Ankunft

Nordöstlich der Schlucht befindet sich Zyranus, die Stadt der Magier. Bis vor kurzem noch abgeschottet und desinteressiert für die Außenwelt wollen sie nach einer erfolgreich abgewehrten Belagerung Geschichte schreiben und toleranter werden. Es ist noch ein langer Weg bis dahin, aber die Tore nach Zyranus stehen Besuchern inzwischen offen.
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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Dienstag 1. November 2022, 19:42

Sie saß derzeit in der Falle. Das wurde auch ihr bewusst, obwohl der Dunkelelf es nicht für nötig hielt, ihr den Weg weiterhin zu versperren. Neriélle dachte dennoch kurz darüber nach, wie ihre Chancen für eine Flucht wohl standen. Doch wenn er so scheinbar sorglos mit dem Ausgang des Zeltes umging, musste es wohl aussichtslos sein. Zudem kannte sie nichts von ihm, außer die Reaktionen derjenigen, die ihnen auf ihrem Weg begegneten. Und die sprachen Bände. Wer wusste schon, wer er tatsächlich hier im Lager war und welche Möglichkeiten er hatte. Oder wäre sie so unwichtig, dass er sich gar nicht erst die Mühe machte, wenn sie floh? Wie auch immer. Neri wählte mit dem Kopf, nicht mit dem Herzen und blieb vorerst an Ort und Stelle. Obwohl es sie ärgerte, dass er sie offenbar als zu unbegabt ansah, um überhaupt bewacht zu werden. Der Elf aber lenkte ihre aufkommende Empörung ab, indem er das Gespräch mit ihr suchte. Ihre Antworten schienen ihn bisweilen eher weniger zu beeindrucken oder gar zufrieden zu stellen. Neri stellte sich das ganze vielleicht auch ein wenig zu einfach vor. Denn auch wenn sie bisher noch mit heiler Haut aus ihrem Fauxpas getreten war… Sie saß in einem Zelt mit einem Dunkelelfen, der vor den Stadtmauern Zyranus‘ stand, um auf Befehl des Anführers anzugreifen. Und er wollte sicher nicht die bunten Dächer bewundern oder anderweitig Urlaubsziele auskundschaften. Er war hier, um zu töten. Und er war hier, um zu erobern. Dennoch wählte der Dunkle einen Weg, den Neri durchaus als angenehm empfand. Es folgte keine Einschüchterung. Keine Folter oder andere Pein, sondern einfach ein paar Fragen, deren Antworten sie geben konnte. Auch wenn Müdigkeit und Durst sie latent quälten, entspannte sie sich trotz aller Zeichen bei dem Mann vor sich und lauschte seinen Fragen. Er lullte sie regelrecht ein, verzauberte mit seiner lapidaren Art und überrumpelte sie vielleicht auch etwas. Leider wurde das der Elfe nicht so bewusst und zeigte deutlich, wie naiv sie im Vergleich zu vielen anderen Völkern war. Die Shyáner entschied sich für die Ehrlichkeit. Und der Dunkle hörte zu. Sehr genau. Abwartend ruhte der rote Blick auf ihrem Gesicht. Er wartete, ob sie antworten würde und tatsächlich, Neri redete: "Ich bin erst vor etwa zwei Wochen aus Shyána aufgebrochen. Shyána ist eine wunderschöne Stadt, mitten im Kapayu. Der Urwald ist so riesig und kann gleichzeitig so ruhig sein. Überall gibt es Wasserfälle und kein Elf oder Mensch stört uns. Unsere Königin Miluiéth regiert umsichtig und gerecht über uns. Ihr müsstet ihren Palast sehen, so riesig und wunderschön, und der Blick von dort oben über die Talsenke und den Urwald.. Wir haben sehr schöne Bauten, nicht nur unsere Wohnhäuser, sondern auch die Magierakademie und Universität. Und der Marktplatz.. bietet so viel Abwechslung und Kostbarkeiten, irgendetwas findet man dort immer. Es gibt so viele Orte, den Druidenhain, die klaren Seen im Urwald.." Der Dunkle lauschte schweigsam und ließ sie ausreden.

Als sie eine Pause machte, nickte er langsam und erhob sich fließend. Er schob seinen athletischen Körper zwischen Stuhl und Tisch hindurch, bevor er wieder an die Karaffen trat. Hier griff er erneut zu der gewählten Glasflasche, bevor er sich abermals einen Schluck eingoss. Dieses Mal machte er die Flasche aber nicht gleich wieder zu, um sie wegzustellen. Er griff nach einem zweiten Glas, goss auch hier etwas ein und verschloss sie erst dann. Mit beiden Gläsern kehrte er zurück, stellte eines vor ihr auf den Tisch und setzte sich anschließend wieder. Er hob sein Glas zum Gruß und nickte auf das ihre, dass sie ruhig trinken sollte. Neri indes haderte ein wenig mit sich. Das Heimweh meldete sich zu Wort, während sie in Erinnerungen schwelgte. „Es muss schwer sein, seine Heimat zu verlassen.“, hakte er nach und neigte etwas den Kopf. Er wirkte sichtlich entspannt und auch wenn er sie aufmerksam musterte, zeigte nichts an seinen Reaktionen, dass er ihr irgendwie in nächster Zeit querkommen wollte. „Aber mutig von dir, es zu wagen. Gerade in diesen Zeiten, nicht wahr?“, wollte er ihre Meinung erfahren und hob das Glas an die Lippen, um ein wenig zu Nippen. Dann ging Neri auf sein gutes Auge ein und seine Mundwinkel verzogen sich minimal zu einem – naja, man hätte es als Lächeln mit viel Augen zu durchgehen lassen können. "Ihr könnt mich im Kapayu mit verbundenen Augen aussetzen und ich kann Euren Spuren folgen und Euch auftreiben. Vielleicht würde ich auch eine Falle bauen und dann warten, bis ihr hinein tappt." „War das eine Einladung?“, fragte er beiläufig und forderte sie mit einem Blitzen in den Augen heraus. [/i] „Ich bin eine der besten Jägerinnen Shyánas. Würde es mehr von abenteuerlustigen Shyánern geben, würde mir mein Ruf mit Sicherheit vorauseilen.“[/i] „Natürlich, man sieht es dir an!“, pflichtete er ihr bei und trank erneut aus.
Der Dunkle atmete leicht aus und nur kurz darauf, konnte Neri diesen Atem, ein wenig mit Alkohol geschwängert, riechen. Es blieb aber dabei, dass er weder unangenehm roch, noch unangenehm auffiel. Sie entspannte sich sogar bei dem Gespräch, das hatte nicht mal der Arzt geschafft! Die seltsame Aura war scheinbar von ihm abgefallen, sodass eine recht lockere Atmosphäre herrschte, die Neriélle weiter beeinflusste und sie fortfahren ließ, seine Fragen zu beantworten. "Ich weiß nicht, was Ihr mit Beute meint.., aber außer ein paar Hasen habe ich nichts erlegt. Ich sagte ja, ich stelle keine Gefahr dar.. für die Hasen einmal ausgenommen. Ich wüsste auch ehrlich gesagt gar nicht, was hier so interessant sein sollte, dass Ihr auf den Gedanken kommt, mich würde in irgendeiner Art interessieren, was Ihr hier treibt." Jetzt aber drang ein ungewohnter Laut an ihre spitzen Ohren: Er lachte leise und brummend. „Ach? Es interessiert dich also nicht, wenn ein ganzes Heer vor den Toren der Stadt steht, die du besuchen wolltest?“, fragte er und schien amüsiert. Doch das Lachen starb auch schnell wieder. Er hatte sich inzwischen zurückgelehnt und die Hände auf seinem Bauch verschränkt. Weiterhin hielt er den Blick auf Neri gerichtet. Er musterte sie unentwegt und konnte allein anhand dessen für Gänsehaut sorgen. Selbst in dieser scheinbar entspannten Zusammenkunft, gab es etwas, was die Härchen im Nacken flirren ließ. "Nun, da ich Euch von der Stadt berichtet habe, die ihr niemals zu Gesicht bekommen werdet, seid Ihr an der Reihe. Wer seid Ihr? Oder soll ich Euch Elf nennen.. so wie alle den Arzt nur Arzt rufen?" Er setzte sich auf und sein Gesicht wurde wieder glatt. Das Lachen war verschwunden und zurück blieben die roten Augen und die abschätzende Mimik. „Wieso gehst du davon aus, dass ich Shyána Nelle nicht eines Tages sehen würde?“, hakte er interessiert nach. „Du kannst mich ansprechen, womit du willst. Neriélle aus Shyána Nelle.“, betonte er ihren Namen und atmete einmal durch. Er blickte auf die Karte mit den Figuren, zwischen ihnen auf dem Tisch. „Weißt du, was das ist?“, wollte er dann wissen und deutete auf die Figuren. Einige waren schwarz, andere weiß. Er redete weiter, ohne eine Antwort abzuwarten. „Das ist unser Feind.“, deutete er auf die weißen Figuren. Sie waren innerhalb der Stadt Zyranus platziert. „Das sind wir.“, er deutete auf die schwarzen. „Kriege werden am Tisch geführt. Nicht auf dem Feld.“, meinte er beiläufig und zuckte die Schultern. Dann sah er wieder auf.
Einige Momente lang, kam wieder Schweigen auf und seine Aura begann erneut zu wirken. Ein seltsamer Sog, dass man nicht von ihm wegkam oder sogar wegkommen wollte. Dabei tat er eigentlich nichts Besonderes, außer zu gucken. Plötzlich wurde vor dem Zelt eine Stimme laut: „Herr! Eure Ration, Herr!“, hörte Neri, auch wenn sie nichts verstand. „Kommt rein.“, antwortete das Rotauge und die Plane wurde zur Seite geschoben. Herein kam ein weiterer Dunkelelf. Dieser war kleiner als ihr Gegenüber, hatte schwarzes Haar, zu einem Dutt geknotet und violette Augen. Er war ebenfalls schlank und besaß nicht ganz so markante Gesichtszüge. Er trug ein Tablett und stellte es auf einen kleinen Beistelltisch. „Oh, Ihr habt Besuch.“, stellte er fest und musterte Neri eingehend. Er blieb vor allem an ihren Haaren und ihren Augen hängen, nahm es sich aber auch heraus, einmal über ihre Gestalt zu wandern. „Bring einen zweiten Teller.“, meinte ihr ‚Gastgeber‘ und wandte sich daraufhin an Neriélle. „Du musst Hunger haben, wenn du seit zwei Wochen von Hasen lebst.“, vermutete er, „Sie sind dieser Tage nicht besonders… reichhaltig.“, fügte er noch an und nickte dem anderen Dunklen zu, der sich aufmachte, einen zweiten Teller zu besorgen. Nur ein paar Augenblicke später, hatte Neri einen Teller vor sich. Der Wagen mit dem Tablett wurde in die Mitte geschoben und der Dunkle mit den roten Augen – und keinem Namen bisher -, deutete auf die Speisen. Etwas Fleisch, Brot, etwas Obst wie Trauben oder Apfel und ein Krug mit Wasser, standen darauf. „Iss – bediene dich.“, forderte er sie auf und beobachtete sie erneut dabei, ohne selbst etwas anzurühren. Allerdings durfte sie davon ausgehen, dass die Speisen in Ordnung waren. Nach einer Weile, wenn sie etwas aß, erhob er erneut das Wort. „Dir ist sicher bewusst, dass du nicht einfach aus diesem Lager spazieren kannst?“, fragte er beinahe so beiläufig, als würde er ihr erklären, dass Schnee kalt war. Allerdings kroch sofort eine unangenehme Kälte die Waden der Elfe empor. Irgendwie war er doch unheimlich. Auch wenn ihn das noch unwiderstehlicher machte. Irgendwie.
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Re: Ankunft

Beitrag von Neriélle » Mittwoch 2. November 2022, 11:38

Die Erinnerung an ihre Heimat hatte sie redselig gemacht. Vor ihrem inneren Auge hatte sie die paradiesische Talsenke gesehen und sich verleiten lassen, darüber zu plaudern. Doch nicht nur die Erinnerungen als solche waren Schuld an ihren ausschweifenden Worten. Der Dunkelelf schaffte es mit seiner Art, sie einzulullen und gab ihr das Gefühl, sich für sie persönlich zu interessieren. Er hatte ihr das Gefühl vermittelt, dass sie ein ganz alltägliches Gespräch führten.
Die Elfe blickte auf, als er erneut aufstand und sich nachschenkte. Diesmal füllte er auch ein zweites Glas und stellte es vor ihr ab. Sie leckte sich unweigerlich über die trockenen Lippen. Sie hatte Durst. Aber sie war nicht hier, um sich zu betrinken. Außerdem wusste sie nicht, was genau in dem Glas war. Sie trank gerne in geselliger Runde - und dass das ein Unterschied zu einem Gespräch mit einem Dunkelelfen war, wusste selbst die naive Elfe. Sie wollte nichts auf leeren Magen trinken und mehr noch hielt sie tatsächlich die Sorge ab, dass der Alkohol in ihrer Kehle brennen und sie durch Husten deutlich zeigen könnte, dass ihr der Alkohol zu stark war. Sie wollte keinerlei Schwäche zeigen, auch wenn sie dies unbewusst schon längst getan hatte. Deshalb haderte Neri noch mit sich und blickte regungslos auf die Flüssigkeit.
„Es muss schwer sein, seine Heimat zu verlassen. Aber mutig von dir, es zu wagen. Gerade in diesen Zeiten, nicht wahr?“
In diesem Moment seiner Nachfrage war sie noch seiner Aura ausgesetzt und antwortete redselig und selbstbewusst wie eh und je. "Vermutlich wäre es ein paar Jahre früher passender gewesen", meinte sie in Anbetracht der Belagerung, "aber Ihr braucht Euch keine Sorgen um mich machen."

Sie wollte gerade aus dem Glas trinken, um dem Durst nachzugeben, der einfach zu stark war, als seine nächsten Worte an ihre Ohren drangen.
„War das eine Einladung?“ Er fragte nur beiläufig, aber in diesem Moment fiel es Neriélle wie Schuppen von den Augen. Er würde doch nicht..? Nicht nach Shyána Nelle..? Sie umklammerte das Glas in ihrer Hand. Er hatte eine so angenehme und zwanglose Umgebung für ihr Gespräch geschaffen - so wie es mitten in einem Heerlager möglich war - und sie schamlos verhört. Sie ließ sich noch einmal ihre eigenen Worte durch den Kopf gehen und bekam für einen Moment tatsächlich einen Anflug von Panik. Wieso hatte sie ihm das alles erzählt? Hatte sie nun Tür und Tor für den Dunkelelfen und sein Gefolge geöffnet?! Die gräuliche Farbe wich aus ihrem Gesicht und sie spürte einen Kloß im Hals.
"Nein, war es nicht", presste sie schließlich zwischen die Lippen hervor und stellte das Glas eine Spur zu forsch auf den Tisch zurück. Jeglicher Sanftmut wich aus ihren Zügen. Jetzt war ihr Blick tatsächlich mit dem Blick der Jägerin zu vergleichen, die ihre Beute beobachtete und überlegte, wann der richtige Zeitpunkt gekommen war, um den Pfeil abzuschießen und ihre Beute zu erlegen. Und jetzt schmeichelte er ihr auch noch und bekräftigte ihre Worte, dass sie eine der besten Jägerinnen war. Doch so langsam durchschaute die naive Neriélle seine Absichten.

Ihre Provokationen indes prallten an ihm ab wie die Wassertropfen an einigen Pflanzen des Kapayus. Stattdessen lachte er nur trocken, in ihren Ohren klang es freudlos.
„Ach? Es interessiert dich also nicht, wenn ein ganzes Heer vor den Toren der Stadt steht, die du besuchen wolltest?“
"Ihr werdet mich sicher gleich aufklären", erwiderte sie trocken, schien aber mit ihren Gedanken ganz woanders zu sein. Neri war immer noch dabei, ihre Gedanken zu sammeln und sich zur Ruhe zu zwingen. Erst jetzt - endlich - schien ihr ihre Situationen vollkommen bewusst zu werden. Sie fühlte sich wie die Maus in einer Falle und auf einem Schlag überhaupt nicht mehr so selbstsicher. Genau genommen interessierte es sie natürlich schon, was die Dunkelelfen vor den Toren Zyranus' zu suchen hatten. Ihr Desinteresse war nur ein Versuch gewesen, ihn zu provozieren. Ein sehr kläglicher und dummer Versuch, wie ihr nun bewusst wurde. Im Nachhinein schämte sie sich für ihre Worte.. für ihre Naivität.
„Wieso gehst du davon aus, dass ich Shyána Nelle nicht eines Tages sehen würde?
Endlich schien die Elfe ihre Sprache wiedergefunden zu haben. "Ich werde dich persönlich davon abhalten, Dunkelelf." Unbewusst hatte sie die höfliche Anrede fallen gelassen und sich für eine genauere Betitelung seiner selbst entschieden. Das Wort Elf allein erfüllte er nicht. Er war dunkel. Seine Worte waren dunkel, seine Absichten waren dunkel und sein Herz war dunkel. Mit der Bedrohung ihrer Heimat hatte seine Aura und sein Einfluss auf sie einen Riss bekommen. Es war, als wäre Neriélle erwacht. Hinfort war die neutrale Freundlichkeit, mit der sie ihn ursprünglich entwaffnen wollte. Ihre Scham über sich selbst entfachte zusätzlich die Wut in ihrem Inneren. Sie wollte noch so viel mehr sagen, ihm so viel an den Kopf werfen! Aber sie hatte tatsächlich Angst, dass sie wieder mehr sagte, als gut war und ihm unbeabsichtigt etwas verriet, das sie lieber keinem Dunkelelf erzählen sollte.

„Weißt du, was das ist?“, fragte er sie, als er ihren Blick auf die Karte auffing. Neriélle schüttelte den Kopf. Sie war schweigsam geworden, überlegte, wie es weitergehen sollte, doch er redete sowieso schon weiter. Sie schaute auf die weißen Figuren, auf die er deutete. „Das ist unser Feind.“
Das bin ich, schoss es ihr durch den Kopf. Das Adrenalin strömte durch ihren Körper. Sie wollte hier weg. „Das sind wir. Kriege werden am Tisch geführt. Nicht auf dem Feld.“
Sie war so naiv gewesen! In einer fließenden Bewegung erhob sie sich plötzlich von ihrem Stuhl und im ersten Moment sah sie so energiegeladen und wütend aus, dass er denken konnte, sie würde sich mit ihrem Jagdmesser bewaffnet auf ihn stürzen. Die goldenen Augen starrten ihn wütend und warnend an. Dann griff sie zu ihrem Bogen. In ihr wühlten Wut und Scham und Aufregung. Sie war einem Impuls folgend aufgesprungen. Doch bevor sie irgendetwas Dummes tun konnte, hörte sie Worte in der dunklen Sprache hinter sich. Der Dunkle vor ihr antwortete, völlig unbeeindruckt von ihrem Aufspringen, und sie sah einen weiteren Dunkelelfen in das Zelt herein treten.
Ihre Wangen hatten sich vor Aufregung rot gefärbt und sie sah gehetzt aus. Erst jetzt wurde ihr vollkommen bewusst, dass sie aufgesprungen und kurz davor gewesen war, aus dem Zelt zu stürmen. Der Bedienstete hatte mit seinem Auftauchen ihren Anflug von Leichtsinn völlig ausgebremst. Sie ließ seinen musternden Blick über sich ergehen und betrachtete ihn nur kurzzeitig. Denn dann blieb ihr Blick auf dem Tablett hängen. Essen!
Der andere Dunkelelf verließ noch einmal das Zelt und kam mit einem zweiten Teller zurück. Neriélle beachtete den Bediensteten nicht weiter, ihre Augen verdrückten indes das dargebotene Essen. Ihr Magen knurrte unheilvoll. Endlich gab es etwas zu Essen. Was für ein schlechter Zeitpunkt! Nicht nur das Essen selber schrie danach, aufgegessen zu werden, auch der Dunkle forderte sie dazu auf, doch Neriélle stand zunächst nur wie angewurzelt dar. Sie war hin und her gerissen. Und als hätte er ihre Gedanken gelesen, fragte er sie: „Dir ist sicher bewusst, dass du nicht einfach aus diesem Lager spazieren kannst?“
Die Worte jagten ihr einen kalten Schauer über den Rücken und die Kälte schien förmlich an ihr empor zu klettern. Vielleicht wäre sie, dem Impuls folgend, schneller als er gewesen, hätte das Zelt verlassen können, während er erst um den Tisch herumgehen musste. Sie war geschickt und schnell. Der Drang, das Zelt zu verlassen, war so plötzlich und stark durch ihren Körper gezuckt. Doch nun war der Dunkle vorgewarnt, die Chance vertan - so klein sie auch gewesen war. Erneut knurrte ihr Magen und sie setzte sich wieder. Kampflos, geschlagen, resigniert.
"Mir ist der Appetit vergangen", meinte sie knapp und schaute demonstrativ weder den Dunkelelfen noch das Essen an. Der Drang, das Zelt zu verlassen, war noch genauso stark wie zuvor. Doch der Überraschungsmoment war verflogen. Sie saß in der Falle und sie hatte keinen Plan. Aber sie ertrug es nicht länger, hier zu bleiben. Sie ertrug seine fürchterliche Nähe nicht. "Was hast du mit mir vor?"

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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Freitag 4. November 2022, 12:59

Es war eine äußert bittere Erkenntnis, die Neri nun ertragen musste. Sie war naiv. Viel zu redselig und bereitwillig, hatte sie einem ihr vollkommen Fremden Details über ihre geliebte Heimat genannt. Warum war Shyána Nelle denn wohl noch nicht als Ziel auf einer Karte auf eben solchen Tischen, wie vor ihr, markiert worden? Weil der Urwald unberechenbar war. Weil man zwar von dem Tal gehört, aber es selten gesehen hatte. Hatte sie nun mit ihrem Plappermaul dafür gesorgt, dass eine kleine Markierung in der Karte stecken würde? Ein neues Ziel? Shyána Nelle war reich und lag idyllisch. Es ging ihnen gut, ihre Königin Miluieth kümmerte sich darum. Zudem wäre jede eingenommene Stadt, jedes Dorf, das nicht mehr als Hochburg für das ‚Gute‘ zur Verfügung stünde, ein Sieg für die Dunkelheit. Was hatte sie angerichtet? Zumindest der Dunkle erbarmte sich nicht ihrer, indem er ihre trudelnden Gedanken zerstreute. Er ließ sie allein mit ihrer Erkenntnis und sagte nichts weiter, um sie zu entlasten oder ihr einen Hinweis darauf zu geben, was er mit ihren Informationen anfangen würde. Unbeeindruckt sah er an ihr vorbei, die sie aufgesprungen war. Er unterhielt sich ganz normal mit dem zweiten Dunklen und wies ihn an, einen weiteren Teller zu holen. Neri indes betrachtete die Leckereien und nach all der Zeit, in der das Essen wirklich spärlich wurde, war es ein wahrer Gaumenschmaus. Und er lud sie ein, trotz allem. Er hielt sie an einem unsichtbaren Zügel und dirigierte sie, wohin er es wollte. Ihre Wut war ihr durchaus anzumerken, was ihm allerdings kein müdes Blinzeln entlockte. Er wirkte nach wie vor gefestigt in seiner Haltung ihr gegenüber und rührte sich nicht mal, als sie wie angewurzelt vor dem Tisch stand. Mit einem einfachen Satz brachte er sie schließlich doch dazu, sich zu setzen. Resignierend starrte sie ins Leere und sah ihre Felle an sich vorbeischwimmen. Ihre Kampflustigkeit war für ihn nichts weiter als das Aufbegehren eines Kindes.

Neri war zwar schon um einiges älter, als man einer Shyáner das Kindsein nachsagte, doch sie war immer noch heißblütig, ungestüm und vorschnell. Also wollte sie auch wissen, was er mit ihr vorhaben mochte. Der Dunkle erhob sich, beantwortete ihre Frage nicht sofort, sondern ging zu dem kleinen Tablett und bediente sich dennoch an einer Traube. Er hielt sie zwischen Daumen und Zeigefinger, während er sie eingehender betrachtete. Dann wandte er sich zu ihr um. Er stand nun zwischen Neri und dem Essen, welches sie abgelehnt hatte. Und er kam sogar näher, indem er sich auf die Tischkante neben ihr setzte und sich etwas vorneigte. Sie konnte seine Wärme nun spüren, jede makellose Pore seines Gesichts, als er sich ihr entgegenlehnte. Er hielt die Traube hoch, um ihren Blick darauf zu lenken. „Dein Gehabe, bezüglich deiner Heimat ehrt dich, Neriélle.“, begann er und hatte die roten Augen auf das Stück Obst gerichtet. „Aber du missverstehst eine Sache.“, sprach er weiter. Sein Daumnagel drang in das Obstfleisch ein. Der Saft lief ihm die Handkante hinunter. „Du glaubst, dass du deine Heimat vor etwas bewahren kannst, was vor langer Zeit schon festgestanden hat.“, erzählte er weiter und teilte die Traube, hervor kam der Kern der Frucht. Er pulte diesen heraus und zeigte ihn ihr. „Deine Heimat ist nur ein weiteres Teil im großen Gefüge.“, zuckte er die Schultern, ließ den Kern auf ihren Teller fallen und steckte sich das süße Obstfleisch in den Mund. Die Symbolik war deutlich. Die Dunkelheit würde Shyána Nelle verschlingen und die Kernessenz ihrer Heimat, das was die Shyáner Elfen ausmachte, achtlos wegwerfen. „Es ist nur eine Frage der Zeit. Nicht, ob es geschehen wird.“, meinte er und hielt den roten Blick in ihren Augen gefangen. "Was hast du mit mir vor?", fragte sie und er musterte sie weiter eindringlich. Er war ihr nahe und schien noch näher zu kommen, als er sein Gesicht noch dichter an ihres brachte. Ihre Nasen berührten sich fast. Er wartete geduldig, damit sie seine Nähe kosten könnte. Ja, er war gefährlich, das durfte sie erahnen, aber er hatte dennoch eine Ausstrahlung, die einfach nur die Knie weich werden lassen konnte. Sein Blick wanderte über ihr Gesicht, als würde er sich jede Nuance davon einprägen wollen. Während dessen schob er eine Hand an ihre Hüfte und ließ ein Prickeln auf ihrer Haut entstehen. Dann senkte sich das Rot über ihr Gelb, bevor es auf ihren Lippen hängenblieb. Der Dunkelelf harrte kurz aus, ließ die Sekunden wie zähe Tropfen Honig verrinnen.
Bis er plötzlich nach vorne stob und sie schon glauben machen könnte, dass er sie küsste, einfach so. Doch er schob sein gutaussehendes Gesicht und seine verheißungsvollen Lippen an ihrem vorbei und raunte ihr ins Ohr: „Du hättest etwas essen sollen, Neriélle.“, ehe er sich zurückzog, seine Hand ebenfalls mit sich nahm und ihren Dolch in die Höhe hielt, bevor er sich gemütlich aufrichtete. „Wache!“, gebot er mit fester Stimme und schon wurde das Zelt geöffnet. Herein kamen zwei gut gerüstete Orks, die den Dunklen musterten. „Sperrt sie zu den anderen.“ Befahl er und warf den Dolch achtlos auf den Schreibtisch. Er blieb in ihrer Nähe, damit sie keine Dummheiten machte. Die beiden Orks flankierten Nerielle`s Stuhl und warteten, bis sie aufgestanden war. Der Dunkle musterte sie ungerührt, ehe er ihr auch ihren Bogen abnahm und ebenso zu dem Dolch auf den Tisch mit der Karte legte. Dabei fiel eine der weißen Figuren um, wie ein schlechtes Omen. Nerielle verlor ihre Habe und fand sich kurz darauf in den groben Händen der Orks wieder, die sie abführen sollten.
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Re: Ankunft

Beitrag von Neriélle » Freitag 4. November 2022, 14:41

Seine Bewegungen machten sie neugierig und auch wenn sie sich fest vorgenommen hatte, den Dunkelelfen keines Blickes mehr zu würdigen, beobachtete sie ihn aus dem Augenwinkel, als er sich erhob und sich an dem Essen bediente. Als er sich dann zu ihr herum drehte, wandte sie den Blick erneut demonstrativ ab - sie wirkte tatsächlich wie ein trotziges Kind. Doch sie sah keine Chance, ihm physisch zu entkommen, und es war ihr letzter Versuch, noch etwas Distanz zu ihm aufzubauen. Er hingegen schien alles daran setzen zu wollen, um sie zu verunsichern. Als er sich auf die Tischkante setzte und sich ihr entgegen beugte, war es um Neriélles Vorsätze geschehen. So sehr sie sich auch vor ihm fürchtete und aus diesem Zelt fliehen wollte, seine Ausstrahlung zwang sie dazu, erneut den Blick zu ihm zu suchen. Er war selbstsicher, er wirkte erhaben, beinahe unantastbar. Seine Nähe und seine Wärme verwirrten sie und sie war froh, die Weintraube ansehen zu können, die seine Worte unterstreichen sollten, als er begann, ihr die Zukunft von Shyána Nelle zu prophezeien. Sie schaute ihrer Heimat in Form des Kerns nach, wie er sie auf den Teller fallen ließ. Abermals bildete sich ein Kloß in ihrem Hals. Er wollte ihr klar machen, dass ihrer Heimat das gleiche Schicksal wie Zyranus blühen würde - ungeachtet dessen, was sie erzählt hatte oder noch erzählen würde. Das konnte sie nicht zulassen! Ihr Blick schweifte über die Lippen, hinter denen er die Weintraube zerkaute, zu den roten Augen hinauf, die ihren Blick gefangen hielten.

Es war ihr unmöglich, in diesem Moment genauer über seine Worte nachzudenken. Über Shyána Nelle, über die Dunkelelfen, die ihre Heimat vernichten würden, über.. Er beugte sich ihr noch weiter entgegen und Neriélle merkte, wie ihre Wangen heiß wurden. Das Blut rauschte in ihren Ohren und versagte ihr jedwedes Denken. Seine Worte waren nur noch ein dumpfer Nachhall in ihrem Kopf und verblasste ebenso wie der Drang zur Flucht.
Ihre Nasen berührten sich fast und Neri hielt für einige Augenblicke den Atem an. Doch statt den Kopf wegzudrehen und ihren Versuch zu unterstreichen, Distanz zu schaffen, bewegte sie sich jetzt keinen Millimeter. Stattdessen fiel es ihr plötzlich schwer, nicht den Kopf nach vorne zu bewegen.. nur ein kleines Stück.. um die wenigen Millimeter zu überbrücken. Ihr Blick wanderte von den roten Augen zu seinen Lippen und wieder zurück. Wie er sie musterte.. Neri schloss die Augen. Die Gefühle verwirrten sie, diese Anziehung dem fremden Dunkelelfen gegenüber. Gerade eben wäre sie fast aus dem Zelt gestürmt und nun saß sie hier - und wollte im Grunde nirgendwo anders sein. Sie zuckte zusammen, als sie seine Hand an ihrer Hüfte spürte und die goldenen Augen öffneten sich wieder. Sie war der Überzeugung, dass er sie küssen wollte. In diesem Moment war sie so von seiner Aura gefangen, dass sie sich nicht sofort gewehrt hätte. Sie nahm seinen angenehmen Geruch wahr und spürte seinen Atem auf ihrer Haut, der wie seine Berührung ihrer Hüfte ein warmes Kribbeln hinterließ.

„Du hättest etwas essen sollen, Neriélle.“ Er löste sich von ihr und eine Welle der Enttäuschung brach über sie herin. Er durchbrach den Bann, beendete den dunklen Zauber. Neriélle blinzelte und brauchte einige Augenblicke, um zu verstehen. Sie blickte auf ihren Dolch in seiner Hand.
"Du.." gut aussehender, verführerischer, "...arroganter, elender Mantis!" Sie war völlig überrumpelt von seiner Tat, konnte keinen klaren Gedanken fassen oder Satz sprechen, doch der Vergleich mit dem Urwald-Tier kam ihr noch über die Lippen. Die Elfe war dem Wechsel ihrer Gefühle schonungslos ausgesetzt. Schon wieder. "Das kannst du nicht machen!", rief sie aus und wusste selbst nicht so genau, was sie genau meinte. Sein Rückzieher oder das Abnehmen ihrer Waffe? Plötzlich war er wieder unerreichbar, ebenso seine Wärme, sein Geruch und seine Berührungen.
Als er nach ihrem Elfenbogen griff und ihn zu ihrem Jagdmesser legte, verengten sich ihre mandelförmigen Augen. Wie eine Raubkatze sprang sie auf und wollte nach ihrem Bogen greifen, doch die Orks, deren Eintreten sie nur halb mitbekommen hatte, waren schneller und hielten sie mit festem Griff an den Armen zurück.
"Das kannst du nicht machen!", rief sie erneut und ihr hilfloser Blick wurde von Tränen unterstrichen, die vor Wut in die goldenen Augen stiegen. Sie schüttelte vehement den Kopf und versuchte, sich erneut aus dem Griff der Orks zu befreien. Doch es war zwecklos. Ihre großen Hände schlossen sich wie Ketten um ihre Arme. Je mehr sie sich bewegte, desto fester wurde ihr Griff. Doch Neriélles Hilflosigkeit, Enttäuschung und Wut waren zu groß, als dass sie einfach nur still dastehen und zusehen konnte, wie er ihr Heiligtum in seinen dunklen Händen hielt.
"Das wirst du bereuen, Dunkelelf", schrie sie ihm giftig entgegen. "Lasst mich los, ihr stinkenden Biester!" Eines stand fest: Wenn sich nur eine winzige Möglichkeit ergeben würde, dem Dunkelelfen an die Kehle zu springen, würde sie sie nutzen. So wütend wie jetzt war die Shyáner Elfe selten gewesen und auch wenn ihr nichts ferner lag, als jemanden umzubringen, verspürte sie doch gerade einen großen Drang, diesem Dunkelelfen wehzutun.

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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Freitag 4. November 2022, 22:01

Das Problem mit Abenteuern war, dass sie selten so anmuteten, wie die Geschichten einen glauben lassen wollten. Wenn man in Schriften und Büchern darüber las, wie sich mutige und wackere Heldenfiguren auf den Weg machten, auszogen, das Übel zu vernichten. Immer vom Glück geküsst und stets auf dem rechtschaffenden Pfad. Mal gab es einen kleinen Knick in der Geschichte, doch der dauerte nur so lange, bis der Held erwachte und mit sämtlichen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln sein Schicksal erfüllte. Neri wollte es ebenso erleben, doch musste sie feststellen, dass die Wahrheit gänzlich anders war. Von ihrer tapferen Heldenreise war nicht viel übrig: Müde Füße, ein verspannter Rücken, Hunger, Durst und Kälte. Durch unglückliche Zufälle in ein Armeelager des Feindes geraten, um dort mit Urin und unflätigen Worten überschüttet zu werden, um dann in den Fängen eines verdammt gutaussehenden Dunkelelfen zu landen, der sie von Kopf bis Fuß verwirrte! Dessen Anwesenheit sie im ersten Moment verteufelte, um sie doch plötzlich genießen zu können. Und er war ihr so verdammt nahe, dass sie sogar aufhören musste zu atmen! Die Shyáner erwartete schon, die Sanftheit seiner Lippen zu spüren, das verheißungsvolle Prickeln in ihrer Mitte wies den Weg und machte deutlich, welche Wirkung er zu allem Überfluss noch haben konnte. Neri aber wollte in dem Moment einfach mal loslassen. Zu verlieren hatte sie kaum etwas, sodass sie tatsächlich mit dem Gedanken spielte, sich ein wenig vorzulehnen, um die letzten Millimeter Distanz zu überbrücken. Einfach mal machen, oder? Doch in dem Moment musste Neriélle erkennen, dass sie sehr wohl so einiges zu verlieren hatte: Zu aller erst, entledigte der Dunkle sie von ihrem Dolch, ohne, dass sie etwas davon gemerkt hätte. Er hatte sie übertölpelt und sein viel zu gutes Aussehen dazu verwendet, sie einfach so zu entwaffnen. Wut schäumte in ihr hoch. Wut über ihre fehlende Belohnung! Über das Ausbleiben der Befriedigung ihrer pochenden Mitte und die Kälte, die ihre Lippen erfuhren, nachdem er sich zurückgezogen hatte. Das war nicht fair! Leider war die junge Elfe nicht auf einem lustigen Ausflug. Fair war mit Sicherheit nicht das Wort, das man hier verwendet wissen wollte. Sie war ausgeliefert, inzwischen unbewaffnet und zu allem Überfluss, setzte er sie auch noch fest!
Neri hatte kurz zuvor noch versucht, die Flucht anzutreten. Allerdings viel zu zögerlich, viel zu halbherzig, um ernsthaft von Erfolg gekrönt zu sein. Jetzt stand sie wütend funkelnd vor dem Elfen und hätte am liebsten Löcher mit ihren gelben Augen in seine Brust gebrannt! Er hingegen blickte auf den Bogen auf dem Tisch. "Du…arroganter, elender Mantis!", echauffierte sie sich und erreichte damit, dass er belustigt die Augen auf sie richtete. „Mantis?“, hakte er amüsiert nach. Woraufhin er sich noch mal etwas vor lehnte, während sie von den Orks gehalten wurde. „Man nannte mich bereits so einiges, aber eine Gottesanbeterin noch nicht.“, er schürzte die Lippen, was ihm tatsächlich etwas verwegenes gab. „Öfter mal etwas neues!“, bescheinigte er ihr und richtete sich wieder auf. Der Unbekannte nickte den Orks zu, um Neri wegzuführen. "Das kannst du nicht machen!", wehrte sie sich und begehrte tatsächlich gegen die Behandlung der Wachen auf. Je mehr Neri zappelte, desto heftiger packten die grobschlächtigen Wachen zu, bis es sogar wehtat. Sie hatte dem Dunklen bereits den Rücken zudrehen müssen, denn die Orks hatten kaum Mühe, sie mit sich zu schleifen. "Das wirst du bereuen, Dunkelelf", keifte sie weiter und rebellierte gegen jeden Schritt, den sie aus dem Zelt tun sollte.

Immer wieder mussten die Orks stehenbleiben, damit sie nachfassen konnten. Zwar taten ihre Hände ihr weh, doch das stachelte nur noch mehr Neri`s Wut an. Der Dunkelelf indes stand weiter ungerührt in ihrem Rücken. Er betrachtete das Schauspiel. Bevor sie jedoch das Zelt verließ, erhob er noch mal das Wort: „Du irrst dich, Neriélle aus Shyána Nelle. Ich kann tun und lassen, wonach mir ist. Du bist hier nicht in deiner Idylle, umgeben von Wasserfällen und bunten Farben. Hier ist die Wirklichkeit – und du wirst lernen, wie sie schmeckt!“, prophezeite er ihr düster, bevor ihr die Kälte der Luft, gepaart mit der Kälte der dunklen Vorahnung, die in ihr reifte, entgegenschlug. Die Orks zogen Neri weiter, bis es dem einen zu bunt wurde. Er packte sie kurzerhand und warf sie über seine Schulter. Sein massiger Arm hielt sie mühelos in dieser Position, klammerte ihre Taille auf seiner Schulter fest und stapfte durch den frischgefallenen Schnee. Sein Kompagnon folgte ihm schlurfend. Sie beide waren eher weniger redselig. Und Neri erkannte auch warum, als der Hüne hinter ihr herzhaft gähnte: Er hatte keine Zunge! Nur ein stumpfes, kurzes und willenlos zuckendes Hautläppchen im Mund. Hinter dem Hünen konnte Neri aber etwas weitaus Interessanteres ausmachen: Der Dunkelelf stand in seinem Zelteingang und seine roten Augen sahen ihr nach mit einem leichten Grinsen im Mundwinkel. Neri wurde noch einen Moment Zeugin der Szenerie, bis sie mit einem Mal um eine weitere Reihe aus Zelten geschleppt wurde und eine neue Perspektive hatte. Ihre Habe war ebenso wie der Elf nicht mehr zu sehen und auch wenn sie zappeln würde, würde es nichts helfen. Der Ork war eben das, was er sein musste: Eine Marionette, die ordentlich Kraft hatte. Der Weg wurde ein wenig lang, sodass sie eventuell die Zeit nutzen konnte, um sich das Lager aus dieser Lage anzusehen. Immer wieder traf sie Mensch, Ork oder Elf und doch wirkte es zeitweise so, als wäre ein jeder hier vollkommen ausgebrannt. Die Männer und Frauen blickten missmutig drein, nagten an kargen Rationen herum, stierten in kleine Feuer und vertrieben sich ab und an die Zeit mit … nichts. Langeweile schien zu herrschen. Oder war das etwas anderes? So ganz ließ sich das von ihr im Moment nicht ergründen. Plötzlich aber wurde Neri unsanft auf die Füße geholt. Mit ordentlich Schwung, stieß der Ork, der sie nicht getragen hatte, gegen ihre Schulter, sodass Neri zurücktaumeln musste, wenn sie nicht fallen wollte. Sie stieß mit dem Rücken gegen etwas hartes. Schließlich quietschte ein Tor, bis es in das Schloss fiel. Links von ihr waren Gitter mit quadratischen Löchern, wo gerade so die Hand hindurchpasste. Rechts ebenso. Hinter ihr auch und vor ihr… Standen die Orks und verstauten gerade einen kleinen, metallischen Schlüssel. Neri war gefangen – in einem Käfig.
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Re: Ankunft

Beitrag von Neriélle » Sonntag 6. November 2022, 16:09

Seine düsteren Worte hallten in ihren Ohren, als sie aus dem Zelt getragen wurde. Für die Orks war sie eine leichte Gefangene. Sie konnte sich wehren, wie sie wollte, der Griff der Wachen war unerbittlich und sie ließen ihr nicht die geringste Chance, sich zu befreien. Die Gefühle wirbelten in Neri wie ein Orkan. Sie war so unglaublich wütend. Auf den Dunkelelfen. Auf sich selbst. Wie hatte es nur so weit kommen können? All das hier. Plötzlich warf einer der Orks sie über die Schulter und unterbrach ihre Gedankengänge. Hilflos ließ sie es geschehen, sie gab den aussichtslosen Kampf auf - fürs Erste. Ihr Blick fiel auf den zungenlosen Ork hinter sich. Der Anblick ließ sie zusätzlich frösteln und sie fragte sich kurz, ob der Dunkelelf auch dafür verantwortlich war. "Ich kann tun und lassen, wonach mir ist." Der Dunkelelf.. wie er dort stand und grinste. Aus Neriélles Augen sprühten Funken, als ihr Blick auf ihn fiel. Dann bogen sie um eine Ecke und waren aus seinem Sichtfeld verschwunden. Sie wusste nicht, was mit ihr passieren würde, und das machte ihr Angst. Was hatte er den Orks befehligt? Sie erschauderte erneut und vermutete nichts Gutes.

Auf dem Weg zwischen den Zelten hindurch schaute sie sich genau um. Sie konnte gerade eh nichts anderes auf der Schulter des Orks machen. Der Namenlose würde sie nicht entkommen lassen, also brauchte sie einen Plan. Erneut suchten ihre Augen also einen Weg, der sie früher oder später aus dem Lager führen würde - nachdem sie ihre Waffen zurückbekommen hatte. Der Gedanke, dem Dunkelelfen noch einmal über den Weg zu laufen, ließ sie erschaudern. Und das in so vielerlei und auch verwirrender Hinsicht.
Die sah Menschen, Orks und Elfen. Sie wirkten niedergeschlagen und gelangweilt. Sie erinnerte sich an die Worte des Arztes, die im Nachhinein gesehen, einen Sinn für sie ergaben. Er hatte angedeutet, dass die Zyraner gar nichts unternehmen mussten, da sie vermutlich eh vorher krepieren würden. Die Essensvorräte gingen zur neige. Das fiel auch Neriélle an den kargen Portionen und der Auswahl auf, die den Leuten hier zugeteilt wurden. Und ihr wurde auch der Unterschied zu der Sonderbehandlung des Dunkelelfen bewusst, dem das köstliche Essen serviert worden war. Doch sie dürfte jetzt nicht daran zurückdenken! Denn im Hintergrund meldete sich ihr Magen erneut, dem die Elfe eine kräftigende Mahlzeit verwehrt hatte.

Ohne Vorwarnung wurde sie plötzlich auf die Füße gestellt und der andere Ork schubste sie nach hinten. Die Grübeleien verflogen fürs Erste, sie taumelte und suchte reflexartig nach Halt. Neri konnte sich halbwegs an einem der Gitterstäbe festhalten und fiel damit nicht ganz so unelegant und hart nach hinten. Mit offenem Mund sah sie tatenlos den Orks entgegen, die sie gerade in einen Käfig gesperrt hatten. Doch sie sparte sich den Versuch, an der Tür zu rütteln. Sie saß in der Falle, stellte sie resigniert fest. Ihr Blick schweifte hin und her, doch außer den Gitterstäben mit den weißen Zeltplanen dahinter, gab es nichts zu sehen. Sie beschloss, ihre Kräfte zu sparen und keine Szene zu machen. Ihr würde niemand helfen.

Neri schlang die Arme um sich, um die Kälte zu vertreiben, die nun an der frischen Luft, zurück in ihre Glieder gekrochen war. Auch die Angst kroch erneut in der Elfe hoch. Diesmal gab es nichts, das sie von ihr ablenken konnte. Kein Arzt, kein Dunkelelf, keine widersprüchlichen Annäherungen. Sie dachte an jene zurück. Er hatte seinen Körper eingesetzt, um sie zu verwirren und zu übertölpeln. Wie hatte sie nur darauf reinfallen können? Sie dachte an seine betörende Art zurück, die es ihr unmöglich machte, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie war machtlos gegen seine verführerische Aura gewesen. Neriélle dachte an seine warme Nähe zurück, an die brennende Haut unter seiner Hand und seinem Atem, und seufzte. Sie hatte schon intensive Liebeleien mit anderen Elfen gehabt.. viele.. aber doch war die Anziehung dieses Dunklen eine völlig andere. Sie kannte ihn kaum und er hatte solch eine intensive Anziehung geweckt, wie niemand vor ihm. Niemand hatte ihr das über Dunkelelfen erzählt.
Die letzten Worte des Dunklen gingen ihr durch den Kopf, die letzten, bevor er sich ihr so unverhohlen genähert hatte. Zyranus war nur der Anfang - oder auch nicht, schließlich wusste sie nichts von dem aktuellen Weltgeschehen, gestand sie sich ein. Vielleicht war Zyranus auch nur eine Stadt von vielen, die vom Dunklen Volk angegriffen wurden. Danach würden sich die Dunkelelfen auch Shyána Nelle einverleiben. Das war nur eine Frage der Zeit, hatte er ihr gesagt. Offenbar steckte ein lang gefasster Plan dahinter. Ihre Heimatstadt wäre nur eine von vielen in diesem Gefüge. Sie musste etwas dagegen unternehmen! Sie wusste noch nicht, was genau sie tun konnte und - in Angesicht ihrer Lage - wie. Aber sie hatte es auch ihm gesagt: Sie würde ihn persönlich davon abhalten, nach Shyána Nelle zu gehen.
Neriélle ärgerte sich über sich selbst. Wie konnte es sein, dass ihre Mutter jahrelang durch Celcia zog und sie nie in die Fänge der Dunkelelfen gelangt war? Und sie wurde, kaum dass sie ihre Heimat verlassen hatte, gefangen genommen. Oder hatte ihre Mutter doch ähnliche Erfahrungen gemacht und ihr nur verheimlicht, was ihr alles zustoßen könnte? Doch das konnte sich Neriélle auch nicht vorstellen, denn sie war sich sicher, dass ihre Mutter sie gewarnt hätte. Genau genommen hatte man sie in der Vergangenheit natürlich oft gewarnt. Vor dem dunklen Volk, von den dunklen Abtrünnigen der Shyáner Elfen. Dass sie das Böse in sich trugen, heimtückisch waren und einen blendeten. Dass sie in keinen guten Absichten handelten und in ihren Herzen nur Platz für Grausamkeiten war. All das wurde ihr erzählt, in Büchern, in Erzählungen, in Gesprächen. Wie konnte es dann sein, dass der Dunkelelf sie all die Warnungen und Lehren vergessen machte? Neriélle hatte in ihrem Käfig definitiv zu viel Zeit zum Nachdenken.

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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Montag 7. November 2022, 10:09

Sie war dumm gewesen. Naiv regelrecht und hatte sich von dem Dunkelelfen vorführen lassen. Die aufkommende Wut, richtete sich allerdings nicht nur gegen ihn. Ja, er hatte sie übertölpelt. Doch sie war es, die darauf hereingefallen war und sich hat verleiten lassen, mehr preiszugeben als es klug gewesen wäre. Hatte Neri jetzt den Untergang von Shyána Nelle besiegelt? War sie das Zünglein an der Waage? Schwervorstellbar, dass eine Armee nur aufgrund ihrer Aussage, das schöne Tal auf- und vor allem heimsuchte! Dennoch… Neriélle kam sich furchtbar verraten vor. Nun hockte sie in der Zelle, die weder besonders warm noch besonders groß war. Der Wind pfiff durch die kleinen, schmiedeeisernen Vierecke von allen Seiten und die Höhe erschwerte es der großen Elfe, sich aufrecht hinzustellen. Wenn sie stand, musste sie sich etwas neigen, um sich nicht den Kopf zu stoßen. Der Boden hier war karg, gefroren und kalt. Links und rechts befanden sich in unmittelbarer Umgebung weitere dieser Käfige. Sie alle waren leer, was vielleicht auch ein Gutes hatte. Oder aber bedeutete, dass die Dunklen erstens nicht viele Gefangene machten oder aber, dass diese, erstmal eingesperrt, nicht lange überlebten. So oder so wirkte ihre Aussicht trostlos. Die Orks hatten sich nicht weiter um die Elfe bemüht, sondern waren ihrer Wege gezogen. Das Zelt des Dunklen konnte Neri von hier nicht erkennen und auch sonst, schien sie weitab vom Schuss zu sein. Nur sporadisch kamen mal Elfen, Menschen oder Goblins vorbei – doch keiner achtete auf die Shyáner. Sie war allein. Und es war bitterkalt. Der Tag hatte sich für Neri früh angekündigt, inzwischen dürfte er bereits in Richtung Mittag gewandert sein. Doch der Himmel über ihrem Kopf blieb grau und trist. Vermutlich würde es alsbald wieder anfangen zu schneien. Hier in ihrem neuen Gefängnis, hörte sie auch längst nicht mehr die umtriebige Geräuschkulisse so deutlich, wie noch im Zelt des Arztes oder am Waschplatz. Die Käfige schienen um einiges weiter am Rand des Lagers zu stehen. Irgendwo zu ihrer Rechten konnte sie noch die Spitze des einzigen schwarzen Zeltes entdecken. Hinter ihr befand sich dann schon mehr weite Fläche. In weiter Ferne sah sie sogar die ersten Ausläufer des Waldes Arus.
Was blieb ihr sonst noch zu tun, um sich von der klirrenden Kälte und der Monotonie abzulenken? Rachepläne schmieden, für den Dunklen? Wie sie ihre Waffen zurückbekäme, ihr Heiligtum, das er beschmutzt hatte? Neri hatte Zeit… viel Zeit in ihrer kleinen Zelle. Niemand kam vorbei, niemand interessierte sich für die Gefangene. Hunger breitete sich weiter aus, die Kälte kroch inzwischen in sämtliche Ritzen, um sie zusätzlich zu piesacken. Wenn sie nicht an Hunger verging, würde sie vermutlich an einer Lungenentzündung sterben. Elendig hustend und qualvoll schmerzgeplagt. Im Fieberwahn gefangen, vielleicht noch mehr Informationen ausplaudernd, als sie sowieso schon getan hatte.

Neriélle blieb für Stunden nichts anderes übrig als sich mit sich selbst zu beschäftigen. Langsam setzte, zu allem Überfluss, das Schneegestöber sanft ein und wurde im Verlauf einer Stunde etwas stärker, sodass die Flocken dick und flauschig in ihren Haaren hängen blieben, um dort irgendwann zu nassen Tropfen zu werden. Einen Rückzugsort gab es in ihrer Zelle nicht. Sie musste sogar auf dem Boden Platz nehmen, wenn sie denn wollte. Ansonsten brauchte sie gerade mal zwei ausladende Schritte, um von einem Ende zum anderen zu kommen – so mussten sich die Tiere fühlen, die man zu Schauzwecken einsperrte! Bevor sie jedoch vor Langeweile, Scham und Tristesse einschlafen konnte, um eventuell die kalte Umarmung des Todes zu erwarten, wurden plötzlich Geräusche laut. Ein Grunzen, ein Stampfen, ein Scheppern. Dann ein Lautstarkes donnern, einer tiefen Stimme: „Nimm deine Kackbratzen-Finger von mir, du elendiger!“, schimpfte jemand und erneut erzitterte etwas klappernd. „Ich-kann-allein-gehen-, was verstehst du daran nicht?!“, wurde weiter geschnauzt und schon schoben sich die beiden Orks, die auch Neri schon kennenlernen durfte, hinter der letzten Zeltreihe hervor. Waren das eigentlich die Orks vom Waschplatz?! Ließ sich nicht so genau sagen, vielleicht wenn sich einer ausziehen würde…. Wie auch immer. Zwischen sich hielten sie einen… kleinen Mann fest. Allerdings traf das ‚klein‘ nur auf seine Körpergröße zu, denn er hatte Muskeln! Viele! Beinahe genauso breit wie hoch, hing er links und rechts in den klobigen Fingern der Orks und stemmte sich mit kräftigen Beinen in den leicht schneebedeckten Boden. Der Schimpfende hatte ganz offensichtlich keine Lust, sich von den anderen dirigieren zu lassen, doch diese kannten ähnlich wie bei Neri keine Gnade. Dann griff der Ork mit Zunge – nennen wir ihn ‚Zunge‘ – mit beiden Pranken zu, damit der Ork ohne Zunge – ‚Wortlos‘ – die Zelle neben Neri aufschließen konnte. „Ich schwöre, wenn ihr nicht-“, weiter kam der Mann nicht, denn er kugelte im hohen Bogen in die Zelle, überschlug sich einmal und kam dann falschherum am Ende der Zelle zum Liegen. Mit einem kreischenden Rumms fiel die Zelle ins Schloss und wurde abgeschlossen. ‚Wortlos‘ und ‚Zunge‘ sahen kurz mit stumpfen Blicken zu Neriélle, dann stampften sie wieder von dannen. „Ihr werdet schon sehen, ihr vermaledeiten Ochsen!! Ich merk‘ mir das!“, schimpfte der Mann in der Zelle neben ihr und umklammerte mit beiden Händen die Gitterstäbe. Er spannte sogar seine Muskeln an als könne er sie einfach aufbiegen. Doch das Metall blieb ungerührt davon. Seufzend lehnte der Fremde seine Stirn an das kalte Metall und schloss die Augen. "Brocknar, sende mir deine Stärke!", schnaufte er und holte tief Luft.
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Re: Ankunft

Beitrag von Neriélle » Montag 7. November 2022, 13:15

Wie war es eigentlich möglich, dass es so kalt werden konnte? Neri war im Kapayu völlig andere Temperaturen gewöhnt. Sie liebte die Wärme, wenn die Pflanzen blühten und man einfach nur mit einer leichten Bluse bekleidet den Sonnenschein genießen konnte, der manchmal durch die dicht bewachsenen Bäume fiel. Die Elfe war anpassungsfähig, aber noch tat sie sich schwer mit der Kälte. Sehr schwer. Da nütze auch der dicke Mantel aus Wolle nicht viel oder die Kapuze, die sie über die violetten Haare zog, als der Schneefall wieder einsetzte und stärker wurde, damit es nicht so kalt am Kopf wurde. Zwischendurch hatte sie sogar kurz in Erwägung gezogen, den magischen Flammenschein einzusetzen, um sich aufzuwärmen, doch den Gedanken genauso schnell wieder verworfen. Das wäre sicherlich ein weiterer Fehler, der ihr vielleicht tatsächlich den Kopf kosten könnte. So viel Selbstüberschätzung besaß nicht mal die Elfe, um sich zwischen dem dunklen Volk als Lichtmagierin - so schlecht ihre Fähigkeiten auch waren - zu verraten.
Irgendwann hatte sie sich hingesetzt. Das Beugen des Kopfes und die daraus resultierende krumme Haltung war auf Dauer unbequem. Manchmal wechselte sie die Position, wenn sie glaubte, ihr Po sei schon am Boden festgefroren. Sie saß nur da und wartete. Minute für Minute. Stunde für Stunde. Wie lange würde er sie hier drin behalten? Sie war offenbar die einzige Gefangene. Was war mit den anderen passiert? Sie dachte an die kargen Essensrationen. Da war jeder zusätzlich zu stopfende Mund einer zu viel. Neri schüttelte den Gedanken ab und ließ keinerlei Gedanken darüber zu, über ihr unmittelbares Schicksal nachzudenken. Für so ein banales Ende - verhungert oder erfroren in einem Käfig - war sie auch viel zu stolz! Das konnte sie nicht zulassen.

Plötzlich drang ein Grunzen und Scheppern an ihre Ohren. Sie richtete sich etwas auf und versuchte, zu ergründen, wer oder was die Geräusche verursachte, die vom Lager zu ihr hinüber drangen. Dann sah sie die beiden Orks, in ihrer Mitte ein Mann, den sie ganz offensichtlich gegen seinen Willen festhielten, und geradewegs in ihre Richtung schoben und führten. Offenbar wollte er selber gehen, aber das wurde ihm verwehrt, wie ihr schon Stunden zuvor. Und auch er wurde alles andere als sanft in den Käfig gesperrt, nahezu geworfen. Als die Orks zu ihr sahen, erwiderte sie den Blick unter der Kapuze finster. Sie hatten ihre Freundlichkeit verwirkt! Der Mensch jedoch.. Neriélle sah zu ihm hinüber und ihr wurde klar, wie kläglich sie selbst in diesem kleinen Käfig wirken musste. Sie empfand Mitleid mit ihm, so wie ein Stück weit Selbstmitleid, auch wenn sie sich das natürlich nicht völlig eingestehen würde.

Sie wartete einige Momente, doch der Mensch schien sie noch nicht wahrgenommen zu haben. Daher räusperte sie sich kurz. "Hallo", grüßte sie dann und lächelte schief. Es war ein seltsamer Ort für ein Kennenlernen. Aber sein Auftauchen war eine willkommene Abwechslung nach den Stunden des Alleinseins. Zu zweit erfrieren war doch viel geselliger als alleine..
"Ich dürfte auch schon die Bekanntschaft der beiden Orks machen. Meine Begegnung lief ungefähr genauso ab", sagte sie. "Was habt Ihr angestellt? Habt Ihr den Orks das Essen weggenommen?", meinte sie scherzhaft, doch ihre Stimme klang nicht so belustigt, wie unter normalen Umständen.
Die Elfe hatte sich wieder hingesetzt und rieb nun die Hände aneinander, in dem aussichtslosen Versuch, sie etwas aufzuwärmen, während sie den Menschen von Kopf bis Fuß musterte.
Sie wollte nicht zu aufdringlich sein und auch nicht zu neugierig. Gleichzeitig wusste sie nicht, was sie weiter sagen sollte. Dem Dunkelelfen gegenüber war sie viel zu redselig gewesen, das machte sie nun vorsichtiger und zurückhaltender, auch wenn man davon ausgehen konnte, dass der Mensch ein Leidensgenosse war.
Zuletzt geändert von Neriélle am Dienstag 8. November 2022, 14:22, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Dienstag 8. November 2022, 10:42

Selbst zu dieser Jahreszeit war es im Kapayu nicht so kalt, wie Neri jetzt durch sämtliche offene Ritzen ihrer Bekleidung erfahren musste. Ja, wenn der Regen fiel und die Erde aufweichte, dann fror auch mal das Volk der Shyáner, doch das bedeutete nicht, dass diese Eiseskälte selbst das Wasser der Wolken gefrieren ließ und nach Celcia zurückschickte! Leider half all das Schimpfen und Fluchen nichts. Sie hatte nichts weiter zu tun als in ihrer Zelle auf den sicheren Tod zu warten. Wie es wohl wäre? Tod durch Erfrieren stand gewiss nicht auf ihrer Liste der Dinge, die ihr auf ihrer Reise begegnen könnten. Sie hatte an gefährliche Tiere gedacht. Hatte an Hunger oder Durst gedacht und sich dafür entsprechend gewappnet. Vielleicht hatte sie auch an eine Auseinandersetzung mit Strauchdieben gedacht, die ihr die zuvor erlegte Beute abjagen wollten, doch… hier ran? Wohl eher nicht. Neri hatte in den Stunden des Nichtstuns damit zu kämpfen, nicht einfach mutlos und zu einem Häufchen Elend zusammengekauert zu verkümmern und auf den Gevatter zu warten. Ein schnelles und doch eher unrühmliches Ende, welches dort auf sie wartete! Und das alles nur, weil sie zu vorschnell gewesen war. Sie hatte zu eilig gehandelt und sich nicht die Zeit genommen, genauer über ihre Optionen nachzudenken. Und dann dieser Dunkelelf… Er war überhaupt das schlimmste Übel! Falsch und unverfroren! Und… und dennoch konnte ein kleiner Teil in ihrem Innern nicht umhin an ihn auch anders zu denken. Wie er sich ihr präsentierte, vollkommen nackt… trainiert und gestählt von unzähligen Kämpfen. Wie seine Haut seicht geschimmert hatte, aufgrund der zuvor getätigten Körperlichkeit. Und die Frau? Die war sogar beleidigt abgezogen, offenbar war es auch noch gut gewesen! Und einvernehmlich! Sie wirkte jedenfalls nicht wie jemand, den er sich einfach so genommen hatte, dafür war sie viel zu enttäuscht gewesen, als sie gehen musste. Und dann, als er sich ihr entgegengelehnt hatte, sie berührte… diese Augen, rot und glühend, voller Leidenschaft, wenn sie wollten. Oh, diese Gedanken hielten sie wenigstens etwas warm und ihren Kopf auf Trab. Nur um im nächsten Moment wieder darüber nachzudenken, wie sie ihn am besten qualvoll niederstreckte! Aber träumen durfte man ja. Das sah und hörte ja keiner! Sowieso nicht, denn Neri war auch nach den kleinen Tagträumen noch allein. Bis sich endlich etwas tat, was ihrer Aufmerksamkeit bedurfte. Geräusche lenkten sie von ihrem Schicksal ab und plötzlich war sie nicht mehr allein!

Ein kleiner, aber durchaus muskulöser Mann wurde in die Zelle neben ihr eingesperrt. Er schimpfte den stumpfen Orks noch hinterher, ehe er zu resignieren schien. Neri hatte er indes noch nicht bemerkt. “Hallo. Ich durfte auch schon die Bekanntschaft der beiden Orks machen. Meine Begegnung lief ungefähr genauso ab“, nutzte sie die Gelegenheit. Es war seltsam ihre eigene Stimme zu hören, nach all den Stunden. Ihre Lippen fühlten sich ganz taub an, ob der Kälte. Und das fehlende Trinken führte dazu, dass sich ihre Zunge etwas pappig im Mund bewegte. Der Mann sah auf und wandte ihr den Kopf zu. „Hallo.“, meinte er nüchtern und schaute wieder zu den Orks, die verschwunden waren, zurück. „Dumm und dusselig meinst du? Ja. Das ist auch das Einzige, was sie können“, wurde seine Stimme wieder lauter, als er ihnen hinterherbrüllte: „andere Leute schikanieren!!“. Er seufzte und wischte sich mit der Handfläche über den Kopf. Er hatte schwarzes Haar, das länger war und ihm ab und an in die Stirn fiel, sodass sie die Geste des Bändigens immer wieder erkennen könnte. An den Kotletten ging es in einen Vollbart über, der sich jedoch noch im Wachstum befand und eher darauf schließen ließ, dass er hier keine Möglichkeit hatte, sich zu rasieren. Er trug ein weinrotes Hemd, das deutlich bessere Tage gesehen hatte, darüber schwarze Hosenträger, wobei der linke leicht aufgerippelt wirkte. Irgendwann würde er vielleicht reißen. Seine Hautfarbe war eher dunkel und dreckig. Ein ausgiebiges Bad hatte er lange nicht gesehen. Was auch der leichte Geruch bestätigte, der sich Neri durch den Wind aufdrängte. Wie lange er wohl schon hier war? Würde sie auch bald so riechen? Vermutlich nicht, immerhin wäre sie vorher erfroren und würde alle Gerüche konserviert mitnehmen! Der Dunkelhaarige wandte sich endlich von seiner Zellentür ab und ihr zu. "Was habt ihr angestellt? Habt ihr den Orks das Essen weggenommen?", versuchte sie die Stimmung aufzulockern und erntete einen zweifelnden Blick ihres Gegenübers. Er trat an die Gitter zu ihrer Zelle hin und schob die Arme hindurch, um sie lässig abzulegen. Sie passten allerdings nur bis zu den Armbeugen, da die Muskelmasse zu viel wurde. Jetzt hatte sie einen guten Blick auf sein Gesicht: Markant, mit gerader Nase und schmalen Lippen wirkte es grimmig aber anhand der Situation wohl verständlich. Seine Augen hoben sich unter der dreckigen Gesichtsfarbe deutlich als blau ab und stachen ein wenig heraus. Auffällig war noch die Narbe, die sich unter seinem linken Auge hinunterzog. Folgte Neri dieser Spur, konnte sie sehen, dass die Narbe über seinen Hals und bis zu seinem Brustbein verlief, wo sie unter dem weinroten Hemd verschwand. „Man kann nichts wegnehmen, was nicht existiert!“, meinte er mit tiefer Stimme, die nun wieder auf eine normale Lautstärke zurückgekehrt war. Er schnaubte freudlos und deutete mit dem Daumen lässig auf die Zelte zu seiner Linken. „Die haben doch selbst nichts zu fressen. Also glaub nicht, dass hier in nächster Zeit jemand vorbeiguckt.“, nahm er jegliche Hoffnung auf wenigstens etwas Versorgung mit. Der Mann musterte Neri etwas. „Ist die echt?“, fragte er und als sie nicht verstand, nickte er mit dem Kopf zu ihren Haaren. „Die Farbe. Bist ´ne Elfe, was?“, meinte er und grinste. Er entblößte vernünftige Zähne und hatte tatsächlich auch ein neckisches Lächeln, das nicht unsympathisch wirkte.
Überhaupt sah er nicht so schlecht aus, abgesehen von der Zelle und dem Dreck. „Alles an dir schreit Elfe. Warum hast du hier ein Zimmer bezogen?“, wollte er wissen, ohne ihre Frage beantwortet zu haben. Was ihm offenbar auffiel, denn er zog die Arme wieder etwas zurück und schaute abermals zurück. „Ich bin hier, weil ich blöder Saukopf nicht rechtzeitig ´nen Schuh gemacht habe!“, murrte er und schlug mit der Hand gegen die Gitter vor Frust. Dann wandte er sich jedoch wieder Neri zu. „Aber du bist neu. Hab‘ dich noch nicht gesehen hier! Gibt es keinen besseren Ort für dich?“, wollte er wissen und lehnte sich gegen die Gitter. Er bedeckte gerade seine beharrten Unterarme mit dem Fetzen, das sich Hemd schimpfte und versuchte etwas Wärme zu bekommen. Er hatte kein Wintermantel an und auch keine Kapuze. Er trug nur das Hemd und die braune Lederhose, die von den Hosenträgern gehalten wurde.
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Re: Ankunft

Beitrag von Neriélle » Dienstag 8. November 2022, 15:15

Der Fremde erwiderte ihren Gruß, bevor er Dumm und Dusselig, wie er die Orks nannte, noch etwas hinter her schrie. Über die Namen, auf die er sie getauft hatte, musste Neriélle kurz schmunzeln. Als der Fremde an die ihr zugewandte Seite seiner Zelle trat, erhob sich auch die Elfe wieder leicht gebeugt. Sie musterte seine muskulösen Arme, die nicht ganz durch die Löcher der Seiten passten. Dann wanderte ihr Blick seine vergleichsweise kleine Gestalt hinauf bis zu seinem Gesicht. Als Erstes fielen ihr die blauen Augen auf, die aus seinem dreckigen und grimmigen Gesicht herausstachen. Einige Sekunden lang folgten die goldenen Augen der Narbe unter seinem linken Auge bis zu seinem Brustbein hinab. Seine Kleidung sowie der Schmutz und der Geruch, die ihm anhafteten, ließen sie darauf schließen, dass er schon seit längerer Zeit in dem Lager sein musste - oder im Gegensatz zu ihr eine längere Reise ohne jegliche Möglichkeiten zum Waschen hinter sich hatte, was nicht sehr wahrscheinlich war. Sie rümpfte die Nase, als der kalte Wind sein Geruch zu ihr hinüber trug. Er roch so wie er aussah.

„Die haben doch selbst nichts zu fressen. Also glaub nicht, dass hier in nächster Zeit jemand vorbeiguckt.“
"Ich weiß, ich sitze hier schon etwas länger." Sie legte den Kopf etwas schief. Die Hoffnung auf Essen hatte sie tatsächlich schon länger aufgegeben. So wie die Begegnung mit dem Dunkelelfen gelaufen war, hatte sie nicht erwartet, dass er noch einmal jemanden mit Essen zu ihr schicken würde. Sie hatte die schmackhafte Auswahl abgelehnt und ja, natürlich bereute sie dies in ihrer jetzigen Lage umso mehr, aber sie stand hinter ihrer Entscheidung. Wer wollte schon mit seinem Feind dinieren!
„Ist die echt? Die Farbe. Bist ´ne Elfe, was?“
Der Mensch riss sie aus ihren Grübeleien und sie verstand zuerst nicht, was er meinte. Als sie endlich verstand, schüttelte sie kurz den Kopf. "Gefärbt", antwortete sie knapp und blickte auf seine Lippen. Er grinste und wirkte alles in allem so.. locker. Entweder nahm er alles mit einer angeborenen Sorglosigkeit hin oder war doch noch nicht so lange in diesem Lager. Nachdenklich zog sie die Stirn kraus.

„Alles an dir schreit Elfe. Warum hast du hier ein Zimmer bezogen?“
Auf seine Worte seufzte sie und winkte kurz ab. Diese Geschichte war eigentlich viel zu dämlich, als dass sie sie noch einmal erzählen wollte. Sie hätte einen großen Bogen um die Zelte schlagen sollen, aber stattdessen war sie nun die Gefangene eines Dunkelelfen. Bevor sie antworten konnte, erklärte er, wie er seinerseits hier gelandet war. Doch seine Antwort warf eher neue Fragen auf, als welche zu beantworten. Er hatte nicht rechtzeitig einen Schuh gemacht? In Neriélles Kopf erschien ein Bild davon, wie der Mensch vor ihr Schuhe fertigte. Doch das wirkte doch sehr unpassend. Nein, das konnte er nicht meinen.
Sein Schlag gegen die Gitter zerrissen das Bild in ihrem Kopf und die genaue Bedeutung seiner Worte. Naja, war ja auch egal.
„Aber du bist neu. Hab‘ dich noch nicht gesehen hier! Gibt es keinen besseren Ort für dich?“, lenkte er das Gespräch wieder auf ihre Person zurück.
"Ja, ich bin die Neue. Ich habe vor ein paar Wochen meine Heimat verlassen und bin erst heute Vormittag hier angekommen." Sie grinste schief, da sie wusste, dass einiges an Dummheit dazu gehörte, nur wenige Stunden nach der Ankunft hier in einem Käfig zu landen. Neriélle zog den Mantel noch ein Stück enger. Ihn so frierend zu sehen, machte ihr die Kälte noch bewusster. Kein Reisender würde bei diesem Wetter so leicht bekleidet umherziehen. Auch seine Worte, er habe sie noch nie hier gesehen, sprachen dafür, dass er seit längerer Zeit in dem Lager lebte.
"Ich wollte eigentlich woanders hin und bin unbeabsichtigt auf das Lager gestoßen. Dann bin ich leider den falschen Leuten in die Arme gelaufen und auf die Füße getreten. Naja, mir wird kein Glauben geschenkt, dass ich wirklich nur durch einen Zufall hier gelandet bin." Oder doch? Im Grunde wusste sie nicht, ob der Dunkelelf ihr zuletzt nicht doch noch geglaubt hatte. "Jedenfalls bin ich nun hier und harre der Dinge, die noch kommen. Ich habe keine Ahnung, was er mit mir vorhat." Unbewusst hatte sie von ihm gesprochen, obwohl sie sich vorgenommen hatte, ihr Treffen mit dem Dunkelelfen vorerst nicht zu erwähnen. Generell blieben ihre Angaben eher schwammig. Auch ihre genaue Heimat und ihr eigentlich Ziel, Zyranus, verschwieg sie bewusst. Sie hatte schon zuvor viel zu viel einem Fremden anvertraut! Sie hatte dazugelernt.
Und auch wenn der Mensch freundlich wirkte, wollte sie wachsam bleiben. Dennoch wirkte sie eher freundlich als abweisend. Sie war eben auch nur eine gesellige Elfe, die gerade einen Rückschlag erlebt hatte. Langsam fand sie ihre Sprache wieder, doch ein letztes Fünkchen Misstrauen dem Menschen gegenüber blieb. Auf welcher Seite stand er?
"Bist du..", begann sie und wusste nicht recht, wie sie es formulieren sollte. "Gehörst du zu der Armee?", fragte sie dann direkt. Immerhin hatte er sie auch mit offener Neugier ausgefragt. "Du siehst so aus, als würdest du schon eine Weile hier sein." Wieso genau sie diesen Eindruck hatte, erklärte sie jedoch nicht. Sie wollte ihn weder auf seine dreckige, noch dem Wetter unangemessene Kleidung aufmerksam machen. Außerdem wirkte er für seine Lage recht unbekümmert. Oder täuschte das nur?

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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 9. November 2022, 22:51

Neriélle hatte ihre Lektion gelernt. Lernen müssen. Der Dunkelelf hat keine Stunde mit ihr verbracht und ihr dennoch so einige Informationen entlocken können. Einfach so. Es war für ihn gar keine Mühe gewesen, so sehr wie sie an seinen Lippen hing. Seine Art war freundlich, aufmerksam und… einlullend gewesen. Alles Berechnung, nicht wahr? Stimmte das denn? Oder ärgerte sie sich nur, weil sie nicht schneller dahinter gestiegen war, was das bedeutete? Ihre zweite – oder eher dritte Bekanntschaft, wenn man den Arzt dazuzählte, musste nun die Konsequenzen tragen. Nachdem Neri so einige Stunden Zeit gehabt hatte, wieder und wieder an die Zweisamkeit – die leider keine geworden war – zu denken, wollte sie den gleichen Fehler nicht zweimal machen. Der Mann vor ihr, in der anderen Zelle, schien jedenfalls augenfällig ein Leidensgenosse zu sein und auch seine Art wirkte mitunter… erfrischend klar. Er schien jedenfalls nicht die nächste Falle darzustellen, aber Neri blieb wachsam. Dennoch lockte das Gespräch mit ihm, denn viel mehr hatte sie auch nicht zu tun. Die Ablenkung war willkommen, bei dieser Kälte! Leider wehte der Wind ihr dennoch den nicht ganz so frischen Geruch des anderen herüber. Er musste wahrlich schon eine Weile hier sein. Oder ein Phobiker im Bezug auf Wasser. Oder Badewannen. Trotzdem ließ sich die Shyáner nicht beirren, sondern antwortete dem Unbekannten, auf seine Fragen. Er nickte, nachdem sie das Färben bestätigte und schnaubte kurz. „Ihr Baumknuddler und eure Farben…“, murmelte er eher in sich hinein, als wahrlich als Antwort für ihre Ohren bestimmt. Neri aber überging seine Frage nach dem Warum ihres Aufenthaltes und so antwortete er in einer Weise, die sie nicht ganz verstehen konnte. Er schien es zu bemerken, denn er setzte nach: „Ich hab‘ den Absprung nicht rechtzeitig gemacht.“, erklärte er für seine Begriffe verständig genug und winkte ab, sollte sie wieder nicht kapieren, was er sagen wollte. Er brauchte sich nicht zu erklären. Er war schon viel zu lange hier. Allerdings versuchte er auf Umwegen noch mal auf ihren Aufenthalt zu kommen, was bedeutend besser klappte:

"Ja, ich bin die Neue. Ich habe vor ein paar Wochen meine Heimat verlassen und bin erst heute Vormittag hier angekommen. Ich wollte eigentlich woanders hin und bin unbeabsichtigt auf das Lager gestoßen. Dann bin ich leider den falschen Leuten in die Arme gelaufen und auf die Füße getreten. Naja, mir wird kein Glauben geschenkt, dass ich wirklich nur durch einen Zufall hier gelandet bin. Jedenfalls bin ich nun hier und harre der Dinge, die noch kommen. Ich habe keine Ahnung, was er mit mir vorhat." „Er?“, hakte der Fremde gleich ein und zog eine Augenbraue hoch, als könnte er Neri an der Nasenspitze ansehen, dass sie sich hat überrumpeln lassen. Doch der Dunkelhaarige ritt nicht weiter darauf herum, sondern winkte ab. „Ja, so eine Scheiße passiert jedem mindestens einmal in seinem kümmerlichen Leben!“, maulte er und schien sich da auszukennen. „Oder meinst du, ich bin freiwillig hier, weil die Aussicht so toll ist? Oder der Anblick des Verrückten, der das ganze hier zu verantworten hat?!“, murrte er schroff und zog die Arme wieder zurück. Der Mann begann in seinem Käfig auf und abzutigern. Er blies sich in die Handflächen, um irgendwie die Kälte zu vertreiben. Neri konnte gut erkennen, dass er kleiner als sie sein musste. Denn im Gegensatz zu ihr, konnte er aufrecht im Käfig stehen, der aber die selbe Höhe aufwies, wie ihrer. Plötzlich sprang der Fremde hoch und griff mit beiden Armen durch die Quadrate an der oberen Seite der Zelle.
Er hielt sich daran fest, überkreuzte die Beine und zog sie dann in langsamen Bewegungen hoch. Dann ließ er seine Beine wieder sinken. Er… machte Sport! Mitten in einem Lager aus Feinden, in der eisigen Kälte. Würde Neri die Gitter berühren, würde sie die Kälte des Metalls spüren. Nichts, was man an den Fingern haben wollte. Die Elfe aber blieb neugierig und sie wollte gewiss nicht wieder in dumpfes Brüten abgleiten. "Bist du… Gehörst du zu der Armee? Du siehst so aus, als würdest du schon eine Weile hier sein., versuchte sie mal den Spieß umzudrehen und etwas zu erfahren, statt preiszugeben. Der Mann wandte nicht mal den Kopf, sondern zog sich beständig rauf und ließ sich wieder hinunter. Er war wirklich trainiert, das musste man ihm lassen! „Ob ich zu der Armee gehöre?“, schnaubte er und rollte die Augen. „Würde ich dann hier drin versauern?!“, meinte er kopfschüttelnd und beendete sein Satz mit den Klimmzügen. „Nee.“, meinte er und senkte sich auf den Boden. Er begab sich in eine Planke, stützte sich mit seinen Armen links und rechts auf dem Boden auf und senkte dann seinen Körper hinunter, um ihn mit kräftigen Stößen wieder hinauf zu katapultieren.

„Ich war in Zyranus. Wollte Handel treiben. Allerdings haben diese verbohrten Magiesäcke bedeutend besseres zu tun – ihre Worte, nicht meine! – und somit verliefen die Verhandlungen länger als geplant. Ich habe…“, er senkte sich wieder hinab zur Erde, doch kurz bevor er sie berührte, stemmte er sich wieder hinauf, „die Zeit verloren. Ich dämlicher Idiot! Jedenfalls waren meine Mitreisenden bereits auf und davon und ich?“, er lachte freudlos und beendete seine Übung. Er kam wieder auf die Beine und schnaufte kurzzeitig, bevor er sich ihr wieder zuwandte. Er lehnte einen Arm gegen das Gitter und stemmte die andere Hand in die Hüfte. Er sah verwegen aus, wie er so dastand. „Ich latsch direkt in dieses Lager.“, offenbarte er und ruckte mit dem Kopf zu Neri. „Wir sind quasi gleichfalls blöde.“, grinste er plötzlich und zeigte ihr weiße Zähne, unter dem Dreck im Gesicht. „Hast du den Anführer schon gesehen?“, wollte er von ihr wissen und deutete vage in die Richtung des schwarzen Zeltes. „Er sieht richtig eklig aus, sag ich dir. Meine Güte, was der auch immer hat. Gesund ist es nicht! Hab gehört, er wird immer wahnsinniger.“, plauderte er nun doch noch etwas mehr und weihte Neri ein.
Derweil widmete er sich nun den Kniebeugen und präsentierte dabei eine ordentliche Figur… und ein knackiges Hinterteil. Wenn man das durch die Hose beurteilen wollte. Vielleicht musste er ja irgendwann mal… Nun – wie auch immer. Der Mann beendete auch diese Übung und schüttelte seine Gliedmaßen – Arme und Beine, versteht sich – und streckte dann den Arm noch mal durch das Gitter, auf Neri zu. „Ich bin Arunn. Kannst auch Aru sagen, falls dir die Zeit fehlt.“, meinte er salopp und Neri könnte tatsächlich, wenn sie die Haut durch das Gitter schob, seine ergreifen, wenn sie wollte. „So.. du bist als dem falschen auf die Füße getreten? Wem denn?“, hakte er nach und hob eine Augenbraue. „Im Grunde muss man hier nur Dumm und Dusselig schief angucken. Dann landet man auch hier. Ich bin jetzt seit knapp 3 Wochen hier. Sie holen mich einmal täglich, damit ich im Lager Arbeiten mache. Oder ich soll deren schrottreife Waffen schmieden! Pah! Als ob das noch zu retten wäre!!“, rief er die letzten Worte wieder laut aus, als könne man ihn hören. Doch er zuckte die Schultern. „Eins sag‘ ich dir… lange geht das hier nicht mehr gut. Dieser Dreckshaufen wird noch Meutern, wenn diese Missgeburt aus dem Schlund des Harax nicht endlich mal Kante zeigt!“, motzte er und offenbarte einmal mehr, wie sehr er die wortgewaltigen Umschreibungen verwendete.
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Re: Ankunft

Beitrag von Neriélle » Mittwoch 16. November 2022, 15:20

„Er?“ Für einen Augenblick gefror Neris Mimik, als der Mensch nachhakte. Erst da fiel ihr auf, dass sie den Dunkelelfen indirekt erwähnt hatte. Doch glücklicherweise ging ihre Strategie, seinen Einwand zu ignorieren, auf. Der Mensch winkte ab und plauderte vor sich hin. Er betonte, dass er ebenso wenig freiwillig hier war wie sie, und erwähnte einen Verrückten. Neriélle hob fragend eine Augenbraue, aber kam nicht dazu weiter nachzufragen, da er plötzlich begann, in seiner kleinen Zelle Sport zu machen. Für einen Moment blieb ihr der Mund offen stehen, doch dann musste sie einsehen, dass das wohl keine dumme Idee war. Für ihn war das die einzige Möglichkeit, sich aufzuwärmen. Außerdem machte er sich damit alles andere als lächerlich. Im Gegenteil. Die Elfe konnte schnell feststellen, dass er athletisch und kräftig war. Sie folgte den Bewegungen seines Körpers, als er sich an den Stäben über sich festhielt und seinen Körper mehrmals in die Höhe zog.
Danach machte er Liegestütze, während er unentwegt redete, als würde es ihn keinerlei Mühe kosten. Auch hierbei verfolgten die goldenen Augen die Bewegungen des Menschen. Ein Schmunzeln huschte kurz über ihre Gesichtszüge, als sie daran dachte, wie ihr genau diese Übungen in der Vergangenheit misslungen waren. Für solche Aktivitäten besaß sie nicht genug Kraft und würde sich damit nur zum Narren machen. Daher blitzte so etwas wie Anerkennung in ihrem Blick auf. Er wiederum schien geübt zu sein, denn nebenbei erzählte er ihr noch, wie er in Gefangenschaft gelandet war.
„Ich war in Zyranus. Wollte Handel treiben. Allerdings haben diese verbohrten Magiesäcke bedeutend besseres zu tun – ihre Worte, nicht meine! – und somit verliefen die Verhandlungen länger als geplant. Ich habe die Zeit verloren. Ich dämlicher Idiot! Jedenfalls waren meine Mitreisenden bereits auf und davon und ich?“
Neri stand nur da, die Arme um den wärmenden Mantel geschlungen, und beobachtete, wie er sich wieder aufrichtete. Seine dunklen Haare fielen ihm in die Stirn und die Verwegenheit, die er ausstrahlte, als er dort stand, einen Arm gegen die Gitter gelehnt und die andere Hand in die Hüfte gestemmt, entging ihr nicht.
„Ich latsch direkt in dieses Lager. Wir sind quasi gleichfalls blöde.“
Sie konnte nicht anders, als sein Grinsen zu erwidern. Er hatte eine freundliche, einnehmende Art, die die frierende Elfe, die die letzten Stunden vollkommen alleine verbracht hatte, gut gebrauchen konnte.

„Hast du den Anführer schon gesehen?“
Neris Blick folgte seinen Bewegungen zu dem schwarzen Zelt und sie schüttelte den Kopf. "Nein, glücklicherweise nicht", kommentierte sie und lauschte seiner Beschreibung.
„Er sieht richtig eklig aus, sag ich dir. Meine Güte, was der auch immer hat. Gesund ist es nicht! Hab gehört, er wird immer wahnsinniger.“
Sie verzog bei seiner Beschreibung kurz das Gesicht und war tatsächlich froh, dass sie seine Bekanntschaft bisher noch nicht gemacht hatte. Die Bekanntschaft mit dem Dunkelelfen hatte ihr gereicht. Da brauchte sie nicht noch einen Verrückten, der ihr misstraute.
"Ich hoffe, die Bekanntschaft bleibt mir erspart. Was wollte er von dir?", fragte sie interessiert. Vielleicht konnte sie sich so schon einmal mental auf eine Begegnung vorbereiten. Auch wenn sie persönlich keinen Wert darauf legte, konnte der Anführer dazu andere Gedanken haben.

Ihr Mitgefangener begann nun Kniebeuge zu machen. Abermals konnte Neriélle feststellen, dass er einen muskulösen Körper besaß. Da sie nichts anderes zu tun hatte, blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als den Mann ganz genau in seinen Bewegungen zu beobachten und die Muskeln unter seiner Kleidung zu betrachten. Doch die Darbietung war schnell wieder vorbei. Er beendete seine Übung und streckte ihr die Hand entgegen.
„Ich bin Arunn. Kannst auch Aru sagen, falls dir die Zeit fehlt.“
Sie schaute zu seiner ausgestreckten Hand, dann griff sie ebenfalls durch das Gitter und umfasste sie. "Ich bin Neriélle.. Neri, wenn du es so eilig hast", schmunzelte sie, als sie seine Worte aufgriff.
„So.. du bist als dem falschen auf die Füße getreten? Wem denn?“ Sie zog die Hand zurück und winkte abermals ab. Er war aber wirklich hartnäckig. Seine freundliche Art und die lockeren Worte ließen ihre Abwehr jedoch zunehmend bröckeln. Offenbar war er ein Leidensgenosse, sie saßen im selben Boot, also.. "Was soll's..", sagte sie schließlich geschlagen. "Ich bin einem Dunkelelfen in die Arme gelaufen.. groß, weiße Haare, rote Augen.." Sie überlegte und zuckte dann mit den Schultern, als ihr klar wurde, dass vermutlich jeder zweite Dunkelelf so aussah. "Er hat mich 'freundlich' in sein Zelt geleitet.. Ich denke, dass er die Truppen führt. Zumindest hat er eine Karte von Zyranus und einige Figuren in seinem Zelt.. schwarze für die Armee und weiße für.. die Feinde." Das war zumindest das, was sie sich zusammengereimt hatte.
„Kriege werden am Tisch geführt. Nicht auf dem Feld“, schlichen seine Worte in ihrem Kopf herum. Sie schob sie ganz weit weg von sich.
"Ich weiß nicht, wie er heißt. Ich habe ihn Dunkelelf getauft und er hat zumindest kein Veto eingelegt. Ich habe noch eine offene Rechnung mit ihm", weihte sie Arunn ein.
„Im Grunde muss man hier nur Dumm und Dusselig schief angucken. Dann landet man auch hier. Ich bin jetzt seit knapp 3 Wochen hier. Sie holen mich einmal täglich, damit ich im Lager Arbeiten mache. Oder ich soll deren schrottreife Waffen schmieden! Pah! Als ob das noch zu retten wäre!!“
Neriélle horchte bei seinen Worten auf. "Schmieden?", wiederholte sie. "Du kannst schmieden? Das Zelt mit der Schmiede liegt genau neben dem des Dunkelelfen.. Kennst du ihn? Er hat meinen Bogen, meinen Köcher und mein Messer. Irgendwie muss ich meine Sachen wieder bekommen, bevor ich das Weite suche." Neriélle wollte die Hoffnung auf eine Flucht tatsächlich noch nicht aufgeben. Vielleicht wusste Arunn etwas über den Dunkelelfen, das ihr nützlich wäre? Sie war sich sicher, dass sie ihm noch einmal über den Weg laufen würde. Außer sie würde es schaffen, ihre Waffen unbemerkt aus seinem Zelt zu stehlen. Vielleicht mit Arunns Hilfe? Er konnte den nachdenklichen Klang in ihren Worten hören, so als würde sie sich schon einen Plan machen.
Die Worte über die Missgeburt aus dem Schlund des Harax überging sie dabei. In diesem Moment waren das nur weitere theatralische und übertriebene Worte aus dem Munde des allzu gern plaudernden Arunn. Man könnte auch sagen: Geschwätz. Die Tatsache, dass er täglich in der Nähe des Zeltes des Dunkelelfen arbeiten musste, hatte nun ihre volle Aufmerksamkeit.

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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Freitag 18. November 2022, 21:33

Es war eine willkommene Abwechslung, dem Neuankömmling dabei zu zusehen, wie er sich körperlich betätigte. Er schien es nicht mal deshalb zu machen, weil er Zuschauer hatte, sondern, weil er einfach nichts besseres wusste, um sich die Kälte zu vertreiben. So schien es ihm auch nichts auszumachen, dass er ganz nebenbei einen Plausch mit Neri hielt. Arunn zeigte, dass er nicht erst seit kurzem dafür sorgte, dass sein Körper fit blieb. Er vollführte die Übungen spielend und regte ein wenig Neriélle’s Gedanken an. Allerdings hatte die Begegnung mit dem weißhaarigen Dunkelelfen sie gewarnt und vorsichtiger werden lassen. Sie würde nicht mehr leichtfertig vertrauen, so viel stand fest. Arunn aber entpuppte sich als redseliger und aufgeschlossener Zeitgenosse. Zudem nahm er kein Blatt vor den Mund, sodass sie gleichzeitig erkennen konnte, dass er offenbar auch eine gefestigte Meinung vertrat. Vor allem im Bezug auf das Lager, die beiden Orks und dem Anführer. 3 lange Wochen, war der andere nun hier gefangen – was vielleicht auch beruhigend sein konnte. Ein schnelles Ende würde es wohl auch für Neri nicht geben. Allerdings waren solche Situationen nie beständig und von einem zum nächsten Augenblick, konnte sich alles ändern. Was Arunn nur bestätigte als er von dem Wahnsinnigen sprach, der das Lager anführte. "Ich hoffe, die Bekanntschaft bleibt mir erspart. Was wollte er von dir?". Der Dunkelhaarige verzog mit einem Mal den Mundwinkel, um sie mit einem kessen Lächeln, das durchaus auch charmant wirkte, anzulächeln. „Sie haben den Fehler gemacht, mich für das Essen einzuteilen…“, er grinste nun offen amüsiert. „Ist ihnen weniger gut bekommen!“, feixte er nun und stellte eine lapidare Art zur Schau, die nicht so recht zu seiner Lage passen wollte. Neri aber wurde von seiner Art infiziert, sodass sie sich vorstellte und seinen Witz verwendete. Er schnaubte, hatte aber ein amüsiertes Blitzen in den Augen, während er ihr die Hand schüttelte. „Willkommen, Neri! Es ist nicht unbedingt die beste Absteige am Platz, aber… es lässt sich überleben – wie du sehen kannst!“, begrüßte er sie noch mal offiziell. Nun war es aber an Arunn noch mal nach ihrer Begegnung zu fragen.

"Ich bin einem Dunkelelfen in die Arme gelaufen.. groß, weiße Haare, rote Augen.. Er hat mich 'freundlich' in sein Zelt geleitet.. Ich denke, dass er die Truppen führt. Zumindest hat er eine Karte von Zyranus und einige Figuren in seinem Zelt.. schwarze für die Armee und weiße für.. die Feinde. Ich weiß nicht, wie er heißt. Ich habe ihn Dunkelelf getauft und er hat zumindest kein Veto eingelegt. Ich habe noch eine offene Rechnung mit ihm" Arunn musterte Neri einen Moment und schürzte daraufhin die Lippen. „Meinst du so einen großen? Mit einer ‚Ich-schau-euch-allen-in-die-Seele‘ – Ausstrahlung?“, wollte er wissen und schien direkt ins Schwarze zu treffen mit seiner Umschreibung. Er und wirkte kurz nachdenklich, ehe er ihr erzählte, was so den lieben langen Tag sonst noch seine Aufgabe hier war. "Schmieden? Du kannst schmieden? Das Zelt mit der Schmiede liegt genau neben dem des Dunkelelfen.. Kennst du ihn? Er hat meinen Bogen, meinen Köcher und mein Messer. Irgendwie muss ich meine Sachen wieder bekommen, bevor ich das Weite suche." Der Dunkelhaarige blinzelte sie an. „Kenn ich. Gruseliger Typ. Der führt aber nicht die Truppen, der ist einer von den Magiern.“, meinte er und schnaubte noch mal unelegant. Er winkte ab und schaute zum Lager zurück. „Bei dem musst du vorsichtig sein. Ich glaube, der frisst auch kleine Kinder. Ach nee – tut ja schon der Wahnsinnige hier. Aber dann frisst er die Haustiere… ganz sicher.“, bemerkte er beiläufig, als wäre es das normalste und selbstverständlichste, auf der Welt. Arunn ließ sich hinreißen und schimpfte über die Zustände in dem Lager. Doch in Neri wuchs eine Idee, eine Hoffnung, dass sie ihm kaum noch zuhörte. Konnte sie seinen Zugang zu Schmiede nutzen? Gäbe es vielleicht eine Möglichkeit, dass sie ebenso Zugang erhielt und danach in das Zelt des Dunklen schlich? „Du willst also deine Sachen wiederbeschaffen?“, harkte er plötzlich ein als ihm klar wurde, dass Neri gar nicht an seiner Wortgewandtheit teilhatte. „Elfe – das wird ein heikles Unterfangen!“, mahnte er, ehe erneut ein keckes Grinsen auf seinen Wangen erschien: „Gefällt mir!“, sprach er dann enthusiastisch und schien tatsächlich ernst zu meinen, was er sagte. Er zog sie nicht auf. Arunn legte einen Unterarm über seine Brust, dass sich das Hemd spannte, und stellte den anderen Ellbogen auf, sodass er sich an das ungewaschene Kinn fassen konnte. „Mal überlegen, wie wir das anstellen sollen…“, sinnierte er laut und schritt in seinem Käfig langsam auf und ab. „Kannst du schmieden?“, fragte er sie und ging weiter. „Oder… nee, bist ´ne Elfe… du wirst sicher nur mit dem Bogen umgehen können…“, plapperte er weiter nachdenklich zu sich selbst. Dann wandte er seine Augen in ihre Richtung und verengte sie kurz. Er musterte sie von oben nach unten und wieder zurück. „Bist du kräftig?“, wollte er wissen und schien skeptisch. „Siehst nicht so aus.“, meinte er und schien dabei nicht mal besonders unfreundlich. Es war für ihn nur eine Feststellung. „Vielleicht… vielleicht, wenn du… hm… helfen könntest… ich könnte behaupten, dass du… mir zur Hand gehen müsstest… hm…“, dachte er weiter nach und schritt auf und ab. Bis seine Aufmerksamkeit kurz auf etwas anderes gezogen wurde. Arunn schaute zum Heerlager und runzelte für einen Moment die Stirn.
Am Rande des Lagers, unweit ihrer Position, huschten soeben drei Gestalten in eines der Zelte. Ein großer Dunkelelf wurde von… zwei Frauen?! Gestützt und in das Zelt verfrachtet. Hier brannte eine Laterne, sodass Schatten sichtbar wurden. Offenbar tuschelten diese miteinander, doch verstehen konnte man reingarnichts. Arunn musterte das seltsame Geschehen noch einen Moment, ehe er schnipste und sich ruckartig zurück zu Neri drehte: „Kannst du Magie?! Ist auch egal – sie müssen das nur denken. Dann können wir so tun, als würdest du die miserablen Schwerter magisch verbessern, dann kann ich dich in die Schmiede bringen – von dort musst du vermutlich selbst klarkommen. Die lassen mich, seit der Eintopf-Aktion nicht mehr aus den Augen… Dabei hab ich doch extra einige Scheißhauskuhlen ausgehoben…. Mit meinen bloßen Händen?! Sollte Strafe genug sein. Aber die sind ja sooo nachtragend!“, motzte er erneut und schüttelte den Kopf, als wäre das alles hier nur ein Witz.
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Re: Ankunft

Beitrag von Neriélle » Dienstag 22. November 2022, 09:19

Arunn schien zu wissen, welchen Dunkelelfen sie meinte. Den Großen mit der ‚Ich-schau-euch-allen-in-die-Seele‘-Ausstrahlung. Sie nickte bestätigend. Besser hätte sie ihn nicht beschreiben können. Sie musste unweigerlich an den Blick aus den roten Augen zurückdenken, der ihr einen Schauer über den Rücken gejagt hatte. Keinen eiskalten Schauer - oder nicht nur. Vor allem verwirrend. Als Arunn sagte, der Dunkle gehöre zu den Magiern, schaute sie überrascht auf. "Ein Magier?", wiederholte sie. War er ein Schattenmagier? Sie dachte an den Schattenmagier im Kapayu zurück, der Einzige, den sie bisher in ihrem Leben gesehen hatte. Die Schatten, die er erschaffen hatte, hatten eine ähnliche Anziehung auf sie gehabt, wie die Ausstrahlung des Dunkelelfen. Neri hatte sich dem magischen Schattenspiel nur sehr schwer entziehen können - ebenso wie dem Dunkelelfen. Ihr Herz begann für einige Momente schneller zu schlagen, als sie daran dachte, wie nah er ihr gekommen war und dass sie keinen Drang verspürt hatte, sich zu wehren. Ob der Dunkelelf auch solche Schatten erschaffen konnte und sie ihn deshalb, so ungerne sie es sich auch eingestand, so anziehend fand? Oder war das nur seiner generellen Aura geschuldet? Arunn indes war sich zumindest sicher, dass er gerne Haustiere futterte, und entlockte Neri so ein Schmunzeln zwischen ihren Grübeleien. Sie sollte aufhören, so viel über die zurückliegende Begegnung nachzudenken, beschloss sie. Das war Vergangenheit, die sie nicht mehr ändern konnte. Aber die Zukunft hatte sie in der Hand.

Ihr Mitgefangener hakte noch einmal ihre Absichten nach und Neriélle nickte bestätigend. Sie brauchte ihre Sachen und wollte sie wiederholen! Vorher würde sie keinen Fuß aus diesem Lager setzen.
„Elfe – das wird ein heikles Unterfangen! Gefällt mir!“
In Neris Augen blitzte es auf. Dem Dunklen Volk eins auszuwischen, schien ihm Belohnung genug zu sein, um an ihrem Unterfangen teilzunehmen. Ihr gefiel sein Enthusiasmus und er ließ es sich nicht nehmen, direkt Überlegungen anzustellen. Er fragte sie, ob sie schmieden könne, und auch wenn er sich die Frage im nächsten Moment selbst richtig beantwortete, schüttelte sie zur Bekräftigung kurz den Kopf. Ob sie kräftig wäre? Sie verzog kurz, gespielt verärgert, den Mund, als er auch das für sich verneinte. "Nicht ganz so kräftig wie du", bemerkte sie noch mit einem leichten Grinsen.
Dann äußerte er die Idee, er könnte behaupten, dass sie ihm in der Schmiede helfen musste. "Das ist eine gute Idee", sagte sie und strengte ebenso ihre grauen Zellen an, um einen Plan auszutüfteln. Sie würde vorgaukeln, ihn bei der Arbeit zu unterstützen, und sich dann davon schleichen, um ihre Sachen wiederzuholen. Aber mit was sollte sie ihm behilflich sein?
Auch Neri fielen die drei Gestalten auf, die, einer von ihnen in der Mitte gestützt, in eines der Zelte huschten. Die Elfe beobachtete die tuschelnden Gestalten und fragte sich, ob sie wohl auch gerade einen Plan gegen die Führungskräfte des Lagers schmiedeten. Aufgrund der dürftigen Essensrationen und der missmutigen Laune, die sie den Söldnern beim Durchqueren des Lagers im Gesicht abgelesen hatte, würde es sie nicht wundern, wenn hier und da jemand versuchte, einen Aufstand zu proben.

Plötzlich drehte sich Aru wieder zu ihr herum und präsentierte ihr seine Idee.
Ob sie Magie beherrschte? Bevor sie antworten konnte, redete er schon weiter, und die Elfe war abermals froh, dass er so gesprächig war. So konnte sie seiner Frage geschickt ausweichen. "Das ist eine fabelhafte Idee, Aru!", sagte sie ehrlich. "Die dummen Orks kaufen uns sicherlich ab, dass ich ihre Waffen mit Magie verstärken kann. Dann kann ich ab jetzt wohl die.. mhmm.. Runenmagie?", überlegte sie. Sie musste einige Momente darüber nachdenken, welche Magieart für diesen Schwindel geeignet wäre und da fiel ihr als erstes die Runenmagie ein. Doch.. "Ich weiß nicht, ob sie mir das abnehmen. Sagen wir einfach, ich bin ab jetzt die zauberhafte Schwertmagierin. Hoffen wir, dass sie nicht zu genau nachfragen."
Für den Moment wollte sie vor Arunn verschweigen, dass sie tatsächlich Magie beherrschte. Zum einen war sie sich sicher, dass diese Art der Magie nicht gut beim Dunklen Volk ankommen würde - und so gerne sie auch Arunns Plauderlaune schätze, wollte sie nicht riskieren, dass genau die ihr zum Verhängnis wurde und er ihre magischen Fähigkeiten herumposaunte. Außerdem würde sie nicht mit etwas prahlen, dass sie im Grunde nicht beherrschte. Sie nahm an, dass jeder andere Magier ihre mickrigen Zauber belächeln würde. Außer ihr Vater natürlich.
"Und sobald sich eine Gelegenheit ergibt, hole ich mir meine Sachen aus seinem Zelt und wir hauen ab." Neri war natürlich klar, dass da noch der ein oder andere Schritt für einen ausgefeilten Plan fehlte. Und dass es nicht so einfach werden würde, wie sie es gerade darstellten. Aber sie würden hier nicht faul herumsitzen und der Dinge harren, die da noch kamen. Es tat gut, zumindest einen Hauch davon zu verspüren, dass ihr Schicksal noch in ihren eigenen Händen lag.

Dann kam Arunn noch einmal genauer auf seine Essensaktion zu sprechen. Er beschrieb so bildlich, was er getan hatte, dass ihr bei der Vorstellung kurz übel wurde. "Das hast du getan!?" Ihr Ton klang angewidert und bewundernd zugleich. Dann musste sie lachen. Das Lachen löste für einige Momente die Anspannung in ihrem Körper, die sie seit der Ankunft in diesem Lager unbewusst gefangen gehalten hatte. Zum ersten Mal, seit sie hier war, kam die fröhliche Seite der Elfe zum Vorschein. "Versprich mir bitte, dass wir niemals Feinde werden, Aru. Das ist das Widerlichste, das ich je gehört habe", lachte sie, amüsiert bei der Vorstellung, wie die Dunkelelfen beim Essen geguckt haben mussten, als ihnen klar geworden war, mit welcher Zutat ihre Mahlzeit verfeinert worden war.

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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 23. November 2022, 11:56

Allein die Vorstellung, dass Arunn ihr bei ihrer Wiederbeschaffung helfen konnte, lenkte Neriélle von allem weiteren ab. So war es auch kaum verwunderlich, dass sie den Mitgefangenen etwas falsch verstand und davon ausging, dass er zuerst die Löcher für die Notdurft grub, bevor er dann den Eintopf machte. Allerdings war es etwas anders, wie er ihr nun auch klarstellte: „Was? Nee, Mäuschen, du hast mich falsch verstanden. Ich habe nicht… Oh Götter! Das wäre zwar Genugtuung gewesen, aber hätte wohl kaum die gleiche Wirkung erzählt. Die sind’s ja gewohnt, Scheiße zu fressen!“, brummte er und schüttelte die dunklen Haare. „Nee! Ich habe einfach einen Haufen Sennablätter in den Eintopf getan. Wirken stark abführend.“, grinste er mit ein wenig Stolz und stemmte die Fäuste in die Hüften, dass sich die Oberarme spannten. Er ließ seine kleine Rache einen Moment wirken, damit sie verstand und winkte daraufhin aber ab. „Ich musste zur Strafe… die Kuhlen dahinten am Waschplatz ausheben.“, brummte er weiter und schaute auf seine Hände. „Ohne Werkzeug.“, meinte er noch und man könnte kurz einen kleinen Knuff im Magen verspüren, denn immerhin hatte sie ihm die Hand gereicht… Zurück zum Thema. Arunn feixte Neri jedoch an und deutete vage auf das schwarze Zelt. „Er hat so getobt. Ich dachte, er würde mich auf der Stelle verschlingen. Aber… Ich bin dann doch zu unbedeutend, als dass mich der feine Herr Dämon persönlich aufsucht! Zum Glück würde ich behaupten. Allerdings war sein Heer für drei Tage außer Gefecht gesetzt.“, erklärte er weiter und lachte vernehmlich. „Waren jetzt harte drei Tage, bei all dem Ächzen und Stöhnen, doch das wars wert!“. Er fühlte sich auf jeden Fall sichtlich wohl, mit seiner Tat. Und hatte ganz sicher, ordentlich für Wirbel gesorgt. Neri durfte darauf hoffen, dass Arunn der richtige Mann für ihr Unterfangen war. Nun galt es, diese Idee noch ein wenig zu schleifen. Sie war zurückhaltend mit ihrer Wahrheit, ein wenig Lichtmagie zu beherrschen. Viel mehr war sie aber an der Finte an sich interessiert. Sie musste nicht wirklich zaubern können – sie konnte auch einfach so tun. Der Plan war geboren und wenn sie das Funkeln in Arunn’s Augen richtig interpretierte, dann hielt er eine ganze Menge davon. „In Ordnung, Liebchen. Pass auf – Dumm und Dusselig kommen …“, er wiegte den Kopf hin und her und schaute in den grauen Himmel, der immer mal wieder Schneeflocken verlor, „schätzungsweise zwei Stunden wieder. Dann beginnt allmählich das Abendessen und… weil ich da nicht mehr ran darf, kriege ich in der Zeit die Waffen, um sie auf Schäden zu überprüfen und dergleichen. Mir herzlich egal, ob die Zinken haben oder auseinanderfallen – aber was tut man nicht alles, für etwas Abwechselung und eine Aufgabe!“, plapperte er weiter. „Wenn Dumm und Dusselig mich holen, musst du vorschlagen, dass du helfen kannst. Ich werde so tun, als wollte ich das nicht – keine Sorge, das wird sie nur noch eher dazu bewegen, dich mitgehen zu lassen. Die beiden wollen mir eh immer etwas auswischen, daher… funktioniert das unter Garantie!“, zwinkerte er und rieb sich die kalten Hände. „Sei nur besonders nervig!“, gebot er und begann wieder in der Zelle auf und abzuwandern. Es war wirklich bitterkalt.

Die nächsten zwei Stunden gab es gar nicht viel zu tun. Das diffuse Licht aus dem Zelt, wo das Trio verschwunden war, warf immer mal wieder Schatten, wenn sie sich darin bewegten, aber hören konnten sie noch immer nichts. Gleichwohl verstärkte sich der Schneefall wieder, weshalb der Himmel dunkler wurde. Man gewann den Eindruck, dass es langsam Nacht würde, doch ging es gerade erst auf den Nachmittag zu. Auch wenn zwei Stunden, mit der Aussicht auf Freigang, gewiss nicht fiel wirkten, so zogen sie sich aber endlos hin. Hunger, Kälte und Langeweile verschoben sich zu einem zähen Klumpen aus vor sich hin tröpfelnden Sekunden, die einfach nicht verrinnen wollten. Arunn beschäftigte sich die Zeit über mit seinem Körper: Er wiederholte seine Übungen, sprach aber nicht allzu viel. Vielleicht dachte er bereits über die nächste Gemeinheit nach, die er dem dunklen Heer antun konnte. Auch wenn er gewiss irgendwann sein Leben verwirken würde. Doch Arunn war schlicht und ergreifend… tough. Er ließ sich davon ganz offensichtlich nicht beirren, sodass man den Eindruck gewinnen konnte, dass er vor gar nichts Angst hatte. Was davon stimmte, würde vielleicht die Zeit zeigen – und Neri’s Neugierde, wenn es sie denn interessierte. Nach etwas mehr als zwei Stunden, hörte Neri dann aber die schlurfenden Schritte der beiden Orks. Waren sie eigentlich verwandt? Sie sahen sich ähnlich… beide hatten Eierköppe und ein dümmliches Grinsen. Doch vielleicht war das ohnehin ein Merkmal von Orks. Woher sollte Neri das wissen. Dusselig, der hatte eine Zahnlücke, wenn er grinste, trat auf den Käfig von Arunn zu und fingerte ein schmiedeeisernes Schlüsselbund hervor. „Der nich‘“, begann er und zählte einen Schlüssel ab. „Der nich‘“, machte er erneut und schob einen weiteren beiseite. „Der nich‘“, erklang seine dumpfe Stimme, die nicht viel Potential auf Intelligenz verriet. „Der nich‘“, ging es weiter und Arunn warf Neri kurz einen vielsagenden Blick zu, dass sie bloß die Klappe halten sollte. Dann ging es weiter und weiter. Bis er ungefähr 10 Schlüssel abgezählt hatte, Arunn schon so einiges an Mimenspiel zur Schau gestellt hatte und sich vermutlich die halbe Zunge abgebissen hatte, um ihn nicht aus dem Konzept zu bringen. Offenbar kannte der Mann das Prozedere schon, denn er unterbrach ihn nicht. Dusselig hingegen hätte durchaus einfach den letzten Schlüssel nehmen können… denn eben jener öffnete mit einem leisen Quietschen die Tür zu Arunn. „Na? Wars mal wieder der elfte?!“, konnte er sich beim Hindurchtreten nicht den Kommentar verkneifen und seine Stimme troff vor Überheblichkeit. Wie oft er das wohl schon mitgemacht hatte? Sein Blick glitt dann zu Neri. Nun war ihr schauspielerisches Talent gefragt, wenn sie ihren Plan umsetzen wollte. Sie musste lediglich besonders überzeugend sein, denn Dumm und Dusselig bräuchten schon ein wenig mehr Starthilfe, um ihre stupide Arbeit auszuweiten.
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Re: Ankunft

Beitrag von Neriélle » Dienstag 6. Dezember 2022, 20:17

Neri war froh, dass sie Aru offensichtlich nur missverstanden hatte. Er stellte klar, dass er nur abführende Sennablätter ins Essen getan hatte und nicht andere Dinge, wie die Elfe es verstanden hatte. Da konnte sie gerade noch so das 'Mäuschen' überhören, mit dem er sie betitelte. "Da bin ich aber froh.. irgendwie", lachte sie erneut auf, wobei es ihr persönlich natürlich egal sein konnte, was genau in dem Essen der Dunkelelfen gelandet war. Sie konnte aber nicht abstreiten, eine gewisse Schadenfreude zu empfinden. Arunn erzählte weiter, dass der Anführer der Truppen und sein Gefolge für drei Tage außer Gefecht gesetzt worden waren. Ob es wohl eine Chance gab, etwas Ähnliches zu wiederholen, damit sie entkommen konnten? Sie würde es auf jeden Fall im Hinterkopf behalten und ihr gesamter Plan war so unausgereift - da würde mit Sicherheit noch Spontanität gefragt sein.
Neriélle hob eine Augenbraue, als er sie diesmal 'Liebchen' nannte. "Ich wusste gar nicht, dass wir schon so weit sind", kommentierte sie mit einem Schmunzeln. Bei anderen Männern und in einem anderen Tonfall hätte sie diese Verniedlichung vielleicht als Herabwürdigung wahrgenommen, aber Arunn konnte sie aufgrund seiner sympathischen Art verzeihen. Sie machte es einem einfach, nachsichtig zu sein. Er sagte, dass die beiden Orks in etwa zwei Stunden zurückkehren würden, um ihn für die Reparatur der Waffen zu holen. Dann solle sie ihre Hilfe anbieten und dabei besonders nervig sein. "Ich werde mir Mühe geben." Sie zwinkerte ihm zu und hoffte, dass die Zeit schnell vergehen würde. Es war bitterkalt und mit jeder Stunde, die verstrich, wurde es unerträglicher. Die Aussicht, sich wieder aufgerichtet und in voller Größe bewegen zu können, ließ die Zeit fast noch langsamer vergehen. Neri freute sich auf die Bewegung, die ihre Glieder wieder erwärmen würde. Mehr als einmal war die Elfe versucht, die wärmende Flamme aus Licht zu beschwören. Doch sie wollte keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie hatte keine Ahnung, was die Dunklen mit ihr tun würden, wenn sie davon erfuhren. Zumal sie die Lichtmagie nicht gut genug beherrschte, um damit etwas auszurichten.

In den folgenden Minuten beobachtete sie mal den Menschen bei seinen Übungen, mal die Schatten in dem Zelt hinter ihm. Mal trat sie lustlos gegen das Zellengitter oder fing die Schneeflocken auf und betrachtete sie detailliert, bis sie auf ihrer Handfläche schmolzen. In ihren Augen sahen die Flocken in den symmetrischen Mustern wunderschön aus.
"Na endlich", murmelte sie, als sie Dumm und Dusselig kommen sah. Voller Tatendrang wartete sie, bis Dusselig endlich bei ihnen war und die Tür zu Arunns Zelle auf schloss.. oder auch nicht. Ungläubig sah sie dabei zu, wie der Ork einen Schlüssel nach dem anderen abzählte, auf der Suche nach dem passenden.
Das kann doch nicht wahr sein, schoss es ihr durch den Kopf. Sie fing Arus Blick auf, der ihr bedeutete, den Ork nicht zu provozieren. Und sie schaute hilflos zurück und ihr Blick schrie förmlich: Dem muss man doch helfen!
Ihr Enthusiasmus verblasste immer mehr. Aber dann.. endlich! Er hatte den richtigen Schlüssel gefunden und die Tür öffnete sich quietschend.
„Na? Wars mal wieder der elfte?!“
Das wäre fast zu viel gewesen. Neri biss sich auf die Zunge, um den Ork nicht auszulachen. Das wäre keine gute Grundlage für ihren Plan. Mit viel Willenskraft gelang es ihr, den Lacher zu unterdrücken. Neidisch schaute sie Arunn dabei zu, wie er aus der Zelle trat. Nun war sie an der Reihe. Sie hatte genug Zeit gehabt, um sich auf ihren Augenblick vorzubereiten.
"Hey! Hört mal! Der Kerl hat mir erzählt, dass er eure Waffen in Ordnung bringen soll. Ich würde euch dringend raten, dass ihr mir ihm helfen lasst. Ich hab’ in meiner Heimat einiges über die Waffenkunde gelernt. Und ihr glaubt doch nicht, dass der Mensch hier allein dazu fähig ist. Ich kann mir vorstellen, dass manche Waffen nach seiner 'Reparatur' schlimmer aussehen als vorher und elfische Hände da genau die richtigen für wären." Das Wort Mensch betonte sie dabei so abfällig, wie es wohl auch manche Dunkelelfen und Orks gerne machten. Auch der Arzt des Lagers war ein Mensch, aber Neri war sich sicher, dass sie, auch wenn sie mit ihnen verbündet waren, dennoch ähnlich über diese Rasse dachten, wie sie nun vorgab. Sie hoffte, mit ihren Worten den richtigen Nerv der vor ihr stehenden Orks zu treffen.
Sie ließ Arunn Zeit, Widerspruch auf ihren Vorschlag einzulegen, unterbrach ihn dann aber vorzeitig wieder: "Ist mir schon klar, dass du keine Hilfe von einer Frau haben willst, Liebchen." Den kleinen Seitenhieb konnte sie sich einfach nicht verkneifen. "Aber wisst ihr was?", wandte sie sich an Dumm und Dusselig. "Ich kann etwas, das der da nicht kann.. Magie. Ja, wirklich. Ich kann eure Waffen magisch verstärken. Danach könnt ihr die Zyraner ganz leicht halbieren. Wenn ihr mich hier raus und dem da helfen lasst. Ihr werdet es nicht bereuen. Bestimmt seid ihr froh, wenn jemand Vernünftiges ein Auge auf ihn hat.. nach seiner Aktion mit dem Essen. Ich wette, ich werde in der gleichen Zeit doppelt so viele Waffen reparieren wie er und danach sind sie besser als vorher."
Die Elfe war so in ihrem Redefluss gefangen und darauf aus, die Orks von sich zu überzeugen, dass sie vermutlich noch weitere Minuten reden würde, würde man sie nicht bremsen.

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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 8. Dezember 2022, 00:16

Neri konnte es kaum erwarten. Jetzt wo sie die Aussicht auf eine Veränderung ihrer Lage hatte, trieben die Sekunden äußerst zäh dahin. Arunn schien seiner Ungeduld ein Schnippchen zu schlagen, denn er betätigte sich körperlich. Er war bereits seit 3 Wochen hier, da musste er eine Strategie entwickelt haben oder nicht? Wenn Neri drei Wochen in dieser Zelle verbringen würde und nur ein paar Stunden am Tag hinaus dürfte, hätte sie garantiert einen Buckel. Die Elfe war ein wenig zu groß für das geschmiedete Zwangszuhause und dementsprechend lechzte sie danach, sich endlich etwas ausstrecken zu können. Doch das beschleunigte die Zeit keineswegs. Sie war ein gemächlicher Fluss, der dann und wann von diesem und jenem angezapft, umgeleitet oder verkürzt wurde. Aber sie floss stetig dahin, ohne sich um die Belange der Lebenden zu sorgen. So musste Neri wohl oder übel Geduld lernen, wenn sie nicht mit ein paar grauen Haaren aus diesem Zeltlager spazieren wollte. Arunn selbst hatte das Gespräch eingestellt und hing seinen eigenen Gedanken nach. Einsamkeit konnte einige Seelen auch wunderlich werden lassen, doch davon hatte Neriélle bisher nichts mitbekommen. Er war etwas schrullig und kam ganz schön salopp daher, doch das machte ihn viel mehr sympathisch in den gelben Augen der Elfe. Offenheit und Authentizität waren zwei Eigenschaften, die Neri schätzte. Sie war selbst ebenso und fand vielleicht ein kleines Stück von sich in ihm. Woher kam er eigentlich? Er war auf jeden Fall kleiner als sie. Gut, war als Elfe jetzt nichts Ungewöhnliches. Dazu gab es das schwarze, inzwischen länger gewordene Haar, den vollen Bart, der gewiss nicht immer so ausgesehen hatte.
Arunn hatte diese blauen Augen, die durch seine leicht verdreckte Haut hindurchschienen. Er sah auf den ersten Blick wie ein grummeliger Muffelkopp aus, doch sein Mundwerk überzeugte dann doch. Ebenso seine offenkundige Art, sich trotz aller Schimpferei, in seiner derzeitigen Situation anzupassen. Er kannte seine Gefängniswärter offenbar gut, denn er foppte Dusselig nachdem jener den letzten Schlüssel des Bundes griff, um die Zelle zu öffnen. Was offenkundig nicht das erste mal in dieser Art und Weise passierte. Bevor die beiden Orks Arunn aber abführen konnten, warf dieser der Elfe einen vielsagenden Blick zu. Und Neri nutzte ihre Chance! "Hey! Hört mal! Der Kerl hat mir erzählt, dass er eure Waffen in Ordnung bringen soll. Ich würde euch dringend raten, dass ihr mir ihm helfen lasst. Ich hab’ in meiner Heimat einiges über die Waffenkunde gelernt. Und ihr glaubt doch nicht, dass der Mensch hier allein dazu fähig ist. Ich kann mir vorstellen, dass manche Waffen nach seiner 'Reparatur' schlimmer aussehen als vorher und elfische Hände da genau die richtigen für wären." Arunn hob eine Augenbraue und verschränkte die Arme. Im ersten Moment sah es so aus, als wäre ihr Auftreten entschieden zu… forsch. Der Dunkelhaarige wirkte beinahe pikiert, doch dann brach sein Gesicht auf und er lachte schallend. Es hatte sogar etwas Angenehmes, wenn man sich in eine Taverne dachte oder auf einer Familienfeier. Doch hier wirkte es irgendwie wahnwitzig. Dennoch brachte es Dumm und Dusselig dazu, zwischen den beiden hin- und herzuschauen. „Was, das sagst DU mir, Elfe?! Ich glaub du hast den Wald husten gehört!“, schnauzte er zurück und tippte sich mit dem Finger gegen die Schläfe. „Seht sie euch an! Die kann gar nichts. Sie hat ja nicht mal Schwielen an den Fingern, die beweisen würden, dass sie schmiedet!“, lenkte er ein und Dumm kratzte sich etwas verloren am Gesäß. „Schwie-len?“, wiederholte er und entlockte damit Arunn ein dummes Gesicht. „Ja, Mann… Du weißt schon?!“, er griff nach der Hand des Orks und zeigte ihm seine eigene Innenfläche. Sie wies definitiv Schwielen auf. „Schwielen, du Dumpfnase!“, Arunn schüttelte den Kopf und klatschte in die Hände. „Wo waren wir?! Achja, die Elfe will mir beim Schmieden helfen…- Guter Witz!“, verschränkte er die Arme und schüttelte ablehnend den Kopf.

Doch Neri ließ sich nicht aufhalten. "Ist mir schon klar, dass du keine Hilfe von einer Frau haben willst, Liebchen." „Das ist ja wohl…!“, protestierte er, doch Neri führte fort: "Aber wisst ihr was?“ „Nee…? Was denn…?“, kam es stumpf von Dusselig und unterbrach Neri kurz in ihrem Redeschwall. "Ich kann etwas, das der da nicht kann.. Magie. Ja, wirklich. Ich kann eure Waffen magisch verstärken. Danach könnt ihr die Zyraner ganz leicht halbieren. Wenn ihr mich hier raus und dem da helfen lasst. Ihr werdet es nicht bereuen. Bestimmt seid ihr froh, wenn jemand Vernünftiges ein Auge auf ihn hat.. nach seiner Aktion mit dem Essen. Ich wette, ich werde in der gleichen Zeit doppelt so viele Waffen reparieren wie er und danach sind sie besser als vorher.", setzte sie einen drauf und verhielt sich somit ganz nach Plan von Arunn. Dieser schnaubte abfällig und winkte mit beiden Händen ab. Er machte eine eindeutige Geste. „So ein Käse! Als ob! Das hab‘ ich ja noch nie gehört. Wenn das so einfach wäre Mädchen, dann würden es ja alle tun, nicht wahr?!“, hielt er dagegen und ihr wortgewaltiger -zumindest für die reichlich begrenzten Orks – Schlagabtausch, brachte die Köpfe der beiden Gefängniswärter zum Rauchen. „Ich weiß nicht Dumm… ich meine, Dudom“, verbesserte sich Dusselig und erntete einen tadelnden Blick des anderen Orks. Offenbar hatten sie eigene Namen – wen juckte es. „…Das wäre schon ganz… famos.“, Dumm-Dudom sah ihn verständnislos an. „Was?“, fragte er träge und Dusselig rollte die Augen. „Dass sie da“-, er deutete auf Neriélle mit seinem dicken Speckfinger, „..Magisch die Waffen der Krieger verstärken kann. Hast du nicht zugehört? Ich bitte dich, du bist ein anständiger, junger Ork. Verhalte dich bitte dementsprechend und versuche wenigstens ein wenig mitzuhalten.“, redete Dusselig weiter und Arunn sah man seine Verwunderung deutlich an. „Du kannst dich ja… ausdrücken, Dusselig?!“, meinte er etwas am Thema vorbei und sah zu dem Ork, der sich ihm zuwandte. „Was denkst du denn, Arunn? Meinst du, nur du kannst paraphrasieren und die Schläue in Gänze verbalisieren?“, erwiderte er hochgestochen und Arunn sah perplex zu Neri.
„Hörst du das auch oder sind mir die Ohren abgefroren?!“, wollte er wissen, ehe er sich erneut an den gar nicht so dusseligen wandte. „Ich bin beeindruck, Dusselig!“, bescheinigte er ihm und der Ork fischte aus seiner Gesäßtasche eine Brille, die er sich aufsetzte. „Mein Name ist Deideus Alanti Gabalius der Dritte. Und das ist mein Bruder Dumm..—Dudom! Entschuldige Dudo…“, knirschte er, weil er sich schon wieder versprochen hatte. Arunn pfiff durch die Zähne und nickte anerkennend. „Gut, wie auch immer – die Elfe bleibt hier!“, führte er das Gespräch wieder auf wichtigere Gefilde zurück. Dumm kratzte sich abermals am Gesäß. „Ich mache das allei“-, er wurde unterbrochen, als Dumm sagte: „Dafür kannst du nicht bis elf zählen. Ich schon…“, meinte er und begann langsam seine Finger abzuzählen. Dusselig-von-und-zu schürzte pikiert die Lippen. „Ich kann zwar nicht zählen und mir Dinge merken, aber ich kann lesen. Du kannst gar nichts!“, schnauzte er ihn an und schon hatten sich die Brüder in der Wolle. Oder im Leder. In den Klamotten – wie auch immer, sie zankten sich. Arunn hob eine Braue und sah zu Neri. Er hob die Schultern, ratlos was nun zu tun wäre. „Hey!“, griff er noch mal ein und pfiff auf vier Fingern, um sie zum Verstummen zu bringen. „Habt ihr’s bald mal? Könnt ihr das nicht nachher besprechen, wenn die Arbeit erledigt ist?!“, wollte er wissen und erreichte damit, dass Dumm und Dusselig tatsächlich aus ihrem Streit auftauchten. „Die Kleine kommt mit, du blöder Mensch aus Dessaria!“, blaffte Dumm ihn träge an und Arunn hob eine Augenbraue.

„Es ist keine Beleidigung, wenn es wahr ist, du Ochse!“, schnauzte Arunn zurück und zuckte die breiten Schultern. Dann aber trat Dusselig zu Neri an die Zelle, fischte nach seinem Schlüsselbund und…. Begann jeden… einzelnen….verdammten….Schlüssel… auszuprobieren. Und wärmer wurde es nicht! Es dauerte einen Moment, dann aber befand sich auch Neri wieder in Freiheit. Jedenfalls augenscheinlich. Sie lief neben Arunn her, flankiert von den beiden Orks und sie ließen die Zellen hinter sich. Der Weg gestaltete sich unaufgeregt. Keiner sagte etwas. Arunn hielt es für besser so zu tun, als wäre er beleidigt, während die Orks tatsächlich beleidigt waren. Neri und Arunn wurden beiden zu einem Zelt geführt, welches unweit des Zeltes lag, in dem sie auf unrühmliche Weise ihre Habe verloren hatte. Neri wurde nach Arunn in die provisorische Schmiede gestoßen, wobei Dumm sie lediglich leicht anschnipste und gar nicht viel Kraft brauchte. Ein kurzer Blick zum Zelt des Dunklen bescherte ihr die Erkenntnis, dass er offenbar nicht anwesend war. Das Zelt stand offen und aufgrund ihrer Position konnte die einen Teil des Schreibtisches erkennen und des kleinen Schränkchens mit den erlesenen Alkoholika. Bewegung war allerdings nicht erkennbar. Inzwischen war nicht mehr so viel zwischen den Zelten los, denn wie Neri wusste, trieb es die Soldaten nun nach und nach zum Essen. Allerdings, wenn sie geglaubt hatte, sie könne einfach in das Zelt des Dunkelelfen spazieren, irrte sie sich: Dumm und Dusselig standen vor der Schmiede und hatten einen ganzen Haufen an Waffen parat, die allesamt aufgehübscht werden mussten. Arunn indes griff sich bereits das erste Schwert und musterte es. Die Arbeit würde gemacht werden müssen und die beiden Orks hatten nicht den Eindruck erweckt, sich in nächster Zeit vom Acker zu machen….
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Re: Ankunft

Beitrag von Neriélle » Donnerstag 8. Dezember 2022, 19:55

Die Elfe stemmte die Hände in die Hüften und ihre Augen blitzten herausfordernd. Arunn stieg in ihren Schlagabtausch gekonnt mit ein. Die Elfe begann, Spaß daran zu finden und für einen Moment vergaß sie den Ernst ihrer eigentlichen Lage. Mit Genugtuung sah sie die nachdenklichen Blicke der Orks, die offenbar einige Nerven anstrengen mussten, um ihrem Gespräch zu folgen. Es hätte sie nicht gewundert, wenn aus ihren Ohren Qualm aufgestiegen wäre. Mit einem selbstsicheren und fast überheblichen Grinsen schaute sie zu Dusselig, der sich an den anderen Ork wandte.
„Ich weiß nicht Dumm… ich meine, Dudom“
Diesmal konnte sie ein belustigtes Grinsen nicht unterdrücken. Dumm-Dudom schien den Gedanken von Dusselig nicht folgen zu können und so musste er seinem Kumpel, für den sie ihn da noch hielt, abermals etwas nachhelfen.
„Dass sie da magisch die Waffen der Krieger verstärken kann. Hast du nicht zugehört? Ich bitte dich, du bist ein anständiger, junger Ork. Verhalte dich bitte dementsprechend und versuche wenigstens ein wenig mitzuhalten.“
Sie war ebenso überrascht wie Arunn von seiner Ausdrucksweise und als würde das nicht reichen, setzte Dusselig noch einen obendrauf.
„Was denkst du denn, Arunn? Meinst du, nur du kannst paraphrasieren und die Schläue in Gänze verbalisieren?
Neriélle fühlte sich fast wie in einem schlechten Buch und ihr blieb der Mund bei den Worten des Orks offen stehen. "Ich glaube, die Kälte hat uns krank werden lassen und jetzt sind wir in einem Fieberwahn gefangen", erwiderte sie auf Arunns Frage, ob ihnen die Ohren abgefroren waren. Die Elfe konnte aber nicht nur ihren Ohren nicht trauen, sondern auch nicht ihren Augen, als Dusselig auf einmal eine Brille aufsetzte und sich ihnen förmlich vorstellte.
„Mein Name ist Deideus Alanti Gabalius der Dritte. Und das ist mein Bruder Dumm..—Dudom! Entschuldige Dudo…"
"Ist das dein Ernst?", platzte es aus ihr heraus. Ehe sie über die Worte nachdenken konnte, waren sie ihr auch schon über die Lippen gekommen. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.. oder vor Lachen weinen sollte. Das Zusammentreffen ihrer vier wurde immer absurder. Arunn indes schien sich der Ernsthaftigkeit ihres Plans wieder als Erster bewusst zu werden.
„Gut, wie auch immer – die Elfe bleibt hier!“
"Pah, auf keinen Fall!", erwiderte sie trotzig. Doch die Orkbrüder, wie sie nun wusste, hörten ihnen schon gar nicht mehr zu, sondern begannen plötzlich, sich zu streiten, wer was am besten konnte. Neri verkniff sich zumindest dazu einen Kommentar, denn dazu hatte sie ihre eigene Meinung, die die beiden bestimmt nicht hören wollten. Hilflos erwiderte sie Arunns Blick und zuckte mit den Schultern. Am Ende war es der Gefangene, der die Wächter dazu brachte, den Streit beizulegen und sich auf ihr Gespräch zu konzentrieren.
„Die Kleine kommt mit, du blöder Mensch aus Dessaria!“
"Ha! Du solltest dein Gesicht sehen, du Tunichtgut!", platzte es triumphierend aus Neriélles Mund, froh, dass ihr Plan aufgegangen war. Tatsächlich durfte sie Arunn wahrscheinlich wirklich nur begleiten, weil der Ork Deideus-und-weiter-wusste-sie-nicht-mehr Arunn eins auswischen wollte.

Voller Vorfreude und auch aus Freude über ihren kleinen Triumph rieb sie die kalten Hände aneinander und schaute auf die Tür. Doch Deideus begann das Spiel des Schlüsselzählens von vorne.
"Ihr müsst euch da wirklich was überlegen", murmelte sie und lächelte unschuldig, falls Dusselig zu ihr aufsehen würde.
Doch endlich schwang auch ihre Zellentür quietschend auf und Neriélle trat in die gefühlte Freiheit. Sie stöhnte befreiend auf, als sie sich endlich wieder aufrichten konnte. Sie streckte den Rücken durch und schüttelte ihre Beine aus. Wie gut das tat!
Nun, da sie neben Arunn herlief, wurde der Größenunterschied zwischen ihnen deutlich. Sie war überrascht, wie klein er aus ihrer Perspektive war. Sie dachte an Deideus' Worte zurück, die offenbart hatten, dass Arunn aus Dessaria stammte. Sie überlegte eine Weile, doch viel fiel ihr zu der Stadt und ihren Bewohnern nicht ein. Sie glaubte, sich daran zu erinnern, dass die Stadt im Norden im Schattengebirge lag. Die Dessarier waren ein Bergvolk, handwerklich begabt und fleißig. Selbst die Kinder und Frauen mussten in den Minen arbeiten und sich in schweren Zeiten auf eigene Faust ihre Nahrung beschaffen. Das hatte sie zumindest einmal gehört. Was davon wahr war und was nicht, wusste Neriélle nicht. Sie hoffte, dass sie noch etwas Zeit mit Arunn verbringen konnte, denn am meisten erfuhr man über fremde Völker, wenn man mit ihnen sprach.

Bald schon waren sie bei der provisorischen Schmiede angekommen und suchend ließ Neriélle den Blick schweifen, bis sie glaubte, das Zelt des Dunkelelfen wiederzuerkennen. Ja, da war es. Sie konnte einen Blick auf den Schreibtisch erhaschen, an dem ihr der Fremde so verboten nah gekommen war. Plötzlich bekam sie jedoch Zweifel. Das Zelt stand offen. Hatte der Dunkelelf ihr Hab und Gut wirklich einfach dort liegen lassen? Wäre es so einfach? Ihr Bogen war von sehr guter Qualität, gebaut von den besten Bogenbauern in Shyána. Vielleicht hatte er ihn auch mitgenommen oder gar weitergegeben? Der Bogen war eine anständige Waffe. Bei dem Gedanken, dass er nun von einem beliebigen Dunkelelfen benutzt werden würde, fühlte Neri Wut in sich aufsteigen. Nein, der Bogen war sicherlich noch auf dem Tisch, versuchte sie sich zu beruhigen.
"Da ist es", flüsterte sie Arunn zu und nickte mit dem Kopf zu dem offen stehenden Zelt.
Dann wurden sie unsanft in die provisorische Schmiede geschubst. Neri grummelte wortlos und strich ihren Mantel glatt. Wenigstens war es hier etwas wärmer.

Sie schaute zu Dumm und Dusselig - sie fand ja, dass diese Namen viel eingängiger waren, als ihre richtigen - und stellte fest, dass sie den Ausgang bewachten. Auch das hatte sie sich einfacher vorgestellt. Wenigstens waren nur noch wenige Elfen, Menschen und Orks in dem Lager unterwegs.
"Jetzt müssen wir nur noch auf eine gute Gelegenheit warten", flüsterte sie Aru zu und beobachtete ihn dabei, wie er das erste Schwert in die Hand nahm. Neri wollte es ihm gleich machen, doch während Aru das Schwert offenbar mühelos mit einer Hand hielt, merkte Neri schnell, dass sie beide Hände benötigte. "Bei Phaun", murmelte sie überrascht über das Gewicht. Ihr war nicht klar gewesen, dass Schwerter so schwer waren - oder sie so schwach. Sie versuchte, sich einige Handgriffe bei Aru abzuschauen und beschäftigt zu wirken, falls ihre Bewacher zu ihnen schauen sollten. Gleichzeitig behielt sie eben jene und den Zelteingang im Auge, stets darauf wartend, dass sich eine gute Gelegenheit bot, sich hinaus zu schleichen.
"Du stammst aus Dessaria? Kannst du mir mehr über deine Heimat erzählen?", begann sie bald ein Gespräch, um die Zeit zu überbrücken. Außerdem interessierte es sie ehrlich und sie wollte wirklich mehr darüber wissen.

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Re: Ankunft

Beitrag von Erzähler » Sonntag 11. Dezember 2022, 12:13

Tunichtgut?!, formte Arunn mit den Lippen und machte ein theatralisches Gesicht, als hätte Neri ihm soeben einen Dolch ins Herz gerammt. Dies geschah alles lautlos und Dumm oder Dusselig bekamen davon nichts mit. Doch ihr Plan ging auf. Nicht nur, dass sie es schafften, dass Neri mit in die Freiheit durfte, nein, sie erfuhren sogar noch ein wenig über Dusselig! Und der Ork war offenbar verkannt! Wobei er diese Erkenntnis gleich wieder zunichte machte, als er begann die Schlüssel abzuzählen. Nerielle’s Kommentar quittierte er mit einem vielsagenden Blick über die Ränder seiner runden Brille, ehe er weitermachte. So dauerte es och zähflüssige Sekunden, bis Neri endlich den Rücken durchstrecken konnte. Himmel, war das ein gutes Gefühl! Erst jetzt fiel ihr auch der Größenunterschied zu Arunn auf. Der Dessarier war einen guten Kopf kleiner als sie. Der kleine Spaziergang verlief ereignislos und Neri konnte feststellen, dass Arunn nicht übertrieben hatte als er erwähnte, dass die Soldaten bald zu Abend essen würden. Wer auch immer die Speisen nun kredenzte: Sie schienen danach wenigstens nicht kollektiv die Kloaken aufsuchen zu wollen! Während sie also ihren Weg gingen und das typische Geräuschensemble sich im Lager etwas gewandelt hatte, dachte Neri über das Volk der Dessarier nach. Sie klaubte in ihrem Hinterstübchen so einiges zusammen und erinnerte sich hier und dort an Karten oder kurze Berichte über das Bergarbeitervolk. Doch was waren schon Notizen, wenn man einen waschechten Bergbauer neben sich hatte! Die provisorische Schmiede war schnell gefunden. Dumm und Dusselig blieben trotz ihrer Einfältigkeit stets wachsam hinter ihnen und eine Flucht hätte zu diesem Zeitpunkt ohnehin keinen Sinn gemacht. Auch wenn die Soldaten sicherlich derzeit Nahrung im Sinn hatten, würden hier und dort keine Grandessaner davor zurückschrecken, kurzen Prozess mit den Gefangenen zu machen. Die Moral war ohnehin niedrig und die Waffen schnell bei der Hand. Doch glücklicherweise kamen weder Arunn noch Nerièlle auf den Gedanken, sich an einer wilden Verfolgungsjagd zu versuchen. Brav folgten sie den scheinbar immer gleichen Pfaden, die kaum einprägsam sein konnten, bis sie vor der Schmiede standen. Neri konnte hier erkennen, dass sich diese Schmiede lediglich aus einem Amboss, einem Bottich mit dreckigem Wasser und einer Feuerstelle zusammensetzte. Weiter hinten im Zelt gab es noch einen in die Jahre gekommenen Schleifstein, doch das war es dann auch schon. Hier würde man gewiss keine hervorragende Handwerkskunst bewundern können, doch Arunn schien das vorerst zu reichen. Während Neri noch von ihrem Bogen träumte, hatte der Dunkelhaarige bereits das erste Schwert in der Hand. Er prüfte es mit geübten Blick, ehe er zu Neri sah. Sein Blick folgte ihrem Raunen und er nickte langsam. „Sieht leer aus… aber du wirst dennoch nicht schaffen, dort hinzugehen.“, versicherte er ihr und hielt die Schwertklinge ins Feuer, welches gerade nach dem Frieren in den Zellen, mehr als einladend war.

Neri’s Entdeckung, wie schwer so ein Schwert ist, kommentierte er mit einem breiten Grinsen. „Baumknuddler halt…“, foppte er sie leise und nur halbernst. Arunn tat so als müsste er sich auf das Flambieren des Schwertes kümmern, bedeutete Neri aber sich zu ihm zu gesellen, damit sie leise miteinander reden konnten: „Dumm und Dusselig stehen da meistens die Hälfte der Zeit. Irgendwann wird ihnen langweilig, dann gehen sie ‚wichtige Dinge tun‘ und kommen zurück. Ich schätze, da hättest du ein Zeitfenster von vielleicht ein paar Minuten.“, murmelte er und drehte die Klinge in der Glut, damit das Material weicher wurde. Erst dann könnte er es bearbeiten, wobei man sagen musste, dass der Heerführer hier wirklich keinen Wert auf Qualität setzte. Das Feuer musste wirklich heiß sein…das hier reichte gerade eben so, aber es dauerte. Arunn zeigte, dass er durchaus wusste, was er zu tun hatte. Seine Handgriffe wirkten routiniert, lässig und nach dem fünften Schwert, das er betrachtet und gegebenenfalls bearbeitet hatte, begann der Mann hier und dort mit kleinen Kunststücken, die Neri durchaus imponieren sollten. Mal balancierte er den Griff eines in die Jahre gekommenen Ork-Schwertes auf dem Finger, mal wirbelte er das Metall durch die Luft und fing es mit der Hand im Rücken wieder auf. Dabei zwinkerte er Neri zu oder lächelte selbstbewusst. Allerdings war es eben auch so, dass Neri keine Gelegenheit bekam, sich um ihre Habe zu kümmern. Die Orks standen vor dem Eingang und wenn sie nicht erneut festfrieren wollte, musste sie wohl helfen. “Du stammst aus Dessaria? Kannst du mir mehr über deine Heimat erzählen?“ Der Dunkelhaarige sah sie kurz von der Seite her an. Dann widmete er sich wieder seiner Arbeit. Ganz offenbar hatte er sich ebenfalls darauf gefreut, dieser nachkommen zu können, so kleinteilig sie auch sein mochte. Wenn man so lange wie er Gefangener war, freute man sich über ein kleines bisschen ablenkende Routine. Neri hatte einen Vorgeschmack bekommen, auf die Langeweile, die einen ereilen konnte. Da war jede Aufgabe ein wahres Geschenk!

„Dessaria ist ein absolutes Drecksloch. Aber ich liebe es!“, brummte er genauso freischnauze, wie sie ihn bisher kennengelernt hatte. „Du erschaffst mit deinen eigenen Händen Dinge, gräbst dich tief in den Berg, holst mit Muskelschmalz und unter Einsatz deines Lebens die Erze heraus, um sie dann zu etwas Wunderschönem zu formen!“, schwärmte er regelrecht und Neri durfte eine weitere Seite an ihm entdecken: Eine herbe Romantik, die nichts mit schönen Blumen oder Kerzenschimmer gemein hatte. Aber so wie er von der Bergstadt sprach, war sie doch sein Alles. „Die Dinge in Dessaria sind reell. Einfach. Du schürfst Erze und Gestein, du verarbeitest sie, du verkaufst deine Ware, du hast Essen auf dem Tisch. Ganz einfach. Keine Schnörkel, keine Machenschaften, keine Schlitzohren.“, das letzte Wort betonte er wieder ganz bewusst lauter, erntete aber nur ein Schnauben von draußen. Arunn zeigte ihn den einen oder anderen Kniff, erklärte ihr leise etwas, während er lauter darüber motzte, dass sie gar nichts konnte! Sie mussten schließlich ihre kleine Tarnung aufrechterhalten, dass sie einander lieber an den Hals gingen. Während Neri das nächste Schwert vom Stapel nahm, tat sich endlich etwas vor dem Zelt: „Dudom! Ich werde jetzt nachsehen, ob er neue Anweisungen hat. Du wartest hier.“, erklärte Dusselig seinem Bruder, doch der schnaufte grunzend. „Wieso du? Ich gehe!“, Arunn brummte in Neri’s Rücken: „Und los geht’s… das wird deine Chance“, ehe er ihr das genommene Schwert abnahm und dabei leicht ihre Finger berührte. Dabei wirkte es aber nicht so als hätte er das mit besonderer Absicht gemacht. Trotzdem, die Berührung… hatte irgendwie was. Wie auch immer: Dumm und Dusselig stritten sich noch, wer denn am ehesten geeignet wäre, zu gehen, als sie sich darauf einigten, beide zu gehen. Und ohne noch mal einen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie eigentlich Neri und Arunn beäugen sollten. Die Luft war rein. „Dann wohl jetzt“, gab Arunn das Kommando, würde selbst aber da bleiben. Hier war er in seinem Element, zumindest diesem ein Stück näher. Neri bekam also die Gelegenheit, sich nun an das Zelt des Dunklen heranzuschleichen. Von ihrer Position aus, konnte sie nicht erkennen, ob er ihre Sachen fortgeschafft hatte oder nicht. Sie musste aufpassen, ob die Luft rein wäre, ehe sie das Schmiede-Zelt verlassen konnte. Doch das Glück war Neriélle nicht hold: Schon im ersten Impuls, als sie ihre Nase aus der Zeltplane steckte und sie es wagen wollte, den Weg zum anderen Zelt aufzunehmen, sah sie in ihrem linken Augenwinkel einen dunklen Schatten. „Wohin?“, kam die dunkle Stimme über sie hinweggespült und bescherte gleichermaßen eine Gänsehaut.

Mit einem Blick zur Seite bestätigte sich der schlimme Verdacht: Der Dunkelelf. Er stand lässig neben dem Zelt der Schmiede und hatte die Arme verschränkt. Seine Muskeln spannten sich unter der schwarzen Haut und trotz des Lederharnisch, machten er keinen Hehl daraus, was unter ihm lauerte. Rote Augen ruhten auf der Elfe und bedachten sie mit einem Blick, der einer Mischung aus Lauern, Belustigung und Berechnung glich. Eine Feuerschale unweit ihrer Position, die derzeit unbesetzt war, warf Schatten auf seine Linke, sodass er zusätzlich in ein schmeichelndes Licht getaucht wurde. Seine Ausstrahlung war einnehmend und gleichzeitig wollte man nicht in seiner Nähe bleiben. „Falls du deine Sachen suchst…“, spitzte er scheinbar amüsiert seine furchtbar leckeren Lippen, „die verwahre ich sehr gut in meiner… Nähe.“, offenbarte er mehr als zweideutig und öffnete seine Arme. „Und jetzt… ab mit dir“, er nickte scheinbar ihr zu, doch Neri spürte augenblicklich Dumm und Dusselig hinter sich, die sie links und rechts am Arm packten. „Es war mir eine Freude, Neriélle aus Shyána Nelle!“, brummte er und bedachte sie mit einem weiteren Blick, der Knie weich und Herzen höherschlagen lassen konnte. Oder einem das Blut in den Adern gefror – so genau wusste man das bei ihm nicht zu sagen. Während Dumm Neri festhielt, kam Dusselig mit Arunn zurück. Der Schmied bedachte die Elfe mit einem fragenden Blick, dann fiel seiner auf den Dunklen. Missmut trat in sein Gesicht. Der Dunkle nickte ihm nur ungerührt zu. „Schafft sie zurück!“, befahl er kühl und Arunn begann zu zappeln. „Du Mistgeburt aus dem Arsch einer Harax-Hexe!“, offenbar wurde der Dessarier durch Neri’s Initiative um einige Stunden Freiheit gebracht. Doch es nützte nichts… Es ging zurück und nur einige Schimpftiraden durch Arunn später, waren er und Neri wieder in den Zellen. Das ging nach hinten los.

Neri beginnt ein Zwischenspiel mit Sarin Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen
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