Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Das Grasland macht seinem Namen alle Ehre. Weite Wiesen, geziert von Blumen, Sträuchern und Bäumen. Ein Beben hinterließ eine große Narbe in der schönen Ebene, eine große Schlucht, begehbar über eine dunkle Brücke
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Sarin Kasani
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Sarin Kasani » Montag 16. Januar 2023, 17:47

Sarin war mit ihren 1,60m und 48 kg Fliegengewicht doch 10cm kleiner als der stämmige und muskelbepackte Dessarier, der sich nach ihrem bissigen Kommentar vor ihr aufbaute und sagte:
„Ich weiß nicht, welche Laus dir über die Leber gelaufen ist, kleine Nachtblume, aber sei dir sicher, dass ich nicht eine Sekunde daran denke, dich anzufassen. Das überlasse ich schön ‚deinen‘ Männern, keine Sorge.“
Das klang eben noch ganz anders! Du.... du....
Er warf Neri einen Blick zu. Er sah aus als würde da gleich eine ganze Ladung an Schimpftiraden kommen wollen, wahrscheinlich um sie zu beeindrucken? Sarin zog leicht die Schultern hoch, als erwartete sie schon die 'verbalen' Schläge.
„Humor gibt es bei Nachtelfen nicht? Schade, täte euch wohl gut!“
, giftete er Sarin noch an und brachte dann aber Abstand zu ihr.
Humor schon, aber bei mir gibt es keinen auf Kosten anderer. Es muss dir wahrlich Spaß gemacht haben, dich über mich lustig zu machen.
Sarin entspannte sich aber wieder etwas, da er nicht 'zugeschlagen' hatte und fixierte seinen ihr zugewandten Rücken mit ihren Silberaugen, als könnte da gleich eine Schere drin stecken.
Na wenigstens hat er Selbstkontrolle...
, musste sie ihm dennoch zugestehen. Das er austeilte und dann sauer wurde, wenn jemand seinen Humor nicht teilte und er Paroli bekam, war ja man wieder sehr bezeichnend und wahrlich 'so getroffen' wirkte er nun wirklich nicht auf Sarin’s Ausbruch hin. Hatte ja auch nicht den Eindruck gemacht, als hätte er zuvor groß etwas für sie übrig gehabt.
Grober Mistkerl!
, dachte sie nur still bei sich und fühlte sich nun leider nur noch weiter in ihrer Annahme seiner 'Unhold-Rolle' bestätigt.
Der sollte sich mal …
Einmal mehr stolperte sie über ihre Unfähigkeit gut zu fluchen.
... Einfühlungsvermögen kaufen oder einen Lehrgang machen. Zyranus bietet sicher auch Benimmregel-Kurse an.
So verrückt die ganze Situation war, so verrückt waren auch ihre Gedankengänge. Da Arunn sich zwar als unflätig, ungezogen und ungewaschen heraus gestellte hatte, aber eben nicht vergewaltigte, verdrosch, oder vermöbelte so wie es den ersten Eindruck auf Sarin gemacht hatte, ...stieg sein Ansehen... UNGEWOLLT in ihren Augen, was sie auch niemals zugeben würde. Der Mann war schließlich ein:
Ungehobelter Schmutzfink!!! ...*zeigefingerwedel*...
Was besseres fiel ihr einfach nicht ein und das ärgerte sie noch mehr!
Aber man musste sich ja auch nicht gleich mit seinen Verbündeten befreunden und der Dessarier hatte sehr deutlich gemacht, dass ihm daran auch kein Interesse lag. Wenn sie das alles hier heil überstanden, dann könnte man vielleicht...
Ich könnte ihm Nachhilfekurse in Rhetorik...! ...aber nein!
Allein die bildliche Vorstellung Arunn in einer viel zu kleinen Schulbank gedrückt und zusammen gekauert vor seinen Notizen zu sehen, drohte ein Schmunzeln in Sarins Mundwinkel zu zaubern: Was natürlich nicht ging! Sie hatte ja beschlossen, den Dessarier nicht zu mögen! Aus! Schluss! Basta! Der Mann war sicher auch gegen jedes Bemühen immun. Sie hatten ohnehin größere Probleme!
Der Donnerhall von Asmodeus Stimme ließ alle andern Nichtigkeiten zerplatzen und fokussierte ihr Denken wieder auf das eigentliche Problem. Doch vorher nahm sich Castus noch die Zeit sich...
...zu verabschieden.
Sarin.
Die Stimme kam direkt aus ihrem Herzen, aber sie gehörte Castus. Sie weckte all die Gefühle, die sich in der Zeit mit ihm hatten entwickeln können. Unwillkürlich krallten sich die schlanken Finger der Nachtelfe im Kuss vereint in den Stoff seines Hemdes. Ihr ganzer Leib schmiegte sich an ihm und gab ihm was er brauchte... ihr Liebe. Immer gab er nur, aber Sarin konnte das auch. Doch in ihrem Herzen erklärte er, was sie schon lange geahnt hatte:
Ich bin nicht aus Liebe entstanden. Ich bin nichts, das geschaffen wurde. Ich wurde ... entrissen und in falscher Annahme geformt, etwas Neues zu sein. Aber ich bin nur ein unvollständiger Teil.
Ein Teil... aber der BESTE und du musst wieder eins mit ihm werden, ich weis...
...Einer der fehlt, eindeutig schon zu lange, um ungeschehen zu machen. Es reicht nur noch aus, es enden zu lassen.
Sarin hörte weiter in ihr Herz und lauschte still seinen Gedanken darin. Vereint im Kuss standen sie still da und hielten einander.
Ich weiß das, seit meine Essenz formen konnte, was man Seele nennt. Es war nie mein Schicksal, geschaffen und geboren zu werden. Aber es ist meines, es enden zu lassen. Wie gern würde ich ein anderes wählen. Eines an deiner Seite, eines auf Celcia. Es ist so schön hier. Ich mag das Leben. Ich mag dich und all jene, die ich hab treffen können. Es gibt so viel Unentdecktes für mich und ich werde vermissen, was ich nicht kennen lernen durfte. Am meisten werde ich aber vermissen, was ich aus Egoismus geschaffen habe und dir nun aufbürde. Ich weiß nicht, wen ich darum bitten könnte, es dir leicht zu machen. Ich möchte es dir nicht nehmen. Ich möchte es mir selbst nicht nehmen. Ich hänge sehr daran. Liebe ist wunderschön und ich hab sie auf sie viele Arten erleben dürfen. Ich hab sie dir schenken dürfen. Das möchte ich nicht verschwinden lassen.
Weist du, wenn man Liebe teilt, dann wird sie nur mehr. Also nimm sie mit und ...'infiziere' damit sein Herz, denn dort gehörst du hin. Nimm all meine Liebe mit dir und werde wieder eins.
Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich es so lasse, wie es ist. Ich wollte es anders machen, aber es fällt mir zu schwer. Jedes Mal, wenn du mir sagst, dass du mich liebst, breche ich ein. Ich hoffe, du kannst damit umgehen und siehst, was ich sehe, wenn dein Herz schwer ist: dass ich uns nicht nehmen wollte, dass wir einander lieben.
Es ist in Ordnung, ich bin nicht unglücklich und ich werde auch nicht leiden... zumindest nicht sehr. Ich ahnte es schon lange und ich weis, dass er dich mehr braucht als ich. Aber ich bin unendlich glücklich dich kennen gelernt zu haben ...und dass ich dich lieben durfte! Das werde ich immer sein, also danke ich dir für diese wundervolle Erfahrung. Auch wenn ich dir meine Liebe mitgeben werde, so wird sie immer ein Teil von mir sein. Ich werde dich nie vergessen Castus.
Trotz ihrer gefassten gedanklichen Worte drangen heiße Tränen aus ihren Augenwinkeln und entkamen dem silbernen Sternenkranz ihrer Wimpern. Natürlich war sie traurig, aber nur um ihrer selbst willen. Castus war immer nur ein fehlender Teil von Asmodes gewesen und musste wieder ganz werden. Niemand sollte so zerrissen leben. Aber niemand mochte einen Abschied und blieb zurück ...aber Sarin war nicht allein. Dafür hatte Castus gesorgt und dafür liebte sie ihn noch mehr! Für IHN wollte sie glücklich sein, denn jegliches Leid durfte ihn jetzt nicht berühren. Natürlich wollte sie den Kuss nicht enden lassen, wollte sie, dass er bei ihr blieb, aber sie hatte ihm auch ein Versprechen gegeben und wenn nicht einmal sein 'Tantchen Mall' ihn bis zum Ende begleiten durfte, dann durfte sie es erst recht nicht. Sarin wollte sich an ihre Abmachung halten, auch wenn es sie ein drittel ihres Herzens kosten würde. Sie würde es überleben und musste jetzt für ihn stark sein. Dann lösten sie sich voneinander und … es endete.
Es fühlte sich an, als würde Diamantstaub aus ihrem Herzen, als hätte dieser letzte Kuss einen Teil ihres Herzens zerrieben und gleichermaßen wuchs es für ihn noch einmal um ein vielfaches.
Das ist es also... das Ende.
Castus ging weiter zu Ian und auch dort ahnte sie, was er ihm auf seine unvergleichliche Art mitteilte. Sarin lächelte bei dem Anblick. Ians Herz war vielleicht fast genauso groß wie seines, vielleicht ein wenig ungeübter in solch großen Gefühlen, aber er würde Castus letzten Wunsch an ihn erfüllen.
Dann wandte sich der Halbdämon auch an Nerielle und Ian trat an Sarins Seite. Sie senkte nur leicht den Blick, als er die andere Frau im Zelt küsste. Natürlich machte er auch ihr dieses Geschenk. Bevor er aber auch noch den Dessarier küsste unterbrach sich Castus:
"Oh"
und wandte den Kopf herum, um die anderen mit einzuschließen.
"Ich brauche Pfeil und Bogen. Das ist wichtig."
Dann jedoch kehrte sein wunderschöner Blick aus den Tiefen unbekannter Galaxien zum Dessarier zurück. Sarin sah sich lieber nach Ians Bogen um, den er ja aus der Taverne mitgenommen hatte. Sich jetzt abzulenken war angenehmer, als zu beobachten, wie das ihr liebste Wesen den Holzkopf küsste.
...muss das jetzt sein... brrrr...
Aber so war Castus nun mal. Er belohnte auch jene, die Sarin ungewollt verletzt hatten. Er verschenkte seine Liebe und deswegen war er ja auch so besonders. Sarin verstand das, aber den Anblick musste sie jetzt nicht unbedingt ertragen, also wandte sie sich ab. Den mitgebrachten Bogen zu suchen, war jetzt bedeutend angenehmer.
„Ian... deinen Bogen...“
, murmelte sie leise vor sich hin. Sie mussten hier schleunigst weg, denn das Lager wurde unruhig und der Totenacker, bzw. die Grube war abseits des Lagers und dort ging niemand freiwillig hin. Auch Castus war mit der Wahl sehr zufrieden gewesen, denn dort konnte Asmodes auf keine Gefühle zugreifen um sich davon zu nähren. Sie würden ihn so weit begleiten wie es ging und dann mussten sie zurück bleiben. Asmodes durfte kein Leid spüren, wenn sein Sohn vor ihm stand. Sarin ahnte, dass das sehr schwer werden würde und erinnerte sich an Castus Worte in Zyranus, dass es ihm lieber wäre, wenn sie nicht mit ihm diesen Weg gehen würde. Es war nicht nur so, dass es allem widersprach, was ein liebendes Herz fühlen wollte, sondern es war auch gefährlich! Gerade SIE sollte Asmodes nicht zu nah kommen, denn auch wenn Sarin sich fest vorgenommen hatte, glücklich zu bleiben, so war sie auch gleichermaßen untröstlich und wusste nicht, ob sie den Anblick ertragen würde. Deswegen sah sie zu Ian auf und flüsterte leise:
„Wäre es besser... wenn ich hier bleibe?“
Sarin ahnte bereits, dass Castus den großen Dunkelelfen gebeten hatte, sich um sie zu kümmern. Er würde sie gewiss auch so mit seinem Leben schützen. Wäre es dann nicht besser eben nicht dabei zu sein? Sarins Herz wollte mitgehen, ihr Verstand argumentierte wie so oft dagegen. Es war einfach unlogisch sich in der Nähe eines Leid fressenden Dämonen aufzuhalten, wenn dieser ihre große Liebe verschlang. Wäre es nicht so, als kredenzte man Asmodes ein Buffet an Emotionen? Würde Sarins Herz ihm nicht besonders 'lecker' erscheinen? Sie war hin und her gerissen.
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Neriélle » Dienstag 17. Januar 2023, 13:57

Auf ihren Ausruf, dass er verrückt war und sterben würde, antwortete Castus so unglaublich ruhig, dass Neri ihn nur verdutzt anstarren konnte. Ja, es musste enden, das war auch der Elfe klar, die sich gar nicht erst vorstellen wollte, was passieren würde, würde der ihnen beschriebene Dämon durch die Lande ziehen. Ihre Heimat lag nicht weit von hier.. Castus wollte sich opfern. Doch Neri konnte sich nur schwer damit abfinden. Wie mochte es da Sarin gehen, die so viel mehr Zeit und offensichtlich Gefühle mit ihm geteilt hatte?
Aufgrund der Enge im Zelt wurden sie alle Zeugen der vielleicht letzten Zärtlichkeiten zwischen Castus und Sarin. Neri hätte ihnen gerne einen Ort nur für sich und ihren Abschied gegönnt.. aber es wäre töricht, jetzt einfach das Zelt zu verlassen. Also wollte sie wenigstens den Blick abwenden, als der Halbdämon Sarin küsste, doch dann sah sie sein brennendes Haar. Es hatte eine unglaublich beruhigende Wirkung auf sie und sie fühlte sich an das gemütliche Lagerfeuer erinnert, an das sie erst vor wenigen Minuten gedacht hatte. Ein leises Seufzen glitt über ihre Lippen und es fanden sich so viele Gefühle darin: Zuversicht, Sehnsucht, aber auch Schwermut.
Schließlich riss sie den Blick von den sich Küssenden los. Sie wollte ihnen wenigstens einen Hauch Privatsphäre gönnen, soweit das hier möglich war.
Sie beriet mit Iryan und Arunn, wie sie weiter verfahren sollten. Der Dunkelelfenriese hatte Bedenken, was das Massengrab anging. Doch Castus, der sich inzwischen von Sarin gelöst hatte, zerstreute seine Zweifel und befand es für einen geeigneten Platz. Neri sah die Tränen in den Augen der beiden und schaute schnell zu Arunn. Sie war keine heillose Romantikerin, aber mit dieser Tragik des Liebespaares konnte sie schwer umgehen. Innerlich hoffte sie, dass er sie mit einem schalkhaften Blick, der seine scherzhaften Gedanken zu offenbaren wusste, von den schweren Gefühlen hier ablenken würde.
Aus den Augenwinkel sah sie, wie Castus sich nun direkt an Ian wandte und auch ihn plötzlich küsste. Neri schaute die beiden aus großen Augen an. Sarin und ihre Männer hatten offensichtlich so einige Überraschungen auf Lager. Neri überlegte, ob sie sich auch hier abwenden sollte, doch dann löste sich Castus auch schon wieder von dem Dunkelelfen und wandte sich an Arunn und sie.
"Ich glaube, es ist so Brauch, dass man Frauen den Vortritt gewährt."
War es nun Zeit zu gehen? Neri war sehr unabhängig und selbstbewusst, zu viel Fürsorge nervte sie. Doch tatsächlich hatte sie in ihrer Situation erwartet, dass der Dunkelelf das Zelt als Erster verlassen würde, da er in ihren Augen der Fähigste zu sein schien, um ihnen Schutz zu geben. Daher stand ihr Verwirrung ins Gesicht geschrieben. Doch da war Castus schon bei ihr und umfasste ihre Hände.
Was sollte das? Misstrauisch und irritiert blitzte es in Neriélles Augen. Sie kam nicht einmal auf die Idee, dass ihr nun das gleiche blühen würde, wie Sarin und Ian zuvor, da legten sich schon Castus’ Lippen auf ihre. Sie hatte gar keine Gelegenheit zur Gegenwehr, die vermutlich tatsächlich eingesetzt hätte, wenn Castus nur noch ein paar Momente gewartet hätte. Doch jetzt durchströmte sie eine Wärme, deren Weg sie bis zu ihrem Herzen verfolgte. Sie vernahm Castus' Worte in ihrem Kopf. Sie sollte auf Sarin achten und ihr zur Seite stehen, wenn es endete.
Neriélle hatte seinen Kuss nicht erwidert, sie stand einfach nur völlig überrumpelt da. Als sich Castus löste und der Zauber endete, blinzelte sie einmal und schien dann wieder in der Wirklichkeit zu landen. Die Überraschung hatte ihre Gegenwehr unterdrückt, doch nun kam sie umso stärker zur Geltung. Neris Hand hob sich und sie gab Castus eine gezielte Ohrfeige.
Sie starrte ihn wütend an. Sie war sprachlos. Das kam wirklich selten vor. Fast so selten, wie sie sich ungefragt von einem Fremden küssen ließ.
"Nächstes Mal kannst du es mir auch einfach ins Ohr flüstern", knirschte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
In ihrem Inneren bebte es und sie hatte Mühe, an sich zu halten. Sie wusste, dass das jetzt hier der absolut falsche Ort war, um ihrem Ärger lauthals Luft zu machen. Sie war nicht der ungehobelte Typ, der andere Flüche an den Kopf warf. Aber für Castus würde sie bestimmt einen passenden finden. Doch wenn sie erwischt wurden, ging es auch ihr an den Kragen.
Sie drehte den Kopf zu Sarin. Auf Neriélle machte es den Eindruck, dass sie kein Problem damit hatte, dass Castus sie eben geküsst hatte. Immerhin nicht so leidenschaftlich wie sie und seine Zunge hatte er auch bei sich behalten. Aber so offensichtlich hatte nicht mal Neri jemanden vor den Augen eines anderen Liebhabers geküsst.
"Und du machst dir Sorgen wegen Arunn", schnaubte sie der Nachtelfe entgegen, ihre Worte waren voller Wut, während ihre Hände zu Fäuste geballt waren. Man sah ihr den Ärger deutlich an. Auch Arunn konnte nun eine neue Seite an ihr entdecken. Jeder hatte so seine Grenzen, und ihre hatte Castus ganz offensichtlich überschritten.
Dieser wandte sich nun Arunn zu und Neri bemerkte, wie Sarin deshalb den Blick abwandte. Die Shyáner Elfe schüttelte verständnislos den Kopf und atmete einmal tief ein und wieder aus, in dem kläglichen Versuch, Herrin über ihre Wut zu werden. Dann wandte sie sich ab, soweit das in dem Zelt ging. Sie suchte sich einen Platz, der Arunn noch am nächsten war. Der Einzige, dem sie hier vertraute. Am liebsten hätte sie ihn am Arm gepackt und wäre ihrer Wege gegangen. Doch sie hatten zugesagt, den dreien zu helfen. Sie beobachtete Castus dabei, wie er sich Arunn näherte, aber biss sich schweigend auf die Unterlippe. Nun war auch Neri klar, was Castus zuletzt auch mit dem Dessarier vorhatte. Aber der würde sich selbst wehren können.
Dann vernahm sie Sarins Frage, ob es nicht besser wäre, wenn sie hier bliebe. Da hob Neri wieder den Kopf in ihre Richtung. Nach Castus’ ungefragten Kuss war ihre Moral auf den Boden gesunken. Doch sie hielt stets ihr Wort und feige war sie auch nicht.
Daher bot sie an: “Wir können Castus noch bis zum Zelt des Arztes begleiten, wenn dich das beruhigt. Wenn ich das richtig verstanden habe, wäre es danach eh besser, ihn .. allein zu lassen. Wenn es nötig ist, können Arunn und ich für Ablenkung sorgen, damit er nicht entdeckt wird.” In ihrer Stimme klang noch immer Ärger mit. Trotzdem wollte sie es zu Ende bringen und ihr Wort halten, indem sie und Arunn dazu beitrugen, Castus zu seinem Vater zu bringen. Dass er ihr danach nicht helfen würde, ihr Hab und Gut zu holen und aus dem Lager zu verschwinden, war ihr inzwischen auch klar geworden. Sie vermutete, dass bei dem Treffen zwischen Castus und Asmodeus ein Chaos ausbrechen würde und vielleicht würde ihnen zumindest das in die Karte spielen. Ja, Castus hatte sie gebeten, danach bei Sarin zu bleiben. Aber es war nur eine Bitte, die er darüber hinaus auf einem ziemlich unglücklichen Weg geäußert hatte. Außerdem hatte sie noch Ian, mit dem sie offensichtlich viel mehr verband als mit Neri, der sie nur zufällig begegnet war. Diese wurde zunehmend unruhiger. Sie verspürte den immer stärker werdenden Drang, das Zelt zu verlassen.

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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Gestalt » Dienstag 17. Januar 2023, 14:55

Wie gut, dass der Dessarier nicht magisch begabt war und daher auch nicht Gefahr lief, die Gedanken der Nachtelfe zu lesen. Es wäre vermutlich noch vor Asmodeus‘ und Castus‘ Wiedersehen zum Chaos gekommen. Arunn ließ sich nicht die Butter vom Brot nehmen und er konnte durchaus Humor vertragen, selbst auf seine Kosten. Allerdings ließ er sich nicht als Vergewaltiger titulieren und freute sich auch noch darüber. Auch er hatte seine Grenzen und auch er barg eine Lebensgeschichte, die niemand der Anwesenden kannte. Es war gut, dass es dringlichere Dinge zu besprechen galt und dass es ausgerechnet der Dämon war, der sich jetzt als Retter in einer gewissen Not erwies, war doch ein Quäntchen Zynismus, das ihn wiederum zu erheitern wusste. Arunn aber hatte die Bitterkeit vergessen, nachdem er Neriélle ein Grinsen schenkte, ob des Dunkelelfen, der das Zelt betrat. Das, was die beiden Freunde zu berichten wussten, ließ ihn stumm zuhören. Bis Sarin ihn direkt ansprach und seine Ortskenntnis zu Rate zog. Während der Dessarier kurz überlegte, hatten Sarin und Castus ihren Moment. Kurz war er abgelenkt von dem blauen Leuchten und er hatte das Gefühl, als wäre er wieder zu Hause in Dessaria und könnte seinem Tagwerk nachgehen, so wie er es immer wollte. Es stahl sich sogar ein leichtes Lächeln auf seine Lippen, dessen er sich bewusstwurde und sich räuspernd abwandte. Arunn teilte seine Sicht der Dinge mit Neri und Ian, was beim Großen für Nachfragen sorgte, nachdem Castus sich hatte lösen können und seine Aufmerksamkeit wieder teilte. Der Mann nickte nur und hob die Schultern. Auch er kannte sich nicht mit dem ganzen Kram aus, war ihm grundsätzlich auch egal, denn er war lieber weit weg von solchen Dingen. Jetzt aber saß er mit im Boot, sodass er Castus zuhörte. Lernen konnte man ja immer etwas. „Na, dann wollen wir mal, was?“, mischte er sich ein und klatschte in die Hände.

Allerdings hatte er seine Rechnung ohne den Jungspund gemacht, der sich kurzerhand zu Iryan drehte und…. „Was bei all den…“, weiter kam Arunn nicht, denn er blinzelte perplex und wandte sich zu Neri. Fragen deutete er auf die beiden, bis sein Blick kurz Sarin streifte. „Na ihr l…“, er verstummte. Sein Gesicht wurde finster, während er sich von Sarin abwandte und sich zu Neri lehnte, um ihr ungehört von anderen zu zunuscheln: „die lassen’s aber krachen, was?“, ehe sein finsteres aufklarte und er sich demonstrativ die Fingernägel ansah. Arunn verzog das Gesicht bei dem ganzen Dreck und begann damit, sich die Nägel zu säubern, bis Castus sich löste. „Na dann, wenn ihr fertig seid…“, meinte er salopp, doch da trat der Blauschopf schon an Neri. Blinzelnd verfolgte Arunn, was nun folgte. Und schon klebten die Lippen an denen der Elfe. „Heee! Sag mal…“, wollte er einwenden, doch schien auch Neriélle vollkommen perplex zu sein, bis er sich löste. Dann veränderte sich das Bild, welches Arunn von der Elfe bisher hatte. Mit hochgezogenen Augenbrauen staunte er nicht schlecht, als sie dem Halbdämon eine Ohrfeige verpasste. Sichtlich ungehalten über sein Tun, sprudelte die Wut aus der Shyáner heraus und fegte einmal durch das Zelt. Arunn feixte offen.
Er war nicht schadenfroh, ganz und gar nicht, aber er war überrascht von dem Temperament, das die Shyáner an den Tag legte. Dann jedoch erlosch sein Feixen, denn er sah aus dem Augenwinkel, wie Castus sich ihm zuwandte. Argwöhnisch betrachtete er ihn, ehe er innehielt und nach Pfeil und Bogen verlangte. „Na wenn wir vielleicht Neri`s Sachen zurückho-“, er stockte, als Castus an ihn herantrat. Dann hob Arunn abwehrend die Hände und schüttelte energisch den Kopf. „Ne Meister, das lass mal schön bleiben, ich verzichte.“, bemerkte er und sah ihn durchdringend an. Aber Arunn war gar nicht so unempathisch, wie Sarin sich das dachte, weshalb er ein wenig einlenkte: „Auch wenn du’s nur gut meinst. Ist halt nicht für jeden was.“, nickte er auf Neri zu und schloss sie darin ein. Castus mochte in bestem Gewissen handeln, aber das hieß nicht, das auch jeder damit umgehen konnte. Arunn jedenfalls brachte Platz zwischen sich und Castus und lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf die anderen. „Also – wie Neri sagte, wir können euch zum Massengrab bringen und dann ‚nen Schuh machen‘, oder aber wir besorgen ihre Sachen. Da wäre ein Bogen dabei. Ihr habt uns aus der Zelle geholt – dafür schulden wir euch was. Aber ich sage euch, wenn ihr hier Ringelpiez mit Anfassen spielt und einem wahnsinnigen Dämon ans Leder wollt, dann bin ich weit weg – ganz wie gewünscht!“, er schnippte mit seinen beiden Daumen und Mittelfingern und richtete die Zeigefinger auf das Dreiergespann. Neri schloss er nicht mit ein, da sie in seinem Rücken stand und ihre Wut zügeln musste. „Alles klar? Wie lautet der finale Plan, damit uns hier niemand noch das Fell über die Ohren zieht?“, fragte er und wartete geduldig, auch wenn die Zeit langsam drängte.
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Erzähler » Dienstag 17. Januar 2023, 23:28

Ob Castus ihre Gedanken überhaupt hatte hören können oder bei seinem Kuss nur in ihrer Seele las und seine eigenen Geheimnisse mitteilte, würde Sarin nicht erfahren. Er reagierte jedenfalls nicht auf ihre gedachten Erwiderungen. Umso mehr Sehnsucht und auch eine Spur Wehmut legte er in seine Liebkosung hinein. Es war ein Abschied. Er hatte es von Anfang an gewusst und sich dennoch auf jede ihrer Freundlichkeiten eingelassen. Er hatte zugelassen, dass sie einander nähergekommen waren und er war ihrem Rat gefolgt, um seiner Gefühle Willen einmal - nur einmal im Leben - egoistisch zu sein. Er würde weder sich noch Sarin diese Erinnerungen nehmen, aber er würde aus ihrem Leben verschwinden. Und sie konnte nur dastehen und zusehen.
Neriélle hatte es sogar als Außenstehende schon schwer akzeptieren können, Castus verrückt genannt und ihm versucht klarzumachen, dass er in sein eigenes Verderben lief. Und er wusste es, akzeptierte es. Weil er ebenso wusste, dass sein Vater Celcia nicht noch mehr Schrecken zufügen durfte. Sarin wusste jetzt mehr. Er war Asmodeus irgendwie entrissen worden. Auch wenn sie Details nicht kannte, so ahnte sie doch, dass er wieder mit ihm vereint werden müsste, um vielleicht noch etwas aufzuhalten und dass am Ende nicht mehr Castus bei ihr wäre, sondern ... ja, wie würde es enden? Das war nicht wichtig. Es zählte nur, dass es endete. Um das zu erreichen war der Halbdämon bereit, alles zu geben.
Zunächst aber einmal gab, was man nur von ihm erwarten konnte. Er war so herzensgut und spazierte Zeit seines Lebens mit einer naiv unschuldigen Art durch die Welt, dass es selbstverständlich für ihn war, seine Zuneigung offen auszudrücken. Nicht nur Sarin erhielt einen Kuss. Erst war Iryan dran, den es zwar zunächst überraschte, der es jedoch schnell akzeptierte. Dann aber erreichte er Neriélle und auch sie blieb nicht vor seinen Lippen verschont. Jedoch hatte sie noch lange nicht genug Zeit mit dem kleinen Blauschopf verbringen können, um seine Art sich auszudrücken zu verstehen. Natürlich hätte er ihr auch einfach sagen können, was er sich von ihr wünschte. Sie ahnte ja nicht, dass er mit seinem Kuss und den damit verbundenen haraxischen Fähigkeiten seines Blutes bis tief in ihre Seele geblickt hatte. Solange seine Lippen an den ihren hingen, hatte er alles von ihr erfahren, auch die dunkelsten Geheimnisse, denen Neriélle sich vielleicht nicht einmal selbst bewusst gewesen war. Vielleicht hätte er sie ihr sogar verraten, aber just als sich seine Lippen von den ihren lösten, verließ auch die Hand die alte Position an der Seite der Shyánerin. Mit einem lauten Klaps verpasste sie Castus eine so deftige Ohrfeige, dass sein Kopf herum schwang. Er blinzelte überrascht und hob seine Finger an die gerötete Wange, welche nun sicherlich vor Schmerz pochte.
"Oh", meinte er plötzlich, als fiele nun erst die Fuchsmünze. Im nächsten Augenblick lächelte er Neri entschuldigend entgegen. "Jetzt war ich so sehr im Fluss, dass ich ... verzeih! Normalerweise frage ich vorher. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen." Der Einzige, der nun aber verlegen wirke, war er selbst. Mit einem beschämten Lächeln senkte Castus den Blick. "Ich bereue es nicht", gestand er. "Du besitzt eine wundervolle, interessante Seele. Ich hätte dich gern näher kennen gelernt." Und nur aus seinem Mund konnten diese Worte dringen, ohne dass man ihnen ernsthaft einen zweideutigen Hintergedanken andichtete. Dieser junge Mann meinte jede einzelne Silbe aufhrichtig und nicht alles musste auf körperliche Intimitäten hinauslaufen.
In dieser Hinsicht teilte Arunn seine Meinung, denn er hob sofort abwehrend die Hände, kaum dass Castus sich ihm zuwandte. "Ne Meister, das lass mal schön bleiben, ich verzichte. Auch wenn du’s nur gut meinst. Ist halt nicht für jeden was." Der Halbdämon akzeptierte das mit einem sanften Nicken. Dann gluckste er sogar: "Du trägst deine Seele offen auf der Zunge. Jeder kann sie sehen." Selbst jetzt ließ er die brenzlige Lage, in der sie sich alle befanden, in den Hintergrund rücken. Für einen bezaubernden Moment war es wie auf einer kleinen Feier in einem Geheimversteck und man wartete nur, dass Großmütterchen mit frisch gepresstem Saft und Erdbeerkuchen hereinplatzte. Lediglich am Rand der Szenerie konnte die Aura sich nicht so gefestigt zeigen und so erfasste sie Sarin nicht komplett. Diese erinnerte Iryan daran, dass er bereits Pfeil und Bogen mitgenommen hatte, um Castus damit auszustatten und der Dunkelelf zückte beides mit einem anerkennenden Nicken. Seine kleine Sarin bewies einen kühlen Kopf, selbst angesichts des bevorstehenden Abschieds. Dass es dann doch nicht vollkommen an ihr vorüber ging, bemerkte er jedoch, als sie fragte, ob sie nicht zurückbleiben sollte. Neriélle war es jedoch, die das durch ihren eigenen Vorschlag dementierte. Iryan stimmte ihr sofort zu. Er legte Sarin eine Hand auf die Schulter. "Im Zelt des Arztes ist die Entfernung sicherlich groß genug und ... es gibt dort Utensilien, die im Anschluss vielleicht helfen können. Ich halte das für eine gute Position."
Anschließend reichte er Castus Bogen und den Köcher mit Pfeilen. Drei Stück waren darin. Er hatte aber vermutlich noch weniger Versuche, sofern er überhaupt vor hätte, damit auf jemanden zu zielen. Oder war der Bogen für etwas ganz Anderes gedacht? Castus gab dazu keine Auskunft. Er bat Arunn lediglich, voranzugehen, da dieser den Standort für das Zelt des Feldarztes kannte. Arunn spielte nun also den kleinen Anführer der Gruppe. Sobald Sarin alle Kelidungsstücke genäht und sie sich mit letzten Kleinigkeiten ausgestattet hatten, ging es los. Inzwischen war reichlich Bewegung in das Lager gekommen und mehr als einmal musste die Gruppe sich aufteilen und an verschiedenen Stellen verstecken. Einmal harrten Neri und Sarin sogar mehrere Minuten in einem Versteck aus, um nicht entdeckt zu werden. Ein weiteres Mal musste Iryan für Ablenkung sorgen und eine Gruppe Soldaten ansprechen, damit die anderen in deren Rücken den Pfad ungesehen passieren konnten.
So erfuhren sie wenigstens, dass Asmodeus wohl Wut schnaubend durch das Lager walzte und sogar schon Soldaten aus den Zelten zerrte, nach seinen Ritualmagier-Begleitern schnappte und sich selbst ein Stück Fleisch aus dem Arm gebissen haben sollte. Er suchte eine Frau namens Mallahall, die sich im Lager aufhalten sollte. Gesehen worden sei sie jedoch noch nicht, aber die Soldaten sollten die Augen offen halten. Iryan erfuhr darüber hinaus auch, dass nur wenige Asmodeus wirklich noch Folge leisten wollten. Sie froren, waren hungrig und würden dem Heerführer inzwischen lieber aus dem Weg gehen, da hinter vorgehaltener Hand bereits darüber getuschelt wurde, einem Wahnsinnigen zu dienen. Und für so jemanden wollten sie sich an den Toren von Zyranus nicht töten lassen. Leider wussten die wenigsten einen Ausweg und so würden sie dem Befehl ihrer Offiziere zumindest folgen, denn Desertieren bedeutete Verfolgung und Tod.
"Sie haben Angst ... selten bei Dunkelelfen", knirschte Iryan, als sich alle erneut in einem kleinen Zwischenversteck zusammengefunden hatten und er ihnen seine Erkenntnisse hatte mitteilen können. Arunn brachte das nur zum Grinsen. "Tja, hab ihnen eine schöne Jauchegrube ausgehoben, da müssen sie sich nun nicht mehr einscheißen", witzelte er.
"Es wird bald vorbei sein", entgegnete Castus. Er blickte in die Runde. "Ich bitte euch, dann auf euer Herz zu hören. Wahre Größe zeigt sich in der Vergebung der Taten anderer." Und obgleich er es sagte, wandte er seinen Blick doch in Richtung des Lagerzentrums, von wo aus der Lärm hindeutete, dass Asmodeus dort wütete. "Sobald ich auf dem Totenacker stehe, muss jemand ihn zu mir locken. Ich weiß noch nicht, wie wir das bewältigen sollen", gestand er.
"Wir finden einen Weg", machte Iryan ihm Mut. Zunächst einmal aber fanden sie in das Zelt des Feldarztes. Arunn schaffte es tatsächlich sie ungesehen bis dorthin zu bringen. Vor dem Zelteingang türmten sich kleinere Berge von Soldaten. Die meisten hatte der Frost geholt, einige aber lagen wimmernd in ihrem eigenen Blut. Niemand kümmerte sich um sie. Castus wollte schon an sie herantreten, aber Iryan zog ihn und Sarin mit sich in das Zelt hinein, nachdem Arunn und Neri es betreten hatten.

Im Inneren herrschten mangelhafte Lichtverhältnisse. Keine Fackel befand sich hier und nicht einmal ein wärmendes Kohlebecken. Jemand hatte Laternen an den Zeltstangen abufgehängt, jedoch brannten nur noch zwei davon und ihre Gläser waren von Eisblumen bedeckt, so dass nur noch wenig Licht hindurch drang.
Das Zelt war größer als jenes, in dem sie sich vorhin noch alle eingefunden hatten. Ein zentraler Holzpfahl hielt die Zeltplane aufrecht und bot sogar Iryan genug Platz, aufrecht zu stehen. Unweit dieser Zeltstange fand sich ein Holztisch mit allerlei Tiegeln, Fläschchen und anderen Behältnissen für diverse Flüssigkeiten. Einige davon warne zerschlagen, dass ihr einstiger Inhalt sich auf dem schneefreien Boden unterhalb des Tisches ausgebreitet hatte. Nur wenig davon versickerte im gefrorenen Erdboden, so dass mehrere Pfützen entstanden waren.
Die größten Pfützen aber waren Blutlachen, die sich teilweise auf Laken, teilweise auch unter ihnen und den Pritschen befanden, auf denen sie ausgebreitet waren. Eine Belagerung bot keine Zeit für Hygiene und es fehlten eindeutig Hilfskräfte, um zwischen den Patienten wenigstens die Laken der Feldpritschen zu wechseln. Alle dieser ramponierten Betten waren besetzt. Nur noch in zweiten davon rührten sich die Insassen. Einer wimmerte im Fieberwahn, bemerkte nichts und niemanden mehr. Der andere - ein schwer verletzter Dunkelelf - blickte aus dem verbliebenen Auge zu der Gruppe herüber. "Feinde...", brachte er mit heiserem Krächzen hervor, hätte sich den Atem aber lieber sparen sollen. Wenig später verlor er das Bewusstsein.
Es hörte ihm ohnehin niemand zu. Der Arzt, welcher eigentlich das Zelt bewohnte und mit dem Neriélle schon hatte Bekanntschaft machen dürfen, war zwar anwesend, aber nicht ansprechbar. Dass es sich um den Gandessaner handelte, erkannte Neri schnell, auch wenn seine Haut fahl und blass geworden war und das seidige, lange Haar wie verschüttete, schwarze Milch seinen Leib umflutete. Er trug noch immer die Blut befleckte weiße Schürze über der purpurnen und mit Goldsaum versehenen Lederkleidung, deren rotes Kreuz an der Schulter ihn eindeutig als Heiler auswies. Ja, sie erkannte ihn, selbst mit dem starren Blick, den er an die Zeltdecke richtete, während er einfach so da lag. Was ihn letztendlich umgebracht hatte, war schwer zu deuten. Man sah keine Verletzungen, er lag nicht in seinem eigenen Blut, aber beide Hände hatte er um den Hald gelegt, als wäre er erstickt. Castus trat wortlos an ihn heran, schnappte sich eines von vielen kleinen Tüchern von einem anderen Tisch, auf dem sich auch allerlei Sägen, Zangen und andere medizinische Folterinstrumente fanden, und legte es dem Toten über das Gesicht. Dann schaute er zu Sarin herüber.
"Ich weiß, es ist nicht der beste Zeitpunkt, aber ... du hast schon für unsere Freunde gebetet. Würdest du es für unsere Feinde ebenso tun?" Nur er konnte mitten während einer Belagerung, im Lager der feindlichen Armee darum bitten, während sein dämonischer Vater zwischen den Zeltreihen umher rauschte und nach einer Frau suchte, die nicht lebend wieder herauskäme, würde sie sich tatsächlich hier befinden.
"Wir sollten lieber besprechen, wer nun die stinkend braune Arschkarte gezogen hat, um den Lockvogel für deinen Papi zu spielen", brummte Arunn mit verschränkten Armen. Iryan warf ihm einen Blick zu, der eindeutig zeigte, dass er sich freiwillig meldete, würde keiner mit einer besseren Idee daherkommen. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr.
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Sarin Kasani » Mittwoch 18. Januar 2023, 09:16

Ducken – Warten – Lauern – weiter...
Der Weg durch da Lager war gespickt mit Gefahren, aber irgendwie schafften sie es alle beim Zelt des Lager-Arztes anzulangen. Der Anblick der schwerst Verwundeten, teils toten, teils verlorenen Seelen war fast zu viel für Sarins Herz. Andererseits fühlte sie auch den Drang zu helfen, der somit eine Ablenkung war um nicht in ihrem eigenen Leid zu versinken. Ihr Blick ruhte auf den Toten und auf Castus' Händen die dem Arzt das Gesicht abdeckte. Seine Augen standen still und der Anblick erinnerte jede lebende Seele daran, dass der Tod ihn geholt hatte und er jetzt die Toteninsel Kata Mayan besuchte. Kalt kroch es über die Haut und man wurde an seine eigene Endlichkeit erinnert.
Nur noch in zwei Betten rührten sich die Insassen. Einer wimmerte im Fieberwahn, bemerkte nichts und niemanden mehr. Der andere - ein schwer verletzter Dunkelelf - blickte aus dem verbliebenen Auge zu der Gruppe herüber.
"Feinde..."
, brachte er mit heiserem Krächzen hervor, hätte sich den Atem aber lieber sparen sollen. Seine Kraft versiegte. Sarin hockte sich neben sein Bett und streichelte sanft seine Wange. Sie verstand die dunkle Sprache noch nicht gut genug, aber sie hatte Mitleid mit diesem Mann. Wenig später verlor er das Bewusstsein.
"Ich weiß, es ist nicht der beste Zeitpunkt, aber ... du hast schon für unsere Freunde gebetet. Würdest du es für unsere Feinde ebenso tun?"
Sarin nickte natürlich. Sogleich begann sie Farbe und Pinsel vorzubereiten um die letzten Runen zu segnen, die es hier reichlich zu verteilen galt.
"Wir sollten lieber besprechen, wer nun die stinkend braune Arschkarte gezogen hat, um den Lockvogel für deinen Papi zu spielen"
, brummte Arunn. Iryan warf ihm einen Blick zu, der eindeutig zeigte, dass er sich freiwillig meldete. Da Cas sie bereits um den Segen gebeten hatte, sah Sarin beschäftigt auf ihre Hände und murmelte leise:
„Mägde haben das Gerücht in die Welt gesetzt. Sie suchen nach Frauen. Wenn eine leichtfüßige schnelle Frau laut ruft: 'Mall warte auf mich!' und dabei von hier aus an Cas vorbei in Fluchtlinie zu Asmodes das Weite sucht, dann wäre das sicher eine Möglichkeit ihn zu ihm zu locken.“
Dann sah sie fragend zu Nerielle, ob sie Anzeichen dafür zeigen würde, diese Aufgabe zu übernehmen. Wenn nicht, würde sie es selbst tun, auch wenn im Grunde es jeder machen könnte. „Allein die Erwähnung des Namens 'Mallahalls' wird im Moment wie ein rotes flatterndes Tuch auf Asmodes wirken.“
Es galt nur aufmerksam zu sein und die Richtung abzustimmen, in die die vermeintliche Fluchtlinie dann gezogen werden würde.
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Neriélle » Mittwoch 18. Januar 2023, 10:38

Castus hatte so eine herzensgute Seele, dass sich Neri im Nachhinein fast schämte, ihm eine Ohrfeige gegeben zu haben. Aber der Impuls, sich zu wehren, war plötzlich da gewesen und sofort in die Tat umgesetzt worden. Dennoch bereute sie es so wenig wie der Halbdämon seine Tat. Doch sie ließ es ruhen und ärgerte sich im Stillen neben Arunn weiter. Bei den Worten von Castus über Arunns Seele, die er auf der Zunge trug, nickte Neri zustimmend mit einem leichten Grinsen auf den Lippen. Das traf es sehr gut.
Der Anblick von Pfeil und Bogen, die sie an ihren eigenen erinnerte, schmälerte ihren Ärger nicht gerade. Sie war lediglich überrascht darüber, dass sich nur drei Pfeile im Köcher befanden. Neri hoffte einfach mal, dass Castus ein begabter Bogenschütze war - was er auch immer genau damit vorhatte.
Zunächst mussten sie unbescholten das Arztzelt erreichen. Beinahe lautlos schlich Neri hinter Arunn her. Ihre ganze Konzentration lag auf ihren Sinnen. Adrenalin pumpte durch ihre Adern. Ihr Herz klopfte wie wild, als sie von Versteck zu Versteck huschten und endlich das Zelt in Sicht kam.
Neri stockte der Atem, als sie die ganzen Soldaten vor dem Zelteingang sah. Ihr bot sich ein komplett anderes Bild als gestern. Sie versuchte, das Bild aus ihrem Kopf zu kriegen, und huschte schnell in das Zelt hinein. Auch hier sah es anders aus. Der Tisch in der Mitte mit dem alten getrockneten Blut war nichts Neues. Aber auf den Pritschen lagen nun Laken, von Blut durchtränkt, und darauf überall Tote. Als sie den Arzt dort liegen sah, zog sich ihr Herz unweigerlich zusammen. Sie kam näher und erkannte schnell, dass er tot war. Ein Schauer lief eiskalt ihren Rücken hinab und in ihren Augen standen plötzlich Tränen. Sie hatte ihn kaum gekannt und am Ende hatte er sie dem Dunkelelfen gegenüber verraten - weil sein eigenes Leben daran hing. Aber er hatte ihr eine Möglichkeit gegeben, als seine Helferin durch das Lager zu gehen, um einen Weg hinaus zu suchen. Was, wie man sah, kläglich gescheitert war, denn sie stand schon wieder hier.
Castus bedeckte sein Gesicht mit einem Tuch und Neri blinzelte die Tränen fort. Sie konnte doch jetzt unmöglich wegen einem Fremden vor den anderen heulen! Die Elfe aus Shyána konnte abermals feststellen, dass sie nicht aus sehr hartem Holz geschnitzt war. Die Zustände im Zeltlager waren das komplette Gegenteil von ihrer friedlichen Heimat, die sie gerade erst verlassen hatte. Irgendwie war Neri Castus in dem Moment dankbar, als dieser Sarin darum bat, für die Toten zu beten.
Die Tränen waren weg geblinzelt, als sie zu Sarin sah, die Farben und Pinsel auspackte. Im gleichen Moment stellte Arunn die Frage in den Raum, wer den Lockvogel spielen sollte. Ian brauchte keine Worte zu verlieren, man sah ihm an, dass er es bereitwillig tun würde. Doch Sarin hatte eine andere Idee und fing ihren Blick auf. Leichtfüßig und schnell, das traf in jedem Fall auf die Elfe zu. Ebenso wie eine große Portion Selbstbewusstsein, die oft in Übermut ausartete. Neri spürte die Blicke der anderen auf sich und straffte die Schultern.
“Klar. Die Karte geht an mich”, sagte sie dann mit einem kurzen Seitenblick auf Arunn und grinste kurz, um ihre eigene Unsicherheit zu überspielen, die für einen Moment aufflackerte. Immerhin ging es um einen Dämonen, für den allein der Name Mallahall ein rotes Tuch war, so wie ihn Sarin beschrieb. Das waren im Grunde keine guten Voraussetzungen, um in die Richtung eines wahnsinnigen Dämons zu rennen und ihm sein roten Tuch vor die Nase zu halten. Aber Sarin war beschäftigt mit den Toten und vermutlich war es klüger, sie nicht noch näher an den Ort zu bringen, an dem es bald enden würde. Und außerdem war Neri auch einfach zu stolz, die direkte Frage an sich abzulehnen.
“Also gut Castus. Wo soll ich deinen wahnsinnigen Vater hinlocken? Ich hoffe, du schnappst ihn dir, bevor er mich holt.”
Sie sollte ihn auf die freie Ebene locken, da würde es schwer werden, ein geeignetes Versteck zu finden. Langsam überkamen Neri Zweifel und sie verlagerte unruhig das Gewicht von einem auf das andere Bein.

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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 18. Januar 2023, 12:59

Das Bild im Inneren des Zeltes holte nicht nur Castus in die Wirklichkeit zurück. Das hier war weder ein Spielplatz noch ein aufregendes Abenteuer, an dessen Ende gemütliches Beisammensein am Lagerfeuer auf sie wartete. Der Tod war allgegenwärtig und er fand seinen Weg sogar bis in die Reihen jener, die darum kämpften, ihm noch einmal die Seelen aus den bleichen Knochenfingern zu reißen. Dieses Mal hatte der Arzt verloren. Was immer ihn befallen hatte, es hatte ebenso zu seinem Ende geführt. Castus erwies ihm die letzte Ehre, als er sein Gesicht mit einem Tuch bedeckte. Für den Soldaten im Fieberwahn konnte er noch weniger tun. Vielleicht wäre der Einäugige noch zu retten. Vorerst stellte er aber ebenso wenig eine Gefahr dar wie er Hilfe hätte sein können. Der Tod war anwesend, würde sie jedoch nicht verraten. Die Gruppe konnte einmal durchatmen und neue Pläne schmieden. Pläne ... keiner davon hatte bisweilen so richtig funktioniert. Keine guten Aussichten, wenn man bedachte, wozu Castus bereit war. Während Sarin sich schon darum kümmerte, den verstorbenen Seelen Totenrunen aufzuzeichnen, um ihnen einen leichteren Übergangn wohin auch immer zu ermöglichen, spannte der Blauschopf eine Sehne auf seine Fernwaffe.
Neriélle fiel auf, dass sich nur noch drei Pfeile im Köcher befanden, aber es war ohnehin unklar, wofür Castus so dringend einen Bogen benötigte. Er würde seinen Vater kaum damit erschießen können, mal davon abgesehen, ob diese Absicht wirklich dahinter steckte. Denn trotz all des Wahnes, all des haraxischen Blutes, das Asmodeus zu diesen Schreckenstaten zu treiben schien, blieb er Castus' Vater. Der Bursche kam nun auch endlich in der Realität an. Sein argloses Lächeln war einem nachdenklichen Blick gewichen, der bisweilen etwas Melancholisches hatte. Ob er sich im Stillen schon von all dem hier verabschiedete? Nein. Er war konzentriert.
Arunn aber sprach aus, was ihm durch den Kopf ging. Castus könnte unmöglich den Lockvogel spielen und gleichzeitig alle Vorbereitungen treffen, um seinem Vater entgegen zu treten. Ein anderer musste die Aufgabe übernehmen, Asmodeus bis zum Totenacker zu bringen. Bis auf den Dessarier schienen alle dazu bereit zu sein. Er hielt sich zurück. Belagerung hin oder her, im Grunde hatte er damit nichts zu tun und so rein sein Herz vielleicht auch war, selbst er kannte Grenzen. Sein eigenes Überleben könnte hier und jetzt so leicht ausgelöscht werden. Verdammt noch eins, er hatte nicht Wochen lang Latrinen ausgehoben, um dann von einem dämonischen Heerführer beim Fangenspielen massakriert zu werden!
Dass Neriélle sich allerdings plötzlich freiwillig meldete, um diese Aufgabe zu übernehmen, ließ ihn jene länger mustern als nötig. Er suchte offenbar ihre Motivation hinter der Entscheidung. Auch sie war fremd hier. Auch sie berührte dieser Krieg eigentlich überhaupt nicht, ebenso wenig das Schicksal der drei anderen. Ja, man wollte ihnen helfen, immerhin hatten sie die beiden aus ihren Gefängniszellen befreit. Doch diese Tat wog in Arunns Augen nicht das Risiko auf, einen ohnehin schon wütenden Dämon noch zorniger und zum eigenen Verfolger zu machen. Er war schon drauf und dran, einen Schritt auf Neriélle zuzumachen. Was auch immer ihn nun dazu bewog, ihr von der Aufgabe abzuraten, Arunn erhielt dieses Mal keine Gelegenheit, sich bemerkbar zu machen.
"Du kannst dich gewiss schneller bewegen als ich", argumentierte Iryan für Neriélle. Sie trug keine schwere Rüstung, was ihr somit einen Vorteil gäbe. Castus nickte. "Damit ist es abgemacht", sagte er. Er war es nun, der an die Shyánerin heran trat. Ein sanftes Lächeln umspielte seine Züge. Er schüttelte ganz leicht den Kopf. "Keine Sorge. Ich versuche nicht mehr, dich zu küssen. Deine Aufgabe ist so simpel wie gefährlich, deshalb bitte ich dich: Pass auf dich auf. Wenn du auch nur die kleinste Vermutung hast, es schlägt fehl, dann flieh. Wir finden einen anderen Weg. Dein Tod ist es nicht wert, du hast doch noch viel zu erledigen." Er legte den Kopf schief. "Ich hätte wirklich gern erfahren, in welche Richtung sich deine Gaben entwickeln."
Dann wandte er sich ab, schulterte noch einmal den Bogen und atmete durch. Er war nervös, aufgeregt, angespannt ... all die herzensgute Sorglosigkeit verflog für diesen einen Atemzug. Dann hatte Castus sich gewappnet. "Sarin", wandte er sich zunächst an sein Herzblatt. "Beende deine Gebete für die Toten. Danach lege irgendetwas um das Zelt. Du bist so fähig, ich vertraue dir, dass du die richtigen Runen findest. Mach es harmlos, damit mein Vater nicht auf dieses Versteck aufmerksam wird. Es liegt dem Massengrab am nächsten. Er darf nicht auf die Idee kommen, einen Blick hier hinein zu werfen. Schütze euch alle mit einem Mantel aus Unschuld. Und ..." Seine Augen ruhten auf ihr. Er wollte nocht etwas sagen, aber schüttelte den Kopf. Es ging in einem warmen Lächeln unter. Mehr Abschiede würden es keinem von ihnen leichter machen, also verzichtete er. Sein Blick wanderte weiter zu Iryan, aber hier brauchte er nichts zu sagen. Der hünenhafte Dunkelelf nickte ihm still zu. Beide Männer verstanden einander.
Somit wanderte der Kelch weiter an Neriélle. "Mir wäre es am liebsten, ich müsste diese schwere Aufgabe niemandem anvertrauen", begann Castus. "Halte Abstand zu meinem Vater. Ian und ich haben bereits gesehen, dass sein Rauch lebensgefährlich werden kann. Atme ihn nicht ein. Nach Mallahall zu rufen, dürfte das beste Mittel sein, ihn auf dich aufmerksam zu machen. Du musst ihn zum Platz mit den Gräbern locken. Dorthin, wo ich stehen und auf ihn warten werde. Lauf direkt auf mich zu und an mir vorbei. Renn nicht hierher zurück ins Zelt. Das könnte Sarins Zauber unwirksam machen. Lauf weiter ... ins Grasland hinein. Vielleicht findest du eine Felsengruppe oder ein paar Bäume, die dir Unterschlupf bieten. Halte dich bedeckt, bis es vorbei ist. Danach kannst du wieder zu ... meinen Freunden stoßen." Zu seinen Freunden. Nicht zu ihm. Castus war sich vollkommen bewusst, wie es enden würde.
Plötzlich drang ein Räuspern durch das Zelt. Alle Blicke wandten sich um und Arunn stand im Fokus. Er stämmte die Hände in die Hüften. "Ich bin nicht gerade scharf darauf, mich einzubringen. Häng an meinem Leben und der ganze Plan ... ich tanze nackt auf seinem Grab, wenn wir das hier überleben!"
Castus lachte auf: "Lieber nicht." Denn es wird auch mein Grab sein, sagten seine Augen. Arunn sog die Luft ein. "Tja, trotzdem ..." Er hob fragend die Pranken an. "Fühl mich 'n bisschen nutzlos, wenn selbst die unsere Mädchen hier ihr Leben riskieren. Wie gesagt, ich bin nicht scharf darauf, aber ... ich bin auch kein Feigling. Was soll ich denn machen?"
Castus' warmer Blick traf den Dessarier, dass er jenem kaum standhalten konnte. Er schaute durch das Zelt, als suchte er nach irgendeinem Vorschlag für sich. "Mach genau das", meinte der Halbdämon nur kryptisch, dass Arunn die Brauen zusammenzog. Eine bessere Antwort erhielt er nicht. Castus bewegte sich zum Zelteingang. Er spähte hinaus. Das Gebrüll seines Vaters erfüllte noch immer das Lager. Hin und wieder rannten einige Soldaten vorbei, aber niemand achtete auf den Blauschopf. Er griff nach dem Umhang eines der gefallenen Soldaten und streifte ihn sich über. Sein verräterisches Haar schwand unter der Kapuze. Dann warf er einen letzten Blick zurück. "Es hat Spaß gemacht", meinte er und verließ das Zelt.
Einen Moment herrschte Stille. Iryan war es, der Richtung Ausgang stapfte. Er hob die Plane etwas an und nickte Neriélle zu. "Du bist dran. Viel Erfolg. Sollte bei deiner Flucht hierher etwas schiefgehen, kannst du auf mich zählen." Bei diesen Worten ließ er den Blick über alle Verbliebenen schweifen. Er würde ihnen den Rücken freihalten, denn dazu war ein Leibwächter da.
Arunn entfleuchte ein geräuschvolles Lüftchen. "Hab's 'n bisschen wärmer hier gemacht."
Jeder hatte seine Aufgabe erhalten.
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Neriélle » Mittwoch 18. Januar 2023, 20:04

Iryan und auch Castus waren einverstanden, dass sie die Aufgabe des Lockvogels übernahm. Neri schaute den Halbdämon an, der sich an sie wandte. Diesmal stand allerdings auch ihr die Anspannung ins Gesicht geschrieben. Ernst blickte sie ihn an und nickte. Sie hatte ganz und gar nicht vor, sich für den Krieg zu opfern, in den sie da so ahnungslos hinein gestolpert war. Aber sie wollte helfen und hielt sich geeignet für diese Aufgabe. Vielleicht war ihr Zustimmen auch zu voreilig gewesen. Seine Worte, ihre Gaben betreffend, ließen sie die Stirn runzeln. Was hatte sein Zauber ihm wohl alles offenbart? Neris Neugierde kratzte an, aber das würde sie nicht mehr erfahren. Sie hatten keine Zeit mehr.
Castus bat Sarin darum, das Zelt zu tarnen und abermals wurden da verdeckte Talente offenbart. Neri hätte gerne mehr über den Zauber erfahren, aber als nächstes gab Castus ihr genaue Anweisungen, was sie tun sollte. Abstand zu Asmodeus halten. Nicht den Rauch einatmen. Nach Mallahall rufen. Zu den Gräbern laufen. Neri nickte. Sie sollte nicht hierher zurückkehren, sondern immer weiter laufen.
“In Ordnung”, presste sie zwischen den Lippen hervor. Sie hätte gerne noch etwas gesagt, aber sie wusste nicht was. Und die Anspannung war nun übermächtig. Das Blut rauschte in ihren Ohren und ihr Herz klopfte wild. Gleichzeitig bildete sich ein Kloß in ihrem Hals, als sie zu Arunn hinüber sah.
Der ergriff gerade das Wort und fragte, was er tun konnte. Sie hätte ihn am liebsten gebeten, sie zu begleiten. Doch sie schwieg. Er hatte sich entschieden, hier zu bleiben, was sicher auch das klügere Vorhaben war. Außerdem war er mit Sicherheit nicht so flink und schnell wie sie. Dennoch, seine Zurückhaltung ließ ihre Zweifel wachsen und ein Schatten huschte über ihre Augen. Bei dem Gedanken daran, ihn nicht mehr wiederzusehen, zog sich ihr Herz zusammen. Sie wandte den Blick ab und wartete. Castus und Arunn wechselten noch ein paar letzte Worte, ehe Castus sich bereit machte.
"Es hat Spaß gemacht."
“Viel Glück, Castus”, sagte sie in seinem Rücken, als er das Zelt verließ. Dann starrte sie auf die Zeltplane, die wieder die Sicht versperrte. Ihre Finger rieben unruhig aneinander und sie versuchte, sich durch tiefes Ein- und Ausatmen zu beruhigen und sich für ihre Aufgabe zu wappnen.
"Du bist dran. Viel Erfolg. Sollte bei deiner Flucht hierher etwas schiefgehen, kannst du auf mich zählen."
Neri sah zu Iryan hinauf und nickte. “Danke.” Sie war ungewohnt wortkarg. Ein letztes Mal sah sie zu Sarin hinüber und dann, etwas länger, zu Arunn. In dem Moment kommentierte er gerade sein laues Lüftchen.
“Lass' das Zelt stehen und macht’s euch nicht zu gemütlich. Auch euch viel Glück. Wir sehen uns.” Sie nickte Arunn ein letztes Mal zu. Die Worte klangen nicht so hoffnungsvoll, wie Neri sie klingen lassen wollte, und verrieten ihre Gefühle. Sie schlug die Kapuze ihres Mantels über ihre Haare und drehte sich um, um Castus zu folgen.
Soldaten rannten umher und sie hoffte, dass niemand auf sie achten würde. Sie sah Castus nicht und hörte auch kein Gebrüll, das darauf hindeuten würde, dass er schon aufgeflogen war. Stattdessen hörte sie Asmodeus Stimme. Sie huschte von Zelt zu Zelt und orientierte sich an der Richtung, aus der die Stimme des Dämons drang. Ihr Herz klopft wie wild in ihrer Brust. Doch jetzt war keine Zeit mehr, sich darüber Gedanken zu machen, wieso sie sich in diese Situation gebracht hatte. Die anderen zählten auf sie. Sie musste Asmodeus zu Castus locken, das war das Einzige, das zählte. Nunja, fast. Sie wollte am Leben bleiben.

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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Sarin Kasani » Donnerstag 19. Januar 2023, 11:49

Sarin fühlte sich leer. Ihr Magie kostete sie Energie, aber noch mehr saugte die ganze Situation an ihrer Konstitution. Sie hatte gerade die letzten Striche kalligrafisch perfekt auf die Stirn des Arztes aufgetragen, ihn wieder zugedeckt, da wandte sich Castus noch einmal an sie. Ihr Liebster hatte sich verabschiedet und bat sie noch, das Zelt zu schützen.
Hm... ich weis nicht... finde ich keine gute Idee.
Das hatte sie schon einmal auf ihrer Reise getan, aber es hatte nicht viel geholfen. Damals hatte sie den Bereich um die Zelte mit ihren Runen versehen und in einer darauf folgenden Nacht war einer der Zwillinge von den Häschern Blutdorns ermordet worden. Auch die Rune der Stille eingestickt im Innern eines der Zelte hatte nicht verhindert, dass Ian sie aus eben jenem damals 'geraubt' hatte... oder doch? Zumindest war sonst keiner erwacht, aber sie hatte dann die aufregendste Nacht ihres ganzen Lebens gehabt und die war gewiss nicht leise gewesen.
...könnte es sein, dass meine Runen... falsch herum wirken???
Auch der von ihren Runen in Kleid der Herrscherin unterstützte Handel zwischen Blutdorn und Méntara Tronás war nicht wirklich von Erfolg gekrönt gewesen, denn Sarin, Dhan und Ian waren geflohen.
Es ist vielleicht besser, ich fordere das Schicksal heute nicht auch noch mit Magie heraus.
Castus schien auch zu vergessen, dass Ian gegen jede Art, auch ihre passive Magie, allergisch war und mit ihr hier drinnen sein musste um sie zu beschützen. Er hatte schon einmal sehr heftig auf ihre Magie reagiert. Sarin erhob sich und sah ein letztes Mal zu Castus. Tränen standen ihr und den Augen, von denen sie nichts bemerkte.
„Nein.“
, meinte sie jedoch mit fest entschlossener Miene. Das sie ihm so kurz vor seinem Ziel einen Wunsch abschlagen konnte, bewies ihr nur, dass sie nicht seinem dämonischen Zauber erlegen war, sondern ihre Liebe echt war. Fast hätte sie darüber gelächelt... aber nur fast.
„Wir verstecken uns hier solange es geht, ja. Aber wir sollten nicht hier bleiben, oder uns wieder hier treffen. Neli, Arunn? Kennt ihr das Gasthaus außerhalb des Einzugsbereiches der Stadt? Dort haben wir weitere Verbündete. Wenn etwas schief geht, dann müssen wir alle fliehen und dort könnten wir uns wieder sehen, wenn es ruhiger geworden ist. Es gibt dort eine Alte mit Namen Ethel. Sie kennt meinen Namen und wird euch sicher helfen, wenn ihr sie darum bittet.“
Sarin sprach nicht offen Ians Schwäche aus, aber sie hoffte, dass Castus auch so verstanden hatte, dass das was er vorgeschlagen hatte, einfach nicht ging. Allein dass sie die Runen auf die Toten gewirkt hatte, ließ den dunklen Leibwächter sicher Abstand halten. Einzelne Runen die ihn nicht berührten hatte er schon ausgehalten, aber wenn sie ein ganzes Zelt beschützen sollte, brauchte es mindestens drei um eine Fläche zu bilden...
Nein.
Dann brachte Arunn wenig hilfreich ein warmes Lüftchen ins Gespräch ein und Sarins Ansehen diesen Mann betreffend sank wieder auf den Grund der selbst gegrabenen Jauchegrube aus der er entstiegen war. Auch DAS mochte er nicht mit Absicht getan haben, aber langsam reichte es ihr wirklich. Ihre Nerven lagen blank. Sie musste zusehen, wie der Mann den sie über alles zu lieben gelernt hatte, der ihr so viel gegeben hatte, sich opfern würde. Es war kein Wunder, dass sie sich da verloren fühlte und jeder 'Witz' nach hinten los ging. Die Leere, die Castus hinterlassen würde tat sich jetzt schon auf.
...
Sie trat näher zu Ian und hielt sich an seinem Arm fest, als Castus und Neri die letzten Details absprachen und wisperte zu Ian hinauf:
„Wenn es soweit ist, halt mich bitte fest. Lass nicht zu, dass ich alles kaputt mache, weil ich zu ihm will.“
Seine starken Arme mussten verhindern, dass Sarin etwas wirklich dummes tat und alles was Castus für gut und richtig hielt, was ihn ausmacht, was ihn so unendlich liebenswert machte, zerstörte. Alles in ihr wollte schreien, betteln, flehen, ob es nicht doch einen anderen Weg gäbe, aber sie hatte auch verstanden, dass Castus eben jener TEIL von Asmodes war, der ihn einst zu einem Mann gemacht hatte, der einst andere geachtet und geliebt hatte.
Er muss wieder eins werden, bevor...
Was dann geschah, das stand in den Sternen. Sarins Blick wanderte ungeachtete der Zeltwand zu den Sternen hinauf, dort wo Manthala des Nachts ihre Bahnen im stillen Meer des Himmels zog.
Edle Mondgöttin, ich erflehe nichts für mich. Ich bitte dich nur, lass... lass es gut enden. Hab ein Auge auf seine so reine Seele, nimm ihn an die Hand und wenn es einen Handel geben sollte, dann schenke ihm deinen Segen. Schenke ihm deine Stärke und nimm alles was in mir noch an lichter Hoffnung wohnt.
Einst hatte Sarin, warum auch immer, in eben jenem Licht erstrahlt, als Castus Blick sie das erste Mal erblickt hatte. Jetzt ließ sie eben jenen letzten Funken Licht los, damit ihr liebster Halbdämon das tun konnte, zu dem er hier war, zu dem er bestimmt war.
Als Castus sich dann abwandte und das Zelt verließ, da wandte sich auch Sarin ab und verbarg ihr Antlitz an Ians Brust. Ihre Finger krallten sich in seine Rüstung und schmerzten von der Verzweiflung. Ihr tränennasses Gesicht drückte sie so fest sie konnte an sein Herz. Sie musste das feste Pochen hören, damit ihr eigenes Herz nicht nach gab. Sie brauchte einfach seinen Halt, seine Liebe und seine Kraft um jetzt aufrecht zu stehen und dem zuzusehen, was nun kommen würde. Nur diesen kleinen Moment erlaubte sie sich dieses Leid, denn sie wusste, dass ihre Gefühle sie zu einem 'Leckerbissen' machen würde. Also ließ sie nur drei Atemzüge lang ihren Körper erbeben, ihre Seele erzittern unter der Last und ihrem Herzen freien Lauf.
SCHLUSS!
Es gab hier schon zu viel Leid. Nicht nur sie verlor in diesen Tagen auf diesen blutgetränkten Feldern jene die ihr am Herzen lagen. Sobald Castus und Nerielles Schritte verklungen waren, spannte sie sich an und wandte sich wieder um. Eilig wischten ihre Hände die nassen Spuren fort und sie ballte die Fäuste. Jetzt hieß es einen kühlen Kopf zu bewahren. Sie sah abermals zu Ian hoch und flüsterte konzentriert:
„Der mit dem einen Auge könnte eine Gefahr für uns werden, wenn er wach wird und anfangen sollte zu schreien. Der im Fieberwahn war auch nicht unbedingt gerade leise. Beide könnten im falschen Moment Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Wir sind jetzt nur noch zu dritt. Einer sollte am Eingang den Späher machen und die anderen behalten die Patienten im Auge.“
Sarin betrachtete die Situation und trat innerlich einen Schritt zurück um sie auf sich wirken zu lassen.
Was sieht jemand der dieses Zelt durchsucht? Einen großen Dunkelelfen, einen dreckigen Dessarier, vermutlich ein Gefangener, der zum Helfen eingeteilt ist und eine... einen...
Sie sah an sich hinunter. Die groben Hosen und das lockere Hemd konnte sie zumindest auf den ersten Blick als 'Junge' durchgehen lassen. Sie hatte sich auch ein Tuch um den Kopf gewickelt, ganz im Stil wie Piraten es für gewöhnlich taten. Ihr Blick wanderte noch einmal zu dem verstorbenen Arzt.
Hm...ein 'Sanni'?
Seine Seele war gegangen und er würde auch seine Armbinde mit dem roten Kreuz, sowie den blutigen Kittel nicht mehr brauchen. Sarins Verstand versuchte hackend und stolpernd sich zu fragen, ob hier vielleicht noch eine Möglichkeit bestand sich besser zu schützen, oder ob das alles Unsinn wäre...
Es würde sich zeigen, ob sie noch schnell etwas tun oder finden würde, wenn es nötig wäre. Vielleicht hatte der Arzt auch so etwas wie ein Skalpell bei sich? Manchmal konnte es hilfreich sein, wenigstens damit herum zu spielen, selbst wenn man nicht damit wirklich als Waffe umgehen konnte. Doch jetzt... in diesem Moment... funktionierte ihr Verstand nicht richtig, denn …

...ein Teil ihres Herzens war gerade gegangen und Sarin brauchte jedes Quäntchen ihrer Kraft um ja nicht in Selbstmitleid zu zerfließen, denn DAS wäre jetzt nicht hilfreich!
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Erzähler » Samstag 21. Januar 2023, 11:46

Jeder ging mit Ausnahmesituationen anders um. Arunn schien seine Nervosität mit Witz zu kaschieren. Wo er sich aber zum Luftmagier der unliebsamen Sorte verwandelte - wenigstens roch man nicht wirklich etwas - da blieb Neriélle rational und meldete sich freiwillig, um den dämonischen Heerführer zum Totenacker zu locken. Castus wollte dort auf ihn warten, bewaffnet mit Bogen und dem Wissen, dass seine rettende Tat für Celcia auch seine letzte im Leben wäre.
Sarin hingegen kämpfte gegen ihre aufsteigende Trauer an. Sie verbot sich den Kummer, denn sie wusste, dass Asmodeus sich davon ernährte. Sie durfte ihm kein Festmahl bieten, wenn er doch zu seinem Sohn laufen sollte. Die Nachtelfe gab sich besondere Mühe, sich zusammenzureißen. Iryan bot ihr dabei Halt. An ihm klammerte sie sich fest und er hielt sie, leicht vorgebeugt, um sie wie ein lebender Schild unter ihr zu bergen. So blieben er, Sarin und Arunn im Zelt des verstorbenen Arztes zurück. Castus machte sich zum Platz mit dem Massengrab auf, während Neriélle die entgegengesetzte Richtung einschlug, die sie zum Zentrum des Armeelagers führen würde - dorthin, von wo aus man das zornige Gebrüll hören konnte. Ihre Elfenohren wiesen ihr den Weg. Was ihre Beweggründe waren, den Fremden zu helfen, schien ihr selbst nicht vollkommen klar zu sein. Trotzdem war sie bereits unterwegs und mit der Kapuze ins Gesicht gezogen zwischen die Zeltreihen geschlüpft. Soldaten rannten umher, aber das Treiben unter ihnen war so rege, dass niemand von einer Gestalt mehr oder weniger Notiz nahm. Solange sie nicht splitternackt wäre oder in allen Farben des Regenbogens leuchtete, würde sie wenig Aufmerksamkeit erregen. Dafür sorgte ein anderer. Neriélle hielt auf ihn zu. Es war nicht schwer, dieser Spur zu folgen. Sie musste im Grunde nur gegen den Strom an Soldaten schwimmen, die ihr Heil in einer anderen Ecke des Lagers suchten. Vor allem Grandessarer kam ihr vom Zentrum aus entgegen.
"... verdammte Asmodeus!", schnauzte einer seinem Kameraden zu, als beide an Neris jüngstem Versteck vorbei zogen. "Nein, für so einen Wahnsinnigen springe ich nicht in die Bresche. Da hab ich mehr Glück, wenn ich mich allein durschlage."
"Ja, er ist nicht mehr ganz dicht. Sag es trotzdem nicht zu laut, dass du ... desertieren willst. Die Dunkelelfen sind ihm gegenüber noch immer zu sehr großen Teilen treu."
"Die werden bald kleine Teile sein, wenn das so weitergeht!"
Damit sollte der Soldat Recht behalten, wie Neriélle wenig später feststellen musste. Sie erreichte das Zentrum, dort wo auch das einzige schwarze Zelt - Asmodeus' Heereszelt - stand. Erstmals bekam sie Anführer der Armee selbst zu Gesicht. Iryan hatte mit seiner Umschreibung des Mannes nicht übertrieben. Groß war er, erreichte als einfacher Mensch sicher auch schon beinahe die zwei Meter, wenngleich er ein hagerer Mann gewesen sein musste. Was nun aus ihm geworden war, konnte man einfach nur noch als grotesk bezeichnen. Mit einem menschlichen Wesen hatte Asmodeus nur noch wenig gemein. Er ging nicht einmal mehr auf zwei Beinen, sondern kauerte sich auf allen Vieren in einer lauernden Hockhaltung zusammen. Entlang der Knochen seiner Wirbelsäule hatten sich schimmernde Stacheln gebildet, welche sowohl Haut als auch die letzten Fetzen seiner Kleidung durchstoßen hatten. Sie ragten einer Palisade gleich empor und waren so blau wie Castus' Haar ... oder wie Asmodeus' Flammenkamm, der so hoch loderte, dass er allein aufgrund seiner feurigen Frisur gute zwei Meter zwanzig erreichen musste. Wild züngelten die Haarspitzen in alle Richtungen und schreckten nicht einmal davor zurück, ihn selbst zu verbrennen. Doch sie sengten die Haut nicht an, wenngleich er wütend zurück zuckte, sobald er ihnen selbst zu nahe kam. Das mochte aber daran liegen, das nicht mehr viel an Gewebe übrig war, das seinen Körper schützen konnte. Gerade Arme und Beine sahen übel zugerichtet aus. Neriélle konnte ganze Sehnenstränge erkennen, die die Knochen und wenige Anteile an Fleisch noch zusammenhielten. Sämtliche Extremitäten erinnerten an die verwesenden Überreste eines Leichnams, sah man vom rosigen Fleisch einmal ab und der Tatsache, dass Asmodeus kontinuierlich den Erdboden und Schnee mit seinem eigenen Blut besudelte. Nur die haraxischen Mächte schienen den Wirtsleib überhaupt noch aufrecht zu erhalten und bewegten diesen wie eine Marionette an kaputten Fäden umher. Er krabbelte über die karge Landschaft, dass seine mit viel zu langen Nägeln versehenen Finger und Zehen kleine Klackgeräusche erzeugten. Trotzdem wirkten die übrigen Bewegungen unnatürlich verrenkt. Er ließ den Kopf schief hängen, so dass er mit dem größeren seiner Augen dem eigenen Gefolge bis tief in die Seelen starrte. Seine Iriden hatten nichts mit denen von Castus gemein. Jene des hervorquellenden, größeren Augen war schwarz, wohingegen über dem gesamten Apfel des anderen Auges eine milchige Haut zu liegen schien. Asmodeus war einseitig erblindet. Vielleicht schnappte er deshalb nicht nur nach den ihn umgebenden Ritualmagiern, sondern auch nach sich selbst. Es knackte, als er seinen eigenen Unterarmknochen zwischen die Zähne bekam. Er riss tatsächlich ein Stück der Gebeine heraus und spuckte es ins Gesicht eines Magiers, dass der bleiche splitter in seiner Wange hängen blieb. Sogleich wucherten von dort schwarze Adern über sein Gesicht hinweg. Der Mann schrie auf und Asmodeus lachte, dass es Neriélle bis ins Mark traf.
"BWAHAHAHAHA, JAAAAAAAHHHHRRRR!!! SO VIEL SCHMERZ. SO VIEL LEID! GENAU, WAS ICH BRAUCHE, JAHAHAAHAAAAAARRRR!" Der dämonische Heerführer packte nach dem Kopf des Magus und riss ihn daran herum, bis er den Schädel auf den Erdboden trümmerte. Er setzte einen seiner kralligen, nackten Füße auf ihm ab, schnappte nach einer Scherbe irgendeines zerschlagenen Kruges oder Topfes und rammte es dem Mann gezielt ins Ohr. Der Magier schrie auf. Asmodeus jauchzte und die anderen beiden Aufpasser wichen etwas zurück. Einer von ihnen zückte einen Beutel, sowie ein Stück Kreide im Versuch, einen Ritualkreis zu zeichnen.
"HAAAARRRR, NARREN!", fauchte der Dämon in einer Sprache, die nur den tiefsten und finstersten Regionen jenseits von Celcia entsprungen sein konnte. "Glaubst du, mich mit deiner Magie aufhalten zu können?! Wie .... DROLLIG, HARHAHAHAHRRRR!" Asmodeus' Körper begann zu schwelen. Schwarzer Rauch entstieg sämtlichen, auf unnatürliche Weise geschaffenen Körperöffnungen. Es stank nach verbranntem Fleisch und dann ließ er sein Flammenhaar noch höher schlagen. Das blaue Feuer wanderte von seinem Schädel über die Schultern und die knöchernen Arme herab. "DU WILLST MICH AUFHALTEN, MENSCHLEIN?!", lachte er. "Ich halte dich auf! Dich und alle nichtsnutzigen Soldaten, die nicht einmal Zyranus in Grund und Boden stampfen können. ICH WERDE ES ALLEIN MACHEN. JHAAARRRRR! MIT EURER HILFE!!!!"
Er holte Luft, als wollte der Dämon gleich ein erneutes Brüllen verlauten lassen. Stattdessen aber spie er blaues Feuer und Rauch aus, dass es das gesamte Armeelager erfasste. Auch Neri wurde von der Druckwelle getroffen und mitsamt einem Fass, sowie einem weiteren Soldaten in der Nähe gegen eine Zeltwand geschleudert. Das Material gab nach, riss ein und sie verfing sich zwischen der halb zerstörten Plane und den hölzernen Zeltstangen. Neben ihr spießte es den Soldaten auf einem vorragenden Schwert auf. Die Welle erfasste aber nicht nur sie. Das gesamte Lager überkam eine unsichtbare Macht, drückte Gegenstände fort, presste Soldaten zu Boden oder riss sie mitsamt der Zelte empor. Schwarzer Rauch formte sich zu eine kleinen Windhose, mit der einige Teile des Lagers empor gerissen wurden. Sie wirbelten unter den Schreien von Dunkelelfen wie Menschen umher und noch in der Luft zerriss der Rauch selbst ihre Leiber. Blut regnete und Körperteile flogen in alle Richtungen davon. Am Boden aber sprang Asmodeus einer vierbeinigen Spinne gleich auf die Soldaten. Nach und nach attackierte er seine eigenen Utnergebenen. Er presste sie zu Boden, biss ihnen Teile der Rüstung mit bloßen Zähnen auf und riss Fleisch aus ihren Körpern. Sobald sie unter Schmerzen schrien, packte er voller Wonne in die gerissenen Wunden und jagte sein blauschwarzes Feuer hinein. Der Gestank von verbranntem Fleisch - nein, von verbrannten Seelen! - war allgegenwärtig. Das wahrlich Erschreckende aber war, dass Asmodeus an Masse zunahm. Er wurde ... kräftiger. Obwohl sein Wirtskörper kaum noch Muskeln besaß, die ihn antreiben konnten, schienen sie dicker zu werden. Schwarzblaue Stränge aus dämonischem Gewebe bildeten sich. Auswüchse haraxischen Ausmaßes ließen den Leib anschwellen. Wulstig, aber kräftig wuchs er nun auf über zwei Meter heran. Asmodeus Zähne hatten die Größe von Dolchklingen angenommen, ebenso seine Krallen bewährten Finger. Schwarzer Rauch stieg von ihm auf wie Dampf von einem verschwitzten Pferd in Eiseskälte. Er atmete Pestilenz. Der Ritualmagier, der es mit letzter Verzweiflung versuchte, den Dämon zu erreichen, geriet nur in die Dunstwolke der schwarzen Schwaden, hustete und fand sein Ende im Erstickungstod. Asmodeus packte auch seinen noch zuckenden Leib und brannte sich die Seele des Mannes heraus. Neriélle konnte förmlich sehen, wie er sie mit der Zunge aus der Schale des einstig lebendigen Körpers heraus schlürfte und sich einverleibte. Und dann nahm sein übergroßes, schwarzes Auge die Shyánerin ins Visier.

Momente, bevor es zu der explisionsartigen Druckwelle kam, löste Sarin sich aus Iryans Umarmung. Sie hatte sich einen Augenblick des Kummers geschenkt, erlaubte sich aber keinen weiteren. Sie durfte sich dem Herzschmerz nicht hingeben, so groß er auch sein mochte. Sie durfte keine Aufmerksamkeit erregen, die Asmodeus von seinem Sohn ablenken könnte. Das hätte Castus nicht verdient. Er hatte auf diesen Augenblick hingearbeitet, diesen einen Moment, in dem er sich Asmodeus stellen würde. Seit seiner Geburt war ihm sein Schicksal gewiss. Sarin wollte es um ihres eigenen Kummers Willen nicht zunichte machten. So verbannte sie alle Trauer und Angst um den Verlust ihres geliebten Halbdämonen tief in ihrem Herzen. Und Iryan verschloss jenes hinter einer Wand aus dunkelelfenschwarzer Rüstung. Er war ihr Schild. Er war im Moment ihr Leibwächter und er würde an ihrer Seite sein, um sie stark bleiben zu lassen. Für sie, für Castus und für Celcia selbst.
Die Nachtelfe fand ihre Kraft zurück. Sie löste sich von ihrem Begleiter und überlegte, was man sonst noch tun könnte. Auf das Ende, wie auch immer es aussehen sollte, zu warten, war nicht für Sarin geschaffen. Sie konnte nicht warten. Sie brauchte eine Aufgabe und wenn sich keine fand, dann suchte sie sich eine. Das Zelt hatte sie nicht mit Runenmagie versehen wollen. Castus hatte es mit einem sanften Nicken akzeptiert. So sehr vertraute er ihr. Sarin hingegen zweifelte gerade ein wenig an ihrer eigenen Magie. Warum funktionierten ihre Runen nicht wie geplant? Waren sie ähnlich verflucht wie einst ihr Brautkleid? Es half nichts, sich nun den Kopf darüber zu zerbrechen. Für sie stand fest, dass sie keinen Zauber über das Zelt zeichnen würde. Allein schon, weil sie Iryans Geheimnis um seine magische Unterverträglichkeit kannte. Obgleich er damals auch in den Zelten geschlafen hatte, um die sie ihr Runendreieck geformt hatte. Aber wer wusste schon, wie es ihm wirklich ergangen war. Er hielt sich zurück, wenn es um seine eigene Unversehrtheit ging. Er beklagte sich nicht, solange er noch einsatzfähig war. Er hatte sich ja nicht einmal gewehrt, als Sarin ihm damals die Rune auf den Arm gezeichnet hatte, obwohl ihm vollkommen bewusst gewesen war, was sie bewirkte. Er hatte geschwiegen, bis der Schmerz ihn hatte zurückzucken lassen. Wieviel Kraft wandte er jetzt gerade schon auf?
Ein Blick auf den Leibwächter verriet Sarin jedoch dessen Ruhe. Iryan war unsagbar ruhig. Wachsam und mit einem Blick, als könnte nichts ihn erschüttern. Auch Sarin musste jetzt so ruhig sein, das wusste sie. Sie bemühte sich. Es half schon zu wissen, dass sie nach all dem hier wieder in das namenlose Dorf nahe Zyranus und die dortige kleine Taverne einkehren wollte. Sie hatte es Arunn, Castus und Neriélle mitgeteilt. Wenn etwas passierte, müssten sie in das Gasthaus gehen und mit Ethel sprechen. Die alte Heilkundige würde niemanden abweisen, schon gar nicht Sarins Freunde. Es blieb zu hoffen, dass es ihr und den anderen Frauen gut ging.
Auch für diese Menschen kämpfte die Nachtelfe nun. Für sie alle riss sie sich zusammen. Ihre Trauer schwand. Sie würde sich später mit ihr beschäftigen. "Wenn es soweit ist, halt mich bitte fest. Lass nicht zu, dass ich alles kaputt mache, weil ich zu ihm will", bat sie Iryan dennoch und erhielt nur einen Blick als Antwort. Stille Bestätigung. Er würde alles tun, ohne zu zögern. Seine Augen ließen Sarin zum Nachthimmel schauen. Um ganz sicher zu sein, bot sie Manthala im Stillen einen Handel an. Sie erbat ihren Segen für alle Hoffnung, die ihr noch innewohnte. Ein Stern funkelte auf, als hätte man sie erhört, aber es konnte auch purer Zufall sein. Ob dieser Handel wirklich zustande kam, würde sie erst im Nachhinein erfahren und ebenso, ob ihr Angebot klug gewesen wäre. Denn Hoffnung war es, die niemand von ihnen jetzt verlieren durfte. Aber es war gedacht und falls Manthala dem Handel zustimmte, konnte sie ihn nun nicht mehr zurücknehmen. Es war Zeit, nach vorn zu blicken.
Sarin war eine pragmatische Elfe. Sie stürzte sich in Arbeit, wenn sie ihren Gefühlen keinen freien Lauf geben wollte und lenkte sich auf diese Weise mit sinnvollen Tätigkeiten ab. So tat sie es auch jetzt, als sich im Zelt einen Überblick verschaffte. Dabei erwähnte sie auch gleich die möglichen Gefahrenquellen - die beiden Patienten. Der Einäugige hatte noch etwas Kraft besessen. Würde er aus seiner Bewusstlosigkeit erwachen, könnte er ein Risiko darstellen.
Arunn war es, der abwinkte. "Ich glaube nicht, dass der laut genug schreien kann oder ihm jemand zu Hilfe eilt, wenn sein Gebrüll aus dem Zelt eines Arztes dringt." Das weckte in Sarin eine neue Idee. Der richtige Arzt war tot. Er würde seine Ausrüstung nicht länger brauchen, also entschloss sie sich, die Rolle des Mannes einzunehmen. Schürze und auch die Binde mit dem roten Kreuz waren schnell angelegt. In einer seiner Taschen fand sie auch ein kleines Skalpell. Wie gut, dass es noch in Leder eingeschlagen war, sonst hätte Sarin sich einen feinen, aber sehr tiefen Schnitt zuziehen können und die schmerzten bekanntlich besonders intensiv.
Während sie sic umzog, warf Iryan einen Blick vor das Zelt. "Castus hat die Mitte des Totenackers erreicht", teilte er mit. "Er schaut zum Zentrum des Lagers. Er wirk sehr konzentriert. Ich hoffe, das geht ... was, bei Manthala und Faldor ist das?!" Er konnte nicht näher darauf eingehen und Arunn, sowie Sarin waren zu sehr mit ihren Dingen beschäftigt, als dass sie rechtzeitig den Zelteingang hätten erreichen können, um sich ein Bild zu machen. Sie bekamen nur noch mit, was direkt auf sie und über den Rest des Lagers hinweg rollte. Wie eine Horde wild gewordener Tiere trampelten unsichtbare Hufe über sie alle hinweg, rissen sie von den Füßen, nur um sie anschließend zu Boden zu drücken. Sarin hörte Iryan aufschreien und sah nur noch, wie Arunn von einem Teil der Feldbetten am Kopf getroffen wurde. Dann riss ihn schwarzer Rauch zusammen mit dem halben Zelt in die Luft. Die Nachtelfe konnte sehen, wie er, die Teile der Plane, der einäugige Patient und reichlich gefährlich scharfe oder spitze Medizinerinstrumente in einem Wirbel aus Schwärze und Schreien in den Nachthimmel gehoben wurden, ehe Anteile davon sich über dem Gebiet verteilten. Regen setzte ein. Nein, kein Regen. Blutstropfen prasselten auf sie alle hernieder. Neben Sarin landete ein abgetrennter Fuß, halb verbrannt und teilweise mit der Rüstung verschmolzen, in der er einst gesteckt haben musste. Wäre dieser Fuß auf ihren Kopf gefallen, es wäre auch um sie geschehen.
Plötzlich tauchte Iryan an ihrer Seite auf. Mit einem großen Stück Holz, das anscheinend mal der Teil eines Karrens gewesen sein musste, schirmte er herabfallende Körperteile von ihnen beiden ab. Schützend legte er auch einen Arm um Sarin. "Bist du in Ordnung? Wo ist dieser Arunn?" Er blickte sich hektisch um. "Wir müssen uns in Sicherheit bringen ... oder Castus helfen. Kannst du aufstehen?"
Sarin musste gut hinhören, um ihn zu verstehen. Das gesamte Armeelager schrie. Schwaden mit dem Gestank von verbranntem Fleisch stoben heran, zusammen mit haraxisch bestialischem Geschrei von Castus' Vater. Selbst von ihrer Position aus konnten Sarin und Iryan die schwarzblauen Flammen gen Himmel lodern sehen. Was immer gerade geschah, dies war der Anfang vom Ende.
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Neriélle » Montag 23. Januar 2023, 10:12

Die vielen Soldaten, die an ihr vorbei rannten, nahm sie nicht ganz wahr. Nur, dass sie in die entgegengesetzte Richtung von ihr liefen - fort von ihrem anvisierten Ziel, den furchteinflößenden Dämonen. Dafür hört sie viel zu deutlich das Schlagen ihres Herzens und das Rauschen ihres Blutes in den Ohren. Das Adrenalin ließ nun keinen Raum mehr für Zweifel oder irgendwelche Gedanken. Sie schlich von Versteck zu Versteck und folgte den Geräuschen des Grauen. Dann endlich sah sie das schwarze Zelt des Heerführers und kurz darauf jenen persönlich. Neri riss die Augen auf. Iryan hatte ihn zwar schon beschrieben, aber ihn dann wirklich zu sehen.. war unbeschreiblich. Seine große Gestalt hockte auf allen Vieren und hatte nichts Menschliches mehr an sich. Sie musterte die blauen Stacheln auf seinem Rücken und die züngelnden Flammen auf seinem Kopf. So eine Gestalt wie diese hatte sie noch nie gesehen, sodass ihr auch eine Beschreibung sehr schwer fallen würde. Er erinnerte sie ein Stück weit an ein totes, verwesendes Tier. Da die Shyáner begraben wurden, bevor man dem gesamten Verwesungsprozess zusehen konnte, konnte sie zum Vergleich nur einen Tierkadaver heranziehen. Die Elfe sah, dass er unentwegt blutete, doch das schien ihn keinesfalls zu beeinträchtigen.
Neris Puls schlug immer höher und ein Zittern bemächtigte sich ihres Körpers. Asmodeus biss sich gerade selbst ein Stück aus seinem Unterarm heraus und spie es in die Richtung eines Mannes, direkt in seine Wange, auf der sich daraufhin schwarze Adern ausbreiteten. Dann schnappte sich Asmodeus seinen Kopf und trümmerte ihn auf den Boden. Sie vernahm die Worte in einer anderen Sprache, die Asmodeus gen zwei andere Männer sprach und selbst Neri war klar, dass die Sprache nicht von dieser Welt war. Beim Anblick der Szenerie nahmen Ekel, Übelkeit und das nackte Grauen Überhand. Der Impuls, zu fliehen, war übermächtig und es ging nicht anders, als ihm Folge zu leisten. Sie wollte sich gerade herum drehen, als sie noch etwas Blaues aus seinem Rachen blitzen sah, und dann buchstäblich den Halt unter den Füßen verlor. Sie wurde durch die Luft geschleudert und stieß stöhnend gegen ein Zelt, das über ihr zusammenbrach. Panik befiel sie und wurde größer, als sie den aufgespießten Soldaten neben sich sah. Größer als der Schmerz, der in ihrem Körper pochte. Eben lebte er noch. Und jetzt war er tot. Sie wollte nicht sterben!
”Wenn du auch nur die kleinste Vermutung hast, es schlägt fehl, dann flieh", kamen ihr plötzlich Castus Worte in den Sinn. Sie würde sicher eine der nächsten sein, die Asmodeus verschlang. In ihren Augen lief das gehörig schief!
Sie schnappte nach Luft und schaffte es irgendwie, unter der Zeltplane hervor zu kriechen. Ängstlich richtete sie sich auf und sah, dass das Grauen innerhalb weniger Augenblicke noch größer geworden war. Asmodeus stürzte sich auf seine einstigen Untertanen und zerfraß Rüstungen und Körper. Neri sah nun auch den schwarzen Rauch aus seinem Körper dringen und hielt sich schnell den Ärmel ihres Mantels vor Mund und Nase. Asmodeus fraß und wuchs und fraß und wuchs. Einen nach dem anderen flößte er sein blaues Feuer ein und schien sich regelrecht davon zu ernähren.
Erstarrt vor Angst stand Neri einfach nur da und blickte fassungslos auf den um sich wütenden Dämon. Das Grauen war übermächtig. Ihr wurde erst klar, dass sie einfach nur hier stand, als ihr Blick auf seinen aus dem großen schwarzen Auge traf. Er hatte sie entdeckt.
"Oh nein", hauchte sie entsetzt. "Phaun, steh mir bei", wisperte sie in Lyrintha. Sie schickte sehr selten Gebete an den Gott der Jagd, doch nun brauchte sie seinen Beistand und wollte durch das Aussprechen des Stoßgebets die Dringlichkeit ihrer Bitte unterstreichen.
Sie starrte in dieses Auge und wusste, sie hatte nicht viel Zeit und nur eine einzige, winzige Chance.
"Mallahall."
Sie spürte, wie belegt vor Angst ihre Zunge war und wie leise sie sprach. Sie wusste nicht, ob er sie verstanden hatte, daher wiederholte sie lauter: "Mallahall, ich .. ich weiß.. wo.. wo sie ist. Sie wartet auf .. auf dich." Sie hoffte, dass sie mutiger klang, als sie dachte. Doch da irrte sie sich. Da war nichts mehr von ihrer Selbstsicherheit übrig. Sie zitterte und Tränen standen ihr in den Augen. Sie hatte noch so viel vor! Für einen Bruchteil einer Sekunde überlegte sie, ob sie ihm eine Art Handel vorschlagen sollte - die Information gegen ihr Leben. Doch dann drehte sie sich um und rannte! Sie rannte so schnell, wie sie noch nie gerannt war, in Castus’ Richtung und betete unentwegt zu Phaun, dass Asmodeus ihr folgen würde, ohne mit ihr das zu tun, was er den vielen Männern vor ihr angetan hatte.

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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Sarin Kasani » Dienstag 24. Januar 2023, 08:59

Arunn erwiderte auf Sarins Sorgen:
"Ich glaube nicht, dass der laut genug schreien kann oder ihm jemand zu Hilfe eilt, wenn sein Gebrüll aus dem Zelt eines Arztes dringt."
Kommt darauf an, was er brüllt...
Der Einäugige hatte sie schon einmal als: 'Feinde' bezeichnet, als er noch bei Bewusstsein gewesen war. Aber Sarin hatte noch eine andere Idee. Ihr Verstand musste sich beschäftigen, sonst würde er sich ihrem Leid ergeben, also nahm sie sich die Ausrüstung des toten Arztes. Schürze und auch die Binde mit dem roten Kreuz waren schnell angelegt und auch ein verpacktes Skalpell war schnell gefunden. Iryan warf derweil einen Blick vor das Zelt.
"Castus hat die Mitte des Totenackers erreicht... Er schaut zum Zentrum des Lagers. Er wirkt sehr konzentriert. Ich hoffe, das geht ... was, bei Manthala und Faldor ist das?!"
Sarin wandte sich durch das Gesprochene gewarnt zum Eingang und wollte gerade hinter Ian treten, da passierte es. Etwas rollte direkt auf sie zu und über den Rest des Lagers hinweg. Ihr Blickfeld an Ian vorbei auf den schmalen Spalt des Zelteingangs reichte nicht aus um das Grauen in seiner Gänze zu erfassen, bis es zu spät war. Sie sah nur noch das Aufflattern des Tuchs vor ihr, fliegende Schatten von Leibern, Teilen davon oder Materialien die durch die Luft gewirbelt worden. Dann traf es sie. Frontal prallte die Druckwelle gegen ihren Leib, warf sie nach hinten und sie landete hart. Sarin hörte Iryan aufschreien und sah nur noch, wie Arunn von einem Teil der Feldbetten am Kopf getroffen wurde. Dann riss ihn schwarzer Rauch zusammen mit dem halben Zelt in die Luft und so merkwürdig es war... in diesen Sekunden verlangsamte sich die Welt um sie herum.
...so viel Tod...
Sarin war, als träumte sie. Die Trümmerteile flogen wie in gedehnter Zeit um sie herum. Eines traf den Boden neben ihrem Kopf und steckte nun bestimmt eine Hand breit tief im gefrorenen Erdreich. Das Grauen setzte oft ungeahnte Wahrnehmungen und Kräfte frei. Die Nachtelfe konnte sehen, wie der Dessarier, Teile der Plane, der einäugige Patient und reichlich gefährlich scharfe oder spitze Medizinerinstrumente in einem Wirbel aus Schwärze und Schreien in den Nachthimmel gehoben wurden, ehe Anteile davon sich über dem Gebiet verteilten. Regen setzte ein.
Für einen Herzschlag fühlte sich das gut an...
Nein, kein Regen.
Blutstropfen prasselten auf sie alle hernieder. Neben Sarin landete ein abgetrennter Fuß samt Rüstungsstiefel. Dann tauchte Iryan an ihrer Seite auf und sie sah ihn mit großen schreckgeweiteten Augen an. Er trug ein großes Stück Holz, gleich einem Schild über sich, an dem es stetig klopfte, wie an einer Tür. War es unsinnig ein
Herein...
zu denken? Sarin stand unter Schock. Ians Gesicht kam ihr näher. Schützend legte er auch einen Arm um sie.
"Bist du in Ordnung? Wo ist dieser Arunn?"
...er ist weg geflogen...
Ians Gesicht zuckte hektisch umher, während er sich umsah.
...es ist so laut...
"Wir müssen uns in Sicherheit bringen ... oder Castus helfen. Kannst du aufstehen?"
Sarin musste gut hinhören, um ihn zu verstehen. Das gesamte Armeelager schrie und dröhnte in ihren empfindlichen Ohren.
Natürlich kann ich aufstehen!
Dachte sie erstaunlich ruhig und wie selbstverständlich. Ob sie es wirklich konnte, ob sie verletzt war oder nicht wusste sie in ihrem Schock nicht und nahm es auch nicht wahr. Sie tat es einfach.
Immer lande ich auf meinem Hintern, wenn Ian in der Nähe ist...
, nahm ihr Gehirn den Fluchtweg in die Vergangenheit. Ein kurzes Aufblitzen jenes Momentes, in dem sie geleuchtet hatte und Ian sich auf sie geworfen hatte um sie vor Castus Pfeil zu beschützen. Castus hatte jedoch nie auf sie geschossen und trotzdem... sein Pfeil hatte sie direkt ins Herz getroffen.
...Castus...
Schwaden mit dem Gestank von verbranntem Fleisch stoben heran und wirkten wie ein Elixier gegen Ohnmacht. Das Riechsalz des Grauens riss Sarin aus ihrer Starre und der Moment fiel gerade recht zusammen mit dem haraxisch bestialischem Geschrei von Castus' Vater. Sarins Körper erbebte und sie krallte sich an Ian fest.
...Asmodes...
Selbst von ihrer Position aus konnten Sarin und Iryan die schwarzblauen Flammen gen Himmel lodern sehen. Was immer gerade geschah, dies war der Anfang vom Ende.
„Deckung...“
, war das einzige was Sarin gerade einfiel. Sie durften jetzt auf keinen Fall zwischen Vater und Sohn geraten und Ians Wrackteil würde vielleicht nicht ausreichen, wenn sie aufeinander trafen.
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 25. Januar 2023, 15:16

So langsam dürfte selbst Neriélle verstehen, warum sogar die grandessarischen und dunkelelfischen Soldaten vor Asmodeus geflohen waren. Wie sollte man sich einer Bestie wie ihm nur entgegenstellen? Er schien den Harax persönlich zu verkörpern und obgleich er nur noch aus Hautfetzen und Knochen zu bestehen schien, wuchs sein hagerer Wirtskörper immer weiter an. Die Muskeln, welche sich bildeten, waren nicht natürlich. Schwarz und sehnig verbanden sie die Überreste, in denen der Dämon hauste und wo sie sich anspannten, da drückten sich Andern heraus, so blau wie der Haarschopf seines Sohnes. Castus sah diesem Wesen, dieser Bestie, kein bisschen ähnlich. Asmodeus hatte alles Menschliche verloren. Er war nur noch ein Wrack von einem Celcianer. Das erkannte aber auch der Dämon in ihm und nährte sich nun, wo er nur konnte. Er stürzte sich mit unnatürlich kraftvollen Sprüngen auf seine eigenen Leute und brannte ihnen im Wahrsten Sinne des Wortes die Seelen aus den Leibern. Es stank widerlich. Neriélle würde diesesn Geruch ihr ganzes Leben lang nicht mehr vergessen. Die Frage blieb, ob dieses nicht binnen kürzester Zeit enden würde.
Just in dem Moment, da sich ihr Blick mit dem des Dämons kreuzte, wusste sie, dass die Antwort ja lautete, sollte sie nicht sofort ihre Beine in die Hand nehmen. Niemand konnte es ihr verübeln, wenn sie flüchtete. Wie sollte sie es mit einem solchen Ungeheuer aufnehmen? Denn auch wenn sie ihn nur ablenken sollte, würde er sie doch einholen. Sie würde enden wie die Soldaten in seinen eigenen Reihen. Sie hatte sich zwar entschieden, den fremden Verbündeten zur Seite zu stehen, aber sinnlos würde sie ihr Leben auch nicht einfach wegwerfen. Also befreite sie sich von den Zeltplanen und rannte. Sie rannte um ihr Leben. Asmodeus beobachtete sie kurz. Er ergötzte sich an ihrer Angst, die ihm wie eine süße Leckerei zwischen deftigen Speisen serviert wurde und entsprechend ins Auge fiel. Dass es sich um seinen Lieblingsnachtisch handelte, dafür sorgte Neriélle dann aber doch selbst.
"Mallahall."
"WWWHHHHHAAAAAAARRRRHHHHHSSSSS?!?!?!!? MALLAHALL?!?!?!?!!" Der Dämon brüllte den Namen wie einen verdorbenen Fluch. Eine erneute Druckwelle riss die Shyáner Elfe beinahe von den Füßen. Ihr Körper reagierte instinktiv, als sie über ein Hindernis sprang und es schaffte, sich dabei nicht die Beine zu brechen. Schon wetzte die Haraxbestie ihr nach. Sie bewegte sich dabei weiterhin auf allen Vieren und eine unnatürlich lange, schwarze Zunge, deren Spitze gespalten war wie bei einer Schlange, hing ihr dabei aus dem Mundwinkel. Sie flatterte im Sprung, schlackerte weit hinter seinem Schädel und verteilte offenbar schmerzhaften Speichel. Der Soldat, welcher von einigen dieser Tropfen getroffen wurde, ging unter Schreien zu Boden. Andere flohen. Nur zwei stellten sich Asmodeus in den Weg. Sie hielten Hellebarden gezückt. Das Haraxwesen lachte nur auf und hetzte direkt auf die Soldaten los. Er schrie ihnen etwas in seiner Muttersprache entgegen. Niemand verstand die Worte und doch lösten sie dermaßen Schrecken in den gestandenen Männern aus, dass sie ihre Waffen fallen ließen und es Neriélle gleich taten.
Einer von ihnen kam nicht weit. Asmodeus sprang ihm ins Kreuz. Seine spitzen Fußnägel krallen sich in sein Fleisch. Mit den Händen riss er die Rüstung des schreienden Mannes wie eine Strohpuppe auseinander. Dann versenkte er seine Zähne im Nacken des Unglücklichen. Ein letzter Schrei, aber lang und gequält, ehe das Leben aus ihm rann wie das Blut aus seinem Körper. Asmodeus war noch einen Moment abgelenkt. Er kaute auf einem breiten Stück aus Haut und Gewebe herum, spuckte es aus und erneut stieg aus dem Toten schwarzer Rauch empor, den er sich einverleibte. Seine Augen brannten. Der ganze Dämon brannte in blauschwarzem Feuer und er erinnerte sich plötzlich an jene Elfe, die den Aufenthaltsort seines Zieles kannte.
"MAAAAAAAARRRRRRRHHHHHHLLLLL!!!", schrie er los, wobei er sich zum Himmel aufbäumte. Es fehlte nur noch, das Blitze über ihm zuckten, aber Ventha war nicht seine Göttin und gehorchte ihm nicht. Wütend über die Blasphemie der Göttin ihm gegenüber trat er den soeben ausgeweideten Leichnam beiseite und hetzte wieder los. Auch Neriélle setzte sich wieder in Bewegung. Sie musste Abstand zu Asmodeus gewinnen, ansonsten würde er auch sie zerfetzen wie den Soldaten eben. Der einzige Lichtblick befand sich hinter dem Armeelager. Auf dem Totenacker stand Castus. Sie erkannte schon seinen blauen Haarschopf und den Bogen in seiner Hand. Er legte seinen ersten von drei Pfeilen auf. Sie musste weiterlaufen. Nur noch ein Stück. Ein bisschen nur.
Hinter ihr spürte sie die Auswirkungen von Haraxfeuer, von Dämonenfeuer. Es brannte mit Eiseskälte und fraß sich mit stechenden Nadeln durch die Luft, dass Neriélle den Schmerz wie ein unangenehmes Kribbeln auf der Haut spüren konnte, als würde sie durch einen Gang laufen, der voll von Spinnenweben war. Irgendwo auf der Haut kribbelte es zwischen all dem Unbehagen, suggerierte ihr, dass giftige Spinnen mit ihren feinen Beinchen auf ihr herum krabbelten, um sich eine besonders gute Stelle für einen Biss auszusuchen. Ein Biss, der Gift in ihren Körper jagen würde, dass die Wunde sich entzündete, schmerzte und peinigte, bis sie endlich aufplatzte, nur um ätzenden Eiter über ihre Haut zu verteilen. Die irrationalen Gedanken fraßen sich in ihren Geist, schürten Ängste, ganz gleich ob sie eine Abneigung gegenüber Spinnen besaß oder nicht. Sie wurden angefacht vom Dämonenfeuer hinter ihr. Asmodeus verfolgte sie und nur noch sie. Neri spürte schon den giftigen Atem in ihrem Nacken. Die Luft ließ sich viel schwerer aufnehmen oder brannte ihre Lunge nur, weil sie um ihr Leben rannte? Nur noch ein winziges Stück. Sie konnte schon die Galaxien in Castus' Augen erkennen. Nur noch ein bisschen!

Wenige Momente zuvor entschied die Zeit sich, wieder mit normaler Geschwindigkeit abzulaufen. Sarins Sicht klarte etwas auf und wo sie bis eben noch glaubte, jedes Details für Stunden betrachten zu können, um alles um sie herum wahrzunehmen, schmetterte es plötzlich mit all seiner Information gleichzeitig auf sie nieder. Es hätte sie erdrückt und unter sich begraben, wäre Iryan nicht aufgetaucht, um sich und sie unter einem breiten Holzteil vor all den Gefahren abzuschirmen. Eine zweite Druckwelle erfasste sie, riss an dem improvisierten Schild, doch der Leibwächter hielt es mit aller Kraft fest. Ähnlich hielt er auch Sarin in seinen Armen, doch sowohl er als auch sie wussten, dass sie nicht ewig so hocken bleiben konnten. Doch wohin? Sich verstecken oder lieber Castus zu Hilfe eilen?
Wie der Halbdämon den Gewalten standhielt, die an Armeezelten und Soldaten gleichermaßen rissen, wusste niemand. Doch er stand fernab des Lagers auf dem Platz für die Toten und blickte mit unvergleichlicher Ruhe dem schwarzblauen Feuer entgegen, dass sich langsam aber stetig zwischen den Zelten auf ih zubewegte. Man sah schwarzen Rauch aufsteigen. Man hörte Männer und Frauen unter Schmerzen aufschreien, aber man hörte auch seinen Vater Asmodeus nach der Lichtmagierin brüllen. Castus wappnete sich. Er griff nach dem Bogen mit der aufgespannten Sehne und zog einen ersten Pfeil aus seinem Köcher.
Dann sah man schon den Vater. Asmodeus tauchte zwischen den Trümmern auf. Auch Neriélle war da, angetrieben von der Haraxbestie wie ein Schaf vor dem Hütehund. Sie floh und verfolgte so dennoch ihren gemeinsamen Plan. Immer wieder rief sie Mallhallas Namen, erinnerte Asmodeus daran, wessen Beute er folgen sollte. Der Dämon sprang mit seinen längst nicht mehr natürlichen Körperproportionen hinter der Elfe her. Einige der dämonenblauen Adern auf seinen Muskeln platzten auf und verteilten Blut in der Luft. Es kümmerte ihn nicht. Es schien ihn nicht einmal zu schwächen. Was sollte dieses Ungeheuer nur aufhalten? Castus?!
Der Halbdämon floh nicht. Er stand einfach nur da und blickte seinem Vater entgegen. Aber wie sollte er nur gegen ihn ankommen? Mit Worten würde er den Wahnsinnigen längst nicht mehr erreichen und er besaß nur drei einfache Pfeile. Nicht einmal bewaffnete Soldaten hatten Asmodeus etwas entgegenzusetzen gehabt. Die Situation wirkte so aussichtlos! Allein, dass der junge Mann nicht floh, bewies seinen Mut und seine Entschlossenheit. Er würde Celcia nicht den scharfen Klauen seines Vaters überlassen. Es würde keine weiteren Opfer mehr geben ... außer ihm.
"Deckung...", war das einzige, was Sarin in diesem Moment nur herausbrachte. Sie wusste, sie könnte Castus nicht helfen. Es wäre nur gefährlich für seinen Plan, wenn sie mit ihrer Trauer im Herzen nun einschritt. Denn selbst wenn sie diese zu unterdrücken wusste, tief in ihrem Inneren lauerte doch die Gewissheit, dass zumindest sie hier und heute etwas verlieren würde. Jemanden.
Iryan hörte sie. Er warf den hölzernen Schild beiseite, um unter Sarins Körper zu greifen. Wie eine Braut hob er sie auf seine Arme und rannte. Das Zelt des Arztes bot ihnen nichts mehr, nicht einmal mehr ein Versteck. Sie mussten eine andere Stelle finden, an denen Asmodeus sie hoffentlich nicht so schnell entdeckte. Zwischen einigen umgestürzten Zelten und zertrümmerten Vorräten fand er einen Platz, um die Nachtelfe abzusetzen. Sie waren nun auf der anderen Seite an der Grenze zum Totenacker und hatten noch immer klare Sicht auf Castus. Ganz im Stich lassen konnte Iryan ihn dann auch nicht. Er war Leibwächter und riss sich im Moment immens zusammen, den Leib des Blauschopfes nicht auch zu schützen. Außerdem fasste auch er einen Entschluss.
"Ohne Magie funktioniert es nicht. Sarin!" Er blickte die Elfe seines Herzens an, griff nach ihrer Hand. "Es geht nicht anders. Wir werden hier sterben oder müssen fliehen und ... das kann ich nicht." Sein Blick huschte nicht zu Castus, doch beide wussten, dass ihr Freund der Grund für diese Entscheidung war. "Wenn du es selbst nicht kannst, dann lass mich hier zurück. Ich weiß dich lieber in Sicherheit als tot, aber ich muss hierbleiben. Doch ohne Schutz schaffe ich es nicht. Sarin ... du musst Runen auf mich wirken. Irgendetwas, dass ich Asmodeus im Zweifelsfall ein Hindernis sein kann. Ich weiß, was das bedeutet. Ich halte es schon aus. Du musst es tun, bitte! Für uns alle." Er hob ihre Hand an seine Lippen, um jene Finger zu küssen, die auf sein Geheiß hin magische Runen zeichnen sollten.
"Und wenn es vorbei ist, musst du uns holen. Lass niemanden hier liegen, ja? Dafür wäre ich dir dankbar. Denn ich muss mich rasch wieder eholen, weil ... wir dürfen auch Dhan nicht vergessen."

Oder Arunn. Ob er noch lebte? Neriélle konnte sich dazu nun keine Gedanken machen. Sie war viel zu sehr darauf konzentriert, selbst nicht zu sterben. In wahrer Lebensgefahr wurde man zum Egoisten. Dann dachte man nur an das eigene Überleben und das war in Ordnung. Wie sollte man anderen helfen, wenn man tot war? Und dass die Shyánerin andere nicht vollkommen vergaß, zeigte sich, als sie trotz aller Todesangst den Plan nicht aus den Augen verlor.
Ein Herzschlag nur, ein einziger Blick war ihr gegönnt, mit dem sie sich von Castus im Stillen verabschiedete und an seiner Gestalt vorbeizog. Aber das reichte aus, um etwas deutlich zu erkennen. Dieser junge Mann strahlte eine so tiefe, innere Ruhe aus, dass es sie für den Moment befiel, in dem sie ihn mit ihrer Aura streifte. Er hatte seinen Frieden gemacht und bereute nichts. Er lächelte seiner letzten Aufgabe auf Celcia entgegen, weil er wusste, dass es alle retten würde. Dafür gab er gern, was ihn ausmachte. Er wurde von Hoffnung und der Güte seines Herzens geleitet. Es brauchte keinen Blick, kein Wort, nicht einmal einen Gedanken, um Neriélle mitzuteilen, dass auch sie ihre Aufgabe gut erfüllt hatte. Sie durfte sich nun lösen. Sie hatte alles gegeben und nichts mehr hier lag in ihrer Hand. Sie sollte tun, was allen anderen ebenso bestimmt war. Sie sollte leben und das konnte sie nur, wenn sie sich jetzt weit genug von dem Geschehen entfernte.
Ihre Füße hörten eher auf Castus' stummen Wunsch als ihr Geist. Bis dieser nämlich realisieren konnte, was nun zu tun sei, hatte sie das andere Ende des Totenackers schon erreicht. Sie verließ die frei gegrabene, harte Erde und fühlte das Knirschen von Schnee unter sich, als ihr Weg sie in das Grasland führte. Dort gab es genug Verstecke. Felsen, Schneewehen und sogar ein nahes Wäldchen boten ihr Unterschlupf. Sie könnte sogar einen großen Bogen laufen, um entweder Richtung des namenslosen Dorfes aufzubrechen oder in einem ausholenden Halbkreis zurück Richtung Armeelager zu gelangen. Dort gab es nämlich immer noch ihre Ausrüstung zu holen und vielleicht ... vielleicht lebte er doch noch ... jetzt erschien auch wieder der Gedanke an Arunn am Rand ihrer Wahrnehmung. Sie musste nur zugreifen. Jetzt war es ihr erlaubt, den Egoismus um das eigene Überleben beiseite zu schieben. Sie hatte alles erledigt. Es gab nichts mehr für sie zu tun. Es lag nun an Castus allein.
Wie aussichtslos und lachhaft es doch erschien. Vielleicht sollte sie sich auch einfach irgendwo zusammenkauern und auf den Tod warten. Oder sie nahm erneut die Beine in die Hand, um die letzten Moment auf Celcia so lebendig wie möglich zu genießen. Es blieb ihre Entscheidung, denn auf das, was hinter ihr geschah, hatte sie keinen Einfluss mehr.

Modhinweis (Kazel):
An dieser Stelle endet das Zwischenspiel zwischen Neriélle und Sarin. Ich hoffe, ihr beiden hattet ein wenig Spaß zusammen und erlebt noch weiteren davon, wenn ihr eure Abenteuer auf Celcia nun wieder getrennt fortsetzt. Ich würde euch bitten, auch eine sichtbare Trennung in Bezug auf die Postings zu nehmen, indem Sarin nun wieder an folgender Stelle weiterspielt: Wo es endet
Neriélle ist es überlassen, ob sie hier im Thread weitermachen möchte, in ihren alten zurückkehrt oder einen neuen eröffnet. Dies bitte in Absprache mit deinem Wieder-allein-Mod Madiha Al'Sarma.
Danke euch dreien für das Zwischenspiel und weiterhin viel Spaß :)
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Neriélle » Donnerstag 26. Januar 2023, 11:16

Neriélle rannte um ihr Leben. Sie rannte durch den Regen und realisierte nach einigen Metern, dass nicht Wasser, sondern Blut vom Himmel fiel. Erneut überkam sie Ekel, aber es blieb keine Zeit, sich damit auseinanderzusetzen. Sie wollte nicht zurück schauen, sondern sich auf den Weg vor sich konzentrieren. Doch ganz konnte sie dem Drang nicht widerstehen, sich nach der Bestie umzudrehen, die sie vernichten würde, wenn sie sie zu schnappen bekäme. Wann immer sie sich umdrehte, stürzte sich der Dämon gerade auf jemanden und hauchte ihm die Seele aus.
Neri rannte so schnell wie es ihr möglich war. Bald brannten ihre Lungen, doch sie durfte nicht stoppen. Sie war froh, als sie endlich Castus auf der Ebene vor sich stehen sah. Ein Kribbeln breitete sich auf ihrer Haut aus, das sie nicht zuordnen konnte. Es piekste und breitete Unbehagen in ihr aus, das mit jeder Sekunde größer wurde. Es fühlte sich an wie kleine Spinnen und da war plötzlich eine Angst in ihr, die größer und größer wurde und über der sie nicht Herrin wurde. Die Angst, von diesen Spinnen gebissen und vergiftet zu werden. Neri versuchte buchstäblich, die Spinnen von sich zu schütteln, aber das kribbelnde Gefühl und die Angst vor der Vergiftung blieben. Sie merkte, wie das Brennen in ihrer Lunge stärker wurde und dass sie immer weniger Luft bekam.
Mit verzerrtem Gesicht, das Ausdruck ihres Leids, der Angst und der körperlichen Belastung war, deren Grenze sie fast überschritten hatte, war sie endlich auf Castus' Höhe. Der Blick in die Galaxien seiner Augen, der nur ein paar Sekunden dauerte, stimmte sie traurig, aber er bestärkte sie auch und schenkte ihr neue Kraft für die letzten Meter. Castus stand dort so mutig und ruhig, dass er einfach nur ein Vorbild war.

Plötzlich stand sie auch schon am Ende des Totenackers. Der Weg, den sie von Asmodeus zurückgelegt hatte, hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt. Doch die letzten Meter waren fast wie im Flug vergangen. Das Knirschen des Schnees unter ihren Sohlen löste die Anspannung in ihrem Körper und ließ sie ihre Umgebung wieder wahrnehmen. Sie rannte noch ein Stück weiter und kam hinter einem größeren Felsen keuchend zum Stehen. Erst als sie sich versichert hatte, dass Asmodeus sie nicht mehr verfolge, gönnte sie sich die Pause, nach der ihr Körper und allen voran ihre Lungen schrien. Vornübergebeugt schnappte sie nach Luft. Ihre Hand lag auf ihrem Brustkorb, in dem ihr Herz wie wild pumpte, dass sie fast fürchtete, es würde herausspringen. Ihr Kopf war so hochrot, wie er sich anfühlte und ihre Beine waren schlapp.
Sie ließ sich zu Boden sinken und unbemerkt lächelte sie. Sie hatte es geschafft! Sie hatte es tatsächlich geschafft! Sie hatte diesen Dämon zu Castus gelockt. Und sie lebte!
Und als ihr das klar wurde, rollten die Tränen ihre Wangen hinab. Sie begann zu weinen. Die Anspannung und Ängste der letzten Minuten fielen von ihr ab. Allen voran die Todesangst, die mächtiger gewesen war, als sie sich während dem Wettlauf angefühlt hatte. Ihr Körper wurde durchgeschüttelt, doch es war keiner hier, vor dem sie sich stark geben musste. Daher ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Sie wusste nicht, wie lange sie schluchzend dort saß, doch irgendwann versiegten die Tränen.
"Danke Phaun. Danke! Der nächste Hase gehört dir", sprach sie leise zu dem Gott der Jagd. Sie hatte um seinen Beistand gebeten und den hatte sie bekommen.
Schluchzend wusch sie sich mit der Hand übers Gesicht, doch nicht nur Tränen, sondern auch Blut klebten an ihrer Hand. Sie sah vermutlich so furchtbar aus wie sie sich fühlte. Doch das alles war noch nicht vorbei. Castus hatte gesagt, sie solle nicht zurückkehren und Sarin hatte als Treffpunkt ein Gasthof in einem nahen Dorf vorgeschlagen. Dass sie erst noch ihre Sachen holen musste, war aufgrund des Zeitdrucks und der Dringlichkeit von Asmodeus' Tod in der Gruppe untergegangen. Jetzt konnte sie entweder einen Bogen ums Lager schlagen und zu dem Gasthaus gehen, in dem hoffentlich die anderen auf sie warteten. Oder sie nutzte das Chaos, um ihre Sachen zu holen. Neris goldene Augen blickten zu dem Lager in der Ferne. Viele Zelte hatte es umgerissen und die Bilder der Zerstörung, die sie hautnah miterlebt hatte, flackerten immer wieder vor ihren Augen auf. Sie konnte nur hoffen, dass Sarin doch noch einen Schutzzauber auf das Arztzelt gelegt hatte oder sie auf andere Weise unversehrt aus diesem gekommen waren. Neri wollte einen andern Gedanken gar nicht zulassen. Arunn lebte sicher noch! Er war sicherlich schon auf dem Weg ins Gasthaus. Und wenn er sie dort nicht antreffen würde, würde er sicher wissen, dass er sie bei ihrem Bogen finden würde: Im Zelt neben der Schmiede, im Zelt des Dunkelelfenmagiers. Ohne ihren Bogen würde sie nicht weiter reisen.

Neri erhob sich und fasste neuen Mut. Manche würden sie nun als kopflos oder dumm bezeichnen. Aber ihr Plan war immer gewesen, nur mit ihrem Hab und Gut das Lager hinter sich zu lassen. Und wenn sich die Elfe etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann gab sie dieses Ziel auch nicht so schnell auf. Und was konnte nun Schlimmeres auf sie warten als ein Dämon aus dem Harax? Konnte sie eigentlich noch einen Blick auf ihn und seinen Sohn werfen? War es nun wirklich zu Ende?
Neri schüttelte ihre Beine aus, die sich wie Gummibäume anfühlen. Aber ausruhen konnte sie sich später noch.
Und so wählte sie den Weg zurück ins Lager. Wo immer sie Verstecke fand, nutzte sie diese. Aber vermutlich würde nun keiner mehr Notiz von ihr nehmen, falls sie überhaupt jemandem begegnete. Schließlich würde sicher niemand freiwillig dem Dämonen auf den Totenacker folgen. Neriélle hatte ein wenig die Orientierung verloren, so konzentriert war sie auf Asmodeus und dann auf ihre Flucht gewesen. Sie beschloss, falls sie zuerst am Arztzelt vorbeikam, in diesem nach Arunn zu sehen. Ansonsten würde sie zu dem Zelt des Dunkelelfen gehen und darauf hoffen, Arunn später im Gasthaus wiederzutreffen.

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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Erzähler » Samstag 28. Januar 2023, 15:30

Im Spoiler befindet sich Relevantes für Sarin's Plot. Wer sich da nicht spoilern lassen will, sollte warten und ggf. bei Sarin weiterlesen. Geschrieben wurden die Spoiler-Parts von Kazi. Danke dafür!

Neri rannte. Sie rannte um ihr Leben. Um das Leben von Sarin, Iryan, Arunn… um das Leben von Celcia und schlussendlich auch Castus. Sie hatte sich Hals über Kopf für diese Aufgabe gemeldet und sich keine näheren Gedanken darum gemacht, was das für sie persönlich bedeuten könnte. Ihr Abenteuer so jungfräulich und von kurzer Dauer geprägt? Würde sie nun hier ihr Leben aushauchen? Wäre das denn etwas schlechtes? Immerhin täte sie es in der Ausführung einer wirklich guten Tat. Würde sich jemand an ihren Namen denn erinnern können, wenn es geschafft war und sie das Reich des Todes betrat? Vermutlich nicht, denn wer wusste schon, ob sie überleben würden, um Neriélles Geschichte zu erzählen. Solche Gedanken aber konnte sich Neri derzeit gar nicht machen. Viel zu sehr war ihr ganzes Sein aufs Handeln ausgelegt. Der Sympathikus lief auf Hochtouren. Er war maßgeblich für alles verantwortlich, was sie so schnell und ausdauernd rennen ließ. Die Angst war doch eine hervorragende, treibende Kraft. Asmodeus – ein Haraxwesen hier auf celcianischem Boden. Dass sie bereits an ihrem ersten Stopp über eine solche Abscheulichkeit stolperte, war doch grotesk. Und sie hatte geglaubt, der Dunkelelf, der ihr ihren Bogen raubte, wäre ihr größtes Problem. Ihre Lungen brannten, brannten vor Überlastung und dem Gestank tausender kleiner Spinnen, die sich in ihre Haut fraßen, um dort zu brüten und sie als Wirt zu benutzen. Asmodeus Haraxfeuer kitzelte ihren Nacken, während sie lief und lief, bis sie endlich Castus entdeckte. Endlich! Gleich wäre es geschafft und sie hätte den flammenden Tod in ihrem Rücken abgeschüttelt.
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Doch Asmodeus wurde nicht langsamer. Man sollte meinen, der geschundene Wirtskörper müsste in die letzten Einzelteile zerbrechen, die noch nicht vom Dämonen selbst abgenagt worden waren, aber haraxisches Gewebe aus schwarzen Muskelsträngen, verdorbenen Sehnen und dämonenblauen Adern hielten alles zusammen. Erschreckend gut, sogar. So hechtete das Monstrum weiterhin hinter Neriélle her und der Abstand wurde immer kleiner.
Neri aber verlor ihr Ziel nicht aus den Augen, sondern hielt auf Castus zu, bis sich ihre Augen für den Bruchteil einer Sekunde trafen und sie in den abermillionen Sternen eine Erkenntnis auffing. Sie hatte ihre Arbeit getan. Sie hatte ihr Wort gehalten und maßgeblich an diesem Unterfangen mitgewirkt. Nun sollte sie sich in Sicherheit bringen, denn der Dämon würde von ihm, Castus aufgehalten werden. Für eine Sekunde offenbarte sich der Shyánerin auch, warum Castus einen Bogen haben wollte. Er trug ihn, wie selbstverständlich und mit aller Ruhe, die auf Celcia herrschen konnte in sich vereint. Er wusste was er tat!
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So zog sie an Castus vorbei, der vollkommen ruhig dastand, den Bogen bereits angehoben, aber noch nicht zum Schuss gespannt. Es genügte für einen kurzen Blickabtausch und die friedlichen Galaxien im tiefblauen All seiner Iriden schenkten Neri Bestätigung. Sie hatte alles getan, was nötig gewesen war. Es lag nun nicht mehr an ihr, aber der Halbdämon wäre bereit. Ein Opfer zum Wohl von Celcia. Asmodeus hatte jedoch ein anderes Opfer im Sinn. Er ließ nicht von Neri ab, selbst als sie am Blauschopf schon vorbeigeeilt war. Das monströse Haraxwesen fokussierte in seinem Tunnelblick aus Hass und Wahnsinn nur noch sie. Es stürmte schneller heran, hinterließ Schlieren aus giftigem Speichel und schwarzem Rauch in der Luft. Dann spannte Castus den Bogen und mit einem leisen Sirren löste sich der erste Pfeil von der Sehne. Der junge Mann senkte die Waffe, griff aber schon nach dem zweiten Pfeil. Sein Blick aber ruhte auf dem ersten Geschoss. Es durchschnitt die Luft und ... nur das. Der Pfeil zog haarscharf an Asmodeus vorbei, ohne ihn zu berühren. Einzig sein Luftzug riss den Dämon aus seiner Starre. "WAAAAAAAHHHRRRSSSSS WARRR DASAAAAAAAASSSSSSSSHHHHH?!?!?", grollte er und wirbelte mit dem Kopf herum. Erstmals stutzte er seit seinem mordlüsternen Ausbruch. Er kannte den Jungen nicht, der ihm da auf dem freien Platz so arglos entgegen blickte. Er wusste nicht, warum dieser nicht floh, ja nicht einmal Furcht zu haben schien. Und dann entdeckte er den blauen Haarschopf. Ein Bürstenkamm wie er ihn selbst besaß, nur dass er bei Asmodeus längst nicht mehr aus Haar bestand, Schwarzblaues Feuer loderte gen Himmel und das in größerem Ausmaß als seine eigene Gestalt. Die samtenen, blauen Haare von Castus wirkten da fast schon lächerlich im Vergleich.
Neri fand in einigen Metern tatsächlich ein paar größere Felsen, die ihr für einen Moment Schutz boten. Hinter sich hörte sie Asmodeus grollen und toben. Sie hatte erkannt, dass Castus seinen ersten Pfeil abgeschossen hatte und offenbar hatte das den Dämon tatsächlich von ihrer Spur abgelenkt. Neri erlaubte sich endlich gierig die Luft in ihre kreischende Lunge zu saugen. Seitenstechen plagten die Elfe mit einem Mal heftig. Ein Zittern legte sich über ihren Körper. Die Anspannung, das Adrenalin, welches ihr soeben das Weiterkommen überhaupt ermöglicht hatte, flaute schnell ab und hinterließ die Erkenntnis, dass sie dem Tod von der Schippe gesprungen war. Tränen flossen ihr über das Gesicht, Ausbruch der Angst, die sie ergriffen hatte. Angst war kräftig. Entweder trieb sie einen immer weiter oder aber lähmte einen. Neri hatte erkannt, dass sie von ihr getrieben wurde. Dass sie einen Überlebenswillen besaß, der nicht jedem innewohnte. Vielleicht war es auch ein wenig ihrem Stolz geschuldet, aber jetzt in diesem Moment, fühlte sie sich dankbar, erleichtert und…
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"Mein .... SOHN!!!! HAAAARRRRRHHHHH!!!!"
,wurden ihre Gedanken unterbrochen und lockten einen vorsichtigen Blick hinter ihrem Findling hervor. Sie konnte von ihrer Position Castus von hinten und Asmodeus von vorne sehen.
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"Vater...", erwiderte Castus und hob den zweiten Pfeil an, um dessen metallene Spitze zu küssen. Seine Lippen hinterließen einen ganz schwach bläulichen Schimmer, der sich wie eine Ummantelung langsam um die gesamte Pfeilspitze legte. Asmodeus achtete nicht darauf. Er bäumte sich auf die Füße auf, riss die Klauen, die einst seine Hände waren, gen Himmel und schrie in Richtung der Wolken: "WO IST MAAAAAALLLLLHHHRHRHRHRHRHRRRR???"
Dann stutzte er ein zweites Mal und fiel auf alle Viere zurück, als Castus ihm mit der Ruhe ganzer Welten antwortete: "Sie ist nicht hier, Vater. Sie war es nie. Ich bin es, der auf dich gewartet hat. Und ich werde es sein, der uns wieder eint."
Asmodeus schnaubte. Für mehr reichte es nicht, denn sein Sohn hatte den zweiten Pfeil angelegt. Er spannte erneut den Bogen und ließ die Sehne knallen. Auch jenes Geschoss löste sich mit einem Sirren, wobei es dieses Mal allerdings einen Schweif aus dämonenblauem Licht hinter sich herzog, der so mancher verängstigten Seele des in Trümmern liegenden Armeelagers wie ein Silberstreift am Horizont vorkommen musste. Castus hatte erneut perfekt gezielt. Wo der erste Pfeil Asmodeus niemals hatte treffen, sondern nur seine Aufmerksamkeit umlenken sollte, fand der zweite sein Herz als Ziel. Mit blau auflodernden Flammen, jenen des Dämons nicht unähnlich, versenkte sich die Spitze in dessen Brust. Asmodeus bäumte sich ein zweites Mal auf, schrie und brüllte. Er packte nach dem Pfeilschaft, aber seine Klauenhände waren längst nicht mehr zu feinmotorischen Handlungen in der Lage. Er brach den Schaft ab. Die Pfeilspitze blieb stecken. Das Blau breitete sich in seinem Körper aus. Castus ließ den Bogen fallen. Er streckte die Arme von sich und bot seinen Leib einladend dem Vater an. "Dein Wirt stirbt!", rief er ihm zu. "Er ist auch trotz haraxischen Mächten nicht gegen eine Verletzung seines Herzens gefeit. Und mein Seelenfeuer attackiert dich. Wir wissen beide, dass du es nicht verträgst." Er hatte Recht. Castus' reine Herzensgüte war das komplette Gegenteil zu Asmodeus' aggressivem Chaos. Er konnte es nicht ertragen. Er riss den Leib herum, den er sich als Nest für seine Existenz auserkoren hatte. Ein Armknochen löste sich und flog über den Acker. Dann biss der Dämon sich in ein Bein und zerrte daran, bis er es unter der Kniescheibe amputierte und im Maul wie eine Keule schwang. Er brach auf die Seite, stürzte auf den gefrorenen Erdboden. Schwarzer Rauch stieg von ihm auf, während das Blut seines Wirtes sich ausbreitete. Die Erde war zu fest, als dass es versickert konnte. "RHRHRRHHRRRAAAAAAAAHHHHRHRHR!!!!", brüllte der Vater auf.
"Komm zu mir!", lud ihn der Sohn ein. "Ich bin das einzige Leben, das du erreichen kannst."
Wer sich weit genug mit dem Harax und seinen Bewohnern auskannte, wusste, dass es ihnen ohne Wirt nicht möglich war, eine Existenz auf Celcia zu führen. Castus hatte es geschickt eingerichtet, sich für einen weiten Platz fernab von jeglichem Leben außer ihm selbst zu entscheiden. Sein Körper war der einzige Wirt, der Asmodeus nun noch zur Verfügung stand. Wenn er sich selbst nicht vernichten wollte, musste er das Angebot annehmen. "Wenn du dich sträubst, wirst du vernichtet und der letzte Teil von dir - der gute Teil, als das, was dir entrissen wurde, um sich selbst zu formen - wird überleben. Ich werde leben, aber du würdest vernichtet! Vater! Lass uns wieder eins werden, denn ohne dich fehlt auch mir etwas, so wie dir etwas fehlte ... und dich zu dem machte, was du jetzt bist. Bitte!"
Der Dämon kauerte sich zusammen. Immer mehr Rauch stieg aus seinem Wirt heraus, der langsam die schwarzblauen Gewebestränge einbüßte. Immer weniger blieb an dem Körper zurück, bis es nur noch der Wirt war, der da in einer Lache aus seinem eigenen Blut lag. Wie wenig doch noch von ihm übrig war, von Asmodeus dem Medicus. Knochen, ein Schädel und vereinzelte schwarz gewordene Hautfetzen. All das hatte den Zenit eines Menschen schon lange überschritten und war nur durch haraxische Kräfte daran gehindert worden, endlich zu sterben.
Neri aber hatte bereits den Weg zurück zum Lager angestrebt. Um ja nicht in die Fänge des Dämons zu geraten, hatte sie einen erheblich großen Bogen um den Totenacker gewählt. Sie würde nicht alle Mühe zunichtemachen, indem sie jetzt die Pläne des Blauschopfs untergrub. Sie wollte lediglich raus aus der Schusslinie, wollte nicht länger in der Gefahr schweben, doch noch entdeckt und Dämonen-Futter zu werden. Neri hatte sich den Moment ausgesucht, da sich der zweite Pfeil in die Brust des Dämons grub. Asmodeus war abgelenkt, perplex von der Wirkung dieses mickrigen Pfeils. Und Neri hatte erkennen können, dass ihre bevorzugte Wahl der Waffe überhaupt kein ‚Weiberkram‘ war, wie Arunn sich so nonchalant ausgedrückt hatte. Wo steckte er überhaupt? Während sie ihren Bogen zog, konnte alsbald die Ausläufer des Lagers erkennen. Oder zumindest das, was davon übrig geblieben war… Das Zelt des Arztes stand nicht mehr, doch sie war sich sicher, dass sie am richtigen Ort sein musste. Von Sarin, Iryan und Arunn fehlte jede Spur. In einiger Entfernung konnte sie noch einen Blick auf Castus und Asmodeus werfen, doch was gesprochen wurde, konnte sie nicht mehr hören. Sie sah nur noch, wie Castus die Arme ausgebreitet hatte und Asmodeus, als eine Gestalt aus Rauch, ohne die menschlichen Überreste seines Wirts, auf ihn zu kam. Alles hatte einen seltsamen Geschmack von… Endzeit.
Das Lager war nur noch Chaos. Überall lagen Wrackteile herum, Leichteile und Blut vermischte sich unter metallischem Geruch zu anderen Dingen. Dort, wo Neri Asmodeus durch das Lager gelockt hatte, fand sich eine Schneise aus dampfendem Giftrauch, der sich hier und dort in den Gesichtern derjenigen zeigte, die daran elendig erstickt waren. Die Druckwelle, die auch Neri erfasst hatte, bevor sie loslief und sie glücklicherweise nicht verletzte, hatte sämtliche Zelte erfasst und aus dem gefrorenen Boden gerissen. Hier und dort sah sie vereinzelte Soldaten. Einige liefen panisch umher, andere schienen nach Bekannten zu suchen und wieder andere rafften schleunigst zusammen, was sie nützlich fanden und sahen zu, dass sie davonkamen. In alle Richtungen verstreuten sich Überlebende, während Zyranus gänzlich uninteressant blieb. Einige wenige versuchten auch dort um Asyl zu betteln. Überall drangen Klagerufe, Schmerzensschreie und Todeskämpfe zu ihr herüber. Es war ein Knäul aus Grausamkeit. Was sie indes nicht erkennen konnte war, dass Arunn sich irgendwo aufrecht unter den anderen befand. Das Zelt des Arztes existierte nicht mehr aber hier hinten im Lager war die Verwüstung nicht gänzlich verheerend gewesen. Trotzdem musste man gehörig aufpassen, wohin man trat. Ob Arunn bereits zur Flucht angetreten war? Und was war mit ihren Sachen? Sie wollte ihre Habe finden… doch wie bei all dem Chaos? Sie konnte nur noch erahnen, wo das Zelt des Dunkelelfen gestanden hatte. Einzig der Amboss der provisorischen Schmiede stand noch herrenlos herum, sodass sie dort wenigstens einen Ansatz finden konnte. Doch ansonsten… wo anfangen?
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Neriélle » Sonntag 29. Januar 2023, 19:08

Es war laut und deutlich zu hören, dass Asmodeus seinen Sohn erkannt hatte. Neri spähte atemlos hinter dem Findling hervor. Sie sah, wie Castus einen Pfeil spannte und ihn mit seinem blauen Feuer verzauberte, damit es das Grauen im Herzen des Dämons entzündete. Wenn sie nicht als Dämonenfutter enden wollte, musste sie jetzt gehen. Auch wenn es sie brennend interessierte, was Castus genau vorhatte und wie er seinen Vater vernichten wollte. Doch der Halbdämon hatte gesagt, dass niemand anderes in der Nähe des Dämons verweilen sollte. Und die Shyáner Elfe war sich nicht so sicher, ob sie weit genug entfernt war. Außerdem hatte sie schon längst den Entschluss gefasst, nicht ohne ihren Bogen weiterzuziehen. Der Dämon stellte gerade ihre größte Gefahr im Lager dar, also musste sie es ausnutzen, dass er nun vollkommen abgelenkt war.

Die Elfe schlug einen großen Bogen um Asmodeus und Castus gen Lager. Als sie wieder dort angekommen war, fiel ihr Blick auf den Platz, an dem das Arztzelt gestanden hatte. Sie war sich sicher, dass es hier gestanden hatte. Sie verspürte einen Stich im Herzen und ihr Brustkorb fühlte sich wie zugeschnürt an. Niemand war mehr da. Weder Arunn noch Sarin oder Iryan.
Neriélle schaute sich um, doch von den drei war keine Spur zu sehen. Sicherlich waren sie geflüchtet und waren schon auf dem Weg ins Gasthaus. Das versuchte sie sich jedenfalls einzureden. Denn hier und da lagen Tote oder Schwerverletzte, die bald zu Ersteren dazugehören würden. Doch sie wollte nicht daran glauben, dass die drei tot waren. Die Soldaten, die noch konnten, suchten ihre Sachen zusammen und flüchteten in alle Richtungen. Sie hoffte, dass auch die anderen zu dieser Gruppe der Lebenden gehörten.
In der Entfernung sah sie Castus mit ausgebreiteten Armen auf dem Totenacker stehen und eine Gestalt aus Rauch, die die Form von Asmodeus hatte und sich auf ihn zubewegte. Sie hatte noch nie zuvor so etwas gesehen. Wie surreal es war.. das alles hier.

Sie löste den Blick von dem Geschehen und schritt durchs Lager. Irgendwann erblickte sie den Amboss, der von der Schmiede übrig geblieben war. Die Schmiede, in der Arunn und sie gestern noch gestanden hatten. Vielleicht innerlich verzweifelt aufgrund ihrer Gefangenschaft, aber auf jeden Fall gesund und voller Tatendrang, es dem Dunklen Volk zu zeigen. Ein schwaches Lächeln huschte für einen Moment über ihre Lippen und erlosch wieder. Und kaum einen Tag später war hier das reinste Chaos ausgebrochen. Auf dem Weg zum Amboss dachte sie nach. Als der Dunkelelf sie gestern erwischt hatte, hatte er ihr gesagt, dass er ihre Sachen in seiner Nähe verwahrte. Sollte sie also den Dunkelelfen suchen? Oder waren das nur leere Worte gewesen? Die Suche nach ihm war so aussichtslos wie die nach Arunn. Denn sie hatte keinerlei Hinweise auf seinen Verbleib. Andererseits wollte sie ihn auch nicht zwingend wiedersehen. Aber nur er wusste, wo ihre Sachen waren. Vielleicht hatte er sie doch in seinem Zelt aufbewahrt, als das ganze Chaos hier ausgebrochen war? Oder vielleicht fand sie ihn bei seinem Zelt? Am besten schwerverletzt und wehrlos..? Eine bessere Idee hatte sie im Moment nicht. Also lief sie zu dem Zelt des Dunkelelfemagiers und hoffte, in den Überresten fündig zu werden.

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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Erzähler » Dienstag 31. Januar 2023, 12:53

Es war gar nicht so einfach, die Wege im Zeltlager zu gehen, so wie sie sie gestern noch beschritten hatte. Überall lagen Trümmerteile herum. Sie musste aufpassen, dass sich nicht über etwas stolperte oder jemanden. Neri konnte zwischen Planen, Holz und Waffenmetall erkennen, dass es zahlreiche Soldaten nicht mehr schaffen würden. Sie konnte abgetrennte Gliedmaßen erkennen, ebenso wie furchtbar entstellte Fratzen, die ihr Leben einer Sache hingegeben hatten, die sie nicht hatten einschätzen können. Einfache Soldaten, Männer und Frauen, die einem Kodex gefolgt waren, um in ihre Heimat Ehre und Ruhm zu tragen hatten hier ihr Leben auf undenkbare Weise gegeben. Nicht ehrenvoll in einer Schlacht, die sie mit Leib und Seele vertraten, sondern hingerichtet von einem Wesen aus dem Harax, das sich niemals nach ihnen umdrehen würde. Der Kampf war aussichtslos, unnötig und nicht erfolgversprechend gewesen. Und nun watete Neriélle durch ihre Körper, auf der Suche nach ihrem kleinen Stück Heimat. Ihre Heimat… nie war die Elfe solchen Bildern ausgesetzt gewesen. Niemals zuvor hatte sie sich mit derlei Schrecken auseinandersetzen müssen. Shyána Nelle versprach Idylle auf einem gänzlich anderem Niveau und doch… doch schonte es seine Bewohner viel zu sehr. Denn das, was Neri nun erleben musste, geschah in diesen dunklen Tagen hundertfach. Es war die Realität einer neuen Welt. Und sie alle mussten aufwachen und erkennen, dass sie Teil dessen sein mussten. Auf der einen oder anderen Seite. Die Bilder, die Neri zusehen bekam, würden sie vermutlich lange Zeit nicht mehr loslassen, wenn denn überhaupt. Die Gerüche allerdings würden sich auf ewig in ihr olfaktorisches Nervenzentrum brennen. Der Geruch nach verbranntem Fleisch, nach dem metallischem Blut und anderen Dingen, die den Tod an sich wenig ruhmreich und elendig machten. Geschmolzenes Metall dampfte dann und wann auf, wenn Neri an einem gerüsteten, toten Körper vorbeikam. Der ätzende Rauch, den Asmodeus dazu verwendet hatte, hinterließ einen ganz eigenen Geruch von Verwesung. Es blieb Neri nicht viel anderes, als sich darauf zu konzentrieren, ihre Habe zu suchen. Das und Arunn. Doch von dem Menschen fehlte jede Spur, sodass sie keinen Anhaltspunkt hatte, überhaupt zu beginnen. Das Arzt-Zelt gab es nicht mehr. Sarin, Iryan und Arunn einfach verschwunden. Ihr blieb nur die Hoffnung, dass sie lebten und vielleicht schon auf dem Weg in das Gasthaus waren, das Sarin erwähnte.

Neriélle jedoch musste zuvor noch etwas anderes haben: Ihren Bogen! Ihren ganzen Stolz. Es war ihre Verbindung zu Shyána Nelle und etwas, woran sie sich festhalten mochte, wenn alles zu viel wurde. Also folgte sie den früheren Wegen durch eine Zeltstadt, die es nicht mehr gab und fand zumindest den Amboss wieder. Er prangte wie ein höhnisches Mahnmal vor ihr, dem die Zerstörung nichts anhaben konnte. Ein Anhaltspunkt, sodass sie sich nur einmal umdrehen musste und das Zelt des Dunkelelfen wiederfand. Doch ihr Blick ging auch hier ins Leere. Das Zelt existierte nicht mehr. Neri konnte noch Splitter des Holztisches sehen, vereinzelte Essensreste und die Glassplitter der vielen Karaffen von der kleinen Bar, die der Elf gehabt hatte. Auch dieses Zelt blieb nicht verschont von der Zerstörungswut des Haraxwesens. Von dem ehemaligen Bewohner fehlte jede Spur. Auch sonst war die Elfe weitestgehend allein in diesem Stück des Lagers. Hier hatte die Druckwelle noch mit am heftigsten zugeschlagen und Neri konnte in einigen Schritt Entfernung auch die Zellen erkennen. Einige der Käfige waren umgestürzt, andere reichlich deformiert und unbrauchbar. Vor den Zellen am Boden, sah sie ein Knäul aus grünen Armen und Beinen. Einem der beiden hing noch die Brille schief im Gesicht, doch keiner von ihnen rührte sich noch. Auch sahen die verhedderten Gliedmaßen nicht mehr so aus, als ob man Dumm und Dusselig auseinanderhalten könnte. Die Orks hatten es nicht geschafft… Bevor Neri aber verzweifelter werden konnte, weil nichts hier Aufschluss geben konnte, hörte sie unweit ihrer Position ein Geräusch.
Es kitzelte nur leicht an ihrem Ohr, war aber in der ansonsten seltsamen Geräuschkulisse irgendwie unpassend genug, um Aufmerksamkeit zu erregen: Sie hörte ein gurgelndes Lachen. Irgendwo hinter sich, einige Schritte vom Zelt des Dunkelelfen weg konnte sie es hören. Leider versperrte ein großer Karren die Sicht darauf, sodass sie drumherum gehen müsste. Sobald sie das getan hätte, zeigte sich ihr ein besonders seltsames Bild in all der Zerstörung: Sie sah einen hochgewachsenen Dunkelelfen aufragen in all den Leichen. Sie erkannte ihn sofort als jenen, dem sie die Abnahme ihrer Waffen verdankte. Er schien weitestgehend unverletzt, hatte nur ein wenig seine Robe eingebüßt oder hier und dort Kratzer an unverhüllten Stellen seines Körpers. Was jedoch wesentlich skurriler wirkte war, dass er in der Hand Neri’s Bogen hielt. Und das andere Ende dessen steckte in der Brust eines anderen Mannes: Arunn. Der Dessarier lag am Boden zwischen Holzteilen, Geröll und Gliedmaßen. Er sah furchtbar aus. Sein Gesicht war kaum erkennbar, er blutete oder war es Fremdblut? Jedenfalls war er dreckiger als sowieso, verschmiert und aus seinem Mundwinkel lief Blut heraus. Seine hellen Augen stachen aus dem Dunkel seines Gesichts hervor und er hielt mit seiner Linken die Spitze des Bogens umklammert, die seinen Rumpf durchbohrte. Er grinste tatsächlich, auch wenn Neri sofort sah, dass das Gurgeln von ihm kam. Seine Beine waren unter einem schweren Schild irgendeines grandessanischen Soldaten verkeilt, sodass er sich nicht besonders gut rühren konnte. Der Dunkelelf jedoch hielt mit beiden Händen die andere Spitze des Bogens fest und schaute auf den Dessarier herab. Keiner von ihnen bemerkte Neriélle. Die Szene an sich war schon äußerst skurril und doch zeigte es ein Bild, das schnelle Gedanken zulassen könnte. Was Neri überdies aber auch erkennen konnte war, dass ihr Bogen reichlich lädiert war. Dass die Sehne abgerissen und das Holz die eine oder andere Kerbe mehr hatte. Was auch immer ihr bei dem Anblick durch den Kopf ging… Klar war, dass es dem Schmied nicht ganz so gut ging und der Dunkelelf wie eh und je eine gewisse Ausstrahlung besaß, die sich selbst jetzt nicht leugnen ließ.
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Neriélle » Dienstag 31. Januar 2023, 20:58

Sie stand vor dem Amboss und musterte ihn für einige Augenblicke, als hätte sie alle Zeit der Welt. Er schien der Einzige zu sein, der nicht zerstört worden war. Zwischen all den Zelten, die aus den Verankerungen gerissen oder umgeweht worden waren, stand er hier wie ein Fels in der Brandung. Auch das Zelt des Dunkelelfen war verwüstet worden und nur noch Splitter aus Holz und Glas zeugten von ihm. Doch Neri empfand keine Schadenfreude darüber. Das alles war für sie nur ein einziges großes Trauerspiel. Sie hatte noch nie jemanden den Tod gewünscht. Auch wenn sie den Anblick von den toten Dunkelelfen und Orks komischerweise mehr verschmerzen konnte als den Anblick der Menschen, obwohl sie alle für dasselbe grausame Ziel gekämpft hatten - bis ihr Heerführer sie ausgelöscht hatte. Dennoch war diese Welt voller Schmerz, Blut, Verletzten und Toten eine ganz andere als Shyána Nelle.
Kurz darauf fiel ihr Blick auf die deformierten Käfige nicht weit von ihr entfernt und auf das grüne Orkknäuel davor mit der Brille. So dumm und dusselig die beiden Orks auch gewesen waren, schmerzte auch der tote Anblick der beiden die Elfe. Im Grunde waren es ihre Feinde gewesen, aber sie erinnerten sie an all die Scherze, die sie mit Arunn gemacht hatte.. eine bessere Zeit, die plötzlich so ewig lang her war.

Plötzlich hörte sie ein Geräusch und drehte sich danach um. Es war nicht laut genug, um gefährlich zu klingen und Deckung zu suchen. Außerdem drang es hinter einem Karren hervor, der die Sicht auf den Auslöser des Geräuschs versperrte. War es ein Lachen gewesen?
Vorsichtig und stirnrunzelnd schlich Neri um den Karren herum. Doch nichts in der Welt hätte sie auf das vorbereiten können, was sie sah - alles, wonach sie gesucht hatte.
Als Erstes erblickte sie den Dunkelelfen, der sich deutlich von den um sich liegenden Toten abhob, und dann den Bogen in seiner Hand. Ihren Bogen! Und schlimmer noch: er drückte ihren Bogen in Arunns Brust. Eben hatte sie noch gehofft, den Dunkelelfen verletzt und wehrlos vorzufinden. Stattdessen befand sich nun Arunn in dieser misslichen Lage. Er sah einfach furchtbar aus. Er lag zwischen allerlei Zeug und seine Beine waren offenbar unter einem Schild eingeklemmt. Außerdem blutete er. Er war dem Dunkelelfen hilflos ausgeliefert. Trotzdem grinste er, als würde er der Sieger dieses Kampfes sein.
Erschrocken und überrumpelt sog Neriélle die Luft ein. Wie in Schockstarre stand sie da und starrte auf die beiden Männer vor sich. Der Dunkelelf hörte sie sicher, bevor er sie sah, aber Neris Gedanken flogen wild in ihrem Kopf herum und keiner war klar genug, um ihn zu fassen. Geschweige denn, um einen kühlen Kopf zu bewahren und irgendwelche Pläne zu schmieden. Die Situation sah viel zu lebensgefährlich für den Dessarier aus. Da konnte sie nicht in ihrem vermeintlichen Versteck bleiben und lange Pläne schmieden. Sie musste schnell handeln. Wenige Sekunden später, nachdem sie die Luft hörbar eingeatmet hatte, löste sich die Elfe aus der Starre.
"Arunn!", rief sie im nächsten Moment geschockt aus, ehe ihr Kopf zu dem Dunkelelfen ruckte. "Du…! Was hast du getan?!" Trotz der Fassungslosigkeit klang ihre Stimme kräftig und ein Stück zu laut dafür, dass sie, während sie die Worte sprach, schnell auf den Dunkelelfen zulief, also in seiner unmittelbaren Nähe war. Ihre Stimme gab in diesem Moment mehr von ihrer Wut preis als über eine etwaige Angst dem Dunklen gegenüber.
"Lass' ihn in Ruhe! Lass' meinen Bogen los!", fauchte sie. Sie dachte nicht darüber nach, was sie tat. Sie wollte ihn nur mit der Kraft, die ihr nach ihrem zurückliegenden Sprint noch blieb, von Arunn wegstoßen und diesem so zur Hilfe eilen. Am liebsten hätte sie ihm ihren Bogen aus der Hand gerissen, egal wie wenig erkennbar noch das einstige Meisterstück war. Doch das war zweitrangig. Wichtiger war, dass der Elf Abstand von Arunn nahm. Um das zu erreichen, wollte sie ihn wegstoßen und sich dann schützend vor Arunn stellen. Der Umstand, dass der Dunkelelf gerade ihren Bogen benutzte, um Arunn Leid zuzufügen, schürte offensichtlich ihre Wut und ließ sie unüberlegt handeln. Hinzu kam, dass der Elf ihren Bogen völlig lädiert hatte - oder zumindest in irgendeiner Art dafür verantwortlich war. Schließlich hatte er ihn an sich genommen, da musste er auch für seine Unversehrtheit sorgen. Und die Wut darüber ließ sie unüberlegt handeln, indem sie einfach den Impulsen nachgab, die sie verspürte. Das letzte Fünkchen von Besonnenheit, die irgendwo noch in ihrem Kopf vorhanden war, sorgte dafür, dass sie auf dem Weg zum Dunkelelfen versuchte, zu erkennen, ob er auch ihr Jagdmesser bei sich trug, das sie ihm entwenden und zur Verteidigung nutzen konnte.

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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Erzähler » Dienstag 31. Januar 2023, 23:01

Die Szene, die Neriélle sehen musste, ließ kaum Raum für Interpretationen. Der Dunkelelf stand über Arunn und stieß ihm ihren Bogen in den Körper. Der Dessarier aber grinste zu dem Elfen hoch und tat so als wären die Rollen vertauscht. Allerdings konnte Neri erkennen, dass Arunn in einem äußerst schlechten Zustand war. Es bliebe abzuwarten, was dem Mann wahrlich zugestoßen war, doch dafür hatte sie jetzt in diesem Augenblick keine Zeit. Kurzentschlossen riss sie sich aus ihrer Schockstarre heraus und entschied sich zu handeln. Der Dunkle hatte sie bereits erfasst, doch Arunn drehte überrascht den Kopf, nachdem sie seinen Namen ausgerufen hatte. „Neriélle?!“, kam es krächzend vom Dessarier, doch zu mehr hatte er keine Zeit mehr. Auch der Dunkle blickte der Elfe entgegen, die sich entschlossen hatte, all ihre Wut in diese eine Handlung zu legen. Sie sprintete aus dem Stand los und direkt auf den Elfen zu. Bevor jener aber verstand, was die zierliche Elfe tatsächlich vorhatte, war es bereits zu spät. Neri spürte einen harten Widerstand, der nicht so einfach nachgeben wollte, wie sie vielleicht geglaubt hatte. Der Aufprall war deutlich in ihren Gliedmaßen zu spüren, doch dann gab der muskulöse Dunkelelfenkörper nach. Er taumelte, ließ den Bogen dabei los und ruderte mit den Armen, um nicht zu fallen. Dabei blähte sich seine Robe etwas, sodass Neri erkennen konnte, dass das Jagdmesser an seinem Gürtel hing. Allerdings war er nun alarmiert und eine weitere Attacke, um ihm dieses zu entreißen, endete darin, dass ihre Arme gepackt wurden und sich die dunklen Finger Schraubstock gleich um ihre Handgelenke legten. Er hatte seine Fassung wieder und wirbelte mit ihr wie bei einem Tanz herum. Rote Augen glommen kampflustig auf, während er ihrem Gebaren Einhalt gebot. Er drehte sich so herum, dass sie mit dem Rücken gegen seine Brust gepresst wurde und sich sein Knie zwischen ihre Beine hindurchschob, damit ihr Stand wackeliger wurde. Er hielt sie, sonst würde sie fallen. Dennoch wehrte er ihre etwaigen weiteren Versuche ab, sich zu wehren. Seine Nähe war wie eh und je verwirrend und er neigte zusätzlich seinen Kopf soweit hinunter, dass er nahe ihres Ohres sprechen konnte: „Zu voreilig“, raunte er kryptisch und sie spürte, wie er sich enger an sie presste. Der Kerl war … unverfroren! Bis diese seltsame Zweisamkeit unterbrochen wurde, indem Arunn ihren Bogen mit zitternden Händen hochhielt. „Hab… deinen Bogen… gefunden“, krächzte er bei dem Versuch, salopp wie eh und je zu sein. Dann fiel seine Hand kraftlos zurück.

Der Dunkle aber hielt sie weiterhin fest. „Ich war das nicht.“, beteuerte er plötzlich und ließ sie, wie zum Unterstreichen seiner Worte, plötzlich ihre Handgelenke los, sodass sie mit einem kleinen Schubs seinerseits nach vorne taumelte. Erhaben und mit steinerner Miene betrachtete er Neri. Dann war es aber Arunn, der ihre Aufmerksamkeit beanspruchte. „He- Sch… Schnecke. Schön, dich zu sehen. Echt… gut“, er hustete gequält, „gut, dass du unverletzt bist“, meinte er ehrlich und verzog sogar den verschmierten Mundwinkel zu einem halbwegs gelungenen Grinsen. Er schloss für einen Moment die Augen, bis er weitersprach: „Der Mistkerl da, wollte mir… tatsächlich helfen.“, er lachte auf, verzog schmerzgeplagt das Gesicht und schaute Neri dann an. „Könnten wir ihn… am Leben lassen, bis… er das geschafft… geschafft hat?“, witzelte er und legte sich eine Hand auf den Rumpf. Er blutete dort, wo der Bogen gesteckt hatte. Der Dunkelelf war inzwischen herangetreten und musterte die Shyánerin emotionslos. „Wollen wir dann?“, meinte er herablassend, ehe er nach dem Schild griff und es von den Beinen des Dessariers hob. Ergab das Sinn?? Nein, wohl nicht. Wieso half der Kerl? Neri konnte gewiss nach Antworten verlangen oder aber erstmal dafür sorgen, dass es Arunn etwas leichter hatte. Zudem würde sich zeigen müssen, was für Verletzungen und welcher Schwere er erlitten hatte. Und dann, als würde das Schicksal Neriélle verhöhnen, hörte sie neben all den Deserteuren das altbekannte Marschieren schwerer Rüstung. Eine Handvoll Dunkelelfen patrouillierte durch die Trümmer und beseitigte leidende Soldaten mit schnellen Hieben. Sie hielten auf das ungleiche Trio zu. Wohin jetzt? Und wie? Arunn würde vielleicht laufen können, denn die Beine schienen nicht verletzt zu sein, doch bekam sie ihn alleine gestützt? Konnte sie den Dunklen um Hilfe bitten? Hinter den zerbeulten Käfigen befand sich in einer Entfernung ein kleines Wäldchen, was gewiss erstmal Unterschlupf bieten konnte. Dann war da die Stadt Zyranus selbst. Würden sie aber Einlass erfahren? Jetzt, nach der Belagerung, wären die Zyraner sicher nicht über Besucher erfreut. Und was dann? Konnte man Arunn noch helfen? Wer sollte ihm helfen? Der Arzt war tot… und der… der Dunkelelf, der mit einer unerschütterlichen Ruhe neben ihr stand und offenbar abwartete, was sie vorhatte, machte auch keine Anstalten. Was war seine Rolle in dem ganzen verdammten Spiel?! Arunn sollte wieder mal eine Frage beantworten und hunderte aufwerfen: „Calhoun! - wollen wir jetzt zusehen… hier zu ver… verschwinden oder glotzt ihr weiter einander Löcher in die Köpfe?!“, murrte er und versuchte sich tatsächlich von allein aufzusetzen. Sie brauchten einen Plan. Sie mussten etwas tun. Und vermutlich war der Dunkelelf, dessen Namen sie so ganz nebenbei erfahren hatte, im Moment ihre einzige Chance. Zumindest griff er sie nicht an und offenbar hegte er auch kein Interesse daran, sie zu verraten. Also, was sollte sie jetzt tun?! Konnte sie ihm vertrauen? Hatte sie überhaupt eine andere Wahl? Die Soldaten kamen beständig näher und verringerten ihren Handlungsspielraum. Und auch Calhoun knurrte ein „Na los jetzt!“. Nun lag es an Neriélle anzusagen, was sie tun sollten.
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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Neriélle » Mittwoch 1. Februar 2023, 12:05

In ihrer Wut hatte die Shyánerin nicht darüber nachgedacht, dass der Dunkelelf stärker als sie war und es nicht so einfach werden würde, ihn wegzustoßen. Als sie gegen ihn prallte, entwich ihr die Luft noch mit einem überraschten “Uff” aufgrund des ziemlich harten Aufpralls. Doch dann merkte sie, dass der Dunkle taumelte und ein triumphierendes Grinsen legte sich auf ihre Lippen. Doch sie schwelgte nicht in diesem klitzekleinen Triumph, den sie gerade gebraucht hatte, sondern unternahm einen Versuch, nach ihrem Jagdmesser zu greifen. Doch der Dunkle hatte sich schnell gefangen und wusste ihre Hände festzuhalten und sie so von ihrem Vorhaben abzubringen. Neri schnaubte wütend und frustriert und wurde von ihm um ihre eigene Achse gedreht. Am Ende hielt er sie mit dem Rücken vor seiner Brust und wollte sie zu Fall bringen. Das dachte sie zumindest im ersten Augenblick und bemühte sich darum, das Gleichgewicht zu halten, was nicht so leicht war, da er ihren Stand mit seinem Knie ins Wanken brachte. Wie ein Fisch im Netz zappelte sie vor ihm und knurrte wütend, weil ihr klar wurde, dass sie keine Chance gegen ihn hatte. Der einzige Grund, weshalb sie noch nicht umgefallen war, war der, dass er sie noch davon abhielt.
„Zu voreilig“, hörte sie das Raunen seiner Stimme an ihrem Ohr und wurde kurz an einen ähnlichen, zurückliegenden Moment in seinem Zelt erinnert, der ein ähnliches Kribbeln auf und unter ihrer Haut verursacht hatte wie jetzt. Sie spürte deutlich, dass er sich an sie drückte, obwohl das gar nicht nötig war. Er hatte sie auch so kampfunfähig gemacht. Sie schnaufte und wollte ihn und die seltsamen Gefühle, die er auslöste und über die sie gar nicht nachdenken wollte, von sich abschütteln.
„Hab… deinen Bogen… gefunden.“
Fast hatte sie Arunn vergessen. Ihr Blick hob sich auf den Menschen, der seinen Humor nicht einmal auf dem Totenbett verlieren würde. Ob das hier schon sein Totenbett war, hoffte sie jedoch nicht. In ihren Augen sah er aber verdammt schlecht aus und brauchte Hilfe. Der Bogen blieb zunächst Nebensache.
“Lass’ mich los!” Erneut begann sie verzweifelt zu zappeln. Was hatte er vor? Wollte er erst sie töten und dann Arunn den Gnadenstoß geben? Neri hatte sich schon bei ihrer ersten Begegnung vorgenommen, nicht unter ihm und seiner Aura einzuknicken. Doch die derzeitige Aussicht war mehr als schlecht und allein ihre Bitte, sie loszulassen, würde ihn sicherlich nicht von seinen Gräueltaten abhalten.
„Ich war das nicht.“
Doch statt kurzen Prozess mit ihr zu machen, verteidigte er sich plötzlich. Neri schaute verwirrt zu ihm hinauf und ihr wurde plötzlich klar, dass sie von ihrer Position aus einen guten Blick auf sein durchaus attraktives Gesicht hatte. In dem Moment ließ er sie los und sie stolperte ein paar Schritte von ihm weg.
Neri positionierte sich vor Arunn und ging in Verteidigungsposition, während sie ihre schmerzenden Handgelenke kreiste. Doch der Dunkle machte nicht den Anschein, dass er sich auf sie stürzen wollte. Vermutlich hatte er aber schon andere Pläne. Neri blieb misstrauisch, erneut stand ihr aber Verwirrung ins Gesicht geschrieben, als Aru plötzlich begann mit ihr zu plaudern und der Dunkelelf währenddessen einfach nur dort stand und auf sie herab sah.
„He- Sch… Schnecke. Schön, dich zu sehen. Echt… gut.” Neri sah sich kurz zu ihm um. „Gut, dass du unverletzt bist“
“Was soll das Aru?” Und damit meinte sie nicht etwa die Bezeichnung, mit der er sie so unpassend ansprach. Sondern die ganze Situation, in der er sich mit dem Dunkelelfen befand. “Ich meine.. ich freu mich auch, dich zu sehen. Auch wenn du schon mal besser ausgesehen hast.”
Es war ihm deutlich anzusehen, dass ihm jede Bewegung und jedes Wort schmerzte. In ihrer Mine war deutliches Mitleid abzulesen. Der Dessarier klärte sie schnell über die neue Situation auf.
„Der Mistkerl da, wollte mir… tatsächlich helfen. Könnten wir ihn… am Leben lassen, bis… er das geschafft… geschafft hat?“
“Helfen? Er?” Ungläubig schaute sie zu dem Dunkelelfen. Sie verstand gar nichts mehr.
„Wollen wir dann?“
Tatsächlich trat der Dunkle näher heran und hob das Schild von Arunns Füßen. Neri schüttelte den Kopf. Nicht, um ihn davon abzuhalten, sondern um einen klaren Kopf zu bekommen. Doch so sehr sie auch überlegte, konnte sie sich keinen Reim darauf machen. Wieso half er ihnen?
Doch vorerst war das egal. Sie konnte froh sein, dass er ihnen beiden im Moment nicht nach ihren Leben trachtete, sondern ihnen stattdessen sogar half. Neri nahm die Umstände erst einmal so hin und kniete sich neben Arunn, um sich seine Verletzungen aus der Nähe anzusehen. Allen voran die Wunde in seinem Rumpf, aus der Blut floss. Ob es lebensbedrohliche Verwundungen waren oder nicht, konnte sie aber nicht einschätzen. Aber eines wusste sie: “Die Verletzungen stehen dir ziemlich schlecht, Aru.” Dann wurde sie etwas ernster. “Tut dir noch etwas weh? Kannst du laufen?”

Dann hob sie den Kopf. “Was ist das?” Sie erhob sich und lauschte. Sie vernahm das rhythmische Marschieren und entdeckte in der Ferne eine Patrouille von Dunkelelfen. Schnell bückte sie sich wieder neben Arunn, um unentdeckt zu bleiben. Das Ganze war noch nicht vorbei. Ständig kam ihnen irgendjemand in die Quere und rückte eine dringend benötigte Pause in weite Ferne. Sie sah zu dem Dunkelelfen hinauf und musterte ihn, als wollte sie ergründen, ob er nun Feind oder Freund war - oder in welche Richtung er tendierte.
“Mist”, stieß sie plötzlich frustriert und überfordert aus. Arunn wäre vermutlich ein sehr viel anschaulicher Fluch eingefallen, doch dafür musste Neri wohl noch etwas in der Welt fernab ihrer heilen Heimat reisen.
Sie überlegte, was sie tun sollten. Sie mussten hier schnellstmöglich weg, so viel stand fest. Doch Neri glaubte nicht daran, dass Zyranus ihnen das Tor öffnen würde. Um den Dunkelelfen war es ihr egal, aber sie würde den kräftig gebauten Arunn nicht lange alleine stützen können - geschweige denn tragen. Also musste er sie wohl oder übel begleiten. Und in Begleitung eines Dunkelelfen und eines Menschen, mit denen sie geradewegs aus dem Lager spazierte, das Zyranus zu Fall bringen wollte, würden sie bestimmt nicht mit offenen Armen empfangen werden. Sie dachte an das Wäldchen, das sie vorhin gesehen hatte. Es könnte ihnen erst einmal Schutz bieten.
„Calhoun! - wollen wir jetzt zusehen… hier zu ver… verschwinden oder glotzt ihr weiter einander Löcher in die Köpfe?!“
Neri erhob sich wieder und machte ein paar Schritte auf den Dunkelelfen.. auf Calhoun zu. Kurz warf sie einen Blick an ihm vorbei auf die sich nähernde Patrouille.
“Du kennst dich doch bestimmt mit Wunden aus. Ist es sehr schlimm?”, sie sprach leise und deutete mit den Augen auf Arunn. Sie wollte erst in Erfahrung bringen, wie schlimm es wirklich um ihn stand. Dann redete sie lauter weiter, sodass auch Arunn sie hören konnte.
“Ich schlage vor, dass wir Schutz im Wald dahinten suchen. Da können wir uns verstecken und in Ruhe einen Plan machen.” Mit wir meinte sie in diesem Fall tatsächlich nur Arunn und sich selbst. Er war ein Dunkelelf, er würde sicher nicht länger als notwendig bei ihnen bleiben. Aber er hatte gesagt, dass er Arunn helfen wollte. Auch wenn Neri das absolut nicht verstand. Aber das konnte Arunn ihr noch später erklären.
“Würdest du.. ihn.. naja.” Sie seufzte kurz. Es nervte sie offensichtlich, dass sie auf seine Hilfe angewiesen waren. “Würdest du Arunn bis zum Wald tragen oder zumindest helfen, ihn zu stützen? Und hast du eine Idee, was wir mit denen da machen?” Sie deutete kurz auf die Dunkelelfen. “Kannst du sie ablenken? Du könntest sie vielleicht in eine andere Richtung schicken.. oder sowas in der Art? Du hast hier doch mal das Sagen gehabt, nicht wahr?” Sie sprach in der Vergangenheitsform. Es war eine kleine Stichelei. Direkt bei ihrer Begegnung am Waschplatz war klar geworden, dass seine Person von Bedeutung für den geplanten Angriff auf Zyranus war, was sich später in seinem Zelt mit der Karte und den Figuren nur bestätigt hatte. Doch jetzt.. gab es all das nicht mehr. Und darüber verspürte Neri sichtlich Genugtuung.

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Re: Von dunklen Gesellen an dunklen Zellen

Beitrag von Erzähler » Freitag 3. Februar 2023, 12:53

Das Impulsive der Shyánerin verhinderte, dass ihr Vorstoß von Erfolg gekrönt war. Neri’s Wut machte sie unvorsichtig und so verlor sie gegen den weitaus beherrschteren Dunkelelfen. Dieser hatte nur eine Sekunde lang die Überraschung zugelassen, ehe er wieder einen kühlen Kopf bewahrte und sie geschickt ausmanövrierte. Neri musste einsehen, dass sie ihm bei weitem unterlegen war und wenn er es tatsächlich gewollt hätte, wäre sie längst nicht mehr am Leben. Eine Erkenntnis, die schmerzte und auch Angst machen konnte, wenn man nicht wusste, auf welcher Seite jemand stand. Bei ihm war sich die Elfe aber sicher, dass er schlecht sein musste. Er war ein Dunkelelf, er hatte hier einen höheren Posten und er hatte diese fiese Ausstrahlung. Er musste böse sein. Andere Möglichkeiten gab es einfach nicht. Dass sie damit ebenso falsch lag, wie mit der Annahme, ihm Schaden zufügen zu können, bemerkte sie kurz darauf. Arunn war es, der sie davon zu überzeugen wusste, den Dunklen nicht gleich hier und jetzt töten zu wollen, denn offenbar war er mehr Hilfe, denn Henker. Ungläubig musste Neriélle anhören, wie der Dessarier ihr von den Absichten des anderen berichtete und schließlich musste sie erkennen, dass sie tatsächlich auf Hilfe angewiesen war. Arunn schien schwer verletzt zu sein und hier im Lager gab es keinen Unterschlupf mehr. Die Zelte waren vernichtet, die Männer und Frauen überall. Die meisten kümmerten sich nur noch um sich selbst und sahen zu, dass sie ihren Kopf aus eventuellen Rückschlagen seitens der Magier zogen. Jetzt, wo der Kopf der Schlange abgetrennt wurde, zuckte der Leib nur noch, war aber ansonsten keine Gefahr. Und dennoch gab es Getreue, die auch jetzt noch loyal zu Asmodeus standen. Sie patrouillierten durch die Reihen, erlösten tödlich Verletzte von ihrem Dasein, prangerten aber auch Deserteure an. Neri konnte hören, wie sie den Fliehenden etwas entgegenriefen und dann den Befehl zum Abschuss gaben. Sicher waren sie hier in keinem Fall und das ahnten sie wohl alle. Nun brauchten sie einen schnellen Plan, der sie erstmal ein wenig durchschnaufen lief. Ihre Reise verlief doch derzeit ereignisreicher als sie wohl geglaubt hatte. Wenn das in dem Tempo weiterginge, hätte sie wohl zwei Wochen später alles gesehen, was es auf dieser Welt zu sehen gäbe. Doch Neri durfte sich nicht ablenken lassen.

Beide Männer waren jetzt darauf angewiesen, ein Urteil von ihr zu hören. Und Neri spürte zum ersten Mal, dass nicht jeder Feind auch unbrauchbar war. Ganz im Gegenteil: Calhoun erwies sich jetzt als ein kleiner Lichtblick, denn sie würde den Dessarier gewiss keine hundert Meter weit bekommen. Doch bevor sie eine Entscheidung traf, brauchte sie noch ein kleines Teil im Gefüge. So trat sie auf den Dunklen zu und senkte die Stimme. Er bedachte sie mit einem ausdruckslosen Blick, der stechender kaum sein könnte: “Du kennst dich doch bestimmt mit Wunden aus. Ist es sehr schlimm?” Calhoun betrachtete einen Moment ihr Gesicht, dann glitten seine Augen über sie hinweg und zum Mann am Boden. „Wieso denkst du, dass ich mich damit auskenne?“, wollte er wissen und kehrte mit seiner Aufmerksamkeit zurück. Dann blitzte es in seinen Augen, was aber nicht näher zu ergründen war. Er trat näher an sie heran und neigte ein wenig den Kopf, weil er sie überragte. Auch seine Stimme wurde leise, aber umso klarer: „Die Wunde in der Brust blutet stark. Sie sollte versorgt werden. Ich weiß nicht, ob er beim Aufprall weitere Verletzungen erlitten hat. Er flog mir vor die Füße, wenn man so will.“, schmunzelte er kurz freudlos, ehe er sich wieder aufrichtete und mit auf dem Rücken verschränkten Händen einen halben Schritt zurücktrat. Mit dem Stampfen der Patrouillen im Nacken, dachte sie fieberhaft nach und entschied sich schließlich: “Ich schlage vor, dass wir Schutz im Wald dahinten suchen. Da können wir uns verstecken und in Ruhe einen Plan machen.” Arunn prustete und hob einen abgespreizten Daumen in die Luft. „Geht los!“, krächzte er und versuchte sich dann aufzurappeln, was ihm wegen des Schildes nicht gelang, bis Calhoun ihm half. Neri aber musste noch mal weit über ihren Schatten springen und ausgerechnet Calhoun noch einen Gefallen abringen. “Würdest du.. ihn.. naja. Würdest du Arunn bis zum Wald tragen oder zumindest helfen, ihn zu stützen? Und hast du eine Idee, was wir mit denen da machen?“, sie deutete auf die Patrouillie und der Dunkle folgte unbeeindruckt ihrem Wink mit dem Blick. “Kannst du sie ablenken? Du könntest sie vielleicht in eine andere Richtung schicken.. oder sowas in der Art? Du hast hier doch mal das Sagen gehabt, nicht wahr?”

Oh die Spitze konnte sie sich trotz allem nicht nehmen lassen. Calhoun kehrte mit einem sichtlichen Lächeln auf den feinen Lippen zurück und neigte sich Neriélle mit rot blitzenden Augen entgegen. „Vorsichtig, kleine Elfe. Du wirst doch nicht etwa kampflustig in Anbetracht der Situation?“, warnte er sie mit einem animalischem Knurren, das sich gewiss auch in anderen Situation als äußerst… enervierend herausstellen könnte. „Hier rüber!“, bellte er dann plötzlich, richtete sich auf und zwinkerte Neriélle zu. Verriet er sie jetzt etwa?! Calhoun aber blieb kerzengerade stehen, die Hände noch immer auf dem Lendenwirbelbereich gefaltet und drehte sich den Soldaten zu, die durch sein Rufen aufmerksam geworden waren. Stoisch erwartete er diese und der Rädelsführer salutierte pflichtbewusst, ehe die anderen und er anhielten. Argwöhnisch wurde hinter Calhoun geschaut, doch so recht ansehen, tat man Neri und Arunn nicht, wie sie feststellen konnte. „Begeht jeden Sektor, findet und tötet alle, die fliehen wollen. Schont die am Boden nicht, bereitet ihnen ein schnelles Ende. Und wenn ihr den Herren findet, lasst es mich wissen.“, ordnete er an und der Anführer der Soldaten salutierte wieder. Auch er warf einen fragenden Blick hinter Calhoun, doch keiner von ihnen reagierte überhaupt auf Neri oder Arunn. Dann marschierten die Soldaten weg von ihnen, änderten ihre Richtung, sodass sie von dem ungleichen Trio abließen. Calhoun stand noch einen Moment regungslos da, betrachtete die abziehenden Soldaten, ehe er sich umdrehte und nach Arunn packte. Unwirsch zog er den kleineren Mann auf die Beine, sodass er sich verzweifelt an seinem Arm festhielt. „He! Sachte du Bergziege!“, schnauzte Arunn und hustete leidend. „Sei still, stinkender Wurm eines Menschen!“, zischte Calhoun und sah Neri warnend an, jetzt keinen falschen Ton zu sagen. „Los!“, knurrte er und nickte mit dem Kopf in Richtung Wald.

Neri sucht das Weite nach: Die nächste Etappe
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