In den Gassen der Stadt

Diese wunderschöne Stadt liegt im Südwesten im Ödland. Sie besitzt einen riesigen Hafen und ist eine der größten Handelsstädte. Die Bewohner sind der großen Hitze Herr geworden, denn die Gebäude spenden im Inneren angenehme Kühle.
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In den Gassen der Stadt

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 4. April 2024, 09:43

Neri kommt von: Im lachenden Kamel

Tatsächlich hatten sich die Gassen mit dem Voranschreiten der Sonne am Himmel weiter etwas geleert. In diesem Teil der Stadt kehrte Ruhe ein, während im Hafen der Bär steppte. Man konnte die unzähligen Gäste und das Stimmenwirrwarr als dumpfes Gebrumme hören, gerade wenn man, wie Neri Elfenohren besaß. Allerdings drängte sich hier nicht mehr alles dicht an dicht und so konnten Neri und Mall ganz komfortabel den Weg im langsamen Tempo in Richtung Arrond’s Haus anstreben. „Darf ich dich etwas fragen, Neriélle?“, ergriff dann Mall irgendwann das Wort. Der Wind blies eine leicht salzige Note durch die Gasse, in der sie sich befanden und trug gleichzeitig etwas süßliches mit sich vom Hafen her. „Möchtest du Lichtmagie eigentlich anwenden? Oder ist es eher so, dass das durch deinen Vater kommt?“, wollte Mall wissen und betrachtete sie von der Seite. Ihnen kam eine Gruppe Kinder lachend und rennend entgegen, denen sie für einen Moment ausweichen mussten. Kurz darauf waren sie wieder hinter der nächsten Ecke verschwunden. Dann tauchte ein etwas dickerer Junge auf, der mit rotem Kopf nicht so schnell war, wie die anderen. Er keuchte und ächzte. „Manno…“, maulte er unzufrieden, weil er seine Freunde nicht einholen konnte. Nach einer kleinen Pause lief er wieder trottend los und bemühte sich trotzdem darum, mitzuspielen zu können. Mall sah ihm nach und lächelte gutmütig. „Weißt du, ich habe in Zyranus viele erlebt, die unbedingt etwas wollten, aber… gar nicht wirklich dafür brannten, verstehst du?“, sprach Mall weiter und versuchte auf etwas hinauszukommen, was allerdings plötzlich durch einen Aufschrei aus vielen Kinderstimmen unterbrochen wurde. Mall’s Kopf fuhr herum, als die ganze Kinderschar wieder an ihnen vorbeilief. Dieses Mal aber wirkten sie nicht ausgelassen, sondern verängstigt.
Sie rannten vor etwas davon! Mall runzelte die Stirn. „Was ist los?“, fragte die Frau, doch die Kinder hörten sie gar nicht. Sie liefen an den Frauen vorbei zurück in die entgegengesetzte Richtung und verschwanden zwischen den Häusern der Stadt. Mall warf Neri einen fragenden Blick zu, dann hielt sie inne, machte kehrt und folgte dem Weg zurück, um um die nächste Ecke zu sehen. Sie schlug die Hände vor das Gesicht und streckte gleich darauf die Arme aus, um nach etwas zu greifen, was Neri noch nicht sehen konnte. Schon hatte sie den Pausbäckigen im Arm, der wimmernd und schluchzend sein Gesicht verbarg. Sofern Neri ebenfalls einen Blick in die Gasse war, würde sich wieder dieses seltsame Kribbeln bemerkbar machen, das sie bereits in der Taverne gespürt hatte. Denn dort in der Gasse lag eine junge Frau, die mit weit aufgerissenen Augen und blutüberströmt dalag.
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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Neriélle » Donnerstag 4. April 2024, 14:45

Leider hatte sie dem Andunier nicht direkt hinter die Stirn gucken können, um sein wahres Naturell zu erkennen. Er war selbstsicher, charmant und wirkte im ersten Moment sympathisch, weshalb sie sich gerne auf diesen Tanz mit ihm einließ. Mehr beabsichtigte Neriélle dann aber doch nicht. Als er sich über ihre Herkunft lustig machte, hob sie noch eine Augenbraue und schob es seinem übermäßigen Alkoholgenuss zu. Auch Arunn hatte sie schon als Baumknuddlerin betitelt und vielleicht besaß Lesano ja einen ähnlichen Humor und drückte sich gerade nur unglücklich aus. Tatsächlich aber war er wohl doch nur ein überheblicher Kerl, der seine Grenzen nicht kannte und sich einfach nur etwas Erleichterung verschaffen wollte. Vielleicht war es also auch seine plumpe und lüsterne Art, die Neri schneller hellhörig werden ließ. Ein alarmierendes Gefühl stieg in ihr auf und so gerne sie sich auch auf neue Abenteuer jeglicher Art einließ, verließ sie sich voll und ganz auf ihr Bauchgefühl, das sie Abstand von Lesano nehmen ließ. Sie empfahl ihm, zu seinen Freunden zurückzukehren und erntete dafür einen flammenden Blick, der einen unwohlen Schauer in der Elfe auslöste. Sie entzog ihm ihr Handgelenk, als er danach griff, und wurde eine Spur deutlicher. Immerhin ließ er sie los und als sie sah, wie sich seine Gestalt anspannte, tat sie es ihm reflexartig gleich. Sie kannte ihn nicht und deshalb konnte sie ihn nicht einschätzen, was durchaus eine gewisse Angst in ihr weckte. Auch wenn seine Kumpels hier waren, wusste sie doch nicht, ob die Gruppe ihn aufhalten oder zu ihm halten würde. „Das wird dir leidtun!“, entfuhr es ihm und er gab seine Haltung auf, woraufhin sich Neri ebenfalls etwas entspannte. Offenbar hatte er es endlich verstanden und ließ es gut sein. "Oh, bitte", schnaubte sie, nun wieder etwas mutiger und abschätzend, als könnte er ihr gar nichts anhaben. „Ich bin schon mal los! DAMPF ablassen!“, informierte er seine Freunde, während Neri an Ort und Stelle stehen blieb. Mit mahlenden Kiefer starrte sie Lesano an und beschloss, diesem lieber nicht den Rücken zuzuwenden. Sie erwiderte seinen funkelnden Blick herausfordernd mit gerecktem Kinn und zu ihrer Überraschung war er auch noch so frech, sie anzurempeln. Im letzten Moment wich sie noch etwas zur Seite aus, sodass er sie zumindest nicht stark von den Füßen rempelte. Während er an ihr vorbei stampfte, drehte sich ihr Körper zu ihm um, um ihm im Auge zu behalten. "Nimm' es nicht persönlich", meinte sie zuckersüß in seinem Rücken und verdrehte dann die Augen, als die Tür knallend zurück ins Schloss fiel.
Neri schaute zu Mall, die neben sie getreten war. „Alles in Ordnung, Neri?“ Sie nickte. "Ja, er war nur aufdringlicher als erwartet. Die Arme, die sein Ego aufpolieren muss", murmelte sie mit einer Spur Widerwillen in der Stimme. Sie ging davon aus, dass er mit seiner Art heute keine Frau mehr um den Finger wickeln würde. Sie konnte nur hoffen, dass er eine fand, die es genauso nötig wie er hatte und dass er nicht eines der Freudenmädchen belästigte. „Unheimlicher Kerl. Gut, dass du den losgeworden bist. Ich dachte, er wollte lediglich etwas Spaß…“ Die Elfe brummte zustimmend, bevor sie ein wenig grinste. "Ohja, das wollte er. Aber nach diesem Spaß steht mir gerade nicht der Sinn." Dann zuckte sie die Schultern. "Egal, vergessen wir den Kerl", beschloss sie und hakte das Thema damit ab. „Na komm, Neri. Es ist langsam Zeit für mich, zu gehen. Wenn ich noch ein Glas Wasser trinke, platze ich!“ Neri lächelte sie aufmunternd an und registrierte, dass Mall zumindest versuchte, ihre Schwermut abzulegen. "Vielleicht können wir beide noch etwas Spaß haben, bevor wir uns bei Arrond treffen?", schlug sie vor und sah sie erwartungsvoll an. "Wir sind in den besten Jahren", fügte sie an und zwinkerte ihr zu, als wäre das Grund genug, sich nicht zu lang mit den traurigen Dingen des Lebens zu beschäftigen und es auch mal zu genießen.

Als sie die Taverne kurze Zeit später verließen, holte Neriélle tief Luft. Sie war froh über den Ortswechsel und die frische Luft. Mit dem Verlassen der Taverne hatte sie auch Lesano vergessen und dachte nicht länger über den Mann nach. Er war nicht der erste Kerl, den sie abservierte und da es nicht ihr Ego betraf, beschäftigte es sie auch nicht länger. Sie bemerkte, dass die Straßen nun viel leerer waren als noch vorhin, als Arrond sie hierher gelotst hatte. Sie war froh um Malls Begleitung. Durch die Geräusche der Feiernden, die sie als Hintergrundgeräusch wahrnahm, hätte sie vermutlich zum Zentrum des Festes und damit zum Hafen gefunden - falls sie noch Zeit hätten und die Magierin sie tatsächlich dorthin begleiten würde. Sie hatte aber keine Ahnung, wo Arronds Haus lag. Neriélle schaute sich gerade um und versuchte, ein ihr bekanntes Haus oder etwas anderes auffälliges auszumachen, das als Orientierung dienen könnte, stellte dann aber fest, dass die Massen an Feiernden und ihr Gespräch mit Arrond sie vorhin vollkommen abgelenkt hatten.
„Darf ich dich etwas fragen, Neriélle?“, fragte Mall plötzlich. Die Angesprochene warf ihr einen kurzen Blick zu. "Sicher", meinte sie freundlich und offen für ein Gespräch. Möchtest du Lichtmagie eigentlich anwenden? Oder ist es eher so, dass das durch deinen Vater kommt?“ Da schaute Neri abermals zu der Magierin und diese konnte ihr ihre Verwunderung ansehen. Mit solch einer Frage hatte sie nicht gerechnet. "Gute Frage." Und offenbar auch noch nie ernsthaft darüber nachgedacht. Das tat sie nun einige Augenblicke, während ihnen eine Schar Kinder entgegen gerannt kam. Neri machte ihnen Platz und näherte sich dann wieder Mallahall, als sie an ihnen vorüber gelaufen waren. "Ich habe wirklich viele Jahre damit verbracht, die Lichtmagie zu erlernen. Am Anfang wollte ich das auch..", begann sie und runzelte überlegend die Stirn. "Es weckte meinen Ehrgeiz und ich glaube, irgendwann habe ich es nur getan, um mir selbst etwas zu beweisen und um meinen Vater stolz zu machen. Ich glaube, er hat sich das immer sehr gewünscht." Da tauchte ein Nachzügler der Kinderschar auf und Neri musterte den dicken Jungen einen Moment, während sie sich mehr schlecht als recht ein Grinsen verkniff. Er lief an ihnen vorbei und maulend seinen Freunden hinterher. "Ich bin mir sicher, er ist trotzdem stolz auf mich", stellte sie dann klar, denn sie wollte kein falsches Bild von ihrem Vater erwecken. "Ich hab mich irgendwann damit abgefunden. Ich glaube, hätte es einfach gar nicht funktioniert, wäre es besser gewesen, als nur diese beiden Zauber zu beherrschen und zu wissen, es geht nicht mehr. Ich habe mich dem Bogenschießen und der Jagd gewidmet und darin habe ich das gefunden, was ich wirklich kann", schloss sie mit einer gewissen und ehrlichen Zufriedenheit. „Weißt du, ich habe in Zyranus viele erlebt, die unbedingt etwas wollten, aber… gar nicht wirklich dafür brannten, verstehst du?“ Neri bedachte Mall mit goldenen Augen und ihr Mundwinkel zuckte für einen Moment in die Höhe, weil ihre Worte ziemlich zutreffend waren, was sie und die Lichtmagie anging.

Doch bevor sie weiter darüber reden konnten, hörte sie plötzlich die Kinder in ihrem Rücken schreien und blieb abrupt stehen, während sie sich in der gleichen Bewegung herum drehte. Erneut rannten die Kinder an ihnen vorbei, wirkten jetzt jedoch sehr verängstigt. „Was ist los?“, fragte Mall und bekam keine Antwort. Neri wechselte einen Blick mit ihr. Sie stellte fest, dass der dicke Junge fehlte und Sorge stieg in ihr auf. Auch für die Magierin stand fest, nach dem Rechten zu sehen, und zusammen nahmen sie den Weg ein Stück zurück. Neri trat nach Mall um die Ecke und war für einen Moment erleichtert, als sie den fehlenden Junge der Gruppe zum Glück wohlauf in den Armen der Magierin sah. Dann schaute sie sich nach der Ursache der Angst der Kinder um und als sie die blutüberströmte Frau sah, erfasste sie augenblicklich kaltes Entsetzen. Erschrocken stieß sie die Luft aus, während sie von einem grausigen Schauer und einem mulmigen Gefühl erfasst wurde. Sie spürte ein seltsames Kribbeln in sich, das sich die Härchen auf ihrer Haut aufstellten. Neri musterte den Jungen für einen Moment, doch der schien unverletzt zu sein, sodass sie sich der Unbekannten näherte. Sie kniete sich an eine Stelle neben sie, die nicht von Blut besudelt war. "Bei Phaun..", stieß sie entsetzt aus und überprüfte den Puls der.. Toten. "Sie ist tot", informierte sie Mall und sah für einen Moment alarmiert zu ihr. Dabei vergaß sie den Jungen, der die direkten Worte vielleicht nicht so gut vertrug. Neri musterte die Tote auf der Suche nach ihrer Verletzung und der Ursache des ganzen Blutes, bevor sie sich wieder erhob. Das Kribbeln wurde immer stärker und mit ihm der Drang, hier zu verschwinden. "Hast du was gesehen?", fragte sie den Jungen, während sie zu ihm und Mall zurück kehrte. Sie berührte Mall am Arm und beugte sich ihr entgegen, während sie die Stimme senkte. "So wie sie aussieht, ist sie noch nicht lange tot", flüsterte sie und griff dabei auf ihre Erfahrung als Jägerin zurück, die zumindest das sicher feststellen konnte. "Wir sollten hier sofort verschwinden und die Wachen informieren", drängte sie deshalb die beiden, schob Mall mit den Jungen im Arm vor sich und raus aus der Gasse.

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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Erzähler » Freitag 5. April 2024, 23:38

Neriélle war froh, dass sie Lesano noch rechtzeitig losgeworden war. Sie ließ sich von ihm weder einschüchtern noch sich ein schlechtes Gewissen einreden. Der Kerl hatte übertrieben und die Elfe war selbstbewusst genug, um das nicht an sich heranzulassen. Umso schöner war es, dass sie mit Mall ein wenig die Beine vertreten konnte. Die Zyranerin hatte sich offenbar im ‚lachenden Kamel‘ einquartieren können, sodass sie ihre Habe dort sicher verstauen konnte, bevor sie mit Neri hinausging. Auf dem Weg zwischen den zahlreichen Häusern der Stadt, entwickelte sich ein Gespräch, das Neri stutzen ließ. Mall wollte von der Elfe wissen, wie sie zu ihrer Magie stand und Neri musste sich diese Frage erstmal durch den Kopf gehen lassen: "Ich habe wirklich viele Jahre damit verbracht, die Lichtmagie zu erlernen. Am Anfang wollte ich das auch.. Es weckte meinen Ehrgeiz und ich glaube, irgendwann habe ich es nur getan, um mir selbst etwas zu beweisen und um meinen Vater stolz zu machen. Ich glaube, er hat sich das immer sehr gewünscht." Mallahall nickte leicht und lächelte schwach. Sie hatte das wohl schon geahnt, deshalb wirkte sie nun auch nicht überrascht und erwähnte, dass sie das bereits häufiger erlebt hatte. Manchmal wollte man etwas unbedingt, aber konnte den letzten Funken Hingabe nicht aufbringen. . "Ich hab mich irgendwann damit abgefunden. Ich glaube, hätte es einfach gar nicht funktioniert, wäre es besser gewesen, als nur diese beiden Zauber zu beherrschen und zu wissen, es geht nicht mehr. Ich habe mich dem Bogenschießen und der Jagd gewidmet und darin habe ich das gefunden, was ich wirklich kann" Sie nickte. „Und darin bist du bestimmt richtig gut! Es ist eben das, was dir leichtfällt, was dir liegt. Wir sollten viel öfter aufhören uns verbiegen zu wollen und lieber nach dem suchen, was uns erfüllt!“, schloss sie. Bevor das Gespräch aber weitergeführt werden konnte, wurden die beiden Frauen von der Kinderschar abgelenkt, die sich ängstlich den Weg zurück suchten. Gerade noch lachten sie ausgelassen, jetzt waren ihre Gesichter von Angst verzerrt.

Das ungute Gefühl beschlich Neri sofort und so folgte sie Mall in die nächste Gasse hinein. Hatte sie eben noch geglaubt, dass der Nachzügler vielleicht verletzt wäre, durfte sie aufatmen, als Mall ihn in die Arme zog. Allerdings verbarg die Frau das Gesicht des Jungen in ihrer Kleidung, um ihn vor dem Fund zu schützen, den nun auch Neri erfasste. Eine… Leiche. Die junge Frau lag dort noch nicht lange, wie Neri erkennen konnte. Die Wunden bluteten noch und der rote Lebenssaft war noch längst nicht geronnen. Auch war ihr Körper noch warm und ihre Augen waren noch nicht gänzlich ohne jeglichen Glanz. "Sie ist tot", teilte Neri mit und der Junge bebte erschrocken. Mall warf Neri einen kurzen Blick zu, doch die Elfe war gleich dabei Fragen zu stellen. "Hast du was gesehen?", fragte sie den Jungen, der nur wimmernd sich an Mall klammerte. „Neri…“, sprach die andere ihr gut zu und schüttelte sachte den Kopf. Das war nicht der Ort, nicht die Zeit dafür. "Wir sollten hier sofort verschwinden und die Wachen informieren", entschied die Elfe und chauffierte die beiden anderen aus der grauenvollen Gasse hinaus. Mall aber nickte sichtlich erschüttert und schüttelte gleich darauf den Kopf. „Neri, das… bei den Göttern, was ist nur geschehen!“, hauchte sie und zog die Augenbrauen zusammen. Der Junge schluchzte, sodass sie ihn enger an sich drückte. „Ich bringe ihn zu den Stadtwachen und komme mit ihnen zurück! Du solltest aufpassen, dass niemand hier in die Gasse geht!“, übertrug sie ihr die Aufgabe. Vermutlich gefiel Neri das ganz und gar nicht, aber jemand sollte wirklich darauf achten, nicht ebenfalls traumatisiert zu werden. Und der Junge schien Mallahall nicht mehr loslassen zu wollen. Also warf die Blonde der Elfe noch einen Blick zu, der ihr sagen sollte, dass sie sich beeilen würde und verschwand mit dem Kind zwischen den Häusern.

Neri stand allein da. Tatsächlich wurde es mit einem Mal bedeutend ruhig. Stille kroch scheinbar aus jeder Ritze und legte sich über ihre Ohren, dass sie nur noch ihren eigenen Herzschlag hören konnte. Als wären sämtliche Geräusche ausgesperrt war jedes noch so unwichtige Geräusch ohrenbetäubend. Die Sekunden wurden zu zähen Bindfäden, die nicht aufhören wollten, sich in die Länge zu ziehen. Nichts geschah. Plötzlich aber wurde irgendwo ein Fensterladen zugeschlagen. Der Knall jagte das Blut durch den Körper und brachte Ohren zum Rauschen! Man musste nicht ängstlich sein, um hier dennoch einen erhöhten Puls zu bekommen. Eine Tote, mitten in der Gasse. Der Mörder, denn Neri hatte mit ihrem geschulten Auge erkennen können, dass man die Frau mehrfach erstochen hatte, musste nicht weit sein, da die Wunden frisch und der Körper noch warm gewesen war. Neriélle blieb nichts anderes, als ihren Posten nicht zu verlassen. Wieder wurde es ruhig und schien mit ihren Nerven spielen zu wollen. Als Jägerin war sie wachsam und nahm sämtliche Regungen ihrer Beute wahr. Jetzt aber kroch ein seltsames Gefühl in ihr auf, dass sie die Beute sein könnte. Wo blieb Mall? Wie lange war sie bereits fort? Neri verlor das Zeitgefühl. Wenn man auf etwas wartete, dringend wartete, dann trudelte man in der Zeit umher und schaffte es nicht, den Fokus zu bewahren. Wie auch immer Neriélle sich fühlte, ob nun souverän oder doch aufgewühlt, dieses ungute Gefühl blieb. Als würde sie beobachtet werden. Als hätte man sie im Visier. Ebenso wie sie, wenn sie für ihre Heimat auf die Jagd gegangen war. Wenn das Tier in einiger Entfernung graste und sie die Pfeilspitze auf die Halsschlagader ausrichtete. Sie fokussierte… Zog die Sehne lag und spannte an. Dann hielt sie kurz den Atem an, bevor sie losließ, der Pfeil sich kurz verbog und schließlich durch die Luft sirrte. Es war ein immenses Gefühl ihm nachzusehen und zu spüren, wie er einschlug! Was ein machtvolles Gefühl. Neri aber spürte mit einem Mal etwas in sich alarmiert aufbegehren. Da war etwas, das wollte sie vernichten! Sie spürte einen Luftzug in ihrem Nacken und konnte anhand des Gefühls in ihrem Innern rechtzeitig ausweichen, bevor das Messer an ihrer Haut vorbeiflog und schließlich scheppernd auf der Erde liegen blieb. Erneut vergingen Sekunden, dieses Mal aber nicht mehr Bindfäden artig, sondern viel zu schnell. Schon sirrte das nächste Messer in ihre Richtung! Sie wurde angegriffen!
„Oh Neeeriiii“, flötete eine gehässige Stimme aus den Schatten, die die Nachmittagssonne auf die Gassen um sie herum warf. „Ich wusste, du würdest mein kleines Geschenk finden!“, säuselte die Stimme, dann zeigte sich, wer ihr aufgelauert hatte. Dunkle Haare, grüne Augen, schlanke Gestalt. Lesano trat aus einem Schatten hinter einigen gestapelten Kissen und grinste ihr entgegen. Er stand in der Gasse, wo die Tote lag. „Gefällt es dir?“, fragte er allen Ernstes und deutete auf die Frau. Daraufhin spielte er lässig mit einem weiteren Messer. „Das hättest du sein sollen. Aber du musstest dich ja zieren. Sie ist also deinetwegen tot!“, unterstellte er ihr und nun war sein Lächeln überhaupt nicht mehr charmant. Neri spürte erneut ein inneres Kribbeln. Es war wie eine tastende Präsenz, irgendwie… anders als sie selbst und doch nicht vollkommen fremd. Sie konnte es nicht klar ausmachen, aber etwas sagte ihr, dass Gefahr drohte. Und tatsächlich: Lesano rannte aus dem Stand los und direkt auf sie zu. Er würde sie mit seinem gesamten Körpergewicht umreißen und zu Boden ringen. Tatsächlich würde Neri kaum die Chance haben, nach Hilfe zu rufen, denn hier war plötzlich keiner mehr. Alle waren am Hafen. Lesano hatte alles geplant! Jetzt musste Neri auf Zeit spielen, denn sie wusste, dass Mall mit der Stadtwache zurückkehren wollte. Doch Lesano schien fest entschlossen, Neri zur zweiten Geige machen zu wollen, so wie sein Blick hasserfüllt auf die traf. Er wollte Blut sehen. Ihr Blut.
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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Neriélle » Sonntag 7. April 2024, 20:24

Die Gasse, aus der die Kinder verängstigt gelaufen waren, bot einen furchtbaren Anblick. Neri stockte der Atem, als sie die Tote sah. Vermutlich war es nur dem Umstand, dass sie eine Jägerin war, zu verdanken, dass sie nicht vollkommen die Fassung verlor. Es war nicht das erste Mal, dass sie eine Tote sah. Das Bild von Rhuna mit aufgeschlitzter Kehle blitzte für einen Moment vor ihrem inneren Auge auf. Auch bei ihrem Mord, so ungerne sie ihn als solchen benennen musste, hatte ihr ihre Berufung dabei geholfen, Ruhe zu bewahren. Auch damals hatte sie versucht, auszublenden, dass es sich um ein menschliches Wesen handelte, um den Anblick auch nur ansatzweise ertragen zu können. Auch jetzt war sie dadurch zumindest dazu fähig, den Puls der Frau zu überprüfen. Sie informierte Mall darüber, dass die Frau tot war, aber die Reaktionen von ihr und dem Jungen entgingen ihr. Neri musterte die Fremde eingehend und betrachtete die Stichwunden, die ihr zugefügt worden waren. Sie spürte die warme Haut unter ihren Fingern und sah, dass das Blut noch frisch aus den Wunden quillte. Das ließ Neri alarmiert zu Mallahal zurückkehren. Sie wollte von dem Jungen wissen, ob er etwas gesehen hatte, und schaute dann Mall mit gehobenen Augenbrauen an, als diese sie verbal zurückhielt. Neri wusste zuerst nicht, was Mall meinte. Dann sah sie auf den schluchzenden Jungen hinab, den das Ganze deutlich mitnahm, und sie verstand. Daher beugte sie sich der Magierin entgegen und drängte sie, hier sofort zu verschwinden. „Neri, das… bei den Göttern, was ist nur geschehen!“ "Sie wurde erstochen" murmelte sie leise und schob Mall mit dem Kind aus der Gasse hinaus. „Ich bringe ihn zu den Stadtwachen und komme mit ihnen zurück!“ "Du willst, dass ich hierbleibe?", fragte Neri erstaunt. „Du solltest aufpassen, dass niemand hier in die Gasse geht!“ Da runzelte die Shyánerin die Stirn und schaute kurz zurück zur Leiche. Sie dachte an die Reaktion der Kinder und musste einsehen, dass es vielleicht wirklich besser war, anderen diesen Anblick zu ersparen. Ihr gefiel der Gedanke, ganz alleine mit einer Toten zu sein, überhaupt nicht. Ihr Mörder wird schon im Getümmel des Festes untergetaucht oder längst nicht mehr in der Stadt sein, überlegte Neri und versuchte das Ganze rational zu betrachten. Dann ließ sie geschlagen die Schultern hängen. "Nagut, aber beeil' dich", bat sie Mall eindringlich. Mit einem unwohlen Gefühl sah sie ihr und dem Jungen nach, bis beide aus ihrem Blickfeld verschwunden waren.

Dann war sie allein. Sie drehte sich noch einmal zu der Toten um und merkte, dass es plötzlich ganz still um sie herum wurde. Mit einem Mal fühlte es sich so an, als gäbe es keine Menschenseele mehr in ihrer Nähe. Nur noch sie und ihr eigener Herzschlag waren in dieser Gasse. Neri lief ein wenig hin und her, in dem Versuch, das unwohle Gefühl abzuschütteln, das sie hier völlig einnahm. Aber die Anwesenheit der Toten konnte sie schlecht vor sich selbst verleugnen. Dann erschallte ein lauter Knall und Neri zuckte unter dem Geräusch zusammen. Ihr Kopf ruckte in Richtung, aber sie sah nichts und niemanden. Werd' jetzt nicht verrückt. Es ist niemand hier und Mall ist gleich zurück, versuchte sie sich zu beruhigen und atmete ein paar Mal tief durch, während ihr Puls höher schlug, ihr Herz raste und das Blut in ihren Ohren rauschte. Sie versuchte, sich einzureden, dass alles gut war, aber da war ein anderes Gefühl, das immer stärker wurde und sich nicht ausblenden oder herunter spielen ließ. Ich werde beobachtet, schoss es ihr durch den Kopf und sie drehte sich langsam um die eigene Achse und suchte akribisch ihre Umgebung, alle Ecken und Dächer ab. Nein, du bildest dir das ein, wollte sie sich einreden und fühlte sich doch gerade wie das ahnungslose Reh auf der Lichtung, die sie sonst jagte. Das ist keine Einbildung! Etwas in ihrem Inneren brachte mit einem Mal ihre Alarmglocken zum Schrillen und Neri dachte nicht darüber nach, sondern reagierte nur. Sie ließ sich von diesem Gefühl leiten, das da plötzlich war, und wich zur Seite aus, als sie einen kalten Hauch in ihrem Nacken spürte. Etwas sirrte an ihr vorbei und entsetzt starrte sie auf das Messer, das scheppernd zu Boden fiel und sie nur knapp verfehlt hatte. Eine Sekunde später drehte sie sich in die Richtung, aus der das Messer geworfen worden war und sah so die nächste Klinge auf sich zufliegen. Keuchend sprang sie zur Seite und brachte sich so in Sicherheit. Sie landete auf den Knien und erhob sich schnell. Leicht vornüber gebaugt blieb sie in Verteidigungsposition stehen, dazu bereit, dem nächsten Messer auszuweichen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich stark, während sie die Augen weit aufgerissen hatte. Sie konnte nicht glauben, dass ihr das gerade passierte, und sie musste nicht lange darüber nachdenken, wer sie schon die ganze Zeit beobachtet haben musste und sie nun töten wollte: Der Mörder der Toten.

„Oh Neeeriiii“, ertönte es da gehässig und die Elfe zuckte unter ihrem Namen zusammen. Ein eisiger Schauer rann ihren Nacken hinab. Sie kannte die Stimme, wusste sie aber nicht sofort ihrem Besitzer zuzuordnen. „Ich wusste, du würdest mein kleines Geschenk finden!“ Die Art, wie er von der Toten sprach, ließ sie erschaudern und sprachlos zurück. Dann trat der Mörder endlich aus den Schatten und zeigte sich. Neri erstarrte bei seinem Anblick. "Du…?", keuchte sie, als sie Lesano erkannte. Der überhebliche Mensch mit dem viel zu großen Ego sollte der Mörder dieser Frau sein? Aber er ließ keinen Zweifel daran. Die goldenen Augen erkannten ein weiteres Messer in seiner Hand und sie spannte sich unweigerlich an. Er hatte sie bereits mit den anderen beiden knapp verfehlt. Neri blieb wachsam. „Gefällt es dir?“ Sie stutzte und sah ihn fassungslos an. "Bist du wahnsinnig..?", stieß sie schließlich aus, was sie dachte. Es war vielleicht nicht so klug, einem Wahnsinnigen eben das zu bescheinigen, aber Neri war noch viel zu überrumpelt von all dem hier, um mit kühlem Kopf zu reagieren. Sie hatte noch so viele Fragen im Kopf, aber der Umstand, dass er gerade noch mit Messern nach ihr geworfen hatte, rückte den Fokus allein auf seine Handlungen. Misstrauisch huschte ihr goldener Blick immer wieder zu dem letzten Messer in seiner Hand. „Das hättest du sein sollen. Aber du musstest dich ja zieren. Sie ist also deinetwegen tot!“ Bei dem Gedanken, dass er sie auf dem Gewissen hatte und all das vielleicht von Anfang an mit ihr geplant hatte, wurde ihr übel. Auch, wenn sie wusste, dass die Fremde nur deshalb tot war, weil er sie umgebracht hatte, war es verstörend zu wissen, dass er es getan hatte, weil sie ihn abgewiesen hatte. "Lesano..", begann sie, ohne zu wissen, was sie sagen sollte. Sie war jedoch reichlich blass geworden und spürte, wie ihr die Angst durch Mark und Bein ging. Aber da war noch etwas anderes. Sie spürte ein Kribbeln, das sich aus ihrem Inneren bemerkbar machte. Es fühlte sich nicht ganz zu ihr gehörend an, aber sie wusste instinktiv, dass es sie davor warnte, dass ihr Leben in Gefahr war und diese Gewissheit ging weit über ein Bauchgefühl hinaus.
Da rannte Lesano plötzlich auf sie zu. Ihr war klar, dass er sich nicht durch Worte aufhalten lassen würde. In seinen grünen Augen spiegelte sich ein unheilvoller Hass, dessen Ursprung sie nicht verstand. Neri blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken, aber sie besaß die Reflexe einer Jägerin. Schnell wich sie zur Seite aus und versuchte, ihm und seinen etwaigen Griffen durch Ausweichen oder Wegducken zu entkommen. Dann nutzte sie die nächstbeste Gelegenheit, die sich ihr bot, und drehte sich mit dem Oberkörper voran zu Lesano um. Noch in der Bewegung hob sie den Arm und streckte ihm die offene Handfläche entgegen, während sie ein grelles Licht darin entstehen ließ, das ihn blenden sollte. Ihr Herz schlug wie verrückt, während sie um ihr Leben fürchtete. Sie war zwar eine Jägerin, es war aber etwas anderes, sich gegen einen Mann wehren zu müssen, der ihr körperlich überlegen wäre, wenn er sie erst zu fassen bekäme. Die Sekunden, in denen Lesano hoffentlich von ihrer Lichtmagie geblendet sein würde, wollte sie nutzen, um Zeit und Abstand zu ihm zu gewinnen. Sie eilte zu dem Messer, das ihr am nächsten war, und griff mit zittrigen Händen danach. Dann richtete sie sich auf, fixierte Lesano erneut mit ihrem Blick und hielt das Messer mit gestrecktem Arm in seine Richtung. "Lass' uns das klären, Lesano", bat sie mit trockener Stimme, weil die Todesangst ihr die Kehle zuschnürte. "Du kannst doch nicht einfach mordend durch die Straßen ziehen, weil dich eine Frau abserviert!", schaffte sie es endlich, ihre Gedanken zu formulieren. Ihr Blick huschte an ihm vorbei und sie hoffte inständig, dort irgendjemanden zu sehen, der ihr helfen würde. Schnell fokussierte sie aber wieder Lesano, während sie hoffte, Zeit schinden zu können. "Sie hat das nicht verdient! Sie kannte dich doch gar nicht!", fasste sie ihre Fassungslosigkeit in Worte und machte sich dadurch nur selbst allzu bewusst, wie skrupellos der Mensch vor ihr war. Während sie sprach, umrundete sie Lesano in einem weiten Kreis, in der Absicht, sich so zu positionieren, dass die andere Straße in ihrem Rücken war, um sich in kleinen Schritten rückwärts dorthin zu bewegen. Vielleicht gelang es ihr, sich so aus der Gasse hinaus zu bewegen und von dort flüchten zu können. Ihr eigenes Leben hatte nun wirklich die höchste Priorität und nicht, jemand anderen von dem Anblick der Toten zu bewahren. Ohne ihren Bogen malte sie sich eher schlechte Chancen gegen Lesano aus und sie konnte nur hoffen, dass das Messer in ihrer Hand ihn auf Abstand halten würde.

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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Erzähler » Dienstag 9. April 2024, 12:12

Das unangenehme Gefühl, das sich nun schon mehrfach gezeigt hatte, schien sich neu zu etablieren. Immer wieder wurde Neri von einem unheilvollen Kribbeln erfasst, dass sich scheinbar auf gewisse Situationen bezog. So auch, als sie allein mit der Toten zurückblieb und dafür sorgen sollte, dass niemand unvorbereitet auf sie stieß. Mallahall würde zusammen mit dem pausbäckigen Jungen die Stadtwache alarmieren. Aber das würde sich als etwas schwieriger erweisen, denn heute hatte jene alle Hände voll zu tun. Die Elfe musste sich ihrem Schicksal ergeben, ob sie es nun wollte oder nicht. Einsamkeit, Stille und ein ohnehin beklemmendes Gefühl waren ein vortrefflicher Mix, um den eigenen Sinnen Streiche zu spielen. Allerdings war ihr Instinkt etwas, worauf sich die Elfe bereits Jahre lang hatte verlassen können. Der Weg der Jägerin war eine gute Schule dafür gewesen und Neri hatte, wie Mall gerade erst bestätigt, eine Nische für sich und ihr Können gefunden. So lauerten in dem zwielichtigen Dunkel der Gasse einige Hirngespinste, doch schaffte Neri es, sich zur Ordnung zu rufen. Selbst als etwas lautstark polterte, beruhigte sie sich rasch wieder. Die Elfe aber wurde dieses seltsame Gefühl in ihrem Innern nicht los. Etwas darin schien sie zu warnen und wo sie bisher immer geglaubt hatte, dass es einfach nur ihr Bauchgefühl gewesen war, da musste sie jetzt erkennen, dass dieses Gefühl anders war. Sie hatte zuvor nur nie wirklich darauf geachtet. Doch auch jetzt war es ihr nicht möglich, sich sofort damit auseinanderzusetzen, denn das Kribbeln begehrte auf und lenkte ihre Aufmerksamkeit in die Gasse zurück als eine vertraute Stimme sich zeigte. Die Worte waren scheinbar harmlos, auch wenn es der Tonfall nicht war. Sofort wirkte Neriélle alarmiert und begann in eine angespannte Haltung zu gehen. Als sie den Dunkelhaarigen wiedererkannte, war sie für einen Moment verblüfft. Dem Messer war sie erfolgreich ausgewichen, was ihr Adrenalinpegel allerdings nur gesteigert hatte. Nun stand auf einmal Lesano vor ihr und stellte ihr absonderliche Fragen.

“Bist du wahnsinnig…?“, fragte sie entsetzt und Lesano lachte schnaubend. „Vermutlich“, entgegnete er trocken und das Messer blitzte. Neri konnte sich kaum die Schuld an der Toten geben, aber Lesano suggerierte ihr das. Er schien ein wahrlich kranker Mann zu sein, der Zurückweisungen nicht auf die herkömmliche Art und Weise verdaute. Er hätte das auch mit Alkohol wegspülen können, stattdessen zog er los und… tötete. Nun aber hatte er sich auf die Elfe fixiert und Neri wollte ihm zureden, ohne die Worte dafür parat zu haben. Lesano schnaubte erneut abfällig. Erneut war da auf einmal dieses Kribbeln und warnte sie vor, denn im nächsten Augenblick spannten sich sämtliche Muskeln des Mannes an und er setzte auf sie zu. Dabei funkelten die grünen Augen hasserfüllt und hatten nur Neri im Blick. Das Messer schnellte vor, er wollte sie vernichten und ihr das gleiche antun, wie der armen Frau. Neri reagierte. Ihr Instinkt war geschult, mit Gefahren und Angriffen umzugehen. Sicher, eigentlich nur in Verbindung mit Jagdwild, aber hier funktionierte das eben auch. Gelernt war gelernt. So wich sie dem Rempeln aus und entging dem Griff, den er aussandte, um sie zu packen. Dadurch, dass er ins Leere griff, strauchelte er etwas, was Neri die Zeit gab, sich hinter ihm zu positionieren. Als er sich fing und herumwirbelte, hatte Neri bereits ihre Hand ausgestreckt und sandte einen grellen Blitz. „ARGH!“, entfuhr es ihm unwillig und er drehte sich, die freie Hand auf die Augen gepresst zur Seite. „Miststück!“, rief er noch gedämpft unter seiner Hand hervor. Neri nutzte den Moment der Überraschung und suchte sich Verstärkung. Eines der Wurfmesser, das sie verfehlte, lag in greifbarer Nähe, sodass sie mit einigem Abstand zu Lesano und ausgestrecktem Arm stehenblieb und auf ihn zielte. Lesano hatte noch immer mit dem Blenden zu kämpfen und rieb sich zügig über die Augen. "Lass' uns das klären, Lesano. Du kannst doch nicht einfach mordend durch die Straßen ziehen, weil dich eine Frau abserviert!“ Ihr hoffnungsvoller Blick fand niemanden, der ihr zu Hilfe eilen würde. Die Gasse blieb leer.
Lesano grollte ungehalten und rieb noch immer. „Du Schlampe hast mich geblendet!“, zürnte er ihr und suchte blinzelnd ihre Gestalt. „Ich kläre das mit dir, keine Sorge!“, spuckte er ihr vor die Füße und traf zum Glück nicht. Neri stand weitgenug entfernt, im Rücken die Leiche, Lesano versperrte den Eingang. "Sie hat das nicht verdient! Sie kannte dich doch gar nicht!" „DU hast nicht verdient, zu leben!“, fuhr er sie an und nahm die Bewegung von ihr sehr wohl wahr! Lesano mochte Blitze sehen, aber er erkannte ihre Silhouette, die sich versuchte, um ihn herum zu bewegen. Doch das ließ der Dunkelhaarige nicht zu. Er schnitt ihr den Weg ab und hielt sie somit in der Gasse. „Du bist unhöflich, arrogant und weiter nichts wert!“, blaffte er erneut und aus ihm sprach ein unbändiger Hass, der gewiss nicht nur daher rührte, dass Neri ihn abserviert hatte. Er war… krank. Ganz offensichtlich und hatte Probleme mit Zurückweisungen auf eine vernünftige Weise umzugehen. „Ich lass dich hier nicht weg!“, rief er aus und auf einmal hörten sie Schritte.

In der Gasse tauchten vier bewaffnete Männer und eine Frau auf. Sie alle trugen dieselben Rüstungen und an einem Gürtel sowohl Schlagstöcke als auch Schwerter. Die Frau von ihnen, eine schlanke, aber kräftige, kurzgeschorene Blonde fixierte die Situation und engte die Augen. „Was ist hier los?!“, verlangte sie mit herrischer, fester Stimme zu wissen. Lesano zuckte und wandte sich um. Plötzlich schlug sein Hass um und schien zu verpuffen. „Bitte! Bitte Herrin, diese Elfe hat die Frau dort hinten erstochen und ich habe sie aufgehalten! Ich kam zufällig hier vorbei und sah, wie sie sich über sie beugte!“, jammerte Lesano und spielte die Angst hervorragend. Als würde Neri hier die Gefährliche sein! Die Stadtwache verhinderte, dass hier jemand einfach so fliehen würde. Die Männer positionierten sich dann mit ihren Händen an den Säbeln um Neri und Lesano. Die Frau bedachte sowohl Elfe als auch Mensch mit einem Blick und schien nicht sicher, was sie glauben sollte. Sicherlich protestierte Neriélle, aber die Blonde argwöhnte ihnen beiden. Dann sah sie zu ihren Männern. „Mitnehmen, beide! Und Fergus, Kergan, ihr kümmert euch um die Spuren und die Leiche!“, wies sie zwei weitere Männer an. Die Angesprochenen nickten und gingen zur Leiche, während die übrigen beiden sich sowohl neben Neri als auch Lesano stellten.
Sie wurden jeweils am Arm gegriffen und klargemacht, dass sie lieber spuren sollten. „Wir unterhalten uns auf der Wache!“, sagte die Blonde und nickte ihren Männern zu. Lesano jammerte. „Ich habe nichts gemacht, ich bin unschuldig!“, rief er und zappelte im Griff, doch sowohl er als auch Neri würden schnell feststellen, dass die Wachen keine Grünschnäbel waren. Aus dem Griff kamen sie nicht los und wer sich wehrte, machte sich verdächtig. Die blonde Wache führte sie durch die Gassen und näher an das Hafenviertel heran. Die Geräusche wurden wieder lauter und Neri fand sich alsbald in der belebteren Gegend wieder. Allerdings war dies hier kein Spaß. Als sie sich von der Gasse der Toten entfernt und ungefähr zehn Minuten gegangen waren, blieben sie vor einem Gebäude stehen. Es wirkte offiziell, denn davor waren ebenfalls zwei Posten positioniert und bewachten den Eingang. Ihre Augen ruhten auf allen, die vorbeikamen und sie achteten darauf, dass alles gesittet ablief. Hier traf man dann doch mal auf einige Alkoholisierte, die die allmählich untergehende Sonne genossen.

Neri und Lesano wurden von den Wachen hereingeführt und hier war es angenehm kühl und roch doch ein wenig muffig nach Pergament und Tinte. Die Wände hatte man halbhoch mit Holzpanelen ausgekleidet, was diesem Büro einen offizielleren Anstrich verlieh. Die Wände waren dann beige gehalten, was es alles ein wenig altbacken machte. Es gab Schränke, verschließbar, in denen scheinbar unzählige pergamentgefüllte Akten weilten. Dem Eingang gegenüber befand sich eine Bank auf der Mall saß. Der Junge hatte sich auf ihren Schoß gelegt und die Augen geschlossen. Die Zyranerin wirkte sichtlich nervös und ihre Augen fanden direkt die von Neri. Erleichterung spiegelte sich in ihrem Gesicht wieder, als sie erkennen musste, dass Neri offenbar unverletzt war. Dass sie nun aber ebenfalls abgeführt worden war, verwirrte Mall. Schon klappte ihr Mund auf, doch die Blonde fiel hinein: „Ist das die Frau, die ihr benanntet?“, fragte die Stadtwache und Mall nickte. „Richtig, das ist sie und…“, ihr Blick fiel auf Lesano. „Ich kenne dich doch!“, runzelte sie unwissend die Stirn. Lesano sagte nichts. Er war immerhin clever genug, es nicht zu tun. „Gut. Bringt die Elfe nach hinten und wartet dort. Ich fange mit ihm an!“, sagte die Stadtwache und die Männer führten die beiden jeweils zu ihrem angestammten Ort. Lesano wurde auf einen Stuhl gesetzt, der an einem Schreibtisch stand. Hier langen allerhand Unterlagen verteilt und die Blonde setzte sich, um sich ein leeres Pergament samt Feder zu suchen. Neri ging an noch zwei weiteren Schreibtischen vorbei, der eine unordentlich, der andere penibel aufgeräumt. Auch sie besaßen Stühle, auf die sich dann jemand setzen konnte, um eventuell eine Aussage oder Geständnis zu tätigen.
Neri wurde hinter der Bank und Mall vorbeigeführt und fing ihren Blick auf. Sie wusste nicht, was das alles bedeutete. Dann aber lief sie einen kleinen, schmalen Gang entlang, der noch zu zwei weiteren Räumen führte: Einmal erhaschte Neri den Blick auf so etwas, wie einen Gemeinschaftsraum. Die Tür dazu war angelehnt, sodass sie nicht mehr erkennen konnte. Auf der anderen Seite schien tatsächlich ein Bad zu sein. Doch an beidem wurde sie vorbei geführt und schließlich in den zweitgrößten Raum. Hier endete auch das Gebäude. Allerdings war an diesem Raum auch nichts wirklich einladendes. Er war durch Gitterstäbe in drei Zellen unterteilt, wovon eine scheinbar belegt war. Im Schatten einer Ecke konnte sie einen Schemen ausmachen, der dort saß, während die mittlere Zelle freiblieb und sie selbst doch tatsächlich in die letzte verbracht wurde. Die Zelle an sich war wirklich nicht groß. Das Licht hier wurde gespart, es gab keine Fenster oder weitere Türen. Alle Wege führten durch den Hauptraum. Lediglich eine kleine Laterne flackerte an der Wand neben dem Durchgang zum Flur, ansonsten gab es nur einen Eimer für die Notdurft und eine sehr unbequeme Bank. Auf jener hatte sich der Schemen in der rechten Zelle es sich „bequem“ gemacht. Neri wurde nun ebenfalls eingesperrt und die vergitterte Tür hinter ihr geschlossen. „Wenn Hauptwache Sargin mit dem Menschen fertig ist, werdet Ihr zu ihr gebracht. Bis dahin – macht es euch gemütlich!“, brummte derjenige, der sie die ganze Zeit über geführt hatte. Danach wurde Neri allein gelassen. Allein mit der Ungewissheit, was das hier alles zu bedeuten hatte. Damit dass sie nichts falsch gemacht hatte. Und mit dem Schemen in der anderen Zelle, von dem sie kaum etwas erkennen konnte. Bis er sich rührte und aus den Schatten sich jemand erhob. Groß , dunkel und mit feurigem Blick lehnte sich die Gestalt gegen die ‚Wand‘ der Zelle und schob lässig seine Arme dadurch, um sich so abzustützen. Das Zwielicht fiel auf das Gesicht des Mannes dort. „Was hast du jetzt wieder angestellt?“, kam eine ihr sehr wohl bekannte Stimme mit leicht überheblicher Ruhe und entfachte ein Lauffeuer. Calhoun. Er war es!
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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Neriélle » Dienstag 9. April 2024, 17:39

Lesano initiierte einen Kampf um Leben und Tod. Neriélle dachte nicht mehr nach, sie reagierte nur noch. Sie reagierte auf das Gefühl in ihrem Inneren und auf Lesanos Bewegungen, denen sie zum Glück erfolgreich ausweichen konnte. Ihr Herz klopfte wie wild, als sie ihn erst blendete und dann nach dem Messer griff, um sich dem Mensch gegenüber verteidigen zu können. Sie war keine Mörderin, aber sie würde sich sicherlich nicht kampflos ihrem Schicksal ergeben. Das hatte sie noch nie und damit würde sie auch jetzt nicht anfangen. Von den Stadtwachen war noch nichts zu sehen. Neri hoffte, Zeit schinden zu können, wusste aber nicht, in was für ein Gespräch sie Lesano verwickeln sollte und äußerte daher einfach nur ihre Gedanken. „Du Schlampe hast mich geblendet! Ich kläre das mit dir, keine Sorge!“ Für einen Moment überlegte sie, den Moment zu nutzen. Lesano blinzelte noch immer und vielleicht würde sie es schaffen, an ihm vorbei zu rennen. Allerdings war die Angst größer, ihm den Rücken zuzukehren und ihm so eine Angriffsfläche zu bieten. Außerdem schien er sie dennoch gut sehen zu können, denn er versperrte ihr bewusst den Weg aus der Gasse hinaus. Neri wollte es nicht in den Kopf gehen, dass er einfach eine wildfremde Frau getötet hatte, die ihn nicht gekannt und den Tod nicht verdient hatte. „DU hast nicht verdient, zu leben!“ Die Elfe starrte ihn einfach nur fassungslos an, während ihr ganz anders wurde. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, sie zu töten. „Du bist unhöflich, arrogant und weiter nichts wert! Ich lass dich hier nicht weg!“ Neris Griff um das Messer wurde fester, als hinge ihr Leben davon ab, bis die Knöchel ihrer Finger unter der Haut weiß hervor traten. "Du wirst mich nicht töten", prophezeite sie. Sie hatte Angst, wahnsinnige Angst. Aber die wollte sie ihm nicht zeigen. Sie hatte gegen einen Dämon bestanden, da würde sie sich nicht von diesem Menschen unterkriegen lassen!

Da hörte sie Schritte in der Entfernung und atmete erleichtert aus, als endlich die Wachen auftauchten. "Phaun sei Dank", stieß sie aus. „Was ist hier los?!“ Neri sah zu der Blonden und ließ langsam den Arm mit dem Messer sinken. "Gut, dass Ihr hier seid..", begann sie, aber bevor sie die Situation erklären konnte, wandte sich auch Lesano an die weibliche Stadtwache und fiel ihr ins Wort. „Bitte! Bitte Herrin, diese Elfe hat die Frau dort hinten erstochen und ich habe sie aufgehalten! Ich kam zufällig hier vorbei und sah, wie sie sich über sie beugte!“ Neri blinzelte. "Was..?" Sie sah Lesanos Gesicht nicht, aber seine Worte klangen leider ziemlich überzeugend für einen Unbeteiligten, was eine neue Angst in ihr weckte. "Was erzählst du da.. Du hast sie getötet!", rief sie aus, sah jeden der Wachen nacheinander und zuletzt die Blonde an, auf der Suche nach einem Anhaltspunkt in den Gesichtern, dass man ihr glaubte. "Er hat sie getötet und mir hier aufgelauert!", wollte sie das Ganze klarstellen. Die Blonde aber urteilte nicht voreilig. „Mitnehmen, beide! Und Fergus, Kergan, ihr kümmert euch um die Spuren und die Leiche!“ Neri sah zu der Wache hinauf, die sich neben sie stellte und händigte ihm das Messer aus. "Es ist sein Messer. Ich war das nicht." Sie versuchte, ruhig zu bleiben, aber man konnte ihr trotzdem eine gewisse Aufgeregtheit anhören. Natürlich. Der, der sie umbringen wollte, bezichtigte sie nun des Mordes! „Wir unterhalten uns auf der Wache!“, bestimmte die Blonde. Neri sah, wie Lesano im Griff der Wache zappelte, während sie selbst versuchte, ruhig zu bleiben. „Ich habe nichts gemacht, ich bin unschuldig!“ Neri schnaubte abfällig und sah ihn durchdringend an. Lesano machte sie wütend. "Du egozentrischer Mistkerl! Du hast diese Frau auf dem Gewissen!", zürnte sie ihm und musste an sich halten, um ihn nicht weiter verbal anzugehen.

Es war ihr unangenehm, von den Wachen abgeführt zu werden und hier und da von Umstehenden beäugt zu werden, nachdem sie erstmal einen belebteren Teil der Stadt betraten. Sie kannte hier niemanden und vermutlich würden die Feiernden sie auch schnell wieder vergessen. Trotzdem gefiel es ihr gar nicht, dass man ihr solch ein Verbrechen zutraute. Nach einiger Zeit kamen sie bei der Wache an und die goldenen Augen musterten einen Moment das Gebäude und die Wachen vor der Tür. Neri verhielt sich ruhig und folgsam und begehrte nicht gegen den Griff der Wache auf. Als sie das Gebäude betraten, entdeckte sie die Zyranerin. "Mall..", rief sie aus und ihr Blick bekam etwas Bittendes. „Ist das die Frau, die ihr benanntet?“ „Richtig, das ist sie und… Ich kenne dich doch!“ "Er hat sie umgebracht!", warf Neri nun doch recht ungehalten ein, während ihr Blick auf der Magierin ruhte. "Mall, er will mir das Ganze anhängen", erklärte sie und spürte den für einen Moment fester werdenden Griff der Stadtwache an ihrem Arm, der sie zum Schweigen bringen wollte. „Gut. Bringt die Elfe nach hinten und wartet dort. Ich fange mit ihm an!“ Neri suchte den Blick der anführenden Blonden. "Bitte, ich war das nicht." Doch sie wurde einfach weitergeführt. Lesano saß bereits an dem ihm zugedachten Platz und Neri blieb abrupt bei ihm stehen, als sie auf seiner Höhe war. "Hast du sie vorher auch so ekelhaft angemacht?", fragte sie ihn dann plötzlich und er wusste wohl ganz genau, wen sie meinte. "Sie muss clever gewesen sein. Auch sie hat sofort verstanden, dass du außer deinem Ego nichts Großes zu bieten hast", zischte sie ihm provozierend zu und hoffte, ihn wenigstens noch ein wenig aus der Haut fahren zu lassen, damit er sein wahres Naturell zeigte.

Die Wache zog sie etwas fester in seine Richtung, um sie in den hinteren Teil des Gebäudes zu führen. Neri schnaubte noch einmal verächtlich in Lesanos Richtung, bis sie endlich nachgab und sich ihrem Schicksal fügte. Sie schaute noch einmal zu Mall hinüber, dann wurde sie jedoch in einen Gang geführt und ihre Blicke verloren sich. Neri grummelte leise vor sich hin und war nun doch eher wütend als verängstigt. Sie nahm kaum Notiz von dem Gang und den abzweigenden Räumen, denn sie hatte nicht vor, zu fliehen. Dann kamen sie jedoch bei den Zellen an und Neri blieb verdutzt stehen. Ihr Blick erfasste die Gestalt in den Schatten, kehrte aber schnell zurück zu der Wache. "Ihr sperrt mich ein?" Die Erkenntnis überraschte sie. "Ich bin keine Mörderin!", appellierte sie erneut an ihn und ließ sich dann widerwillig, aber nicht wirklich aufbegehrend in die Zelle schieben. Die Wache konnte oder wollte ihr aber nicht zuhören. „Wenn Hauptwache Sargin mit dem Menschen fertig ist, werdet Ihr zu ihr gebracht. Bis dahin – macht es euch gemütlich!“ Neri verschränkte die Arme vor der Brust. "Vielen Dank", antwortete sie sarkastisch und während die Wache sie mit dem Schatten in der Ecke alleine ließ, sah sie sich für einige Augenblicke in der Zelle um, denn viel mehr Zeit brauchte sie nicht, um das spärliche Inventar zu betrachten. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich die Gestalt in der anderen Zelle erhob und sich an dem Gitter seiner Zelle abstützte. Während sie den Kopf in die Richtung des Gefangenen drehte, um zu sehen, mit wem sie es zu tun hatte, drang seine Stimme durch den Raum und kitzelte ihre Ohren.
„Was hast du jetzt wieder angestellt?“
Neris gesamter Körper erstarrte unter seiner Stimme, die sie sofort erkannte. Die goldenen Augen tasteten sein Gesicht in völliger Verblüffung ab. Sie hatte alles und jeden erwartet, aber nicht Calhoun. In dem Moment, in dem ihr Gold auf sein Rot traf, blieb für einen Moment die Zeit stehen. Ihr Herz zog sich zusammen. Sie war darauf nicht vorbereitet und das konnte Calhoun ihr auch deutlich ansehen. Sie war tatsächlich mal sprachlos. Sie hatte gedacht, Calhoun nie wieder zu sehen, doch jetzt stand er vor ihr und sein Auftauchen brachte sie völlig aus dem Konzept. Für einen Augenblick sorgte das Überraschungsmoment dafür, dass ihr die Gesichtszüge entglitten. "Was machst du hier?", fragte sie überrascht, überrumpelt und überfordert. Neri wusste nicht, was sie zuerst empfinden sollte und konnte sich auf keines ihrer Gefühle richtig konzentrieren. "Ich dachte, du wärst.. weg", sprach sie leise und klang betrübter, als sie ihm zeigen wollte. Für immer, dachte sie und unterbrach den Blickkontakt, weil sie dieser Gedanke schon die ganze Zeit belastete. Sie blinzelte, fing sich langsam wieder und versuchte, zumindest noch nachträglich den Sturm an Gefühlen vor seinen Blicken hinter einer neutralen Miene zu verschließen. Musternd glitt ihr Blick seine Gestalt einmal hinauf, um sich zu vergewissern, dass es ihm körperlich gut ging. Seine Frage hatte sie vergessen, aber nicht die Art ihres Auseinandergehens. Sie hatten sich gestritten und Neri plagte das schlechte Gewissen. Sie wusste aber nicht, wie sie nun zueinander standen und wartete daher mit verschlossener Miene ab, in dem Versuch, sein Auftauchen nicht zu nah an sich heran zu lassen.

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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Erzähler » Samstag 13. April 2024, 22:11

Die Ungerechtigkeit war allgegenwärtig. Anstatt die nötige Errettung erhalten zu haben, vollführte Lesano ein wahres Schaustück an Überheblichkeit. Jetzt prangerte er tatsächlich Neriélle an, die Täterin zu sein?! Nachdem er versucht hatte, sie zu töten? Kommandantin Sargin, wie sich später herausstellte, war immerhin so neutral genug, beide gleich zu behandeln. Allerdings wurde Neri ebenso wie der Mensch abgeführt, um auf der Wache gemeinsam verhört zu werden. Die Blonde bildete sich scheinbar kein vorschnelles Urteil – was gut war, aber eben auch bedeutete, dass sie nicht wusste, wem sie Glauben schenken durfte. Nachdem Neri das Unbehagen ein wenig ausblenden konnte, dass das Abgeführt-Werden mit sich brachte, fand sie sich in der leicht verstaubten Wache der Stadtwache wieder. Tatsächlich wirkte es genau so trist, wie man sich das vielleicht vorstellte. Es gab Schreibtische, Verhörstühle und Aktenschränke. Auf dem Schreibtisch der Kommandantin wartete offenbar viel Papierkram und scheinbar war in Santros die Stadtwache deutlich strukturierter aufgestellt als anderswo. Tatsächlich achtete die Stadtherrin Serana Turan penibel darauf, dass hier alles mit gewisser Bürokratie vonstattenging. Das bedeutete aber auch, dass man sowohl Neri als auch Lesano verhören und ihre Aussagen zu Protokoll bringen würde. Bereits Arunn hatte berichtet, dass die Stadtherrin ein Auge auf alles und jeden warf, denn nur so konnte sie die Sicherheit der Stadt gewährleisten. Ob sie nun Lesano einfach übersehen hatte? Wie auch immer, derzeit herrschte wohl Ausnahmezustand, deshalb war es auch für die Kommandantin schwierig, eine Partei zu ergreifen. Beide konnten den Tod der Unschuldigen zu verantworten haben. Als man Neri für die Zeit der Befragung von Lesano an eben jenem vorbeiführte, konnte sie nicht an sich halten: "Bitte, ich war das nicht." Doch der Wächter führte sie weiter. Neri hielt es nicht aus, dieser Ungerechtigkeit zu zuschauen. Mallahall warf ihr einen ratlosen und auch entsetzten Blick zu. Sie wusste auch nicht, warum es nun so lief! "Hast du sie vorher auch so ekelhaft angemacht?“ Der Mensch wandte den Kopf und auch Kommandantin Sargin blickte zu Neri. Ihre Mimik verriet aber nichts über ihre Gedanken. Bei Lesano war das anders. Der Dunkelhaarige engte die Augen und ein kalter Ausdruck trat in sein Gesicht. „Sie muss clever gewesen sein. Auch sie hat sofort verstanden, dass du außer deinem Ego nichts Großes zu bieten hast" Seine Augen blitzten kaltherzig auf und Neri konnte sehen, dass diese Worte seinem Ego überhaupt nicht guttaten. Er presste die Lippen aufeinander und seine Finger ballten sich zu Fäusten. Er war wütend. So furchtbar zornig! Doch entgegen ihrer Hoffnung, entspannte sich Lesano plötzlich, atmete binnen Sekunden durch und wurde… zufrieden. „Dabei habe ich immer gedacht, ihr Elfen würdet das Leben mehr schätzen!“, heuchelte er Betroffenheit und lächelte ihr für eine Sekunde triumphierend zu. Sargin räusperte sich, um sie Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. Und mit der stoischen Ader einer Bürokratin, begann sie in Neri’s Rücken, während man sie weiterführte, einige Fragen zu stellen. Dass man Neri einsperrte, war dann für die Elfe doch überraschend.

Sie verstand nicht, wieso man sie wie eine Verbrecherin behandelte. Doch auch jener Wächter schien sich seinem Beruf mehr als ergeben zu haben. Auch ihm war keine weitere Reaktion zu entlocken. Er zuckte nur die Schultern und man konnte regelrecht an seiner gelangweilten Mimik ablesen, dass er so etwas sagen würde, wie ‚Befehl ist Befehl‘ oder so. Es waren Floskeln, während Neri um ihre Reputation bangen musste. „Wird nicht lange dauern“, murmelte der Wächter noch, ehe er dann den ‚Zellentrakt‘ verließ und Neri mit dem weiteren Gefangenen allein ließ. Jener aber war es, der nun wirklich von all dem Tulmult abzulenken wusste. Die Stimme war ihr so bekannt, wie nach allem, was sie zusammen erlebt hatten, kaum eine zweite. Und tatsächlich: Sobald sie die Bestätigung ihrer Vermutung suchte, lehnte dort der Dunkelelf mit den weißen Haaren, den roten Augen und einem Körper zum Niederknien. Er trug inzwischen nicht mehr die Kleidung, die er beim Verlassen des Dorfes angehabt hatte. Stattdessen war er in wirklich schlichte, hellbraune und kratzig wirkende Hosen und ein einst mal weißes Hemd gesteckt worden. Sie passten ihm nicht wirklich und wirkten etwas zu kurz. Aber das machte seine Ausstrahlung deutlich wett. "Was machst du hier?" Ein Schmunzeln. Ein Schnauben. Calhoun hob den Blick vom Zellenboden der leeren Zelle zwischen ihnen und betrachtete Neri’s Überraschung. „Warten“, gab er von sich und wusste, dass sie das nicht gemeint hatte. „Ich glaube, die knüpfen gerade den Strick. Dauert nur etwas, aufgrund des Festes sind alle ein wenig…“, er machte eine eindeutige Geste mit seinem Finger an seiner Schläfe „indisponiert“, zuckte er die breiten Schultern und kehrte in seine Ausgangshaltung zurück.
"Ich dachte, du wärst.. weg" Er musterte sie. „Richtig. Wollte ich auch sein.“ Er zuckte erneut die Schultern. „Zu meiner Verteidigung, ich habe nicht damit gerechnet, dich ausgerechnet hier wiederzusehen.“, meinte er und stieß sich von den Gitterstäben ab. Calhoun lehnte sich gegen die Wand seiner Zelle, die die Außenwand zur Straße bildete und so symbolisch noch mehr Abstand zur Elfe brachte als die Zelle es ohnehin schon vermochte. Er verschränkte die Arme und auch die Beine, um so eine mehr als lässige Haltung einzunehmen. „Und was treibt dich her?“, er beobachtete sie. Dann drang eine Stimme an ihre beiden Elfenohren: „Ich habe doch schon gesagt, dass die Schlampe“ – ein Räuspern – „Die Elfe das war! Ich habe niemanden getötet! Sie muss es gewesen sein, ich wollte nur helfen, ich bin ein anständiger Bürger!“, echauffierte sich Lesano im Nebengebäude. Er klang aufgebracht und Neri wusste, dass er seine Emotionen nur schlecht beherrschen konnte. Man hörte Sargin etwas murmeln, aber sie sprach deutlich ruhiger, sodass sie die Worte nicht verstanden. Dann sprach auch Lesano wieder ruhiger. Calhoun wandte den Kopf zurück zu Neriélle. „Ein Freund, nehme ich an?“, hakte er gelassen nach. Er offenbarte Neri nicht, wie er zu ihr stand. Der Elf war nach wie vor ein Klotz. Aber er konnte nicht ahnen, dass Neri inzwischen schlauer zu ihm war. „Also – wen hast du getötet?“, wollte er wissen und ein feines Schmunzeln glitt über seine Züge, während das Rot seiner Augen kurz amüsiert aufleuchtete. Er glaubte nicht eine Sekunde daran, dass sie des Vergehens schuldig war, dessen Lesano sie bezichtigte.
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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Neriélle » Sonntag 14. April 2024, 18:38

Calhoun durfte feststellen, dass Neriélle schon wieder in Schwierigkeiten steckte. Ebenso wie er selbst offenbar. Lesano hatte sie leider nicht gänzlich aus der Reserve locken können und war noch immer wütend auf den Menschen. Aber er und alles andere rückte mit dem Erkennen von Calhoun zunächst vollständig in den Hintergrund. Als Erstes empfand sie Erleichterung und Freude darüber, ihn wiederzusehen. Im zweiten Moment ging ihr jedoch sofort die Art ihres Abschieds durch den Kopf und sie fühlte sich daran erinnert, wie sehr seine plötzliches Verschwinden sie verletzt hatte. Neri wusste nicht, wie der Dunkelelf auf sie reagieren würde, und so verschloss sie vorsorglich ihre Miene vor ihm. Sie wollte nicht erneut zurückgewiesen werden und versuchte deshalb, nicht zu zeigen, was er in ihr auslöste. Auch wenn sie eine gewisse Sehnsucht bei seinem Anblick verspürte, die ihr neu war. Sie war doch ziemlich überrumpelt von allem und fragte ihn danach, was er hier machte.
„Warten.“ Neri schwieg, noch immer zu überrascht, um etwas Schlagfertiges zu entgegnen. Sie trat an das Gitter heran, sodass sie sich gegenüber standen, wenn auch getrennt von der Zelle zwischen ihnen, und blickte zwischen den Stäben zu Calhoun. „Ich glaube, die knüpfen gerade den Strick. Dauert nur etwas, aufgrund des Festes sind alle ein wenig… indisponiert.“ Ihre goldenen Augen folgten der Bewegung seines Fingers gegen seine Schläfe und sie stutze. Hatte sie das gerade richtig verstanden? "Sie wollen dich.. erhängen?", hauchte sie verständnislos und ungläubig. Neri schaute ihn durchdringend an und wartete auf seine Reaktion. War es nur ein Scherz des Dunkelelfen? Allerdings war Calhoun nicht gerade für seine Scherze bekannt. Deshalb stellte sich ihr direkt die Frage, wie er das so locker und unberührt hinnehmen konnte, weshalb sie sich noch einmal vergewissern musste, dass sie es richtig verstanden hatte.

Durch die Gitterstäbe musterte sie ihn und er sie. Es war komisch, ihm gegenüber zu stehen. Sie versuchte, in seiner Mimik zu ergründen, was er dachte - über sie, über ihr Wiedersehen. Und vielleicht entnahm er ihrer Stimme, dass die Annahme, dass er weg wäre, sie nicht gerade freudestrahlend zurückgelassen hatte. „Richtig. Wollte ich auch sein. Zu meiner Verteidigung, ich habe nicht damit gerechnet, dich ausgerechnet hier wiederzusehen.“ Da wandte er sich ab, während Neri an Ort und Stelle verharrte und ihn beobachtete. "Nein, ich auch nicht", stimmte sie murmelnd zu. Sie schaffte es nicht, den Blick von Calhoun zu nehmen, als könne sie noch immer nicht glauben, dass er hier war. Während er sich lässig gegen die Wand lehnte, stand Neri noch immer recht unbeholfen in ihrer eigenen Zelle.
„Und was treibt dich her?“ Da hörte sie im Hintergrund Lesanos Stimme und wandte den Kopf ein Stück in Richtung der Tür, um seine Worte zu verstehen. „Ich habe doch schon gesagt, dass die Schlampe - Die Elfe das war! Ich habe niemanden getötet! Sie muss es gewesen sein, ich wollte nur helfen, ich bin ein anständiger Bürger!“ Neri schnaubte abfällig und schüttelte den Kopf, während der Ärger über die Unverschämtheit des Menschen wieder hochkochte. Sie sah zu Calhoun, der sicherlich ebenfalls jedes Wort verstanden hatte, und ihre Blicke trafen sich. „Ein Freund, nehme ich an?“ "Wäre er gerne", erwiderte sie nur, ohne eine Regung zuzulassen. „Also – wen hast du getötet?“ Neri schaute ihn an und dann, als sie sein Schmunzeln und das amüsierte Funkeln in seinen Augen sah, hoben sich zum ersten Mal seit ihrem Wiedersehen ihre Mundwinkel zu einem ganz leichten Lächeln. Es war seltsam, ihn hier sehen, aber sie musste zugeben, dass es ihr gut tat. Leise seufzte sie und unterbrach den Blickkontakt für ein paar Momente, als sie zur Zellentür sah. "Er hat aus Frust eine Frau erstochen", sagte sie leise, aber so, dass er sie durchaus gut verstehen konnte. Sie schaute zu ihm zurück und schüttelte schnaubend den Kopf. Sie erinnerte sich an den Anblick der Toten und sie konnte noch immer nicht glauben, was geschehen war. "Lesano hat sie in einer Gasse umgebracht und darauf gewartet, dass ich sie finde. Dann wollte er mich ebenfalls umbringen. Er ist total verrückt", bekräftigte sie voller Überzeugung. "Als die Stadtwache kam, bezichtigte er plötzlich mich des Mordes und nun bin ich hier eingesperrt und muss wohl meine Unschuld beweisen", murmelte sie und schnaubte. Dann fiel ihr plötzlich etwas ein und sie blinzelte. "Mall - Sie wird bezeugen, dass wir die tote Frau zusammen gefunden haben." Sie hatte in all der Aufregung nicht daran gedacht, aber jetzt wusste der Gedanke sie tatsächlich etwas zu beruhigen. Dann fügte sie, erklärend für Calhoun, hinzu: "Mall, eigentlich Mallahall, ist eine Zyranerin. Ein Freund stellte sie mir vor. Wir waren zusammen in der Taverne, als Lesano uns ansprach und ich ihn.. verprellte." Neri schwieg mit einem Mal und schaute Calhoun an. Sie hatte immer offen mit ihm geredet, egal ob er die Dinge - wie Details über ihre Heimat - wissen wollte oder nicht. Sie hatte ihm von dem Flüstern und von den Schatten erzählt. Jetzt aber schwieg sie und war merklich zurückhaltender ihm gegenüber als all die Zeit zuvor.

Sie musterte Calhoun erneut und so ganz wollte er ihr nicht hier her passen, was vielleicht auch an der Kleidung lag, die zu klein und kurz für ihn war. "Und was wirft man dir vor?", fragte sie dann, ohne sich von der Stelle bewegt zu haben. Neri hatte dazu gelernt. Wäre es ihre erste Begegnung hier in der Zelle, hätte sie keinerlei Zweifel daran gehabt, dass der Dunkelelf zurecht hier eingesperrt war und auf seinen Tod wartete. Aber jetzt wusste sie viel mehr über Calhoun als noch vor ein paar Wochen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er etwas getan hatte, das seinen Tod rechtfertigte. "Wieso bist du überhaupt nach Santros gekommen?", fragte sie dann direkt hinter her, weil sie noch immer nicht glauben konnte, dass sie zur gleichen Stadt aufgebrochen waren.

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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 17. April 2024, 12:58

Man hätte an Schicksal glauben können, wenn man bedachte, wie oft der Dunkelelf in ihr Leben trat, ohne, dass er es darauf anlegte. Dass Neri sich insgeheim gewünscht hatte, ihn noch mal zu sehen, einfach um sich für ihre Vorwürfe zu rechtfertigen oder gar zu entschuldigen, wusste keiner. Die Elfe musste sich mit dem Gedanken ohnehin erstmal selbst arrangieren. Im Grunde war sie nämlich stolz genug, es einfach gutseinzulassen. Nun aber stand Calhoun vor ihr und schaute sie mit einer enervierenden Ruhe an, von der man glauben wollte, sie spiegelte Gleichgültigkeit. Neri war überrumpelt und brachte kaum eine gerade Antwort heraus, geschweige denn eine schlagfertige. Calhoun aber legte es offenbar auch nicht darauf an. Als würde er über das zu trockene Hühnchen vom Abendessen sprechen, erzählte er beiläufig, dass man ihn offenbar hängen wollte. “Sie wollen dich.. erhängen?“ Da blitzten die Augen einen Moment auf als würde das Rot ihre kurze, aufkeimende Sorge erraten. „Scheint so“, gab er nur zu und bestätigte lapidar, dass sie ihn richtig verstanden hatte. Doch anstelle einer Erklärung, was er hier tat, erhielten sie die unerfreuliche Hilfe aus dem Nebenraum. Lesano blökte enthusiastisch sein Leid, während die Wachhabende mitschrieb. Letztendlich schien sie ihn aber zu maßregeln, denn sowohl seine Wortwahl als auch die Lautstärke änderten sich. Calhoun erfragte auf seine Art und Weise, was bei ihr los war. "Er hat aus Frust eine Frau erstochen" Das Rot seiner Augen ruhte auf ihrem Gesicht. Seine Haltung wirkte beruhigend, wenn man ihn erstmal ein wenig besser einschätzen konnte.
Durch Arunns Erzählungen, wusste Neri zumindest, dass ihre grundsätzliche Annahme, er wäre ein kaltblütiger Dunkelelf, falsch war. “Lesano hat sie in einer Gasse umgebracht und darauf gewartet, dass ich sie finde. Dann wollte er mich ebenfalls umbringen. Er ist total verrückt. Als die Stadtwache kam, bezichtigte er plötzlich mich des Mordes und nun bin ich hier eingesperrt und muss wohl meine Unschuld beweisen.“ „Hm“, kam es aus der Zelle und sein Blick glitt zum Eingang in den Zellenbereich. „Interessant“, murmelte er noch, ehe Neri ein Gedanke kam: “Mall – Sie wird bezeugen, dass wir die tote Frau zusammen gefunden haben.“ „Mall…“, stellte er eine stumme Frage und hob leicht eine Augenbraue. „Mall, eigentlich Mallahall, ist eine Zyranerin. Ein Freund stellte sie mir vor. Wir waren zusammen in der Taverne, als Lesano uns ansprach und ich ihn.. verprellte.“ Einen Moment sahen sie einander an. Die Stimmung zwischen ihnen war tatsächlich seltsam und so offen Neri ihm gegenüber immer gewesen war, jetzt war sie es eher im Gegenteil.

Calhoun bemerkte das sehr wohl, sonst würde er sie nicht so betrachten. „Also der ganz normale Alltag, ja? Interessant.“, fragte er mit tiefem Timbre und fast hätte man ein Lachen interpretieren können. Aber nur fast. „Offenbar hattest du einen richtigen Instinkt, ihn zu verprellen.“ Erneut glitt sein Blick an den Punkt an der Wand hinter der er Lesano und die anderen vermutete. Calhoun stieß sich von der Wand ab und drehte sich seitlich zu Neri, um aus der Zelle in den Raum zu schauen. "Und was wirft man dir vor?", musste sie dann fragen. Calhoun ausgerechnet hier zu sehen, war ein immenser Zufall.. ihn aber eingesperrt zu wissen, weil man ihn hängen wollte, das war etwas gänzlich anderes. „Mir wirft man vor, was man einem wie mir auch immer anlasten kann. Sie nennen das Kriegsverbrecher, wenn ich mich nicht irre. Hier in Santros herrscht ein strenges Regiment von Recht und Ordnung. Ich bin ohne Passierschein hier und letztendlich ist das einfach der ausschlaggebende Grund. Zudem wurde ich als einer der Kommandanten in Zyranus erkannt.“, erklärte er und ließ keinen Zweifel daran, dass er sich im Grunde nur dem unerlaubten Betreten der Stadt schuldig gemacht hatte. Ob das aber sein Leben wet war? "Wieso bist du überhaupt nach Santros gekommen?" Er schwieg. Dann wandte er leicht den Kopf in ihre Richtung. „Die Armee ist zerschlagen, zerstreut oder sucht Schutz im neuen Lager vor Zyranus. Ich kam her, weil auch hierher welche geflohen sein sollen.“, erklärte er. Im Grunde suchte Calhoun seine Leute. Auch er hatte sie verloren. Und laut Arunn, konnte der Elf nicht mal mehr in seine Heimat oder die Wahlheimat Dessaria. Santros lehnte ihn ebenfalls ab. Der Mann war ein Vagabund geworden, der das stoisch hinnahm. Sie entdeckte bei ihm jedoch keine Traurigkeit oder gar Verletztheit. Er blieb auf emotionaler Ebene der Stein, den er ihr bereits häufiger zeigte. Er ließ niemanden hinter das Gesicht aus dunkler Aura blicken und gewährte auch Neri diesen Gefallen nicht. Calhoun hatte offenbar akzeptiert, dass sich ihre Wege trennten. Was er darüber dachte, war bislang sein Geheimnis. Bevor sie nun aber noch weitersprechen konnten, da erregte eine Bewegung ihre Aufmerksamkeit.
Der Wächter, der eben Neri zur Zelle gebracht hatte, der brachte nun den Menschen. Lesano funkelte unwillig und entdeckte die Elfe, während er Calhoun nur einen flüchtigen Blick zuwarf. Lesano aber wurde in die Zelle zwischen ihnen gesperrt. „Ich will sofort freigelassen we“-, setzte der Mensch an, doch der Wächter schnaubte nur. „Beruhig dich, du wirst warten, bis auch die Elfe verhört wurde!“, sagte er sonor, bevor er an Neri’s Zelle trat und jene öffnete. „Sargin wird nun dich befragen, komm.“, forderte er sie auf und wartete, bis Neri soweit war. Lesano trat an die Gitterstäbe, während Calhoun’s roter Blick seelenruhig auf dem Dunkelhaarigen lag. Er schätzte ihn ein. Er las in ihm, wie er in jedem zu lesen schien. Der Dunkelelf besaß eine ganz eigene Ausstrahlung, die sowohl abschreckend als auch einnehmend sein konnte. Doch bevor Neri die Zellen verlassen würde, richtete sich sein Blick auf ihr Gesicht. „Ruhig bleiben. Dann regelt sich das alles von selbst!“, gab er ihr einen guten Rat und erregte damit Lesano’s Aufmerksamkeit. „Bitte?! Die Frau ist eine Mörderin!“, echauffierte er sich, doch der Dunkle durchstach ihn förmlich mit seinem Blick. Dann richtete er sich zu voller Größe auf und überragte Lesano tatsächlich um anderthalb Köpfe. „So? Dann wäre ich an deiner Stelle ganz besonders still, oder nicht?“, gab er ihm zum Nachdenken und der Dunkelhaarige stutzte perplex. Sein Blick wanderte zurück zu Neriélle, bevor er schnaubte und in seiner Zelle auf und abtigerte. Der Wächter brachte Neri nun auf eben jenen Platz, wo zuvor Lesano befragt worden war. Sargin nickte ihr zu und auch Mall war noch da. Der Junge war inzwischen aufgewacht und blickte Neri mit einem leichten Leuchten in den Augen an. Mall nickte Neri aufmunternd zu. Alles würde gut werden, sie hatte Zeugen, die ihre Geschichte bestätigten! „Also, N…“, Sargin blickte auf ein Pergament, „Neriélle? Dann erzählt mir bitte eure Version der Geschehnisse. In euren Worten.“, forderte die Wachhabende auf und blickte sie erwartungsvoll an. Der Wächter positionierte sich am Flur zu den Zellen. Neri konnte nicht ausmachen, was Sargin über sie oder Lesano oder die ganze Angelegenheit dachte. Im Grunde hatte sie gar nichts zu befürchten und trotzdem war das eine mehr als unangenehme Situation. Doch da musste sie jetzt durch und auch Calhoun hatte ihr geraten, Ruhe zu bewahren. Aber konnte sie das überhaupt, jetzt, da sie wusste, dass er nebenan war?
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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Neriélle » Donnerstag 18. April 2024, 10:10

Calhoun scherzte nicht. Als wäre es keine große Sache, bestätigte er, was sie zuerst nicht wahrhaben wollte. Sie wollten ihn tatsächlich erhängen. "Das können sie doch nicht machen", sagte sie leise. Neri wurde eine Spur blasser und sie merkte, wie ihr Herz bei seiner Zustimmung schneller schlug. Das Vorhaben, sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen, bröckelte. Wie groß war die Chance gewesen, dass sie sich überhaupt noch einmal wiedersahen? Wie groß war die Chance, dass sie in der gleichen Stadt und zur gleichen Zeit gefangen genommen wurden? Neri wurde mit der Zeit sicherer, dass sie nur vorübergehend hier eingesperrt war. Aber Calhoun wartete hier auf seinen Tod, ruhig wie eh und je. Neri runzelte die Stirn und vielleicht ahnte der Dunkelelf bereits in dem Augenblick, dass sich in dem Kopf der Elfe Widerstand regte und sie über einen Ausweg nachdachte.
Dann wechselte er aber das Thema und wollte wissen, wieso sie hier war. Neri erzählte ihm von Lesano, dessen charmante Worte man plötzlich bis zu ihren Zellen hören konnte. Neri berichtete Calhoun, dass der Mensch eine Frau erstochen hatte. Der Dunkelelf schwieg, aber Neri bemerkte auch seine beruhigende Ausstrahlung. Da war keine Provokation mehr zwischen ihnen, aber eben auch keine Nähe. Sie informierten sich einfach nur über den aktuellen Stand. Zumindest hatte Neri das Gefühl und deshalb waren ihre Worte auch nicht ganz so gelöst, wie es bisher immer der Fall gewesen war. Der Dunkelelf wirkte zwar ruhig, aber ließ sich wie immer weder seine Gefühle noch Gedanken anmerken und das ließ Neriélle zurückhaltend werden. Einige Sekunden sahen sie sich einfach nur an, während Neri versuchte, Calhoun einzuschätzen - was ihr wie immer nicht gelang. „Also der ganz normale Alltag, ja? Interessant.“ Für einen Moment engte sie die Augen und erwartete schon ein Lachen. Aber nichts dergleichen entfuhr Calhoun. Neri zuckte kurz die Schultern. "Mich wundert bald gar nichts mehr", erwiderte sie murmelnd und ließ erahnen, dass sie wohl nicht nur die Vorkommnisse zwischen Zyranus und Waldmenschendorf meinte. „Offenbar hattest du einen richtigen Instinkt, ihn zu verprellen.“ Neri folgte seinem Blick zu der Wand, hinter der sich Lesano im Nebenraum befinden musste. Sie dachte an das Dämonenblut in ihren Adern, das sie deutlich vor Lesano gewarnt hatte. Und das sie vor Dromar un seinem Dämon gewarnt hatte. Neriélle warf einen Seitenblick zu Calhoun. Die Stimmung war gedrückt und ein Teil von ihr wollte alles loswerden, was sie erfahren hatte und wortwörtlich in ihr schwelte. Aber sie biss sich kurz auf die Lippe, wandte den Blick ab und zwang sich innerlich dazu, zu schweigen. Vermutlich interessierte es ihn nicht einmal. Und selbst wenn, es war nicht der richtige Ort für solche Gespräche. Die Frage blieb, ob Calhoun diesen Ort überhaupt verlassen würde.

Neri musste ihn fragen, was genau ihm vorgeworfen wurde und ihre Frage machte deutlich, dass sie, obwohl sie den Vorwurf nicht kannte, ahnte, dass er unberechtigt war. Was würde schon seinen Tod rechtfertigen? Neri konnte kaum darüber nachdenken und verdrängte diese Möglichkeit. „Mir wirft man vor, was man einem wie mir auch immer anlasten kann.“ Neri nickte, denn so etwas in der Art hatte sie befürchtet. „Sie nennen das Kriegsverbrecher, wenn ich mich nicht irre. Hier in Santros herrscht ein strenges Regiment von Recht und Ordnung. Ich bin ohne Passierschein hier und letztendlich ist das einfach der ausschlaggebende Grund.“ "Sie können dich doch nicht wegen einem blöden Zettel erhängen", entfuhr es ihr da leise. „Zudem wurde ich als einer der Kommandanten in Zyranus erkannt.“ Sie brummte kurz, denn das war wohl nur ein weiterer, vorgeschobener Grund, um einen Dunkelelfen wie ihn aus dem Weg zu räumen. Das nahm sie jedenfalls an. Denn genau genommen hatte sie keine Ahnung von Kriegen und Kommandanten. Dann dachte sie daran, wie schnell Arunn ihnen solch einen Passierschein organisiert hatte. Die goldenen Augen huschten zurück zu Calhoun und sie nutzte die Gelegenheit, um ihn zu fragen, wieso er überhaupt nach Santros gekommen war. Er schwieg und erneut trafen sich ihre Blicke. „Die Armee ist zerschlagen, zerstreut oder sucht Schutz im neuen Lager vor Zyranus. Ich kam her, weil auch hierher welche geflohen sein sollen.“ Musternd glitten ihre Augen über sein Gesicht, während sie sich an Arunns Worte erinnerte. Calhoun hatte keine Heimat mehr und Menschen wie Arunn und Elfen wie sie ließ er nicht an sich heran. Sie verspürte wieder das Mitleid mit ihm, das Arunns Erzählungen geweckt hatten, und für den Moment kämpfte das ihre aufgebaute Zurückhaltung nieder. "Und stattdessen hast du mich gefunden, hm?", murmelte sie, als müsste das eine große Enttäuschung für ihn sein. Aber war es das wirklich? Ihr Blick lag noch immer auf ihm und sie schaute ihn abwartend an. Sie wollte eine Reaktion provozieren - in die eine oder andere Richtung, das war egal. Aber Neri war auf der Suche nach einem Anhaltspunkt seiner Gedanken - über sie.

Da tauchten der Wächter samt Lesano im Zellentrakt auf und Neris Aufmerksamkeit legte sich auf die beiden. Beim Anblick des Menschen verschränkte sie ablehnend die Arme vor der Brust. „Ich will sofort freigelassen we“, protestierte der eigentliche Mörder und wurde direkt unterbrochen. „Beruhig dich, du wirst warten, bis auch die Elfe verhört wurde! Sargin wird nun dich befragen, komm.“ Neri schaute von Lesano zum Wächter, der die Zelle aufgeschlossen hatte, und wieder zurück. Bevor sie aber ging, machte sie einen Schritt in Richtung des Menschen. "Ich werde dafür sorgen, dass du hier nicht mehr rauskommst", zischte sie ihm zu und ging dann zur Tür ihrer Zelle. „Ruhig bleiben. Dann regelt sich das alles von selbst!“, hörte sie da Calhoun. Überrascht von seinem Rat, blieb sie noch einmal stehen, wandte sich zu ihm um und sah ihn an. Aber Lesano fuhr dazwischen. „Bitte?! Die Frau ist eine Mörderin!“ Ein Paar roter und ein Paar goldener Augen trafen ihn gleichzeitig. Neri funkelte den Menschen wütend an. „So? Dann wäre ich an deiner Stelle ganz besonders still, oder nicht?“ Neri schaute an Lesano vorbei und erkannte, wie Calhoun sich vor ihm aufbaute. Sie konnte nicht anders, als die große Gestalt des Dunkelelfen zu mustern. Dann aber fing sie Lesanos Blick auf und spürte erneut die Wut über die Dreistigkeit des Mörders in sich. "Sei lieber vorsichtig, Lesano. Vielleicht werde ich ja noch zu einer." Sie kniff kurz die Augen zusammen, als sie ihm drohte und dachte nicht darüber nach, ob das so klug in Anwesenheit der Wache war. Sie bedachte den Menschen mit einem Schnauben und trat aus der Zelle.
Vor Calhouns Zelle blieb sie noch einmal stehen und sah den Dunkelelfen für einige Augenblicke an. Im schlimmsten Fall würde sie ihn nun zum letzten Mal sehen. Der Gedanke schmerzte sie und er schnürte ihr die Kehle zu. Aber das würde auch heißen, dass sie sein Schicksal schweigend hinnehmen würde. Und das konnte sie nicht und wollte sie auch gar nicht. Egal, wie er zu ihr stand. Arunn hatte ihr die Augen geöffnet. "Ich sehe ja, wie gut du alles mit deiner Ruhe geregelt hast", erwiderte sie und nach einigen Sekunden lächelte sie ihm zu, was ihrer Provokation gleich wieder den Wind aus den Segeln nahm. Sie wusste nicht, wieso sein Schicksal ihn so kalt ließ. Vielleicht war es ihm wirklich einfach nur egal. Ihr jedoch nicht. "Bis später", sagte sie dann, um ihm zu suggerieren, dass sie nicht einfach gehen und ihn hier lassen würde. Sie hatte Hoffnung, dass Sargin ihre Unschuld anerkennen und sie freilassen würde. Aber was war mit Calhoun? Neriélle wusste nicht, ob sie etwas für ihn erreichen konnte, aber sie machte klar, dass sie wiederkommen würde.

Dann endlich riss sie sich von Calhoun Anblick los und ließ sich von der Wache zu Sargin geleiten. Im Nebenraum fiel ihr Blick auf Mall und auch, wenn sie sich gerade erst kennengelernt hatten, war sie froh, dass sie noch hier war. Mall hatte schon einmal gezeigt, dass sie sich nicht alles gefallen ließ und durchsetzungsfähig war. Sie würde ihr sicher helfen. Neri erkannte die Zuversicht im Blick der anderen und fühlte sich gleich ein wenig sicherer. Auch wenn sie beide wussten, dass sie unschuldig war, musste sie Sargin noch davon überzeugen. Neri setzte sich an ihren Tisch und erwiderte ihr Nicken. „Also, N… Neriélle?“ Die Elfe nickte erneut. „Dann erzählt mir bitte eure Version der Geschehnisse. In euren Worten.“ Neriélles Blick huschte kurz zu Mall, einmal den Flur hinab, wo die Zellen lagen, und dann zurück zu Sargin. Sie versuchte, Calhouns Rat anzunehmen, und ruhig zu bleiben. Auch, wenn sein Schicksal sie nicht losließ und ihr anzusehen war, dass sie noch etwas beschäftigte. Zunächst konzentrierte sie sich aber darauf, freigesprochen zu werden. Wenn sie beide in den Zellen saßen, hätten sie weniger Spielraum. Neri begann zu erzählen, dass Mall und sie sich in der Taverne getroffen hatten - dass sie sich gar nicht kannten und worüber sie sprachen, ließ sie dabei außen vor. Sie erzählte von Lesano, der sie zum Tanz aufgefordert hatte und wie aufdringlich er direkt geworden war. Neri schmückte nichts aus, sie erfand nichts und übertrieb in ihren Erzählungen nicht. Aber sie erzählte mit fester Stimme und doch ziemlich ausführlich von Lesanos Gebaren und seiner Reaktion auf ihre Abfuhr, damit Sargin einen genauen Eindruck von dem Menschen bekam. "Mallahall wird Euch die Geschehnisse bestätigen können", warf sie ein und schaute kurz zur Magierin. Dann sah sie zurück zur Kommandantin und erzählte ihr, was passiert war, nachdem Mall und der Junge aus der Gasse verschwunden waren. Neri versuchte, ruhig zu bleiben, aber Lesanos Vorwurf war natürlich keine Kleinigkeit und es machte sie unruhig, dass er so dreist war, ihr den Mord anhängen zu wollen. Sie endete an der Stelle, an der die Blonde mit ihren Männern aufgetaucht war. "Er versperrte mir den Weg aus der Gasse und als Ihr aufgetaucht seid, drehte er den Spieß um." Sie schnaubte und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. "Ihr habt ihn selbst erlebt. Ihr glaubt mir doch?", wollte sie wissen. Sie musterte die Blonde abwartend und wartete auf ihr Urteil.

Während ihrer Erzählungen, hatte sich Neri auf Sargin konzentriert. Jetzt hüpfte ihr Blick aber wieder unruhig zum Flur, um sich zu vergewissern, dass man Calhoun in Ruhe ließ und nicht plötzlich für die Vollstreckung seines Urteils holte. Die Elfe wirkte nun etwas fahrig und abgelenkt. Sie überlegte, ob sie noch etwas warten sollte, aber sie konnte sich nicht länger zurückhalten. "Wenn Ihr nichts weiter wissen wollt, hätte ich eine Frage", begann sie und suchte erneut Sargins Blick. "Wieso ist der Dunkelelf eingesperrt? Er sagte, weil er keinen Passierschein vorweisen konnte." Neri lehnte sich wieder vor, legte die Unterarme auf dem Tisch ab und verschränkte die Finger ineinander, während sie die Kommandantin fragend ansah. "Deshalb soll er erhängt werden? Ist das hier in Santros üblich, Elfen wegen einem Stück Papier umzubringen?" Neri gab sich wirklich Mühe, ruhig zu sprechen. Die Formulierung ihrer Fragen ließ aber darauf schließen, dass sie diese Strafe für unangemessen hielt und Einwände dagegen hatte. Dass sie hier nichts zu sagen hatte und ihre Meinung vermutlich nicht gefragt war, interessierte Neri dabei erwartungsgemäß nicht.

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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Erzähler » Montag 22. April 2024, 21:46

Calhoun besaß keine Heimat. Er hatte sich, zumindest laut Arunn, in Dessaria durchaus wohlgefühlt und gar sein Herz für eine Liebe geöffnet. Eine Liebe, die, wie Neri nun wusste, nicht erfunden und nicht erzwungen worden war. Aryn war offen und neugierig auf die Welt gewesen. Es war kein Wunder, dass sie sich dann auch in jemanden wie Calhoun hatte vergucken können. Damals musste er noch etwas offener gewesen sein, denn laut Arunn war er erst nach dem Tod von Aryn so geworden. Im Grunde wollte jeder nur irgendwo seinen Platz finden. Egal woher er kam oder aus welchen Gründen er auf Reisen ging. Die Elfe konnte nicht recht verstehen, wieso sich der Dunkelelf seinem Schicksal ergab. Er sprach so lapidar von den Umständen, dass es ihr beinahe schon die Wut durch den Körper jagte. Doch dann regte sich nur Mitleid. Vielleicht war das viel schlimmer. "Und stattdessen hast du mich gefunden, hm?", hielt sie ihm unter die Nase, als er erklärte, er habe seine Leute gesucht. Der Mann hob den Blick in ihre Augen und erwiderte den ihren. Er schnaubte und schließlich zuckte er die Schultern, wie er es oft tat. Doch dieses Mal war etwas anders: Sein Mundwinkel zuckte leicht nach oben und gab ihm ein feines Lächeln. „Das dürfte dann die bessere Entscheidung des Schicksals gewesen sein“, murmelte er und gab ihr damit die Reaktion, die sie hatte provozieren wollen. Er hielt Neri nicht für nichts. Er hausierte nur nicht so offen mit seinen Gedanken und Empfindungen, wie man es manchmal wohl gerne brauchte. Allerdings brachte es auch nicht wirklich etwas, sich an diesen Worten festzuklammern. Er würde gehängt werden. Und saß im Gefängnis. Was konnte Neriélle schon ausrichten? Sie war selbst in Ungnade gefallen und ihre Reputation musste erst noch aufpoliert werden. Wenn ihr die Wachhabende Sargin nicht traute, dann würden sie vielleicht sogar gemeinsam am Galgen baumeln. Wie… romantisch.
Bevor Neri sich nun aber darum Sorgen machen konnte, blieb ihr Zeit, Calhoun’s Reaktion vorerst zu überdenken. Denn Lesano wurde hereingeführt und tauschte mit ihr den Platz.
Der Mensch machte keinen Hehl aus seinem Hass. Calhoun aber machte auch hier klar, dass er Neri nicht einfach den Tiraden des Menschen ausgesetzt ließ. Er warnte den Mann in der Zelle neben sich auf seine Art. Und auch Neri ließ es sich nicht nehmen, Lesano zu zeigen, dass sie sich nicht einschüchtern ließ: "Sei lieber vorsichtig, Lesano. Vielleicht werde ich ja noch zu einer." Die Wache blickte aufmerksam zwischen ihnen umher, doch hielt er sich mit Kommentaren zurück. Bevor er sie aus dem Zellentrakt führte, bekam auch der Elf noch zu spüren, dass sie sich dem Schicksal nicht einfach hingab. "Ich sehe ja, wie gut du alles mit deiner Ruhe geregelt hast. Bis später.“ Calhoun hob eine Augenbraue und schnaubte erneut nur als Antwort auf ihre Worte. Dann setzte er sich wieder auf die harte Pritsche und lehnte sich gegen die Wand. Ob Neri die Macht besaß, ihn herauszuholen würde sich zeigen müssen.

Im Nebenraum wartete dann Sargin auf sie und auch Mallahall saß da noch und blickte ihr entgegen. Die Zyranerin war wie ein Mutmacher in einer dunklen Zeit. Das Blond ihrer Haare leuchtete hoffnungsvoll, auch wenn es von dem schwarzen Schleier größtenteils verborgen blieb. Sie war nicht gegangen, sondern hatte zudem alles mit anhören dürfen. Ihrer Miene durfte Neri entnehmen, dass die Menschenfrau sicher nicht einfach nur geschwiegen hatte. Sie wirkte mehr als verstimmt. Trotzdem wurde die Elfe auf den Stuhl gesetzt, den Lesano bereits angewärmt hatte. Sargin forderte Neri auf, ihre Version der Geschehnisse zu erzählen. Immer wieder während ihrer Worte, kratzte der Federkiel von der Kurzhaarigen über das Pergament vor ihr auf dem Schreibtisch. Neri konnte sehen, dass ihr Finger bereits etwas schwielig wirkte. Offenbar hatte sie bei Lesano ebenfalls mitgeschrieben. Die Elfe konnte allerdings nicht lesen, was dort stand, denn sie schrieb in Sendli. "Mallahall wird Euch die Geschehnisse bestätigen können" Sargin hob den grauen Blick und wandte jenen dann an die Zyranerin an der Seite. Sie nickte und Sargin schrieb weiter. "Er versperrte mir den Weg aus der Gasse und als Ihr aufgetaucht seid, drehte er den Spieß um. Ihr habt ihn selbst erlebt. Ihr glaubt mir doch?" Sargin ließ Neri zappeln. Sie schrieb ihren Gedanken zu ende und sah dann auf. „Glauben könnt ihr im Tempel“, meinte sie zur Antwort und wirkte recht emotionslos dabei. „Ich muss nichts glauben, ich entscheide nach Fakten“, erwiderte sie präziser und ein Räuspern ertönte von der Seitenbank. Sargin musterte Mallahall. „Wachhabende Sargin, der Junge hat seine Aussage bereits gemacht und er ist müde. Darf er gehen?“, fragte die Blonde und der graue Blick rutschte auf den Pausbäckigen. Sargin sah in ihre Unterlagen, dann nickte sie. „Er darf.“, Mallahall half dem Jungen aufzustehen, dann sah sie ihn eindringlich an und nickte ihm zu. „Geh. Wie wir besprochen haben!“, meinte sie leise, dass es elfische Ohren hören konnten. „Vesuve, Arrond… Du findest ihn!“, murmelte sie noch in das Ohr, als sie den Jungen zum Abschied umarmte.
Der Junge nickte und lief dann hinaus. Kommandantin Sargin ordnete all die Unterlagen und klemmte sie mit einer Holzklammer zusammen. Dann drückte sie ein Siegelzeichen darauf, das ihre Initialen trug. „Ich prüfe die Fakten, verschaffe mir einen Überblick und befrage noch mal die Zeugen in der Taverne.“, teilte sie Neriélle nüchtern mit. Die Frau ließ sich wirklich nicht in die Karten schauen. Anders als aber gedacht, beschäftigte Neri gerade nicht so sehr ihr eigenes Schicksal, als viel mehr das von Calhoun. Sie hielt es nicht mehr aus und musste die Lage einfach ansprechen. "Wenn Ihr nichts weiter wissen wollt, hätte ich eine Frage. Wieso ist der Dunkelelf eingesperrt? Er sagte, weil er keinen Passierschein vorweisen konnte." Sargin hob eine Augenbraue. "Deshalb soll er erhängt werden? Ist das hier in Santros üblich, Elfen wegen einem Stück Papier umzubringen?" Sargin musterte sie einen Moment, dann zuckten ihre Mundwinkel. „Sicher nicht.“, meinte sie und erhob sich, um Neri’s Fall in eine Akte mit der Aussage von Lesano, dem Jungen und Mall zu heften.

„Der Dunkelelf ist niemand geringeres als Calhoun Acator. Ein gesuchter Kriegsverbrecher, der maßgeblich an den Geschehnissen vor Zyranus beteiligt war. Wer wäre Santros, wenn wir nicht dafür sorgen würden, dass er seiner gerechten Strafe zugeführt würde? Dass er ohne Passierschein in Santros weilt, ist ein ahndungswürdiges Delikt und beweist seine Niedertracht und seine schlechten Absichten. Wir sind es den traumatisierten Männern und Frauen in Zyranus schuldig, dafür zu sorgen, dass solche Personen nicht länger unter uns weilen. Eine Auslieferung nach Zyranus ist derzeit nicht vorgesehen, daher wird er hier seinem Schöpfer gegenübertreten dürfen.“, ließ sie Neri wissen. „Aber zerbrecht euch lieber über euer eigenes Schicksal den Kopf. Ihr werdet noch einen Moment Zeit dafür finden, bis ich alle Aussagen eingeholt habe.“, erklärte sie. „Wollt ihr sie etwa hierbehalten?“, japste Mallahall und trug Empörung im Gesicht. Sargin nickte leicht. „Das ist doch nicht euer Ernst!“, rief Mall und stemmte die Hände in die Hüften. Das Grau suchte das Blau. „Nicht?“, fragte sie nur aalglatt und zuckte die Schultern. „Wir müssen alle Fakten prüfen.“, meinte sie nur und man konnte erkennen, dass sie eine wirklich gute Beamtin war. Mall schnaubte. „Eure Methoden in allen Ehren, aber das ist Irrsinn und ihr macht euch sehr viel mehr Arbeit als nötig sein sollte!“, echauffierte sie sich und Sargin zog einen Mantel über ihre Uniform. „Das lasst mal meine Sorge sein. Kafgar!“, rief sie und die Wache, die Neri bisher nur anhand seines Griffes kennengelernt hatte schaute um die Ecke. „Hm?“ „Kafgar, ihr bringt Neriélle zurück in ihre Zelle. Versorgt die Gefangenen mit Wasser und Essen. Ich bin bald zurück.“, sagte sie und nickte den Frauen zu. Kafgar seufzte. „Soll ich nicht lieber mitkommen?“, fragte er, doch dann war Sargin bereits aus der Tür. Er sah Neri an und deutete wieder auf den Zellentrakt. „Wenn ich bitten darf.“, murmelte er und hoffte, sie würde freiwillig mitgehen.

Rhuna kommt von: Rein ins Getümmel

Nachdem Rhuna die Wache betrat, fand sie folgende Szene vor: Das etwas muffige, alte und hölzerne Mobiliar erinnerte deutlich an eine Polizeiwache aus Großstädten. Ob Rhuna sie kannte oder nicht, es wurde auch ohne Vorkenntnisse klar, dass hier mehr Arbeit als Vergnügen stattfand. Es gab zwei Schreibtische und an einem wurde auch gerade Pergament zusammengerafft. Davor stand eine kurzhaarige Frau mit schlanken, drahtigen Zügen. Ihre grauen Augen erfassten die Ankommenden sogleich und sie runzelte die Stirn fragend. Sie trug einen Mantel und schien im Gehen begriffen zu sein. Neben ihrem Schreibtisch stand ein Stuhl und davor stand Neriélle. Eine blonde Frau war bei ihr und hatte die Hände in die Hüften gestemmt, während ein zweiter Wachmann mit dunklen Haaren Neriélle durch eine Geste aufforderte zu folgen. Sowohl die blonde Frau in schwarzer Gewandung als auch Neri selbst sahen nicht sonderlich glücklich aus. Die Blonde aber war es, die als erste reagierte und Rhuna, sowie Yedan einen Blick über die Schulter zuwarf. Man konnte sehen, dass sie offensichtlich Trauer trug. Ein schwarzer Schleier verhüllte ihr Gesicht, doch die stechenden, blauen Augen konnte er nicht verbergen. Sie wirkte schon etwas älter, war definitiv menschlich und besaß ein freundliches Auftreten. Einzig die Schatten unter ihren Augen verrieten eine gewisse Last auf ihrer Seele. Das hinderte sie aber nicht daran, sich offenbar für Neri einzusetzen. „Was kann ich für Euch tun?“, hörte Rhuna dann die Stimme der Wachhabenden. „Ich bin Wachhabende Sargin. Was ist euer Anliegen?“ Erneut ging der Blick zur Wache. „Kafgar! Führt die Elfe nun nach hinten, bis ich zurück bin. Und denkt an das Wasser.“, erinnerte sie die Wache noch mal, bevor sie wieder abwartend zu Rhuna und Yedan blickte.
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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Neriélle » Dienstag 23. April 2024, 15:06

„Das dürfte dann die bessere Entscheidung des Schicksals gewesen sein.“ Calhouns Worte gingen Neri noch eine Weile durch den Kopf, als sie in den Nebenraum zu Sargin geführt wurde. Der Dunkelelf hatte vermutlich gesehen, dass sie überrascht von seiner Antwort gewesen war, denn im Grunde hatte sie mit einer sarkastischen oder gar ablehnenden Erwiderung gerechnet. Aber nicht damit. Es war ein Zugeständnis an sie. An sie beide. Vielleicht war es in Anbetracht der aktuellen Umstände nicht weiter von Bedeutung. Aber Neri bedeutete es tatsächlich etwas. Sie würde für seine Freiheit kämpfen, da konnte er sich sicher sein. Zuerst musste sie jedoch für ihre eigene Freilassung kämpfen. Sie versuchte, ruhig und kooperativ zu sein und schilderte der blonden Wachhabenden, was geschehen war. Dabei berief sie sich auch auf Mallahall, mit der Sargin einen kurzen Blick wechselte. Am Ende ihrer Aussage wollte Neri wissen, ob sie ihr glaubte und wartete ungeduldig darauf, dass die Blonde endlich zu Ende schrieb. „Glauben könnt ihr im Tempel.“ Überrascht hob sich Neris Augenbraue bei den charmanten Worten wie von selbst. „Ich muss nichts glauben, ich entscheide nach Fakten.“ "Das sind die Fakten", gab Neri zähneknirschend zurück und sah dann zu Mallahall, die sich räusperte und sich dafür einsetzte, dass der Junge gehen konnte. Neri beobachtete die Zyranerin, die dem Jungen noch etwas zuflüsterte, das auch ihre Ohren erreichte. „Geh. Wie wir besprochen haben! Vesuve, Arrond… Du findest ihn!“ Für einen Moment stutzte die Elfe, dann nickte sie Mall verstehend zu, falls diese zu ihr sah. Die Idee war gut. Sehr gut sogar. Arrond hatte sehr viel Einfluss in dieser Stadt und es war gut, wenn er kam und ein gutes Wort für sie einlegte.. und für Calhoun. Ein mulmiges Gefühl bereitete sich bei dem Gedanken in Neri aus, als ihr diese merkwürdige Konstellation bewusst wurde. Sie hatte Arrond erst heute kennengelernt, sie hatte mit ihm geschlafen.. und nun war er vielleicht der Einzige, der ein gutes Wort für Calhoun einlegen konnte.

Grübelnd biss sich Neri auf die Lippe, während sie überlegte, wie sie dabei am besten vorgehen sollte. Als sich Sargin allerdings erhob, um die Unterlagen zu ordnen, kehrte ihre Aufmerksamkeit zurück zu ihr. „Ich prüfe die Fakten, verschaffe mir einen Überblick und befrage noch mal die Zeugen in der Taverne.“ Neri war anzusehen, dass sie nicht darüber erfreut war, dass Sargin ihr nicht uneingeschränkt glaubte. Aus ihrer Perspektive war die Sache nämlich glasklar. Vielleicht war das auch der Grund, warum das Schicksal des Dunkelelfen sie im Moment deutlich mehr beschäftigte als ihr eigenes, sodass ihr auch die Bedeutung von Sargins Worten entging - nämlich, dass das Ganze noch nicht vollends abgeschlossen war und die Blonde noch kein Urteil gefällt hatte. Neriélle war aber gedanklich schon bei Calhoun und wollte nun aus Sicht der Wachhabenden wissen, wieso er eingesperrt worden war. „Der Dunkelelf ist niemand geringeres als Calhoun Acator. Ein gesuchter Kriegsverbrecher, der maßgeblich an den Geschehnissen vor Zyranus beteiligt war. Wer wäre Santros, wenn wir nicht dafür sorgen würden, dass er seiner gerechten Strafe zugeführt würde? Dass er ohne Passierschein in Santros weilt, ist ein ahndungswürdiges Delikt und beweist seine Niedertracht und seine schlechten Absichten.“ "Seine.. Niedertracht..?", murmelte Neri dazwischen, während Sargin weiter sprach. „Wir sind es den traumatisierten Männern und Frauen in Zyranus schuldig, dafür zu sorgen, dass solche Personen nicht länger unter uns weilen. Eine Auslieferung nach Zyranus ist derzeit nicht vorgesehen, daher wird er hier seinem Schöpfer gegenübertreten dürfen.“ Neri musste die Worte erst einmal verdauen, bevor sie etwas erwidern konnte. "Er ist aber nicht niederträchtig..", warf sie ein und sah Sargin an, in der Hoffnung, dass sie ihr zuhören würde. "Er.." Neri suchte nach Worten, um Calhoun zu verteidigen. "Er hat doch nur die Befehle dieses wahnsinnigen Dämons befolgt." Mit einem Mal erinnerte sie sich daran, wie Calhoun selbst seinen Soldaten befehligt hatte, die Fliehenden und Verletzten zu töten. Es war grausam gewesen und Neri war klar, dass sie im Grunde keine Ahnung davon hatte, was für Taten Calhoun in dem Heerlager begangen hatte. Aber sie hatte ihn auf dem Weg zum Waldmenschendorf anders kennengelernt und wusste nun Dinge über ihn, aufgrund derer sie ihn mit anderen Augen sah. Sie konnte das hier nicht schweigend hinnehmen. "Zyranus hat Überlebende der dunklen Armee aufgenommen. Vielleicht sucht er hier Schutz wie die anderen in Zyranus? Und ihr wollt ihn umbringen?", versuchte sie es erneut mit dringlicher Stimme. Sie warf einen Seitenblick zu Mallahall und vielleicht wurde dieser gerade klar, dass Calhoun der Dunkelelf war, von dem sie ihr erzählt hatte.

„Aber zerbrecht euch lieber über euer eigenes Schicksal den Kopf. Ihr werdet noch einen Moment Zeit dafür finden, bis ich alle Aussagen eingeholt habe.“ Neri runzelte die Stirn, als die Erkenntnis sie traf, die Mallahall aussprach. „Wollt ihr sie etwa hierbehalten?“ Neri sah das zustimmende Nicken der Blonden und schnaubte. "Ich bin unschuldig", bekräftigte sie noch einmal, konnte gegen die glatte Beamtin, die darauf beharrte, alle Fakten zu prüfen, aber offenbar nichts ausrichten. Auch Mall schien offen empört darüber zu sein. „Eure Methoden in allen Ehren, aber das ist Irrsinn und ihr macht euch sehr viel mehr Arbeit als nötig sein sollte!“ Die goldenen Augen huschten zwischen der Zyranerin und Sargin hin und her. Letztere zog sich plötzlich einen Mantel über und war im Begriff zu gehen. Neri sah sie fassungslos an und wechselte einen weiteren, hilflosen Blick mit Mall. "Das kann doch nicht wahr sein", knurrte sie. Vielleicht war es nicht so schlecht, noch einmal die Gelegenheit zu bekommen, um mit Calhoun zu reden und sich einen Plan zurechtzulegen. Allerdings ließ Sargin auch Zweifel aufkommen, ob sie ihr nun glaubte oder nicht und wenn sie selbst, wenn auch zu unrecht, verurteilt werden würde, würde sie Calhoun auch nicht weiterhelfen können. Natürlich wäre sie selbst viel lieber frei und würde sich an jene wenden, die wirklich Einfluss nehmen konnten - jemand wie Arrond. Neri sah verstimmt zu Kafgar, der sie zurück in die Zellen bringen sollte, aber scheinbar viel lieber mit Sargin gehen würde. "Geht ruhig mit ihr mit. Ich komme allein zurecht." Sie sah ihn mit schief gelegtem Kopf an, war sich aber sicher, dass er nicht auf die trockene Provokation eingehen würde, sondern natürlich die Befehle seiner Vorgesetzten ausführen würde. „Wenn ich bitten darf.“, forderte er sie tatsächlich auf. Neri blickte ihn für einen Moment an und wandte sich dann demonstrativ Mall zu. Sie wollte die Zeit nutzen, die ihr blieb. "Calhoun ist der Dunkelelf, von dem ich dir erzählte. Er half mir, Arunn zu dem Dorf der Waldmenschen zu bringen. Ohne ihn wäre er gestorben." Sie trat näher an sie heran, sofern das Kafgar zulassen würde, und senkte ihre Stimme, wobei es ihr egal war, ob der Wachmann sie hörte oder nicht. Es unterstrich nur die Dringlichkeit ihrer Worte. "Mall, ich kann ihn nicht hier zurücklassen. Er hat den Tod nicht verdient." Sie war auf der Suche nach Verständnis im Blick der Magierin, die Neriélle ansehen konnte, dass sie es ernst meinte. "Ich hoffe, Arrond ist bald da und kann uns hier heraus helfen."

Im Hintergrund hörte sie Sargin, die sich offenbar an Neuankömmlinge wendete. Als die Wachhabende sich aber wieder an Kafgar wandte und diesen aufforderte, sie wieder in die Zelle zu bringen, suchten Neris Augen reflexartig die Blonde in dem Raum. Zu ihrer Überraschung sah sie jedoch Rhuna und Yedan bei ihr stehen. Die Verblüffung stand ihr ins Gesicht geschrieben. "Rhuna, Yedan..? Was macht ihr hier, ist alles in Ordnung?" Für einen Moment machte sie sich Sorgen und hatte die Befürchtung, dass die beiden auch wegen einem Verbrechen hier waren. Allerdings beruhigte sie die Tatsache, dass sie nicht in Begleitung von Wachen waren. Neri wusste nicht, wieviel Geduld Kafgar noch mit ihr haben würde, und wandte sich erklärend an Mall. "Das ist Rhuna, die Lichtmagierin. Wir sind zusammen nach Santros gekommen und bei Arrond untergekommen." Neri war kurz angebunden, denn sie befürchtete, dass Kafgar nicht Unmengen an Geduld besaß. Deshalb wollte sie Mall mit den wichtigsten Informationen versorgen, falls sie gleich keinen Einfluss mehr auf das nehmen konnte, was sich hier abspielen würde.

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Re: In den Gassen der Stadt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Samstag 27. April 2024, 14:38

Im Besitz der Kette spürte Rhuna unterschwellig das Gewicht der Verantwortung, das sie mit diesem wertvollen Schmuckstück an sich nahm. Doch wirklich viel Zeit es zu betrachten, oder gar mit Yedan über ihre weiteren Schritte zu sprechen, hatten sie gar nicht. Zumindest nicht, was Bjorgs Fall anging. Diesen mussten sie nun ein wenig nach hinten schieben, auch wenn die Elfe spürte, dass sie die Kette am liebsten sofort wieder woanders verstecken würde. Das kalte und noch feuchte Metall der kleinen Box drückte sich an ihre Haut und löste einen Schauder in ihr aus.
Allerdings gab es gerade Wichtigeres! Neri könnte in Gefahr sein und das mussten sie und ihr Sarier schnellstmöglich überprüfen. Solange Rhuna sicherging, dass die Kette verborgen an ihrem Körper da blieb, wo sie gerade war, würden sie ihre Pläne ein wenig abändern können.
Doch nun war die Frage: Wo sollten sie hingehen? Sollten sie zum Anwesen zurück oder … wo hätte man Neri wohl hingebracht?
Yedan hatte wieder ihre Hand ergriffen und führte sie durch die feiernde Menge zu einer Seitengasse. Allein dieser kleine Teil des Weges, war in Hast bereits wieder etwas anstrengender. Rhuna war mehrfach angerempelt und gestoßen worden, einmal hatte ein Betrunkener ihr beinahe einen Arm umgelegt, um sie zu sich zum Feiern zu ziehen, doch so war es auch Yedan sicher ergangen. Obwohl der Einbruch des Abends mehr Kühle gebracht hatte, bemerkte man inmitten der Masse nichts davon. Es wirkte warm und irgendwie auch stickig, obwohl sie an der frischen Luft waren.
In der Gasse angekommen atmete Rhuna etwas tiefer durch und seufzte kurz. Sie hatte am Strand die Haare nicht mehr neu zusammengebunden, doch nun bereute sie es, denn in ihrem Nacken begann die wärmende Haarpracht bereits ein wenig zu kleben. Doch bevor sie nach einem Band oder etwas Ähnlichem tastete, mit dem sie in Eile die Haare zurückbinden könnte, kontrollierte sie, ob das Kästchen mit der Kette noch da war, was zum Glück der Fall war. Nicht auszudenken, wenn das wertvolle Ding verschwinden würde…
„Was für ein…“, begann Yedan und sie hob den Blick zu ihm, doch bevor er weitersprechen konnte, schüttelte ihn ein Husten. Rhuna sah kurz etwas besorgt drein, doch als er mit einem Lachen „Staubige Luft hier! – Gedränge!“, den Anfall erklärte, nickte sie mit einem kleinen Lächeln. Auch sie spürte das Kratzen der staubigen Luft in ihrer Kehle.
„Wir sind halt zweifelsohne noch immer im Trockenland!“, bemerkte sie, ehe sie ihr Haar zur Seite schob, so dass auch ihr Nacken etwas Luft bekam. Ihr Haarband schien sie verloren zu haben, was für sie nicht weiter schlimm war.
Sie sah sich um und zurück zu dem Menschenauflauf am Gassenende. Der Tag war wirklich vielseitig. Am Morgen noch war sie noch vor den Stadtmauern gewesen, dann waren sie zu Arronds Haus gelangt, sie hatte Bjorg in der Seemannsschule getroffen und einen wundervollen Tag mit Yedan am Meer verbracht. Dass der Tag mit der Suche nach Neri ausklingen würde, hätte sie wirklich nicht gedacht. Dass es sich – wenn es Neri wirklich betraf – um ein Missverständnis handeln würde, bezweifelte sie keine Sekunde.
„Sollen wir zurück zum Anwesen? Vielleicht weiß Arronds Butler, was zu tun ist!“, rätselte sie offen, doch Yedan hatte einen anderen Einfall.
„Wenn du glaubst, dass es Neri war, dann… sollten wir vielleicht mal…“ Er entdeckte einen Wachmann und hielt diesen ohne zu zögern auf.
„Entschuldigung? Wo würde man … verlorene Dinge finden können, wenn sie aufgegriffen wurden?“ Rhuna war Yedan gefolgt und blieb schräg hinter ihm stehen. Sie wartete erst einmal nur ab, doch war sie über den Zufall froh, dass ihnen dieser Wachmann offenbar weiterhelfen konnte. Auch wenn sie ihr Anliegen etwas… abgeändert hatten.
„Na bei der Wache. Folgt einfach der Gasse, dann zweimal links und schon seid ihr da!“, erklärte der Wachmann, woraufhin sich Yedan bedankte. Auch Rhuna nickte dem Mann dankbar lächelnd zu, ehe sich die beiden Elfen abwandten und der Wegbeschreibung folgten. „Dann wollen wir mal nachschauen, ob sich Neri Ärger eingehandelt hat!“, meinte Yedan noch, woraufhin Rhuna nickte. „Ich hoffe, dass es nicht Neri war! Vermutlich steckt dann auch Arunn in Schwierigkeiten, oder? Er würde Neri doch nicht allein durch Santros ziehen lassen!“
Bei der Wache angekommen hob Rhuna den Blick und betrachtete das Gebäude. Es war nicht schwer dieses als Wache zu erkennen, denn es unterschied sich optisch von den anderen Gebäuden. Doch Gedanken über die Architektur machte sie sich nun nicht. Zusammen mit Yedan steuerte sie die Türe an und wäre beinahe von dieser getroffen worden, als ein pausbäckiger Junge mit rötlichem Gesicht das Gebäude verließ.
Sie wich einen Schritt zurück und sah etwas verwundert dem murmelnden Jungen nach. Ihre feinen Elfenohren konnten deutlich das Gesagte verstehen.
„Arrond Vesuve…“ War das Zufall, dass der Name ihres Gastgebers gefallen war? Innerlich befürchtete sie, dass dem nicht so war.
„Seltsam…“, befand dies auch Yedan, ehe sie zusammen die Wache betraten. Dass ihm leicht schwindelig war, bekam Rhuna leider nicht mit, da sie vor ihm ging.
In der Wache traf sie erst einmal eine etwas stickige und aufgewärmte Luft. Das Mobiliar war vermutlich nichts Besonderes für eine Polizeiwache einer Großstadt, doch für Rhuna sah es dennoch etwas fremd und dadurch vielleicht auch ein wenig gewichtiger und einschüchternder aus. Die Atmosphäre war bereits irgendwie… offiziell und strenger, zumindest für sie.
Doch einen wirklichen Fokus legte sie auch darauf nicht. Ihr Blick huschte suchend umher und versuchte ein Anzeichen nach Neri ausfindig zu machen.
Ihr Blick wanderte zu den Schreibtischen, wo eine kurzhaarige Frau stand, die sich zum Gehen umwandte. Gleich dahinter entdeckte ihr Violett Neri und ihr Herz freute sich zu gleichen Teilen, wie es gerade auch mit der Hoffnung sank, dass es sich um eine Verwechslung handelte. Arrond selbst konnte Rhuna nirgendwo ausfindig machen. Dafür einen Wachmann und bei Neri stand noch eine schwarzgekleidete Frau mit langen blonden Haaren.
Die Stimmung war greifbar schlecht und geladen und Rhuna fragte sich, was sie überhaupt tun könnten? Sie alle besaßen keine offizielle Aufenthaltsgenehmigung und Arrond, als ihr Bürge war nirgendwo zu sehen. Auch Arunn nicht, was der jungen Elfe doch merkwürdig vorkam. Und der Geste des Wachmanns und dem empörten Auftreten der anderen Frau neben Neri schließend, schien man ihre Freundin wirklich in Gewahrsam genommen zu haben.
Ein kurzer hilfesuchender Blick wanderte zu Yedan. Doch sie schätzte es so ein, dass auch er nicht sofort wissen würde, was zu tun wäre.
In diesem Moment entdeckte die kurzhaarige Frau die beiden Neuankömmlinge und wandte ihnen ihre Aufmerksamkeit zu
„Was kann ich für Euch tun? Ich bin Wachhabende Sargin. Was ist euer Anliegen?“, fragte sie sie, ehe sie sich zu dem Wachmann umwandte. „Kafgar! Führt die Elfe nun nach hinten, bis ich zurück bin. Und denkt an das Wasser.“
Nun trafen Neris goldene Augen auch auf ihre Gestalten und mit einer Mischung aus Verwirrung, Sorge und Verwunderung rief diese:
„Rhuna, Yedan..? Was macht ihr hier, ist alles in Ordnung?“ Bei dieser Frage hätte Rhuna am liebsten das Gesicht verzogen. Ihre Freundin war verhaftet worden und doch machte sie sich scheinbar mehr Sorgen um sie beide, als um sich selbst.
Wir sind wegen dir hier, du dumme Nuss!, dachte sie in einer Mischung aus Frustration und ehrlicher Sorge. Sie kannte sich mit dem Strafsystem in Santros nicht aus, doch wäre überall eine Mordanklage eine ernste Angelegenheit. Rhuna sah schüttelte dennoch leicht mit dem Kopf und warf der anderen einen etwas angespannten und zugleich sorgenvollen Blick zu.
Neri wandte sich der schwarzgekleideten Frau zu, doch was sie ihr sagte, bekam Rhuna nicht mit, denn die Wachhabende Sargin wartete auf ihre Antwort. Von Namen her hätte sie sie gut mit der Kommandantin Targin verwechseln können, die sie bei der Seemannsschule kennengelernt hatten, doch leider war der Zufall ihnen in diesem Fall nicht hold.
„Wir …“, begann Rhuna und blickte noch einmal kurz zu Yedan, ehe sie weitersprach. „Mein Name ist Rhuna und das ist Yedan. Wir waren auf der Suche nach unserer Gefährtin Neriélle!“, erklärte sie und sah mit ihren violetten Augen zurück zu Neri. Dann straffte sich die junge Elfe plötzlich und sah die Wachhabende wieder an.
„Das dort ist sie! Würden Sie die Freundlichkeit besitzen uns zu erklären, was hier vorgeht? Wohin soll sie geführt werden?“, fragte Rhuna nicht unfreundlich, doch mit einer Betonung, die klarstellte, dass sie erfahren wollte, was mit ihrer Freundin war. Für die anderen Personen hatte sie derzeit noch keinen Blick.

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