Gedanken dazu für sich. Natürlich floh er nicht. Zarrah war klar, dass sie seine Überlebenschance deutlich erhöhte und er aus reinem Selbsterhaltungstrieb handelte. Es war pragmatisch und die Elfe verstand das. Sie selbst handelte aus anderem Antrieb, doch sie war mindestens genau so pragmatisch, wenn es darum ging die verteilten Rollen zu füllen. Sie war die Anführerin. Sie musste handeln, damit es ihr die anderen nachtun konnten. Doch auch sie war nur so stark, wie es ihr Körper nach so einer Verletzung sein konnte. Wie diese eigentlich zustande gekommen war, blieb bisher ungeklärt.

Zarrah lag wieder auf dem Boden und öffnete erst die Augen als sie die Berührung spürte. Sie sah zu ihm hoch und musterte sein Gesicht. Trotz der Müdigkeit und den Entbehrungen, war Synnover ein äußerst schöner Mann. Es lag ihm einfach in der Natur und hatte ihm in Morgeria oftmals das vermeintlich süße Dasein beschert. Den Gedanken und der Situation zu entfliehen versuchend, wollte Zarrah ihrer eigenen Aufgabe gerecht werden und versuchte sich wieder aufzurappeln. Sie musste die Spuren aufnehmen. Sie durfte hier nicht liegen, während Crystin und Razag wer weiß wo wären. "Wer verlangt das?" Zarrah stutzte. Sie hielt inne und musterte Syn erneut. Ihr fiel der hoffnungsvolle Glanz auf und wandte den Blick ab. „Ich.“, antwortete sie schlicht und sagte dazu nichts weiter. Sie war es, die den Anspruch an sich stellte, das Leben derer zu schützen, die sie begleiteten. Ob man nun glaubte, dass es purer Eigennutz , wie bei Syn, wäre oder Edelmut… nun, Zarrah scherte sich nicht darum. Sie war niemandem Rechenschaft schuldig und lebte nach ihrem eigenen Kodex. Aber auch das musste niemand erfahren. Trotzdem hatte Syn’s Frage die gewünschte Wirkung. Zarrah böieb, wo sie war und lenkte ihn ihrerseits nun ab. Ihr war der Geruch aufgefallen und Syn beantwortete ihre Frage danach. Sie nickte dennoch verstehend und anerkennend. „Hoffen wir, dass wir den zweiten Versuch nicht brauchen werden…“, murmelte sie und schien sich kurz an etwas zu erinnern, bevor sie sich allerdings dem Menschen zuwandte. Nachdem sie ihn gemustert hatte, strich sie mit sanften Berührungen seine Augenschatten nach und wies ihn an, endlich zu schlafen. Er wirkte ungehalten und hielt sie fest, sodass sie ihn wachsam musterte. “Nein! Damit du dich heimlich aus dem Staub machen und die Spuren von Razags und Crystins Entführer verfolgen kannst, während ich schlafe? Damit du dich allein in Gefahr begibst und niemand mitbekommt, falls..." Nun war sie es, die schnaubte. Sie wandte den Blick ab und fragte nach ihren Sachen. „Bin ich nicht immer zurückgekehrt?“, hielt sie dagegen und wirkte ein wenig genervt. Nicht so sehr von ihm sondern eher davon, dass er sie daran erinnerte, dass auch sie nicht alles allein stemmen konnte.

Aber Zarrah war allein. Sie war es, die sich um die Dinge kümmerte. Sie war es, die immer ein Auge auf alles behielt. Zarrah hatte stets alles allein gemeistert und sollte nun auf einmal darauf hören, was jemand anderes sagte? Das Gesagte über ihre Kleidung erreichte nicht gänzlich ihren Verstand. Es konnte sie nicht vom Ursprungsgedanken ablenken, sodass sie erneut sagte, dass sie Razag und Crys finden müsse. Wenn sie es nämlich nicht tat, würde es keiner tun. Und sie wusste genau, was den beiden blühen würde, wenn sie erstmal in Gefangenschaft blieben. “Zarrah… du bist verletzt.“, bläute er ihr erneut ein. Dann aber spürte sie seine Körperwärme hinter sich und hielt in dem Versuch, sich anzuziehen inne. Sie drehte leicht den Kopf, wartete aber ab. "Wenn du jetzt losziehst ... verliere ich dich." Ein Stirnrunzeln legte sich auf ihr Gesicht. "Ich bin ... so froh ... so heilfroh, dass du noch lebst." Zarrah’s Körper hatte sich bei der Umarmung angespannt und während seine Küsse sehr wohl Schauer über den Körper der Elfe zu jagen wussten, sanken die Arme jener zurück. Sie wurde nun weicher, ließ sich handzahm die Kleidung aus den Fingern nehmen und lehnte sich ein wenig gegen die Berührung des Menschen. Stumm ließ sie es zu, dass er sie mit Zärtlichkeiten bedachte. Auch Zarrah war vor seinem Können nicht gefeit. Aber sie war willensstark genug, sich ihm nicht sofort und schon gar nicht ohne ihre eigenen Spielregeln hinzugeben. Doch das Fieber spielte Syn ein wenig in die Hände. Die Elfe war längst nicht mehr so unterkühlt, wie noch ganz zu Beginn ihrer gemeinsamen Reise.
Seine Lippen durften ihre Haut benetzen und sie lehnte sogar ein wenig den Kopf zur Seite. Das Lagerfeuer knackte und knisterte, als wenn es die sich anheizende Stimmung gern unterstützen wollte. "Schlaf mit mir, anstatt in dein eigenes Ende zu torkeln.“ Ihr Blick zuckte in dem Moment, da auch Syn stutzte. "Bei mir. Schlaf bei mir..." Die Dunkle wandte den Kopf nun endgültig um und drehte sich etwas. Syn’s Finger verloren den Kontakt zu ihrer Narbe, die sich wulstig und schlecht verheilt anfühlte. Was auch immer da geschehen war, Zarrah hatte Glück gehabt, dass sie noch laufen konnte. Eine Wunde an dieser Stelle, wenn sie tief genug wäre könnte großen Schaden anrichten. Syn aber verfiel sofort in das, was er gut beherrschte. Er wurde butterweich in seinem Ausdruck, setzte jenes, tiefes Timbre ein, das so manchen Schoß die schönsten Verlockungen versprach und wandte es so natürlich an, dass er nicht mal mehr spürte, dass er nur noch schlafen wollte. "... es sei denn, du möchtest deine letzten Kraftreserven so verausgaben. Ich kann dich aber auch verwöhnen, ohne dass es dich anstrengt. Es würde dir gut tun und anschließend ruhen wir uns beide aus. Ich bin lieber erholt, wenn diese Wachhunde uns finden. Zarrah aber saß nun vor ihm und hatte die Nähe nicht mal wirklich aufgehoben. Erneut knisterte das Feuer, während die Schatten über ihre Seite leckten. Die dunkelgrünen Augen hielten den Blick mühelos in seinen. Einen Moment lang geschah nichts. Nichts außer den Blicken, die sie tauschten und die die Situation nicht klar einschätzen ließen. Denn etwas lag da neben dem Fieber in ihrem Ausdruck, das nicht leicht zu fassen war, Syn aber durchaus an ihren Blick nach ihrem Höhepunkt erinnerte. Als sie etwas in ihm suchte und nicht fand.
Zarrah musterte Syn eingehend und glitt dann nach vorn als wollte sie ihn küssen. Tatsächlich aber griff sie an ihm vorbei und klopfte auf den Platz, den er neben ihr bezogen hatte, als sie bewusstlos war. „Du bist kein Sklave Syn und ich nicht deine Herrin. Dein Platz ist dort, wo du sein willst. Nicht aber aus irrigen Annahmen heraus, es würde dir etwas fehlen, wenn du ihn nicht einnimmst. Und… so gut du gewiss bist und welch Repertoire du auch formvollendet kannst- Ich bin nicht Yolintha. Du musst mich nicht befriedigen, um das zu bekommen, was du willst. Du solltest das bei niemandem tun. Jedenfalls nicht, wenn du es nicht… fühlst und wirklich willst. Du bist frei. Such dir jemanden, der dir gut tut, Syn und beginne das Leben, das für dich irgendwo da draußen wartet.“, sprach sie ungewohnt offen und klar. Trotzdem musste das Fieber sie ein wenig korrumpieren, denn sie wirkte mit einem Mal längst nicht mehr so kühl, wie sie es doch sonst immer war. Zarrah zog sich zurück und legte sich dann selbst wieder auf das gemachte Lager. „Leg dich schlafen. Ich verspreche dir, ich werde nicht losziehen- jedenfalls nicht ohne dich.“, murmelte sie noch und lag auf der Seite, ihm zugewandt. Sie schloss die Augen und zog den zweiten Schlafsack etwas höher. Er hatte Recht. Sie brauchten Ruhe, beide. Und Zarrah hatte ihm soeben klargemacht, dass er ihr nicht gefügig sein musste. Lag das etwa auch am Fieber…?
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Synnover » Samstag 4. November 2023, 15:24

Synnover stellte keine Ansprüche an sich selbst, die sein eigenes Leben erschwerten, so wie Zarrah es tat. Er dachte nicht an das Wohl von anderen, wenn es ihm keinen Vorteil einbrachte. Er würde weder die Verfolgung der morgerianischen Wachhunde anstreben noch die Rettung von Razag und Crystin, brächte es ihm nichts ein, abgesehen eben von deren Rettung selbst. Er sträubte sich vielleicht auch nur deshalb davor, mehr als Zweckverbündete in den anderen zu sehen, weil die wenigen Momente seines Lebens negativ ausgefallen waren, als er sich anderen emotional so weit geöffnet hatte. Er hatte sich an Sodth geklammert, war ihm Haustierchen und absolut loyal gewesen. Er hatte sich von ihm und den anderen Orks schikanieren, mit Abfällen füttern und in Schränke sperren lassen, während seine Verletzungen sich entzündeten, ihn krank und schwach machten. Und wofür? Weil dieser große Ork die einzige Bezugsperson in seinem damals noch so jungen Leben gewesen war. Er hatte keine Wahl besessen, doch als ihm erste Optionen offenstanden, hatte er sie genutzt. Nicht für die Reißer hatte er gekämpft, sondern für sich. Ohne Ansprüche an sich zu stellen. Es hatte ihm genügt zu wissen, dass es weniger Schrankstrafen und besseres Essen verhieß, wenn er gewann. Und er hatte geglaubt, Sodth wäre stolz auf ihn, auf sein Talent, seine Erfolge. Er hatte geglaubt, der große Ork würde ihn mögen über das Herr-und-Haustier-Verhältnis hinaus. Und dann hatte Syn herausfinden müssen, dass Geld beliebter war als das Kaninchen. Er war Mittel zum Zweck für Reichtum und nicht mehr. Er war an Dunkelelfen verkauft worden, weil es mehr Geld und Reichtum verhieß als er in den Hinterhöfen gegen goblinische Gegner je hätte einspielen können. All sein Bemühen, seine Treue, sein Glauben an Sympathie ... verraten und verkauft.
Dann war da Yolintha von den Nachtklingen gewesen. Diese vollbusige, dralle Schönheit mit Erfahrung und mehr Speck an der Hüfte als Syn in seinem Leben jemals in den Magen bekommen hatte. Sie war ein Rasseweib unter den Dunkelelfen und als sie das Kaninchen zu sich holte, war nach einigen Wochen nicht ganz klar, wer mehr an wem hing. Sie brachte ihm einiges bei und forderte eine erfolgreiche Umsetzung ihrer Lehrstunden regelmäßig ein. Dass sie es nur auf ihre eigene Befriedigung abgesehen hatte, war dem Burschen damals alles andere als klar. Wie auch? Er war vierzehn Jahre alt gewesen, als er seine Unschuld verlor. Mit vierzehn verliebte man sich sofort und erst Recht, wenn der Schwarm einfach nur ein wenig freundlich, ein wenig zuvorkommend war. Yolintha hatte ihm schöne Kleidung, ein warmes Bett und Erfahrung geschenkt. Sie hatte ihn umworben und seine Fähigkeiten gelobt. Strafen fielen in sexuellen Gefälligkeiten aus und endeten nicht in engen, dunklen Schränken oder Kerkern. Wie hätte er ihr nicht sein Herz schenken können?
Aber diese Frau hatte es zertreten. Sie hatte ihm seine Stellung deutlich vermittelt. Sklaven liebten nicht. Er wüsste gar nicht, wie es war zu lieben. Er wusste, wie man Liebe machte! Das hatte sie ihm beigebracht und das sollte er weiterhin anwenden - bei ihr, bei ihren Bekanntschaften, um auch hier bessere Beziehungen, Geld oder andere Vorteile zu erspielen. All ihr Lob, all ihre Zuwendung diente am Ende nur ihrer eigenen Befriedigung. Nichts davon war echt. Nicht einmal Synnover selbst, als er zum ersten Mal die Maske des Verführers aufsetzte und das Kaninchen nicht nur in der Schwarzen Arene mit weitreichendem Talent glänzte.
Und Karrish? Wenn Syn sich noch zu jemandem auf emotionale Ebene hingezogen fühlte, dann war es der Sohn des Nachtklingen-Hauses. Aber der Moment, sich auf ihn einzulassen, verstrich mit jedem Tag, den beide schweigend miteinander verbrachten. Syn hatte gelernt, seine Gefühle zu verschließen. Er himmelte den Dunkelelfen im Stillen an. Er dankte ihm im Stillen und er sehnte sich ebenso im Stillen nach seiner Anerkennung. Er würde Karrish niemals erzählen, wie sehr dieser Mann ihm Freund, Vater, Bruder, Vertrauter war. Er würde nicht riskieren, dass sein letzter Funken Hoffnung von Spott zerschlagen oder er durch einen weiteren Verkauft verraten würde. Er wollte von Karrish nicht hören, wie lächerlich es sei, dass er an ein Band zwischen ihnen glaubte. Sklaven knüpften keine Bande. Sklaven dienten der Sache. Sklaven waren eine Sache, eine von vielen. Syn hob sich daraus nur ab, indem er sich auffällig und unentbehrlich machte. Wenn er nach etwas strebte, dann nach dem Minimum, unersetzlich zu sein.
Und so versuchte er es auch bei Zarrah. Seine Ambitionen galten weder dem Wunsch nach Nähe zu ihr oder einer Festigung ihres Bandes. Es war keine Liebe im Spiel, keine Freundschaft. Vielleicht ein wenig Leidenschaft, denn die Elfe war alles andere als unattraktiv. Ihr fiebriger Blick zog Syn sogar an, so dass er das glänzende Dunkelgrün viel zu lange mit seinem eigenen erwiderte. Letztendlich aber zielten all seine feinen Zärtlichkeiten, seine Zuwendungen nur darauf ab, Zarrah ruhig zu stellen. Sie sollte schlafen, damit sie sich nicht allein auf den Weg machte. Denn dann wäre Synnover in der Wildnis allein, in der er nicht würde überleben können. Im schlimmsten Fall verletzte sie sich noch mehr und würde ihm Belastung sein. Oder aber sie starb ... Warum sorgte ihn das so sehr über sein Problem des Überlebens hinaus? Knüpften sich doch Bande zwischen ihnen? Fürchtete er etwa nicht nur, allein zu sein, sondern von ihr alleingelassen zu werden? Fürchtete er einen Schmerz, den er wie bei Sodth empfunden hatte? Ein Schmerz, der nun ebenfalls brannte angesichts der Tatsache, dass Karrish nicht ahnte, dass sein Kaninchen noch lebte? Dass es zu ihm zurück musste und wenigstens auf ein stummes Lächeln des Elfen hoffte?
"Bin ich nicht immer zurückgekehrt?"
Syn schaute auf. Er musterte Zarrah und ihre kläglichen Versuche eines Aufbruchs. Wenn sie jetzt ging, würde sie nicht zurückkehren. Und daran erinnerte Synnover sie auch. Dann setzte er alles auf eine Karte. Mit Worten konnte er sie nicht dazu bewegen, zu bleiben oder sich auszuruhen. Also musste er sich bewaffnen. Das hier war kein Arena-Kampf. Es war einer, der auf anderen Ebenen geführt wurde und so zückte das Kaninchen Klingen eines anderen Arsenals. Wenn er Zarrah nicht mit Logik überredete, dann vielleicht mit Verführungen. Innerlich schluckte er. Sie war schön, kein Zweifel. Der Sex mit ihr war gut gewesen. Syn hatte ihn bisweilen sogar fast genießen können, wäre es nicht wie jede Vereinigung mit irgendeiner Dunkelelfe gewesen. Immer und immer wieder. Keine Gefühle, keine Liebe, keine Verbundenheit. Das gab es für ihn nicht. Er war nur ein Sklave.
Syn kannte seinen Platz. Er kannte seine Aufgaben. Zarrah fügte sich in die Rolle eine Anführerin. Sie stellte Ansprüche an sich selbst, um anderen ein Vorbild zu sein. Es gelang. Sie erinnerte das Kaninchen an dessen Rolle und was man von ihm erwartete. Mit Küssen und Streicheleinheiten näherte es sich ihr. Es liebkoste sie, schenkte ihr all seine Aufmerksamkeit und ignorierte die eigene Müdigkeit. Es wäre bereit, seine letzten Kraftreserven zu verbrauchen, um diese Frau befriedigt ins Reich der Träume gleiten zu lassen. Er war nur noch einen falschen Liebesschwur davon entfernt, ihre Wünsche zu erfüllen und so wie sie ihn anschaute, sehnte sie sich auch danach. Da war ein Funkeln in ihren Augen, welches sie bei ihm vergeblich suchte. Er spürte weder echtes Verlangen noch den Wunsch, ihr körperlich so nahe zu sein. Syn war einfach nur müde, aber das zählte für jemanden wie ihn nicht, wenn andere verlangten, mit diesem Spielzeug zu spielen. Er biss die Zähne zusammen, setzte das beste Lächeln auf, das er sich noch abringen konnte und stellte sich mental darauf ein, durchzuziehen. Er durfte sich nur nichts anmerken lassen und das würde er nicht. Darin war er gut! Yolintha hatte niemals etwas bemerkt!
"Ich bin nicht Yolintha." Syn glitt aus der Wolke seiner Gedankenwelt, in die er fast immer abdriftete, wenn es auf Tuchfühlung ging. Sein Körper schaffte das auch, ohne dass er die ganze Zeit hochkonzentriert und aufmerksam sein musste. Er hatte gelernt, das gleiche Ergebnis zu erreichen und sich dennoch ein wenig in sich selbst flüchten zu können. Jetzt aber gewann Zarrah seine volle Aufmerksamkeit. Er schaute sie an und seine Augen weiteten sich mit jedem weiteren ihrer Worte. "Du musst mich nicht befriedigen, um das zu bekommen, was du willst. Du solltest das bei niemandem tun. Jedenfalls nicht, wenn du es nicht ... fühlst und wirklich willst."
Er schnaufte, halb amüsiert und halb im Versuch, ihre Worte zu fassen. "Was...?", fragte er, denn er konnte nicht ganz glauben, was sie da sagte. Er konnte nicht begreifen. Das hatte er die ganze Zeit nicht. Ihr Aufruf, nicht nur an ihn, sondern auch an Razag und Crystin beim Fluss war nicht zu ihm durchgedrungen. Leere Worte, leere Versprechen, eine Lüge. Wie konnte ein Sklave sich denn von allem lösen, das ihn geformt hatte? Einfach so? Er hatte es genossen, durch die Wälder zu spazieren, mit den anderen zu essen oder das Lager herzurichten. Er hatte die Schönheit einer Natur bewundert, die angeblich so frei war wie er selbst sein sollte. Ihm hatte die Illusion gefallen, aber nicht mehr hatte Synnover darin gesehen. Es waren verheißungsvolle Worte wie man sie den Sklaven mitteilte und in ihnen Hoffnung schürte, bevor man sie zur Großen Hatz in die Ödnis der Toten Ebene entließ. Leere Versprechungen, deren Hoffnung und Glaube an etwas Echtes mit dem Tod endeten. Er hatte das Spiel mitgespielt und bereits geahnt, worauf es hinauslief. Er hatte keines ihrer Worte für bare Münze genommen. Bis jetzt.
"Du bist frei." Was immer sie noch an Worten nachstellte, verlor sich in einem verschwommenen Wabern des Echos dieser Aussage und der Erkenntnis, die sich endlich in seinem Kopf breit machte. Er bekam weder Zarrahs Wünsche an seine Lebenesgestaltung mehr mit, noch ihre Bitte, dass er sich schlagenlegen sollte. Sie würde nicht ohne ihn losziehen. All das verstummte unter dem Wissen, welches sich nun in seinem Geist ausbreitete. Es erfüllte jede Ecke seiner Existenz und drückte all die Zweifel, Ängste und falschen Hoffnungen heraus, an die er sich all die Jahre und unter alle Widrigkeiten geklammert hatte, um nicht zu zerbrechen.
"Ich bin ... frei", wisperte Syn, nur um es noch einmal zu hören. Um es von sich selbst zu hören. Sein Blick huschte zu Zarrah, die sich bereits artig auf ihr Lager gebettet hatte. Er blickte sie an und durch sie hindurch. "Frei...", wiederholte er und seine Augen suchten nach einem Fixpunkt. Sie fanden keinen, wanderten wie ein gehetztes Kaninchen durch das Unterholz und somit über Zarrahs Körper, bis sie Schutz im tiefen Grün fanden und sich dort einnisten konnten. Warm und geborgen verschwammen die Gefahren von außen. Nein, Synnovers Sicht verschwamm. Tränen quollen hervor, als er mit gebrochener Stimme noch herausbrachte: "Ich muss ... das ... nicht tun ... ich muss ... es nie ... nie wieder..."
Seine Linke fuhr vor seinen Mund. Die von Crystin geheilte Hand, die nun wieder im Stande war, zu ersticken. Jetzt versuchte Syn, auch ohne Luftmagie, sein eigenes Schluchzen zu ersticken, das an die Oberfläche zu dringen versuchte. Er wandte den Kopf zur Seite, wandte sich halb ab. Zarrah sollte es nicht sehen. Sie sollte diese Schwäche nicht sehen. Sklaven durften keine Schwäche zeigen. Aber er war kein Sklave mehr. Er war frei. Wirklich frei.
Syns Schultern bebten. Er beugte sich über seine eigene Hand, die sich fest auf den Mund presste. Er kniff die Augen zusammen, um den Tränenfluss zu stoppen, aber sein Körper begriff viel schneller als sein Geist, was es endlich bedeutete. Er begann zu verstehen. Er verstand, was Razag ihm auf dem Floß hatte sagen wollen. Ich glaube, ich will gar keinen Sex mehr haben. Als hätten sie eine Wahl! Das waren seine Gedanken gewesen. Nun begriff er, dass es der Wahrheit entsprach. Er hatte eine Wahl. Er war frei. Er würde nie wieder zu etwas gezwungen werden, das er nicht wollte. Er könnte selbst entscheiden. Und er konnte alle Masken ablegen, um darunter zu entdecken, wer er selbst eigentlich war ... was von ihm noch übrig war.
Syn weinte hemmungslos. Er weinte lang. Oh, er hatte schon viel geweint, seit man ihn Morgeria entrissen hatte. Meistens heimlich und für sich. Auch jetzt versuchte er, die Außenwelt davor zu verschließen, indem er sich klein machte, vornüber beugte und das Schluchzen hinter der Hand verbarg. Aber er weinte und er ließ alles heraus. Er beweinte sich, seine jahrelange Unterdrückung und die nun gewonnene Freiheit. Er weinte sich frei.
Irgendwann versiegte die Quelle. Irgendwann genügte es. Syn musste nach außen hin wieder Stärke ausstrahlen. Denn so frei er war, er durfte sich keine Blöße geben. Das machte ihn angreifbar. Dann wäre es viel zu schnell vorbei. So hob er den Kopf an, zog die Hand vom Mund und wischte sich mit der Faust über die Augen. Dann atmete er tief ein, um beim Entlassen der Luft eine gefestigte Mimik aufzusetzen. Ruhe. Frieden. Freiheit.
Er wandte sich um, blickte auf die Schlafstatt und Zarrah herab. Er betrachtete sie schweigend und falls sie seinen Blick erwiderte, sähe sie ein ähnliches Bild wie damals im Wald. Er verbarg die Tränenspuren nicht, aber er ging auch nicht auf sie ein. Müde erfasste sein Grün ihre Gestalt, bevor Syn den Schlafsack anhob, der ihr als Decke diente. Geschwind schob er sich darunter, um dicht an sie zu rücken. Sein Arm legte sich ganz selbstverständlich um ihren Körper, darauf bedacht, kein Gewicht auf ihre Verletzung auszuüben. Die Finger streichelten, was er erreichen konnte, ganz gleich ob es ihr Rücken, der Arm oder ihre Haare wären. Es diente nicht dazu, sie zu verwöhnen oder zu verführen. Er suchte Ruhe. Er genoss den Frieden, den er gefunden hatte. Er entdeckte Freiheit.
Dann reckte Syn den Kopf zu Zarrahs Gesicht. Er neigte sich ihren Lippen entgegen wie er es im Wald getan hatte. Es entstand dieselbe Atmosphäre. Doch bevor er fragen konnte, ob es ihm überhaupt erlaubt wäre, blinzelte er und senkte den Blick. Nein. Er musste es nicht mehr tun, auch nicht, um seinen Dank auszudrücken. Nie wieder - wenn er es nicht wollte. Aber was sollte er sonst tun? Er hatte nichts, das er Zarrah geben könnte. Nichts, außer...
"Schlaf gut. Nachher suchen wir nach ihnen." Syn schloss die Augen, seine Hand blieb auf Zarrahs Schopf liegen, er eng an sie geschmiegt, aber Küsse oder andere Gefälligkeiten würden künftig wohl ausbleiben.
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Re: Eine Nacht im Sarius

Beitrag von Erzähler » Montag 6. November 2023, 08:32

Die Erkenntnis zu erhalten, dass das Leben, das man führte, im Grunde gar keines war, konnte einem den Boden unter den Füßen wegreißen. Plötzlich zu wissen, dass man niemals wirklich gelebt hatte und sich schließlich eine Scheinwelt aufbaute, nur um zu überleben. Eine Welt, in der man mehr wert war als das letzte Bisschen Dreck unter den Fingernägeln anderer. Dass man geliebt oder zumindest gesehen wurde. Dass es andere gab, die sich etwas aus einem machten. Es war der stumme Wunsch nach solcher Zuneigung, der einem das Leben retten sollte. Immer zu hoffen und niemals daran zu zweifeln. Synnover hatte nach Sodth und seiner Sippe gelernt, dass Sklaverei auch anders ging. Für ihn war das allerdings keine echte Sklaverei, denn er wurde für seine Verhältnisse äußerst gut behandelt und erhielt Privilegien, die nicht jeder erhalten sollte. Er war ein ganz persönlicher Sklave der Geschwister gewesen. Jenen, die das Sagen im Hause hatten. Jenen, die ihn persönlich ausgewählt und geformt hatten. Dabei wusste Synnover nicht, wer ihn damals bei den Orks gesehen hatte und schließlich den Anstoß gab, ihn aufzunehmen. Wieso auch? Die Frage war immer klar zu beantworten: Karrish. Der älteste Bruder der Geschwister war es gewesen, der sich seiner annahm, ihn formte und zu dem erschuf, was er heute war. Yolintha hatte ebenfalls ihre Finger gehörig im Spiel, denn ihre Zuckerbrot-und-Peitsche-Theorie ging gut auf. Zu erst vernaschte sie den neuen Liebling des Hauses, sodass er sich bereits im Himmel der Verliebten befand. Sie band ihn an sich, gaukelte ihm die große Gefühlswelt vor. Er war so jung gewesen, so ausgehungert nach ein Bisschen Herzenswärme, dass er alles geglaubt hatte. Yolintha liebte ihn und er liebte sie. Das Leben würde besser werden. Bis sie ihm klar und unmissverständlich seine Gefühle herausriss und sie noch mal mit ihren hohen Absätzen extra zertrampelte. Und weil er damals noch abhängig von ihr und ihrer Zuneigung gewesen war, glaubte er, was er hören sollte. Er war nicht zum Lieben geboren. Er sollte sie geben, aber niemals selbst empfinden. Sklaven besaßen nur den Schein der materiellen Dinge. Besaßen nur den Schein von Gefühlen. Besaßen nur den Schein von Sicherheit. Nichts davon war echt gewesen und so traf Syn die Erkenntnis mit voller Wucht. Das einstige weiße Kaninchen der schwarzen Arena, Publikumsliebling und Liebhaber der Oberklasse… war frei. Alles was er aufgebaut hatte, bröselte unter jener Erkenntnis in sich zusammen und verlor sich im Staub zu seinen Füßen. Die jüngste Nachtklinge war es ausgerechnet, die ihm immer wieder sagte, dass er längst kein Sklave war. Er hatte es gehört, aber nicht geglaubt. Er wähnte ein hinterlistiges Manöver, das sich irgendwann offenbarte. Doch trotz seiner Künste, trotz der Gelegenheit… nahm Zarrah sie nicht wahr, sondern schlug wieder in die Kerbe, er wäre frei. Und jetzt endlich kam es bei ihm an. Endlich sickerte die Information weiter und wurde nicht direkt an den Ohren wieder abgeblockt. Es rieselte beständig in sein Herz und verteilte sich dort zu einer neuen Hülle. Sie war jetzt noch grobkörnig und rau, aber irgendwann… irgendwann hätten sich die kleinen Kiesel abgeschliffen und würden zu etwas neuem werden.

Syn konnte die Heftigkeit seiner neuen Information nicht verdauen. Es war zu viel. Während Zarrah den Kopf bettete, um seiner Aufforderung ganz ohne Gegenleistung nachzukommen, da wandte sich Syn ab und… weinte. Stille legte sich über das Lager im Wald. Die Tiere schienen innezuhalten, eben so wie der Wind und sein Rauschen im Blätterdach des Sarius‘. Er zitterte unter der Heftigkeit der Neuigkeit. Dies war sein Moment,. Jetzt war es so weit und er formte neue Schicksalstränge. Er schuf Platz für Möglichkeiten, konnte sie bald schon erkennen und zulassen. Er reinigte sein Herz mit Hilfe der Kiesel, die es neuformen und schleifen würden, mit jedem Schritt, den er fortan tun würde. Er war frei. Zarrah beobachtete Synnover schweigend. Ihr Blick ruhte auf seinem Rücken, während er versuchte, keine Schwäche zu zeigen. Nachdem der Mensch sich langsam beruhigen konnte, schaffte er es auch, sich zur Elfe umzudrehen. Dunkles Grün erwiderte den Blick. Es war nicht ersichtlich, was sie dabei dachte. Auch Zarrah war verschlossen und auch sie trug bisweilen Masken. Ihre legte sie nun aber nicht ab, denn es ging darum, dass er endlich verstand. Und ein Blick in seine Augen verriet, dass er verstanden hatte.
Vollkommen ruhig wartete die Nachtklinge ab, als er sich zu ihr legte. Einzig ihr Blick folgte seinen Bewegungen. Dann rutschte er eng an sie heran und Zarrah war es, die sich ein wenig versteifte. Hatte er doch nicht verstanden? Er legte seinen Arm um sie, bettete seine Hand an ihren Oberarm und begann dort sanft zu streicheln. Zarrah ließ es zu, wirkte aber wachsam. Einen Moment lagen sie so da, bis Syn den Kopf noch mal hob und ihren Lippen in altbekannter Weise näherkam. Zarrah’s Blick brach für einen Moment fragend. Bevor Syn aber seiner Gewohnheit folgen konnte, unterbrach er sein Handeln. Er musste es nicht. Und er würde dafür nichts verlieren. Er würde keinen Liebesentzug, wie falsch diese Liebe auch sein mochte, erhalten. Er würde nicht mit Nichtachtung bestraft werden. Er durfte entscheiden, was er wollte. Und es waren nicht die Lippen der Nachtklinge. Immerhin stand jene symbolisch für ein Haus, das ihn versklavt hatte. Sie war eine von ihnen und sie war wohl nicht besser als die anderen… oder? Syn brauchte darüber jetzt nicht nachzudenken. Zarrah war da, er brauchte sie, aber er brauchte sie nicht zu umschmeicheln. Zarrah’lindae sah es als ihre Pflicht an, für ihre Sicherheit zu sorgen. Das hatte sie gesagt und er musste nichts dafür tun, um es zu bekommen. Zarrah hielt weiterhin still, während Synnover über die neue Freiheit langsam in den wohlverdienten und bitternötigen Schlaf glitt. Erst als er bereits eingeschlafen war, erlaubte auch sie es sich, die Augen zu schließen.

Für Synnover war dieser Schlaf anders. Er spürte, dass er tiefer in das Reich der schönen Nachtgöttin glitt. Alles um ihn herum war friedlich, rein. Da waren keine Sorgen, man könnte ihn aus dem Schlaf reißen. Da waren keine Sorgen, er müsste befürchten, dass man ihm Dinge versprach und wieder versagte. Es war warm und… er war nicht allein. Er spürte Geborgenheit, die zu einem Großteil aus ihm selbst entsprang. Er war frei. Und er durfte diesen Synnover in einem geschützten Rahmen entdecken. Er durfte ausprobieren, ohne Gefahr zu laufen, zu verlieren. Er wusste, dass er Zarrah brauchte, um zu überleben. Aber er wusste auch, dass sie es war, die ihn hierhergeführt hatte. Dass sie ihm stets suggerierte, dass er bei ihr nichts spielen musste. Synnover spürte, als er langsam aus dem Erholungsschlaf glitt, dass er wirklich gut und fest geschlafen hatte. Dass er sich ruhig fühlte und gelöst. Manthala hatte keine Spukgestalten geschickt, hatte keine seltsamen Fäden des Lebens gelöst und kichernd neu geknotet, um den Träumenden zu verwirren. Als Syn irgendwann die Auge öffnete, war da keine Dunkelheit. Dieses Mal war Manthala nicht beteiligt gewesen, denn Lysanthor herrschte derzeit. Es war mitten am Tag, das Rauschen der Baumkronen suggerierte Frieden, während es unter den Schlafmatten recht gemütlich und warm war. Synnover hörte Vögel zwitschern, er konnte hier und dort Knacken von Ästen vernehmen aber alles war… ruhig. Er war ruhig. Und das nicht zuletzt, weil es da eine zweite Wärme gab. Zarrah- sie war nicht fort. Sie hatte ihr Wort gehalten und lag noch immer neben ihm. Seine Hand hielt noch Kontakt zu ihr, spürte, dass sie ruhig atmete und sich durchaus besser anfühlte als noch am frühen Morgen. Sie schlief noch. Die Elfe schien das Fieber überwunden zu haben, schwitzte nicht mehr und wirkte generell etwas gesünder im Teint. Das Lagerfeuer war bereits erloschen. Es glomm nur noch hier und dort ein kleines Stück übriggebliebenes Holz. Noch einen Moment lang, konnte Syn den neuen Tag, das neue Leben begrüßen. Er konnte dem Treiben des Waldes lauschen, dem Wind, der heute besonders sanft zu sein schien oder den Rufen eines Käuzchens. Irgendwann kam dann aber Leben in den Körper und auch die Nachtklinge erwachte aus ihrem Schlaf. Als sie die Augen öffnete, war der diffuse Glanz daraus verschwunden. Ruhe war manchmal die beste Medizin. Ihr Blick erfasste den Menschen und betrachtete ihn einen Moment lang schweigend.
Dann setzte sich Zarrah auf und betrachtete vorsichtig ihre Wunde. Sie war sehr rot, was die Frische jener Verletzung unterstrich. Aber sie war nicht entzündet, die Wundränder waren halbwegs sauber und nichts deutete auf eine Infektion hin. „Gut geschlafen?“, fragte sie etwas verzögert und bedachte ihn mit einem Blick. Dann aber wollte sie aufstehen und musste erkennen, dass sie doch einiges an Blut verloren hatte. Zarrah atmete einen Moment dem Schwindel, der sie erfasste entgegen, dann wagte sie einen neuen Versuch und kam ins Stehen. Ihre Augen glitten über das Lager und dann in die nähere Umgebung. „Wir werden ihre Spuren verfolgen, aber eine Auseinandersetzung vermeiden. Wir sind erheblich in der Unterzahl und wer weiß, wie es Crystin und Razag geht.“, entschied sie. Sie verlor kein Wort über den Gefühlsausbruch von ihm. „Ich möchte wissen, was die Bluthunde vorhaben und wer den Auftrag erteilte. Unser Ziel ist Informationsbeschaffung. Kein Kampf.“, sprach sie weiter. Sie bestrafte ihn dafür nicht, dass er Schwäche gezeigt hatte. Es war in Ordnung. Er war in Ordnung. Er war frei und sie noch da.
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